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Der Hcingciiointt biefcs IDerFes mtrb bem (Jottbs eines in £übecf
3u errid^tenben (Seibel-Denfmals sugemanbt.
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betrag von ^^cax '^axtifin^.
1884*
PortDort,
„Wnb eine Ärone ift gefallen oom Raupte eined Rönigö !
ttnb ein ©d^roert ift gebrod^en in ber $anb eineö gelb^
l^erm! Unb ein l^ol^er ^rieftet ift geftorben!" — 3Kit
biefen ergreif enben Söorten auö 33örne'ö „S)enfrebe
auf ^zan ^aul" legte ©rnft 3^^l ^m 33eerbigungö^
tage ©manuel ©eibelö in ben ©palten ber ,,3lllgem.
3eitung" ein „Oebenfblat auf ein frifd^eö Sid^tergrab"
nieber unb fäl^rt bann fort:
,,2)er Xoh ®manuel ®eibels bebeutet nn^ alten
oiel Öeib unb SBe^e, unö SlHen, bie roir nod^ ben
©lauben l^aben, bafe ber ©id^ter, wofern er ein ed^ter
ift, ein t)om Fimmel beooltmäd^tigter ^cubenbringer
unb S^röfter ifi. 3n nn% Slllen, Sllten unb jungen,
flingt bei ber SCrauerbotfd^aft oon SübedE eine ©aite
fd^crjlid^ an, bie nn^t femeö ©rinnem auö Äinbl^eit
unb I3ünglingöj[al^ren road^ruft unb bod^ tönt wie ber
pertraute fiaut oon geftern unb l^eute. S)aö ift eä Ja
— VI —
zbzn: ©cibcl ift unter nn^ bcr ©id^tcr, bcr nad^ bcr
räumlid^cn roic nad^ bcr jcitlid^cn 33rcitc beä poctifd^cn
SBirfcnö unb SSßaltcnä l^in [i*d^ bcn glüdElid^ften nennen
barf unter all feinen 3Kitftrebenben. %vaQt Seber fid^
clbft! SBaö fnüpft fidE) nid^t aUeö für bie ©eneration,
bie ^eute auf ber §öl^e beä fiebenö fielet, an ben Flamen
©eibel ! ®eibel war auf ber ©d^ulbanf unfer @ott
— feine erften fentimentalen Siebergaben waren in
9ltter §änben, unb unfer jugenblid^er 5ßegafu§, fd^üd^tem
unb bod^ felbftberoufet, näl^rte fid^ an biefen melobifd^en
©tropl^en einer blonben 3Kufe. ©eibel war bei ben
fd^äumenben Ärügen ber alma mater unfer §eroö —
feine patriotifd^en Sieber, feine Sonette für ©d^Ieöroig*
§olftein eleftrifirten bie 3ugenb, unb unfere §ei^en
entjünbeten fid^ an bem beftridEenben ^atl^oö feiner
Si)rif. ©eibel xoat in ben füfeen ^eier^ unb SBräutigamö::
monben unfer aSertrauter — bie 6injig^®ine fang feine
Sßinnelieber, unb roie ©olbfd^nittabglanj ber „Suniuä::
lieber" lag ed über unferem bräutlid^en ©mpfinben.
©eibel ift l^eute in ben reifen SCagen ber 3Äann'eöpl^e
unfer greunb — feine tiefgebad^ten Dbenbid^tungen,
feine granbiofen t)aterlänbifd^en ^^mnen, feine form^
oollenbeten 3)ramen finb Ifingft ©igentl^um feines SSolf ed ;
nod^ i^nen greifen aud^ wir, ©rl^ebung unb ©rl^ohmg
— VII —
fud^enb, in bcn ©tunben ber fampfcd^ unb arbcitmübcn
©timmung. SBie unö aber feine ©iei^tungen burd^ aUe
©tabien beö Eebenä begleiteten, fo l^aben fie aud^ alle
großen unb bebeutfamen Strömungen ber ^di, bie
wir burd^Icbt, in fid^ aufgenommen, in ftd^ ausgeprägt:
fein nationaler Oebanfe ber legten oier S)ecennien, ber
nid^t in Oeibelö ©id^tungen einen monumentalen Slus^
brucf, fein roeltberoegenbeö ©reignife unferer ^age, baß
nid^t in il^nen ein eigenartiges ®d^o gefunben, feine
menfd^lieitlid^e Slngelegen^eit, liege fie nun im ©entrum
unferer ^cii ober ftreife fie nur il^re ^eripl^erie, ju ber
©eibel nid^t bid^terifd^ Stellung genommen!"
SBer, mie id^, biefe SBorte be§ Öeipjiger S^riferö
gern unb freubig unterfd^reibt, für ben bebarf bie
Verausgabe eines Sßerfes, roie bes oorliegenben, feine
(gntf d^ulbigung ; unb ba id^ nid^t glauben mag, bafe es
njalirl^afte ^eunbe unb Kenner ber l)errlid^ften aller
fünfte giebt, bie oon ber 93ebeutung ®manuel®eibels
als 2)id^ter geringer benfen, fo ift es rool^l bas Sefte,
wenn id^ baS „SBeSl^alb" ber Verausgabe biefes ©ebenf-
bud^es unerortert laffe unb bas „SBie" berfelben getroft
ber Äritif anJ^eimfteHe. 5ftur feien mir l^ier nod^ einige
einleite.nbe 33emerfungen geftattet.
9llS auf meine Slnregung l^in wenige 2^age nad^
— VIII —
bctn SCobe ©tnanuel OcibeU bie aSerlagöbud^l^anblung
t)on Döcar ^arrifiuö in Serlin einen „9lufruf an bie
beutfd^en S)id^ter unb ^ritifcr" erliefe, lief berfelbe, wie
mir eine Slnja^l oon g^itungöauäfd^nitten beroeifen, fc
jiemlid^ burd^ bie gefammte beutfd^e treffe unb fei
f)iermit fäntmtlid^en SRebactionen, roeld^e für feine 33er'
breitung eingetreten, ber f d^ulbige ® auf auögefprod^en.
S)ie erbetenen ©infenbungen liefeen benn anä) nid^t
lange auf fid^ warten. 9lu0 allen ©egenben ©eutfd^^
lanb§, felbft aus bem Sluölanbe, wie beifpielöroeife auö
Äonftantinopel, SE^rieft, SQßien, ©raj, SRiga, 35orpat,
3ürid^, 33afel unb ßincinnati, liefen unö S^f^^f^^^
ein, . bie bie feltene Popularität ©manuel ® eibelö nid^t
minber berebt funb tl^un bürften, alö bie 100 3luf lagen
feiner ^ugenbgebid^te. 33iö ®nbe aJlai betrug bie älm
jal^l ber eingefanbten Beiträge ca. 200, worunter fid^
nid^t weniger alö 150 ©ebid^te befanben. ©ie meiften
3ufd^riften fteUte m§, bie ^oft auö Sübed ju. 5ftä^jt
ber aSaterftabt unfereö 5Did^ter§ betl^eiligten fid^ Serlin,
®reöben, SBien, Hamburg unb 3ßünd^en am regften an
unferm Unternel^men. 3lm legten 9Jlai mürbe bie Sie?
baction gefd^lojfen.
hiermit bürfte baö SBenige, roeld^es id^ alö §eraud?
geber biefeö Sud^eö feinem S^ejte etroa oorauöjufd^idEen
- IX -
l^ättc, bereite erfd^öpft fein, unb bleibt mir nun nur
nod^ -bie angenel^me Aufgabe übrig, meinen oerel^rlid^en
"Witarbeitem für il^re felbftlofe Eingabe, bie eö mir
näd^ft ber 33ereitn)iUigfeit beö §erm SSerlegerö in erfter
fiinie ermöglid^te, bie biefem 33ud^e ju ®runbe liegenbe
3bee ju t)em)irflid^en, meinen mal^rfiaften unb l^erjüd^en
2)anf auöjufpred^en.
3ßit 3Sergnügeu folge id^ anä) mä) einer Sluf^
forberung beö §errn SRaj SCrippenbad^ (3lfd^er§leben)
unb rid^te l^iermit an baö ^ßublifum bie bringenbe
33itte : ©ebid^te, S3riefe, S3rofd^üren, 3^itungöau§fd^nitte,
^ortraitä, 9lnef boten, unoeröffentUd^te SRanufcripte
u. f. m., u. f. ro., bie irgenbroie für einen ©eibelforfd^er
oon 3ntereffe fein fönnten, bem genannten §errn
freunblid^ft mittf)eilen ju wollen, ©erfelbe ift bereits
feit Sollten mit ben umfangreid^en Sßorarbeiten ju einer
33iograpf)ie beä ©id^terö befd^äftigt unb mürbe für jeben
oHngerjeig, ber il^m feine fd^mierige Slufgabe erleid^terte,
äufeerft banfbar fein. —
3Jlöge biefeö „Oebenfbud^" eine feineö ^votdt^
mürbige Sßerbreitung flnben unb fo ben SBemeiö liefern,
ba^ aud^ in unferer 3^^^ t^^fe ^effimiömuö unb SKa?
terialiömuö baö aJlenfd^enlierä meljr alö ein blofeer
— X —
aWuöfel geblieben ifl unb ba§ oor 3lIIem anä) unfere
©eneration jener SCugenb feineöroegö ermangelt, beren
gel^lett il^r fo oft jum SSonourf gemad^t roirb, nämlid^
ber 5ßietat.
33 erlin, im 3uni 1884.
3)er Herausgeber.
I)er3etd?m§ 0er ZTIitarbeiter.
'Seite.
gSartyd^, Äarl — ^eibclbcrg . 270
95ae6r, ^aul -r SBab D^nl^aiifen 286
»lütl^gen, 95ictor — greientoalbe 324
SBobcnftcbt, gricbrid) — 2öic§baben 331
»rauer, 3Ra£ — «erlin : . 29.8
f crri, ©qetau — Söicn 295
pal^n, gcitj — Äönigöberg i. ^r. . ......... 288
gfaftcnratl^, SoEjanneä — min 311
gid, ^cinrid^ — Sincinnati .*..,.. 343
gifd^cr, Sol^ann ®eorg - ©tuttgart 352
^aeber^, Äarl X^tohpx — «crlin ......... 279
©ocbcdfc, Äarl — ©öttingen 234
©octtc, Shibolf — ^reöbcn 235
©roffe, Swliwä — aöcimar 167
®rot^, Älauä - Äi^l 273
@rubc, aWoj — S5rc§ben 224
^amd, Sflirfiarb — granffurt a. D 290
©cndca, Äarl — ^annooer 350
©e^fc, $aul — SRünd^en 269 ,
©ol^cnl^aiifcni gr. oon — Berlin . 220
©ol8, Slmo — »crlin. 300 313
5bcl, Söill^crm — SöcrmeBIird^cn 340
3al^nfc, §crmann — SBerlin . . . 306
Scnfcn, aöil^clm - Srciburg i. ^r M33 274
Serfd^fc, Däfar — etrafeburg i. ®. 238
— XII —
Sialbcd, 3Kar — 3öicn 190
Berber, J. — 9tiga » 28a
Ärügcf, öugo — ^Berlin 322
^angc, Ä\ — öreötau 809
Sinbau, 'Ißaul — f&cxiin 179
Sinbcnbcrg — 9luffe 12^
Sin99f ©ermann — SRünd^en 338
Weerl^eimb, 9iirf)arb von — !5)reöben 33(>
Jrtirfiacaö, @mma — Si^amfirrf), DbcrelfaS 342
"glittcräl^aus, (Smil — 35armen 345
5cf)an3, Uli - Si^reöben 310
©c^neiber, 3Ra£ — «ftügenroalbe . . . •. . . . . 299 333
Sc^neibcr, Ulrid^ - ©rf)ilbac^ bei ©c^öned i. @. ... 297
©egert, 5lnna — ©treli^ i. 3R. ....;.... 307
©cibi, Sranj Xaoer — Slegenöburg 355
©enbacf), Subroig — 2Bien 296
©utermeifter, Otto — 3üric^ 356
^f)iemid), 'H^aul — 93reölau 277
Xrippenbacf), 3Ra£ — 9lfcf)cröleben .... 19 204 255 312
krummer — Sübecf 118
^ifc^er, 5J^lebric() — Stuttgart 292
3]oigt, ©ermann — Berlin 293
55aIbmüUer, stöbert — 2)reöben 1
2öe6cr, ©enrtette — 2Äüf)lt)aufen i. @ 320
2öict)ert, ©rnft — Äöntgöberg i. ^r 348-
Söiöbac^er, 3rana — 5linring 327
Jcttcf, Ä'arl — JHcgeniöOurg ;H7
(grftcr Cl^etl
g fe<fei^fe^^ife'fe».fe&fe&Ä^'»<fe<>.0-Ä^lÄ<fe^^<f^fe<^<»!fe<feAfe^Aj
10
^<Siäm^'^^^§^-::^&rfM^m^
(Bebenfrebe auf €manuel (5etbeL
@c]^altcn im ©rcäbener litcrarifc^en SJercin*)
t)on
Sielbett SBalbmäaet*
® r c ö b c n.
€in ungen)ol)nIt(ä^ glücfttd^cö ©afein l)at in bcr füllen
^oä)t t)or Dftern feinen Slbfd^tufe gefunben. 3lx6)t bafe
bie ^age ®manuel ©eibelö mn ber SBiege biö jum
<Srabe eitel ©onnenfd^ein begleitet liätte. ®r felbft
wäre ber legte geroefen, eine fo t)erl)ängnifet)olle §ulb
ier ©Otter für fid^ ju erbitten. Sieben jal^lreid^en
*) 35er ©rcöbncr 3Jeretn war bie erfte literarifd^e ©cnoffen«
ft^aft, rocki^c bcn SWanen beö cntfd^Iafencn ^id^terö eine größere
^ebenffeier roibmetc. 2)en Äem biefer geierUcf|!eit bilbetc bie
oben mitgetl^cilte Siebe, beren ®ingang mit roenigen Sßorten t)on
l)en erjd^üttemben ©eiten bcö ©d^eibenä eineS feiner 5flation fo
innig befrcunbeten 6Jeniu§ auf ba^jenfgc überlenfte, roaä unö, bie
loir an feinem ©rabe trauern, jum ^L^rofte gereid^en fann.
©manuel ©eibel, ein ©ebi?nf6u^. 1
— 2 —
ücinern ober gröfecrn Sßcrbunfelungcn feiner fiebenötage
finb ätoci fd^ioere t^eimfud^ungen über xf)n ücr^angt
gciöcfcn: ber frü^c Xob feiner inniggeliebten (Sattin unb
bie langwierige Äranf^eit, roefd^e Söfirjefintc lang tägtid^
n)äl)renb üieler ©tunben il)n ju quaboUer Untliätigfeit
üerbammte unb ber er enblid^ erlag.
2lbcr xoit er feine ©eelem unb Äörperfd^merjcn
JU einem Sduterungöprojefe ju-mad^en üerftanb, ber bcn
©d^njingen feines ©eniuö immer plierc glugfraft liel^,
fo jiemt eö aud^ unö, burd^ ein liebeüolleö Sßerfenfcn
in bie lid^teren Seiten fcineö Silbeö bie lebenöfreubige
^erfönlid^feit, alö meldte er in unfcrm ©ebäd^tnife fort
jubauern nerbient, unö flar üor Slugen ju ftellen.
gaffen wir nur baö SBefentlid^c jufammen. SBa^
fann einem Äinbe beffereö jutl^eil werben, als bie $ut
gead^teter, treuer, liebevoller ®ltern, als (Sefd^mifter^
mit bencn eä in innigem 3iif^"^^^"I)^^9^ aufroäd^ft?
33eiber ©efd^enfe beö Fimmels burftc er in üoHeni
SRafee frol) werben. ®r war ber pebente üon ad^t
©efd;wiftern, unb fein üäterlid^eö ^auö, ein ^farrfiauö,.
cl^rbar wie bie alte ^anfeftabt felbft, aber gleid^ biefer
ben Reitern Seiten beö ©afeins feineöwegö üerfd^loffen,
entließ ben Süngling erft, als für bie ungebunbenere
Sern- unb Sebenäweife bes Stubenten feine SSorbilbung
wie fein ßliarafter bereits in reid^em SRa^e ©ewäl^r
boten. So jog ber junge ^oet — benn fd^on gelangen
il)m poetifd^e Smprooifationen — nad^ 33onn an bcn
allein. 2ln ben 9t^einl SBar bas etwa fein Sonnen:^
— 3 —
blict? Unb wie er nun bort, von bem ^anbtx beö ntmri
SJofeind burd^Ieud^tct, ftd^ ber ©öttergabc ber ^oefie
immer beutlid^er bcwufet wirb, wie er ber S^l^eotogie
entfagt unb fid^ am ßnbe beö jweiten ©emefterö naä)
Serlin menbet, um bei ^ödf) äßetrif ju ^ören, iei
Sad^mann ^roperj, bei 2)rot)fen Slriftopl^aneö, bei ßrb-
mann enbftd^ p^ilofopl^ifd^e Unfterblid^feitötefire, wie er
fo mit üollen ©egetn in baö äßeer l^inauöfd^iffen barf,
auö beffen femfter gerne bie Snfel ber ©eligen todt,
baö ®ben ber ^oefie, fügt eö fid^ ba nid^t aud^ nod^
glüdlid^, bafe eö bie 3^it ift< tüo in ber fonft blofe alö
fritifd^ unb geiftreid^ oerrufenen märfifd^en äßetropole
mirllid^e ^oeten von (Sotteö ©naben l^eimifd^ ftnb —
id^ nenne nur ©id^enborff unb 6l)amiffo — , unb roaö
noä) mti)x fagen roitt, ba§ fie ben jungen ©enoffen
freubig wilHommen l^eifeen ? Unb mic rei^t fid^ nun einö
anö anbre! ßurtiuö, ein Sanbömann unb greunb Oeibelö,
l)at eine ^auölefirerftette in 9ltf)en angenommen. 2Birb
©eibel oerurt^eilt fein, ©emefter um Semefter im mär^
ftfd^en ©anbe ben Sippen eines ^rofefforö ju laufd^en?
D nein! ®l)e er fid^ beffen oerflefit, ift bei bem rufftfd^en
©efanbten in 2ltl)en eine ^auötel^rerftelle bafant ge?
morben, unb 33ettina l^at if)n in ifirer unroiberftefiUd^en
2Beife fd^on bal^in empfol^Ien. ®ine ganje ©d^aar SSe^
merber jieiit Jlieten, unfer ^oet fommt mit ber ©lüdö^
nnmmct l^erauö. SBenige SBod^en fpäter ftefit er auf
bem l^eiUgen 33oben feiner ©e^nfud^t, trinft er mit
ooHen 3^9^^ ^^^ ^^"^ lebenbigen 33om flaffifd^er @r?
1*
— 4 —
'innerungen, lafet er btc SBonncn ber füblid^cn SRatur
fein ganjeö fd^önl^eitöburftiged SBefen burd^bringen unb
erfüllen. 3"^^^ beglüdenbe 3a^re — baö legte in faft
Dölliger Ungebunben^eit — enteilen \f)m unter bent gefeg*
neten ^immel bed alten ^ellad rok ein entjüdfenber
SJraum, ein Sj:raum, ber and) nid^t ber poettfd^ fruci^fc
baren ©tunben entbehrt unb ber baneben auö feinem
überreid^en ^Bl^om erweiterte 2Beltfenntni§ wie flare
®inblide in bie Silbungöfunbgruben ber aWenfd^l^eit tier::
fd^roenberifd^ auöftreut.
Da fanCs mir ins (0emütl{:
fjier unter biefem blauen
(5e3elt, wo's eroig blül^t,
W'iz gut wäx's flutten bauen I
Dod? frolj qtbad^t xdfs fanm,
Da fprad? bos £Jer3 mit Beben:
Das ift ein fd?öner Craum,
Dod? iffs ein Craumbilb eben.
Wk foüte bir, o Cl^or,
€rbläljen Haft unb (Jriebe,
Wo nimmermeijr ein (Dfyc
2Iufl^ord?te beinem £iebel
Sllfo in bie ^eimatl^ jurüd! Sd^on auö Sltlien l^atte
er bal^in gefd^rieben, fein ^oetenberuf gönne il^m in ber
^embe nid^t 3tuf)e. „5ßtaten ift tobt, fd^rieb er, 6l^a^
miffo ift tobt, Ufilanb fd^roeigt fd^on lange, 3tüdfert jer^
fplittert fid^; unter ben jüngeren ift nur g^eiligratl^
üon 33ebeutung. ®ö ift 3eit, ba§ ntnt, fräftige Stimmen
— 5 —
burd^bringcn, fonft tjcrlicrt fid^ aUcd in d^arafterlofew
©ciiüitfd^cr."
aJlan traut feinen Dl^ren nid^t! SSon fotd^er 2Bid^^
tigfeit war bamdtö nod^ bie 5ßoefle. Slber wir Sleltern
roiffen eö ja, fie l^atte ju jener 3^it in bcr SJI^at eine
fül^renbc dtoUt; gab eö bod^ nod^ feine freie treffe,
nai^m bie 3oumaBeftüre bod^ nod^ nid^t wie iieute bie
aWufeeftunbcn eines großen 2^i|eUeö ber ©ebübeten in
3lnfprud^, war cä bod^ l^öd^ftenä erlaubt, in gebunbener
Siebe anjubeuten, wie meleö in ber SEBelt unb vot allem
in ndd^fter 3laf)c anbcrö fein fottte, afe eö war. Sluö
bem ,,®ejtt)itfd^er" würbe benn aud^ gar balb baö grcHe
©d^rcien ber SBögel, bie bem ©türm vorauf jiefien, unter
ii)nen alö ber tjeme^mbarfte ©eorg ^ermegl^ in feinen
,,®ebid^ten eines Sebenbigen". 3}l\x^U auö ber 5ßoeten?
fd^aar ii|m einer antworten — unb woiil war bie Sluf?
forberung baju eine bringenbe — , fo fonnte eö nur
©cibel fein. 3n il^m oor attem lebte bie Ueberjeugung,
baß S)eutfd^Ianb eine S3eute ber ®rbfeinbe an ber ?lewa
unb an ber Seine werben würbe, wenn eö burd^ einen
33ürgcrfrieg baö ©erüft jufammenftürje, auf weld^em
feine ©d^eineinl^eit beruhe. 2)od^ woju in nüd^temer
^rofa fagen, waö ber fiebenunbjwanjigiäl)rige ®eibe(
im ^bruar 1842 alö 2lntwort an ®eorg i&erwegl^
DoQtönig inö beutfd^e fianb l^inauöfang!
^s fd^oÜ betn £ieb mir tn bos (Diit
So fd^n)ertesfd?arf, fo glorfcntöntg,
2IIs mär' aus feiner (Srnft empor
(Setpallt ein alter Did^terfdnig.
— 6 —
llnb bod?l 3d? ipeif es ntd?t oon mir,
3(^ nm§ Mc^ tn bte Sd?ran!en laben;
Komm an in ooller ^amifd^jier,
2Iuf Cob nnb £eben Kampf mit bir,
Kampf, bn Poet üon (Sottes (Snabenl
Db in ber SCl^at ol^ne geiüaltfamen Umfturj beö
Seftclienbcn burd^jufommen gcrocfen ttjöre, roer wiB cö
fagen? §ören roir lieute bie ' SBortfül^rer ber 9lrbciter
nad^ icnem legten aJHttel, nad^ ber 9let)olution, rufen,
fo empfinben wir äfinlid^eö, wie in ber S^xt beö lierauf^
jiel^enben ad^tunbmerjiger ©turmeö ®eibel unb bic^
jcnigen empfinben mußten, benen baö ^creinbred^en gc^
fe|Iofer 3wftänbe ein ©räuel war. ©aran, bafe anä)
^eiligratl^ bamalö auf gteid^em potitifd^en 33oben ftanb
unb eine ^ßenfion beö Äonigä t)on ^reufeen bcjog, fei
l^ier nur erinnert, um bamit ein Streiflid^t auf bie mä)
n\(S)t jur Maren ©onberung ber Parteien gelangte QtxU
ftimmung fallen ju laffen.
6ö war begreiflid^, ba§ jeneö ©ebid^t nid^t allein
in ber breiten 9Maffe beö Solfeö 3luffel^en erregte. Äurj
nad^ bem SBcilinad^töfefte 1843 rourbe Oeibel t)on feinem
©önner, §errn von SRumol^r, ju einem fleinen SRittagö^
maf)le eingelabcn. 9ltö ber ©aft bie fd^ön gefältelte
©eroiette aufl)ob, lag unter berfelben ein Sd^reiben auä
33erlin: griebrid^ SBil^elm IV. I^atte befretirt, bem
©id^ter ©manuel ©eibel fei eine lebcnölänglid^e ^enfion
Don brell)unbert X^akxn jujufid^em — roieber ein
— 7 —
loarmer Sonncngru^* bcd ©cfd^idd, aber nid^t allein für
iS)n, nein, aud^ für und, bie wir jegt beim Ueberfd^auen
feines Äebenögangeö unb ber reid^en ©rnte, bie uns aBen
aus bemfelben erroud^ö, biefe föniglid^e .Ermunterung
jum Se^arren auf bem ^lafee beö amttofen ^oeten
fegnen bürfen, einer fiebendftettung, für weld^e mit Siedet
bie aRe^rjö^I ber ©elel^rten, ber ©efd^äftöleute unb
ber Seute in 3lmt unb SBürben fein SBerftänbnife ^at,
unb ol^ne meldte bod^ baö tjotte 3luöreifen einer Se«
gabung, wie biejenige ©eibelö ganj unbenfbar geroefen
löare; 3a, mx motten uns freuen, bafe ©eibel ^oet
iinb einjig 5ßoet blieb. Ober l^ätte eö nid^t feine Stid^^
tigfeit mit bem, maö ®eibel einem guten ©ebid^te nad^*
Tül^mt — unb mie reid^ ift bie gütte guter ®ebid^te,
bie mir i^m jefet üerbanfen!
€tn gut (5ebtd?t xft wxt ein fd?oncr Craum,
€s stellt btc^ xn ftd?, unb bn mcrfjl es fanm;
<Es trägt bid? mül^Ios fort bnrd? Haum unb geit,
Pu fd^aufl nnb tritt! jl im Sd^aun Dergeffentjcit,
Unb gletd^ als (^ätteft bn tm Sd^Iaf geratet;
Stcigft bu erfrifd^t aus feiner Waren ^lut.
^,©teigft bu erfrifd^t au§ feiner Haren glut." 2Ber
tnöd^te beiiaupten, ba§ fold^eö ©eelenbab ein bloßer
Sujuö fei, bafe eö nid^t t)ielmel)r Seib unb Seele im
Kampfe mit ben 2^ageömül)en biefeö S)afeinö ftärfe
tinb ftä^le?
9Saö in bem frül^ begonnenen unb fpät befd^loffenen
"SHd^terfd^affen ©eibeU alleä jutage geförbert morben ift.
8
liegt jcgjt in bcn aäft S3änbcn ber ©cfammtauögobe
feiner SBerfe oor. 3(^ mu^ eä mir cerfagen, anä) felbji:
nur auf ein Sfijjirert ber einjetnen SlubrÜen einjugeticn^
ebenfo auf bie Srage nad^ bem SBertl^ feiner S)ramcn^
benen, wie man weife, oon ber S3ü^ne roenig S^mpati^ie
entgegengebrad^t worben ift. S)afür mill id^ nod^ an^^
reil^en, maö ju ben freunblid^en ©d^idffalöfügungen jöl^tt^
bie ben ^fab beö SDid^terö immer von neuem mit l^eitena
©lanje erfüllten. S^^J^ä^f* ^^^ f^i"^^ SBerlobung int
?looember 1852 faft auf bem %v^t gefotgte Berufung,
nad^ ber funftreid^en ^auptftabt Saiernö, alö quasi
©firenprofeffor ber beutfd^en Siteratur unb 9left^etif^
mieberum mit einem fo geringen 2lnfprud^ an regtemenfc^
mäßige Seiftungen, bafe feiner äßufe feine mirflid^en
^effetn angelegt mürben, mie ©eibel eö benn auc^ mit
33ejiel^ung auf Äönig ajlaj in ber 8d^lufeftroplje b?^
©ebid^teö „2lbfd^ieb t)on Sinbau" beutlid^ auöfprid^t:
Wotil mag td^ treu tl^m banhn,
Der für t>en lüanbcrftab
mir frommen Wxxfens Sdfvanfen,
mir fjerb utib fjeimatl^ ^ah,
Urib, weil er felbft tief innen
Die l^eirge flamme näl^rt,
mit fürftlid? Rollen Sinnen
Des Didjters ^Jreiljeit el|rt.
Slber melir nod^ alö biefe elirenbe Berufung, mel^r felbft
als bie fd^öne S3erul)igung, bie ilim auö bem fanft an^
fd^miegenben SBefen feiner jungen Sanbdmännin unb
— 9 —
Scbenöäefäl)rtin 2lmönba S^rumtner, unb, alö bcr SJob ftc
il^m cntriffen liatte, aus ben finbUd^en 2lugcn tl^rcd
Xiä)ttx(S)tn^ crblülitc, melir alö alle ©rfolgc, bic il^m
bcwicfcn, er l^abe ntd^t umfonft gelebt — unb er liatte
na6) Slul^tn geftrebt ! — mel^r alö altes bieö mufete iJ^m
bebeuten, ba§ jugtetd^ mit ber SReugeburt beö beutfd^eti
Seid^eö unb mit ber 938iebcraufrid^tung beä beutfd^en
Äaifertl^umö ber Umfd^mung in ben ©emütl^ern fid^ in
ber t)on il^m immer feftgelialtenen SWid^tung auf baö
ajlafeüolte, Säefonnene t)olljog, bafe if)m jegt nid^t mel^r
oorjugömeife bie tion feinen 3ugenbtiebern ju füfeen
Siegungen entflammten §erjen entgegenf dringen, nein,
bafe bie Heine ©emeinbe ber ©ebilbeten unb Umfturj^
fcinblid^en, bie banfbar ju il)m emporöeblitft l^atte, jegt
von allen Seiten S^wcid^s erliielt, unb ba§ bie 3^^
na\)c mar, in ber eö nid^t melir von bem, maö feine
Station il^m juerfannte, ju lieifeen brandete:
3fi's fein Hul^m auf ipcitcr (Erbe,
3i^'s ein SIumenfran3 am fjerbe;
31^*5 Fein jaud?5enb Dolf, poet,
3ji's ein ^rennb, ber bid? oerftcl^t.
2)ieö jaud^jenbe SBolf, mie e§ einft ^ermegl^, bann S^^eilig^
ratl^, Ul^lanb, Äinfel auf ben Sd^ilb l^ob, er l^atte eä
fd^merjlid^ üermifet, unb immer mirb eö berjenige ©er*
miffen -muffen, ber nid^t burd^ ein politifd^eä SRart^rium
baö aWitgefül^l ber großen äßaffe erregt. 2lber rotnn
mir eö nid^t niebrig anf dalagen bürfen, ba§ ©eibelö
Scbenöabcnb von ber ipoffnung üerflärt mürbe, fein bid^?
— 10 —
tcrifd^cö SBirten toerbe nun im Saufe bcr g^it* immer
weiteren Äreifen jum $alt unb jum Sabfal gcreid^en,
fo muffen mir il^m bod^ t)or allem bie weit l^öl^ere
S38onne nad^empfinben, mit ber gerabe il^n bie Xi)ai^aäft
ber 9leugeburt 2)eutfd^lanbö erfüllt l^aben mirb. 3mmer
meber, mir miffen'ö Ja, ift t)on ©eibel ber 3luf nad^
SBieberaufrid^tung beö beutfd^en Sleid^eö erl^oben morben ;
l^ier fei nur an eins feiner frül(ieften Äaifergebid^te er^
innert, an „griebrid^ Slotl^bart".
Cief im Sd?oge bes Kyffl^äufers
23ct ber 2ImpeI rotljem 5d?em
Si^t ber alte Katfer ^riebrid?
2ln bem Ctfc^ von inarmorftetn.
• * • •
@ö ift fo oolfötpmtid^ gemorben, ba§, mie eö in fotd^em
%düt ju gefd^elien pflegt, faft niemanb fragt: mer l^at
eö benn gemad^t, ja, bie 938enigften auf biefe ^age ju
antmorten müßten.
9llle§, maä id^ biö fiiel^er über ©eibel gefagt l^abe,
giebt nur allgemeine Slnbeutungen über feinen Sebenö-
lauf unb über ben Umfang feiner poetifd^en 9lnlagen.
2ßie mar er fonft geartet? 3d^ Iiabe baö ®tüd gehabt,
il)n nod^ perfönlid^ fennen ju lernen; etma vov einem
Sal^rjel^nt brad^ten meine ^au unb id^ einen fd^önen
©ommerabenb mit il^m in bem lönblid^en ©d^martau
JU, auf ber Slüdreife t)on Slanfeau, von mo unö ber
jefet ja leiber aud^ fd^on bem Seben entrüdte, ©eibel
t)on MÜ)tn f)tx l^er jUd^ befreunbete ©raf SBotf 33aubiffin
®rü§e für i^n aufgetragen l^atte. Sßor fed^ö Xli)x naä)^
11
nttttagö voat ©cibel bamalö nid^t fd^mcrjcnfrci unb bal^cr
auä) ntd^t jugänglid^. S)a aber trat er und mit [Didier
^fc^e unb Sebenbigfeit entgegen, ba§ wir ben ©inbrud
l^ottcn, er fei nod^ in feinen beften Salären. SBol^renb
bcö ftunbenlangcn Umfierftrcid^enö mit if)m in bem
fd^onen 33ud^enn)a(be ber 9lad^barfd^aft beftätigte fid^
bann aud^, was er in einer feiner ©pifteln fagt: „Seid^t
fließt mir baö SSBort in lebenbiger Siebe, rocnn bie ^aä)c
mid^ reijt." Oeibel mar mittelgroß, liatte bunfteö §aar
unb bligenb fd^marje 9lugen, meßeid^t ein Sßermad^tniß
t)on jenfeitö ber Sßogefen, benn müttertid^erfeitö floß in
feinen 3lbem ja ein S^ropfen ßmigrantenblutö. ®r l^at
uns nad^ bem 3lbenbbrote bann nod^ ben l^ol^en ©enuß
bereitet, il^n eine feiner 33aKaben oorlefen ju fiören, mit
Kangüoüem Organ unb fd^öner Älarl^eit, unb mir finb
fpät abenbö mit ber 3w^^i^fi^t gefd^ieben, baß mir unö
nid^t jum lefetenmale bie §anbe fd^üttelten — eine 3"-
t)erfid^t, bie fid^ nnn boä) aU trügerifd^ ermiefen f)at.
3int ©egenfafe §u Senau, ^ölbertin, SRöridfe,. 3tütf ert
unb fo Dielen ©id^tem, bie fiti^ abfeitö ju l^alten liebten,
l^at (Scibel frül^jeitig fid^ unb feine 9Mufe gemöl^nt, aud^
in enger 33erül^rung mit ber SBelt fid^ nid^t jum geiem
oerurtl^eilen ju laffen, unb bie Seid^tigfeit mit ber er
impromfirte, legt S^^fl^^^B ^^ fü^ ^^^ ^^^^ aufmerfenbe
i&örerfreife gefteigerte poetifd^e ©rregbarfeit feines 9la^
tureUö. Äurj nad^ feinem ^infd^eiben ift eine Smpro-
mfation biefer Slrt in einer SBod^enfd^rift mitgetl^eilt
morben. Sie mürbe, alä fie entftan^, fofort nad^ ber
— 12 —
3Jle(obic: „%ttnbt, fd^öncr ©öttcrfunfen" gefungen unb
tautet toie folgt:
Crtnflieb.
Cl^ce bcl^crrf d?et bic 23c3trFe,
IDo bte lange IVTauer ftel|t;
£^et§en Kaffee trtnft ber Cürfe,
Unb ber perfer fd^Iürft Sorbet.
Bei bes Knmis treuem (5n{fe
tPtrb ber Sol^n ber Sttpp^ froI|,
OJuas unb ^ufel trinft ber Huffe,
lüalfifd?tljran bec (Esfimo.
Sd?n)ärmt ber ^ransmann beim (L^ampa^nex,
(Slo^t ber Srite ftumm ins 2IIe,
£Jei§en 3£eres trinft ber Spanier,
§icr mufete ©cibcl einen 9lugenbli(f nad^ bem SReim
auf Site fud^cn, bann aber fu^r er fort:
"Kaltes tPaffer — bas Kamcel.
2lber mir, befransten ^anptes,
Sirinfen nnfers Stromes IPein;
Sott bie XPelt ftd^ bret^n, o q^lanhi es,
inu§ bie IDelt aud? trunfen fein.
3li(S)t aber biefe gefellige ®abe aBein, roeit e^cr
nod^ fein offenes, jutrauenerroedenbeö SSBefen bal^nte
il^m, fd^on el^e er berül^mt unb beöl^alb gefuc^t war,
allerorten bie ^fabe. 3m Saufe ber Qtit famen bann
feine SBanberluft unb bie üöUige UnabJ^öngigfeit, bie
er [xä) ' erfialten fiatte, ben nad^ feinem Umgang vex^
langenben ©aftfreunben auf falbem SBege entgegen.
.--'
— 13 —
@mft Don ^outDalb auf @d^Iog 9leul^aud, ^eil^err t)on
ber 2Ralöburg auf ©d^tofe ©fd^cberg in Reffen, gürft
©arolatl^, ®raf ^augn)i| unb mclc anbcrc mufenfrcunb-
Hd^e 3Äanner l^iclten bcn geiftoottcn, tDcitgetoanbcrtcn
ittittl^eilfaTnen Äunftiüngcr oft mclc üKonatc lang in
il^rcm Ärcifc fcft, erfreut, baft il^m nirgcnb bic 5Wufe
il^r ©eleit Dcrfagte. Unb wie rool^Itl^ucnb war für il^n
felbft baö Slufatl^men unter üKenf(i^cn, bie nid^t fragten,
ob er ftd^ benn nid^t etn)a bod^ nad^. einem älmte um^
feigen fotte! ^cnn biö jum Srreroerben an fid^ felbft
war er burd^ biefe ^agen gebrad^t roorben:
BejHimtt von gmeifeln rang id^ bamals, o wie oft,
Umfonft nad^ KIarI|eit in mir felbfl, DerfeI|It crfd^ien
mir aü mein Streben, Oufc^ung felbft ber IRufe Huf,
Der immer ipieber locf enb an mein Qer3 erging;
Unb »enn idf hann, von l^afl'ger 2lrbeit tief erfd^öpft,
^ier Stille fuc^te, fanb id? I|eige Cl^ränen nur,
IDie fle auf ober KHppe wunt, wer fc^eiterte.
Vodf Hettnng fanbte mir ein (5ott, bu riefefi mid^,
ntein ebler ITIalsburg — Segen beiner (5ruft bafürl —
<5aflfreunb(ic^ in bein malbumraufd^tes €fd^eberg,
Unb bort auf fonn'gen ^öl|'n mid? lüftenb, losgelöft
Pom fleinen Prucf bes £ebens, lernt' id? mäd^t'ger halb
Die iJIngel rnljren unb ber eignen Kraft pertraun.
3n biefem ©ebid^t mie in gar oielen anberen fommen
ä^rübungen ju SBorte, bie wir, um fein S3ilb in rid^*
tiger S3eleud^tung ju l^altcn, nid^t leidet nel^mcn bürfen;
war ber ©id^ter in mand^em ©inne ein ©lüdöfinb, gab
il^m ein ©Ott, ba§ er immer miebcr ber ^rien, bie aud^
— 14 —
il^m nad^ftcllten, §err ju rocrbcn ocrmod^te — bofür,
bafe* fein Snncrcö mä)t fobalb jur SRul^c fomtncn fböte,
war burd^ pl^crc SRäd^tc geforgt; ift bod^ ein ©etnütl^,
beffen ©aiten bei iebem Slnlafe jittem unb flingen, gerabc
wegen biefer ^od^grabigen Sfleijbarfeit, gegenüber bem
SBed^fel von ©turnt unb ©onnenfd^ein, auö bem nun
einmal baö 2tbtn befielt, l^alb roel^rloö. SSon fold^en
©egenffigen erfüllt, üon fold^en SBiberfprüd^en l^in? unb
fiergeriffen, ift benu aud^ baö S3ilb, baö er von fid^ felbft
entwirft:
£etd?t(tnmg, reblid?, UTann nnb Kinb sugletc^,
PoII Uebermuti} nnb Demütig, ftarr unb tpetd^;
Von Sinnen wilb unb flets bamtt im Streit,
Perfolgt üon £ieb' unb bod^ in £iebesleib,
€in IDanberpogel coli Begeljr nac^ Hutj,
(2irt IDeltfinb, bas fid? fetjnt bem ^immel 3U —
3ilb bes H>iberfprud?s, wann fommt bet (Eag,
Der allen beinen groiefpalt füljnen mag!
