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Full text of "Emanuel Geibel: Ein Gedenkbuch"

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Der Hcingciiointt biefcs IDerFes mtrb bem (Jottbs eines in £übecf 
3u errid^tenben (Seibel-Denfmals sugemanbt. 



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betrag von ^^cax '^axtifin^. 

1884* 



PortDort, 



„Wnb eine Ärone ift gefallen oom Raupte eined Rönigö ! 
ttnb ein ©d^roert ift gebrod^en in ber $anb eineö gelb^ 
l^erm! Unb ein l^ol^er ^rieftet ift geftorben!" — 3Kit 
biefen ergreif enben Söorten auö 33örne'ö „S)enfrebe 
auf ^zan ^aul" legte ©rnft 3^^l ^m 33eerbigungö^ 
tage ©manuel ©eibelö in ben ©palten ber ,,3lllgem. 
3eitung" ein „Oebenfblat auf ein frifd^eö Sid^tergrab" 
nieber unb fäl^rt bann fort: 

,,2)er Xoh ®manuel ®eibels bebeutet nn^ alten 
oiel Öeib unb SBe^e, unö SlHen, bie roir nod^ ben 
©lauben l^aben, bafe ber ©id^ter, wofern er ein ed^ter 
ift, ein t)om Fimmel beooltmäd^tigter ^cubenbringer 
unb S^röfter ifi. 3n nn% Slllen, Sllten unb jungen, 
flingt bei ber SCrauerbotfd^aft oon SübedE eine ©aite 
fd^crjlid^ an, bie nn^t femeö ©rinnem auö Äinbl^eit 
unb I3ünglingöj[al^ren road^ruft unb bod^ tönt wie ber 
pertraute fiaut oon geftern unb l^eute. S)aö ift eä Ja 



— VI — 

zbzn: ©cibcl ift unter nn^ bcr ©id^tcr, bcr nad^ bcr 
räumlid^cn roic nad^ bcr jcitlid^cn 33rcitc beä poctifd^cn 
SBirfcnö unb SSßaltcnä l^in [i*d^ bcn glüdElid^ften nennen 
barf unter all feinen 3Kitftrebenben. %vaQt Seber fid^ 
clbft! SBaö fnüpft fidE) nid^t aUeö für bie ©eneration, 
bie ^eute auf ber §öl^e beä fiebenö fielet, an ben Flamen 
©eibel ! ®eibel war auf ber ©d^ulbanf unfer @ott 
— feine erften fentimentalen Siebergaben waren in 
9ltter §änben, unb unfer jugenblid^er 5ßegafu§, fd^üd^tem 
unb bod^ felbftberoufet, näl^rte fid^ an biefen melobifd^en 
©tropl^en einer blonben 3Kufe. ©eibel war bei ben 
fd^äumenben Ärügen ber alma mater unfer §eroö — 
feine patriotifd^en Sieber, feine Sonette für ©d^Ieöroig* 
§olftein eleftrifirten bie 3ugenb, unb unfere §ei^en 
entjünbeten fid^ an bem beftridEenben ^atl^oö feiner 
Si)rif. ©eibel xoat in ben füfeen ^eier^ unb SBräutigamö:: 
monben unfer aSertrauter — bie 6injig^®ine fang feine 
Sßinnelieber, unb roie ©olbfd^nittabglanj ber „Suniuä:: 
lieber" lag ed über unferem bräutlid^en ©mpfinben. 
©eibel ift l^eute in ben reifen SCagen ber 3Äann'eöpl^e 
unfer greunb — feine tiefgebad^ten Dbenbid^tungen, 
feine granbiofen t)aterlänbifd^en ^^mnen, feine form^ 
oollenbeten 3)ramen finb Ifingft ©igentl^um feines SSolf ed ; 
nod^ i^nen greifen aud^ wir, ©rl^ebung unb ©rl^ohmg 



— VII — 

fud^enb, in bcn ©tunben ber fampfcd^ unb arbcitmübcn 
©timmung. SBie unö aber feine ©iei^tungen burd^ aUe 
©tabien beö Eebenä begleiteten, fo l^aben fie aud^ alle 
großen unb bebeutfamen Strömungen ber ^di, bie 
wir burd^Icbt, in fid^ aufgenommen, in ftd^ ausgeprägt: 
fein nationaler Oebanfe ber legten oier S)ecennien, ber 
nid^t in Oeibelö ©id^tungen einen monumentalen Slus^ 
brucf, fein roeltberoegenbeö ©reignife unferer ^age, baß 
nid^t in il^nen ein eigenartiges ®d^o gefunben, feine 
menfd^lieitlid^e Slngelegen^eit, liege fie nun im ©entrum 
unferer ^cii ober ftreife fie nur il^re ^eripl^erie, ju ber 
©eibel nid^t bid^terifd^ Stellung genommen!" 

SBer, mie id^, biefe SBorte be§ Öeipjiger S^riferö 
gern unb freubig unterfd^reibt, für ben bebarf bie 
Verausgabe eines Sßerfes, roie bes oorliegenben, feine 
(gntf d^ulbigung ; unb ba id^ nid^t glauben mag, bafe es 
njalirl^afte ^eunbe unb Kenner ber l)errlid^ften aller 
fünfte giebt, bie oon ber 93ebeutung ®manuel®eibels 
als 2)id^ter geringer benfen, fo ift es rool^l bas Sefte, 
wenn id^ baS „SBeSl^alb" ber Verausgabe biefes ©ebenf- 
bud^es unerortert laffe unb bas „SBie" berfelben getroft 
ber Äritif anJ^eimfteHe. 5ftur feien mir l^ier nod^ einige 
einleite.nbe 33emerfungen geftattet. 

9llS auf meine Slnregung l^in wenige 2^age nad^ 



— VIII — 

bctn SCobe ©tnanuel OcibeU bie aSerlagöbud^l^anblung 
t)on Döcar ^arrifiuö in Serlin einen „9lufruf an bie 
beutfd^en S)id^ter unb ^ritifcr" erliefe, lief berfelbe, wie 
mir eine Slnja^l oon g^itungöauäfd^nitten beroeifen, fc 
jiemlid^ burd^ bie gefammte beutfd^e treffe unb fei 
f)iermit fäntmtlid^en SRebactionen, roeld^e für feine 33er' 
breitung eingetreten, ber f d^ulbige ® auf auögefprod^en. 
S)ie erbetenen ©infenbungen liefeen benn anä) nid^t 
lange auf fid^ warten. 9lu0 allen ©egenben ©eutfd^^ 
lanb§, felbft aus bem Sluölanbe, wie beifpielöroeife auö 
Äonftantinopel, SE^rieft, SQßien, ©raj, SRiga, 35orpat, 
3ürid^, 33afel unb ßincinnati, liefen unö S^f^^f^^^ 
ein, . bie bie feltene Popularität ©manuel ® eibelö nid^t 
minber berebt funb tl^un bürften, alö bie 100 3luf lagen 
feiner ^ugenbgebid^te. 33iö ®nbe aJlai betrug bie älm 
jal^l ber eingefanbten Beiträge ca. 200, worunter fid^ 
nid^t weniger alö 150 ©ebid^te befanben. ©ie meiften 
3ufd^riften fteUte m§, bie ^oft auö Sübed ju. 5ftä^jt 
ber aSaterftabt unfereö 5Did^ter§ betl^eiligten fid^ Serlin, 
®reöben, SBien, Hamburg unb 3ßünd^en am regften an 
unferm Unternel^men. 3lm legten 9Jlai mürbe bie Sie? 
baction gefd^lojfen. 

hiermit bürfte baö SBenige, roeld^es id^ alö §eraud? 
geber biefeö Sud^eö feinem S^ejte etroa oorauöjufd^idEen 



- IX - 

l^ättc, bereite erfd^öpft fein, unb bleibt mir nun nur 
nod^ -bie angenel^me Aufgabe übrig, meinen oerel^rlid^en 
"Witarbeitem für il^re felbftlofe Eingabe, bie eö mir 
näd^ft ber 33ereitn)iUigfeit beö §erm SSerlegerö in erfter 
fiinie ermöglid^te, bie biefem 33ud^e ju ®runbe liegenbe 
3bee ju t)em)irflid^en, meinen mal^rfiaften unb l^erjüd^en 
2)anf auöjufpred^en. 

3ßit 3Sergnügeu folge id^ anä) mä) einer Sluf^ 
forberung beö §errn SRaj SCrippenbad^ (3lfd^er§leben) 
unb rid^te l^iermit an baö ^ßublifum bie bringenbe 
33itte : ©ebid^te, S3riefe, S3rofd^üren, 3^itungöau§fd^nitte, 
^ortraitä, 9lnef boten, unoeröffentUd^te SRanufcripte 
u. f. m., u. f. ro., bie irgenbroie für einen ©eibelforfd^er 
oon 3ntereffe fein fönnten, bem genannten §errn 
freunblid^ft mittf)eilen ju wollen, ©erfelbe ift bereits 
feit Sollten mit ben umfangreid^en Sßorarbeiten ju einer 
33iograpf)ie beä ©id^terö befd^äftigt unb mürbe für jeben 
oHngerjeig, ber il^m feine fd^mierige Slufgabe erleid^terte, 
äufeerft banfbar fein. — 

3Jlöge biefeö „Oebenfbud^" eine feineö ^votdt^ 
mürbige Sßerbreitung flnben unb fo ben SBemeiö liefern, 
ba^ aud^ in unferer 3^^^ t^^fe ^effimiömuö unb SKa? 
terialiömuö baö aJlenfd^enlierä meljr alö ein blofeer 



— X — 

aWuöfel geblieben ifl unb ba§ oor 3lIIem anä) unfere 
©eneration jener SCugenb feineöroegö ermangelt, beren 
gel^lett il^r fo oft jum SSonourf gemad^t roirb, nämlid^ 
ber 5ßietat. 

33 erlin, im 3uni 1884. 



3)er Herausgeber. 



I)er3etd?m§ 0er ZTIitarbeiter. 

'Seite. 

gSartyd^, Äarl — ^eibclbcrg . 270 

95ae6r, ^aul -r SBab D^nl^aiifen 286 

»lütl^gen, 95ictor — greientoalbe 324 

SBobcnftcbt, gricbrid) — 2öic§baben 331 

»rauer, 3Ra£ — «erlin : . 29.8 

f crri, ©qetau — Söicn 295 

pal^n, gcitj — Äönigöberg i. ^r. . ......... 288 

gfaftcnratl^, SoEjanneä — min 311 

gid, ^cinrid^ — Sincinnati .*..,.. 343 

gifd^cr, Sol^ann ®eorg - ©tuttgart 352 

^aeber^, Äarl X^tohpx — «crlin ......... 279 

©ocbcdfc, Äarl — ©öttingen 234 

©octtc, Shibolf — ^reöbcn 235 

©roffe, Swliwä — aöcimar 167 

®rot^, Älauä - Äi^l 273 

@rubc, aWoj — S5rc§ben 224 

^amd, Sflirfiarb — granffurt a. D 290 

©cndca, Äarl — ^annooer 350 

©e^fc, $aul — SRünd^en 269 , 

©ol^cnl^aiifcni gr. oon — Berlin . 220 

©ol8, Slmo — »crlin. 300 313 

5bcl, Söill^crm — SöcrmeBIird^cn 340 

3al^nfc, §crmann — SBerlin . . . 306 

Scnfcn, aöil^clm - Srciburg i. ^r M33 274 

Serfd^fc, Däfar — etrafeburg i. ®. 238 



— XII — 

Sialbcd, 3Kar — 3öicn 190 

Berber, J. — 9tiga » 28a 

Ärügcf, öugo — ^Berlin 322 

^angc, Ä\ — öreötau 809 

Sinbau, 'Ißaul — f&cxiin 179 

Sinbcnbcrg — 9luffe 12^ 

Sin99f ©ermann — SRünd^en 338 

Weerl^eimb, 9iirf)arb von — !5)reöben 33(> 

Jrtirfiacaö, @mma — Si^amfirrf), DbcrelfaS 342 

"glittcräl^aus, (Smil — 35armen 345 

5cf)an3, Uli - Si^reöben 310 

©c^neiber, 3Ra£ — «ftügenroalbe . . . •. . . . . 299 333 

Sc^neibcr, Ulrid^ - ©rf)ilbac^ bei ©c^öned i. @. ... 297 

©egert, 5lnna — ©treli^ i. 3R. ....;.... 307 

©cibi, Sranj Xaoer — Slegenöburg 355 

©enbacf), Subroig — 2Bien 296 

©utermeifter, Otto — 3üric^ 356 

^f)iemid), 'H^aul — 93reölau 277 

Xrippenbacf), 3Ra£ — 9lfcf)cröleben .... 19 204 255 312 

krummer — Sübecf 118 

^ifc^er, 5J^lebric() — Stuttgart 292 

3]oigt, ©ermann — Berlin 293 

55aIbmüUer, stöbert — 2)reöben 1 

2öe6cr, ©enrtette — 2Äüf)lt)aufen i. @ 320 

2öict)ert, ©rnft — Äöntgöberg i. ^r 348- 

Söiöbac^er, 3rana — 5linring 327 

Jcttcf, Ä'arl — JHcgeniöOurg ;H7 



(grftcr Cl^etl 



g fe<fei^fe^^ife'fe».fe&fe&Ä^'»<fe<>.0-Ä^lÄ<fe^^<f^fe<^<»!fe<feAfe^Aj 



10 



^<Siäm^'^^^§^-::^&rfM^m^ 



(Bebenfrebe auf €manuel (5etbeL 

@c]^altcn im ©rcäbener litcrarifc^en SJercin*) 

t)on 

Sielbett SBalbmäaet* 

® r c ö b c n. 

€in ungen)ol)nIt(ä^ glücfttd^cö ©afein l)at in bcr füllen 
^oä)t t)or Dftern feinen Slbfd^tufe gefunben. 3lx6)t bafe 
bie ^age ®manuel ©eibelö mn ber SBiege biö jum 
<Srabe eitel ©onnenfd^ein begleitet liätte. ®r felbft 
wäre ber legte geroefen, eine fo t)erl)ängnifet)olle §ulb 
ier ©Otter für fid^ ju erbitten. Sieben jal^lreid^en 



*) 35er ©rcöbncr 3Jeretn war bie erfte literarifd^e ©cnoffen« 
ft^aft, rocki^c bcn SWanen beö cntfd^Iafencn ^id^terö eine größere 
^ebenffeier roibmetc. 2)en Äem biefer geierUcf|!eit bilbetc bie 
oben mitgetl^cilte Siebe, beren ®ingang mit roenigen Sßorten t)on 
l)en erjd^üttemben ©eiten bcö ©d^eibenä eineS feiner 5flation fo 
innig befrcunbeten 6Jeniu§ auf ba^jenfgc überlenfte, roaä unö, bie 
loir an feinem ©rabe trauern, jum ^L^rofte gereid^en fann. 

©manuel ©eibel, ein ©ebi?nf6u^. 1 



— 2 — 

ücinern ober gröfecrn Sßcrbunfelungcn feiner fiebenötage 
finb ätoci fd^ioere t^eimfud^ungen über xf)n ücr^angt 
gciöcfcn: ber frü^c Xob feiner inniggeliebten (Sattin unb 
bie langwierige Äranf^eit, roefd^e Söfirjefintc lang tägtid^ 
n)äl)renb üieler ©tunben il)n ju quaboUer Untliätigfeit 
üerbammte unb ber er enblid^ erlag. 

2lbcr xoit er feine ©eelem unb Äörperfd^merjcn 
JU einem Sduterungöprojefe ju-mad^en üerftanb, ber bcn 
©d^njingen feines ©eniuö immer plierc glugfraft liel^, 
fo jiemt eö aud^ unö, burd^ ein liebeüolleö Sßerfenfcn 
in bie lid^teren Seiten fcineö Silbeö bie lebenöfreubige 
^erfönlid^feit, alö meldte er in unfcrm ©ebäd^tnife fort 
jubauern nerbient, unö flar üor Slugen ju ftellen. 

gaffen wir nur baö SBefentlid^c jufammen. SBa^ 
fann einem Äinbe beffereö jutl^eil werben, als bie $ut 
gead^teter, treuer, liebevoller ®ltern, als (Sefd^mifter^ 
mit bencn eä in innigem 3iif^"^^^"I)^^9^ aufroäd^ft? 
33eiber ©efd^enfe beö Fimmels burftc er in üoHeni 
SRafee frol) werben. ®r war ber pebente üon ad^t 
©efd;wiftern, unb fein üäterlid^eö ^auö, ein ^farrfiauö,. 
cl^rbar wie bie alte ^anfeftabt felbft, aber gleid^ biefer 
ben Reitern Seiten beö ©afeins feineöwegö üerfd^loffen, 
entließ ben Süngling erft, als für bie ungebunbenere 
Sern- unb Sebenäweife bes Stubenten feine SSorbilbung 
wie fein ßliarafter bereits in reid^em SRa^e ©ewäl^r 
boten. So jog ber junge ^oet — benn fd^on gelangen 
il)m poetifd^e Smprooifationen — nad^ 33onn an bcn 
allein. 2ln ben 9t^einl SBar bas etwa fein Sonnen:^ 



— 3 — 

blict? Unb wie er nun bort, von bem ^anbtx beö ntmri 
SJofeind burd^Ieud^tct, ftd^ ber ©öttergabc ber ^oefie 
immer beutlid^er bcwufet wirb, wie er ber S^l^eotogie 
entfagt unb fid^ am ßnbe beö jweiten ©emefterö naä) 
Serlin menbet, um bei ^ödf) äßetrif ju ^ören, iei 
Sad^mann ^roperj, bei 2)rot)fen Slriftopl^aneö, bei ßrb- 
mann enbftd^ p^ilofopl^ifd^e Unfterblid^feitötefire, wie er 
fo mit üollen ©egetn in baö äßeer l^inauöfd^iffen barf, 
auö beffen femfter gerne bie Snfel ber ©eligen todt, 
baö ®ben ber ^oefie, fügt eö fid^ ba nid^t aud^ nod^ 
glüdlid^, bafe eö bie 3^it ift< tüo in ber fonft blofe alö 
fritifd^ unb geiftreid^ oerrufenen märfifd^en äßetropole 
mirllid^e ^oeten von (Sotteö ©naben l^eimifd^ ftnb — 
id^ nenne nur ©id^enborff unb 6l)amiffo — , unb roaö 
noä) mti)x fagen roitt, ba§ fie ben jungen ©enoffen 
freubig wilHommen l^eifeen ? Unb mic rei^t fid^ nun einö 
anö anbre! ßurtiuö, ein Sanbömann unb greunb Oeibelö, 
l)at eine ^auölefirerftette in 9ltf)en angenommen. 2Birb 
©eibel oerurt^eilt fein, ©emefter um Semefter im mär^ 
ftfd^en ©anbe ben Sippen eines ^rofefforö ju laufd^en? 
D nein! ®l)e er fid^ beffen oerflefit, ift bei bem rufftfd^en 
©efanbten in 2ltl)en eine ^auötel^rerftelle bafant ge? 
morben, unb 33ettina l^at if)n in ifirer unroiberftefiUd^en 
2Beife fd^on bal^in empfol^Ien. ®ine ganje ©d^aar SSe^ 
merber jieiit Jlieten, unfer ^oet fommt mit ber ©lüdö^ 
nnmmct l^erauö. SBenige SBod^en fpäter ftefit er auf 
bem l^eiUgen 33oben feiner ©e^nfud^t, trinft er mit 
ooHen 3^9^^ ^^^ ^^"^ lebenbigen 33om flaffifd^er @r? 

1* 



— 4 — 

'innerungen, lafet er btc SBonncn ber füblid^cn SRatur 
fein ganjeö fd^önl^eitöburftiged SBefen burd^bringen unb 
erfüllen. 3"^^^ beglüdenbe 3a^re — baö legte in faft 
Dölliger Ungebunben^eit — enteilen \f)m unter bent gefeg* 
neten ^immel bed alten ^ellad rok ein entjüdfenber 
SJraum, ein Sj:raum, ber and) nid^t ber poettfd^ fruci^fc 
baren ©tunben entbehrt unb ber baneben auö feinem 
überreid^en ^Bl^om erweiterte 2Beltfenntni§ wie flare 
®inblide in bie Silbungöfunbgruben ber aWenfd^l^eit tier:: 
fd^roenberifd^ auöftreut. 

Da fanCs mir ins (0emütl{: 

fjier unter biefem blauen 

(5e3elt, wo's eroig blül^t, 

W'iz gut wäx's flutten bauen I 



Dod? frolj qtbad^t xdfs fanm, 
Da fprad? bos £Jer3 mit Beben: 
Das ift ein fd?öner Craum, 
Dod? iffs ein Craumbilb eben. 

Wk foüte bir, o Cl^or, 
€rbläljen Haft unb (Jriebe, 
Wo nimmermeijr ein (Dfyc 
2Iufl^ord?te beinem £iebel 

Sllfo in bie ^eimatl^ jurüd! Sd^on auö Sltlien l^atte 
er bal^in gefd^rieben, fein ^oetenberuf gönne il^m in ber 
^embe nid^t 3tuf)e. „5ßtaten ift tobt, fd^rieb er, 6l^a^ 
miffo ift tobt, Ufilanb fd^roeigt fd^on lange, 3tüdfert jer^ 
fplittert fid^; unter ben jüngeren ift nur g^eiligratl^ 
üon 33ebeutung. ®ö ift 3eit, ba§ ntnt, fräftige Stimmen 



— 5 — 

burd^bringcn, fonft tjcrlicrt fid^ aUcd in d^arafterlofew 
©ciiüitfd^cr." 

aJlan traut feinen Dl^ren nid^t! SSon fotd^er 2Bid^^ 
tigfeit war bamdtö nod^ bie 5ßoefle. Slber wir Sleltern 
roiffen eö ja, fie l^atte ju jener 3^it in bcr SJI^at eine 
fül^renbc dtoUt; gab eö bod^ nod^ feine freie treffe, 
nai^m bie 3oumaBeftüre bod^ nod^ nid^t wie iieute bie 
aWufeeftunbcn eines großen 2^i|eUeö ber ©ebübeten in 
3lnfprud^, war cä bod^ l^öd^ftenä erlaubt, in gebunbener 
Siebe anjubeuten, wie meleö in ber SEBelt unb vot allem 
in ndd^fter 3laf)c anbcrö fein fottte, afe eö war. Sluö 
bem ,,®ejtt)itfd^er" würbe benn aud^ gar balb baö grcHe 
©d^rcien ber SBögel, bie bem ©türm vorauf jiefien, unter 
ii)nen alö ber tjeme^mbarfte ©eorg ^ermegl^ in feinen 
,,®ebid^ten eines Sebenbigen". 3}l\x^U auö ber 5ßoeten? 
fd^aar ii|m einer antworten — unb woiil war bie Sluf? 
forberung baju eine bringenbe — , fo fonnte eö nur 
©cibel fein. 3n il^m oor attem lebte bie Ueberjeugung, 
baß S)eutfd^Ianb eine S3eute ber ®rbfeinbe an ber ?lewa 
unb an ber Seine werben würbe, wenn eö burd^ einen 
33ürgcrfrieg baö ©erüft jufammenftürje, auf weld^em 
feine ©d^eineinl^eit beruhe. 2)od^ woju in nüd^temer 
^rofa fagen, waö ber fiebenunbjwanjigiäl)rige ®eibe( 
im ^bruar 1842 alö 2lntwort an ®eorg i&erwegl^ 
DoQtönig inö beutfd^e fianb l^inauöfang! 

^s fd^oÜ betn £ieb mir tn bos (Diit 
So fd^n)ertesfd?arf, fo glorfcntöntg, 
2IIs mär' aus feiner (Srnft empor 
(Setpallt ein alter Did^terfdnig. 



— 6 — 

llnb bod?l 3d? ipeif es ntd?t oon mir, 
3(^ nm§ Mc^ tn bte Sd?ran!en laben; 
Komm an in ooller ^amifd^jier, 
2Iuf Cob nnb £eben Kampf mit bir, 
Kampf, bn Poet üon (Sottes (Snabenl 

Db in ber SCl^at ol^ne geiüaltfamen Umfturj beö 
Seftclienbcn burd^jufommen gcrocfen ttjöre, roer wiB cö 
fagen? §ören roir lieute bie ' SBortfül^rer ber 9lrbciter 
nad^ icnem legten aJHttel, nad^ ber 9let)olution, rufen, 
fo empfinben wir äfinlid^eö, wie in ber S^xt beö lierauf^ 
jiel^enben ad^tunbmerjiger ©turmeö ®eibel unb bic^ 
jcnigen empfinben mußten, benen baö ^creinbred^en gc^ 
fe|Iofer 3wftänbe ein ©räuel war. ©aran, bafe anä) 
^eiligratl^ bamalö auf gteid^em potitifd^en 33oben ftanb 
unb eine ^ßenfion beö Äonigä t)on ^reufeen bcjog, fei 
l^ier nur erinnert, um bamit ein Streiflid^t auf bie mä) 
n\(S)t jur Maren ©onberung ber Parteien gelangte QtxU 
ftimmung fallen ju laffen. 

6ö war begreiflid^, ba§ jeneö ©ebid^t nid^t allein 
in ber breiten 9Maffe beö Solfeö 3luffel^en erregte. Äurj 
nad^ bem SBcilinad^töfefte 1843 rourbe Oeibel t)on feinem 
©önner, §errn von SRumol^r, ju einem fleinen SRittagö^ 
maf)le eingelabcn. 9ltö ber ©aft bie fd^ön gefältelte 
©eroiette aufl)ob, lag unter berfelben ein Sd^reiben auä 
33erlin: griebrid^ SBil^elm IV. I^atte befretirt, bem 
©id^ter ©manuel ©eibel fei eine lebcnölänglid^e ^enfion 
Don brell)unbert X^akxn jujufid^em — roieber ein 



— 7 — 

loarmer Sonncngru^* bcd ©cfd^idd, aber nid^t allein für 
iS)n, nein, aud^ für und, bie wir jegt beim Ueberfd^auen 
feines Äebenögangeö unb ber reid^en ©rnte, bie uns aBen 
aus bemfelben erroud^ö, biefe föniglid^e .Ermunterung 
jum Se^arren auf bem ^lafee beö amttofen ^oeten 
fegnen bürfen, einer fiebendftettung, für weld^e mit Siedet 
bie aRe^rjö^I ber ©elel^rten, ber ©efd^äftöleute unb 
ber Seute in 3lmt unb SBürben fein SBerftänbnife ^at, 
unb ol^ne meldte bod^ baö tjotte 3luöreifen einer Se« 
gabung, wie biejenige ©eibelö ganj unbenfbar geroefen 
löare; 3a, mx motten uns freuen, bafe ©eibel ^oet 
iinb einjig 5ßoet blieb. Ober l^ätte eö nid^t feine Stid^^ 
tigfeit mit bem, maö ®eibel einem guten ©ebid^te nad^* 
Tül^mt — unb mie reid^ ift bie gütte guter ®ebid^te, 
bie mir i^m jefet üerbanfen! 

€tn gut (5ebtd?t xft wxt ein fd?oncr Craum, 
€s stellt btc^ xn ftd?, unb bn mcrfjl es fanm; 
<Es trägt bid? mül^Ios fort bnrd? Haum unb geit, 
Pu fd^aufl nnb tritt! jl im Sd^aun Dergeffentjcit, 
Unb gletd^ als (^ätteft bn tm Sd^Iaf geratet; 
Stcigft bu erfrifd^t aus feiner Waren ^lut. 

^,©teigft bu erfrifd^t au§ feiner Haren glut." 2Ber 
tnöd^te beiiaupten, ba§ fold^eö ©eelenbab ein bloßer 
Sujuö fei, bafe eö nid^t t)ielmel)r Seib unb Seele im 
Kampfe mit ben 2^ageömül)en biefeö S)afeinö ftärfe 
tinb ftä^le? 

9Saö in bem frül^ begonnenen unb fpät befd^loffenen 
"SHd^terfd^affen ©eibeU alleä jutage geförbert morben ift. 



8 



liegt jcgjt in bcn aäft S3änbcn ber ©cfammtauögobe 
feiner SBerfe oor. 3(^ mu^ eä mir cerfagen, anä) felbji: 
nur auf ein Sfijjirert ber einjetnen SlubrÜen einjugeticn^ 
ebenfo auf bie Srage nad^ bem SBertl^ feiner S)ramcn^ 
benen, wie man weife, oon ber S3ü^ne roenig S^mpati^ie 
entgegengebrad^t worben ift. S)afür mill id^ nod^ an^^ 
reil^en, maö ju ben freunblid^en ©d^idffalöfügungen jöl^tt^ 
bie ben ^fab beö SDid^terö immer von neuem mit l^eitena 
©lanje erfüllten. S^^J^ä^f* ^^^ f^i"^^ SBerlobung int 
?looember 1852 faft auf bem %v^t gefotgte Berufung, 
nad^ ber funftreid^en ^auptftabt Saiernö, alö quasi 
©firenprofeffor ber beutfd^en Siteratur unb 9left^etif^ 
mieberum mit einem fo geringen 2lnfprud^ an regtemenfc^ 
mäßige Seiftungen, bafe feiner äßufe feine mirflid^en 
^effetn angelegt mürben, mie ©eibel eö benn auc^ mit 
33ejiel^ung auf Äönig ajlaj in ber 8d^lufeftroplje b?^ 
©ebid^teö „2lbfd^ieb t)on Sinbau" beutlid^ auöfprid^t: 

Wotil mag td^ treu tl^m banhn, 
Der für t>en lüanbcrftab 
mir frommen Wxxfens Sdfvanfen, 
mir fjerb utib fjeimatl^ ^ah, 
Urib, weil er felbft tief innen 
Die l^eirge flamme näl^rt, 
mit fürftlid? Rollen Sinnen 
Des Didjters ^Jreiljeit el|rt. 

Slber melir nod^ alö biefe elirenbe Berufung, mel^r felbft 
als bie fd^öne S3erul)igung, bie ilim auö bem fanft an^ 
fd^miegenben SBefen feiner jungen Sanbdmännin unb 



— 9 — 

Scbenöäefäl)rtin 2lmönba S^rumtner, unb, alö bcr SJob ftc 
il^m cntriffen liatte, aus ben finbUd^en 2lugcn tl^rcd 
Xiä)ttx(S)tn^ crblülitc, melir alö alle ©rfolgc, bic il^m 
bcwicfcn, er l^abe ntd^t umfonft gelebt — unb er liatte 
na6) Slul^tn geftrebt ! — mel^r alö altes bieö mufete iJ^m 
bebeuten, ba§ jugtetd^ mit ber SReugeburt beö beutfd^eti 
Seid^eö unb mit ber 938iebcraufrid^tung beä beutfd^en 
Äaifertl^umö ber Umfd^mung in ben ©emütl^ern fid^ in 
ber t)on il^m immer feftgelialtenen SWid^tung auf baö 
ajlafeüolte, Säefonnene t)olljog, bafe if)m jegt nid^t mel^r 
oorjugömeife bie tion feinen 3ugenbtiebern ju füfeen 
Siegungen entflammten §erjen entgegenf dringen, nein, 
bafe bie Heine ©emeinbe ber ©ebilbeten unb Umfturj^ 
fcinblid^en, bie banfbar ju il)m emporöeblitft l^atte, jegt 
von allen Seiten S^wcid^s erliielt, unb ba§ bie 3^^ 
na\)c mar, in ber eö nid^t melir von bem, maö feine 
Station il^m juerfannte, ju lieifeen brandete: 

3fi's fein Hul^m auf ipcitcr (Erbe, 
3i^'s ein SIumenfran3 am fjerbe; 
31^*5 Fein jaud?5enb Dolf, poet, 
3ji's ein ^rennb, ber bid? oerftcl^t. 

2)ieö jaud^jenbe SBolf, mie e§ einft ^ermegl^, bann S^^eilig^ 
ratl^, Ul^lanb, Äinfel auf ben Sd^ilb l^ob, er l^atte eä 
fd^merjlid^ üermifet, unb immer mirb eö berjenige ©er* 
miffen -muffen, ber nid^t burd^ ein politifd^eä SRart^rium 
baö aWitgefül^l ber großen äßaffe erregt. 2lber rotnn 
mir eö nid^t niebrig anf dalagen bürfen, ba§ ©eibelö 
Scbenöabcnb von ber ipoffnung üerflärt mürbe, fein bid^? 



— 10 — 

tcrifd^cö SBirten toerbe nun im Saufe bcr g^it* immer 
weiteren Äreifen jum $alt unb jum Sabfal gcreid^en, 
fo muffen mir il^m bod^ t)or allem bie weit l^öl^ere 
S38onne nad^empfinben, mit ber gerabe il^n bie Xi)ai^aäft 
ber 9leugeburt 2)eutfd^lanbö erfüllt l^aben mirb. 3mmer 
meber, mir miffen'ö Ja, ift t)on ©eibel ber 3luf nad^ 
SBieberaufrid^tung beö beutfd^en Sleid^eö erl^oben morben ; 
l^ier fei nur an eins feiner frül(ieften Äaifergebid^te er^ 
innert, an „griebrid^ Slotl^bart". 

Cief im Sd?oge bes Kyffl^äufers 
23ct ber 2ImpeI rotljem 5d?em 
Si^t ber alte Katfer ^riebrid? 
2ln bem Ctfc^ von inarmorftetn. 



• * • • 



@ö ift fo oolfötpmtid^ gemorben, ba§, mie eö in fotd^em 
%düt ju gefd^elien pflegt, faft niemanb fragt: mer l^at 
eö benn gemad^t, ja, bie 938enigften auf biefe ^age ju 
antmorten müßten. 

9llle§, maä id^ biö fiiel^er über ©eibel gefagt l^abe, 
giebt nur allgemeine Slnbeutungen über feinen Sebenö- 
lauf unb über ben Umfang feiner poetifd^en 9lnlagen. 
2ßie mar er fonft geartet? 3d^ Iiabe baö ®tüd gehabt, 
il)n nod^ perfönlid^ fennen ju lernen; etma vov einem 
Sal^rjel^nt brad^ten meine ^au unb id^ einen fd^önen 
©ommerabenb mit il^m in bem lönblid^en ©d^martau 
JU, auf ber Slüdreife t)on Slanfeau, von mo unö ber 
jefet ja leiber aud^ fd^on bem Seben entrüdte, ©eibel 
t)on MÜ)tn f)tx l^er jUd^ befreunbete ©raf SBotf 33aubiffin 
®rü§e für i^n aufgetragen l^atte. Sßor fed^ö Xli)x naä)^ 



11 



nttttagö voat ©cibel bamalö nid^t fd^mcrjcnfrci unb bal^cr 
auä) ntd^t jugänglid^. S)a aber trat er und mit [Didier 
^fc^e unb Sebenbigfeit entgegen, ba§ wir ben ©inbrud 
l^ottcn, er fei nod^ in feinen beften Salären. SBol^renb 
bcö ftunbenlangcn Umfierftrcid^enö mit if)m in bem 
fd^onen 33ud^enn)a(be ber 9lad^barfd^aft beftätigte fid^ 
bann aud^, was er in einer feiner ©pifteln fagt: „Seid^t 
fließt mir baö SSBort in lebenbiger Siebe, rocnn bie ^aä)c 
mid^ reijt." Oeibel mar mittelgroß, liatte bunfteö §aar 
unb bligenb fd^marje 9lugen, meßeid^t ein Sßermad^tniß 
t)on jenfeitö ber Sßogefen, benn müttertid^erfeitö floß in 
feinen 3lbem ja ein S^ropfen ßmigrantenblutö. ®r l^at 
uns nad^ bem 3lbenbbrote bann nod^ ben l^ol^en ©enuß 
bereitet, il^n eine feiner 33aKaben oorlefen ju fiören, mit 
Kangüoüem Organ unb fd^öner Älarl^eit, unb mir finb 
fpät abenbö mit ber 3w^^i^fi^t gefd^ieben, baß mir unö 
nid^t jum lefetenmale bie §anbe fd^üttelten — eine 3"- 
t)erfid^t, bie fid^ nnn boä) aU trügerifd^ ermiefen f)at. 

3int ©egenfafe §u Senau, ^ölbertin, SRöridfe,. 3tütf ert 
unb fo Dielen ©id^tem, bie fiti^ abfeitö ju l^alten liebten, 
l^at (Scibel frül^jeitig fid^ unb feine 9Mufe gemöl^nt, aud^ 
in enger 33erül^rung mit ber SBelt fid^ nid^t jum geiem 
oerurtl^eilen ju laffen, unb bie Seid^tigfeit mit ber er 

impromfirte, legt S^^fl^^^B ^^ fü^ ^^^ ^^^^ aufmerfenbe 
i&örerfreife gefteigerte poetifd^e ©rregbarfeit feines 9la^ 
tureUö. Äurj nad^ feinem ^infd^eiben ift eine Smpro- 
mfation biefer Slrt in einer SBod^enfd^rift mitgetl^eilt 
morben. Sie mürbe, alä fie entftan^, fofort nad^ ber 



— 12 — 

3Jle(obic: „%ttnbt, fd^öncr ©öttcrfunfen" gefungen unb 
tautet toie folgt: 

Crtnflieb. 
Cl^ce bcl^crrf d?et bic 23c3trFe, 
IDo bte lange IVTauer ftel|t; 
£^et§en Kaffee trtnft ber Cürfe, 
Unb ber perfer fd^Iürft Sorbet. 

Bei bes Knmis treuem (5n{fe 
tPtrb ber Sol^n ber Sttpp^ froI|, 
OJuas unb ^ufel trinft ber Huffe, 
lüalfifd?tljran bec (Esfimo. 

Sd?n)ärmt ber ^ransmann beim (L^ampa^nex, 
(Slo^t ber Srite ftumm ins 2IIe, 
£Jei§en 3£eres trinft ber Spanier, 

§icr mufete ©cibcl einen 9lugenbli(f nad^ bem SReim 
auf Site fud^cn, bann aber fu^r er fort: 

"Kaltes tPaffer — bas Kamcel. 

2lber mir, befransten ^anptes, 
Sirinfen nnfers Stromes IPein; 
Sott bie XPelt ftd^ bret^n, o q^lanhi es, 
inu§ bie IDelt aud? trunfen fein. 

3li(S)t aber biefe gefellige ®abe aBein, roeit e^cr 
nod^ fein offenes, jutrauenerroedenbeö SSBefen bal^nte 
il^m, fd^on el^e er berül^mt unb beöl^alb gefuc^t war, 
allerorten bie ^fabe. 3m Saufe ber Qtit famen bann 
feine SBanberluft unb bie üöUige UnabJ^öngigfeit, bie 
er [xä) ' erfialten fiatte, ben nad^ feinem Umgang vex^ 
langenben ©aftfreunben auf falbem SBege entgegen. 



.--' 



— 13 — 

@mft Don ^outDalb auf @d^Iog 9leul^aud, ^eil^err t)on 
ber 2Ralöburg auf ©d^tofe ©fd^cberg in Reffen, gürft 
©arolatl^, ®raf ^augn)i| unb mclc anbcrc mufenfrcunb- 
Hd^e 3Äanner l^iclten bcn geiftoottcn, tDcitgetoanbcrtcn 
ittittl^eilfaTnen Äunftiüngcr oft mclc üKonatc lang in 
il^rcm Ärcifc fcft, erfreut, baft il^m nirgcnb bic 5Wufe 
il^r ©eleit Dcrfagte. Unb wie rool^Itl^ucnb war für il^n 
felbft baö Slufatl^men unter üKenf(i^cn, bie nid^t fragten, 
ob er ftd^ benn nid^t etn)a bod^ nad^. einem älmte um^ 
feigen fotte! ^cnn biö jum Srreroerben an fid^ felbft 
war er burd^ biefe ^agen gebrad^t roorben: 

BejHimtt von gmeifeln rang id^ bamals, o wie oft, 
Umfonft nad^ KIarI|eit in mir felbfl, DerfeI|It crfd^ien 
mir aü mein Streben, Oufc^ung felbft ber IRufe Huf, 
Der immer ipieber locf enb an mein Qer3 erging; 
Unb »enn idf hann, von l^afl'ger 2lrbeit tief erfd^öpft, 
^ier Stille fuc^te, fanb id? I|eige Cl^ränen nur, 
IDie fle auf ober KHppe wunt, wer fc^eiterte. 
Vodf Hettnng fanbte mir ein (5ott, bu riefefi mid^, 
ntein ebler ITIalsburg — Segen beiner (5ruft bafürl — 
<5aflfreunb(ic^ in bein malbumraufd^tes €fd^eberg, 
Unb bort auf fonn'gen ^öl|'n mid? lüftenb, losgelöft 
Pom fleinen Prucf bes £ebens, lernt' id? mäd^t'ger halb 
Die iJIngel rnljren unb ber eignen Kraft pertraun. 

3n biefem ©ebid^t mie in gar oielen anberen fommen 
ä^rübungen ju SBorte, bie wir, um fein S3ilb in rid^* 
tiger S3eleud^tung ju l^altcn, nid^t leidet nel^mcn bürfen; 
war ber ©id^ter in mand^em ©inne ein ©lüdöfinb, gab 
il^m ein ©Ott, ba§ er immer miebcr ber ^rien, bie aud^ 



— 14 — 

il^m nad^ftcllten, §err ju rocrbcn ocrmod^te — bofür, 
bafe* fein Snncrcö mä)t fobalb jur SRul^c fomtncn fböte, 
war burd^ pl^crc SRäd^tc geforgt; ift bod^ ein ©etnütl^, 
beffen ©aiten bei iebem Slnlafe jittem unb flingen, gerabc 
wegen biefer ^od^grabigen Sfleijbarfeit, gegenüber bem 
SBed^fel von ©turnt unb ©onnenfd^ein, auö bem nun 
einmal baö 2tbtn befielt, l^alb roel^rloö. SSon fold^en 
©egenffigen erfüllt, üon fold^en SBiberfprüd^en l^in? unb 
fiergeriffen, ift benu aud^ baö S3ilb, baö er von fid^ felbft 
entwirft: 

£etd?t(tnmg, reblid?, UTann nnb Kinb sugletc^, 
PoII Uebermuti} nnb Demütig, ftarr unb tpetd^; 
Von Sinnen wilb unb flets bamtt im Streit, 
Perfolgt üon £ieb' unb bod^ in £iebesleib, 
€in IDanberpogel coli Begeljr nac^ Hutj, 
(2irt IDeltfinb, bas fid? fetjnt bem ^immel 3U — 
3ilb bes H>iberfprud?s, wann fommt bet (Eag, 
Der allen beinen groiefpalt füljnen mag! 

SBann tarn für ifin ber 2^ag? S3iö ju feinem fed^ö^ 
unbbreifeigften^a^re, bi§ ju fenerSerufung nad^3Künd^en, 
mar er uncerfieiratl^et geblieben, l^atte er, „perfolgt oon 
Sieb' unb bod^ in Siebeöleib" ein unfteteö ütbcn gefüi^rt. 
3Kö il^m enblid^ mar, al§ feime in feinem ^erjen ein 
©cfül^l, baö er nid^t nieberfampfen bürfe — zbcn ju 
2lmanba S^rummer, ber 3lba feiner Sieber — , ba fel^lte 
i^xn ber aJlutl^, ein fo j[unge§ 2)afein nod^ an baö feine 
JU binben. 



— 15 — 

Xlodi webt ber Kinbi^eit Dämmrung ifyc um'$ f^aupt 
Unb lägt {te träumen faum von fünft'^er Slütlje: 
Dein Walin nur ift.'s, bcr mel^r 3U fpürcn glaubt; 
Dmm frtß, mein ^er3, unb bein (Seljetmntg Ijüte. 

Dod^ einfl, ac^, tptrb {te etnft bte Deine fein? 

IDirfi bu nod^, alternb, il^rer Jugenb taugen? 

IHein gläubig fjerj fprid^t: 3^1 — VUcin Kopf fprid^t: tteinl 

Unb i^eig pom £Jer3en fd^iegt mir's in bie 2Iugen. 

So fd^ipanf idf Stunb' um Stanbe, TXad^i wxvb Q^ag, 
Unb Cag wixb TXad^i im langen^ bangen Watten. 
Wann fommji bu, tltai? Wann blüljt bie Hof im (Satten? 
'Da% idf mein Sd^icffal tpiffen magl 

9?un, ber 2Rai tarn, bie 9lofc blül^tc, unb halb 
fonnte er fingen: 

IDeil mein IRunb ben fluten £euten 
(Dft nur l^albe Jlntiport ftammelt, 
f?eigen jte mid? ben gerftreuten, 
Dod; id; bin in bir gefammelt. 

Unb fo leb' idf Stunb um Stanbe 
€infam mitten im (Setriebe, 
Still burd^fonnt im fjersensgrunbe 
Dom ^etpugtfein beiner £iebe. 

3lber bie Jtul^e föttte, wie wir fd^on mi^tn, eine 
furje fein. §ier nur nod^ jur ©l^arafterifirung beä 
liebenben SBefenö, baä er fobalb unter ben 9lafen betten 
mußte, bie rül^renben SBorte, bie fie von il^rem legten 
Äranfenlager an il^re ©efd^roifter fd^rieb: „2<i) weife 
nid^t, roarum i^r mid^ aUe fo beftagt! SBenn id^ nid^t 



16 



aud^ etroaö ju tragen l^ättc, fo roär'ö ja bcö ©lücfeä 
ju Diel, unb bu fennft rool^t g^uqueö 33crd: 

IDenn alles eben fäme, 

IDte bu geiPoQet l^afi, 

IDenrt (5ott 6ir gar nid^ts näl^me 

Unb gäbe feine ta% 

XOit tpär'5 benn um betft Sterben, 

(D Hlenfd^entjers, befteßt? 

Du mügteji fd^ter perberben, 

So Heb mär' bir bte Wtlil" 

3n ftrenger 3lrbeit \)at ber tief banieber ®tbtn%U 
ben fd^roeren ©d^icffaldfd^Iag ju überroinben getDufet, 
unb ber ©laube an eine l^öl^ere aJlad^t, bie baö aJlenfd^em 
looö beftimme, ift il^nt babei SCroft unb Kräftigung ge^ 
roefen. S8on biefer ©eite feineä S55efen§ gewinnt man 
erft jegt eine fiarere 3lnfd^auung, nad^bem ©eibel SBielen 
lange für einen Drtl^obojen gegolten l^at. 2)aö ©egen- 
tl^eil ift ber %aü. 2)ie betreffenben Belege l^ierfür mag 
man in ben ©prüd^en nad^Iefen. 

3n bem ©ebi^te ,,gBäl^renb eifier Äranfl^eit" fafet 
er feine ©el^nfud^t bann in bie S3itte „an ben ©eniu§" 
jufammen, nid^t abgerufen ju werben, el^e er, ber ©id^ter, 
fein SCageroer! ooHenbet l^abe. 

mir fd^Iäft im ^er3en nod? fo üiel; 
(D bin id? einer ber (Erfornen: 
(Erbarme bid? bes Ungcbornen, 
(5ieb 'Echtn, £eben bis an's gicll 
Daß id^ bort unten Hutje f?nbe, 
Unb Croftes voU ber Kran3 ftd? roinbe 
Um mein cerftummenb Saitenfpiel. 



— 17 — 

S)icfcr SBunfd^ ift in ©rfüHung gegangen, ©eibel f)at 
fxd) ganj auölcben bürfen, unb baö giebt feinem S3ilbe 
etroaö fo roo^lt^ucnb l^armonifci^eö. aSor um ftel)t er 
mit bem fanften Säd^eln reblid^, mut^ig unb fieiter voU- 
brad^ten S^agemerfö. Seine Senbung war: in trüber 
3eit unö burd^ 5ßoefie ju erquiden, ju erl^cben, ju 
feftigen. Der SJKfemut^ l^atte fid^ in üiele §erjen ein? 
geniftet. . ©r aber fang : „3Ber red^t in greuben roanbem 
roill, ber ge^' ber ©onn' entgegen." ©r fang üon bem 
S)id^tcr: „®r trägt, erblül^t im reinen bergen, ben Stofen- 
garten ieber Suft." ®r fang: „Reiter fenfe, maä oer? 
gangen, in ben 3lbgrunb jebe 5Rad^t." ©r fang: „fteine 
gerne barf unö franfen, benn unö fiält ein frol^ ©e? 
benfen." Unb mäl^renb fid^ Stimmen erl^oben, meldte 
bie ®abt ber ^oefie für einen glud^ erflärten, fang er: 

2lus tieffter Seele Dan! bem ^errn, 
Der mir bas £teb gegeben I 
Kann's für bie VOdt nid?t fein ein Stern, 
(Ein Stern ift's für mein £thtn, 

3lber er l^at unö aud^ erl^oben. 3luf gürft unb SSolf 
l^at ©influß geübt, ba§ er ©efegeötreue prebigte, bafe 
er nad^ oben mie nad^ unten alö baö, maö aUein unö 
i&eil bringen fönne, baö SBort SSertrauen in bie beutfd^en 
Sanbe l^inauärief, ba§ er, mie fein anbrer eö get|)an, 
für ben üon uns loägeriffenen 33ruberftamm jmifd^en 
9lorb? unb Dftfee eintrat unb bamit ber faulen 9laft 
beö guten beutfd^en ©d^merteö ein ®nbe mad^en l^alf. 
6r l^at nn^ enblid^ gefeftigt. ®ä mar baö 3Bort 

(Smanuel &nttl, ein %tUnt^ü6). 2 



— 18 — 

grötnmigfeit in aWifefrcbit gefomtnen, nid^t tninbcr ba§ 
SBort Untertl^ancntreuc. 2)aö eine l^iefe ^ömtnelei, baö 
anbre Untertl^änigfeit. ©eibel l^at feinen SJJI^eil baran, 
bafe fid^ ber bered^tigte ©tolj beö beutfd^en aßanneö 
mit beiben SBorten enbUd^ auf guten gufe gefegt l^at. 
Unb fo roitt id^ benn mit bem fiiebe fd^Iiefeen, in 
meld^em er felbft feine ©enbuug als ooHenbet bejeid^- 
net l^at: 

Der als IHorgcnfiem am ^tmmel 
<5(än3te; bei bes (Eages Schlug 
Por bem anbem Sterngewimmel 
(5ei{t er auf als ^esperus. 

jrüt{ unb fpät vom felben (5o(be 
(5IüI|t ber Saum bes Firmaments, 
Unb bes ^erbftes (e^te Polbe 
<5Ieid?t ber erjlen Polb* im £en3. 

2I(fo get^n, mie {td^ bayvi^ditn 
2Iud^ in buntem Unbeftanb 
Der (Entfaltung Stufen mifdjen, 
^nb^ unb JInfang Vianb in fjanb. 

Unb fo fann id?, raufd^t in leifen 
IHelobien mein Saitenfpiel, 
(Ein (5efüI|I nid^t von mir »eifen, 
Das mir fagt: bn bift am gtel. 

Denn bie legten meiner lieber, 
Wenn idf red^t 3U l^ören roeig, 
Klingen ujie bie erften n?ieber, 
Unb rotlenbet ift ber Kreis. 

— >/\/\/w — 







2<5:?sc5:?S' 



OIJU^O] 







2lus meiner (5cibcl=2nappc* 

Sammlung menig 6e!annter ^Zotijen unb Zitate jur ^iograpl^ie 

beS ^id^terd, ald eine oorlftufige ©rgänjung ber arbeiten ^rofeffor 

^. @oebe!e'S. (©manuel Deibel 1.3b. Stuttgart 1869 unb 

„9lorb unb @üb" I. 95b. @. 392 ff.) 

oon 

Slfd^crälcbcn. 

(Emanuel ©cibelä Ocburtäl^auö fielet ju S?ü6ed in 
ber Sif^Pr^B^ 106. 3n fcd^ö immer fd^maler merbenben 
©tagen fteigt eä nad^ ber 5Ärt ber alten Sübeder Käufer 
ju jiemlid^er ^öl^e empor. Unter feinen SRad^barn 
jeid^net eö fid^ burd^ ben befonberö reid^en ©d^mudE beö 
5ßortaleö auö: ^almen unb Äränje tragenbe ©enien, 
©ngeU unb^Sömenföpfe, Stumen unb grüd^te jieren in 
funftooHer ©teinmegarbeit ben Slunbbogen. 9ln ben 
Seiten lel^nen jmei ©eftalten, red^t§ eine allegorifd^e 
weibtid^e ^igur, Un!ö ein Slitter in üoHer Slüftung. 

2* 



— 20 — 

3n bcm geräumigen ^auö^ur tont nod^ l^eute ber alten 
aSanbul^r ,,t)er^agter ©d^Iag", uitb im $ofe grünt ein 
aSeinftodf, ber beö 5Dic^ter§ Sugenb nod^ gefeiten, 
©ein Oeburtöjimmer ift ein einfad^eö, an ber S)ede 
mit ©tudarbeit oerjierteö Oemad^ unb liegt im unterften 
Stodmerf beö Kaufes. 



» 

Oeibelö erfteö gebrud'teö Oebid^t erf^ien " unter 
bem ^feubonrim S. §orft im Df tober 1833 im „SRufen^ 
almanad^ von 6|)amiffo unb Sd^roab auf baö ^af)v 
1834". Oeibel fonnte alfo im vorigen Sa^re (id^ 
erinnerte im „5Deutfd^en aWontagöblatt" t)om 29. Dftober 
beffetben 3al^re§ baran), ba§ SOjäfirige Subiläum feiner 
öffentlid^en ©id^tertl^ätigfeit feiern. 

5Daö ®ebic^t lautet: 

Dergcffen. 
Wie foUte benn aud? mein (5emütli 
Xtodi immer traurig feini 
3ft bod? ber fjimmel angeglül^t 
Dom rotl^en ITTorgenfd^etTi. 

Die alte liebe ift üorbei, 
Die l^odi mein fjer3 gefd?u?clli 
ITun fd^ipimm' id? mieber frifd? unb frei 
Durd^'s bunte ITTeer ber lüelt. 

£eb' ipoljl! £eb' wo^l, bu Daterftabtl — 
€in Dogel fd^mingt ftd? auf, 
Unt> was mein fjer3 gelitten Ijat, 
Das flieget mit I^inauf. 



— 21 — 

®aö crfte gcbrudt in bie DeffentUd^feit gelangte 
componirte fiieb ift gleid^faHä ein in bie Oebic^te 
ttid^t aufgenommenem, ©ö fte^t in „(Sefänge unb fiieber 
für eine SCenop ober Sopranftimme oon ®. ®. Steiniger" 
op. 116. 

2ln ben Schlaf. 

Komm, geltebfe Ztad^t, ergieße 
Deinen milben Sternenfd^etn, 
7Xali\ Sd^Iummer, bid? nnb fd?Iiege 
Ulid? in beine ^lutljen eini 
£ag mid? rul|n in beinem blauen 
Unermeßlich ©eiten IHeer; 
Deine Jnfeln lag mid? fd?auen, 
Deiner (Eränme ftiües f?eer. 

IPunberbar aus bunfeln IDogen 
Cauc^en jie in fd^önem Krans, 
' Hings pom Duft ber Had^t umsogen, 
Ueberftral^It von IHonbesglans. 
IJelle gauberfd^Iöffer roinfen 
Durd? iV fd?attig bunfles <5tnu, 
Unb bie golbnen (Quetlen blinfen 
Unb bie IDunberblumen blül^n. 

^reunblic^ ernfte 2lngeftd?ter 
(Srügen uns am fd^önen Stranb, 
Unb im Spiel ber Utonbeslic^ter 
Dünfen fle uns roo^befannt. 
Der €rinnrung Slumen fprießen 
Uns im fersen unbewußt, 
Unb geliebte Cobte (daliegen 
U^einenb n?ir an unfre Bruft. 



— 22 — 

Komm, crfel^ntcr Bd^laf, nnb trage 

2Ius bes £ebens büfterm port . ; 

IHtd? mit fanftem IDogenf daläge 

§u ben f efgen 3nf ein fort ; 

0ber fenbeft bu ben Bruber: 

„Sex iPttIFommen, fd^öner ^ob, 

„^nlixt jHU mit leifem Huber 

„Xdidf I^tnaus tn's IRorgcnrottj/' 

hierbei fei bemerft, ba§ foroofil St'ejt alö SRcIobie 
beö bef annten üielgcfungenen 6otnnteröUebe§: ,,®in 
luftiger 3Kufifante" üon (Seibel ift. 



®ie ®Icgic „®er fed^fte ?lot)ember" (©efammelte 
SBcrfe. 5. 33b. ©. 88.) Jiat iJiren lofalen ^intcrgrunb 
in bcm 2Battenbad^'fd^en §aufe in Sübed. ©eibcl fam 
am 6. Jlooembcr 1833, bcm Ocburfötagc ber fd^Bnen 
ßäcilic, mit feiner aJlutter jum crften Tlak in bieö ^aw^^. 
2)ie ©efd^id^tc biefer erften Siebe beä SDid^terö ift 
bcutlid^ au§ feinen Sugenbgebid^ten ju entnel^men. 

3n ber ^altifd^en Sitteraturjeitung fertigie 1848 
eonrab ©dornen f, ©onrcctor am ©^mnaftum ju 
granffurt a. aft. ©eibel mit folgenber ,,(]^araftertftifd^en 
Ungejogcnl^eit" ab: 

„^errn OeibeTö SBert^ ju beftimmen, ift und. 
leidet gemad^t. ®r ift unter bie preufeifd^cn ©taatä^ 
fd^utben aufgenommen morben unb mirb iäl^rlid^ mit 
300 SC^alern tjerjinft. 2)a biefe nun 3^/270 iä^rlid^e 
Sntercffen tragen, fo ift ber nomineUe Äapitatoertl^ bed 



— 23 — 

cf^erm ©cibet 8571 2:^tr. 12 Sgr. lOV? ^f. ®tm% 
ein fd^öncr SDßertl^ cincö jungen SRanned. üßöge er 
junel^men unb fteigen, wie aUt europfiifd^en ©taatö^ 
fd&ulben unb nid^t wie biefe, in roeld^en fid^ baö com 
fcroatoe unb progreffioe ®Ientent fo l^amtonifd^ aus* 
gegltd^en l^aben, einft unter feiner eigenen Oröfee ju^ 
famntenbred^en ..." 

Sßorrebe jur jroeiten 3luflage ber ,,©ebid^te". 

9tt§ id^ üor brei Salären junt erften Sßate eine 
©ammlung meiner ©ebid^te l)erausgab, l^ätte bie 3luös 
rool^t immerl^in ttroa^ ftrenger fein bürfen, unb nantent^^ 
üd^ roäre eine Slnjal^l üon fiiebern, roeld^e, in Jüngeren 
3a^ren oerf afet, mit ebenfo t)iel SRed^t 9lad^!länge 
frember SBeife als eigentJiümlid^e ©rjeugniffe genannt 
werben fonnten, gereift ol^ne 9lad^tl^eU ju entbel^ren ge^ 
roefen. Dennod^ fanb baö S3ud^ feine ^eunbe, roaö 
rt)of)l am beflen aus bem l^erbeigefül^rten S3ebürfniffe 
eineö jmeiten SlbbrudEeö einleud^tet. 

33ei ber Verausgabe biefer jmeiten jiemlid^ ftarf 
oemtel^rten 3luflage war id^ nun entfd^Ioffen, alle jene 
mir Jegt als unbebeutenb erfd^einenben Keinen ©ebid^te 
unb namentüd^ baö erfte Igrifd^e 3ntermeijo(!) gänjlid^ 
mcgjulaffen, aHein bies mürbe mir melerfeits miberratl^en, 
tljeilö meil aud^ biefe Sieber einmal bei 3Kand^en günftige 
Slufnal^me gefunben l^ätten, nod^ mel)r aber, meil fie 
in il^rer leidsten SÖBeife oon ben aJlufifern ^äupg jur 
©ompofitien benu|t morben mären unb ferner benugt 



— 24 — 

ttJerbcn möd^tcn. ©o gcfd^ol^ cö bcnn, ba§ id) mid^ 
aud^ ie|t barauf bcfd^ränfte, ()icr unb ha ein cinjclncö 
©cbid^t ju üntcrbrüden. 

3nbem id^ ouf bicfc SBcifc bctn ftrcngcren Äritifcr 
bic SBicberaufna^mc jener 3ugenberjeugniffe erfläre, 
barf i(S) rool^l, ol^ne unbillig ju fein, bie Sitte an ii)n 
l^injufügen, ba§ er meinen jegigen ©tanbpunft nid^t 
fon)oJ|I nad^ bcn befprod^enen, fonbern melmel^r nad^ 
ben reiferen ©ebid^ten beö jroeiten unb namentlid^ beö 
britten S3udE)eä beurtl^eilen wolle. 
Sübeö, im aWärj 1843. 



SBafirfiaft propl^etifd^ l^at Sari Ooebefe fd^on 
im Saläre 1843 in feiner 3lntf|oIogie: „©eutfd^tanbö 
Did^ter von 1813 — 1843" über ® ei bei gefprod^en: 
* „5Darf 5Deutfd^Ianb auf bie reid^e Entfaltung eineö 
burd^auö poetifd^en, in Einfalt grxjfeen Oemütfiö bet 
Sängeren l^offen, fo barf e§ feine Hoffnung junäd^ft 
auf ©eibel rid^ten". 

®ug!on) ift ©eibePö greunb nie gemefen; fein 
Urt^eil in Semalbö Europa (1836. 4, 320) ift au^. 
©oebefe'ö ©eibelbiograp^ie befannt: ,,®manuet 
©eibel, ein unbefannter Slnfänger, ber gleid^ in feinem 
erften ©ebid^te ben 5Did^ter befingt. ®r nennt i^n 
ßönig ©id^ter unb mirb mafirfd^einlid^ fein Sebelang 
beffen Untertlian bleiben. ®ö d^arafteriftrt red^t ben 
©d^mad^fopf in ber ^oefie, ftatt ju bid^ten immer t)on 



— 25 — 

ber Did^tfunft ju rcbcn". 3n bcr „Äötitifd^cn 3^itung" 
liefe er fi6) am ©d^Iufe einer übcrouö abfälligen Sritif, 
bie in bcr „3lB9emcincn 3^itung" ©ottfrieb Äinfcl 
nid)t unglücflid^ roibcricgte, alfo ücrnel^mcn: 

,,5ßoUtifci^e 3wft^'3tRilieu Sieber nad^ ©efangbini^ö^ 
tnelobicn ift, id^ geftcl^e cö, bie einjig neue 3bee bed 
^erm Oeibel. SBer möd^te aud^ in bem fotgenben 
©ebid^t baö alte fiieb aus bem Oefangbud^ uerfennen: 
,,5Run ru^en atte SBälber"? ^err. ©eibel ftngt: 

„Sdfon fängt es an 30 bämmern, 
Der Xüorib als Qirt ertpad^t 
Unb fingt ben IDoIfenlämmern 
(Ein £teb 3ur guten TXadfi" . . . 

Sluf ein fold^eö ©ebid^t folgt bann unmittelbar 
ein Sagblieb, roo ^err (Sei bei, ber eben baä porften'fd^e 
©efangbud^ in ber ^anb l^at, auf bem ^irfd^enanftanb 
fielet; maö fann d^arafteriftifd^er fein, um biefe ©l^amä^ 
leonsftimmung ju bejeid^nen, bie l^eute fünftlid^, morgen 
natürlid^, l^eute ^riefter, morgen SBaibmann fein mill, 
unb nid^t üroa aM origineHer ® jtremenfud^t , fonbent 
um ein ©ebid^t ju l^aben, in bem fid^ ein jufällig auf^ 
gefangener ©ebanfe eben leiblid^ runbet!" . . 

2)a6 Ougforn übrigenö in fpäteren 3al^ren bem 
fortfd^reitenben ©ntmidfelungögange unfereö ©id^terö 
fpmpatl^ifd^er gegenüberftanb, bemeift ber ©ag a\i^ 
feinem „2)ion^fiuS fionginuö" : „2)ie 5ßflege beö SBerfeö, 
rocnn berfelbe etmaö bebeuten foH, erforbert ein Seben. 
©ei bei mirb eö begeugen fönnen." 



— 26 — 

« 

Sftcid^c 9luöbcutc für biograpl^ifd^c ©injcll^eiten 
auö bcnt 3al^rc 1843 bietet SBill^etm Sud^ner'ö 
SB.erf: ,,Serbinanb greiligratl^. ©in JDid^terleben 
in Briefen", ©inen ®eburt§tagöl^rief greiligrati^ä 
an ® ei bei, ber in feiner frifd^en Saune baö 5BerpIt^ 
nife beiber ju einanber präd^tig d^arafterifirt, laffen wir 
tjollftänbig folgen. 

® ei bei l^atte ,,nad^ bent lieiteren' ^oetenfommer 
1843, beffen er in .©t. Ooar a. di^. in ber ©efeUfd^aft 
beö ^reiligrat^'fd^en ®l^epaareö unb ber gamilie 
be§ Sanbrat^ä .^eub erger üon ^erjen frol^ roar/' von 
feinen manigfad^en gal^rten nad^ ©armftabt, SBeinöberg, 
Stuttgart, bem ^eunbe fein SBort beö SBerid^teö ju^ 
gel)en laffen. „2)a erliefe benn greiligratfi ein 
überaus ergöglidE^eä 3)la^nfd^reiben, jroei ineinanber ge^ 
l^eftete Ouartbogen; baö oorbere 93latt gleid^fam SCitet 
blatt, bie folgenben fed^ö Seiten aber illuftrirt burd^ 
eine SReilie eingeflebter SBein^ ®tiquetten, ber ganje 
93rief ein 33en)ei§ föftlid^fter, übermüt^iger Saune." 

Litterae 
gratulatoriae „illnstratae". 

„Tim irtittelrl^etne 3U ber Zuriet ^ügen. 
Wo bei t>en fjeiben ipeilanb Sanft (Soar 
Der crfte <Ltit\^ unb Salmenfänger war, 
Da fd^iPtngt jld? auf ein feierlid^es <Srügen/' 

St. (5oar, \6. (Dftober als am Cage 
St. (Salli \8^5, 



— 27 — 

Sicbcr (Smanuel! 

Slufecr einem tnünblid^en SBuHetin, töeld^eö Du bie 
befonbere Oetoogenl^eit l^atteft, mir burd^ ben Stubiofen 
^f- jujufertigen, bin id^ feitl^er ol^ne aUc unb jcbe 3ia6i-^ 
rid^t üon Dir geblieben. 3d^ fd^Uefee barauö mol^I ant 
aUerbcften, baß eä Dir rool^I gcl^t unb Du Did6 — 
wie ftanb baö aud^ anberö ju ermarten! — in Äemer'ä 
l^erjiger ipäuölid^feit rafd^ unb ju Deinem frommen 
jured^t gefunben l^aft. 9Jlit ber '^txi fönnteft Du bad 
aber aud^ njol^l felbft einmal fagen, unb ®inen bem 
bloßen ©d^Uefeen unb SSermutl^en über Did^ unb Deine 
3uftänbe entl^eben. 3lud^ . eine Sicenj (in biefem %oXit 
bie Dir oerliel^ene Sorrefponbenjfaull^eit) foU man nid^t 
mipraud^en. 

Die ^auptoeranlaffung ju biefen '^txitn ift Dein 
übermorgiger ©eburtätag, ju bem mir alle Dir t)on 
c^erjcn ®(üd münfd^en ! Steine ^au legt einen felbft^: 
gel^ädcltcn ©elbbeutel, bie ©d^nur eine anbermeitige/ 
mit ber ^anb gearbeitete Bagatelle bei; id^ aber in 
meiner ®igenfd^aft alö Strid binbe Did^ folenniter mit 
gegcnmärtiger ^lafd^e ©l^ampagnerö an, bie bei aller 



Fleur de Sillery. 



SBortrefflid^feit bie fonberbare ©igentpmlid^feit befigt, 
ba§ Du Dir mebcr einen ©lanj nod^ einen ©trid^ auf 
i^rem S3oben Idolen mirft; id^ fann alfo ol^ne S^rd^t, 



— 28 — 



bafe 2)u bcä ©iitcn ju md tl^uft unb mit 2^l^cobaIb 
^änbel anfängft, meiner ©enerofität bie ßrone auf- 
fe|en unb ^id^ anä) noä) mit }n)ei %ia^ä)tn 



1834 

Schloss Johannisberger 

Kabinel-Wein. 



1834 

Schloss Johannisberger 

Kabinet-Wein. 



regaliren. 3)iel^r aber wirb nid^tö gereid&t. 3l^r ©trold^e 
werbet ol^nel^in fd^on ju oiel Äleoner unb SWieöling oer^^ 
tilgen unb infonberl&eit übermorgen, fann iä) mir benfen, 
mirb e§ meber an glafd^en noä) an 3öpf^i^ feilten. 

SSiel jugetragen f)at [lä) l^ier feit 2)einem ^ort- 
gelten tim nid^t. 9lm 9. September befd^Iofe id^ mit 
meiner %ta\x eine 2^agd barauf anjutretenbe fleine 2:our 
naä) SHolanböedf unb bem ©iebengebirge. Slm 10. frül^ 
brad^te mir ber 5ßoftbote einen 33rief von ^äring, an 
2)id^ abreffirt, jebod^ mit bem 33eif a| auf ber 3lbreff e : 
,,im gaK ber Slbroefenl^eit bed §erm Dr. ©eibel von 
^erm i^reiligratl^ ju eröffnen." ^^aV^ unb fanb bie 
9lad^rid^t, ba§ ^äring fammt %xan felbigen S^agd nad& 
6öln bampfen moKten unb unö gern auf ber 93rüde 
begrüben möd^ten. ^I^ren alfo jufammen, unb be- 
ftimmten ^äringö, 9lbenb unb 9lad^t aud^ in SWolanbö^ 
edf jujubringen. SSergnügten 3lbenb t)erlebt. ©el^r be^ 
bauert, bafe ber ©l^ibeKine nid^t bobei mar. — r NB. 
I^ab* il^m bod^ eine ^lafd^e Slolanböedfer 9luöbrud^ für 



— 29 



Rolandsecker Ausbruch. 



ben ©cburtötag mitgebracht. 3l\xn aber anä) feinen 
S^ropfen mel^r! SBirflid^er Sluöoerfauf! 

Sonft noä) allerlei 33e[ud^ gehabt, unter anberen 
eine ai\^ 3talien l^eimfel^renbe ©tettiner iJamilie, beren 
^übfd^e, felbft im aJlufenmerf nid^t talentlos biletti^ 
renben J^öd^ter mir einen mäd^tigen, an Ort unb 
Stelle gebrod^enen Sorbeerjroeig am bem ©arten 5ßitti 
mitbrad^ten. 

9Son 33riefen unb 5ßadeten nid^td für 2)id^ ange^^ 
fommen, alö ein ©jemplar ©einer ©ebid^te unb baö 
beiliegenbe Äreujbanb t)on®oebefe. S)a§ id^ lefetereö 
geöffnet (eä mar [a fein 93rief), mirft 2)u meiner 3ltn^ 
gier, bie einen I)id^ betreffenben 9ludl^ängebogen von 
©oebefe^ö 93ud^e mitterte, freunblid^ »ergeben. 2)er 
Sanbratl^ läfet bie 93iograpl|ie jefet im Äreiäblatte 
brudfen, mie er frülier aud^ ©d^üdfing'ö 3luffa| über 
25id^ ber SlUgem. 3^itwng für bad Äreiöblatt entnalim. 

9lber, jum S^eufel, ®ine ^lafd^e muffen mir nod^ 
leeren! S)er alte Äerner unb feine iJrau foU leben! 
3in ^od^^eimer 1834! 



Unb nun: 
2iebefter 



1834 Hochheimer. 



@manuel! 



^^^rinjefftn ©ugenie, bie eble ®ame, ift feit ad^t 



— 30 — 

XaQtn bei nm unb mvh nod^ ad^t ^^agc weiter l^ier 
bleiben, ©ie ift ein guted frommeö Äinb, unb wenn 
fie allein ift, [o fingt pe auä bem ©efangbud^e: 

itebßer 3mmannel, Dn £tc^t ber kommen, 
Du metner Seele tLto% adf fomm' nur balb. 
Du ^riebefürfl Ijaft mir bas fjer3 genommen, 
Das ^an^ in £tebe Dir entgegentpaUi 

Ueberl^aupt glaube id^, bafe bie ©t. ©oarer aJlagbelein 
nod^ t)iel an I)id^ . benfen. 2Bo il^rer jraei ober brei 
jufammen finb, ba ift e§ gen)i§ fünfmal unter jel^m 
mal in S)einem Flamen unb ba bift 2)u mitten unter 
il^nen. — Siebes ©eburtätagäfinb, 2)u t)ergiebft mir bod^ 
bie [d^led^te Slnroenbung ber SBibel! 

^eut ift ber 2:ag beä ^eil. ©aKuö. 2)abei faUt 
mir ein, bafe Saoinuö unb ©aUina feit bem 6. hujus 
ein ^aar unb jefet in 2lugöburg finb. SBerben'ö 3)ir 
mol^l gef daneben liaben. SRöge eö il^nen mol^l ergel^en! 

§abe allerlei gemad^t [eitl^er, unb lege ein faubereö 
3opflieb }ur ®rgö|ung bei. 

©rüfee bie guten Äerner alle, alle auf'ö ^erjlid&fte 
von mir unb unö. 9lud^ bie oerel^rte grau von ©uforo. 
3^r, mie SSater 3uftiniiö, fd^reibe id^ näd^ftenö! ©Ott 
mit 2)ir! Safe oon 2)ir l^ören! 

2)ein alter 

greiligratl^. 

P. S. . Siebfter! 

2)er 33rief mar fertig, alö mir einfiel, man fönne 
bod^ eigentlid^ beä ®uten nie ju mel tl^un. 93efonber§ 



31 



an. einem ©eburtdtage. SBoBen alfo jur Slbfül^Iung 
auf atte bie ftarfen Sorten nod^ ein paar gtafd^en 
ejceHenten Seid^ten trinfen. Stifo: 



1839 Moselblümchen. 



1839 Moselblümchen. 



2ß)er nun aud^ 93afta, f onft giebt'ö rid^tig einen ^aar^ 
beutet! 2)er leid^teren SSerpadung beä ^lafd^enfetterö 
wegen (aud^ ©elbbeutel unb Sud^ieid^en würben fid^ 
einem fimpeln Briefe fd^led^t beilegen laffen) fd^idf' id^ 
3)ir bie ganje ©efd^id^te aud^ nod^ im ©eleite beö oben 
ermäl^nten ©jemplariS 2)einer ©ebid^te. 3Son ©einen 
©igarren l^ab' id^ sroei in 9lgud^ aufgeben laffen [eitl^er. 

9lad^ einmal unb allemal 

©ein 

greiligrat^. 

greiligratl^ö Urtl^eil über ©eibel ift f olgenbeö : 

9luä einem ©riefe an 3lbel^eib oon ©tolter^ 

fotl^: „©eibel ift eine tüd^tige, gebiegene 3latur. 9Son 

auften nod^ etroaö burfd^ifoö, aber ber Äem )ft ed^t 

unb nobel." 

3luö einem S3riefe an Äarl Sudaner: ,,9ie^men 
©ie ben guten ©onger (wie il^n 3lnberfen ol^nlängft 
in einem ^Briefe an mid^ nannte) freunblid^ auf, unb 
laffen ©ie fid^ 9leueä unb 9leuefteö auö ©t. ®oar oon 
il^in erjä^len. ©r ift eine madfere tüd^tige 9latur, bie 
Sinnen jufagen mirb/ unb beren milbeö geuer, fo Oott 



32 



lüitt/ in ein paar 3a^ren ocrfladcrt ift. 2Bo bcr Stamm 
gut ift, ha tcmn man allerlei fleine Sluöraüd^fe fd^on Der? 
jei^en. I)ie 3cit nimmt fie meift [d^on oon [eiber meg." 

9luö einem ©riefe an Sari fSn^ntx: ,,®eit)cl 
l^at mir benn bod^ enblid^ in ben legten Dctobertagen 
lierilid^ unb marm auö Stuttgart gefd^rieben. 'S ift 
bod^ ein guter Serl in ber ^auptfad^e unb ba mufe 
ein anberer guter Äert [d^on ein 3luge jubrüden. 3c§ 
fürd^te nur, er mirb in Stuttgart mieber ju felir t)er^ 
ptfd^elt unb in prinjefelid^en Salonfd^nadf l^ineinge^ 
ritten. Uebrigend mirb i^m 9liemanb, ber eö mal^r^iafl 
gut mit il|m meint, oor ber §anb fd^on eine fold^e SBen^ 
bung roünfd^en. ®ö märe i^m meit beffer, wenn Seben 
unb Sritif il^n einmal im @rnft padften unb fd^üttelten.'' 

Ueber bie ©eneftä ber ©ugfom'fd^en firitif in 
ber Äölnifd^en Leitung ^ellt unö eine Stelle eines 
Sriefeö i5reiligratl|ö an ©eibel auf: „2Bir fönnen 
eä nur bebauern, bafe S)u I)ir burd^ ^intanfegung einer 
unbebeutenben gefeltfd^aftlid^en 9lrtigfeit, burd^ bcren 
Erfüllung ®ü meber ein Dpfer gebrad^t, nod^ S)ir tiroa^ 
vergeben l^ätteft, einen fo gefä^rlid^en ©egner ermedt 
l^aft. SBie fonnteft ®u nur®u|fom nid^t befud^en? 
^attc er 2)id^ bod^ vox ber Qdi immer freunblid^ unb 
mit 3ld^tung genannt." 

einmal l^ören mir (1844) folgenben Stofefeufjer 
über ®eibeU Saumfeligfeit im Srief [d^reiben : „SRod^ 
immer feine 9lad^rid^t t)on (Seibel? igerr [ei bei unö, 
baö ift ein großartiger gaulpelj!" 



— 33 — 

Suftinuä 5lcrncr [d^rcibt am 30. Dctober 1843 
onUlilanb (ÄariaRat)cr, Subroig Urlaub, ©tutt^^ 
gart 1867): 

,,S)er junge, ^crrlid^e ©id^tcr ©cibel xoax üicr 
SBod^cn lang bei mir, maö mir fe^r lieb mar. ®r 
bleibt ben SBinter über in Stuttgart unb mirb molil 
aud^ nad^ 2^übingen fommcn. ®r ift fe^r lieb unb reid^ 
on l^errlid^er ^oefie." 

aSon (SeibeU 3lufent^alt in (Stuttgart im SBinter 
1843 berid^tet bie „9lug§burger SlUgemeine 3ritung" 
am Sd^luffe eineö 9luffa|e§: ßunft unb Äünftler in 
©d^maben. „®in S^fl^^Ö^^^ ^^^ Jlorben, ©eibel, über^ 
wintert bei unö; fein S^rauerfpiel „Äönig 9loberid^" 
wirb an melireren 33ü^nen jur 3luffü^rung unb l^ier 
gleid^ä^tig jum 2)rud t)orbereitet, nad^bem eine SSor? 
lefung beöfelben im ©alon ber 5ßrin jeffin Sßarie einen 
ücrfpred^enben ©rfotg ^atU.'' 

®dEermann, ber ©ecretär ®ötl|eö unb fpätere 
9latl^geber beö jungen ©rbgro^^erjogö t)(>n SBeimar 
f^reibt im aßarj 1844 an greiligratl^: 

„©eftem bei einer 5ßartie, bie id^ mit bem ©rb^ 
grofe^erjog nad^ @tter§burg mad^te, fprad^en mir mel 
über ©ie, unb id^ erl)ielt l^alb unb l^alb ben officicUen 
9luftrag ©ie ju fragen, mie eä mit 3^ren näd^ften 
SSünfd^en unb Sluöfid^tcn ift, unb ob ©ie t)ielteid^t 
9leigung l^atten, in SBeimar irgenb eine paffenbe ©teile, 

@mannel ®eibel, ein OSebenfßuct). 3 



- 34 — 

ztxoa bei ber ftammer, anjuncl^men. @ä müfetcn auöf 
noä) anbcrc junge XaUntt J^crangejogcn werben, wie 
ttxüa ©eibel, ber mir vid im ©inne liegt unb ben 
iä) fel^r l^od^ l^atte. 3(i^ benfe oiel an ©ie, unb meine 
Siebe ju Sinnen l^at nid^t einen 2lugenblid gemanft. 
Äönnten ©ie nid^t ® ei bei einmal fonbiren, maö er 
ttroa benft? Der junge gürft ift ooH ©ntl^ufiaömuä, 
für SBeimar eine beffere unb rü^mlid^ere Qtit f)txbcu 
jufül^ren. ^offäl^igfeit unb einen guten (Sel^alt müßten 
©ie aber — menn ©ie überall 2uft l^atten unb mir 
[einrieben, jur 33ebingung mad^en." 



OeibeU ,,3luf oon ber SCraoe", ber in ben ©e- 
fammelten SBerfen jefet mieber unter ber Ueberfd^rift 
,,£übedö Sebrängnife" gebrudt ift, rief jmei intereffante 
©rmiberungen l&eroor, bie erfte oon SB. oon Sippen, 
bem SSerfaffer ber „©utiner ©fijjen", bie jmeite t)on 
bem Hamburger 33. ^eitraann. 

. 2ln Cübccfs Sänger 
oon 9B. oon ©ippcn. 

Victrix causa Diis placuit, 
' sed victa Catoni. 

Wo blieb ber gont, ber im pofal 
Kampffprütienb foöte überfd^äumen, 
Wo ift bas £ieb, bas fc^arf n>ie Statjl 
Die Schläfer loerfen foöt' aus Cräumen? 
3ft es benn n>at|r: an Kraft gebrid?t's, 
Xüir t|ätten nur t>tn (Eroft, Un I^erben, 
(Dtjn' fremben Beiftanb bleib' uns nid?ts, 
2üs fampflos leiben, fd^roeigenb ftcrben? 



35 



Du, ber bu mandfcs Woxt von ^t^ 
Dntdi Deutfc^(anbs <5auen lieg ft ertdnert; 
Du ({ätteji; übermannt von 5c^mer3; 
^ür betne Dater jlabt nur Cl^ränent^ 
<Ein ©armes ^er3, »oljl 5iemt's bem VXann, 
Dodf tritt ber ^einb iljm naii, fo flc^t er, 
^um Kampf geV uns bein £ieb üoran, 
Sei erfter uns, nic^t le^ter Did^terl 

^um Kampfe ja, für's Daterlanb, 
jür bos tpir manche Sc^Iad^t gefc^Iagen, 
IXnb bleibt uns fern bie Bruberl^anb, 
llüdi gan5 atteit?, mir müffen's magen. 
Was einft gefc^alj in (Dfl unb IDeft 
tlie mieberl^oP es ftc^ im tlorben, 
X^ier l^alten mir an Deutfc^Ianb feft, 
^ier foU man beutfc^en Sinn nid^t morbenl 

^um Kampfe, nic^t mit fd^arfer IDel^r, 
^um Kampfe, nic^t um <0ut unb tehen, 
,§um Kampfe nur für Hec^t ujib ^l^r' 
mit IDorten, ferf unb ol^ne ^ehen. 
Du fprac^'ft: „Das IDort ifl auc^ ein f^elb," 
Unb ijl's ein ^elb, fo fann's auc^ fiegen, 
■IDo IDort nnb Sinn jufammenljält, 
XVitb gutes Hec^t nic^t unterliegen. 

XVenn unfres 2(ares Doppelljaupt' 
<Entfc^manb bes Heic^es golbne Krone, 
XOenn uns ber alte ^ort geraubt, 
Des Kaifers Schuft auf mäc^tgem Cl^rone: 
<Ein Sd^ufeljerr bleibt uns in ber ZTotlj, 
<Db auc^ bie Sünbner rings erfc^Iaffen, 
<Ein' fejie ^urg ijl unfer <5ott, 
<Er ift eine gute IDel^r nnb IDaffen. 

3* 



— 36 — 

(ßott Ijilft bem, ber jic^ felber treu 
jür ^öc^fies mag fein f^dd^fies tpagen, 
Der, bricht bie alte IDel^r, aufs Heu 
^in Scf;n>ert ergetfet ol^ne gagen. 
Drum ebler Sänger nxd^i ermüb\ 
Stäl^r unfern Vflnili, gebeugt von Sorgen, 
Dod; finge uns Fein Sd^n>anen[ieb 
2In unferm ^luferßel^ungsmorgen. 



5d?Iad?truf 
oon ber @(be an ©• @eibc( oon S. ^eittftann. 

Du l^aft bie Saiten ftrajf gefpannt, 
llnb ftngß in braufenben 2Ifforben; 
Doc^ fieV ic^ t>on Dir abgen>anbt, 
(£s t{at mein (5ott Did^ nie erfannt. 
Seit Du ein ^ürjtenbiener ujorbenl 
(Hin ^ürftenbiener? fragft Du milb, 
Unb fpringft empor, 3um Kampf gerüftet. 
IDol^Ianl in's offne Sd?(ad^tgeftlb 
Spreng' id^ t^inaus mit Speer unb Sc^ilb, 
gu Hog! 3u HogI wtnn Dxdfs gelüjleti 

3d? glaub' an feinen großen ^errn, 
Den Krone blos unb Scepter jierenl 
Die Seit, als nod^ ein brotj'nber Stern, 
Xnit präd^t'gem Sd^meif, bod? ot^ne Kern, 
Der IHenfd^en Sd?irffal burff regieren — 
Sie ift batjini Das ^eute fa§t 
Xlxdit met|r nad? lügnerifd^em Sd^eine; 
Ztur Du, <5eu)appneter, Du Ijaft, 
(Seblenbet, mit ber 3K3^«b ^aft, 
€rflärt für ebel bas <5emeinel 



— 37 — 

Den Sc^ifb empor I Des gornes ^rud^t 
3fk jefet ge3eitigt burd? Dein IDettlrnl 
3d^ l^ab' ben ftarfen 2Irm oerfud^t, 
Unb faufenb wxtb er iljre IDud^t 
^erab auf Deine Sd^eitel fd^mettern I 
<D Sc^anb' unb 5d?mac^I — es flingt mie ^oljn, 
Die eig'ne Kraft — Du lieg'jl fie feien! 
Du, eines (Sottes fiol3er Sot>n, 
Sinfft Ijin an eines Königs Cljron 
Unb fTeljft, bie IHutter 3u befreien I 

2In eines Königs Cljronl — Du mußt 
3n Sd^am erglülj'n oor meinem fjabefnl 
Bjafi Du, »as Du getl^an, gemugt? 
IDer jiögt bas Sd?mert it|r in bie ^ruft? 
IDer fd;Iie§t il^r ah bes £ebens 2Ibern? 
(Ein König tljufsl — erbrauf't Dein Wovi, 
Unb mecFt bas (£c^o tauf enbtönig ; 
Dodi Du, am maflenleeren Port, 
Du träumft, es fonri* fid? na^n, als ^ort, 
€in König gegen einen König 1 



€in König, ber einft Ijeilig fd^mor, 
2lls alles Dolf, mit milbem Hafen, 
2lus feinen ^utten brad? tjercor, 
€in König, ber ba Ijeilig fd^roor: 
^rei foöen fein bie Ström' unb Straßen — 
€in folc^er König — o es fann 
Der D&n' es in ben ^art Dir t|öljnen — 
£ad^t Did^ t>oU ^o^tn Siannens an, 
IDenn Dn itjm flagft, ba% fein Kumpan 
Die Stabt ©erberb' mit iljren Söljnen I 



— 38 — 

.IDärji Du mit füljncm Hac^efd?ret, 
Der IDat^rl^cit Sfraljl in jcber IHienc, 
3n's X>oI! öcffürst — 3ur Kaferei 
2(ufjagenb ben geipalt'gen £eu, 
©n Brutus, gegen bie (tarquine — 
^al jub^Inb Ijätt' id? an Dein ^er3 
Itlit thheshanbtn mic^ gef (ammert ! 
IDir wüten mit ber Sprad^e €r3 
fjinan gejHirmt, wo aöerroärts 
Vflan nodi am Sarg ber ^reil^eit Ijammertll 

Dod? Du — ^es gornes ^lammenlauf 
Kann id?'im VOadiitn nxd^i gebieten — 
Du traffl in'fjelm unb fjamifd? auf, 
Um mit bes mäc^fgen Sd^roertes Knauf 
Die eignen Ketten ju cernieten! 
Du felbft - ol ba id? Diefes fd?retb', 
Stellt rieftg uor mir Deine Sd^anbe — 
Du felbft tjerriettjjl bas Ijel^re IDetb, 
Unb nun man get{t an Deinen £eib, 
Hun flagflDu über Drurf nnb Banbel 

3c^, Deiner IHutter Sc^roefterfol^n, 
IDeig nid^t um tioi^t (5unft 5u (ungern I 
3a, mies mic^ andi, mit grimmem B^ofyi, 
3n IDüftenet'n .ber Kned?te ^roljn: 
5tol3 fd^ritt xd^ ^in — id^ fann nodf l^ungernE 
Du (^afk ein anbres £oos gemäl^It, 
fjerani bie lan3en muffen fplitternl 
Sorg', ba% bie Dein'ge mid? nid?t feljitl 
2IIs §euge ftel^t bie gan3e IDelt, 
init allen il^ren tapfern HittcrnI 



39 



3nt gebruar 1847 lafet fid^ Saint^SRcne 
SailUrtbicr am Slnfang eincö längeren, anerfennem 
ben 3luffa|e§ in bem Sebruarl^eft ber „Revue des 
deux mondes", Paris 1847 atfo oemel^nten: 

„M. Geibel est un poete aimable, dune 
humeur facile , d'une verve brillant et legere . . . 
Tout cela est dit avec une finesse et uhe grace 
assez rare en Allemagne, et qui fönt de ce recueil 
une lecture piquante.' 



(< 



Slm 7. 9lpril 1847 rourbe oon 2)itettanten im 
^Qlaiä be§ bamaligen ^ßrinjen von ^ßreufeen ©eibcTö 
Suftfpiel ,,2)ie ©eelenmanberung" (fpäter ,,aWeifter 
änbrea") aufgefül)rt. ®aö ^er[onenoerjeid^ni§ finbet 
ftd^ auf einem 9lquareKbilbe oon ^ermann Kre|[d^mer, 
baö bie eine SBanb beö an ©eibeTä 9lrbeit§jimmer 
ftofeenben üKuftffalonä jiert: 

^nbreC; SBUbfd^ni^er 91. von ^obenecf. 

Ttaüco, aRufifmcifter fH, von SBintcrfcIb. 

^anbolfo, Silbl^auer ..... ^. von 3<iftton). 

Suffolmaco, TtaUx {^iebrid^ ^ill^elm. 

Suigi, ^oct 2B. oon mioxv. 

(SalanbrinOr Äupferfted^er . . . 2B. ©ornemann. 

Sconctto, JBaumeiftcr . . . . . ®b. ©angcr. 

^croncHa (Ttaxqf)tnia) . . . . 95. von 2)obcnecf. 

©^fota, 3ofe 21. oon Saftroto. 

«ruber e^prianuä 21. 2Rif(l^!c. 

^a^qnait, ©c^cimfd^rcibcr . . . bu 3Signcau. 



40 



3n bcm ,,3H6um bcr ©crmaniftenocrfammlung", 
bic 1847 in Üübcif tagte, bepnbcn fid^ facfitnilirt folgenbc 
Sßcrfc t)on ®manuct ©eibcl: 

„^üv 2IIIes, tpas Du bift unb fannfi, gebüt^tt 
Häc^ft <5ott bcr erfle Dan! bem Daterlanb. 
Dergig es nie, unb mos Du immer tljuft, 
(Sebenfe, ba§ es feiner würbig fei. 
2lm ftiüen ^eerb, im Staat, in IDort unb £ieb, 
3n lieb' unb gom, in jeglid?em (Sebanhn 
Sei beutfd^, bis Vn bereinft bem ^eimatljsboben 
mit Deinem Staub bie leftte Sd^ulb he^aiilft/' 



3n feiner ©elbftbiograpl^ie „33ier}ig 3a{|re" (33b. 8, 
204ff.)cr}ä^ItÄarlt)on$olteiauöbemS)e}emberl848: 

„9lud& in Süberf raupte id^ mir faft gar feine Se- 
fannte. ®manuel ©eibel ^atV xä) nur jroeimal im 
Seben flüd^tig gefprod&en, unb bieä ju einer ©pod^c, 
n)o id^ i^n aU S)id^ter wenig fannte, ja, wo iä) eigent^ 
lid^ gegen il^n eingenommen mar. SBarum? SBal^r^ 
fd^einlid^ nur, meil iä) i^n nid^t fannte, alö ®id^tcr 
nämlid^, mie mati einen ©id^ter fennen mufe, menn 
man fagen mitt, ba§ man il^n fenne; wie man i^n 
burd^brungen, in fid^ aufgenommen, fid^ mit i^m gleid^- 
fam üerfd^moljen l^aben foK. ©eitbem mar mir ba§ 
l&eKere Sid^t aufgegangen. 3d^ l)atte, in feinen ©e- 
bid^ten blätternb, baö (Sebid^t „©anöfouci" überfd^rieben, 
gefunben, gelcfen, mieber gelefen, unb mar baburd^ oer- 
anläßt morben, mir baö 33ud^ mit auf mein 3^^"^^^ 
JU nehmen. Unb ba mar mir'ö mie Sd^uppen oon 



41 



ben Slugen gefallen, unb id^ fd^ömte mi6), fo lange 
blinb geroefen ju fein ... auö, nun ja: a\x^ 2^rog. 
änb'erä fann id^'ä nid^t nennen. 3d^ l^atte ben SKann 
für einen ^ofpoeten gel^alten. 9lun UxnV iä) x\)n alö 
wahren, eblen 2)id^ter fennen, unb id^ freute mid^, ba^ 
id^ 6inen mel^r in meinem bergen tragen burfte. 3d^ 
fteKte il^n jmifd^en 9lüdert, ^laten, bod^ fo, bafe er 
aud^ meinem geliebten ®id^enborf • nod^ bie ^anb reid^en 
fönne. 2Kö bann bie Suniuölieber erfd^ienen, befeftigten 
biefe mid^ auf'ö 9leue im ©lauben an x\)n. 

SHefer ©id^ter meiner 2uft unb Siebe in feiner 
SSatcrfiabt Sübedf nun aud^ perfönlid^ ju finben, mar 
eine meiner §auptt|offnungen für Sübedf. ©ie ging 
aber nid^t in @rfüBung. 9lte id^ il^n auffud^te/ jeigte 
er ftd^ gleid^gültig gegen mid^ ; bann t)erf el^lten mir xin^ 
bei ©egenbefud^en — uttb mir fal)en unö gar nid^t 
me^r. Unb id^ tiabe Sübedf üerlaffen, ol)ne ifim fagen 
ju fönnen, ba^ er feinen wärmeren Serounberer jäfitt, 
ate ben. oon 9leib unb äßi^gunft freien, alten Sänger, 
ber über ber legten unb erften 9luflage feiner ©ebid^te 
brütenb, mie bie ©anö auf ianitn 6iem, fefir mol)l 
benju^t ift, ba§ unb warum ®. ©eibel balb bie 
jtüonjigfte erlebt l^aben wirb . . . 2eiber üermifetc iä) 
auä) beim ^rofeffor ßtaffen, obgteid^ mefirere feiner 
©önner unb ©önnerinnen jugegen maren, ben geliebten 
3)id^ter. ®ö mar mir einmal nid^t befd^ieben, il)m in 
Sübedf naiver ju fommen. 2Baö mid^ aber burd^ unb 
burd^ befriebigte, mar bie palriotifd^e SSerel^rung, bie 



— 42 - 

id^ in bcr ganjcn Stabt, in allen Stanbcn für ® ei bei 
oerbreitet f anb. ©afe man ein fd^öneö ©d^iff ©manuel 
©eibel getauft, fönnte für eine von ©injelnen aus- 
gegangene ^ulbigung betrad^tet werben, bafe aber j. 95.. 
ein ftittes, fleißig arbeitenbeö 9läl^ermäbd^en, baö id^ 
bei ber ©d^aufpielerin SBeber figen unb naiven fa^, 
ftd^ ploglid^ in unfer ©efprad^ mifd^enb, als oon il^tn 
bie Siebe mar, mit Sebl^aftigfeit eine feiner SHd^tungen 
nannte, beren 2^itel mir augenblidflid^ entfalten mar, 
baö ift ein rebenbeä ^txä)cn. 3eber äßenfd^ meife oon 
il^m; 9lrbeitöleute, bie roa^rfd^einlid^ außer ber 93ibel 
nie ein 93ud^ t)or 9lugen liatten, jeigen bem ^^agenben 
ben 9Beg nad^ ©eibeTs SBol^nung unb fie tl^un e§ 
mit einem unoerfennbaren 3luöbrud t)on Stolj. 2)a§ 
fprid^t nid^t bloä für ©eibel, ed fprid^t aud^ für SübedE. 
"^tnn xä) fenne mand^eö ©täbtd^en, meld^ed für ben 
Boi)n an^ feinen SKauern, weil er fid^ ben SRufen 
mibmete, nur ©pott ober ©roll ober ®etingf Tagung 
l^at, wobei freilid^ ju bebenfen, baß nid^t oiele, bie fid^ 
ben 5Kufen mibmeten, ©eibelö merben.. 3lber nid^tö 
befto weniger liegt mir eine ©tabt, eine große obenein, 
im Sinn, bie aud^ für einen ®eibel, rotnn er in il^r 
geboren märe, faum etmaö anbereö jeigen mürbe, atä 
® leid^gültigf eit , unb id^ liebe 2übe(J, meil eö feinen 
© e i b e l liebt. 2)arin fprid^t fid^ Pietät aus, unb ol^ne 
biefe giebt eö feine ^oefie unb feine 5ßoeten." 



-- 43 — 

3m SRärj 1848 mad^tc ©cibcl in 33crKn, lüol^in 
it)n bic iDicbcrl^oItc. ©arftcHung bcr „©cclcnwanbcrung" 
gerufen, juerft bie Sefannlfd^aft mit 5ßaul §e^fe, 
bcr bamalö, faft ad^tjel^n Saläre alt, t)on feinen naiveren 
SBefannlen feiner Siebenöroürbigfeil unb 95egabung wegen 
gleid^ fel^r gefd^a^t n)urbe. darüber berid^tet und ba% 
Süd^lein : „®manuel ® eibcl. (Sin- ® ebenf blalt." Sübed, 
©rauloff. 1884: „3Kö ©cibel am ®nfepla§ mit 
SranjÄugler unter einem SDad^e mol^nte, gefd^al^ eä, 
bafe ein junger aWitbemol^ner beö ^aufeö il^m eineö 
fd^onen S^ageS ein §cft mit ben Oebid^ten feiner 3Wits 
fd^üler braute unb il^n bat, fie ju lefen unb il^m fein 
Urt^eil barüber ju fagen. ©eibel fpürte wenig Suft 
^icrju, ti^at eö inbeffen unb fanb auö ber äßenge fed^^ 
ticrauö, bie i^m megen beä fid^ in il^nen offenbarenbcn 
2^alentc§ auffielen. ®r mad^te ben jungen 95efannten 
hierauf aufmerffam, erflärte, baß „3ug" in biefen Oe« 
bid^ten fei, unb ba fam bei feiner ^ragc nad^ bem SBer? 
fQJfer jum SBorfd^ein, baß alle fed^ö oon einem unb 
bemfelben ftammten, unb jroar oon einem gemiffen 
Qc^tjei^njäl^rigen ?ßaul ^e^fe." 

S)er „Hamburger Sorrefponbent " oeröffentlid^te 
nad^ beö SDid^terö 2^obe einen fel^r intereffanten 33rief 
©eibeTö oom 3al^re 1849 an eine ungenannte SDame, 
roeld^e i^n unter Seifügung einiger ©ebid^te um ein 
unparteiifd^eä Urtl^eil gebeten 1)attt: 

„2)e§ ,unbebingten SSertrauenö, mit meld^cm Sie 



44 



mi(| Qzzi)xt Iiaben, glaube id^ mi(| nid^t bcffer roürbig 
maä)m ju fönncn, alö inbem xä) mid^ in einer (Sad^e, 
bie Sie fclbft alö eine emfte anerfennen, mit oöüig 
rüdEl^altölofer SBai^ri^aftigfeit gegen Sie auöfpredEie. 

3roei Sragen finb e§ l^auptfäd^Iid^, bie ben Snl^alt 
3l^reö Sriefeö auömad^en; bie erfte, ob il^r poetifd^cö 
Xaltni eine weitere 3luöbilbung unb Pflege oerbtene, 
bie anbere, ob Sie bie 5ßoefie ju 3l^rer SebenSaufgabc 
mad^en fotten. 99eibe t^tagen aber, obrool^l feineöroegö 
gleid^bebeutenb, fliegen 3f|nen unoennerft in einö ju^ 
fammen. SSerjeil^en Sie, wenn id^ biefclben bei meiner 
©nüiberung ftreng auSeinanber l^alte. 

S)ie erfte glaube id^ getroft mit 3a beantroorten 
JU bürfen. 'S)tnn in ben ©ebid^ten, meldte Sic mir 
mitjutl^eilen fo gütig maren, fprid^t fid^ unleugbar ein 
nid^t unbebeutenbeö l^rifd^eö S^alent a\x^, menn baffelbe 
anä) nxä)i überalt in gleid^em SKafee gereift unb burd)- 
gebilbet erfd^eint. Ob aber 3lir poetifd^eö 38ermögen 
über bie Orenjen ber S^rif ^inauögel^t, baö vermag id^ 
nadEi ben angegebenen groben burd^auö nid^t ju beur^ 
tl^eilen. Unb baö märe bod^ am 6nbe ber 5ßunft, auf 
ben eö jur ©rlebigung ber jmeiten grage üor alten 
SJingen anfäme, mtnn Sie üon ber 5ßoefie alö Äunft, 
alö Sebenöaufgabe reben. "^tnn bie fi^rif füllt — 
felbft bei bebeutenben Talenten — fein Seben auö. 
©lauben Sie baö mir, ber e§ an^ fd^merjlid^er 6r^ 
fal^rung gelernt l^at. So lange id^ nur bie eigene 
Stimmung, bie ©mpfinbungöfd^auer in greub unb Seib, 



— 45 — 

bie ®inbrüdEc bcr umgcbcnbcn 9latur, ja bic $ö^cn unh 
J^icfcn bcr Siebe unb Seibetifd^aft auäjufpred^cn wagte — 
mit anbeten SBortcn, fo lange iä) eben allein ober bod^ 
üorjugöroeife S^rifer voax, I)abe id^ in ber 5ßoefie fd^öne 
Stunben unb feiige 2lugenblidEe, aber feine Sefrie^ 
bigung meinet innerften Sßefenö gefunben. (Sin jielienber 
Slang, ein fd^roellenber unb t)erl)allenber Si^on, ber burd^ 
unfere Sruft gel^t, fann luicnblid^ beglüdEen; aber er 
fdjiDinbet oorüber, unb nur ju oft folgt il)m — wenn 
baö ^thtn felbft, baö wirf f am fd^affenbe Seben mit 
feiner n)ieberfel)renben SKü^e unb 9lrbeit, mit feinen 
Siedeten unb 5ßflid^ten, nid^t frifd^ bajmifd^en tritt — 
eine blaffe, bämmernbe Seere, eine nüd^terne ©rraartung 
bcr Seele, — ©rft feitbem id^ ben SKutl) gemonnen 
i)ak, mid^ in größere objeftioe 2lrbeiten, in epifd^e unb 
bramatifd^e ©arftellungen ju vertiefen — gleid^üiel, ob 
biefelben einft ber Defferttlid^feit übergeben werben, ober 
in meinem ©d^reibtifd^e üerfd^loffen bleiben mögen — 
crft feitbem id^ gelernt l)abe, mit großen Stoffen fünfte 
Icrifc^ ju ringen, unb jur Uebermältigung berfelben aud^ 
bie ongeftrengtefte Slrbeit, bie fd^einbar femliegenbften 
Stubien in Sßelt unb Sßiffenfd^aft nid^t ju fd^euen, ift 
mir ba§ eigentlid^e Sd^affen in ber 5ßoefie ein frommeö 
S^ogeroerf geworben, an^ meld^em eine mo^lt^uenbe 
•Öciterfeit in mein jegt fonft melfad^ üerfd^atteteö 2tbzn 
jurücfftrömt. 

3lber, werben Sie fragen, ift benn baö für mid^ 
uncrreid^bar, ift eö immögtidEi? — Unmöglid^, wer bürfte 



— 46 — 

bad gSort audfprcd^cn. Slber fd^iDcr, fcl^r fd^rocr gciDife. 
3d^ fagte fd^on: ob 3^r Talent audrcid^t, für fold^c 
©d^öpfungcn bic ©runblagc ju bilbcn, weiß id^ nid^t. 
Ocfcgt aber, bent wfire fo, fo bcbarf ber cpifd^c, bcr 
bramatifd^e ®id^tcr nod^ ganj anbcrcr 2)ingc afe bcö 
SCalcntcö; nur bad ficbcn Icl^rt il^n, nur bcr Sßcrfc^r 
mit aUcn ©d^id^tcn bcr ©efellfd^aft t)on ber l^öd^ften 
biö jur unterften bilbel il^n, nur bad lede ^ineintaud^en 
in bic mannid^faltigften Sßerpltniffc gicbt il^m bic 
^äl^igfcit, bic SBelt roal^r unb treu roicbcrum auö fid^ 
l^crooräufd^affcn. (Sr foU auf bcm Oipfcl feiner 3^^* 
ftel^cn, burd^fogen t)on il^rer S3ilbung, über il^r, unb 
bod^ alle i^rc roibcrfpred^cnbcn Saute oerftcl^cnb unb 
geredet roürbigenb. Unb in biefcm 5ßunfte, nid&t in 
ber urfprünglid^en Begabung, l^at aUerbingö unfcr ®c^ 
fd^Icd^t oor bcm S^rigen t)iel Dorauö. Und [teilen 
taufenb QucUen bc§ SBiffcnö unb ber ©rfenntniß, bcr 
Seobad^tung unb bcr SBcItcrfal^rung offen, ju rocld^en 
©ie nur l^cranjutreten ücrmogcn, inbem ©ic bic frcilid^ 
oft aUju eng gejogcnen ©d^ranfen bcr Sitte jerfprengen. 
aWand&e grauen l^aben bad gctl^an; aber id^ meife faum 
eine, bic burd^ ein fold^eä SBageftüdE nid^t unglüdlid^ 
geroorben roäre ober fid^ in ein fiab^rintl^ oon SBcrfcl^rt^ 
l^eiten oerirrt l^ätte. Unb ift bcnn baö, roaö fic bann 
am ®nbe ju ©tanbc gebrad^t l^aben, ift eö roirftid^ fo 
gro§ unb fd^ön, bafe cö ein oerfc^tteö, oerfümmerteö 
ättcnfd^enleben aufroöge? 

3d^ fann Sinnen bal^er nad^ meinem ©croiffen nur 



— 47 — 

©ins tätigen: 5ßflcgen unb bilbcn ©ic bic fd^önc ®abc, bic 
bcr ^immcl Sinnen bcfd^icbcn l^at, unb fxc wirb 3l^ncn 
ein S^roft in trüben S^agcn, ein lieber ©d^mud in 
3eiten ber greube fein, aber bebenfen ©ie fid^ rool^I, 
e^e @ie ftd^ entfd^Iießen, bie ^ßoefie jum fiebcnöberufe 
}u loal^Ien. 3d^ weiß eä vDof)l, wie füfe baö lodEt, wie 
golben bie Deffentlid^feit juerft ber jungen ©eete enfc 
gegcnfd^immert. äCber id^ weiß eö and), wie tl^euer ein 
Slame erlauft wirb, unb boppelt tl^euer für ein roeiblid^ 
SBcfen. üKuß benn 3eber, ber fid^ an 95Iumen freut 
unb fie mit glüdlid^er ^anb ju pflegen rod^, gleid^ 
fiunftgärtner werben, ober eine Slumenl^anblung an* 
legen? Unb gewölkt bie SRofe, bie ©ie an S^tem 
Senftcr für fid^ unb fonft ein liebeö 9luge in ber ©tiUc 
aufjogen, Sinnen nid^t größere greube, alä bem ©artner 
ein präd^tig ejotifd^eö ®en)äd^ö, baö er jur SluöfteBung 
liefert? 

®aö l^abe id^ 3l^nen aud treuem ^erjen fd^reiben 
muffen. 

SübedE, ben 13. a»ärj 1849. 

2)er Sl^rige 
e. ©eibel. 

Äarl Donvöoltci beabfid^tigte 1850 bie „©eelem 
roanberung" in Hamburg aufjufüi^ren. 9lm 4. 3anuar 
gab il^m Oeibel baju „t)oUe SRad^t ju ftreid^en" unb 
{einrieb bann in einem Sriefe, ber fid^ originalitcr in 
meinem Sefifee befinbet: 



— 48 — 

Sübcd, 24. 3an. 1850. 

Sicbcr poltet! 

„S)aB id^ Sinnen für 3l^r frcuublid^cö unb l^od^- 
crfrcuUd^cö S(|rcibcn biö bal^in nod^ nid^l gcbaitft, ^attc 
üerfd^icbcnc ©rünbe, alö ba ftnb crftenä 35crticfung in 
3lrbcilen, siDcilcnö beö SRcnfd^cn natfirlid^c SCräg^cit, 
brittenö unb l^auptfäd^lid^ aber ein ©tüd ^gpod^onbric, 
baö ju 3l^rer frol^en S^i^wng nod) immer fein redete« 
SSertrauen faffen rooUte. aJleine frül^eren S^l^eatererfal^s 
rungen in Sejug auf ben „SRoberid^" feligen ^Sergeffen^^ 
feinö maren oon fo burd^auö Irübfeliger 2lrt, ba§ cd 
mir orbentUd^ fd^roer warb, ju glauben, baö 3)ing foHe 
nun auf einmal fo glatt abgelten, unb bafe id^ oon 
3^age ju J^age auf ben nad^l^infenben S3oten wartete 
mit ber aßelbung: eö gel^t bod^ nid^t. SDa fid^ berfclbe 
jebod^ biö I)eute nid^t eingeftellt I)at, unb id^ am ©nbe 
fürd^ten muß, meine ^dUn fonnten ©ie bei längerem 
SSerjug bereits oerfel^len, fo laffen Sie ftd^ einftroeilen 
fagen, mie freubig ber Sn^cilt 3l)reö Sriefeä mid^ über^ 
überrafd^t l^at, unb ju mie J^erjlid^em 5Danf id^ mid^ 
S^ncn unb bem oortrefflid^en 9Karr (S)arfteller beö 
„9lnbrea") oerpflid^tet fül^le. ®tf)i bie ©ad^e il^ren 
rul^igen ®ang fort, unb mirb bie erfte 35orftellung ber 
„©eelenmanberung" einigermaßen günftig aufgenommen, 
fo fomme id^ jur jmeiten felbft nad^ Hamburg. SBie 
lieb cö mir märe, ©ie alöbann nod^ bort ju finben, 
fönnen ©ie pd^ felbft fagen; bod^ muß id^ bieä leiber 



— 49 — 

bejrocifcln, bö Sic bereits ®nbe Januars in Sd^roerin 
fein wollten. 

33on $einrid^ in Serlin l^abe id^rid^tig, wie ©ie 
mir tjorauöfagten, einen blaubebrurften SBrief mit einem 
Eommiffxonöantrage erl^alten. 3)od^ l^abe id^ barauf 
nod^ nid^t geantwortet, meil id^ bie Hamburger 9lufj^ 
fü^rung Dorl^er abwarten unb nad^ beren ®rfolg meine 
SWaferegeln nel^men mitt. 

Ueber Äuglerö 3)ramen" benfe id^ im ©anjen mie 
6ie. 2)ie „SafobSa" l^at mel^r eigentUd^ poetifd^en 
Äem; im „33ogen" ift einjelneä SSortrefflid^e, fo j. 95. 
bic präd^tig burd^gefül^rte ^gur beö 95ertuccio, aber 
bie aRotioe mie bie ©cenen fpringen fo bunt unb über* 
^oftig ^in unb l^er, bafe baö ©anje mir feinen rul^ig 
flaren ©inbrud Iiinterlaffen miH . . . 

®Iauben ©ic mir, bafe id^ 3^nen gerne alö pre- 
tium amoris ein autographon üon SBilüam ©j^afe^ 
fpeare beilegte (§ottei mar 9lutograpl^enfammler), 
■— menn id^ e§ nämtid^ l^ätte. 5Dod^ ein ©d^elm giebt 
me^r aU er l^at, unb fo muffen ©ie ftd^ fd^on mit 
biefcm meinem SBunfd^ begnügen, ^erjtid^ grü^enb 

©manuel (Seibel. 

§oltei l^at aud^ fpater in bcr 9Kitte ber fünf? 
äiger Saläre bäö fleine Suftfpiel burd^ SKecitation befannt 
gcmad^t. (SSergleid^e (Seibel, ©efammette 2Berfe, 
35b. 8, ©. 28). 

6manu<I Q*<t6cl, ein ©ebenfbucfi. 4: 



— 50 — 

3Son ©eibcTd 3lufcntl^altc in Äarlöbab, ©ommcr 
1850, ersäl^It ein Ocroäl^römann ber „SRagbcburgifd^cn 
3eitun8" (15. Slpril 1884) folgcnbcö l^citcrc ©rlcbnife: 

„3m Sa^re 1850 ffitlt fid^ (gmanucl ©eibcl 
ju Äurjrocdcn in Äarlöbab auf. ®r bcrool^ntc ein bc- 
fd^cibcncö Quartier auf bem ©d^lofeberge, uub ber 3«- 
fall rooUtc es, bag x6f fein 3Banbnad^bar n)urbe. ®o 
geroife id^ in gefunben ^agen eä Derfud^t l^abcn loürbe, 
tni(| ber 5ßerfon beö t)bn mir l^od^oerel^rten S)i<i^terö 
ju naivem, fo wenig 3lntrieb empfanb id^ baju alö vtv* 
briefelid^er unb beftänbig oerftimmler Äurgaft. ©eibcl 
mad^te ebenfaUö ben ßinbrudf eines leibenben, burd^ 
leibüd^e Sefd^roerben geiftig gebrüdten äßanneä. S)a 
unö nur eine ungenjöl^nüd^ bünne SBanb t)on einanber 
fd^ieb, fo rourbe iä) nid^t feiten unfreiroittiger D^renjeuge 
t)on bem, roaä bei meinem 9lad^bar vorging. 3)a§ ber 
fiieblingöbid^ter ber grauen l^äufig Scfud^e t)on 3)amen 
i^ben 3Kterö empfing, beren in gorm von 3llbumö imb 
©tammbüd^ern il^m präfcntirte 9lutograp]^enfammlung 
er — mo möglid^ burd^ ein ad hoc impromfirteö ®e= 
bid^td^en — bereid^ern füllte, nal^m mid^ nid^t Sßunber. 
3n golge biefeö jeitmeife fel^r läftigen Umftanbeä liefe 
er fid^ gar nid^t fpred^en, inbem er ber SBirtl^in befallt, 
jubringlid^e 2)amen in l^öflid^er gorm abjumeifen. 3lm 
2^age üor feiner 9lbreife mar eö einer ganjen ©d^aar 
junger SScrel^rerinnen beö ©id^terö gelungen, pd^ Qxu 
tritt ju il^m }u t)erfd^affen. ©eibel fd^ien in fd^limmftcr 
Stimmung ju fein unb jeigte fid^ burd^auö nid^t geneigt. 



— 51 — 

fiäf in ben jal^Ircid^cn il^m bargercid^tcn 9K6umä jii 
oeremgcn. SRit wenigen eintönigen, u)ie aus bem 
äßunbe cineö fci^roer Seibenben fontmenben SBorten 
loieö er bie ©tammbüd^er ber in allen S^onarten bitten^ 
ben 2)ämd^en jurüd, l^olte ouö bem 6l^ao§ ber i^n 
umgebenben SReifeeffeften eine alte 6eret)i§fappe l^ert)or 
unb jerfci^nitt biefelbe in jal^lreici^e fiäppd^en, bie er 
bann unter bie lieblid^e ©d^aar Dertl^eilte. S)ie ®e^ 
ftd^ter ber Sefd^enften ^abe id^ nid^t gefeiten, fann alfo 
nid^t fagen, ob biefelben ben 3lu§brudE ooBer Sefricbi^ 
gung getragen l^aben." 

5lm 20. 5iot)ember 1851 warb ©eibel um bie 
fiebjel^niäl^rige 3lmanba fiuife S^rummer, bie „3lba" 
feiner Sieber. Ueber bie (Sntftel^ung biefeö SBerpItniffeö 
giebt eine ©teile beö bereitd ermäl^nten ,,®ebenfblattcö" 
banfcnömertl^e neue aJlittl^eilungen: 

,,§art neben bem alten ®lternl^aufe mol^nte eine 
Srcunbin feineö 33aterö, ^au Dr. ©aroline S^rummer, 
bie, frü^ oerroittmet, nur für il^reÄinber lebte unb feinem 
SSater ben uereinfamten Sebenöabenb auf jebe SBcife 
ju crleid^tem fud^te, inbem fie il^n burd^ il^re Untere 
Haltung erl^eiterte unb il^m t)orla§. ©ie mar t)or il^rer 
äSer^eiratl^ung eine l^od^gefeierte ©d^aufpielerin gemefen, 
bie ben jungen ©eibel burd^ il^re l^errlid^e 2)arfteltung 
claffifd^er SWolten jur pd^ften Segeifterung l^ingeriffen 
^atte unb nod^ üom ©reiö in einer ungebrudften @e* 
legen^eitöbid^tung bie „l^ol^e Silie im Steid^e ber Äunft" 
genannt mürbe. 2)iefe grau jcigte il^m einft einige ®e* 

4* 



— 52 — 

bid^te il^rcr Jüngficn mcrjcl^niäl^rigcn S^od^ter Slmanba, 
an bcncn er fol($c %ttnbt fanb, ba§ er il^r anbot, bcm 
Äinbc einigen Unterrid^t in ber aßctrif unb ber bculfd^en 
Sitteratur ju ertl^eilen. ®ö füllten nur wenige ©tunbcn 
fein, um il^r einen S^^gerjeig ju geben; balb rourben 
biefe Stunben il^m ein Singerjeig, roo er baö tieffte 
unb reinfte ©emütl^ ju finbcn l^abe." 

5Rad^bent im Januar ber erfte 9iuf 3Jla]cimu 
lianö II. an Oeibel ergangen mar, ftettte er fid^ dm 
8. SRärj bem Könige t)or. 9lm 17. aJlai gelangte an 
baö 9lectorat ber münd^ener Unioerfität feine ®rnennung 
jum ©l^renprofeffor bei ber pl^itofopl^ifdEien gacultät. 
3Jhtte Dctober fiebelte er mit feiner jungen ©attin 
gänjUd^ über unb l^ielt am 23. 5Rot)ember beffelben 
3ial^reö feine erfte SSorlefung über 5ßoetif. „®ine öufeerft 
jal^lreid^e B^'&örerfd^aft ^atte fid^ im ^örfaal einge^ 
funben, unb Eatl^eber unb 5ßult maren t)on ^eunbeö? 
I^änben mit einem Slumengeminbe unb einem tjon 
9lofen burd^mirften Sorbeerfranje gefd^müdft. ©eibel 
banfte mit prbarer Scflommenl^eit für ben freunblid^en 
©mpfang, fprad^ fobann befd^eiben t)on ben miffetv^ 
fd^aftlid^en fieiftungen, bie feine S^ipter von il^m, beffen 
Sebenöfraft, bei aller SCl^eilnal^me an ben gorfdEiungen 
unb ©rgebniffen ber SBiffenl^aft bod^ l^auptföd^lid^ bem 
fünftlerifd^en ©d^affen gen)eil^t mar, ju erwarten l^ätten, 
unb begann l^ierauf im allgemeinen 3^9^^ ^^^^ 31^"^' 
einanberfefeung ber Slufgabe, bie er fidEi in ben 9Sor? 
lefungen über 5ßoetif geftettt." 



— 53 — 

Uebcr baö am 5. ©ecembcr 1852 ftattgcfunbcnc 
geftntatil berid^tetc bie ,,9lugöburger Mgem. 3^it"J^9" 
am 9. ©ccembcr (ücrgl. Sübbeutfd^c 5ßrcffe, 13. 3lpril 
1884; Dr, Slllcnpfcr, ,,baö gcft ber Bwanctlof en.") : 

,,Saffcn ©ie mid^ ein Slatt ber ©rinnerung l)ier 
nieberlegen an einen SCag, ber für unfere Stabt in 
mond^er Sejiel^ung ein emfter war. S)ie Berufung unb 
Ueberftebelung ©eibeU nad^ aJlünd^en ift für unö ein 
fo bemerfenöwertl^eö ©reignife, baß e§ nur ber 3lm 
regung einiger greunbe ber 2)id^tfunft beburfte, unt 
ber greube barüber einen oernefimtid^en unb entfd^ie^ 
bencn 3luöbrud ju geben, unb fo gro& geigte ftd^ bie 
2^^ei[nal)me an bem il^m ju ei)ren üeranftalteten §eft^ 
mal^l, bafe bie fiifte bereits am britten 2^age nad^ ber 
Eröffnung gefd^loffen merben mufete. S)aö geftmal^l 
fanb geftern im großen Saale beö ,;S3a^erifd^en ^ofeö" 
ftQtt. ©d^ allere fd^öne Statuetten beutfd^er unb 
frember ©id^ter fd^müdEten mit ber »üfte beö Äönigö 
ben in einen SBintergarten üermanbelten ^intergrunb. 
6in jal^lreid^er Äreiö oon SKännern aller gäd^er, 
fiünftler, ©elel^rte, ©taatömänner u, f. m. bemitt? 
fommte unter lautem 3ubel ben (Sl^rengaft, unb baö 
Scft htQann naä) altem ^erfommen mit ©peif unb 
ä^ranf. S3alb aber gewann eö ein anbereö 3luöfel^en, 
unb bie materiellen 3ntereffen traten jurüdE, alö mit 
ber ©j^ömpagnerflafd^c aud^ baö ^erj aufgefd^loffen 
iDurbe jur 3iebe, bie bem 5DidE|ter ju ßfiren bieömal 
Dorjugöroeife in Slli^tl^muö unb 3leim fid^ bewegte. 2)en 



- 54 — 

crftcn J^rinffprud^ auf baö SÖßol^l bcd Äönigö brod^te 
6rnft görftcr auö. 

S)cn ?5^ftöru§ an bcn ©id^tcr fprad^ Si^^^i ^^^^ 
ftobcü in folgcnbcm ©cbid^te: 

Unb mär' bte IDelt aud; nod^ fo grau, 
Du fingjl fic frtfd? unb grün, 
^Jürmal^r ein ganber ift mit Dir, 
Dem immer Blumen blü!]'n; 
Du ftreuft fte w'xt ber ^(räl^Iing aus, 
Dag mägblein ftd^ unb ^(rauen 
2X?ol)I binben buffgen Straug. 

Unb w&x* bie Welt aud> nod^ fo fd^Iimm, 

Du fingft fie mieber gut, 

Denn mut!]iger nur t^ebft Du an, 

Unb £eib bejtegt ber IHutl^; 

Du füt^rft ben Spiegel f(ar unb t^olb. 

Der aud? im ärmjien Sanbe 

Uns finben lägt bas <5o{b. 

Unb roer nid?t fragt um IDelt unb §eit 

Unb Hebt ert^ebenben ^raum, 

Unb roer bie perlenluft oerftet^t 

3n blanfen IDcines 5d?aum: 

Der ift Dir erft ber redete IHann, 

Dem ftets in Deinen £iebern 

€in fjimmel aufget!]an. 

So übft Du flingenb Saitenfpiel 

„Unb greifeft fröl^Iid? brein, 

„Unb Hof unb UTaib unb £ieb' unb £icb 

„3ft alles, aües Dein." 

Unb mag ein Sturm 3U rauben gel^n, 

2Im Sd^mucfe Deines Lorbeers 

Kein Blatt n?irb er rerroel^nl 



— 55 — 

Prüm ebler UTetfter fct gegrüßt, 
(5egrü§t am ^hpemarib, 
€s winhn neue Kränse Dir 
• 3"^ neuen Daterlanb, 

Unb mögeft gerne ipetlen Du 
Unb gerne bei uns fingen; 
Drauf trinfe id? Dir 3ul 

Unb nun foKlen wir be§ ©lücfeö, baö wir feierten, in 
oollen 309^^ ^^^^ werben: ©eibel antwortete, unb 
jmar in SSerfen; er fprad^ von beö 38atertanbeö SBel^' 
unb feiner 3^^riff^^i^^^t ^0^ feinem J^roft unb feiner 
Slraft in ber ®inl^eit geiftiger 33eftrebung, von *bcr 
3Jlad^t unb ber Suft ber 5ßoefie, t)on feinen unb von 
unfern .^Öffnungen unb SBünfd^en für fle am Stranbe 
ber 3far. ©in unenblid^er 3ubel folgte, bie ganje 
gro^e SSerfammljung mar oon Sd^merj unb ^reube mie 
übermältigt unb vitU 9lugen mürben feu($t, bie mol^l 
feit lange nid^t mel^r gemeint, unb mele forgenfd^mere 
.^crjcn gemannen unter beö Sängerö I)olbfeUger Siebe 
ben lei($tcn Sd^lag ber ©ntjüdung. „5Daä ift ein 
äßenfd^! baö ift ein .^erj!" fd^oH eö t)on alten Sippen, 
unb baö grol^gefü^l einer gemeinfamen Siebe burd^bebte 
bie 33erfammlung. 

9lod^ fommen beutfd^e SKänner nid^t jum Seftgelag 
äufammen, ol^ne ba§ — unb mär'ö mie eine trübe 
SBolfe — ber Oebanfe an baö 3Saterlanb burd^ il^re 
Sreuben jöge. griebrid^ 33edE mar eö, ber biefe ©aite 
anfd^lug, unb mit ©el)erblid in bie S^ifi^i^ft f^f) — 



— 56 — 

„IPo man ntd^t fragen tPtrb nad; Süb unb Herben, 
Weil mir ein Volf von Brübern finb geiporben. 
IDir laffen nid^t vorn alten großen Banbe; 
Sfogt anl €in breifad? Bfodf bem Daterlanbel" • 

Unb crnften S^oneö frug baö Drd^cftcr: „2Boö ift beö 
S)eutf($en SBaterlanb?" 

®i($crer fonnte ber ©pred^er, ber il^m folgte, bic 
©tätte bcjeid^ncn auf ber bem (Saft unb nunmefirigen 
aRilbürger ber SBiUfontmen geboten würbe: 3. (S. 
99 ei 11^ ad prieö Sägern unb fein 35olf unb forberte 
©cibel unb bie OefeUfd^aft auf, einjuftimmen in fein 
£c6el^0($, roaö mit rauf($enber ^eube gefd^al^, mäl^renb 
baö Drd^efter klänge aii^f bem ba^erif(|en ^od^lanbe 
ba}n)if($en marf. 

®inen l^erjlid^en 3ubel erregte fi. t)on "S^a^ctn^ 
berger mit einem ®ebi($te baämit jartfinniger SBenbung 
ju einem Sebet|0($ für Oeibelö ©attin fixierte, meld^em 
©lüdmunfd^ ber 2)id^ter fogleid^ in freiem poetifci^cm 
(Srgufe unb aufflammenber Siebeöbegeifterung antwortete, 
inbem er mit einem ^od^ auf bie grauen unb Suug^ 
fraucn 9Kün($enö fd^lofe. Ueberl^aupt mar er in munber^ 
barer Stimmung, unb eine flinfe Stenograpl^enf eber l^ätte 
ben 9lbenb ein 93änbci^en ©ebid^te fammeln fönnen. 

3lo6) trug SRub. aJlarggraff ein ©ebid^t oor, 
„bie neue S^l^eilung ber ®rbe," beffen SRotit) in bem 
Oebanfen liegt, bafe ber 2)id^ter mit feinem ®lüdE nid^t 
femer an ben Fimmel erft oermiefen, fonbern bereite 



— 57 — 

bicRcite t)om ^önijg berufen fei, bie ©d^ä|e ber 6rbe 
mit il^m ju tl^eilen. 

SBieber ergriff ©cibel baö SSort, ober — ergriff 
eö il^n? 5Da er äroifd^en %t. ^I^ierfd^ unb SB. Saul- 
bad^ fa^, fd^äumten ^erj unb SSed^er über für SBiffen^ 
fd^aft unb Äunft unb il^re SSertreter, unb %v. S^l^ierfd^ 
antwortete in einer glänjenben 5lebe. 

SBäl^renb . beffen l^attc eine freunblid^e ^anb im 
SBintergarten l^inter bem 3iüden beö ©id^terö einen 
Sorbeerfranj gerounben unb il^m aufö §aupt gefegt. 
D Ratten Sie alle il^n nun gefeiten, unb nun bie 35erfe 
gcl^ört, bie feinem ^erjcn entftrömten, .wie er baö ^eilige 
Seichen in feine ^anb nal^m, feine l^ol^e 99ebeutung tief 
ergriffen fd^ilberte unb il^n in fanftefter Sefd^eibenl^eit 
— jur ©eite legte! 

Sd^mer mar eö nad^ ber Stimmung, bie fid^ nun 
ber ©efeUfd^aft bemäd^tigte, nod^ jum SBort ju fommen. 
3)od^ nal^men eä nod^ g. 33ötfel unb nad^ i^m R. %. 
t)on ÜJlartiuö unb SB. ©önnigeö mit 9lnreben an 
bcn S)id^ter,. bat)on üornel^mlid^ bie legte mit il^rem 
Sd^munge unb il^ren SBeit? unb S^ieffid^ten in bie neue 
S)ic^tfunft bie ©emütl^er ergriff. 3lnn aber maren bie 
Sanbe gelöft, unb ber ©todE fing an ju fd^märmen ; in 
breiten SBelleu mogte bie Suft unb raufd^te mie bie 
flut^enbe SBranbung, biö baö ©efeg ber Jlatur bie 3^^ 
ber (Sbbe l^erbeifül^rte unb bie SBetten pd^ nad^ unb 
UQd^i verliefen. §eute aber, mo bie gefttl^eilnel^mer [x6) 
begegnen, faffen fie fid^ an ber §anb unb begrüben fid^ 



— 58 



mit bcr ©rinncrurtg an baö fcUcnc, j^crrlid^c g^ft, unb 
mit einem l^erätid^eii 2)aufc an bcn, ber ed boju ge^ 
mad^t, an bcn fcttencn, l^errtid^en 2)id^tcr." 



S)aö crroä^nte Oebid^t von 2B. S)önnigeö tautet: 

Sd^on tpteber umfd^Iang bas ver5anberte Sd^Iog im IDalbe ger* 

manifd^er Dicf?t!nnjl 
€tn ipuAcrnb (Scftrüpp fletnn)üd?jiger 2lrt poU <5tfts unb 

fd^iDammigcn IIToofes, ' 

€in Diftelgefd?lcd?t mit fiad^Iic^cm Kraut, ein Dorncngebüft^ 

oljnc Höfen; 
Wo^l griinenbc Bänmiein l^ie unb ba, boc^ innen tjcrfault unb 

am <5runbe 
2lufn)ud?crnb bie pil3c gefd^moUencn Baudps, ein ^Ta% für 

IDürmer unb Caroen, 
Hleijl bienlic^ nur für bcs nieberen VolH litterarifd^e fliegen» 

pcrgiftung. — 
^^ernab lag fd^on rpas (Sötl^e crjirebt in funfttJoüenbeter Klartjeit, 
Unb fafk rerl^aUt fd^ien jener (Sefang, btn t^odj im Sd^roungc ; 

ber 3ugenb 
€inft Sd^iller anl^ub ber Begeifternng »oII unb fort bie Be» 

gcifteruncj tragenb. 
Selbft Ul^Ianb fd^roieg unb piaten wav tobt unb fjeines bc 

3aubcriibe £ieber 
Sic maren im Uligflang meijlens erfticft nad^folgenber Carri» 

caturcn. 
Dornrösd^en fd^Iief, es umnad^teten it^r bcn Sinn unfruchtbare 

(Träume, 
Kaum borte fte nod? ben matten (Sefang nad^al^mcnber Ijalber 

(Talente; I 

Die ftörtcn ben Sd^Iaf, bod? mecf ten fte nid?t 3um frifd? auf« 

blül^cnben fieben. 



— 59 — 

IJalbferttgc Knappen lirnftanbcn l>en B^ain, bocf? es feljlte bte 

flammenbe Hüfiun^ 
Des gcbie^encn IDorts unb bes reinen <5efuI|Is unb ber mann» 

lief? ernjlen <5ebanfen. 
Woiil ^ab es ber Kämpen (5emappnete noc^, hodi gingen aud{ 

biefe oerloren 
2Iuf ber Stoatsflugl^eit parteiifc^er Ba^n , auf bem Jrripeg 

frecf^er Satire, 
Die oft Ijinftarb in serfreffenbem f^ag unb im f^oljn, bem Cobe 

ber Did^tfunft. 
3n bes Cief ftnns ZTad^t meland^olifd? perfanf ber ebelftc, ungrif(^e 

Sänger, 
Unb anbere rücften 3u ferne l^inaus 3um fünftlicf? erfaltenben 

0ften ; 
2lu(^ ermecfte uns nid?t aus letljargifc^em Schlaf amarantljifc^es 

füßes (5eflingel. 
Dornröslein fcf?Iief ; fein £Jeros erfd^ien unb rougte ben gauber 

3U löfen. — 
Da erfjobefk Du Vxdf an ber 0ftfee Stranb ; es fang bie WtUe 

bes IHeeres 
Den IDiegengefang als Kinb Dir fd^on, unb es raufd^ten bie 

griinenben lüipfel 
Des uralten Raines ber ^Jreiftabt Dir t>en erl^ebenben Craum 

in bie Seele 
Von Deutfd^Ianbs (5Ian3 unb fjerrlic^feit nnb längjl entfc^roun- 

bener (Sröge, 
Unb bie gotl|ifd?e prad^t bes lübifc^en Doms unb bie ftäbtifd^en 

(Siebel unb Sd?nörfel 
€r3älilten bie Sagen bes f^eimatl^Ianbs unb oiel crl^abne (ße- 

fd)id?ten 
Don ber €inl^eitsfraft Ijanfeatifd^en Bunbs, pon ben roacferen 

^erren im Itorben, 
Wie jie Deutfd?Ianbs Hed?t nnb Deutfd^lanbs IDort roeit über 

bas IHecr Ijintrugen 



60 



Bis 5um ft^mebifc^en Hetd; unb jum bottntfd^en Üanb unb bzs 

Eismeers 2IIpengeftaben. 
Unb tpas Dir bie branbenbe lüellc bcr See am einfamen Ufer 

gefTüftert, 
Pos reifte barob in bem attifd^en £anb 5U lid^troU geftalteten 

^orm«n. 
IDir l^orten erftaunt bes Jünglings Con roll innig melobifc^er 

;Jrifd?e 
So fanft unb fo rein unb fo reid? unb fo fc^ön wie bes (Sieß* 

bacf^s Silbergeriefel, 
IDie er mit fid? ri§, hod) abgeflärt bie SdjIacFen ber 2lftcr« 

gefänge. 
Unb jtetjl Du ergrifft mit bem Seelengefang bie Seelen bcr 

grauen urib Vflabdien 
Vot allen suerft unb brangeft ins f^er^ mit Deinem befd?eibenen 

£Jer3en. 
Dann ftimmteft Du an 3U männlid^em Sang bie l^öl^er gerüftete 

£eier, 
Unb wie Dir 2ltljene im IDaffengefd^meib bie claffifd?en IDeifen 

gelet^ret, 
Unb tpas Du belaufd^t in bes Spaniers iieb, in bem taribe 

romantif(^er <5röge, 
Ulajeftätifd^en (Eons unb ber männlid?en £uft unb ber männlichen 

Sd?mer3cn bie ;JüUe, 
Das gabfl Du uns n>ieber im beutfd^en (5emanb unb in ebel* 

gebilbeter Sprad?e. 
J>ann goffeft Du aus ben ermarmenben f^aud^ unb ben Duft 

Deiner Juniuslieber 
Doli Kraft bes UTanns, mit bes Jünglings Sd^roung in tjarmo« 

nifd^er Perfe PoIIenbung. 
(Ein .Sommernad^tstraum war jener <5efang; bie UTorgenrotl^c 

ber Did^tung, 
Sie brad? tjerpor, wie bas gucfen bes (Eags nadi lange um» 

nad^tenbem Dunfel. 



— 61 — 

Wiv fjörtcn nun loieber bes Walbliorns Huf, bxe ewi^e Klage 

ber Seljnfucf^t 
3n ^eimatljsflängen, rote Scbroanengefang aus fd?önen, befferen 

Seiten. 
£autauf erf (ang's unb es pffan5te ftd^ fort unb burd^brang bos 

Dunfel bes IDalbes 
Bis ^m 3u bem fagcr, wo bornenumranft nod? träumte bte 

roflge Jungfrau. 
Unb es fd?metterte roieber bie €erd?e itjr £ieb, unb Droffelgefang 

von l>tn groeigen 
€rfd^oII u)eitl|in unb ber Had^tigaü Sang in btn flötenbert 

IDccf^felaccorben ; 
fjinraufd^te ber Strom oom ;JeIsabl|ang , w\t IHuftf jum Cact 

Deiner Htjyttjmen, 
Unb CS faulen bie IDipfel, es braufle ber IDinb unb Höfen 

unb £ilien blül|ten. 
So rcil^te fid? bann ber gug Dir an, es erfcf^ienen bie alten 

(5eftalten 
2I11S bes märd^ens 3ereid; aus bem Hebel t^error 5um roirflid^en 

"itben erroecfet; 
Cannl^äufer com ^ufd? unb cor allen tJoran ber trenne ber 

Creuejicn €f!arb. 
^nf leudjtenbcm gelter I|od? aufgcfd?ür3t ^Jrau Penus, bie 

Blüttje ber Sd^önen; 
So 5ogeft Du ein 3U ber Cagerftatt, unb jic^ es enpac^te bie 

Jungfrau, 
Sic begrüßte Did? laut unb fie rührte Did? an, unb fie bot 3U 

bem Bunbe bie fjanb Dir. 
6fcr fd^Iicget bcn Vexs Dein oerftummenbcr ^reunb, bod? ruft er noc^ 

fd^eibenb bie IHat^nung: 
„3Ieib' immer getreu Deinem innerftcn Sclbftl 
lUas bie finblid/e Stimme ber Bruft Dir 
3n reinem (Sefübl unb erl^abenen Sd^ujungs 
3n erjier Jwö^nö geflüftert, 



— 62 — . 

Das ertfobft Du laut 5U bes IRonnes (5efan$ 

3m Hei(^e bes IDal^ren unb Sd^onen. 

Von ber (Df^fee Stranb 3U ber 2((pen (Sebtr^' 

Begleite Did? ferner ({tnüber 

Dein treues <9emntt{ unb Dein ebeles ^tv^l 

Bleib' treu Dir Ulb% bann blütjen Dir jiets 

Die Krause ber emigen Jugenbl'' 



3it einem mir von bem i&erauögeber biefe§ ®e^ 
benfbud^eö für meine Sammlung jur SScrfügung ge- 
[teilten 83ricfe ber grau 5ßaftor Äunl^arbt, geb. 31t) e 
Äallement, batirt au^ Hamburg oom 21. Slpril 1884, 
l^eifet es, mie folgt: 

㨤 werben balb 32 3al^re, bafe ber SRuf jur 
Ueberfiebelung nad^ SKünd^en an unferen, bamafe 
in fiübedf meilenben X\ä)ttx erging. 6ö fd^ien mir 
eine 5ßflid^t feitenö ber ^auen unb 3ungfrauen 
fiübedfö, il^m beim ©d^eiben ein fleineö ©rinnerungö- 
jeid^en an feine SSaterftabt mitjugeben, unb fo be^ 
burfte e§ nur einer fteinen älnregung meinerfeitö, 
um balb einen großen Ärei§ t)on Sübedferinnen für 
bie 2)urd^fül^rung biefer !3bce ju gewinnen. 5EBir 
fticften unb fd^afften in furjer 3^^^ einen Äe^nftul^l 
unb einen 2^eppid^, ju meldten Sad^en nod^ ein 
Sd^reibtifd^ l^injugenommen mürbe. SKir mürbe bie 
6^re ju 2:^eil, mit wenigen QtiUn baö ©efd^enf 
begleiten ju bürfen." 
2)iefem 93riefe liegt in grofe Quart bie lit^o- 
grapl^irte ßopie eineö 2)anfgebid^tö ©manuel ©eibelö 



— Gä- 
bet, Toeld^cö iDir, ba cä iDcitcrcn Ävcifcn faum bcfannt 
fein bürfte, in folgcnbem tuiebergeben: 

öci Uebcrfcnbung bcs Sd^reibtifdies, 

5er gefticftcu Dccfe nnb bes g^fticften Cebuftulils 

an £manuel (5cibcl. 

Sie mollte loicber cor Dicf? treten 

Die f^etmatl^, ber Dvl jün^ft eutflol^n, 

Sie »ollf ntd^t lajfcn ben Poeten, 

Der Hlufen l^olben Ctebltngsf ot^n ; 

Sie beut' Dir ^^uli" auf t>nfV^en Höfen, 

Streut' Dir 3U (Jüßen £otus l^in, 

Dag nun, 3ur geit ber %rbP3eitIofen 

Dein fjers auf neue £ieber ^nn\ 

Die, ipenn fte Ijell im Dtd^teriDalb erfunden, 

Den ;$rauen £äbecfs Kunbe t>on Dir bringen. 

im (Dctober ^852. 3- ^• 

(5ru§ \xr\b Danf aus UTimdicu 
an bie Spanen nnb 3ungfraucn von Cübecf. 

So mächtig ipot^nt fein §auber uns im Blute, 
So fejl I^ält feiner unfer fjers gebannt, 
lüie ber uns fromm mit treuem £iebesmutfje 
Dem 0rt üerfnüpft, ©0 unf re IDiege ^anb. 
Drum glücflic^, iper im Scf^atten jener Bäume, 
Die in fein Spiel einp raufcf?ten (Eag für Cag, 
Die frifcf^en Blutigen feiner Knabenträume 
§u eriiften QIl|aten alternb reifen mag. 

Docf? warb nic^t Jebem fold^es f^eil gegeben, 
21m 2(ft nid^t rofien barf ein Saitenfpiel, 
€s ruft htn IHann, l>en Dichter ruft ba5 i,ihen 
(Sebietrifd? fort unb ftecft iljm fern fein giel; 



— 64 — 

(D iDoI^l tljm, »cnnjl^m bann auf fremben IVt^cn 
Der (5ru§ perjäl^rter ^reunbfd^aft ntd^t gcbrid^t, 
Wenn über feinen neuen ßeerb htn Segen 
Die alte fjeimatl^ glücfüerl^etgenb fprid^t. 

So wavb es mir. ITtit farbig reicher Spenbe 

(Jolgt' €ure £iebe mir in's ferne f^aus, 

Unb fc^mücfte mir bie flanglos fatalen Wänhc 

Belebenb mit gefälligem Räuber aus. 

tlun fehltest €rinnrüng mit mit golbnem Hinge 

ITTein jHües Binnenleben freunblid? ein, 

Unb was an ^Jreub' nnb £eib bie Stunbe bringe, 

(Ein (5ru§ ber fjeimatlj roebt von felbfi fid? brein. 

(Dft pries icf? fonft ben DTunb von fü§em (Eone, 
Den rljeingebornen (Jrauenlob mit ^ug, 
Dag — um fein £ieb — in bunfler Blätterfrone 
(Ein fromm <5eleit pon (Jrau'n 3ur (5ruft i^n trug. 
Dod? länger nic^t ^en Kran3*in feinem fjaare 
Beneib' \di, bin rdf lj5ljer bod? beglücFt, 
Da eure fjulb mir nid^t bie (Eobtenbaf^re, 
Da fie bas tthtn anmutt^üoü mir fd?mürft. 

lUie banV ic^'s eud?I — Das £Jer3 nur mag's erroibcni 

;Jür freute nur, roas aus bem £Jer3en quoll; 

Dod? einjhnals, !^off' tc^, bring' id? eud? in £iebcrn, 

3n ausgereiften, bcflfern Danfes goß. 

Vtnn ob aud? fern ber alten ^anfa Cl^oren, 

IDenn je mir poüern Klang ein (Sott perleil^, 

€r bleibt ber tljeuern Sta'bt, bie mid? geboren, 

Unb tudf, bie freunblid? mein il^r benft, gcroetl^t. 

im December H852. €manuel (Seibcl. 



— 65 — 

S)cr „Älabbcrabatfd^" betncrtte im ajlai 1852 ju 
ber Berufung ©cibcl'ö aU 5ßrofcffor naä) SKünd^cn: 

„aStr gönnen c§ il^m, bcr fo mel gcicf cn roorben 
ift, bafe er jur ©träfe enblid^ einmal felbft lefen mug." 

9iad^ bem älüömeiö ber 33orIcfungöt)erjeici^niffe ber 
aKün^ener Uniüerfität l^at ©eibel in ber ^txt feiner 
?5rofeffur nur folgenbe ©oltegien angefünbtgt: 
SBinter 1852/53 unb 1853/54 „SWetrif mit praftifd^en 

Uebungen". 
SBinter 1854/55 „Ueber bie poetifd^en formen ber 

abenbtanbifd^en Sitteraturen". 
SBinter 1855/56 unb 1857/58 „aWetrif". 

3im Saläre 1853 mürben t)on ©eiten ber bänifd^en 
Regierung ©eibeTö „3uniuöUeber" in ©d^Ieömig^ 
^otftein oerboten. 

3luä bem Januar 1853 batirt ein ungebrudfter 
' Sprud^ für baö SWabefef^album, ber fid^ atö Sluto? 
grapl^ im Sanbeämufeum ju Snnöbrudf unter ®Iaä 
unb Stammen befinbet: 

. „Das befie <Sut, 
Das (Sott ücrlctl|t: 
€in fcfter IHutt^ 
3n fd^manfer gcit." 



SB. ^. Stielt l giebt unö in ber SBorrebe ju feiner 
3looeUenfammtung „SÄuä ber 6dfe" (1874) ein freunb^ 

(Smanuel ®ei(el, ein Q^ebenfbuc^. 5 



.— 66 — 

li(i^ed 93ttb bed Qa^ammcnltbcn^ ber brei Familien 
©eibel/ Sliel^l unb ^e^fe: 

, ^^93or jtoanjig Salären tüol^nte iö) am 3lütinot\U 
enbe von äHünd^en, fd^räg gegenüber tüdl^nte @manuel 
©eibel unb in einer ber näd^ften . ©trafen ^aul 
$ei)fe. Da unfere übrigen litterarifci^en greunbe aHe^ 
famntt tiefer in ber ©tabt fid^ niebergelaffen l^atten^ 
fo erfd^ienen wir Drei un§ wie ein Dorgefd^obener 
Soften unb nannten und bie @dEe. 2Bir l^ielten gute 
Sßad^barfd^aft, unb unter ©eibel'd leitenber ^anb 
gewann bie ®dte balb einen feften Rr^ftaUifationöfem. 
3e am anbem ©onntage fanien wir mit unfern grauen 
in bem ©alon einer befreunbeten alten 'S>amt jufamnien, 
meldte an ber ©pifee ber ®dfe mol^nte. S)a befprad^en 
mir bann in l^eiterer ©efeUigfeit unfere mut^ttn 9lr* 
beiten unb ©ntmfirfe, lafen t)or, xoa^ mir ganj ober 
l^alb DoQenbet l^atten unb taufd^ten und aud über bie 
litterarifd^en unb fünftlerifd^en ®rfd^einungen beö S^ageö. 
©in fold^er STbenb l^ieg ein ,,@dEenabenb". Unb alö 
mir bamalö ein ©ol^n geboren mürbe, ftanben bie anbem 
beiben SSäter ber ®dEe ju ©eoatter unb er erl^ielt ben 
SRamen ,,edfbert". 

SBir brei 2Jlanner glühten bamalö in ooHfter 
©d^affenäluft: fein SBunber, bog fid^ unfere ©aben für 
bie ®tfenabenbe brängten. S)a entmidfelte ©ei bei 
ben 5ßlan feiner „93runl^ilb" unb lad einzelne eben 
ooltenbete ©cenen beö Dramad, ober er brad^te und 
eined feiner gebanfenreid^en etjal^lenben ©ebid^te, ben 



— 67 — 

„Xo\> bed SE:ibcriuö", ben ,,SUbl^aucr bcd ^abrian", 
roic er pe eben frifd^ gefd^rieben l^atte. ^e^fe be^ 
Wenfte und mit ber ,,S8raut von Supern" unb ben 
SßooeBen feined erften unb jroeiten SBanbed unb liefe 
fid^ burd^ bie @(fe ju feinem erften Sül^nenDerfud^e 
crmut^igen. ©päter trat aud^ nod^ 2lbolft)on©d^arf 
ote ber SBierte in unfern Rreiö unb laß uns neue 
^oefien t)or, mal^rehb er, burd^ ^e^fe auf ©enellid 
gtofee unb oerfannte ftünftlernatur aufmerffam gemad^t, 
ben erften ®runb ju feiner ftgt fo berül^mt geworbenen 
Silbergalerie legte. 

3d^ felber lad bie erften 3lbfd^nitte meiner „ga^ 
milie" in ber ®dfe unb mir mad^ten ^auömufif ." ... 

©eibel mar mit. ^ei)fc, ©enclli, SWal^l u. 91. 
Stammgaft in ber SBeinftube t)on äluguft ©d^imon 
in ber Äaufinger Strafe. 3n feiner SRooeUe ,,S)er 
kfete 3entaur" (5ßeued SRooellenbud^ 1871) ^at 5ßaul 
^e^fe eine ©tropl^e ber Sßad^melt aufbemal^rt, bie 
r/S^cunb ©manuel" bamalö nad^ ber aJlelobie beö 
Dies irae auf bie SBeine beö SBirtl^eö bid^tete: 

„Sed post Schimonense vinum 
Malum venit matntlnom 
Luctum quod vocant felinuin." 

Rarl t)on SBinjer fd^reibt in einem „ S)aö äHürn 
(i^ener2)id^terl^eim" überfd^riebenen Feuilleton berSBiener 
,,3)eutfd^en SBod^enfd^rift" (4. 2ßai 1884) mie folgt: 

„®eibel, ^e^fe, SRiel^l unb ©arriere maren 

5* 



- 68 - 

ctioa 1852 ungcfäl^r gleid^jeitig ' nad^ aMnd^cn gcfom^ 
mcn, auf einen für alle äSier gleid^ frentben Soben, 
tu bem cö galt, SBurjel ju f dalagen. Äein SBunber, 
baB fie in ber ©emeinfd^aft il^rer Slnfd^auungen unb 
Seftrefeungen balb aud^ baö ©leid^artige il^reä 3#^"' 
beö erfannten unb fid^ bie ^änbe reid^ten, um cinanbcr 
in ber fd^roierigen 9lrbeit be§ Drientirenä unb Slcctt^ 
matiflrenö beijuftel^en. ®ie oerftanben fid^ gut, l^atten 
i5reube aneinanber unb geroöl^nten fld^ balb an reget 
tnäfeige 3iifö^^^nfö"ftc i" tintm Äaffeefiauö. 2)ieö 
ift ber Äeim beö ÜRünd^ener S)td^terbunbeö „Ärofobil'' 
ober jugleid^ fd^on ber Mftige ©tantm, au§ bem er 
fid^ weiter entmidelt l^at. ©in S^ifd^lein, an roetd^em 
t)ier fo bebeutenbe auögefprod^ene ©eifter, in i^rer SSer- 
fd^iebenl^eit eine ganje SBelt barfteltenb unb einig nur 
in bem ©treben nad^ l^ol^er SBa^rl^eit, jufammenfa^en, 
tonnte nid^t lange unbemerft bleiben. @ö mufete für 
fold^e, bie fid^ il^m naiven burften, eine grofee änjiel^ungs^ 
fraft l^aben. Unb fo oergröfeerte fid^ allmal^lid^ bie Qa\)i 
ber SCafelrunbe. 2)ie Flamen ber nad^ unb nad^ l^eran- 
getretenen 9lutoren, bie bem Äreife einen fo altgemeinen 
Sluf oerfd^afft l^aben, jeiigen in il^rem eigenen Älange 
in berebter 2Beife für ben Sßertl^ beö ©tammeä. ®ö 
ift ein SSergnügen, fie aufsujä^len, ba jeber in eigenem 
©lanje an unferem ^irmamente ftraf)lt. 

2)a famen Sßeld^ior SKe^r, ber SSerf affer ber 
unoergleid^lid^en ®orf gefd^id^ten auöbem9lie§, ©d^effel, 
33obenftebt unb ©d^ad, bie Orientalen, gelij2)al^n. 



69 



ber ©crmanc, Sid^tcnftein, Seutl^olb, ftart üon 
2ii|on) unb Singg. 

3lfe Singg eingetreten mar, brad^te er fein ©ebid^t 
oom alten Ärofobil ju allgemeiner Seliiftigung jur 
Renntnife: 

„3m IieirgcTt (Eeicf? 3n Singapur, 
Da lie^i ein altes Krofobil 
Don äugerp grämlicf^er tlatur 

Unb faui an einem Cotosjliel. 

» 

€s ifi ganj alt unb DöUig blinb 
Unb roenn es einmal friert bes tlacf^ts, 
So roeint es, mit ein fleines Kinb, 
Doc^ roenn's ein fc^öner (Tag ift, lac^t's." 

®ieö fanb nun fd&on.eine freujluftige ©d^rocftei 
in bem Greife cor an OeibeTä überall eingebürgert^ 
tem Äneiplieb: 

„(Ein luft'ger IHujüante 
marfd^irte einjt am ttiL". . . 

2)ie aWünd^ener begannen ju eben ber 3^^* ^^^^ 
Rreiö mit bem Flamen „Sbealiften" ju beseid^nen, unb 
um bem furd^tbaren ©d^idfal ju entgelten, bergeftalt 
in bie SBoIfen oerbannt ju werben, befd^lofe man, jefet, 
tt)o bie Rrofobille fo gut eingebürgert waren, ber ®e^ 
fettfd^aft biefen oielfagenben Flamen ju geben. @p 
rourbc benn baö 9lilungetf|üm ber Sletter cor einem 
fe^r imeibeutigen Komplimente ber Sßitmelt unb beäl^alb 
al^ ^auögö|e l^od^ in ß^ren gel^alten. . . 

6inem 93ilb^auer mürbe ber el^renoolte Sluftrag 



— 70 — 

iu S^l^eU, bad ftrofobU in aKeit feinen ^l^eilen unb in 
allen feinen fonberbaren, ben aWenft^en feinbUd^en ®e? 
lüften jtt bilben. 6r entlebigte ftd^ beffen ju allgemein 
ner l^öd^fter ^efriebigung. Diefer ®öfee würbe nun in 
befagtem Saffeel^aufe bei jeber 3ufammenfunft inmitten 
aufgeftellt, alö l^anbgreiflid^er ©enbbote beö ißumorö. . . 

9Kö fpäter baö Srofobil ju beutlid^e Symptome 
feiner SBergänglid^feit gab, würbe eö einem trefflid^en 
Äünftlerpaar jur SBieberbelebung anvertraut. SHe ©r- 
neuerung ber baufälligen S^l^eile übernal^m ber 33ilb:! 
Iraner Knoll. 5llö eö roieber auf feften %ü^tn ftanb, über- 
nal^m eö ber 3Äaler ^ijiö, bem Untl^ier feine blül^enbe 
^arbe roieber ju geben. Seibe SSäter biefer SBieber^ 
geburt fegten bie ^oeten in ein fotd^eö ®ntjüden, ba§ 
man fle ol^ne oiel ^eberlefenö ju ß^renmitgliebem er? 
nannte. 

®ine anbere 33erftärfung ju bauernberem SSerbraud^e 
oerfd^affte fid^ bie Oefeltfd^aft, inbem fie ben beliebten 
fiiebercomponiften 93aron ^ornftein unter bem gleid^en 
efirenooUen 2:^ifel mie bie beiben 93ilbner alö ^au^ 
ober Seibmuflfer inftallirte. . . 

^aul ^e^fe nal^m fid^ mäl^renb jener erften 
©pod^e beö Ärofobilö mit ®mft unb Eingebung ber 
jüngeren anftrebenben (Generation an, bie er ju il^rem 
SUufe unb kommen um fid^ i)erfammelte. S)arauö ftnb 
bie 3tefruten einer fpateren ©pod^e l^eroorgegangen. 
©inb aber nid^t alle SBeber geworben. Unter biefem 
3la(i)X0U(S)^ ift SBilbranbt, bann ^erfe unb Äorl 



•- 71 - 

©ticicr, bcr mit feinem „2BeiI*d mi freut" unb 
^^obt'ö a ©^neib" bie ^erjen erfreut. 2)ie 3laxmn 
ber übrigen finb bie folgenben: ^an^ topfen, ^tx^ 
mann ©d^mib, 3^Uin9/ Seill^adt, 2. Seiftner, 
Äoppel, ©^neeganö, öern^arb ^ofmann. 6in 
Sanonicu§ ©^rott ^atte pd^ in bi^terifd^em ^el^agen 
bem Kreife jugefellt, il^m würbe aber t)on feinen Oberen 
balbigft bebeutet, bafe eö fid^ für einen Diener ber 
fiird^e nid^t rool^l fd^idfe, in fo profaner ältmofpl^äre 
}u weilen. 

2)a nun bie ©efellfd^aft einmal in ©g^pten am 
gelangt war, fo tiefe f\ä) aud^ bie 5ßi)ramibe nid^t me^r 
umgel^en. ®d würbe eine fold^e erbaut unb neben bad 
i^m l^omogene Ärofobil aufgeteilt. ®iefe 5ß^ramibe 
^atte ein £od^, unb in biefeä £od^ warfen bie 5ßoeten 
i^re Oaben, wie bie Sinber il^re Kreujer in bie ©par* 
büd^e. 9llö man Mtmnti)tn fonnte, bafe bie ©umme 
auöreid^te, um etwaö bamit anjufangen, jerfd^lug man 
bie ^^ramibe, unb ^erauö fam baö ,,2Jlünd^ener 2)id^^ 
terbud^" t)on ®manuel ©eibel. 

©0 lebte bie ©efellfd^aft fort, ein innerlid^eö, 
geiftigeö Seben, von bem • fid^ nid^t mel f agen lilfet, man 
looKte benn ein ©tüdf fiiteraturgefd^id^te liefern. 2ü|ow 
führte lange Qdt baö 5ßrotofoll, ju ©enufe unb Se^ 
friebigung feiner ©efeHen, aber in fo intimer SBeife, 
bafe ber 3nl^alt für bie Slufeenwelt feine öebeutung l^at. . . 
3m3a^rel872ftarbbaä Ärofobil an ber Spolera.". .. 



— 72 — 

Um bic crfte Sluffül^rung bcö „äJlciftcr 3lubrca"> 
bic am 13. gcbruar 1855 in ÜWünd^cn grofecu ©rfolg 
l^attc, mad^tcn ft^ bcfonberö bic ©d^aufpiclcr 3 oft, 
bcr „flafjtfd^e 58erförpercr ©J^affpcarifd^cr Suftfpiet 
gcftaltcit", ©l^riftcn, üan^ unb gri. 3al^n ocrbicnt. 
gr. Dinge Iftcbt fiattc perfönlid^ bic mise en scene 
übernommen. 



5tm 21. ^looember 1855 traf ben 2)i(i^tcr bcr 
prtefte Sd^idfalöfd^lag feines 2tbtn^. Seine jugenb^ 
lid^c • ® attin, bic i^m erft am 26. 9luguft 1852 in 
Sübcd angetraut mar, ftarb nad^ langer Kranfl^eit. 

3n öff entUd^en blättern erliefe ©eibel folgenbc 
S^obcöanjeige : 

,,®eftern ftarb nad^ clfmonatlid^cn fd^meren Seiben 
meine geliebte grau älmanba fiuifc geb. ä^rummer 
im jmciunbjmanjigften Saläre il^rcö 9llterö, im oierten 
unferer glüdlid^en 6^e. 

aWünd^cn, 22. 9iooembcr 1855. 

©manucl ©eibcL" 

aWit bem tiefgebeugten, trauernben ©atten folgten 
mele 9iotabilitaten bcr Künftlcr^ unb ©clcl^rtenmclt 
SRünd^cnö bem SBagen, bcr bic ©al^ingcfd^iebcnc jur 
SRulpcftätte fül^rtc. ®efan aWaier l^iclt bi^ Seid^enrebe 
über ben 2^ejt: „Sefiel^l bem ^errn Deine SBcgc." 

3d^ fiabe oor einigen Salären bad ®rab auf bem 
füblid^en Äird^l^ofe in 5Wünd^en aufgefud^t. ^ä)'6n ge- 
pflegter, großblättriger ®pl^eu uml^ültt ben ^ügel; am 



— 73 — 

ftopfenbe grünt ein Sebcnöbaüm. ®inc äßarmorplattc 
jeigt bic Snfd^rift: „^ier rul^t 3lba Suife ©eibcl, 
geb. 3;rummev. Oeborcn ju SübedE, 15. 2luguft 1834, 
geftorben ju aßünd^cn, 21. Sloocmbcr 1855. 5ß)alm 126." 
aWori^ t)on Sd^roinb l^atil^r in feinem ,,aRärci^en 
mn ben fteben SRabcn" (SBeimarer SRufeum) ein fünfte 
lerifd^eä ©enfmal gefegt. 2)ie SRuf e, bie in ber erften 
^alte beö Stunbbilbeä red^tö aufredet ftel^t, f)at bie 3üge 
3lbaä unb trägt auf ber ©eroanbung ben Flamen „2lba 
®cibel", 2lud^ Äautbod^ l^at g^i^^nungen von xf)x 
ongefertigt unb ber berühmte aßünd^ner 5ßortraitmaIcr 
ßorrenö mä) il^rem 2^obe eine gro^e Äreibejeid^nung 
unb ein Delbilb (1864) t)on unfaßbarer ©d^önl^eit für 
ben ©id^ter auögefül^rt. S)ieö 33Ub l^ing ftetig an ber 
SBanb.beö 3lrbeitöjimmerö Oeibelö. 



®ine Sd^Uberung ber befannten „©^mpofien" bei 
König 3Raj, an benen ® ei bei befonberö großen Slm 
l^eil l^atte, giebt unö bie 3lugäburger 3lttgem. S^^^ung 
t)om 31. 3anuar 1856: 

,,9ln irgenb eine.m SBod^entage, meift am ©onm 
obenb, üerfammeU ber Äönig eine SKnjal^I geleierter 
ober roiffenfd^aftUd^ gebilbeter SRänner in einem jener 
(Semäd^er ber alten Hofburg um fid^, bie junäc^ft an 
bie ^Steil^e ber fogenannten reid^en ober Äaiferjimmer 
ftofeen, (meift im „oenetianifd^en" ^immzv), um in il^rer 
Umgebung fic^ einen älbenb l^inburd^ jener geiftigen 6r^ 
^olung JU überladen, bie il^m 93ebürfni§ ift, bie fein 



— 74 — 

ebler ®txft nidft in SS^ifi unb ^ombre }u finben oer^ 
mog. 3m einfad^en ^ofKeibe treffen bie ©elabenen, 
empfangen oon bem bienfttl^uenben ^{ügelQbjutanten, 
oDmä^Iid^ gegen 8 U^r Slbenbö ein. Sinb oUe oer- 
fammelt, fo betritt ber ftöntg ben Saal, nal^t ftd^ 
freunblid^ grügenb ben im ^albfreid ftel^enben ©aften, 
unb ^at, oon einem jum anbem ge^enb, für jeben ein 
ermuntembed SBort ober eine t^eilnel^mcnbc ^age, fei 
ed nad^ bem 99eftnben feiner äfngel^örigen ober nad^ 
bem gortfd^ritt feiner roiffenfd^oftlid^en Scftrebungen. 
Suf feinen SBinf merben bann bie ^äte abgelegt, unb 
auf feine @in(abung nimmt bie @efeUfc^aft um i^n 
^^}Ia| an einem cinfoc^cn 2^ifd^e, mo einige ©rfrifd^ungen 
geboten werben. 2)cr Äönig greift jur ßigarre, wer roiB 
folgt feinem Seifpiel, unb nun öffnen fici^, oon i^m 
gefd^idft angeregt, bie Sd^leufcn ber Unterl^altung. 
Salb ffiegt bie SRebc wie ber S3att im cmfxg unter^aU 
tenen Spiel l^in unb ^er, unb bed Äöuigö gcfd^icft ge^ 
ftettte fragen ober ftnnreid^c ©inroürfc mtffen bem er* 
matteten ober ju 33oben gefallenen J^l^ema immer roieber 
mnt^ Scben ju oerlei^en. Stets ^ält ber eine ober 
anbere einen furjen 9luffag oon allgemein intereffantew, 
miffenfd^afttic^em 3nl^alte bereit, ben er auf SBunfd^ 
beö Äönigö oorträgt, ober eö überrafd^t ein brttter ben 
auögemäl^lten Äreiö mit ber Jüngften Sd^öpfung feiner 
aKufe, bie l^ier baö Cl^r beö Äönigö juerft erfreuen 
folt, e^e fie hinaustritt in ba§ ©emü^l ber SEBelt. Oft 
liebt ed ber Äönig aud^ felbft ein 2^^ema jur Untere 



— 75 — 

Haltung aufjutDcrfen unb es ift toal^r^aft erl^ebenb }u 
beobad^tcn, mit roctd^cr Slufmcrffamfcit, mit meldtet 
Spannung er ber 3)iöcuffton folgt unb fte gleid^fam 
leitet unb regelt. 

SWänner ber oerfd^iebenften geiftigcn Slid^tungen 
unb Strebungen beruft Äönig 9Raj fo in feine un* 
mittelbare 5Räf|e, unb jenes ge^eimniSooHe grüne 3intmcr 
Ht ben l^od^berü^mten Siebig, ßarriere, SRie^l, 
SingSeiS, Äobeü, ©eibel, ben roal^rl^aft frommen 
unb ebten ©änger; S^l^ierfd^, ^e^fe, Söller, 5ßocci, 
»obenftebt, SBIuntfd^a, 3oa^, Siebolb, ^etten^ 
tofer, ©d^adf u. f. xo. 

. . . 3la6) einem fotd^en, mand^mat mel^rere Stunben 
bauemben Oefpräd^ erl^ebt' fid^ ber Äönig, um im 5Rebem 
jimmer, roo aud^ ber $unfd^ ferüirt roirb, auf bem 
Siltarb mit ber ©efellfd^aft nod^ einige (Sänge ju 
mad^en, unb jie^t fid^ bann, freunbtid^ grü^enb wie er 
gefommen, in fein Äabinet jurüdE. 

S)er bienfttl^uenbe glügelabj[utant, berufen nad^ 
bem Slbgang beö Äönigö bie ^onneurS ju mad^en, oer^ 
fammelt bann bie ©äfte um ein (eid^teä Souper, oon 
bem fie, baä S)urd^fprod^ene roieberl^otenb ober fort- 
fpinnenb, meift erft bie SRitternad^t trennt." 



Die oon 2. Sßa^er l^erauSgegebene „Äatl^oüfd^e 
Silteratut^eitung" (aSien 1858 9ir. 2 unb 5) fättt foU 
genbes merfroürbige Urt^eit über bie „t)on ^errn Oeibel 
beliebte l^eibnifd^e Färbung ber ^ragöbic „Srun^ilb." 



76 



„$errn ©eibcl l^at cö mm . „beliebt", roie fein 
S3ud^ @.- 165 (9io(i&n)ort ber 1. 3lufl.) felbft befagt, 
bie „J^eibrtifd^e gärburtg ju wafilen", unb bamit ftcttt 
er fid^ nid^t bloö aufeer gefd^id^tlid^en Soben, fonbern 
cntjiel^t er feiner „S^ragöbie" überl^aupt ieglid^cn §alt. 
2lKem)ege bringt baö repriftinirte ^eibent^um nid^tö 
tnel^r ju ©tanbe a(ö oerpuffenbeö gcuerroerf; fd^abc 
bal^er um bie meift l^errlid^e 2)iction, bie gefd^idte 3r.^ 
fcenirung unb ©oncentrirung eines großen ©ogenfreifcö, 
worin ^erm Oeibelö felteneö ^^alent fid^ beroäl^rt. 
3lber möge man eben an biefer vergebenen 3Kül^e oud6 
einmal fenncn lernen, bafe baö ß^riftent^um feine 
launifd^e ©rfinbung ber Sd^roarjrödfe ober einiger 5ßoeten, 
©elel^rten, fonbern eine gro§e ä^l^atfad^e ift, eine fo 
gro^e S^l^atfad^e, bafe mer fie nid^t feigen roitt, barüber 
fallen unb fid^ minbeftenö bie 9lafe jerfd^inben mu^!" 

3n einer 33efpred^ung ber „dienen ©ebid^te" 
Oa^rgang 1858 5Rr. 5) meint bajfetbe »latt pat^etifd^ 
bei ©rmäl^nung beö Sprud^eö: 

gmerf? Das Kunftmerf I^at mtr einen, 
StiU im eiöinen (8Ian3 3u rul^it; 
2lber burd? tljr bloß (Erfdpeinen 
IHag bie Sd?önl^eit IDunber tljun: 

„9lad^ unferer Slnfid^t l^at fein irbifd^ ©ebitbe, 
aud^ baö Äunftmerf nid^t, ©tanj in fid^." 



®in aWünd^ener ßorrefponbent beö Sonboner„2ltl^e^ 
naeum", ©broarb SBilberforce, griff 1863 in biefem 



— 77 — 

3ourna( ©ctbcl bei einer bie SlufnaJ^nfe Öobenftebtö 
in ben aRafimilianorben betreffenben Stngetegenl^eit auf 
baö i^eftigfte an. gerb, greiligratl^ roieö afe „a 
German friend residing in London" urtgertaixnt biefc 
SScrlöumbungen energifd^ juriidE. SBilöerforce fud^fe 
fic^ Dergeblid^ auöftil^rlid^ ju oetttieibigen, unb bcr un^ 
crfreulid^e Streit rourbe burd^ einen meifterl^often 33rief 
®ci6eU felbft gefd^Iid^tet, ju beffen Ueberfegung 
greiligratl^ bie SBorte l^injufügte: „J have nothing 
to add to the above, except joining in the poets 
wish that a quarrel which must have been dista- 
seful to all parties concerned may end here." 

S)ie betreffenben Stellen finben fid) in „The 
Athenaeum". Sonbon 1863 ?lr. 1839, 1842, 1844, 
1848. . • 

S)ie erfte äluffül^rung ber „Sopl^oniöbe" im Saläre 
1866 befpri^t ®uft. ju ^utttig im 2. »anbe feiner 
„ä^l^eatererinnerungcn" : 

„3loä) in ben legten SBod^en meiner S^^eoterleitung 
in ©d^roerin fottten meine Sd^aufpieter eine ^robe be^ 
ftc^en, bie faft ein SBagnife mar, auä bem fic aber 
glänjenb unb fiegreid^ l^erüorgingen. 3d^ erl^ielt oon 
meinem greunbe ®. Oeibel feine tbtn oottenbete 2:ra^ 
göbie „©opl^oniöbe" jugefd^idt nod^ im 3Jlanufcript. 

®r oertangtc ein offeneö unb eingel^enbeö Urtl^eil, 
forberte baö von bem ©ramatifer unb fügte l^inju, ba^ 
er e§ (ebl^aft bebaure, bafe mein fd^on in roenig SBod^en 



— 78 — 

bcoorftc^cnbcr Slbgang t)on ©d^tocrirt es unmögli^ 
mad^e, fein 3Berf unter meiner fieitung nod^ jur 3[u^ 
fül^rung gebrad^t ju feigen. 3)ad fd^ien nun freilid^ 
eine Unntöglid^feit, aber id^ fannte bad StüdE jiemKd^ 
genau a(g ^agntent unb ^atte burd^ 2aS)Tt in länbtid^er 
©tiHe, auf mand^em ©pajiergang, in oielen poetifd^ 
bewegten ©tunben über Stoff, 2lufbau unb ßl^orafte^ 
riftif beffelben mit bem 3)id^ter t)erl^anbett, befprod^cn, 
geftritten unb mi^ vereinigt. 3d^ l^atte baö StüdE Heb, 
fd^on el^e eö fertig mar, unb fannte ed ^u fel^r im 
S)etait, \xm mir ein falteö, objectioeö Urtl^eit jujutrauen. 
SBenige ©tunben nad^ bem Empfange l^atte id^ ed in 
feiner oottenbeten ©eftalt getefen, meine SBorKebe mar 
tneÜeid^t nod^ geroad^fen, ober mein 33ebenfen für eine 
Sluffül^rung um nid^ts geringer geworben. Smmerl^in 
mar eö baö bebeutenbe SEßerf eineö magren S)id^terö, 
t)oDenbet in ber gorm ber SRebe, ebel in allen Snten^ 
tionen, unb menn aud^ metteid^t nid^t befonberö ftarf 
in ben SÄotioen, bod^ mit fidlerer bramatifd^er ^anb 
burd^gefül^rt. ©etbft menn eö nid^t baö SBerf eineö 
greunbeä gemefen märe, mürbe id^ es für eine 6l^re 
meiner 33ül^ne gefd^ägt l^aben, il^r bie erfte SBorfül^rung 
}u ermögtid^en. 3d^ oerfammelte alfo bie ©d^aufpieler, 
fteüte il^nen bie Qaä)^ t)or unb fragte, ob fie eö unter* 
nel^men mottten, furj t)or ©d^Iu§ ber 33ül^ne, in t)er? 
j^ältni^mäfeig faft ju fnapper 3^^*/ ^^^ 35rama J^erauö- 
jubringen, baä alle Gräfte, grünblid^eö Stubium, oolle 
Eingabe erforberte unb beffen bramatifd^er ©rfolg immer- 



79 



^xn erff ju conftatircn fei. ©nftimmig oerfprod^cn fie, 
aDeö baran ju fcfeen, bcr Slufgabc geredet ju werben, 
unb x6) xou^tt au^ Dielen %&Utn, ba§ id^ mid^ auf 
Mefeö SSerfpred^en t)erlaffen fonnte. 3n brci S^agen 
waren bie SRoUcn anögefd^rieben, t)crtl^eilt nnb bie Sefe^ 
probe gehalten. 3d& fonnte bent greunbe ebenfo fd^nell, 
afe er meine Äritif enoartct l^atte, 5u feiner größten 
Ueberrofd^ung fd^rciben, bafe id^ il^nt bod ftd^erftc ttrtl^eit 
über bie bramatifd^c SBirffamfcit feiner ©id^tung burd^ 
eine in faum merjel^n S^agcn betjorftcl^cnbe 9luffül^rung 
ftott Jeber anberen immerl^in einfcitigen 93eurtl^eilung 
offerire! 3" ^^^ 5ßroben fam nun ber 2)id^tcr felbft 
cm SübedE l^crüber, fanb fein ©tübd^en in unferem 
^aufe bereit unb auf bem S^l^eater baö ©tubium feinet 
SBerleö überrafd^enb t)orgcfd^ritten. SÄber ^au Dtto? 
aRartinedE, bie fonft fo ttncrmüblid^e, l^attc ftd^ erfältet, 
wer ju faft völliger S^onloftgfeit l^cifer, unb bantit foUtc 
fie bie Sliefenaufgabe ber S^itclroUe in wenig S^agen, 
bie nur nod^ blieben, überwältigen. SBir alle verjagten, 
nur bie Äünftlcrin felbft ni^t, bie feft cerftd^erte, fie 
tourbe, unb in ooller Äraft, ber 2lupl^rung nid^t fel^len. 
Sie l^ielt SBort, l^at aber lebenfaHö bie SRoHe in l^ef^ 
tigern lieber ftubirt unb baburd^ DicUeid^t bcr ganjen 
äuffaffung unb 3)urd^fül^rung eine ©rregtl^eit gegeben, 
bie ben poetifd^en SReij ber gigur nur nod^ crl^öl^te. 
3)a6 baä ©tüdf intnterl^in einen würbigen, eblen 6in^ 
bni4 ntad^en mufete, bat)on überjeugte id^ mid^ in ben 
%oben ntel^r unb mel^r; ob eö bramatifd^ wirf fam 



— 80 — 

• 

werben würbe, war mir n\6)i fo fidler, noä) baju, ba 
id^ bic geringe 2^l^eilna^mc meines ^ubüfumö für 
antife ©toffe fennen ju lernen ju oft (Selegenl^eit ge^ 
f)ait l^atte. ®ö fam eben barauf an, ob ber ©d^roung 
ber meifterl^aften SBerfe, ber Slang beö beflügelten 
aSorteö, ben ber ©iti^ter um fein SBerf tönen liefe, es 
begetftern unb ^inreifeen mürbe. Sltö* ber Slbenb ber 
9luffü]^rung l^erannal^te, mürbe .mir bie Sßerantmortlid^* 
feit, bie id^ übernommen l^atte, immer fül^lbarer, unb 
id^ mufete '[xt an ber ©eite beö ©id^ters bnrd^fül^ren. 
aRit banger ©pannurig, baö ^öd^fte an ®rfolg er- 
rofinfd^enb, fafe id^ ba. 9lber id^ iantz auf meine $ülf§^ 
truppen auf ber 33ü^ne, unb fie ftanben glänjenb 311 
mir; ©tüdE unb ©arfteltung ergriff bie 3wfd^öuer 
roeit über baö SRcife beö iSrl^offten, imb mo, für mid^ 
roenigftenö, einige 3ncorrect^eiten, erjeugt burd^ baS 
überftürjte ®inftubiren fid^ Ratten bemerfbar mad^en 
f önnen, rife baö "geuer ber S)arfteller barüber fort, unb 
mo bie ©efal^r brol^te^r bafe bie 2:^eilnal^me an ber 
§anblung ober ©ituation l^ätte erlal^men fönnen, trugen 
bie ©d^mingen ber aSerfe, umraufd^t oom Älange ber 
Siebe, erl^ebenb über biefe Öeforgnife l^iu. 2)er 2)id^ter 
mürbe mieberl^olenttid^ aus ooller 33egeifterung oor bie 
fiampen gefül^rt, unb mir errangen einen ooBftfinbig 
burd^greifenben, lauten ©rfolg." 