SBann tarn für ifin ber 2^ag? S3iö ju feinem fed^ö^
unbbreifeigften^a^re, bi§ ju fenerSerufung nad^3Künd^en,
mar er uncerfieiratl^et geblieben, l^atte er, „perfolgt oon
Sieb' unb bod^ in Siebeöleib" ein unfteteö ütbcn gefüi^rt.
3Kö il^m enblid^ mar, al§ feime in feinem ^erjen ein
©cfül^l, baö er nid^t nieberfampfen bürfe — zbcn ju
2lmanba S^rummer, ber 3lba feiner Sieber — , ba fel^lte
i^xn ber aJlutl^, ein fo j[unge§ 2)afein nod^ an baö feine
JU binben.
— 15 —
Xlodi webt ber Kinbi^eit Dämmrung ifyc um'$ f^aupt
Unb lägt {te träumen faum von fünft'^er Slütlje:
Dein Walin nur ift.'s, bcr mel^r 3U fpürcn glaubt;
Dmm frtß, mein ^er3, unb bein (Seljetmntg Ijüte.
Dod^ einfl, ac^, tptrb {te etnft bte Deine fein?
IDirfi bu nod^, alternb, il^rer Jugenb taugen?
IHein gläubig fjerj fprid^t: 3^1 — VUcin Kopf fprid^t: tteinl
Unb i^eig pom £Jer3en fd^iegt mir's in bie 2Iugen.
So fd^ipanf idf Stunb' um Stanbe, TXad^i wxvb Q^ag,
Unb Cag wixb TXad^i im langen^ bangen Watten.
Wann fommji bu, tltai? Wann blüljt bie Hof im (Satten?
'Da% idf mein Sd^icffal tpiffen magl
9?un, ber 2Rai tarn, bie 9lofc blül^tc, unb halb
fonnte er fingen:
IDeil mein IRunb ben fluten £euten
(Dft nur l^albe Jlntiport ftammelt,
f?eigen jte mid? ben gerftreuten,
Dod; id; bin in bir gefammelt.
Unb fo leb' idf Stunb um Stanbe
€infam mitten im (Setriebe,
Still burd^fonnt im fjersensgrunbe
Dom ^etpugtfein beiner £iebe.
3lber bie Jtul^e föttte, wie wir fd^on mi^tn, eine
furje fein. §ier nur nod^ jur ©l^arafterifirung beä
liebenben SBefenö, baä er fobalb unter ben 9lafen betten
mußte, bie rül^renben SBorte, bie fie von il^rem legten
Äranfenlager an il^re ©efd^roifter fd^rieb: „2<i) weife
nid^t, roarum i^r mid^ aUe fo beftagt! SBenn id^ nid^t
16
aud^ etroaö ju tragen l^ättc, fo roär'ö ja bcö ©lücfeä
ju Diel, unb bu fennft rool^t g^uqueö 33crd:
IDenn alles eben fäme,
IDte bu geiPoQet l^afi,
IDenrt (5ott 6ir gar nid^ts näl^me
Unb gäbe feine ta%
XOit tpär'5 benn um betft Sterben,
(D Hlenfd^entjers, befteßt?
Du mügteji fd^ter perberben,
So Heb mär' bir bte Wtlil"
3n ftrenger 3lrbeit \)at ber tief banieber ®tbtn%U
ben fd^roeren ©d^icffaldfd^Iag ju überroinben getDufet,
unb ber ©laube an eine l^öl^ere aJlad^t, bie baö aJlenfd^em
looö beftimme, ift il^nt babei SCroft unb Kräftigung ge^
roefen. S8on biefer ©eite feineä S55efen§ gewinnt man
erft jegt eine fiarere 3lnfd^auung, nad^bem ©eibel SBielen
lange für einen Drtl^obojen gegolten l^at. 2)aö ©egen-
tl^eil ift ber %aü. 2)ie betreffenben Belege l^ierfür mag
man in ben ©prüd^en nad^Iefen.
3n bem ©ebi^te ,,gBäl^renb eifier Äranfl^eit" fafet
er feine ©el^nfud^t bann in bie S3itte „an ben ©eniu§"
jufammen, nid^t abgerufen ju werben, el^e er, ber ©id^ter,
fein SCageroer! ooHenbet l^abe.
mir fd^Iäft im ^er3en nod? fo üiel;
(D bin id? einer ber (Erfornen:
(Erbarme bid? bes Ungcbornen,
(5ieb 'Echtn, £eben bis an's gicll
Daß id^ bort unten Hutje f?nbe,
Unb Croftes voU ber Kran3 ftd? roinbe
Um mein cerftummenb Saitenfpiel.
— 17 —
S)icfcr SBunfd^ ift in ©rfüHung gegangen, ©eibel f)at
fxd) ganj auölcben bürfen, unb baö giebt feinem S3ilbe
etroaö fo roo^lt^ucnb l^armonifci^eö. aSor um ftel)t er
mit bem fanften Säd^eln reblid^, mut^ig unb fieiter voU-
brad^ten S^agemerfö. Seine Senbung war: in trüber
3eit unö burd^ 5ßoefie ju erquiden, ju erl^cben, ju
feftigen. Der SJKfemut^ l^atte fid^ in üiele §erjen ein?
geniftet. . ©r aber fang : „3Ber red^t in greuben roanbem
roill, ber ge^' ber ©onn' entgegen." ©r fang üon bem
S)id^tcr: „®r trägt, erblül^t im reinen bergen, ben Stofen-
garten ieber Suft." ®r fang: „Reiter fenfe, maä oer?
gangen, in ben 3lbgrunb jebe 5Rad^t." ©r fang: „fteine
gerne barf unö franfen, benn unö fiält ein frol^ ©e?
benfen." Unb mäl^renb fid^ Stimmen erl^oben, meldte
bie ®abt ber ^oefie für einen glud^ erflärten, fang er:
2lus tieffter Seele Dan! bem ^errn,
Der mir bas £teb gegeben I
Kann's für bie VOdt nid?t fein ein Stern,
(Ein Stern ift's für mein £thtn,
3lber er l^at unö aud^ erl^oben. 3luf gürft unb SSolf
l^at ©influß geübt, ba§ er ©efegeötreue prebigte, bafe
er nad^ oben mie nad^ unten alö baö, maö aUein unö
i&eil bringen fönne, baö SBort SSertrauen in bie beutfd^en
Sanbe l^inauärief, ba§ er, mie fein anbrer eö get|)an,
für ben üon uns loägeriffenen 33ruberftamm jmifd^en
9lorb? unb Dftfee eintrat unb bamit ber faulen 9laft
beö guten beutfd^en ©d^merteö ein ®nbe mad^en l^alf.
6r l^at nn^ enblid^ gefeftigt. ®ä mar baö 3Bort
(Smanuel &nttl, ein %tUnt^ü6). 2
— 18 —
grötnmigfeit in aWifefrcbit gefomtnen, nid^t tninbcr ba§
SBort Untertl^ancntreuc. 2)aö eine l^iefe ^ömtnelei, baö
anbre Untertl^änigfeit. ©eibel l^at feinen SJJI^eil baran,
bafe fid^ ber bered^tigte ©tolj beö beutfd^en aßanneö
mit beiben SBorten enbUd^ auf guten gufe gefegt l^at.
Unb fo roitt id^ benn mit bem fiiebe fd^Iiefeen, in
meld^em er felbft feine ©enbuug als ooHenbet bejeid^-
net l^at:
Der als IHorgcnfiem am ^tmmel
<5(än3te; bei bes (Eages Schlug
Por bem anbem Sterngewimmel
(5ei{t er auf als ^esperus.
jrüt{ unb fpät vom felben (5o(be
(5IüI|t ber Saum bes Firmaments,
Unb bes ^erbftes (e^te Polbe
<5Ieid?t ber erjlen Polb* im £en3.
2I(fo get^n, mie {td^ bayvi^ditn
2Iud^ in buntem Unbeftanb
Der (Entfaltung Stufen mifdjen,
^nb^ unb JInfang Vianb in fjanb.
Unb fo fann id?, raufd^t in leifen
IHelobien mein Saitenfpiel,
(Ein (5efüI|I nid^t von mir »eifen,
Das mir fagt: bn bift am gtel.
Denn bie legten meiner lieber,
Wenn idf red^t 3U l^ören roeig,
Klingen ujie bie erften n?ieber,
Unb rotlenbet ift ber Kreis.
— >/\/\/w —
2<5:?sc5:?S'
OIJU^O]
2lus meiner (5cibcl=2nappc*
Sammlung menig 6e!annter ^Zotijen unb Zitate jur ^iograpl^ie
beS ^id^terd, ald eine oorlftufige ©rgänjung ber arbeiten ^rofeffor
^. @oebe!e'S. (©manuel Deibel 1.3b. Stuttgart 1869 unb
„9lorb unb @üb" I. 95b. @. 392 ff.)
oon
Slfd^crälcbcn.
(Emanuel ©cibelä Ocburtäl^auö fielet ju S?ü6ed in
ber Sif^Pr^B^ 106. 3n fcd^ö immer fd^maler merbenben
©tagen fteigt eä nad^ ber 5Ärt ber alten Sübeder Käufer
ju jiemlid^er ^öl^e empor. Unter feinen SRad^barn
jeid^net eö fid^ burd^ ben befonberö reid^en ©d^mudE beö
5ßortaleö auö: ^almen unb Äränje tragenbe ©enien,
©ngeU unb^Sömenföpfe, Stumen unb grüd^te jieren in
funftooHer ©teinmegarbeit ben Slunbbogen. 9ln ben
Seiten lel^nen jmei ©eftalten, red^t§ eine allegorifd^e
weibtid^e ^igur, Un!ö ein Slitter in üoHer Slüftung.
2*
— 20 —
3n bcm geräumigen ^auö^ur tont nod^ l^eute ber alten
aSanbul^r ,,t)er^agter ©d^Iag", uitb im $ofe grünt ein
aSeinftodf, ber beö 5Dic^ter§ Sugenb nod^ gefeiten,
©ein Oeburtöjimmer ift ein einfad^eö, an ber S)ede
mit ©tudarbeit oerjierteö Oemad^ unb liegt im unterften
Stodmerf beö Kaufes.
»
Oeibelö erfteö gebrud'teö Oebid^t erf^ien " unter
bem ^feubonrim S. §orft im Df tober 1833 im „SRufen^
almanad^ von 6|)amiffo unb Sd^roab auf baö ^af)v
1834". Oeibel fonnte alfo im vorigen Sa^re (id^
erinnerte im „5Deutfd^en aWontagöblatt" t)om 29. Dftober
beffetben 3al^re§ baran), ba§ SOjäfirige Subiläum feiner
öffentlid^en ©id^tertl^ätigfeit feiern.
5Daö ®ebic^t lautet:
Dergcffen.
Wie foUte benn aud? mein (5emütli
Xtodi immer traurig feini
3ft bod? ber fjimmel angeglül^t
Dom rotl^en ITTorgenfd^etTi.
Die alte liebe ift üorbei,
Die l^odi mein fjer3 gefd?u?clli
ITun fd^ipimm' id? mieber frifd? unb frei
Durd^'s bunte ITTeer ber lüelt.
£eb' ipoljl! £eb' wo^l, bu Daterftabtl —
€in Dogel fd^mingt ftd? auf,
Unt> was mein fjer3 gelitten Ijat,
Das flieget mit I^inauf.
— 21 —
®aö crfte gcbrudt in bie DeffentUd^feit gelangte
componirte fiieb ift gleid^faHä ein in bie Oebic^te
ttid^t aufgenommenem, ©ö fte^t in „(Sefänge unb fiieber
für eine SCenop ober Sopranftimme oon ®. ®. Steiniger"
op. 116.
2ln ben Schlaf.
Komm, geltebfe Ztad^t, ergieße
Deinen milben Sternenfd^etn,
7Xali\ Sd^Iummer, bid? nnb fd?Iiege
Ulid? in beine ^lutljen eini
£ag mid? rul|n in beinem blauen
Unermeßlich ©eiten IHeer;
Deine Jnfeln lag mid? fd?auen,
Deiner (Eränme ftiües f?eer.
IPunberbar aus bunfeln IDogen
Cauc^en jie in fd^önem Krans,
' Hings pom Duft ber Had^t umsogen,
Ueberftral^It von IHonbesglans.
IJelle gauberfd^Iöffer roinfen
Durd? iV fd?attig bunfles <5tnu,
Unb bie golbnen (Quetlen blinfen
Unb bie IDunberblumen blül^n.
^reunblic^ ernfte 2lngeftd?ter
(Srügen uns am fd^önen Stranb,
Unb im Spiel ber Utonbeslic^ter
Dünfen fle uns roo^befannt.
Der €rinnrung Slumen fprießen
Uns im fersen unbewußt,
Unb geliebte Cobte (daliegen
U^einenb n?ir an unfre Bruft.
— 22 —
Komm, crfel^ntcr Bd^laf, nnb trage
2Ius bes £ebens büfterm port . ;
IHtd? mit fanftem IDogenf daläge
§u ben f efgen 3nf ein fort ;
0ber fenbeft bu ben Bruber:
„Sex iPttIFommen, fd^öner ^ob,
„^nlixt jHU mit leifem Huber
„Xdidf I^tnaus tn's IRorgcnrottj/'
hierbei fei bemerft, ba§ foroofil St'ejt alö SRcIobie
beö bef annten üielgcfungenen 6otnnteröUebe§: ,,®in
luftiger 3Kufifante" üon (Seibel ift.
®ie ®Icgic „®er fed^fte ?lot)ember" (©efammelte
SBcrfe. 5. 33b. ©. 88.) Jiat iJiren lofalen ^intcrgrunb
in bcm 2Battenbad^'fd^en §aufe in Sübed. ©eibcl fam
am 6. Jlooembcr 1833, bcm Ocburfötagc ber fd^Bnen
ßäcilic, mit feiner aJlutter jum crften Tlak in bieö ^aw^^.
2)ie ©efd^id^tc biefer erften Siebe beä SDid^terö ift
bcutlid^ au§ feinen Sugenbgebid^ten ju entnel^men.
3n ber ^altifd^en Sitteraturjeitung fertigie 1848
eonrab ©dornen f, ©onrcctor am ©^mnaftum ju
granffurt a. aft. ©eibel mit folgenber ,,(]^araftertftifd^en
Ungejogcnl^eit" ab:
„^errn OeibeTö SBert^ ju beftimmen, ift und.
leidet gemad^t. ®r ift unter bie preufeifd^cn ©taatä^
fd^utben aufgenommen morben unb mirb iäl^rlid^ mit
300 SC^alern tjerjinft. 2)a biefe nun 3^/270 iä^rlid^e
Sntercffen tragen, fo ift ber nomineUe Äapitatoertl^ bed
— 23 —
cf^erm ©cibet 8571 2:^tr. 12 Sgr. lOV? ^f. ®tm%
ein fd^öncr SDßertl^ cincö jungen SRanned. üßöge er
junel^men unb fteigen, wie aUt europfiifd^en ©taatö^
fd&ulben unb nid^t wie biefe, in roeld^en fid^ baö com
fcroatoe unb progreffioe ®Ientent fo l^amtonifd^ aus*
gegltd^en l^aben, einft unter feiner eigenen Oröfee ju^
famntenbred^en ..."
Sßorrebe jur jroeiten 3luflage ber ,,©ebid^te".
9tt§ id^ üor brei Salären junt erften Sßate eine
©ammlung meiner ©ebid^te l)erausgab, l^ätte bie 3luös
rool^t immerl^in ttroa^ ftrenger fein bürfen, unb nantent^^
üd^ roäre eine Slnjal^l üon fiiebern, roeld^e, in Jüngeren
3a^ren oerf afet, mit ebenfo t)iel SRed^t 9lad^!länge
frember SBeife als eigentJiümlid^e ©rjeugniffe genannt
werben fonnten, gereift ol^ne 9lad^tl^eU ju entbel^ren ge^
roefen. Dennod^ fanb baö S3ud^ feine ^eunbe, roaö
rt)of)l am beflen aus bem l^erbeigefül^rten S3ebürfniffe
eineö jmeiten SlbbrudEeö einleud^tet.
33ei ber Verausgabe biefer jmeiten jiemlid^ ftarf
oemtel^rten 3luflage war id^ nun entfd^Ioffen, alle jene
mir Jegt als unbebeutenb erfd^einenben Keinen ©ebid^te
unb namentüd^ baö erfte Igrifd^e 3ntermeijo(!) gänjlid^
mcgjulaffen, aHein bies mürbe mir melerfeits miberratl^en,
tljeilö meil aud^ biefe Sieber einmal bei 3Kand^en günftige
Slufnal^me gefunben l^ätten, nod^ mel)r aber, meil fie
in il^rer leidsten SÖBeife oon ben aJlufifern ^äupg jur
©ompofitien benu|t morben mären unb ferner benugt
— 24 —
ttJerbcn möd^tcn. ©o gcfd^ol^ cö bcnn, ba§ id) mid^
aud^ ie|t barauf bcfd^ränfte, ()icr unb ha ein cinjclncö
©cbid^t ju üntcrbrüden.
3nbem id^ ouf bicfc SBcifc bctn ftrcngcren Äritifcr
bic SBicberaufna^mc jener 3ugenberjeugniffe erfläre,
barf i(S) rool^l, ol^ne unbillig ju fein, bie Sitte an ii)n
l^injufügen, ba§ er meinen jegigen ©tanbpunft nid^t
fon)oJ|I nad^ bcn befprod^enen, fonbern melmel^r nad^
ben reiferen ©ebid^ten beö jroeiten unb namentlid^ beö
britten S3udE)eä beurtl^eilen wolle.
Sübeö, im aWärj 1843.
SBafirfiaft propl^etifd^ l^at Sari Ooebefe fd^on
im Saläre 1843 in feiner 3lntf|oIogie: „©eutfd^tanbö
Did^ter von 1813 — 1843" über ® ei bei gefprod^en:
* „5Darf 5Deutfd^Ianb auf bie reid^e Entfaltung eineö
burd^auö poetifd^en, in Einfalt grxjfeen Oemütfiö bet
Sängeren l^offen, fo barf e§ feine Hoffnung junäd^ft
auf ©eibel rid^ten".
®ug!on) ift ©eibePö greunb nie gemefen; fein
Urt^eil in Semalbö Europa (1836. 4, 320) ift au^.
©oebefe'ö ©eibelbiograp^ie befannt: ,,®manuet
©eibel, ein unbefannter Slnfänger, ber gleid^ in feinem
erften ©ebid^te ben 5Did^ter befingt. ®r nennt i^n
ßönig ©id^ter unb mirb mafirfd^einlid^ fein Sebelang
beffen Untertlian bleiben. ®ö d^arafteriftrt red^t ben
©d^mad^fopf in ber ^oefie, ftatt ju bid^ten immer t)on
— 25 —
ber Did^tfunft ju rcbcn". 3n bcr „Äötitifd^cn 3^itung"
liefe er fi6) am ©d^Iufe einer übcrouö abfälligen Sritif,
bie in bcr „3lB9emcincn 3^itung" ©ottfrieb Äinfcl
nid)t unglücflid^ roibcricgte, alfo ücrnel^mcn:
,,5ßoUtifci^e 3wft^'3tRilieu Sieber nad^ ©efangbini^ö^
tnelobicn ift, id^ geftcl^e cö, bie einjig neue 3bee bed
^erm Oeibel. SBer möd^te aud^ in bem fotgenben
©ebid^t baö alte fiieb aus bem Oefangbud^ uerfennen:
,,5Run ru^en atte SBälber"? ^err. ©eibel ftngt:
„Sdfon fängt es an 30 bämmern,
Der Xüorib als Qirt ertpad^t
Unb fingt ben IDoIfenlämmern
(Ein £teb 3ur guten TXadfi" . . .
Sluf ein fold^eö ©ebid^t folgt bann unmittelbar
ein Sagblieb, roo ^err (Sei bei, ber eben baä porften'fd^e
©efangbud^ in ber ^anb l^at, auf bem ^irfd^enanftanb
fielet; maö fann d^arafteriftifd^er fein, um biefe ©l^amä^
leonsftimmung ju bejeid^nen, bie l^eute fünftlid^, morgen
natürlid^, l^eute ^riefter, morgen SBaibmann fein mill,
unb nid^t üroa aM origineHer ® jtremenfud^t , fonbent
um ein ©ebid^t ju l^aben, in bem fid^ ein jufällig auf^
gefangener ©ebanfe eben leiblid^ runbet!" . .
2)a6 Ougforn übrigenö in fpäteren 3al^ren bem
fortfd^reitenben ©ntmidfelungögange unfereö ©id^terö
fpmpatl^ifd^er gegenüberftanb, bemeift ber ©ag a\i^
feinem „2)ion^fiuS fionginuö" : „2)ie 5ßflege beö SBerfeö,
rocnn berfelbe etmaö bebeuten foH, erforbert ein Seben.
©ei bei mirb eö begeugen fönnen."
— 26 —
«
Sftcid^c 9luöbcutc für biograpl^ifd^c ©injcll^eiten
auö bcnt 3al^rc 1843 bietet SBill^etm Sud^ner'ö
SB.erf: ,,Serbinanb greiligratl^. ©in JDid^terleben
in Briefen", ©inen ®eburt§tagöl^rief greiligrati^ä
an ® ei bei, ber in feiner frifd^en Saune baö 5BerpIt^
nife beiber ju einanber präd^tig d^arafterifirt, laffen wir
tjollftänbig folgen.
® ei bei l^atte ,,nad^ bent lieiteren' ^oetenfommer
1843, beffen er in .©t. Ooar a. di^. in ber ©efeUfd^aft
beö ^reiligrat^'fd^en ®l^epaareö unb ber gamilie
be§ Sanbrat^ä .^eub erger üon ^erjen frol^ roar/' von
feinen manigfad^en gal^rten nad^ ©armftabt, SBeinöberg,
Stuttgart, bem ^eunbe fein SBort beö SBerid^teö ju^
gel)en laffen. „2)a erliefe benn greiligratfi ein
überaus ergöglidE^eä 3)la^nfd^reiben, jroei ineinanber ge^
l^eftete Ouartbogen; baö oorbere 93latt gleid^fam SCitet
blatt, bie folgenben fed^ö Seiten aber illuftrirt burd^
eine SReilie eingeflebter SBein^ ®tiquetten, ber ganje
93rief ein 33en)ei§ föftlid^fter, übermüt^iger Saune."
Litterae
gratulatoriae „illnstratae".
„Tim irtittelrl^etne 3U ber Zuriet ^ügen.
Wo bei t>en fjeiben ipeilanb Sanft (Soar
Der crfte <Ltit\^ unb Salmenfänger war,
Da fd^iPtngt jld? auf ein feierlid^es <Srügen/'
St. (5oar, \6. (Dftober als am Cage
St. (Salli \8^5,
— 27 —
Sicbcr (Smanuel!
Slufecr einem tnünblid^en SBuHetin, töeld^eö Du bie
befonbere Oetoogenl^eit l^atteft, mir burd^ ben Stubiofen
^f- jujufertigen, bin id^ feitl^er ol^ne aUc unb jcbe 3ia6i-^
rid^t üon Dir geblieben. 3d^ fd^Uefee barauö mol^I ant
aUerbcften, baß eä Dir rool^I gcl^t unb Du Did6 —
wie ftanb baö aud^ anberö ju ermarten! — in Äemer'ä
l^erjiger ipäuölid^feit rafd^ unb ju Deinem frommen
jured^t gefunben l^aft. 9Jlit ber '^txi fönnteft Du bad
aber aud^ njol^l felbft einmal fagen, unb ®inen bem
bloßen ©d^Uefeen unb SSermutl^en über Did^ unb Deine
3uftänbe entl^eben. 3lud^ . eine Sicenj (in biefem %oXit
bie Dir oerliel^ene Sorrefponbenjfaull^eit) foU man nid^t
mipraud^en.
Die ^auptoeranlaffung ju biefen '^txitn ift Dein
übermorgiger ©eburtätag, ju bem mir alle Dir t)on
c^erjcn ®(üd münfd^en ! Steine ^au legt einen felbft^:
gel^ädcltcn ©elbbeutel, bie ©d^nur eine anbermeitige/
mit ber ^anb gearbeitete Bagatelle bei; id^ aber in
meiner ®igenfd^aft alö Strid binbe Did^ folenniter mit
gegcnmärtiger ^lafd^e ©l^ampagnerö an, bie bei aller
Fleur de Sillery.
SBortrefflid^feit bie fonberbare ©igentpmlid^feit befigt,
ba§ Du Dir mebcr einen ©lanj nod^ einen ©trid^ auf
i^rem S3oben Idolen mirft; id^ fann alfo ol^ne S^rd^t,
— 28 —
bafe 2)u bcä ©iitcn ju md tl^uft unb mit 2^l^cobaIb
^änbel anfängft, meiner ©enerofität bie ßrone auf-
fe|en unb ^id^ anä) noä) mit }n)ei %ia^ä)tn
1834
Schloss Johannisberger
Kabinel-Wein.
1834
Schloss Johannisberger
Kabinet-Wein.
regaliren. 3)iel^r aber wirb nid^tö gereid&t. 3l^r ©trold^e
werbet ol^nel^in fd^on ju oiel Äleoner unb SWieöling oer^^
tilgen unb infonberl&eit übermorgen, fann iä) mir benfen,
mirb e§ meber an glafd^en noä) an 3öpf^i^ feilten.
SSiel jugetragen f)at [lä) l^ier feit 2)einem ^ort-
gelten tim nid^t. 9lm 9. September befd^Iofe id^ mit
meiner %ta\x eine 2^agd barauf anjutretenbe fleine 2:our
naä) SHolanböedf unb bem ©iebengebirge. Slm 10. frül^
brad^te mir ber 5ßoftbote einen 33rief von ^äring, an
2)id^ abreffirt, jebod^ mit bem 33eif a| auf ber 3lbreff e :
,,im gaK ber Slbroefenl^eit bed §erm Dr. ©eibel von
^erm i^reiligratl^ ju eröffnen." ^^aV^ unb fanb bie
9lad^rid^t, ba§ ^äring fammt %xan felbigen S^agd nad&
6öln bampfen moKten unb unö gern auf ber 93rüde
begrüben möd^ten. ^I^ren alfo jufammen, unb be-
ftimmten ^äringö, 9lbenb unb 9lad^t aud^ in SWolanbö^
edf jujubringen. SSergnügten 3lbenb t)erlebt. ©el^r be^
bauert, bafe ber ©l^ibeKine nid^t bobei mar. — r NB.
I^ab* il^m bod^ eine ^lafd^e Slolanböedfer 9luöbrud^ für
— 29
Rolandsecker Ausbruch.
ben ©cburtötag mitgebracht. 3l\xn aber anä) feinen
S^ropfen mel^r! SBirflid^er Sluöoerfauf!
Sonft noä) allerlei 33e[ud^ gehabt, unter anberen
eine ai\^ 3talien l^eimfel^renbe ©tettiner iJamilie, beren
^übfd^e, felbft im aJlufenmerf nid^t talentlos biletti^
renben J^öd^ter mir einen mäd^tigen, an Ort unb
Stelle gebrod^enen Sorbeerjroeig am bem ©arten 5ßitti
mitbrad^ten.
9Son 33riefen unb 5ßadeten nid^td für 2)id^ ange^^
fommen, alö ein ©jemplar ©einer ©ebid^te unb baö
beiliegenbe Äreujbanb t)on®oebefe. S)a§ id^ lefetereö
geöffnet (eä mar [a fein 93rief), mirft 2)u meiner 3ltn^
gier, bie einen I)id^ betreffenben 9ludl^ängebogen von
©oebefe^ö 93ud^e mitterte, freunblid^ »ergeben. 2)er
Sanbratl^ läfet bie 93iograpl|ie jefet im Äreiäblatte
brudfen, mie er frülier aud^ ©d^üdfing'ö 3luffa| über
25id^ ber SlUgem. 3^itwng für bad Äreiöblatt entnalim.
9lber, jum S^eufel, ®ine ^lafd^e muffen mir nod^
leeren! S)er alte Äerner unb feine iJrau foU leben!
3in ^od^^eimer 1834!
Unb nun:
2iebefter
1834 Hochheimer.
@manuel!
^^^rinjefftn ©ugenie, bie eble ®ame, ift feit ad^t
— 30 —
XaQtn bei nm unb mvh nod^ ad^t ^^agc weiter l^ier
bleiben, ©ie ift ein guted frommeö Äinb, unb wenn
fie allein ift, [o fingt pe auä bem ©efangbud^e:
itebßer 3mmannel, Dn £tc^t ber kommen,
Du metner Seele tLto% adf fomm' nur balb.
Du ^riebefürfl Ijaft mir bas fjer3 genommen,
Das ^an^ in £tebe Dir entgegentpaUi
Ueberl^aupt glaube id^, bafe bie ©t. ©oarer aJlagbelein
nod^ t)iel an I)id^ . benfen. 2Bo il^rer jraei ober brei
jufammen finb, ba ift e§ gen)i§ fünfmal unter jel^m
mal in S)einem Flamen unb ba bift 2)u mitten unter
il^nen. — Siebes ©eburtätagäfinb, 2)u t)ergiebft mir bod^
bie [d^led^te Slnroenbung ber SBibel!
^eut ift ber 2:ag beä ^eil. ©aKuö. 2)abei faUt
mir ein, bafe Saoinuö unb ©aUina feit bem 6. hujus
ein ^aar unb jefet in 2lugöburg finb. SBerben'ö 3)ir
mol^l gef daneben liaben. SRöge eö il^nen mol^l ergel^en!
§abe allerlei gemad^t [eitl^er, unb lege ein faubereö
3opflieb }ur ®rgö|ung bei.
©rüfee bie guten Äerner alle, alle auf'ö ^erjlid&fte
von mir unb unö. 9lud^ bie oerel^rte grau von ©uforo.
3^r, mie SSater 3uftiniiö, fd^reibe id^ näd^ftenö! ©Ott
mit 2)ir! Safe oon 2)ir l^ören!
2)ein alter
greiligratl^.
P. S. . Siebfter!
2)er 33rief mar fertig, alö mir einfiel, man fönne
bod^ eigentlid^ beä ®uten nie ju mel tl^un. 93efonber§
31
an. einem ©eburtdtage. SBoBen alfo jur Slbfül^Iung
auf atte bie ftarfen Sorten nod^ ein paar gtafd^en
ejceHenten Seid^ten trinfen. Stifo:
1839 Moselblümchen.
1839 Moselblümchen.
2ß)er nun aud^ 93afta, f onft giebt'ö rid^tig einen ^aar^
beutet! 2)er leid^teren SSerpadung beä ^lafd^enfetterö
wegen (aud^ ©elbbeutel unb Sud^ieid^en würben fid^
einem fimpeln Briefe fd^led^t beilegen laffen) fd^idf' id^
3)ir bie ganje ©efd^id^te aud^ nod^ im ©eleite beö oben
ermäl^nten ©jemplariS 2)einer ©ebid^te. 3Son ©einen
©igarren l^ab' id^ sroei in 9lgud^ aufgeben laffen [eitl^er.
9lad^ einmal unb allemal
©ein
greiligrat^.
greiligratl^ö Urtl^eil über ©eibel ift f olgenbeö :
9luä einem ©riefe an 3lbel^eib oon ©tolter^
fotl^: „©eibel ift eine tüd^tige, gebiegene 3latur. 9Son
auften nod^ etroaö burfd^ifoö, aber ber Äem )ft ed^t
unb nobel."
3luö einem S3riefe an Äarl Sudaner: ,,9ie^men
©ie ben guten ©onger (wie il^n 3lnberfen ol^nlängft
in einem ^Briefe an mid^ nannte) freunblid^ auf, unb
laffen ©ie fid^ 9leueä unb 9leuefteö auö ©t. ®oar oon
il^in erjä^len. ©r ift eine madfere tüd^tige 9latur, bie
Sinnen jufagen mirb/ unb beren milbeö geuer, fo Oott
32
lüitt/ in ein paar 3a^ren ocrfladcrt ift. 2Bo bcr Stamm
gut ift, ha tcmn man allerlei fleine Sluöraüd^fe fd^on Der?
jei^en. I)ie 3cit nimmt fie meift [d^on oon [eiber meg."
9luö einem ©riefe an Sari fSn^ntx: ,,®eit)cl
l^at mir benn bod^ enblid^ in ben legten Dctobertagen
lierilid^ unb marm auö Stuttgart gefd^rieben. 'S ift
bod^ ein guter Serl in ber ^auptfad^e unb ba mufe
ein anberer guter Äert [d^on ein 3luge jubrüden. 3c§
fürd^te nur, er mirb in Stuttgart mieber ju felir t)er^
ptfd^elt unb in prinjefelid^en Salonfd^nadf l^ineinge^
ritten. Uebrigend mirb i^m 9liemanb, ber eö mal^r^iafl
gut mit il|m meint, oor ber §anb fd^on eine fold^e SBen^
bung roünfd^en. ®ö märe i^m meit beffer, wenn Seben
unb Sritif il^n einmal im @rnft padften unb fd^üttelten.''
Ueber bie ©eneftä ber ©ugfom'fd^en firitif in
ber Äölnifd^en Leitung ^ellt unö eine Stelle eines
Sriefeö i5reiligratl|ö an ©eibel auf: „2Bir fönnen
eä nur bebauern, bafe S)u I)ir burd^ ^intanfegung einer
unbebeutenben gefeltfd^aftlid^en 9lrtigfeit, burd^ bcren
Erfüllung ®ü meber ein Dpfer gebrad^t, nod^ S)ir tiroa^
vergeben l^ätteft, einen fo gefä^rlid^en ©egner ermedt
l^aft. SBie fonnteft ®u nur®u|fom nid^t befud^en?
^attc er 2)id^ bod^ vox ber Qdi immer freunblid^ unb
mit 3ld^tung genannt."
einmal l^ören mir (1844) folgenben Stofefeufjer
über ®eibeU Saumfeligfeit im Srief [d^reiben : „SRod^
immer feine 9lad^rid^t t)on (Seibel? igerr [ei bei unö,
baö ift ein großartiger gaulpelj!"
— 33 —
Suftinuä 5lcrncr [d^rcibt am 30. Dctober 1843
onUlilanb (ÄariaRat)cr, Subroig Urlaub, ©tutt^^
gart 1867):
,,S)er junge, ^crrlid^e ©id^tcr ©cibel xoax üicr
SBod^cn lang bei mir, maö mir fe^r lieb mar. ®r
bleibt ben SBinter über in Stuttgart unb mirb molil
aud^ nad^ 2^übingen fommcn. ®r ift fe^r lieb unb reid^
on l^errlid^er ^oefie."
aSon (SeibeU 3lufent^alt in (Stuttgart im SBinter
1843 berid^tet bie „9lug§burger SlUgemeine 3ritung"
am Sd^luffe eineö 9luffa|e§: ßunft unb Äünftler in
©d^maben. „®in S^fl^^Ö^^^ ^^^ Jlorben, ©eibel, über^
wintert bei unö; fein S^rauerfpiel „Äönig 9loberid^"
wirb an melireren 33ü^nen jur 3luffü^rung unb l^ier
gleid^ä^tig jum 2)rud t)orbereitet, nad^bem eine SSor?
lefung beöfelben im ©alon ber 5ßrin jeffin Sßarie einen
ücrfpred^enben ©rfotg ^atU.''
®dEermann, ber ©ecretär ®ötl|eö unb fpätere
9latl^geber beö jungen ©rbgro^^erjogö t)(>n SBeimar
f^reibt im aßarj 1844 an greiligratl^:
„©eftem bei einer 5ßartie, bie id^ mit bem ©rb^
grofe^erjog nad^ @tter§burg mad^te, fprad^en mir mel
über ©ie, unb id^ erl)ielt l^alb unb l^alb ben officicUen
9luftrag ©ie ju fragen, mie eä mit 3^ren näd^ften
SSünfd^en unb Sluöfid^tcn ift, unb ob ©ie t)ielteid^t
9leigung l^atten, in SBeimar irgenb eine paffenbe ©teile,
@mannel ®eibel, ein OSebenfßuct). 3
- 34 —
ztxoa bei ber ftammer, anjuncl^men. @ä müfetcn auöf
noä) anbcrc junge XaUntt J^crangejogcn werben, wie
ttxüa ©eibel, ber mir vid im ©inne liegt unb ben
iä) fel^r l^od^ l^atte. 3(i^ benfe oiel an ©ie, unb meine
Siebe ju Sinnen l^at nid^t einen 2lugenblid gemanft.
Äönnten ©ie nid^t ® ei bei einmal fonbiren, maö er
ttroa benft? Der junge gürft ift ooH ©ntl^ufiaömuä,
für SBeimar eine beffere unb rü^mlid^ere Qtit f)txbcu
jufül^ren. ^offäl^igfeit unb einen guten (Sel^alt müßten
©ie aber — menn ©ie überall 2uft l^atten unb mir
[einrieben, jur 33ebingung mad^en."
OeibeU ,,3luf oon ber SCraoe", ber in ben ©e-
fammelten SBerfen jefet mieber unter ber Ueberfd^rift
,,£übedö Sebrängnife" gebrudt ift, rief jmei intereffante
©rmiberungen l&eroor, bie erfte oon SB. oon Sippen,
bem SSerfaffer ber „©utiner ©fijjen", bie jmeite t)on
bem Hamburger 33. ^eitraann.
. 2ln Cübccfs Sänger
oon 9B. oon ©ippcn.
Victrix causa Diis placuit,
' sed victa Catoni.
Wo blieb ber gont, ber im pofal
Kampffprütienb foöte überfd^äumen,
Wo ift bas £ieb, bas fc^arf n>ie Statjl
Die Schläfer loerfen foöt' aus Cräumen?
3ft es benn n>at|r: an Kraft gebrid?t's,
Xüir t|ätten nur t>tn (Eroft, Un I^erben,
(Dtjn' fremben Beiftanb bleib' uns nid?ts,
2üs fampflos leiben, fd^roeigenb ftcrben?
35
Du, ber bu mandfcs Woxt von ^t^
Dntdi Deutfc^(anbs <5auen lieg ft ertdnert;
Du ({ätteji; übermannt von 5c^mer3;
^ür betne Dater jlabt nur Cl^ränent^
<Ein ©armes ^er3, »oljl 5iemt's bem VXann,
Dodf tritt ber ^einb iljm naii, fo flc^t er,
^um Kampf geV uns bein £ieb üoran,
Sei erfter uns, nic^t le^ter Did^terl
^um Kampfe ja, für's Daterlanb,
jür bos tpir manche Sc^Iad^t gefc^Iagen,
IXnb bleibt uns fern bie Bruberl^anb,
llüdi gan5 atteit?, mir müffen's magen.
Was einft gefc^alj in (Dfl unb IDeft
tlie mieberl^oP es ftc^ im tlorben,
X^ier l^alten mir an Deutfc^Ianb feft,
^ier foU man beutfc^en Sinn nid^t morbenl
^um Kampfe, nic^t mit fd^arfer IDel^r,
^um Kampfe, nic^t um <0ut unb tehen,
,§um Kampfe nur für Hec^t ujib ^l^r'
mit IDorten, ferf unb ol^ne ^ehen.
Du fprac^'ft: „Das IDort ifl auc^ ein f^elb,"
Unb ijl's ein ^elb, fo fann's auc^ fiegen,
■IDo IDort nnb Sinn jufammenljält,
XVitb gutes Hec^t nic^t unterliegen.
XVenn unfres 2(ares Doppelljaupt'
<Entfc^manb bes Heic^es golbne Krone,
XOenn uns ber alte ^ort geraubt,
Des Kaifers Schuft auf mäc^tgem Cl^rone:
<Ein Sd^ufeljerr bleibt uns in ber ZTotlj,
<Db auc^ bie Sünbner rings erfc^Iaffen,
<Ein' fejie ^urg ijl unfer <5ott,
<Er ift eine gute IDel^r nnb IDaffen.
3*
— 36 —
(ßott Ijilft bem, ber jic^ felber treu
jür ^öc^fies mag fein f^dd^fies tpagen,
Der, bricht bie alte IDel^r, aufs Heu
^in Scf;n>ert ergetfet ol^ne gagen.
Drum ebler Sänger nxd^i ermüb\
Stäl^r unfern Vflnili, gebeugt von Sorgen,
Dod; finge uns Fein Sd^n>anen[ieb
2In unferm ^luferßel^ungsmorgen.
5d?Iad?truf
oon ber @(be an ©• @eibc( oon S. ^eittftann.
Du l^aft bie Saiten ftrajf gefpannt,
llnb ftngß in braufenben 2Ifforben;
Doc^ fieV ic^ t>on Dir abgen>anbt,
(£s t{at mein (5ott Did^ nie erfannt.
Seit Du ein ^ürjtenbiener ujorbenl
(Hin ^ürftenbiener? fragft Du milb,
Unb fpringft empor, 3um Kampf gerüftet.
IDol^Ianl in's offne Sd?(ad^tgeftlb
Spreng' id^ t^inaus mit Speer unb Sc^ilb,
gu Hog! 3u HogI wtnn Dxdfs gelüjleti
3d? glaub' an feinen großen ^errn,
Den Krone blos unb Scepter jierenl
Die Seit, als nod^ ein brotj'nber Stern,
Xnit präd^t'gem Sd^meif, bod? ot^ne Kern,
Der IHenfd^en Sd?irffal burff regieren —
Sie ift batjini Das ^eute fa§t
Xlxdit met|r nad? lügnerifd^em Sd^eine;
Ztur Du, <5eu)appneter, Du Ijaft,
(Seblenbet, mit ber 3K3^«b ^aft,
€rflärt für ebel bas <5emeinel
— 37 —
Den Sc^ifb empor I Des gornes ^rud^t
3fk jefet ge3eitigt burd? Dein IDettlrnl
3d^ l^ab' ben ftarfen 2Irm oerfud^t,
Unb faufenb wxtb er iljre IDud^t
^erab auf Deine Sd^eitel fd^mettern I
<D Sc^anb' unb 5d?mac^I — es flingt mie ^oljn,
Die eig'ne Kraft — Du lieg'jl fie feien!
Du, eines (Sottes fiol3er Sot>n,
Sinfft Ijin an eines Königs Cljron
Unb fTeljft, bie IHutter 3u befreien I
2In eines Königs Cljronl — Du mußt
3n Sd^am erglülj'n oor meinem fjabefnl
Bjafi Du, »as Du getl^an, gemugt?
IDer jiögt bas Sd?mert it|r in bie ^ruft?
IDer fd;Iie§t il^r ah bes £ebens 2Ibern?
(Ein König tljufsl — erbrauf't Dein Wovi,
Unb mecFt bas (£c^o tauf enbtönig ;
Dodi Du, am maflenleeren Port,
Du träumft, es fonri* fid? na^n, als ^ort,
€in König gegen einen König 1
€in König, ber einft Ijeilig fd^mor,
2lls alles Dolf, mit milbem Hafen,
2lus feinen ^utten brad? tjercor,
€in König, ber ba Ijeilig fd^roor:
^rei foöen fein bie Ström' unb Straßen —
€in folc^er König — o es fann
Der D&n' es in ben ^art Dir t|öljnen —
£ad^t Did^ t>oU ^o^tn Siannens an,
IDenn Dn itjm flagft, ba% fein Kumpan
Die Stabt ©erberb' mit iljren Söljnen I
— 38 —
.IDärji Du mit füljncm Hac^efd?ret,
Der IDat^rl^cit Sfraljl in jcber IHienc,
3n's X>oI! öcffürst — 3ur Kaferei
2(ufjagenb ben geipalt'gen £eu,
©n Brutus, gegen bie (tarquine —
^al jub^Inb Ijätt' id? an Dein ^er3
Itlit thheshanbtn mic^ gef (ammert !
IDir wüten mit ber Sprad^e €r3
fjinan gejHirmt, wo aöerroärts
Vflan nodi am Sarg ber ^reil^eit Ijammertll
Dod? Du — ^es gornes ^lammenlauf
Kann id?'im VOadiitn nxd^i gebieten —
Du traffl in'fjelm unb fjamifd? auf,
Um mit bes mäc^fgen Sd^roertes Knauf
Die eignen Ketten ju cernieten!
Du felbft - ol ba id? Diefes fd?retb',
Stellt rieftg uor mir Deine Sd^anbe —
Du felbft tjerriettjjl bas Ijel^re IDetb,
Unb nun man get{t an Deinen £eib,
Hun flagflDu über Drurf nnb Banbel
3c^, Deiner IHutter Sc^roefterfol^n,
IDeig nid^t um tioi^t (5unft 5u (ungern I
3a, mies mic^ andi, mit grimmem B^ofyi,
3n IDüftenet'n .ber Kned?te ^roljn:
5tol3 fd^ritt xd^ ^in — id^ fann nodf l^ungernE
Du (^afk ein anbres £oos gemäl^It,
fjerani bie lan3en muffen fplitternl
Sorg', ba% bie Dein'ge mid? nid?t feljitl
2IIs §euge ftel^t bie gan3e IDelt,
init allen il^ren tapfern HittcrnI
39
3nt gebruar 1847 lafet fid^ Saint^SRcne
SailUrtbicr am Slnfang eincö längeren, anerfennem
ben 3luffa|e§ in bem Sebruarl^eft ber „Revue des
deux mondes", Paris 1847 atfo oemel^nten:
„M. Geibel est un poete aimable, dune
humeur facile , d'une verve brillant et legere . . .
Tout cela est dit avec une finesse et uhe grace
assez rare en Allemagne, et qui fönt de ce recueil
une lecture piquante.'
(<
Slm 7. 9lpril 1847 rourbe oon 2)itettanten im
^Qlaiä be§ bamaligen ^ßrinjen von ^ßreufeen ©eibcTö
Suftfpiel ,,2)ie ©eelenmanberung" (fpäter ,,aWeifter
änbrea") aufgefül)rt. ®aö ^er[onenoerjeid^ni§ finbet
ftd^ auf einem 9lquareKbilbe oon ^ermann Kre|[d^mer,
baö bie eine SBanb beö an ©eibeTä 9lrbeit§jimmer
ftofeenben üKuftffalonä jiert:
^nbreC; SBUbfd^ni^er 91. von ^obenecf.
Ttaüco, aRufifmcifter fH, von SBintcrfcIb.
^anbolfo, Silbl^auer ..... ^. von 3<iftton).
Suffolmaco, TtaUx {^iebrid^ ^ill^elm.
Suigi, ^oct 2B. oon mioxv.
(SalanbrinOr Äupferfted^er . . . 2B. ©ornemann.
Sconctto, JBaumeiftcr . . . . . ®b. ©angcr.
^croncHa (Ttaxqf)tnia) . . . . 95. von 2)obcnecf.
©^fota, 3ofe 21. oon Saftroto.
«ruber e^prianuä 21. 2Rif(l^!c.
^a^qnait, ©c^cimfd^rcibcr . . . bu 3Signcau.
40
3n bcm ,,3H6um bcr ©crmaniftenocrfammlung",
bic 1847 in Üübcif tagte, bepnbcn fid^ facfitnilirt folgenbc
Sßcrfc t)on ®manuct ©eibcl:
„^üv 2IIIes, tpas Du bift unb fannfi, gebüt^tt
Häc^ft <5ott bcr erfle Dan! bem Daterlanb.
Dergig es nie, unb mos Du immer tljuft,
(Sebenfe, ba§ es feiner würbig fei.
2lm ftiüen ^eerb, im Staat, in IDort unb £ieb,
3n lieb' unb gom, in jeglid?em (Sebanhn
Sei beutfd^, bis Vn bereinft bem ^eimatljsboben
mit Deinem Staub bie leftte Sd^ulb he^aiilft/'
3n feiner ©elbftbiograpl^ie „33ier}ig 3a{|re" (33b. 8,
204ff.)cr}ä^ItÄarlt)on$olteiauöbemS)e}emberl848:
„9lud& in Süberf raupte id^ mir faft gar feine Se-
fannte. ®manuel ©eibel ^atV xä) nur jroeimal im
Seben flüd^tig gefprod&en, unb bieä ju einer ©pod^c,
n)o id^ i^n aU S)id^ter wenig fannte, ja, wo iä) eigent^
lid^ gegen il^n eingenommen mar. SBarum? SBal^r^
fd^einlid^ nur, meil iä) i^n nid^t fannte, alö ®id^tcr
nämlid^, mie mati einen ©id^ter fennen mufe, menn
man fagen mitt, ba§ man il^n fenne; wie man i^n
burd^brungen, in fid^ aufgenommen, fid^ mit i^m gleid^-
fam üerfd^moljen l^aben foK. ©eitbem mar mir ba§
l&eKere Sid^t aufgegangen. 3d^ l)atte, in feinen ©e-
bid^ten blätternb, baö (Sebid^t „©anöfouci" überfd^rieben,
gefunben, gelcfen, mieber gelefen, unb mar baburd^ oer-
anläßt morben, mir baö 33ud^ mit auf mein 3^^"^^^
JU nehmen. Unb ba mar mir'ö mie Sd^uppen oon
41
ben Slugen gefallen, unb id^ fd^ömte mi6), fo lange
blinb geroefen ju fein ... auö, nun ja: a\x^ 2^rog.
änb'erä fann id^'ä nid^t nennen. 3d^ l^atte ben SKann
für einen ^ofpoeten gel^alten. 9lun UxnV iä) x\)n alö
wahren, eblen 2)id^ter fennen, unb id^ freute mid^, ba^
id^ 6inen mel^r in meinem bergen tragen burfte. 3d^
fteKte il^n jmifd^en 9lüdert, ^laten, bod^ fo, bafe er
aud^ meinem geliebten ®id^enborf • nod^ bie ^anb reid^en
fönne. 2Kö bann bie Suniuölieber erfd^ienen, befeftigten
biefe mid^ auf'ö 9leue im ©lauben an x\)n.
SHefer ©id^ter meiner 2uft unb Siebe in feiner
SSatcrfiabt Sübedf nun aud^ perfönlid^ ju finben, mar
eine meiner §auptt|offnungen für Sübedf. ©ie ging
aber nid^t in @rfüBung. 9lte id^ il^n auffud^te/ jeigte
er ftd^ gleid^gültig gegen mid^ ; bann t)erf el^lten mir xin^
bei ©egenbefud^en — uttb mir fal)en unö gar nid^t
me^r. Unb id^ tiabe Sübedf üerlaffen, ol)ne ifim fagen
ju fönnen, ba^ er feinen wärmeren Serounberer jäfitt,
ate ben. oon 9leib unb äßi^gunft freien, alten Sänger,
ber über ber legten unb erften 9luflage feiner ©ebid^te
brütenb, mie bie ©anö auf ianitn 6iem, fefir mol)l
benju^t ift, ba§ unb warum ®. ©eibel balb bie
jtüonjigfte erlebt l^aben wirb . . . 2eiber üermifetc iä)
auä) beim ^rofeffor ßtaffen, obgteid^ mefirere feiner
©önner unb ©önnerinnen jugegen maren, ben geliebten
3)id^ter. ®ö mar mir einmal nid^t befd^ieben, il)m in
Sübedf naiver ju fommen. 2Baö mid^ aber burd^ unb
burd^ befriebigte, mar bie palriotifd^e SSerel^rung, bie
— 42 -
id^ in bcr ganjcn Stabt, in allen Stanbcn für ® ei bei
oerbreitet f anb. ©afe man ein fd^öneö ©d^iff ©manuel
©eibel getauft, fönnte für eine von ©injelnen aus-
gegangene ^ulbigung betrad^tet werben, bafe aber j. 95..
ein ftittes, fleißig arbeitenbeö 9läl^ermäbd^en, baö id^
bei ber ©d^aufpielerin SBeber figen unb naiven fa^,
ftd^ ploglid^ in unfer ©efprad^ mifd^enb, als oon il^tn
bie Siebe mar, mit Sebl^aftigfeit eine feiner SHd^tungen
nannte, beren 2^itel mir augenblidflid^ entfalten mar,
baö ift ein rebenbeä ^txä)cn. 3eber äßenfd^ meife oon
il^m; 9lrbeitöleute, bie roa^rfd^einlid^ außer ber 93ibel
nie ein 93ud^ t)or 9lugen liatten, jeigen bem ^^agenben
ben 9Beg nad^ ©eibeTs SBol^nung unb fie tl^un e§
mit einem unoerfennbaren 3luöbrud t)on Stolj. 2)a§
fprid^t nid^t bloä für ©eibel, ed fprid^t aud^ für SübedE.
"^tnn xä) fenne mand^eö ©täbtd^en, meld^ed für ben
Boi)n an^ feinen SKauern, weil er fid^ ben SRufen
mibmete, nur ©pott ober ©roll ober ®etingf Tagung
l^at, wobei freilid^ ju bebenfen, baß nid^t oiele, bie fid^
ben 5Kufen mibmeten, ©eibelö merben.. 3lber nid^tö
befto weniger liegt mir eine ©tabt, eine große obenein,
im Sinn, bie aud^ für einen ®eibel, rotnn er in il^r
geboren märe, faum etmaö anbereö jeigen mürbe, atä
® leid^gültigf eit , unb id^ liebe 2übe(J, meil eö feinen
© e i b e l liebt. 2)arin fprid^t fid^ Pietät aus, unb ol^ne
biefe giebt eö feine ^oefie unb feine 5ßoeten."
-- 43 —
3m SRärj 1848 mad^tc ©cibcl in 33crKn, lüol^in
it)n bic iDicbcrl^oItc. ©arftcHung bcr „©cclcnwanbcrung"
gerufen, juerft bie Sefannlfd^aft mit 5ßaul §e^fe,
bcr bamalö, faft ad^tjel^n Saläre alt, t)on feinen naiveren
SBefannlen feiner Siebenöroürbigfeil unb 95egabung wegen
gleid^ fel^r gefd^a^t n)urbe. darüber berid^tet und ba%
Süd^lein : „®manuel ® eibcl. (Sin- ® ebenf blalt." Sübed,
©rauloff. 1884: „3Kö ©cibel am ®nfepla§ mit
SranjÄugler unter einem SDad^e mol^nte, gefd^al^ eä,
bafe ein junger aWitbemol^ner beö ^aufeö il^m eineö
fd^onen S^ageS ein §cft mit ben Oebid^ten feiner 3Wits
fd^üler braute unb il^n bat, fie ju lefen unb il^m fein
Urt^eil barüber ju fagen. ©eibel fpürte wenig Suft
^icrju, ti^at eö inbeffen unb fanb auö ber äßenge fed^^
ticrauö, bie i^m megen beä fid^ in il^nen offenbarenbcn
2^alentc§ auffielen. ®r mad^te ben jungen 95efannten
hierauf aufmerffam, erflärte, baß „3ug" in biefen Oe«
bid^ten fei, unb ba fam bei feiner ^ragc nad^ bem SBer?
fQJfer jum SBorfd^ein, baß alle fed^ö oon einem unb
bemfelben ftammten, unb jroar oon einem gemiffen
Qc^tjei^njäl^rigen ?ßaul ^e^fe."
S)er „Hamburger Sorrefponbent " oeröffentlid^te
nad^ beö SDid^terö 2^obe einen fel^r intereffanten 33rief
©eibeTö oom 3al^re 1849 an eine ungenannte SDame,
roeld^e i^n unter Seifügung einiger ©ebid^te um ein
unparteiifd^eä Urtl^eil gebeten 1)attt:
„2)e§ ,unbebingten SSertrauenö, mit meld^cm Sie
44
mi(| Qzzi)xt Iiaben, glaube id^ mi(| nid^t bcffer roürbig
maä)m ju fönncn, alö inbem xä) mid^ in einer (Sad^e,
bie Sie fclbft alö eine emfte anerfennen, mit oöüig
rüdEl^altölofer SBai^ri^aftigfeit gegen Sie auöfpredEie.
3roei Sragen finb e§ l^auptfäd^Iid^, bie ben Snl^alt
3l^reö Sriefeö auömad^en; bie erfte, ob il^r poetifd^cö
Xaltni eine weitere 3luöbilbung unb Pflege oerbtene,
bie anbere, ob Sie bie 5ßoefie ju 3l^rer SebenSaufgabc
mad^en fotten. 99eibe t^tagen aber, obrool^l feineöroegö
gleid^bebeutenb, fliegen 3f|nen unoennerft in einö ju^
fammen. SSerjeil^en Sie, wenn id^ biefclben bei meiner
©nüiberung ftreng auSeinanber l^alte.
S)ie erfte glaube id^ getroft mit 3a beantroorten
JU bürfen. 'S)tnn in ben ©ebid^ten, meldte Sic mir
mitjutl^eilen fo gütig maren, fprid^t fid^ unleugbar ein
nid^t unbebeutenbeö l^rifd^eö S^alent a\x^, menn baffelbe
anä) nxä)i überalt in gleid^em SKafee gereift unb burd)-
gebilbet erfd^eint. Ob aber 3lir poetifd^eö 38ermögen
über bie Orenjen ber S^rif ^inauögel^t, baö vermag id^
nadEi ben angegebenen groben burd^auö nid^t ju beur^
tl^eilen. Unb baö märe bod^ am 6nbe ber 5ßunft, auf
ben eö jur ©rlebigung ber jmeiten grage üor alten
SJingen anfäme, mtnn Sie üon ber 5ßoefie alö Äunft,
alö Sebenöaufgabe reben. "^tnn bie fi^rif füllt —
felbft bei bebeutenben Talenten — fein Seben auö.
©lauben Sie baö mir, ber e§ an^ fd^merjlid^er 6r^
fal^rung gelernt l^at. So lange id^ nur bie eigene
Stimmung, bie ©mpfinbungöfd^auer in greub unb Seib,
— 45 —
bie ®inbrüdEc bcr umgcbcnbcn 9latur, ja bic $ö^cn unh
J^icfcn bcr Siebe unb Seibetifd^aft auäjufpred^cn wagte —
mit anbeten SBortcn, fo lange iä) eben allein ober bod^
üorjugöroeife S^rifer voax, I)abe id^ in ber 5ßoefie fd^öne
Stunben unb feiige 2lugenblidEe, aber feine Sefrie^
bigung meinet innerften Sßefenö gefunben. (Sin jielienber
Slang, ein fd^roellenber unb t)erl)allenber Si^on, ber burd^
unfere Sruft gel^t, fann luicnblid^ beglüdEen; aber er
fdjiDinbet oorüber, unb nur ju oft folgt il)m — wenn
baö ^thtn felbft, baö wirf f am fd^affenbe Seben mit
feiner n)ieberfel)renben SKü^e unb 9lrbeit, mit feinen
Siedeten unb 5ßflid^ten, nid^t frifd^ bajmifd^en tritt —
eine blaffe, bämmernbe Seere, eine nüd^terne ©rraartung
bcr Seele, — ©rft feitbem id^ ben SKutl) gemonnen
i)ak, mid^ in größere objeftioe 2lrbeiten, in epifd^e unb
bramatifd^e ©arftellungen ju vertiefen — gleid^üiel, ob
biefelben einft ber Defferttlid^feit übergeben werben, ober
in meinem ©d^reibtifd^e üerfd^loffen bleiben mögen —
crft feitbem id^ gelernt l)abe, mit großen Stoffen fünfte
Icrifc^ ju ringen, unb jur Uebermältigung berfelben aud^
bie ongeftrengtefte Slrbeit, bie fd^einbar femliegenbften
Stubien in Sßelt unb Sßiffenfd^aft nid^t ju fd^euen, ift
mir ba§ eigentlid^e Sd^affen in ber 5ßoefie ein frommeö
S^ogeroerf geworben, an^ meld^em eine mo^lt^uenbe
•Öciterfeit in mein jegt fonft melfad^ üerfd^atteteö 2tbzn
jurücfftrömt.
3lber, werben Sie fragen, ift benn baö für mid^
uncrreid^bar, ift eö immögtidEi? — Unmöglid^, wer bürfte
— 46 —
bad gSort audfprcd^cn. Slber fd^iDcr, fcl^r fd^rocr gciDife.
3d^ fagte fd^on: ob 3^r Talent audrcid^t, für fold^c
©d^öpfungcn bic ©runblagc ju bilbcn, weiß id^ nid^t.
Ocfcgt aber, bent wfire fo, fo bcbarf ber cpifd^c, bcr
bramatifd^e ®id^tcr nod^ ganj anbcrcr 2)ingc afe bcö
SCalcntcö; nur bad ficbcn Icl^rt il^n, nur bcr Sßcrfc^r
mit aUcn ©d^id^tcn bcr ©efellfd^aft t)on ber l^öd^ften
biö jur unterften bilbel il^n, nur bad lede ^ineintaud^en
in bic mannid^faltigften Sßerpltniffc gicbt il^m bic
^äl^igfcit, bic SBelt roal^r unb treu roicbcrum auö fid^
l^crooräufd^affcn. (Sr foU auf bcm Oipfcl feiner 3^^*
ftel^cn, burd^fogen t)on il^rer S3ilbung, über il^r, unb
bod^ alle i^rc roibcrfpred^cnbcn Saute oerftcl^cnb unb
geredet roürbigenb. Unb in biefcm 5ßunfte, nid&t in
ber urfprünglid^en Begabung, l^at aUerbingö unfcr ®c^
fd^Icd^t oor bcm S^rigen t)iel Dorauö. Und [teilen
taufenb QucUen bc§ SBiffcnö unb ber ©rfenntniß, bcr
Seobad^tung unb bcr SBcItcrfal^rung offen, ju rocld^en
©ie nur l^cranjutreten ücrmogcn, inbem ©ic bic frcilid^
oft aUju eng gejogcnen ©d^ranfen bcr Sitte jerfprengen.
aWand&e grauen l^aben bad gctl^an; aber id^ meife faum
eine, bic burd^ ein fold^eä SBageftüdE nid^t unglüdlid^
geroorben roäre ober fid^ in ein fiab^rintl^ oon SBcrfcl^rt^
l^eiten oerirrt l^ätte. Unb ift bcnn baö, roaö fic bann
am ®nbe ju ©tanbc gebrad^t l^aben, ift eö roirftid^ fo
gro§ unb fd^ön, bafe cö ein oerfc^tteö, oerfümmerteö
ättcnfd^enleben aufroöge?
3d^ fann Sinnen bal^er nad^ meinem ©croiffen nur
— 47 —
©ins tätigen: 5ßflcgen unb bilbcn ©ic bic fd^önc ®abc, bic
bcr ^immcl Sinnen bcfd^icbcn l^at, unb fxc wirb 3l^ncn
ein S^roft in trüben S^agcn, ein lieber ©d^mud in
3eiten ber greube fein, aber bebenfen ©ie fid^ rool^I,
e^e @ie ftd^ entfd^Iießen, bie ^ßoefie jum fiebcnöberufe
}u loal^Ien. 3d^ weiß eä vDof)l, wie füfe baö lodEt, wie
golben bie Deffentlid^feit juerft ber jungen ©eete enfc
gegcnfd^immert. äCber id^ weiß eö and), wie tl^euer ein
Slame erlauft wirb, unb boppelt tl^euer für ein roeiblid^
SBcfen. üKuß benn 3eber, ber fid^ an 95Iumen freut
unb fie mit glüdlid^er ^anb ju pflegen rod^, gleid^
fiunftgärtner werben, ober eine Slumenl^anblung an*
legen? Unb gewölkt bie SRofe, bie ©ie an S^tem
Senftcr für fid^ unb fonft ein liebeö 9luge in ber ©tiUc
aufjogen, Sinnen nid^t größere greube, alä bem ©artner
ein präd^tig ejotifd^eö ®en)äd^ö, baö er jur SluöfteBung
liefert?
®aö l^abe id^ 3l^nen aud treuem ^erjen fd^reiben
muffen.
SübedE, ben 13. a»ärj 1849.
2)er Sl^rige
e. ©eibel.
Äarl Donvöoltci beabfid^tigte 1850 bie „©eelem
roanberung" in Hamburg aufjufüi^ren. 9lm 4. 3anuar
gab il^m Oeibel baju „t)oUe SRad^t ju ftreid^en" unb
{einrieb bann in einem Sriefe, ber fid^ originalitcr in
meinem Sefifee befinbet:
— 48 —
Sübcd, 24. 3an. 1850.
Sicbcr poltet!
„S)aB id^ Sinnen für 3l^r frcuublid^cö unb l^od^-
crfrcuUd^cö S(|rcibcn biö bal^in nod^ nid^l gcbaitft, ^attc
üerfd^icbcnc ©rünbe, alö ba ftnb crftenä 35crticfung in
3lrbcilen, siDcilcnö beö SRcnfd^cn natfirlid^c SCräg^cit,
brittenö unb l^auptfäd^lid^ aber ein ©tüd ^gpod^onbric,
baö ju 3l^rer frol^en S^i^wng nod) immer fein redete«
SSertrauen faffen rooUte. aJleine frül^eren S^l^eatererfal^s
rungen in Sejug auf ben „SRoberid^" feligen ^Sergeffen^^
feinö maren oon fo burd^auö Irübfeliger 2lrt, ba§ cd
mir orbentUd^ fd^roer warb, ju glauben, baö 3)ing foHe
nun auf einmal fo glatt abgelten, unb bafe id^ oon
3^age ju J^age auf ben nad^l^infenben S3oten wartete
mit ber aßelbung: eö gel^t bod^ nid^t. SDa fid^ berfclbe
jebod^ biö I)eute nid^t eingeftellt I)at, unb id^ am ©nbe
fürd^ten muß, meine ^dUn fonnten ©ie bei längerem
SSerjug bereits oerfel^len, fo laffen Sie ftd^ einftroeilen
fagen, mie freubig ber Sn^cilt 3l)reö Sriefeä mid^ über^
überrafd^t l^at, unb ju mie J^erjlid^em 5Danf id^ mid^
S^ncn unb bem oortrefflid^en 9Karr (S)arfteller beö
„9lnbrea") oerpflid^tet fül^le. ®tf)i bie ©ad^e il^ren
rul^igen ®ang fort, unb mirb bie erfte 35orftellung ber
„©eelenmanberung" einigermaßen günftig aufgenommen,
fo fomme id^ jur jmeiten felbft nad^ Hamburg. SBie
lieb cö mir märe, ©ie alöbann nod^ bort ju finben,
fönnen ©ie pd^ felbft fagen; bod^ muß id^ bieä leiber
— 49 —
bejrocifcln, bö Sic bereits ®nbe Januars in Sd^roerin
fein wollten.
33on $einrid^ in Serlin l^abe id^rid^tig, wie ©ie
mir tjorauöfagten, einen blaubebrurften SBrief mit einem
Eommiffxonöantrage erl^alten. 3)od^ l^abe id^ barauf
nod^ nid^t geantwortet, meil id^ bie Hamburger 9lufj^
fü^rung Dorl^er abwarten unb nad^ beren ®rfolg meine
SWaferegeln nel^men mitt.
Ueber Äuglerö 3)ramen" benfe id^ im ©anjen mie
6ie. 2)ie „SafobSa" l^at mel^r eigentUd^ poetifd^en
Äem; im „33ogen" ift einjelneä SSortrefflid^e, fo j. 95.
bic präd^tig burd^gefül^rte ^gur beö 95ertuccio, aber
bie aRotioe mie bie ©cenen fpringen fo bunt unb über*
^oftig ^in unb l^er, bafe baö ©anje mir feinen rul^ig
flaren ©inbrud Iiinterlaffen miH . . .
®Iauben ©ic mir, bafe id^ 3^nen gerne alö pre-
tium amoris ein autographon üon SBilüam ©j^afe^
fpeare beilegte (§ottei mar 9lutograpl^enfammler),
■— menn id^ e§ nämtid^ l^ätte. 5Dod^ ein ©d^elm giebt
me^r aU er l^at, unb fo muffen ©ie ftd^ fd^on mit
biefcm meinem SBunfd^ begnügen, ^erjtid^ grü^enb
©manuel (Seibel.
§oltei l^at aud^ fpater in bcr 9Kitte ber fünf?
äiger Saläre bäö fleine Suftfpiel burd^ SKecitation befannt
gcmad^t. (SSergleid^e (Seibel, ©efammette 2Berfe,
35b. 8, ©. 28).
6manu<I Q*<t6cl, ein ©ebenfbucfi. 4:
— 50 —
3Son ©eibcTd 3lufcntl^altc in Äarlöbab, ©ommcr
1850, ersäl^It ein Ocroäl^römann ber „SRagbcburgifd^cn
3eitun8" (15. Slpril 1884) folgcnbcö l^citcrc ©rlcbnife:
„3m Sa^re 1850 ffitlt fid^ (gmanucl ©eibcl
ju Äurjrocdcn in Äarlöbab auf. ®r bcrool^ntc ein bc-
fd^cibcncö Quartier auf bem ©d^lofeberge, uub ber 3«-
fall rooUtc es, bag x6f fein 3Banbnad^bar n)urbe. ®o
geroife id^ in gefunben ^agen eä Derfud^t l^abcn loürbe,
tni(| ber 5ßerfon beö t)bn mir l^od^oerel^rten S)i<i^terö
ju naivem, fo wenig 3lntrieb empfanb id^ baju alö vtv*
briefelid^er unb beftänbig oerftimmler Äurgaft. ©eibcl
mad^te ebenfaUö ben ßinbrudf eines leibenben, burd^
leibüd^e Sefd^roerben geiftig gebrüdten äßanneä. S)a
unö nur eine ungenjöl^nüd^ bünne SBanb t)on einanber
fd^ieb, fo rourbe iä) nid^t feiten unfreiroittiger D^renjeuge
t)on bem, roaä bei meinem 9lad^bar vorging. 3)a§ ber
fiieblingöbid^ter ber grauen l^äufig Scfud^e t)on 3)amen
i^ben 3Kterö empfing, beren in gorm von 3llbumö imb
©tammbüd^ern il^m präfcntirte 9lutograp]^enfammlung
er — mo möglid^ burd^ ein ad hoc impromfirteö ®e=
bid^td^en — bereid^ern füllte, nal^m mid^ nid^t Sßunber.
3n golge biefeö jeitmeife fel^r läftigen Umftanbeä liefe
er fid^ gar nid^t fpred^en, inbem er ber SBirtl^in befallt,
jubringlid^e 2)amen in l^öflid^er gorm abjumeifen. 3lm
2^age üor feiner 9lbreife mar eö einer ganjen ©d^aar
junger SScrel^rerinnen beö ©id^terö gelungen, pd^ Qxu
tritt ju il^m }u t)erfd^affen. ©eibel fd^ien in fd^limmftcr
Stimmung ju fein unb jeigte fid^ burd^auö nid^t geneigt.
— 51 —
fiäf in ben jal^Ircid^cn il^m bargercid^tcn 9K6umä jii
oeremgcn. SRit wenigen eintönigen, u)ie aus bem
äßunbe cineö fci^roer Seibenben fontmenben SBorten
loieö er bie ©tammbüd^er ber in allen S^onarten bitten^
ben 2)ämd^en jurüd, l^olte ouö bem 6l^ao§ ber i^n
umgebenben SReifeeffeften eine alte 6eret)i§fappe l^ert)or
unb jerfci^nitt biefelbe in jal^lreici^e fiäppd^en, bie er
bann unter bie lieblid^e ©d^aar Dertl^eilte. S)ie ®e^
ftd^ter ber Sefd^enften ^abe id^ nid^t gefeiten, fann alfo
nid^t fagen, ob biefelben ben 3lu§brudE ooBer Sefricbi^
gung getragen l^aben."
5lm 20. 5iot)ember 1851 warb ©eibel um bie
fiebjel^niäl^rige 3lmanba fiuife S^rummer, bie „3lba"
feiner Sieber. Ueber bie (Sntftel^ung biefeö SBerpItniffeö
giebt eine ©teile beö bereitd ermäl^nten ,,®ebenfblattcö"
banfcnömertl^e neue aJlittl^eilungen:
,,§art neben bem alten ®lternl^aufe mol^nte eine
Srcunbin feineö 33aterö, ^au Dr. ©aroline S^rummer,
bie, frü^ oerroittmet, nur für il^reÄinber lebte unb feinem
SSater ben uereinfamten Sebenöabenb auf jebe SBcife
ju crleid^tem fud^te, inbem fie il^n burd^ il^re Untere
Haltung erl^eiterte unb il^m t)orla§. ©ie mar t)or il^rer
äSer^eiratl^ung eine l^od^gefeierte ©d^aufpielerin gemefen,
bie ben jungen ©eibel burd^ il^re l^errlid^e 2)arfteltung
claffifd^er SWolten jur pd^ften Segeifterung l^ingeriffen
^atte unb nod^ üom ©reiö in einer ungebrudften @e*
legen^eitöbid^tung bie „l^ol^e Silie im Steid^e ber Äunft"
genannt mürbe. 2)iefe grau jcigte il^m einft einige ®e*
4*
— 52 —
bid^te il^rcr Jüngficn mcrjcl^niäl^rigcn S^od^ter Slmanba,
an bcncn er fol($c %ttnbt fanb, ba§ er il^r anbot, bcm
Äinbc einigen Unterrid^t in ber aßctrif unb ber bculfd^en
Sitteratur ju ertl^eilen. ®ö füllten nur wenige ©tunbcn
fein, um il^r einen S^^gerjeig ju geben; balb rourben
biefe Stunben il^m ein Singerjeig, roo er baö tieffte
unb reinfte ©emütl^ ju finbcn l^abe."
5Rad^bent im Januar ber erfte 9iuf 3Jla]cimu
lianö II. an Oeibel ergangen mar, ftettte er fid^ dm
8. SRärj bem Könige t)or. 9lm 17. aJlai gelangte an
baö 9lectorat ber münd^ener Unioerfität feine ®rnennung
jum ©l^renprofeffor bei ber pl^itofopl^ifdEien gacultät.
3Jhtte Dctober fiebelte er mit feiner jungen ©attin
gänjUd^ über unb l^ielt am 23. 5Rot)ember beffelben
3ial^reö feine erfte SSorlefung über 5ßoetif. „®ine öufeerft
jal^lreid^e B^'&örerfd^aft ^atte fid^ im ^örfaal einge^
funben, unb Eatl^eber unb 5ßult maren t)on ^eunbeö?
I^änben mit einem Slumengeminbe unb einem tjon
9lofen burd^mirften Sorbeerfranje gefd^müdft. ©eibel
banfte mit prbarer Scflommenl^eit für ben freunblid^en
©mpfang, fprad^ fobann befd^eiben t)on ben miffetv^
fd^aftlid^en fieiftungen, bie feine S^ipter von il^m, beffen
Sebenöfraft, bei aller SCl^eilnal^me an ben gorfdEiungen
unb ©rgebniffen ber SBiffenl^aft bod^ l^auptföd^lid^ bem
fünftlerifd^en ©d^affen gen)eil^t mar, ju erwarten l^ätten,
unb begann l^ierauf im allgemeinen 3^9^^ ^^^^ 31^"^'
einanberfefeung ber Slufgabe, bie er fidEi in ben 9Sor?
lefungen über 5ßoetif geftettt."
— 53 —
Uebcr baö am 5. ©ecembcr 1852 ftattgcfunbcnc
geftntatil berid^tetc bie ,,9lugöburger Mgem. 3^it"J^9"
am 9. ©ccembcr (ücrgl. Sübbeutfd^c 5ßrcffe, 13. 3lpril
1884; Dr, Slllcnpfcr, ,,baö gcft ber Bwanctlof en.") :
,,Saffcn ©ie mid^ ein Slatt ber ©rinnerung l)ier
nieberlegen an einen SCag, ber für unfere Stabt in
mond^er Sejiel^ung ein emfter war. S)ie Berufung unb
Ueberftebelung ©eibeU nad^ aJlünd^en ift für unö ein
fo bemerfenöwertl^eö ©reignife, baß e§ nur ber 3lm
regung einiger greunbe ber 2)id^tfunft beburfte, unt
ber greube barüber einen oernefimtid^en unb entfd^ie^
bencn 3luöbrud ju geben, unb fo gro& geigte ftd^ bie
2^^ei[nal)me an bem il^m ju ei)ren üeranftalteten §eft^
mal^l, bafe bie fiifte bereits am britten 2^age nad^ ber
Eröffnung gefd^loffen merben mufete. S)aö geftmal^l
fanb geftern im großen Saale beö ,;S3a^erifd^en ^ofeö"
ftQtt. ©d^ allere fd^öne Statuetten beutfd^er unb
frember ©id^ter fd^müdEten mit ber »üfte beö Äönigö
ben in einen SBintergarten üermanbelten ^intergrunb.
6in jal^lreid^er Äreiö oon SKännern aller gäd^er,
fiünftler, ©elel^rte, ©taatömänner u, f. m. bemitt?
fommte unter lautem 3ubel ben (Sl^rengaft, unb baö
Scft htQann naä) altem ^erfommen mit ©peif unb
ä^ranf. S3alb aber gewann eö ein anbereö 3luöfel^en,
unb bie materiellen 3ntereffen traten jurüdE, alö mit
ber ©j^ömpagnerflafd^c aud^ baö ^erj aufgefd^loffen
iDurbe jur 3iebe, bie bem 5DidE|ter ju ßfiren bieömal
Dorjugöroeife in Slli^tl^muö unb 3leim fid^ bewegte. 2)en
- 54 —
crftcn J^rinffprud^ auf baö SÖßol^l bcd Äönigö brod^te
6rnft görftcr auö.
S)cn ?5^ftöru§ an bcn ©id^tcr fprad^ Si^^^i ^^^^
ftobcü in folgcnbcm ©cbid^te:
Unb mär' bte IDelt aud; nod^ fo grau,
Du fingjl fic frtfd? unb grün,
^Jürmal^r ein ganber ift mit Dir,
Dem immer Blumen blü!]'n;
Du ftreuft fte w'xt ber ^(räl^Iing aus,
Dag mägblein ftd^ unb ^(rauen
2X?ol)I binben buffgen Straug.
Unb w&x* bie Welt aud> nod^ fo fd^Iimm,
Du fingft fie mieber gut,
Denn mut!]iger nur t^ebft Du an,
Unb £eib bejtegt ber IHutl^;
Du füt^rft ben Spiegel f(ar unb t^olb.
Der aud? im ärmjien Sanbe
Uns finben lägt bas <5o{b.
Unb roer nid?t fragt um IDelt unb §eit
Unb Hebt ert^ebenben ^raum,
Unb roer bie perlenluft oerftet^t
3n blanfen IDcines 5d?aum:
Der ift Dir erft ber redete IHann,
Dem ftets in Deinen £iebern
€in fjimmel aufget!]an.
So übft Du flingenb Saitenfpiel
„Unb greifeft fröl^Iid? brein,
„Unb Hof unb UTaib unb £ieb' unb £icb
„3ft alles, aües Dein."