©ine finnige ©eburtätagägabe bot am 18. Dftober 
1867 unferem S)id^ter ber ^l^ilologe 21. S)t)r mit einer 



— 81 — 

freien mctrifd^en Ueberfe^ung ber „©rinnerungen au§. 
®ried^enlanb"-in bod SKttgried^ifd^fe. 

2)ic SBibmung biefer „!4m^v^yaetg ^EXXadixai^^ 
(9leuftreag 1867) lautet: 

EMMANOTHA FEIBEAlSii. 

^Aq noT ev EXXtjviov yaijy av äetaaQ aoidaQ^ 
avtiov ^eiQi6(i7jv yXciaarj dsLÖefievai, 

ij (idv ioTi doaiQ oXiyfj^ aXA' a? qpcT aoLÖe, 
iOQ ToitOLQoq ireQTjv^ rrjvde (piXtjv ys Öexev. 

^Ev ElQfjvoitoXeL 

h. awgC' A. ATP 

®Ia§brenner ^at einmal fotgenbeä ©pigrantm auf 
bie tnünd^ener 5ßoeten gebid^tet: 

„UTerft es eud?, \\\t (5eibel, ^eyfe, bic ber IDinb be liebte 

bret^t, 
„^ofgnnjl ijl ein Diu gel-, bas auf einem fd^mad^eh 'Bo'ttn* 

.S)ic ^ofgunft manbte fid^ in golge ber befanntcn 
ereigniffc für ©eibel im 3a^re 1868. 2)er S)id^ter 
rid^tete unter bem 19. Dctober folgenbeä ©einreiben an. 
Äonig fiubmig II. t)on Saiern: 

„9ltterburd^(aud^tigfter, grogmäd^tigfter Äönig, aKer^: 
gnabigfter Sönig unb §err! 

S)urd^ ein ©einreiben ber SBermattung ber fönigl. 
Sabinctöfaffe t)om 14. Dctober ift mir eröffnet morben, 
bo§ ber mir biöl^er auä biefer Äaffe bemittigte ©l^rem 

(Smanuei QSei^el, ein (^ebenf^u^. 6 



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kjug in golgc bcr in meinen ©ebid^ten ncuerUd^ cmä- 
gefprod^enen politifd^en S^enbenjen burd^ ÄHcrl^öd^fle 
©abinctöorbre bis auf 3Beitereö ftftirt fei. ®a id^ nun 
in biefent Sluäffuffe beö fönigl. SBillenö nur eine ent 
fd^icbene SBcrurtl^eilung meiner innerften ©efinnung ju 
erblidfen Dermag unb fomit auf bie 9luöfid^t Derjid^ten 
muß, l^ier femerl^in in erfreulid^er SGBeife tl^atig fein 
JU bürfen, fo fel^e id^ mid^ in bie fd^merjUd^e 5Rotl^' 
menbigfeit oerfegt, aud^ bie Ie|ten äußeren 33anbe, bie 
mid^ nod^ an 2Ründ^en fnüpfen, fofort ju löfen, unb 
rid^te bal^er an ©m. äKajeftät bie eJ^rfurc^tätJoHe 93itte, 
mid^ meiner nomineKen ®l^renprofeffur an ber Submig- 
9ÄaEimiIianö^Unit)erfität fo mie meiner SBerpflid^tungen 
alö ßapitular beö Sßajimilianöorbenö befinitio ent^ 
lieben ju moKen. 3nbem id^ l^ierin ganj nad^ bem 
SBunfd^e ®m. äHaJeftät ju l^anbeln meine, fei eä mir 
geftaitet, in aKer Äürje nod^ jroei 5ßunfte ju berül^rcn, 
bie nid^t unermäfint ju laffen mir beim ©d^eiben Se^ 
bürfnife ift. ®inmal möd^te id^ barauf l^inroeifen, bag 
id^ mid^ ju biefen ©runbanfd^auungen, bie mir gegem 
märtig baö SKIerl^öd^fte SRigfallen jugeiogen l^aben, nid^t 
erft in jüngfter 3^it fonbem von jel^er offen unb um 
umrounben befannt l^abe. S)ie Sel^nfud^t nad^ einer 
feftem ®inigung beö beutfd^en SBaterlanbeö, ba§ SBer^ 
langen nad^ Äaifer unb SReid^ ftingt fd^on in meinen 
frül^eften ©ebid^ten, aud^ in jenen, bie (ängft in Witx 
^änbe maren, alö mir ber SRuf nad^ SRünc^en ju 2:i^eit 
mürbe. 3n biefem SSerlangen bin id^ mir aKejeit treu 



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geblieben, unb roenn baffetbc feit bcn ©rcigniffeu be* 
3o^reä 1866 eine beftimmtere ©eftatt annei^men mufete, 
fo lag baö in bcn Qz\tQt^ä)xdtn, nid^t in mir. älbge* 
fc^en jebod^ von bcr 3bce einer SBicbcroercinigung 
fämmtti(|er beutfd^cn ^rften unb aSolfägefd^led^ter ju 
einem großen ©anjen unter faiferlid^er Dbl^ut bin x6) 
mir bcroujjt, niemals einem ©ebanfen Sluäbrudf geUel^cn 
}u l^aben, ber bad ooBfommen bercd^tigte Selbftgefül^l 
beö ba^erifci^en ©tammeö aud^ nur im minbeften l^ätte 
oerlegen fönncn. Qum Slnberen aber brängt eö mid^, 
ouöjufpred^en, ba^ id^ trog ber notl^menbig geworbenen 
Sofung meiner l^iefigen SBerl^ältniffe — bie id^ in ßr- 
fenntni§ ber ©ad^lage nod^ t)or Sal^reäfd^lufe in einer 
milberen gönn felbft l^erbeijufül^ren gel^offt l^atte — , 
bafe id^ bie banfbore ©rinnerung an eine reid^e unb 
fd^öne 3^it forgloö fünftlerifd^en ©d^offenö, bie mir 
burd^ bie freie ^ulb beö l^od^feligen ftönigö SRay fo 
el^renooU gemalert unb burd^ ®n). aJlaj[eftät Seftätigung 
bis bal^in oetlängert mürbe, unoerbrüd^lid^ im §erjen 
beroal^ren unb mir, mie fid^ mein ferneres Seben aud^ 
geftaltcn möge, baö ©efül^l perfönlid^er ^ietät niemals 
burd^ bcn SBogenfd^lag politifd^cr ^arteiung erfd^üttern 
Ittffen merbe. 

3d^ ücrl^arre in ©l^rfurd^t ©m. 2Waieftat u. f. ro." 



SBeld^e gel^obene Stimmung biefe Slffaire in bcn 

ultramontanen Greifen Sßünd^enö l^eroorgerufen, bemeift 

folgenber ©d^lu§ eines ©d^mäl^artifels bes „SBolfs* 

6* 



— 84 — • 

boten" bei ©elegenl^eit bed SBevjici^tö ^aul ^e^feö 
auf feine 5ßenfion: 

„33rat)o! aSioat ©equenö! 2Wögen nur alle mit 
baqerifd^em ®elbe für preu|ifd^e ^ßropaganbenmad^erei 
unterftüfeten ^ßreufeen biefem nad&folgen unb ^err ©ief c* 
brcd^t j, 33v ber aller 3Belt oerfünbet: id^ bin ein 
^ßrcufee unb ^roteftant! gefältigft ben Slnfang mad^en. 
2Bir braud^en feine Jßreufeen im 2anbe, mebcr fd^ön:^ 
geiftige, nod^ geleierte, nod^ fonftige, bie roeber baö eine, 
nod^ bas anbere pnb. Sltfo: fort mit ben ^ßreufeen 
unb gtüÄIid^e Steife !" 5Daffetbe Statt fa^ in ber Q;nU 
femung (Seibelö ,,bie 2Worgenrötl^e einer ntnzn Slera." 



©in 33rief ber ,,aBeferjeitung" oom 3. 9tot)ember 
1868 beleud^tet in intereffanter SBeife ben angcblid^cn 
©influfe 9lid&arbaBagnerö auf biefe SBorgänge. 9lod^ 
einer SÄittl^eilung ber SRebaction ift ber SBerfaffcr beö* 
fetten Dr. ßajuö SÄöHer, je^t SRebacteur ber „®Iber^ 

felber 3citw"9"- 

,,9lugdburg, 31. Dctober. 
$eute ermartenmir bie9lnfunft®manuel Oeibelö. 
Sugteid^ trifft l^ier bie SRad^rid^t ein, bafe ^aul ^e^fe 
t)orgeftem bem ©abinetäfecretariate angejeigt l^at, er 
oerjic^te auf feine 5ßenfion. SRit biefem SSerjid^t, ben 
man mit oottem SRed^te nur alö ein gii^örfommen be:^ 
jeid^nen barf, ift bie ©d^öpfung beö Äönigö SKafi- 
milian ju (Srabe getragen unb bie grofee 3lera „35eutfd&e 
Äunft unb 5ßolitif" bominirt allein unb unbeJ^eHigt a.n ber 



85 



3)ar, 2)amit ©ie biefcö SBort ocrftcl^en, mu^ \d) 
3^ncn crjäl^Icn, bafe cö nunmcl^r über brci 3a^rc ift, ba 
iä) in Wlmä)tn von bcrt rool^luntcrrid^tetcn 3lnprtgcrn 
SBagncrö bic unt)crf|0^tcnc ®rftärung prte: man roivb 
balb unb griinbltd^ mit bicfcn SBerfcrittem aufräumen! 
SBagncr mu§te injroifci^cn aJlünd^en Dertaffen unb b^r 
66cr Ärieg f am aud^ bajroif d^en : aber fein ® eift waltete 
l^ier in ber (Seftalt feiner ^reunbin, ber grau üon 
Sülon). 3m oorigen §erbft fd^rieb SB agner in bem 
S^^eile ber ,,®übb. ^r.", ber il^m anfängtid^* ju ®e? 
böte ftanb, aufö 5Reue über bie Sd^öpfungen aKaji^ 
milianä, um fie alö ein t)öUig oerfel^Iteö Untemel^men 
}u Derurtl^eilen: natürlid^ flarer Oebanfe unb prägnante 
äJletobie, mie tjertrüge fid^ baö mit ben 9lnfid^ten beä SSer^ 
fafferä unb ©omponiften beö „Sol^engrin", „2^riftan" zcA 
Unb bpd^ möd^te baö 2HIeö ^ingel^en, roenn nid^t ber 
politifd^e 6influ§ 2Bagnerö ein fo eigentl^ümlid^er ge^ 
wefen märe unb nod^ märe. ®d ift auö oermid^enem 
Srül^ial^re befannt, ba§ unter feinem ®influffe jene 
Kapitulation ber 3)emofraten mit ben Ultramontanen 
unb fd^mäbifd^en SRepublifanem ju ©tanbe fam, bie nad^ 
einem franjöftfd^en 33ünbnif[e»brängte ; menn SBagner in 
feiner ©onberauögabe ber Dielberufenen Sd^rift „2)eutfd^e 
Jlunft unb ^olitif" ^reugen bie aWad^t unb Sägern bie 
©lorie ber Äunft jufprad^, fo mar bas nur eine golge 
be§ ©d^iffbrud^ö, ben biefe ©oalition injroifd^en erlitten 
i^atte: ber 93emeiö, bafe feine ^rotdt ganj anbere 3Bege 
fud^ten, läßt fi^ imfd^mer fül^rcn. 3n feinen bamaligen 



86 



^rojcctcn [tiefe bcr uttramontambemofratifd^c S3unb auf 
bic cntfci^iebcne Abneigung bcö Äönigö oon Sa^cm 
gegen ein 93ünbmfe mit ^anfreid^ : cd galt einen ü)Httet 
weg iu pnben, ber ©übbcutfd^Ianb junöd^ft 5Rorbbeutf(i^' 
(onb cntfrembe, um es bann nad^ bem ®efc|c beö ^aBe§ 
in eine öfterreid^ifd^^franiöftfd^e Wiiani ju treiben. Der 
nod^ l^eute von berfelben Äaffe, bie ©eibeU unb 
^e^feä 5ßenfion jal^Ite, l^öl^er als biefe befolbete 
SCmanuenftö unb politifd^e 3lgcnt SBagnerö, dibdtl, 
rourbe nad^ SBien gefenbet, roo il^m eine Stettung in 
§errn t). S3cuftö 3laf)z eröffnet rourbe ; gteid^jeitig oer- 
fe^rtc berfeCbe mit ^ic ging unb bereifte im Saufe be§ 
Sommerö ©übbeutfd^tanb, namenttid^ ben franjöfifd^en 
3tenbejt)ouöpIag Saben^SSaben, feit jmei SRonaten ift 
er in gel^eimer äßiffion in 5ßaris. I)a§ ift ein Slriabne^ 
faben, fo beutlid^, bafe eö fdum einer anberen Unter? 
ftügung für meine Eingabe bebarf. ©eibeU Sübeier 
©ebid^t gab ben 3lnt)alt für bie SBagner'fd^e Slid^tung, 
um mit ben Sßajimilianem auf juräumen. Äönig Subroig, 
bem feine KunftUebe fel^r oiel ®e(b foften fott, rourbc, 
mie man befiauptet, barauf aufmerffam gemad^t, bafe 
©eibcl nur für ben 5Rorben, nie für 33aqern fid^ 6e? 
geiftert füfile; ^auenmunb roeife in fold^en 2)ingen 
überjeugenb ju reben, befonberd menn bie 3)ame uid^t 
ju ben fofetten, fonbem ju ben refignirten jäl^lt: ® eibeU 
^enfion mürbe geftrid^en unb bamit bie beabfld^tigte 
Sd^menfung in SSa^emö ^olitif eingeleitet. 9iid^t baS 
franjöfifd^e 33ünbnife fte^t auf bem Programm, fonbem 



— 87 — 



änlel^nung an Dcftcrrcid^. ^attc §e^fc nid^t felbft 
auf feine ^enfbn tjerjici^tet, glauben ©ic, über furj 
wäre fte ü^m ebenfattö geftrid^en. SBagner aber be^ 
rettet feine SlüdEfel^r nad^ aWünd^en cor." 



2)er „fllabberabatfd^" brad^te am 8. 5Rot)ember 
1868 unter ber Ueberfd^rift „aKünd^ner SCrofi" folgern 
bcn pbfd^en SSerä: 

„Die Did^ter Qclin\ aud^ ^^Vf^ v>xü nid^t länger 
3n meinem Dienfle poepen oerfaffen. 
Was Ibut's? Der Did?tung IHeijier ftnb entkjfen, 
Da l^ält man l^alt fid? an bie IReifierfänger." 



©eibel ging ju ftänbigem 9luf enthalte iiad^ feiner 
©eburtöftabt Sübetf, roo er fd^on feit Salären regelmäßig 
im ©ommer gerool^nt. S3efannt finb bie jal^lreid^en 
©^renbejeugungen, bie il^m ju SCI^eil mürben. SübedE 
felbft eierte feinen großen 6ol^n burd^ bie SSerteil^ung 
beö ©l^renbürgerred^teö. S)aö betreff enbe S)iplom lautet: 

,,2)er Senat ber ^eien unb ^anfeftabt SübedE 
Derlei!^ t bem S)id^ter ®manuel Oeibel in Slnlaß ber 
dlMhffx beffelben ju bleibenbem 2Bol^nfi| in Sübcdf, 
fo mie in DoUer SGBürbigung feineö 2)id^terrul^m§ unb 
in banfbarer 9lnerfennung ber in feinen ©ebid^ten ber 
SSaterftabt Sübetf melfad^ bemäl^rten patriotifd^en ©e- 
finnung l^iermit baö SübedEifd^e ©l^renbürgerred^t." 

3lm 9. December 1868 begrüßte bie aSaterftabt 
ben l^eimgef ehrten 35id^ter officiell; oorliegenbe S3erid^te 
fagen über bie §eier folgenbeö: 



— 88 — 

„@egen 8 Ul^r Slbenbö htviK%tt fid^ oom S)ome 
j^cr ein glänjcnbcr gacfeljug, beim SRatl^l^aufe t)orbei^ 
nad^ ber Safobifird^e oor bie SBol^nung beö S)id^terö. 
Sftad^bem ein eigenö baju gebid^teteö Sieb oon ben 
©ängern vorgetragen war, banfte ber ©efeierte oon 
einem genfter beö erften ©torfmerfö auö mit fräftiger 
©timme für ben il^m oon feinen ^eunben unb Sanbö^ 
leuten gebrad^ten ©ru^ unb fagte, er erblide in bem- 
felben nid^t aUein einen SSeroeiö il^rer S^^eilnal^me an 
feinen perfönlid^en ©efd^idfen, fonbern jugleid^ ben 
Sluöbrud il^rer Uebereinftimmung mit ber in feinen 
©ebid^ten auögefprod^enen beutfd&en ©efinnung. 2)er 
3ug betoegte fid^ barauf nad^ bem äHarfte, mo unter 
bem ©efange beö Siebeö: „S)eutfd^lanb, S)eutfd&Ianb 
über 9lKeö" bie gadeln oerbrannt mürben. Snjmifd^en 
oerfammelte fid^ ein S^l^eil ber geftgenoffen im ßafmo^^ 
faale ju einem SWal^Ie. ©eibel antwortete auf ben 
erften S^oaft: 

„3nbem id^ nad^ 2Borten fud^e, Sinnen ju banfen 
unb ben ©efül^len, bie mid^ bewegen ;. Sluöbrurf ju 
geben, fd^meifen meine ©cbanfen unmittfürlid^ jurüd 
ju jenem S^age, an meld^em ©ie mir geftattct l^atten, 
in 3l^rem Flamen alö ©id^ter baö SBort ju fiiliren. 
3d^ glaubte bamalö nid^tö 9lnbercö ju tl^un, alö traulid^ 
unb rüd^altöloö auö Sl^rer unb meiner ©eele ju reben 
unb mar meit baoon entfernt, bem einfad^en S^ftgrufe 
an unfern l^ol^en ©aft eine mel^r als augenblidlid^e 
S3ebeutung beijulegen. Slber: Habent sua fata libelli. 



— 89 — 

%uiSf ©cbid^te l^abcn itire Sd^icffalc! 3Rir ift eö mit 
jenctn ©rufee ergangen, wie bejn 33en)ol^ner ber 6bene, 
ber al^nungölod im (Sebirge einen Sd^u^ abfeuert unb 
nun felbft erftaunt ift über bie Söirfung, meldte er l^er^ 
oorgebrad^t l^at. ®enn mie il^m nat| unb fern in l^um 
bcrtfad^ fortroad^fenbem ©d^o bie Oipfel ber 33erge 
antworten, fo ift aud^ mir ein mäd^tiger vielfältiger 
SEBiberl^all jurüdEgef ommcn ; nid&t nur auö allen beutf d^en 
©auen, bieöfeitö unb jenfeitö beö SWainö, fonbern aud^ 
t)on fernem ©tranbe ber Seine unb t)on ben (Sletfd^ern 
ber ©d^meij, auö bem ^erjen Stalienö imb über ben 
Dcean l^er t)on ben SBalbgeftaben beö SWiffifippi. 3d^ 
barf t)on biefer SBirfung ol^ne Unbefd^eiben^eit reben, 
bcnn fie roar fein ©rfolg beö ©id^terö, fie war ein 
öeroeis, ba^ ber ©ebanfe ber roiebergeroonnenen ©l^re 
bcä SSaterlanbeö unb beö fid^ fräftig üerjüngenben 
beutfd^en Sebenö nur auögcfprod^en werben barf, um 
W i>i^ 3^Pi"^^w"9 ^ott ^unberttaufenben ju erwerben. 
3« biefer 3wftimmung bürfte id^ benn aud^ eine tröft^ 
li^e SBerul^igung finben, roenn meine SBorte, oon anberer 
Seite unlieb gebeutet, bie Urfad^e mürben, ba^ eine 
fd^öne ^eriobe meines Sebenö, an bie id^ fonft nur 
mit ©anfbarfeit jurürfbenfen fann, in unermarteter 
^löftlid^feit mit einem SÄi^ton abfd^lofe. Slber biefer 
SDlifeton mar nur ein Uebergang , ber mid^ ju befto 
reinerem ©inflange fül^ren follte, ju bem lange erfel^n^ 
tcn ©inflang jmifd^en Ueberjeugung unb Söirfungöfreiö. 
2luö 33erl^ältnijfen, Äe mid^ beglüdt l^atten, bie 



— 90 — 

aber bnxcS) bic SRad^t großer 3citläufc beflemtnenb gc^ 
toorben loarcn, auö fold^en aSerJ^dltniffcn entrütft, fa^ 
id^ faft in bcmfclbcn Slugenblidc burd^ baö l^ol^e SBaltcn 
einer plfrcid^en äßad^t ein neueö, burd^ feinen inneren 
SBiberfprud^ getrübtes Seben t)or mir aufgefd^loffen, ein 
Seben in ber ^eimatl^. 

Sn ben Sorbeemjälbern beö fd^önen ©übenö, an 
ben rl^einifd&en SRebenbergen, an ber föniglid^en roaffcm 
ftoljcn ©pree, wie in ben glänjenben Äunft^aUen an 
ber 3far befd^Hd^ mid^ immer roieber ein ^eimroel^ naci^ 
ben Stätten meiner 3ugenb, unb id^ fanb nid^t Stulpe, 
biö id^ bie mol^Ibefannten S^l^ürme miebcr oor mir auf- 
fteigen faf) unb baö Oeläute ber OtodEen t)on ©t. 3Maricn 
pren fonnte. SBaö mid^ immer mieber jurüdtrieb, 
mar ber Oeift, ben id^ in aUen Söanbtungen ber 3^^* 
unüerfälfd^t l^ier mieberfanb, ber ©eift prunMofer SCüd^' 
tigfeit unb e^renl^after Sitte, ber Oeift menfd^Ud^en 
Sßoi^lmollenö unb gegenfeitigen 33ertrauenö, ber ®eift 
beö ed^ten maleren 33ürgertl^umö unb ber treueftcn 
aSaterlanböIiebe." 

S)er S)id&ter fd^to^ mit ben SBorten: ,,©ott fegnc 
SübedE ! S)er alten 33urg ber ^anfa unb il^ren Senfern 
ein breifad^eö ipod^!" 5ftad&bem Slrnbt'ö ,,aGßa§ ift 
beö ©eutfd^en SBaterlanb?" gefungen mar, ergriff ©eibel 
nod^malö baö 3Bort ju einem ^oä) auf ben Äönig von 
^reu^en. 6r fagte barin u. 31.: 

„ßaffen Sie unö l^ier beö l^ol^en ^errfd^ers gc? 
benfen, bem mir näd^ft ©Ott bic SBieberbelebung 



— 91 — 

Scutf^Ianbö ocrbanfcn. Sit feinem roo^rfiaft föniglid^cn 
©ngreifcn in mein ©efd^id liegt für mid^ nid^t nur 
ein l^erjer^ebenber S3emeiö ancrfennenber ^rforgc unb 
ein @runb banf borer SSerpfKd^tung, eö liegt barin ju^ 
gleich für ©ie Sitte eine erneute freubige 33ürgfd^aft, 
ba§ unfer jungeö " 33unbcöleben fein leerer ©d^ott ift, 
bafe ein ©d^irmoogt über unö mad^t, ber im ©ro&en 
unb fileinen bie SKad^t i)at, unö ju förbern unb ju 
l(^ü6en." 

9llö ber ©efeierte fid^ jurüdEjog, würben il^m 
rei^e, üon feinen ^eunben unb SSerel^rern geroibmete 
©ef^enfe übergeben: ein filberneö Sd^reibjeug, beffen 
mittleren 2^l^eil bie ©eftalt ber Sorele^ jiert, eine 
golbene §eber, . ein l^ol^er filberner ^of al unb ein Df)m 
cblen 62 er SRl^einroeineö. 

2)aö Sieb, roeld^eö nad^ bem ^adEeljuge am 3lbenb 
beö 9. ©ecember 1868 t)on ben Sübedfer ©ängern cor 
bem ^aufe beö ©efeierten gefungen mürbe, ift nad& ber 
Mobie: „2)aö ift attein ein freier Sßann" t)on Äarl 
Sinbermann ©erfaßt morben unb l^at folgenben 
SBortlaut: 

„Ströme l^eroor mit l^ellem Klang 

Unb frol^'fter Sangesluft 

3ubelnb, o £teb, 3U (5rug unb Danf 

2lns tief fter Sängerbruft I 

Sd^inge in boüen (Et^örett 

Vidi l^immelan. 

Z6nt, £ieb, 5u €l)ren 

Dem beutfd?en lUann! 



— 92 — 

Sei uns gegrügt, Du beutfc^er fjort, 

Du ebles Dtd^terblut! 

init ber Begetfl'rung freiem Wort 

Stet^ft Du in Deutfd^Ianb's aut! 

Drum barfft Du frei befennen. 

Was Dtd; burd^glüf^t, 

iSrei Deutfd^Ianbs Hoffnung nennen 

3m beutfd^en £ieb: 

Dom (fels 3um IHeer, auf ^Jlnr nn^ Bfiiin, 

Wo beutfd?e Sitte -blül^t 

inög' unfcr Banner freubig »et^'n, 

Pereinenb Horb unb Süb. 

fjod? über freien €id^en 

3m UTorgenrotl^ 

(5IÜV unfrer €inljcit geid^en: 

Sditoav^, wt\% unb rottj!. 

Za IJeil (Sermaniens äd?tem Sot^n! 
^eU tönt's im fjer3en nac^, 
XPas Deiner Caute Silberton 
Uns aus ber Seele fprad;. 
XPie aud; ber Unbanf (ot^ne 
Die beutfd^e Zteu: 
Did? jiert bie Corbeerfrone, 
Denn Du bift freil 



3m 3al^rc 1871 ücrliel^ ber ©rofel^crjog oon 

SKcdtenburg bcm 2)id&ter für bic Sieber, roeld^e bic 

beutfd^cn Ärieger in ben Äampf begleitet, bic gro^c 

golbenc aßebaiUe für Äunft unb aSiffenfd^oft. 

SKö Xx^pM geiberfd^er Siebenöroürbigfeit, felbft 



93 



i§m perfönlid^ Unbcfannten gegenüber, mag l^ier ein 
örief [teilen, ber an Dr. Äeber, Dberlel^rer in älfd^erö? 
leben, gerid^tet ift: 

„Öüberf, 12. aßai 1871. 

^od^gee^rter .^err! 

3^rent freunblid^en Söunfd^e gemä^ überfenbje id^ 
"iifncn beifolgenb einen 3lbbnidE ber öegrü^ungöroorte^ 
bic id^ im September 1868 im 3luf trage beö Sübedet 
Senats an ben Äönig t)on ^reu^en, imfern je^igen 
Saifer, rid^tete unb erlaube mir, bemfelben üier anberc 
©ebid^te oermanbten 3nl^altö J^injujufügen, beren äßit^ 
tl^eitung Sinnen oietteid^t für Sitten Srozd, (SSortrag über: 
©eibel alö ^ropl^et ber ©infieit S)eutfd^Ianbö)n)infommen 
fein bürfte, inbem fie, biö ba^in nur üereinjelt abgebrudEt, 
cbenfaüö in meinen ©ammlungen feilten. Slu^erbem 
liegt freilid^ nod^ meleö Slnbcre t)on äl^nlid^er S^enbenj 
— jum ä^l^eil feit S^^ren — l^anbfd^riftlid^ t)or; bod^ 
^alte id^ biefe ©tüdEe l^eute nod^ jurüdE, ba fie binnen 
nid^t altjulanger §rift in einem neuen 33anbe jufammen^: 
geftellt oeröffentlid^t werben foUen. 3nbem id^ 3l^nen 
äugleid^ für baö eingel^enbe Sntereffe, baö Sie meinen 
tJaterlönbifd^en ©id^tungen f dienten, ben l^erjüd^ften 
3)an! fage, empfel^le id^ mid^ Sinnen . 

mit ^od^ad^tungöooUftem ©ru^e 

©manuel ©eibel." 

Seigefügt maren fünf jum S^l^eil ^anbfd^riftlid^e 
©ebidEite unb eine „Ueberfid^t ber auf bie 9Sieberl^er? 



— 94 — 

fteUung von jlaifev uitb 3ltid) bejuglic^eit Stellen in 
ben Pier Sänben meiner ©ebic^te." 



2lm 22. SKai 1872 fanb bie ^od^jeit ber einjigen 
^o(i)kx ©eibcTö, SKarie, mit bcm SRed^täanroalt 
Dr. ge^ling in 2ü6e(f ftatt. JDiefer (S^e ftnb fieben 
Äinber entfproffen, fed^ö Änaben unb ein STOdbci^en. 
®er ältefte Änabe trägt ben 5ftamen ©manuel, bos 
Jüngfte ftinb ben ber Oro&mutter, 21 ba. 



Ueber fein SSerpItnife ju gerbinanb Sreilig- 
rotl^, baö feit langen Sö^ren entfd^tafen, im ©pStia^r 
1873 burd^ einen liebenömürbigen 35rief beö älteren 
^eunbeö mieber erneuert mürbe, läfet 9B. SBuci^ner 
in feiner fd^on ermäl^nten greiligratl^biograpl^ie ©eibel 
felbft erjäl^Ien: 

,,9Som SBeginn beö 3al^reö 1846 an taufd^ten 
mir feine 33riefe an%, ba unfere politifd^en Slnfd^auungen 
immer miberfprud^öüoUer auö^inanbergingen. 3Bber roie 
perfd^ieben aud^ bie SBege unb 3^^^^ f^in mod^ten, bie 
mir im bamaligen Rampfe ber ^Parteien üerfolgten, eine 
perfönlid^e SSerbitterung unb ©ntfrembung ift niemals 
jroifd^en unö eingetreten, ba jeber t)on uns oon ber 
reblid^en SWeinung beö anbern überjeugt fein burfte. 
SKö gr eil i grätig fpätcr in ©nglanb lebte, mürbe 
jmar bie unterbrod^ene Äorrefponbenj nid^t mieber auf- 
genommen, allein mir fanbten unö burd^ gemeinfd^aft- 
lid^e Sefannte, meldte l^erüber imb l^inüber reiften. 



— 95 — 

l^dufig ©rüfee unb ntunblid^c 3la6)n^kn über unfer 
ßrge^en. 3lur einmal im ^[nf ong bcr fed^jigcr ^afycz, 
als id^ burci^ einen Sßünd^cner Rorrefponbenten im 
Sltl^enäum l^eftig angegriffen morben mar, fefete mid^ 
greiligratf) brieftid^ ^ieroon in Äenntni§ unb ermieö 
nur bann burd^ bie Ueberfefeung meiner Entgegnung 
inä ©nglifd^e ben banfenömertl^eften Siebeöbienft. ©ar^ 
auf tjerftrid^ mieberum ein S^it^^wm t)on elf Salären, 
roS^renb beffen mir nur auf bie tjorl&in ermäl^nte SBeife 
ober burd& 3«f^^^w^9 ^^^ Sudlern unb einjelnen ©e- 
bid^ten in aSerbinbung blieben. 3w ^erbft 1873 aber 
erhielt id^ üon bem alten greunbe ju meinem ©eburtä? 
tage ein überaus l^erjlid&eö ©d^reiben, baö iä) fofort 
ausfül^rlid^ beantmortete." 

2)er in SBud^ner'ö SBerf, 2.33b., ©.441, gc^ 
brudfte 33rief lautet mit Sluölaffung einer Stelle, bie 
ben 2^ob beö ©ol^neö greiligratti'ö, Dtto, betrifft: 

„Stuttgart, 17. Dctober 1B73. 

©rfd^rirf nid^t, lieber alter ©manuel ! „SSriefCid^e 
^erjenöergiefeungen" finb aud^ meine Sad^e nid^t, aber 
einen furjen, marmen ©ru& barf id^, unb mirft 3)u mir 
ja rool^l geftatten. ®ö brängt mid^ längft, 2)ir mieber 
einmal ein treueö SBort jujurufen. SWöge eö fid^ benn 
enblid^ l^eute aufmad^en, um morgen in ben allgemeinen 
frol^en ß^or mit einjuftimmen, ber 2)id& umjubeln mirb. 
®lüdf auf }um 18. Dctober, • mein (Smanuel! „Many 
happy retums of the day!" mie man'ö ftd^ inßnglanb 



— 96 — 

mit fd^Hd^tenSBortcn juwünfri^t, ünb ein l^cttcrcr, fonnigcr 
fiebcnöabcnb ! — unb nod^ tnand^er frifd^e Sorbccrfranj 
ju ben tüol^lernjorbenen alten! 9ltteö, SlUcö fei 2)ir in 
üoHcm aJla^e befd^icbcn! 

3d^ wollte, mx fönnten eine ©tunbe Sluge in Sluge 
mit einanber plaubem, lieber ^eunb! 9Bir mürben 
unö t)iel }u fagen l^aben! ®ic SBelt ift eine anbere 
geworben, unb mir felbft, — o, mie t)iel fieib unb ^eub* 
ift über unö l^ingegangen, feit mir julefet oon einanber 
flörten ! 

2)u lebft, mie man mir fagte, einfam unb jurüdE^ 
gejogen, aber von Siebe unb greunbfd^aft traut um^ 
geben, in ©einem alten Sübed. ©eine 2^od^tef ift 
glüdlid^ üerl^eiratl^et, — üielteid^t miegft 2)u fti^on ein 
©nfeld^en auf ben Knien. Äannft ®u'ö nid^t über S)id^ 
geminnen, mir gelegentlid^ baö ©ine ober baö Slnbcre 
über 2)id^ unb ©ein Seben mit jutl)eilen ? 3d^ mürbe 
©ir red^t t)on §erjen banfbar bafür fein 

Slber id^ geratlie, trog aller guten SBorfäfee, in*§ 
5ßlaubem! 3Sergieb, lieber ©manuel! ^ä) brürfe ©tr 
bie ^anb ebenfo marm unb fo innig, mie julegt t)or 
breigig 3öl)ren! 

©ein 

%. greiligrat^." 



3luö bem 3Jla\ beö Sal^reö 1878 ftammt folgenbeä 
©ebid^t, baö lianbfd^riftlid^ bie erfte ©eite beä grembeu^ 
bud^eö im ©d^iff erlaufe ju Sübedf jiert: 



— 97 — 

„(Es ftenert auf bem tDeiten IHeer 
Der Sd^tffcr mandien Q^ag uml^cr, 
B(at Sturm unb Still' unb gute ;Jaljrt, 
Crtft £anb unb Polf üon tnand?er 2lrt; 
Sieljt Ijent bie Sonn' am €tsberg glüt^n 
Unb morgen Palm' unb (Solbfrnd^t blül^n, 
fjört frember Sprad?en feftnen £aut, 
IRad^t frember Sitte jtd? certraut; 
ßält bei btn W'xlbtn halb fein IHal^I; 
Balb in ber IDeltftabt fd^mnrfftem Saal, 
t&bt aus unb ein 5U red^ter Stunb' 
Unb freut jtc^, ba% bie IDelt fo bunt. 

Dod? ujenn er bann 3um eignen ^eerb 
2(us meiter ^erne roieberfel^rt. 
Da »anbert er vergnügt im Sinn 
§um alten Sd^iferamtst^aus t^in, 
(Ersäljlt mit £uft beim vollen (51as 
Pon feinen ^Jal^rten bies nnb bas 
Unb lobt bie ^rembe nad^ (Sebät^r. 
Dod? bleibt fein IDat^lfprud? für unb für: 
„Sd?ön ift's im Horb; Süb, 0ft unb Wt^en 
„2lllein 3U fjaus ift's bod? am beften." 



2luö bcm niyä) ungcbrudten ^ftad^loffc beö am 
1. 3uli 1879 üerftorbenen ^etnrid^ Seutl^olb, bed 
einfügen SHttorbciterö ©manuelOeibeU an bcn 
frSünf Süd^cm franjöftfd^er ö^rif", würbe von ber „31. 
äürid^cr 3^itw"9" nad^ftel^cnbeö ©onett auf unfern 
Did^ter üeröff entUd^t ; 

@manue( ®tihtt, ein ®ebenf6ud). 7 



98 



Du fanntejt unfre geit; bod? fremb ber Spaltung 
Der mogenben partern unb tt^rem Coben, 
^aft Du gemenbet Deinen BHcf nad; (Dhtn 
3'n felbftbeu)u§ter prtejierltd?er Haltung I 

(Ein ^dfines Btib l^armontfd^er (Entfaltung 
Qaji Du unS; Unvergänglicher, gemoben, 
Unb einmal noc^ auf it^ren Ct^ron gel{oben 
Die Kunft burc^ formooUenbete (Seßaltungl 

Das £ieb ift Dir mie wenigen gelungen; 
Die emjie XPeistjeit auc^ marb Dir gegeben; 
Du l^obft ben golb'nen Sd^a^ ber Itibefungen. 

tlic^t einer geit, bie raffelt, gilt bas Streben 
Des Dichters, ber für alle gcit befungen 
Das, mas unenblid; iji int IHenfc^enleben. 



3n einem gebtegenen 9luffafee ,,®manucl ©eibel 
alö religiöfo: S)id&ter", ber ben üoHen Setfall ©eibels 
gefunben l^at, fagt Äorl ©d^miebel in ber „5ßro^ 
teftantifd&en Äir^enjeitung" (1882, 3lx. 15 unb 16): 

,,SBenn irgenb einer unter ben Steueren, fo ift 
©ntanuel ©eibel eö roertl^, naä) ber retigiöfen ©eite 
feiner 2)id&tungen befonberö beleud^tet ju werben. 
StcUgiöfe STnflänge laffen fid^ bei unfern ntobemen 
S^rifern in großer Qai)l nad^roeifen, aud^ ber fpecifif^ 
lird^Ud^en 5Did^ter finb nid^t wenige, bie SSortrefflid^eä 
geboten l^aben; aber bei feinem ber ©rfteren finbet fi^ 
ein fo tiefeö ©ingel^en in bie innigften fragen ber SRe^ 



— 99 — 

ligion, roie bei ©eibel, unb bic Sefeteren überragt er 
fämmtlid^ an SBeite beö Slicfö. SWitten jroifd^en beiben 
flel^enb nimmt er eine eigenartige Stellung für fid^ ein, 
eigentUd^ bie normalfte, bie xä) mir benfen fann; aber 
ba§ Sßormate ift auf religiöfem ©ebiete l^eutjutage leiber 
bie Sluönai^me. ©in roeltlid^et SHd^ter unb bod^ burd^ 
unb burd^ religiös, ein in jeber Sejiel^ung mobem 
bcnfenber SWann unb bod^ t)on tiefem SBerftanbni^ für 
ba§ ß^riftenttium, ein ßl^arafter, ber fid^ mit ber SBer^ 
tiefung feiner grömmigfeit jugleid^ aud^ immer freier 
cntn)i(felt: baö ift jebenfallö eine feltene ©rfd^einung; 
ober zbzn barum bleibt ber SlidE mit befonberer greube 

unb SSerel^rung auf il^m rul^en 

®ö ift baö fd^öne SSorred^t beö 2)id^terö, auö ber 
5ßrofa ber 9llltäglid^feit unb bem mirren ©etriebe ber 
S^itereigniffe ju ben reinen ^öl^en befi 3beald unö 
l^inaufjufül^ren, ba^ bie ermattete ©eele für eine geier- 
ftunbe aufatl^me oon bem beengenben 2)rud unb im 
Slnfd^auen ebler formen, gebiegener ©ebanfen fid& oer^ 
junge, ©eibel l^at biefeö aSorred^teö in fd^onfter SBeife 
gemattet unb. gerabe baö ©rl^ebenbfte, maö bem menfd^^ 
li^en ©eifte geboten werben fann, bie ^Religion, in einer 
SBeite unb 3^iefe üorgefül^rt, bie il^reö gleid^en fud^t. 
SWan ^at oft feinen propl^etifd^en S3lidE gerül^mt, unb in 
ber S^l^at liegt tiroa^ ^ropI)etifd^eö in feinen ©ebid^ten. 
Sli^t bloö beömegen, meil üiele feiner patriotifd^en 
SBciffagungen eine überrafd^enbe ^ ©rfüUung gefunben 
i^aben, fonbent meit mel^r nod^ beömegen, meit er mit 

7* 



— 100 — 

ber gel^ciügten Sa^ung vertraut x% „naä) roeld^er ber 
SBcltScnfer bic 2)inge regiert", roeil er alö^erolb beutfd^cr 
Sitte, ernfter Sittlid^feit, lebenbigen 6l^riftentt|umö um 
enttücgt auf ber 5JBod^t ftetjt; ein 5ßropl^et anä) barum, 
weil er, tdo ^ricfter unb Seüiten fd^roeigen, als geift^ 
erfüllter ©el^er au§ eignem ^erjenöbrange ju feiner 3^^* 
von bem ®inen rebet, was noif) ift, unb mit begeiftertem 
SBorte ben ©lauben an eine beffere S^funft üon SSater^^ 
lanb unb Rird^e entfad^t. 9lud^ mir tialten biefe ^off? 
nung feft mitten in einer trüben 3^^*/ ^^ ber ba§ 
religiöfe Seben auöeinanberflafft, l^ier in trauriger ©r^ 
ftarrung ber Äird^e, bort in ebenfo trauriger ©ntfrembung 
t)on ber Äirci^e. Slber eö mag ju nici^t geringer ©r^ 
mutl^igung bienen, bafe ber 93eften einer in unferem 
SSolfe für biefe brennenbfte S^age ber 3^^* ^^^ ^^f^^ 
aSerftänbnife, ein marmeö ^erj l^at unb für eine religiöfe 
SBlebergeburt beö beutfd^en SSolfeö Saat auf Hoffnung 
auöftreut. Sie mirb nid^t üerloren fein." 

©ine ber legten großen ^euben mag bem greifen 
2)id^ter bie officieUe ©inlabung ju ben geierlid^feiten 
ber ©inmeil^ung beö 9liebermalbbenfmald gemefen fein, 
ber er freilid^ feiner fd^meren Seiben megen nid^t golge 
leiften fonnte. 6. SRitteröl^auö gebadete bei bem 
geftmal^l in SRübeöl^eim beö Slbmefenben unter bem lauten 
Subel ber geftgenoffen. 

Sine auttientifd^e 2)arlcgung ber kig^Un Äranf^eit 
beö 2)id^terö brad&te bie „Sübeder 3^i*i"^"* 



— 101 — 

„ßmanuel ©eibcl litt bcrcitö feit länger alö 
3al^reäfrift an l^eftigen Einfällen von ^etjfd^njäciöe, bic 
— burd^ 3nnen)ationöftörungen t)ont ®el|irn an^ ein^ 
geleitet — oft ftunbenlang roäl^rtcn unb einem ol^nmad^td^ 
ötinlid^en 3^^^"^^ glid^en. 3^ ber mel^r unb me^r 
unregelmäßig roerbenben §erjtl^atigfeit, bem fd^road^en, 
auöfeftenbcn^ulfe, gefeilten fid^ bann einerfeitö3lnomalien 
im 33ereid^e beö periferen SSlutfreiölaufeö, wie 2ln* 
fc^roellungen ber unteren ©ftremitäten — anberfeitö aber 
aud^ eine allmäl^lid^e Hbnal^me ber geiftigen Srifd^e, beö 
tegen Sntereffeö ber Shrbeitöfraft unb beö ©ebäd^tniffeö. 
Seit jroei 3al^reu unterlag eö für bie bel^anbelnben^ 
3lerjte feinem 3w^^if^t mtf)x, baß fid^ im ®ef|im beä 
S)id^terö ein XDtnn auä) langfamer, bod^ unauf^altfamer 
unb unl^eilbarer 3ct:ftärungöprojeß üoUjielie, bem Äörper 
unb ®eift im ©ied^t^um anl^eimfallen mußten, ©o ift 
ber um 2V2 Ui^r beö 5ßalmfonntagömorgen erfolgte 3^ob 
als eine mafirfiafte ©rlöfung ju betrad^ten. 3lad^ einer 
Sleil^e fd^merjüoller S^age unb rul^elofer Jläd^te mürbe 
(Smanuel ©cibel am 5lad&mittag beö 3. Slpril t)on 
einem ©.d^laganfall ereilt, ber bie linfe Äörperliälfte 
löl^mte unb baö Semußtfein erlöfd^en ließ. Slber faft 
breimal 24 ©tunben nod^ rang ber fräftige Äörper 
mit bem S^obe; baö SSemußtfein felirte nid^t mieber — 
baö Seben fd^ieb auö ber fterblid^cn ^iiHe nad& fd^merem 
Eampfe — bod^ ol^ne Qual für ben Sterbenben." 



— 102 — 

S)ie angrcunbcücrfanbteS^obeöonjcige f)at folgenbcn 
5JBortIaut: 

Heute früh 27» Uhr endete ein sanfter Tod 
die Leiden unseres geliebten Vaters 

Emanuel Geibel 

im 69sten Lebensjahre. 

Lübeck, 6. April 1884. 

Dr. Ferdinand Fehling und Frau 
Marie, geb. Geibel. 

Bertha Geibel. 




?^^t:m>!>^^<hmm^ ® ^g^s^^^m 'S^^ 



(Emanuel <5etbels Begräbnijj- 



21u§ bcr Unjaf)l uon Sendeten, rocld^c il^rcr 3^1 über 
bic Segräbnifefcicrlki^fcitcn ©manuci ©cibcU burd^ 
bic bcutfd^c 5jkcffc liefen^ ragte bic ftimmungäooHc ©ar^ 
ftcBung bcr „9lationaU3^iti*«9" bcmcrfenänjcrtl^ über tl^re 
©efd^toiftcr J^inrocg. S)a xm nun gcrabc bic3lrt unbSBcifc, 
roie Sübcd unb mit il^m baö gcfammtc bcutfd^c SBoIf 
feinem großen 2^obten bie testen ©l^ren erroiefen, für 
l^öd^ft bebeutfam J^alten, glauben roir einer autf)entifd^en 
©d^ilberung bie 3lufnal^me in biefeö „©ebenfbud^" nid^t 
uerfagen ju bürfen unb geben bal^er bie bieöbejüglid^en 
9luffa|e ber genannten 3^itung, ergänjt unb abgerunbet 
burd^ intereffante 9lotijen anberer Slätter, namentlid^ ber 
„^oft", in golgenbem roieber. 

Sübecf, 11. 3lpril. 
2)er ^eb^of, auf bem ©eibet beerbigt roirb, liegt 
tior bem Surgti^or, ein wcitgebreiteteä 2)reied. fiinbem 
alleen ^iel^en bie ©renjen unb ein bid^ter ^ain bilbet 



— 104 — 

bcn ^intcrgrunb. 6in ©d^rocttcn unb S^rciben in bcn 
Slnoäpcn, ein ©ingcn tinb 3ubilircn unter ben SSögeln, 
alä bereiteten fie fid^ mx, ben ©änger beö grül^Ungö, 
ber 2iebe unb ber SBanbcrIuft ju empfangen, für ben 
baö ©rab fd^on bereitet ftel^t. Öin fd^lid^ter grieb^of, 
ol^ne ^runf unb ©rofetl^un; ber proteftantifd^e 6mft,. 
ber über biefer ganjen ©tabt rul^t, fommt aud^ l^ier ^ 
jum 9luöbrud. 

Eel^rt man fid^ um, fo l^at. man bie ©tabt üor 
3lugen, meiere bie SBelt beö Jungen S)id^ters mar. S)ie 
ragenben S^l^ürme vm ßi^g^lfteinen treiben il^re S)äd^er 
l^od^ unb fpig empor, ein altes, üielftödigeö Xf)Ov, rei^tö 
unb tinfö flanfirt von bem Sleft beö 3BaIItö, fd^Uefet 
bie ©tabt an if)rer fc^malften ©teile ah, ba, roo fie 
aBein nod^ mit bem Sanbe jufammenl^ängt. ®enn 
fonft ift fie eine 3nfel, umffoffen t)on ber SJraoe unb 
SBafenig. 3ln ben langen Quaiö bie S^raoe entlang 
liegt ©d^iff an ©d^iff, alle ^albmaft geflaggt ju ©l^ren 
beö 6!)arfreitagö ; f o ftill unb feiertäglich mirb man feiten 
einen §afen fel)en, bie \Xf)x beö ©efd^äftöbetriebeö ift 
ganj abgeftellt, 9liemanb ju fe^en nod^ ju l^ören. 
3)lan fielet, eö ift fein SBelt^afen, biefer Sübeder ^afen, 
mit einer t)on aBen ©orten jufammengemürfelten aRo- 
trofenbeüölferung, ein §afen ber proteftantifd^en Dftfee, 
fo ernft unb feierlid^ aud^ im .feafen ben l^öd^ften geft- 
tag bed ^roteftantidmud begel^enb, mie ed in ©tabten 
unb ©tranbbörf ern ber S3raud^ ift, mol^er biefe fal^renbe 
83et)ölferung fommt. 



— 105 — 

Slud^ in bcn Strafen ^ört man faum einen Saut, 
fo ftiU jiel^en fid^ bie ©d^aaren, bie jum "Xijov roanbeni, 
an ben gegiebelten Käufern, an ben alten Sauroerfen l^in, 
bie an bie ©lanjjeiten Sübedö erinnern. 3n einer ber 
fünften ©trafen ftel^t baö ^aM, wo ©manuel ©eibel 
jejt nod) aufgebal^rt rul^t. ?lur an ber 2^pre bed 
^terbel^aufeö ift Seroegung, bort fommcn unb ge^en 
unablaffig 9Kenfd)en, fie fteigen bie einfädle treppe 
l^erauf, bie ju bem im erften ©tod befinbtid^en ©tubir* 
jimmer ©eibelö fül^rt. S)ort ftef)t ber ©arg, üon 
bcm unter ben aufgehäuften S3Iumen unb Äranjfpenben 
fd^on nid^tä mel^r ju feigen ift. 3d^ fanb.baö Si^^^t 
ganj ooB von einfad^en fc^lid^ten Seuten, fie roaren 
gefommen, um einen 3lugenblid an bem ©arge bed 
,,^errn ^rofefford" ju üerroeiten, eine fleine S3Iumem 
fpenbe nieberjutegen unb bann ben fd^on roartenben 
änberen 5ßla| ju mad^en. 9luö ber güBe biefeö präd^^ 
tigen Slumenroalbed, ber bie §üUe bed ©ntfd^tafenen 
ganj perberft, leud^ten bie garben Sübedd rotl^ unb 
rocij l^eroor. @d finb bie ©d^leifen an bcn beiben 
tndd^tigen Sorbeerfränjen, roeld^e ber ©enat unb bie 
SSürgerfd^aft ber freien SHeid^äftabt geroibmct l^aben. 
Suf bcm näd^ften Äranje, meldten bie ©d^roerincr §ofs 
fd^aufpielerin grau Dtto^aJiartinerf, nad^ ©eibeU 
Urtl^eil bie befte ©arfteUerin feiner ©opl[|oniöbc, ge« 
loibmet l^at, tefen mir mit tiefer SWül^rung bie SBerfe 
beg 3)id^tcrd: 



— 106 — 

tlur einen 21ugenblic! 
Sei mtr*s gefiattei, Weih 5U fein nnb ifyn 
Pen §oII ber €tirfurd?t unb ber DanFbarfeit 
3m legten bitteren Sd^eibemort 3U jatjlen: 
;JaI^r rooljl, Du Königlid?es f^aupt, fal^r rooMI 

aSon ben 3)lünd^cner ©cnoffen l^atte -^5aul ^cijfe 
„bem unerfeglid^cn greunbc in trcucfter Siebe" f(i^on 
am ©onntag einen Äranj gefanbt. Unmittelbar naä) 
©mpfang ber 2^rauerfunbe l^atte er felbft bie SBibmung 
auf bie 2ltladf(i^Ieife gemalt. ©Smmtlid^e SSereine unb 
33erbinbungen Sübedö l^aben Äranje gefenbet, au^ bie 
beiben ^eimaurerlogen, obrool^I ®eibel fein 9Haurer 
mar. „§unbert tübifd^e Jungfrauen" i)abtn sroei grofte 
^^Jalmen gemibmet, meldte von einem ©traute buftenber 
aWarfd^aH^Jlieterofen gel^alten werben unb auf ber Sltloö^ 
fd^Ieife bie SBibmung tragen: „S)em großen 2)id^ter pon 
Jungfrauen feiner trauemben SSaterftabt !" Siö gegen 
9 U^r 3lbenbd waren etwa jmeifiunbert Äränje u. f. w. 
eingelaufen bejm. angemelbet. §eute 9lbenb trifft aud^ 
ber Äranj ©r. Äaiferlid^en §ol^eit beä Äronprinjen 
ein, unb in ber fiebenten ©tunbe fam ein S^clegramm 
beö dürften Siömard an, in meld^em berfelbe eben^ 
faflö bie Slnfunft eineö Äranjeö anfünbigte. Sluö ber 
großen 3lnjal^t ber übrigen SBeil^egaben lieben wir 
nod^ biejenigen ber 2)eutfd^en ©c^illerftiftung unb beö 
Sübeder S^tiQvtxtim, beö 3)cutfd^en ©angerbunbeö,, bed 
^eien S)eutfd^en §od^ftiftä, bed aSereins Serliner 5ßrcf[e, 
ber 2)eutfd^en ©enoffenfd^aft bramatifd^er 9lutoren, be§ 



— 107 — 

*§amburgcr SBercinö für Äunft nnb SBtffcnfd^aft, bc§ 
Sremcr ÄünftlerDcrcinö, bcö Stuttgarter Sicbcrfranjcä, 
bc§ äRünd^cner ©d^rif tftcncrt)crctn§, bcö Hamburger ©tabt=: 
t^eaterö unb bcr ßotta^fd^cn SBerlagäbuc^i^anbtung l^cr? 
t)or. S)oju gefcllcn fid^ bie (Sabcn cinjclner, roic bcr 
gurftin^SBittroe ju 6aroIatf)^33cutl^cn, bcr ©id^tcr 
emil giitteröl^auö unb 3uliuö SBoIff u. a. S)cr 
Sd^aufpiclcr ©o'mmcrötorff auö Scriin, rocld^cr fid^ 
roöl^rcnb feiner 2^f)ätigfett am Sübeder Stabttl^eater ber 
@unft ©eibeU ju erfreuen f)atte, fenbete einen Äranj 
mit folgenben 5Berfen beö ©id^terö ein: 

Dem (Element getjört bie Bfarib voü Staub 
Unb weiter nichts; ber Itd?te <Sottesfun!en 
3ft nid?t 3uglcid?, andi nid?t für uns üerfun!en 
Unb glül^t nur reiner burd? ber €rbe Haub. 

Seileiböf d^reiben roaren u.a. eingelaufen t)on SB i 11^ e l m 
3enfen, gelij S)a^n, ©uftat) ju ^utli|, ßonrab 
gerbinanb SÜe^er, ©ottfrieb Heller, SRorife 
Sarriere unb SSictor oon ©d^effet. 

Diefe n)af)rl^aft großartigen ©^mpatf)ieben)eife, roeld^e 
ber gamiüe avi§> allen 2^^eilen beö beutfd^en 5Bater^ 
lanbeö ju S^l^eil geworben finb, i)obcn ben tiefften 
Sd^mers föt einen 3lugenblid in ben ^intergrunb ge^ 
bröngt. ,,$eute trägt unö bie ^lieilnal^me uon ganj 
2)eiitfd^lanb", burfte bie ^od^ter ©manuel ©eibeU 
mit geredetem ©tolje fagen, ,,bann aber — unb l^ier 
^ielt fie unter Xi)X&ntn inne. 

9lud^ üon bent 3ugenbfreunbe ©eibelö, bem ®el^. 



— 108 — 

?Haif) Dr. (Srnft ßurtiuö, gelangte ein Schreiben nad^ 
Sübed. ®ie ftaiferin l^atte il^m, nad^bem er ber 
.^od^ter ®eibeU bereite üor^er bie S^^eilnal^me S^rer 
SRojeftät auögefproc^en, nod^ golgenbeä gefd^rieben: 

,45. 3lpril 1884. 

» 

3l^re SBorte geben ein treues 99ilb von ben SSer- 
bienften bes ßntfd^lafenen nnb mn feinen öesiel^ungen 
ju xin^, bie in meinem ©ebäd^tnife ftetö fortgelebt l^aben. 
Seutfd^lanb mwfete auf feinen ©manuel ©eibel ftolj 
feiti, unb es freut mid^, ba^ ein el^renuolleö B^^O^iB 
ba beüorfte^t, mo eö gilt, ber Slad^melt feinen 3^amen 
ju überliefern, nad^bem er felbft ftanb^aft ausgelitten 
l^at. 9lber meld^er 5Berluft für bie ©einen, feine §reunbe 
unb für ©ie! S)ieö 2llleö 3f)nen red^t marm auöju^ 
brüden unb ber SRid^tung ju l^ulbigen, meldte ber 
2)id^ter üertrat, ift ber ^rtytd biefer S^i'^'^-" 

Ueber bem ©arge i^ängt baö 33ilb ber üerftorbenen 
(Sattin. beö S)id^terä, 91 ba von xf)m genannt, unb fd^aut 
auf ben ©arg beö ©ic^terö ^erab, ber i^r fpät unb 
langfam nad^gefolgt ift, beffen ©el^nfud^tö^aud^ immer 
nod^ bie Sßerblid^ene umfd^mebte. ©etbelö tiefftc imb 
cmpfunbenfte ©ebid^te finb biefem 33erl^ältntJ3 ent- 
fprungen, l^ier finb bie 3^9^ ^^ unmittelbarften unb 
concreteften. 3n befd^eibenen ©d^ränfen ftcl^t bie ^anb- 
bibliotl^ef ©eibeU an ben SBänben gereil^t, f leine, 
vergriffene 9ludgaben ber Slaffifer barunter — nur 
mit 6l[irfurd^t fann man fie betrad^ten. 3« wcld^etn 



— 109 — 

munbcrbarcn Scbcn f)ai ©cibcl btc Hoffifd^c Si)rif cr^^ 
roecfl, er l^at i^r in bcr %f)at ein Dftcrn bereitet. SBie 
gleitet unter feinen |)änben bie uerfd^ränfte, fd^roer^ 
flüffige 3Raffe leidet unb natürlid^ ^in. ©efegnet fei 
bie iponb, bie biefeä fd^rieb, bie bort jegt in bem 
Sorg ouöru^t! 

©eibel f)interlä|t feinen Sofin, nur bie einjige 
J^od^ter, fein 9lame ftirbt mit i^m am. 6in F)albeö 
2)ujenb ©nfelfinber l^at il^n aber umfpielt unb um if|n- 
jenen §aud^ ber 3ugenb erl^alten, ber für fein gonjcö 
Seben unb ©mpfinben fo nötl^ig roor. ®er ©nfelfo^n, 
bem ber S)id^ter ben ©id^enjroeig, wie er fingt, auf bie 
SBiege legte, foBte ju Dftern bie Subelaudgabe ber 
crften Oebid^te bem ©rofeoater überreid^en. SBon SBod^c 
}u 2Bod^e l^at man barauf geroartet; l^eute ift fie eim 
getroffen, fie fann nur nod^ ju ^ö^n beö Sargeö 
niebergelegt merben, in il^rem rotl^en Äleib unb gotbnen 
Sd^nitt mit bem ©mfte biefeö Drteö feltfam fontraftirenb. 
3c^ fd^fage fte auf: bie erfte ©eite fingt fd^on oom 
SR^ein unb t)om Raifer. D fd^önc ©in^eit biefed ©id^ter^^ 
Icbenö! SBie gewaltig ift biefer Äaiferton an^^ unb 
burd^gcf (ungen , mie l^at er bie ganje SRation mit fld^ 
geriffen, ber malere S)id^ter oon Äaifer unb Sleid). 
Unb menn fid^ bereinft ein S)enfmal unferö Äaiferö 
ergeben roirb mit 9lHen, 'bie il^m an feinem großen 
SBerfe geholfen l^aben, mirb ftd^er aud^ ber ©id^ter 
nid^t feilten, ber, man möd^te fagen, mit bid^tcrifd^em 
^ropl^etenblid auf biefe große SBenbung ber beutfd^en 



— 110 — 

@t\d)xdt unabläfftg l^tngetoiefen ^at^ 6td er mit bem 
gen)a(tigen Siegedgefange abfd^Io^: 

Xiun lagt bie <5(o(fen 
Don d{urm 3U d^urm 
Vvixdfs ianb fro(;Io(fen 
3m 3ubelfhirm. 

2)ie treue ^Pflegerin bcö 3Serftorbenen, feine Sßid^te, 
grauletn Sertl^a ©eibel, bradbte mir ein oergilbted 
3etteld^en, bie ^anbfd^rift beö 2)id^terö nod^ fnabcn^aft, 
mie es gefd^rieben, rool^l auä frül^en ©^mnafiaftenjeiten 
©eibeU. ^d) lad barauf ^olgenbed: 

<5ebet eines Peutfd^en. 

2Iuf bem ©jron ber Katfer im IRorgenrotlj, 
Das Bfcxi voU Heb, in ber Brnfl t>tn ^ob, 
2(uf ber £fppe ein £ieb tpie Sturmestpei^en, 
So lag mid? <ßott yx bin Dätern gelten. 

@in ooUeö ©rpren f)at bied (Sebet gefunben. 
SBie rein, fd^ön unb l^armonifd^ i)at fid^ bieß Seben 
abgefd^loffen, mie grofe unb bebeutfam ift ber hinter- 
grunb, auf bem e§ fid^ abfpielt, mit meld^er ©id^erl^eit 
ift es burd^ alle ßonfliftc gegangen. 3mmer roirb 
©cibel t)or Slttem ber ßiebling ber 3ugenb bleiben, 
aus ben ©ebid^ten mirb man immer ben SRenfd^en 
l^erausfud^en unb Heben. 3lber mie feltfam, bafe biefer 
2)id^ter bes fröf)Iid^en SHl^einftromeS unb feines über- 
fprubeinben Sebens in ber 6nge eines befd^eibenen 
emften ^farrf)aufes näd^ft bem Dftfeeftranb jur 85BeIt 
fam. Unb bod^ mar es il^m bie malere §eimfel^r, aU 



111 



et oom §u§ ber S^Ipen roiebcr in btc crnftcn fteincrncn 

©trafen Sübccfö jurüdfcl^rte 

^eute W)tnh, als es ju bunfe(n begonnen t^atte, 
würbe nad^ einer Keinen unb ftittcn §eier, bei ber 
6enior Sinbenberg, ber fed^öunbad^tjigiä^rige aJiann 
ber alteften ©d^roefter ©eibePö, ein crgreifenbeö &tbtt 
[prad^, im engften gamilienfreife ber ©arg ©eibePö 
h bie 2)tarienftrd^e übcrfül^rt. 3Kit biefer Äird^e war 
©eibel innig oenoad^fen; oor allen Eird^en ber ©tabt 
roax fie feine Siebüngdftrd^e. 3n ben ^aUenben ©d^iffen 
beä geroattigcn SHaumeä, ben eine 2lnjal^l ©aöflammen 
nur bammerig crl^eUte, war ed fd^on 9lad^t, nur einige 
Sid^ter flimmerten, bie ben SBcg geigten, ben man bie 
Seid^e nehmen He§. 2)er Satafolf ift in ber aRitte ber 
Äird^e errid^tet. SBie riefenf)afte SBäd^ter erl^ebcn ftd^ 
um il^n bie tro|igen, ftrebenben ©fiulen, bereu Änäufe 
im 2)unfel tjerfd^minben. 

• 3n ber 5lad^t fanb nod^ eine fleine SBerfammlung 
ber greunbe beö 2)id^terä ftatt, um ben telegrapl^ifd^ 
angemelbeten Sranj beö Äronprinjcn ju ermarten. ©er^ 
felbe — ein prad^tuoHer Sranj mit bem SHeid^öroappen 
unb bem Sud^ftaben F. — langte um aJHttemad^t an 
unb würbe, nad^ einer furjen 9lnfprad^e beö 33ürger^ 
meifterö von 2übed, ju ben %n^tn beö ©argeä nieber^ 
gelegt, im 3luftrag beä fronprinjlid^en 5ßaareö, ate ein 
3rid^n ber Siebe unb Sßerel^rung beä faifertid^en §aufeö 
für ben ©änger beä SHeid^ö. 3n feiner Siebe em)äf)nte 
ber 33ürgermeifter, mie na^e ba§ fürftlid^e 5ßaar bem 



— 112 — 

SJid^tcr gcftanbcn, rote bic SScjicI^ungen bcö Äronpritijcn 
ju Sübcrf if)n fd^on frül^jeitig ju bem ©id^tcr l^tngefül^rt; 
ein aSerl^ältmfe , bad bi§ ju beö 2)id^terö 3:^obe treu 
gcroal^rt roorben. 2Rit ftummem ^änbebrud banftc ber 
©d^rotegerfo^n ©eibcPö bem Siebner. 2)ann rourbe 
eö ftiH in ber Äird^e, bämmeriger SKonbfd^ein jeid^ncte 
bie riefige ©ill^ouette ber Äird^e unb bie feltfam altera 
tpmlid^en, fie umgebenben fallen. Sßid^tö ©timmungä- 
oottereö fonnte bie romanifd^e 2lrd^iteftur erfinnen. 
Xxc ^cier, bie für ben 12. Slpril vorbereitet wirb, ift 
eine ftreng fird^lid^e. 2)er ^auptpaftor SCrummer, 
ber bie fieid^enrebe l^alten roirb, ift ber ©d^roager 
©eibeTd. SBie eng unb vertraut fd^Iiefeen fid^ ^ier 
alle SBerl^altniffe an. Unb roie in feinem ©eifte ift bic 
©pmbolif ber 3:^^atfad^e, baß eö bie Dfterrood^e ift, 
burd^ roeldie feinSeid^nam auf bie Seftattung geroartet l^at. 



SübedE, ben 12. Slpril. 

93on ad^t Ul^r begann bie 9)larienfird^e ftd^ {u 
füllen. 9ln ber Drbnung unb ©id^erl^eit, roomit atteö 
fid^ poHjog, erfannte man ba§ trefflid^ organifirte ®e^ 
meinroefen ber §anf eftabt, in bem jeber. fid^ als J^l^eil be^ 
©anjen fül^It. SBaö Sübed unb feine nähere Umgegenb 
an l^eroorragenben ^erfonlid^feiten aufjuroeifen l^at, war 
in bem Sird^enfd^iff verfammett. 2)aö übrige ©eutfd^- 
lanb freilid^ roar nur bünn unb unvoUftfinbig vertreten. 

S)ie gefüllte Äird^e — 2000 5ßerfonen mod^ten in 
il^r anroefenb fein — mad^te einen imponirenben &n^ 



— 113 — 

brutf, baö froftigc Ocfd^lcd^t bcr Sübcdcr mit fd^arf^ 
gefd^nittcncnSügen, braunen, fd^arfcnälugen unb rufjigcr, 
oomel^mer Haltung fiel unö ^cmbcn bcfonbcrö auf. 
3m ©l^or aufgcl^ängtc bänifd^c gal^nen erinnern an bie 
ru^mootte SBergangen^eit ber ^anfeaten. Äurj oor ^t^ 
ginn ber ^eierlid^feit erfc^ien ber Äommanbeur be§ f)ier 
in ©amifon Uegenben Sataillonö mit militärifd^er Se^ 
gleitung unb legte einen üon.bem gürften Siömarrf 
geroibmeten Äranjauf bcm ©arge nieber. Xann beginnt 
bie Drgel gewaltige Älänge f)erabjufenben, alö l^abe 
bie Äird^e nun eine Stimme erfialten. 2)ie ©emeinbe 
fingt ben ßl^oral: „3efuö, meine S^^erfic^t !", beffen 
Klange gewaltig an ben ©emölben mieberJ^aUen. 2)ie 
Santilie Oeibelö ift l)ereingefommen unb fiat auf ber 
oorberften 33anf t)or bem Äatafalf 5ßlafe genommen, ju 
i^r geprig mer @nfel be§ Sid^terä, gefunbe i)txi^ 
erfreuenbe ^nabtn, mit großen, von Siofenfträufeen ge^ 
^altenen ^almenjmeigen. 2)er ^auptpaftor Sl^rummer 
befteigt bie Äanjel unb t)ält eine feinabgemogene unb 
bod^ fräftige unb einbrudöoolte Siebe unb fd^liejgt mit 
ben Oeibel'fd^en SBorten: 

Wadit auf, if^r (Scifter, bercn Setjncn, 
(Scbrod^cn an ben (Sräbern ftctjt, 
3tjr trüben 2lugcn, btc cor Ct^räncn 
3l^r ntd^t bes ;Jrüt^Itngs Blutigen fcl^t. . . . 

Was bürr ipar, grünt im XPel^'n ber £üfte, ^ 
Jung n)trb bas 2llte fern unb nali, 
Bcr (Dbem (ßottes fprengt bie (Srüfte — 
Wad^t anfl ber (Djiertag ift bal 

@iiMnuel @ei6el. ein Q^ebenf^ud^. 8 



114 



®in nterftoürbiger Qn^aU vooUtc, ba|, alö her ©eift« 
lx6)t bad @e6et fprad^/ bie (Sdnne ben 61$ bal^in 
trüben ^immel burd^brad^ unb mit il^rem ©d^immer 
bie mäd^tige ^ird^e erfüllte. 

S)ie Slugen tneler füllten fid^ mit 2^^ränen, als 
ber ©eiftlid^e bonn in ergreifenben 3Borten ben ©egen 
über bie t^eure Seid^e fprad^. 2)ie ©änger intonirten 
barauf ben ©l^or auö bem „5ßouIuö" t)on aWenbeU- 
fol^n: ,,©iel^e mir preifen felig, bie erbulbet ^aben" . . 
eine glürflid^e SBal^I, benn von atten Äomponiften ift 
SKenbelöfol^n fidler ber am innigften mit ©eibel 
geiftig SBermanbte. Sßad^bem bie Ätänge t)erl^aBt waren, 
mürbe ber ©arg unter Drgelfpiel aufgel^oben unb in 
f eieriid^em ©eteite burd^ baö ©übportal ber Äird^e auf 
ben 3Sorpla| getragen, mo fid^ bie ©pi|e beö S^geö 
injmifd^en georbnet l^atte. 9lur mit SKül^e oermod^ten 
bie 2^rägfer ben ©arg mit feiner unbefd^reiblid^en SIu- 
menfüUe auf ben Äeid^enmagcn ju lieben. 2)em Erieger^ 
verein mar bie f)of)t ©l^re ju 2^^eil gerobrben, bem 
eblen ^Patrioten ba§ ©l^rengeleite ju geben. 3^ beibcn 
©eiten beö fieid^enmagend fd^ritten je jroölf mit 3Bflt-^ 
baiHen unb Äreujen gefd^mürfte, mettergebräunte firieger^ 
geftalten einiger. SBor bem SBagen trugen äroei treue 
Wienerinnen beö ^aufeä bie Qii^tn beö legten ©ru^eö. 
hinter bem ©arge fd^ritt ber Sanbrid^ter Dr. S3el^n, 
meld^er auf fd^marjem ©ammetfiffen bie oier Drben bed 
SSerblid^cnen trug. ®ann folgte ber ©d^miegerfol^n 
mit feinen ©öl^nen, meldte bem ©rofeüater 5ßd(men beö 



— 115 — 

gricbcnö nad^tnigen. Unmittelbar baran fd^Iofe fid^ 5ßaftor 
Sinbcnberg aus ^iuffc, ein 9leffe ©eibelö, rocld^er 
auf bem Äird^l^ofe bem lobten ben legten ©egen ber 
fiird^e fpenben foHte, unb bie naf)eren grcunbe beö 
SJerftorbenen, unter il^nen Älaud ©rotl^, §anö 
topfen, 5ßaul Sinbau 2c. 2c. @d folgten bann bie 
auäroärtigen Slbgeorbncten, bie Sürgerfd^aft, baä Dffijier* 
forpö, baä ®r)mnafium Äatl^arineum mit feinem 2)iref tor . 
Dr. ©d^ubring, ber Qrotigotxtin ber ©d^iUerftiftung, 
ber SeJ^rer^, ©eminariftem unb SJed^nifd^e SBerein, bie 
©croerbefammer, bie lange Sieil^e ber ©eroerfe, etma 
fünfunbjroanjig an ber Qaf)l, bie Süberfer ^urnerfd^aft, 
ber aWänner-S^urnperein, ber S^urntjerein ®ut $eil, ber 
faufmännifd^e SBerein ßoncorbia, ber Oeroerfoerein, bie 
Sud^brudereien unb ber 2)eutfd^e 2)ilettantenbunb. 2)en 
Sd^lufe bilbete eine lange SHeil^e oon ©quipagen, an 
beren ©pifee bie SSertreter beä ©enatö, bie Senatoren 
SBolpmann nnb ©fd^enburg, ful^ren. 3ltbtn bem 
SBagen beö regierenben 33ürgermeifterd fd^ritten ernft 
unb gemeffen fd^arlad^berödte ©taHmeifter mit ®egen 
unb ©tulpftiefeln, auf bie fouoeräne SBürbe beä §aupted 
beä greiftaatö l^inweifenb. 3llle SSereine l^atten il^re 
Sahnen, Sanner unb ©mbleme umflort, unb uiele ber 
SJlitglieber trugen große Sorbeerfränje unb^ßalmenjroeige, 
roeld^e auf baö ©rab niebergelegt werben foHten. 91U 
ber 3wg ÄUö bem 5Borplage oor ber Äird^e in bie 
Sreite ©trafee einbog, trat bie SBad^e in^ö ©eroel^r, unb 
fo enoieö aud^ bie militairifdje 9lutoritat bem §erolb 

8* 



— 116 — 

beö bcutfd^cn SBaffcnrul^md bic J^öd^ftc ßl^rc, inbcm ftc 
t)or il^m präfentircn (icfe. 

Sn bcn Strafen ftanb bid^t gefd^aart Äopf an 
Stopf bic SDleitgc. 9lHe gcnftcr waren mit fd^roarj gc== 
flctbctcn ^aucn bcfcgt; nirgenbö ctroaö 2lufbringlici^eö, 
OTcö fd^Uci^t, cinfad^ jum §crjen fpred^enb, al§ toäre 
icbem §aufc in fiübcd ein ^eunb unb SSerroanbter 
gcftorben. 9ln ben alten Käufern fjingen bie gähnen 
^albmaft, bumpf ben ©d^att ber ©loden jurüdfroerfenb. 
@ine ©tätte nad^ ber anbern paffirte ber Qmq, bie bem 
S)id^ter fo roertl^ geroefen war, biö er auö bem alten 
^l^ore l^inaus inä §reie fant, roo bie roeite fianbfd^aft, 
bie buntberoimpelten ©d^iffe bem ©arge 3l6fd^ieb ju^ 
riefen, dreiviertel jel^n Ufir mar eö, alö fid^ ber 3"9 
in Semegung fegte, unb länger alö eine ©tunbe bauertc 
eö, bis berfelbe, ben etma 60 SBagen fd^loffen, coli' 
ftänbig auf bem Äird^l^ofe eingetroffen mar. $ier traten 
bie 2::umer unb bie ©eroerfe vox unb bilbeten ©palier 
biö jum ®rabe. 2)er Sürgermeifter unb ber ©enat, 
bie bürgerlid^en Seprben, baö Dfpjierforpö nal^men 
l^inter bem ©arge 3lufftellung, um il^n jur legten ©tatte 
ju geleiten, ©in ©dngerd^or intonirte ein Sarbenlieb; 
ber 5Reffe ©eibelö, 5ßaftor Sinbenberg, fnüpfte in 
einer furjen 3lnfprad^c nod^malö an bie Dfterf^mboli! 
an, bann rollten bie ©d^ollen @rbe auf ben ©arg, 
über bem baö ©rab fic^ fd^neU füllte. 2)ie ja^llofen^ 
Rränje bilbeten einen Slumenl^ügel barauf . 2)er grofee 
®id^ter ift einrangirt in bie 9ieil)e — ©taub ju ©taub. 



— 117 — 

STfd^c ju 3lfd^c. — 2)ic fiüberfcr oerlaffcn bcn gricbl^of, 
Jxdf fragend, tote fann man fid^ SüBecf bcnfen, ol^nc 
unfcren Oeibcl, ben 3Jlann, ber unö am innigften mit 
3)eulf(j^lanb t)erbanb, ber unfer gülircr in fo langer, 
ereigni^üotter 3^^ geroefen. 3a, maö roirb Sübed ol^ne 
©eibel fein? Unb aud^ mir anberen fe^ren gepreßten 
$erjen§ von bem offenen ®rabe jurüd, alö l^ätten mir 
ben legten beutfd^en ©id^ter jur 6rbe beftattet unb 
träten fortan in eine poeflefrembe, cntgöttertc S^it wnb 
SBelt ein. 



>S4 



lllllllllHIH(illlinilillllllltillll|illllllHlllilllHIIIIIIIII|llllllll.llllllllMlllllillllll!IIIIIIIHII|i|lllllllUIUIIIIUIIIMMMIIIinill^ 




fiiiiniiuiiiiii 



Cobtenrebc auf (EmanucI (Bcibcl*) 

Siauptpa^iot Xtummct* 

Sübccf. 

(Bnabe fei mit unö unb gricb'e oon ©ott unfemt SSoter 
unb unfcrm $errn 3cfu ßl^rifto! 3ltncn. 

SBir fiaben gcftcrn in Sübcd mit ber ganjcn ©l^riftem 
l^cit ben SE^obeötag bcjfen gefeiert, beffen Flamen über 
aße Flamen unb aufeer bem fein §eil ift ; beffen 2)omen^ 
frone burd^ aße 3af)rf)unberte ber SJlenfd^l^eitögefd^id^te 
l^errlid^er unb f)eßer ftral^lt unb ftral^len mirb, als alle 
©l^renfronen unb Slu^meöfränje, meldte bie 2Belt il^ren 
großen unb berühmten äßännern flid^t ober il^ren tl^euren 
J^obten auf ben ©arg legt. 2Bir l^aben unter bem Äreu} 
unfereö ©rlöferö geftanben, bejfen (Snabe mir 2llle be^ 
bürfen im fieben unb im Sterben; ber unö bie Äraft 
giebt in unferer ©d^mad^^eit aud^ unfer Äreuj ju tragen, 
unb ber benen, bie bei il)m im ®lanhtn unb in ber 
Siebe biö anö ®nbe bel^arren, bie Ärone beö ewigen 

*) 2luä: ®. ®. @in ©cbcnfblatt." Sübccf, g. @rautoff 1884. 



— llr — 

Scbcnö ocri^cifecn l^at. SBir fjoffen, bafe bicfc SSerl^ei^ung 
fid^ auä) an bcm 2^f)euren erfüllt, ber nun überrounbcn 
l^at; bcffen 2eib wir an bcm 2^agc, an roeld^em bcrcinft 
3efu ©l^rifti unfercö ©rlöferö fjciligcr Scib im ©rabc 
geruht, inö ©rab ju fcnfcn l^aben. SBon naj^ unb fern 
l^aben roir unö jal^lreid^, wie eö rool^l feiten bei einem 
Seid^enbegängnife ber §all gemefen ift, l)ier an l^eiliger 
©tätte . Derf ammelt, unb in tiefer Semegung gebenfen 
mir feiner, bem feine 33aterftabt i^eute bie fogcnannte le|te 
®l^re ermeift, bem aber ein blcibenbeö, e^renbcö ®e^ 
böd^tnife weit über i^re äßauem unb meit über gemöfin^ 
lid^eö aJlafe fjinauö gefid^ert ift. 3n biefem fd^önen 
©otteö^aufe aber, meld^eö if)m felbft fo mertl^ mar; beffen 
feiertid^eö ©lodEengclcuite fo mand^mal l^eimatl)lid^en 
Älang in feinem ^erjen unb feineö Siebeö ©egengrü^e 
roedEte, l)eute aber bem in bie emige $eimat^ ©in^^ 
gegangenen npd^ einmal einen efjrenben ©rufe auö ber 
irbifd^en nad^fenben foll — ^ier motten mir oor allem 
unö ber tröftlid^en ©cmiPcit freuen, bafe ber 35al^im 
gefd^iebene fid^ baä fd^önfte ©rbt^cil feiner ©Itern, 
feinet t)on il^m ^od^t)erel)rten SSaterö, beö gläubigen 
SSerfünbigerö bc§ ©üangeliumö, unb feiner innigft ge^ 
liebten SJlutter, unter atten 33erfud^ungen be§ 2titn^ 
oon feiner Äinbl^cit biö inö 3llter l^inein bemafjrt l^at: 
ein frommeö d^rifttid^eö §erj; bafe er, ber fo reid^ mit 
®abtn beß ©eifteö ©efegncte unb fo l^od^ ©r^obene 
fid^ bod^ nie über ober gegen ben §errn erhoben l^at, 
bem er 3ltteö oerbanfte, fonbern i^m ftetö freimütl^ig 



— 120 — 

oor aßcr 2Bclt bic ®l^rc gegeben l^at; bafe er, roenn 
aud^ aßem, worin er nur tobte gomt unb trennenbe 
©d^ranfe fal^, aßem, worin er gar ©d^cinl^eiligfeit unb 
pfäffifd^eö 2Bcfen ocmtutt^ete, t^erjlid^ feinb, bod^ an 
ben ticfften Äem unb Snl^alt beö ©üangcHumö, bie in 
ßl^rifto bem Sünbcr geoffenbarte eroige ©ottcöliebc unb 
®nabe, fid^ attejeit in bentütf)ig finblid^em ©tauben ge:^ 
{galten l^at. S)as jog fid^ burd^ fein 2zhtn unb fein 
SBirfen, fein SReben unb ©id^tcn, feine ^eube unb fein 
Seib f)inburd^, unb fo bürfen wir rool^l il^m jenes fd^öne 
SBort beö SÄpoftelö jueignen, roeld^eö freilid^ bem Seben 
feineö ßl^riften ein frembeö fein foßte, roeld^eö' aber 
gerabe oon ben Seüorjugteften unter ben SKeufd^enfinbicm 
fo leidet t)ergeffen wirb, baö 2Bort 1. 6or. 15, 10: 

„aSon ©ottcö ®nabe bin id^, voa^ id) bin, unb 
feine ®nabe an ntir ift nid^t t)ergebtid^ geroefen." 

3a, t)on ©otteö ©nabe war er, roaö er roar unb feine 
©nabe an i^m ift nid^t t)ergeblid^ geroefen. 6r ift ein 
2)id^ter oon ©otteö ©naben, ein gottbegnabeter Sänger 
feineö SSotfeö geroefen, ber ©rften ®iner. 2)iefe Slner- 
fennung roirb if)m l^eute 3liemanb, beut über bie beutfd^e 
Sitteratur unb 5ßoefie ein Urtl^eit juftel^t, üerroeigem; 
fie ift if)m aber feineöroegö t)on t)ornf)erein leidet unb 
müfielos in ben ©d^oo^ gefatten. SBenn auti^ beö jungen 
2)id^ter§ erfte Sieber roie im ginge inöbefonbcre ber 
beutfd^en 3ugenb $erj gewannen, fo ftanben fold^em 
©rfolge bod^ mand^e Greife fül^l unb ablel^nenb gegen^ 
über, fei'ö, weil fie ftatt ber jungen, buftenben 93lütl^en 



— 121 — 

fd^on reife ^d^te verlangten, fei'ö weil cr'ö von 9lu^ 
fang an oerfd^mäl^t l^at, iint ber aJlcnfd^cn ®\xn^ auf 
Äoften beffen ju bullten, was il^m unoerteglid^, f)od^ 
unb J^eitig galt alö göttlid^e iinb menfd^lid^e Drbnung. 
6r l^at feine ^errli^e ©otteögabc nie jum ^erabsiel^en 
be§ 3bealen in ben ©taub mi^braud^t, fonbern ftetö bie 
Saiten im SRenfd^enlierjen angefd^lagen, bie ntit il^ren 
%'mn baä Scben erl^eben unb oerflären. ®r ^at aud^ 
baburd^, bafe bie tieferen, gebanfenüolleren ©aben, bie 
er feinen ©rftlingen folgen lie^, juerft nid^t eine gleid^ 
begeifterte 3lufnal)me, wie biefe fanben, f\ä) nid^t irren 
unb ftören laffen in ber treuen ©eifteöarbeit cinge^enben 
Stubiuntö,inforgfältigftentunb geroiffcnliafteftem Streben, 
ben ©ebanfen „in ber ^omt gebiegene ©d^ranfen" ju 
iamtn unb l^at eö ja in Segterem jur unübertroffenen 
SÄeifterfd^aft gebrad^t, ol^ne bod^ baburd^ bie gäf)igfeit 
}u oerlieren, bie leidste S^nmut^ beö fangfälligen Siebeö, 
ja, ben im beutfd^en ©emütl) gern aufgenommenen Xon 
beö aSolfölieb^eö ju treffen, ^ud^ burd^ baö oorfd^nette 
Urtl^eil, roeld^eö nad) feinen erften bramatifd^en SBerfud^en 
i^n in bie -©d^ranfen ber l^rifd^en 5ßoefie jurüdEmeifen 
töoUte, Iiat er fid^ nid^t abfd^reden laffen, fonbern baä^ 
fetbe burd^ immer lebenöüollere imb formt)oltenbetere ©e- 
ftaltcn miberlegt unb bemiefen, bajs er bie SBege ju 
biefer §öl^e ber SDid^tfunft nid^t nur ju jeigen, fonbern 
mif felbft ju manbeln t)erftef)e. ®afe er^ö aber nod^ 
erleben burfte, mie attmälilid^ bie abfpred^enben ©timmen 
eine nad^ ber anbem t)erftummten unb bie Ueberjeugung 



— 122 — 

von bem J^croorragcnbcn SBertl^c feiner Seiftungen alle 
©d^id^ten feines SBolfeö immer mel^r burd^brang; wie 
auf bie feinen ©pätl^erbftblattern üorangefd^irfte ^rage: 

Hoffnung, HTufc biefcr Cage, 
Bcruljrft J>u fanft mein Saitenfpiel, 
J>a% idi bcn Klang nod^ einmal tpage, 
Per meinem Volf einft rootjlgefiel ? 

ben 3lttemben bie freubigfte unb aUgemeinfte Suftimmung 
grüßte unb il^n ju beß f)eutigen 2)eutfd^Ianbö unjroeifet 
^aft gefeiertftem 2)id^ter er^ob, ba§ ift eine ©otteögnabe 
genjefcn, für metd^e er felbft l^erjUd^ banfbor war unb 
für meldte aud^ mir mit il^m bem §errn banfen motten. 
Unb nid^t minber bafür, ba^ er nod^ f)at fd^auen, fi^ 
nod^ f)at freuen bürfen an bem, maö fein ^erj in 
glül^enber 93egeifterung burd^ feine Sugcnb^ unb äßanneö^ 
ja^rc ^inburc^ erfel^nt; maö er mit proplietifd^er ®abe 
unb 3wt)erfid^t gemeijfagt, mofür er geftrebt unb gemirft 
in mal^nenben, mamenben, jünbenben ^crolbörufen ein 
SBiertetjaV^unbert lang: beöa3aterlanbe§einigfeit,3Ra(i^t 
unb ©röfec, be§ beutfd^en5»eid^eö5laiferf)errU^feit! SBo^I 
^at xf)m Qltid) ben S3eften feineö 33olfe§ mand^mal baö 
§eri geblutet unter ben mand^erlci ©nttäufd^ungen feit 
jenen SE^agen, ba er {)ier auö greunbeömunb auf ber 
Strafe bie Äunbc von ber ÄaifermaJ)! in granffurt oer- 
na^m, mie er eä in feinem „©ebcnfblatt" überfd^riebenen 
©cbid^t erjä^tt, unb ba er, mie id^ felbft nod^ baran 
gcbenfe, mit leud^tenbem 3lngefid^te biefe Sunbe weiter 
t)erbreitenb, jebem Segegricnben, aud^ mir, bem nod^ 



— 123 — 

in jungen Salären ©tcl^enben, juricf : „2Bir fiabcn einen 
Mfer!" 2)a^ wir if)n nod^ nid^t fjattcn, ba^ wir noä) 
3al^rjel^nte fiarren mußten, baö erfüllte il^n freilid^ mit 
tiefem 2Be]^. 2lber wie fid^ fclbft, fo l^at er t)iele jur 
„gal^nentreue", jum ,,geftl)alten ber Hoffnung" anä) in 
fc^roeren unb trüben Stagen burd^ Sieb unb SBort ge^ 
ftorft unb ermutl^igt. 2)aö roaren aud^ treue Äriegö^ 
bienfte, bie er ntit geiftigen SBaffen feinem SBaterlanbe 
gcleiftet l^at, unb nid^t minber ])at cr^ö getl^an burd^ 
feine ficgeöfreubigen ©efänge in ben ^zitzn blutiger 
ßntfd^eibungen butd^ feine Äriegä^,2^riumpf)s unbgriebenö* 
lieber, auö benen neben ber jubelnben 3lufforberung jur 
Ijod^jeittid^en greube: 

Xtun iDirf tjinmcg bcn lDittiDcnfd?Icier, 
Zinn rüfie bid? 3ur fJod?3ettsfeicr, 
Dcutfd^Ianb, t^ol^e Siegerin I 

bod^ immer jugleid^ bie auö innerfter §erjenägefinnung 
entfprungene äßa^nung i\xm bemütJiigen 2)anf gegen 
ttn ^erm l^eroorf lang , nad^ bem großen ©iege aiv= 
ftimmenb : 

Der ^crr l^at (Sro§es an uns getl^an! 

€lite fei (Sott in ber fjöt^el 

nad^ bem enblid^en S'^iebenöfd^lujf c : 

preis bem fjerrn, ^tn ftarfen Hctter, 
Der nadi iDunberbarem Hatl^ 
2lus bem Staub uns t?ob im IPettcr 
Unb uns t|eut' im Säufein nat^tl 

©0 l^at er aud^ im 35anf für ©otteö ®nabe treu 
ju feinem £aifer geftanben, ein ^erolb im 3)ienft feineö 



— 124 — 

pd^ftert irbifd^en §en:n, aber jugleid^ in bcffcn Sinn 
ein i&erolb beö ^tvvn aller Ferren. 

Db er aber gteid^ fo mit roa^rl^aft patriotifd^er 
Siebe fein ®cfatntnt:^33aterlanb umfaßte unb oon je^ 
^er mit rüdfid^tölofeftem Äampfeäjorn jebem Keintid^en 
©onberinterejfe entgegentrat, fo fd^lug bod^ jugleid^ fein 
^erj auf'ö roärmfte für feine alte SSaterftabt, für unfer 
Süberf, fo pt er bod^ feine SÄnpnglid^feit an biefetbc 
nid^t nur in mand^em liebtid^cn Siebe, rooburd^ er ipem 
atten 5tuf)meöfran} mand^ mnt^ Statt l^iniufügte, 
fonbem t)or attem aud^ baburd^ gejeigt, bafe es il^n/ 
nad^ feinen eigenen SBorten, mit unmiberfte^lid^er @c? 
malt immer mieber Iiierl^er jurüdjog; bafe er unter 
allen beutfd^en ©täbten bei völliger grei^eit ber SEßal^I, 
obgleid^ if)n jebe mit ^reuben in il^ren Sftauern it- 
grü^t l^ätte, obgleid^ mand^e il^r, ber §anbelöftabt, an 
^Pflege fünftlerifd^er unb geiftiger Snterejfen überlegen 
mar, bod^ immer mieber il^r ben SSorjug gab unb ftc 
julegt biö an fein nun erfotgteö 6nbe jum bauernben 
9lufentl^att maf)Ite. ?lid^t beöl^alb, alö ob er oon iper 
33et)ölferung me^r geeiert morben märe, alö oon anberen 
— fie Iiat eö il^n ja freilid^ auf if)re fd^lid^te SBeifc 
füllten laffen, ba^ fie ftolj auf il^n mar; fie l^at 
il^n, alö er um freimütf)igen 3^^9"^ff^ö miHen feine 
biöl^erige ©tettung aufgeben mufete, mit offenen 9lrmen 
aufgenommen; fie l^at il^m ii)x ©l^renbürgerred^t oer^ 
tiefen; unb mand^eömal l^at er*ö läd^elnb geprt, mie 
ein guter Sübeder mit ©enugtl^uung ju einem gremben 



125 



fagtc: ba ge^t unfcr ®cibel. 3lber wenn il^m mä) 
SBci^raud^ftrcuen unb Ct)ationcn her ®inn geftanbcn 
§ätte, fo \)&ttc er anberöroo leidet meJir bat)on ftnben 
fonnen, alö f)ter. ®ö \)at il^nt üielmel^r gerabe gefallen, 
bafe er fo, aU ju il^r gel^örig angefefien, einfad^ unb 
fd^lid^t in tl^r l^at wolinen fönnen; bal^er bürfen wir 
Qud^ baö rt)of)l aU eine ©otteögnabe bejeid^nen, ba^ 
er nid^t in ber gerne, fonbern riad^ feinem anögefprod^encn 
SBunfd^e in i^r, ber ©tätte feiner Sinbl^eit unb 3ugenb, 
cntfd^lafen ift, unb bafe auf feinem ©rabftein unb auf 
ben blättern ber ©efd^id^te fünftig wirb oerjeid^net 
fielen: 

„®manucl (Seibel, geboren unb geftorben in Sübed/' 

Unb enblid^ motten mir bod^ nod^ beffen gebenfen, 
roaö il^m burd^ ©otteä (Snabe in feinem puölid^en 
Sebcn am eigenen §eerb ju t^eil gemorben ift. 6ö ^at 
i|m barin nid^t an fd^meren Äreuj gefel^lt, mie ja ber 
§err aud^ bie, meldte er Heb Jiat, ^eimjufud^en pflegt. 
6r ^at nur eine fe^r furje, aber eine feJir glüdElid^e ®l^e 
gefül^rt. SBie glüdEIid^ für feine grau, baö bemeift bie 
Slntroort, meldte mir meine Hebe ©d^mefter t)on il^rem 
legten langen Äranfenlager auf einen fle beflagenben 
Srief jurüdEfanbte: „3d^ meife nid^t, marum if)x mid^ 
alle fo beflagt! SBenn id^ nid^t aud^ etmaö ju tragen 
l^ätte, fo mär'ö ja beö ®lüdEe§ ju mi unb bu fennft 
njoljt §ouqu6ö aSerö: 



— 126 — 

Wenn 2Ißcs eben fäme. 

Wie bn gemoQt es i(a% 

Wenn (Sott bir gar nid^ts nät^me 

Unb gab' bir feine £aft, 

IDie roärs ba um bein Sterben, 

Du inenfd?ett!inb beflellt? 

X)u mügtep fap perberben, 

So (ieb tpär bir bie IDeltl 

SBie aber unfer 3)ici^tcr burd^ fein Jungeö SBeib 
begtüdt geroefen war, baö bciüeift ber tDunberootte SIü- 
tl^enftrau^ innigfte SBonne, jcrreifecnben Sd^nterj unb 
oerf lörenbe ©roigf eitögebanf en at^menber ^ßocfxen, roeld^en 
er feiner alba aufö ©rab gelegt l^at. 

©ein langiäl^rigeö fieiben, roetd^eö il^m feinen 2^ag 
fd^merjloö oorübergel^en liefe, l^at ben l^ierl^er Qnxvii' 
geteerten nid^t geJ^inbert, mit ^ülfe feiner 9lid^te, ber 
treuen ^auögenoffin unb. ^Pflegerin, ber einge^enben 
S^l^eilnel^merin an allen feinen 3ntereffen, feine ^auä- 
lid^feit f)ier ju einer gaftfreien ©tätte für feine l^eimi^ 
fd^en ^eunbe, beren er faft altabenblid^ einen fleinen 
Äreiö um fid^ fal^, unb feine jal^lreid^en Sefud^er auö 
ber gerne ju geftalten; nid^t gel^inbert, Unjäl^ligen 
Sörberung unb reid^e älnregung ju gemäliren, unb nid^t 
gel^inbert, ein marmeö ^erj fiir jebe ^loii) aud^ burd^ 
bie S^l^at JU bemeifen. 9ln feiner einjigen S^od^ter reid^- 
gefegneter 6l^e, an feiner lieblid^en ©nfel ©d^aar J^at 
er fid^ bis julefet erfreut unb gerabe in ber 3^it J"' 
nel^menber ©d^mäd^e il^nen in rül^renbfter SBeife oftmafe 
feines i&erjenö milbe unb für alle Siebe banfbare 
^eunblid^feit bejeugt. 



127 



SBcnn nad) bcm allen loir rool^l fagcn fönncn: S3on 
©ottcä ©nabelt war er, roaö er war, unb feine ©nabe 
an il^m ift niäft üergpblid^ gerocfen; er ^at mit ben 
i^m oerliel^enen reid^en ^ßfunben geroud^ert, feinem (Sott 
ju ©l^ren, feinem SBolf, feinem SJatcrIanb unb feiner 
Saterftabt jur ^eube unb jum ©egen^; er \)at ber 
Siebe unb ber ^eunbfd^aft fd^öne ©aat mit üerfd^menbe^ 
rifd^en ^änben auögeftreut, fo motten mir mit ^erjUd^em 
©auf für atteö, maö er uns gemefen unb burd^ feine 
SBerle nn^ unb unferen ßinbern unb Äinbeöfinbern nod^ 
fein mirb, bei atter SCrauer über feinen SBerluft bod^ 
aud^ bafür unfereö (Sotteä ®nabe preifen, bafe fie il^m 
unb ben ©einen ein meitereö attmäl^Ud^eä Slbbred^en 
feiner förperlid^en unb geiftigen Kräfte erfpart l^at. 
2Bir motten bem ^errn banfen, bafe er nad^ ben legten 
fd^roeren- Kämpfen il^m jegt ben ©ieg gegeben l^at unb 
ii^n, ate er in ber jjrüi^e bed ^almfonntagö ben 
legten ©eufjer auögel^aud^t, mit ben 5ßalmen beö emi- 
gen griebenö gefd^mürft, mie eä ^eunbeömunb fo fd^ön 
auögcfprod^en, in bie l^immlifd^e ^eimatl^ beö obereat 
Serufalemö aufgenommen l^at. 

3a, ©Ott fei 2)anf, bafe mir an feinem ©arge unö 
in juoerfid^tüd^em SBertrauen beffen getröften fönnen: 
SSon ©otteö ©nabe ift er, maö er ift, von attem 
Sd^merj unb attem £eib befreit, jur erfel^nten SRul^e 
eingegangen, mit atten ©eligoottenbeten feinen $errn 
in l^ol^erem ßl^or preifenb! 

3i^r 5Ktte aber, bie il^r gefommen feib, euren S)id^' 



— 128 — 

tcr ju cljrcn, cl^rct ifyx aud^ baburd^, bafe i^r bur(| 
euren ©dornet} iinb eure 2^rauer um i\)n fold^eö SCroft^ 
lid^t d^riftUd^er Slufcrfte^ungö^offmmg cud^ nid^t »er- 
bunfcln, fonbern im ^inblidE auf ben naiven Cftcr? 
morgen jeneö Siebeö SBorte in euren ^erjen roiebcr? 
Hingen tafet, burd^ weld^c er unter bem Silbe bc^ 
irbifd^en grül^tingö ben emigen befungen l^at: 

Wadft auf, il^r (Seiftcr, bcren Seltnen 
(Sebrod^en an ben (Sräbcrn jlel^t, 
3tjr trüben 2Iugcn, bie por Cljränen 
3l?r nid^t bes (Jrütjlings Blutigen fel^t, 
3l?r (Srübler, bie itjr fern cerloren 
Craumipanbelnb irrt auf roüfter ^al\n, 
Wadfi aufl bie IDelt ift neugeboren, 
f^ier ift ein IDunber, net^mt es anl 

3lir foüt eud) aü bes f^eiles freuen, 
Das über eud^ ergoffen marbl 
€s ift ein inniges €rneuen 
3m Bilb bes (Jrül^Iings offenbart. 
IDas bürr mar, grünt im Wzli'n ber £üfte, 
3ung roirb bas 2IIte fem unb nal^, 
Der 0bem (Sottes fprengt bie (Srüfte — 
rDad?t aufl ber 0ftertag ift bal 

2lmcn. 



"«wOIM V WOMOi 



^MßMf^^A^fMM^^MÄMA^^J^^^ 







<5rabrcbc auf €manuel (BcibcL 

ason 

^aftor Sinlienbeiro* 

«Ruffc 6. Sübcrf. 

H/it' l^abcn, ocrel^rtc Scibtragenbc , bic legte fd^roere 
^fHd^t erfüllt unb bie fterbli^e ^üHc in bie ©ruft 
eingcfenft. 9lber fo tief wir eö anä) entpfinben, 
roaö Tüir Sitte, wäö unfere $8atcrftabt, waä unfer ganjed 
SSolf in biefem 2lugcnbUde oerloren f)at, bennod^ rootten 
wir unfre Häupter entporlieben unb nid^t trauern, wie 
bie, bie feine Hoffnung l^aben. „^aiV im ^erjen bie 
Hoffnung feft" — fo f)at ber ®ntfd^Iafene felber unö 
jugerufen, unb roir motten beffen eingeben! fein f)ier 
an feinem ©rabe, wo fo aSieleö über ©taub unb 9Ser:= 
gangtid^feit unö emporl^ebt. 2Bir fagen nid^t bloö oon* 
i^m: ©rwar unfer, nein, er bleibt unfer. ©o lange 

*) 3luä: @. ©cibel. ®in ©cbcnfblatt." Süberf 1884. 

Gmanuel (&tiM, ein ©ebenf^ud^. 9 



130 



nod^ unfre Kinber mit 3ubcl bie Änodpcit bcö SRai 
begrüben unb bic SBolfcn toanbcrn fc^cn am l^immlifd^cn 
3ctt, fo lange nod^ beutfd^en Jünglingen, beutfd^cn 
Scannern baö ^crj aufgellt beim ©ebanfen an baä 
aSaterlanb, baö „eine, grofee, munberootte", fo lange 
mä) 2^iefe unb Meinl^eit beö ©efüf)lö bie gierbe beutfd^er 
SBciblid^feit ift, fo lange nod^ emfte bcutfdpe ©emütl^er 
baö ©el^eimnife bcr Scl^nfud^t, baö „^eimmel^ naä) ber 
©roigfeit" empfinben — fo lange mirb ®manuel 
©eibel, ber fromme beutfd^e ©änger von ©otteö 
(Snaben, in ben ^erjen unfereö $8olfeä unoergeffen 
bleiben. 

^eilid^ mir, bie mir nid^t bloö ben 2)id^tcr oer^ 
loren l^aben, bie mir um ben 3Wenfd^en trauern, ben 
SRann mit bcm mannen i&erjen für bie ©einen, mit 
bem l^ol^en eblen ©inn, mit ber rücf^altlofcn aBaJ^r- 
fiaftigfeit, mit ber SereitroiHigfcit, jebem ®mpfäng^ 
lidiien auö feiner reid^en ©eifteöfülle mitjutl^eilen, mir 
fönnen unö nid^t baran genügen laffen, bafe feine Sieber 
unfterblid^ fortflingen in ben ^erjen unfres aSolfö; mir 
verlangen nad^ befferem S^roft. 3lber aud^ mir motten 
cö un§ oon i^m gefagt fein laffen: ^alV im ^erjen 
bie Hoffnung feft. §at er bod^ felbft uns baran er^ 
innert: „35aö ^erj aud^ ^at fein Dftern, mo ber ©tein 
com ®rabe fpringt, bem mir ben ©taub nur meil^tcn, 
unb maö 5Du emig liebft, ift emig S)ein". SDie oon 
uns gcfd^ieben finb, fie finb unö nid^t oerloren, eö ift 
nur eine anbere, l^öl^ere SKrt, in ber mir pe befigen. 



131 



— Slbcr mir lieben unfcrc ^crjcn noä) f)bf)tx empor! 
6§ ftnb l^eutc 20 3al^rc — „am Dftcrfamftag mar'd" 
im Saläre 1864, ba l^at bcr entfd^Iafcnc ©id^tcr aud^ 
be§ Sd^eibcnö Scib cmpfunben, ba l^at er, am Ufer 
bcr 3far manbelnb, mit aufrid^tiger tiefer S^rauer eineö 
großen S^obten gebadet, beö eblen dürften, beffen fönig^ 
tid^er 9luf bie ntnt ^eimatl^ if)m bereitet. ®amalä 
|at er fi(| baran aufgerid^tet, bag, mie er um erjäl^lt, 
„burd^ baö Xf}al im SBinb fierroogenb fam ber Dfter^^ 
glodEen äluferftel^ungöruf". Unb mieber ift'ö öeute 
Dftcrfamftag unb mir' fiaben bie fterblid^e ^ütte inä 
®rab gefenft, ein mel^mütl^igeö S^^Ö^ife fö^ ^^^ SBort 
ber ©d^rift: Sltteö gleifd^ ift mie $eu unb feine §err^ 
li^fcit mie beä ©rafed Stume. Slber über bem faum 
gefd^loffenen ©rab mirb aud^ ber Dfterglodcn Sluf^ 
erfte^ungöruf erfd^atten unb mirb eö unö unb- ber 
ganjen SBelt oerf ünben : ßl^rift ift erftanben ! ® er Xob 
ift oerfd^lungen in ben ©ieg. ®ott fei S)anf, ber unö 
bcn Sieg gegeben l^at burd^ unfern ^errn Sefum 
S^riftum. 2)ieö SSermcälid^e mu§ anjie^en baö Um 
oerroeölid^e unb bieö ©terbtid^e mu§ anjie^en bie Un- 
ftcrblid^feit. ®a§ ift aud^ feine Hoffnung gemefen. 
Unb barum: galtet im ^erjen bie Hoffnung feft! 

So laffen Sie nn^ bcnn t)on biefem ©rabe 
fd^ciben, oerel^rte Seibtragenbe , mit ber lebenbigen 
Hoffnung, bafe eö über ber fterblid^en §ütte, bie mir 
^ier eingefenft l^aben, alö eine Saat von ©ott gefäet, 

9* 



— 132 — 

jur Slufcrftcl^ung ju reifen, beretnft feine Ie|tc, ^o^fte 
©rfüffung finben wirb, roaö imfereä ©id^terö 2ßal^Ifpruii^ 
unb fiofungöwort unb oielfad^e ©rfal^rung im Seben 
geroefen ift: 

„6ö mufe bod^ ^l^ling werben". 

Slmen. 




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-<«NVW»^i—»— ♦—♦—•— ww>^J ö 



€in (Bebenfblatt 

3Jon 
grciburg i.95r. 

•c)tes Wort gilt ntc^t bem Dichter; es belebt 
Des eblen ^(reunbes Btibntg, bes oeret^rten, 
Durd? langen Schritt ber 3aljre gletc^ betpSIjrten, 
IDie's t{euf aus tt^nen mir oorüberfd^toebt. 

IDas et; ftc^ überlebenb. t{oc^ erfirebt, 
IDtrb erft bie tlac^toelt gans unb ooQ beipertt^en ; 
Qier fpric^t nur Crauer eines XX^eggefät^rten, 
IDos in bie (Erbe man mit xtim begräbt. 

Zlid^t n>as er ift nnb bleibt, boc^ n>as er n>ar. 
Des Dichters (Slanjgejiirn »irb nid^t rerbleic^en, 
Der nienfc^ erlitt mit enger ^reunbesfc^aar. 

IHag anbre fjanb ben golbenen Kraus iljm reichen ! 
3d? leg' aufs 6rab bies Blatt iljm rom 2lltar 
Des Bfex^ens, als ber £iebe fc^Iic^tes geic^en. 



— 134 — 

®ö ift ©onntag, unb feit l^cut' ü)lorgcn ift cd mir, 
ate lauteten bie oielen ©Coden greiburgö raftloö: ,,©eit^ 
bem bie ©onne aufgegangen, liegt ©manucl ©eibel 
tobt brübcn im SRorben." Slud^ in Sübecf wirb fonm 
täglid^cö Slad^mittagögerooge icfet bie Strafen füllen, 
unb t)on benen, meld&e il^r 2Beg burd^ bie Äönigöftra§e 
bringt, l^aben üieHeid^t einige bie S^raucrfunbe fd^on 
vernommen unb fie fd^auen, anl^altenb, nad^ ben oep 
l^ängten genftern auf, l^inter meldten il^r ©J^renmit- 
bürger, ber roeiteftgenannte ©ol^n il^rer SSaterftabt, ber 
SÄul^m unb ©tolj berfelben, auö bem Sebcn gefd^ieben 
baliegt. Kaum ©iner wirb unter il^nen fein, ber il^n 
nid^t t)on 9lngefid^t gefannt; bafe t)erl^ältni§mä§ig nur 
SBenige feine bid^terifd^e Sebeutung üoH }u roürbigen 
roiffen, liegt in ber 9latur ber Sßenfd^l^eit. 3lber OTe 
werben empfinben, ba§ ßübed einen l^ol^en SScrluft er- 
litten l^at, unb Seber mirb biefem ©efül^l nad^ ber 
©tufe feines aSerftänbniffeä 9luöbrudE geben, "^txcx eö 
war etmaö ©elteneö in unferer "^txi, mie ber SSerftor- 
\^txit nid^t allein bem weiten beutfd^cn ©eiftcöleben, 
fonbern im engeren ©inne feiner ^eimatftabt ange^ 
l^örte. SBol^l in ber mittleren 3^it feines 3)afein§ t)on 
il^r getrennt, l^atte eö il^n mit bem beginnenben 9llter 
an bie ©tätten ber 3ugenb jurüdfge jogen ; mo feine 
SBurjeln l^afteten, breiteten feine abenblid^ beglänjten 
SBipfel ftd^ aus, fiel ber ©d^nee auf feine §aare. 
SDie alte S^raoeftabt mar feine Sßutter, unb er l^ing mit 
treuer ©ol^neöliebe unb ^ietät ^xi il^r; fie l^at'ö i^m 



— 135 — 

cergolteu unb il^r nad^geroad^feneö tjeutigeö ©efd^lcd^t 
loieberum jur Siebe unb 5ßietät für if)n erjogen. ©in 
fefteö unb fd^öneö S3anb umfd^Iong fie; ob er einfam 
lebte, mit ben Salären feltener 9lnbere fal^ unb gefefien 
würbe, wax er in bem Seroufetf ein 3lUer ftetö üorl^anben. 
Selbft <3old^e, bie, of)nt !3nterejfe unb 3Serftönbni§ für 
bie Did^tung, von feinem roirflid^en SBert^e faum eine 
3l^nung befa^en, bie SBirffamleit eineö ^oeten meßeid^t 
fel^r gering fd^äfeten, fonnten fid^ bem 9lßgemeingefüf)l 
nid^t entjiel^en, mit einem gemiffen patriotifd^en ©tolj 
Don „unferem ©eibel" ju fpred^en. ©o mirb fein §aua 
in SübedE fein, bafe ifin nid^t oermifet, nid^t eine SBer^^ 
armung ber ©tabt empfinbet. 

Unb bennod^ fel^e id^ im ©eifte, mie bie Seute 
gegenwärtig, nad^bem fie ju ben oerpngten genftem 
auf geblitf t, i^ren 2Beg f ortfefeen. ©ie reben im SBeiter- 
getien eine SBeile über ben S^obten, fagen ifim ©uteö, 
3lül^mlid^eö, Unoerftanbeneö nad^, bann erreid^en fie 
Dorm X^ox bie ^läfee ber fonntagnad^mittägigen SBer- 
gnügungen, effen, trinfen, fd^mafeen unb lad^eh, ah fei 
nid^tö gef d^el^en. SBaä f oßten fte aud^ anberä ? 3)aö 
Seben gel^t eben meiter, eö mag auö il^m fortgegangen 
fein, mer immer. 

33ießeid^t —- unb id^ moßte, eö märe fo — finb 
bie genfter aud^ nid^t oerl^ fingt, fonbern bie Hnbe 
^I^Hngöfonne, ber erfte, fü^e Slüttjenbuft unb baä . 
I^ette ©lodfenfpiel von ©t. Sßarien grüben nod^ einmal 
ba§ falte 3lntlife beffen, ber fie 3lße fo fel^r geliebt unb 



— 136 — 

oft bcr aSerfünbcr il^rcr fed^önl^eit gctüefcn. SBic id^ 
^inauöl^ord^c, roonbeln ftd^ mir bie üKünftcrglocfcn grci^ 
burgd traumhaft )u benen von (Band kartend l^ol^en 
Doppcltl^ünnen, txnl SBoge t)on ©lanj, 3)uft unb 
Äcbcndtüännc bcä Scnjcö brid^t burd^ bie offenen jjenfter 
}u mir l^erein, unb id^ glaube* eö immer nod^ nid^t, 
bafe ®r, beffen 93ilb bort oom ©d^reibtifd^ atoertraut 
unb ocrel^rt auf mid^ l^erabfiel^t, für cmig auögelofd^t, 
nirgenbroo auf ©rben mel^r ift. — 

SBor mir liegt ber erfte 33rief, ben id^ oon ® eibel 
im 3al^re 1862 empfangen, unb fiefit mid^ mit blauer 
2:inte auf fd^on tivoa^ oergilbtem Statte feltfam mit 
feinen fd^öneu/ großen, flaren, d^arafterooUen ©d^rift- 
jügen an. ©o nal^ mir unö fpäter getreten, befi^e id^ 

bod^ nur fel^r menig 3"f^rift^^ ^^^ i^^- ®^ beant^ 
roortete etmaige an xf)n gerid^tete 9lnfragen ftetä mit 
großer 5ßf[id^ttreue unb ©d^neUigfeit, bod^ freiwillige 
Briefe fd^rieb er nid^t gern; im legten 3al^rjef)nt, glaube 
idEi, überl^aupt nid^t mel^r, menigftenö beroal^re id^ an^ 
biefer Qdt faum anberes oon il^m, aU mir bann unb 
roann jugeflatterte SBerfe, jumeift ©l^afelen. 

3d^ l^atte il^n fd^on feit ben legten fünfjiger Salären 
ab unb ju in SübedE im §aufe eines gemeinfamen 
^eunbeö gefeiten, menn er fid^ bort oon SKünd^en au§ 
jum S9efud& auft)ielt, aber als Junger, wenn aud^ menig 
eifriger ©tubent ber Sßebicin befa§ id^ bamal§, obrool^l 
ober oießeid^t meil id^ felbft SSerfe mad^te, mel^r ©d^eu 
oor il^m, als ben SBunfd^, il^m naiver ju fommen. 



-- 137 — 

Dicö Snbertc fid^, n)ie idEi inf 3af)rc 1862 bamit um* 
ging, mein ©tubium oößig aufjugeben unb midEi ganj 
ber Sittcratur jujurocnberi. 2Bic cö in [old^cn gälten, 
unb jumeift mit tJoUem ditd)t, gefd^icl^t, trof id^ babei 
auf ftorfen SBiberftanb. ©ingel^olteä ^rofefforen*®uti 
ad^ten fiel fel^r mißfällig unb mißädEitlid^ auö unb gab 
ftd^ menig äßül^e, ju oerl^el^len, baß vernünftige, vom 
Staat orbnungägemäß befolbcte Seute fold^e 3lbfid&t 
nur als eine S^rägj^eitöauöflud^t eineö fonft unbraud^:? 
baren 3nbimbuumö anfeilen fönnten. 3n biefer SRatl^* 
unb igülflofigfeit faßte id^ mir ein §erj, mid^ brieflid^ 
an®eibel ju menben, ju roeld^cm ©nbjmedf mußte id^ 
felbft faum. 3d^ l^atte feit Salären in ber ©tille eine 
J^ragöbie um bie anbere gef daneben unb legte bem 
Sriefe eine „ßlfribe" (berfelbe ©toff, ben fpäter ^aul 
§e^fe bel&anbelt l^at) bei. SBenn id^ baö SKanufcript 
^eut' anfeile, muß id^ läd^eln. ®ö mar ein Ungetl^üm, 
birelt auö mißverftanbener ©l)afefpeare?£ectüre megge* 
laufen, im SSeröbau, im ®ti)l, in allem mel^r englifd^ 
ate beutfd^, SRad^al^mung ganj unb gar. !3d^ empfanb 
bie§ felbft, unb alö id^ baö ^adet jur ^oft gegeben 
(beiläufig foftete fold^e ©enbung t)on Äiel nad^ SübedE 
bamatö nod^ ein fleineö SSermögen), l^ätte id^ e§ fd^on 
auf bem ^eimmege am liebften mieber jurüdEgel^abt. 
3Benn bie ^rofefforen mir bereits meine ^lid^tönugig* 
feit in ber gebilbeten SBelt fo beutlid^ ju t)erftel)en 
gegeben, mie jerfd^mettemb mußte erft ba§ Urtl^eil beS 
berülimten ©id^terö auöf allen? 



- 138 — 

2)od^ ftatt bcffen cif ielt id^ jenen erften S3rief oon 
il^m. 2)er JDid^ter f)at fid^erlid^ anä) über meine angli^ 
ftrenbe 2^ragöbie geläd^elt, aber ber 3Äenfd^ fül^lte bie 
l^ilflofe 3lotf) eineö SRenfd^en, ber einfam nadEi noä) mu 
üerftanbenen 3tct^n [ud^te, unb er war menfd^lid^ gütig 
unb warb il^m jum gül^rer. ©ein.e von leerem ^od^- 
mutl^ unberüfirte ©eele nal^m fid^ beö ungelenfen 
2^rad^tenö bei bem jungen 5Reop^r|ten an, um, wenn eö 
möglid^ fei, baffelbe ju läutern unb ju förbern. ©ein 
SBrief eröffnete mir einen erften (^inblid in fein eigent? 
lid^eö SBefen, ber nac^f)er überaß 33eftätigung gefunben; 
eine ©teile barauö aber ift aud^ für bie fünftlerifd^c 
9lnfd^auung beö ©id^terö bejeid^nenb, fo ba§ id^ fie l^ier 
miebergeben will, ©ie lautet: 

„Sin fold^eö Talent fd^eint mir, je me^r eö oer? 
I^eifet, befto bringenber ber ©d^ule ju bebürfen. Unter 
©d^ule aber oerftel^e id^ nid^t fomol^l bie blofec SKit- 
tl^eilung biefer ober jener ^^eorien unb überlieferbaren 
^anbgriffe, fonbern vor allem bie i^äufig gebotene ©e^ 
legenl^eit felbft ©rfal^rungen ju mad^en ober bod^ frembe 
©rfal^rungen miterlebenb fidEi anjueignen; id^ üerftel^e 
ferner barunter ben förbernben Umgang mit ebenbürtigen 
Äunftgenoffen, bie bei jeber neuen ©d^öpfung baö ©e^ 
lungene mit greuben anerfennen, baö SSerfel^lte nad^fid^tö- 
loö bei SKamen nennen. ®a§ Urt^eil von Saien mirb 
uns nur ju leidet oermirren, ba e§ faft immer me^r 
auf einem bunfeln ®efül|le, alö auf mirflid^er ©infid^t 
berul^t unb aufeerbem meiftenö an ©injell^eiten unb 



— 139 — 



3?cbcnbingcn l^aftet. 3luv bft Sßitfünftler wirb Sinnen 
fagcn fönncn, nid^t bloö, bafe etroaö ocrfel^en ift, fonbcrn 
aud^ roaö unb n)o; nid^t fetten [ogar, toie ju l^elfen 



Toäre." 



S)ie ©rfa^ning beö eigenen 2eben§ l^at mir im 
allgemeinen biefe Slnfd^auungen, befonberö bie Untere, 
par nid^t immer beftätigt, imb id^ glaube, aud^ ©eibel 
felbft ift in fpäteren S^agen roo^l met)r von if)mn jurüd^ 
gefommen ober roenigftenö ju einer (Sinfd^ränfung ber^ 
fetten gelangt. 2)od^ ba^ fie bamalö t)olt feiner SJleinung 
entfprod^en, ift von Sntereffe, unb nod^ ein anbereö 
nebenbei, ©eine 2)id^tung f)at unö feine einjige ^rofa^ 
fd^rift l^interlaffcn, aber bie mitgetl^eilte SBriefftelte jeigt, 
in TOeld^er fd^öncn, Haren unb fidleren SBeife er bie 
$rofa JU bel^errfd^en oermod^t f)ätte. Mein er be- 
trad^tete fie für bie ©id^tung als ungenügenb, ber gorm 
entbel^renb ; fein ®efüf|I verlangte bur(^aud ben9ll^i)tl^muö, 
ber über bie S^ageöfprad^e aufl^ob, bie ©prad^e mar il^m 
Slol^ftoff, auö bem erft berOKei^el metrifd^erKunft roürbige 
poetifd^e ©ebilbe l^eroörfd^uf. ^uv Unterl^altung imb aud^ 
eigener 9lnregung las er inbe^ ^rofasßrjäl^Iungen gern, 
fonnte fid^ brein oertiefen unb fold^en, bie ifim jufagten, 
aud^ baö ^räbicat „fd^ön" juertl^eilen. S)od^ nid^t oiele 
erl^ielten bieö unb immer mit einer gemiffen JReferoe. 
6s fd^ien, ba^ er mol^l ab unb ju mit bem ©ebanfen 
fpielte, fid^ felbft für irgenb einen ©toff ber ^rofa ju 
bebienen, aber er ift nie ju einem 9luöfül^rungäbeginn 
gefd^ritten. 3m ©efpräd^ äußerte er mir einmal : „SBenn 



— 140 — 

xäf einen 3loman oerfaRert rooUte, [o würbe xä) grobaus 
barauf lodfd^reiben unb bann abwarten, road baraud ju 
©tanbe fäme." Dad SRecept ift — cum grano salis 
aufgefaßt — an fid^ oieUeidEit nid^t bad übelfte, bod^ 
in feinem 3Äunbe brüdfte eä iebenfaHö eine gering- 
fd^figenbe 93etrad^tung beö Äunftroertl^eö von Slomanen 
unb ^loücDen auö. 

3d^ feiere nod^ einmal ju jenem Sriefe jurfid, 
beffen weiterer SBerlauf midEi in ermutl^igenber SBeife 
aufforberte, meinen Sttufentl^alt in Sßünd^en ju nel^men, 
unb bamit jugleid^ ben mir juoor geleifteten SBiberftanb 
gegen mein ßinfd^tagen einer litterarifd^en Sgufba^n 
befiegte. 3d^ befud^te il^n nod^ ju naiverer Serebung 
in Sübedf, mo er bamalö unfern oom Sßül^ltl^or mit 
ber 3luöfid^t auf. bie Domtl^ürme mol^nte — eine 3Uu^ 
ftration ju einem feiner ©ebid^te l^at il^n im ©arten 
l^inter bem §aufe neben feinem fpielenben S^öd^terd^en 
figenb bargefteßt — unb id^ fanb il^n perfönlid^ bem 
^emben ebenfo offemfreimütl^ig, woJ^lmoUenb^l^erjUd^ ' 
entgegenfommenb, mie fein ©dEireiben il^n gefennjeid^net. 
3m fpäten ^erbft be§ 3af)reö folgte id^ i^m nad^ 
9Künd^en. 

®ö mar ein finfterer 3lbenb, aU iä) bort eintrof. 
^ä) mar an einem jener jauberifd^cn Sflooember^Sonneu^ 
tage, mie fie füblid^ oom SJiain mand^mal nod^ leud^ten 
unb burd^märmen, auö SBürjburg gefafiren; alö id^ am 
anberen SJlorgen in 9Künd^en auö bem genftcr be« 
„9lugdburger ^ofe§" btidfte, lag ©d^nce auf ben ©äd^ern 



— 141 — 

gegenüber, unb oon bcn ©eftmfen beö bamalä nod) um 
fd^einbaren, fd^Ud^ten ,,®aftl^ofe§ jum Stad^uö" l^ingen 
' €iö}apf en l^erunter. 3luf bcr ©trage roax eö- roul^, roinbig, 
fd^mufenag unb alleö mir roilbfremb ; an 2eib unb Seele 
burd^fröftelt, fud^te id^ ©eibeU ^auö auf. 6r wol^nte 
in ber Sarlöftrafee, wenn mein ©ebäd^tnig mid^ nid^t 
täufd^t, 5Rr. 20, bort mo bie trompetenartig fid^ er^ 
Toeitembe ©ad^auerftrage in jene einmünbet unb einen 
breiedfigen, mit einigen Säumen (aud^ l^eut' nod^) be? 
festen ^Ia§ bilbet. 3luf baö ©ejmeig berfelben unb 
einen barunter beftnblid^cn fleinen 93runncn gingen [eine 
^enfter „über eine ©tiegc" l^erauä. 

3d^ mar mol^I in ber $aft meiner forperlid^en unb 
gemüt^Ud^en groftüberriefelung reid^lid^ frül^ am 3Äorgen 
gefommen, bennOcibel l^atte feine SCoilette nod^ nid^t 
beenbigt; er mar fein grül^aufftel^er unb liebte eö, ob^ 
gleid^ er nid^t lange fd^lief, mad^liegenb feinen ©ebanfen 
unb .bid^terifd^en 5ßlänen nad^jul^ängen. ©o warb id^ 
auf meine 3lnmelbung l^in in fein 3lrbeitäiimmer ge^ 
fül^rt unb ftanb unerwartet vox bem lebenögrofeen Silbnife 
feiner fo jung oerftorbenen ©attin. 33on il^rem SÄntlife, 
i^rem fileibe, einem Äranj auf bem ©d^eitel, ber jegt 
fd^redfl^aft an einen S^obtenfranj gemafinte, ging ein 
weigeö Sid^t auö ; eö überf d^auerte mid^ in ber lautlofen 
©tille beö fremben ©emad^eö, in baö bie fd^önen, er^ 
lofd^enen 3lugen be§ mörd^enl^aft lieblid^en ©efid^tö, 
wie in ftummem S3anne l^altenb, überall l^inblidEten. 
2Bo immer id^ fpöter baö 33ilb in anberem SRaume ge^ 



142 



feigen, l^at cö mir ftctö toicbcr bicfcö crfte überfd^auembe 
©efüi^l gleid^artig aufgeroccft, unb ber ®influfe, ben bicfer 
rounberfam crgrcifcnbe, IcbcnöooII an ben 2^ob, bic 93er* 
gänglid^feit beö ©d^önften unb S^l^cuerften mal^nenbe 
S^nblicf bei jebem Slugenauffd^tag auf bie 3)id^tung bes 
oercinfamt äwrii^g^Miebenen geübt l^aben muß, ift ftd^er 
von nid^tö anberem übertroffen morben. 3d^ glaube^, 
bafe fein geftfialten an einem Unfterblid^feitöglauben bi^ 
julefet — obrool^l feine frül^erc bogmatifd^j^d^riftUd^e 
©läubigfeit tängft erfd^üttert mar — mefentlid^ ber 
tiefen ©el^nfud^t unb bem ©emütl^öbrange entfprang, 
fid^ burd^ feinen 3^^if^' beirren ju taffen, baj5 er bie 
93erIorene in einem 3enfeitö mieber pnbe. ©efprod^en 
^at er nie baoon, mir t)on ber S^obten überl^aupt nid^t» 
3lber bie (Sinfamfeit, bic mir an jenem erften SRorgen 
fd^mermutl^öoolt an^ feiner oeröbeten SBol^nung entgegen- 
meldte, lag in 2Ba^rl)Ät über feinem Seben. S)er ©ic^ter 
mod^te fid^ in äßünd^en l^eimifd^ füllten, ber aWenfd^ 
fonnte e§ nid^t fein. 6r mar burd^ unb burd^ norbbeutfd^^ 
l^ing mit allen gäben ber ©eele an feiner ^eimatl^ftabt 
SübedE, mol^in er feine einjige Sod^ter Sßarie SSermanbten 
jur meiblid^en Pflege übergeben, unb mar an ber 3far 
in ber g^embe. ©ine alte SBirtl^fd^afterin fül^rte il^m 
ben ^auöl^alt, fein mirflid^er ^eunbedoerfel^r befaß 
feinen meiten Umfang, betraf mieberum jumeift ben 
2)id^ter, nid^t ben SKeufd^en. 9lm näd^ften ftanben il^m 
jmeifeHoö ^aul ^egfe unb beffen ©d^miegermutter 
ßtara Äugler, ber er fd^on in 93ertin feine erften 



143 



^ugcnbgebid^tc geroibmct l^atte. ^on bcn j[üngcrcti 5ßoeteu 
in ajlünd^en xoax er am meiftcn mit ^cinrid^ Scut^ 
^olb unb ipanö topfen oerfnüpft; für bcn Äönig 
3Raf liegte er eine aufrid^tige unb liebeüoUe 93erel^rung, 
fein „Dfter[amftag"^®ebid^t auf ben plöfelid^en ^ob 
beffelben cntPojs tiefinnerlid^er ©rgriffenl^eit. SDlit bem 
tonige oerlor ©eibel feinen eigentlid^ften ^alt in 
SBünd^en, unb fein Fortgang au^ biefem mar von ba 
an TOol^I nur ju einer S^age ber ^tii gemorben. 9lud^ 
fonft griff ber 2^ob mannid^fad^ in feinen Umgangöfreiö 
ein. 3lbenbd traf id^ oftmafe mit il^m im $aufe ber 
rufflfd^en „S^au ©taatörätl^in" v. ßebebur jufammen, 
bei ber er mid^ eingefül^rt l^atte. ®ö mar eine eftl^:? 

länbifd^e 3)ame auö ber alten 3^^^/ ^^^^ f^ft ö^^tjtfl* 
jo^rig, ftarfen ©eifteö, ber beutfd^en Sittcratur befonberS 
juget^an; fie empfing aUabenblidEi unb fajs fd^neemeijsen 
§aarö l^od^ aufredet an ilirem S^l^eetifd^. 9Kan tranf 
ben feinften ruffifd^en ÄaramanemSE^I^ee bei il^r, unb je 
mel^r 2:^affen man bavon nal^m, befto mcl^r ftieg man 
in i^rer ®unft. 3^^ ^^^^^ l^äupgen ©äften gel^örten 
gleid^faBö ^etifc, ber 6ulturl)iftorifer §. SB. JRie^l 
unb SJ^I^eobalb ferner, bie, mie ©eibel, mand^e 
i^rer neuen ©d^öpfungen bort juerft t)orlafen. 3)ie alte 
3)ame unb il^re ^ßflegetod^ter „^röulein 3utie" l^örtcn 
unb urtl^eilten mit feinem SBerftönbnijS ; in bem $aufe 
we^te nod^ ein 5Rad^ftang üergangener litterarifd^er 
Sntereffen au§ bem 9lnfang beö 3cif)rf)unbertö. 2)od^ 



144 



alö id^ eincö S^ageö na6) längerer 3lbn)cfenl^eit t)on 
aKünd^cn bei ber 3lütffel^r bcn erften ©d^rit bortl^in 
lenfte unb bie alte ©iencrtri auf bcm SSorflur befrug, 
ob bie grau ©taatdrätl^in ju fpred&en fei, erl^ielt i^ 
bie 3lnttt)ort: ,,®ic grau Staatörätl^in fmb tbtn 
geftorben". 

^äf l^attc (^eibelö §aufe fd^räg gegenüber in ber 
SDad^auerflra^e eine SBol^nung gefunben, unb fein ©efül^l 
überfam ntid^ rool^Itl^uenber unb berul^igenber, aU ba§ 
eö mir möglid^ fiel, auö meinen genftem in bie feinigen 
JU feigen. 2)aö aUein bannte mir oft eine bitterlid^e 
@mpfinbung ber SBerlaffenl^eit. 2)er JBerfel^r in bem 
großen, fpejifif d^4itterarif d^en Äreif c mar nid^t fel^r er- 
quidEIid^, bot iebenfaHö baö nid^t, roaö ber S3rief ® eibels 
in 3lu§fid^t gefteßt l^atte. Die ©injelelemente mürben 
aUerbingö von einem äußeren S3anbe, bem SSerein ber 
„SrofobiUe" jufammengel^alten, bod^ waren fie ju== 
meift innerlid^ gefd&ieben. 3lud^ einige ^erfönlid^feiten 
von unbeutlid^em ©l^arafter befanben pd^ barunter; bie 
3ßeiften fannten fid^ im legten ©runbe oiel ju menig, 
alö bafe oon einem S^eunbfd^oftöoerl^ältniß bie Siebe 
fein fonnte. SRur baö gemeinfame ©treben auf bcm 
gleid^en — ober bem Flamen nad^ gleid^en — ©ebiet 
vereinigte, aber eine roirflid^e med^felfeitige görberung 
l^at eö fd^merlid^ erjielt; ber ©runbton mar ein t)öBig 
anberer. 5Rad^ meinem ®efäf)l liegt bieö bei einer 
fold^en, nid^t natürlid^ ermad^fenen, fonbem faft jmangd- 
weifen 3wfö^^cttgefellung fo oieler, immerl^in fonber- 



— 145 — 

gearteten Snbioibualitäten in ber Sad^e unb fonnte 
faum anberd fein. 3Jtxä) bändet anä^, bad ^erl^ältnig 
©eibeU, beä ©tifterö ber StrofobiI^©enoffenJd^aft, 
}u biefer muj3 im 9lnfang ein engereö, l^offnungöooßered 
geroefen [ein unb war ju meiner ^txt fd&on crl^eblid^ 
gelodfert. 6r befüd^te rool^l jiemlid^ regelmäßig bie 
3SereinöQbenbe, boä) bcfdEiränfte ftd^ fonft auf ben per* 
fönlid^cn SSerfel^r mit SBenigen. 3n ben fogenannten 
„äffenfaften" beö 9Iuguftinerbräu'ö , mo fidEi an jebem 
anberen 3ö)enb bie SÄel^rjal^l ber „Ärofobilte" bei 
gutem S5ier unb entfefelid^cr Suft jufammenfanb, fam 
er nie. 

So fal^ id^ if)n J^auptföd^lid^ auf ©pajiergäugen, 
ju benen er mid^, meiftenö unter meinem genfter laut 
rufenb, abf)Olte, ober in feiner SBoi^nung, bie mir ftetö 
offen ftanb unb in bie er mid^ oft ju feiner 3lbenb^ 
ma^Iieit gaftlidE) einlub. 8ie mar mir ein J^eimatJ^- 
Ud^er Sletf in ber frembbleibenben ©tabt, ber liebfte, 
enoärmenbftc, unb fie allein bot mir immer im reid^ften 
äRafee baöienige, maö fein S3rief oerl^eißen : SRatfi, Sei* 
^ülfe, Seigre unb gö^^^^wng, bod^ baneben, mir alä 
baö 2Bi(^tigfte, mad^fenbeä freunblid^eö 3^*^^"^"- 
6r mod^te füfilen, baß id^ bcffen oor allem beburfte, 
unb unfere l^albe Sanbämannfd^aft (obrool^l er als 
Sübeder eine l^iftorifd^ geworbene 3lbneigung gegen Äiel 
nid^t unte^brüdfen fonnte) trug baju bei, unö in ber 
Srembe naiver ju rüdEen. Sonft fonnte id^ ilim natura 
lid^ menig bieten, roefentlid^ nur meinen eifrigften 

(£manue( &tiM, ein (^ebenf6u(^. 10 



— 146 — 

5ffiunf-c^, mid^ von il^m bclcl^rcn ju loffcn. ®oci^ er 
fritifirte aufö cingel^enbfte meine fd^Ied^ten ©ebid^tc; 
id^ iDugte im mxan^, ha% an feinem etmod @uteg 
bleiben mürbe unb freute mid^ bod^ barauf. ©o un^ 
nad^giebig ftreng er jeben fleinften äRangel ber gorm 
rügte, nid^t feiten fogar, mo id^ es am menigften ep 
märtet l^atte, in l^eftigen Unmutig audbrad^, bad ?Olann^ 
fcript entrüftet beifeite marf unb großen ©d^ritteö im 
Sintmer auf unb ah ging, fo befafe bie 3lrt feineö ^abete 
bod^ nie etmaö ©ntmutl^igenbeö, fonbem el^er etmaö Slm 
feuembeö. ©eine SRatur mar überl^aupt, befonberö bei 
einem SBiberftreit ber äßeinungen eine leibenfd^aftlid^e, 
JU iöi^em 9Iufbraufen geneigte; mo er von ber Unum- 
ftöfelid^feit feiner 3luffaffung, oox attem in fünftlerifd^en 
SDingen, überjeugt mar, ertrug er fd^mer 5ffiiberfprud&, 
ol^ne in l^eftige ©rreguftg ju geratl^en. ©eine ©prad^e 
mürbe bann jumeilen fo gerauf d^oolt, ba§ er Unbefann- 
ten ben ©inbrudf medfen mufete, fid^ im fiu^erften ^oxn 
ju befinben; in fpäteren 3al^ren midien unfere Slnftd^ten 
in litterarifd^enSlngelegenl^eiten mannid^fad^ audeinanber, 
unb eö ift mol^l faum ein Swf^wmenfein jmifd^en unä 
Dergangen, bei bem er nid^t irgenb eine 3lnfd^auung 
von meiner ©eite mit fold^em plöfelid^en 3luöbrud& beö 
Unmißenö oerurtl^eilt l^ätte. 2)anad^ ftanb er faft 
immer auf unb ging etma eine Sßinute lang fd^meigenb 
rafd^ l^in unb mieber; bann l^atten fein ©epd^t, feine 
blißenben 9lugen, feine ©timme fid^ ooDftönbig beffinf- 
tigt. 2Benn er einmal mit feinen SBorten etmaä gar 



— 147 — 

}u unroäl^Icrtfcl^ ücrfofiren roat, lam er mit einer ®nU 
[(i^ulbigung um Snbemnität ein, ober fonft bat ein 
ftummes, unenblid^ liebenömürbigeö 2&^dn, ben errege 
ten aRoment ju oergeffen. 3)aö gefd^al^ regelmäßig, 
man toufetc eö fidler oorl^er unb fonnte il^m nid^t jürnen, 
benn cö entfprang auö feiner SRatur, oielteid^t aud^ aud 
feinem förperlidEi leibenben 3"ftöttbe. !3n faft einem 
SSiertelial^rl^unbert l^at fein 3lufbrQufen mid^ niemalö 
}u einer erregten ©rmiberung fortgeriffen unb mir finb 
nie in einer 3Wi§ftimmung auöeinanber gegangen. 

9lm fd^onungölofeften, mie gefagt, oerbammte er 
©ebid^te, bie feinen 3lnforberungen nidöt entfprad^en. 
6ein Urtl^cil barüber fiel mand^mal gönjlid^ unerwartet, 
im ooUften ©egenfafe ju bem allgemein fanctionirten 
auö; j. 39. waren il^m ber „(Srlfönig" unb „2)eö 
©ängerögludEi" burd^auö „fd^led^te ©ebid^te", über bie 
er fid^ l^eftig ereifern fonnte. ®egen 5ßrofa oerl^ielt 
er ftd^ weit nad^fid^tiger. 9llö id^ il^m meine erfte 
9lot)elle porgelefen unb, feinen 3orn befürd^tenb, inne^ 
Ijielt, fagte er, fid^ ben S3art brel^enb, mit feiner tief^ 
fonoren ©timme: „3l\xn, bamit fönnen ©ie (Selb oer* 
bienen". Unb fein begleitenbeö Säd^etn fügte brein: 
©aju finb ja fold^e 2)inge gut unb nüfelid^. 

Unter ben übrigen fünften intereffirte er fid^ am 
lebl^afteften für Sßuflf unb 3lrd^iteftur. gür bie legtere 
glaubte er eigentlid^ S3eruf befeffen ju l^aben unb be^ 
bauerte öfter, bemfelben nid^t nad^gefommen ju fein; 
er liebte ganj befonberä baä g^eiburger SRünfter „alö 

10* 



— 148 — 

baö fd^önftc monumentale ©ebid^t". 3u ber äßuftf 
üertrat er, wie in ber ©id^tung, bie ctaffifd^e Siid^tung, 
war ein S^obfeinb SB agner 'fd^er Dpern, unb il^n fonnte 
nid^tö ungeftümer aufbringen, als rotnn 3emanb an ben 
tegteren irgenbetoaö in ©d^ug nal^m. 3)en „SoJ^en- 
grin" tiefe er im ©pott gelten, wenn man fid^ bie 
D^ren juftopfte unb nur mit ben 3lugen l^örte. ©d^te 
aWufif aber bereitete il^m pd^ften äftl^etifd^en ©enufe 
unb er befafe für biefelbe feinfte ©mpfinbung un'o SSe- 
urtJ^eilungöfäl^igfeit, obwohl er felbft meber fang nod^ 
irgenb ein ^nftrument fpielte. 

©ein ^auptintereffe roanbte fid^ in ben legten 
Sal^rjel^nten bem 3)rama ju, bod^ nid^t attein biefe 
Sid^tungäform, fonbem aud^ bie Sül^nented^nif be? 
fd^äftigte il^n auönel^menb. SBenn bie te|tere an 
einem ©tüdfe gefd^idft unb mirffam mar, fonnte 
er, maö il^m fonft nid^t leidet gefd^al^, über bid^te^ 
rifd^e ©d^roäd^en beö 3!n^alt§ l^inroegfel^en, unb er 
oerl^iett fid^ beöl^atb feineömegö fo principiett gegnerifd^ 
gegen ba§ mobeme franjöfifd^e ©d^aufpiel, mie es 
fonft nad^ feiner gangen ftrengen Äunftauffaffung trmartet 
werben mufete. .^ier »erlangte er fogar ben 93erö nid^t, 
obwohl er felbft fid^ fd^merlid^ ju einer S^ragobie in 
^rofa entfd^loffen l^aben mürbe, ©eine 3lntl^eilnal^me 
im 2^t)eater mar eine äufeerft tebl^afte, befonberö bei 
ber 3luffüt)rung feiner eigenen ©tüde, unb er äußerte 
jiemlid^ rüdfl^altöloö unb laut feine SReinung, S^^nt-- 
ben^eit ober SKifefalten. 3n ÜKünd^en erl^ielt id^ ein- 



— 149 — 

mal ein ^arquctbillct oon il^m jur 2)arftettuit9 feiner 
„Srunl^Ub"; am 5Äbenb ergab fid^, bafe id^ meinen 
5ßlag neben bem feinigen einnal^m. ©efpannt folgte 
id^ nad^ bem 9lufgang beö aSorl^angö ber erften Scene, 
bod^ immer mit ber ©mpfinbung eineö unerftarlid^en 
ftorenben ©eräufd^es neben mir. (Srft mie id^ l^alb 
aufgebrad^t ben Äopf manbte, entbedte id^ ben Slnla^ 
ober bie Url^cberfd^aft. ©eibet begleitete iebeö SBort, 
jcbe Scmegung auf ber SBül^ne mit einer anberen feiner 
eigenen ^änbe, bampfenb ober anfeuernb, befd^teuni^ 
genb, jurüdfl^attenb, .fcanbirenb, unb ftie§, offenbar 
feiner SKeinung nad^, unoemel^mbare, bod^ oft fefir 
beutUd^e Saute ber SKifebittigung unb 3^^^^t^^^fw^fl 
in ben Sart. 3)ie Seute uml^er, bie i^n nid^t fannten, 
fallen nad^ unferen Sigen unb mad^ten ©tilte forbembe 
3ei(i^en. 6ö mar peinlid^, attein er fal^ unb prte 
nid^tö baoon, xou^tt nid^t, bafe il^m bie 3lufforberung 
galt, unb ful^r burd^ alte fünf 3lcte üt gteid^er SBeife 
fort. 9lm ©d^tu^ mar er, tro|bem bafe er eigentlid^ 
nur Unjufriebenl^eit funbgegeben l^atte, von ber SSor* 
ftellung ooBig befriebigt. ©ein tebl^afteä SCemperament 
erfüllte il^n aber fortmäl^renb mit ber 93ef ürd^tung , 
ba§ ttroa^ falfd& jum 9luöbrudE fomme. ©o gtüdfUd^ 
id^ ftetö mar, bei il^m fein ju Unmn, oermieb id^ feit^ 
bem bod^, im ^^l^eater ju einer 3luffät)rung feiner eigenen 
2)ramen meinen 5ßla| mhtn if)m ju fiaben. 

©ier ift oielteid^t bie ©teile, ein SBort über bad 
Seiben einjufd^alten, baö i^m fd^on bamafe faft bie 



— 150 — 

SRel^rjal^t feiner S^ageäftunben fd^meräl^aft vergällte- 
©ein Slufenll^alt in ©ried^enlani) l^atte il^m einen 
SRul^ranfalt jugetragen, ber il^m an einer Stelle im 
Seibe eine ©trictur l^interlaffen. S)iefe l^atte im 9lm 
fang lebendgefäl^rtid^ oorjufd^reiten gebrol^t, war bonn 
iebod^ ju einem ©tittftanb gefommen, unb bot fortan 
feine birefte ©efal^r me^r. 3lber baö unabänbertid^e 
Uebet blieb mit tägtid^ regelmäßig mieberfel^renben 
qualooBen ©d^merjen oerfnüpft, beren ftunbenlange 
3lnbauer il^n ju altem unfäfiig mad^te, imb bie er ein 
aWenfd^enalter l^inburd^ mit mal^rl^aft bemunbernömertl^er 
l^elbenmütl^iger SRefignation ertragen. 3n ben legten 
15 3al^ren etma nal^m er beäl^alb oom SJlorgen bis 
jum fpöteren SRad^mittag überl^aupt feinen S3efud^ mel^r 
an, unb eä mar erftaunlid^, mie man feiner Slngeregt^ 
l^eit unb ^eiterfeit am 3lbenb nid^tö baoon anmerfte, 
bafe er fid^ mit ©id^erl^eit ber unt)ermeiblid^en SBieber- 
l^olung feiner SRarter am näd^ften Sßorgen bemufet 
mar. 6§ übte auf feinen ®eift, feine ^l^eitnal^mc, 
feine fiebenöf üUe feinen bebrüdfenben ©influfe ; fie maren 
in SBirflid^feit ju groß, fid^ oön bem Körper „untere 
friegen" ju laffen. 6r liebte bie ©efettigfeit fel^r, unb 
fa^ fpäter in Sübedf faft altabenblid^ einige naivere 
?5reunbe bei fid^, bilbete mit ©rnft unb ©d^erj bie 
©eele ber Unterl^altung. ©ein SBefen roar burd^ unb 
burd^ getragen, im anfpred^enbften ©iftn patl^etifd^, 
mie aud^ feine SDid^tung bi§ auf menige unb faum 
mirflid^ ju red^nenbe 9luönal^men beö ^umor§ entbel^rt. 



— 151 — 

Sfbcr im gcfeHigcn Ärcifc loar er bem Komif^en gern 
jugänglid^, lod^te l^erjHci^ über lool^Ipointirte ntut, au^ 
über gut vorgetragene attbefannte 3lnefboten, unb er- 
jöl^lte felbft gern bann unb wann ©d^roänfe unb SBife* 
»Mnrte, «H^ne ftd^ babei oor einem braftifd^en SBort ju 
fd^euen. Ueberl^aupt ht\a^ feine ©prad^e nid^ts SBeid^^^ 
lid&eö unb ®efud^te§, *fonbem griff mit aSorliebe ftets 
nad^ Mftigem 3lusbrud. .^öd^ft fomifd^ mar'ö, xütnn 
ber in feinem $aufe eingefül^rte „©traffd^iUing" für 
eine in ©egenmart oon ©amen unerlaubte Sleufeerung 
il^n felbft betraf. 6r moltte fid^ bann gemöl^nlid^ nid^t 
oon feiner ©traffältigfeit überjeugen, unb mad^te burd^ 
feine SBertl^eibigung gemeiniglid^ bie ©ad&e el^er nod^ 
fd^limmer, alö fie gemefen, biö er julefet fd^munjelnb 
in bie S^afd^e griff unb feine 93u§e in bie oorgel^at 
tene ßaffe flimpem lie^. 

®od^ burfte ber ©d^erj baö ©efpräd^ nid^t allju- 
lange an fid^ reiben, fonbem mufete ju red^ter ^üt 
roieber in bie 93al^n emftl&after SRebe . einlenf en. Se^ 
fonberö mar il^m bet eupl^emiftifd^ „Unterl^attung über 
^erfönlid^feiten" benannte „Klatfd^" in ber ©eele oer^ 
l^a§t. 6r befümmerte fid^ nad^ biefer 3flid^tung niemafe 
um baö Xi)\xn unb Saffen feiner SRebenmenfd^en unb 
fagte eineö 9lbenb§, alö er längere 3cit einem berartigen 
S^l^ema pl^ören gemußt, auffte^enb unb fortgel^enb, 
tief unmutl^ig: „S)aö2Bort mar ben SBein nid^t mertl^." 
älö ^ßoet fd^ä^te er ben legteren l^od^, befonberö eblen 
3ll^einn)ein unb ©l^ampagner, bie fid^ ilim aud^ alö am 



— 152 — 

juträglid^ften crroicfen, bod^ Iciber niäfi in bem SScr- 
l^ältnife ju feinem ©innaJ^mebubget ftanben, um il^nt 
anberd al§ bei befonberen 9(nläffen il^ren ©enufe ju 
wrftatten. ©eine SKittel reid^ ten ju einem anftänbig 
bel^aglid^en ütbm auö, aber weiter nid^t. 2)er gefeiertfte 
I^rifd^e 2)id^ter 3)eutfd^Ianbä ptte ol^ne ben.ß^ren- 
gefialt be§ preufeifd^en Äönigö überhaupt aud^ nid^t in 
ber einfad^ften SBeife ju leben t)ermod^t, fonbem l^ötte 
mit SRul^m unb SSerefirunfl überfd^üttet oerl^ungern 
muffen. Sod^, obmol^t er fiä) über iebe il^m ju- 
fallenbe fleine 5Rebeneinnal^me beinal^e mie ein 
befd^enfteö Äinb freute, l^at er niemate einen SSergleid^ 
jmifd^en bem gejogen, roaö er bem beutfd^en 33oIfe ge^ 
geben unb maö il)m aU äußerer Sol^n bafür geworben, 
nie günftiger ©eftellte beneibet. . 3)aö ©elb mar ifim 
mol^l ein notl^menbigeö ©rforbernife beö öebenö, aber 
nur eines ber niebrigen Sebürfniffe, nid^t an fid^ 
fd^ägenö' unb erftrebenömertl^. Unb barauö entfprang 
aud^, ba§ 3liemanb in ©elbfad^eu /,nobler" mar, alö 
er ; bie ©parfamfeit, ju ber er fid| genötl^igt fal^, tnU 
\)xdt anbererfeitö aud^ nid^t ben teifeften 3u9 Meintid^en 
Sled^nenö. 

35eim abenblid^ gefelligen 3ufammenfein in feinem 
§aufe taö er gern einige feiner neu „in ber SWappe" 
angefammelten ©ebid^te t)or. ®r tl^at bies immer aus 
ber matten ©timmung berfelben l^erauö, nid^t recitirenb, 
bod^ aud^ nid^t eigentlid^ bectamatorifd^, fonbem feine 
eigene SBiebermitempfinbung oolltönig auöftrömenb. 2)ie 



— 153 — 

tiefe ©timme erinnerte mand^mat an baö 3laäfUinq^n 
öon ßtaoterfaiten beim 3lnjiel^en beö 5ßebalä, fie roogte 
etwas monoton, , l^ob fid^ bei flarfen ^ßatJ^oöftellen ju 
einem bonnemben SRoHen. 3^^^* mod^te bie Slrt be« 
fremben; id^ l^atte mid^ balb baran gemöl^nt unb fie 
löQtb mir unjertrennlid^ oon feinem SJortrag. S)ie oor* 
nel^me ©etragen^eit feineö ganjen SBefenö fonnte fid^ 
aud^ barin nid^t anberS betl^ätigen; bie 2)id^tung mar 
il^ ein l^ol^er ernfter ©egenftanb unb erl^eifd&te aud^ 
eine nad^brudföreid^e, oom ©emöl^nlid^en abmeid^enbe 
Biebergabe. 

daneben bel^errfd^te er, mie mo^I f aum ein jmeiter, 
bie Äunft, in SSerfen aus bem Stegreif ju fpred^en, 
bie er am meiften aufeer bem eigenen ^aufe, am tiebften 
im alten Sübedfer Slatl^smeinfelter übte. ®r improoifirte 
ate ©rroiberung auf eine 9(nrebe im 5ßu aSierjeilen, 
®^afelen, fogar (Sonette, unb bra(^e fie, tangfam 
fpred^enb, faft immer ju einer fo formoottenbeten Slb^ 
runbung, bafe fie wa^rl^aften poetifd^en SGBertl^ befafeen. 
Sreunben ift ein 3lbenb unoergefelid^, an bem er, bt- 
fonbers angeregt, eine neben il^m liegenbe meifee SRofe 
in fein ©i^ampagnergtaö eintaud^te unb ben Sd^aum^^ 
loein aus ben Äeld^blättern fd^türfenb, mol^l eine aSiertel^ 
ftun&e in ben munberooltften, mannid^fattigften SSerfen 
fortfprad^. 3)ann mol^nte feiner ©rfd^einung, bem ®e^ 
fid^tsausbrudf, ben 3lugen, ber Stimme, ben Bewegungen 
bie ganje 3lnmut^ inne, meldte ber ibealen SSorftellung 
oon einem Did^ter entfprid^t. 3)aS 3improt)ifiren fonnte 



— 154 — 

aud^ etntnat üerunglücfen. ^ ^aufit eined gemeinfamen 
^eunbed üerfud^te td^ eines Slbenbd a\x(!^ in SSerfen 
}U fpred^en unb b(ieb ftecfen. ®eibe.l roottte mir ju 
^(fe fomnten, ful^r in berfelben 9[rt fort/ ftocfte unb 
blieb ftedten. ,,9lun, unb fo weiter/ fogte tt mit 
fd^olfl^aftem ©dömunjeln. 2)er reimgeroonbte g^^eunb 
^e.inrid^ <5d^un(f l^olf und beiben oud ber ^atfd^e 
unb brad^te unfere mifeglüdften Slnlöufe ju gutem Stt* 
fd^lu^. ©eine alte SBirt^fd^afterin fagtc om anbem 
S^age: /,S)e beiben iperm nmttt S)id^ter ftn un fönt 
nid^ bat, roat be §err fann/' 

®ö giebt mannid&fad&e Silber x>on ©eibel, bod^ 
eigentlid^ feine«, baä il^n roirflid^ getreu unb d^arafte^^ 
riftifd^ auffaßt. S)ie aSorftettung, meldte Unbefannte 
fid^ oon il^m mad^ten, wie id^ fie öfter oernommen, 
bemegte fid^ in oölttg irriger SRid^tung. ?Olcin portraitirte 
il^n fid^ oielfad^ auö feinen erften 3ugenbgebid^ten, 
fd^önlodfig, ein meid^eö Slntliß mit fd^mad^tenbem 9lu8* 
brudf unb ftetö fromm begeiftertem 9lugenauffd^lag. 
3n SBirflid^feit erregte er tro| feiner fleinen ©eftalt 
einen öufeerft männlid&en ©inbrudf, fein früfi oermitterted 
mageres ©efid^t mit bem mäd^tigen eiögrauen ©d^nurr^ 
bart unb S^idEelbart l^ielt etma bie Sfftitte jroifd^en ber 
martialifd^en ®rfd^einung eineö Sanböfned^tö unb ber 
üomel^m feinen eines alten franjöfifd^cn ajlarquis. ©eine 
.^änbe unb §ü|e waren jiertid^, feine 5ßafe gerablinig 
unb fräftig, ber SRunb unb bie 9lugen fel^r fd^ön, geift- 
oott unb lebenbig. 3n feinen Semegungen mar er mürbig 



— 155 — 

iinb alcrt juglcid^, bic Äteibung burd^auö ungcfud^t 
cinfad^, e^er gteid^gültig; ju ipaufc trug er, von feinem 
Slufeiitl^aU in Oried^entanb \)tv, mit 3Soriiebe einen 
rotten gej. ©ein leftteö S3Ub auö bem 3a^r 188a 
Seigt il^n ftarf oeräntfert, $aar unb S3art fd^neemei^, 
b(tö ©eftd^t in gotge feines eingetretenen ^erjteibend 
öbematöä gefd^mettt, oon franfl^after garbe, einen nid^t 
eigcntlidö greifenl^aften, aber fremben, müben 9fuSbrudE 
in ben frütier fo lebenbigen 3ügen, bie 9lugen mit 
einer f d^merjüd^en SRegtofigf cit oor fid^ l^inauSblidEenb. 
^6) \)abt xl)n fo nid^t mefir gefeiten, fann il^n mir fo 
ni^t benfen. ' 

2)amit glaube id^ fein SBefen geiftig unb f örpertid^, 
fo gut es möglid^ ift ober oi.elme^r, fo ungenügenb es 
ausfallen mufe^ gejeid^net ju l^aben, inbem i^ 3^9^ 
'aus feiner SRünd^ener unb auö fpäterer 3^^^ i^ ^^"^"^ 
Silbe oermoben. ^ä) oerlieg äWünd^en nad^ jroeiiäl^rigem 
äufentl^olt t)or i^m unb fal^ il^n erft roieber, olä er, 
in ^olge befannter SSorgänge, in feine SSaterftabt xibtt^ 
gejxebelt mar. .^ier umgab xi)n in feiner SBol^nung in 
ber Sreitenftra^e am Slanbe beö Äaufbergö baö ®rb? 
reid^, bem er entfproffen. ©eine menfd^lid^e 33er=j 
einfamung f)atU aufgebort, alte "greunbe maren um 
il^n; jur Jungfrau ermad^fen, bereitete feine 2^od^ter 
ilim burd^ il^re 93ermäl^lung mit bem licbenömürbigen 
unb geiftig bebeutfamen Dr. gerbin anb gel^ling in 
il^rem $aufe eine jmeite .^cimftätte, mo il^n balb eine 
Sd^aar oon ©nfeln l^erjUd^ erfreute unb il^m lange 



— 156 — 

©ntbel^rung cinbrad^tc. S)en ^auöl^alt fül^rte iJ^tn j[e|t 
feine 3liä)U Sertl^a ©eibel, burd^ fluge SSorforge, 
UebeooUe 3ln^ängUci^feit unb tl^eitnel^Tnenbeö 33erftönbni6 
für feine -Sintereffen gleid^ geeignet, i^m ben täglid^en 
(Sang be§ Sebenö ju einem beJ^ogtid^en, fd^önen unb 
l^eiteren ju mad^en, foweit fein förperlid^er 3wft^^i> bieö 
ermögtid^te. S)ie genfter feineö ganj von Sudlern um^ 
faxten "Slrbeitöjintmerö gingen nad^ leinten, auf einen 
ftiUen, altertJ^ünttid^en ^{|eit Sübedfö l^inauö, boran tag 
ein fleinereö ©fejimmer unb an biefeö fto^enb, fal^ ba§ 
SBoJ^njimmer mit bem großen 33ilbe feiner oerftorbenen 
^au auf bie fd^öne $auptftra§e ber ©tabt unb beu 
großen Eaufbergpla|. mit ber Safobifird^e l^inunter. 
6§ lag ein tiefer triebe broben in ber SBol^nung, in 
ber er, innertid^ Weiterer, befriebigter alö frül^er, oont 
l^eranrüdfenben 9Hter mit einer patriard&alifd^en SBürbe 
umgeben, fa^. 9Bie ber Särm beä ^ageö nid^t ju il^nt 
l^inaufbrang, fo aud^ ber SBiberftreit atttaglid^er Singe 
unb Älägtid^feiten nid^t. 6r fonnte fid^ ganj in feine 
SBelt l^ineinoerfenfen unb lebte barin. 2)urd^ mand^e 
3al^re traf id^, bamats aud^ nad^ Stiel l^eimgefel^rt, il^n 
bort immer in gleid^er SBeife, unb eö maren immer 
anregungöreid^e, fd^önge^obene 9lbenbe, bie id^ bei il^m 
ober mit il^m im SRatl^öfeUer t)erbrad^te. SBenn er 
burd^ bie alten ©trajgen ging, bie feit 3al^r^unberten 
im ©igentlid^ften i^ren ßl^arafter faum oerönbert l^aben, 
fo umgaben fie fein 93ilb mie mit einem fd^ön an- 
gepajsten Slafimen, man fül^lte, er gel^örte bortl^in, bie 



— 157 — 

SBurjeln fcincö Sebcnö unb feiner Äraft Ratten immer 
bort im 35oben gel^aftet. Unb wie er ftolj auf feine 
^eimatl^ftabt, alö auf feine altersgraue, rul^mreid&e 
SKutter mar, fo mar fie ftolj auf il^n, als auf i^ren 
roeltberül^mten, ebetften Sof)n. ©in inniges, nie ge* 
trübtes SBerpltnife f(i^Io§ fie aneinanber; eine attgemeine 
Slncrfennung unb ipod^ftellung marb il^m als etroaö 
Selbftüerftänblid^eS jut^eil, mie es bem Sebcnben feiten 
öon einer gangen ©tabt bargebrad^t mirb. SBol^l faum 
jemals ift ein ©id^ter fo gleid^fam mit einem unfid^t* 
baren unb bod^ oon allen 9lugen ftets gefel^enen Sorbeer* 
franje auf bem ©d^eitel tägtid^ burd^ bic oolfbelebten 
©trafen gefd^ritten. 6r mufete es unb empfanb fid^ 
fräftig unb frcubig gel^oben baburd^, aber anmafeenber 
^od^mutl^ blieb il^m fremb. 

3m ©ommer jog er jur Kräftigung in bie fleine 
Cftfee^^afenftabt 3:^rat)emünbe ober in ben faum eine 
©tunbe oon SübedE belegenen olbenburgifd^en Rieden 
©d^martau ^inauS; weitere 3fleifen, mit 3luSnal^me einer 
Sa^rt nad^ Äiel jur ßonfultation eines 3lrjteS, l^at er 
nid^t mel^r unternommen. 3n ©d^martau oerbrad^ten 
mir in ber 2ßitte ber 70er 3al^re in jmei aufeinanber^ 
folgenben ©ommern einige äßonate gemeinfd^aftlid^, an 
ben entgegengefegten 5ßolen bes langgeftredEten, faft ganj 
in SBalbeSgrün eingebetteten Drtes mol^nenb. S3is jum 
Slad^mittag fal) id^ il^n nie anbers als menn id^ i^n 
jufällig auf einem ©pajiergange in ben weiten SBälbern 
traf, bod^ aud^ bann begrüßten mir uns nur mit einigen 



— 158 — 

htr^en SBortcn unb fegten unfere 9Bege aQein fort; 
ed iDQr feine, von Sd^merjen ungefeltig gemod^te, nad^ 
(Stnfamteit trod^tenbe 3^i^- ^^ ^ Ul^r inbe^, faft mit 
ber ^rädfion bed ftönigdberger ^l^ilofopl^en fant er 
toglid^ ju meiner ©eite beä^ledenä l^erübergefd^ritten, 
immer in ber gleid^en ©rfd^einung, mit einem grauen 
^laib über ber Sd^utter unb grauem SUjI^ut, auf bem 
regelmäßig irgenb eine gefunbene SRauboogelfeber ftedte; 
er felbft l^atte in ben 309^*^ ^"^ Slugen mand^eö von 
einem grauen Ralfen, ©emeinfam mad^ten wir bann 
einen meiten ©ang burd^ Sßätber, SBiefen unb ^aiben; 
ein fd^öner, ftetä einfamer SBeg, ben er befonberö liebte, 
fül^rt nad& il^m ben Sttmen „©eibelroeg". 6r ging 
bort überalt an altoertrauten Stätten feiner Äinb^eit, 
mo er t)ft auf ©d^ulfeften als Änabe ,,SRäuber unb 
©enbarm" gefpielt, nun mit greif em ^ar; bie „®paU 
l^erbftblätter" feineö Sebenö raufd^ten über il^m an ben 
nämlid^en alten S3äumen beö „SKefebufd^" ; eö lag für 
ben jüngeren etmaö S^rauml^aft^ßlegifd^eö barin, fo mit 
il^m bort ju gelten, nad^ bem Saufe ber 5Ratur mußte 
er eines SCageS oor mir fd^eiben. SBenn ber SBeg aus 
ben bunfeln ^oljungen ins ^eie ^eroortrat, ftiegen 
immer mieber am öftlid^en ^orijont bie ^xtbtn mäd^tigen 
Rird^tl^ürme Sübeds oor uns in bie Suft, im 9lbenb> 
fonnenlid^t, bod^ unoeränbert roie in feiner 3ugenb, 

3Bir fannten uns jegt feit langen 3al^ren, maren 
uns menfd^lid^^freunbfd^aftlid^ fel^t nalie getreten unb 
bujten uns. ^ä) liing mit immer road^fenber Siebe, 



— 159 — 

4 

5ßictat unb SScrel^rung on il^m, unb unfcr SBcrfiäUni^ 
warb burd^ mand^en ©eflenfaß unfcrer 3loturcii unb 
SKd^tungen nie gcftört. 2)aö ©cfpräd^ bewegte fid^ ju* 
mcift über litterarifd^e S)inge; mit meinen SSerfen mar 
er nod^, mie el^emate, fetten jufrieben. Sluf roiffenfd^afts 
lid^em ©ebiete nal^m il^n eigentlid^ nur bie ©efd^id^tc 
oott in Slnfprud^, mit ber ,,?ßl^iIofopl^ie" alö fotd&er l^ot 
er fid^ nie befaßt, bie mobernen, peffimiftifd^en SCriebe 
berfelben maren il^m ein ©räuel, unb ooUftänbig fremb 
lagen il^m alle S^^eige ber 5Raturmiffenfd^aft. 6r mar 
nid^t barin ermad^Jen, unb baö SL^tn, feine SReigung 
l^atten il^n nie bamit in mirflid^e 33erül^rung gebrad^t. 
Seine Sluffaffungen auf fotd^en ©ebieten fonnten ge^ 
tabeju finblid^e fein ; er mufete bie ärjtlid^e Äunft mol^l 
praftifd^ fd^äßen, aber mer fie il^m- ernjil^aft eine 
^,Äunft" benannt l^ätte, mürbe oon il^m mit bem SBIidE 
getroffen morben fein, ber au§ feinen 9(ugen auf eine 
33laäpl^emie antmortete. 

S)amit l^ing aud^ feine metapl^t)fifd^e SBeltaufd^au^^ 
ung jufammen. 6ö fiel äufeerft fd^mer, einen mirfUd^en 
©inblid in biefelbe ju geminnen, er fprad& fid^ — menig? 
ftenö mir gegenfiber — niemals Har barüber auö, 
fonbem brad^, xotx\x\, biefer ©egenftanb einmal jur Siebe 
fom, ftetö balb .baoon ab. Sid^er ift, ba§ er einen 
tranöfcenbentalen ©otteöglauben befafe, aber ebenfo gemi^ 
Derleiten feine ©ebid^te meiftenö ju einem fatfd^en 
®d^luJ3 auf bie 9trt beffelben. 2)ie öfter in il^nen 
meberfel^renbe 3lnrufung beö ,,^errn" entl&ielt {ebenfalld 



160 



eine pocUfd^^rl^ctorifd^e Seimifd^ung; unbcbingt max er 
nid^t bogmatifci^ fltäubig unb gel^örtc inncrlid^ feiner 
ßonfeffion an. ©r legte im ©egentl^eil nid^t fetten 
bcn ftärfften ^afe gegen alte Drtl&obojie an ben 2:ag, 
unb id^ l^abe i^n faum heftiger aufgebrad^t gefeiten, 
als wenn er über „^faffenl^errfd^fud^t", baö^Don tl^r 
angeftiftete potitifd^e Unl^eit unb ben burd^ fie l^erbei* 
gefül^rten SBerfatt roirftid^er Sletigiofität fprad^. Sod^ 
ol^ne grage trug er in ootfftem Ma^t jenes tiefe Stb^^ 
pngigfeitögefül^t in fid^, baö ben Urfprung ber SRetigion 
bitbet. ©ein SSerftanb weigerte fid^ entfd^ieben juroeilen 
gegen eine ttieotogifd^e 93egrünbung berfelben, altein er 
fam offenbar baburd^ über fotd^e SBiberfprüd^e l^inweg;. 
baJ3 er über ajland^eö nid^t benfen roottte, fonbem fid^ 
mit ber Ueberjeugung oon einer SBeltorbnung begnügte. 
SBir fül^rten in biefer 9lid^tung eineö 2^ageö ein ©efpräd^ 
über ben gortfd^ritt ber ajlenfd^^eit, unb er mar mit 
mir einoerftanben, ba§ ein fotd^er ^— in ibealer 33e^ 
jiel^ung — äu^ertid^ in ber 2:i^at nid^t fid^tbar fei. 
2)0d^ nad^ einigem Sebenfen fanb er itm, fel^r tangfam 
rebenb unb feine SBorte ungewöl^ntid^ abmägenb, barin, 
ba^ bie oorfd^reitenbe 3lltgemeinbitbung in immer wei- 
terem Äreife eö bem ©injetnen ermöglid^e, fiä), unah 
pngig von ©eburtöftanb unb S^^^fWöfte be§ SRittet* 
alters, na^ feiner Sefäl^igung einem l^öl^er aufwärts 
tragenben Sebenöberuf l^injugeben. 9[uf meine ©inmänbe 
bagegen oertrat er biefe Sßeinung nid^t mit feiner 
fonftigen Energie, fonbern fd^roieg. Unoerfennbar fül^lte 



— 161 — 

et fid^ fcI6ft nid^t fid^cr in feiner 3lufftettuhg, unb ein 
lüeitereS ©ingel^en auf leidet bamit in SBerbinbung tres 
tcnbe fragen fud^te er mt immer ju oermeiben. 

3JHt äufeerfter ©ntfd^iebenl^eit trat er bagegen in 
ber ^ßotitif auf, obmo^l er feineSmegä ttma^ oon einem 
cigentU^en gad^politüer befafe, oielmel^r bie ©ntmidfe^: 
lung ber ©egenwart mefenttid^ t)om gefd^id^ttid^en ©tanb^ 
punfte betrad^tete. ©eine lebenätängtid^e Segeifterung 
für bie ©inigung 2)eutfd^lanbö , bie SGBieberl^erftettung 
be§ JReid^eö, feine .SBerel^rung für ben ^rften Siämard 
unb ben Saifer finb allbefannt. 9Benn er von bem 
legteren rebete, ben er aud^ „mein $err" benannte, 
lüftete er ftetö. feine ilopfbebedung — ein 3^^^" ^^^ 
^od^ad^tüng, baä er aud^ fonft bann unb mann einer 
com ©cfpräd^ b'erül^rten geiftig bebeutenben 5ßerfönlid^s 
feit ermieS. ©eine poUtifd^c SRid^tung mar auögefprod^en 
monard^ifd^ unb gemäßigt conferoatit). 3n erfterer ^im 
fid^t geriet!^ er atterbingö in einen ßonflict mit ber 3lm 
l^anglid^feit an feine repubticanifd^ regierte 93aterftabt, 
beren innere ©etbftftänbigfeit aufjugeben, er fid^ tro| 
feinem ©in^eitöbrange nid^t entfd^Uefeen fonnte. S)aö 
3al^r 1870/71 bilbete unbebingt ben freubigften $öl^e? 
punf t feines Sebenö, unb mit l^eifeer ©ntrüftung f al^ er 
baö balb nad^^er roieber beginnenbe 5Ragen beö ^arti^^ 
fulariömuö unb Uttramontaniömuö, ber Semofratie unb 
ber ©onberintereffen an bem rounberfam ooHenbeten 
?Ser!e. 

2)a§ marjen bie S^l^emata unfereö 9(u§taufd^eö auf 

(Smanne(<®eiBe(, ein ©ebenCSud^. 11 



— 162 — 

ben regelmäßigen ^lad^mittagdfpojiergängcn in ber teij- 
ooDen Umgebung Sd^roartau'd. Sei ber SRödfel^r Hefe 
er ftd^ noä) eine SBeile in einer offenen SBirtfifd^afte' 
l^atte bei unferer SBol^nung meiftenö in einem größeren 
35efanntenfreife nieber, Puftg brad^ten meine %ta\x unb 
iö) ben 3lbenb bei i^m ober aud^ er bei uns ju. ©e- 
fd^al^ bieö nid^t, fo begleiteten mir il^n ftönbig l^albroegö 
bis nad^ feiner SBol^nung, unb ba§ fonnte Slnlaß ju 
fomifd&en ©cenen geben, ^ä) erinnere mid^ mie geftem 
eines 9lbenbö, an bem mir i^n fo biö auf ben großen, 
länblid^nb^Itifd^en, oon Säumen umral^mten SRarftpIal 
beß Ortes baä ©eleit gaben. 6r l^atte fd^on längere 
"Seit über einen il^m mißfälligen ©egenftanb fe^r lebhaft 
gefprod^en unb ereiferte fid^ in ber aKitte beö ?JJla$e§ 
berartig, baß er, nad^ feiner ©emol^nl^eit in.l^eftiger 
©rregung, unfere 3lrme faßte unb rüttelte, unb baß 
bie guten ©d^martauer Bürger bei bem lautroltenbcn 
2^on feiner Sffiorte erfd^redft m^ il^rem tiefen ©ommer- 
abenbfrieben oon ben S^l^ürbänfen uml^er aufful^rcn, 
meil fie glaubten, im näd^ften 9lugenblidf fönne irgenb 
eine blutige Unt^at il^ren beftbeleumunbeten ^eimatJ^ö- 
ort in unerprten SBerruf bringen. 9JHt großen ©d^ritten 
entfernte fid^ ber Url^eber biefer Sefürd&tung oon unö, 
brel^te fid^ bann um, fam jurüd, reid^te unö bie $anb 
unb fagte mit l^erjlid^er ©timme: „®ute 5Rad^t! 3^r 
fommt bod^ morgen?" S)ie ©ad^e mar im Orunbe 
gänjlid^ gleid^gültig , menigftenö altabgetl^an gemefen 
imb ging i^n unb unö nid^t an, nur fein ^Temperament 



— 163 — 

rij5 if)n fort. 9tm föftlid^ften Ikf) er bicfcm unbctDufetcn 

9luf6rauf?n bcffcttcn einmal fclbft S^uöbrud. ®r ^ätte 

einen, Don il^m fel^r j^od^gefd^öfeten öefud^ empfangt^n; 

i(i^ ging am nad^ften S^age- mit il^m unb fragte, mic 

baö 3wf<^^^^i^f^«^ auögefaCen fei. ®r fd^mieg etfi 

furj unb antwortete bann:' ,,®a§ ift ber oerrüdftefte 

Uebcnömürbige SKenfd^ auf ber SBelt! 5ffiei§t 35u" — 

unb er fa^te meinen ä^rm unb fal^ mit großen, erftaunt 

über etmaö Unoerftanbttd^eä nad^pnnenben Slugen mid^ 

aj\ — „id^ glaube, er fielet beim ©ebattiren über eine 

©ad^e jumeilen mel^r auf bie %ovtn beä 9luöbrudö aU 

auf ben Snl^alt." ®ö l^iejj mit ein menig anberen 

SBorten: ©eibel l^atte ij^m einigemal feine SReinungen 

reci^t nad^brüdElid^ auägefprod^en. 9lud^ ber pupg fe|t 

läftigen 3^^"9fi^rit befonberä oon SSerel^rerinnen 

gegenüber mad^te er nad^ il^rem Sottgang feinem ^erjen 

mit fraftigem Umnutl^ über bie burd^ fie nufeloö oer? 

geubete ^zit Suft. S)od^ aud^ barauf folgte ftet§ 

• fd^nell eine SWeaction, unb er eilte roomoglid^ ben gort^ 

gegangenen nod^ nad^, um ein oermeintlid^ an il^nen 

geübteö Unred^t roieber gut ju maö)tn unb pe auf's 

liebenömürbigfte für einen 9lbenb ju fld^ einjulaben. 

©eine redete ^erjenägüte bulbete aud^ naö) biefer 

Slid^tung feine S3eunrul^igung feines ©efül^lä. 