Unb mag ein Sturm 3U rauben gel^n,
2Im Sd^mucfe Deines Lorbeers
Kein Blatt n?irb er rerroel^nl
— 55 —
Prüm ebler UTetfter fct gegrüßt,
(5egrü§t am ^hpemarib,
€s winhn neue Kränse Dir
• 3"^ neuen Daterlanb,
Unb mögeft gerne ipetlen Du
Unb gerne bei uns fingen;
Drauf trinfe id? Dir 3ul
Unb nun foKlen wir be§ ©lücfeö, baö wir feierten, in
oollen 309^^ ^^^^ werben: ©eibel antwortete, unb
jmar in SSerfen; er fprad^ von beö 38atertanbeö SBel^'
unb feiner 3^^riff^^i^^^t ^0^ feinem J^roft unb feiner
Slraft in ber ®inl^eit geiftiger 33eftrebung, von *bcr
3Jlad^t unb ber Suft ber 5ßoefie, t)on feinen unb von
unfern .^Öffnungen unb SBünfd^en für fle am Stranbe
ber 3far. ©in unenblid^er 3ubel folgte, bie ganje
gro^e SSerfammljung mar oon Sd^merj unb ^reube mie
übermältigt unb vitU 9lugen mürben feu($t, bie mol^l
feit lange nid^t mel^r gemeint, unb mele forgenfd^mere
.^crjcn gemannen unter beö Sängerö I)olbfeUger Siebe
ben lei($tcn Sd^lag ber ©ntjüdung. „5Daä ift ein
äßenfd^! baö ift ein .^erj!" fd^oH eö t)on alten Sippen,
unb baö grol^gefü^l einer gemeinfamen Siebe burd^bebte
bie 33erfammlung.
9lod^ fommen beutfd^e SKänner nid^t jum Seftgelag
äufammen, ol^ne ba§ — unb mär'ö mie eine trübe
SBolfe — ber Oebanfe an baö 3Saterlanb burd^ il^re
Sreuben jöge. griebrid^ 33edE mar eö, ber biefe ©aite
anfd^lug, unb mit ©el)erblid in bie S^ifi^i^ft f^f) —
— 56 —
„IPo man ntd^t fragen tPtrb nad; Süb unb Herben,
Weil mir ein Volf von Brübern finb geiporben.
IDir laffen nid^t vorn alten großen Banbe;
Sfogt anl €in breifad? Bfodf bem Daterlanbel" •
Unb crnften S^oneö frug baö Drd^cftcr: „2Boö ift beö
S)eutf($en SBaterlanb?"
®i($crer fonnte ber ©pred^er, ber il^m folgte, bic
©tätte bcjeid^ncn auf ber bem (Saft unb nunmefirigen
aRilbürger ber SBiUfontmen geboten würbe: 3. (S.
99 ei 11^ ad prieö Sägern unb fein 35olf unb forberte
©cibel unb bie OefeUfd^aft auf, einjuftimmen in fein
£c6el^0($, roaö mit rauf($enber ^eube gefd^al^, mäl^renb
baö Drd^efter klänge aii^f bem ba^erif(|en ^od^lanbe
ba}n)if($en marf.
®inen l^erjlid^en 3ubel erregte fi. t)on "S^a^ctn^
berger mit einem ®ebi($te baämit jartfinniger SBenbung
ju einem Sebet|0($ für Oeibelö ©attin fixierte, meld^em
©lüdmunfd^ ber 2)id^ter fogleid^ in freiem poetifci^cm
(Srgufe unb aufflammenber Siebeöbegeifterung antwortete,
inbem er mit einem ^od^ auf bie grauen unb Suug^
fraucn 9Kün($enö fd^lofe. Ueberl^aupt mar er in munber^
barer Stimmung, unb eine flinfe Stenograpl^enf eber l^ätte
ben 9lbenb ein 93änbci^en ©ebid^te fammeln fönnen.
3lo6) trug SRub. aJlarggraff ein ©ebid^t oor,
„bie neue S^l^eilung ber ®rbe," beffen SRotit) in bem
Oebanfen liegt, bafe ber 2)id^ter mit feinem ®lüdE nid^t
femer an ben Fimmel erft oermiefen, fonbern bereite
— 57 —
bicRcite t)om ^önijg berufen fei, bie ©d^ä|e ber 6rbe
mit il^m ju tl^eilen.
SBieber ergriff ©cibel baö SSort, ober — ergriff
eö il^n? 5Da er äroifd^en %t. ^I^ierfd^ unb SB. Saul-
bad^ fa^, fd^äumten ^erj unb SSed^er über für SBiffen^
fd^aft unb Äunft unb il^re SSertreter, unb %v. S^l^ierfd^
antwortete in einer glänjenben 5lebe.
SBäl^renb . beffen l^attc eine freunblid^e ^anb im
SBintergarten l^inter bem 3iüden beö ©id^terö einen
Sorbeerfranj gerounben unb il^m aufö §aupt gefegt.
D Ratten Sie alle il^n nun gefeiten, unb nun bie 35erfe
gcl^ört, bie feinem ^erjcn entftrömten, .wie er baö ^eilige
Seichen in feine ^anb nal^m, feine l^ol^e 99ebeutung tief
ergriffen fd^ilberte unb il^n in fanftefter Sefd^eibenl^eit
— jur ©eite legte!
Sd^mer mar eö nad^ ber Stimmung, bie fid^ nun
ber ©efeUfd^aft bemäd^tigte, nod^ jum SBort ju fommen.
3)od^ nal^men eä nod^ g. 33ötfel unb nad^ i^m R. %.
t)on ÜJlartiuö unb SB. ©önnigeö mit 9lnreben an
bcn S)id^ter,. bat)on üornel^mlid^ bie legte mit il^rem
Sd^munge unb il^ren SBeit? unb S^ieffid^ten in bie neue
S)ic^tfunft bie ©emütl^er ergriff. 3lnn aber maren bie
Sanbe gelöft, unb ber ©todE fing an ju fd^märmen ; in
breiten SBelleu mogte bie Suft unb raufd^te mie bie
flut^enbe SBranbung, biö baö ©efeg ber Jlatur bie 3^^
ber (Sbbe l^erbeifül^rte unb bie SBetten pd^ nad^ unb
UQd^i verliefen. §eute aber, mo bie gefttl^eilnel^mer [x6)
begegnen, faffen fie fid^ an ber §anb unb begrüben fid^
— 58
mit bcr ©rinncrurtg an baö fcUcnc, j^crrlid^c g^ft, unb
mit einem l^erätid^eii 2)aufc an bcn, ber ed boju ge^
mad^t, an bcn fcttencn, l^errtid^en 2)id^tcr."
S)aö crroä^nte Oebid^t von 2B. S)önnigeö tautet:
Sd^on tpteber umfd^Iang bas ver5anberte Sd^Iog im IDalbe ger*
manifd^er Dicf?t!nnjl
€tn ipuAcrnb (Scftrüpp fletnn)üd?jiger 2lrt poU <5tfts unb
fd^iDammigcn IIToofes, '
€in Diftelgefd?lcd?t mit fiad^Iic^cm Kraut, ein Dorncngebüft^
oljnc Höfen;
Wo^l griinenbc Bänmiein l^ie unb ba, boc^ innen tjcrfault unb
am <5runbe
2lufn)ud?crnb bie pil3c gefd^moUencn Baudps, ein ^Ta% für
IDürmer unb Caroen,
Hleijl bienlic^ nur für bcs nieberen VolH litterarifd^e fliegen»
pcrgiftung. —
^^ernab lag fd^on rpas (Sötl^e crjirebt in funfttJoüenbeter Klartjeit,
Unb fafk rerl^aUt fd^ien jener (Sefang, btn t^odj im Sd^roungc ;
ber 3ugenb
€inft Sd^iller anl^ub ber Begeifternng »oII unb fort bie Be»
gcifteruncj tragenb.
Selbft Ul^Ianb fd^roieg unb piaten wav tobt unb fjeines bc
3aubcriibe £ieber
Sic maren im Uligflang meijlens erfticft nad^folgenber Carri»
caturcn.
Dornrösd^en fd^Iief, es umnad^teten it^r bcn Sinn unfruchtbare
(Träume,
Kaum borte fte nod? ben matten (Sefang nad^al^mcnber Ijalber
(Talente; I
Die ftörtcn ben Sd^Iaf, bod? mecf ten fte nid?t 3um frifd? auf«
blül^cnben fieben.
— 59 —
IJalbferttgc Knappen lirnftanbcn l>en B^ain, bocf? es feljlte bte
flammenbe Hüfiun^
Des gcbie^encn IDorts unb bes reinen <5efuI|Is unb ber mann»
lief? ernjlen <5ebanfen.
Woiil ^ab es ber Kämpen (5emappnete noc^, hodi gingen aud{
biefe oerloren
2Iuf ber Stoatsflugl^eit parteiifc^er Ba^n , auf bem Jrripeg
frecf^er Satire,
Die oft Ijinftarb in serfreffenbem f^ag unb im f^oljn, bem Cobe
ber Did^tfunft.
3n bes Cief ftnns ZTad^t meland^olifd? perfanf ber ebelftc, ungrif(^e
Sänger,
Unb anbere rücften 3u ferne l^inaus 3um fünftlicf? erfaltenben
0ften ;
2lu(^ ermecfte uns nid?t aus letljargifc^em Schlaf amarantljifc^es
füßes (5eflingel.
Dornröslein fcf?Iief ; fein £Jeros erfd^ien unb rougte ben gauber
3U löfen. —
Da erfjobefk Du Vxdf an ber 0ftfee Stranb ; es fang bie WtUe
bes IHeeres
Den IDiegengefang als Kinb Dir fd^on, unb es raufd^ten bie
griinenben lüipfel
Des uralten Raines ber ^Jreiftabt Dir t>en erl^ebenben Craum
in bie Seele
Von Deutfd^Ianbs (5Ian3 unb fjerrlic^feit nnb längjl entfc^roun-
bener (Sröge,
Unb bie gotl|ifd?e prad^t bes lübifc^en Doms unb bie ftäbtifd^en
(Siebel unb Sd?nörfel
€r3älilten bie Sagen bes f^eimatl^Ianbs unb oiel crl^abne (ße-
fd)id?ten
Don ber €inl^eitsfraft Ijanfeatifd^en Bunbs, pon ben roacferen
^erren im Itorben,
Wie jie Deutfd?Ianbs Hed?t nnb Deutfd^lanbs IDort roeit über
bas IHecr Ijintrugen
60
Bis 5um ft^mebifc^en Hetd; unb jum bottntfd^en Üanb unb bzs
Eismeers 2IIpengeftaben.
Unb tpas Dir bie branbenbe lüellc bcr See am einfamen Ufer
gefTüftert,
Pos reifte barob in bem attifd^en £anb 5U lid^troU geftalteten
^orm«n.
IDir l^orten erftaunt bes Jünglings Con roll innig melobifc^er
;Jrifd?e
So fanft unb fo rein unb fo reid? unb fo fc^ön wie bes (Sieß*
bacf^s Silbergeriefel,
IDie er mit fid? ri§, hod) abgeflärt bie SdjIacFen ber 2lftcr«
gefänge.
Unb jtetjl Du ergrifft mit bem Seelengefang bie Seelen bcr
grauen urib Vflabdien
Vot allen suerft unb brangeft ins f^er^ mit Deinem befd?eibenen
£Jer3en.
Dann ftimmteft Du an 3U männlid^em Sang bie l^öl^er gerüftete
£eier,
Unb wie Dir 2ltljene im IDaffengefd^meib bie claffifd?en IDeifen
gelet^ret,
Unb tpas Du belaufd^t in bes Spaniers iieb, in bem taribe
romantif(^er <5röge,
Ulajeftätifd^en (Eons unb ber männlid?en £uft unb ber männlichen
Sd?mer3cn bie ;JüUe,
Das gabfl Du uns n>ieber im beutfd^en (5emanb unb in ebel*
gebilbeter Sprad?e.
J>ann goffeft Du aus ben ermarmenben f^aud^ unb ben Duft
Deiner Juniuslieber
Doli Kraft bes UTanns, mit bes Jünglings Sd^roung in tjarmo«
nifd^er Perfe PoIIenbung.
(Ein .Sommernad^tstraum war jener <5efang; bie UTorgenrotl^c
ber Did^tung,
Sie brad? tjerpor, wie bas gucfen bes (Eags nadi lange um»
nad^tenbem Dunfel.
— 61 —
Wiv fjörtcn nun loieber bes Walbliorns Huf, bxe ewi^e Klage
ber Seljnfucf^t
3n ^eimatljsflängen, rote Scbroanengefang aus fd?önen, befferen
Seiten.
£autauf erf (ang's unb es pffan5te ftd^ fort unb burd^brang bos
Dunfel bes IDalbes
Bis ^m 3u bem fagcr, wo bornenumranft nod? träumte bte
roflge Jungfrau.
Unb es fd?metterte roieber bie €erd?e itjr £ieb, unb Droffelgefang
von l>tn groeigen
€rfd^oII u)eitl|in unb ber Had^tigaü Sang in btn flötenbert
IDccf^felaccorben ;
fjinraufd^te ber Strom oom ;JeIsabl|ang , w\t IHuftf jum Cact
Deiner Htjyttjmen,
Unb CS faulen bie IDipfel, es braufle ber IDinb unb Höfen
unb £ilien blül|ten.
So rcil^te fid? bann ber gug Dir an, es erfcf^ienen bie alten
(5eftalten
2I11S bes märd^ens 3ereid; aus bem Hebel t^error 5um roirflid^en
"itben erroecfet;
Cannl^äufer com ^ufd? unb cor allen tJoran ber trenne ber
Creuejicn €f!arb.
^nf leudjtenbcm gelter I|od? aufgcfd?ür3t ^Jrau Penus, bie
Blüttje ber Sd^önen;
So 5ogeft Du ein 3U ber Cagerftatt, unb jic^ es enpac^te bie
Jungfrau,
Sic begrüßte Did? laut unb fie rührte Did? an, unb fie bot 3U
bem Bunbe bie fjanb Dir.
6fcr fd^Iicget bcn Vexs Dein oerftummenbcr ^reunb, bod? ruft er noc^
fd^eibenb bie IHat^nung:
„3Ieib' immer getreu Deinem innerftcn Sclbftl
lUas bie finblid/e Stimme ber Bruft Dir
3n reinem (Sefübl unb erl^abenen Sd^ujungs
3n erjier Jwö^nö geflüftert,
— 62 — .
Das ertfobft Du laut 5U bes IRonnes (5efan$
3m Hei(^e bes IDal^ren unb Sd^onen.
Von ber (Df^fee Stranb 3U ber 2((pen (Sebtr^'
Begleite Did? ferner ({tnüber
Dein treues <9emntt{ unb Dein ebeles ^tv^l
Bleib' treu Dir Ulb% bann blütjen Dir jiets
Die Krause ber emigen Jugenbl''
3it einem mir von bem i&erauögeber biefe§ ®e^
benfbud^eö für meine Sammlung jur SScrfügung ge-
[teilten 83ricfe ber grau 5ßaftor Äunl^arbt, geb. 31t) e
Äallement, batirt au^ Hamburg oom 21. Slpril 1884,
l^eifet es, mie folgt:
㨤 werben balb 32 3al^re, bafe ber SRuf jur
Ueberfiebelung nad^ SKünd^en an unferen, bamafe
in fiübedf meilenben X\ä)ttx erging. 6ö fd^ien mir
eine 5ßflid^t feitenö ber ^auen unb 3ungfrauen
fiübedfö, il^m beim ©d^eiben ein fleineö ©rinnerungö-
jeid^en an feine SSaterftabt mitjugeben, unb fo be^
burfte e§ nur einer fteinen älnregung meinerfeitö,
um balb einen großen Ärei§ t)on Sübedferinnen für
bie 2)urd^fül^rung biefer !3bce ju gewinnen. 5EBir
fticften unb fd^afften in furjer 3^^^ einen Äe^nftul^l
unb einen 2^eppid^, ju meldten Sad^en nod^ ein
Sd^reibtifd^ l^injugenommen mürbe. SKir mürbe bie
6^re ju 2:^eil, mit wenigen QtiUn baö ©efd^enf
begleiten ju bürfen."
2)iefem 93riefe liegt in grofe Quart bie lit^o-
grapl^irte ßopie eineö 2)anfgebid^tö ©manuel ©eibelö
— Gä-
bet, Toeld^cö iDir, ba cä iDcitcrcn Ävcifcn faum bcfannt
fein bürfte, in folgcnbem tuiebergeben:
öci Uebcrfcnbung bcs Sd^reibtifdies,
5er gefticftcu Dccfe nnb bes g^fticften Cebuftulils
an £manuel (5cibcl.
Sie mollte loicber cor Dicf? treten
Die f^etmatl^, ber Dvl jün^ft eutflol^n,
Sie »ollf ntd^t lajfcn ben Poeten,
Der Hlufen l^olben Ctebltngsf ot^n ;
Sie beut' Dir ^^uli" auf t>nfV^en Höfen,
Streut' Dir 3U (Jüßen £otus l^in,
Dag nun, 3ur geit ber %rbP3eitIofen
Dein fjers auf neue £ieber ^nn\
Die, ipenn fte Ijell im Dtd^teriDalb erfunden,
Den ;$rauen £äbecfs Kunbe t>on Dir bringen.
im (Dctober ^852. 3- ^•
(5ru§ \xr\b Danf aus UTimdicu
an bie Spanen nnb 3ungfraucn von Cübecf.
So mächtig ipot^nt fein §auber uns im Blute,
So fejl I^ält feiner unfer fjers gebannt,
lüie ber uns fromm mit treuem £iebesmutfje
Dem 0rt üerfnüpft, ©0 unf re IDiege ^anb.
Drum glücflic^, iper im Scf^atten jener Bäume,
Die in fein Spiel einp raufcf?ten (Eag für Cag,
Die frifcf^en Blutigen feiner Knabenträume
§u eriiften QIl|aten alternb reifen mag.
Docf? warb nic^t Jebem fold^es f^eil gegeben,
21m 2(ft nid^t rofien barf ein Saitenfpiel,
€s ruft htn IHann, l>en Dichter ruft ba5 i,ihen
(Sebietrifd? fort unb ftecft iljm fern fein giel;
— 64 —
(D iDoI^l tljm, »cnnjl^m bann auf fremben IVt^cn
Der (5ru§ perjäl^rter ^reunbfd^aft ntd^t gcbrid^t,
Wenn über feinen neuen ßeerb htn Segen
Die alte fjeimatl^ glücfüerl^etgenb fprid^t.
So wavb es mir. ITtit farbig reicher Spenbe
(Jolgt' €ure £iebe mir in's ferne f^aus,
Unb fc^mücfte mir bie flanglos fatalen Wänhc
Belebenb mit gefälligem Räuber aus.
tlun fehltest €rinnrüng mit mit golbnem Hinge
ITTein jHües Binnenleben freunblid? ein,
Unb was an ^Jreub' nnb £eib bie Stunbe bringe,
(Ein (5ru§ ber fjeimatlj roebt von felbfi fid? brein.
(Dft pries icf? fonft ben DTunb von fü§em (Eone,
Den rljeingebornen (Jrauenlob mit ^ug,
Dag — um fein £ieb — in bunfler Blätterfrone
(Ein fromm <5eleit pon (Jrau'n 3ur (5ruft i^n trug.
Dod? länger nic^t ^en Kran3*in feinem fjaare
Beneib' \di, bin rdf lj5ljer bod? beglücFt,
Da eure fjulb mir nid^t bie (Eobtenbaf^re,
Da fie bas tthtn anmutt^üoü mir fd?mürft.
lUie banV ic^'s eud?I — Das £Jer3 nur mag's erroibcni
;Jür freute nur, roas aus bem £Jer3en quoll;
Dod? einjhnals, !^off' tc^, bring' id? eud? in £iebcrn,
3n ausgereiften, bcflfern Danfes goß.
Vtnn ob aud? fern ber alten ^anfa Cl^oren,
IDenn je mir poüern Klang ein (Sott perleil^,
€r bleibt ber tljeuern Sta'bt, bie mid? geboren,
Unb tudf, bie freunblid? mein il^r benft, gcroetl^t.
im December H852. €manuel (Seibcl.
— 65 —
S)cr „Älabbcrabatfd^" betncrtte im ajlai 1852 ju
ber Berufung ©cibcl'ö aU 5ßrofcffor naä) SKünd^cn:
„aStr gönnen c§ il^m, bcr fo mel gcicf cn roorben
ift, bafe er jur ©träfe enblid^ einmal felbft lefen mug."
9iad^ bem älüömeiö ber 33orIcfungöt)erjeici^niffe ber
aKün^ener Uniüerfität l^at ©eibel in ber ^txt feiner
?5rofeffur nur folgenbe ©oltegien angefünbtgt:
SBinter 1852/53 unb 1853/54 „SWetrif mit praftifd^en
Uebungen".
SBinter 1854/55 „Ueber bie poetifd^en formen ber
abenbtanbifd^en Sitteraturen".
SBinter 1855/56 unb 1857/58 „aWetrif".
3im Saläre 1853 mürben t)on ©eiten ber bänifd^en
Regierung ©eibeTö „3uniuöUeber" in ©d^Ieömig^
^otftein oerboten.
3luä bem Januar 1853 batirt ein ungebrudfter
' Sprud^ für baö SWabefef^album, ber fid^ atö Sluto?
grapl^ im Sanbeämufeum ju Snnöbrudf unter ®Iaä
unb Stammen befinbet:
. „Das befie <Sut,
Das (Sott ücrlctl|t:
€in fcfter IHutt^
3n fd^manfer gcit."
SB. ^. Stielt l giebt unö in ber SBorrebe ju feiner
3looeUenfammtung „SÄuä ber 6dfe" (1874) ein freunb^
(Smanuel ®ei(el, ein Q^ebenfbuc^. 5
.— 66 —
li(i^ed 93ttb bed Qa^ammcnltbcn^ ber brei Familien
©eibel/ Sliel^l unb ^e^fe:
, ^^93or jtoanjig Salären tüol^nte iö) am 3lütinot\U
enbe von äHünd^en, fd^räg gegenüber tüdl^nte @manuel
©eibel unb in einer ber näd^ften . ©trafen ^aul
$ei)fe. Da unfere übrigen litterarifci^en greunbe aHe^
famntt tiefer in ber ©tabt fid^ niebergelaffen l^atten^
fo erfd^ienen wir Drei un§ wie ein Dorgefd^obener
Soften unb nannten und bie @dEe. 2Bir l^ielten gute
Sßad^barfd^aft, unb unter ©eibel'd leitenber ^anb
gewann bie ®dte balb einen feften Rr^ftaUifationöfem.
3e am anbem ©onntage fanien wir mit unfern grauen
in bem ©alon einer befreunbeten alten 'S>amt jufamnien,
meldte an ber ©pifee ber ®dfe mol^nte. S)a befprad^en
mir bann in l^eiterer ©efeUigfeit unfere mut^ttn 9lr*
beiten unb ©ntmfirfe, lafen t)or, xoa^ mir ganj ober
l^alb DoQenbet l^atten unb taufd^ten und aud über bie
litterarifd^en unb fünftlerifd^en ®rfd^einungen beö S^ageö.
©in fold^er STbenb l^ieg ein ,,@dEenabenb". Unb alö
mir bamalö ein ©ol^n geboren mürbe, ftanben bie anbem
beiben SSäter ber ®dEe ju ©eoatter unb er erl^ielt ben
SRamen ,,edfbert".
SBir brei 2Jlanner glühten bamalö in ooHfter
©d^affenäluft: fein SBunber, bog fid^ unfere ©aben für
bie ®tfenabenbe brängten. S)a entmidfelte ©ei bei
ben 5ßlan feiner „93runl^ilb" unb lad einzelne eben
ooltenbete ©cenen beö Dramad, ober er brad^te und
eined feiner gebanfenreid^en etjal^lenben ©ebid^te, ben
— 67 —
„Xo\> bed SE:ibcriuö", ben ,,SUbl^aucr bcd ^abrian",
roic er pe eben frifd^ gefd^rieben l^atte. ^e^fe be^
Wenfte und mit ber ,,S8raut von Supern" unb ben
SßooeBen feined erften unb jroeiten SBanbed unb liefe
fid^ burd^ bie @(fe ju feinem erften Sül^nenDerfud^e
crmut^igen. ©päter trat aud^ nod^ 2lbolft)on©d^arf
ote ber SBierte in unfern Rreiö unb laß uns neue
^oefien t)or, mal^rehb er, burd^ ^e^fe auf ©enellid
gtofee unb oerfannte ftünftlernatur aufmerffam gemad^t,
ben erften ®runb ju feiner ftgt fo berül^mt geworbenen
Silbergalerie legte.
3d^ felber lad bie erften 3lbfd^nitte meiner „ga^
milie" in ber ®dfe unb mir mad^ten ^auömufif ." ...
©eibel mar mit. ^ei)fc, ©enclli, SWal^l u. 91.
Stammgaft in ber SBeinftube t)on äluguft ©d^imon
in ber Äaufinger Strafe. 3n feiner SRooeUe ,,S)er
kfete 3entaur" (5ßeued SRooellenbud^ 1871) ^at 5ßaul
^e^fe eine ©tropl^e ber Sßad^melt aufbemal^rt, bie
r/S^cunb ©manuel" bamalö nad^ ber aJlelobie beö
Dies irae auf bie SBeine beö SBirtl^eö bid^tete:
„Sed post Schimonense vinum
Malum venit matntlnom
Luctum quod vocant felinuin."
Rarl t)on SBinjer fd^reibt in einem „ S)aö äHürn
(i^ener2)id^terl^eim" überfd^riebenen Feuilleton berSBiener
,,3)eutfd^en SBod^enfd^rift" (4. 2ßai 1884) mie folgt:
„®eibel, ^e^fe, SRiel^l unb ©arriere maren
5*
- 68 -
ctioa 1852 ungcfäl^r gleid^jeitig ' nad^ aMnd^cn gcfom^
mcn, auf einen für alle äSier gleid^ frentben Soben,
tu bem cö galt, SBurjel ju f dalagen. Äein SBunber,
baB fie in ber ©emeinfd^aft il^rer Slnfd^auungen unb
Seftrefeungen balb aud^ baö ©leid^artige il^reä 3#^"'
beö erfannten unb fid^ bie ^änbe reid^ten, um cinanbcr
in ber fd^roierigen 9lrbeit be§ Drientirenä unb Slcctt^
matiflrenö beijuftel^en. ®ie oerftanben fid^ gut, l^atten
i5reube aneinanber unb geroöl^nten fld^ balb an reget
tnäfeige 3iifö^^^nfö"ftc i" tintm Äaffeefiauö. 2)ieö
ift ber Äeim beö ÜRünd^ener S)td^terbunbeö „Ärofobil''
ober jugleid^ fd^on ber Mftige ©tantm, au§ bem er
fid^ weiter entmidelt l^at. ©in S^ifd^lein, an roetd^em
t)ier fo bebeutenbe auögefprod^ene ©eifter, in i^rer SSer-
fd^iebenl^eit eine ganje SBelt barfteltenb unb einig nur
in bem ©treben nad^ l^ol^er SBa^rl^eit, jufammenfa^en,
tonnte nid^t lange unbemerft bleiben. @ö mufete für
fold^e, bie fid^ il^m naiven burften, eine grofee änjiel^ungs^
fraft l^aben. Unb fo oergröfeerte fid^ allmal^lid^ bie Qa\)i
ber SCafelrunbe. 2)ie Flamen ber nad^ unb nad^ l^eran-
getretenen 9lutoren, bie bem Äreife einen fo altgemeinen
Sluf oerfd^afft l^aben, jeiigen in il^rem eigenen Älange
in berebter 2Beife für ben Sßertl^ beö ©tammeä. ®ö
ift ein SSergnügen, fie aufsujä^len, ba jeber in eigenem
©lanje an unferem ^irmamente ftraf)lt.
2)a famen Sßeld^ior SKe^r, ber SSerf affer ber
unoergleid^lid^en ®orf gefd^id^ten auöbem9lie§, ©d^effel,
33obenftebt unb ©d^ad, bie Orientalen, gelij2)al^n.
69
ber ©crmanc, Sid^tcnftein, Seutl^olb, ftart üon
2ii|on) unb Singg.
3lfe Singg eingetreten mar, brad^te er fein ©ebid^t
oom alten Ärofobil ju allgemeiner Seliiftigung jur
Renntnife:
„3m IieirgcTt (Eeicf? 3n Singapur,
Da lie^i ein altes Krofobil
Don äugerp grämlicf^er tlatur
Unb faui an einem Cotosjliel.
»
€s ifi ganj alt unb DöUig blinb
Unb roenn es einmal friert bes tlacf^ts,
So roeint es, mit ein fleines Kinb,
Doc^ roenn's ein fc^öner (Tag ift, lac^t's."
®ieö fanb nun fd&on.eine freujluftige ©d^rocftei
in bem Greife cor an OeibeTä überall eingebürgert^
tem Äneiplieb:
„(Ein luft'ger IHujüante
marfd^irte einjt am ttiL". . .
2)ie aWünd^ener begannen ju eben ber 3^^* ^^^^
Rreiö mit bem Flamen „Sbealiften" ju beseid^nen, unb
um bem furd^tbaren ©d^idfal ju entgelten, bergeftalt
in bie SBoIfen oerbannt ju werben, befd^lofe man, jefet,
tt)o bie Rrofobille fo gut eingebürgert waren, ber ®e^
fettfd^aft biefen oielfagenben Flamen ju geben. @p
rourbc benn baö 9lilungetf|üm ber Sletter cor einem
fe^r imeibeutigen Komplimente ber Sßitmelt unb beäl^alb
al^ ^auögö|e l^od^ in ß^ren gel^alten. . .
6inem 93ilb^auer mürbe ber el^renoolte Sluftrag
— 70 —
iu S^l^eU, bad ftrofobU in aKeit feinen ^l^eilen unb in
allen feinen fonberbaren, ben aWenft^en feinbUd^en ®e?
lüften jtt bilben. 6r entlebigte ftd^ beffen ju allgemein
ner l^öd^fter ^efriebigung. Diefer ®öfee würbe nun in
befagtem Saffeel^aufe bei jeber 3ufammenfunft inmitten
aufgeftellt, alö l^anbgreiflid^er ©enbbote beö ißumorö. . .
9Kö fpäter baö Srofobil ju beutlid^e Symptome
feiner SBergänglid^feit gab, würbe eö einem trefflid^en
Äünftlerpaar jur SBieberbelebung anvertraut. SHe ©r-
neuerung ber baufälligen S^l^eile übernal^m ber 33ilb:!
Iraner Knoll. 5llö eö roieber auf feften %ü^tn ftanb, über-
nal^m eö ber 3Äaler ^ijiö, bem Untl^ier feine blül^enbe
^arbe roieber ju geben. Seibe SSäter biefer SBieber^
geburt fegten bie ^oeten in ein fotd^eö ®ntjüden, ba§
man fle ol^ne oiel ^eberlefenö ju ß^renmitgliebem er?
nannte.
®ine anbere 33erftärfung ju bauernberem SSerbraud^e
oerfd^affte fid^ bie Oefeltfd^aft, inbem fie ben beliebten
fiiebercomponiften 93aron ^ornftein unter bem gleid^en
efirenooUen 2:^ifel mie bie beiben 93ilbner alö ^au^
ober Seibmuflfer inftallirte. . .
^aul ^e^fe nal^m fid^ mäl^renb jener erften
©pod^e beö Ärofobilö mit ®mft unb Eingebung ber
jüngeren anftrebenben (Generation an, bie er ju il^rem
SUufe unb kommen um fid^ i)erfammelte. S)arauö ftnb
bie 3tefruten einer fpateren ©pod^e l^eroorgegangen.
©inb aber nid^t alle SBeber geworben. Unter biefem
3la(i)X0U(S)^ ift SBilbranbt, bann ^erfe unb Äorl
•- 71 -
©ticicr, bcr mit feinem „2BeiI*d mi freut" unb
^^obt'ö a ©^neib" bie ^erjen erfreut. 2)ie 3laxmn
ber übrigen finb bie folgenben: ^an^ topfen, ^tx^
mann ©d^mib, 3^Uin9/ Seill^adt, 2. Seiftner,
Äoppel, ©^neeganö, öern^arb ^ofmann. 6in
Sanonicu§ ©^rott ^atte pd^ in bi^terifd^em ^el^agen
bem Kreife jugefellt, il^m würbe aber t)on feinen Oberen
balbigft bebeutet, bafe eö fid^ für einen Diener ber
fiird^e nid^t rool^l fd^idfe, in fo profaner ältmofpl^äre
}u weilen.
2)a nun bie ©efellfd^aft einmal in ©g^pten am
gelangt war, fo tiefe f\ä) aud^ bie 5ßi)ramibe nid^t me^r
umgel^en. ®d würbe eine fold^e erbaut unb neben bad
i^m l^omogene Ärofobil aufgeteilt. ®iefe 5ß^ramibe
^atte ein £od^, unb in biefeä £od^ warfen bie 5ßoeten
i^re Oaben, wie bie Sinber il^re Kreujer in bie ©par*
büd^e. 9llö man Mtmnti)tn fonnte, bafe bie ©umme
auöreid^te, um etwaö bamit anjufangen, jerfd^lug man
bie ^^ramibe, unb ^erauö fam baö ,,2Jlünd^ener 2)id^^
terbud^" t)on ®manuel ©eibel.
©0 lebte bie ©efellfd^aft fort, ein innerlid^eö,
geiftigeö Seben, von bem • fid^ nid^t mel f agen lilfet, man
looKte benn ein ©tüdf fiiteraturgefd^id^te liefern. 2ü|ow
führte lange Qdt baö 5ßrotofoll, ju ©enufe unb Se^
friebigung feiner ©efeHen, aber in fo intimer SBeife,
bafe ber 3nl^alt für bie Slufeenwelt feine öebeutung l^at. . .
3m3a^rel872ftarbbaä Ärofobil an ber Spolera.". ..
— 72 —
Um bic crfte Sluffül^rung bcö „äJlciftcr 3lubrca">
bic am 13. gcbruar 1855 in ÜWünd^cn grofecu ©rfolg
l^attc, mad^tcn ft^ bcfonberö bic ©d^aufpiclcr 3 oft,
bcr „flafjtfd^e 58erförpercr ©J^affpcarifd^cr Suftfpiet
gcftaltcit", ©l^riftcn, üan^ unb gri. 3al^n ocrbicnt.
gr. Dinge Iftcbt fiattc perfönlid^ bic mise en scene
übernommen.
5tm 21. ^looember 1855 traf ben 2)i(i^tcr bcr
prtefte Sd^idfalöfd^lag feines 2tbtn^. Seine jugenb^
lid^c • ® attin, bic i^m erft am 26. 9luguft 1852 in
Sübcd angetraut mar, ftarb nad^ langer Kranfl^eit.
3n öff entUd^en blättern erliefe ©eibel folgenbc
S^obcöanjeige :
,,®eftern ftarb nad^ clfmonatlid^cn fd^meren Seiben
meine geliebte grau älmanba fiuifc geb. ä^rummer
im jmciunbjmanjigften Saläre il^rcö 9llterö, im oierten
unferer glüdlid^en 6^e.
aWünd^cn, 22. 9iooembcr 1855.
©manucl ©eibcL"
aWit bem tiefgebeugten, trauernben ©atten folgten
mele 9iotabilitaten bcr Künftlcr^ unb ©clcl^rtenmclt
SRünd^cnö bem SBagen, bcr bic ©al^ingcfd^iebcnc jur
SRulpcftätte fül^rtc. ®efan aWaier l^iclt bi^ Seid^enrebe
über ben 2^ejt: „Sefiel^l bem ^errn Deine SBcgc."
3d^ fiabe oor einigen Salären bad ®rab auf bem
füblid^en Äird^l^ofe in 5Wünd^en aufgefud^t. ^ä)'6n ge-
pflegter, großblättriger ®pl^eu uml^ültt ben ^ügel; am
— 73 —
ftopfenbe grünt ein Sebcnöbaüm. ®inc äßarmorplattc
jeigt bic Snfd^rift: „^ier rul^t 3lba Suife ©eibcl,
geb. 3;rummev. Oeborcn ju SübedE, 15. 2luguft 1834,
geftorben ju aßünd^cn, 21. Sloocmbcr 1855. 5ß)alm 126."
aWori^ t)on Sd^roinb l^atil^r in feinem ,,aRärci^en
mn ben fteben SRabcn" (SBeimarer SRufeum) ein fünfte
lerifd^eä ©enfmal gefegt. 2)ie SRuf e, bie in ber erften
^alte beö Stunbbilbeä red^tö aufredet ftel^t, f)at bie 3üge
3lbaä unb trägt auf ber ©eroanbung ben Flamen „2lba
®cibel", 2lud^ Äautbod^ l^at g^i^^nungen von xf)x
ongefertigt unb ber berühmte aßünd^ner 5ßortraitmaIcr
ßorrenö mä) il^rem 2^obe eine gro^e Äreibejeid^nung
unb ein Delbilb (1864) t)on unfaßbarer ©d^önl^eit für
ben ©id^ter auögefül^rt. S)ieö 33Ub l^ing ftetig an ber
SBanb.beö 3lrbeitöjimmerö Oeibelö.
®ine Sd^Uberung ber befannten „©^mpofien" bei
König 3Raj, an benen ® ei bei befonberö großen Slm
l^eil l^atte, giebt unö bie 3lugäburger 3lttgem. S^^^ung
t)om 31. 3anuar 1856:
,,9ln irgenb eine.m SBod^entage, meift am ©onm
obenb, üerfammeU ber Äönig eine SKnjal^I geleierter
ober roiffenfd^aftUd^ gebilbeter SRänner in einem jener
(Semäd^er ber alten Hofburg um fid^, bie junäc^ft an
bie ^Steil^e ber fogenannten reid^en ober Äaiferjimmer
ftofeen, (meift im „oenetianifd^en" ^immzv), um in il^rer
Umgebung fic^ einen älbenb l^inburd^ jener geiftigen 6r^
^olung JU überladen, bie il^m 93ebürfni§ ift, bie fein
— 74 —
ebler ®txft nidft in SS^ifi unb ^ombre }u finben oer^
mog. 3m einfad^en ^ofKeibe treffen bie ©elabenen,
empfangen oon bem bienfttl^uenben ^{ügelQbjutanten,
oDmä^Iid^ gegen 8 U^r Slbenbö ein. Sinb oUe oer-
fammelt, fo betritt ber ftöntg ben Saal, nal^t ftd^
freunblid^ grügenb ben im ^albfreid ftel^enben ©aften,
unb ^at, oon einem jum anbem ge^enb, für jeben ein
ermuntembed SBort ober eine t^eilnel^mcnbc ^age, fei
ed nad^ bem 99eftnben feiner äfngel^örigen ober nad^
bem gortfd^ritt feiner roiffenfd^oftlid^en Scftrebungen.
Suf feinen SBinf merben bann bie ^äte abgelegt, unb
auf feine @in(abung nimmt bie @efeUfc^aft um i^n
^^}Ia| an einem cinfoc^cn 2^ifd^e, mo einige ©rfrifd^ungen
geboten werben. 2)cr Äönig greift jur ßigarre, wer roiB
folgt feinem Seifpiel, unb nun öffnen fici^, oon i^m
gefd^idft angeregt, bie Sd^leufcn ber Unterl^altung.
Salb ffiegt bie SRebc wie ber S3att im cmfxg unter^aU
tenen Spiel l^in unb ^er, unb bed Äöuigö gcfd^icft ge^
ftettte fragen ober ftnnreid^c ©inroürfc mtffen bem er*
matteten ober ju 33oben gefallenen J^l^ema immer roieber
mnt^ Scben ju oerlei^en. Stets ^ält ber eine ober
anbere einen furjen 9luffag oon allgemein intereffantew,
miffenfd^afttic^em 3nl^alte bereit, ben er auf SBunfd^
beö Äönigö oorträgt, ober eö überrafd^t ein brttter ben
auögemäl^lten Äreiö mit ber Jüngften Sd^öpfung feiner
aKufe, bie l^ier baö Cl^r beö Äönigö juerft erfreuen
folt, e^e fie hinaustritt in ba§ ©emü^l ber SEBelt. Oft
liebt ed ber Äönig aud^ felbft ein 2^^ema jur Untere
— 75 —
Haltung aufjutDcrfen unb es ift toal^r^aft erl^ebenb }u
beobad^tcn, mit roctd^cr Slufmcrffamfcit, mit meldtet
Spannung er ber 3)iöcuffton folgt unb fte gleid^fam
leitet unb regelt.