®r befanb fid^ bamalö in ©d^roartau im 60. Sebenö^ 

fal^re, unb ein S^l^eil feiner „Spötl^erbftblätter" znU 

ftanb bort in jenen Sommern. Um ein 3ia]^r fpäter 

uerlieB id^ ben 5Rorben, um nad^ greiburg überjufiebeln, 

11* 



— 164 — 

unb fal^ ® et 6 et nur nod^ einmal bei einem niel^r^ 
tägigen S3efud^e 1880 in Sübedf mieber. 9Wan fagte, er 
l^abe fid^ üeränbert, fei älter geworben, mir erfd^ien er 
jebod^ pöltig als ber alte in anberem ©inne. ^n ber 
3laä)t tov meiner Greife begleitete id^ il^n an^ bem 
^aufe feined ©d^miegerfol^nes nad^ feiner SBol^nung 
unb nal^m Dor ber Sl^flr berfelben oon il^m Slbfd^ieb. 
8D8ir l^ielten un^ einige Slugenblidfe an ber $anb, bann 
fagte er !urj: ,,2eb' mol^l!" unb trat rafd^ ind ^auö. 
aßir mar'ö beflommen, mie id^ aUein burd^ bie breite. 
l^aQenbe Strafe meiter ging; id^ mu^e aud^, bag id^ 
fürs ®rfte nid^t nad^ SübedE jurüdffommen mürbe: 6d 
bot pd^ in ber ©tunbe eigentUd^ fein befonberer ®runb 
,}ur aSefürd^tung, id^ l^atte il^n fräftiger gefunben, als 
ixlf gebadet, unb mir maren oft im Seben fo auöeim 
anbergegangen. 3)od^ id^ ffil^lte/bag aud^ il^n etmad 
Unauägefprod^eneö bemegt l^atte. ®te Stimmung ber 
5lad^t fam l^inju, id^ felbft ging in meiner jmeiten 
Sugenbl^eimatl^ftabt ebenfaHö fd^on jmifd^en ben fd^meig- 
famen S^nqzn eigener femer Sßergangenl^eit, il^re 
Stimmen fummten geifterl^aft um mid^ l^er, baö ntitter- 
nöd^tige ©lodEenfpiel pon ben l^ol^en bunflen ©oppel^ 
tprmen ber aßarienfird^e flang feltfam mie fd^on oor 
mel^r alö einem SBierteljal^rl^unbert auf mid^ herunter, 
unb iä) empfanb auf jenem ^eimmeg fül^l überfd^auert, 
id^ mürbe Oeibel nid^t roieberfel^en. Später fd^manb 
mir biefeö Oefül^l, oerlor fid^ im Oang ber Saläre 
mel^r unb mel^r, ja fo fel^r, ba§ id^ aud^ auf bie Siad^- 



— 165 — 

rid^cn von ftarf üorfd^rcitcnbcr STbnal^mc feiner ßr&fte 
l^in nxä)t an ein roirfUd^ed 93et)orftel^en feines SCobeö 
glaubte, ^ä)- lebte im ©egentl^eil je^t bis jule^t in 
ber feften Ueberjeugung, il^n in biefem Saläre nod^ ein* 
mal mieber ju finben. 

3laä) einem @d^laganf aK / ber il^n bereits jmei 
S^age juüor in 93en)u§tlofigfeit üerfegt l^atte, ift er in 
ber 3la(S)t t)om 5. auf ben 6. Slpril äRorgenä 2V2 Ul&r 
im 70. Sebenöial^re geftorben. ©0 üicl id^ meijj, ift 
feine ^lid^te 85er tl^a bie einjige, bie au^ feiner naiveren 
SSermanbtfd^aft ben Flamen ©eibel nocS) forter^ält. 

®ie SBelt ift nun um einen großen, eblen unb 
guten äßenfd^en ärmer geworben. Um einen eblen 
üKenfd^en — baö l^at biefeä ©ebenfblatt auäfpred^en * 
gewollt. 6r ftanb faft mie ein ^embling in unferer 
3eit, mit ber ©tim in eine reinere Suft ragenb/ unter 
ber aud^ il^m „baä ©emeine ju mefenlofem ©d^eine 
oerfan!." SlCeä Äleine, SRed^nenbe, Älügelnbe, OTtäg^ 
tid^e fiel oon il^m ab, mie Don feinem 9lnberen, ben 
id^ gefannt ; roo er ging, maren \)0^Z/ fd^öne, leud^tenbe 
©ebanfen, eö lag ©rl^abeneä in il^m. ßeiner wirb im 
©tanbe fein, pd^ einer fleinlid^en 9leu§erung auö feinem 
3Runbe. ju erinnern. ®r mar ein tief überjeugter 
^riefter alter ©ötter ber ©d^önl^eit, unb bie l^ol^e ^Dlit- 
gift il^m gefallen, nur bas ©d^öne für roal^r ju l^alten. 

Unb fo mar fein Seben trog langer förperlid^er 
aWarter unb bitterem 2eib frül^ entrijfenen SiebeSglüdEeö 
im ©anjen bod^. aud^. ein fd^öneö, fold^en Otanj hinter* 



166 



laffcnb, ba§ feine $üUe, na($ einem SBorte ©oetl^eö 
bei ber Setrad^tung eines antifen Sarfop^ageä, ben 
Sob übenoältigt unb „bie 3lfd^e bd brinnen im ftißen 
SSejirfe nod^ fid^ beö Äebend ju freuen fd^eint". Unb 
fd^ön ebenfaCö ift er ins ®rab gebettet; eä mar unb 
ift, mie eines feiner Sieber einfl gefprod^en: 

„Unb über bie (5tebel nnb IP&tte 
Unb über ben S^n% bai^in 
Wo^t fefilic^ bas (5eläute 
Der (ßlocfen von Sand märten. 

Da fc^mtl5t in jnebensfc^auern 
Was {Hirmifc^ mid? btvotqt, 
Wie etnjl, wenn mir bie IHutter 
Die Vianb aufs ^aupt gelegt." 

' 2)ie SRuttererbe feiner ^eimätl^ ^at fid^ i^m jum 
lefeten ©d^laf aufs $oupt gelegt. Siu^e fanft, ®manuel! 
SBä^renb bu fd^täfft, mad^t b^in ©ebä^tnife. 5Daö 
Seben ift nur ^,ber SlufentJ^alt eines ©aftes — sed 
sunt aliquid Manes." 



■■iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiitiit 





— A/v\/^^*' — ♦ — ♦-•♦- '^^AAAA'" 
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C»«-^/\/\/VVv V ♦ ♦ ♦ «^WVv>-ffi^ 



€manuel (Beibel in ZHünd^en. 

SBoR 
3öeimar. 

>3m ^erbft 1852 tuurbc ®manuct (Scibet, bcm bic 
„©cbid^tc" unb „SuniusHcber" bereits ben Rronj beö 
jungen SRul^mö um bie ©d^täfen- gefd^lungcn, nad^ 
SKünd^en berufen, ^an fegte gro^e Hoffnungen auf 
biefe neue Sera; war eö in SJeutfd^lanb bod^ unoer-. 
geflen, roeld^e unt)em)el!Ud^e S3tütl^ejeit ®arl Suguft 
für bie beutfd^e Sitteratur gefd^affen, inbem er am 
eigener Snitiatioe bie bamaligen Äor^p^äen beö ^amaffeö 
um fid^ vereinigte. Unb fo tjerfprad^ man fxä) von bem 
äÄünd^ener fireis, ber balb burd^ weitere S3erufung oon 
©elel^rten unb ©id^tern ergänjt rourbe, benen fid^ rafd^ 
eine SReil^e jüngerer firäfte anfd^lofe, gteid^faCd einen 
neuen Umfd^mung, eine neue Olanjperiobe, 

SBie ftd^ biefe Hoffnungen oerroirfßd^t, meldten 
rcid^en ©rfolg fie trog aller (Segenftrömung gel^abt. 



— 168 — 

müfete einer umfaffenberen Sorftettung t)or6e^aIten 
bleiben. 2)ie furje 3)auer jener Stüt^ejcit, bie mit 
betn ä^obe bed Aönig Tla]c II. mit mit ben poUtifd^en 
SBanblungen ber fed^jiger ^ai)vt il^r ®nbe erreid^te^ 
lä^t bie SBirfungen l^eute jroar jerfpKttert unb unter? 
brod^en erfd^einen, gleid^mol^l ift il^re grud^t unt)erloren. 
©eibel roax bamaU fd^on (eibenb unb fonnte bas 
2Ründ^ener ftlima aHjal^rlid^ nur einige aÄonote er- 
tragen. Slber maä er aud& in biefen fut^en Snter? 
vaUtn aU %üf)xtx unb SJhifaget, als greunb unb Se- 
ratl^er burd^ perföntid^e 9lnregung wirfte, ift bisher 
nod^ niemalö red^t geroürbigt, juroeilen aud^ t)öllig t)er? 
fanni roorben. Sttä ©id^ter entfoltete fid^ ber ©änger 
ber ^auen Jefet mit jebem * neuen 93anb feiner ©amm? 
lungen immer mel^r aU einSRann, ber aufben^öl^en 
feiner 3^^* ^"^ getragen üon einer ibealen SBett? 
anfd^auung aCeSSorgänge be§ SKenfd^enlebenö sub specie 
aetemi erfaßte unb im DoCen SÄelobienftrom feiner 
®mpfinbung fpiegelte. ©eine ©ebid^te brad^ten bamalö 
nur auönal^mdmeife ^ßerfönlid^eö — in ben meiften (fei 
eö in l^iftorifd^en Oeftalten, ©timmungöbilbern ober 
Epigrammen unb SWomanjen) trat immer mel^r ber aCBett? 
roeife l^ertjor, ber mit Slufgabe beä Snbioibuetten nur 
bie ©aiten berül^rt, bie in allen ' gemeinfam tönen. 
3n biefer 93ejiel^ung ift eine SSermanbtfc^aft mit (Soetl^e 
nid^t ju Derfenncn. ®in bamaligeö Slpergü fagte t)on 
®ei-bel, „mo er gefd^ritten, fie^t man nid^t ben Stb? 
bnidf eines gufeeö, fonbem bie breite 9läberfpur eines 



— 169 — 

SBttgcnö, aber auf biefem fafech alte Orojieu unb SUufen" 
— biefe Stttuenbung oom SnbiüibueHen unb ben ^nttx-^ 
ejfcn beä a;age§ mag iJ^m unb bem SKünd^ener Did^ter* 
bunb ben Sflamen bes Slfabemlfd^ett eingetragen l^oben, 
unb bod^ ift ntd^tö unrid^tiget atö bieö ©d^tagroort. 
@eibel üerraarf nur bie f ogenannte - SCenbenjpoefie atö 
unnü| unb üergiftenb für ben reinen Äultuä beö ©d^önen 
an fid^. ®a§ reale Scben bot il^m au^erbem wenig 
Sefriebigung, unb eö ift ein tragifd^er 3wg feines ©e* 
fd^dö, ba§ er. alö Sänger ber Siebe — eine furje 
gtüdÜd^e ®l^e abgered^net — in 5ffiirflid^feit t)ielmel^r 
bas 2tbtn eines 9ldfeten, eineö ^riefterä geführt l^at, 
bem bie Keatität unb ^oefie beä 2Renfd^enbafeinö nur 
burd^ ^l^antafie unb ®mpfinbung, nid^t burd^ wirfUd^ 
©rlebteä Dermittelt war. SBaö ©oetfie oon feinem 
Sioäfuren fang: 

„Unb (^intcr it^m im mefenlofen Sd^cinc 
lag, was uns alle bänbigt — bas (Semeine" 

galt aud^ von (Sei bei im tiefften unb roeiteften Sinne 
be§ SEBortö — bis ju bem ®rabe, bajg er fid^ fd^crj^ 
weife rool^l einmal rül^men fonnte, er l^abe nod^ nie 
eine 3cilc ^rofa gefd^rieben. 

©eibel ift nad^mals aud^ als Dramatifer auf* 
getreten; ©ein Äönig SRoberid^ erregte ©rmartungen, 
feine SBrunl^ilb fanb in il^rer fr^ftaCflaren unb marmor:= 
glatten ©prad^e unb mufterl^ften ®infad^l^eit bes 9luf* 
baues auf t)ielen S3ül^nen Eingang. 2)ie „©opl^onisbe" 
errang fogar ben ©d^illerpretS, unb aufeer einem Öuftfpiel 



— 170 — 

,,3Kcifter Slnbrea" f)at tt unö noä) julcgt mit einem 
antnutl^igen ^Sprid^roort: ,ß(iftt^ @otb wirb Kar im 
geuer" befd^enft. 3)a§ aber baö S)rama nitSft fein 
gelb, barüber ^at fid^ ®eibet nie ein ©el^eimnife ge^ 
maä)U S^rogbem waren feine Unterfud^ungen unb 6r^ 
örteningen über baö „5ßroblem" bed ©ramaö, bie er 
ntit SSortiebe im ^eunbesfreife anfteUte, immer im 
^öd^ften (Srabe belel^renb, anfpomenb unb frud^tbar 
förbemb. Ucberl^aupt biefe perfonlid^en 3lnregungen; 
id^ fd^lage il^re SBirfüngen minbeftenS für ebenfo folgen^ 
reid^ an, ate aKed mad er l^at brudEen laffen. ^ied 
barf nid^t mifeoerftanben werben. (Seibelö ganje 
^ßerfönlid^feit mar gleid^fam oon l^ieropl^antifd^er SBcil^c 
umgeben. ®r mar ein äRann von „gro^m 3ufd^nitt" 
ber pf^d^ifd^en Äonftitution. Sßeit il^m bie Äunft in 
ber Slufgabe, bad Sbeale ju Derförpem, ein 5ßriefteramt 
mar, fo roirfte er bemgemäfe aud^ ba, mo er nid^t 
„ex cathedra" fprad^, erl^ebenb, befreienb, flärenb, 
jebeö ®rftrcbte mie ju ®rftrebenbe nad^ ben pd^ften 
Sielen mejfenb, gegen bie SRifere beö Sebend aber 
abl^ärtenb unb abftumpfenb, titn meil il^m bunte SRealität 
ber SBirflid^feit mit i^ren fleinlid^en gorberungen unb 
Störungen als mertl^loä, flad^ unb nid^t ber SSead^tung 
mertl^ galt. 

SDBie unoergefetid^ fmb bie jal^lreid^en 3lbenbe, bie 
ber Jüngere Äreiö mit il^ni unb ben anberen berufenen 
aWeiftern verleben burfte, SKod^te er bann felbft feine 
neueften Sieber, S3altaben ober bramatifd^en Scenen 



— 171 — 

mit marfig mclobifd^cr Stlmtftc Icfcn ober anbcre ©ar^ 
bictungen n)ol^In)oIIcnb roürbigen, immer fül^tten ^ä) 
bie 3lmoefenben im S3ann jeneö gcl^eimnifeootten göuberö^ 
ber nur ton bebeutenben äßenfd^en au&ftral^(t. Unb 
wenn bie ^näft ^tttxtQtt gormfd^onl^eit, SBol^llaut bed 
9[ugbrudd> burd^ftd^tige ^(arl^eit unb reine ungebrochene 
e^oraf terjeid^nung, weiter bie SSerbannung aUeö ^ßj^rafem 
haften unb 2:enbenjiöfen gleid^fam baö ©d^iboletl^ ber 
9Ründ^ener ©d^ule geworben, fo l^at fie bieö niemanb 
anbcrem ju t)erbanfen afe ©manuel ©eibel. 3ln 
fold^en 3lbenben entfaltete er bann anä) bie fd^alfl^afte 
anmutig feiner Saune in glänjenbfter güHe. 6r war 
im Staube, ununterbrod^en vx ben roifeigften SRätl^feln, 
2)enffprüd^en unb geiftfprül^enben ©onnetten ju impro^ 
tnfiren; mie oft ift eö beflagt morben, ba§ oon biefen 
©ebanfenblifeen feined ©enieö nie etmaö aufgefd^rieben 
morben, nie etroaä aufgefd^rieben werben burfte, benn 
feine uornel^me Sefd^eibehl^eit pflegte bicfe ©piele bed 
älugenblid^d ju unterf d^ägen. 

Unb feine ^erfönlid^feit felbft — in ben »or. 
fteHungen beö beutfd^en Sßolfe erfreut ftd^ bie ©l^arafter:: 
figur beö Sgriferd quand m^me eigentlid^ feiner be- 
fonberen ®unft. ^an benft fid^ il^n ald SCräumer, 
gebaut unb ajlonbfd^einl^elben. Oeibel« 5ßerfönlid^^ 
feit bagegen bot in allem ben ftrifteften ©egenfag. ®r 
Toar ein Äat)alier oon eleganten Umgangsformen unb 
felbftbemu&tefter ©id^erl^eit, oon l^crjgeroinnenbfter Um 
mberftel^lid^feit, wenn er moHte, wie t)on mönnttd^em 



— 172 — 

^eimutj^^ ber aud^ jDerb^eit unb @d^roffl^eit nid^t 
auöfd^bg — tDenn ed 3lot\) tf)at, 99U|e fd^Uubemb 
aus bcm ©onncrgciDoIf toic „Jupiter tonans", loeld^cr 
©pignatnc il^m anä) * unter bcn SScrtrauteftcn ocrblicbcn 
ift. Unb bann feine unerfd^öpflid^e ^erjendgüte. SSie 
t)ie(en f)at er auf ben redeten SCBeg gel^o(fen^ fte.aui^ 
bem ^untet an bad Sid^t gebogen, il^ren $fab geebnet 
auf 3al^re ^inaud — wie fegcriäreid^ rougte fein ©inftufe, 
wie fein leud^tenbeä SBorbilb ben ganjen Stanb bcr 
Sd^riftfteQer unb ^oeten im äluge ber 3Ritn)e(t ju 
^eben. 

SHI bied^ bidl^er nientg gen)ürbigte, 38irten unb 
SBalten ©eibelö in SRünd^en wirb unt)ergeffen bleiben, 
aud^ wenn es nur eine bemeffene 3lnjal^t t)on Salären 
umfafet. Die SSeranlaffung feines ©d^eibenö ift befannt 
genug« @r begrüßte ben Aönig oon ^reugen, ate er 
im ^erbft 1868 jum erftenmal nd^ SübedE fam, in 
einer fd^mungt)otten Dbe. 35ie nöd^fte * golge roor 
mafttofer 2ärm in ben fübbeütfd^en uttramontanen 
Stättern, bie jroeite ber SBerluft feiner . bortigen 
Stellung. 

©0 erflörlid^ bie oufeeren SSorgänge, fb unerflor^ 
lid^ werben Dorläufig nod^ bie inneren ^riebfebem 
bleiben. Denn jur felben ^dt, alä ©eibel entlaffen 
mürbe, beftanben bereits bie gel^eimen SSertrage ju 
Xxvi% unb ©d^ufe jroifd^en ^reufeen unb Sa^em. 
SDBetd^er innere aSiberfprud^ alfo, ba§ man ben SSer^ 
l^errtid^er beä l^ol^en SSerbünbeten fallen tie§, bloö weil 



— 173 — 



bie ultramontanc treffe, bic bamate von jenen SSet- 
trogen nod^ ntd^ts nju^tc, bieö Dpfer forberte. — 
S)er ftonig ooh ^ßreufeen entfd^abtgte jroar foforf ben 
©ebannten auf baö Olänjenbfte/ aber ber^erluft, ben 
Winä)tn erlitten, ift nie erfeßt roorben. 



•^ 



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M{ilUMiiNl|i|{i|!ii|t||||||||i|!t||!iii||t:|{i|||!>||||)|||||ii|,,||i||i|t|||,|M,'<|i|||MH 



€tne (Erinnerung an €manuel (BctbeL 

ÄicL 

i/or einer SReil^c üon Solaren rourbe in Sübecf ein 
©d^iff t)om ©tapel getaffen, baä ben SRamcn: ,,®ntanuet 
©eibel" trug. ®in Sübeder Äaufmann, ber babei gegen- 
wärtig war, äußerte fein SRifef allen über fold^en ®ebraud^ 
eines 35id^ternantenä, inbent er äußerte: ®r ift ni^tß, 
er \)at nid^tö, er fann nid^tö. SRein ®en)al^r«mann für 
biefe Sleufterung ift^rof. ©eorg Q^nvtin^, SruberDon 
ßrnft 6urtiu§, bent greunbe ® eibel ö,' mit roeld^em 
jufantmen er ©ried^enlanb ^at fennen lernen. 

S)er aßann l^atte SWed^t von feinem ©tanbpunft 
aus unb ® eibel \)at bafür geforgt, ba§ er Siedet bc^ 
l^ielt bis }u feinem ä^obe. 'S)znn unfer Heimgegangener 
mar nid^tö — alä ein ^oet, 3bealift in einem ©inne, 
mie pe faum mel^r angetroffen merben. SBir freilid^ 
fagen, leiber in ber SSergangenl^eit: @r mar ein großer 
©id^ter, er l^atte ein ebleö $erj unb er f onnte 2^aufenbe 



— ] 75 — 

rül^ren unb erl^ebcn, ol^nc an irbifd^cii So^ii ju benfcn, 
unb ^icr fogcn wir: fann cö nod^. 

©cibclö SBatcrftabt ^at il^n übrigcnö immer in 
^o^cn ©l^ren gcl^attcn, feine naiveren greunbe il^m mit 
Siebe unb ^reue ongel^angen unb il^m feine '3^^^* 
gejogenl^eit angenel^m unb feine Äränflid^fcit ertraglid^er 
gemad^t. SBenn er mitunter 3lbenbd im SRatl^öfeCer 
in il^rem Greife erfd^ien, fo mar eö für fie immer eine 
befonbete ^eube unb er blieb rool^l me^rmal übet 
Sürgerbettjeit in ber bel^agtid^en ©efeHfd^aft bei einem 
®lafe. Der STbenb mar nämtid^ feine befte Qzit, am 
Xaqt litt er oft ftunbenlang Sd^merjen. 2Rir fagte er 
gteid^ bei ber erften Begegnung, 9lbenbö bei feinem 
©d^roager Dr. SReuter: „Slm S^age bin id^ gar nid^ts 
wert^, lieber ^eunb", unb mir fafeen bann alterbingö 
big fpat in bie SRad^t beim $unfd^, inbem Oeibel 
bemerfte: „S3ü6en mu§ id^ morgen bod^, lafe unö jefet 
alfo baö ®ute nod^ mitnel^men." Der 33er!el^r mit 
i^m l^attc etmaö fel^r ®igentl^ümUd^eö. Sein Oefpräd^ 
toar immer bebeutenb, (Stimme, Sluäfprad^e unb S3e5 
tonung fel^r auäbrüdftid^, oft patl^etifd^. ^an burfte 
an Älopftodf benfen, ber nod^ ©oet^e'ö unb 9lnberer 
Sefd^reibung bie SBürbe beö beutfd^en Did^terä juerft 
aud^ in feiner äußeren ©rfd^einung auöprögte. 3)od^ 
fel^Ite ©eibet ber priefterlid^e 9lnftrid^. 

33ei biefer unferer erften 3"fö"^"^^^fw^ft rebete 
ein jmeiter Sßermanbter und in n)ol^lgefe|ten SWeimert 
nedfenb barauf l^in an, ba§ mir nur in gemeiner 5ßrofa 



176 



fpröc^cn unb forbcrtc um auf, aud^ SScrfe prcn ju 
laffen. 35a fprad^ ©cibcl fogleid^ unb faft ol^nc 
©timmc unb ©pred^roeifc ju anbem ober ju. erl^ebcn, 
in fd&önen SSicrjcilcn loa, bie man alle f)attt nieber^ 
fd^reiben unb brucfen laffen fönnen. 

^atl^etifd^ würbe er aud^ in SKienen unb ©eberben, 
mm er auf SRid^tungen in ber ^oefie unb Sitteratur, 
bie im grojgen 5ßublifum en vogue, il^m aber juroiber 
waren, bie 5Rebe fam. ®r l^atte baö fd^ärffte ^ein^ 
gefül^l für mirflid^e ©d^önl^eit in feiner Äunft unb eine 
eben fo ftarfe 2lbneigung gegen alle Sc^einpoefie , un? 
probuftiüe Jlad^al^merei unb gemanbte ÜRittelmäfeigfeit. 
3d^ tonntt mel^rere meltbefannte 9iamen anfül^ren, bei 
beren SRennung er fogleid^ in J^eHen Qoxn geriet^. 
9Kö er l^ter oor brei 2af)xtn ärjttid^e $ülfe fud^te unb 
eine 3^itlang in einem 5ßrit)atfranfenl^aufe rool^ntc, 
pflegte id^ il^n SDbenbö ju befud^en unb. mir gerietl^en 
bann fogleid^ in ein lebhaftes (Sefprad^. Da paffirte 
eö benn faft täglid^, ba§ ®manuel über irgenb eine 
Serül^mtl^eit beö S^ageä, Did^ter ober Did^tmerf, in 
3om geriet]^ unb mit geballter gauft auf ben S^ifd^ 
fd^lug. „Dnfel, Dnfel", rief bann feine Slid^te befänf- 
tigenb, „S)u meifet ja, unten liegt ein ßranfer." 

Sei ber 9lbfal^rt oon l^ier auf bem S3al^nl^ofe unter* 
l^ielten mir un^ nod^ in ben legten 9lugenbliden über 
griebridö Hebbel. ®r l^atte, roie id^, bieö unb baö 
einjumenben, bann aber l^ob er feinen ©^linberl^ut feier- 
lid^ in bie $öl^e unb fagte mit lauter ©timme, bie im 



— 177 — 

SBartefaal roicberflang : „3a, oor bcm Dramatifcr ncl^mc 
\i) bcti ^vi ab!" ©o ctwoö gefd^a^ ol^nc Dftenlation, 
ganj nait)er 5fficifc. 

SSor 3al^rcn bcfud^te 16) H)n mit ^rau unb Äinbcrn 
auf feinem ©ommeraufentl^alt in ©d^roartau , meine 
grau fannte il^n perfönlid^ fd^on länger alö id^. 3[m 
9Cbenb fd^Ienberte er mit unö burd^ ben Ort, wo beim 
fd^onen SBetter bie Seute oor ben ä^l^üren fa^en, bis 
äur (Sifenbal^nftation, ba mir abreifen moCten. 5ß(ö|Ud^ 
fing er mit erl^obener ©timme an, mein eigenes £ob 
ju fingen^ namentUd^ über meinen §eifterfrog in fel^r 
ftarfen 9luöbrüden fid^ }u ergel^en. 3d^ barf baö ja 
mitt^eilen, ba eö unferen l^errlid^en Heimgegangenen 
auf's 33efte d^arafteriflrt, benn fein Urtl^eil, burd^ ba§ 
er mir bamalö ben großen ©oetl^epreiö erworben l^at, 
ift gebrudt unb öffentlid^ befannt geworben. 3d^ aber 
roar fo erftaunt, ja freubig ergriffen, bag id^ il^m ins 
2Bort fiel unb fagte: ®manuel, bebenfe, mas 2)u fagft, 
iebes ©einer 2Borte l^ebt mid^ einen goH l^ier über bas 
©teinpflafter, 2)u mufet bas oerantmorten, bamit id^ 
nid^t roieber l^erunterfalle. S)a rief er meine brei 
©öl^ne l^erbei unb fagte: ^ört }u, SungenS, ^i)x fönnt 
es bel^alten. Unb bann rebete er nod^ lauter, inbem er 
feine SBorte mieberl^olte unb bie 9lufmerffamfeit ber 
guten ©d^martauer nebft il^ren S3abegäften nid^t menig 
erregte. 2Bie follt id^ fein nid^t mit Siebe gebenfen 
unb feinen SSertuft mel^r nod^ als oiele Slnbere beflagen 
unb gern erjfil^len, mie Siebe unb Sld^tung jmif d^en 

©manuel ©eibel, ein ©ebcnf&ut^. 12 



— 178 — 

uns gegcnfcitig xoat. Ucbcr feinen nid^tö Ungeroüjin' 
lid^eg, nid^tö Slomantifd^ed btetenben Sebendlauf l^otja 
bod^ [d^on iebe S^^t^^ß berid^tet, unb jur ßl^araftcriftif 
beft 2)id^terö unb ÜRanneö etroaö ju [agen, beffen SBerfe, 
ber ©piegel [eineö SBe[enäi> in meler 2^aüfenbe ^änbe 
ftnb, wären nid^t am 5ßlafe unb überflüffig. Sttur ein 
liebenbed SBort ju [einem 5Ängebenfen moDte l^ier ein 
^eunb bed ^ingefd^iebenen auöfpred^en^ nad^bem 
®rab fid^ über il^n gefd^Ioffen f)at. 



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€manucl <5eibcl. 

9<tttl IBinbau. 

SBcrlin. 

Unb ipteber treibt es in ben ^annerif 
' Unb ipieber locft's vom blauen ^elt, 
(Ein ^flttgelbef^nen, Segelfpannen 
(5et;t ungebulbig burc^ bie IDelt, 

— im Srül^Ung, in bcr 9lad^t jum ^almfonntag ift 

bcr ©änger bicfcd (^rufeeö an ben Senj, ift (Snianuel 

Ocibcl in feiner SBaterftabt fiübecf nad^ langen,, fd^weren 

Seiben geftorben. ajlit i^m ftcigt aud& ber l^rifd^c 

SHd^ter beö vorigen Oefd^led&tö, bas t)on ben Slaffifern 

auf unfere 3^^^ l^inüberfül^rt , in bie ©ruft. 2)enn 

roenn feine ^erolbrufe aud^ tJoBtßnig unb fd^mettemb 

unfere Oegenroart burd^flungen l^aben, fo würbe Oeibet 

bod^ immer ju Jener ©ruppe t)on 2)id&tern gered&net, 

mit benen er, mie mit Sreitigratl^,^ern)egl& unb 

12* • 



— 180 — 

3lnafta[iuö Orün,- feine erften Sieber in bie 2Bclt 
gefungen f^at ... 

2)er (Srnft, bcr fein biti^terifti^eö SBefen erfüllt, 
jeigt fid^ anä) in feinem ganjen bid^terifd&en ©d^affen, 
in feiner 9lrbeit. Unfere Sitteratur ^at feine in ber 
gorm DoBenbetern S)id^tungen, alö bie ©manne 1 
©eibelö. ©eine ©prad^e ^at' bie„9leinl&eit ber ©lorfe 
unb bie Älarl^eit beö ÄnjftaBö. 93ereitn)iBig fügf fic^ 
ber 9teim feinem Oebote, unb feine SSerfe ffiefeen in 
metobifd&em gaBe unb rounberooBem St^tl^muö bal^in. 
9lid^t nur bie moberrie, fonbern aud^ bie antife %öxm 
meiftert et in berounberungöroürbiger SBeife. ®r roill, 
roie er eö in feiner Dbe an Söfob 93urf^arbt au^fprid^t, 
bafe bie gornt ber 3llten unfern 2)id^tungen erl^alteu 
bleibe, ber 5ßfab, benÄlopftodE gebal^nt unb tönenbeti 
©d^ritteö 5ß taten geroanbelt, foBe nid^t juroad^fen, 
roenn aud& bie beglüdfte Siebe ben SHeim mäl^lt unb 
bie 2^onfunft fid& beffen freut. „S)er inl^altfd^roere ©c^ 
banfe roiegt fid& gern auf ber langauöroBenben, ton« 
gefd&roeBten SBoge beö SHi)tl^muö." SBäl^renb man bei 
unfern 2)id^tem unb aud^ bei ben größten unter il^incn 
oft . eine bebauerlid^e SSernad^Iäffigung in ber gorm, 
eine SSergemaltigung unferer ' fd^öneu SRutterfprad^c 
rügen barf, läßt fid^ gegen ©eibel t)ieBeid^t gerabe 
ber umgefel^rte SSormurf einer aBjupcinlid^en ©orgc 
um bie gormt)oBenbung erl^eben. ©einen mol^llauten' 
ben, DöBig abgerunbeten Oefängen ift feine §arte im 
Älang ju eigen, feine ©pröbigfeit im SÄuöbrude, feine 



— ^ 181 — 

^albfertigfcit. 3Mt übertriebener ©auberf eit l^ot bie 
geile jebe UnebenJ^eit-ftefeittgt; aBeö au^egtid&en, ab- ' 
gefd^liffen; für bie fünftlerifd^e ©d^önl^eit beö SRife- 
flangeö, ber ^erbl^eit, ber ffijjenl^aften 9taul^'l^eit fd&eint 
il^m ber redete ©inn .ju feilten. SBol^I tl^eitna^mötod, 
mnn nid^t gar mit einem Oefül^le beö Unbel^agenö 
würbe er bem SronjesStol^gufe gegenüberftel^en. ®r 
ru^t unb raftet nid^t el^er, alö biö fid^ feine 3lrbeit in 
ieber ©injetlö^it l^armonifd^ getunbet unb geglättet l^at. 
6ö läfet fid^ nid^t leugnen, bafe baburd^ bie geniale 
Unmittelbarfeit ju ©d&aben fommt, ba§ fein 5Kudbrud, 
ber immer mol^lermogen unb mol^lgeftaltet, an freier 
Unoüd^figfeit unb urfprünglid& fröftiger ®d^tl^eit mit^ 
unter ®in6u|e ju erleiben l^at, bafe man bei. feinen 
füfeflingenben Siebern wie meilanb S^annl^äufer ben 
SBunfd^ nad^ Sitternifffn nid^t immer unterbrüdEen 
fann. ®r felbft l^at baä mol^lempfunben unb auö^ 
gefprod^en unb fo fd^ön gefagt mie man ed nur fagen 
fann: 

„ . . . Den 2lusbrttrf aU^n bebenflid? ♦ 
^rtoägenb, tjcrpfufc^ ic^ itjn leicht 3U farblos Reifer Correctijcit, 
Statt in bet^aglic^em ;((ug frtfc^tpe^ von ber £eber 5U plaubent; 
(Sans n'te ber Schnabel mir ipuc^s." 

©eibeU.meifterlid^e S3el^errfd&ung unferer ©prad^e 
mad^t e§ erflärlid^, ba§ er unter ben Ueberfe^ungö^j 
fünftlem unfereö SSaterlanbeö eine erfte ©teile einnimmt, 
©eine SRad^bid&tungen aM bem Stalienifd^en, ©panifd^en 
unb granjöfifd^en in Oemeinfd^aft mit ^^5aul ^e^fe. 



— 182 — 

Snebrid^ r>on 6d^acf unb Ccutl^olb, feine Ueber^ 
tragungen aus ben alten ©prad^'en, bie er im „ßtaffifc^en 
fiieberbud^" jufammengefteBt l^at, finb unübertroffen, ja, 
unerreid^t. 6in ©d^erj feines SebenS ift es getpefen, 
baß er, beffert I^rifd^e ©ebid^te einen nod^ nid^t bo^ 
genjefenen @rfoIg errungen l^atten, als 2)ramatifer bic 
redete. Slnerfennung nid&t l^at finben Jfönnen. „SReiftcr 
5Änbrea" ift längft tjergeffen, „6opl^onisbe" ju ben 
Siebten gelegt unb „93ruhl^ilb", bie 3ol^anneS ©d^err 
ben beften ©aben ber tragifd^en ÜRufe bes ;9. 3^^^- 
l^unberts beigefettt, fteigt nur fetten an irgenb einem 
ftrebfamen ^oftl^eater, bas eine neue tragifd^e ©d^au- 
fpielerin prüfen tojB,' aus ber SSerfenhing auf, um als- 
balb mieber ju Derfd^minben. 3n bittem SBorten flagte 
mir ©eibel, bafe il^m in feiner Slbgefd^iebenl^eit unb 
SBereinfamung Jebe STnregung jur bramatifd^en ©id^tung 
fef)le, unb er l^at biefer Älage aud^ fpäter^ in einem 
feiner ©prüd^e bid^terifd&en 9lusbrud gegeben: 

€m t^ersHc^ £teb gebeit^t wolil {H0 
3n Bufc^ unb ZOalbcsgrüne, 
Doc^ iper ^ragöbten biegten miü, 
' Braucht iDeltüerfctjr unb 23ü(jnc. 

„SBrun^ilb" ^ätte in ber Xf)at ein bejferes ©d&idffal 
Derbient. 2)as 2)rama entpit großartige ©d^önl^eiten. 
greilid^ ift eins ber Hauptmotive, bie Ueberroöltigung 
33runl^ilbes burd^ ©iegfrieb ju ©untl^erS kommen, 
nid^t ganj unbebenf lid^ ; es ift fogar red&t bebenflid^. 
9öas fid& t)om ©tanbpunft unferes 2:^eatem)efens unb 



— 183 — 

4 

aud^ Don unferm mobcmcn ©mpftnbcn bambcr [agcn 
Ififet, l^at aiubotf ©ottfd^alt fo erfd^öpfenb unb gut 
n)ic tnöglid^ gefagt. 6r meint, bafe ein SBeib, baö fid^ 
einem SBanne Dttmaf)it ffat, ftd^ il^m aber t)ermöge 
il^rer atl^tetifd^en Äörperfraft entjiel^t, bafe ein ÜRann, 
ber biefeö SBeibeö t)ergebenä ^err ju merben [ud^t, 
feine Dl^nmad^t bem ^eunbe befennt unb biefen um 
Seiftanb bittet, baß enblid^ biefer greunb, ber bie 
3Sl^mung ber SBiberfpenftigen übernimmt, mit il^r ringt, 
fie berofiltigt, [xt anä) unter baö red^tmöfeige ^oö) ber 
@]^e bringt, inbem er, treu feiner eigenen ©attin, jurüds 
tritt — bafe biefe ©eftalten ber ^elbenfage nid&t unter 
ben bürgern beö 19. 3al^rl^unbertä umJ^erroanbetn 
bürfen, ol^ne ©efal^r ju laufen, il^ren ©ruft einjubüfeen 
unb JU einem 2Bi|e l^erauöjuforbern. Unb in bem* 
felben ©inne mie ©ottfd^all äußerten fxä) anä) bie 
meiften berliner Äritifer, alö baö ©tüd im 3uni 1872 
mit ®lara S^^i^^^ gegeben mürbe. 9ln biefe SÄuf* 
fül^rung tnüpfen einige ©riefe t)on ©eibet an, bie 
üieDeid^t in meitern fireifen 2^^eilnal^me ju erregen ge^ 
eignet fmb. 3luö Sübed t)om 13. äuni 1872 fd^rieb 
er mir: 

„93eften 2)anf, t)erel^rter ^eunb, für 33ricf unb 
©enbung. . ajleine furje 3lnfrage merben ©ie ber be? 
greiflid^en $Reugier t)erjiel^en ^aben. 2)ie Äritifen l^abe 
id^ mit Sntereffe gelefen; fie entl^atten freilid^ mand^eö 
red^t Dberflöd^lid^e unb Unt)erftönbige, auf ben ^aupt^ 
tjormurf aber, in bem fie faft aUe übereinfttmmen, bafe 



— 184 — 

nSmlidö baö Srautnad^tömotit) bcr mobcmcn ©mpftn- 
bungötoeifc nid^t cnifprcd^e, roeife iö) ebctt nid&t oict ju 
^riüibern, unb iDenit fie fonft nur bic bid^tcrifd^c unb 
bramatifd^c ©d^öpf ungäf raft , bie fid& in bem ©tüde 
joffenbart, ancrfenncn, fo wiB \ä) gern mit il^nen ju* 
friebcn fein. 3d^ fafe, alö id^ bie 33run^ilb fd^rieb, 
fo tief in mittelalterlid^en ©tubien, ba§ eö mir baju^^ 
mal feine fo arge äwmuti^ung an ben Sefer ober 3^- 
fd^auer fd^ien, aud^ [tritn bebenflid^en ^unft alö einmal 
jur ©ad^e geprig rul^ig mit l^ineinjune^men. §reilid| 
l^ätte id^ biefen SKnftofe — unb id^ l^abe beim ®nt^ 
werfen einmal ein paar 2^age lang ernftl^aft baran 
gebadet — Döllig permeiben fönnen, inbem id^ t)on 
tjoml^erein ben g^njen ©onflict auf bie eine erfte 
SCäufd&ung beim Sißettfampfe baute; allein ba^ ©tüdf 
mürbe baburd^ an tragifd&er ^öl^e unb abfoluter innerer 
Sftot^roenbigfeit verloren l^aben, maö eö an S^iöängli^- 
feit für unfer ©efül^l gemann, unb biefelben Seute, bie 
leftt am lauteften bie unerträglid&e grembartigfeit be§ 
SSorgangö t)erurtl^eilen, mürben bann ebenfo laut über 
Slbfd^mäd^ung unb SBermäfferung ber, überlieferten, ieber^ 
mann befannten großen SRotiüe geflagt l^aben. ^nhm 
reijte mid& offen geftanben baö SBageftüd, unb menn 
meine 3Kufe fiä) and) babei ein wenig baö 33ein Der- 
ftaud^t l^at — id^ fann ben feden ©prung nod^ immer 
nid^t bereuen, greunbfd^aftlid^ treulid^ft ber Sl^re. 

(Smanuel ©eibel." 
3ld^t S^age barauf fd^rieb mir eibel,. bem im 



— 185 — ^ 

jroif^en meine SJefpred&ung beö S)ratnaä juflcgängen 
war, bie in mand^en mcfentUd^en ^ßunften mit ben 
anbern nid^t übereinftimmtc, auö S^raüemünbe vtm 
19. 3uni baö golgenbe: 

„3Sevel^rter ^eunb! Siad&bem id^ geftem ton 
Sfibed l^iel^cr übergefiebclt bin, um für einige '3^^* 
Seeluft unb ©titte ju genießen, barf id^ nid^t länger 
faumen, S^&nen für 3Jlire SSefpred^ung ber „33runi^ilb" 
l^erjlid^ ju banfen, bie enblid^ einmal ba§ mirflid^e 
^auptt)erbienft beä ©tüdEeö alö ^auptfad^e bel^anbelt, 
nämlid^ bie bramatifd^e ©ntwidlung ber ganjen ^anb? 
lung auö einem einjigen ftarfen fieibenfd^aftömotioe. 
©eltfam, bafe unfere meiftcn 2^l^eaterfritifer t)on bem, 
worauf eö beim -S)rama eigentlid^ anfommt, fo blut? 
Tüenig Derftel&en, ja, ba§ felbft l)od^begabte ^oeten bar^ 
über üöHig im Unflaren fmb. Sißie oft l^abe id^ mid& 
jum S3eifpiel wrgeblid^ bemül^t, einem mir befreunbeten 
Sramatifer au^inanber ju fe|en, bafe nid&t baö blo§e 
6reigni§, ber äufeerlid^e SSorgang, bie unt)orbereitet l^er? 
Dorfpringenbe 2^l)at bramatifd^ mirft, fonbem nur ba§ 
fid^tbar Nmerbenbe, innerlid^e Steifen ber jule|t jur 2^l^at 
füljirenben ©ntfd^lüffe. ®r begreift mid^ eben nid&t unb 
fol^rt fort, ®efd^i(^te ju bialogifiren, aUerbingö oft mit fo 
glüdtid^er ©l^arafteriftif unb mit fo eigentl^ümlid^ frifd&er, 
Dolfötl^ümlid^ angelandeter SJiction, ba§ man trofe be§ 
äJlangelä faft alter jufdmmenpngenben gortbemegung 
feine 8tüdEe bennod^ gern lieft. 3Baö id^ über bie 
2)arftellung ber „Srunl^ilbe" l^öre, Hingt untröftlid^ 



— 186 — 

genug/ unb ed ift geiDtg beffer, bag td^ mä)t babei ge^ 
roefen bin; bcnn obrool^I [onft banf barer 3wi^orer, bin 
id^ bod& bei Sluffül^rungi eigener ©ad^en nur aBju ge? 
neigt, bloß baö SJrudEfcl^leroerjeici^nil ju ^oren. aJlein 
Äopf ift leiber nod^ immer rcd^t angegriffen. SJlöd^te 
meine alte ^eunbin, bie©ee, mir enblid^ frifd^ere 
2^age bringen. 2Bit beften ©rüfeen treulid^ft ber 3l^re. 

®manuel Oeibel." 
Sd^on in biefem 33riefe unb in faft aBen Briefen 
ber frül^em Saläre Wagt ©eibel über feine ©efunb^eit, 
biefelbe filage feiert in aßen fpätern mieber. Slud^ in 
bem legten mel^mütl^igen ©d^reiben, baä er an mid^ 
gerid^tet l^at. ©eibel litt «an einer unl^eilbaren ßranf- 
l^eit, bie il^m täglid^ entfeglid^e ©d^merjen bereitete. 
2)iefe ©d^merjen fteDten fid& gemöl&nlid^ im Saufe ber 
3laö)t ein, fteigerten fld^ biö jum 2Rorgen unb mürben 
fo furd^tbar, ba§ er barüber bie 33efinnung faft perlor; 
menn fie enblid^ aufl&örten, mar ber ©id^ter fo erfd^opft, 
bafe er mef)rere ©tunben brandete, um einigermaßen 
mieber ju firäften ju fommen. ©eine unglaublid^ roiber- 
ftanböfäl^ige unb im übrigen fo fröftige $Ratur gemalerte 
if)m bann gemöl^nlid^ einige fd^merjfreic ©tunben am 
Slbenb, unb bann mar er fo l^eiter, fo aufgeräumt, fo 
frifd^, ba§ man faum faffen fonnte, mie bem unglüdf- 
lid^en 3Ranne nur eine für je 5ßaufe bef4)ieben mar, bie, 
mie er mußte,, balb ju ®nbe gelten unb neuen Qualen 
meid^en mürbe. ®ö mar unbegreiflid^, baß er ftd^ ba 
biefe pl^rififd^e firaft unb feelifd^e ©törfe bema^rcn 



— 187 — 

fonntc. 9K§ id^ il^n im 3uU 1878 befud&tc uttb einen 
mir unDerge^lid^ gebliebenen Slbenb mit il^m Derbrad^te, 
iiberrafd^te mid& alle§. 3d^ ^atte mir von Oeibet 
nad^ feinen bid^terifd^en SBerfen, nad^ ber munberbar 
taubem, gejirfelten ©d^öril^eit feiner ^anbfd^rift unb 
nad^ ben mir bcfannten 33ilbern eine ganj anbere SSor^ 
fteHung gemad^t, bie namentüd^ burd^ ben ftilifirten 
©l^arafterfopf Donfiaulbad^ völlig Dermirrt mar. ®r 
fa^ üiel weniger l^rifd^ au^, alä i^n feine Silber bar- 
fteHten. (Sin cnergifd^er, fd^arfer, • fluger, polemifd^er 
Sopf mit trofeigem 33art, ein 3Rann, ber mir gleid&jeitig 
i^eftig unb babet patriard^alifd^ gemüt^Hd^ erfd^ieu/ trat 
mir entgegen. ®r fptad^ mit ungemol^ntem ^eimutl^ 
t)on aBen ^erfönlid^feiten unb SSerl^ältniffen, bie mir 
berül^rten, oft mit einer fd^neibigen StüdEfid^töIofigfeit, 
bie ba§ Seben in ber ©ro^abt nur ju fe^r abfd&mäd^t. 
®r mar in ber rofigften Saune, unb biö tief in bie 
3lad^t blieben mir beim Olafe Sißein fifeen in feinem 
be^aglid^en ^oetenftübd^en, t)on bem au§ fein 33lid 
einen S^l^eil ber fd^önen alten ©tabt unb il^rer lieb^ 
lid^en Umgebung bel^errfd^te. 6r mar fo vergnügt unb 
frifd^ mic möglid^, unb id^ badete mel^r an ben luftigen 
3Jlufifanten, ber am 9lil fpajierte, alö an ben SRann, 
ber baö fd&mermütl)ige SBort gefagt: 

(Es fitngt bas Wort fo tr.awrtg gar, 
;JatjrV ipoljl, fat^r' mol^l auf immerbar I 

ate id^ il^m' bie ^anb jum Slbfd^iebe reid^te. ©r ladete 



— 188 — • 

unbcfaHgcn, unb er iDufetc bod& ganj genau, bafe jii 
bie teuflifd^en ©d^merjen in roenigen ©tunben mit her 
^ünftlid&feit unbamtl^erjiger SBud^erer einftcBen unb 
il&n, jä^lingö -ani bem erquidcnben ©d^tafe aufrütteln 
mürben, ©eit ber JJerl^eirat^ung feiner einjigen unb 
geliebten J^od^ter mit einem angefel^enen Slrjte in Sübedf 
mar feine 5Rid&te, bie liebenämürbige 93ertf)a ©eibel, 
feine treue Begleiterin unb unermüblid^e ^Pflegerin. 
Sal^relang ^at er biefeö qualooHe S)afein mit einer 
©tanbl^aftigfeit ertragen, bie jur 33emunberung l^erauö- 
forbert, unb burd^ bie ©d^öpfungen feineö regen unb 
eblen ©eifteö feine förperlid&en ©d^merjen ju linbem 
gefud^t. 3lllmäl^lid^ aber rourbe fein S^f^^"^ immer 
unerträglid&er unb raubte il;m in graufamer SBeife aud^ 
nod^ feinen legten S^roft,. feine liebfte ^eube: bie greube 
gn ber 5lrbeit. SSon feinen fd^meren Seiben l^at i^n 
ber 2:ob nun befreit, ©manne l ©eibel l^at il^n 
ermartet feit langen 3öl)ren unb il^m unuerjagt ins 
Sluge gefd^aut. 

3m Spätljcrbftlaubc ftetjt mein £eben, 
§u (Enbe ging \>as frotje Spiel. 
Die Sonn' erbla§t, bie tiebel weh^n, 
Unb balb, ic^ fül^rs, bin ic^ am Siel. 

®r l^at gemußt, bafe fein fieben fein oergeblid^eö 
geroefen ift unb ba§ feine SBerfe nid^t mit il^m untere 
gelten. 2Baö er aud^ erbulbet, bie ^eube l^at il^m 
nid^t geraubt merben fönnen, an feinem Sebenöabenb 



— 189 — 

no^ bic [eJ^nlid^ftcn SBünfd^e feiner fid^njärmerifd^en 
Sugenb Dcmrirflid^t ju fe^en. 3Rit banfbarem ^ol^^ 
gefül^le ift er von unö gefd^ieben — 

Ucbcr bcm (5rab auffkeigenber 2lar, 3U iDcId^em bcr (Sötter 
Dort im Sterncngefilb jircb^ bu geflügelt empor? 

(Sluäjug auö ber „min- 3tg.") 




€in (ßcbenfblatt 

Sias Staibtä. 

Sßicn. 

lüie ftitt c§ um mid^ ift! Seinal^c fo ftitt, wie in 
meiner ©eele, bie be§ [d^merjUd^ entbel^rten griebenß 
enblid^ fid^ erfreuen barf. S)a3 ^auä, in bem id^ 
mol^ne, \)at längft fid^ jur di\if)t begeben, aud^ in ber 
Slad^barfd&aft brennt fein 2\ä)t mel^r, unb menn id^ an^ 
genfter trete, bringt faum baä ©eräufd^ eineö Dorüber^ 
rottenben SBagenö ju mir l^er ober ber ©d^ritt eines 
[pöten SBanbererö, ber ftd^ in ber 2Beite tjertiert. 9Som 
bunfetblauen §immel leud^tet ber ÜRonb, ein lauer 
SBinb fpiett mit bem jarten Saube frifd^begrünter ^&nmt, 
fte fd^ütteln bie emften Häupter, mie unmiHig, bafe fie 
im ©d^lafe geftört werben, unb niden gleid^ roieber ein. 
®aö ift bie redete ^eierftunbe, um ben ®eift eines 
©id^terö ju empfangen, ju bem id^ 3^it meines SebenS 



— 191 — 

aufgebücft fiabe, wie ju bem l^cBen freunbUd^en Stern 
bort oben.- S)er Stern gef|t md)t unter, aud^ roenn bie 
9lebcl xi)n DerJ^ülIen ober bie ©onne beö nüd^ternen 
SBerfeltageö i^n auöjulöfd^en brol^t; er l^at feinen feften 
iUag am gimtament unb wartet hinter ber SBolfem 
roanb, biö bie trüben S)ünfte fid^ jert^eilen, um fd^öner 
unb glänjenber mieber üorjufd^immern.. 2)ie Seute 
fagen, ®manuel Oeibel fei geftorben ; id^ fann eä f aum 
glauben, benn iö) fel^e mcitten ©tern. 9lber id^ l^öre 
aud^, mie auö l^immlifd^er gerne bie meid^en ÄlSnge 
eineö SKenbelöfol^n'fd^en fiiebeö, unb bie mol^lbefannte, 
frül^t)erl^ante, unDergefelid^e Stimme, t)on meld^er id& 
bie fd&lid&te SBeife juerft vernommen, mitt mir bie 
fd^limme 5Rad^rtd^t beftätigen: „ßö fUngt baö SBort fp 
traurig gar: gal^r mol^l, fal^r roöl^l auf immj^rbar!" 
Unb id^ gel^e jum Süd&erfpinbe unb l^ole einen ab^ 
gegriffenen grünen 33anb l^erunter, ein ©rbftüdE, baö ju 
meinen liebften Sertgt^ümern jäl^lt. SSor t)ieräig ^al^ren 
ift baö 95ud; — OeibePö erfte. ©ebid^te — mn gemefen, 
unb bie 3IUgen, bie bamate l^ineinf^auten, waren jung 
unb Mar; fie lafen mit frol^er 93egier t)on all' ber 
roel^mutl^öDollen ©eligfeit, bie barin entl^alten, unb 
würben beö Sefenö nimmer mübe, wenn aud^ mand^mal 
eine SC^räne il^ren 33Htf t)erbunfelte. 2)ie lieben treuen 
Sugen! 9lud^ fie l^aben fid^ für immer gefdE)loffen unb 
wad^en niä)t mel^r über baö Seben 2)erer, auf benen 
fie einft mit mütterlid^er gürforge gerul&t. ©in Sd^merj 
mdt ben ^nbern auf. ®er S)id^ter weife e§ nid^t, wie 



— 192 — 

baö 2o§ unjäl^ligcr ^erfoncn mit feinem SBefen ftd^ 
Derflid^t, er fennt bie ^erjeit niä)t, meldte an feinen 
Sippen l^ängen, unb l^at feine 5l^nun8 bat)on, bafe er 
felbft mit ber beftimmenben ^anb eines ©ottes in frembe 
SÄenfd^engefd^icfe eingreift. Ober erfäl^rt er eä bod^? 
3lud einer forgfältig aufbemal^rten 2Äappe mit 9Ranu? 
fcripten jiel^e id^ ein tl^eureö S3Iatt l^eroor mit bem 
S)atum: Sübetf, ben 25. $Rot)ember 1871. 

„SBcr t)on fo fd^mercm ©daläge getroffen ift, nrie 
Sie, lieber Äatbed, bem erfd&eint leidet Jeber nod^ fiv 
treu gemeinte 2^roftt)erfud& alö bebeutungölofe^l^rafe; unb 
fo mitt id^ Sinnen benn l^eute nur fagen, mie tief e^ 
mid^ bemegt i^ai, von 3l^nen jugleid^ mit Sl^ren freunb^ 
Ud^ l^eiteren Blumengrüßen bie erfd^üttembe S^rauer^ 
bolfd^aft ju empfangen. 2)ie Feuerprobe, bie pe ju 
beftel^en l^aben, ift l^art, unb eö märe unmenfd&lid^ ober 
übermenfd^lid^, wtnn Sie nid^t flagten. SÄber nur nid^t. 
oer jagen! gaffen ©ie alteö ^ol^e, ®ble unb ©öttUd^c, 
ma§ ©ie in 3^rer 93ruft tragen, mit üerboppelter Sraft 
in fid^ jufammen unb ©te merben aud^ bieä überminben; 
©ie werben eö erfal^ren, baß baö äußerlid^ SBerlorene 
in treuem liebeoolten ©ebanfen bod^ nn§^ ein föftlid^e^ 
unentreißbareö ©igentl^um bleibt unb unö jum S^aliö- 
man mirb für bie weiteren Kampfe beö 2thtn§t. ©ie 
l)aben nod^ t)iel ju fd^affen, unb bie SBelt, bie Sinnen 
l)eute mie in bid&tem 9iebel oer^ültt liegt, mirb Sinnen 
bod^ mieber blül^en, wtnn fie aud^ bem fd&mergeprüflen 
SRanne ein anbereö ©efid^t jeigt, al§ bem fd^märmenben 



— 193 — 

SüngUng. 3ii treuer S^^eilnal^e brürft Sinnen bic 
§onb 3f)r alter greunb ©manuel ©eibcH" 

^ä) fenne bcn S3rief auöwenbig; unb bod^ erfd^eint 
er mir [o neu, alö ptte id^ x\)n titn erft empfangen, 
©eltfant, ba§ bie erl^ebenben SBorte, weld^e mxä) über 
ben 2:^ob meiner SÄutter ju tröften oerfud^ten, nun aud^ 
mit bem ^infd^eiben meines greunbeä unb SWeiflerö 
mid^ t)erfö[)nen [oUen! SKir ift ed, alö fül^Ite id^ feine 
^anb, bie id^ leiber niemals im 2titn gebrurft l^abe, 
in ber meinigen rufien, als fal^e id^ il^n Dor mir, mie 
id^ il^n nie gefeiten, ben [pärlid^ ton grauen Sorfen 
umgebenen energifd^en ©l^arafterfopf mit ben büfter ju* 
fammengejogenen Slugenbrauen unb bem gemaltigen 
Äncbelbart, ber el^er auf einen ©olbaten, als auf einen 
S)id^ter [daliegen lie^. SSBas mir feine Sunt igung gemann, 
fattö es nid^t bie an ben 2^ag gelegte Segeifterung für 
feine l^errlid^e 5ßoefie mar, mirb mir mol^l immer Der? 
borgen bleiben. Unb l^atte id^ meine marme SBerel^rung 
nid^t mit bem ganjen beutfd^en 33olfe gemein, bas mie 
}u einem 9lational^§eiligen ju il^m auffal^? ©ie Sugenb 
iaud^jte il^m ju, bie grauen fd^märmten für il^n, bie 
Männer ad^teten il^n unb bas ällter lieg il^n gelten. 
2BaS fonnte il^m alfo bie überfd^mänglid^e ^ulbigung 
eines namenlofen Jünglings bebeuten, ber feine ©tubien 
über bilettantifd^en Steigungen oerfäumte unb bem reifen 
Äünftler ben erften 33anb feiner ®^mnafial:jS5rif ju 
%n%tn legte? S3efagter Süngling mar bamals aUerbings 
anmafienb ober naio genug, ju glauben, er oerbiene bie 

(Smanuel ®et6et, ein (&tUntbuä). 13 



— lU — 

l^ol^c 2luäjeid^nung, bie i^m bcr @ef eierte baburd^ er? 
cOTteö, ba§ er fid^ um [ein SBol^I unb SBel^e fümmertc, 
ja er roagte ed [ogar, mit bem greunbe wegen ber 
fd^riftUd^en Semeife feiner @unft ju fiabern. ©eibcl 
mar l^od^l^eriig genug, mir nid^t ju jürnen. 6r beftärfte 
meine 3uoerftd^t unb [ud^te mid^ ju förbem, fo t)iel er 
fonrit^. Seine eigenen SBortc mögen für i^n felbft 
reben! 

„^obtn Sie taufenb ^^anV' — fd^reibt er am 
29. aJldrj 1871 — ^,für Si^re lieben 3^il^"/ ^^^ "^i^ 
fo freunblid^ über bie Sluffül^rung meiner S3runl^ilb in 
Sredlau berid^ten ! Sie l^aben mir baburd^ eine redete 
greube bereitet, menn id^ mir aud^ fage, bafe id^ ben 
größten ä^J^eil beö äußeren ©rfolged mol^I ber 9lnjiel&ungS' 
traft ber ^auptbarftelterin unb ber altgemein gel^obenen 
Stimmung am ©eburtötage beö Äaiferä ju banfen l^abe. 
— Ueber mein Sd^meigen werben Sie weniger ftreng 
mit mir redeten, xotnn Sie erfal^ren, bafe id^ feit Sal^reö^ 
frift fd^mer leibenb bin, unb bafe bie Stunben gejäl^lt 
finb, in meldten id^ oon argen Sd^merjen unb SBeangfti? 
gungen t)erfd^ont bleibe. SBaö id^ überl^aupt noc^ 
fd^reibe unb fd^affe, ift bem miberftrebenben Äörper nur 
mül^fam abgerungen. 

SWit 3l^ren ©ebid^ten ift eö mir eigen ergangen. 
^ä) l^atte t)or einigen SJlonaten, wie id^ . Sinnen ja 
fd^rieb, nur l^ineingefel^en unb mir, ba id^ jufättig 'nur 
auf l^eitere. Stüde traf, ein burd^aud irriges 83ilb 3f|rer 
SDlufe, a(ö einer leidet unb jugeubfrol^ bal^infd^mebenben, 



— 195 — 

gefd^affcn. aSielleid^t mod^te mir gcrabc barunt, aU iä) 
fpätcr ba§ S3ud^ im 3wfömmcnl^ongc burd^Iaä, SJland^cä 
alljutief ocrfd^attet crfd^cincn. 3d^ empfing bcn ®inbrurf 
eines in pd^ abgefd^toffenen Sb^Uä mit elegifd^em, faft 
trogifd^em Sludgange unb von irbermiegenb büfterer 
Färbung. 3a, mir trat l^in unb roieber, mie bei £enau, 
eine geroiffe ©d^melgerei im Sd^merjgefül^I entgegen, 
bie mid^ nid^t rein erquiden moUte. 2)ic Sieber ftnb 
offenbar mit ben jarteften gäben 3l|red eigenften S^benä 
burd^road^fen, unb id^ mage ba{)er nid^t, an ba3 ©injetne 
ju rül^ren; im Slltgemeinen aber barf id^ molil für ben 
mir liebgemorbenen SJlenfd^en unb 2)id^ter ben Söunfd^ 
auäfpred^en, bafe bie ^eriobe ber 2^rauer unb S3itterf eit, 
lüeld^er ein bebeutenber ^l^eil ber ©ebid^te entftammt, 
jur 3eit übermunben l^inter ^^ntn liegen unb jener in 
fid^ oerfölinten unb meltoffenen ©timmung gemid^en fein 
möge, beren ber S^rifer t)or Slltcm bebarf, um ben 
SÄeid^tl^um feineö inneren 2tbtn^, fid^ felbft unb älnberen 
jur Suft, fünftlerifd^ ju entfalten. 

2Bie gerne würbe id^ 3l^nen perfönlid^ begegnen! 
Sül^rt ©ie benn ein günftiger ©tern nid^t einmal in 
unfere ©egenb? 3d^ meineötlieilö bin leiber burd^ mein 
Ucbel unerbittlid^ an bie ©d^oUe gefeffelt. . . . — 3ln 
unfern alten §oltei bie fd^önften ®rü§e! ®r mirb 
fid^ trog feineö ftarren preu^ifd^en SRo^aliämuö fd^liefelid^ 
bod^ olinc aJlurren in baö Äaifertl^um ber ^ol^enjoltern 
gcfunben l^aben, in bem mir 3üngeren bem ©^mbol 
ber beutfd^en 6inl)eit entgegenjubeln. ..." 

13* 



— 196 — 

Siegt mä)t bie ganjc t)orncl^me, roal^rl^aftige unb 
licbcnöroürbige SRatur ©eibelö in bicfen QtiUn an^- 
gcfprod^cti ba? SBic befd^ciben Ic^nt er ben ©rfolg 
feiner SRibelungemä^ragobie von fid^ ab, wie Hör unb 
gefaxt überfielt er [einen l^offnungölofen 3wftanb, wie 
beftimmt unb bod^ wie milbe beurtl^eilt er bie ®rft^ 
Hnge bed 9lnfängerd, wie biäcret unb wie gefd^idt 
weidet er unliebfamen Sluöeinonberfegungen au^, wie 
fd^Iid^t unb überjeugenb fe|t er ber Äinbcrfranfl^eit ber 
mobemen 2t)rif, bent SBeltfd^merj, fein fünftlerifd^eö 
©loubenäbefenntnife entgegen, unb wie roatm brid^t 
am ©nbe fein patriotifd^eä ©elbftgefülil l^eroor! 9lod^ 
d^arafteriftifd^er für feine ooHe unb rürfl^altlofe Eingabe 
an bie „Qdt ber ©rfüHung", vok er bie Saläre mif 
bem franjöfifd^'beutfd^en Äriege nannte, ift ber SRatl^, 
ben er mir bejüglid^ beä Drteö gab, an weld^em id^ 
meine afabemifd^en ©tubien beenbigen foDte. „SBaö ben 
^aupt:=3nl^alt 3l^reö S3riefeö betrifft," l^ei^t eö in einem 
©d^reiben t)om 22. 3anner 1872, „fo fann id^ Sinnen 
bie S^age, bie ©ie mir oorlegen, in feiner 3Beife ent. 
fd^eibenb beantworten, "^tnn x6) rocife in ber SJI^at 
nid^t, wa^ Seipjig unb SRünd^en für baä oon 3E|nen 
emjälilte %aä) (germanifd^e unb romanifd^e 5ßl^ilologie) 
augenblidlid^ ju bieten l^aben, wenn id^ aud^ auö 
mand^ertei Söal^rfd^einlid^fcitägrünben annel^men möd^te, 
bafe Sie an ber ^ßteifee reid^ere 2ludbeute finben würben, 
alö an ber !3far. ^iet)on jebod^ ganj abgefel^en, mürbe 
iä), menn 3l^re SBal^t nur jmifd^en jenen beiben ©täbtcii 



— 197 — 

fd^roanft, unmafegcblid^ ju Äcipjig ratzen, einmal, weil 
bicö jur ^tit of)m ^agc bic bcbeutenbftc bcutf<i^e 
Uniocrjität ift jum anbeten, weil ©ie l^ier unenblid^ 
oiel leidster gefellfd^aftlid^e 9lnfnüpfungöpunfte finben 
würben, als in SKünd^en, wo baö, was wir Somiliem 
leben unb l^äuSlid^e fireife ncnntn, nur auönal^mdnjeife 
oorfommt unb ber geiftige SSerfel^r fid^ faft auöfd^liefelid^ 
auf 3wfammenfünfte im Sßirti^ö^aufe.befd^ränft. Slbcr 
ein anberer ©ebanfe brängt fid^ mir unmiUfürlid^ auf, 
SBarum gelten ©ie nid^t nad^ Strasburg? 35ort mürben 
Sie fid^ nid^t nur rafd^er unb bequemer alö [onft irgenbmo 
in ben DoUftänbigcn 83efi| ber franjofifd^en Sprad^e 
fe|en fönnen, fonbem aud^ für baö ©tubium, menigftend 
ber franjöfifd^en fiitteratur, bie reid^ften SJlittel finben. 
Unb baju bie l^erjftärfenben ©inbrüdEe eines jugenbUd^ 
frifd^en SBerbenä unb Söad^fenö ringsum, bie freubige 
2^l^eilna^me an bem fröftigen unb fiegreid^en 9lingen 
beö beutfd^en ©eifteä! SBal^rlid^, rotnn \6) jung märe, 
bort unb nirgenbä anberä möd^te id^ Stubent ober 
S)ocent fein. Slud^ fd^reibt mir ein oertrauter ^eunb, 
ber im vorigen §erbft als 3)irector an baä faiferlid^e 
S^ceum t)erfegt marb, bafe nthtn ber rüftigen älrbeit 
aud^ baö gef eilige 2titn ^ber ©eutfd^en in Strasburg 
bereits frölilid^ gebeil^e unb feineömegä ber poetifd^en 
unb litterarifd^en älnregung entbefire. ©afe id^ mit 
biefem SSorfd^lage 3f)rem ©ntfd^luffe in feiner Söeifc 
vorgreifen miH, verftel^t ftd^ von felbft. Slber auöfpred^en 



— 198 — 

rooHtc id^ bod^, roaö mir bei ©rroägung 3^rer Sage fo 
lebenbig entgegentrat. . \ ." 

SBenn ein 2)id^ter an bem SBieberaufbau beö beut« 
fd^en 9iei(i^eö gefinnungötüd^tigen unb roortfräftigen Sin- 
tl^eil genommen l^at, fo ift eä ©eibel, ber al^nenben 
©eifteö mit propl^ctifd^er S^^Q^ ^^f ^^^ gemaltige ©nt- 
[d^eibung beä (angfam unb unmerflid^ fid^ oorbereitenben 
©efd^ideä ^ingemiefen l^at, ol^ne fid^ burd^ ben ©trcit 
ber l^im unb l^ermogenben ^Parteien aud^ nur einen 
Slugenblid beirren ju laffen. ©leic^ einem Se^er 'beä 
9lltertliumö f d^ritt er erl^obenen ^aupteä, ben rociffagenben 
©Ott im ^erjen, burd^ bie lärmenbe unb tobenbe äWengc 
bal^in, nur baö eine, nod^ oerl^üUte ^id vor SÄugen k- 
l^attenb; unb mie eä meber ben JRabicalcn nod^ ben 
JReactionSren gelang, ben Sänger in il^r Sager l^erüber- 
jujielien, fo oermod^te felbft bie Slüdfid^t auf ein ge- 
frönteö ^aupt nid^t, il^n t)on bem lauten Sefenntnife 
feiner l^eiligen Ueberjeugung ahiu^altm. ®r ad^tete bie 
Unab^angigfeit männtid^er ©efinnung l^öl^er ate bie 
föniglid^e Onabe unb büfete lieber baä pd^fte materielle 
Out, baö bem 35id^ter bcfd^eert merben fann, bie forgen- 
freie ©fiftenj dn, alö bafe er feinen burd^ aBe beutfd^en 
Sanbe bröl^nenben „9luf über ben SRain" unterbrücft 
Ilätte. 9lie aber ift aud^ einem 5ßropl^eten eine glänjenbere 
©enugtl^uung bereitet morben als il^m, bem SBedfrufer 
unb ©l^renl^erolbe beä SReid^eö, beffen 2:^riumptigefange, 
Sobpreifungen unb Subell^^mnen bem Siegeöjuge ber 
beutfd^en 3bee ben SBeg bereiteten. 2)iel871 erfd^ienenen 



N 



— 199 — 

„§crolbönifc", rocld^c bic älteren unb neueren QdU 
gebid^te ©eibels, von 1840 biö 1871, in d^ronologifd^er 
3letE|enfolge umfaffen, bitbei! eine poetifd^e ©l^ronif ber 
großen roeltliiftorifd^en 5ßeriobe, unb iebeä S3Iatt ift ein 
5lul()meöblatt beö beutf^en ©eifteä. $ätte ber 5Did^ter 
nid^tä l^interlaffen afe biefeä eine benfroürbige 33ud^, 
roeld^eö nur einen oerfd^roinbenben SBrud^tl^eil feiner 
fc^öpferifd^en S^ptigfeit begreift, er würbe nid^täbefto^ 
roeniger unftcrblid^en SRul^m erlangt ^aben. Unb l^ar^ 
numifd^er als fein Seben ift feiten baö ©rbenroaUen eined 
S)id^terö auägeflungen. 5Die in il^m roaltenbe rounber- 
ootte Ueberelnftimmung jroifd^en SBoUen unb Äönnen, 
ju roeld^er ntinber S8et)orjugte fid^ mül^felig burd^ringen 
muffen, war if)m t)on bem®n)igen aU ©efd^enf in bic 
SBiege gelegt, roorben; fie erroieS fid^ nid^t nur formen^ 
gebenb für feine ^l^antafie, fonbem roirfte aud^ ge^ 
ftattenb auf feine Sufeeren SSerJ^ältniffe. Äein ©onflict 
trat il^nt nal^e, ber nid^t ben Äeim ber SSerföl^nung in 
fid^ getragen l^ätte. @r empfing mit ber ©iffonanj 
fd^on ben Sd^lüffet ju il^rer Sluflöfung. SBie bie 5ßoefie 
feineö SWterö ju ber feiner 3ugenb mieberfefirte, fo läuft 
aud^ ber bunte Sreiö fetner ©rlebniffe in ben Slnfang 
jurürf — bie ^eimatgloden oom S^l^urme Sanct ÜRarien 
läuten ben ©id^ter ein unb aus. ®ö ift ein reiner, 
DoDer unb frommer Klang, ber alted ©tofflid^e oon 
fid^ abgetl^an ju l^aben fd^eint, el^e er baö Dlir beä 
aufliord^enben 3upt:erö berül^rt, unb er tönt aud fämmt^ 



— 200 — 

Hd^cn ©ciberfd^cn ©cbid^ten. SBcr bcn lc|ten 33aiib 
bcr „6potl^crbftblätter" mit ber crftcn Sicbcrfammlung 
pcrgleid^t, tmrb faum einen Unterfd^ieb im Ston be^ 
merfen, toie i)oä) anö) ber attumfaffcnbe ©eift beö 
2)id^terä von ben nur bienäci^ften®egenftänbe ergreif enben 
©ebanlen ber Sugenb fid^ emporgefd^mungen l^at. 

©eibel mufete, bafe ^r mit bem fünften Itirifd^en 
Sanbe feine ^robuction abfd^Iiegen mürbe. 3m Slooem^ 
ber 1874 fd^rieb er mir: 

„3lm ein paar SBorte l^eute, liebfter Äatbef, um 
^i^nen für 3l^ren freunblid^enOeburtötagögrufe ooniperjeix 
ju banfen unb Sinnen ju [agen, ba§ fid^ in meinen ®e^ 
finnungen gegen ©ie, aber (eiber aud^ in ben täglid^en 
plagen, t)on meldten id^ l^eimgefud^t merbe, nid^tö 
geänbert fiat. 2)en ©ommer brad^te id^ in meinem 
malbgrünen Sd^martau ju, überfe|te ffeifeig auö §oraj 
unb probucirte S)ie§ unb 3eneö, aber nid^tö, mas jur 
SSeröffentlid^utig im Feuilleton eine§ größeren Slatteö 
geeignet märe. 2)er 93anb ©ebid^te, nad^ bem ®ie 
fragen — ©pätl^erbftbtätter — liegt fd^on feit einem 
Saläre brudEfertig; bod^ l^abe id^ mid^ jum befinitit)en 
Slbfd^luffe unb jur Verausgabe nod^ immer nid^t vtt^ 
[teilen fönnen, einmal, meil . . . ., jum anbern, meil 
man überl^aupt fd^mer loöbrütft, menn man bie le|te 
Äugel in ber 33üd^fe l^at. gum bie§iäl^rigen 2Beil^^ 
nad^töfefte fommt baö 93ud^ auf feinen gall; fobalb eö 
jebod^ überl^aupt gebrudt mirb, foK Sitten eins bcr 



— 201 — 

erften ©fcmplare jugel^en. — 3^ 3i)rer neuen ©tellung 
in ber alten Sßtimati) tDÜufd^e id^ 3l^ncn von ^erjcn 
oHeö ®ntt unb öefte. Sd^ fenne jiüar roeber S^^te 
äJerl^altniffe, nod) bie ber „^^l. S^^tung" genauer, bin 
aber iebenfallä ber äßeinung, ba§ fid^ auf fold^em 
^ßoften beö (BnUn unb ©d^önen genug roirfen Iö§t- ©ine 
getoijfen^afte unb oorurtl^eitefreie ©timme mel^r bleibt 
im großen ©oncert ber treffe unter alten Umftänben 
ein ©ewinn. ©ie werben, roenn Sie bie Sad^e emft 
nehmen, an ^l^rer 9lrbeit wad^fen unb über 33iele§, roaö 
3l|nen oielleid^t bis bal^in nur in ber ®mpfinbung tag, 
jur legten Ätar^ett gelangen, weit ©ie eö im 3uf cimmen^ 
^onge entroideln foHen. 9ll[o nur freubig üonoartö! 
SB. ift auf äl^ntid^em SBegc ju 9luf unb 3lnfel^en unb 
fd^tiefelid^ ju t)ötlig freier SRufee für feine ^robuctiou 
gefommen.". . . 

3Bäl^renb id^ biefen 33rief roieber mit einem ftiKen 
Seufjer in bie SJlappe lege unb ber SSerfud^ung roiber? 
ftel^e, nod^ mel^r auö meinem foftbaren Slutograpj^en^ 
fd^a|e mitjutl^eilen, föttt mir ber SÄnfang einer anberen, 
in ben „Spätl^erbftblättern" t)eröffentlid^ten ©piftel 

®eiberö fd^roer aufä ©eroiffen. 

» 

„Stets von allem (Sefc^äft in ber IPelt has üerl^agtefte wax mir 
Briefe 3u fc^reiben. So leicht mir bas IVovi in lebenbigcr Hebe 
;JIie§t, iDenn bie Sac^e mic^ reist, fo fc^mer entftrömt es ber (Jeber, 
Catigfam, brüchig unb falt, als ob auf bem längeren Umroeg 
2Ins bem Biegen aufs Blatt mir (Seful^I unb (Sebanfen gefrören." 



— 202 — 

9lad^bem iä) biefcö Scfcnntnife fpäter gclcfcn, ^abe 
xäf bcn 3)id^tcr mit meinen Si^fd^riften tl^unlid^ft oer^ 
fd^ont; ober id^ bin egoiftifd^ genug, von bem ^Begangenen 
nid^tä ju bereuen. 2)enn bie S3latter, meldte id^ befl|e, 
l^aben ©pod^e gemad^t in meinem Seben, beinal^e nod^ 
mel^r alö boö unt)erganfllid^e ®ut, boö id^ in ©emeim 
[d^aft mit ben SSerel^rem ®eiber§ genieße. 3)ie groge 
äUenge aber fennt trog ber oielen Sluflagen, roeld^c 
namentlid^ bie erften ©ebid^te erlebt l^aben, nod^ immer 
ben imfd^ögbaren SBertl^ il^red Sängerä nid^t, ber ju 
allerlegt in feinen meiftgefannten unb l^auftg gefungenen 
fiiebern liegt. !3d^ braud^e nur an einige meiner Siefe 
lingögebid^te auä ben fpäteren Sammlungen ju benfen 
unb mid^ baran ju erinnern, mie lange ed gebauert l^at, 
el^e fie mir in ifirer üoUen Sd^önl^eit aufgingen, um 
t)on ber SBai^rljeit meiner S3el^auptung burd^brungen ju 
fein. 9lud^ bie leibigen Slntl^ologien miffen nid^tö t)on 
il^nen ju oermelben. ^offentlid^ mirb bie ?or Äui^em 
erfd^ienene ©efammtauögabe ber ©eibePfd^en SBerfc 
biefem SWangel abl^elfen. 6iner auäfül^rlid^en SBürbigung 
berf elben mufe eä auf gefpart werben, ein litterar^fiiftorifd^eö 
Portrait beö Unfterblid^en ju entrollen. 2)ie ftilte ©ebenf- 
feier einer furjen 3la6)ima6)t fd^eut t)or einem fo weit 
auöblidenben Untemel^men jurüd. . . . 

®ö rül^rt ftd^ im J&aufe imb auf ber ©trage; ber 
neue XaQ forbert feinen 2^ribut. Söir mögen bie Slugen 
fd)liegen, bie Sonne fd^eint bod^ rul^ig weiter, tmb über 



— 203 — 

bic ©räbcr roäd^ft baö @raö. 9lbcr bcr fd^öne (Stern, 
ber nod^ am ^orijontc ftinfclt, toirb- fxä) aud^ it- 
l^aupten. 

„(Slürflid?, XDtr, burc^ bie XPelt fc^ioeifenb am IPanberjlab, 
Qöd^ftes IPonnegefc^td, bitter ftes £eib erfuljr, 

Unb sule^t in bcr fjeimatl^ 
(Srüner Stiüe ben ^rieben fanbl" 



-^^*<- 



('■'':;2-rm^f<i(^im^i}^^^'sm.'^'. 



€in 3efud? bei (5eibeL 

92ac^ ^agebuc^blöttern 

3lfcl^cröUbcn. 

Vom £Jar39e()irge grüßt am ^Jrcubentage 
Did?, l^otjer nieijler, eines Jünglings £ieb: 
Derfd?mäV «s nid?t! ;Jreut Vidi ^^ Hofenljage 
Das Peild?en nic^t, t>as jliü »erborgen blül^t? 

Den Dan!es3äljren, bie im fjersen quellen, 
Der tjeigen £iebe, bie mein (Seift Dir rocil^t, 
(Entfprog mein Sang, bas 2lntli^ Dir 5u treuen, 
XPie linbe £üfte in ber ^Jrül^Iingsseit. 

f^eil Dir, Du Did?terfürft pon (Sottes (Snabtni 
fjcil Dir nnb Danf, el^rn)ürb'ger Dic^tergreis ! 
(Sott »ar mit Dir! Du l^ajl il^n ja gclaben 
init gläubigem (Semütl^ fo oft, fo tjeig. 

Du l^aft in fc^roerem Kampfesungen)ittcr, 
(TyrtSos gleic^, bts £icbes Schwert gesurft, 
(Ein pinbar fd^Iugft Du fiols bie golbne (£itl{er 
Unb raufc^tep Jö^^^pönn Pon Sieg beglürft. 



— 205 — 

Doc^ mtnn Dein Pol! auf finftcrn ^Ibfaüsbaljnen — 
Du Ijajl 3ur Suge es gemal^nt, 3^föws; 
Des ipilben 2Iufruljrs blutgetränfe ^al^nen, 
gornpofl l^at fie bejiürmt Dein ebler fjag. 

Du lia^t um Deufd^Ianbs (Einigfeit gerungen, 
Den Kaiferttjron pom fjimmelsljerm erffeljt; 
propljetifc^ ift Dein mächtig IPort erflungen — 
Deutf^lanb iji (Hinsl Der Kaifertljron — er fielet I 

Dod? lieber aud? finb Deinem Hlunb entfloljen. 
Die fügcr nic^t 2lna!reon erfann: 
Du fangji bes golbnen IPeines preis, ben l^oljen, 
Wenn Dir fein ^euer burc^ bie 2Ibern rann. 

Der fel'gen £iebe unh bem jungen ien^e, 
Dem fjöc^ften, Heinpen, n?as bie (Erbe beut, 
^aft Vn bie fc^onjien aller £ieberfrän3e 
3n Blütl^enprac^t geu)unben unb geroeiljt. 

Drum ^eil Dir, Dic^terfürjl pon (5ottes (Snabenl 
£JeiI Dir unb Dan!, etjnpürb'ger Did?tergreis I 
(5ott mar mit Dirl Du l^afl iljn ja gelaben 
init gläubigem (Semüt!^ fo oft, fo ljei§. 

€r fei mit Dir! — 3a, fjerr. Du ^lUerljalter, 
<5emäi{re l^eut mein finblic^ frommes ^Jletjn: 
fa§ über ifyn in feinem (Sreifenalter 
Den fensesljauc^ bes jleten (Slürfes met^nT' 

SugcnbUd^c SBegcifterung für ben Sicblingöbtd^tcr 
^at einft gewagt, ilim an feinem ©eburtätage in t)or^ 
ftel^enben SScrfcn bie treuefte Siebe unb SSerel^rung aud^ 
jubrücfen. ^ä), bamalö ein junger Unterfefunbaner, 



— 206 — 

badete faum an 2)anf ober 9lntn)ort. Um fo größer 
xoax meine greubc unb Uebcrrafd^ung, als om näd^ftcn 
SBeiJ^nad^töfefte ein ^adfet an^ Sübecf unter bem Scannern 
bäum lag, baö mit liebenöroürbigem S)anf unb ©nife 
mir beö 3)ici^terä ,,3uniuöHeber" befd^eertc. ®ö war 
natürlid^, bafe meine SÄnl^anglid^feit an ben freunbUd^fefi 
®eber von 3a^r ju 3al^r roud^ö : unau§gc[e|t Iiabe iä^ 
feine SBerfe, fein Seben mit l^od^ftem ©fer ftubirt unb 
eine ©eibelbibUotl^ef gefammelt, mie fie ooUftänbiger 
faum ju finben fein mag. 

2)rei Saläre nad^ jener ©enbung fül^rte mid^ eine 
größere ^Serienreife nad^ "Hamburg, Sopenl^agen, ©d^roerin 
unb fomit ganj in bie 9lal^e bed ^id^ters, ber fid^ ba^ 
mal§ in einem Keinen Dftfeebabe, Jlienborf bei Strat)c^ 
münbe, jur Äur aufl^ielt. 3Keinc Sitte, auf einen 
furjen Slugenblirf il^n feigen unb fpred^en ju bürfen, 
marb freunblid^ geroal^rt unb fd manberte benn ber 
neunjel^nial^rige 5ßrimaner an einem föftlid^en 3>ufe 
nad^mittage rüftig auf ftaubiger Sanbftrafee bem ^t\^ 
erfel^nten 3^^^^ i^- 3lm S3runnen »or bem 2)orfc 
fd^öpften rüftige SJirnen SBaffer: meine Ungebulb fragte 
fd^on fie nac^ ber SSBol^nung beö ©id^terö: aber i^r 
9Kunb, an^ bem zbtn ©eibel'fd^e Sieber frifd^ ge- 
flungen, mufete t)on bem „^errn 5ßrofeffor aus Sübcrf" 
nid^tö iu fünben. 2)aö „^otel .S3eltet)ue", ba§ ftd^ 
ftattlid^ genug am ©tranbe ber Dftfee erl^ob, na^m 
mid^ auf. S3alb nalite bie feftgefegte Sefud^öftunbe, 
bie ©eibet auf feine fd^mergfreie Qdt am fpäten 9lad^^ 



— 207 — 

mittag gelegt, unb l^od)ftopfenben .^etjenö trat id^ bcn 
füllen SBeg jur SBplinung beö ©id^terö an. ®in alter, 
freunblid^cr S[mtöbiener jeigte mir mit mid^tigev 3Riene 
ba§ einfädle, fd^ilfbebetfte gifd^erl^auä, baä, etwas ah 
frits vom 2)orfe gelegen, t)on l^ol^en S3ud^en, ^^annen 
unb 33irfen freunblid^ überfd^attet mar. 

®egen fed^ä Ul^r öffnete id^ bie niebrige Satten^ 
t^ür ber umjaunenben ©ornbufd^l^ede unb fd^ritt burd^ 
einen Meinen SBorgarten auf bie rebenumranfte SBeranba 
beö ^aufeä ju. 2)ort fafe ber tl^euere, l^od^t)erel^rte 
9Kann in einfad^em Sel^nftul^le, eingepltt in ein fd^marj 
unb meife gemürfelteö ^laib, ba§ er malerifd^ um $alö 
unb S3ruft gefd^lungen ^atte. ®lirfurd^töt)olt betrat id^ 
bie ©d^melle unb begrüßte ben ©reis. @r tx^oijxä) 
mit einiger Blnftrengung oon feinem ©ige, tiefe bie 
bunfelblauen 9lugen, bie feurig auö bem SÄntlig l^erDor* 
Mieten, forfd^enb auf mir rul^en unb l^iefe mid^ mit 
freunblid^en SBorten millfommen. 2^ief ergriffen l^örtc 
id^ JU, mie er fid^ in Klagen über feine langwierige, 
fd^merjl^afte Äranfl^eit ergofe: „©ie finben mid^ fe^r, 
fel^r elenb ! Sd^on mel^rere 9?ad^te l^abe id^ fein Sluge 
jutl^n fönnen; alt mein,3nnereö ift oon ben gräfe^ 
lid^ften Sd^merjen wie jerriffen." 3d^ bat erfd^üttert, 
mid^ balb mieber empfel^ten ju bürfen. 5Jlber er 
ergriff mid^'bei ber ^anb unb meinte eifrig: „SRein, 
nein ! 3d^ bin. 3tinen für Sitten 83efud^ ju großem 
S)anfe oerpflid^tet, fo fomme id^ bod^ auf anbere ®tf 
banfen unb oergeffe auf einige Stunben mein SKife? 



— 208 — 

gcfd^id." 93alb l^atte fid^ benu auä) bic lebl^aftcfte 
Unteri^altung artgcfponnen; ber ©id^tcr fprad^ mit ber 
3eit immer fröl^Üd^er unb unbcl^inbertcr. 

SRcin Slid fiel auf baö 33ud^, baö aufgefd^lagen 
t)or il^m lag. 6r reid^te eö mir unb fagte: ,,6ben 
l^abe id^ meinem ®nfel einen ©cfang an^ SBoffen^ö 
fd^oner Uebertragung ber Dbi)ffce üorgelefeh. 3a, 
SBatcr ^omer! ©eine ©efänge bleiben eroig fd^ön, unb 
fo oft id^ pe nun fd^on gclefen, immer taud^e id^ roiebcr 
gern in il^re fluten, bie mid^ roie ein erquidenbeö Sab 
umfpülen." 