SWänner ber oerfd^iebenften geiftigcn Slid^tungen
unb Strebungen beruft Äönig 9Raj fo in feine un*
mittelbare 5Räf|e, unb jenes ge^eimniSooHe grüne 3intmcr
Ht ben l^od^berü^mten Siebig, ßarriere, SRie^l,
SingSeiS, Äobeü, ©eibel, ben roal^rl^aft frommen
unb ebten ©änger; S^l^ierfd^, ^e^fe, Söller, 5ßocci,
»obenftebt, SBIuntfd^a, 3oa^, Siebolb, ^etten^
tofer, ©d^adf u. f. xo.
. . . 3la6) einem fotd^en, mand^mat mel^rere Stunben
bauemben Oefpräd^ erl^ebt' fid^ ber Äönig, um im 5Rebem
jimmer, roo aud^ ber $unfd^ ferüirt roirb, auf bem
Siltarb mit ber ©efellfd^aft nod^ einige (Sänge ju
mad^en, unb jie^t fid^ bann, freunbtid^ grü^enb wie er
gefommen, in fein Äabinet jurüdE.
S)er bienfttl^uenbe glügelabj[utant, berufen nad^
bem Slbgang beö Äönigö bie ^onneurS ju mad^en, oer^
fammelt bann bie ©äfte um ein (eid^teä Souper, oon
bem fie, baä S)urd^fprod^ene roieberl^otenb ober fort-
fpinnenb, meift erft bie SRitternad^t trennt."
Die oon 2. Sßa^er l^erauSgegebene „Äatl^oüfd^e
Silteratut^eitung" (aSien 1858 9ir. 2 unb 5) fättt foU
genbes merfroürbige Urt^eit über bie „t)on ^errn Oeibel
beliebte l^eibnifd^e Färbung ber ^ragöbic „Srun^ilb."
76
„$errn ©eibcl l^at cö mm . „beliebt", roie fein
S3ud^ @.- 165 (9io(i&n)ort ber 1. 3lufl.) felbft befagt,
bie „J^eibrtifd^e gärburtg ju wafilen", unb bamit ftcttt
er fid^ nid^t bloö aufeer gefd^id^tlid^en Soben, fonbern
cntjiel^t er feiner „S^ragöbie" überl^aupt ieglid^cn §alt.
2lKem)ege bringt baö repriftinirte ^eibent^um nid^tö
tnel^r ju ©tanbe a(ö oerpuffenbeö gcuerroerf; fd^abc
bal^er um bie meift l^errlid^e 2)iction, bie gefd^idte 3r.^
fcenirung unb ©oncentrirung eines großen ©ogenfreifcö,
worin ^erm Oeibelö felteneö ^^alent fid^ beroäl^rt.
3lber möge man eben an biefer vergebenen 3Kül^e oud6
einmal fenncn lernen, bafe baö ß^riftent^um feine
launifd^e ©rfinbung ber Sd^roarjrödfe ober einiger 5ßoeten,
©elel^rten, fonbern eine gro§e ä^l^atfad^e ift, eine fo
gro^e S^l^atfad^e, bafe mer fie nid^t feigen roitt, barüber
fallen unb fid^ minbeftenö bie 9lafe jerfd^inben mu^!"
3n einer 33efpred^ung ber „dienen ©ebid^te"
Oa^rgang 1858 5Rr. 5) meint bajfetbe »latt pat^etifd^
bei ©rmäl^nung beö Sprud^eö:
gmerf? Das Kunftmerf I^at mtr einen,
StiU im eiöinen (8Ian3 3u rul^it;
2lber burd? tljr bloß (Erfdpeinen
IHag bie Sd?önl^eit IDunber tljun:
„9lad^ unferer Slnfid^t l^at fein irbifd^ ©ebitbe,
aud^ baö Äunftmerf nid^t, ©tanj in fid^."
®in aWünd^ener ßorrefponbent beö Sonboner„2ltl^e^
naeum", ©broarb SBilberforce, griff 1863 in biefem
— 77 —
3ourna( ©ctbcl bei einer bie SlufnaJ^nfe Öobenftebtö
in ben aRafimilianorben betreffenben Stngetegenl^eit auf
baö i^eftigfte an. gerb, greiligratl^ roieö afe „a
German friend residing in London" urtgertaixnt biefc
SScrlöumbungen energifd^ juriidE. SBilöerforce fud^fe
fic^ Dergeblid^ auöftil^rlid^ ju oetttieibigen, unb bcr un^
crfreulid^e Streit rourbe burd^ einen meifterl^often 33rief
®ci6eU felbft gefd^Iid^tet, ju beffen Ueberfegung
greiligratl^ bie SBorte l^injufügte: „J have nothing
to add to the above, except joining in the poets
wish that a quarrel which must have been dista-
seful to all parties concerned may end here."
S)ie betreffenben Stellen finben fid) in „The
Athenaeum". Sonbon 1863 ?lr. 1839, 1842, 1844,
1848. . •
S)ie erfte äluffül^rung ber „Sopl^oniöbe" im Saläre
1866 befpri^t ®uft. ju ^utttig im 2. »anbe feiner
„ä^l^eatererinnerungcn" :
„3loä) in ben legten SBod^en meiner S^^eoterleitung
in ©d^roerin fottten meine Sd^aufpieter eine ^robe be^
ftc^en, bie faft ein SBagnife mar, auä bem fic aber
glänjenb unb fiegreid^ l^erüorgingen. 3d^ erl^ielt oon
meinem greunbe ®. Oeibel feine tbtn oottenbete 2:ra^
göbie „©opl^oniöbe" jugefd^idt nod^ im 3Jlanufcript.
®r oertangtc ein offeneö unb eingel^enbeö Urtl^eil,
forberte baö von bem ©ramatifer unb fügte l^inju, ba^
er e§ (ebl^aft bebaure, bafe mein fd^on in roenig SBod^en
— 78 —
bcoorftc^cnbcr Slbgang t)on ©d^tocrirt es unmögli^
mad^e, fein 3Berf unter meiner fieitung nod^ jur 3[u^
fül^rung gebrad^t ju feigen. 3)ad fd^ien nun freilid^
eine Unntöglid^feit, aber id^ fannte bad StüdE jiemKd^
genau a(g ^agntent unb ^atte burd^ 2aS)Tt in länbtid^er
©tiHe, auf mand^em ©pajiergang, in oielen poetifd^
bewegten ©tunben über Stoff, 2lufbau unb ßl^orafte^
riftif beffelben mit bem 3)id^ter t)erl^anbett, befprod^cn,
geftritten unb mi^ vereinigt. 3d^ l^atte baö StüdE Heb,
fd^on el^e eö fertig mar, unb fannte ed ^u fel^r im
S)etait, \xm mir ein falteö, objectioeö Urtl^eit jujutrauen.
SBenige ©tunben nad^ bem Empfange l^atte id^ ed in
feiner oottenbeten ©eftalt getefen, meine SBorKebe mar
tneÜeid^t nod^ geroad^fen, ober mein 33ebenfen für eine
Sluffül^rung um nid^ts geringer geworben. Smmerl^in
mar eö baö bebeutenbe SEßerf eineö magren S)id^terö,
t)oDenbet in ber gorm ber SRebe, ebel in allen Snten^
tionen, unb menn aud^ metteid^t nid^t befonberö ftarf
in ben SÄotioen, bod^ mit fidlerer bramatifd^er ^anb
burd^gefül^rt. ©etbft menn eö nid^t baö SBerf eineö
greunbeä gemefen märe, mürbe id^ es für eine 6l^re
meiner 33ül^ne gefd^ägt l^aben, il^r bie erfte SBorfül^rung
}u ermögtid^en. 3d^ oerfammelte alfo bie ©d^aufpieler,
fteüte il^nen bie Qaä)^ t)or unb fragte, ob fie eö unter*
nel^men mottten, furj t)or ©d^Iu§ ber 33ül^ne, in t)er?
j^ältni^mäfeig faft ju fnapper 3^^*/ ^^^ 35rama J^erauö-
jubringen, baä alle Gräfte, grünblid^eö Stubium, oolle
Eingabe erforberte unb beffen bramatifd^er ©rfolg immer-
79
^xn erff ju conftatircn fei. ©nftimmig oerfprod^cn fie,
aDeö baran ju fcfeen, bcr Slufgabc geredet ju werben,
unb x6) xou^tt au^ Dielen %&Utn, ba§ id^ mid^ auf
Mefeö SSerfpred^en t)erlaffen fonnte. 3n brci S^agen
waren bie SRoUcn anögefd^rieben, t)crtl^eilt nnb bie Sefe^
probe gehalten. 3d& fonnte bent greunbe ebenfo fd^nell,
afe er meine Äritif enoartct l^atte, 5u feiner größten
Ueberrofd^ung fd^rciben, bafe id^ il^nt bod ftd^erftc ttrtl^eit
über bie bramatifd^c SBirffamfcit feiner ©id^tung burd^
eine in faum merjel^n S^agcn betjorftcl^cnbe 9luffül^rung
ftott Jeber anberen immerl^in einfcitigen 93eurtl^eilung
offerire! 3" ^^^ 5ßroben fam nun ber 2)id^tcr felbft
cm SübedE l^crüber, fanb fein ©tübd^en in unferem
^aufe bereit unb auf bem S^l^eater baö ©tubium feinet
SBerleö überrafd^enb t)orgcfd^ritten. SÄber ^au Dtto?
aRartinedE, bie fonft fo ttncrmüblid^e, l^attc ftd^ erfältet,
wer ju faft völliger S^onloftgfeit l^cifer, unb bantit foUtc
fie bie Sliefenaufgabe ber S^itclroUe in wenig S^agen,
bie nur nod^ blieben, überwältigen. SBir alle verjagten,
nur bie Äünftlcrin felbft ni^t, bie feft cerftd^erte, fie
tourbe, unb in ooller Äraft, ber 2lupl^rung nid^t fel^len.
Sie l^ielt SBort, l^at aber lebenfaHö bie SRoHe in l^ef^
tigern lieber ftubirt unb baburd^ DicUeid^t bcr ganjen
äuffaffung unb 3)urd^fül^rung eine ©rregtl^eit gegeben,
bie ben poetifd^en SReij ber gigur nur nod^ crl^öl^te.
3)a6 baä ©tüdf intnterl^in einen würbigen, eblen 6in^
bni4 ntad^en mufete, bat)on überjeugte id^ mid^ in ben
%oben ntel^r unb mel^r; ob eö bramatifd^ wirf fam
— 80 —
•
werben würbe, war mir n\6)i fo fidler, noä) baju, ba
id^ bic geringe 2^l^eilna^mc meines ^ubüfumö für
antife ©toffe fennen ju lernen ju oft (Selegenl^eit ge^
f)ait l^atte. ®ö fam eben barauf an, ob ber ©d^roung
ber meifterl^aften SBerfe, ber Slang beö beflügelten
aSorteö, ben ber ©iti^ter um fein SBerf tönen liefe, es
begetftern unb ^inreifeen mürbe. Sltö* ber Slbenb ber
9luffü]^rung l^erannal^te, mürbe .mir bie Sßerantmortlid^*
feit, bie id^ übernommen l^atte, immer fül^lbarer, unb
id^ mufete '[xt an ber ©eite beö ©id^ters bnrd^fül^ren.
aRit banger ©pannurig, baö ^öd^fte an ®rfolg er-
rofinfd^enb, fafe id^ ba. 9lber id^ iantz auf meine $ülf§^
truppen auf ber 33ü^ne, unb fie ftanben glänjenb 311
mir; ©tüdE unb ©arfteltung ergriff bie 3wfd^öuer
roeit über baö SRcife beö iSrl^offten, imb mo, für mid^
roenigftenö, einige 3ncorrect^eiten, erjeugt burd^ baS
überftürjte ®inftubiren fid^ Ratten bemerfbar mad^en
f önnen, rife baö "geuer ber S)arfteller barüber fort, unb
mo bie ©efal^r brol^te^r bafe bie 2:^eilnal^me an ber
§anblung ober ©ituation l^ätte erlal^men fönnen, trugen
bie ©d^mingen ber aSerfe, umraufd^t oom Älange ber
Siebe, erl^ebenb über biefe Öeforgnife l^iu. 2)er 2)id^ter
mürbe mieberl^olenttid^ aus ooller 33egeifterung oor bie
fiampen gefül^rt, unb mir errangen einen ooBftfinbig
burd^greifenben, lauten ©rfolg."
©ine finnige ©eburtätagägabe bot am 18. Dftober
1867 unferem S)id^ter ber ^l^ilologe 21. S)t)r mit einer
— 81 —
freien mctrifd^en Ueberfe^ung ber „©rinnerungen au§.
®ried^enlanb"-in bod SKttgried^ifd^fe.
2)ic SBibmung biefer „!4m^v^yaetg ^EXXadixai^^
(9leuftreag 1867) lautet:
EMMANOTHA FEIBEAlSii.
^Aq noT ev EXXtjviov yaijy av äetaaQ aoidaQ^
avtiov ^eiQi6(i7jv yXciaarj dsLÖefievai,
ij (idv ioTi doaiQ oXiyfj^ aXA' a? qpcT aoLÖe,
iOQ ToitOLQoq ireQTjv^ rrjvde (piXtjv ys Öexev.
^Ev ElQfjvoitoXeL
h. awgC' A. ATP
®Ia§brenner ^at einmal fotgenbeä ©pigrantm auf
bie tnünd^ener 5ßoeten gebid^tet:
„UTerft es eud?, \\\t (5eibel, ^eyfe, bic ber IDinb be liebte
bret^t,
„^ofgnnjl ijl ein Diu gel-, bas auf einem fd^mad^eh 'Bo'ttn*
.S)ic ^ofgunft manbte fid^ in golge ber befanntcn
ereigniffc für ©eibel im 3a^re 1868. 2)er S)id^ter
rid^tete unter bem 19. Dctober folgenbeä ©einreiben an.
Äonig fiubmig II. t)on Saiern:
„9ltterburd^(aud^tigfter, grogmäd^tigfter Äönig, aKer^:
gnabigfter Sönig unb §err!
S)urd^ ein ©einreiben ber SBermattung ber fönigl.
Sabinctöfaffe t)om 14. Dctober ift mir eröffnet morben,
bo§ ber mir biöl^er auä biefer Äaffe bemittigte ©l^rem
(Smanuei QSei^el, ein (^ebenf^u^. 6
— 82 —
kjug in golgc bcr in meinen ©ebid^ten ncuerUd^ cmä-
gefprod^enen politifd^en S^enbenjen burd^ ÄHcrl^öd^fle
©abinctöorbre bis auf 3Beitereö ftftirt fei. ®a id^ nun
in biefent Sluäffuffe beö fönigl. SBillenö nur eine ent
fd^icbene SBcrurtl^eilung meiner innerften ©efinnung ju
erblidfen Dermag unb fomit auf bie 9luöfid^t Derjid^ten
muß, l^ier femerl^in in erfreulid^er SGBeife tl^atig fein
JU bürfen, fo fel^e id^ mid^ in bie fd^merjUd^e 5Rotl^'
menbigfeit oerfegt, aud^ bie Ie|ten äußeren 33anbe, bie
mid^ nod^ an 2Ründ^en fnüpfen, fofort ju löfen, unb
rid^te bal^er an ©m. äKajeftät bie eJ^rfurc^tätJoHe 93itte,
mid^ meiner nomineKen ®l^renprofeffur an ber Submig-
9ÄaEimiIianö^Unit)erfität fo mie meiner SBerpflid^tungen
alö ßapitular beö Sßajimilianöorbenö befinitio ent^
lieben ju moKen. 3nbem id^ l^ierin ganj nad^ bem
SBunfd^e ®m. äHaJeftät ju l^anbeln meine, fei eä mir
geftaitet, in aKer Äürje nod^ jroei 5ßunfte ju berül^rcn,
bie nid^t unermäfint ju laffen mir beim ©d^eiben Se^
bürfnife ift. ®inmal möd^te id^ barauf l^inroeifen, bag
id^ mid^ ju biefen ©runbanfd^auungen, bie mir gegem
märtig baö SKIerl^öd^fte SRigfallen jugeiogen l^aben, nid^t
erft in jüngfter 3^it fonbem von jel^er offen unb um
umrounben befannt l^abe. S)ie Sel^nfud^t nad^ einer
feftem ®inigung beö beutfd^en SBaterlanbeö, ba§ SBer^
langen nad^ Äaifer unb SReid^ ftingt fd^on in meinen
frül^eften ©ebid^ten, aud^ in jenen, bie (ängft in Witx
^änbe maren, alö mir ber SRuf nad^ SRünc^en ju 2:i^eit
mürbe. 3n biefem SSerlangen bin id^ mir aKejeit treu
— 83 —
geblieben, unb roenn baffetbc feit bcn ©rcigniffeu be*
3o^reä 1866 eine beftimmtere ©eftatt annei^men mufete,
fo lag baö in bcn Qz\tQt^ä)xdtn, nid^t in mir. älbge*
fc^en jebod^ von bcr 3bce einer SBicbcroercinigung
fämmtti(|er beutfd^cn ^rften unb aSolfägefd^led^ter ju
einem großen ©anjen unter faiferlid^er Dbl^ut bin x6)
mir bcroujjt, niemals einem ©ebanfen Sluäbrudf geUel^cn
}u l^aben, ber bad ooBfommen bercd^tigte Selbftgefül^l
beö ba^erifci^en ©tammeö aud^ nur im minbeften l^ätte
oerlegen fönncn. Qum Slnberen aber brängt eö mid^,
ouöjufpred^en, ba^ id^ trog ber notl^menbig geworbenen
Sofung meiner l^iefigen SBerl^ältniffe — bie id^ in ßr-
fenntni§ ber ©ad^lage nod^ t)or Sal^reäfd^lufe in einer
milberen gönn felbft l^erbeijufül^ren gel^offt l^atte — ,
bafe id^ bie banfbore ©rinnerung an eine reid^e unb
fd^öne 3^it forgloö fünftlerifd^en ©d^offenö, bie mir
burd^ bie freie ^ulb beö l^od^feligen ftönigö SRay fo
el^renooU gemalert unb burd^ ®n). aJlaj[eftät Seftätigung
bis bal^in oetlängert mürbe, unoerbrüd^lid^ im §erjen
beroal^ren unb mir, mie fid^ mein ferneres Seben aud^
geftaltcn möge, baö ©efül^l perfönlid^er ^ietät niemals
burd^ bcn SBogenfd^lag politifd^cr ^arteiung erfd^üttern
Ittffen merbe.
3d^ ücrl^arre in ©l^rfurd^t ©m. 2Waieftat u. f. ro."
SBeld^e gel^obene Stimmung biefe Slffaire in bcn
ultramontanen Greifen Sßünd^enö l^eroorgerufen, bemeift
folgenber ©d^lu§ eines ©d^mäl^artifels bes „SBolfs*
6*
— 84 — •
boten" bei ©elegenl^eit bed SBevjici^tö ^aul ^e^feö
auf feine 5ßenfion:
„33rat)o! aSioat ©equenö! 2Wögen nur alle mit
baqerifd^em ®elbe für preu|ifd^e ^ßropaganbenmad^erei
unterftüfeten ^ßreufeen biefem nad&folgen unb ^err ©ief c*
brcd^t j, 33v ber aller 3Belt oerfünbet: id^ bin ein
^ßrcufee unb ^roteftant! gefältigft ben Slnfang mad^en.
2Bir braud^en feine Jßreufeen im 2anbe, mebcr fd^ön:^
geiftige, nod^ geleierte, nod^ fonftige, bie roeber baö eine,
nod^ bas anbere pnb. Sltfo: fort mit ben ^ßreufeen
unb gtüÄIid^e Steife !" 5Daffetbe Statt fa^ in ber Q;nU
femung (Seibelö ,,bie 2Worgenrötl^e einer ntnzn Slera."
©in 33rief ber ,,aBeferjeitung" oom 3. 9tot)ember
1868 beleud^tet in intereffanter SBeife ben angcblid^cn
©influfe 9lid&arbaBagnerö auf biefe SBorgänge. 9lod^
einer SÄittl^eilung ber SRebaction ift ber SBerfaffcr beö*
fetten Dr. ßajuö SÄöHer, je^t SRebacteur ber „®Iber^
felber 3citw"9"-
,,9lugdburg, 31. Dctober.
$eute ermartenmir bie9lnfunft®manuel Oeibelö.
Sugteid^ trifft l^ier bie SRad^rid^t ein, bafe ^aul ^e^fe
t)orgeftem bem ©abinetäfecretariate angejeigt l^at, er
oerjic^te auf feine 5ßenfion. SRit biefem SSerjid^t, ben
man mit oottem SRed^te nur alö ein gii^örfommen be:^
jeid^nen barf, ift bie ©d^öpfung beö Äönigö SKafi-
milian ju (Srabe getragen unb bie grofee 3lera „35eutfd&e
Äunft unb 5ßolitif" bominirt allein unb unbeJ^eHigt a.n ber
85
3)ar, 2)amit ©ie biefcö SBort ocrftcl^en, mu^ \d)
3^ncn crjäl^Icn, bafe cö nunmcl^r über brci 3a^rc ift, ba
iä) in Wlmä)tn von bcrt rool^luntcrrid^tetcn 3lnprtgcrn
SBagncrö bic unt)crf|0^tcnc ®rftärung prte: man roivb
balb unb griinbltd^ mit bicfcn SBerfcrittem aufräumen!
SBagncr mu§te injroifci^cn aJlünd^en Dertaffen unb b^r
66cr Ärieg f am aud^ bajroif d^en : aber fein ® eift waltete
l^ier in ber (Seftalt feiner ^reunbin, ber grau üon
Sülon). 3m oorigen §erbft fd^rieb SB agner in bem
S^^eile ber ,,®übb. ^r.", ber il^m anfängtid^* ju ®e?
böte ftanb, aufö 5Reue über bie Sd^öpfungen aKaji^
milianä, um fie alö ein t)öUig oerfel^Iteö Untemel^men
}u Derurtl^eilen: natürlid^ flarer Oebanfe unb prägnante
äJletobie, mie tjertrüge fid^ baö mit ben 9lnfid^ten beä SSer^
fafferä unb ©omponiften beö „Sol^engrin", „2^riftan" zcA
Unb bpd^ möd^te baö 2HIeö ^ingel^en, roenn nid^t ber
politifd^e 6influ§ 2Bagnerö ein fo eigentl^ümlid^er ge^
wefen märe unb nod^ märe. ®d ift auö oermid^enem
Srül^ial^re befannt, ba§ unter feinem ®influffe jene
Kapitulation ber 3)emofraten mit ben Ultramontanen
unb fd^mäbifd^en SRepublifanem ju ©tanbe fam, bie nad^
einem franjöftfd^en 33ünbnif[e»brängte ; menn SBagner in
feiner ©onberauögabe ber Dielberufenen Sd^rift „2)eutfd^e
Jlunft unb ^olitif" ^reugen bie aWad^t unb Sägern bie
©lorie ber Äunft jufprad^, fo mar bas nur eine golge
be§ ©d^iffbrud^ö, ben biefe ©oalition injroifd^en erlitten
i^atte: ber 93emeiö, bafe feine ^rotdt ganj anbere 3Bege
fud^ten, läßt fi^ imfd^mer fül^rcn. 3n feinen bamaligen
86
^rojcctcn [tiefe bcr uttramontambemofratifd^c S3unb auf
bic cntfci^iebcne Abneigung bcö Äönigö oon Sa^cm
gegen ein 93ünbmfe mit ^anfreid^ : cd galt einen ü)Httet
weg iu pnben, ber ©übbcutfd^Ianb junöd^ft 5Rorbbeutf(i^'
(onb cntfrembe, um es bann nad^ bem ®efc|c beö ^aBe§
in eine öfterreid^ifd^^franiöftfd^e Wiiani ju treiben. Der
nod^ l^eute von berfelben Äaffe, bie ©eibeU unb
^e^feä 5ßenfion jal^Ite, l^öl^er als biefe befolbete
SCmanuenftö unb politifd^e 3lgcnt SBagnerö, dibdtl,
rourbe nad^ SBien gefenbet, roo il^m eine Stettung in
§errn t). S3cuftö 3laf)z eröffnet rourbe ; gteid^jeitig oer-
fe^rtc berfeCbe mit ^ic ging unb bereifte im Saufe be§
Sommerö ©übbeutfd^tanb, namenttid^ ben franjöfifd^en
3tenbejt)ouöpIag Saben^SSaben, feit jmei SRonaten ift
er in gel^eimer äßiffion in 5ßaris. I)a§ ift ein Slriabne^
faben, fo beutlid^, bafe eö fdum einer anberen Unter?
ftügung für meine Eingabe bebarf. ©eibeU Sübeier
©ebid^t gab ben 3lnt)alt für bie SBagner'fd^e Slid^tung,
um mit ben Sßajimilianem auf juräumen. Äönig Subroig,
bem feine KunftUebe fel^r oiel ®e(b foften fott, rourbc,
mie man befiauptet, barauf aufmerffam gemad^t, bafe
©eibcl nur für ben 5Rorben, nie für 33aqern fid^ 6e?
geiftert füfile; ^auenmunb roeife in fold^en 2)ingen
überjeugenb ju reben, befonberd menn bie 3)ame uid^t
ju ben fofetten, fonbem ju ben refignirten jäl^lt: ® eibeU
^enfion mürbe geftrid^en unb bamit bie beabfld^tigte
Sd^menfung in SSa^emö ^olitif eingeleitet. 9iid^t baS
franjöfifd^e 33ünbnife fte^t auf bem Programm, fonbem
— 87 —
änlel^nung an Dcftcrrcid^. ^attc §e^fc nid^t felbft
auf feine ^enfbn tjerjici^tet, glauben ©ic, über furj
wäre fte ü^m ebenfattö geftrid^en. SBagner aber be^
rettet feine SlüdEfel^r nad^ aWünd^en cor."
2)er „fllabberabatfd^" brad^te am 8. 5Rot)ember
1868 unter ber Ueberfd^rift „aKünd^ner SCrofi" folgern
bcn pbfd^en SSerä:
„Die Did^ter Qclin\ aud^ ^^Vf^ v>xü nid^t länger
3n meinem Dienfle poepen oerfaffen.
Was Ibut's? Der Did?tung IHeijier ftnb entkjfen,
Da l^ält man l^alt fid? an bie IReifierfänger."
©eibel ging ju ftänbigem 9luf enthalte iiad^ feiner
©eburtöftabt Sübetf, roo er fd^on feit Salären regelmäßig
im ©ommer gerool^nt. S3efannt finb bie jal^lreid^en
©^renbejeugungen, bie il^m ju SCI^eil mürben. SübedE
felbft eierte feinen großen 6ol^n burd^ bie SSerteil^ung
beö ©l^renbürgerred^teö. S)aö betreff enbe S)iplom lautet:
,,2)er Senat ber ^eien unb ^anfeftabt SübedE
Derlei!^ t bem S)id^ter ®manuel Oeibel in Slnlaß ber
dlMhffx beffelben ju bleibenbem 2Bol^nfi| in Sübcdf,
fo mie in DoUer SGBürbigung feineö 2)id^terrul^m§ unb
in banfbarer 9lnerfennung ber in feinen ©ebid^ten ber
SSaterftabt Sübetf melfad^ bemäl^rten patriotifd^en ©e-
finnung l^iermit baö SübedEifd^e ©l^renbürgerred^t."
3lm 9. December 1868 begrüßte bie aSaterftabt
ben l^eimgef ehrten 35id^ter officiell; oorliegenbe S3erid^te
fagen über bie §eier folgenbeö:
— 88 —
„@egen 8 Ul^r Slbenbö htviK%tt fid^ oom S)ome
j^cr ein glänjcnbcr gacfeljug, beim SRatl^l^aufe t)orbei^
nad^ ber Safobifird^e oor bie SBol^nung beö S)id^terö.
Sftad^bem ein eigenö baju gebid^teteö Sieb oon ben
©ängern vorgetragen war, banfte ber ©efeierte oon
einem genfter beö erften ©torfmerfö auö mit fräftiger
©timme für ben il^m oon feinen ^eunben unb Sanbö^
leuten gebrad^ten ©ru^ unb fagte, er erblide in bem-
felben nid^t aUein einen SSeroeiö il^rer S^^eilnal^me an
feinen perfönlid^en ©efd^idfen, fonbern jugleid^ ben
Sluöbrud il^rer Uebereinftimmung mit ber in feinen
©ebid^ten auögefprod^enen beutfd&en ©efinnung. 2)er
3ug betoegte fid^ barauf nad^ bem äHarfte, mo unter
bem ©efange beö Siebeö: „S)eutfd^lanb, S)eutfd&Ianb
über 9lKeö" bie gadeln oerbrannt mürben. Snjmifd^en
oerfammelte fid^ ein S^l^eil ber geftgenoffen im ßafmo^^
faale ju einem SWal^Ie. ©eibel antwortete auf ben
erften S^oaft:
„3nbem id^ nad^ 2Borten fud^e, Sinnen ju banfen
unb ben ©efül^len, bie mid^ bewegen ;. Sluöbrurf ju
geben, fd^meifen meine ©cbanfen unmittfürlid^ jurüd
ju jenem S^age, an meld^em ©ie mir geftattct l^atten,
in 3l^rem Flamen alö ©id^ter baö SBort ju fiiliren.
3d^ glaubte bamalö nid^tö 9lnbercö ju tl^un, alö traulid^
unb rüd^altöloö auö Sl^rer unb meiner ©eele ju reben
unb mar meit baoon entfernt, bem einfad^en S^ftgrufe
an unfern l^ol^en ©aft eine mel^r als augenblidlid^e
S3ebeutung beijulegen. Slber: Habent sua fata libelli.
— 89 —
%uiSf ©cbid^te l^abcn itire Sd^icffalc! 3Rir ift eö mit
jenctn ©rufee ergangen, wie bejn 33en)ol^ner ber 6bene,
ber al^nungölod im (Sebirge einen Sd^u^ abfeuert unb
nun felbft erftaunt ift über bie Söirfung, meldte er l^er^
oorgebrad^t l^at. ®enn mie il^m nat| unb fern in l^um
bcrtfad^ fortroad^fenbem ©d^o bie Oipfel ber 33erge
antworten, fo ift aud^ mir ein mäd^tiger vielfältiger
SEBiberl^all jurüdEgef ommcn ; nid&t nur auö allen beutf d^en
©auen, bieöfeitö unb jenfeitö beö SWainö, fonbern aud^
t)on fernem ©tranbe ber Seine unb t)on ben (Sletfd^ern
ber ©d^meij, auö bem ^erjen Stalienö imb über ben
Dcean l^er t)on ben SBalbgeftaben beö SWiffifippi. 3d^
barf t)on biefer SBirfung ol^ne Unbefd^eiben^eit reben,
bcnn fie roar fein ©rfolg beö ©id^terö, fie war ein
öeroeis, ba^ ber ©ebanfe ber roiebergeroonnenen ©l^re
bcä SSaterlanbeö unb beö fid^ fräftig üerjüngenben
beutfd^en Sebenö nur auögcfprod^en werben barf, um
W i>i^ 3^Pi"^^w"9 ^ott ^unberttaufenben ju erwerben.
3« biefer 3wftimmung bürfte id^ benn aud^ eine tröft^
li^e SBerul^igung finben, roenn meine SBorte, oon anberer
Seite unlieb gebeutet, bie Urfad^e mürben, ba^ eine
fd^öne ^eriobe meines Sebenö, an bie id^ fonft nur
mit ©anfbarfeit jurürfbenfen fann, in unermarteter
^löftlid^feit mit einem SÄi^ton abfd^lofe. Slber biefer
SDlifeton mar nur ein Uebergang , ber mid^ ju befto
reinerem ©inflange fül^ren follte, ju bem lange erfel^n^
tcn ©inflang jmifd^en Ueberjeugung unb Söirfungöfreiö.
2luö 33erl^ältnijfen, Äe mid^ beglüdt l^atten, bie
— 90 —
aber bnxcS) bic SRad^t großer 3citläufc beflemtnenb gc^
toorben loarcn, auö fold^en aSerJ^dltniffcn entrütft, fa^
id^ faft in bcmfclbcn Slugenblidc burd^ baö l^ol^e SBaltcn
einer plfrcid^en äßad^t ein neueö, burd^ feinen inneren
SBiberfprud^ getrübtes Seben t)or mir aufgefd^loffen, ein
Seben in ber ^eimatl^.
Sn ben Sorbeemjälbern beö fd^önen ©übenö, an
ben rl^einifd&en SRebenbergen, an ber föniglid^en roaffcm
ftoljcn ©pree, wie in ben glänjenben Äunft^aUen an
ber 3far befd^Hd^ mid^ immer roieber ein ^eimroel^ naci^
ben Stätten meiner 3ugenb, unb id^ fanb nid^t Stulpe,
biö id^ bie mol^Ibefannten S^l^ürme miebcr oor mir auf-
fteigen faf) unb baö Oeläute ber OtodEen t)on ©t. 3Maricn
pren fonnte. SBaö mid^ immer mieber jurüdtrieb,
mar ber Oeift, ben id^ in aUen Söanbtungen ber 3^^*
unüerfälfd^t l^ier mieberfanb, ber ©eift prunMofer SCüd^'
tigfeit unb e^renl^after Sitte, ber Oeift menfd^Ud^en
Sßoi^lmollenö unb gegenfeitigen 33ertrauenö, ber ®eift
beö ed^ten maleren 33ürgertl^umö unb ber treueftcn
aSaterlanböIiebe."
S)er S)id&ter fd^to^ mit ben SBorten: ,,©ott fegnc
SübedE ! S)er alten 33urg ber ^anfa unb il^ren Senfern
ein breifad^eö ipod^!" 5ftad&bem Slrnbt'ö ,,aGßa§ ift
beö ©eutfd^en SBaterlanb?" gefungen mar, ergriff ©eibel
nod^malö baö 3Bort ju einem ^oä) auf ben Äönig von
^reu^en. 6r fagte barin u. 31.:
„ßaffen Sie unö l^ier beö l^ol^en ^errfd^ers gc?
benfen, bem mir näd^ft ©Ott bic SBieberbelebung
— 91 —
Scutf^Ianbö ocrbanfcn. Sit feinem roo^rfiaft föniglid^cn
©ngreifcn in mein ©efd^id liegt für mid^ nid^t nur
ein l^erjer^ebenber S3emeiö ancrfennenber ^rforgc unb
ein @runb banf borer SSerpfKd^tung, eö liegt barin ju^
gleich für ©ie Sitte eine erneute freubige 33ürgfd^aft,
ba§ unfer jungeö " 33unbcöleben fein leerer ©d^ott ift,
bafe ein ©d^irmoogt über unö mad^t, ber im ©ro&en
unb fileinen bie SKad^t i)at, unö ju förbern unb ju
l(^ü6en."
9llö ber ©efeierte fid^ jurüdEjog, würben il^m
rei^e, üon feinen ^eunben unb SSerel^rern geroibmete
©ef^enfe übergeben: ein filberneö Sd^reibjeug, beffen
mittleren 2^l^eil bie ©eftalt ber Sorele^ jiert, eine
golbene §eber, . ein l^ol^er filberner ^of al unb ein Df)m
cblen 62 er SRl^einroeineö.
2)aö Sieb, roeld^eö nad^ bem ^adEeljuge am 3lbenb
beö 9. ©ecember 1868 t)on ben Sübedfer ©ängern cor
bem ^aufe beö ©efeierten gefungen mürbe, ift nad& ber
Mobie: „2)aö ift attein ein freier Sßann" t)on Äarl
Sinbermann ©erfaßt morben unb l^at folgenben
SBortlaut:
„Ströme l^eroor mit l^ellem Klang
Unb frol^'fter Sangesluft
3ubelnb, o £teb, 3U (5rug unb Danf
2lns tief fter Sängerbruft I
Sd^inge in boüen (Et^örett
Vidi l^immelan.
Z6nt, £ieb, 5u €l)ren
Dem beutfd?en lUann!
— 92 —
Sei uns gegrügt, Du beutfc^er fjort,
Du ebles Dtd^terblut!
init ber Begetfl'rung freiem Wort
Stet^ft Du in Deutfd^Ianb's aut!
Drum barfft Du frei befennen.
Was Dtd; burd^glüf^t,
iSrei Deutfd^Ianbs Hoffnung nennen
3m beutfd^en £ieb:
Dom (fels 3um IHeer, auf ^Jlnr nn^ Bfiiin,
Wo beutfd?e Sitte -blül^t
inög' unfcr Banner freubig »et^'n,
Pereinenb Horb unb Süb.
fjod? über freien €id^en
3m UTorgenrotl^
(5IÜV unfrer €inljcit geid^en:
Sditoav^, wt\% unb rottj!.
Za IJeil (Sermaniens äd?tem Sot^n!
^eU tönt's im fjer3en nac^,
XPas Deiner Caute Silberton
Uns aus ber Seele fprad;.
XPie aud; ber Unbanf (ot^ne
Die beutfd^e Zteu:
Did? jiert bie Corbeerfrone,
Denn Du bift freil
3m 3al^rc 1871 ücrliel^ ber ©rofel^crjog oon
SKcdtenburg bcm 2)id&ter für bic Sieber, roeld^e bic
beutfd^cn Ärieger in ben Äampf begleitet, bic gro^c
golbenc aßebaiUe für Äunft unb aSiffenfd^oft.
SKö Xx^pM geiberfd^er Siebenöroürbigfeit, felbft
93
i§m perfönlid^ Unbcfannten gegenüber, mag l^ier ein
örief [teilen, ber an Dr. Äeber, Dberlel^rer in älfd^erö?
leben, gerid^tet ift:
„Öüberf, 12. aßai 1871.
^od^gee^rter .^err!
3^rent freunblid^en Söunfd^e gemä^ überfenbje id^
"iifncn beifolgenb einen 3lbbnidE ber öegrü^ungöroorte^
bic id^ im September 1868 im 3luf trage beö Sübedet
Senats an ben Äönig t)on ^reu^en, imfern je^igen
Saifer, rid^tete unb erlaube mir, bemfelben üier anberc
©ebid^te oermanbten 3nl^altö J^injujufügen, beren äßit^
tl^eitung Sinnen oietteid^t für Sitten Srozd, (SSortrag über:
©eibel alö ^ropl^et ber ©infieit S)eutfd^Ianbö)n)infommen
fein bürfte, inbem fie, biö ba^in nur üereinjelt abgebrudEt,
cbenfaüö in meinen ©ammlungen feilten. Slu^erbem
liegt freilid^ nod^ meleö Slnbcre t)on äl^nlid^er S^enbenj
— jum ä^l^eil feit S^^ren — l^anbfd^riftlid^ t)or; bod^
^alte id^ biefe ©tüdEe l^eute nod^ jurüdE, ba fie binnen
nid^t altjulanger §rift in einem neuen 33anbe jufammen^:
geftellt oeröffentlid^t werben foUen. 3nbem id^ 3l^nen
äugleid^ für baö eingel^enbe Sntereffe, baö Sie meinen
tJaterlönbifd^en ©id^tungen f dienten, ben l^erjüd^ften
3)an! fage, empfel^le id^ mid^ Sinnen .
mit ^od^ad^tungöooUftem ©ru^e
©manuel ©eibel."
Seigefügt maren fünf jum S^l^eil ^anbfd^riftlid^e
©ebidEite unb eine „Ueberfid^t ber auf bie 9Sieberl^er?
— 94 —
fteUung von jlaifev uitb 3ltid) bejuglic^eit Stellen in
ben Pier Sänben meiner ©ebic^te."
2lm 22. SKai 1872 fanb bie ^od^jeit ber einjigen
^o(i)kx ©eibcTö, SKarie, mit bcm SRed^täanroalt
Dr. ge^ling in 2ü6e(f ftatt. JDiefer (S^e ftnb fieben
Äinber entfproffen, fed^ö Änaben unb ein STOdbci^en.
®er ältefte Änabe trägt ben 5ftamen ©manuel, bos
Jüngfte ftinb ben ber Oro&mutter, 21 ba.