3d^ benu|te ben nal^eliegenben aSergleid^ unb er- 
jal^lte, roie id^ gleid^ Dbriffeuö erft roeit uml^er- 
gefd^roeift fei unb uieler SRenfd^en ©tobte fiefd^aut, e^c 
id^ nun enblid^ aud^ ben Slaud^ au§ ben Bütten Sßien- 
borfö l^atte auffteigen feigen. „Stufen ©ie nur fo oiel 
ate mögüd^", erroiberte ©eibel; „bie in ber 3ugenb 
empfangenen ©inbrüde gelten nie roicber uerloren. 3d^ 
l^abe eö an mir felbft crfal^ren, als mir baö l^ol^ ®IM 
ju a^l^eü rourbe, jroei fd^one Saläre meiner Sugenb im 
i^oufe beä ruffifd^en Oefanbien jubringen ju bürfen — 
in Sltl^n. ©ie roiffen, mit roeld^em ©ntjüdfen id^ in ©c- 
meinfd^aft mit meinem ^eunbe (lurtiuö ©ried^enlanb 
unb feine l^errlid^en Snfeln bereift l^be." » 

6ine freunblid^e S5ame trat auö ber X^x beö 
^aufeö: ^f^äulein S3ertl^a ©eibel, bie SRid^te beö 
©id^terö, bie fett Salären in aufopfember Streue ben 



— 209 — 

franfen Dnfcl pflegte. 33alb mufete fie eine glafd^c 
3lot^n)ein l^erbeifd^affen; ©eibel fd^cnfte ein, fid^ felbft 
aber nur wenige 2^ropfen: „3d^ bin ein großer ^cunb 
beö ebtcn Softed üon jel^er geroefen", lod^elte er; „aber 
jefet mufe id^ meiner Äronfl^eit wegen mid^ leiber fel^r 
befd^eiben." 

SBäl^renb ber ®reiö auf Slugenblidfc [id^ entfernte, 
um eä nad^ bem Spajiergange, von bem er bei meiner 
Slnfunft gerpbe jurüdEgefel^rt mar, ftd^ beguem ju 
mad^en, fe|te fid^ bie liebenömürbige 5Rid^te ju mir, 
unb mir bef lagten baö traurige Seiben beä guten alten 
$erm. ©ic erjol^Ite, mie er ju QtiUn faum bie geber 
ju filieren im Staube fei, fo bafe fie jegt faft allein 
bie Saft ber audgebel^nten ©orrefponbenj tragen muffe. 

2ll§ ®eibel, mit eineni rotl^en^^ej bie fporlid^en 
loei^en ^aare bedEenb, mieber erfd^ien, .ftürmten jugleid^ 
burd^. bie ©artentl^ür ein präd^tiger, frifd^er Rmb^ unb 
eine flcine ©d^öne, beibe eingel^üHt in fd^ü|enbe Stranbs 
coftüme mit fd^attenfpenbenben ©trol^l^üten unb meit- 
flattemben fd^ottifd^en ^alötüd^em. „2)aä ift mein 
lieber ältefter ®nfel, aud^ ein ®manuel", fprad^ 
freubeftral^lenb ber el^rmürbige Sll^n unb fül^rte ben 
Rnabtn ju mir, „baö eine fleine 5Rid^te aus ©d^martau." 

SBir nal^men mieber unfcre 5ßläge ein unb fprad^cn 
unb tranfen frifd^. 3d^ ftimmte baö gemöl^nlid^e Klage* 
tteb ber ©^mnaftaften an, bafe id^, obgleid^ fd^on alt 
genug, nod^ fein Stubent fei. S)a aber marb er. faft 
böfe: „D lieber, junger ^eunb! SBie fönnen ©ie von 

@manuei @eibtl ein ®ebenf6u(^. 14 



— 210 — 

SUtfcin fprcd^cn! 2Bic üiele 3ol^rc jal^Icn ©ic beim? 
9lcunjcl^n? SÄd^, roie tonn man no6) fo unt)crf()|ämt 
Jung fein, f o uncerf d^ämt jung ! 3tber x6) f)ait es nid^t 
beffer gemad^t; löie Sic l^eut Slbenb mir, fo fd§ id^ al§ 
einuubjtDanjigial^riger Stubent betn alten ©l^antiffo 
gegenüber unb brad^te biefclbe Älage über mein Sllter 
üor. 3)a fagt€ er mir bie SBorte, bie id^ Sinnen eben 
n)ieberl)oIte: mie fann man nod^ fo unüerfd^ömt jung 
fein! . . .. 2Baö gebenfen ©ie benn einmal ju ftubiren? 
^aä) 3l^rem eingel^enben Sntereffe für meine SBerfe 
nel^me id^ on, ba§ ©ie fid^ ber 5|Jl^iIologie roibtnen 
moHen." Site id^ oon meinem ©d^roanfen jmifd^en 
biefem ©tubium unb bem ber 2^l^eoIogie fprad^, riet^ 
er l^eftig bringenb von bem lefeteren gad^c ab, in 5ßrofa 
mand^en feiner bel^erjigen^roertl^en ©prüd^e über bie 
religiöfen unb fird^Hd^en SBerl^oItniffe ber ©egenroarl 
mieberl^olenb. 

® eibel fragte, wie lange id^ mid^ in bem ©örfd^en, 
„in bem mon faum einen S3arbier befommen fonne", 
aufjulialten gebenfe. 3d^ antwortete, fd^on morgen in 
otter ^ül^e rnoBe id^ abreifen, um junäd^ft SübedE unb 
Slafeeburg ju bcfud^en. „15:^ann mad^e id^ Sinnen einen 
SBorfd^Iag. ©inb ©ie gut ju gufee? ^nn, fo muffen 
©ie iefet nod^ ben fd^önften 5|Junft unferer ©egenb l^ier 
feigen, ben aud^ id^ l^eute auf meinem ©pajiergangc 
micber aufgefud^t l^abe. Sin ben ©arten beö ©lifabet^- 
babeö biegen ©ie nad^ bem SÄeere ab unb genießen 
t)on bem SRinbenpaoiHon am ©tranbe bort ben l^errlid^cn 



— 211 — 

33Hd auf bic 5Rcuftäbtcr »ud^t. S)oö ift baö S^önftc, 
TDaö mr Sinnen l^icr ju bieten l^oben. 3lber", fegte er 
mit feinem föftlid^en Säd^eln l^inju, „fd^roelgen ©ie nid^t 
ju lange, fommen ©ie gegen ad^t Ul^r roieber unb 
nel^men ©ie bonn mit unferm 9lbenbbrobe fürlieb. 3)a 
wollen mir nod^ ein paar ©tunben jufammen plaubem; 
©erlangen ©ie aber nid^tö ®ro§e§ t)on mir." ®r brüdfte 
mir fräftig bie ^anb,unb id^ eilte mie berauf d^t bem 

naiven 3^^^^ 8^- 

3ur feftgefegten ©tunbe feierte id^ mieber jurüdf 
JU bem ftillen ^auäd^en, baö ben liebenöwürbigften alter 
©id^ter bel^erbergte. 6r fam mir fd^on entgegen unb 
führte mid^ an ben 2^ifd^ ber geräumigen SSeranba, ber 
auf baö reid^fte jur Sttenbmal^ljeit gebedft mar. 

Sluf feine S^age fprad^ id^ meine ^Jreube über ben 
eben genoffenen präd^tigen SlnblidE beö SReereö an^ unb 
rül^mte ben großen 3leij, jum erften äßale an feinem 
©tranbe ju meilen unb baki an beffen ©eite fi|en ju 
bürfen, ber eö in ben „Dftfeebilbern" fo l^errlid^ befungen. 

SDaö ä:ifd|gefpräd^ brel^te fid^ l^auptfad^lid^ um 
©eibelö 3)ramen unb baran anfd^liefeenb um 5ßrobuf? 
tionen anberer, meift neuerer 5ßoeten. 3d^ bebauerte, 
ben üielDerfpred^enben 5|Jlan ber Sllbigenfer nid^t DoUenbet 
JU feigen. „3a, l^ätte man," entgegnete er, „in ber ^di 
ber 9lbf affung fid^ nid^t fo erfd^redlid^ ablel^nenb gegen 
berartige a:ragöbien oerl^alten unb nid^t bie abgefd^mad^ 
teften Suftfpiele Dorgejogen, fo moren meine SÄlbigenfer 
fidler fd^neU ju ©nbe gebiel^en. STber mein bamaliger 

14* 



— 212 — 

.Unmutig rife fic mir aus bcr ^anb; unb alö id^ imc^ 
Solaren toiebcr boran ging, war bic erftc SScgeiftcrung 
für bcn ©toff unb bic 2)orftcIlungöart jum bcftcn S^l^cile 
oerflogcn. 3lo^ eine ganjc 5ßortion begonnener ©ramen 
Hegt mir ju ^oufe im ©darein, aber eö ftnb ©d^merjenö^ 
finber. ©o oft id^ il^rer gebenfe, überfällt mid^ Sße^^ 
mutl^, bafe mein ©ied^tl^um mir bie Äraft jur 33oBenbung 
raubt. @ttn möd^te id^ meinem 35olfe, baö leiber meift 
an ben fd^alften ^d^ten feinen ©efd^madf oerbilbet, 
mut, gebiegene 2)ramen bieten, — menn id^'ö oer- 
möd^te. Slber bafe id^ nid^t ju fd^arf bin: bie 2)eutfd^en 
fd^einen fid^ in neuefter 3^it ^ocS) ju befinnen, bag fie 
einen ©d^ag an jüngeren ©tüdfen befigen- Slud^ meine 
S5irunl)ilb, meine ©opl^oniöbe gelten jegt öfter über 
bie 33ül^ne." 

3d^ erjäl^lte il^m oon einer Sluffül^rung ber „S9rum 
l^ilb", in ber id^Älara ^it^Ux bemunbert. ©eibel 
lobte bie berül^mte S^ragöbin nid^t unbebingt: eö fei il^r 
oft oerfagt, bem ibealen ©eiftcäfCuge ju folgen — mit 
einem bemunbernömertl^en Sleid^tl^um an „2ßitteln" auö- 
geftattet, bringe fie meift nur baö Äörperlid^^realiftifd^e 
ju tjoltenbeter 2)arftellung* dagegen prieö er bie 
3anaufd^edE. Unb barauf erl^ob er feine fonore, rounber^ 
bar moPautertbe ©timme ju einer ergrcifenben, un- 
Dergefelid^en ®rjäl^lung ber erften 2)arftellung feineö 
3)rama§ in 2ßünd^en. 3d^ oerfud^e e§ nid^t, feine 
eigenen SBorte mieberjugeben: man muß in fold^en 
SlugenblidEen ben eblen ©id^ter felbft gefeiten unb gehört 



213 



l^abcn, wtnn man fid^ eine rid^tigc aSorftcUung feiner 
feurigen, begeifterten- unb begeifternben 33erebtfamfeit 
mad^en roiU. 

SBä^renb fed^ö tJoUer Söod^en ^at Oeibel felbft 

ber ^offd^aufpielerin Strafemann ©ag für ©a|, "^on 

für Xon il^rer SloUe einftubirt. Unjäl^Üge 5|Jroben finb 

abgel^alten, 2)eforationen, SRequifiten unb Softüme auf 

ba§ pompöfefte angefertigt. 3lm 3lbenb ber Sluffül^rung 

— eä mar ber 3. 3anuar 1861 — ift baö gemaltige §ofj 

t^eater gefüllt, roie feiten. Unrul^ig «erfolgt ber 2)id^ter 

in feiner Soge ben erften Slct. ©d^on falten bie erften 

Effecte in ber ©cene S3runl^ilb§ unb Siegfriebö unb 

in bem folgenben 'SRonologe. 3)er jmeite 2^l^eil beö 

britten Slufjugä beginnt: ©l^riml^ilb erfd^eint an ber 

l^ol^en S^reppe, bie ju ben glügelpförten beö präd^tigen 

altbeutfd^en ^empelö fül^rt, geleitet von fünfjig fadEel- 

tragenben 3ungfrauen. (Sin bröl^nenber 5ßofaunenfd^alt 

ertönt; bie 5ßforten beö 3:^empelö fpringen auf. ®a, 

in bem 9lugenblidEe, mo ©i^riml^ilb bie ©tufen J^imiuf- 

fd^reitet, erfd^eint 33runl^ilb, eilt auf bie SJerl^afete ju 

unb ftöfet fie von ben Pforten jurüdE. ®er Slebefampf 

ber Königinnen erl^ebt fid^ unb mie rafenb [türmt 

Srunl^ilb nad^ il^rem möd^tigen üßonologe ah. 9ltl^em^ 

loa l^at ber S)id^ter gelaufd^t; roa^ fid^ bort oben auf 

ber Sül^ne abfpielt, fd^eint il|m nid^t mel^r fein Sßerf 

ju fein; atl)emloö ift aud^ ba§ ^ublifum gefolgt — 

je^t aber brid^t ein 33eifaltöfturm loö, ber alle ©d^ranfen 

überbrauft. ,,@ie fönnen benfen''/ fd^lofe ber grofee 



-- 214 — 

ajlonn, „bafe id) toic bcraufd^t baö ^auö ücrlicö. Sn^^^ 
jogcn mici^ SBilbranbt, SBibmann unb anbete 
^eunbc no^ an unfere Stammtafel, um jufantmen 
noä) einige glafd^en ©i^ampagner ju leeren, aber ic^ 
faß faft apat^ifd^ babei". 

Untjermanbten SBIidö l^ing id^ an ben Sippen beö 
el^rmürbigen ©reifes, in beffen Sluge eine S^^räne wei^' 
mütl^iger ©rinnerung ju glänjen ft^ien. 6ä maren bie 
weil^eüollften SMomente jenes Slbenbs. Site er geenbet, 
nal^m er fein ©las unb ftiefe mit mir an „auf ein 
gutes 5|Jublifum, als beffen 35ertreter er l^eute ntic^ 
begrübe". 

2Bir f amen auf anbere 5Wibelungenbramen ju f pred^en. 
Saft unbcbingt lobte er feines ^Jreunbes SBilb raubt 
„S^rim^ilb", ,§ ebb eis 5Ribelungentrilogie beurt^eilte 
er menigcr günftig. ©d^roff abfpred^enbe Urtl^eile über 
anbere neuere 2)ramen fd^loffeti fid^ an. 9ln §einrid^ 
ÄrufeS 2)ramen tabelte er, irre id^ nid^t, bie ©igen- 
tl^ümlid^fcit, auf Soften ber ©inl^eit (Sinjell^eiten breit 
auSjufül^ren unb baburd^ ben aSangel leitcnber ©e- 
banfen ju üerbedEen. ©eine „S3runl^ilb" fteltte er mit 
bercd^tigtem Sclbftgefül^l in geraben ©egenfag bamit. 
Ä r uf e mar © e i b e l S pcrfönlid^er greunb. Oft befud^te 
er ben 2)id^ter; „nur", meinte ©eibel l^eiter, „rotnn 
mir auf bas gelb bes 2)ramaS fommen, mirb er unb 
id^ l^i|ig unb meine oerföl^nlid^e 5Rid^te l^at äßül^c, uns 
JU befänftigen". (Sinjig unb altein erl^ob er unbebingt 
öon ben Steueren granj ©rillparjer unb ftcHte i^n 



— 215 — 

faft nod^ pl)cr alä ben „genialen" ^einrid^ von 
Älcift. 

Sröulein SBertl^a fragte nac^ meiner Steife; leibcr 
fonnte iä) auf bie ®rfunbigung, ob aud^ id^ bem 2)ämon 
ber Seefranfl^eit auf ber Ueberfal^rt nad^ Äopenl^agen 
junt Opfer gefallen fei, nur mit einem jagfiaften 3^- 
gcftänbnife antworten. „5Rur menig", erjölilte ber §en: 
beö Kaufes, „bin id^ auf meinen ©eefalirten üon bem 
Söfen in biefer ©eftalt oerfud^t toorben. $ßur einmal 
erfaßte er mid^ beinal^e auf ber SRütfreife oon 3la]co^ 
nad) 3ltl^en. 6in fd^arfer 5Rorbrocft liefe bie Sßogen 
l^od^ mallen, unb ber Stampfer, ber gerabe oor 9lnfer 
lag, mufete benu|t werben, wollten mir nid^t auf t)ier 
SBod^en t)on ber ^eimfalirt abgefd^nitten fein. 2)ie 
5ßot]^ gab mir ein Unit)erfalmittel: id^ tranf am 9lbenb 
ber Slbreife mel ftarfen ^Rajoäroein unb fd^lief bann 
ber Sanbung in ©rira entgegen. 9lm anberen aJlittag 
liefen mir in btn §afen ein, id^ freilid^ mit einem 
etmaö fd^meren Raupte." 

. 6r minfte ber t||ätigen SRid^te, bie fid^ erl^ob unb 
balb mit einem (Slafe bampfenben ®rog§ für ben 
(Sreiö jurürff eierte. ®r fei am ©tranbe, erflärte er, 
gemol^nt, jur beftimmten Qdt ben „S^ranf ber Mftem 
bemol^ner" ju fid^ ju nel^men, ber il^m jur ®rleid^terung 
beö ©d^lafeö bienen foHte. 3d^ blieb auf feine SBitte 
nod^ mit ber traulid^en ©efellfd^aft oereint ;• trog ber 
3iä]^e beö SReereä mar bie Suft fo marm, bafe mir bi§ 
tief in bie 9iad^t bei Sampenfd^ein in ber nur burd^ 



— 216 — 

3olouficö Derfd^loffencn 35eronba auöjubaucm oer- 
tnod^ten. 

2Bir fprad^en nod^ über bic ©riebniffc bcö l)€utigcn 
S^agcö, an bcm mid^ befonbcrö baö 3nncrc bcö alten 
©d^roeriner S)omeö entjüdt. ®etbel fnüpfte boran 
ben yiaÜ), bei fünftigen, befonberö furjen 55efud^en t)on 
Äird^en unb anbem Saubenfmälern mögltd^ft ben SCötat 
einbrud ju genießen unb bie ©injell^eiten bei ©eite ju 
laffen. %nx 3la|eburg, empfal^l er ben S3efud^' beö 
bortigen 2)omeö auf baö 9lngelegentUd^fte: er fei einjig 
unb allein eine Steife roertl^. 

,,2Bo gebcnfen ©ie benn ju ftubiren?" fragte ber 
2)id^ter. „^n S3onn? 6i, ba fann id^ alö alter 
S3onnenfer Sinnen ben beften SRatl^ ertl^eilen. 3m erftcn 
Semefter roirb ja bod^ meift mm ©Jamen auögerubt; 
ba benuften ©ie benn otur fleißig ^\)xt Q^xt ju Sluö^ 
flügen. Sefonberö ift bie ©egenb um Syrier, bie id^ 
leiber felbft, meber mn 33onn, nod^ fpater t)on ©t. ®oar 
an^, nic^t betreten l^abe, ju empf eitlen. 5Ratürlid^ 
burd^ftreifen ©ie bie Sanbe rl^einauf roartö ; verfolgen 
©ie aud^ bie munberbaren Jlebentl^aler, bie unenblid&en 
Sleiä entfalten. Saffen ©ie fid^ aber nid^t Derleiten, 
rl^einabmarts ju gelten; id^ l^abe e§ oft bebauert, baj5 
id^ mid^ ben ©enoffen, bie mid^ 5jjfingften 1835 bal^in 
mitnal^men, nid^t entjiel^en fonnte." 

3d^ entgegnete, fd^on meiner fd^road^en ©efunbl^eit 
megen, muffe id^ mid^ mel im freien bemegen; biöl^er 
l^abe bie ©d^ule mid^ oft baran ge^inbert. 2)aö führte 



— 217 — 

t^n auf baö 2ob beö S^urncnö unb anbcrer Seibcä^ 
Übungen. 3llö id^ cm)äl)nte, ©cibel müffc ja in 
feiner, Sugenb ein gewaltiger Säumer geroefen fein, ba 
er pd^ fogar in einen SBettfompf mit 5|Jrinjen l^abe 
finlaffen fönnen. ,,2Bic boö?" fragte er gonj erflaunt. 
,f^<S) erinnere mid^ gat nid^t, ba^ mir baö Je miber* 
fal^ren märe." äßeine Quelfe mar ®oebefe*ö trefflid^e 
53iograpl^ie, ber barin erjol^lt, mie ber angel^enbe ©tubent 
üuf ber Steife nad^ S3onn bei feinem S3ruber ^riebrid^, 
bem ©rjiel^er be§ jugenblid^en (Srbprinjen von ©etmolb, 
jum Sefud^e gemefen unb mit bem freunblid^en ^rinjen 
jufammen geturnt l^abe. @injell^eiten beö Sefud^eß, 
lüie bie SBorfül^rung beö ,,9ltla§", eines Sieblingöpferbeö 
beö Surften, baä im ©d^immer ber untergel^enben ©onne 
tinem SRoffe beö §elioö glid^, maren il^m gleid^faÜä 
^tfaKen. 

2)ie fteine ©d^martauerin mufete oieleö jum Sobe 
ie§ "^aiiit^ unb ©d^littfd^ul^laufeö üorjubringen. © eibel 
ftimmte ein unb erinnerte fid^ freubig baran, mie er 
il^r beim (Siölauf im legtüergangenen SBinter auf ber 
Iffiafeni^ bei Sübed jugefd^aut. 3d^ mufete ber fd^onen 
©teile auö bem „SBintertagebud^e" gebenfen: 

„Heber bem Spiegel von €is*am Bian^ leljrtt jtnnenb ein fd^Ianfes 
ITTäbd^en; fte fjat bas (Seiranb eben 3um laufe gefdyürst. 

Vot ifjr fniet bienftfertig ein Knab' unb mit g(ü(fltd?em £äd?eln 
Sd?nürt er ^tn blanfen Kott^urn il^r an bzn sierlid^en ^u§. 

TOtldf anmutt^igcs 3ilb, n?ie jte freunblid? 3u il^m jld? t^erabneigt, 
Dag il^r Obern fein fjaar fanft it^m, bds lorfige, ftreift, 



— 218 — 

IPät^renb er treu ftd^ bemüt{t, fnnfhnägig bie Hiemen 5U fd^Itngön 
Unb ben gei^obenen ßn% faflt mit ben £ippen beruljri 

gögernb roenb' id^ midi ah nrib ^ebtnV im erinncrnben fjerjcn, 
IPie id^ ben ret5enben Dtenfi etnfl Utelnftnen gett^an." 

©urd^ bie ^noäl^nung beö ©ocbef c^fd^cn 33ud^e§ 
ücranlafet, rül^mtc ®ci6cl an il^m bic grofec 2^rcuc unb 
SBol^rl^cit bcr ©arftcitung. 5Rur in unbcbcutcnbcn 
Äleinigfeitcn fomtne öfter ein üerjeil^Iid^er 3rrtl^utn 
por. 9lm merfroürbigften fei bie falfd^e ^Angabe eineö 
feiner aSornamen; er roiffe ed nid^t anberö ju crflären, 
aU bo^ fein 33iograpl^ im Saufe be§ ©efpräd^ö fid^ 
9lotijen gemad^t, babei abgefürjt unb ftatt ^Jranj — 
griebrid^ gefd^rieben l^obe. 3d^ erroäl^nte Keine Stb- 
roeid^ungen in ber ßl^ronologie einjelner ©ebid^te bei 
(Soebefe unb ben perfönlid^en 9lngaben ©eibeU in 
ben ,,^erolbörufen" unb 50g alö 33eifpiel — wie id^ 
nod^l^er merfte, fälfd^Iid^ — baö fd^öne politifd^e Älagc^ 
lieb: „^it raufd^t il^r SBalbeöfd^atten" an. J)a& 
(Sebid^t roar bem Sänger beffetben gans entfallen; erft 
a(ö id^ ben Sd^lufe recitirte, rief er Icbfiaft: „^a, je^t 
roei^ id^ eö genau, baö Sieb ftammt auö bem 2oi)xt 
1849!" '®r t^eilte mir mit; bafe er befd^äftigt fei, bic 
S^agebüd^er auö ben Sauren feines 3lufentl^alteö in 
®ried^enlanb ju orbnen, unb bebauerte, oft nid^tö weiter 
angegeben ju l^oben, alö: „äßorgenö S^rifd^eö" u. f. n).; 
fo ermongelten üiele biefer ©ebid^te bcr beftimmtcn 
aingabe i^rer Gntftef)img§jeit. „3llle übrigenö", fügte 



— 219 — 

er fd^elmifd^ ^inju, ,,)tnb erlebt, fogar bie fd^öncn 
Sd^ottinnen fmb feine ^l^antafiegebilbe." 

^ä) nal^m ^bfd^ieb. @iiie J^erjU^e (SinCabung, 
don 9la|cburfl auö, iöo id^ einen Sd^ulfreunb ju be« 
fud^en gebadete, nod^ einmal naä) Sübed }um ^efud^ 
ju fommen, mufete \ä) Uihtx wegen meines nur furjen 
bortigen 9lufentl^alteö banfbor ablel^nen. ©in Icgteö 
Mal banfte id^ bem tl^euren Dielgeliebten SRonne für 
alleö®ute, roaö er mir früher unb l^eut fo reid^lid^ erroiefen 
uub fül^lte noä) ein legte« üßal ben warmen ®rud 
feiner ^nb. 2)ann ging eö l^inauö nad^ fo l^ellem 
Sonnenfd^ein in bie büftere Stacht an ben einfamen 
Stranb be§ SReereö. Sänge nod^ manbelte id^ t)oB 
feiiger greube uml^er unb fd^rieb bann bei fladEernbem 
Äerjenfd^ein im 2Birtl^öl)auöäimmer meine ©rinnerungen 
an ben feltenen Slbenb nieber. 

^omerö fd^lid^teö SBort Hang in meinem ^erjen 
nad^: 

unb mit ©oetl^es S3ruber üliartin im ,,®ög" fpradö 
id^ feiig: ,,6« ift eine SBoltuft, einen großen 3»ann 
}u feigen." 



L<fe.fetfk^^<fe^^aÄÄ^Ä^0»ÄÄftÄ^^Äfe<^.O<^fe&^Ä<fe^fe^^ß 



so 



m^^^^^^Mm^-^^^<!^i^w^^^ 



€1 



€tne (Erinnerung. 

Sßön 
93 er Hn. 

3ci einem Sluöfluge mä) ,5Rorbbcutfd^lanb in ben 
fonnigen Silagen beö ^erbftes 1878 üerroeilte - id^ furje 
3eit in SübedE, um ben Sieblingöbid^ter ber beutfd^en 
^auen nad^ langer ^aufe roieberjufel^en. ®r mar fel^r 
leibenb unb ermartetete ben Slrjt fonnte alfo eigentlit| 
feinen SSefud^ onnel^men; aU er aber meinen Flamen 
erful^r, lie^ er mid^ in fein SBol^njimmer fül^ren, roo 
er nad^ wenigen 9lugenbliden erfd^ien. Sein ^Mi 
erfüllte mid^ mit SBe^mutl^; fein ^aor mar grau gc^ 
morben, fein 9lntli| bleid^ unb mager, nur feine 9lugen 
leud^teten nod^ in altem §euer, aud^ bie SBorte, bie 
er mit jitternber ©timme fprad^, bemiefen, ba^ fein 
(Seift unb §erj gefunb geblieben maren. 9lber feine 
Riagen über bie Eran!f)cit, bie an if)m jel^rte, ein ^axU 



— 221 — • 

nädigeö aKctgenleibcn, üernid^tcten iebe frol)e Biegung 
bcö 2Bicbcrfcl)cnö. ®od^ fd^icn cö il^n ju erl^citcrn, 
bafe id^ Sübcdä ttltcrtJ^ümlid^c Sd^önl^cit aufrid^tig bc 
tounbertc unb ba§ id^ fomel 2^^cilnal^mc an feinem 6r« 
gelten jeigte. .®r erjäl^lte, rote glüdElid^ er [\ä) in feiner 
Soterftabt fül^lte unb roie el^renüoH feine ©teUung bort 
fei. 9lud^, bafe er feine einzige S^od^ter glüdlid^ Der? 
I^eiratl)et l^atte, erfannte er banfbar alö eine ber wenigen 
Sebenöfreuben, bieil^m geblieben roar. 2)aö S3ilb feiner 
frül^Dcrfldrten S^au, feiner 91 m an ba, bie er immer 
,,9lba" nannte, ftanb in einer Slifd^e, roie auf einem 9lltare, 
t)on Eränjen unb Slumen umgeben, iti feinem 9lrbeitö* 
jimmer. 3d^ l^atte fie leiber nid^t gefannt unb betrad^tete 
anbäd^tig bie l^olbe (Seftalt im einfad^en, roeifeen Äleibe, 
roeld^e, einen t)oUblül^enben SRofenfranj auf bem glatte 
gefd^itclten §aar, baö finblid^ reijenbe ©efid^t läd^elnb 
bem S3efd^auer jugeroenbet l^ielt; id^fonnte mir tebfiaft 
t)orfteIIen, bafe ©eibel in biefer grau ben ©eniuä 
feiner 5ßoefie ju feigen geglaubt l^atte. ®od^ roar fein 
§erj üorl^er fd^on einige SRal burd^ roeiblid^e Siebenö* 
roürbigfeit in feinen S^iefen beroegt roorben. 3lu^er für 
ßäcilie SBattenbad^ l^atte er für baö lieblid^e üßäbd^en 
gefd^roärmt, roeld^eö er in bem fd^önen ©ebid^t: 

„(D^, pet^ mid? ntd^t fo traurig an, 
Du Hösicin jung, Du fd^Ianfcs Hcl^ — 
Dein Blicf, bcr allen n?ol^Igctf|an, 
Hlir tl^ut er in ber Seele n?el^" 

cinft feierte. ®ö roar bie ^od^ter jeneö 33aron 6arl 



222 



t)on berüKaUburg in ©fci^cbcrg, voo ©cibcl ftt| 
längere 3^^ aufl^ielt. ©ie fd^cint feine ©efül^lc er^ 
roibert ju i)ahtn, [zhoä) tarn e§ nid^t ju einem naiveren 
SSerl^ältnife, fonbcrn ein ®rof ^olnftein bewarb fid^ 
um ^äulein von ber äßol^burg unb erl^ielt i^r 
3ttn)ort.^ aJleine SJKttl^eilungen über biefe @]^e erregten 
OeibeU lebi^aftcfte S^l^eilnal^me. 9luci^ meine genaue 
Sefanntfd^aft mit ben frül^eren SBerl^ältniffcn oon ©fd^e^ 
berg gemalerte il^m offenbar SSergnfigcn. ^6) l^atte mit 
ollen ben Semol^nem üerfel^rt, bie er nur üon ^oren- 
fagen fannte. 3)ie fpanifd^en Süd^erfd^ägc, weld^e 
©eibel bort jum ©tubium benugte, maren burci^ ben 
älteren Sruber beö S3efifeerö t)on ®fd^eberg gefammclt 
morben, mcld^er fid^ alö ©id^ter unb Ueberfeger ©alberonö 
einen gead^teten 5Ramcn ermarb. 2)iefer S3aron Dtto 
oon ber Sßalöburg mar ein lltterarifd^eö Original. 
@r lebte jur ©lanjjeit üon S^iedE unb ä^iebge oft in 
©reöben. 9lad^ bem Seifpier üon Seftterem l^atte er 
ein inniges ^eunbfd^aftöoerl^ältnife mit einer fd^onen 
Seele gefd^loffen, ber Stiftöbame 5ßl^ilippine oon 
©alenberg, meldte ebenfalls 2)id^terin mar unb mit 
il^m gemeinfd^aftlid^ red^t mertl^DoHe Uebetfefeungen au^ 
bem©panifd^en üeröffentlid^t l^at. ©ie fam oft nad^ßfd^c^ 
berg ju ben S3rübern Sßalöburg unb gab burd^ eine 
obnorme Sleugerlid^feit — fie mar ein bärtiges SKanm 
meib — , fomie burd^ antiquirte ©entimentalität Diel fe 
laß JU fomifd^en 9lnefboten. 3nbeffen fonnte fie aud^ 
fel^r geiftreid^ fein; il^re S^rauer um ben frül^en SCob 



— 223 — 

i|r^ö gvcunbeö Dtto l^at fic in tüirfUd^ fd^öncn rüfiren' 
ben (Sebi^ten üercmgt. Sie ftarb mc^r alö ad^tjig- 
iä^rig 1836 im ©tiftc ju Dbcrnfirci^cn bei Sücfeburg. 
33eim Slbfd^ieb von (Seibel erfulir id^ nod^, ba§ 
er am 2lbcnb feineö Sebenö burd^ bie greunbfd^aft einer 
eblen grau, bie wie ein üerflärenber Sonnenuntergang 
il^n umfd^roebte, ^erjenötroft unb ©eelenfreube gefunben 
i^atte, er trug mir ®rü§e nad^ öerlin auf, nämlid^ an 
bie üenüittmete gürftin 9llma ßarolatl^, geborene 
Saroneffe oon girdö. 



yAAA/V^^^k^YA^^AAAAAAAMAAAAAAAY^ 




Erinnerungen an €manuel (BetbeL 

(ein licrrlid^ Sonniger ©pätl^crbfttag roar'ö ate id^ in 
Sübccf einful^r. ®aö ^olftcntl^or, tDcId^cö bcm SÄei^ 
fcnben alö erftcö SBal^rjcid^cn bcr cJ^rroürbigen $anfe^ 
ftabt glcid^ beim SScrlaffcn beä Sal^nl^fcä in bic Slugcn 
fällt, fd^ien für ben Sonntag förmlid^ firtfd^ gcroafc^en 
unb auöftaffirt ju fein, fo glifeerten unb funfeiten bie 
glafirten giegelmofaifen an bem rounberlid^en alten 
Sauroerf e, im $afen lag ein mit l^unberf bunten flaggen 
unb SBimpeln prangenbeö Sal^rjeug, am jenfeitigen 
Ufer fd^ienen bie etmaä fd^iefen 2^l)ürme ber 2Kariem 
fird^e fid^ freunbltd^ bem ©trom von SReifenben jujU' 
neigen, ber fid^ über bie ^afenbrüde nad^ ber ©tabt 
bemegte unb Don ben feiertäglid^ gepufeten ©parier- 
gängern mit ber kleineren ©tätten fo oerjeü^lid^en 
5Reugier gemuftert marb. Db too^l einer oon il^nen 
auf ben l^od^aufgefd^offenen mageren Surfd^eu gead^tet 



225 



l^at, ber fo ficgcögctDife in btc ©tabt marfd^irtc^ aU 
voaxt xf)m ju ©Iircn baö ^olftcntl^or t)or tncl^r alö 500 
Solaren auferbaut roorbcn unb für feine 9lnfunft ©trafen 
unb ^auöbielen fo blifebtanf gefegt unb gefd^euert. 

3a, id^ fann'ß nid^t leugnen, t)iel niebriger ftanberi 
mir bie ®eban!en nid^t, alö id^ ntid^ ins SübedEer 
Engagement begab, id^ l^atte aud^ aUed mag einen ein^ 
unbjmanjigiälirigen jünger S^l^alienö ju fo angenel^mer 
Saune bered^tigen fonnte in ber SElafd^e: erftenö einen 
guten Rontraft mit leiblid^er Oage unb 9lu«ftd^t auf 
ungel^euer md Sefd^äftigung unb, maö mir minbeflend 
ebenfo mel mertl^ mar, ein 6mpfel)Iung§fd^reiben an 
©manuet ©eibet unb bieö von feinem geringeren aU 
t)om „alten ^oltei", bem alten SSagabunben, ber fd^on 
lange mieber in feiner ^cimati^ftabt an bie ©d^otte ge^ 
fefielt mar, bem aber bod^ trog alt feineö ©d^impfend 
unb Slaifonnirenö über baä „oerflud^te S^l^eater" immer 
unb immer mieber baö ^erj aufging, menn er einen 
fal^, ber mit jugeubfrifd^em SRutl^e l^inaufbatanciren 
moQte auf bie fd^manfen meltbebeutenben Sreiter. „S)a 
l^aben ©ie aud^ voaf^ mit für ben ©ei bei," fagte mir 
^oltei beim Slbfd^ieb, „er ift freilid^ fran! unb id^ 
l^öre, er .fielet feiten iemanb bei fid^ — aber ocr- 
fud^cn motten mir'ö! 5Ra, ©ie braud^en mir nid^t ju 
banfen! Sltiel" 

Unoergefelid^er „3Kter t)om Serge" (fo nannte id^ 
il^n megen feineö ©tammquartierö, ben „S)rei Sergen" 
in 33reälau), id^ müfete !aum, mofür id^ bir nod^ jegt 

(Immanuel Qdtihel, ein ®ebent^n(^. 15 



- 226 — 

nfcl^r ju banfcn l^ättc, alö für bcn großen ©(fircibe- 
bricf mit ber etroaö t)em)unbcrfatncn 3luffd^rift: ,,3ln 
bcn bcutfd^cn S)td^tcr ©manuci ®cibcl. 9l6fcubcr 
Rottet." 

^oltciö SBamung gcl^ord^enb, fanbtc id^ benSrief 
an ©cibcl unb lieg anfragen, wann id^ bie Sl^re l^aben 
bürfte oorjufpred^en. S)ie Slntroort ließ nid^t lange 
auf fid^ warten. • 3)Httagö Don jroölf biö eins roar feine 
fd^merjfreie SElageöftunbe. S)er greife ©id^ter war oon 
einem fd^merjDoQen Unterleiböleiben geplagt, bas il^n 
iebod^ merfmürbigermeife mit jiemlid^er SRegelmafeigfcit 
oon jmölf bis einö unb Slbenbö von fed^§ biö elf verliefe, 
mofem er nid^t üerfäumte, pünftlid^ um neun \ü)x 
SCbenbö einen Kelter ^Pflaumenmus ju fid^ ju nel^men, 
maä il^n jugleid^ nötl^igte baS S^l^eater, faft ben ein^ 
jigen Ort, ben er SlbenbS ju befud^en pflegte, um biefe 
3eit JU oerlaffen. aSon biefer ©epflogenl^eit mad&tc 
er nur in feltenen gälten eine SluSnal^me, um eine 
aSorfteQung ganj genießen ju tbnmn. SJann nal^m er 
fein einfad^eS Sßebifament burd^ ben SRüden einiger 
treuen ^eunbe geberft, in bem jiemlid^ primitiven 
go^er be§ Kaufes ^eimlid^ ju fid^, „um niemanb 9lerger:= 
niß JU geben", mie er meinte. 

S)od^ jurürf JU jenem erften Sefud^. 3d^ trat in 
ein einfad^es ^interjimmer, beffen genftermanb burd^ 
Süd^erfd^ränfe in jmei 5Rifd^en getl^eilt mar unb meld^cö, 
rings mit Süd^ergeftellen umgeben, ganj einfad^ mit 
einem ©opl^a, 2^ifd^, einigen ^otj- unb einem großen 



227 



Scberftul^l auägcftattct war, iDcld^cn bei meinem (Sintritt 
ein majeftätifd^er fd^marjer Äater grimmig fc^nurrenb, 
wie ber SCiger im ,,$anbfd^ul^" oertie^. ©ine hirjc 
SBeile unb id^ fal^ in baö freunblid^e Sintiig ©manucl 
©eibels. Unter einem fd^marjen ©ammtfäppd^en 
legten fid^ bie filbermeifeen §aare nod^ immer 4nit 
jugenblid^em ©d^munge über ben ^interfopf, meij^e 
ftarfe S3rauen jogen fid^ in großer Sinie über bie blauen 
3lugen, beren finnenb4iebet)ollen 9leij fein 33ilb unb 
feine 5ßl^otograpl^ie jemalö miebergeben fonnte. S)iefe 
gütigen Slugen paraltelifirten ben fül^nen fd^arfcn 
Sd^nitt beö Äopfeß, ber in bem ftarfen Sd^nurr? unb 
Snebelbart, beffen untere 5|Jartie fid^ mieber etmaö auf- 
lüärtä lodte, fonft etmaö augerorbentlid^ ©nergifd^eö. 
befa§. ®in weiter Sammtrolcf uml^üllte bie nur mittel:^ 
gro^e, etmaö oomüber gebeugte (Seftalt; fo trat er, mie 
ein 33ilb eine^ alten 32ieberlänberö, auö bem bunflen 
^intergrunbe auf mid^ ju. 2Bad er bei biefer erften 
Sufammenfunft mir gefagt — id^ fd^äme mid^ einge^ 
[teilen ju muffen, bafe id^ eö nid^t mel^r meife, id^ l^abe 
nur ben ©inbrud, ba§ mir'ö unenblid^ mol^l unb meit 
umö ^erj bei bem berül^mten äJlann geworben ift. 
SSieHeid^t märe bie ©rinnerung baran lebl^after geblieben, 
iDäre mir nid^t ber ©inbrud allmäl^lig ein alltäglid^er 
geworben, ba id^ baö (Slüd l^atte balb in ©eibeU 
Saufe ein faft täglid^er (Saft ju werben. 

©manuel (Seibel war eine feurige SRatur, über^ 
queUenb in ber Siebe wie im ^affe, in jugenblid^er 

15* 



228 



SRafd^fieit. 3f)m fonnte nid^tö für fd^ön gelten, roaö 
auä) nur im geringften über bie ©rengen beö Sitt^ 
Ixäftn {)inauöfd^n)eiftc, aber über biefeö l^atte er manc^- 
mal oerrounberlid^c Slnfid^ten, menigftenö fonnte unb 
fann id^ mid) nod^ nid^t baju oerftel^en, il^m Sered^- 
tigung jum ^affe einer ,,b'6^tn SElriaö" jujugefte^en. 
S)tefe böfen brei maren ©ugfom, S3rad&t)ogeU 
SRarciß unb — 9lid^arb Sffiagner, beffen ajhifif er für 
unfittlid^en Sinnesfigel ober überl^aupt für gar feine 
Sßufif erflärte. 3)a gobö fein 5ßariamentiren ober 
gar Sßiberfpred^en, bann fprül^ten bie blouen Slugen 
jomige glammen, unrul^g milb unb immer milber 
fd^ob er baö Sammtfäpp^en f)xn unb l^er, biö er es 
enblid^ im pd^ften 2lffeft mit einem ftentortönig l^er- 
audgebonnerten Sraftmorte l^crunterrife. SJann folgte 
gemöl^nlid^ eine fd^müle 5|Jaufe, biö ba§ Sßü^d^en mieber 
ouf feinem angeftammten^ßlage fafe unb bad 33erfö]^nung§' 
roort „item" gefallen mar, mit meld^em er immer auf 
ein entgegengefefeteö ©efpräd^öt^ema überjugel^en liebte: 
3tem reben mir nid^t mel^r baoon! 3)ie trefflid^en 
altem unb jungem greunbe ©eibelö fannten feine 
fleine ©d^mäd^e unb liefen eä feiten biö jur ganjen 
©mption beö SSulfanö fommen. 3« lemen gab e§ 
für mid^ oiel bei bem ©id^ter, benn gerabe ba§ S)rama 
unb bie Sd^aufpielfunft maren eigentl^ümlid^ermeife baö 
Sieblingöftubium beö groj^en S^riferö. Die SübedEer 
Sül^ne l^atte ju jener Qtii im ernften ®rama einen Sluf- 
fd^mung genommen, beffen nod^ je^t bort cl^renoolt ge- 



— 229 — 

bac^t wirb, ©in talcntooller, cncrgifd^cr, Icibcr aber 
unprafttfd^er unb rürffid^tötofcr iungcr 2)ircftor l^attc, 
bcgciftcrt oott bcn aBciningcrn, bort eine Sßciningerei in 
nuce l^crgefteQt unb eine eifrige Sd^aar junger 2^alente 
uiitcrftü^te i^n mit Feuereifer, fo bafe Diele Haffifd^e 
Stüctc in roirflid^ tabettofem (Snfemble in ©cene gingen. 
9licmanb xoax liierfür anerfennenber unb banfbarer als 
imfcr ®id^ter. ^eilid^ foB e§ nid^t angenel^m geraefen 
fein, in feiner Sßal^e im SElJ^eater ju figen, benn xotnn 
er mit jugenblid^ gefpannter Slufmerffamfeit bem Spiele 
folgte, gab er feinem Seifatt unb feinem ^abel immer 
in flagranti 2uft, mie er benn aud^ oft felber baö 3^i^^^ 
jum 2lpplauö gab. ©tüd unb ©arfteltung würben 
bann regelmäßig genau Don ilim befprod^en, roznn fid^ 
roicber ein fleiner ^eunbeöfreiö bei ilim üerfammelte 
unb bann mar er burd^au§ nid^t red^tl^aberifd^, fonbern 
liej5 felbft in ber ©arftellung feiner eigenen 2)id^tungen 
anbere SDleinungen gelten. So fpielte ic^ einmal ben 
Sctpio in feiner Sopl^oniöbe. ©iefer junge ©ifenfopf 
tritt iu einer ^auptfcene allein mitten in baö aufrul^r- 
betoegte Säger ber 5Rumiber unb jmingt bie 9lebellen 
burd^ bie Sßad^t feiner ^erfon unb feineö SBorteö jum 
©cl^orfam. ® ei bei l^atte fid^ ben ^elblierm in großer 
©jtafc l^ereinftürmenb gebadet mit SlblerblidE unb geuer? 
n)orten, id^ wollte mit eifemer 9lul^e in bie branbenben 
SBogen fd^reiten unb fie mit ©ifeöliaud^ jum ©rftarren 
bringen. S)a gab'ö natürlid^ erft mand^en Äampf — 
atö er eö aber auf ber ^^robe fall, rief er laut : „@ntbe 



230 



l&at 9led^t, \)at Siedet, l^at ganj SRcd^t" unb fd^tcn l^od^ 
erfreut ju fein. 3tn aQgetneinen liebte er aber rfieto^ 
rifd^en ©d^roung unb laö felbft mit l^inreifeenbem geuer 
t)or, baö nirr wenig burd^ einen 3lnflang üon falfd^em 
^ßatl^oö getrübt war, in roetd^eö Dilettanten ber ©d^au^ 
fpielfunft fo leidet oerfaQen. — ©ine befonbere ^eube 
barf ic^ mid^ rül^nten bent SJid^ter bereitet ju l^aben 
burd^ bie ©arfteltung unb Snfjenicrung feineö ,,2Reifter 
Slubrea". ©ieö Suftfpiet ift wenig befannt unb es 
wäre eigentlid^ eine ©l^renpflid^t ber Salinen, eö roieber 
fieroorjul^olen, um fo mel^r, als eä eine bl^nenbe Slrbeit 
ift unb einem 5ßubHfum, meld^eö ben pl^antaftifd^en 
^umor üon „2öaö il^r mottt" üerfte^t unb fid^ an ben 
barodfen giguren in ber „SSejäl^mten SBiberfpenftigen" 
l^erjlid^ ju freuen vermag, immer gefallt — mofem eö 
im geiftreid^en 2^one ber italienifd^en Sßaöfe gefpielt 
mirb, mie bieä jefet bei ben ermäl^nten ©tüdfen an aUen 
guten 33ül^nen gefd^iel^t. 3d^ fiabe eö mit beftem 6rf olge 
nid^t nur in Sübed, fonbern aud^ auf Heineren unb 
größeren SElJ^eatem gefpielt, julegt am ©tabttl^eater in 
Sremen. ©eine erfte Sluffül^rung erlebte baö Suftfpicl 
im 3al^re 1847 in Berlin unb jmar am föniglid^en 
^ofe. 2)eh Sonoiüant Suffalmaco fpielte bamalö ein 
2Wann, ber nad^malö fid^ auf einem ernftl^afteren ©d^au- 
plag großen SRul^m ermarb: ^iebrid^ SBill^elm, ^rinj 
t)on ^ßreufeen, jegt „unfer grife". 

9ln bie Sremer 9luffü^rungen beö „Slnbrea" fnüpfen 
bie testen Briefe an, meldte id^ t)on ber $anb ©manuci 



231 



©cibclö bcfi|c, er fd^rieb überhaupt öricfc ntd^t gern 
imb, n)ie er behauptete, nid^t leidet. 

Stets von allem (Sefd^äft tn ber lOeit bas ©erl^agteftc mar mir 
Briefe 3» [einreiben. So leidet mir bas IDort in Icbcnbiger Hebe 
fliegt, loenn bieSad^e mtd? rei3t, fo fd^mer entftrömt es ber ^Jeber 
£angfam brtid^ig unb fali, als ob auf bem (änderen Umtpeg 
2Ins bem fjer3en aufs Blatt mir (ßefül^l unb (Sebanfe gefrören. 

fo beginnt er feine „S)eprecation" in beh Spötl^erbft^ 
blättern. Sefonberö peinigten ilin bie Slntroortfd^reiben 
auf bie il^m jur 5ßrüfung überfanbten Sßanuffripte, 
TOcld^e oft oon red^t unberufener ^anb l^errül^rten, bie 
er aber bod^ mit rüfirenber ®en)iffenf|aftigfeit bel^anbelte. 
3m aufeerften 5Rotl^faUe mad^te er raenigftenö Stid^proben' 
unb fd^lug bie Sonootute balb l^ier balb ba auf. Sßic^tö 
fonnte ifin oon biefer jeitraubenben unb unerquirflid^en 
SKrbeit jurüdfialten. ,/$ätte ic^ tnid^ oor breißig 3al)ren 
Don einem SJugenb 2ßittelgut^®ebid^te jurüdfd^redEen 
laffen, fo ptte id^ nid^t bie perlen entbedt, meldte 
fd^on bamalö ^aul ^e^feö Siebermunb entftrömten." 

©inmal ^atte il^m eine Dame oier birfe Sänbe 
^ocfie gefd^idt, nod^ baju in öugenmörberifd^er ©d^rift. 
©cibcl mar empört. „2)iefe gred^l^eit/' rief er einmal 
über baö anbere, ,,aber id^ l^abe eö il^r aud^ gefd^rieben 
— eine ma^re Unoerfd^ämtl^eit !" 9lad^ einer SBeile 
fegte er ^inju : „3tem, lieber ©rube, @ie f önnten mir 
el^rlid^ fagen, ob id^ nid^t ju grob geworben bin. 3d^ 
babe ben ganjen SBormittag über ben Srief gebadet." 
Unb nun probujirte er ein ©d^reiben: 



— 232 — 

,,intt bcm fpnnf eine (Ebelfrau 
2lm t^öd^ften Feiertage gel^'n." 

6r crflörtc eö jcboc^ für bcu Snbegriff aller ©rob- 
l^cit unb id^ fürd^tc, er l^at eö ftd^ nod^ einen SBormittag 
foften taffen, unt ben l^erben Snl^alt in nod^ freunb? 
lid&cre SBorte ju faffen. 

3n)ei 3a^re burfte id^ 6manuel ©eibel'ö SBol^U 
wollen unb Umgang genießen, bann DerlieJB id^ bie Heb^ 
Ud^e 2^rat)eftabt. Dreimal fal^ id^ bann ©eibel roiebcr. 
3uerft getegenttid^ cineö längeren ©aftfpielö, baö id^ 
in 2übc(f abfoloirtc. ®r fd^ien nod^ leibenber alö roie 
id^ il^n Derlaffen l^atte, ging aber bennod^ einmal in'ö 
!I^l^eater, um meinen ©l^t)Iorf ju feigen, mit bem er nie 
red^t einoerftanben mar unb an bem er aud^ bamalö 
nod^ ml }u tabeln fanb. SBir fprad^en üiel über bie 
fd^mierige 9lufgabe, bie id^ je^t nad^ feiner rid^tigcn 
9luffaffung ju löfen oerfud^e, er mürbe immer lebenbiger 
unb julegt fo tebl^aft mie in befferen 2:agen. ®ann 
bcfud^te id^ il^n nur flüd&tig, ba mir jmifd^en ber SSa^n- 
fafirt unb einer SSorlefung im Sübeder ©d^itteroerein 
nur menig 3eit blieb unb gerabe ebenfo mar'ä im S^nuar 
bicfcö 3af|reö. S)a faß er mieber im ©ammtrorf unb 
mit bem fd^marjen Äfippd^en unb baö Sluge blidte nod^ 
ganj fo freunblid^ — aber e§ bligte nid^t mel^r, fonbern 
fd^ien träumenb fd^on l^inüber ju . blidfcn in ein uii- 
bcfanuteö Sanb. 33art unb ^aar l^attcn ben eigeu^^ 
artig fülinen Sd^mung verloren, bie fd^arfen Sinien beö 
"jßrofilö maren weit unb oerfd^mommen gemorben. 6r 



— 233 — 

crfoiuite \nid) tool^t luib fd^ieu fid^ ju freuen — aber 
ein ©efptäd^ tuottte lüd^t in ©ang fomtnen. 3d^ founte 
eö nic^t tauge ertragen unb üerüeJB if)n hau. „Slui^ 
baö ©d^öne mufe fterben." Sd^mcrjloä ift er enblid^ 
cingefd^Iummert. SSietteid^t, inbem id^ biefeö nieber^^ 
fd^reibe, flingen bie ©lodEen üom St. 3ßarientbunn unb 
bic ©tabt Sübed leitet il^rrtt (Sfirenbürger ju ©rabe. 
3im §erjen ber beutfd^en 3äugenb rairb er fortleben unb 
wer baö ©lud l^atte, ifim perfönlic^ nalie ju treten, 
lüirb mit SWarc Slnton il^m nad^rufen: 

Sanft mar fein leben unb fo mifdjten fid? 
Die (Element' in tljm, ba§ bie ITatur 
2luf [teilen fonnte unb ber IDelt rcrüinben: 
Das mar ein IHann! 

(SÄagastn für l^iteratur beö 3n* unb Sluölanbeä.) 



'AA/V^ 






€tne €tinnerung, 

ftttvl ®oebefe. 

©öttingett. 

-Oci einem tueJ^rroöd^igen 93efud^e, ben mir ©eibel 
1856 in gelte mad)te, pflegten mir 9ttenbö naä) %i\i) 
2^l&ee ober SBein ju trinfen. 6s gefd^al^ mol^l, bafe im 
^Iiee einmal ein Slättd^en fid^ burd^gefd^Iid^en ^atte, 
ma§ id^ nid^t Hebte unb ju rügen nid^t unterliefe. SBenige 
S^age t)or bem STbfd^iebe brad^te ©eibel mir einS^^ec-- 
fieb mit folgenbem angefieftcten ©ebid^te: 

Da ein 23Iatt x>on (El^tna's Kraute, 
Das in Deiner (Caffe fcbipimmt, 
0ft beim £efen Did? ©erftimmt, 
Dag Du Deines Sängers £auie 
Sdjlägfk in (Trümmer iputljergrimmt, 
£a6 mid?, ^reunb, bem sorn'gen (Criebe, 
Der Did? rei3t 3um Did^termorb, 
(Eint^alt tl^u'n mit biefem Siebe; 
^raud;*s unb rid^te mid; mit £iebe 
Il>ie üor geiten aud) Ijinfort. 

{^. 3uli ^856. (£. (5eibe(. 

— ^ — 



iiitfiumriiimHiniiii<iininiiiiimiiiiiiiiiiMiM<-MiiM*n:ni!ihiMiiMi:uiiii'i!i'iiiii!iiiii!ii:iiiMiui:ii!:!:i;iii:^ 






ininilUlll!lllllllili:il!ni!MIIl!Mlllllllli|llllÜlHIIII!'Mi:!|i:l'!IMllll|||llllllllll|||||||||llllllMUM<llllll!!lllllll'IIM.'X!l':il!l.ili;illll!IH i:,ill 



groei Zlnef&oten aus bem "izhz^ ©cibels. 

3Ritgetl)eilt 

üon 

Slttbolf @oette. 

2)reöben. 

^cn jo^llofcn SSerel^rcrn bcö SJa^ingefd^iebcnen, ri)eld^e 
bicfcö ©cbenfbud^ jii ©l^ren bcö großen SElobtcn mit 
grcubcn begrüben werben, bürfte es aud^ mlffotnmen 
fein, einjclne Heinere 3üge auö bem ^üj^tn beö SSer^ 
eroigten ju erfal^ren. 3d^ tl^eile beöl^alb an biefer 
©teUe einige 3lnefboten tnit, bie id^ burd^ ^errn ^ßro^ 
feffor Äarl ©oebefe in ©öttingen, ben langjäl^rigen 
^eunb ©manuel ©eibePö, erfal^ren l^abe unb ju 
bereu SBeröffentUd^ung ntid^ biefer emtäd^tigt l^at. 

3n ben fünfjiger Salären rourbe ©eibel in 
"^SS&xii^txi mit ^aul ^et)fe, griebric^ Sobenftebt 
unb anbem 9lotabiIitäten ber bortigen ©d^riftfiettemjelt 
t)on bem bortigen preufeifd^en ©efanbten jum ©ouper 
gelabeu. Sllö faum bie Unterl^altung in glufe ge^ 
fommeu, fragte ber ©aftgeber plöfelid^, ob molil einer 



— 236 — 

bei* ^eiTen ctroaä jutn SBorlcfcn tnitgcbrad^t l^abc. S)ie 
gragc begegnete in bcr ©cfcBfd&aft bcgreiftld^crroeifc 
jiemtid^ erftounten ®efi($tern ; ©eibel aber er^ob ftd^, 
fd^Iug mit ber ^auft auf ben 2^ifd^, bafe bie ©löfcr 
flirrten unb rief auö: „Sinb mv benn ©pielleute, bie 
jum S)anf für bie SDlal^ljeit einö auffpielen folleu?" 
Slatürlid^ folgte biefem plöfelid^en Sluöbrud^ einer leibem 
fd^aftlid^en ©eele peinlid^e ©tille unb oerlegeneö ^üftcln, 
bie Unterl^altung tarn erft aQntäl^lid^ unb ntül^fam 
roieber in ^lufe, fpäter ein froftiger Slbfd^icb unb — 
ber preufeifd^e ©efanbte lub feine Sitteraten nte^r ein. 
3d^ erjäl^le biefe Segebenlieit ganj unbcbenflid^, weil 
fic nur baö ausgeprägte ©efül^l ber 3)iannesn)ürbe bei 
unfemt ©id^ter jeigt, ber eine wenig tactuoltc 3umutl^ung 
in alterbingö etroaö braftifd^er 9lrt 5urüdn)ieö. 

©ine jroeite Slnefbote bejiel^t fid^ auf ein perföm 
lid^eö ©rlebnife 6arl ©oebefe'ö mit feinem ^eunbe, 
Sie Seiben, ber S)id^ter unb ber SittcrarJ^iftorifct/ 
l^ielten fid^ im Slnfange i^rer 93efanntfd^aft auf einer 
gemeinfd^aftlid^en ©ebirgöreife einige 2^age jufammen 
in 3l^lfelb, einem fleinen Äurorte im ^arj, auf. ®ine& 
9lbenbö, alö bie neuen greunbe fid^ auf il|r 3i»w«i^ 
jurüdEgejogen l^atten, bemerfte (Soebefc im Sauf ber 
Unterhaltung, bafe il|m iebeä SSerftänbnife Seetl^ooen^ 
fd^er ©^mpfionien abgelte, aud^ biefelben nid^t ben ge? 
ringften ©inbrurf auf il^n mad^tcn. ©eibel, befannfe 
lid^ ein leibenfd^aftlid^er 33en)unbrer S3eet^ot)en^ö/ 
fäj^rt nad^ biefer 9leu§erung entfegt auf: „®aö ift ja 



237 



eine uuerfiörte 93(aöpl)emic ! 3dj fcl^c w)of)l, ba§ wir 
nid^t ju einanbcr paffen;. cö ift befler, voxx bred^en bcn 
SSerfe^r ab unb trennen iinö morgen." (Socbefe, 
burd^ bic unmotimrte ^eftigfeit beö 2)id^terö ebenfalls 
gereijt, crflärt fid& fofort bereit, auf ben SBorfd^lag ein- 
juge^en, ünb ol^ne einanber gute 9lad^t ju roünfd^en, 
legen fid^ beibe ju 33ctt. Slnt anbern 3Jlorgen t^at 
®eibel, aU fei nid^tö vorgefallen, unb aud^ ©oebefe 
berührte bie Slngelegenl^eit nid^t ntel^r. 3)aö S^^örf- 
nife war alfo nur üon furjer ®auer, roäl^renb bie 
greunbfd^aft beiber SÖiänner burd^ alle SBanblungen 
ber 3öf)re fortbeftanb. 



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2lm Cuganerfee* 

©traf; bürg i. @. 

(E§ war einer jener ^errlid^en ^l^lingätage, wie fie 
nur an ben oberitalif^^ii ®^^tt inmitten biefcr gi- 
gantifd^en SBelt blülienber SKpen unb buftenber 2^l^äler 
genoffen werben . fönnen. Der ganje Lago Ceresio, 
ber fid^ cor feinen (Senoffen, bem Lago di Como unb 
bem Lago Maggiore, burd^ ben überrafd^enben SBed^fet 
feiner Sanbfd^aften unb bie fedfe ^orm feiner ©ebirge 
auöjeid^net, bligte unb fd^iDerte in einem. ©eleud^t oon 
taufenb garben. S^^Hofe Heine Sarfen mit mel^enbcn 
SBimpetn in benfd^meijerifd^en, beutfd^en unb itatienifd^en 
garben frieblid^ neben einanber tummelten fid& luftig 
fd^aufetnb auf ben fräufetnben SBeDen. ipier ein oer? 
liebteö Junges ^ärd^en, baö fid^ fügte unb Ijcrätc, ol^ne 
bag ber graubäräge Sd^iffer, ber il^nen bie 9iuber fül^rte, 



— 239 — 

barübcr au^ nur eine SKieue fciueä fonnetiüerbranntcn 
©efid^teS t)cr jog, fa^ er bod^ Jebcn gtüfiling tagtäglid^ 
baffclbc ©d^aufpicl in ewig wed^fclnbcr SJariation; bort 
eine ©d^aar fingenber ©efeHen, bie naä) üKelibe ful^ren 
ober nad^Ganbria, um bei33ater5ßeppo eine glafd^e 
purpurfarbenen 39arbera*ö ju trinfen unb bem Soccia^ 
fpiel ber Staliener jujufd^auen. 3luf bem ©taben ber 
Stabt unter bcn raufd^enben Äaftanienbäumen l^errfd^te 
ba§ rege fummenbe Seben beö Äurortes. 5ßräd^tige 
Soroffen, Omnibus unb- S)rofd^fen roHten ^in unb l^er unb 
ein unaufl^altfam flutl^enbeö ©emü^I oon Spaziergängern 
wogte burd^einanber : arme Eranfe, bie ber 3:^ob fd^on 
gegrüßt, übermütfiige ©efunbe, bie lad^enb imb fingenb 
unb bie Sßöbd^en nedfenb i^ren lebenöfrö^Iid^en SBeg 
manberten. ©ajmifd&en tönte baö unauffiörlid^e, feltfame 
©elSut ber ©lodfen, baß fd^riUe ^Pfeifen ber S)ampfer, 
bie bid^tbefefet mit 2^ouriften auf bem ©ee l^im unb 
mieberfu^ren, baä bumpfe S)onnern unb 2^ofen ber 
©ifenbal^njüge, bie oon Sujern ober äßailanb l^er ftünblid^ 
neue ^d)aaxtn in baö lieblid^e Sugano trugen. 

3ln ber Sanbungöbrüdfe beö ©ampffd^iffeö löfte tbtn 
ber alte mettergraue ©iufeppo einen feiner fd^mudften 
Äal^ne, bie „^eltetia", oon ber Äette, legte oiet fd^mere, 
froftige SWuber in bie SWiemen, pflanjte am S3ug eine 
gal^ne auf, entrollte fie unb luftig flatterten bie beutfd^en 
färben fd^marj^meig^rotl^ über ber Sarfe. ®§ mod^te 
ctma- gegen oier Ul^r 9lad&mittagö fein. 

Sa f am . an^ einer ber oielen ©tragen, bie am 



— 240 — 

i&ofenplafe münben, ein Xnxpp von fünf jungen ©e^ 
fetten, ©iufeppo fd^ien fle fd^on ju fennen, benn mit 
einem freunblid^en „buon giomo, Signori!" lub er fxe 
in bie bereitftel^enbe ^eloetia ein. ®er eine oon i^ncn 
blieb am Ufer jurücf unb mäl^renb bie anbem mer üom 
fianbe ftie^cn, rief er i^nen nod^ ju: ,,3n einer ©tunbc 
fomme id^ eud^ nad^, a rivedercü". ®ann Pog bie 
^dvttia pfeilfd^neH über bie %lut^. 

Unter ben oieren im Soot befanb id^ mid^ felbft. 
3)ie anberen brei unb ber Surüdgebliebene maren meine 
^eunbe. 3Bir ffatttn und alle erft in Sugano fenncn 
gelernt unb bod^ waren mir in ben wenigen SBod^en 
unfereö Seifammenfeinö l^ier in ber ^embe vertrauter 
mit einanber geworben, als biefeö meHeid^t bal^eim felbft 
eine langjährige ®emo^nl)eit mit fid^ gebrad^t ptte. 
(gö mar an einem Slbenbe gemefen, alö id^ in eine 
ber Dielen SBeinlauben im 3nnem ber ©tabt ging, um 
einen guten ©l^ionti ju trinfen. Die 3:^ifd^e waren fo 
gut befegt, bag id^ nur nod^ an einem Heineren $la| 
finben fonnte, an bem jwei ©äfte fagen. ®ö ergab fui^ 
balb eine ©elegen^eit jn einem ©efpräd^ unb nid^t lange 
wäl^rte eö, alö wir unö fannten. Sttuf ben beiben Äarten, 
bie mir übergeben würben, laö id^ bie Sßamen „3)u Soiö, 
5ßariö" unb „^arr^ 2:at|lor, Sonbon". ®a traten 
jwei italienifd^c äRabd^en bürd^ bie 3:^pr unb begannen 
JU fpielen, bie eine oon i^nen fül^rte bie ®eige, wal^renb 
bie anbere auf ber ©uitarre begleitete. ®ä ift feltfam, 
weld^e Äunftfertigfeit biefe Staliener befigen unb mit 



— 241 — 

lücld^er ©cfd^icflid^fcit oft ber einfad^ftc bicfcr Seutc, 
oft ba§ unanfel^nUd^fte biefcr armen 9Käbd^cn trgcnb 
ein 3nftrumcnt l^anbl^abcn. ©o fpicltcn aud^ biefe bcibni 
©d^TDcftcm mit einer fo innigen Siebe unb Eingebung, 
mit einer fold^en Kraft unb geinl^eit, bafe mir erftaunt 
jul^örten. 2Uö fie geenbet l^atten, bot fie 3)u Soiö um 
bie ©eige. ®% ging ein SSd^eln burd^ bie SReil^en ber 
anbereu ®äfte, aU ber fd^Ianfe ^anjofe mit bem bunfel^: 
fd^marjcn Sorfenl^aar unb ben träumerifd^en großen Slugen 
bie ®eige nal^m unb fie ju ftimmen begann. @ä er^ 
eignete fid^ ja jeben Slbenb, bafe ein el^rgeijiger Süngling 
feine eigene mufifalifd^e Seanlagung jeigen rooHte unb 
am ®nbe baö l^öl^nifd^e basta, basta! ber ®afte feine 
frafeenben 2^5ne erftirfte. SBer bicfeö 2Ral bauerte 
eö feine 9Äinute unb baö fiad^en unb Särmen, ©läfer- 
flappem unb SWeben fd^roieg: 2)u Soiö fpielte unb roie 
ganj oerloren in fein eigenes ©piel fal^ er nid^t mcl^r, 
voa^ um il^n vorging. @inige Ilingenbe ^ccorbe gaben 
ifftn ju erfennen, ba§ bie ®eige SRarguerita'ö roenn 
aud^ nid^t ju ben befien gel^ßrte, fo bod^ aud^ nid^t- 
fd^Ied^t mar, unb nun jmang er bie ©aiten jU einem 
rounberfamen, melobienreid^en ©efange, ben er allmäl^lid^ 
l^inüberleitete in ©d^ubertö ergreif enbeö Sieb: „I)aö 
aJleer erglönjte meit l^inauS". 9lod^ nie l^atte id^ 
eine fold^e §üBe mn Xontn aud ben einfad^en oier 
(Saiten einer ®eige entlorfen l^ören, nod^ nie ben SSogen 
mit einer fold^en füi^nen unb bel^errfd^enben SKeifterfti^af t 
fül^ren feigen. 9Kö 2)u S3oiö geenbet, raufd^te il^m ein 

(Smanuel @tittl, ein Qiebenföud^. 16 



— 242 — 

» 

©turnt bcgeifterten Seifate entgegen unb baö ewiva, 
da capo unb alla salute di Lei rooUte fein ®nbe 
nei^men. Da traten jnjet junge frifd^ auäfd^aucnbe 
üKänner auf unferen Xi^ä) ju unb ftredten 35 u 33oiö 
bie §änbe entgegen. 

„©ie l^aben un^'^, rebete iJ)n ber größere ber 33eiben, 
eine Mfttge ©eftalt mit J^eDblonbem §aar unb treu^ 
l^erjigen blauen Slugen, in rool^Iftingenbem ^ansofifd^ 
an, „eine unnennbare ^eube gemad^t unb id^ banfe 
Sinnen red^t l^erjlid^ in meinem unb meines ^eunbeö 
Flamen; erlauben ©ie mir, baJ3 id^ Sinnen benfelben 
l^ier als einen jungen ^oeten ©ignor giorito, einen 
Florentiner, üorfteUe ; mein eigener 9lame iftDeb erlin 
unb id^ nenne bie beutfd^e ©d^meij meine ^eimatl^. 
SBenn id^ aud^ felbft baö geflügelte SRog nie beftieg, fo 
bin id^ mie^iorito ein glü^enber begeifterungäfreubiger 
SBerel^rer aUeö beffen, maä uns bas Seben abelt, ^oefie 
unb 3Kufif, unb brum alten banfbar, bie fie uns bieten." 

S)u S3oiö banfte unb fd^lug fräftig in bie bar^ 
gebotene §anb ein. SBir baten giorito unb Deberlin, 
an unferem 2^ifd^e ^la| ju nehmen, maö fie freunblid^ 
annal^men. 

,,35od^ juüor", begann giorito vn bem ^errlid^ 
flingenben 3biom Xo^cana^, „erlaubt mir, 3»aeftro 
2)u Soiö, bog id^ junäd^ft ben fd^ulbigen S^ribut ber 
©öfte einfammle unb ba§ ©efammelte mit ©urer gütigen 
©rlaubnig ben beiben SJläbd^en überreid^e." 

S)ann nal^m er unter bem 3ubet unb Sraoorufen 



— 243 — 

bcr ©aftc einen Xtütx unb roanberte von "Xx^ä) ju 2^ifd^. 
3)a gab eö ein ^eUeö Klingen unb Springen oon aWünjen, 
unb ate er nrieber in unfere SHitte jurfidgefel^rt, voav 
her SCetter ganj mit ©ilberftütf d^en bebecft. 3Kit jenem 
glüdflid^en Säd^eln, rote eö nur bie ebelfte ^eube jU 
fd^affen oermag, überreid^te er bann im 9lamen be& 
„illustrissimo maestro Du Bois" ben S^eDer ben beiben 
äRobd^en, bie if|n mit freubeftra^Ienbem 9lntlig in 
©mpfang nal^men. ©o reid^e ®abe mürbe il^nen ja 
feiten gefpenbet; arm unb anfprud^öloä, nur ber 3lüÜ) 
gcl^ord^enb, warben fie fi^ fonft ein fümmerlid^eö S3rob. 
2)en 3ubringlid^feiten unb Spöttereien ro^er unb gefüllt 
lofer ©äfte gar oft ausgefegt, mußten fie l^eute boppelt 
bie eble ®abe ju fd^ägen. 

®§ l^atte längft fd^on 2JHtternad^t gefd^Iagen, ate 
mir fünf junge Surfd^en immer nod^ beifammen fafeen, 
unb eö fd^icn, alö ob mir mit jeber SBiertelftunbe, bie 
in bäö 3Äe'er ber aScrgangenl^eit roUte, jutraulid^er unb 
offener mürben. SBir mußten cö balb, bafe mir aHe^. 
wenn aud^ oerfd^iebenen Stationen ange^renb, bod^ mit 
einanber einö maren in ber begeifterungöfreubigen Siebe 
äum Sbcaliömuö; mir füllten e§ balb, ba§ mir Äinber 
cineö ©eifteö maren, bafe iin^ allen bie l^eilige Suft an 
ber ^oefie, ber Äunft burd^ bie 9lbem braufte. 35icfe 
ßntbedung beraufd^te un^ fo gemaltig, baJ3 mir nid^t 
Qufl^ören mottten, bie neugefd^Ioffene ^cunbfd^aft im 
perlenbcn gcuergolbe beö Asti spumante ju feiern. ®ö 
\mx um fo mel^r ein glüdlid^er S^f^ß/ ^ö& mir un^ ' 

16* 



— 244 — 

aQe fo trefflid^ oerftanben. ^anjöfifd^ unb beutfd^ 
fprad^nt roir aUt fünf, englifd^unb italienifd^ oerftanbeu 
Toir tüenigftend, n>enn ^iorito unb id^ aud^ nid^t eng^ 
lifd^ unb Deberlin nid^t italicnifd^ fpred^en fonntc. 

@nbUd^ aber gemal^nte nn^ bod^ bte tiefe 9lQci^t' 
rul^e an bog 9lad^^aufegel^en. (Sift n)ir oudeinanber 
gingen, üerabrebeten wir, un§ jeben Jlad^ittag ju einer 
gemeinfamen Äal^nfal^ ober einem ©pajiergang in bie 
Iierrlid^en Umgebungen am 2anbungöpla|e ber S)ampf^ 
fd^iffe }u üerfammeln. 

©d^on bei unferer erften S^i^rt, bie fid^ über bie 
italienifd^e ©renje nad^ ^orlejja ju erfhredte, mad^te 
Siorito einen SSorfd^lag, ber mit aHgemeinem 3w6el 
aufgenommen mürbe. 

„2Bie more eö, amici, meinte er, inbem er unö 
bebeutete, einige 9lugenbUde mit SRubem inne ju l^altcn, 
wenn mir bie wenigen SBod^en, bie mir l^ier in betn 
Keblid^en fiugano jufommen meilen, baju benufeten, um 
nn^ einmal, in baö gel^eime bid^terifd^e Genien unb 
gül^Ien ber Stationen ju vertiefen, benen mir angel^oren. 
SBäre ed nid^t l^errlid^, menn mir on iebem 5Rod^mittage, 
an bencn mir bie munberbare ^errlid^feit biefer blül^en- 
ben 9latur in unö aufnel^men, in ber SBeinlaube oon 
aftelibe ober unter ben Dlioenbfiumen oon 6anbria 
fifeenb oerfud^ten, bie S^rif unferer 58öHer fo gut cö 
gel^t f ennen ju lernen ; benn gerabe burd^ feine I^rifd^cn 
Did^ter l^at ein jebeö 9Solf am beften unb l^errlid^ften . 
auöfpred^en laffen, mie e§ benft unb fül^It, mie eö liebt 



245 



niib betet, roic ed trinft unb fingt, imb gerabc ^ier in 
biefer blül^enben SBelt unb fem t)on ber ©erool^ni^eit 
bed älQtagdlebend n>erben n)ir am beften ben ©eift eines 
jeben SBoIfeö in feiner Stirif oerftelien fönnen. beginnen 
loir mit betn 5BoIfe, beffcn Sprad^e mx l^ter fpred^en 
muffen unb bem id^ felbft mit 2uft unb greube ange- 
höre unb roed^feln mir bann SCag um 3:^og. SWit 
größeren ©d^ögen unb J^errlid^ren ©rinnerungen werben 
mir bann einft oon einanber unb Don biefem gefegneten 
gled d^en ®rbe f d^eiben, als bie groge SRaffe ber 9Kenfd^en, 
bie jufrieben finb, menn fie an ber SCable b'^6te einen 
guten Sraten oerfpeifen, eine fd^natternbe ßonoerfation 
über SBinb unb SBetter filieren unb bei jebem neuen 
Drt, ber iJ^neit in bie Citren Kingt, ausrufen fönnen: 
,,ba bin id^ aud^ gemefeu!" 3d^ glaube, bafe id^ eud^ 
allen ouö ber ©eele rebe." 

2»it 3ubel nafimen mir anbem biefen aiJorfd^Iag 
auf unb fegten bann mit neuer frifd^er Äraft unfere 
giuber ein. 9Kö mir in ©anbria angefommen maren 
unb auf bem bli|enben ajlarmortifd^e unter bem blüljen- 
Den 3aÄminbufd^e ber 9lfti in ben ©läfern funfeite, 
jog gioritö ein 33ud^ an^ ber2^afd^e feines ©ommer* 
mantels. ®S mar ©iacomo Seopatbi; mit il^m be* 
gannen mir bie SWeil^e unfcrer 5Borlefungen. 3d^ fann 
bie Segeiftemng unb bie ©d^mörmerei nid^t fd^ilbern, 
mit meld^er mir ben flingenbeu Sl^tl^men Üeoparbi^s 
laufd^ten unb fd^on biefer erfte 2:ag mar uns ein ^t^ 
meis bafür, bafe bie ©tunben, in benen mir gioritos 



— 246 — 

^lan jur Sluöfül^rung brad^tcn, gu bcn uuoergejslid^ftcn 
unfcreö Scbenö rcd^ncn burften. • 

3)iefc Untcrl^altungen Ratten mx SCag für ^ag 
fortgefegt unb faum fonntcn wir immer bie 3^^* ^^' 
joartcn, mo mir unö auf ben raufd^enben gittigen ber 
^oefie in baö emige ©onnenlanb tragen liefen unb 
bie 3Äufen an bie befränjten S^ifd^e laben. 

Ugo goöcoloö ©ebid^te lafcn mir in bem Ikb-^ 
lid^en ©orengo, boö mie ein traulid^eö S^unfönigneft 
cerftedt liegt in blül^enben Sauben, blül^enben Süfd^en 
unb blü^enben SBoIbern. ^enr^ Songfellomö unb 
S^j^omaö üKooreö ergreifenbe Sieber entjüdten uns in 
3ReKbe, Seranger unb 9Muff et in einer ftiHen, freunb^- 
lid^en Dfteria am 9Konte S3re, wo mir ben berücfenben 
Slnblicf über baö ganje S^l^al unb ben bli|enben ©ec 
genoffen. 

©0 ful&ren mir aud^ an i^nem grül^lingdtog, mit 
bem biefe ©d^ilbcrung beginnt, miebcr einmal über ben 
©ee. De b erlin mar, mie crmol^nt, jurüdgeblieben, ba 
il^n ©efd^äfte }urüdl^elten, bod^ l^atte er und oer^ 
fprod^en, in einer ©tunbe allein nad^jufommen. ?flad^ 
einer l^alben ©tunbe fräftigen Slubemö maren mir am 
gegenüberliegenben ©eeufer, bort mo fid^ ber aWontc 
©aprino mit feinen abfd^üffigen fangen in ben 6ee 
ftürjt, angefommen. SBir lanbeten an ber ©teile, m 
eine tiefe ©d^lud^t mie ein gemaltiger SWife in ben Serg 
l^ineingtlit. Sttuf biefem flcinen gledd^en @rbe l^atten 
mir fd^on oft mand^e ©tunbe oertröumt, berin er mollte 



247 



un§ t)on allen anbern fünften ber Umgebung alö ber 
fd^onfte bünfen. 

SBir liefen unö an unferem gewol^hten ^lage 
leinten an ber alten Tlnf)lt in bem ©arten beö aSater 
S3ärtolomeo nieber unb waren nid^tö roeniger aU er« 
jürnt barüber^ ba^ wir bie einjigen (SJftfte waren. 

2)ieömal war bie S)eutfd^e Zvjxit an ber 9lei^ey 
unb nad^bem wir fd^on an früheren 5Rad^mittagen einige 
d^arafteriftifd^e ©ad^en von Ufilanb unb $eine ge? 
tefen, l^atte id^ für l^eute ©manuel (Seibel geroäl^lt. 
Sßeine greunbe fannten i^n aDe unb befonberö giorito 
trug bem Sänger oon SübedE eine marme SSere^rung 
entgegen. SBie mir e§ immer, getl^an Ratten, fo mufete 
aud^ id^ bieömal juoor eine furje Sebenögefd^id^te unb 
ßl^arafteriftif (Seibelö geben. So prieö id^ il^n benn 
unb fd^ilberte ü)n aU ben beutfd^en S^rifer, ber bie 
ganje Eigenart beö beutfd^en 9lationaIgeifte§ in fid^ 
Dereinige. 

„3Äein aSaterlanb", fprad^ id^, unmiDfürlid^ i^in^ 
geriffen von einer marmblütigen Segeifterung , „mein 
SSaterlanb barf geredet ftotj fein auf feinen fiübeder 
©önger, bet bie Sprad^e feineö aSolfeö mit einer 
äßeifterfd^aft l^anbl^abt, mie oor il^m fein anberer. SBaö 
il^n aber oor aHem auöjeid^net, maö ilin mitten in 
biefer 2Belt eineö immer me^r unb mel^r anmad^fenben 
aWaterialiömuSy. einer gottoerlorencn 3Äenfd^enüberf|ebung 
mit einem faft engell^aften ©d^immer umgiebt, baö ift 
fein unerfi^ütterlid^er, gottgläubiger Sbealiömuö; er l^at 



— 248 — 

fid^ mitten in biefcr Xanmüvodt von Sinncntuft unb 
Snbiffcrentiömuö gegen aUeö ^o^e unb ^eilige fein 
^et^ unb feine Seele fpiegelrein gel^alten unb mit ber 
ganjen jerfd^mettemben Kraft feiner bli^enben ©ebanfen 
ringt er gegen bie 3^^ ^^^ i^^c« entarteten ®eift. 
3n il^m, ^eunbe, fd^aut if|r ben beutfd^en ©l^arafter 
in feiner fd^önften 5Bottenbung. 

Sringen mir barum l^eute im ®eift bem ©ängcr 
oon Sübed einen freubigen ©rufe im italifd^en SBcin 
unb feien mir ber Hoffnung t)oH, bafe er nod& lange 
leben möge jum SRulime imb jur Suft aDer berer, bic 
bie ^oefie lieben." 

2)ie®läfer f langen jufammenunb im feierlid^en6dt|o 
tönte eö oon benSelfenmicber:EvvivaEmanüeleGeibell 

'S:>ann begannen mir ber SRei^e nad^ ju lefen. 
3d^ felbft mäl^lte mir juerft eine Heine äuömal^l üon 
fiebern, bie ben grüliling unb bie blül^enbc 3latur 
preifen, unter il^nen baö ft^öne Sieb: 

<D gebenffi bu ber Sinnt>\ als auf fd^immeniber Batjn 
Ueberm See von Sanft IDoIfgang uns miegte ber Kal^n, 
Wo bte jelsmanb fid; gipfelt aus laubiger ttad^t 
Unb bie Ciefe ber (Jlut ift toxe lidjter Smaragb? 

giorito las baö Sob ber ©infamfeit unb baö ergreif enbc 
Sieb: „Tempora mutantur". S)u S3oiö mäl^lte bie 
fd^nften ber ^ßoefien an^ 9ltl^cn imb ^arr^ S^a^lor 
mei^rere oon bed 2)id^terg l^errlid^en ä3attaben. 

3lo(i) nie bin iö) fooon ber entjüdenben ©d^önl^eit 
(Seibel'fd^er 33erfe l^ingeriffen worbcn, alö gerabe l^iev. 



— 249 — 

©cnoffcn wir fie boä) an bcr OueHe, auö bcr er 
fic'fclbft gcfd^opft, mitten in ber blül^cnben lebenbigen 
3iatur; fo würben wir üon il^m belel^rt, bejaubert, l^in* 
geriffen, bag wir f^ier fclbft nid^t me^r rouj^ten, ob ber 
Ort, auf bem wir ftanbeu, ein Stürf Jeneö unglücffeligen 
Qeftimeö fei, auf bem bie menfd^Iid^e Seibenfd^aft unb 
bie mcnfd^Iid^e Ueber^c6ung il^re unfeligen Kriege unb 
^riumpl^e feiert, ober ein Stüd beö ^^Jarabiefeä, in 
bem nur baö Sd^öne, ®utc unb SBa^re lebenbig ift 
unb ber oerflärte ®eift ©otteö lod^elnb burd^ bie eigene 
Sd^öpfung manbelt. SBir mälinten unö beffere SKenfd^en 
unb mir fül^lten faft, mie ber ©eniuö ®eibelö leife 
iu unfer ^erj einjog, um eö ju abeln, ju meil^en unb 
aU baö terfd^mommene unb jmeifelfiafte S)unfel mit 
bem glänjenben Sid^te ju überftut^cn. 

SBir mäl^nten, ®manuel®eibel f äge f elbft mitten 
unter nn^ unb laufd^te läd^elnb unfcrem Oefpräd^. Unb 
rotnn mir bann fein 2ob im 9lfti tranf en, mar eö unö, 
alö ftiefec fein ®laö mit bem imfern jufammen. So 
würben unferc Äöpfe immer glü^enber, bie Slugen 
glanjenber, mie oon l^eiligem geuer burd^Iofjt. 2)a er^^ 
griffen mir nod^ einmal bie ooDen ®(äfer unb moDten 
nod^ einmal baö „ewiva Emanuele Geibel" in ben 
Reifen miberJ^aUen laffen. 9lber mie id^ mein ®laö l^ob 
unb mit freubigem SRuf an bie anbern ftiejs, f prang eö 
mit einem gcHenben Älang in ©tüde. ^ie Sd^erben 
flirrten auf bie aWarmorplatte unb ber fd^äumenbe SBein 
tJerjifd^te, jo^ j^inabftürjenb, im 33oben. 



— 250 — 

„S)aö bebeutet nx6)U guteö/' rief ic^ ime uoii einer 
plö^lid^eu äll^nung geängftigt unb überiDältigt. 

ü)leiiic ^cunbe ladeten unb fd^erjten über mi6} 
unb meinen Slberglauben, aber mir mar eö auf einmal, 
als möre eine ©aite in meinem bergen geriffen. Unb 
mic id^ noö) finnenb ftanb unb mid^ ber abergläubifd^en 
©ebanfen nii^t ermel^ren fonnte, ^af) iä) auf bem 
Icud^tenben See einen Äal^n auf unfere Sd^lud^t 
jufteuern. ®§ mar unfer iurüdgebliebener ^eunb 
Deberlin. 9lber feltfam, ber fonft fo überfd^äumenbe, 
lebenöfrol^e ©efell rief feinen ©rufe oon ber See fier- 
über, fein ganjed SBefen l^atte etroaö ernfteö, fcier- 
lid^eö, unb nur langfam nälierte [xö) fein Sal^n bem 
Sanbe. 

3llö er bie Äette bcö Sooteö um einen feften ©tein 
gefd^lungen, trat er mort^ unb grufeloö in unfere 9Ritte, 
bafe mir ilin beforgt unb eine fd^limme SHad^rid^t a^nenb 
anfallen. ®r aber minfte mie abmelirenb mit ber ^anb 
unb fprad^: ,,Siebe ^eunbe, id^ bringe ®ud^ eine 
traurige 9lad^ri(^t" unb mit biefen SBorten legte er 
eine frifd^e 5Rummer beö äßailanber Slatteö „U Secolo** 
auf ben Sßarmortifd^. Unfer 33lid pet mie oon einer 
bamonifd^en Äraft geleitet auf — ©mannet Oeibelß 
S3ilb, auf (Smanuel ©eibeU S^obeänad^rid^t ! 

2)a ging unö ber ©ruft biefer S^rauerbotfd^aft tief ^ 
ju ^erjen. ©manuel ©eibel, ben mir äße noii 
lebenb glaubten, imb auf beffen 2uft unb Seben w 



— 251 — 

fuebcn noäf in übcrmüt^igcr SBcife getvunfen \)atkn, 
btv Did^tciv ber uiiö focben in feinen Siebern fo rounberbar 
naf)t getreten wax, er lebte nid^t nte^r! 2Bir l^atten 
nid^tö baoon geal^nt, bafe er fd^on vov etlid^en Silagen 
in bie ewige ^cimat abberufen roat, biö unö l^eut bas 
italienifd^c Slatt bie 3laö)nä)i brad^te! 

®ie SBorte, bie bem l^eimgegangencnS)id)tergen)ibmet 
n)arert,unb bie unögiorito mit einer oorßrregung gittern^ 
ben ©timme t)orIaö, waren fo fd^ön, finb für uns S)eutfd^e 
aU bcr Sludbnidt itatienifd^er 3Sere^rung für 6 mannet 
©eibel fo marml^erjig unb berebt, ba^ id^ eö mir 
nid^t oerfagen f ann, fie an biefer Stelle in i^rem SBort^ 
taut ttJieberjugeben. ©ie lauteten: 

„Un' altra splendida meteora del cielo germanico 
s' ecclissö! Tutta Germania lo rimpiangera; egli fu 
veramente popolare, che la siia Musa fu dolce e 
verile, come Tamore e il patriottismo. 