Ueber fein SSerpItnife ju gerbinanb Sreilig-
rotl^, baö feit langen Sö^ren entfd^tafen, im ©pStia^r
1873 burd^ einen liebenömürbigen 35rief beö älteren
^eunbeö mieber erneuert mürbe, läfet 9B. SBuci^ner
in feiner fd^on ermäl^nten greiligratl^biograpl^ie ©eibel
felbft erjäl^Ien:
,,9Som SBeginn beö 3al^reö 1846 an taufd^ten
mir feine 33riefe an%, ba unfere politifd^en Slnfd^auungen
immer miberfprud^öüoUer auö^inanbergingen. 3Bber roie
perfd^ieben aud^ bie SBege unb 3^^^^ f^in mod^ten, bie
mir im bamaligen Rampfe ber ^Parteien üerfolgten, eine
perfönlid^e SSerbitterung unb ©ntfrembung ift niemals
jroifd^en unö eingetreten, ba jeber t)on uns oon ber
reblid^en SWeinung beö anbern überjeugt fein burfte.
SKö gr eil i grätig fpätcr in ©nglanb lebte, mürbe
jmar bie unterbrod^ene Äorrefponbenj nid^t mieber auf-
genommen, allein mir fanbten unö burd^ gemeinfd^aft-
lid^e Sefannte, meldte l^erüber imb l^inüber reiften.
— 95 —
l^dufig ©rüfee unb ntunblid^c 3la6)n^kn über unfer
ßrge^en. 3lur einmal im ^[nf ong bcr fed^jigcr ^afycz,
als id^ burci^ einen Sßünd^cner Rorrefponbenten im
Sltl^enäum l^eftig angegriffen morben mar, fefete mid^
greiligratf) brieftid^ ^ieroon in Äenntni§ unb ermieö
nur bann burd^ bie Ueberfefeung meiner Entgegnung
inä ©nglifd^e ben banfenömertl^eften Siebeöbienft. ©ar^
auf tjerftrid^ mieberum ein S^it^^wm t)on elf Salären,
roS^renb beffen mir nur auf bie tjorl&in ermäl^nte SBeife
ober burd& 3«f^^^w^9 ^^^ Sudlern unb einjelnen ©e-
bid^ten in aSerbinbung blieben. 3w ^erbft 1873 aber
erhielt id^ üon bem alten greunbe ju meinem ©eburtä?
tage ein überaus l^erjlid&eö ©d^reiben, baö iä) fofort
ausfül^rlid^ beantmortete."
2)er in SBud^ner'ö SBerf, 2.33b., ©.441, gc^
brudfte 33rief lautet mit Sluölaffung einer Stelle, bie
ben 2^ob beö ©ol^neö greiligratti'ö, Dtto, betrifft:
„Stuttgart, 17. Dctober 1B73.
©rfd^rirf nid^t, lieber alter ©manuel ! „SSriefCid^e
^erjenöergiefeungen" finb aud^ meine Sad^e nid^t, aber
einen furjen, marmen ©ru& barf id^, unb mirft 3)u mir
ja rool^l geftatten. ®ö brängt mid^ längft, 2)ir mieber
einmal ein treueö SBort jujurufen. SWöge eö fid^ benn
enblid^ l^eute aufmad^en, um morgen in ben allgemeinen
frol^en ß^or mit einjuftimmen, ber 2)id& umjubeln mirb.
®lüdf auf }um 18. Dctober, • mein (Smanuel! „Many
happy retums of the day!" mie man'ö ftd^ inßnglanb
— 96 —
mit fd^Hd^tenSBortcn juwünfri^t, ünb ein l^cttcrcr, fonnigcr
fiebcnöabcnb ! — unb nod^ tnand^er frifd^e Sorbccrfranj
ju ben tüol^lernjorbenen alten! 9ltteö, SlUcö fei 2)ir in
üoHcm aJla^e befd^icbcn!
3d^ wollte, mx fönnten eine ©tunbe Sluge in Sluge
mit einanber plaubem, lieber ^eunb! 9Bir mürben
unö t)iel }u fagen l^aben! ®ic SBelt ift eine anbere
geworben, unb mir felbft, — o, mie t)iel fieib unb ^eub*
ift über unö l^ingegangen, feit mir julefet oon einanber
flörten !
2)u lebft, mie man mir fagte, einfam unb jurüdE^
gejogen, aber von Siebe unb greunbfd^aft traut um^
geben, in ©einem alten Sübed. ©eine 2^od^tef ift
glüdlid^ üerl^eiratl^et, — üielteid^t miegft 2)u fti^on ein
©nfeld^en auf ben Knien. Äannft ®u'ö nid^t über S)id^
geminnen, mir gelegentlid^ baö ©ine ober baö Slnbcre
über 2)id^ unb ©ein Seben mit jutl)eilen ? 3d^ mürbe
©ir red^t t)on §erjen banfbar bafür fein
Slber id^ geratlie, trog aller guten SBorfäfee, in*§
5ßlaubem! 3Sergieb, lieber ©manuel! ^ä) brürfe ©tr
bie ^anb ebenfo marm unb fo innig, mie julegt t)or
breigig 3öl)ren!
©ein
%. greiligrat^."
3luö bem 3Jla\ beö Sal^reö 1878 ftammt folgenbeä
©ebid^t, baö lianbfd^riftlid^ bie erfte ©eite beä grembeu^
bud^eö im ©d^iff erlaufe ju Sübedf jiert:
— 97 —
„(Es ftenert auf bem tDeiten IHeer
Der Sd^tffcr mandien Q^ag uml^cr,
B(at Sturm unb Still' unb gute ;Jaljrt,
Crtft £anb unb Polf üon tnand?er 2lrt;
Sieljt Ijent bie Sonn' am €tsberg glüt^n
Unb morgen Palm' unb (Solbfrnd^t blül^n,
fjört frember Sprad?en feftnen £aut,
IRad^t frember Sitte jtd? certraut;
ßält bei btn W'xlbtn halb fein IHal^I;
Balb in ber IDeltftabt fd^mnrfftem Saal,
t&bt aus unb ein 5U red^ter Stunb'
Unb freut jtc^, ba% bie IDelt fo bunt.
Dod? ujenn er bann 3um eignen ^eerb
2(us meiter ^erne roieberfel^rt.
Da »anbert er vergnügt im Sinn
§um alten Sd^iferamtst^aus t^in,
(Ersäljlt mit £uft beim vollen (51as
Pon feinen ^Jal^rten bies nnb bas
Unb lobt bie ^rembe nad^ (Sebät^r.
Dod? bleibt fein IDat^lfprud? für unb für:
„Sd?ön ift's im Horb; Süb, 0ft unb Wt^en
„2lllein 3U fjaus ift's bod? am beften."
2luö bcm niyä) ungcbrudten ^ftad^loffc beö am
1. 3uli 1879 üerftorbenen ^etnrid^ Seutl^olb, bed
einfügen SHttorbciterö ©manuelOeibeU an bcn
frSünf Süd^cm franjöftfd^er ö^rif", würbe von ber „31.
äürid^cr 3^itw"9" nad^ftel^cnbeö ©onett auf unfern
Did^ter üeröff entUd^t ;
@manue( ®tihtt, ein ®ebenf6ud). 7
98
Du fanntejt unfre geit; bod? fremb ber Spaltung
Der mogenben partern unb tt^rem Coben,
^aft Du gemenbet Deinen BHcf nad; (Dhtn
3'n felbftbeu)u§ter prtejierltd?er Haltung I
(Ein ^dfines Btib l^armontfd^er (Entfaltung
Qaji Du unS; Unvergänglicher, gemoben,
Unb einmal noc^ auf it^ren Ct^ron gel{oben
Die Kunft burc^ formooUenbete (Seßaltungl
Das £ieb ift Dir mie wenigen gelungen;
Die emjie XPeistjeit auc^ marb Dir gegeben;
Du l^obft ben golb'nen Sd^a^ ber Itibefungen.
tlic^t einer geit, bie raffelt, gilt bas Streben
Des Dichters, ber für alle gcit befungen
Das, mas unenblid; iji int IHenfc^enleben.
3n einem gebtegenen 9luffafee ,,®manucl ©eibel
alö religiöfo: S)id&ter", ber ben üoHen Setfall ©eibels
gefunben l^at, fagt Äorl ©d^miebel in ber „5ßro^
teftantifd&en Äir^enjeitung" (1882, 3lx. 15 unb 16):
,,SBenn irgenb einer unter ben Steueren, fo ift
©ntanuel ©eibel eö roertl^, naä) ber retigiöfen ©eite
feiner 2)id&tungen befonberö beleud^tet ju werben.
StcUgiöfe STnflänge laffen fid^ bei unfern ntobemen
S^rifern in großer Qai)l nad^roeifen, aud^ ber fpecifif^
lird^Ud^en 5Did^ter finb nid^t wenige, bie SSortrefflid^eä
geboten l^aben; aber bei feinem ber ©rfteren finbet fi^
ein fo tiefeö ©ingel^en in bie innigften fragen ber SRe^
— 99 —
ligion, roie bei ©eibel, unb bic Sefeteren überragt er
fämmtlid^ an SBeite beö Slicfö. SWitten jroifd^en beiben
flel^enb nimmt er eine eigenartige Stellung für fid^ ein,
eigentUd^ bie normalfte, bie xä) mir benfen fann; aber
ba§ Sßormate ift auf religiöfem ©ebiete l^eutjutage leiber
bie Sluönai^me. ©in roeltlid^et SHd^ter unb bod^ burd^
unb burd^ religiös, ein in jeber Sejiel^ung mobem
bcnfenber SWann unb bod^ t)on tiefem SBerftanbni^ für
ba§ ß^riftenttium, ein ßl^arafter, ber fid^ mit ber SBer^
tiefung feiner grömmigfeit jugleid^ aud^ immer freier
cntn)i(felt: baö ift jebenfallö eine feltene ©rfd^einung;
ober zbzn barum bleibt ber SlidE mit befonberer greube
unb SSerel^rung auf il^m rul^en
®ö ift baö fd^öne SSorred^t beö 2)id^terö, auö ber
5ßrofa ber 9llltäglid^feit unb bem mirren ©etriebe ber
S^itereigniffe ju ben reinen ^öl^en befi 3beald unö
l^inaufjufül^ren, ba^ bie ermattete ©eele für eine geier-
ftunbe aufatl^me oon bem beengenben 2)rud unb im
Slnfd^auen ebler formen, gebiegener ©ebanfen fid& oer^
junge, ©eibel l^at biefeö aSorred^teö in fd^onfter SBeife
gemattet unb. gerabe baö ©rl^ebenbfte, maö bem menfd^^
li^en ©eifte geboten werben fann, bie ^Religion, in einer
SBeite unb 3^iefe üorgefül^rt, bie il^reö gleid^en fud^t.
SWan ^at oft feinen propl^etifd^en S3lidE gerül^mt, unb in
ber S^l^at liegt tiroa^ ^ropI)etifd^eö in feinen ©ebid^ten.
Sli^t bloö beömegen, meil üiele feiner patriotifd^en
SBciffagungen eine überrafd^enbe ^ ©rfüUung gefunben
i^aben, fonbent meit mel^r nod^ beömegen, meit er mit
7*
— 100 —
ber gel^ciügten Sa^ung vertraut x% „naä) roeld^er ber
SBcltScnfer bic 2)inge regiert", roeil er alö^erolb beutfd^cr
Sitte, ernfter Sittlid^feit, lebenbigen 6l^riftentt|umö um
enttücgt auf ber 5JBod^t ftetjt; ein 5ßropl^et anä) barum,
weil er, tdo ^ricfter unb Seüiten fd^roeigen, als geift^
erfüllter ©el^er au§ eignem ^erjenöbrange ju feiner 3^^*
von bem ®inen rebet, was noif) ift, unb mit begeiftertem
SBorte ben ©lauben an eine beffere S^funft üon SSater^^
lanb unb Rird^e entfad^t. 9lud^ mir tialten biefe ^off?
nung feft mitten in einer trüben 3^^*/ ^^ ber ba§
religiöfe Seben auöeinanberflafft, l^ier in trauriger ©r^
ftarrung ber Äird^e, bort in ebenfo trauriger ©ntfrembung
t)on ber Äirci^e. Slber eö mag ju nici^t geringer ©r^
mutl^igung bienen, bafe ber 93eften einer in unferem
SSolfe für biefe brennenbfte S^age ber 3^^* ^^^ ^^f^^
aSerftänbnife, ein marmeö ^erj l^at unb für eine religiöfe
SBlebergeburt beö beutfd^en SSolfeö Saat auf Hoffnung
auöftreut. Sie mirb nid^t üerloren fein."
©ine ber legten großen ^euben mag bem greifen
2)id^ter bie officieUe ©inlabung ju ben geierlid^feiten
ber ©inmeil^ung beö 9liebermalbbenfmald gemefen fein,
ber er freilid^ feiner fd^meren Seiben megen nid^t golge
leiften fonnte. 6. SRitteröl^auö gebadete bei bem
geftmal^l in SRübeöl^eim beö Slbmefenben unter bem lauten
Subel ber geftgenoffen.
Sine auttientifd^e 2)arlcgung ber kig^Un Äranf^eit
beö 2)id^terö brad&te bie „Sübeder 3^i*i"^"*
— 101 —
„ßmanuel ©eibcl litt bcrcitö feit länger alö
3al^reäfrift an l^eftigen Einfällen von ^etjfd^njäciöe, bic
— burd^ 3nnen)ationöftörungen t)ont ®el|irn an^ ein^
geleitet — oft ftunbenlang roäl^rtcn unb einem ol^nmad^td^
ötinlid^en 3^^^"^^ glid^en. 3^ ber mel^r unb me^r
unregelmäßig roerbenben §erjtl^atigfeit, bem fd^road^en,
auöfeftenbcn^ulfe, gefeilten fid^ bann einerfeitö3lnomalien
im 33ereid^e beö periferen SSlutfreiölaufeö, wie 2ln*
fc^roellungen ber unteren ©ftremitäten — anberfeitö aber
aud^ eine allmäl^lid^e Hbnal^me ber geiftigen Srifd^e, beö
tegen Sntereffeö ber Shrbeitöfraft unb beö ©ebäd^tniffeö.
Seit jroei 3al^reu unterlag eö für bie bel^anbelnben^
3lerjte feinem 3w^^if^t mtf)x, baß fid^ im ®ef|im beä
S)id^terö ein XDtnn auä) langfamer, bod^ unauf^altfamer
unb unl^eilbarer 3ct:ftärungöprojeß üoUjielie, bem Äörper
unb ®eift im ©ied^t^um anl^eimfallen mußten, ©o ift
ber um 2V2 Ui^r beö 5ßalmfonntagömorgen erfolgte 3^ob
als eine mafirfiafte ©rlöfung ju betrad^ten. 3lad^ einer
Sleil^e fd^merjüoller S^age unb rul^elofer Jläd^te mürbe
(Smanuel ©cibel am 5lad&mittag beö 3. Slpril t)on
einem ©.d^laganfall ereilt, ber bie linfe Äörperliälfte
löl^mte unb baö Semußtfein erlöfd^en ließ. Slber faft
breimal 24 ©tunben nod^ rang ber fräftige Äörper
mit bem S^obe; baö SSemußtfein felirte nid^t mieber —
baö Seben fd^ieb auö ber fterblid^cn ^iiHe nad& fd^merem
Eampfe — bod^ ol^ne Qual für ben Sterbenben."
— 102 —
S)ie angrcunbcücrfanbteS^obeöonjcige f)at folgenbcn
5JBortIaut:
Heute früh 27» Uhr endete ein sanfter Tod
die Leiden unseres geliebten Vaters
Emanuel Geibel
im 69sten Lebensjahre.
Lübeck, 6. April 1884.
Dr. Ferdinand Fehling und Frau
Marie, geb. Geibel.
Bertha Geibel.
?^^t:m>!>^^<hmm^ ® ^g^s^^^m 'S^^
(Emanuel <5etbels Begräbnijj-
21u§ bcr Unjaf)l uon Sendeten, rocld^c il^rcr 3^1 über
bic Segräbnifefcicrlki^fcitcn ©manuci ©cibcU burd^
bic bcutfd^c 5jkcffc liefen^ ragte bic ftimmungäooHc ©ar^
ftcBung bcr „9lationaU3^iti*«9" bcmcrfenänjcrtl^ über tl^re
©efd^toiftcr J^inrocg. S)a xm nun gcrabc bic3lrt unbSBcifc,
roie Sübcd unb mit il^m baö gcfammtc bcutfd^c SBoIf
feinem großen 2^obten bie testen ©l^ren erroiefen, für
l^öd^ft bebeutfam J^alten, glauben roir einer autf)entifd^en
©d^ilberung bie 3lufnal^me in biefeö „©ebenfbud^" nid^t
uerfagen ju bürfen unb geben bal^er bie bieöbejüglid^en
9luffa|e ber genannten 3^itung, ergänjt unb abgerunbet
burd^ intereffante 9lotijen anberer Slätter, namentlid^ ber
„^oft", in golgenbem roieber.
Sübecf, 11. 3lpril.
2)er ^eb^of, auf bem ©eibet beerbigt roirb, liegt
tior bem Surgti^or, ein wcitgebreiteteä 2)reied. fiinbem
alleen ^iel^en bie ©renjen unb ein bid^ter ^ain bilbet
— 104 —
bcn ^intcrgrunb. 6in ©d^rocttcn unb S^rciben in bcn
Slnoäpcn, ein ©ingcn tinb 3ubilircn unter ben SSögeln,
alä bereiteten fie fid^ mx, ben ©änger beö grül^Ungö,
ber 2iebe unb ber SBanbcrIuft ju empfangen, für ben
baö ©rab fd^on bereitet ftel^t. Öin fd^lid^ter grieb^of,
ol^ne ^runf unb ©rofetl^un; ber proteftantifd^e 6mft,.
ber über biefer ganjen ©tabt rul^t, fommt aud^ l^ier ^
jum 9luöbrud.
Eel^rt man fid^ um, fo l^at. man bie ©tabt üor
3lugen, meiere bie SBelt beö Jungen S)id^ters mar. S)ie
ragenben S^l^ürme vm ßi^g^lfteinen treiben il^re S)äd^er
l^od^ unb fpig empor, ein altes, üielftödigeö Xf)Ov, rei^tö
unb tinfö flanfirt von bem Sleft beö 3BaIItö, fd^Uefet
bie ©tabt an if)rer fc^malften ©teile ah, ba, roo fie
aBein nod^ mit bem Sanbe jufammenl^ängt. ®enn
fonft ift fie eine 3nfel, umffoffen t)on ber SJraoe unb
SBafenig. 3ln ben langen Quaiö bie S^raoe entlang
liegt ©d^iff an ©d^iff, alle ^albmaft geflaggt ju ©l^ren
beö 6!)arfreitagö ; f o ftill unb feiertäglich mirb man feiten
einen §afen fel)en, bie \Xf)x beö ©efd^äftöbetriebeö ift
ganj abgeftellt, 9liemanb ju fe^en nod^ ju l^ören.
3)lan fielet, eö ift fein SBelt^afen, biefer Sübeder ^afen,
mit einer t)on aBen ©orten jufammengemürfelten aRo-
trofenbeüölferung, ein §afen ber proteftantifd^en Dftfee,
fo ernft unb feierlid^ aud^ im .feafen ben l^öd^ften geft-
tag bed ^roteftantidmud begel^enb, mie ed in ©tabten
unb ©tranbbörf ern ber S3raud^ ift, mol^er biefe fal^renbe
83et)ölferung fommt.
— 105 —
Slud^ in bcn Strafen ^ört man faum einen Saut,
fo ftiU jiel^en fid^ bie ©d^aaren, bie jum "Xijov roanbeni,
an ben gegiebelten Käufern, an ben alten Sauroerfen l^in,
bie an bie ©lanjjeiten Sübedö erinnern. 3n einer ber
fünften ©trafen ftel^t baö ^aM, wo ©manuel ©eibel
jejt nod) aufgebal^rt rul^t. ?lur an ber 2^pre bed
^terbel^aufeö ift Seroegung, bort fommcn unb ge^en
unablaffig 9Kenfd)en, fie fteigen bie einfädle treppe
l^erauf, bie ju bem im erften ©tod befinbtid^en ©tubir*
jimmer ©eibelö fül^rt. S)ort ftef)t ber ©arg, üon
bcm unter ben aufgehäuften S3Iumen unb Äranjfpenben
fd^on nid^tä mel^r ju feigen ift. 3d^ fanb.baö Si^^^t
ganj ooB von einfad^en fc^lid^ten Seuten, fie roaren
gefommen, um einen 3lugenblid an bem ©arge bed
,,^errn ^rofefford" ju üerroeiten, eine fleine S3Iumem
fpenbe nieberjutegen unb bann ben fd^on roartenben
änberen 5ßla| ju mad^en. 9luö ber güBe biefeö präd^^
tigen Slumenroalbed, ber bie §üUe bed ©ntfd^tafenen
ganj perberft, leud^ten bie garben Sübedd rotl^ unb
rocij l^eroor. @d finb bie ©d^leifen an bcn beiben
tndd^tigen Sorbeerfränjen, roeld^e ber ©enat unb bie
SSürgerfd^aft ber freien SHeid^äftabt geroibmct l^aben.
Suf bcm näd^ften Äranje, meldten bie ©d^roerincr §ofs
fd^aufpielerin grau Dtto^aJiartinerf, nad^ ©eibeU
Urtl^eil bie befte ©arfteUerin feiner ©opl[|oniöbc, ge«
loibmet l^at, tefen mir mit tiefer SWül^rung bie SBerfe
beg 3)id^tcrd:
— 106 —
tlur einen 21ugenblic!
Sei mtr*s gefiattei, Weih 5U fein nnb ifyn
Pen §oII ber €tirfurd?t unb ber DanFbarfeit
3m legten bitteren Sd^eibemort 3U jatjlen:
;JaI^r rooljl, Du Königlid?es f^aupt, fal^r rooMI
aSon ben 3)lünd^cner ©cnoffen l^atte -^5aul ^cijfe
„bem unerfeglid^cn greunbc in trcucfter Siebe" f(i^on
am ©onntag einen Äranj gefanbt. Unmittelbar naä)
©mpfang ber 2^rauerfunbe l^atte er felbft bie SBibmung
auf bie 2ltladf(i^Ieife gemalt. ©Smmtlid^e SSereine unb
33erbinbungen Sübedö l^aben Äranje gefenbet, au^ bie
beiben ^eimaurerlogen, obrool^I ®eibel fein 9Haurer
mar. „§unbert tübifd^e Jungfrauen" i)abtn sroei grofte
^^Jalmen gemibmet, meldte von einem ©traute buftenber
aWarfd^aH^Jlieterofen gel^alten werben unb auf ber Sltloö^
fd^Ieife bie SBibmung tragen: „S)em großen 2)id^ter pon
Jungfrauen feiner trauemben SSaterftabt !" Siö gegen
9 U^r 3lbenbd waren etwa jmeifiunbert Äränje u. f. w.
eingelaufen bejm. angemelbet. §eute 9lbenb trifft aud^
ber Äranj ©r. Äaiferlid^en §ol^eit beä Äronprinjen
ein, unb in ber fiebenten ©tunbe fam ein S^clegramm
beö dürften Siömard an, in meld^em berfelbe eben^
faflö bie Slnfunft eineö Äranjeö anfünbigte. Sluö ber
großen 3lnjal^t ber übrigen SBeil^egaben lieben wir
nod^ biejenigen ber 2)eutfd^en ©c^illerftiftung unb beö
Sübeder S^tiQvtxtim, beö 3)cutfd^en ©angerbunbeö,, bed
^eien S)eutfd^en §od^ftiftä, bed aSereins Serliner 5ßrcf[e,
ber 2)eutfd^en ©enoffenfd^aft bramatifd^er 9lutoren, be§
— 107 —
*§amburgcr SBercinö für Äunft nnb SBtffcnfd^aft, bc§
Sremcr ÄünftlerDcrcinö, bcö Stuttgarter Sicbcrfranjcä,
bc§ äRünd^cner ©d^rif tftcncrt)crctn§, bcö Hamburger ©tabt=:
t^eaterö unb bcr ßotta^fd^cn SBerlagäbuc^i^anbtung l^cr?
t)or. S)oju gefcllcn fid^ bie (Sabcn cinjclner, roic bcr
gurftin^SBittroe ju 6aroIatf)^33cutl^cn, bcr ©id^tcr
emil giitteröl^auö unb 3uliuö SBoIff u. a. S)cr
Sd^aufpiclcr ©o'mmcrötorff auö Scriin, rocld^cr fid^
roöl^rcnb feiner 2^f)ätigfett am Sübeder Stabttl^eater ber
@unft ©eibeU ju erfreuen f)atte, fenbete einen Äranj
mit folgenben 5Berfen beö ©id^terö ein:
Dem (Element getjört bie Bfarib voü Staub
Unb weiter nichts; ber Itd?te <Sottesfun!en
3ft nid?t 3uglcid?, andi nid?t für uns üerfun!en
Unb glül^t nur reiner burd? ber €rbe Haub.
Seileiböf d^reiben roaren u.a. eingelaufen t)on SB i 11^ e l m
3enfen, gelij S)a^n, ©uftat) ju ^utli|, ßonrab
gerbinanb SÜe^er, ©ottfrieb Heller, SRorife
Sarriere unb SSictor oon ©d^effet.
Diefe n)af)rl^aft großartigen ©^mpatf)ieben)eife, roeld^e
ber gamiüe avi§> allen 2^^eilen beö beutfd^en 5Bater^
lanbeö ju S^l^eil geworben finb, i)obcn ben tiefften
Sd^mers föt einen 3lugenblid in ben ^intergrunb ge^
bröngt. ,,$eute trägt unö bie ^lieilnal^me uon ganj
2)eiitfd^lanb", burfte bie ^od^ter ©manuel ©eibeU
mit geredetem ©tolje fagen, ,,bann aber — unb l^ier
^ielt fie unter Xi)X&ntn inne.
9lud^ üon bent 3ugenbfreunbe ©eibelö, bem ®el^.
— 108 —
?Haif) Dr. (Srnft ßurtiuö, gelangte ein Schreiben nad^
Sübed. ®ie ftaiferin l^atte il^m, nad^bem er ber
.^od^ter ®eibeU bereite üor^er bie S^^eilnal^me S^rer
SRojeftät auögefproc^en, nod^ golgenbeä gefd^rieben:
,45. 3lpril 1884.
»
3l^re SBorte geben ein treues 99ilb von ben SSer-
bienften bes ßntfd^lafenen nnb mn feinen öesiel^ungen
ju xin^, bie in meinem ©ebäd^tnife ftetö fortgelebt l^aben.
Seutfd^lanb mwfete auf feinen ©manuel ©eibel ftolj
feiti, unb es freut mid^, ba^ ein el^renuolleö B^^O^iB
ba beüorfte^t, mo eö gilt, ber Slad^melt feinen 3^amen
ju überliefern, nad^bem er felbft ftanb^aft ausgelitten
l^at. 9lber meld^er 5Berluft für bie ©einen, feine §reunbe
unb für ©ie! S)ieö 2llleö 3f)nen red^t marm auöju^
brüden unb ber SRid^tung ju l^ulbigen, meldte ber
2)id^ter üertrat, ift ber ^rtytd biefer S^i'^'^-"
Ueber bem ©arge i^ängt baö 33ilb ber üerftorbenen
(Sattin. beö S)id^terä, 91 ba von xf)m genannt, unb fd^aut
auf ben ©arg beö ©ic^terö ^erab, ber i^r fpät unb
langfam nad^gefolgt ift, beffen ©el^nfud^tö^aud^ immer
nod^ bie Sßerblid^ene umfd^mebte. ©etbelö tiefftc imb
cmpfunbenfte ©ebid^te finb biefem 33erl^ältntJ3 ent-
fprungen, l^ier finb bie 3^9^ ^^ unmittelbarften unb
concreteften. 3n befd^eibenen ©d^ränfen ftcl^t bie ^anb-
bibliotl^ef ©eibeU an ben SBänben gereil^t, f leine,
vergriffene 9ludgaben ber Slaffifer barunter — nur
mit 6l[irfurd^t fann man fie betrad^ten. 3« wcld^etn
— 109 —
munbcrbarcn Scbcn f)ai ©cibcl btc Hoffifd^c Si)rif cr^^
roecfl, er l^at i^r in bcr %f)at ein Dftcrn bereitet. SBie
gleitet unter feinen |)änben bie uerfd^ränfte, fd^roer^
flüffige 3Raffe leidet unb natürlid^ ^in. ©efegnet fei
bie iponb, bie biefeä fd^rieb, bie bort jegt in bem
Sorg ouöru^t!
©eibel f)interlä|t feinen Sofin, nur bie einjige
J^od^ter, fein 9lame ftirbt mit i^m am. 6in F)albeö
2)ujenb ©nfelfinber l^at il^n aber umfpielt unb um if|n-
jenen §aud^ ber 3ugenb erl^alten, ber für fein gonjcö
Seben unb ©mpfinben fo nötl^ig roor. ®er ©nfelfo^n,
bem ber S)id^ter ben ©id^enjroeig, wie er fingt, auf bie
SBiege legte, foBte ju Dftern bie Subelaudgabe ber
crften Oebid^te bem ©rofeoater überreid^en. SBon SBod^c
}u 2Bod^e l^at man barauf geroartet; l^eute ift fie eim
getroffen, fie fann nur nod^ ju ^ö^n beö Sargeö
niebergelegt merben, in il^rem rotl^en Äleib unb gotbnen
Sd^nitt mit bem ©mfte biefeö Drteö feltfam fontraftirenb.
3c^ fd^fage fte auf: bie erfte ©eite fingt fd^on oom
SR^ein unb t)om Raifer. D fd^önc ©in^eit biefed ©id^ter^^
Icbenö! SBie gewaltig ift biefer Äaiferton an^^ unb
burd^gcf (ungen , mie l^at er bie ganje SRation mit fld^
geriffen, ber malere S)id^ter oon Äaifer unb Sleid).
Unb menn fid^ bereinft ein S)enfmal unferö Äaiferö
ergeben roirb mit 9lHen, 'bie il^m an feinem großen
SBerfe geholfen l^aben, mirb ftd^er aud^ ber ©id^ter
nid^t feilten, ber, man möd^te fagen, mit bid^tcrifd^em
^ropl^etenblid auf biefe große SBenbung ber beutfd^en
— 110 —
@t\d)xdt unabläfftg l^tngetoiefen ^at^ 6td er mit bem
gen)a(tigen Siegedgefange abfd^Io^:
Xiun lagt bie <5(o(fen
Don d{urm 3U d^urm
Vvixdfs ianb fro(;Io(fen
3m 3ubelfhirm.
2)ie treue ^Pflegerin bcö 3Serftorbenen, feine Sßid^te,
grauletn Sertl^a ©eibel, bradbte mir ein oergilbted
3etteld^en, bie ^anbfd^rift beö 2)id^terö nod^ fnabcn^aft,
mie es gefd^rieben, rool^l auä frül^en ©^mnafiaftenjeiten
©eibeU. ^d) lad barauf ^olgenbed:
<5ebet eines Peutfd^en.
2Iuf bem ©jron ber Katfer im IRorgenrotlj,
Das Bfcxi voU Heb, in ber Brnfl t>tn ^ob,
2(uf ber £fppe ein £ieb tpie Sturmestpei^en,
So lag mid? <ßott yx bin Dätern gelten.
@in ooUeö ©rpren f)at bied (Sebet gefunben.
SBie rein, fd^ön unb l^armonifd^ i)at fid^ bieß Seben
abgefd^loffen, mie grofe unb bebeutfam ift ber hinter-
grunb, auf bem e§ fid^ abfpielt, mit meld^er ©id^erl^eit
ift es burd^ alle ßonfliftc gegangen. 3mmer roirb
©cibel t)or Slttem ber ßiebling ber 3ugenb bleiben,
aus ben ©ebid^ten mirb man immer ben SRenfd^en
l^erausfud^en unb Heben. 3lber mie feltfam, bafe biefer
2)id^ter bes fröf)Iid^en SHl^einftromeS unb feines über-
fprubeinben Sebens in ber 6nge eines befd^eibenen
emften ^farrf)aufes näd^ft bem Dftfeeftranb jur 85BeIt
fam. Unb bod^ mar es il^m bie malere §eimfel^r, aU
111
et oom §u§ ber S^Ipen roiebcr in btc crnftcn fteincrncn
©trafen Sübccfö jurüdfcl^rte
^eute W)tnh, als es ju bunfe(n begonnen t^atte,
würbe nad^ einer Keinen unb ftittcn §eier, bei ber
6enior Sinbenberg, ber fed^öunbad^tjigiä^rige aJiann
ber alteften ©d^roefter ©eibePö, ein crgreifenbeö &tbtt
[prad^, im engften gamilienfreife ber ©arg ©eibePö
h bie 2)tarienftrd^e übcrfül^rt. 3Kit biefer Äird^e war
©eibel innig oenoad^fen; oor allen Eird^en ber ©tabt
roax fie feine Siebüngdftrd^e. 3n ben ^aUenben ©d^iffen
beä geroattigcn SHaumeä, ben eine 2lnjal^l ©aöflammen
nur bammerig crl^eUte, war ed fd^on 9lad^t, nur einige
Sid^ter flimmerten, bie ben SBcg geigten, ben man bie
Seid^e nehmen He§. 2)er Satafolf ift in ber aRitte ber
Äird^e errid^tet. SBie riefenf)afte SBäd^ter erl^ebcn ftd^
um il^n bie tro|igen, ftrebenben ©fiulen, bereu Änäufe
im 2)unfel tjerfd^minben.
• 3n ber 5lad^t fanb nod^ eine fleine SBerfammlung
ber greunbe beö 2)id^terä ftatt, um ben telegrapl^ifd^
angemelbeten Sranj beö Äronprinjcn ju ermarten. ©er^
felbe — ein prad^tuoHer Sranj mit bem SHeid^öroappen
unb bem Sud^ftaben F. — langte um aJHttemad^t an
unb würbe, nad^ einer furjen 9lnfprad^e beö 33ürger^
meifterö von 2übed, ju ben %n^tn beö ©argeä nieber^
gelegt, im 3luftrag beä fronprinjlid^en 5ßaareö, ate ein
3rid^n ber Siebe unb Sßerel^rung beä faifertid^en §aufeö
für ben ©änger beä SHeid^ö. 3n feiner Siebe em)äf)nte
ber 33ürgermeifter, mie na^e ba§ fürftlid^e 5ßaar bem
— 112 —
SJid^tcr gcftanbcn, rote bic SScjicI^ungen bcö Äronpritijcn
ju Sübcrf if)n fd^on frül^jeitig ju bem ©id^tcr l^tngefül^rt;
ein aSerl^ältmfe , bad bi§ ju beö 2)id^terö 3:^obe treu
gcroal^rt roorben. 2Rit ftummem ^änbebrud banftc ber
©d^rotegerfo^n ©eibcPö bem Siebner. 2)ann rourbe
eö ftiH in ber Äird^e, bämmeriger SKonbfd^ein jeid^ncte
bie riefige ©ill^ouette ber Äird^e unb bie feltfam altera
tpmlid^en, fie umgebenben fallen. Sßid^tö ©timmungä-
oottereö fonnte bie romanifd^e 2lrd^iteftur erfinnen.
Xxc ^cier, bie für ben 12. Slpril vorbereitet wirb, ift
eine ftreng fird^lid^e. 2)er ^auptpaftor SCrummer,
ber bie fieid^enrebe l^alten roirb, ift ber ©d^roager
©eibeTd. SBie eng unb vertraut fd^Iiefeen fid^ ^ier
alle SBerl^altniffe an. Unb roie in feinem ©eifte ift bic
©pmbolif ber 3:^^atfad^e, baß eö bie Dfterrood^e ift,
burd^ roeldie feinSeid^nam auf bie Seftattung geroartet l^at.
SübedE, ben 12. Slpril.
93on ad^t Ul^r begann bie 9)larienfird^e ftd^ {u
füllen. 9ln ber Drbnung unb ©id^erl^eit, roomit atteö
fid^ poHjog, erfannte man ba§ trefflid^ organifirte ®e^
meinroefen ber §anf eftabt, in bem jeber. fid^ als J^l^eil be^
©anjen fül^It. SBaö Sübed unb feine nähere Umgegenb
an l^eroorragenben ^erfonlid^feiten aufjuroeifen l^at, war
in bem Sird^enfd^iff verfammett. 2)aö übrige ©eutfd^-
lanb freilid^ roar nur bünn unb unvoUftfinbig vertreten.
S)ie gefüllte Äird^e — 2000 5ßerfonen mod^ten in
il^r anroefenb fein — mad^te einen imponirenben &n^
— 113 —
brutf, baö froftigc Ocfd^lcd^t bcr Sübcdcr mit fd^arf^
gefd^nittcncnSügen, braunen, fd^arfcnälugen unb rufjigcr,
oomel^mer Haltung fiel unö ^cmbcn bcfonbcrö auf.
3m ©l^or aufgcl^ängtc bänifd^c gal^nen erinnern an bie
ru^mootte SBergangen^eit ber ^anfeaten. Äurj oor ^t^
ginn ber ^eierlid^feit erfc^ien ber Äommanbeur be§ f)ier
in ©amifon Uegenben Sataillonö mit militärifd^er Se^
gleitung unb legte einen üon.bem gürften Siömarrf
geroibmeten Äranjauf bcm ©arge nieber. Xann beginnt
bie Drgel gewaltige Älänge f)erabjufenben, alö l^abe
bie Äird^e nun eine Stimme erfialten. 2)ie ©emeinbe
fingt ben ßl^oral: „3efuö, meine S^^erfic^t !", beffen
Klange gewaltig an ben ©emölben mieberJ^aUen. 2)ie
Santilie Oeibelö ift l)ereingefommen unb fiat auf ber
oorberften 33anf t)or bem Äatafalf 5ßlafe genommen, ju
i^r geprig mer @nfel be§ Sid^terä, gefunbe i)txi^
erfreuenbe ^nabtn, mit großen, von Siofenfträufeen ge^
^altenen ^almenjmeigen. 2)er ^auptpaftor Sl^rummer
befteigt bie Äanjel unb t)ält eine feinabgemogene unb
bod^ fräftige unb einbrudöoolte Siebe unb fd^liejgt mit
ben Oeibel'fd^en SBorten:
Wadit auf, if^r (Scifter, bercn Setjncn,
(Scbrod^cn an ben (Sräbern ftctjt,
3tjr trüben 2lugcn, btc cor Ct^räncn
3l^r ntd^t bes ;Jrüt^Itngs Blutigen fcl^t. . . .
Was bürr ipar, grünt im XPel^'n ber £üfte, ^
Jung n)trb bas 2llte fern unb nali,
Bcr (Dbem (ßottes fprengt bie (Srüfte —
Wad^t anfl ber (Djiertag ift bal
@iiMnuel @ei6el. ein Q^ebenf^ud^. 8
114
®in nterftoürbiger Qn^aU vooUtc, ba|, alö her ©eift«
lx6)t bad @e6et fprad^/ bie (Sdnne ben 61$ bal^in
trüben ^immel burd^brad^ unb mit il^rem ©d^immer
bie mäd^tige ^ird^e erfüllte.