II poeta gentile e forte mori dopo lunghi anni 
di sofferenze, in Lubecca sua patria. Cola viveva 
ritirato e visitato ad intervalli da illustri amici e da 
principi." 

®ann folgte ein Sebenöabri^ beö ©id^terö, fomie 
eine Ueberfid^t feiner Sd^öpfungen, oon benen befonberö 
bie ©ebid^ie: „S)er 2)i^tl^uä oom 2)ampf", „ber £ob 
beö 2;iberiuö", ,,ber Silbl^auer bed ^abrian", „Säbel" 
unb bie S^ragöbie „SJrunl^ilb" rül^menb ^eroorge^oben 
würben. <&ierauf l^eifet cö bann 5um Sd^lufe: 



— 252 — 

,J*erche divenne cosi popolare? Perche sentiva 
come sentivano i suoi connazionali, j^erche evita 
gli estremi, perche neiranrmo suo non v'era il 
pessimismo e sulle sue labbra non era il sorriso 
della satira. 

Era un poeta di animo sano e dallo sguardo 
splendido: cantö l'amore, cantö la patria, arricchi 
di fiori esotici il pamaso tedesco .... calzo il cotur- 
iio . . . . con Sana filosofia e bella forma, perciö e 
qui in Germania, preferito anche ad Heine; e lui 
tedesco puro sangue!" 

3d^ fann unmögHci^ fd^itbern, tpie mir oon ber 
aWad^t bcö Slugcnblidd l^ingeriffeu rtJurbcn. Unfere 
»^crjen ergriff eine grofee unb roalirljaftige SIrauer. 
Stumm unb füll umftanben wir ben Xi^ä) unb ftarrteti 
auf bic fd^roarjen Settern be§ ,,©ccolo" nieber. 

giorito roav ber ©rfte, ber baö tiefe bange ©d^wei^ 
gen brad^: 

„^eunbe" rief er, „wenn 'mir fjier atö bie ©o^ne 
üon fünf Derfd^iebenen Stationen fo l^erjHi^ unb einmüt^ij 
mit einanber finb, fo gejiemt eö fid^, bafe mir ^eut bem 
Seutfd^en unter unö ein SBort bcö J^rofteö rebetu 
SHe beutfd^c 9lation l^at einen ©d^a| oerloren, um ben 
mir onbern fie beneiben fonnten. ©et beutfd^e ©monuel 
®cibel ift nid^t mel^r!" 

"S^ann reid^ten mir meint oier greunbc bie ^änbc, 
bag mid^ bie SBe^mutl^ beg älugenblideg gerabeju über- 
moltigte. 3n einem frembcn Öanbe fühlte id^ in mir 



— 253' — 

mein 3Solt fo fiod^ geehrt imb i6) fanb bod^ fein SBorte, 
um roürbigcn ®anf bafüv ju entbieten. — 

Sd^ mal^nte ium älufbrud^; cd rooHtc mxä) nic^t 
mel^r länger an ber ©tättc l^alten, wo eine fo ernfte 
Zoht^naä)nä)i unö getroffen l^atte. Slber giorito 
^ielt unö nod^ einen 3lugenblid jurfid. 

,,®^e wiv fd^eiben, greunbe, rooHen wir ^ier nod^ 
einmal bed l^eimgegangenen S)id^terg geben!en. Sßol^l 
ift er nun unter bie fül^le bömmernbe ßrbe gebettet 
unb fein äuge bem freunbüd^en ©onnenlid^t oerfc^loffen. 
^er ift beö^alb ®manuel ®eibel fpurlod oerfd^wun- 
ben, t)crfunfen in baö leere falte Slid^tö? D nein, 
^reunbe ! gaft roiH eö mid^ bünf en, alö fei er unö nun 
erft red^t nä^er gerüdt, unb id^ fül^le baö SGBe^en feineö 
©eifteö naiver benn fonft. Äann benn ein ©id^ter 
fterben? SÖSenn i^n bie SRotl^ttJenbigfeit beö SReufd^en^ 
bafeinö ju ienetn emften ©d^ritte jroingt, ben man ben 
Stob nennt, bann beginnt für ben ©id^ter bie erfte 
©tunbe jener feiigen ^dt, bie man Unfterblid^feit nennt. 
2)an\i erft werben atte feine Sieber baö freie unentreife- 
bare ©emeingut feines SBolfeö, ber ganjen Söelt, unb 
loie er fie einft begeiftert gefungen, fo flingen fie il^m 
nun taufenbfad^ t)on taufenb Sippen entgegen mie ein 
freubiger ©rufe von ber SBelt l^inüber in feine leud^tenbe 
Unfterblid^feit. ©o wirb aud^ 6manuel©eibel leben 
unb leben bleiben in alte fommenbe ^txt, wie atte bie 
^errlid^en S)id^ter unb ©änger, bie t)or il^m bie Seier 
gefd^lagen fiaben. ©o lafet un§ ate ©d^eibegrufe bem 



— 254 — 

ücvMärten ®ciftc ®cibe(§ ein raufd^enbcä Ewiva 
bringen." 

Unb nod^ einmal Hangen iinferc (Släfer jufammen. 
©taunenb, roie t)on ©l^rfurd^t ergriffen l^atte SSater 
SSartoIomeo jugel^ört unb murmelte mit un§ ein 
meifienbeö Ewiva. 

'S:)ann löfte er bie Äette üom ©tein, rief unö ein 
freunblid^eö felicissima notte! ju, unb unfere beiben 
Ää^ne fd^aufelten fid^ auf ber glut^. 

®ö mar ein munberfamer Slbenb; bic finfenbe ©onne 
taud^te bic fernen 9llpenfirnen in leud^tenbe geuerglutl^ 
unb leife jogen über ben Sergen üon 5Kelibe bie ©lerne 
empor. 

Stitt unb ernft ruberten mir über ben ©ee. ©tili 
unb crnft fd^ieben mir am Ufer von einanber mit einem 
i^crslid^en a revederci. 

9llö id^ ju §aufe angefommen mar, badete id^ über 
ben üerftoffenen 9lad^mittag nad^; id^ mu^te, bafe er 
mir nimmer an§t bem ©ebäd^tnife fd^minben werbe, 
©manuel ®eibeU l^errlid^er (Seniuö ^atte il^n mir 
für immer üerflärt. ©o möge benn bie ©rinnerung 
an biefe fettfamen ©tunben aud^ bem ®ebad^tni§ be^ 
©ängerö üon Sübetf gemibmet fein. 



* I m * 



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t)er3etd?nt§ 

aller felbftftänbigcn 5d)riftcn über (5cibel unb bcv 
l^eroorrageuberen 2luf)äfee unb Kritifcn aus 
Cittcraturgefd^id^tcn, Scitfd^riftcn unb S^'xtnwQen. 

35on 

9(fd^eröleben. 

. I. Selbftänbigc Sd^rif tcn über (Scibel. 

Ä(arl ®eorg <Seibert, Ueber ein d^arofteriftifd^eö ©lement in ber 

St)rif ©manuel ©eibelö. @in aSortrag. SRarburg. 1859. 
51. ^t)r, Eii(iarovrj?. Feißeliov ava^vi[oEi(; 'IOJm' 

öixaL 9icuftreU^ 1867. (Ueberfe^ung ber „(Erinnerungen 

auö ©riec^enlanb" in ha^ TOgricd^ifd^e.) 
Slarl®oebefc, @manuel®eibel, ©rfter ^^eil. Stuttgart. 1869. 

(©injigeö Duellcmüerf.) 
Äarl S eint b ad), ©manuel GJcibeL 3)eö ^irf)terö Sebcn, 3ßer!e 

unb SBcbeutung für baö beutfcfie SBo«. 2BoIfenbütteI. 1877. 
Äonrab t)«n ^rittn)i^s®affron, @monueI ©eibel. aSortrog. 

Sflcid^enboc^ i. ®d)l. 1880. 
emanuel ©cibel. @in ©ebenfblatt. Slnon^m, Sübccf, ©rautoff. 1884. 
$>cinric^ ^öbner, ©tnanuel ©eibel, eine (itterarifd^e ©tubie. 

33ranbenburg a. ö. 1884. 



— 256 — 

II. IVcvfe unb Zluffäfte, in bemn bic (Sefaminterfc^einung bes 

Dükers befprod^ mirb. 

Karl ^ochttc,'^ Dcutf<^lanbo 25ic^ter pon 1813 — 1843. Öam 

tioücv. 1843. 
Seoin @rf)ücfinß in ber „^lugsburger 5lttgem. 3fitung." 1843. 

%. 251. 
8aint-Ben6 Taillandier in „Revue des deux mondes." 

^ariö. 1847. Sf^n^oJ^^^ft. 
Ä^arl ^)ocbe!e, (gif öücfier bcutfrfjer :5)ic^tun(i. IL ^Ibtr^eilung. 

Seipsig. 1849. @. 595 f. 
3nHan ©d^mibt, ©cfrfjid^tc ber beutfd^cn ^itteratur beö 19. Sö^^r» 

l^unbcrts. i^eipaig. 1855. III. S3onb. 8. 117. 
3olj).3Rinc!n)i^,9leu]^o(i^bcutfrf)cr?ama6. Scipjig. 1861. 8. 160 ff. 
The Athenaeum, «Rr. 1839, 1842, 1844, 1848. «onbon. 1863. 
21^eobor Äriebi^frf) in SÄaftuö, SÄuMtmibcn. Scipaig. 1869. 

©. 323 ff. 
Ucbcr Sanb unb 9Äeer. »anb 23. öcipsig. 1869. «Rr. 4. 
gr. Ärc^Big im „Salon". Seipäig. 1870. ©. 193 ff. 
.^arl 33artl^cl, 35eutfrf)e 9lationaIliteratut ber 9?cujeit. 35crlin. 

1870. 3. »luflage. 13. aSorlcfung, 
9flub. ©ottfd^all, ^ie beutfd^e 92ationalHtteratur bes neunsel^nten 

Sal^rl^unbertö. »reölau. 1872. 3.2luflaöe. 3.95anb. S. 218 ff. 
$einr. Äur^, ©cfd^id^te ber ncueften beutfd^en 3!)i(l^tung oon 1830 

biö auf bie ©cgenroart. Seipatg. 1874. 3. Sluflage. 3. 164 ff. 

364. 490 ff. 
9Äori^ ßarriöre, 2)ic Äunft im Swföwmenl^ange ber dulhix- 

entmidelung. Scipjig. 1874. 5. öanb. @. 625. 
S. ©el^rwalb, S)eutf^e Did^ter unb 2)enfcr. 5lltcn6urg. 1874. 
Äorl ® ocbefe in „9lorbunb ©üb", »erlin. 1877. 1. »anb. @.392ff. 
^b.@trobtmann,3)i(i^terprofile. Stuttgart. 1879. l.»anb.(S.65ff. 
^. ©alomon, ®efd^id)te ber beutfd^en 9{ationalltteratur bed 19. 

Sal^rl^unbertö. Scipjig. 1880. 
aft. Äoenig,Scutf(l>c8itteraturgef(^i(l^te. Seipaig. 1882. 8.696ff. 



— 257 — 

3ofcf «cnbe I, Seitgcnöfftfdie 3)ic^tcr.' 3. 153 ff. Stuttgart. 1882. 
aRoj Äoc^ in bcr „5iaöem. Scitung." 1883. 9lr. 351—353. 
@mft 3icl in ber „©egenroart". »crUn 1884. 9lr. 4. 
D. »lumentl^al, „berliner Tageblatt". 7. 5lpril 1884. 
3o^. ^roclfi, „granffurtcr Seitung". Slpril 1884. 
@ugcn Säbel, „««ationalaeitung". 13. 5lpril 1884. 
^aul Sinbou, „Äölnifcöe 3eitung". 12. 9lpril ff. 1884. 
gerb. 5loenariug, „Z&^l Äunbfd^au". 18. Slpril 1884. 
„SüBcrfer Seitung." @jtraau§gabe. 18. 9lpril 1884. 
Jranj 3Runc!cr, „Gartenlaube" 9ir. 17. 26. 9lpril 1884. 
$an§ ©errig, „©d^orerä gamilienblatt". 5. Sanb Seite 332 ff. 
3. Slobenberg, „3)eutfcl^e 3flunbfd^au". Sunil^cft 1884. 
3fl. t). ©ottfctiall, „Unfere Seit". 6. ©eft 1884. (®. ©eibel unb 

bic neuere St)ri!.) 
Sßolfgang Äird^bad^, ©eböd^tni^rebe im SÄünd^ener 3ournaliftcn< 

ocrein. „©übbeutfctie treffe." 10. unb 11. Sunt 1884. 
3R. ©arriöre in „SBeftermannö SRonatäl^eften". guli 1884. 
SS. (3rf)erer, geftrebe im SSerein „93erliner treffe". „3!)eutfcl^e 

«Hunbfctiau." Suli^eft 1884. 

III. 2luffä^c unb Kritifen aus §citfd?riften unb geitungen 

über bic cin3clnen IPcrfe. 

A. (SJebicl)te. 
1. ©ebic^te. (®rfte ^^Seriobe.) 

Äonrab Sd^roenf in ber „^aHifd^en Sitteraturjeitung". 1842. 3lb* 
gebrucft in beffen „Sitterarifd^e ©l^arafteriftifen unb Äritifen". 
• granffurt a. 9Ä. 1847. 

Äarl ©u^fon) in ber „Äölmfcl)en Seitung". 1843. ^x. 340. 

©ottfr. Äinfe.l in ber „Slugöburger Mgem. Scitung". 1843. 
sRr. 351. 

§ierongm. ^^rul^n (?) im „©amburgifcl)enÄorre§ponbcnten". 1843. 
9lr. 164. 

„Blätter für Utterarifd^e Unterhaltung." Seipjig. 1844. 9lr. 261. 

@manuel Q^ei^el, ein @eben!6u(f). . 17 



— 258 — 

„Sittcrarif(^e Scitung." ^rsg. oon Ä. ©. »ranbcä. «crlin. 1844. 

!«r. 77. 
„ajforQcnblatt für gebilbetc Sefcr." ^räg. pon §. ©ouff. ©tutt* 

gart. 1868. 9lr. 50. 
„Slugäb. Siagcm. Scitung." 1862. 9lr. 31 unb 33. 

2. 3^iWntmen. 9fluf »on bcr ^rooc. S^bi^ Sonette. 

„SBiatter für litterorifcfic Unterl^altung." 11. gcbrucr. Seipjtg. 1842. 
^, ^im6 ^uber, (SBergleidfie @oebe!e, @. ©eibeL 1. $anb 

@. 235.) 
„SBiatter für ßtterarifcfie Untcrl^altung." 13. 3uli 1846. Seipjig. 
„eJrcnjboten", Eirög. oon 3. Äuranba. 1846. 2. ©em. ©.125. 
ffi. Sllesiä in ben „»lattem für litterar. Unterl^altung". 1847. 

@. 437. 

3. Suniuälicber. 

g. Ä<uglcr)., in ber „Slugäburger SlOgcm. 3tg." 1848, 9Jr. 1. 
1849. 9lr. 176. 1850. 9h:. 41. 1862. 9h;. 33. 

4. 92eue ©ebid^te. 

an. ©ottfd^an in bcn „SBiattem für littcr. Unterl^altung". 1857. 

9h:. 24. 
„ÄotJdoUfd^cSitteraturjeitung," l(irgg. oonS. SIÄa^er. 3Bien. 1858. 

9h:. 5. 9h:. 29. 1859. 
,,2lug§burger Slttgem. Seitung." 1862. 9h:. 331 

5. ©ebid^te unb ®eben!blätter. 

„Slugäburger 9iagcm. Bettung." 1864. 9h:. 345. 
®mil ^% 9leuere Ö^rif. 2Bien. 1867. 

6. ©erolbörufe. 

,,2lug§burger 5iagem. Seitung." 1871. 9lr. 305. 

Victor Cherbuliezin „Revue des deux mondes": L'Alle- 

magne contemporaine, 6tudes et portraits. 1872. 15. 

Mars. Paris. 



— '259 — 

7. apät^evbftblotter. 
^ori^ ©arri^rc in bcr. „SCugöbutgcr Mgem. äcitung". 1877. 

9lr. 345. • ' ' 

^l Sinbau in bcr „®cgennjart". »erlin. 1877. ^Ir. 46. 

Äub. OJottfd^an in ber „©artenlaube". 1878. Seite 479. 

• 

B. 3!)ramen. 

1. Äönig SHobcrirf). 

„«ugöburger Slttgem. Seitung." 1844. 9lr. 124. 

„Siatter für littcr. Unterhaltung." Seipjig. ,1845. 9lr. 90. 

„3Robcrne Älafftfer." ©affel 1852. 

2. SReifter 3lnbrea. 

(©toff baju S3occaccio, 3!)e!amerone 73. unb 76. ©rjä^Iung 
unb ^iecf ä 9looeÜe, ber bicfc ^ifd^lemteifter.) 

„Slugöburger Slttgcm. 3eitung." 1855. 9lr. 45 Unb 9lr. 47. 
ÜRcId^ior 3Kc^r in „S)eutfci^eö aRufeum", ^räg. oon 91. «ßru^. 
1855. 9lr, 28. !«r. 34. 

3. Srun^ilb. 
„SKorgenblatt für gebilbete Sefer." Stuttgart. 1857. 9h:. 9. 
„5lug§burger Slttgem. 3eitung." 1857. 9lr. 353. 
Äarl (Soebef e, „gran!furter «Wufeum". Sa^rg. 1858. ©eft 1 u. 2. 
„Äatl^olifd^e Sitteraturjeitung," ^räg. oon 2. SRat^er. SÖicn. 1858. 

9lr. 2 unb 9lr. 5. 
51. ©ottfd^all in ben „33lättern für litter. Unterhaltung". Seipjig. 

1858. «Rr. 27. 
„Sitterarifd^eä ©entralblatt," l^räg. ü. 3cirnde. öeipjig. 1858. 9?r. 28. 
,,9RorgenbIatt für gebilbete Öefer." Stuttgart. 1861. «Rr. 6. 
„SCugöburger Mgcm. Seitung." 1861. ^x. 7. (Ueber bie 5luf* 

fül^rung im §oftl(|cater ju 3Rünc^en. 3. S^nuar 1861.) 
,3orgenblatt für gebilbete Sefcr." Stuttgart. 1862. ^x: 44-47; 

(„ÖJeiberö unb :ipebbelä !Dramatiftrung ber 5f?tbelungenfage.") 
ÖJ. 91.. atoepe, „®ie moberne 9libelungenbid^tung". 3Rit befonbereif 

9lüdfftcl^t auf ©eibel, §ebbel unb Sorban. Hamburg. 1869. 

17* 



— 260 — 

« 

«Paul -Einbau in bcr „(Gegenwart", »erlin. 1872. 9lr. 20. 

(3)ei Gelegenheit einer 2Cuffül)rung im ©oftEjcater ju Berlin.) 
Sofep^ Stomm^omraer, 3)ie 5libelungen*3)romen feit 1850 unb 

bem Sßerpltnifi ju Sieb unb Sage. Öcipjig. 1878. ®. 41-48. 
gtiebrid) Ätre^feig, Sitterarifc^c Stubien unb ß^arafteriftifen. 

«erlin. 1882. 

4. !Die Sorelei). 

©buarb ^corient, 3Reine Erinnerungen an gelij 3Renbcläfo]^n« 
«artl)olb9. Scipaig. 1860. @. 247. 272 ff. 282. 

„3Rorgenblatt für gc6ilbetc Sefer." 1860. «Rr. 48. 

@. 3Äüllers©amän)egen in ben „33lättern für fitter. Unter* 
Haltung". Seipjig. 1861. 9?r. 21. 

5. Sopl^oniäbe. 

„Slugsburger SlKgem. 3eitung." 1868. «Rr. 304. 

©icgmunb Äolifc^ in ber „5lugä6urger eiligem. Qeximx^", 1868. 

5flr. 310. 
§. Saube in ber „bleuen freien ^:preffe". 2öien. 1868. 20. Dftobcr. 
„Äölnifc^e 3eitung." 1868. «Rt. 313. 1. mattt. 
3ul. 9iobenberg in ber „5lugöburgcr Slttgem. 3tg". 1869. 9lr. 360. 
Äarl5rcnaelinber„!«ationalaeitung". Berlin. 1869. 22. S^ejctnb. 
(SBieber abgebrudt in „^Berliner ^Dramaturgie", §annoüer. 1877 

1. «anb.) ©. 179 ff.' 
®. 5(rei)tag) (?) in ben „©renjboten". Seipjig. 1869. iRr. 5. 
gr. Ä're^ftig im „Salon". Seipjig. 1870. ©. 199 ff. 
®uftaü 3U ^utli|, 3^]^eatercrinnenmgen. 33erlin. 1874. 2. 95b. 

Seite 244 ff. 

6. „(Sektes ®olb roirb !lar im gcuer." 
Dö!. 33lument^anm „berliner Tageblatt". 8. u. 10. aRärj. 1883. 

C. Ueberfe^ungen. 
1. 3Sol!älieber unb SRomahjen ber' Spanier, 
„«lättcr für litterar. Unterhaltung". Seipjig. 1844. «Rr. 307. 



— 261 — 

2. §ünf S3ü(^cr franjöftfc()er 2x)xxf. 
„3Ror8cnbratt für gebilbete Sefer." .(Stuttgort. 1863. kv, 7 u. 8. 

3. Älafftfc^cö Sicberbud). 
SR. Karriere in ber „©cgcnroart". 33crlitf. 1875. «Rr. 43. 
S. grieblänber in bcr „^eutfd^cn SHunbfc^au". §erauög. üon 
3. Slobcnbctg. »erlin. 1876. »anb 7. Seite 441 ff. 

D. SSerfc^iebenes. 
9i. Äögel im „^ol^eim". Seipjig 1872. *Jir. 15. „(^mamiel 

©cibcl alö beutfd)er Sflcid^sl^crolb". 
Ä. ©c^miebel in bcr „^roteftantifc^cn Äirc^en^citung für haij 

cpangeUfrf)c ^eiitfc^lanb". ^erouägcg. üon 3- ®- 2öebö!t). 

»crlin. 1882. 9lr. 15 unb 16. „@manuel ©eibel als rc* 

ligiöfcr ^id^ter." 

nad?tt)etfung 

pon 3€i?ftreutcu (ßebid^tcn (5cibcl-5, öic tücbcr in öcn 
€in5clau5gaben nod7 in 5en ,,(5i?|ammeltcn lücrfen" 

cntl^alten jtnö. 

„35ergeffen," 3!)eutfcl^cr SRufenalmanad^ für boö ^al)v 1334 üon 
©l^amiffo unb @rf)n)ab. Seite 375. Seipjig. 1833. ^feubo« 
nt)m S. ©orft. @rfteä gcbrucfteö ®ebirf)t ü6erl(iaupt. Sielte 
©ocbcfe, 1. «anb, Seite 27. 

^bfc^iebggebid^t an 6. o. ^ul(in. ©ocbefe, 93iograpl)ie. 1. 33anb. 
Seite 30. 

„©onbelfal^rt." ^eutfd)er SWufcnalmanac^ uon ßl^amiffo unb Bd)u>ah, 
Sa^rgang 1836. 

„2)ag aRöbd^cn üon 5nbano." 3llfr. 9fleumont, 3talia, 33erUn. 1838. 

„©rinncrungen an SSenebig. Sluä ben papieren eineä Söeltmanneö." 
Sed^öjel^n ®ebid)te, oon benen fünf (9lr. 10,, 11, 12, 14 
unb 16) oft mit Slbanberungen in bic „®ebirf)te" aufgenom« 
menftnb. (©injef au§ga6e : Seite 168, 106, 171, 169, 108). 
5Ufr. JRcumont, 3taaa. SerUn. 1888. 



— 262 — 

„Spaniirf)eä Stänbc^cn", „Sieb beö gefangenen SRabd^cnä", 
„Sd^lummre", „35aö füfec SBort", „griffe %^^^" i" ^Rofd^c, 
Xcutfc^e Sieber. ©iel^e ®oebefe, 1. 93anb, Seite 24 unb 26 
unb „9lorb unb ^üb". 1877. 1. SBanb. @. 395. 

„2ln ben ©d^Iaf." ©omponirt oon Q,, ®. Sfleiffiger. op. 116 
Berlin. SBeftp^al, je^t »ote & Sörf. 

Sßßibmungägebid^t in ben „©laffifd^cn Stubien üon @. ®cibe( 
unb @. eurtiuö." 95onn 1840. 

3n ber erften 3luf läge ber „®ebirf)te" finben firf) elf ÖJcbic^te, bic 
in ben je^tgen Sluf lagen fehlen. @ö ftnb bieä : „3!)eö S^geri^ 
Älage", „2öie bie bufterfütttc Slüt^e..", „3n ber HRitter^ 
nac^t", „9Ö0 SWenfc^enroi^ unb ©rbennot^ . . . ", „@§ finb- bie 
Sieber ®olbpo!ale", „9lun rul^en aUe SEBipfel", ©onctt an 
ben trafen üon ^laten („S)er ©eirnatl^ ^atteft 3)u 2)ic^ obi 
geroenbet"), „©üblicfie Slomantif", „2Cn bie ^j^irologcn", 
„2ln @mft ©urtiuä" (©onett), „^Der Änab' im SBalbe". S)aö 
le^te ©ebid^t ift gcbrudt in Söenbtä beutfd^em Sattabenfc^ttfe. 
% 5luflage. »erlin. 1871. 

„Slus ®rierf)enlanb" (^iftirf|on). „3Rorgenblatt." 1841. «Rr. 160. 

3njei Ueberfe^ungen fpanifd^er 35ol!§lieber : „SlUeö rul^t in <S^laf 
üerfün!en" unb „©nblicl) einmal". „SRorgenblatt fiir gebilbete 
Scfer." 1841. fRr. 250. 

„Dbe an ben «allein." „3Jlorgenblatt." 1848. ««r. '312. 

„®in S5ilb auä 3fluf|lanb/' „aRüncfiener gliegenbe Blätter." 1844. 
3. Sanb. !Rr. 57. 

„3öiber ben ©rbfeinb," „$annoüerfd&e SRorgenjeitung." 1845. 
5. Sonwot. 

SBcgrüf^ungälieb jum ©angerfeft in Sübeef in „Sftücfbliefe auf baö 
2llIgemeine3)eutfcl^e;5öngerfeftauSübecf". 1847. Slbgcänbert 
aufgenommen in bie „§erolbörufe" Seite 153. 

„Äönig Äonrabo %oh," @cene auö einem bramatifc^en ®ebi(^t: 
„§einri(f| ber SJogler". „SRorgenblatt." Stuttgart. 1849. 
19. aRai u. ff. . 

„2)er Äampf auf bem 3fenfteine." (5luä einer ^ragöbie: „Sieg 



— 263 — 

friebS %oh,") „3)cuttcl^cä 3»ufeum" oon Ä. ^ru^ 1861 
@. 62. (Umöeänbert aufgenommen in bic „93runl^Ub".) 

„3)ie 3:au6cn oon @*an 3Rarco." „§arfc unb Seier." ^erauäg. öon 
S. ©rote, ^annooer. 1854 (?). 2. Sluflage. 1865. 

wS)ie Sorelei." @ine Oper. @rfter Slufjug. 3n>eiter Slufjug- 2)ritte, 
üierte unb fiebente ©cene. 3Äit oieIfad)en Sl&roeid^ungen 
oon ber je^igen 9lu§gabe inÖoebefe, „^eutfd^e SBoc^enfd^rift." 
1. SaEirgang. 1854. $annooer. 

„%m Sc^illertage." (@rfte Stropl^e ganj. abrocirf)enb oon bem 
je^igen ©ebic^te in ben „®cbirf)tcn unb ©ebenlblättem") 
„^orgenblatt." Stuttgart. 1859. 20. Silooember.! 

„©imonibeä". 33allabe. „S)er Sajar", 9lr. 48 oom 23. 2)ecember 

1866, XU. 3aNö«9- 
„2)ie fiebente ©pobe be§ ©oraj." (3lnbere Ueberfe^ung als im 
„eiaffifc^enÖieberburf)".') „«ß^ilologuä" oon 2eu|frf). ©öttingen. 

1869. Seite 373. 

n^tn grül^ling." (Slnberc Scöart beö ©ebid^teä in ben „Spät* 
^erbftblättem" Seite 182.) „Ueber Sanb unb ÜRcer." Seipjig 

1870. 24. «anb. 9ir, 28. 

„3)ifti(i^en an§ bem 2iBintertageburf)e". (2)rei nid^t in ben „Spät* 

l^erbftblättem" entlj)altene Slbfcfimtte.) „Ueber Sanb unb 3Reer." 

1870. Sanb 24. 9lr. 27 unb 28. 
„aagcbuc^blättcr." Sieben 5lbfc^nitte in 1)iftic^en. „©egenioart" 

oon Sinbau. 1872, 9lr. 10. 
„3u Sübed auf ber «rüden." Ä. ©ocbefe in „««orb unb Süb" 

oon Sinbau. 1877. S. 404. 
Ucberfe|ung einiger SSerfe auö 93eaumarrf)aiä' „33arbicr oon 

Seoitta." „ÖJegennjart" oon Sinbau. «erlin. 1878. 9lr. 16. 
„2öic baä ^af)v mit leifem Sd^roeben". „S)aä S3lumcnjal(|r" oon 

3ol^anna 33rel^mer. 2Banböbecf. (Dl^ne Sal^reSjal^l.) 
„0 füfecä 3ungfraunbilb"(?). @Iife ^olfo, »lumcn unb Sieber. 

©rfurt. 1880. 
,,Si6t brauft bal^in mit Sturmeäroütl^en" . . (35ieraeiHgcr Sprud^.) 



— 264 — 

„'Jtene 3Äuftf5cituug." Äöln. Zon^etö 35erlag. 1882. %. 23. 

1. 93ciIoge. 
„3:äufc^un0." „^cxmatf)",. 3Bien, 1883. dir. 1. 
„gHolonbg $om." „95om JcB jum SRccr", Stuttgart. 1883. 

Dftobct. @eite 18. 
„aBanberglüd" (1850) „^eutfc^eä 3)i(^tcrl^cim." ^al^röanglV. 5lr.l. 
„mbumhlaü." „©egcnroart" oon 3olIing. ' »erlin. 1884. ^x. 8, 

in bcm Sluffa^ üon D. Sinfc, Sllbumblättcr. 
„(^ehtt cincö ^cutfc^en." „«Äationaljcttung." «crlin. 1884. 12.3lpril. 
9leue ©tropl^e ju bcm „aWöbd^enlicbc" (®ebirf)te, Seite 116). 

„berliner Tageblatt." 1884. 17. 3lpril. 
Ungebrucfte Ucbcrfe^ungen. ^aul Sinbau im „S)eutf(^cn SRontagö» 

blatt". 1884. 14. 5lpriL 
„^rinnieb." „öegcnroart" üon Soßing. 1884. 12. Slpril. 
„2lll(iambra." Jrogment. „??ami(icnblatt" ooh Sd^orer. Serlin. 

1884. 27. Slpril. 
35iftic^en alö Slutograpl^ ju einem Hamburger Mnftlerfeft. „33crl. 

Tageblatt". 1884. 3. 9Äai. 
„D mel^, nun bin id^ ganj oUcin." „§eimgarten" oon Slofcgger. 

OJroa, 1. 9Roi 1884. 
„8eb' rool^l, bu grüne aöilbnift." „^eutfc^e 9lunbfrf)au". 3unil884. 
„Söngerlooö." „©egenmart." 1884. 9Zr. 23. 
„(Sieben neu aufgefunbene Sugenb gebleute." „Gartenlaube". 1884. 

««r. 27. 



I^erDorragenöcrer öüftcn , (5emäl5e , pB^otograpt|ien, 
5tal^lftid^c unb £itl|ograpl^ien von fimanuci (ßeibcl. 

\. Büjicn. 
©einricl) SRüller in SÄünd^en. (Sielte ©oebefe, 1. SBanb. 222.) 

6nbe ber fünfziger Sö^rf. 
i&. ^oblmonn in SJerlin. 1877. 3n)ei ©röfeen: 70 unb 35cm 



— 265 — 

l^oc^. 9lac^6ilbungen in @ipS finb burd^ ©ebr. äRid^eti, 

S3crlin ju bcjiel(|cn. 
S)erfeI5e Äünftlcr \)at ©cibcB rerf)te §anb nad^ einem 1877 ge« 

nomntenen W>%VLi in carrorifd^em SRarmor auögefül^irt. 
«ubwtgöamp, SRündjen. 1884. (3um ©eibelfeft be§ 9Äünrf)ner 

Soumaliften» unb ©d^riftftetterpereinö.) 

2. (5emälbe unb ^^i^^ungen. 

2:. ÄcPcni^. 3cid^nung. 1834. 

Sonife Äugicr, S^^^wng. @nbe ber breifeiger Sahire, ©eftod^en 

üon Sc^ertle. (SScrlin, Wunder.) 
Otto ©pedter, S^i^i^iiwtig. 1843. (Äönigö Sitteraturgefd)id^te. 

©eitc 701. 10. 5lufroge. 
5. äBeinlJiötb, Äreibejeid^nung. (S)atirt mm 11. 5luguft) 1844. 

(S)rcäben.) 
Sronj Äugler, Sflabirung 1849 in Äugler, „^eutfd^e Sieberl^efte". 

Stuttgart. 
Guentel, Delgemälbe. SSierjiger ^a\)xe. ®eftod^en banac^ von 

©emmier, ©piefe u. 91. 
SBiD^. oon ^aulbarf), in einem greäfogemölbe an ber 9iorbfeite 

ber neuen ^inafotl^ef in SKünd^en. 3m S^nem ber ^inafotl^ef 

Delfarbcnffijjc baju. 
9BiII^. oon^aulbad^, ^reibe^eid^nung. ^I^otograpl^ien berfelben 

in SBrucfmanng ^ortraitcoHection. 
Engelbert @ e i b er ^ , in ben roeftlic^en Soggien be§ SÄayimilianeumä 

8U 3Ründ^en. 1864. (3n ber 3:rarf|t ber 9flitter beä 

aWojimilianorbenö.) 
®eorg Äorbif, in Äarlöbab. Seid^nung. (3, ©d^anj, ßarlä* 

baber ©legien, ©.26.) 
®. §aber, Delgemälbe. ^l(|otograp^ien in ©opl^uä 3BiIliam3 

^ortraitcottection. 
?>. Defterlc^ jr., Delgemälbe. 1882 auf ber ÄunftauäfteUung 

in §annox>er. 



— 266 — 

3. pi^otograpt^ien, StatjIjHt^c unb fittjograpljien. 

(5. Sörf)crcr, in SÄünci^cn. günfjiöcr Sa^rc. 

gr. ^anfftängl unb g. Gilbert in SÄünc^cn. Seit 1862 oft 

roieberl^olt. ^ielfad^ lit^ogtapl^irt. 
3alS)ltci(i^e SüBccfer ^Ejotograpl^ien auS bcn ftcbjigcr unb ac^tjiger 

Salären: bie bcftcn oon @. Sinbc, 3. g. «ßcterfen 1879, 

§. Sd^rocbcr. 1883. ^crfc^iebcne ©röfecn. 
SBcger'ö ©tol^Iftic^e oon 1845 biö auf bie ©egenroort. 
g. Sangl^anä, Sitl^ograpEiie in ®. ^appcrö „Sa^but^ beutfd^er 

Seßetrifti!." 1857. ^rag. 
6. «ecfcr, Sieben ^ortraitö ^cibePö oon 1834-71 auf einem 

Statte in gr. golio. SSerlag oon Suran^ & ©enfel. 5GBieäboben. 
Slufjer '^^J^otograpl^ien auf „^feifcnföpfen unb auf ä:offen" cjiftirt 

fogar ein ßigarrenfiftcnbilb mit ber S3e?4ei(i^nung : „®eibel. 

Öabana. D6pos6e par R. B." 

. ^. Pcrfd^icbcncs. 

Son (S^eibePiä ^ater ift eine Sitl^ograpl^ie uorl^anben mit ber 
Unterf (tirift : „3. ©eibel. Sprüc^ro. ©. 10 SS. 7." »erlog 
oön g. Äaibel, Sübecf. 

^aä Slrbeitäjimmer beä ^id^terS ift in brei oerfc^icbcncn lluf» 
nal^men erfd^iencn ; eine berfeben jeigt ganj auägejcid^net ba3 
95ilb Slbaä oon^orrenä. (Sic^tbrucf oon 3. «»öl^ring, SübeA) 
Äeprobucirt in „Ueber Sanb unb SWccr". 1884. «r. 36. 

®eibelS Seid^enjug ift oon $. 9logaIl in Sübecf pl^otogropl^irt 
«erlag oon g. 3Ö. Äaibel in Sübedt. 



■^•ip- 




gtpctter Ct^ctl 



(S At5S?3X?>3?:!S*3X^*3xif/3Ö 



Paul ^eyfe- 

§ur geit, t>a laute giPtetrad^t ber Parteien 
Die £uft burd^I^allte Deutfd^Ianb auf unb nieber, 
Kamft Du mit einem ^rül^linö ffiger £ieber, 
Pom Cageslärm bie Seele 3U befreien. 

Dir warb, mas feltne Sterne nur perleiljen, 
Dein £ieb flang in ber grauen fersen mieber, 
Vinb firebenb fd^manöift Du tjöl^er bein (Sefleber, 
3m inänner!ampf#fiets in ^en Dorberreitjen. 

tteiblos unb treu ben Jüngern sugemenbet, 
Der tjoljen Kunfi ein priejterlid^er ^üter, 
Sal^ji Du im Sturme Fnospen fd?on bie Keifer. 

tlun marb Dein 2l\:intn munberbar t?o0enbet, 
Die Du gemeiffagt, unfre tjöd^^en (Süter, . 
Satjji Du gewonnen: ^Jreitjeit, Keid? unb Kaifer. 



— 260 — 

^aul -^^inbau in bcr „(^cgcntüart". »erlin. 1872. Dir. 20. 

(33ci ®elegent|cit einer Sluffü^rung im ^oft^cater ju Berlin.) 
Sofep^ Stamm^ammcr, Die 9libetungen«Dramen feit 1850 unb 

bem 35er()ältni6 au Sieb unb Sage. Seipjig. 1878. ®. 41-48. 
griebric^ Are 9 feig, Sitterarifc^c Stubien unb ®()araftcrifti!en. 
■ 33eran. 1882. 

4. Die Sorele^. 

©buarb Deorient, SReine Erinnerungen an ^üijc 3Rcnbeläfo§n« 
33art^o(b9. öeip^ig. 1860. ©. 247. 272 ff. 282. 

„3Äorgenblatt für gebilbctc Sefer." 1860. 9lr. 48. 

®. aKüHer*©amön)egen in ben „33lättem für litter. Unter* 
Haltung". Seipjig. 1861. ^v. 21. 

5. Sopl^oniäbe. 

„2lugöburger Siagem. Seitung." 1868. 9lr. 304. 

©icgmunb ^olifd^ in ber „Slugäburger Slttgem. gcitung". 1868. 

9lr. 310. 
§. Saube in ber „^levicn freien ^^greffe". 2Bien. 1868. 20. Dftobcr. 
„Äölnifc^e 3eitung." 1868. m. 313. 1. ötdttt. 
3ul. Sftobenberginber „Slugöburgcr Slttgem. 3tg". 1869. 9lr.360. 
Äarlgrenjelinber^^lationataeitung". Berlin. 1869. 22. De^ctnb. 
(Söieber abgebrucft in „berliner Dramaturgie". §annooer. 1877 

1. Sanb.) ©. 179 ff! 
®. g(re9 tag) (?) in ben „©renaböten". Seipjig. 1869. 3lr. 5. 
gr. Äre^feig im „Salon". Seipaig. 1870. ©. 199 ff. 
©uftao au ^utli^, ^^eatererinnerungen. ^Berlin. 1874. 2. 95b. 

Seite 244 ff. 

6. „®cl^teö ÖJotb wirb ftar im geuer." 
Os!. 33Iument]^al im „«ertiner Tageblatt". 8. u. 10. 3Wara. 1883. 

C. UeSerfe^ungen. 
1. 3SoI!^Iieber unb Sflomahaen ber Spanier, 
„«(öttet für atterar. Untergattung". Seipaig. 1844. 9ir. 307. 



— 261 — 

2. ^ünf ©üc^er franjöfifc^cr 2x)x\t 
„3Äorgcnbrott für gcbilbete Sefer." .Stuttgart. 1863. kv, 7 u. 8. 

3. Älaffifrf)eö Sieberbud). 
a». Karriere in ber „©egenroart". 33crlitt. 1875. %. 43. 
S. grtcblönber in ber „2)eutfd)en 9lunbfd)au". §erauög. oon 
3. SHobenberg. »erlin. 1876. Sanb 7. Seite 441 ff. 

D. SSerfc^iebenes. 
9*. Äögel im „Daheim". Seip^ig 1872. '}lt. 15. „(^ntanuel 

®eibel alö beutfc^er SReicfiöl^erolb". 
Ä. @(^micbet in ber „^roteftantifc^en Äirc^enjcitung für ta^ 

eoangelifc^c 2)eutf(f)lonb". $erauögcg. oon 3- ©• Söebsfi). 

SBerlin. 1882. «Rr. 15 unb 16. „@manuel ©eibcl als re* 

Hgiöfer ^id)ter." 



riadjipetfung 

von 3^vftreutcn <ßebid)tcu (Sei bei 5, ^ie ircber in beu 
^inselausgaben nod? in bcn ,,(ß(?fammeltc]i Werfen" 

entl^alten jinö. 

„35ergcffcn." 2)eutfc^er ÜKufenalmanac^ für ha^ Sal^r 1334 üon 
e^omiffo unb ©d^roab. Seite 375. Seipjig. 1833. ^feubo* 
n^m S. iporft. ©rfteö gebrucfteö ®ebic^t überf)aupt. ©iel^c 
©oebefe, 1. SBanb, Seite 27. 

^bfctjiebSgebic^t an (E. u. ^ul^n. ^oebefe, »iograpl^ie. 1. ü8anb. 
Seite 30. 

„©onbelfa^rt." 3)eutfd)er 3Kufenalmanacf) von ©I}amiffo unb Sd)n)ab. 
Sal^rgang 1836. 

„^aö 3Röbd&en üon ^llbano." Sllfr. Sleumont, Stalia. Berlin. 1838. 

„Erinnerungen an SSenebig. 2luä ben papieren eineö Söeltmanneö." 
Sed^öjel^n ©ebic^te, üon benen fünf («Rr. 10, 11, 12, 14 
unb 16) oft mit 5lbönberungen in bie „öiebid)te" aufgenom« 
menfinb. (@inaelau§gabe : Seite 168, 106, 171, 169, 108)- 
5llfr. fReumont, Stalia. 33erlin. 1888. 



— 262 — 

„Spam)d)cä StSnbc^cn", „Sieb bcö gefanöcnen 2R5bc^cn§", 
„Sc^Iummre", „S)aä füfee -Söort", „griffe go^rt" in 2»of(i^e, 
25eutfc^c Sicbcr. ©icl^e ©oebcfe, 1. f&anh, Seite 24 unb 26 
unb „«Rorb unb (Süb". 1877. 1. »onb. ©. 395. 

„Sin ben ©c^Iaf." ßornponirt oon <S. @. Fleiffiger. op. 116 
»erlin. 2ßeftp]^al, je^t 33ote & SBod. 

Söibmungägebid^t in ben „®Iafftfc^en ©tubien üon @. ®ei6el 
unb @. ßurtiuö." öonn 1840. 

3n ber erften 5luf läge ber „®ebic^te" finben fic^ elf ÖJebid^te, bie 
in ben je^igen 9luf logen fel^len. @ä finb bieg : „S)eä S^g^^ 
Klage'S „2Bic bie bufterfüttte Slütl^e..", „3n ber gRitter-- 
nac^t", „2Bo aRenfc^enrot^ unb ©rbennoti^ . . . ", „@g ftnb- bie 
Sieber ©olbpofale", „9lun rul^en alle Sßipfcl", Sonett an 
ben ©rafen oon ^laten („S)er ©etmatl^ l^atteft 3)u 25i(^ ab* 
gen)en^et"), „Süblid^e 9*omantif", „5ln bie ^^Rj^ilologen", 
„3ln @mft ©urtiuä" (Sonett), „^er Änab' im 2Balbc". ^o^ 
le|te ®ebid)t ift gcbrurft in 2Benbtö beutfc^em S3allabenfc^a|. 
3. 2luflage. Berlin. 1871. 

„9luä ©riec^enlanb" (3)iftic^on). „3Äorgenblatt." 1841. 9lr. 160. 

3n)ei Ueberfe^ungen fpanifc^er SJolf ölieber : „5llleö rul^t in Schlaf 
uerfünfen" unb „©nblid^ einmal". „SÄorgenblatt für gebilbete 
Sefer." 1841. 5ir. 250. 

„Obe an ben Sfll^ein." „3Äorgenblatt." 1843. 9lr. '312. 

„@in 93ilb auä 9luf;lanb/' „aKünd)ener gliegenbe 33lätter." 1844- 
3. SBanb. «Rr. 57. 

„Söiber ben ®rbfeinb," „©annooerfdjc SKorgenjeitung." 1845. 
5. S^iiuor. 

SBcgrüfeungölieb jum ©öngerfeft in Sübecf in „Äücfblitfe auf baö 
SlUgemeine S)eutfc^e Sängerfeft ju Sübecf". 1847. 5lbgeänbert 
aufgenommen in bie „§erolbörufe" Seite 153. 

„Äönig Äonrabo ^ob." Scene auö einem bramatifd^en ©ebici^t: 
„$cinri(^ ber Sßogler". „SRorgenblatt." Stuttgart. 1849. 
19. aRai u. ff. 

„5)er Äampf auf bem Sfenfteine." (2luö einer Xragöbie: „Sieg 



— 263 — 

friebä ^ob.") „^eutf^cö SRufcum" üon 3^. ^rufe. 1851 
<B. 62. (Umgeänbcrt aufgenommen in bie „93run]^Ub".) 

„S)te Rauben oon ©an 3Rarco." „©arfc unb Scier." §erou§g. öon 
S. ©rote, ^annooer. 1854 (?). 2. 2luflage. 1865. 

„®ie Sorelci." ®ineDper. ©rfter Slufjug. Sroeiter Slufjug. !5)nttc, 
oierte unb fiebente ©cene. 3Rit oielfad^en ^Ibroeid^ungen 
oon ber. {ewigen 3lu§gabc in®oebe!e, „^eutfc^e Söod^cnfc^rift." 
1. Sal^rgang. 1854. ©annooer. 

„9lm ©d^illertage." (@rfte Stropl^e ganj. abmeic^enb oon bem 
je^igen ©ebid^te in ben „©ebic^ten unb ÖJebenfblättem") 
„SWorgenblatt." Stuttgart. 1859. 20. «Rooember.i 

„Simonibeä". ©oCabe. „^er Sajar", %c. 48 oom 23. ^ecembcr 

1866, XH. 3öNö"9- 
„S!)ie fiebente @pobe beö iporaj." (Slnbere Ueberfe^ung alö im 
„6laffifcl^enSieberbuc^".0 „^l^ilologuä" oon Seu^fc^. ©öttingen. 

1869. (Seite 373. 

w3in Ji^ül^ling." (Slnberc ^eöart beö ©ebic^teä in ben „©pöt* 
^erbftblättem" Seite 182.) „Ueber Sanb unb 3Reer." Seipjig 

1870. 24. «anb. ««r. Ö8. 

„SJiftid^cn au§ bem Sßintertagebuc^e". (2)rei nic^t in ben „Spät* 

l^erbftbmttem" entl^oltene 5lbfc^nitte.) „Ueber Sanb unb SReer." 

1870. 93anb 24. ««r. 27 unb 28. 
„^agebud^blätter." Sieben Slbf^nitte in ^tfti^en. „Gegenwart" 

von Sinbau. 1872. 5?r. 10. 
„3u Sübed auf ber Brüden." Ä. ®oebe!e in „9iorb unb Süb" 

»on Sinbau. 1877. S. 404. 
Ucbcrfe^ung einiger 95erfe auö JBeaumord^aiä* „©arbier oon 

Seoitta." „©egenraart" oon Sinbau. 35erlin. 1878. IRr. 16. 
„2Bie baS ^a\)x mit leifem Sd^raeben". „^aä JBlumenjal^r" oon 

Sol^anno SBre^mer. SBanböbecf. (Dl^ne ^a\)xz^af)l) 
„O füfjeg 3ungfraunbilb"(?). @tife ?olfo, »lumcn unb Sieber. 

Erfurt. 1880. 
„Siftt brauft bal^in mit Sturmeäroütl^en" . . (SSierj^eiliger Spru^.) 



— 264 — 

„5leuc 3Ruftf8citung." Äötn. ^ongers SJerlag. 1882. 9lr. 23. 

1. Beilage, 
„^aufc^ung." „ipcimatl^",. SBien, 1883. 9ir. 1. 
„Slolanbä ^om." „95om geB junt 2Reer", Stuttgart. 1883. 

Dftober. Seite 18. 
„Söanberglücf" (1850) „2)cutfc^eö^id)tert)eim." Sal^rgonglV. !iRr.l. 
„mhumUaü." „©egentoart'^ oon goüing. ' S5erlin. 1884. 9ir. 8, 

in bem Sluffa^ oon 0. Sinfe, 5llbumblätter. 
„öJebct eineö 2)eutfcf|en." „5flational3eitung." Berlin. 1884. 12.2lpril. 
«Reue ©tropl^e ju bem „3Äcibc^enliebe" (®ebi(f)te, Seite 116j. 

„SBerliner Stageblatt." 1884. 17. 5lpril. 
Ungebrucfte Uebetfe^ungen. $aul Sinbau im „S)eutf(^cn 3Rontag§« 

blatt". 1884. 14. 5lpril. 
„Strinflieb." „©egenmart" oon 3oßing. 1884. 12. Slpril. 
„Slll^ambra." gtagment. „??amilicnblatt" üon Sc^orer. Serlin. 

1884. 27. 3lpril. 
^iftic^en olä 5lutograp]^ ju einem Hamburger Äünftlerfeft. „95crl. 

Stogeblatt". 1884. 3. 3Rai. 
„D mel^, nun bin icf) ganj allein." „^eimgarten" oon Slofcggcr. 

®ras, 1. 3Rai 1884. 
„Seb» rool^l, bu grüne Söilbnife." „^cutfc^e 9flunbfcf)au". 3uni 1884. 
„Söngerlooä." „©egenroart." 1884. 9lr. 23. 
„Sieben neu aufgefunbene SiiÖ^^^Ö^^^^^-" „Gartenlaube". 1884. 

9lr. 27. 



I^erüorragciiberer öüftcn , (5cmälbc , pi^otograpljien, 
5tat|lftid7c unb £ttl)ograpl)ien oon €manuel (ßetbcl. 

U Büjien. 
©einrieb SRüller in 3Rünc^en. (Sielte ®oebefe, 1. S3anb. 222.) 

®nbe ber fünfziger ^al^re. 
:&. ^oblmann in »erlin. 1877. 3n)ci ©röfeen: 70 unb 35 cm 



— 265 — 

l^od^. Slad^bilbungen in @tp§ ftnb burd^ ®e5r. SRid^eli, 

S5crUn ju bcjiel^cn. 
3)erfcl6c Äünftlcr f)at ©eibelig rechte §anb nad) einem 1877 ge« 

nomntenen Slbguf; in corrorifc^em üKormor ouägefül^rt, 
Subwigöamp, 2Rün(^en. 1884. (3um ©eibeifcft beä 2»ünc^ner 

Soumaliften* unb ©(^riftfteCerpereinö.) 

2. (5emälbe unb 5^^nllngen. 

a:. ÄeJ^bcni^. Scic^nung. 1834. 

Souife Äugle r, S^ic^ttung. @nbc bcr breifeigcr Saläre. ®eftod)en 

oon @(^ertle. (93crUn, ^ßuncfer.) 
Otto (Bpcdter, 3cic^""»i9« 1843. (Äönigö Sitteroturgef(^i(^te. 

Seite 701. 10. Sluflage. 
g. aOBeinlioIb, fiveibeaeic^nung. (^atirt üom 11. Sluguft) 1844. 

(!E)reöben.) 
gronj Äugler, Slabirung 1849 in Äugler, „2)eutfd)e Sieberl^efte". 

Stuttgart. 
Duentel, Delgemälbe. SSierjiger 3al^re. ®eftoc^en bonad) üon 

©emmier, ©pie^ u. 91. 
9Bil]^. oon Äaulbact); in einem f^eSfogemälbe an ber 92orbfeite 

ber neuen ^ßinafotl^e! in SKünd^cn. ^m Snnem ber ^inafotl^e! 

Delfarbenffijje baju. 
SBill^. oonÄaulbod^, Äreibejei(^nung. *}5f)otograpl^ien berfelben 

in Srucfmanng ^ortraitcoUection. 
Engelbert © e i b er | , in ben meftlic^en Spggien beS 3)la^milianeumd 

ju 9»ün(^en. 1864. (3n ber Xrad^t ber Eittcr be§ 

SÄOEimilianorbenö.) 
Äeorg Äorbif, in Äarläbab. geici^nung. (3. ©d^anj, ©arlä« 

baber Plegien, ©.26.) 
@. $aber, OelgemSlbe. ^I^otograpl^ien in ©opl^uS 3Billiam§ 

^ortraitcoEection. 
^. Oefterle^ jr., OelgemSlbe. 1882 auf ber Äunftauäftettung 

in §annooer. 



— 276 — 

Dann fam's iPte VOolftn, f am mie Stünne 

Wie ffot^'n bte 3atjre roinbesfd^neU I 
Unb in bcm Bann ber alten (El^ürmc, 
Da fanb id? Dtd?, (2m an ncl. 

Unb njteber wax's wie Sonnenltd^ter, 
Unb TOteber njar's wie ^rül^gcläut, 
So ftanb'ft Du, jeber goll ein Did?ter, 
Dor meiner Seele, einft wie tjeuti 
€manuel, fo lag Dir fagen, 
(2s ^ai in feiner IRenfd^enbruft 
(2in fjers fo treu für Did? gefd?Iagen, 
UJie mein's — ob Du's aud? nid^t Qewu%t. 

Unb fo fd^Iug's je^t. Die (Slocfen «angen 
fjerauf mir burd? ben bunflen (Eann; 
3d? füt^rs, es mar nad? Dir ein Bangen, 
Das plö^Iid? meine Bruji burd^rann. 
£eb' iDot^n Die 5d?roffen all' perglütjten, 
Unb fd^nelle Had?t umfängt ben (Srat; 
£eb' mot^I I Did? mög' 2lpoII betauten, 
Unb grüge mir bie alte Stabtl 

Untermöffen bei Salsburg, 3uU \868, 



— 277 — 



Paul CEtjiemid?. 

Dem beutfd?en Dtd^ter bcutfd^cs (Srügcn 
Mn'ö einen Drucf pon beutfd^er V^anb, 
Den IHanncsroort mit Ungunft hü^cn 
(Ein König lägt im bcutfd^en £anb. 

Du l^atteft an3u beutfd? gefprod^en; 
Dein £ieb, burcf^mel^t von ITTorgenluft, 
(Es Tpodfi — nrib bas t^aft Du cerbrod^en — 
laut an bes Deutf d^en Heid?es (Srnft: 

„IDad? auf, wadi auf 3um jungen (Eage, 
Du gan3es, ftarFes Deutfd^es Heid^I 
Der alte Kaifer beutfd^er Sage 
Stanb auf nnö fül^rte guten Streid?. 

(Er ift erftanben, unb bie ^al^nen 
Des Sieges 3eid?nen feinen Pfab, 
Der groge (Erbe groger 2It^nen, 
Der in bie Spur ber Däter trat." 

VOt'xl Du nid?t roillft Don beutfd^er (Erbe 
€in Stücfd^en nur 3um Daterlanb, 
Unb beteft, bag es einig roerbe 
Dom U)asgau bis 3um IRemelftranb, 

Weil Du bas roillft, Du IRann ber £ieber, 
Dem beutfd^en Dolfe lieb unb ipertl^, 
Drürft Did? nun ^Jürftenungunft nieber, 
U:?ie man mit einem 'Kmdft oerfät^rt. 



— 278 — 

Der Dtd^ter aber tjod? von Sinne, 
Der frei aus freier Seele fingt. 
Der nid^t um niebrige (Senjinne 
Xlnb nid^t um (Sunft fein £ieb oerbingt: . 

(Er menbet ftols fid? von bem Sitjrone, 
Der feine £ieber l^at oerbannt, 
Unb jiel^t, im ^aar bie ^id^tenfrone, 
(Ein £ieberfönig, aus bem £anb* 

(D fomm 3u uns, fei tjod^roillfommen, 
Unb tjat ein König Did? oerfannt, 
So fei in ^reuben aufgenommen 
3m gansen beutfdjen Daterlanbl 

3^. (Dctober \868* 



— 279 — 



Karl Cljeobor (5aeber§. 

3n 'iixhed, mat min Daberftabt, 
Dar feem DÖr'n artg lange Sitb 
<En ^ümpel bccpgeictjrtc £üb — 
Senaters un perfeffers ipeern barmanf — 
Qf fmtt mi tnne 3oji; bat ts nodf wat\) 
Vflal be t>erbeuipelte (SebanlP: • 
„(En ^acf eltog för (Seibell 'n beten tties 
^ögt bannig em, bat roarb t^e ni oergeten. 
So ftiggt nji. bi em gliF iDat nett tn'n pries 1" 

y glöo — na, von unf (Sei bei bol^t 3' iPeeten, 
XPat t^e för'n groten Didjter is, bat's nog — 
3^ glöO; be ^auptfaF roeer barbi bat (2ten, 
Simecfeten nänt fe % mat fd^ull nat^ften jtn. 
Wenn man be lübfd^en Borger roinFt en Sraben, 
üörut paar Bubbel robn Burgunbernjin, ' 
Denn maft fe ^Ilns mit, fHIbft en ^arfeltog. 
3^ fetj nid? in, roat börf if't nid? oerraben? 

€n ^arfeltog meer batomal tpat rar. 
Punbag l?ebbt mie fon SpeelFram ^abt för ^al^v 
Co't Sebanfejt — bod? batomal, iF fegg, 
De £üb ipeern meift in be 3^^^ J^^i" d^^Ö» — 
iTTan as t>enn 2(öns fo toxh oF roeer parat, 
(Sung't oon bat IRarFt rop na be Breiteftrat, 
XPonem £?e roal^nt. . . . IfTin l^ellJid? ^arfeltog, 
Din £of to ftngn mit aü bie pi! un Ho!, 
£at if geern na. Dat Fann en 2lnner meöen. 



— 280 — 

Blot en lütt Dontjcn, wat apart paffeer, 

Un wo tf minbag 3iper fmunselleer, 

Pat wxü tf för be Iübfd?e Krön! vnttücn. 

De Deufd^er tjall 't ipecr 2Ibenbs fo Klorf fcben, 
Da geeo bat op* bat IRarft en gräjtg £ebcn. 
Dat Qualm t>on bufenb Radeln un barbi 
De IfTaan, be op be ganse Scenerie 
Un op be Däfer füll: 't meer nid? blot fd>ön, 
3f fegg 3u, fo wat (eot nid? op ben 3on! 
y feef mt't baben oon hat Hattjstjus an, 
XPil t! för ben „ertjabnen Stanbpunft" hün, 
Denn ut be Dagelperfpeftip bar ftnn 
36 2IUns mel^r pü? un fmurf. — 

„Du büji woü man 
2IIIeen l^ter", bad?t ih Setjn funn (2en ntr nid?; 
Dat meer in*n Korribor l?eel fd?ummrig all. 
y fte! nu ut be Hüten min (Seftd? 
Un obferreert be gan3e Hummeli. 
„pjil ppi" Ijör i! en beepe Stimm bid?t bi. 
„He, !i! blot, DreesI" l^ör ü. „De IPelt geit bau 
Ut Hanb un Banbl Was is't en bmatfd^e CibI 
5on Keerl, be nij nid? fi! to 5d?uIIn leet famen, 
y meen, be ft! nid? maFen bei? en Hamen, 
De friggt en ^arfeltog? 3s fo roat red?t? 
Dat fd?one (Selb, wat inne £uft fe fmiti 
XPeer't nod? för'n Börgermeijter, l?arr'! nij feggt. 
2Injer büff Vdann? VOait t?et t?e (Srotes bal?n? 
Hij nid?I Va% ^en [in Sahn föpen beit, 
Pörut be inätens, bat \s jo gan3 nett; 
Dat t?e fo fang- nn flangbor £eeber fytt 
Un I?ennft^ geujanbt fin fall in ^Jorm un Spraf, 
Dat is je o! fel?r !Io! un fet?r gefd?etbt, 
Doc^ borum *n ^arfeltog? Dat is en 5nqrfl 



— 281 — 

Un iDtl l^e in be Kunj^ för „£Jer3og" is? 
IDat? £Jer309l ^er3og in en HepubliF? 
(2n Borger is tje, bat ts xoafyc un xdi%, 
2l5 Du un ü; mi fünb tofam aö gltFl 
Un benn - '' 

„£^oI ftoppi" füll (ts ber dtoeei bor man!. 
„Da mutt mat bran ftn, mutt rooü, leeo 3ot^annI 
Sül^, min lütt ^Jru, roeejt Du, be för (Sefang 
Un Klimpern fmarmt, xd\ü fif bt büflfen lUann 
<En „^erjog" töpcn; t>enn, as fe mi feggt, 
Don %r3og fünb mal ^t Klaoeers in XTTob! 
tlanu — barum oeellid^t — xf mecn man blot — 
Darum »eellid^t — " 

„3It^, Dreesl £Jcft mebber Hed?tl 
Wil lie oer!öfft be püf j^en ^njirumenten , 
Un fo Fanbibel is un jitrft t>uU Kumpelmenten, 
XDat fe mit „^orm nn Spra!" betefnen bel^n, 
Un toxi be jungen Damens benn un wenn 
Sülbjl in fin iahen gett, um fif Sonaten 
Un aUerIjanb irtujt! to tjaln, tjett (Een beflaten, 
(Em mal to fiern börd? fon lütt (El^renbecnft. 
Hu ts't mi flar as bicfe (Srüttl IPat meenft?" 

«3^/ ja, fül^ft, 3an? Dat jiimmtl je, ja, fo is'tl 
2IIIns tjett fxn (Srünn. TXa, henn man to! 
Bfatv xf bau jid^ens beten frötjer wn%t. 
IRarfd^eert xf mit; xf hm je fünft nid? fo. — " 

„Dat !5nt w'x nod?I Kumm gau op't IHarft tjenball 
De £üb fteüt jujt ftf op. Kriggt mi feen ^arfeln 
tlid? mel^r to faten, Drees, bat is egal; 
Denn iPöHt w'x twee man fo en Stücf mitroarfeln." — 



— 282 — 

IDuppbtl wo Icpen be Kloffnarfers, fütjl 
nn lubljals Iad?t i! op : 3i 3nfalt5ptnf cI, 3i f 
fjatjaljaljo 1 BVn robn £aternenfpenblerl 
^ol^a 1 IDat g(öt)t bc Kecris? i^a^al IDat? ipck*^ 
De iJarfeltog ipeer för'n IHufifalienl^änble «^ 
fjcrrn Katbel in be Bretteftrat! 



283 



ß. Kerber.*) 

W'xt fd?ön erblüt^t bes Did^ters l^olber Col^n, 
Wenn £tebern)orte; feiner Bruft entfprungen, 
2UIn)eg' il^n grüßen mit pertrautem 2!on, 
Don feinem Dolf mit £ieb' unb £uft gefangen 1 
Des Bilbners IDerf ift engerm Kreis nur f unb, 
2Im Haume l^aftenb; bod? bes £iebes Weüt, 
Sie manbert gleid? bem £id?t ums (Erbenrunb, 
Vfladfi fonnengleid? bie fjersen roarm unb t^eüe. 

Unb fo(d?en (5ru§, ber frot^ im £ieb ertönt, 
Du t^aft it^n fd?on im £ebenslen3 pernommen; 
(Er l^at Dir aü' beirt Siagroerf reid^ perfd^önt, 
Bis Deines ^erbftes 3at^re nun gekommen. 
3n Deines Dolfes £iebe rul^ft Du ausi 
(D fläng' bies IDort mit aller Segensfülle 
21m l^eut'gen (Eag burd? l^erbftlid? Sturmöebraus 
3n Deiner Did^terbruft gemeil^te Stille I 

^ndi unfern £anben bift Du lieb unb traut 
Seit Deiner 3ugenblieber pollen Klängen. 
Sie grüßten uns roie t^eller (5lo(fenlaut 
2lm JHaienfonntag, wenn fid? Blütt^en brängen 
2lm grünen Heis, wenn frieblid? blaut bie £uft 
<Db unferm fjeimatt^jtrom im fül^lem Horben; 
Sie grüßten uns ipie frtfd?er IDalbesbuftl 
So iparft Du gleid? l^ersetgen uns geworben. 



*) 3m Flamen eineä Äreifeö oon SJerel^rem ©eibclä in Sliga 
bem^ic^ter jum 18.Dfto6er 1877 olä am 59. ©eburtötage jugefanbt. 



284 



Daffelbe ITIeer, beff' bunflc IDoge tragt 
Des lübfd^cn Sd^iffers reiche ^anbelsbarfen, 
JHtt breitem IDeüenfd^Iag ber Branbung fd^Iägt 
Tludi t^ier im 0ft an unfrer fjeimatl^ IHarfen; 
Unb £übccf, n)o Dir einjl bie IPiege ^iarib, 
Wo nun Du rajieft nad} bes Gebens Heife, 
Sd^Iang einft ber fjanfa üöffereinenb Banb 
Um Higa, gleicbenb il|m an Braudy unb IDeife. 

So fommts mol^I, rocnn bie Sonne fd^eibenb jinft 
Dort roeftlid?, wo bie IPoIfen purpurn glütjen, 
Da^ unfrer Brufl ein ^rcunbesgrug erflingt 
gum fernen Stranb, ber Did? gcfcl^n erblül^en; 
Unb als bes Hul^mes golbner fjimmelsglan3 
2(uf Deinem fjaupt gerul^t in Deutf d?Ianbs (Sauen : 
(Sern reid^ten Dir bes Corbeers grünen Kran3 
2(ud? unfre lUänner, Blutigen unfre grauen. 

IPie fern bie geit, ba von ber Crace Vn 
§um Htjein geroanbt bie jugenbfrifd?en 5d?rittc 
Xladf Qeüas (JlurI Dir gab bas £?er3 nid?t Hut^, 
Derlangenb nadtf ber Qeimatl^ £aut unb Sitte. 
Dein £ebensfd?ifflein trug mand?' fonnige Sentit; 
Die 3far t^ie§ Did? gaftlid? lang t>eru>etlen; 
So bot Dir Süb unb Horb ber £iebe (5ut, 
Unb fat^ji 3al|r3el|nte glürflid? Dn enteilen. 

Dod? ipas Du \\t\% in treuem Sang erfel^nt, 
Das ftet^t nun feft. Der IHeifter ift erfd^ienen, 
(Er l^at bas ^aus erbaut I — Unb mäd?tig betont 
Sid? brüber l^in com Kamm ber Horbfeebünen 
§um 2IIpenftrft in bunter ^Jarbenprad^t 
Das ^anb ber (Eintrad?t, t^od? unb feji gesogen; 
Unb Sd^mert unö £eier l^alten ft(^re lüad^t 
2Inf 53erges!^öl|, am Sd?ipaü ber ITIeeresmogen. 



— 285 — 

So fcire bas crftarftc Daterlanb 
Den eblen 5o!^n am t^eutgen IDtcgenfefte, 
Der glaubenstreu 3um (Etnl^eitsbanner ftanb, 
Perbürg' tt^m fetner (Sahen retd^jie, befte: 
3!^m, ber's ertDad^fen fal^ in fiolser £uft, 
Dem Siröfter in ber gtpietrad^t bumpfen Sd^mersen, 
Das ^eimatl^red^t in jeber beutfd^er 3rujt, 
"Den Brnbergrug aus jebem beutfd^en ^Jersen! 



— 286 — 



pauI öaeijr,*) 

Wo aüc Jubelliebcr I^euf nur fingen 
Per beutfd^en fjeerfrau auf bem ttteberroalb, 
Kanonen bonnern, IDetl^ed^ore Fftngen 
§u Hul^m unb preis ber beutfd^en ^Ibgejiaft, 
Die fiegesftol3 t>on l^ol^em öergestl^rone 
Sd^aut in bes (Erbfetnbs rad^erfülltes tanb, 
2Iufs Sd^mert gejlü^t bte beutfd^e Kaiferfrone 
3tjm fül^n entgegenljält am Htjetnesftranb — 
Set mein (Sefang bem Sänger Ijeut' getpetljt, 
Der ftets gemeiffagt uns bie Kaifer3eit. 

„Pas beutfd^e Kaifertl^um tpirb btnnodi fommen, 
(Dh andf ber 2!ag nur .Crümmer fd^auen lägt, 
Doli IHad^t unb Hutjm bem freien Dolf 3um (Jrommen — 
Pie Hoffnung Ijaltet ftets im £Jer3en fefti" 
„(Einft fommt ein lUorgen, uns üon (Sott befd?ieben. 
Per bringt mit flanggetpalt'gem Sd^roertesjtreid? 
Pem Daterlanbe enblid? golbnen ^rieben 
3m neuerftanbnen beutfd?en Kaiferreid^; 
Prüm t^altet IHutl^ unb Sd?n)ert 3um Kampf bereit T' — 
So fd^oü Pein „^erolbsruf" burd? aüe §eii 



•) ©elegentlid) ber ©ntl^üttung beä 9lational*3)enfmalä auf bem 
^Ricbcrroolb am 28. September 1883. 



— 287 — 

Unb was Du cinji bem Daterlanb gcfnngcn, 
Was Du gcfd^aut.mtt funb'gem Sel^erblicf, 
^nx was gebtd^tct Du, gefämpft, gerungen — 
Das warb rollbrad^t oom t^errltd^ften <Sefcf?tc!l 
Drum roenn fid? l^euf bes Denfmals füllen fenfen, 
(Sermanta ftral^It in l^el^rem Hul^mesglans, 
lüirb ntand^es beutfd?e Bftt^ andf Deiner benfen, 
3m (Seip Did? fd?müc!en mit bem gründen Urans. 
Du fül^nfter Sänger beutfd^er (Einigfeit, 
f^eil Dir, Dein Corbeer blül^t 3ur Kaiferseitl 



288 — 



.^elir Vahn. 

mit Hiirf ert utii) mit platcn 
fjaft Du midf treu betätigen 
Unb ift mein Ders gerattjen, — 
Das banV id? Deiner Kunft: 
Den iel^rer wiü xd^ preifen: 
3ebod? in eignen IDetfen, j 

Das l^ore Du mit (Sunft. — ' 

Unb fd^Iürf idf l^ier im Horben, 
2ln Sil^ule's HebeI»Borben, 
Diel eble füge iahe 
2Ius Deiner legten (Sabe, 
2Ius Deinen „Spätljerbftblättern", 
(Sereift in allen IDettern, 
3n l^eigen unb in falten, 
Bei guter Sterne IDalten, 
So ruf idfi „^eil bem 2IIten! 
Des beutfd^en IPol^nauts roeid^en 
Homanifd?«fonnenreid?em, 
fjerrn (Sottfriebs Süße gleid^em 
Doni|armonien'(5ejtaIter: — 
fjeil il^m unb feinem Pfalter! 
XPer t>on uns Jüngern tjolprig nid^t 
Die Heime flid^t unb rabebrid?t — 
Der banft es Dir, bem IDeibel 
Des Derstumiers, o (5 ei bell" 



— 289 — 

Wk fd?alteft Du in IHünd^cn 
"2(uf l^anbiperfmägtg (Eünrf^en! 
Pem (Jalfd^retm mürbe t^öllenangft. 
Dem ;JItrfn)ort banqe, bänger, bangfl: 
„WasV — . l^örte man Dtcf? bröf^nen, 
„Qtatus ? (Elltftonen ? 
Könnt tl^r's ntcf?t abgemöl^nen? 
Sd^ocf Srf^iperc ttott^ Sd^mabronen I 
Poeten ipollt xfyc I^et§en? 
mit Knüppeln follf man fdjmeigen!" 
Dod? nirf^t allein bies 2IB<£ 
(Erlernten ipir in Deiner TXUlf, — 
2lud? "tio!^ bie IDeil^e muffe fd^tpeben 
.Um ed^ten Dirf^ters £ieb unb £eben, 
Da§ fternenl^od? bas giel entfernt 
ViVib \i(x% Du felbft nie ausgelernt. — - 
n?ie bod? bie .(Eitelfeit 3erfd?mol3 
Dor Deinem tief befd^eib'nen 5tol3l 
2Iud? jefet fprid?ft Du befd^eiben 
r>on „Spätt^erbft blättern" blos: 
yXv^ bod? laufd^t, — fd?mer 3U nti^znl — 
2lus biefer Blätter Sd^oos, 
2Ius grüner Hebeu'laube 
Die golbne Spätl^erbji'Siraube, 
Die Siraube, tjerrlid? ausgereift. 
Die Hom's unb fjellas' Strat^I geftreift: 
3n Deutfdjl anb reid?t uns .Keiner 
Siranf ebler, n)eid?er, reiner, 
^einb lumiger, ipie Deiner. 

1877. 



^ttianuel OeiBel, ein Q^ebenfbucfe. 19 



— 290 



Hidjarb fjameL 

Sranfftttt a. T« 

^ord?, l^örft ben JrüI^Itng fommcn bu? 
Sein Sie^esranf d^en überall? 
Der (JIu§ erroacf^t aus ftarrer Hul^' 
Unb ftrömt bal^tn mit lautem Sdfwaü, 
2luf aüen Bergen fd^milst ber Sd^nee, 
£eis ftd? löfenb rote fjersenstpetj. 
Sturst ftd? fernab im jubcinben <2}ueü: 
(Emanuell 

Siel^ft bu ber Berge bunflen Puft? 
Den »eigen Sd?ein, ftel^ft bu il^n aud?? 
Sic fd?iDeben in bic blaue £uft 
2IIs 5iegesglan3 unb ©pferraud?; 
Don eroigen (5Ictfd?em, jtarr unb fal^I, 
;JIattern bod? Siegesfat^nen ins Sit^al, 
IPöIf d?en, rote (Ebelroeig fo l^eö: 
(Emanuell 

Unb allen Knospen fd^roillt bie Bruft, 
Sie brängen fiegreid? ftd? l^eroor; 
IDas fümmert's, ob im Drang ber £uft 
3ljr ithtn mand^e aud^ rerlor? 
Sie l^örte bod? nod?, aus IPinterstraum 
3ut Kampf erroad^enb, ron Baum 3u Baum 
Der Blütl^englocfen Siegesgefd?eü : 
(Emanuell 



— 291 — 

,;(Em an HC II" fei ^Jelbgefd^rei 
Der Üämpfer mit bem Sirug ber Welt; 
IDie iDin3ig il^re Sd^aar and^ fei, 
Per (Jelbljerr Ijat fte rool^Igejielli 
2Iuf, auf, 3um erotgen £en3 Ijinburd?, 
<5en Ijöl^nenber (Jeinbe eiflge Burg! 
XPer lauterem (Slauben ben* Speer aud? fäll': 
(Emanuell 

0jiem ^878. 




19* 



— 292 — 



<Stttttgatt* 

tlid^t am gucfen jät^er £td^ter, 

tltd?t am 5d?ug, ber bitftt unb frad^t — : 
0b er fd^aut unb fcf^aucn macf?t, 

Daran hnntn wir t>tn Dtd^ter. 



— 293 — 

^ermann Ooigt 

(Ein Unahe ft^t im id^wanfen Boot; 
Die <5Iocf cn im Kircf^borf läuten; 
(Er aber fingt in bas 2lbenbrott^: 
„3d? roeig nid^t, was foü es bebeuten — ''♦ 

Die Sonne l^ufd^t mit purpurglül^n 
Dal^in auf bergigen pfaben; 
Sd?on Iaufd?t bie Had?t burd^s IlTaiengrün 
Dem ^lüpern ber Hajaben: 

„Sprid?, fprid?, roas roiüft Du auf unferm See, 
Was foü Dein flagenbes Singen?" 
„„(D (Sottl lUir ift bas f^ers fo roelj 
Unb fo voü, fo voü 3nm gerfpringen! 

mein £ieb ift tobt : - bie traute IHaib 
fjot felber il^r (Srab pd? gegraben 
Unb id? fann nun cor ^ersefeib 
Hid?t Hulj' unb ^Jrieben Itahenl"" - 

Sie fd^roeben im IHonbfd^ein über bem Hieb, 
Die (Seijier, auf unb nieber 
Unb wiegen mit n)eid?em IDunberlieb 
Den 3üngling l^in mb lieber: 

„Komm mit, fomm mit in ben blauen (Srunb, 
Wo bie ttijen fid^ern unb fofen. 
Komm mit, fomm mit unb Du roirft gefunb 
^uf ben roellenumsitterten lUoofen. 



— 294 — 

Stclj bort cor bem Itd^tfryfiaüncn fjaus 
B(nt}t ein fd^immernber, fltmmcrnber <&atten, 
Drin tpanbelt betn fieberen ^ag ein ^ag aus 
Unb fann Dic^ faum enoarten/ 

Die IDcIIcn fd^miegten bcnt Kiele ftrf? an; 
Unb t}e0 aufbuken bie Ct^ore, 
D'rans Hingen unb bringen bem trSnmenben HTann 
Sn%t6ntnbe lieber 3um (Dljre. 

Sein £iebd?en fang, ben (Engeln gleid? 
Dom £id^terglan3 umgoffen. 
Sie nicfte fo traurig unb blirfte fo bleic^, 
Hings uon Korallen nmfd^Ioffen. 

Sie minft t}inauf; bie Quibgejtalt 
init bcn golbig fd^immemben fjaaren; 
Vinb ii)n 5iet)t es tjinab mit 21llgen>a(t, 
Unb er lägt bie Huber fal^ren. 

Da, Ijord?, ba erfd^aüt ein IDanbergefang 
Durd^'s Cl^al: „Der lUai ip gekommen" — 
gujei Burf(^e sielten bie Ufer entlang, 
Die eben erfk Jlbfc^ieb genommen, 

(Er f(^aut in bie Siiefe, bas füljle (Srab — 
Das iiebesgeffüjter cerljoKte; 
(Er laufd^te bem Sang — pom 3erg Ijcrab 
Des £iebes (Ec^o erfd^attte. 

„Unb iji's eud? genel^m, iljr 3rüber? geltl 
So wanbexn wie veiter 5u Dreien. 
(Es iji ja fo fd?ön bie weite Wzli, 
So fc^ön im blül^enben ITIaien!" 



— 295 — 



Cajetan Cerrl 

§u inünd^en tDar's, in längft oergang'nen Siagcn, 
Da fprad?jl Du ctnft bei crn^em 2lbfd?icbsmal|Ic: 
„Was aud? bte gufunft bringe, — nid?t oersagcnl 
Der Icfttc Sieg wxnh bod? bem 3beale." 

Du rief ji es, t>on öegeifterung getragen, 
UnÖ I^obft üerflärt bte tpeingefüüte Sd^ale; 
inir aber roar's, als fäl^' id? l^od? bid? ragen, 
IDie ein propl^et im l^ellen Sonnenftral^Ie. 

Vant Dir, propl^et, für Deine Setter »Spenbel 
Das ^er3 Ijält bran, troft fd?iperer prüfungsftunbe, 
Unb mirb b'ran l^alten, treu Dir, bis 3um (^xibt; 

IHag aud? bas Hol^e prunfen unb ^as Sd?Ied>te, 
Stets flingt es nad^ aus Deinem golbnen Hlunbe: 
(Einft ftegt bas 3beal, bas reine, ed?tel 



296 — 



Beipunbcrnb fat^ xdi, \a^ mit füßetn Beben 
(Ein ^Jrauenbilb, bas (Sried^enf unft roHf ül^rte ; 
Dod? als bte Bianb btn falten Stein berül^rte, 
Pad^t' id?: IPie bift bu fd?ön, bod? — ol^nelebenr 

Da traf mein Blirf ein blül^enb' IPeib banebcn, 
Dem feid^ter inobe3ipan9 bie (Slieber fdjnürte, 
Vodf bt^en Jlug' ber £iebe (SInttj mir fd?ürte — 
3d? rief: Könnt' (Ebenmag ber Stein bir geben f 

Unb bod?I bie Klage ftarb in meiner Keljle; 
3d? fall bas IDnnber — fal^ Hatur, umfd?Ioffett 
Don ibealer BfnUt fonber ^el^Ie — r 

Vtnn was ans Deiner lieberbruft gefloffen, 
3fi leben, pulsfd?lag, ^Itl^em, £iebe, Seele, — 
3n ber 2Intife JHarmorprad^t gegoffenl 



— 297 — 

UIrtd? Sd^neiber. 

ed)Uaacf) bti ^d^mtd i. S. 

2II|nenb Klingen waüt im Kreife, 
Pas ber Häufte (3ru§ entbot; 
Durd? ben ^letl^er jittert's Icife, — 
lUemnon fingt im IHorgenrotl^ I 

Unb es fragen Dolf unb IPiifte, 
IPeld?' ein taufenbjäl^rig £eib 
IDoI^I t>on Stein ber Cränmer bü^ie, - 
2Iber feines gab Sefd^eib, 

Paran nur, fobalb es bröt^nte, 
§tt)eifelten bie geiten nid?t, 
Da§ jtcf? jener Hiefe fel^nte 
Zla<i( bem mat^ren IHorgenlid^t. 

2IIfo, Sänger, flang Dein Singen 
3at|r um Z<^^^ ^^'^ ^^^"^ l^inein: 
fjimmel mein, mann magft bu bringen 
Den getjofften IHorgcnfd^ein? 

Unb er fam. Vmn glutt^umfangen 
^at ber fjorijont gebrol^t, 
Bis ^tn Dölfern aufgegangen 
Deutfd^en Hetd^es ITTorgenrott^. 

Da uerftummen feine lieber, — 
Vtnn er trat's erfüllt gefet^n; 
Unb bie fjarfe legt er nieber — : 
„IDot^Il nun barf xd{ fd^Iafen gel^nl" 



— 298 — 

JTTay Brauer. 

€in Sonntagsmorgen — unb bie Sonne lad^t 
Unb iDtrft bes ^rütjHngs erfte golbne Stral^Ien 
3ns irtenfd^enl^aus ; barinnen aber liegt, 
2Iuf iDet§e Sterbeüffen I^ingeftrcrft, 
Derftummt, ber einft ben ^rül^ling fang ipie Keiner I 
€r I^at t>tn £en3 nod? einmal frol^ begriigt, 
Der IDoÜen Segeln unb ber Blumen 53IüI]en; 
(Er fatj's unb atl^mete 3ufriebcn aus, 
Daß fortab er bem ^rül^Iing gan3 gel^öre! 

Der nat^m il^n fanft unb trug it^n aus ber Wtit, 
Sein gan3 (Sefolge gab il^m bas (Seleite, 
Die Dögel fangen nrib bie Knospen tjaud^ten 
2Iuffpringenb IDeil^raucf? it^rem blaffen £iebling. 

IDer glaubte ba, bas gälte einem Qlobten? 

Sold? Klang unb Blütjen aber lebt I^infort, 
2Iud? wtnn bie Dogelftimmen längft rerftummten 
Unb längji bes ^erbjies le^te 23Iumen melften. 

3l?r aber fragt micf?, loas bann blüljt unb fingt? 
Das finb bie £ieber, bie ber Dichter jterbenb 
Den fpäten (Enfeln fommenber (Sefd^Iecf^ter, 
(Ein lebenbes Permäd?tni§, I^interlieg: 
Die blül^n pon ^er3 3u ^er3en buftig n?eiter 
Unb tönen lieblid? fort pon UTunb 3u UTunb. ' 



— 299 — 



Sali über UTeeresroeitcn 

PerlÖfc^cnbc 2lbenbglntl^, 
Stunnoögel barüber gleiten 

Urib taud?en in UTeeresflfutl], 

„£ag ntd?t am felbtgen Stxanbe, 
Wo bort bte Sonne fan!, 

Der bepe Deutfc^e im iaribt, 
Der befte Dtd^ter !ran!?" 

Unb 2lntiDort raufd^ten bte IPogen, 
3n lüften l^eulte ber Sturm, 

^at an ber (5IocFe ge5ogen; 

Unb bumpf erfd?oÜ's pom Cl^urm. 

Unb IDetter, IPinb unb UJellen 
Unb flfietjenbe IPoIfen pon IPeft, 

Sie l^aben bte Cl^ränen, bte l^ellen, 
Dem al^nenben 2luge entpreßt. 

Kein 3ote ift gcfommen, 

Der mir bic Kunbe bot; 
3m fersen nur I^ab id^'s pernommcn 

(Emanuel (5etbel ift tobtl 



300 — 



2lrno ßol5. 

»erlitt. 

„Dir n>arb bas Köftlid^fte perlietjcn , 
3n btefer ^ai}e Sturm nnt> Drang: 
(Hin Sinn für em'ge ^armoniccn 
Unb eine Seele poII (Sefang. 
Dem Jüngling laufd^t, es laufd^t bem (greife 
Das beutfd?e Dol! allüberall 
Vinb lieblid? Hingt bie fü§e XPeife: 
Dein B^tt^ ift feine Ztad^tigalll 

Denn loer perftanb mit Du bas IDefen 
Der beutfd^en Sel^nfud^t unb il^r £eib? 
§u il^rem ^erolb auserlefen 
IParjt Du bas (Hd?o Deiner geiti 
3n bämmerfd?u)ülen Qlagen fangft Du 
Dein: Wadie aufl bem beutfd^en Heic^ 
Urib nadi bem Sieg von Seban fd^Iangft Du 
Das 0elblatt in t>en £orbeer3n)eig. 

Dod? nid?t bie geit nur unb il^r IDütl^en 
^at Dir bas ^arfenfpiel bewegt, 
Die buftigften ber £ieberblütl^en 
Dein eignes fjer3 l^at fie gel^egt. 
Dod? iDas es immer and^ erfal^ren, 
Stets blieb Dir l^eilig Deine Kunft, 
Unb eingeben! bes (HiDig»It>atjren, 
Derfd?mäl^teft Dn bes pöbeis (Sunft. 



— 301 — 

Dem ^errn befal^Iji Du Deine Wca,e 
Unb übteji fromm Dein frommes 2lmt, 
Dem £en3 gleid?, ber bas Dorngel^cge 
mit rottjen Höfen überfTammi 
Denn alles, was mit feiner Sd^öne 
Das ^er3 erquicft in IPalb unb ^lur. 
Du gabjt il^m XPorte, gab ft il^m Qlöne 
€in ^otjerpriefier ber Hatur. 

Vinb jeftt in einer geit ber (Sätjrung, 
Der fd?on bas Blut 3U (Ei^ gerinnt, 
lOeil fte in eitler SelbftrerÜärung 
Den Cl^urmbau Babels neu beginnt; 
XPer fd?icft fie aus bie ^riebenstaube, 
XPer bricht bas Brot unb trinft t>en IDein? 
Du bifk es, Du^ Du nrib Dein (Slaube, 
Dein (Slaube an ein (Sottesfeinl 

IDoI^I tan5t nod? immer bie Derblenbung 
IDie etjmals um bas golbne Kalb, 
Doc^ nal\i bie §eit fc^on ber DoIIenbung 
Unb meid^en mirb pon uns ber 2llp. 
Denn nid^t umfonji tjaji Du gerungen, 
Wie Du gefämpft, l^aft Du gepegt: 
Don Spljärentjarmonie umHungen, 
(Ein 2Iar, ber in bie Sonne fliegt. 

Sdfon ftel^t bie Kunfk nic^t metjr am Pranger, 
Sc^on roinft aufs Heu itjr Batjn auf Batjn, 
Unb unfre §eit fielet gufunftsfd?n?anger 
Dos fommenbe 3^^^^^ii^^^rt nal^n; 
Drin merben taufenb Blutigen blinfen 
3n neuer (5Iorie neuem Schein; . 
Unb mag bie ^rud?t andf anbetn min!en. 
Die Saat, bie golbne Saat ift Dein!" 



— 302 — 

alte geh, o altes Sieben, 
(Eud? fd^Ietft fein Statjl, fein Diamant! 
Was fo oor 3atjren id^ gefdjrieben, 
£^ent nal^m id^^s tpieberum 5ur ^anb. 
Unb tDieber (prang mit jebem Schlage 
irtein fjersblut an ^n fdjnellrem £auf, 
Unb eingeben! rerfd^oUner Cage 
Schlug ic^ bie 3nniuslieber auf. 

jembrau§en fd^tpebte burcf^ bie £äfte 
iDer erfte Sonntag im 2lpril, 
Durd^s gimmer flog's roie Peild^enbäfte 
Vinb l^eimlid? tpar's nnb !ird?enfiill. 
Dom Ctjnrm nur läuteten bie (ßlocfen 
Den IDinter in fein IDittroerbett, 
Unb frül^permel^te ^lütl^enflocFen 
IParf mir ber £en3 aufs ^enfterbrett. 

3d? aber fa§ unb las fie tpieber, 
(D (Sott, mir max bas ^er3 fo fd^roerl - 
3cl? las bie alten golbnen lieber: 
Das f^eimmel^ unb bie Hadjt am UTeer. 
3m irtonbfd^ein fc^ritt ic^ meltpergeffen 
fjinunter unb l^inauf ben Stranb 
Unb fad?t umraufc^ten bie (£ypreffen 
Das ^n^elmeet von (ßried^enlanb, 

Des Sübens Sterne fal^ ic^ fd^einen, 
Doc^ fnkli id? nid?t bes Sübens £uji; 
Der £iebe langperl^altnes IDeinen 
Hang fd?Iud?3enb ftc^ aus meiner Bruft. 
2IIs mü§t es monnig f!d? perbluten, 
Por Sel^nfud?t roarb bas ^er3 mir meit, 
Unb burd? mein Sinnen ließ id? flfuttjen 
Das Bftmwehi nad^ ber (Eroigfeit, 



— 303 — 

Unb tt>ic6cr bad^t' td? bann begctftert 
Des Sängers, bcr btes ^ieb uns fang, 
Der eine IDelt mit il^nt bemeiftert, 
Der geit unb Haunt mit il^m be5iDang. 
Sag er jefet aud? in ftd? perfunFen, 
(Ein £ieberbud? auf feinen Knieen, 
Unb Iaufd?te kn^' unb iDol^IlautstrunFen 
Dem (Slocfenfpiel von St. IHarien? 

€r, ber Brunl^ilbe, bie IDalFyre, 
2(us 3^^^"^ r*^f ^" unfern Hinein .... 
Da l^ord?, ein Klopfen ein ber Ctjüre- 
Unb laut erfdjallte mein ^ereinl 
Unb eilpoll trat 3U mir ins § immer 
IHein ^reunb, ber mir bie Hed?te bot; 
Sd?on feines 2luges feud^ter Sd?immer 
Sprad?, eV fein IDort fprad?: €r ijt tobtl 

(Er ftarb, nod? el]' bie UTorgenrötl^e, 
€V fid? bie tTad^t ins 2luge fal^n; 
Jtnit Ul^Ianb, Sd^iller nnb mit (Soetf^e 
Waüi nun aud? (Sei bei feine 3al^n. 
Die Stirn com £orbeer fanft umfäd^elt, 
UTit feinem ^errn iji er pereint; 
Sein bleid^es ^Intlife Hegt unb läd^elt, 
Die em*gc £iebe aber roeint. — 

(D mel^mutt^meid^e QlrauerFunbe, 
IPie fd^fugft bu fd?mer3lid? an mein (Dtjr; 
irtir roar's, als ob id? jäl^ jur Stunbe 
(Ein Stü(f üon meinem Selbft perlor. 
Der Qlob, ber bleid^e ^IHüernic^ter, 
Blies mir ins ^er3 bie UTelobie: 
(D, nun ift tobt bcr lefete Did^ter 
Unb mit il^m aud? — bie Poefiel 



- 304 — 

Kein armes Wovid^en fonnt' id? ftammeln, 
(Ein Sd^auer wax's, ber mid? bcfd^Itd?, 
(Erft mä^td? loußt' id? mid? 3U fammeln, 
Der Bann, ber mid? umfangen, roid?. 
Der mufe ^lügel l^ört' id? fd^Iagen 
Unb aü mein IDefcn n?ar entflammt: 
^alt ein, rief id?, mein ^reunb, mit Klagen, 
Xlnn feiern w'w fein 3!obtenamt! 

Unb fadjt l^ieß id? itjn nieberflften, 
3d? aber roanbte mid? gefd^minb; 
Der blanden £eberbänbe Bitten 
gog magifd? mid? an's Büd^erfpinb. 
Durd?s ^enfter fielen 5onnenftänbd?en 
Unb hanUn einen golbnen Steig 
Virib braugen ipiegte ftc^ ein (Eäubd^en 
2(uf roinbbeiDegtem ^liebersroeig. 

3d? aber las fd^nell längs ben Brettern 
Die bunten Citel Banb für 3anb, 
Bis enblic^ mit pergilbten £ettcrn 
3d? ein oerjlaubtes Bäd^Iein fanb. 
(5epre§t lag eine Sc^Iel^bornblütl^e 
Drin als ein Pf anb perjäljrter £uft, 
3c^ fcJ?Iug es auf, mein 2lntH^ glül^te 
Unb üangpoü brad?'s aus meiner Bruft: 

„(Es ift ein l^otjer Baum gefallen, 
(Ein Baum im beutfdjen Did^t^rroalb, 
€in Sänger fd^ieb, getreu oor allen, 
Don bentn beutfc^es £ieb erfd?allt. 
IDie ^ianb mit feinem !eufd?en Pfalter 
3m Jüngern Scharm er ftol3 nnb fd?Iid?t; 
(Ein UTeijier unb ein Bielb wie UiJaltl^er 
Unb rein fein Sd?ilb, mie fein (5ebid?t." 



— 805 — 

(Ein gl'utl^9eborftner ^cucrofeti, 
3n lotsen flammen ftanb mein ^er3; 
l^oÜt bodi ein iCIang burd^ biefe Stropl^en, 
€in Klang »ie von forintl^ifc^ (Hr3! 
Xlnb weiter, immer weiter las id? 
Des tobten Did^ters eignes £ieb, 
Da§ er's einft Ut^Ianb fang, r>ergag id? 
Urib wu%U eins nur nod?: (Er fd?iebl 

„(Er fd^ieb, es bleibt fein ITTunb gefd^Ioffen 
3m IPort fo farg, im £ieb fo flar: 
Der ITTunb, braus nie ein IX?ort gcfloffcn, 
Das feines Dolfs n'd^t mürbig mar. 
<Er fd^ieb, boc^ waltet fein (Scbäd^tni^ 
Unfterblic^ frud^tenb um uns l^er. 
Das ift an uns fein grog Permäd^tniß: 
So treu unb beutfd? 3U fein wie er!" 

3d? fd^wieg; ber £en3 l^ielt braugen ^eier 
Unb unfre fjersen fd^Iugen brein, 
Unb hnditenb über IDalb unb lUeil^er 
Sein (Solbneö wob ber Sonnenfd>ein. 
Derwei^te ^rül^Iingsbüfte Famen 
Pon fernljer über ^lur unb Hieb, 
Unb wie ein feierlid^es 2Imen 
Klang l^od? im Blau ein £erd?enlieb. 



^maniiei (Reibet, ein ^cCeiifbud). 20 



— 806 — 



fBttlin. 

(Dd^, min l^artlcef l^odjbütf d? Swefter, glöüft nid?, wai if bi bebuer» 
IDat l^ett oör en Slag bi brapen un ido grot is bod? bin Cruer. 
Un tDer fd^uU nid? mit bi menen, bat be böfe Dob is !amen. 
Un bi von bin Befien (Enen, binen gr5tjien Sänger namen? 

3a; xf trur fim bincn Sänger; I^ett em bod? min £)eimatt) 'boren; 
Bfabb fo leef em all fin £eben; tjejf em o! as Söl^n oerloren. 
2111 ftn een5ig fd?önen £eeber, roeern fe of nxdi plattbütfd? fungen, 
IDeem fe bod? ed}i bütfd^ r5r allen; f^ebbn fo beep int ßart 

mi flungen. 

€nen Kran3 pon frifd^e Blomen bring if, up fin (Srajf to leggen^ 
Dat be lüttjen^röljjatjrsünner Don min£eer, min£eib em f eggen. 
Un uns, be wi tmern, Smefter, n?illn f ' bit f öte Croftroorb geben i 
^e is fkorben, bod? fin ^eeber marben eroig bi uns leben! 

De plattbütfd? Spraf. 



— 307 — 

Unna Segert. 

Conlos wtth* idtf tfinäbtt^i^n, 
JXlan n>irb mid^ ^mm ju <Srabe tragen, 
Unb n>enn bie jeier ift gefd?et)n, 
£Oirb Hiemanb meiter nad} mir fragen. ■ 

V 

(Emanuel <SeibeI. 

Dnrd^ aüe (Sauen Deutfcf^Ianbs fcf^aüt ein Klagen: 
2luf etptg tft perftummt ein beutfd^er IHunb; 
(Ein beutfc^er Sänger mirb 3U (5rab' getragen. 
Die (5(ocFen feiner Daterftabt ttjun funb, 

Weldf ein Perluft bas beutfd^e 'Eant> betroffen — 
Die (ßlocfen feiner alten Paterfiabt, 
Die itjn fo oft erfüllt mit neuem ^offen, 
Sie fnnben, ba% er ausgelitten l^at. 

Hid^t Üanglos mirb man Dtc^ 5U (Stabe tragen, 
Des Polfes £iebling, ben ber (Eob nan htad}* 
Did? werben oiele Caufenbe besagen, 
Piel taufenb !2!t^ränen roeint Dein Pol! Dir nadi. 

Du glaubteft: n?enn bie ^eier ift gef d^etjen, 
So fragt auc^ ttiemanb metter nod? nad^ Dir? 
So magft 00m ^immel Du tjernieberfel^en 
2Iuf 2IIIe, bie wit nun oerfammelt tjier. 

Du magji 3al^rl]unb«rte tjernieberfd?auen 
Pon broben, ob Dein ttame toolil erblid? 
3nt £Jer3en beutfc^er HTänner, beutfd^er grauen. 
Dein Pol! pergäge fid?, oergä§' es Dic^I 



20* 



— 308 



K. Cange. 

So biji aud? Du Don uns gefd?iebcn, 
(Es fd^roetgt Dein Itcberfrot^er IHunb, 
Xladi langem Kampf warb Dir ber ^rieben* 
Kranf warft Du — nun bift Du gefunb; 
Uns aber quält unb brennt bte IDunbe^ 
Die nnfrem Bj^v^tn fc^Iug bie "Knnbe. 
Denn aüt, bie Did? l^ier gefannt, 
Dein gan3es, beutfd^es Daterlanb, 
(Es liebte Did?; mas Du gefangen, 
Cief ift es itjm ins ^er3 gebrungen. 
3ebod?, roas and^ bie IDelt Dir gab 
7ln Huljm unb (Etjre, '^alix für 3af^r: 
3d? fenn' ein fd?Iid?tes, jiiües (Srab, 
Das Heber Dir, als alles mar; 
Drin rut^te fie, bie Deinem 'Etben 
Das reinfte, fd?önfte <5Iüd gegeben 
Unb bie bort fd^on feit mand?em (tag 
§ur ero'gen Hut^' gebettet lag. 
ttun gingft and^ Du 3ur Hulje ein, 
tlun ift fie erft auf eroig Dein. 
(SeftiUt ift je^t Dein tiefflcs £eib, 
Dein ^cimroe!^ nad( ber (Eroigfeit. 



309 



Uli 5djan3. 

§um preis für Deine lieber 
PoII Klang unb <5Ian3 nnb Duft 
Streut Peilc^en Dir I^ernieber 
Der £en5 auf Deine (Sruft. 

§um Col^n für Deine pfalmen 
Doli Hul^ unb Sonnenfd^ein 
(Singft Du am (Eag ber Palmen 
§um ero'gen Hut^tag ein. 

gur Hut^ üom langen IDanbern, 
Dein giel, Du l^aft's erreid^t: 
Dein Dolf l^at feinen 2Inbern, 
Der Dir, Derflärter, gleid?tl 



- 310 



3oIjannes ^^ajienratK 

Stoln. 

gum fttllen inhed fei ber SItcF gemenbet 
PoÜ IDel^mnttj in ber tjetitgften ber Wod^en: 
(Es h(M bas Qer5 bes (Eblen auf 5» pod^en, 
Der em'gen itn^ts Blutigen uns gefpenbet. 

€r iDar ein ^erolb btefem Hetd? gefenbet • 
Unb l)at ber £tebe (Sottesmort gefprod^en. 
Der Qarfen tpot^ttautreid^fte mar 5erbrocf;en, 
Der ^arfner aber t^at fein IPerf oollenbet! 

Drum foll bes (Eroftes doII ber Kraus jld? miubeti, 
<D fjelb, um Dein perjiummenb Saitenfpiel: 
2Im Cag ber Palmen mu§ bie Klage fd^roeigen. 

Du burfteft ber (Erfüllung £uft empftnben: 

Der Sd^önl^eit Priefter, ftanb'ft Du er^ am §iel, 

2IIs Deines (Senius ^ülle ganj uns eigen I 



— 311 



JTTay Crippenbadj. 

„€s fiel ein Zl^an, ber alles Dürften ^lüi;" 
So fangft Du etnft am frol^en ^eft ber Palmen: 
3m erften <5rün lag rings hos lensgefilb 
Unb Perlen büßten an ben ^avien fjalmen, 
^aji Du mit Sel^erblicfen t>a gefd^aut, 
IPas Dir am gleidjen Qlage fei befd^ieben? 
(£in fc^ön'rer £en3 ift milb t^erabgett^aut ; 
Xladf (Erbenleib umfangt Did? fjimmelsfrieben. 

ilic^t Did? bemeinen mir: Du bift befreit 
Von allen ^effeln, bie Did? t^ier gebunben. 
Die Klage gilt nur uns unb unferm £eib, 
Denn ad^l auf emig bift Du uns entf d^munben 1 
2Iuf emig? — tteini Xlod^ bleibt uns ja Dein lOort, 
Das glocfenrein in jebes ^er^ gelungen; 
Dein £ieb ftirbt nid?t unb mit itjm lebft Du fort, 
Dein Hame tjat llnjierblid?!eit errungen! 

3a, fkreut il^m Palmen für ben legten (Sang 
Unb fd?mürft btn Sarg mit frif d?en (Hid?enFrän3en: 
€in €bler mar es, ber ins <5rab uns fanf, 
IDie men'ge nur in t>tni\dien 'ianbin glänsen. 
Des 3!obten Stirn umtjüüt mit £orbeerreis, 
3!ragt il^n 3u Sternen auf bes Ztad^rul^ms ^lügel — 
3d? lege t^eute biefes £ieb nur leis 
2lls fd?Iid?ten Deilc^enfrans auf feinen ^ügel. 



— 812 



2Irno £jol3. 

Unb iDiebcr hieb, 

(Taub für bett IDat^ttmunfd^, 

Pen taufe nbfälttgeti, 

3t^rcs (Sefd?Icd?ts, 

Unbarml]cr3ig 

irtit eiserner Sd^neibc 

Die gcit in il^r K«rbtjol3: 

IXJieber ein Qlagl 

Unb mieber nun roanbclt, 

^röl^Iid) njte immer, 

Singenb ber 2lbent> 

Durdf bas (ßolbtl^or })es IPcfteui? 

Den l^ängenbcn (Särten 

Der finFenbcn Sonne yi 

Un^ leis perl^aucben, 

Vox Welimutli ßitternb, 

3t^r tönenbes i,chen 

3ns Spätrotl^ bic (Slocfen, 

Die (Etauerglocfen 

§u Cübecf, ber Stabt, 

Unb immer ftiüer i 

tPirb es unb ftilfer — | 

Unb immer bunfler! 



— 313 — 

£ängft ift 3crftobcn 

3n alle IPinbc 

Des tobten Dicbters 

lefetcs (Scieit. 

ttur l^ie unb ba nod? 

21m Brunn auf bem Ularftplat*, 

(Dber im Winhl 

Der bämmrigcn (Saffe, 

Xdxt oerf darauf ten Firmen 

(Sclcl^nt an bic £^austl^ür, 

€r3äl|It ücrtraulid? 

Der ttad^bar bem ITad^barn, 

2Ius braunem IHeerfd^aum 

31äulid?c U)ölfd?en 

3ns gmielid^t blafenb: 

XVk aud? er 

5d?on am frül^en ITTorgcn 

Den n)ucl]ttgen Jammer 

Sei Seite gelegt 

Unb ftaubüberbecft 

Den blauen XPerfeltagsfittel 

Dertaufd^t mit bem ^d^wav^cn 

XDol^Igebürfteten Sonntagsrocf. 

tt?ie er, begleitet 

Don feinem Detter, 

Dem (Jabrifanten, 

Drauf graüitätifd? 

3n mobifd^em 2Iufpu^ 

Dem §uge gefolgt fei; 

Unb wie aud? er bann 

Don feinem (Sönner, 

Dem Berrn Senator, 

Die (Sunft fid? erojirft 



— 314 — 

Unb htm großen Cobten, 
Dem €lircnbürgcr 
Der freien Daterftabt, 
^eud^ten Slirfs 
€ine fJanbüoU (Erbe 
3ns (ßrab gemorfcn. 

Urib immer bunfler 
IPirb es unb bunFIcr — 
Unb immer ftillcrl 

Das bleid^e 21ntli^ 

Don Sd^Ieiern ücrtjangen, 

Don Qaus 3U fjaus 

IPanbelt bie ZTad^t. 

3n (2r!ern unb (Stebeln 

Sliftt es von £id?tern auf 

Unb leud^tenbe Streifen 

fallen wk (ßolb 

Durd? bie Sd?eiben ber ;Jenfter 

IPeit auf bie (ßaff e. 

Kaum, ba% ein IDanbrer, 

Der nad^tüerfpätct 

Den JJeimujeg fud?t, 

Sie quer burd?fd?neibet. 

2Iber broben im traulid^en gimmer 

2Im mannen Kamin, 

Umringt von t>tn Kinbem, 

Sifet bie fjausfrau. 

Unb auf btn Sd^oog 

^ebt fie il^r jüngftes 

Blonbes Cöd?terd?en, 

Die fleine 2lba, 



— 315 — 

Urib l^od^auft^ord^enb 
Vexntfyfncn bic HTäusd^en, 
Da§ bcr alte UTann 
irtit bem meigcn Sd^ncebart, 
Den fie erft geftcrn nodti, 
Umbuftct von bnnten, 
gaubrtfd^en Blumen, 
3n einem fd^malcn, 
(ßlasübcrberften, 
Sdfwat^en Kaften 
Bletd; nnb reglos 
liegen gefel^n, 
(2in König geroefen, 
Deffen Keid? 
So fdjrerflid? groß mar, 
Dag brin bie Sonne 
Hie untergegangen. 
Vint> mie bie HTutter 
Den fauernben Kinbern 
Dann weiter er3äl|It, 
Daß ber tobte König 
;2Iud? nod? ein gaubrer mar, 
Der bie Spradje ber Dögel ücrftanb 
Unb bas Duften ber Blumen, 
Das We^en ber W'xnbe, 
Das (Junfeln bcr Sterne, 
Das Haufd^en ber IDälber, 
3a; felbft ben fjer3fd?lag ber IHeufd^en 
3n munberfelige, 
(Setjeimnigfügc 

gauberlieber 3U bannen geipußt: 
Va nicft aud^ ber Pater, 
Der fettab im £et{nftut}I, 



— 316 — 

Ucber Me gcttiuig gcbürft, 
mit falbem (Dl^r 
Der (Erjäl^Ierin laufd^t 
Unb fttü übcrbctift er 
Das €cbe!i bes Did)ters, 
Des tobten Dtd^ters, 
Unb ftel^e aud? tl^m, 
Dem Sfeptifer, bäud?t's nun 
;Jaft ipte ein IHärd^en. 

Unb ireitcr brausen, 

3mmer mcitcr, 

Don Bfaus ju I^aus 

IDanbelt btc Xladit 

3mmer ftillcr 

IDirb's auf t>cn (Saffen, 

3mmer bunf ler 

IDerbcn btc ^enfter 

Unb ein £td?t lifd^t nacb bem anbtvn aus* 

Wo aber cinfam, 

Die fd^Iaflofcn §ügc 

Pom (5oIbIid)t ber £ampe 

Sanft überl^auclit, 

Xlod? ein IHenfcIjenfinb mad^t, 

Da wvil\lt es pc^ nid?t mel^r 

3n büft're Probleme, 

Da fragt es fid? nid?t ntel^r 

Um Sein ober tTid?tfein, 

Wie tt>eilanb ^amlet 

(Dber ^anft: 

(Ein fleines Büd^Iein 

mit blanfem <SoIbfd?nitt 

^ält es ent5üc!t 



— 317 — 

3n feiner ^anb 
Urib golbcn träufelt 
2Ius jebcm £icbe, 
Das luftberaufd^t 
Sein bebenbcs £ippenpaar 
Klangüoll ausftrömt, 
33e3aubcrnber XPotjHaut 
Zkrn ins (D^t. 

(Er aber er, 

Der einft por 3al^ren, 

Vor langen 3al]ren, 

init feinem warmen, 

Hotl^en £^er3blut 

Die Blätter befd^rieben, 

Va^ nadi 3al^rl|unberten nod? 

Der fpätgeborene €nFeI — 

gieljt er fte prüfenb 

2Ius feinem (2rbfd?rcin 

IPieber ans £id?t — 

Don il^rer Hätl^felfraft 

IHagifd) burd?3ucft mirb 

nnt> bie Blätter, 

Die unfd^cinbaren Blätter, 

Xl'xd^t l^ergeben roill, 

ttid^t um (Solb unb (ßefteine: 

(Er fd)Iummert bie ITad^t nun. 

Die erfte TXadfi auf bem ^tcbl|of! 

Silbern ftiel^It fid^ ber IHonb 
Durd? bas grüne (ßesujeig 
Unh fpiegelt fid? ujieber 
3n ben taufenb blanfcn Blättern, 



— 318 — 

Die trauernd bcr £orbccr 

Seinem Ciebling 

2lufs (ßrab gcftreut, 

Vint> meinewb breitet 

Die etPtge £iebe 

3l?re fd^irmenben ^Jittige 

Drüber aus. 

Hod? l^at ber £en3 

21ns feinem ^nüliotn 

Die fdjönften Slumen, 

Die lieblidjften Düfte 

ttid^t über bie €rbe geftreut, 

Denn nod^ n>eilt bie Ztad^tigaU 

„;Jern im Süb" 

Unb flang* nnb buftlos nur 

(Srünt ber ;JIieber. 

2Iber bie £iebe, 

Die aduremige, 

(Slaubenb nrib l^offenb 

fjebt fic iljr 21ntli^, 

3l|r ttjränenumflfortes, 

£Jod? empor 

§u bcn emigcn Sternen 

Urib mitleibsooü 

£eit^t ber ^lUgütige 

Zkuv Klage fein 0t^r. 

IHit bunficn Sd^Ieiern 

Die (Sräber um fle 

Hings überberfenb, 

geigt er ber- £äd?elnben 

(2in farbenfd^illernbes 

Bilb ber §u!unft. 

Da w'xxb es liefet um jle; 



— 319 — 

Zfyc von btn 2Iugcn 
(Jällt CS wie Sd^uppcn 
Unb burd? it^r Sinnen 
gurft's mtc ein Craumgefid^t: 

l^od? auf reifen 

Die (Et^ürme pon £überf, 

Die jteben (El^ünne, 

Die üielbefungnen, 

Sid? bli^enb ins ITTorgenrotl^ 

Urib aus ben (Satten, 

Den DoIIerblüljten, 

2lm Ufer ber Craoe, 

Umbuftet Dom ;JIieber, 

5d?Iud?3t nun bie Had^tigall 

3l|r erftes £ieb. 

2Iber burd^s Stabttl^or 

2luf ftaubiger Strage 

2Im fd^iparsen (Sitter 

Des ^riebl^ofs porbei 

giel^en ^wex Burfd^e, 

gmei junge Burfd?e 

XHit Hän3el unb Knotenftoc!, 

3n bie mtit\ weite Welt, 

Unb jubelnb ringt fid? 

2Ius itjren Ketjlen, 

2Ius il^ren £Jer3en 

Das alte £ieb: 

Der irtai ift gefommenl 

Der XHai ift gekommen! 
tTid?t fie allein nur 
Sinb's, bie es fingen: ^ 



— 320 — 

€tn gan5cs Dolf, 
€inc ^an^e IPelt fitiuits' 
Unb aud? er fclbcr, 
Der Sdfwan oon £überf, 
^reuMg nun ftimmt er 
irttt xn fein £teb ein. 
3ft bod? audj il^m nur 
Xiadi irbifdjem IPtnterIcib 
fjimmlifcbe £en3luft 
^errlid? erblüht. 
2luf fd^önerem Stern 
Der bnnficn f d^attcn 
X^er bunficn (£rbc 
(Eingeben!, 
IPcbt eine (Sloric 
3t|m um bas i^aupt nun 
Das f leine U?örtd?en: 
Unfterblid^Peit ! 



2lIfo fintienb 
Unb in bas <SöttIid?c 
Cief fid? üerfenfcnb 
Dergi^t bie 3£icbe, 
Die etpige ^iebe, 
Hunb um fid? I^er 
Cob unb Dermcfung, 
Unb burd? bas fyv^ \l\v 
gittert bas (£d?o, 
Das n)unbertröftlid?e : 
;^offe Du nurl" 



— 321 — 

2Iber bic Stunben, 

Die ladienben Dirnen, 

(SolbfoI^Iig wanbeln fie 

Ueber bas (Srab. 

Unt> wie allmätjlid? 

Korn auf Korn 

Durd? bk Sanbul^r rinnt, 

Bli^t es röttjüd? 

2Im £^ori3ont auf. 

(Jlammcnb entfteigt 

Die junge Sonne, 

Die irtorgenfonne bts erftcn (Dftertags, 

Dem ipogenben (Jlutl^meer 

Der bianen 0ftfee 

Unb läd^elnb grüßt fte, 

Xnit taufenb golbnen, 

;JIarfernben £id?tern 

€s bli^enb umfpicienb, 

§um erften lUal — 

Das (Srab il^res Did?ters. 



Cinanitcl OttiUl, ein ®eben!^u(^. 21 



322 



^ugo KrügeL 

t^ttlin. 

Die erfte Ztad^t lag auf bes Dtd^ters (Srabe 
Unb n)el!te l{ter fo mandies Blütt^enblatt; 
Das tl{ränumt!ort als le^te Ciebesgabe 
Der ;Jreunb 3um „Hul^e fanft!" gefpenbet Ijat. 

Da bämmert, ipie 3ur 2luferfleljungsfeter, 
Der nette ITtorgen auf ber Kird^t^ofsflfur, 
Die tlebel fenfen il^re Silberfd^Ieier, 
3n Ijeirger Hnl^e atl^met bie tlatur; 

Unb mie 3nr lüeil^e für ben großen Cobten 
(&rfd?Iiegen ^immelsfd^Iüjfel jtd? ber (Sruft. 
Unb £eo!oien, Deild?en, all' bie ^rtil^Iingsboten 
(Entfalten pd? unb ^penben fügen Duft. 

Unb in fryftalltl^au'perlenbem (ßefd^meibe 
€rfd?einen ^lorens Kinber oljne §al^I, 
(SIeid? gauberfeen gefd^mürft im ^eftcsflcibe, 
Begrüßt üom purpurgolb'nen Sonnenftral^I. 

Unb aus bem fterngeblümten sarten ITToofe - 
€in (ßrabestud? in Blütljenbuft gerocbt, 
€rftratjlt im XHorgenrotl^ bie roetge Hofe, 
Die itjren Keld? 3um Himmelsblau er??ebt. 



-- 323 — 

Da nal\t im Crauermantel fid? bcr ^Jaltcr 
Hnb fü§t bcn Cl^räncntl^au Dom Hofcnflor, 
Vitib an ber (ßruft ertönts rote £^arfcn»pfaltcr, 
IDie ferner 0rgclflang nnb (EngeIsd?or. 

(2s fummen buntgeflfügelt in ber Stille 
£tbellen, Sienen il^re XTIelobic, 
Die Bjalme fäufeln nnb es 3irpt bie (ßrille, 
Urib jebes Slütl^enblatt l^aud?t poefie. 

Die UTaicnglörfd^en flingcln fanft unb läuten, 
<5Ieid?n)ie 3ur 2Inbad?t an bes (Srabes Saum: 
IPas l^at bies IPunberfames 3U bet>tnien? 
3jt IlTaienl^od?5eit ? — ift's ein IHärd^entraum? 

Heini 'Den entfd^Iaf'nen Didjter gilt's 3U pretfen, 
gu feiern il^n an ero'ger Hul^eftatt! 
(2s roill ber (Jrüljling banfbar fid? ermeifen, 
Den er fo ein3ig fd?ön befungen l^atl 

Drum fam im lid^ten (SIan3 auf gepljyr's ;((ügel 
Der ^Jrül^Iing 3U bes Did?tcrs engem £Jaus, 
Unb ftreute auf bem frifd?en (Srabesl^ügcl 
Das ganse ^Jüllt^orn feiner ;£iebe aus! 

Unb wie 3um „^al^rerootjl!" ber Did^terfeele, 
Die nur 3U frütj für uns von Irinnen fd?ieb, 
Sang in ber Crauerroeibe pijilomele 
Der 2liiferjieljung füges IDiegenlieb. 



21* 



— 824 — 



Pictor Blütljgen. 

3fteiettliialbc. 

Vfixdf umfängfs rote Craucrmcibcn 
Urib mein ^er3 ift üoUer (Sram — 
(Eine ttad^tigaO ging fd^etben 
(Eben 6a ber ^Jrul^Iing !am. 
Slüttjen leud^ten auf unb ntcber, 
Sud^enb irrt iljr Ijeißer Duft: 
Podj fein iluge fdjaut Did? roicber, 
Heine Set^nfndjt fprengt bie (Snift. 

Sänger, rielgeliebter, l^ol^cr, 
lüeld^en jebc (Sunft beglücft, 
Klang* nnb buft« unb fctrbenfrol^cr, 
Bift Du mtrflid? uns entrürft? 
IPar's im ^erbft ein le^tes (Srügcn, 
Das mir fo bie ^anb gepreßt? 
WoüV es jener Blirf rerfügen, 
Der mid? nie unb nie p erläßt? 

inül^fam brang auf ZTebelroegen — 
2ldj, id? fat^'s — Dein (Seiji 3U mir; 
ZTur Dein ^erj mit matten Sd^Iägen 
IDar nod? roie üerloren tjier. 
fjaftig tianfft Du Blut t>on Crauben — 

2[d?: ein 5d>attcn bes ^omcrl 

Unb nun fann id?'s bod? faum glauben, 
Diefcs bittre: 2flimmcrmcl^r. 



— 325 — 

Kcld? Du, bcr mit aller Süße 
Dicfes £ebens fid? gefüllt: 
gaubrifd?er als Dein „cSeniege!" 
£Jat iDotjI feins bcn Dürft geftiflt. 
Sonber (Sift unb fonbcr ^efe, 

33is ber le^tc (Tropfen f6n)olI 

^eut wie einft an meine Sdjiäfe 
Pod?t Dein Haufd? nod? munberüoU. 

HTciner Set^nfud^t gabft Du ;JIügeI, 
irteiner liebe gabft Du Prad^t, 
Dem üerroorr'ncn Stürmer gügel, 
<5eifter, Sterne feiner ITad?t. 
Unbegreiflid? frembe Pfabe 
<5ing Dir meine Seele nad^; 
Süg in Deiner Hytl^men ^abe 
(Jüt^If id? alle Sinne wadi, 

Vennodi: was bcs ITlannes öufen 
So t>or Deinem Bilb bemegt, 
ITtinber ift's bas Pfunb ber IHufen, 
3n bie lOiege Dir gelegt. 
Dies ift's: ba% Du mit bem pfunbe 
U?ud?emb, XHeifter marbft ber Kunft, 
Unö bod? niemals ^immelsfunbe 
Sdjnöbe gabft um <5olb unb (ßunft 

niemals l^at nad? £ob unb Sd^ä^en 
Deine fjarfe fid? gerütjrt, 
Keinen bürft'gen IHobcgö^en 
£Jaji mit Sd?öntjeit Du gesiert. 
Deine lücrfjtatt mar ein Tempel, 
Kein Derfud?er !am Ijinein; 
IDas Du gabft, bas trug ben Stempel: 
„IPie ein priefter mttl id? fein." 



— 326 — 

IPte ein pricftcr, bem im Bfex^cn 
dicf bic emgc £ampc brennt; 
Den fein 3£äd?cln felbft, fein 5djer3en 
tlid^t oom 2Iug' ber (Sottbeit trennt; 
Der, mit XPürbe von bcr tläl^e 
2lüen Dolfes abgel^egt, 
Dod? bes Doües IPol^I unb IDel^e 
3n proptjetcnl^änben mögt. 

2In ber IPeibe l^ängt bie fjarfe: 
IDeld^er Kulane nimmt fte ah? 
UTag ber IDtnb, ber norbifd? fcf^arfe, 
IHand^mal träumen auf bem (ßrab. 
2Inbre geiten — anbre Cöne, 
TXcnes fjerbften — neuer IPein, 
Dod?, il^r mittler ber Kamöne: 
IPie bie Priefter follt itjr feinl 

irteinen £orbeer 3n ^en anbernl 
irteine Seele grügt im Duft, 
Unb nod? mand^mal foU fte ujanbern, 
Sidj 3u roeitjn, an biefe <5ruft. 
(2rbefd?oUcn, 3Iumen!rän3e 
Vedcn mir Dein Bilb nid^t 3u; 
UTit ber tTad?tigaII im £en3e 
IHal^nt mid^'s, bod? 3U ftel^n, mie Du. 



— 327 



5ran5 lPisbad?er. *) 

9Linvin%. 

^evn im 'Sab, bei ftiUen 2ilmen, 
^cimatfrotj bcr XDelt cntrürft, 
jjort' idf, ba% am S^ft bcr Palmen 
Sie Dein 2Iuge jugebrürft 
£eud?tenb über ^cUas' Borben 
Stieg ^mpor ber junge (Eag, 
IPät^renb in ber Stabt im tlorben 
Stumm 2lt\:itnens £iebling lag. 

£ängfi fd^on mar bas Vflai ber £eiben 
Seiner Stirne aufgebrürft, 
IPie ber Tlhenb im Perfdjeiben 
Sidj mit bleid^en Höfen fd^mürft. 
^eftgebannt ans Sd?mer3enlager, 
litt ber Dulber Ijcrbe Qual; 
2Iuf bie IPangeU; blag unb l^ager, 
prägte Cob fein Sicgesmal. 



*) 3tt einem SBriefc an bcn Herausgeber erjäl^lt ber IBerfoffer 
biefed (S^ebid^tS, mt er anfangs Mai 1880, x>on ftu^erfter 9toiS^ 
getvieben, ftd| l^ilfeflel^enb an ben l^eimgegangenen ^(|ter getoanht 
unb biefet il^m umgel^enb ein n)arml^er3tgeg ^rofifd^reiben fowie 
bie @umme von 220 9Rar! übermittelt l^abe. ^er banfbore 
d^ntpfftnaer fd^Uegt mit ben äBorten: „3(^ roünfd^te nid^tS fo fel^, 
als ba^ btefe ^beltl^at in ganj ^eutfd^lanb unb über beffen (fi^ren^en 
l^nauS, foweit fül^lcnbe .^erjen f(^Iagen, bcfannt würbe." 



— 328 — 

(Liefe IDeijtnutf^ brncft mtd; nteber, 
IDelc^e jeben Crofi entbef^rt, 
Um ben Sänger ftt^er Cteber 
Std? mein (Seiji in <Sram vev^efyci, 
€infam fc^meif id? im (5eljege, 
Draus ein ^eer von Knospen bricht, 
(Eanfenb BInmen bläbn am We^e, 
Dod; mein 2Iuge fielet fte nid^t. 

meines £7er5ens fel^nenb Klagen 
^nng bleibt es ungeftittt, ^ 

Denn fein Wovt oermag 30 fagen, 
lüas im 3""«^« po^t mib quillt; 
Unb n>ie fd^merjlic^ pl^ilomele 
;$Idtet an bes ^ad^es Hanft 
(Eönt mein Huf aus tieffter Seele: 
(Ebler Sänger, fd^Iummre fanfti 



329 



Henriette tDeber. *) 

mül^mUn i. a. 

ff 

Du warft ein Dichter, voü unb gan3, 
Unb !enf(^ unb innig Deine Cieber; 
Voü tiefen IDel^'s leg i(^ ben Kranj 
3m (Seift auf Vtine (Erbe nieber. 

Du warft in fc^roerer Crübfalsseit 
(Ein (Engel mir coli iidfi unb Ceben. 
gu Dir burft i(^ in jebem £eib 
Den ttjränenüoöen Blicf erljeben. 



*) 3" biefen aSerfen l^at eine arme, alte iJrau, ber (SJeiBel 
auf ein an i^n gerid^tetcg ©ebid^t ^in fc|on feit 1852 ein wo^l« 
njoßenbeä gntercffe gejcigt l^atte, il^rem ©d^merje über ba§ ^aftin« 
fd^eiben beä^id^terä einfad^en, aber rül^renben Sluäbrudt gegeben. 
3n einem SBriefe an ben ©erauägeber fd^reibt fie unter anberem: 

„^ aßer ^otf) burfte id^ ju il^m fommen unb nie Dergebenö. 
^tnn id^ nid^tS verlangte, fo fd^idfte er mir frein)illig unb id^ 
fd^ftme mid^ nid^t, baS frei unb o^en ju befennen. 3d^ l^abe Diel 
ju leiben unb ju fftmpfen gel^abt in meinem Seben, unb ed mar 
(Sotteg ®nabe, bie mir einen ber (Sbelften fo jur §ülfe gefonbt. 
Sor brei 3(t^^^n erl^ielt id^ bie le^te Siebedgabe, benn er mürbe 
überaus leibenb, unb id^ mugte Derjid^ten auf feine ^l^eilnal^e 
gerabe, mo id^ älter unb l^ülflofer mürbe, ^er meine ganje @eele 
war fort unb fort mit il^m befd^ftftigt unb l^eifie ®ebete Pub für il^n 
ju (Sott aufgeftiegen." 



— 330 — 

Dn n^oQtefi nimmer lantes £ob 
^är alle §et(^en Deiner <Süte; 
Do<^, was fie einfit ins iehen woh, 
Bleibt nnpergeffen im (Semütl^e. 

IPie oiele ^erjen Du eni^ndt 
Durd? Deine ujun^ercollen Cieber, 
Das meine t^aft Du ftiU beglücft 
Unb l^ei§e Ct^ränen rinnen nieber. 

tlun rut^ Du ebles Did?terljer3 
Don (Erbenfampf unb (Erbenleiben, 
Dein reicher (Seift 30g l^eimatl^märts, 
Wo feine Ct^ränen nnb fein Sd^piben. 



331 



^riebrid? öobenftebt. 

mit einem ^Jreunb' t^att' id? mir oorgenommen. 
Die (Eobtenftabt Pompeji 3U burd^ujanbern; 
tteapel lag in Hegen gan3 oerfd^ujornmen, 
Xüir marteten von einem Cag 5um anbern; 
Bis enblid^ uns bie Sonne roieber l^ell 
Dom fjimmel fd^ten. (Serüftet mar id^ fc^neÜ 
gur ^Jal^rt ins (Jreie — ba roarb mir entboten 
(Ein (Srug com Cobe an bie Stabt ber Cobten. 

€in (Eelegrapl^enbote trat ins §immer, 
3d? las: „(Emanuel (Sei bei ift gejiorben!" 
ttun freute mtd? nid^t mel^r ber Sonne Sd^immer, 
Die gute £aune mar mir gan3 oerborben. 
XOolil wn%f xdi, ^a% nad? mand?em Sd^mersensjatjr 
Des Did^ters ^eimgang nur (Erlöfung mar 
Don unl^eilbaren, l^offnungslofen Ceiben, 
Un^ bod? 3u ^er3en ging mir tief fein Sd^eiben. 

ttur feiten falj id^ il^n feit jenen 3(*^^^"/ 
Da mir, im Sommer nod? bes Cebens fteljenb, 
2lm 3f(»rfhr(»"ö^ Sangsgenoffen roaren, 
0ft, bod? nid?t immer, gleid^e IDege getjenb; 
Denn matjres Üehtn glüljt im liebe nur 
2(Is 2(usflang eigenartiger Hatur; 
IDo 3mei Poeten nid?t 3« unterfd?eiben 
3m liebe, fd^ä^' id? feinen l^od? oon Beiben. 



— 332 — 

3n Haren gügen lebt bas eble Btlbnt^ 
Des prtefterltd^en Sängers fort im Dolfe; 
€r mar fein Stürmer burd? bes.Cebens IPilbnig, 
Kein Bliftefd^Ieub'rer aus ber lüetterroolfe; 
Die Huljmesbaljn, bie er fd^on friit^ betrat, 
IDarb iljm fejn rauljer unb verbotener Pfab, 
Urib, fanb fein junger Hut^m aud? ftrenge Hid^ter 
TXodi firenger gegen fid? war er als Did)ter. 

2lufs ^öd^fke nur gerid^tet mar fein Streben, 
€r fuc^te alles ZIid?tigc absuftrcif en ; 
Dom gütigen <Sefd?trf marb il^m gegeben 
(5an5 aus5nleben unb gan^ ans5ureifen. 
3m Kran3e feines 5d?af ens feljlt fein Blatt, 
Das er ber tlad^melt mertt^ befunben I^at, 
Unb in ber Stabt, mo er 5uerft gefungen, 
Sinb feine legten Cieber aud? erflungen. 

3m 2IIter fd^oll fein £ieb oft er3nen Klanges, 
Voü IPotillaut blieb's mie in bes £ebens £en5e. 
€r fc^ieb als ed^ter IHeiftcr bes (Sefanges, 
IDertlj feiner ITtitmelt mie ber Had^melt Krän3el 
So badfV idf auf ber (Jaljrt jur Cobtenjiabt 
Unb 3ur Erinnerung lajf' id) Ijeut btes Blatt 
gu (Seibels (Stabe metjn als (Jrül^Iingsboten 
init (Srug bes Cebens aus ber Stabt ber Cobten. 



;333 



Znaj Sd^neiber. 

Stttgetttnalbe. 

Der uns 6en So6 fang 6es Ctbertus, 
Der eble Sdnger tfi nun felber tobt. 
Unb feltfam bändet m\<i(, bag t<^ benfen mug, 
Wie td? nun ftnne in bas ITtorgenrott^, 
Das aus bem Hteere auffteigt feuerfarb, 
Wie 3u IHtfenum bort ber (Eäfar jlärb 
Unb Ijter ber Dtd?ter. — (5Ieid?e tiefe ltad?t. 
Die (Erbe träumt con balb'ger IHaienprad^t, 
21m £Jort3ont feljt iljr iljn nieberfaüen, 
Den Stern im Horb? 2Iufraufd?t's am IHeeresftranb, 
Xüot^in bie Crare trübe Knnbe trägt, 
Dag es in IDeöen flutljenb an bas ianb, 
3n IDellen tönenb an ben f^immel fd^Iägt» 

3m 5<^Iafgemad?e matter 3ucft bas £i<^t. 
„(Hs geljt 3u €nbe, Ijört ein lefttes IDort." 
Da laufd^t man roeinenb n?as ber Dichter fpric^t,. 
Unb roeinenb trägt's ein leifer Had?troinb fort: 

• 

„IDas id? Ciberius in ben IHunb gelegt, 
Dem fted^en f^errn oon Hom, nie traf es mid?. 
Tludi xdi wax jung, an ITtenfd^en glaubt' aud? idf, 
Dod? iiah' id? biefen (Slauben jtets geljegt. 
2lus jenem Bud?e bort mögt il^r es lefen, 
IPas id? ber IDelt, »as mir bie IPelt geipefen. — 



— 334 — 

„IDoIjI blieb aud? idf auf meinen IDanberfaljrten — 
Wer blieb es je? — nxdft von (Enttäufd^ung frei, 
Do<^ nimmer jiimmt' id^ ein ins lüel^gefd^rei 
KleinmfitVgcr Seelen, jener über5 arten. 
Denn in ben fjimmcl baut' id? feinen Cljurm, 
<5Iei<^bem 5U ^abel, unb bes 2Irgn)ot^ns XPurm 
^Jrigt nimmermei^r an einem beutfd^en feigen. 
Das fingt nnb jümt ftd^ gerne frei von Sd^mer5en. 

Unb fo aud^ id^. ^d^ fang unb 5Ümte laut 
Unb t^ob bes (Glaubens leuc^tenbes panier, 
Dom Dogma frei unb frei pon falfc^er gier, 
So ebel fc^ön wie es ber Dichter fd?aut. 
ITad? (Jreit^eit rang id?, jener ungefälfd^ten, 
€<^t beutfc^en (5ei{ies Kinb, nid?t ber perroälfc^ten. 
Die Hed^t unb Sitte fred? mit ^Jügen tritt 
Unb freiljeitstrunfen »iber ^Jreil^eit jhitt. — 

Unb »ie mein 23ud? id? fanb bei eblen ^Jrauen 
Unb Ijörte felbj^ mein £ieb in Hljeinlanbs (Sauen, 
So iji mein (Eroji, menn balb ber (Seift entflfietjt 
Der längft fd?on morfd^en ^ülle, wenn ©erroifd^t 
Die geit ben ttamen: nimmer bod? erlifd^t 
Der (SötterfuaPen, ben entfad?t mein £ieb." 

Der Did^ter ging 3U (Sott — Dom XHeer Ijeult Sturm, 
Unb ferne (Slocfen ):iaüen brein pom Ct^urm. 
Sie läuten Ijeut ber Palmen Sonntag ein — — 

Unb roieber bad^t' id?, roie ein (Eäfar ftarb 
Unb wie ein Did^ter in ber (Jrütjlingsnad?t ; 
IDie 3^^^^ M^r ungleid?en Hul^mes Sd>ein 
3n IPort ünb (Et^aten ungleid? pd? erroarb. 



335 



Unb ipte td^ tiefer alfo nadi^ebadft, 

Sali xdi im <5ei% rote ber entfd?Iaf ne Dtd^ter 

Don feinem Säger langfam ftd; ert^ob. 

%fl lenc^tet in bem müben (5ian^ ber lichter 

Sein Diabem, bas um bie Stirn iljm wob 

Kein I>oI! ©on Sd^meic^Iem in bes Sd^recfens ^amif 

Itein! £iebe, £iebe, bie fein £ieb gewann. 

Unb Pelj! gum ^Jenjter tritt er mit ber £eier, 

Der golb'nen, fcl?n)or3 umijüllt pom Cobtenfc^Ieier, 

Unh wirft fie in bie finfire ITetternac^t. 

Da ftanb fein Krieger einfam auf ber IDad^t 

Unbil^ob fie träumenb auf — wer wirb fie flnben? - 



— 336 — 



Kid^arö von 2TleerIjeimb. 

IVxxf um's ^anpt bic Cranerfc^Ietcr, 
Poefte bts Deutfd^en Polfes. 
Denn bcr Did^tftinft iiobfev prteftn: 
mit bem ganber fügen Wol\llQnts, 
mit ber 2Imnutti ber ^mpftnbnng, 
mit bcr IDürbe bes (Sebanfens 
Unb bcs IDortt^aud^s melobie: 
Unfcr (Seibel ift bal^inl 

2IIfo rief idf bei ber Kunbe, 
Xüel^eflagenb burd? bie (Jluren, 
Senfte mid? in IPalbesgrünbe; — 
Unb ber Quelle leifes Hiefeln 
(Eranf bes 5d?meif3es roarmen Cljau. 

Sd^roanengleid^ mir burd? bie Seele 
gogen (Seibcis mdobieen; 
Unb, 3u lautem IDel^ üerförpert, 
3mmer mieber, immer mieber 
Cönten jene melobieufen, 
IPunberljoIben Ders«2lfPorbe, 
Die mit fd?meid^Iertfd?em gauber, 
geugen für bzn fügen IPol^IIcwit 
Unfrer ljer3geliebten Sprad^e, 
Unb, ^a% nidfi nur Kraft unb Stärfe, 
Hid?t nur Sd^ilberflang nnb 5d?njertfd?Iag 



— 337 — 

Sie metallifc^ raulj burd^flirren : 
ttetn andi, baß btc ^lötcnflänge 
Von 3taUcns weichen ^Jlurcn 
Qoud^en burd^ bt^ Sprad^e (EeutsI 

2IIfo aber, Ijolb verfettet, 
Scl^njang fid?, tönenb, Vtvs an Ders: 
„2Id?, in btefcn blauen Cagen, 
Die n)te XOeücn, fo gelinbe, 
int(^ tn's £eben weiter tragen, 
Htu§ id? Ijoffen, mug id? fragen, 
(Db id? nie Pid? roteberfinbe, 
Ciebling meiner Seele Du!" 

£>ord?, unb Ijord?! 3nt grünen ^aine 
IPirb lebenbig £aub unb Blütlje, 
Cauter flagt bie ^Jelfenqueöe, 
Cauter IDinb unb IDoIfenflug« 
SieV/ vLnb aus t>tn Ijoljen fjimmeln 
Senft fid? Woir an Wolfe tiefer, 
(Jormen fanft fid? 3u (Sebilben, 
Hunben pd? 3U 2Inmutl^sf orfnen ; 
Unb ein tPeib — bie Peutfd^e ^raue 
init ber £yra Deutfd^er Pid^tung 
Straljlt — unt> finfet — unb pcrfd^minbet 
3m 2lbe ber poefie: 
„2ld?, in biefen blauen Cagen 
irtug id? meinen, muß id? flagen 
Daß id( nie Did? roieberfinbe, 
Ciebling meiner Seele Du!" 



®manuel Q^eibel, ein (j^e&enfbucf). 22 



— 388 — 



£)ermann £tngg. 

3d? roeiB es jeftt. 3n jener Ilad^t, 
Pte unfres ^Jreunbes leftte n?ar, 
23tn td? aus.fd^iDerem (Eraum etwadit 
2lus eitlem Craum gar rounberbar. 

IHetn £agernad?bar rief mtd? an : ' 
„Was yammevft Du im Schlaf fo laut?" 
3ct? fprad? : „IHaljn' morgens mid? baran, 
3d? l^ab' ein (Eraumgefid^t gefc^aut." 

3n einem Kerfer fanb id? mid? 
Unb jemanb fd^ieb von mir. €in lüort 
inir fagenb, etwa wk „üerfprid^ 
2In mid? 3U benfen", ging er fort. 

Pas mar in einem Dorf am Stranb 
Des (Sarbafees, bie ttad^t mar l^ell, 
Das IHonblid^t in bem fd^önen Üanh 
IVaxf lid^ten Sd^immcr in's (Semell. 

Der (Tag brad? an mand?' fro^ (Sefpann 
(Jlog fd^on bes IPegs, id? trat l^inaus, 
Palmfonntag roar's unb jebermann 
ttal^m einen ®cl3metg mit nadf Bjans. 



— 339 — 

init mir jcbod? ging jener (Eraum. 
3d? fann tl^m nad^ unausgcfeftt; 
3a, bag ber (Setji bcftegt ben Haum, 
Dag Du erfd^tenft, td? njet§ es jeftt. 

Du gingj) von uns, n^ie nad^ bem gtel 
lüer uns gefüljrt üon bannen geljt. 
Die fjarfe war Dein Saitenfptel, 
Doli 2Inmutlj unb boc^ fiurmbur(^n?eljt. 

Dein reic^jies war bem Daterlanb, 
Dem Sd^önen jebes £teb getpeti)t. 
£eb' mot^I; Dn treue ^^reunbesi^anb; 
Unb banf Dir über (Srab unb gett. 



22* 



340 



föetmeUfitdfteti. 

Die Htufe fia^t, pect^üttenb tt^r 2In$eftd^t, 
Der £en3 umflort jid?; ber mit melobifc^em 
(5efan9 iljn einfl fo fd^ön befangen, 
2lc^! er ©erflummte, ber eMe Sänger. 

2Ind7 Du; (Germania; j^etiefi gebengten Qanpts, 
Unb gäljren tropfen nieber anfs frtfc^e <Srab: 
Dein BJerotb, betn berebter priefler, 
Schieb, ber wie Keiner für bid? erglüljte. 

Der Bnrfc^en Kreis, ber finnigen Jungfrau' n Cljor 
2lnljebt ein (Erauem um ben (Entfc^Iummcrten; 
3n BJütten mar er, in palSjien 
llüen ein Cröjter unb (Jreubenfpenber. 

Xüer benft nid^t fd^önljeitstrunfener Jugenb gern. 
Da munberbar fein £ieb iljm 3uerjt erflang 

Vinh füg mie tlad^tigallentöne 

IDonne unb 5el^nfud?t im Bufen mad^rief? 

IDer l^at mic er £Jora3ifd?cn IDoljIIaut uns 
3n Ijeimif d?en IPeifen föftlid?en Klangs gef d?enft? 
lOie er, ein (Eroubabour, bes Sübens 
BJoIbe Homan^en entlorft ben Saiten? 



341 



2lls bann ber €rbfctnb grimmigen Kampf htqann, 
XVie marftg fd^oö, fd^tlbbröljnenb fein Sarbenfang l 
Das flolße Babel fiel, er jaud?3te 
^rolj bem erftanbenen Hetd? unb Kaifer. 



Unb nun fein Do(f betrauert bes £ieb(ings (Tob, 
2In iljres priefters (Srab bie XHufe meint, 
(D lagt aud? mtd? in fanften Hytt^men 
Klagen um i\\n, btn entfc^Iafnen ITteifler! 



— 342 



Tlnna TXlidfa^Vxs. 

^awmiix^, Oberelfa^. 

Wtnn mit fonß 5U (5rabe tragen 
3cmanb, bcr mit uns gelebt, 
Sidf ein jmetfelbanges ;$ragen 
3n ber ^reunbe Kreis erljebt: 

Ob in anb're fc^ön're Spl^ären 
Sc^eibenb 3ieljt ber flüc^t'ge (Seiji, 
IDie's bie IjeiPgen Bücher leljren, 
(Eröjienb (Sottes lüort oerljeigt. 

Doc^ am Sarg bes grogen Cobten, 
Den ein ganses Dolf bemeint 
Braucht es nic^t ber ^immelsboten. 
Die ber (Srübler breiji pemeint! 

XPas bes Cobes bunfle Pforte» 
Brec^enb aud? bem 2(ug' erf daliegt: 
2Iu5 ber Cljaten jid?rem ^orte 
(Emig jnnges Üthtn fprie^. 

IDem ein i^ot^es IDerf gelungen, 
Z^n befd^ränft ni(^t Haum noi^ geitl 
Diesfeits fd?on i^at er errungen 
Palmen ber Unftcrblic^f eit ! 



— 343 — 

(Sittcittttati 

€m Steinbilb liegt im pfjaraonenlanb. 
Das 2lnttife fonnenaufgangmärts gerid^tet; 
(Es fjält bem praü oon IPtnb unb XPetter Staub, 
Dom gelben G>üftcnfanbe t^od? umfd^id^tet. 

Dor geiten, lüenn ber erfte ^agesftral^I 
init golbnem Sd^ctn bes Bilbes Sd^eitel frönte, 
Belebte plöfelid? fid? bas ftarre IHal, 
Unb freubig l|e(I ein ihorgengrng ertönte. 

Dod? niemals warb inmitten bunfler ZTad^t 
Der Klang oon einem £aufd?erot^r oernommen: 
Sein £ieb t^at IHemnon hur bem £id?t gebrad^t, 
Der Sonne, bie in (Dftens Sd?oog entglommen. 

Hun liegt oerftummt ber fteinerne KoIo§, 
€§ fd^meigen feines <ßru§es IDunbertöne, 
Der Sang, ber feinen £ippen fonft entflog, 
€rii)ad?t nidyt mct^r in 3auberooIIer Sd^öne. 

• 

So ragteft Du, ber IHenonsfäuIe gleid^, 
(ßeibel, ob bem bunFIen IDcItgetriebe, 
Urib manbteft unbeirrt, gebanFenretd?, 
Die Did^terftirn 3um Cl^ron ber eip'gen £iebe. 



*) 3)iefes ®ebid)t rourbe Bei einer oom „bcutfd^en Sitterarifd^en 
Älub" )u ©incinnati ocranftaltctcn „Srinnerungäfcicr an ©manuel 
®eibct", gcbrucft auf fc^roarjumränbctc ©ortonö, an bie ®äfte oer« 
tl^eitt. ®in unö oorliegcnbeö Programm jener ©cbäd^tniöfeierUd^» 
feit läfit onnel^mcn, bo| fte eine feiten njürbige geroefen. 



— 344 — 

Die l^eljre Sonne ipat^rcr Hlenfd^IidpFeit 
2Ius» tiefer Bruft bic £ieber Dir entlorfte: 
(Ein Bfoxi, ben reinfte Cauterfeit gefeit, 
€in Strom, ber erft mit Deinen pulfen ftocfte. 

Den glül^en ^Jlammen, IDal^r^^it, Sd^önl^eit Hed?t, 
(Entfprüljt bas £i(^t, bas Deine Derfe preifen, 
gu bcffen Dienfte fte ein lau <ßefd?Ied?t 
init finnig ernften IHal^nungsnjorten »eifen. 

3m IHinnelieb ein ^weiter ^rauenlob, 
Propt^et unb ^erolb beutfdjer Heid^seint^eit, 
Cyrtäos, wenn bes Krieges ^Jurie fd^nob, 
Unb priefter am 2IItar ber Qer3ensreinl^eit. * 

lüer Dom <ßefd?icf wie Du he^naM waxb, 
£ebt bauerhb fort unb fei er aud? geftorben, 
Der l^at auf feines £ebens pilgerfatjrt 
(Ein 2lnred?t auf Unfterblid^feit ermorben. 

5d)meigt IHemnon^gleid?, o (ßeibel, jefet Dein HTunb, 
3ft aud? oerfiegt Dein Sprubelqued ber !£icber, — 
U)ie majeftätifd? über'm Ufeftengrunb 
Der Vox^eii ftummes Denfmal blicft l^ernieber; 

So bleibt Dein öilb, bu ebler Sangesl^elb,. 
Dem geift'gen 2luge trofe ber Cobespforte, 
Unb forgfam ifiien tpirb bie fpäte IDelt 
3m Sd/rein ber £iebe Deiner Did^tung tDorte. 



— 345 — 

(£mil Httterstjaus, 

„0 ^Jrül^Iing, ^rüliltng, ber in milbetn Cljauen 
Doli Sd^öpfungsiponne bu bas 2III burd^brtngft, 
Der bu bas IHeer, ben ^immcl läffeft blauen 
Unb raufd^enb mit bem 'Bad^ oom ;JcIfen fprin^ji 
(D ;JrüfiItng, tiefer, fü§er (Sottesl^aud?, 
Sei mir gegrüßt unb fülle bu mid? aud?, 
lüie eine IDelle leg' bid? <m mein Qer3 
Unb fpüle fanft Ijinmeg t>zn legten Sd?mer3," 

So ift Dein „^Jrül^Iingsl^Ymnus" einft erflungen 
So Ijaft einmal t>txi £en3 Du angeflet^t. — 
€r }:iQi ert^ört Did^ I Du t^aft ausgerungen ; 
(Es ift ber leftte Sd?mer3 t^inmeg gemelkt 
Dom (Sottesl^aud?. — (Jrül^ n?ie faft nie 3UPor 
Kam nun ber £en3 im bunten Blumenflor, 
Dod?, el^' ber pi)iIomeIe £ieb erfd^adt', 
Starb eine tTad?tigaII im Did?tern?alb. 

Dein IHunb oerftummte. .— Sold^e füge lUeife, 
IDie fie gequollen, ^reunb, aus Deiner Bruft, 
£Jat fdjon feit Jat^ren in bem Sängerfreife 
gu fingen, a&i, fein (Ein3'ger met^r gemußt 1 
IDie üon bes IlTaimonbs 3Iütl)enbuft beraufdjt, 
3m IDot^IIaut fdjmelgenb, )^ahtn xd'xx gelaufdjt. 
Der Sd?önl^eit^(£oangeIium, es flang 
IDie ttad^tigallenlieb in Deinem Sang. 

So tönte t^ell Dein ^Jejigefang ber XTTinne 
\Xn^ griff an unfer ^er3 mit t^eiPger IHadjt, 
Doc^ 3U bem ipüften 3ad?anal ber Sinne 
Qaft nie, ein Spielmann, Du iHufif erbadjt! 



— 346 — 

Hie t{aft Du, bul^Ienb um bes €tntags Hul^tH; 
(Entn)et^t bes Dtdjters ^ofjes prtejlertl^um, 
Unb nie rerljüllt oor Dir in Sd^Ieier bid^t 
Die feufd^e Sdjam ifjr Ijolbes Jlngefid^t! 

Dod? meljr noc^l ttid^t allein 3um fanften Kofen 
VOat, Sänger, Deine IHufe nur gefd^icft, 
Dein 2Iug' ^ai burd? ber geitenftiirme Cofen 
propl^ctifd? Heid? unb Kaifer längfi erblicftl 
(Ein Dreigejiirn in Deiner Seele ^anb: 
(Sott, (Jreifjeit unb bas beutfd^e Daterlanb, 
Die Drei, Dir über 2IIIes t^od? nrib wevt^ — 
Unb unter Blumen trugjl Du aud? ein Sdjmertl — 

3a, Du marft fromm, bod? burftefl Du befennen 
Did? frei von jeber Dogmenfclaoerei I 
„Der (Jreiljeit eigen" mod?teft Du Did? mnnen, 
Dodf marjl Du nie ber Diener ber Partei. 
(Ein beutfdjer IHann in tieften IPefens (Srunb, 
(Ein beutfdjer IHann bis in bie leftte Stunb' — 
Unb bod? ein IHann, bem offen allenDÖrts ' 
;Jür jebes Dolfes Bepes (Seift unb f^ersl 

Dein ^Jreunb, ber ^Jrül^Iing. er ift nun gefommen. 
Utan trug Did? 3U bes ^Jriebl^ofs Hufjepla^. 
Der geiten IDelle t^at Did? fortgenommen, 
Dod? bleibt uns Deines Sdjaffens perlenfc^atj! 
(Er leud^tet Ijeü in Deutfd?Ianbs Did?terfron' 
3n reinem (ßlanje, tl^eurer Utufenfot^n, 
Unb über Deinem Cobtenfjügel ftel^t 
(Ein Stern bes Huljmes, ber nid?t untergetjt. — 



— 347 



Karl getteL 

3ft aud? Dein <5etft 5ur Sterncnfeter 

Der [taubgeborenen Qaft entfd?njebt; 
3P aud? Dein (Srab mit rofgem Sd^Ieier 
Dom ;Jrül)ftral|I 3itternb fd^on ummebt: 
Dein Bilb erftral^It im ^eaften£id?t; 
Den t>eui\d{en ^reunben jtirbft Du nid^tl 

So lang' nod? marme fersen glül^en 

3n unfrer grauen (Ebelbunb; 
So lang ber UTinne Blumen blatten 
2lus treuer Seele tiefem (Srunb: 
(Erftrat^It Dein öilb in fanftem £id?t; 
Den beutfd^en grauen ftirbft Du nid?t! 

JTtag fturmgeroaltig uns umtofen 

Der milbe lDogenfd?n)an ber geit; 
JTtag ^riebe fd?meid?elnb uns umfofen 
XV'xt fü§e ITtaienfeligfeit; 
Dein öilb erftraljlt in ernftem £id?t; 
Dem beutfd?en Dolfe ftirbft Vn nid^tl 

Dein Segen mallt auf uns l^ernieber 

IDie Cl^au auf golb'nen Blütl^enfeim, 
2Iuf unfer Streben, unfre £ieber, 
Selbp auf bas ftillfte Did^terfjeim : 
So jirafjlt Dein öilb mie Sonnenlid^t; 
Den beutfc^en Did^tern ftirbft Du nic^t! 



— 348 



€rnft rDid?ert. 

3d? fall ^^ "i^ ^'on 2lngeftd?t, 
3ci? l)örte nie aus Deinem JHunbc 
(Ein Wovt, w'xe's watm 3um ^örer fprit^t; 
Unb öod? oon frül^er £ebensftunbe 

(Entbel^rt id? Deiner (Jüt^ning nid^t. 

ttod? meig icb's, tüte 3um erften Htal 
Dein Harne um mid? l^er eirflungen, 
(EIj« nod? in's junge Qer3 fid? ftafjl 
Das sarte £ieb, bas Du gefunden 

Don Ciebesglürf unb Sel^nfud^tsqual. 

Unb bann — id? feftte mid? 3ur Wt^x 
(SIeid? anbern tro^igen <ßef eilen; 
5d?on t^ingen lüolfen \dfwav^ unb fc^iper 
2Im ^immel rings: pd? fül)n 3u jiellen 

Dem Kampf fd^ien rüt^mlidjes Begel^r. 

IHan fdfmäfjte Did?, Du roügtejl nur 
Des lüeibes fc^mad^en Sinn 3u rüljren, 
€rfhfebteft an ber geitenutjr 
Den Seiger fad?t 3urücf3ufäliren 

Unb folgtejl ausgetretener Spur. 



— 349 — 

Uttb bennod? laufd^t' id? tiefbemegt 
Den Ijolben Conen Deiner £eter, 
Bfah^ oft, im Ciefften angeregt 
Don Deinem £ieb, in jtiüer ^eier 

Den Kranj 3u ^Jöfeen Dir gelegt 

So fd?Iid?t unb ernjt, fo ipaf^r unb frei 
(&ah fanm ein gmeiter fein €mpftnben; 
3alb fal{ ic^, was rerlocPenb neu 
Der (tag bot; mit bem Cage fd^minben, 

Du aber bliebjt Dir felbft getreu. 

. Derflärt im £id?t ber poejie 
(Erfd?auteft Du, was Deinem DoIFe 
gur fpätgereiften ^Jruc^t gebiet^; 
Did? irrte feine IDettermoIfe 
Unb Dein Dertrau'n rerfagte nie. 

Dem Beften einsig galt bein Sang.* 
Hie rüt^rte Deine Bfanb bie Saite, 
Die »irr für bas (ßefül^I unb unrein flang, 
Du fül^rtejt aufwärts in bas ^Jreie, IDeite, 

Unb 2lIIen marb (ßerotnn, ©as Dir gelang. 

So fa^n n?ir Did? am £ebens3iel 
Den gansen JTtann in priefterl^altung. 
Derjhimmt ijt nun bes Did^ters Saitenfpiel; 
Dod? was er fd?uf, 3U et^erner (Seftaltung 

3n's Dolfsljers fd?rieb's ber IHufe Kiel. 



— 350 — 



Karl f^enrfelL 

€in fanfter Bd^wan — fo 5ogft Du Deine Kretfe, 
Kein 2lblersftttic^ trug Dtd? fiol5 empor. 
Wie fernes IDalbljorn tönte Deine IDeife 
Balb frol^, halb flagenb bem geneigten 0tjr. 
Sie flang oertraut gletd? leifem IDipfelrauft^en, 
tlur feiten orgelbraufenb fd^wott fte an, 
(Ein ^er3 ooU ^Jrieben mochte gern iljr laufdjen, 
Das 3arte IDeib meljr als ber raul^e UTann. 

JTtit fc^malem pfunbe, bas Dir (Sott gegeben, 
fjaft Du gemudycrt als ein guter Knedyt, 
IDas Du geleiftet, t>anf^ Du Deinem Streben, 
So »arbft ein Künftler truglos Du unb td^t 
Du »ngteft ja: ber (ßrogen warft Du Keiner, 
Die halinenhved^enb für bie gufunft bann, 
Vodf falj id? Keinen finniger nnb reiner 
gum flaren 2Ietljer gläubig aufmärts fdiavCn, 

WoliV. Durftefk Du bie palme nidjt erringen. 
Die nur bes (ßenius Stime Ijolb berüljrt, 
Der, JTtenfd^enfeelen mit (ßcroalt ju jmingen. 
Des (ßeijles mäd^t'ges gauberfcepter füljrt: 
Das Taterlanb, bem Du in treuer £iebe 
Der (Einfjcit IHorgenmecPruf bargebrad^t, 
IDeiljt Dir bes jungen Stammes frifdj'fke triebe. 
Des (EidjenFranses fd?n)eUenb»grüne prac^t. — 



— 351 — 

Das neue Hcid^I Du t^aft fein £ieb gefungen, 
2IIs nodj in IDeljen feine IHutter rang; 
ttun lüäd^jl es auf, unb ftol3 erfd^allt ber 3ungen 
Kraftbraufenber, Ijod^fd^mebenber (ßefang. 
Z^v Did^ter, auf! Don unfres ITTeeres Borben 
33is 3U ber 2IIpen ragenbem (Seftein: 
ttid^t fdjüd^tern met^rl IDer alfo grog genjorben, 
Xpuß feines großen Golfes mürbig fein. 



— 352 



Stuttgart 



T>ü l^ajl bes Hul^mes rolles IHag empfangen; 
Den Caufenben, bie auf Dein %r3 pertrauten, 
IDeil fie ari Deinen £iebern fic^ erbauten, 
5tnb aber taufenb anbre nad^gegangen. 

Urib wenn bes (Erbenfrüfjlings DÖgel fangen, 
€rfci?ufp Du in ben maienweid^en ianien 
Den Seelen, bte nac^ anbern gielen fd^auten, 
Xladf em'gem fenj ein tiefes £)eimDerIang*en. 

IDie banf idf Dir's! Dem ift fein Qimmel offen. 
Dem btefe IPelt nic^t fold? ein Seltnen giebt, 
Unh ol^ne fjimmel ift Fein (Slücf auf (Erben, 

Der IHai oerblüfjt mie fterbltd^e (Seberben; 
Doc^ leljrt Didj biefer nid?t auf jenen troffen. 
So fjaft Du biefen aud? nid^t gan3 geliebt. 



— 353 — 



2. 

Wie bajif id^'s boppclt, hci% Dil uict>t erfd?Iafft 
3ti Deines Hut^mes mad^fenbcm ^rol^Iocfeti, 
llnb l^aft bic oft gc3og'ncti Utal^nerglocfen 
2Iufs neu' gcfd^mungcn für bcs Hetd^cs Kraft I 

Urib als es nun crftanb aus alter ^aft, 
Dem Kaifer unb bem Kansler unerfd^rocfen 
§u lieb oerIie§eft Du bcn alten Hocfen 
llnb t^aft befel^bet il^re (ßegnerfd^aft, 

Denn roer fo große §üge tfjat im Tollen, 
Den mu§ man nid^t im Kleinen meiftern wollen 
llnb nid^t bcn Wein rerfd^ütten unb üermäffern. 

Sorgt tmmerl^in es flüger nod? 3U mad?en, 
3l)r feib ja IHänner, l^elfet bauen unb beffern, 
Dod? fo, ^a% ntd?t bie (Segner untrer lad^en. 



Ciiuanucl ®eitcl, ein QjJcbeüftu*. 23 



— 354 — 



3. 

„Der Ic^te Didjtcr" .murbeft Du ^cnanni, 
£a§ um bics Dorrcd^t aub'rc mit Dir ftrciteii; 
3d) prcife jcbcn, bcu bie Sterne IciteU; 
Da|5 er ujic Du 5U Siegen fid? ermannt. 

Unb jene Sänger fjaft Du ja gefannt 
llnb tjalfft ben £orbecr it^nen felbft bereiten, 
Die bcn belobt als ed^ten DoÜsgemeil^ten, 

Dem für fein gan3es Dolf bas fjcrs gebrannt. 

• 

Denn foroie ol^ne ^aupt ein Polf serftöbe. 
So fän! ein ^aupt, bas nidjt fein Volt erl^Öbe, 
Drum fei it^r Hul^m bcn aribtvn aud? geujäl^rt, 

Die neben Dir, wenn minber aud; nadi oben, 
;Jitr's l>oIf bie Stimme aus bem Dolf ert^oben, 
Dem einen (Srunbe, ber uns alle nät^rt. 



— 355 — 



^ran5 3fat)er SeibL 

Xtoin l)ält bte Crauer uns ben Sinn, befangen. 
Das ^er3 fann müfjfam nur jtd^ bran geiDÖfjnen, 
Pag Du für immer oon uns fortgegangen, 
Du fjol^erprieficr in bem Heid? '^zs Sd^önen; ' 
Dag Deiner fjarfe Saiten jefet 3erfprangen, 
Die füg erflang unb in melob'fd^en Conen. — 
2lufs (grab bes Sängers feiner £ieblingsliebcr 
£egt Dcutfd^Ianb ipeinenb nun '<>txi £orbeer nieber. 

Dod? bleibt Dein £ieb ein Croft I Das ©irb erfd^allcn 
yXnb tt)trb in fernfler §uFunft oon Dir fagen; 
Dem f5er3en, 'bas am (Eblen nod? (Sefaüen, 
IPirjt Du ein fJeiFger fein 3U allen Sagen. 
(Sing aud? 3U ^n'bt nun Dein irbifd? ITatlen, 
Vini> mußten n?ir 'btn Staub 3um Staube tragen: 
Did? nennt "bas Daterlanb ja bodj bcn Seinen, 
yXnh (Seibel lebt, fo lang bie Sterne fd?einen. 



0;]t 



350 — 



®tto Sutermeijier. 
« • 

„(Er mar ber Hläbc^en £tebling unb ber ^Jrauen" - 
^Jürmafir er wav's unb u?trb es immer bleiben; 
Pod? follt's elid^ länger nun nid^t mel^r erbauen, 
(Einanber biefe pfjrafc nad^äufdjreiben. 

Denn tob iji ber poet, ber reiner, njafjrer 
Sein ganses DoIF liat in fein Qerj gefd^Ioffen? 
Wo ber propl^et, aus beffen IHunbe flarer 
Die Kunbe feines 2Iufcrftel^'ns gefloffen? 

Unb als ber alte €rbfeinb es bebrol^te 
Unb als in Ijeigen Kämpfen es gerungen, 
IDer mar's, in bem bie flamme l^eifger Iol)te? i 
IDer fjat ein Sd^Iad^tlieb fräftiger g^fungen? 

Unh fo im ^rieben n?ie in Kriegsgefal^ren 
IDer von bcn £cbenbert unb von bzn Cobten 
?iai allem gottüergeff'ncn ^ol)ngebaren 
;Jurd?tIofer, männlid^er bie Stirn geboten? 

„Wenn i^t mid? mägt, fo »ägt ^en gan3en Did^tcr" 
So bat er felbft einji feine falben Kenner; . 
So nennt il^n benn nun il^r; geredete Hid^tcr:' 
„Der (fraucn £iebling unb ben Stols ber HTänncr." 




3n bemfclbcn SJerlagc erjc^icncn ferner: 

®etitf i^e SBeif cu üon 31 r n .^olsuiibCöcar Scrfdjfe. 

©leg. cart. Tlt 3.—, cleg. geb. m. (^olbfd)n. 3Wf. 4.—. 

!Die M^aittbtttget 9la0i^ti0i^UtC* [einreiben in ^o, 114 oom 
18. mai 1884 übe» biefcS 2öerf : 

.... ÖJcfunbc ©cbanfcn unb eine roarme (Smpfinbung 
für bcr aJTcnfci^en Seiben unb grcuben, eine l}citcre Sebcnös 
crfoffung, wie ein tiefeä unb emfteö SSerfenfcn in baö 3nncrc 
bcö ^erjcnäfammerleinö werben t)on ben beiben ^id^tcrn 
in blü^enben, flingenben, untabelig gefügten SSerfen befungcn; 
bic fd^önc äußere, oft mit 3Weifterfc^aft gel^anb^abte gomt, 
cntfprid^t oottfommen bem ©ebanfenini^alte. 5lm glänjenbften 
unb groge Urfprünglic^feit üerrat^enb offenbart fic^ bcr 
3)ic^ter Äunft in ben erften 5lbtl^eilungen, toeld^e bic beutfd^cn 
3Beifen unb baö beutfd^e Siebcrieben bcr SScrgangeni^eit in 
unferer jroar oicl bic^tenben, aber bcnnod^ gefangäarmen 
unb bürren 3cit roieber aufjuroeefen fud^en; ber alte beutfd^c 
§umor unb boö ölte beutf^e ®emüt^ ftel^en barin roieber 
auf. $)ie Slomantif beö HRittelalterö , roie unnjol^r fie an 
fic^ aud^ fein mog, fann faum f d^öner oerf lört roerben ; felbft 
in ben j^öglid^en 3ügen il^reö SBo^nö unb beö 5lberglaubcnä. 
^ic „Sieber eineö gol^renben", bcr in njeinfeligem Traume 
auf ben Slodöberg entfül^rt wirb unb bort einen ipeyen* 
fabbatl^ mitfeiert, finb föftlid^e G^otafterbilber unb fo 
plaftifd^ gerotl^en, baf; fie ber pnfel eineö 2Äalerö ju 
farbenreid^en 5ilad)tftüdten formen fßnnte. ®ä wäre nod^ 
SKand^erlei auö ben ©ebid^ten i^erauäjul^eben, roo biefe feine 
SKalerei fo prod^tig unb anjie^enb wirft, aber baö mag 
unterbleiben, um nur nod^ für bic Scmerhing 9flaum ju 
laffen, bafe aud^ bie pfgd^ologifci^cn Scrgliebcrungen in ben 
trcffcnbftcn einjclncn 3%^^^ crfd^cinen, namcntlid^ in ben 
©ebid^ten cmftcn 3nl)altö, ujic j. S. in ben fc^on ernjäl^ntcn 
„Siebem einer 9iäl^terin", in meldten bie $)id^tcr in ben 
rül^renbften SBerfcn ein ergrcifcnbcä ©eelcnbrama fd^ilbcm. 
2)ie „2)eutfd^en Sßeifen" möge iebeö poeficfrcunblid)c $auö 
gütig aufnel^men. 



Xic „^tipii^tt iattfhrirteSeitung'fc^reibt in 9lr.2141. 1884. 

^aä »lu^ ift Suliud SBoIff, bem oollstpmlid^en @pifer, 
gctoibmet, unb roed^felDoU, wie biefeS ^id^terS eigene klänge, 
batb fd^alil^aft berb, ^er) unb Dl^r ^ugleid^ erfreuenb, tönen 
aud^ bie „^eutfd^en äBeifen". SRitunter »erleiden i^ncn 
bie bftmonifc^en (Steiftet beä ^i^eineS eine gerabe^u jn^ingenbc 
Gewalt; fo namentUd^ in bem „^alpux^x^" überf(|riebenen, 
an bie ((^aucrltd^e Sage oon ^^artini'ö „2:eufeIöfonotc" 
mal^nenben ^raum einest bejed^ten (^etgerS. ^u^er biefem 
^^antafteftücf in ^aÜoVä äXanier oerbienen nod^ bie jroölf 
„Sieber einer 9lä^terin" olö ma^re perlen ber ^oefte ^eroor^ 
gel^oben ju werben, perlen leiber aud^ in l)em Sinne, loonad) 
fold^e ©ebilbe ber feuchten 2^iefe 2^()rQnen bcbeuten. 2öaö 
weiter baö von feinem Sierleger würbig ouögeftattete 95ud> an 
naturfreubigen „©ommergef fingen", jartfinnigen „6tamm= 
bud^btftttem" unb ibealgetragenen „(^eban!enf(ügen" bietet, 
ift oUeä gleid^ lefenöwcrtl). 3)aiu f)at eine 9Jeigung,für 
entfc^wunbene 3BortbiIbungen f)kx bereid^ernb gewirft unb 
manchem fcrnbeutfc^en 5luöbrurf burd) bcn Sd^Iiff bcs 
Sleimeö ju neuem Sebcn oer^olfcn. 

^er M^e^bfitfr SInseigfr" fc^reibt am 23. 3Rai 1884. 

3Baö ber ^itel biefeä SBönbd^ens üerfprid^t, wirb gel)alteu. 
@ö finb ed^te beutfd)e 2öeifcn, fräftig unb erfrifd^enb, wol^r 
unb innig empfunbcn, oft einen l^ö^eren Sluffd^ung nei)menb, 
burd^wel^t -oon IBegeifterung für baS Sbeale, Steinl^eit bes 
^erjenS preifenb unb in uerfc^iebenen ^id^tungen jene ebelc 
^fiaterlanbäliebe ouöfprec^enb , bie weit entfernt oon aUem 
^enbenjiöfen unb oon gel^öffigem ©^auoini^muS ift. ^ud^ 
an gefunbem $umor fel^lt eS in biefer Sammlung nid^t, 
ber juweilen, mk j. 93. in bem ©ebid^t „93etteImannöl^oc^jeit", 
femer in bem auö jwölf 9lummem befte^cnben ß^flus 
„Söalpur^iä, Sieber eineä gal^renbcn" mit Uebenöwürbiger 
jl'edt)eit ftd^ !unb giebt. ^ie ^id^ter l^ätten eS jebod^ nid^t 
unterlaffen fotten, il^rc ^oefien mit il^rem ^f^amen ju bcs 
jeid^nen. SBcnn @inem baS eine ober baö> anbcrc ©cbic^t 
gan^ befonberä gefäUt, mod^te man bod^ aud^ gern wiffen, 
wer eä gefc^rieben ^at. 



"^attifin^^ (Sbnavh, ©ebcnf blattet, ©croibmct ben 
grcunbcn bcö SBcreroigtcn.gneleg.SeinroanbbanbTO.S.— . 

Uebcr biefeö 2Berf fd^reibt gerbinanb ©leic^ im ,,3)rc^better 
»nieige«", 9lo. 127 »om* 6. 2Äai 1884: 

Söenn biefc ©ebenfblätter aud^ junSc^ft für bie greunbe 
bc§ leibcr fo frü^ bal^ingcgangenen, jungen ©etel^rten unb 
Sc^riftftcaerö (geb. in «ertin am 24. 2Rära 1857, geft. am 
19. Dftober 1883 ebenbafelbft) beftimmt ftnb , fo werben 
fie bod^ nid^t minbcr in roeitercn, namentlid^ fünftterifd^en 
Greifen leb^ofte ©rimpatl^ie finben. SBeld^' ein reirfier ®eift, 
roelc^' ein roarmei^, eblcö §erj, roetd^e ed^te Sleligiofität 
unb fittlic^ kleine offenbaren fic^ in bcm öon bem 35ers 
ftorbcncn roäl^renb feiner 9leifen in ®eutf(^(anb, J-ranfreid^, 
n ber Sd^roeij unb in Stalicn geführten ^agebuc^. Sind) 
feine " ^Infc^auungen über ^flaturf^öni^eit, feine geiftöollen 
S3eobac^tungen beö 33oHö(ebenö ftnb ^ö^ft anjie^enb unb 
belel^renb unb fpred^en für eine geiftige Sleife, eine gertigfcit 
unb geftigfcit beö ßl^arafterö, n)ie man boä bod| nur feiten 
in fo jjugenblid^em 5llter finbet. — 3lu{ier biefen Xagebud)^ 
blättern entplt ber mit bem 93ilbni§ beä 3Serftorbenen 
gcjierte S3onb eine ^luöroal^l oon bisü^er noc^ nic^t uer* 
öffentUc^ten 2)id^tungen: „35erfud^ eincö !Drama'ö mit 
ß^ören", ein ©d^aufpiel in einem 5lct „^er %af oon 
©inftebel" unb eine Sfleil^e oon Iririfc^en ©ebic^ten ernften 
3n^altö. !Daö f&ud) fd)lieBt ab mit einem ©onett. „!5)er 
Mnftler ftarb", in beffen legten 3ßi^cn: Unb nel)met bies 
alö meine testen 2öorte: — „2öcr glü^enb Sc^önl^eit fü^lt, 
bem ift befc^ieben — ^m Seben Äampf, im Sterben ©ottes* 
frieben" bao ganje innere 2öefcn beö ^ic^terö jum 5lu§bru(f 
fommt. 

2)ic „a)re«better na^ti^tw fc^reiben in *Jlr. 205. 1884. 

IJicfe tagebud^artigc 3Biebergobe oon jumeift in granf« 
rcid^, Stalicn unb ber ©d^roeij empfangenen Sletfceinbrüdfcn 
überrafd^t burc^ baä flore unb babei gemütl^öroarme ©e^ 
banfentlium ilireö 35erfafferä, unb bie etliifc^e 33cr!larung, 
meldte ^ier ha^ klingen nad^ ^armonifc^er !Beltanfd^auung 
übet \>a^ Seben eineö fc^lic^tcn ^riootgelel^rten breitet. 3)cr 
junge fc^märmcrifc^e S^colog burd)forfc^t bie 92atur unb boö 
35olf, bie SWufeen unb 33ibliot^efen obiger Sänbcr mit einem 



.Ictbcr bas SKarf feines Scbcns auf^e^rcnbcn @ifer. 9Hci^t 
toenige ber in fo trauriger 2öei)c errungenen 2öiffenöfc^o^e, 
infonbert)eit bie Urtlfteile über etliche 2ReiftenDerfc ber i^unft, 
Befi^en bauemben 2Bertl^. 2öie oiel fleinc feine 3üge meife 
biefer Süngling oon ®enie unb ^erj allein 95eronefe*ö, 
„Öoc^jeit ju Sana" im Sonore abjuloufd^en ! 9?ic^t minber 
intereffirt bie p^ilofopj^ifd^jpatriotifc^e SÖürbigung uon Stic^arb 
5Öagner'ö ^onfc^öpfungen, unb ein SJorfd^lag mit ber, bie 
„25}aßüre" jum geftfpiele einer alliäl^rlid) roicberf i l^renben, 
beutfd)mationalen grül^lingsfeier ju ergeben, oerbient geroi^ 
$8eac^tung. S)aö fc^Iiefili^ burd^ bicfe aud^ bramatifc^ bc? 
reicherten unb mit bem 53ilbni§ il^res 35erfafferö gejierten 
33Iätter ein §aucl^ tiefer 3c^roermut^ mel^t, mac^t fie nur 
noc^ anjiel^enber. 3Ron l^ört in iFinen gleic^fam fc^on bie 
ßt)preffen raufd^en unb fielj)t bie flamme cineä ibealen ^citri^ 
flacfernb mit bem §aud^ bcö ^obeä fämpfen! 

Die M»offlf<ftc Seitttlig" frfireibt in 9ir. 241. 1884. 

2öir t)crbcn ben im 27. Sebenäjal^re üerftorbenen 3Ronn, 
beffen urfprünglid^ nic^t für bie Deffentlic^Ieit beftimmteä 
^agcbud^ f)ier pubUcirt mirb, nid^t gefannt, aber mir bittigen 
unb mürbigen ben Söunfd^ feiner greunbe, feine Sluf« 
jeid^nungen attgemein jugönglid^ ju machen. Severe fnüpfen 
an beä 35erfofferä 5lufentl^alt in Staticn an unb berühren 
bal^er jum grofien Xl^eil oiel befproc^enc ^tnge. 5lber mie 
eigenartig, mie bebeutenb ift baö, roaö biefer junge 3Rann 
fagt! 3Ran glaubt, menn man ftd^ in bicö Sud^ einlieft, in 
einen attmö^lid^ immer glanjenber beleud^teten Xempel ein« 
antreten, ber attcn guten unb großen ®öttem geroeil^t ift. 
Öier l^eifet eö 3. 33.: „3^ "^e^r ber 3Äenfc^ oon feinem 
©ertl^e burd^brungen ift, um fo unglüdElic^er ift er — unb 
bod^ ift biefer Plummer nötl)ig, benn er fül^rt ju ®ott unb 
jur ®r!enntni§." Unb oon ben SRabonnen gilippo Sippi'ö: 
„3n i^nen fommt ber ©l^arafter feineä S^xtaitev^ in grellen 
©egcnfS^en jum Slusbrurf: bie unenblic^e ©innlic^feit unb 
bie gottergebene 3)cmutl^ .... 9lur bie ooHc ed^te Sinn« 
litf^feit ift im Staube, fic^ ju ber ganjen, reinen ©öttlid^* 
feit ju erl^eben." §ier fpri^t ein 2Rann, ber feinen ^lato 
nic^t blof; gelefen, fonbem aud^ oerftanben unb fid^ in il^n 
eingelejbt l^at; imb folc^e SÄdnner begrübt man einmal gem. 



gunrfe & "D^aeter, 3?erltn SO., Äcvnirferftr. :•••. 

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