S)ie Slugen tneler füllten fid^ mit 2^^ränen, als
ber ©eiftlid^e bonn in ergreifenben 3Borten ben ©egen
über bie t^eure Seid^e fprad^. 2)ie ©änger intonirten
barauf ben ©l^or auö bem „5ßouIuö" t)on aWenbeU-
fol^n: ,,©iel^e mir preifen felig, bie erbulbet ^aben" . .
eine glürflid^e SBal^I, benn von atten Äomponiften ift
SKenbelöfol^n fidler ber am innigften mit ©eibel
geiftig SBermanbte. Sßad^bem bie Ätänge t)erl^aBt waren,
mürbe ber ©arg unter Drgelfpiel aufgel^oben unb in
f eieriid^em ©eteite burd^ baö ©übportal ber Äird^e auf
ben 3Sorpla| getragen, mo fid^ bie ©pi|e beö S^geö
injmifd^en georbnet l^atte. 9lur mit SKül^e oermod^ten
bie 2^rägfer ben ©arg mit feiner unbefd^reiblid^en SIu-
menfüUe auf ben Äeid^enmagcn ju lieben. 2)em Erieger^
verein mar bie f)of)t ©l^re ju 2^^eil gerobrben, bem
eblen ^Patrioten ba§ ©l^rengeleite ju geben. 3^ beibcn
©eiten beö fieid^enmagend fd^ritten je jroölf mit 3Bflt-^
baiHen unb Äreujen gefd^mürfte, mettergebräunte firieger^
geftalten einiger. SBor bem SBagen trugen äroei treue
Wienerinnen beö ^aufeä bie Qii^tn beö legten ©ru^eö.
hinter bem ©arge fd^ritt ber Sanbrid^ter Dr. S3el^n,
meld^er auf fd^marjem ©ammetfiffen bie oier Drben bed
SSerblid^cnen trug. ®ann folgte ber ©d^miegerfol^n
mit feinen ©öl^nen, meldte bem ©rofeüater 5ßd(men beö
— 115 —
gricbcnö nad^tnigen. Unmittelbar baran fd^Iofe fid^ 5ßaftor
Sinbcnberg aus ^iuffc, ein 9leffe ©eibelö, rocld^er
auf bem Äird^l^ofe bem lobten ben legten ©egen ber
fiird^e fpenben foHte, unb bie naf)eren grcunbe beö
SJerftorbenen, unter il^nen Älaud ©rotl^, §anö
topfen, 5ßaul Sinbau 2c. 2c. @d folgten bann bie
auäroärtigen Slbgeorbncten, bie Sürgerfd^aft, baä Dffijier*
forpö, baä ®r)mnafium Äatl^arineum mit feinem 2)iref tor .
Dr. ©d^ubring, ber Qrotigotxtin ber ©d^iUerftiftung,
ber SeJ^rer^, ©eminariftem unb SJed^nifd^e SBerein, bie
©croerbefammer, bie lange Sieil^e ber ©eroerfe, etma
fünfunbjroanjig an ber Qaf)l, bie Süberfer ^urnerfd^aft,
ber aWänner-S^urnperein, ber S^urntjerein ®ut $eil, ber
faufmännifd^e SBerein ßoncorbia, ber Oeroerfoerein, bie
Sud^brudereien unb ber 2)eutfd^e 2)ilettantenbunb. 2)en
Sd^lufe bilbete eine lange SHeil^e oon ©quipagen, an
beren ©pifee bie SSertreter beä ©enatö, bie Senatoren
SBolpmann nnb ©fd^enburg, ful^ren. 3ltbtn bem
SBagen beö regierenben 33ürgermeifterd fd^ritten ernft
unb gemeffen fd^arlad^berödte ©taHmeifter mit ®egen
unb ©tulpftiefeln, auf bie fouoeräne SBürbe beä §aupted
beä greiftaatö l^inweifenb. 3llle SSereine l^atten il^re
Sahnen, Sanner unb ©mbleme umflort, unb uiele ber
SJlitglieber trugen große Sorbeerfränje unb^ßalmenjroeige,
roeld^e auf baö ©rab niebergelegt werben foHten. 91U
ber 3wg ÄUö bem 5Borplage oor ber Äird^e in bie
Sreite ©trafee einbog, trat bie SBad^e in^ö ©eroel^r, unb
fo enoieö aud^ bie militairifdje 9lutoritat bem §erolb
8*
— 116 —
beö bcutfd^cn SBaffcnrul^md bic J^öd^ftc ßl^rc, inbcm ftc
t)or il^m präfentircn (icfe.
Sn bcn Strafen ftanb bid^t gefd^aart Äopf an
Stopf bic SDleitgc. 9lHe gcnftcr waren mit fd^roarj gc==
flctbctcn ^aucn bcfcgt; nirgenbö ctroaö 2lufbringlici^eö,
OTcö fd^Uci^t, cinfad^ jum §crjen fpred^enb, al§ toäre
icbem §aufc in fiübcd ein ^eunb unb SSerroanbter
gcftorben. 9ln ben alten Käufern fjingen bie gähnen
^albmaft, bumpf ben ©d^att ber ©loden jurüdfroerfenb.
@ine ©tätte nad^ ber anbern paffirte ber Qmq, bie bem
S)id^ter fo roertl^ geroefen war, biö er auö bem alten
^l^ore l^inaus inä §reie fant, roo bie roeite fianbfd^aft,
bie buntberoimpelten ©d^iffe bem ©arge 3l6fd^ieb ju^
riefen, dreiviertel jel^n Ufir mar eö, alö fid^ ber 3"9
in Semegung fegte, unb länger alö eine ©tunbe bauertc
eö, bis berfelbe, ben etma 60 SBagen fd^loffen, coli'
ftänbig auf bem Äird^l^ofe eingetroffen mar. $ier traten
bie 2::umer unb bie ©eroerfe vox unb bilbeten ©palier
biö jum ®rabe. 2)er Sürgermeifter unb ber ©enat,
bie bürgerlid^en Seprben, baö Dfpjierforpö nal^men
l^inter bem ©arge 3lufftellung, um il^n jur legten ©tatte
ju geleiten, ©in ©dngerd^or intonirte ein Sarbenlieb;
ber 5Reffe ©eibelö, 5ßaftor Sinbenberg, fnüpfte in
einer furjen 3lnfprad^c nod^malö an bie Dfterf^mboli!
an, bann rollten bie ©d^ollen @rbe auf ben ©arg,
über bem baö ©rab fic^ fd^neU füllte. 2)ie ja^llofen^
Rränje bilbeten einen Slumenl^ügel barauf . 2)er grofee
®id^ter ift einrangirt in bie 9ieil)e — ©taub ju ©taub.
— 117 —
STfd^c ju 3lfd^c. — 2)ic fiüberfcr oerlaffcn bcn gricbl^of,
Jxdf fragend, tote fann man fid^ SüBecf bcnfen, ol^nc
unfcren Oeibcl, ben 3Jlann, ber unö am innigften mit
3)eulf(j^lanb t)erbanb, ber unfer gülircr in fo langer,
ereigni^üotter 3^^ geroefen. 3a, maö roirb Sübed ol^ne
©eibel fein? Unb aud^ mir anberen fe^ren gepreßten
$erjen§ von bem offenen ®rabe jurüd, alö l^ätten mir
ben legten beutfd^en ©id^ter jur 6rbe beftattet unb
träten fortan in eine poeflefrembe, cntgöttertc S^it wnb
SBelt ein.
>S4
lllllllllHIH(illlinilillllllltillll|illllllHlllilllHIIIIIIIII|llllllll.llllllllMlllllillllll!IIIIIIIHII|i|lllllllUIUIIIIUIIIMMMIIIinill^
fiiiiniiuiiiiii
Cobtenrebc auf (EmanucI (Bcibcl*)
Siauptpa^iot Xtummct*
Sübccf.
(Bnabe fei mit unö unb gricb'e oon ©ott unfemt SSoter
unb unfcrm $errn 3cfu ßl^rifto! 3ltncn.
SBir fiaben gcftcrn in Sübcd mit ber ganjcn ©l^riftem
l^cit ben SE^obeötag bcjfen gefeiert, beffen Flamen über
aße Flamen unb aufeer bem fein §eil ift ; beffen 2)omen^
frone burd^ aße 3af)rf)unberte ber SJlenfd^l^eitögefd^id^te
l^errlid^er unb f)eßer ftral^lt unb ftral^len mirb, als alle
©l^renfronen unb Slu^meöfränje, meldte bie 2Belt il^ren
großen unb berühmten äßännern flid^t ober il^ren tl^euren
J^obten auf ben ©arg legt. 2Bir l^aben unter bem Äreu}
unfereö ©rlöferö geftanben, bejfen (Snabe mir 2llle be^
bürfen im fieben unb im Sterben; ber unö bie Äraft
giebt in unferer ©d^mad^^eit aud^ unfer Äreuj ju tragen,
unb ber benen, bie bei il)m im ®lanhtn unb in ber
Siebe biö anö ®nbe bel^arren, bie Ärone beö ewigen
*) 2luä: ®. ®. @in ©cbcnfblatt." Sübccf, g. @rautoff 1884.
— llr —
Scbcnö ocri^cifecn l^at. SBir fjoffen, bafe bicfc SSerl^ei^ung
fid^ auä) an bcm 2^f)euren erfüllt, ber nun überrounbcn
l^at; bcffen 2eib wir an bcm 2^agc, an roeld^em bcrcinft
3efu ©l^rifti unfercö ©rlöferö fjciligcr Scib im ©rabc
geruht, inö ©rab ju fcnfcn l^aben. SBon naj^ unb fern
l^aben roir unö jal^lreid^, wie eö rool^l feiten bei einem
Seid^enbegängnife ber §all gemefen ift, l)ier an l^eiliger
©tätte . Derf ammelt, unb in tiefer Semegung gebenfen
mir feiner, bem feine 33aterftabt i^eute bie fogcnannte le|te
®l^re ermeift, bem aber ein blcibenbeö, e^renbcö ®e^
böd^tnife weit über i^re äßauem unb meit über gemöfin^
lid^eö aJlafe fjinauö gefid^ert ift. 3n biefem fd^önen
©otteö^aufe aber, meld^eö if)m felbft fo mertl^ mar; beffen
feiertid^eö ©lodEengclcuite fo mand^mal l^eimatl)lid^en
Älang in feinem ^erjen unb feineö Siebeö ©egengrü^e
roedEte, l)eute aber bem in bie emige $eimat^ ©in^^
gegangenen npd^ einmal einen efjrenben ©rufe auö ber
irbifd^en nad^fenben foll — ^ier motten mir oor allem
unö ber tröftlid^en ©cmiPcit freuen, bafe ber 35al^im
gefd^iebene fid^ baä fd^önfte ©rbt^cil feiner ©Itern,
feinet t)on il^m ^od^t)erel)rten SSaterö, beö gläubigen
SSerfünbigerö bc§ ©üangeliumö, unb feiner innigft ge^
liebten SJlutter, unter atten 33erfud^ungen be§ 2titn^
oon feiner Äinbl^cit biö inö 3llter l^inein bemafjrt l^at:
ein frommeö d^rifttid^eö §erj; bafe er, ber fo reid^ mit
®abtn beß ©eifteö ©efegncte unb fo l^od^ ©r^obene
fid^ bod^ nie über ober gegen ben §errn erhoben l^at,
bem er 3ltteö oerbanfte, fonbern i^m ftetö freimütl^ig
— 120 —
oor aßcr 2Bclt bic ®l^rc gegeben l^at; bafe er, roenn
aud^ aßem, worin er nur tobte gomt unb trennenbe
©d^ranfe fal^, aßem, worin er gar ©d^cinl^eiligfeit unb
pfäffifd^eö 2Bcfen ocmtutt^ete, t^erjlid^ feinb, bod^ an
ben ticfften Äem unb Snl^alt beö ©üangcHumö, bie in
ßl^rifto bem Sünbcr geoffenbarte eroige ©ottcöliebc unb
®nabe, fid^ attejeit in bentütf)ig finblid^em ©tauben ge:^
{galten l^at. S)as jog fid^ burd^ fein 2zhtn unb fein
SBirfen, fein SReben unb ©id^tcn, feine ^eube unb fein
Seib f)inburd^, unb fo bürfen wir rool^l il^m jenes fd^öne
SBort beö SÄpoftelö jueignen, roeld^eö freilid^ bem Seben
feineö ßl^riften ein frembeö fein foßte, roeld^eö' aber
gerabe oon ben Seüorjugteften unter ben SKeufd^enfinbicm
fo leidet t)ergeffen wirb, baö 2Bort 1. 6or. 15, 10:
„aSon ©ottcö ®nabe bin id^, voa^ id) bin, unb
feine ®nabe an ntir ift nid^t t)ergebtid^ geroefen."
3a, t)on ©otteö ©nabe war er, roaö er roar unb feine
©nabe an i^m ift nid^t t)ergeblid^ geroefen. 6r ift ein
2)id^ter oon ©otteö ©naben, ein gottbegnabeter Sänger
feineö SSotfeö geroefen, ber ©rften ®iner. 2)iefe Slner-
fennung roirb if)m l^eute 3liemanb, beut über bie beutfd^e
Sitteratur unb 5ßoefie ein Urtl^eit juftel^t, üerroeigem;
fie ift if)m aber feineöroegö t)on t)ornf)erein leidet unb
müfielos in ben ©d^oo^ gefatten. SBenn auti^ beö jungen
2)id^ter§ erfte Sieber roie im ginge inöbefonbcre ber
beutfd^en 3ugenb $erj gewannen, fo ftanben fold^em
©rfolge bod^ mand^e Greife fül^l unb ablel^nenb gegen^
über, fei'ö, weil fie ftatt ber jungen, buftenben 93lütl^en
— 121 —
fd^on reife ^d^te verlangten, fei'ö weil cr'ö von 9lu^
fang an oerfd^mäl^t l^at, iint ber aJlcnfd^cn ®\xn^ auf
Äoften beffen ju bullten, was il^m unoerteglid^, f)od^
unb J^eitig galt alö göttlid^e iinb menfd^lid^e Drbnung.
6r l^at feine ^errli^e ©otteögabc nie jum ^erabsiel^en
be§ 3bealen in ben ©taub mi^braud^t, fonbern ftetö bie
Saiten im SRenfd^enlierjen angefd^lagen, bie ntit il^ren
%'mn baä Scben erl^eben unb oerflären. ®r ^at aud^
baburd^, bafe bie tieferen, gebanfenüolleren ©aben, bie
er feinen ©rftlingen folgen lie^, juerft nid^t eine gleid^
begeifterte 3lufnal)me, wie biefe fanben, f\ä) nid^t irren
unb ftören laffen in ber treuen ©eifteöarbeit cinge^enben
Stubiuntö,inforgfältigftentunb geroiffcnliafteftem Streben,
ben ©ebanfen „in ber ^omt gebiegene ©d^ranfen" ju
iamtn unb l^at eö ja in Segterem jur unübertroffenen
SÄeifterfd^aft gebrad^t, ol^ne bod^ baburd^ bie gäf)igfeit
}u oerlieren, bie leidste S^nmut^ beö fangfälligen Siebeö,
ja, ben im beutfd^en ©emütl) gern aufgenommenen Xon
beö aSolfölieb^eö ju treffen, ^ud^ burd^ baö oorfd^nette
Urtl^eil, roeld^eö nad) feinen erften bramatifd^en SBerfud^en
i^n in bie -©d^ranfen ber l^rifd^en 5ßoefie jurüdEmeifen
töoUte, Iiat er fid^ nid^t abfd^reden laffen, fonbern baä^
fetbe burd^ immer lebenöüollere imb formt)oltenbetere ©e-
ftaltcn miberlegt unb bemiefen, bajs er bie SBege ju
biefer §öl^e ber SDid^tfunft nid^t nur ju jeigen, fonbern
mif felbft ju manbeln t)erftef)e. ®afe er^ö aber nod^
erleben burfte, mie attmälilid^ bie abfpred^enben ©timmen
eine nad^ ber anbem t)erftummten unb bie Ueberjeugung
— 122 —
von bem J^croorragcnbcn SBertl^c feiner Seiftungen alle
©d^id^ten feines SBolfeö immer mel^r burd^brang; wie
auf bie feinen ©pätl^erbftblattern üorangefd^irfte ^rage:
Hoffnung, HTufc biefcr Cage,
Bcruljrft J>u fanft mein Saitenfpiel,
J>a% idi bcn Klang nod^ einmal tpage,
Per meinem Volf einft rootjlgefiel ?
ben 3lttemben bie freubigfte unb aUgemeinfte Suftimmung
grüßte unb il^n ju beß f)eutigen 2)eutfd^Ianbö unjroeifet
^aft gefeiertftem 2)id^ter er^ob, ba§ ift eine ©otteögnabe
genjefcn, für metd^e er felbft l^erjUd^ banfbor war unb
für meldte aud^ mir mit il^m bem §errn banfen motten.
Unb nid^t minber bafür, ba^ er nod^ f)at fd^auen, fi^
nod^ f)at freuen bürfen an bem, maö fein ^erj in
glül^enber 93egeifterung burd^ feine Sugcnb^ unb äßanneö^
ja^rc ^inburc^ erfel^nt; maö er mit proplietifd^er ®abe
unb 3wt)erfid^t gemeijfagt, mofür er geftrebt unb gemirft
in mal^nenben, mamenben, jünbenben ^crolbörufen ein
SBiertetjaV^unbert lang: beöa3aterlanbe§einigfeit,3Ra(i^t
unb ©röfec, be§ beutfd^en5»eid^eö5laiferf)errU^feit! SBo^I
^at xf)m Qltid) ben S3eften feineö 33olfe§ mand^mal baö
§eri geblutet unter ben mand^erlci ©nttäufd^ungen feit
jenen SE^agen, ba er {)ier auö greunbeömunb auf ber
Strafe bie Äunbc von ber ÄaifermaJ)! in granffurt oer-
na^m, mie er eä in feinem „©ebcnfblatt" überfd^riebenen
©cbid^t erjä^tt, unb ba er, mie id^ felbft nod^ baran
gcbenfe, mit leud^tenbem 3lngefid^te biefe Sunbe weiter
t)erbreitenb, jebem Segegricnben, aud^ mir, bem nod^
— 123 —
in jungen Salären ©tcl^enben, juricf : „2Bir fiabcn einen
Mfer!" 2)a^ wir if)n nod^ nid^t fjattcn, ba^ wir noä)
3al^rjel^nte fiarren mußten, baö erfüllte il^n freilid^ mit
tiefem 2Be]^. 2lber wie fid^ fclbft, fo l^at er t)iele jur
„gal^nentreue", jum ,,geftl)alten ber Hoffnung" anä) in
fc^roeren unb trüben Stagen burd^ Sieb unb SBort ge^
ftorft unb ermutl^igt. 2)aö roaren aud^ treue Äriegö^
bienfte, bie er ntit geiftigen SBaffen feinem SBaterlanbe
gcleiftet l^at, unb nid^t minber ])at cr^ö getl^an burd^
feine ficgeöfreubigen ©efänge in ben ^zitzn blutiger
ßntfd^eibungen butd^ feine Äriegä^,2^riumpf)s unbgriebenö*
lieber, auö benen neben ber jubelnben 3lufforberung jur
Ijod^jeittid^en greube:
Xtun iDirf tjinmcg bcn lDittiDcnfd?Icier,
Zinn rüfie bid? 3ur fJod?3ettsfeicr,
Dcutfd^Ianb, t^ol^e Siegerin I
bod^ immer jugleid^ bie auö innerfter §erjenägefinnung
entfprungene äßa^nung i\xm bemütJiigen 2)anf gegen
ttn ^erm l^eroorf lang , nad^ bem großen ©iege aiv=
ftimmenb :
Der ^crr l^at (Sro§es an uns getl^an!
€lite fei (Sott in ber fjöt^el
nad^ bem enblid^en S'^iebenöfd^lujf c :
preis bem fjerrn, ^tn ftarfen Hctter,
Der nadi iDunberbarem Hatl^
2lus bem Staub uns t?ob im IPettcr
Unb uns t|eut' im Säufein nat^tl
©0 l^at er aud^ im 35anf für ©otteö ®nabe treu
ju feinem £aifer geftanben, ein ^erolb im 3)ienft feineö
— 124 —
pd^ftert irbifd^en §en:n, aber jugleid^ in bcffcn Sinn
ein i&erolb beö ^tvvn aller Ferren.
Db er aber gteid^ fo mit roa^rl^aft patriotifd^er
Siebe fein ®cfatntnt:^33aterlanb umfaßte unb oon je^
^er mit rüdfid^tölofeftem Äampfeäjorn jebem Keintid^en
©onberinterejfe entgegentrat, fo fd^lug bod^ jugleid^ fein
^erj auf'ö roärmfte für feine alte SSaterftabt, für unfer
Süberf, fo pt er bod^ feine SÄnpnglid^feit an biefetbc
nid^t nur in mand^em liebtid^cn Siebe, rooburd^ er ipem
atten 5tuf)meöfran} mand^ mnt^ Statt l^iniufügte,
fonbem t)or attem aud^ baburd^ gejeigt, bafe es il^n/
nad^ feinen eigenen SBorten, mit unmiberfte^lid^er @c?
malt immer mieber Iiierl^er jurüdjog; bafe er unter
allen beutfd^en ©täbten bei völliger grei^eit ber SEßal^I,
obgleid^ if)n jebe mit ^reuben in il^ren Sftauern it-
grü^t l^ätte, obgleid^ mand^e il^r, ber §anbelöftabt, an
^Pflege fünftlerifd^er unb geiftiger Snterejfen überlegen
mar, bod^ immer mieber il^r ben SSorjug gab unb ftc
julegt biö an fein nun erfotgteö 6nbe jum bauernben
9lufentl^att maf)Ite. ?lid^t beöl^alb, alö ob er oon iper
33et)ölferung me^r geeiert morben märe, alö oon anberen
— fie Iiat eö il^n ja freilid^ auf if)re fd^lid^te SBeifc
füllten laffen, ba^ fie ftolj auf il^n mar; fie l^at
il^n, alö er um freimütf)igen 3^^9"^ff^ö miHen feine
biöl^erige ©tettung aufgeben mufete, mit offenen 9lrmen
aufgenommen; fie l^at il^m ii)x ©l^renbürgerred^t oer^
tiefen; unb mand^eömal l^at er*ö läd^elnb geprt, mie
ein guter Sübeder mit ©enugtl^uung ju einem gremben
125
fagtc: ba ge^t unfcr ®cibel. 3lber wenn il^m mä)
SBci^raud^ftrcuen unb Ct)ationcn her ®inn geftanbcn
§ätte, fo \)&ttc er anberöroo leidet meJir bat)on ftnben
fonnen, alö f)ter. ®ö \)at il^nt üielmel^r gerabe gefallen,
bafe er fo, aU ju il^r gel^örig angefefien, einfad^ unb
fd^lid^t in tl^r l^at wolinen fönnen; bal^er bürfen wir
Qud^ baö rt)of)l aU eine ©otteögnabe bejeid^nen, ba^
er nid^t in ber gerne, fonbern riad^ feinem anögefprod^encn
SBunfd^e in i^r, ber ©tätte feiner Sinbl^eit unb 3ugenb,
cntfd^lafen ift, unb bafe auf feinem ©rabftein unb auf
ben blättern ber ©efd^id^te fünftig wirb oerjeid^net
fielen:
„®manucl (Seibel, geboren unb geftorben in Sübed/'
Unb enblid^ motten mir bod^ nod^ beffen gebenfen,
roaö il^m burd^ ©otteä (Snabe in feinem puölid^en
Sebcn am eigenen §eerb ju t^eil gemorben ift. 6ö ^at
i|m barin nid^t an fd^meren Äreuj gefel^lt, mie ja ber
§err aud^ bie, meldte er Heb Jiat, ^eimjufud^en pflegt.
6r ^at nur eine fe^r furje, aber eine feJir glüdElid^e ®l^e
gefül^rt. SBie glüdEIid^ für feine grau, baö bemeift bie
Slntroort, meldte mir meine Hebe ©d^mefter t)on il^rem
legten langen Äranfenlager auf einen fle beflagenben
Srief jurüdEfanbte: „3d^ meife nid^t, marum if)x mid^
alle fo beflagt! SBenn id^ nid^t aud^ etmaö ju tragen
l^ätte, fo mär'ö ja beö ®lüdEe§ ju mi unb bu fennft
njoljt §ouqu6ö aSerö:
— 126 —
Wenn 2Ißcs eben fäme.
Wie bn gemoQt es i(a%
Wenn (Sott bir gar nid^ts nät^me
Unb gab' bir feine £aft,
IDie roärs ba um bein Sterben,
Du inenfd?ett!inb beflellt?
X)u mügtep fap perberben,
So (ieb tpär bir bie IDeltl
SBie aber unfer 3)ici^tcr burd^ fein Jungeö SBeib
begtüdt geroefen war, baö bciüeift ber tDunberootte SIü-
tl^enftrau^ innigfte SBonne, jcrreifecnben Sd^nterj unb
oerf lörenbe ©roigf eitögebanf en at^menber ^ßocfxen, roeld^en
er feiner alba aufö ©rab gelegt l^at.
©ein langiäl^rigeö fieiben, roetd^eö il^m feinen 2^ag
fd^merjloö oorübergel^en liefe, l^at ben l^ierl^er Qnxvii'
geteerten nid^t geJ^inbert, mit ^ülfe feiner 9lid^te, ber
treuen ^auögenoffin unb. ^Pflegerin, ber einge^enben
S^l^eilnel^merin an allen feinen 3ntereffen, feine ^auä-
lid^feit f)ier ju einer gaftfreien ©tätte für feine l^eimi^
fd^en ^eunbe, beren er faft altabenblid^ einen fleinen
Äreiö um fid^ fal^, unb feine jal^lreid^en Sefud^er auö
ber gerne ju geftalten; nid^t gel^inbert, Unjäl^ligen
Sörberung unb reid^e älnregung ju gemäliren, unb nid^t
gel^inbert, ein marmeö ^erj fiir jebe ^loii) aud^ burd^
bie S^l^at JU bemeifen. 9ln feiner einjigen S^od^ter reid^-
gefegneter 6l^e, an feiner lieblid^en ©nfel ©d^aar J^at
er fid^ bis julefet erfreut unb gerabe in ber 3^it J"'
nel^menber ©d^mäd^e il^nen in rül^renbfter SBeife oftmafe
feines i&erjenö milbe unb für alle Siebe banfbare
^eunblid^feit bejeugt.
127
SBcnn nad) bcm allen loir rool^l fagcn fönncn: S3on
©ottcä ©nabelt war er, roaö er war, unb feine ©nabe
an il^m ift niäft üergpblid^ gerocfen; er ^at mit ben
i^m oerliel^enen reid^en ^ßfunben geroud^ert, feinem (Sott
ju ©l^ren, feinem SBolf, feinem SJatcrIanb unb feiner
Saterftabt jur ^eube unb jum ©egen^; er \)at ber
Siebe unb ber ^eunbfd^aft fd^öne ©aat mit üerfd^menbe^
rifd^en ^änben auögeftreut, fo motten mir mit ^erjUd^em
©auf für atteö, maö er uns gemefen unb burd^ feine
SBerle nn^ unb unferen ßinbern unb Äinbeöfinbern nod^
fein mirb, bei atter SCrauer über feinen SBerluft bod^
aud^ bafür unfereö (Sotteä ®nabe preifen, bafe fie il^m
unb ben ©einen ein meitereö attmäl^Ud^eä Slbbred^en
feiner förperlid^en unb geiftigen Kräfte erfpart l^at.
2Bir motten bem ^errn banfen, bafe er nad^ ben legten
fd^roeren- Kämpfen il^m jegt ben ©ieg gegeben l^at unb
ii^n, ate er in ber jjrüi^e bed ^almfonntagö ben
legten ©eufjer auögel^aud^t, mit ben 5ßalmen beö emi-
gen griebenö gefd^mürft, mie eä ^eunbeömunb fo fd^ön
auögcfprod^en, in bie l^immlifd^e ^eimatl^ beö obereat
Serufalemö aufgenommen l^at.
3a, ©Ott fei 2)anf, bafe mir an feinem ©arge unö
in juoerfid^tüd^em SBertrauen beffen getröften fönnen:
SSon ©otteö ©nabe ift er, maö er ift, von attem
Sd^merj unb attem £eib befreit, jur erfel^nten SRul^e
eingegangen, mit atten ©eligoottenbeten feinen $errn
in l^ol^erem ßl^or preifenb!
3i^r 5Ktte aber, bie il^r gefommen feib, euren S)id^'
— 128 —
tcr ju cljrcn, cl^rct ifyx aud^ baburd^, bafe i^r bur(|
euren ©dornet} iinb eure 2^rauer um i\)n fold^eö SCroft^
lid^t d^riftUd^er Slufcrfte^ungö^offmmg cud^ nid^t »er-
bunfcln, fonbern im ^inblidE auf ben naiven Cftcr?
morgen jeneö Siebeö SBorte in euren ^erjen roiebcr?
Hingen tafet, burd^ weld^c er unter bem Silbe bc^
irbifd^en grül^tingö ben emigen befungen l^at:
Wadft auf, il^r (Seiftcr, bcren Seltnen
(Sebrod^en an ben (Sräbcrn jlel^t,
3tjr trüben 2Iugcn, bie por Cljränen
3l?r nid^t bes (Jrütjlings Blutigen fel^t,
3l?r (Srübler, bie itjr fern cerloren
Craumipanbelnb irrt auf roüfter ^al\n,
Wadfi aufl bie IDelt ift neugeboren,
f^ier ift ein IDunber, net^mt es anl
3lir foüt eud) aü bes f^eiles freuen,
Das über eud^ ergoffen marbl
€s ift ein inniges €rneuen
3m Bilb bes (Jrül^Iings offenbart.
IDas bürr mar, grünt im Wzli'n ber £üfte,
3ung roirb bas 2IIte fem unb nal^,
Der 0bem (Sottes fprengt bie (Srüfte —
rDad?t aufl ber 0ftertag ift bal
2lmcn.
"«wOIM V WOMOi
^MßMf^^A^fMM^^MÄMA^^J^^^
<5rabrcbc auf €manuel (BcibcL
ason
^aftor Sinlienbeiro*
«Ruffc 6. Sübcrf.
H/it' l^abcn, ocrel^rtc Scibtragenbc , bic legte fd^roere
^fHd^t erfüllt unb bie fterbli^e ^üHc in bie ©ruft
eingcfenft. 9lber fo tief wir eö anä) entpfinben,
roaö Tüir Sitte, wäö unfere $8atcrftabt, waä unfer ganjed
SSolf in biefem 2lugcnbUde oerloren f)at, bennod^ rootten
wir unfre Häupter entporlieben unb nid^t trauern, wie
bie, bie feine Hoffnung l^aben. „^aiV im ^erjen bie
Hoffnung feft" — fo f)at ber ®ntfd^Iafene felber unö
jugerufen, unb roir motten beffen eingeben! fein f)ier
an feinem ©rabe, wo fo aSieleö über ©taub unb 9Ser:=
gangtid^feit unö emporl^ebt. 2Bir fagen nid^t bloö oon*
i^m: ©rwar unfer, nein, er bleibt unfer. ©o lange
*) 3luä: @. ©cibel. ®in ©cbcnfblatt." Süberf 1884.
Gmanuel (&tiM, ein ©ebenf^ud^. 9
130
nod^ unfre Kinber mit 3ubcl bie Änodpcit bcö SRai
begrüben unb bic SBolfcn toanbcrn fc^cn am l^immlifd^cn
3ctt, fo lange nod^ beutfd^en Jünglingen, beutfd^cn
Scannern baö ^crj aufgellt beim ©ebanfen an baä
aSaterlanb, baö „eine, grofee, munberootte", fo lange
mä) 2^iefe unb Meinl^eit beö ©efüf)lö bie gierbe beutfd^er
SBciblid^feit ift, fo lange nod^ emfte bcutfdpe ©emütl^er
baö ©el^eimnife bcr Scl^nfud^t, baö „^eimmel^ naä) ber
©roigfeit" empfinben — fo lange mirb ®manuel
©eibel, ber fromme beutfd^e ©änger von ©otteö
(Snaben, in ben ^erjen unfereö $8olfeä unoergeffen
bleiben.
^eilid^ mir, bie mir nid^t bloö ben 2)id^tcr oer^
loren l^aben, bie mir um ben 3Wenfd^en trauern, ben
SRann mit bcm mannen i&erjen für bie ©einen, mit
bem l^ol^en eblen ©inn, mit ber rücf^altlofcn aBaJ^r-
fiaftigfeit, mit ber SereitroiHigfcit, jebem ®mpfäng^
lidiien auö feiner reid^en ©eifteöfülle mitjutl^eilen, mir
fönnen unö nid^t baran genügen laffen, bafe feine Sieber
unfterblid^ fortflingen in ben ^erjen unfres aSolfö; mir
verlangen nad^ befferem S^roft. 3lber aud^ mir motten
cö un§ oon i^m gefagt fein laffen: ^alV im ^erjen
bie Hoffnung feft. §at er bod^ felbft uns baran er^
innert: „35aö ^erj aud^ ^at fein Dftern, mo ber ©tein
com ®rabe fpringt, bem mir ben ©taub nur meil^tcn,
unb maö 5Du emig liebft, ift emig S)ein". SDie oon
uns gcfd^ieben finb, fie finb unö nid^t oerloren, eö ift
nur eine anbere, l^öl^ere SKrt, in ber mir pe befigen.
131
— Slbcr mir lieben unfcrc ^crjcn noä) f)bf)tx empor!
6§ ftnb l^eutc 20 3al^rc — „am Dftcrfamftag mar'd"
im Saläre 1864, ba l^at bcr entfd^Iafcnc ©id^tcr aud^
be§ Sd^eibcnö Scib cmpfunben, ba l^at er, am Ufer
bcr 3far manbelnb, mit aufrid^tiger tiefer S^rauer eineö
großen S^obten gebadet, beö eblen dürften, beffen fönig^
tid^er 9luf bie ntnt ^eimatl^ if)m bereitet. ®amalä
|at er fi(| baran aufgerid^tet, bag, mie er um erjäl^lt,
„burd^ baö Xf}al im SBinb fierroogenb fam ber Dfter^^
glodEen äluferftel^ungöruf". Unb mieber ift'ö öeute
Dftcrfamftag unb mir' fiaben bie fterblid^e ^ütte inä
®rab gefenft, ein mel^mütl^igeö S^^Ö^ife fö^ ^^^ SBort
ber ©d^rift: Sltteö gleifd^ ift mie $eu unb feine §err^
li^fcit mie beä ©rafed Stume. Slber über bem faum
gefd^loffenen ©rab mirb aud^ ber Dfterglodcn Sluf^
erfte^ungöruf erfd^atten unb mirb eö unö unb- ber
ganjen SBelt oerf ünben : ßl^rift ift erftanben ! ® er Xob
ift oerfd^lungen in ben ©ieg. ®ott fei S)anf, ber unö
bcn Sieg gegeben l^at burd^ unfern ^errn Sefum
S^riftum. 2)ieö SSermcälid^e mu§ anjie^en baö Um
oerroeölid^e unb bieö ©terbtid^e mu§ anjie^en bie Un-
ftcrblid^feit. ®a§ ift aud^ feine Hoffnung gemefen.
Unb barum: galtet im ^erjen bie Hoffnung feft!
So laffen Sie nn^ bcnn t)on biefem ©rabe
fd^ciben, oerel^rte Seibtragenbe , mit ber lebenbigen
Hoffnung, bafe eö über ber fterblid^en §ütte, bie mir
^ier eingefenft l^aben, alö eine Saat von ©ott gefäet,
9*
— 132 —
jur Slufcrftcl^ung ju reifen, beretnft feine Ie|tc, ^o^fte
©rfüffung finben wirb, roaö imfereä ©id^terö 2ßal^Ifpruii^
unb fiofungöwort unb oielfad^e ©rfal^rung im Seben
geroefen ift:
„6ö mufe bod^ ^l^ling werben".
Slmen.
jiiiittiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiittti*»(t ■■••■•••• ••iiiiiiiiiiiiiiiiiiiaiiiiiiiiiiiiiiiij,'
^^-^B
-<«NVW»^i—»— ♦—♦—•— ww>^J ö
€in (Bebenfblatt
3Jon
grciburg i.95r.
•c)tes Wort gilt ntc^t bem Dichter; es belebt
Des eblen ^(reunbes Btibntg, bes oeret^rten,
Durd? langen Schritt ber 3aljre gletc^ betpSIjrten,
IDie's t{euf aus tt^nen mir oorüberfd^toebt.
IDas et; ftc^ überlebenb. t{oc^ erfirebt,
IDtrb erft bie tlac^toelt gans unb ooQ beipertt^en ;
Qier fpric^t nur Crauer eines XX^eggefät^rten,
IDos in bie (Erbe man mit xtim begräbt.
Zlid^t n>as er ift nnb bleibt, boc^ n>as er n>ar.
Des Dichters (Slanjgejiirn »irb nid^t rerbleic^en,
Der nienfc^ erlitt mit enger ^reunbesfc^aar.
IHag anbre fjanb ben golbenen Kraus iljm reichen !
3d? leg' aufs 6rab bies Blatt iljm rom 2lltar
Des Bfex^ens, als ber £iebe fc^Iic^tes geic^en.
— 134 —
®ö ift ©onntag, unb feit l^cut' ü)lorgcn ift cd mir,
ate lauteten bie oielen ©Coden greiburgö raftloö: ,,©eit^
bem bie ©onne aufgegangen, liegt ©manucl ©eibel
tobt brübcn im SRorben." Slud^ in Sübecf wirb fonm
täglid^cö Slad^mittagögerooge icfet bie Strafen füllen,
unb t)on benen, meld&e il^r 2Beg burd^ bie Äönigöftra§e
bringt, l^aben üieHeid^t einige bie S^raucrfunbe fd^on
vernommen unb fie fd^auen, anl^altenb, nad^ ben oep
l^ängten genftern auf, l^inter meldten il^r ©J^renmit-
bürger, ber roeiteftgenannte ©ol^n il^rer SSaterftabt, ber
SÄul^m unb ©tolj berfelben, auö bem Sebcn gefd^ieben
baliegt. Kaum ©iner wirb unter il^nen fein, ber il^n
nid^t t)on 9lngefid^t gefannt; bafe t)erl^ältni§mä§ig nur
SBenige feine bid^terifd^e Sebeutung üoH }u roürbigen
roiffen, liegt in ber 9latur ber Sßenfd^l^eit. 3lber OTe
werben empfinben, ba§ ßübed einen l^ol^en SScrluft er-
litten l^at, unb Seber mirb biefem ©efül^l nad^ ber
©tufe feines aSerftänbniffeä 9luöbrudE geben, "^txcx eö
war etmaö ©elteneö in unferer "^txi, mie ber SSerftor-
\^txit nid^t allein bem weiten beutfd^cn ©eiftcöleben,
fonbern im engeren ©inne feiner ^eimatftabt ange^
l^örte. SBol^l in ber mittleren 3^it feines 3)afein§ t)on
il^r getrennt, l^atte eö il^n mit bem beginnenben 9llter
an bie ©tätten ber 3ugenb jurüdfge jogen ; mo feine
SBurjeln l^afteten, breiteten feine abenblid^ beglänjten
SBipfel ftd^ aus, fiel ber ©d^nee auf feine §aare.
SDie alte S^raoeftabt mar feine Sßutter, unb er l^ing mit
treuer ©ol^neöliebe unb ^ietät ^xi il^r; fie l^at'ö i^m
— 135 —
cergolteu unb il^r nad^geroad^feneö tjeutigeö ©efd^lcd^t
loieberum jur Siebe unb 5ßietät für if)n erjogen. ©in
fefteö unb fd^öneö S3anb umfd^Iong fie; ob er einfam
lebte, mit ben Salären feltener 9lnbere fal^ unb gefefien
würbe, wax er in bem Seroufetf ein 3lUer ftetö üorl^anben.
Selbft <3old^e, bie, of)nt !3nterejfe unb 3Serftönbni§ für
bie Did^tung, von feinem roirflid^en SBert^e faum eine
3l^nung befa^en, bie SBirffamleit eineö ^oeten meßeid^t
fel^r gering fd^äfeten, fonnten fid^ bem 9lßgemeingefüf)l
nid^t entjiel^en, mit einem gemiffen patriotifd^en ©tolj
Don „unferem ©eibel" ju fpred^en. ©o mirb fein §aua
in SübedE fein, bafe ifin nid^t oermifet, nid^t eine SBer^^
armung ber ©tabt empfinbet.
Unb bennod^ fel^e id^ im ©eifte, mie bie Seute
gegenwärtig, nad^bem fie ju ben oerpngten genftem
auf geblitf t, i^ren 2Beg f ortfefeen. ©ie reben im SBeiter-
getien eine SBeile über ben S^obten, fagen ifim ©uteö,
3lül^mlid^eö, Unoerftanbeneö nad^, bann erreid^en fie
Dorm X^ox bie ^läfee ber fonntagnad^mittägigen SBer-
gnügungen, effen, trinfen, fd^mafeen unb lad^eh, ah fei
nid^tö gef d^el^en. SBaä f oßten fte aud^ anberä ? 3)aö
Seben gel^t eben meiter, eö mag auö il^m fortgegangen
fein, mer immer.
33ießeid^t —- unb id^ moßte, eö märe fo — finb
bie genfter aud^ nid^t oerl^ fingt, fonbern bie Hnbe
^I^Hngöfonne, ber erfte, fü^e Slüttjenbuft unb baä .
I^ette ©lodfenfpiel von ©t. Sßarien grüben nod^ einmal
ba§ falte 3lntlife beffen, ber fie 3lße fo fel^r geliebt unb
— 136 —
oft bcr aSerfünbcr il^rcr fed^önl^eit gctüefcn. SBic id^
^inauöl^ord^c, roonbeln ftd^ mir bie üKünftcrglocfcn grci^
burgd traumhaft )u benen von (Band kartend l^ol^en
Doppcltl^ünnen, txnl SBoge t)on ©lanj, 3)uft unb
Äcbcndtüännc bcä Scnjcö brid^t burd^ bie offenen jjenfter
}u mir l^erein, unb id^ glaube* eö immer nod^ nid^t,
bafe ®r, beffen 93ilb bort oom ©d^reibtifd^ atoertraut
unb ocrel^rt auf mid^ l^erabfiel^t, für cmig auögelofd^t,
nirgenbroo auf ©rben mel^r ift. —
SBor mir liegt ber erfte 33rief, ben id^ oon ® eibel
im 3al^re 1862 empfangen, unb fiefit mid^ mit blauer
2:inte auf fd^on tivoa^ oergilbtem Statte feltfam mit
feinen fd^öneu/ großen, flaren, d^arafterooUen ©d^rift-
jügen an. ©o nal^ mir unö fpäter getreten, befi^e id^
bod^ nur fel^r menig 3"f^rift^^ ^^^ i^^- ®^ beant^
roortete etmaige an xf)n gerid^tete 9lnfragen ftetä mit
großer 5ßf[id^ttreue unb ©d^neUigfeit, bod^ freiwillige
Briefe fd^rieb er nid^t gern; im legten 3al^rjef)nt, glaube
idEi, überl^aupt nid^t mel^r, menigftenö beroal^re id^ an^
biefer Qdt faum anberes oon il^m, aU mir bann unb
roann jugeflatterte SBerfe, jumeift ©l^afelen.
3d^ l^atte il^n fd^on feit ben legten fünfjiger Salären
ab unb ju in SübedE im §aufe eines gemeinfamen
^eunbeö gefeiten, menn er fid^ bort oon SKünd^en au§
jum S9efud& auft)ielt, aber als Junger, wenn aud^ menig
eifriger ©tubent ber Sßebicin befa§ id^ bamal§, obrool^l
ober oießeid^t meil id^ felbft SSerfe mad^te, mel^r ©d^eu
oor il^m, als ben SBunfd^, il^m naiver ju fommen.
-- 137 —
Dicö Snbertc fid^, n)ie idEi inf 3af)rc 1862 bamit um*
ging, mein ©tubium oößig aufjugeben unb midEi ganj
ber Sittcratur jujurocnberi. 2Bic cö in [old^cn gälten,
unb jumeift mit tJoUem ditd)t, gefd^icl^t, trof id^ babei
auf ftorfen SBiberftanb. ©ingel^olteä ^rofefforen*®uti
ad^ten fiel fel^r mißfällig unb mißädEitlid^ auö unb gab
ftd^ menig äßül^e, ju oerl^el^len, baß vernünftige, vom
Staat orbnungägemäß befolbcte Seute fold^e 3lbfid&t
nur als eine S^rägj^eitöauöflud^t eineö fonft unbraud^:?
baren 3nbimbuumö anfeilen fönnten. 3n biefer SRatl^*
unb igülflofigfeit faßte id^ mir ein §erj, mid^ brieflid^
an®eibel ju menben, ju roeld^cm ©nbjmedf mußte id^
felbft faum. 3d^ l^atte feit Salären in ber ©tille eine
J^ragöbie um bie anbere gef daneben unb legte bem
Sriefe eine „ßlfribe" (berfelbe ©toff, ben fpäter ^aul
§e^fe bel&anbelt l^at) bei. SBenn id^ baö SKanufcript
^eut' anfeile, muß id^ läd^eln. ®ö mar ein Ungetl^üm,
birelt auö mißverftanbener ©l)afefpeare?£ectüre megge*
laufen, im SSeröbau, im ®ti)l, in allem mel^r englifd^
ate beutfd^, SRad^al^mung ganj unb gar. !3d^ empfanb
bie§ felbft, unb alö id^ baö ^adet jur ^oft gegeben
(beiläufig foftete fold^e ©enbung t)on Äiel nad^ SübedE
bamatö nod^ ein fleineö SSermögen), l^ätte id^ e§ fd^on
auf bem ^eimmege am liebften mieber jurüdEgel^abt.
3Benn bie ^rofefforen mir bereits meine ^lid^tönugig*
feit in ber gebilbeten SBelt fo beutlid^ ju t)erftel)en
gegeben, mie jerfd^mettemb mußte erft ba§ Urtl^eil beS
berülimten ©id^terö auöf allen?
- 138 —
2)od^ ftatt bcffen cif ielt id^ jenen erften S3rief oon
il^m. 2)er JDid^ter f)at fid^erlid^ anä) über meine angli^
ftrenbe 2^ragöbie geläd^elt, aber ber 3Äenfd^ fül^lte bie
l^ilflofe 3lotf) eineö SRenfd^en, ber einfam nadEi noä) mu
üerftanbenen 3tct^n [ud^te, unb er war menfd^lid^ gütig
unb warb il^m jum gül^rer. ©ein.e von leerem ^od^-
mutl^ unberüfirte ©eele nal^m fid^ beö ungelenfen
2^rad^tenö bei bem jungen 5Reop^r|ten an, um, wenn eö
möglid^ fei, baffelbe ju läutern unb ju förbern. ©ein
SBrief eröffnete mir einen erften (^inblid in fein eigent?
lid^eö SBefen, ber nac^f)er überaß 33eftätigung gefunben;
eine ©teile barauö aber ift aud^ für bie fünftlerifd^c
9lnfd^auung beö ©id^terö bejeid^nenb, fo ba§ id^ fie l^ier
miebergeben will, ©ie lautet:
„Sin fold^eö Talent fd^eint mir, je me^r eö oer?
I^eifet, befto bringenber ber ©d^ule ju bebürfen. Unter
©d^ule aber oerftel^e id^ nid^t fomol^l bie blofec SKit-
tl^eilung biefer ober jener ^^eorien unb überlieferbaren
^anbgriffe, fonbern vor allem bie i^äufig gebotene ©e^
legenl^eit felbft ©rfal^rungen ju mad^en ober bod^ frembe
©rfal^rungen miterlebenb fidEi anjueignen; id^ üerftel^e
ferner barunter ben förbernben Umgang mit ebenbürtigen
Äunftgenoffen, bie bei jeber neuen ©d^öpfung baö ©e^
lungene mit greuben anerfennen, baö SSerfel^lte nad^fid^tö-
loö bei SKamen nennen. ®a§ Urt^eil von Saien mirb
uns nur ju leidet oermirren, ba e§ faft immer me^r
auf einem bunfeln ®efül|le, alö auf mirflid^er ©infid^t
berul^t unb aufeerbem meiftenö an ©injell^eiten unb
— 139 —
3?cbcnbingcn l^aftet. 3luv bft Sßitfünftler wirb Sinnen
fagcn fönncn, nid^t bloö, bafe etroaö ocrfel^en ift, fonbcrn
aud^ roaö unb n)o; nid^t fetten [ogar, toie ju l^elfen
Toäre."
S)ie ©rfa^ning beö eigenen 2eben§ l^at mir im
allgemeinen biefe Slnfd^auungen, befonberö bie Untere,
par nid^t immer beftätigt, imb id^ glaube, aud^ ©eibel
felbft ift in fpäteren S^agen roo^l met)r von if)mn jurüd^
gefommen ober roenigftenö ju einer (Sinfd^ränfung ber^
fetten gelangt. 2)od^ ba^ fie bamalö t)olt feiner SJleinung
entfprod^en, ift von Sntereffe, unb nod^ ein anbereö
nebenbei, ©eine 2)id^tung f)at unö feine einjige ^rofa^
fd^rift l^interlaffcn, aber bie mitgetl^eilte SBriefftelte jeigt,
in TOeld^er fd^öncn, Haren unb fidleren SBeife er bie
$rofa JU bel^errfd^en oermod^t f)ätte. Mein er be-
trad^tete fie für bie ©id^tung als ungenügenb, ber gorm
entbel^renb ; fein ®efüf|I verlangte bur(^aud ben9ll^i)tl^muö,
ber über bie S^ageöfprad^e aufl^ob, bie ©prad^e mar il^m
Slol^ftoff, auö bem erft berOKei^el metrifd^erKunft roürbige
poetifd^e ©ebilbe l^eroörfd^uf. ^uv Unterl^altung imb aud^
eigener 9lnregung las er inbe^ ^rofasßrjäl^Iungen gern,
fonnte fid^ brein oertiefen unb fold^en, bie ifim jufagten,
aud^ baö ^räbicat „fd^ön" juertl^eilen. S)od^ nid^t oiele
erl^ielten bieö unb immer mit einer gemiffen JReferoe.
6s fd^ien, ba^ er mol^l ab unb ju mit bem ©ebanfen
fpielte, fid^ felbft für irgenb einen ©toff ber ^rofa ju
bebienen, aber er ift nie ju einem 9luöfül^rungäbeginn
gefd^ritten. 3m ©efpräd^ äußerte er mir einmal : „SBenn
— 140 —
xäf einen 3loman oerfaRert rooUte, [o würbe xä) grobaus
barauf lodfd^reiben unb bann abwarten, road baraud ju
©tanbe fäme." Dad SRecept ift — cum grano salis
aufgefaßt — an fid^ oieUeidEit nid^t bad übelfte, bod^
in feinem 3Äunbe brüdfte eä iebenfaHö eine gering-
fd^figenbe 93etrad^tung beö Äunftroertl^eö von Slomanen
unb ^loücDen auö.
3d^ feiere nod^ einmal ju jenem Sriefe jurfid,
beffen weiterer SBerlauf midEi in ermutl^igenber SBeife
aufforberte, meinen Sttufentl^alt in Sßünd^en ju nel^men,
unb bamit jugleid^ ben mir juoor geleifteten SBiberftanb
gegen mein ßinfd^tagen einer litterarifd^en Sgufba^n
befiegte. 3d^ befud^te il^n nod^ ju naiverer Serebung
in Sübedf, mo er bamalö unfern oom Sßül^ltl^or mit
ber 3luöfid^t auf. bie Domtl^ürme mol^nte — eine 3Uu^
ftration ju einem feiner ©ebid^te l^at il^n im ©arten
l^inter bem §aufe neben feinem fpielenben S^öd^terd^en
figenb bargefteßt — unb id^ fanb il^n perfönlid^ bem
^emben ebenfo offemfreimütl^ig, woJ^lmoUenb^l^erjUd^ '
entgegenfommenb, mie fein ©dEireiben il^n gefennjeid^net.
3m fpäten ^erbft be§ 3af)reö folgte id^ i^m nad^
9Künd^en.
®ö mar ein finfterer 3lbenb, aU iä) bort eintrof.
^ä) mar an einem jener jauberifd^cn Sflooember^Sonneu^
tage, mie fie füblid^ oom SJiain mand^mal nod^ leud^ten
unb burd^märmen, auö SBürjburg gefafiren; alö id^ am
anberen SJlorgen in 9Künd^en auö bem genftcr be«
„9lugdburger ^ofe§" btidfte, lag ©d^nce auf ben ©äd^ern
— 141 —
gegenüber, unb oon bcn ©eftmfen beö bamalä nod) um
fd^einbaren, fd^Ud^ten ,,®aftl^ofe§ jum Stad^uö" l^ingen
' €iö}apf en l^erunter. 3luf bcr ©trage roax eö- roul^, roinbig,
fd^mufenag unb alleö mir roilbfremb ; an 2eib unb Seele
burd^fröftelt, fud^te id^ ©eibeU ^auö auf. 6r wol^nte
in ber Sarlöftrafee, wenn mein ©ebäd^tnig mid^ nid^t
täufd^t, 5Rr. 20, bort mo bie trompetenartig fid^ er^
Toeitembe ©ad^auerftrage in jene einmünbet unb einen
breiedfigen, mit einigen Säumen (aud^ l^eut' nod^) be?
festen ^Ia§ bilbet. 3luf baö ©ejmeig berfelben unb
einen barunter beftnblid^cn fleinen 93runncn gingen [eine
^enfter „über eine ©tiegc" l^erauä.
3d^ mar mol^I in ber $aft meiner forperlid^en unb
gemüt^Ud^en groftüberriefelung reid^lid^ frül^ am 3Äorgen
gefommen, bennOcibel l^atte feine SCoilette nod^ nid^t
beenbigt; er mar fein grül^aufftel^er unb liebte eö, ob^
gleid^ er nid^t lange fd^lief, mad^liegenb feinen ©ebanfen
unb .bid^terifd^en 5ßlänen nad^jul^ängen. ©o warb id^
auf meine 3lnmelbung l^in in fein 3lrbeitäiimmer ge^
fül^rt unb ftanb unerwartet vox bem lebenögrofeen Silbnife
feiner fo jung oerftorbenen ©attin. 33on il^rem SÄntlife,
i^rem fileibe, einem Äranj auf bem ©d^eitel, ber jegt
fd^redfl^aft an einen S^obtenfranj gemafinte, ging ein
weigeö Sid^t auö ; eö überf d^auerte mid^ in ber lautlofen
©tille beö fremben ©emad^eö, in baö bie fd^önen, er^
lofd^enen 3lugen be§ mörd^enl^aft lieblid^en ©efid^tö,
wie in ftummem S3anne l^altenb, überall l^inblidEten.
2Bo immer id^ fpöter baö 33ilb in anberem SRaume ge^
142
feigen, l^at cö mir ftctö toicbcr bicfcö crfte überfd^auembe
©efüi^l gleid^artig aufgeroccft, unb ber ®influfe, ben bicfer
rounberfam crgrcifcnbe, IcbcnöooII an ben 2^ob, bic 93er*
gänglid^feit beö ©d^önften unb S^l^cuerften mal^nenbe
S^nblicf bei jebem Slugenauffd^tag auf bie 3)id^tung bes
oercinfamt äwrii^g^Miebenen geübt l^aben muß, ift ftd^er
von nid^tö anberem übertroffen morben. 3d^ glaube^,
bafe fein geftfialten an einem Unfterblid^feitöglauben bi^
julefet — obrool^l feine frül^erc bogmatifd^j^d^riftUd^e
©läubigfeit tängft erfd^üttert mar — mefentlid^ ber
tiefen ©el^nfud^t unb bem ©emütl^öbrange entfprang,
fid^ burd^ feinen 3^^if^' beirren ju taffen, baj5 er bie
93erIorene in einem 3enfeitö mieber pnbe. ©efprod^en
^at er nie baoon, mir t)on ber S^obten überl^aupt nid^t»
3lber bie (Sinfamfeit, bic mir an jenem erften SRorgen
fd^mermutl^öoolt an^ feiner oeröbeten SBol^nung entgegen-
meldte, lag in 2Ba^rl)Ät über feinem Seben. S)er ©ic^ter
mod^te fid^ in äßünd^en l^eimifd^ füllten, ber aWenfd^
fonnte e§ nid^t fein. 6r mar burd^ unb burd^ norbbeutfd^^
l^ing mit allen gäben ber ©eele an feiner ^eimatl^ftabt
SübedE, mol^in er feine einjige Sod^ter Sßarie SSermanbten
jur meiblid^en Pflege übergeben, unb mar an ber 3far
in ber g^embe. ©ine alte SBirtl^fd^afterin fül^rte il^m
ben ^auöl^alt, fein mirflid^er ^eunbedoerfel^r befaß
feinen meiten Umfang, betraf mieberum jumeift ben
2)id^ter, nid^t ben SKeufd^en. 9lm näd^ften ftanben il^m
jmeifeHoö ^aul ^egfe unb beffen ©d^miegermutter
ßtara Äugler, ber er fd^on in 93ertin feine erften
143
^ugcnbgebid^tc geroibmct l^atte. ^on bcn j[üngcrcti 5ßoeteu
in ajlünd^en xoax er am meiftcn mit ^cinrid^ Scut^
^olb unb ipanö topfen oerfnüpft; für bcn Äönig
3Raf liegte er eine aufrid^tige unb liebeüoUe 93erel^rung,
fein „Dfter[amftag"^®ebid^t auf ben plöfelid^en ^ob
beffelben cntPojs tiefinnerlid^er ©rgriffenl^eit. SDlit bem
tonige oerlor ©eibel feinen eigentlid^ften ^alt in
SBünd^en, unb fein Fortgang au^ biefem mar von ba
an TOol^I nur ju einer S^age ber ^tii gemorben. 9lud^
fonft griff ber 2^ob mannid^fad^ in feinen Umgangöfreiö
ein. 3lbenbd traf id^ oftmafe mit il^m im $aufe ber
rufflfd^en „S^au ©taatörätl^in" v. ßebebur jufammen,
bei ber er mid^ eingefül^rt l^atte. ®ö mar eine eftl^:?
länbifd^e 3)ame auö ber alten 3^^^/ ^^^^ f^ft ö^^tjtfl*
jo^rig, ftarfen ©eifteö, ber beutfd^en Sittcratur befonberS
juget^an; fie empfing aUabenblidEi unb fajs fd^neemeijsen
§aarö l^od^ aufredet an ilirem S^l^eetifd^. 9Kan tranf
ben feinften ruffifd^en ÄaramanemSE^I^ee bei il^r, unb je
mel^r 2:^affen man bavon nal^m, befto mcl^r ftieg man
in i^rer ®unft. 3^^ ^^^^^ l^äupgen ©äften gel^örten
gleid^faBö ^etifc, ber 6ulturl)iftorifer §. SB. JRie^l
unb SJ^I^eobalb ferner, bie, mie ©eibel, mand^e
i^rer neuen ©d^öpfungen bort juerft t)orlafen. 3)ie alte
3)ame unb il^re ^ßflegetod^ter „^röulein 3utie" l^örtcn
unb urtl^eilten mit feinem SBerftönbnijS ; in bem $aufe
we^te nod^ ein 5Rad^ftang üergangener litterarifd^er
Sntereffen au§ bem 9lnfang beö 3cif)rf)unbertö. 2)od^
144
alö id^ eincö S^ageö na6) längerer 3lbn)cfenl^eit t)on
aKünd^cn bei ber 3lütffel^r bcn erften ©d^rit bortl^in
lenfte unb bie alte ©iencrtri auf bcm SSorflur befrug,
ob bie grau ©taatdrätl^in ju fpred&en fei, erl^ielt i^
bie 3lnttt)ort: ,,®ic grau Staatörätl^in fmb tbtn
geftorben".
^äf l^attc (^eibelö §aufe fd^räg gegenüber in ber
SDad^auerflra^e eine SBol^nung gefunben, unb fein ©efül^l
überfam ntid^ rool^Itl^uenber unb berul^igenber, aU ba§
eö mir möglid^ fiel, auö meinen genftem in bie feinigen
JU feigen. 2)aö aUein bannte mir oft eine bitterlid^e
@mpfinbung ber SBerlaffenl^eit. 2)er JBerfel^r in bem
großen, fpejifif d^4itterarif d^en Äreif c mar nid^t fel^r er-
quidEIid^, bot iebenfaHö baö nid^t, roaö ber S3rief ® eibels
in 3lu§fid^t gefteßt l^atte. Die ©injelelemente mürben
aUerbingö von einem äußeren S3anbe, bem SSerein ber
„SrofobiUe" jufammengel^alten, bod^ waren fie ju==
meift innerlid^ gefd&ieben. 3lud^ einige ^erfönlid^feiten
von unbeutlid^em ©l^arafter befanben pd^ barunter; bie
3ßeiften fannten fid^ im legten ©runbe oiel ju menig,
alö bafe oon einem S^eunbfd^oftöoerl^ältniß bie Siebe
fein fonnte. SRur baö gemeinfame ©treben auf bcm
gleid^en — ober bem Flamen nad^ gleid^en — ©ebiet
vereinigte, aber eine roirflid^e med^felfeitige görberung
l^at eö fd^merlid^ erjielt; ber ©runbton mar ein t)öBig
anberer. 5Rad^ meinem ®efäf)l liegt bieö bei einer
fold^en, nid^t natürlid^ ermad^fenen, fonbem faft jmangd-
weifen 3wfö^^cttgefellung fo oieler, immerl^in fonber-
— 145 —
gearteten Snbioibualitäten in ber Sad^e unb fonnte
faum anberd fein. 3Jtxä) bändet anä^, bad ^erl^ältnig
©eibeU, beä ©tifterö ber StrofobiI^©enoffenJd^aft,
}u biefer muj3 im 9lnfang ein engereö, l^offnungöooßered
geroefen [ein unb war ju meiner ^txt fd&on crl^eblid^
gelodfert. 6r befüd^te rool^l jiemlid^ regelmäßig bie
3SereinöQbenbe, boä) bcfdEiränfte ftd^ fonft auf ben per*
fönlid^cn SSerfel^r mit SBenigen. 3n ben fogenannten
„äffenfaften" beö 9Iuguftinerbräu'ö , mo fidEi an jebem
anberen 3ö)enb bie SÄel^rjal^l ber „Ärofobilte" bei
gutem S5ier unb entfefelid^cr Suft jufammenfanb, fam
er nie.
So fal^ id^ if)n J^auptföd^lid^ auf ©pajiergäugen,
ju benen er mid^, meiftenö unter meinem genfter laut
rufenb, abf)Olte, ober in feiner SBoi^nung, bie mir ftetö
offen ftanb unb in bie er mid^ oft ju feiner 3lbenb^
ma^Iieit gaftlidE) einlub. 8ie mar mir ein J^eimatJ^-
Ud^er Sletf in ber frembbleibenben ©tabt, ber liebfte,
enoärmenbftc, unb fie allein bot mir immer im reid^ften
äRafee baöienige, maö fein S3rief oerl^eißen : SRatfi, Sei*
^ülfe, Seigre unb gö^^^^wng, bod^ baneben, mir alä
baö 2Bi(^tigfte, mad^fenbeä freunblid^eö 3^*^^"^"-
6r mod^te füfilen, baß id^ bcffen oor allem beburfte,
unb unfere l^albe Sanbämannfd^aft (obrool^l er als
Sübeder eine l^iftorifd^ geworbene 3lbneigung gegen Äiel
nid^t unte^brüdfen fonnte) trug baju bei, unö in ber
Srembe naiver ju rüdEen. Sonft fonnte id^ ilim natura
lid^ menig bieten, roefentlid^ nur meinen eifrigften
(£manue( &tiM, ein (^ebenf6u(^. 10
— 146 —
5ffiunf-c^, mid^ von il^m bclcl^rcn ju loffcn. ®oci^ er
fritifirte aufö cingel^enbfte meine fd^Ied^ten ©ebid^tc;
id^ iDugte im mxan^, ha% an feinem etmod @uteg
bleiben mürbe unb freute mid^ bod^ barauf. ©o un^
nad^giebig ftreng er jeben fleinften äRangel ber gorm
rügte, nid^t feiten fogar, mo id^ es am menigften ep
märtet l^atte, in l^eftigen Unmutig audbrad^, bad ?Olann^
fcript entrüftet beifeite marf unb großen ©d^ritteö im
Sintmer auf unb ah ging, fo befafe bie 3lrt feineö ^abete
bod^ nie etmaö ©ntmutl^igenbeö, fonbem el^er etmaö Slm
feuembeö. ©eine SRatur mar überl^aupt, befonberö bei
einem SBiberftreit ber äßeinungen eine leibenfd^aftlid^e,
JU iöi^em 9Iufbraufen geneigte; mo er von ber Unum-
ftöfelid^feit feiner 3luffaffung, oox attem in fünftlerifd^en
SDingen, überjeugt mar, ertrug er fd^mer 5ffiiberfprud&,
ol^ne in l^eftige ©rreguftg ju geratl^en. ©eine ©prad^e
mürbe bann jumeilen fo gerauf d^oolt, ba§ er Unbefann-
ten ben ©inbrudf medfen mufete, fid^ im fiu^erften ^oxn
ju befinben; in fpäteren 3al^ren midien unfere Slnftd^ten
in litterarifd^enSlngelegenl^eiten mannid^fad^ audeinanber,
unb eö ift mol^l faum ein Swf^wmenfein jmifd^en unä
Dergangen, bei bem er nid^t irgenb eine 3lnfd^auung
von meiner ©eite mit fold^em plöfelid^en 3luöbrud& beö
Unmißenö oerurtl^eilt l^ätte. 2)anad^ ftanb er faft
immer auf unb ging etma eine Sßinute lang fd^meigenb
rafd^ l^in unb mieber; bann l^atten fein ©epd^t, feine
blißenben 9lugen, feine ©timme fid^ ooDftönbig beffinf-
tigt. 2Benn er einmal mit feinen SBorten etmaä gar
— 147 —
}u unroäl^Icrtfcl^ ücrfofiren roat, lam er mit einer ®nU
[(i^ulbigung um Snbemnität ein, ober fonft bat ein
ftummes, unenblid^ liebenömürbigeö 2&^dn, ben errege
ten aRoment ju oergeffen. 3)aö gefd^al^ regelmäßig,
man toufetc eö fidler oorl^er unb fonnte il^m nid^t jürnen,
benn cö entfprang auö feiner SRatur, oielteid^t aud^ aud
feinem förperlidEi leibenben 3"ftöttbe. !3n faft einem
SSiertelial^rl^unbert l^at fein 3lufbrQufen mid^ niemalö
}u einer erregten ©rmiberung fortgeriffen unb mir finb
nie in einer 3Wi§ftimmung auöeinanber gegangen.
9lm fd^onungölofeften, mie gefagt, oerbammte er
©ebid^te, bie feinen 3lnforberungen nidöt entfprad^en.
6ein Urtl^cil barüber fiel mand^mal gönjlid^ unerwartet,
im ooUften ©egenfafe ju bem allgemein fanctionirten
auö; j. 39. waren il^m ber „(Srlfönig" unb „2)eö
©ängerögludEi" burd^auö „fd^led^te ©ebid^te", über bie
er fid^ l^eftig ereifern fonnte. ®egen 5ßrofa oerl^ielt
er ftd^ weit nad^fid^tiger. 9llö id^ il^m meine erfte
9lot)elle porgelefen unb, feinen 3orn befürd^tenb, inne^
Ijielt, fagte er, fid^ ben S3art brel^enb, mit feiner tief^
fonoren ©timme: „3l\xn, bamit fönnen ©ie (Selb oer*
bienen". Unb fein begleitenbeö Säd^etn fügte brein:
©aju finb ja fold^e 2)inge gut unb nüfelid^.
Unter ben übrigen fünften intereffirte er fid^ am
lebl^afteften für Sßuflf unb 3lrd^iteftur. gür bie legtere
glaubte er eigentlid^ S3eruf befeffen ju l^aben unb be^
bauerte öfter, bemfelben nid^t nad^gefommen ju fein;
er liebte ganj befonberä baä g^eiburger SRünfter „alö
10*
— 148 —
baö fd^önftc monumentale ©ebid^t". 3u ber äßuftf
üertrat er, wie in ber ©id^tung, bie ctaffifd^e Siid^tung,
war ein S^obfeinb SB agner 'fd^er Dpern, unb il^n fonnte
nid^tö ungeftümer aufbringen, als rotnn 3emanb an ben
tegteren irgenbetoaö in ©d^ug nal^m. 3)en „SoJ^en-
grin" tiefe er im ©pott gelten, wenn man fid^ bie
D^ren juftopfte unb nur mit ben 3lugen l^örte. ©d^te
aWufif aber bereitete il^m pd^ften äftl^etifd^en ©enufe
unb er befafe für biefelbe feinfte ©mpfinbung un'o SSe-
urtJ^eilungöfäl^igfeit, obwohl er felbft meber fang nod^
irgenb ein ^nftrument fpielte.
©ein ^auptintereffe roanbte fid^ in ben legten
Sal^rjel^nten bem 3)rama ju, bod^ nid^t attein biefe
Sid^tungäform, fonbem aud^ bie Sül^nented^nif be?
fd^äftigte il^n auönel^menb. SBenn bie te|tere an
einem ©tüdfe gefd^idft unb mirffam mar, fonnte
er, maö il^m fonft nid^t leidet gefd^al^, über bid^te^
rifd^e ©d^roäd^en beö 3!n^alt§ l^inroegfel^en, unb er
oerl^iett fid^ beöl^atb feineömegö fo principiett gegnerifd^
gegen ba§ mobeme franjöfifd^e ©d^aufpiel, mie es
fonft nad^ feiner gangen ftrengen Äunftauffaffung trmartet
werben mufete. .^ier »erlangte er fogar ben 93erö nid^t,
obwohl er felbft fid^ fd^merlid^ ju einer S^ragobie in
^rofa entfd^loffen l^aben mürbe, ©eine 3lntl^eilnal^me
im 2^t)eater mar eine äufeerft tebl^afte, befonberö bei
ber 3luffüt)rung feiner eigenen ©tüde, unb er äußerte
jiemlid^ rüdfl^altöloö unb laut feine SReinung, S^^nt--
ben^eit ober SKifefalten. 3n ÜKünd^en erl^ielt id^ ein-
— 149 —
mal ein ^arquctbillct oon il^m jur 2)arftettuit9 feiner
„Srunl^Ub"; am 5Äbenb ergab fid^, bafe id^ meinen
5ßlag neben bem feinigen einnal^m. ©efpannt folgte
id^ nad^ bem 9lufgang beö aSorl^angö ber erften Scene,
bod^ immer mit ber ©mpfinbung eineö unerftarlid^en
ftorenben ©eräufd^es neben mir. (Srft mie id^ l^alb
aufgebrad^t ben Äopf manbte, entbedte id^ ben Slnla^
ober bie Url^cberfd^aft. ©eibet begleitete iebeö SBort,
jcbe Scmegung auf ber SBül^ne mit einer anberen feiner
eigenen ^änbe, bampfenb ober anfeuernb, befd^teuni^
genb, jurüdfl^attenb, .fcanbirenb, unb ftie§, offenbar
feiner SKeinung nad^, unoemel^mbare, bod^ oft fefir
beutUd^e Saute ber SKifebittigung unb 3^^^^t^^^fw^fl
in ben Sart. 3)ie Seute uml^er, bie i^n nid^t fannten,
fallen nad^ unferen Sigen unb mad^ten ©tilte forbembe
3ei(i^en. 6ö mar peinlid^, attein er fal^ unb prte
nid^tö baoon, xou^tt nid^t, bafe il^m bie 3lufforberung
galt, unb ful^r burd^ alte fünf 3lcte üt gteid^er SBeife
fort. 9lm ©d^tu^ mar er, tro|bem bafe er eigentlid^
nur Unjufriebenl^eit funbgegeben l^atte, von ber SSor*
ftellung ooBig befriebigt. ©ein tebl^afteä SCemperament
erfüllte il^n aber fortmäl^renb mit ber 93ef ürd^tung ,
ba§ ttroa^ falfd& jum 9luöbrudE fomme. ©o gtüdfUd^
id^ ftetö mar, bei il^m fein ju Unmn, oermieb id^ feit^
bem bod^, im ^^l^eater ju einer 3luffät)rung feiner eigenen
2)ramen meinen 5ßla| mhtn if)m ju fiaben.
©ier ift oielteid^t bie ©teile, ein SBort über bad
Seiben einjufd^alten, baö i^m fd^on bamafe faft bie
— 150 —
SRel^rjal^t feiner S^ageäftunben fd^meräl^aft vergällte-
©ein Slufenll^alt in ©ried^enlani) l^atte il^m einen
SRul^ranfalt jugetragen, ber il^m an einer Stelle im
Seibe eine ©trictur l^interlaffen. S)iefe l^atte im 9lm
fang lebendgefäl^rtid^ oorjufd^reiten gebrol^t, war bonn
iebod^ ju einem ©tittftanb gefommen, unb bot fortan
feine birefte ©efal^r me^r. 3lber baö unabänbertid^e
Uebet blieb mit tägtid^ regelmäßig mieberfel^renben
qualooBen ©d^merjen oerfnüpft, beren ftunbenlange
3lnbauer il^n ju altem unfäfiig mad^te, imb bie er ein
aWenfd^enalter l^inburd^ mit mal^rl^aft bemunbernömertl^er
l^elbenmütl^iger SRefignation ertragen. 3n ben legten
15 3al^ren etma nal^m er beäl^alb oom SJlorgen bis
jum fpöteren SRad^mittag überl^aupt feinen S3efud^ mel^r
an, unb eä mar erftaunlid^, mie man feiner Slngeregt^
l^eit unb ^eiterfeit am 3lbenb nid^tö baoon anmerfte,
bafe er fid^ mit ©id^erl^eit ber unt)ermeiblid^en SBieber-
l^olung feiner SRarter am näd^ften Sßorgen bemufet
mar. 6§ übte auf feinen ®eift, feine ^l^eitnal^mc,
feine fiebenöf üUe feinen bebrüdfenben ©influfe ; fie maren
in SBirflid^feit ju groß, fid^ oön bem Körper „untere
friegen" ju laffen. 6r liebte bie ©efettigfeit fel^r, unb
fa^ fpäter in Sübedf faft altabenblid^ einige naivere
?5reunbe bei fid^, bilbete mit ©rnft unb ©d^erj bie
©eele ber Unterl^altung. ©ein SBefen roar burd^ unb
burd^ getragen, im anfpred^enbften ©iftn patl^etifd^,
mie aud^ feine SDid^tung bi§ auf menige unb faum
mirflid^ ju red^nenbe 9luönal^men beö ^umor§ entbel^rt.
— 151 —
Sfbcr im gcfeHigcn Ärcifc loar er bem Komif^en gern
jugänglid^, lod^te l^erjHci^ über lool^Ipointirte ntut, au^
über gut vorgetragene attbefannte 3lnefboten, unb er-
jöl^lte felbft gern bann unb wann ©d^roänfe unb SBife*
»Mnrte, «H^ne ftd^ babei oor einem braftifd^en SBort ju
fd^euen. Ueberl^aupt ht\a^ feine ©prad^e nid^ts SBeid^^^
lid&eö unb ®efud^te§, *fonbem griff mit aSorliebe ftets
nad^ Mftigem 3lusbrud. .^öd^ft fomifd^ mar'ö, xütnn
ber in feinem $aufe eingefül^rte „©traffd^iUing" für
eine in ©egenmart oon ©amen unerlaubte Sleufeerung
il^n felbft betraf. 6r moltte fid^ bann gemöl^nlid^ nid^t
oon feiner ©traffältigfeit überjeugen, unb mad^te burd^
feine SBertl^eibigung gemeiniglid^ bie ©ad&e el^er nod^
fd^limmer, alö fie gemefen, biö er julefet fd^munjelnb
in bie S^afd^e griff unb feine 93u§e in bie oorgel^at
tene ßaffe flimpem lie^.
®od^ burfte ber ©d^erj baö ©efpräd^ nid^t allju-
lange an fid^ reiben, fonbem mufete ju red^ter ^üt
roieber in bie 93al^n emftl&after SRebe . einlenf en. Se^
fonberö mar il^m bet eupl^emiftifd^ „Unterl^attung über
^erfönlid^feiten" benannte „Klatfd^" in ber ©eele oer^
l^a§t. 6r befümmerte fid^ nad^ biefer 3flid^tung niemafe
um baö Xi)\xn unb Saffen feiner SRebenmenfd^en unb
fagte eineö 9lbenb§, alö er längere 3cit einem berartigen
S^l^ema pl^ören gemußt, auffte^enb unb fortgel^enb,
tief unmutl^ig: „S)aö2Bort mar ben SBein nid^t mertl^."
älö ^ßoet fd^ä^te er ben legteren l^od^, befonberö eblen
3ll^einn)ein unb ©l^ampagner, bie fid^ ilim aud^ alö am
— 152 —
juträglid^ften crroicfen, bod^ Iciber niäfi in bem SScr-
l^ältnife ju feinem ©innaJ^mebubget ftanben, um il^nt
anberd al§ bei befonberen 9(nläffen il^ren ©enufe ju
wrftatten. ©eine SKittel reid^ ten ju einem anftänbig
bel^aglid^en ütbm auö, aber weiter nid^t. 2)er gefeiertfte
I^rifd^e 2)id^ter 3)eutfd^Ianbä ptte ol^ne ben.ß^ren-
gefialt be§ preufeifd^en Äönigö überhaupt aud^ nid^t in
ber einfad^ften SBeife ju leben t)ermod^t, fonbem l^ötte
mit SRul^m unb SSerefirunfl überfd^üttet oerl^ungern
muffen. Sod^, obmol^t er fiä) über iebe il^m ju-
fallenbe fleine 5Rebeneinnal^me beinal^e mie ein
befd^enfteö Äinb freute, l^at er niemate einen SSergleid^
jmifd^en bem gejogen, roaö er bem beutfd^en 33oIfe ge^
geben unb maö il)m aU äußerer Sol^n bafür geworben,
nie günftiger ©eftellte beneibet. . 3)aö ©elb mar ifim
mol^l ein notl^menbigeö ©rforbernife beö öebenö, aber
nur eines ber niebrigen Sebürfniffe, nid^t an fid^
fd^ägenö' unb erftrebenömertl^. Unb barauö entfprang
aud^, ba§ 3liemanb in ©elbfad^eu /,nobler" mar, alö
er ; bie ©parfamfeit, ju ber er fid| genötl^igt fal^, tnU
\)xdt anbererfeitö aud^ nid^t ben teifeften 3u9 Meintid^en
Sled^nenö.
35eim abenblid^ gefelligen 3ufammenfein in feinem
§aufe taö er gern einige feiner neu „in ber SWappe"
angefammelten ©ebid^te t)or. ®r tl^at bies immer aus
ber matten ©timmung berfelben l^erauö, nid^t recitirenb,
bod^ aud^ nid^t eigentlid^ bectamatorifd^, fonbem feine
eigene SBiebermitempfinbung oolltönig auöftrömenb. 2)ie
— 153 —
tiefe ©timme erinnerte mand^mat an baö 3laäfUinq^n
öon ßtaoterfaiten beim 3lnjiel^en beö 5ßebalä, fie roogte
etwas monoton, , l^ob fid^ bei flarfen ^ßatJ^oöftellen ju
einem bonnemben SRoHen. 3^^^* mod^te bie Slrt be«
fremben; id^ l^atte mid^ balb baran gemöl^nt unb fie
löQtb mir unjertrennlid^ oon feinem SJortrag. S)ie oor*
nel^me ©etragen^eit feineö ganjen SBefenö fonnte fid^
aud^ barin nid^t anberS betl^ätigen; bie 2)id^tung mar
il^ ein l^ol^er ernfter ©egenftanb unb erl^eifd&te aud^
eine nad^brudföreid^e, oom ©emöl^nlid^en abmeid^enbe
Biebergabe.
daneben bel^errfd^te er, mie mo^I f aum ein jmeiter,
bie Äunft, in SSerfen aus bem Stegreif ju fpred^en,
bie er am meiften aufeer bem eigenen ^aufe, am tiebften
im alten Sübedfer Slatl^smeinfelter übte. ®r improoifirte
ate ©rroiberung auf eine 9(nrebe im 5ßu aSierjeilen,
®^afelen, fogar (Sonette, unb bra(^e fie, tangfam
fpred^enb, faft immer ju einer fo formoottenbeten Slb^
runbung, bafe fie wa^rl^aften poetifd^en SGBertl^ befafeen.
Sreunben ift ein 3lbenb unoergefelid^, an bem er, bt-
fonbers angeregt, eine neben il^m liegenbe meifee SRofe
in fein ©i^ampagnergtaö eintaud^te unb ben Sd^aum^^
loein aus ben Äeld^blättern fd^türfenb, mol^l eine aSiertel^
ftun&e in ben munberooltften, mannid^fattigften SSerfen
fortfprad^. 3)ann mol^nte feiner ©rfd^einung, bem ®e^
fid^tsausbrudf, ben 3lugen, ber Stimme, ben Bewegungen
bie ganje 3lnmut^ inne, meldte ber ibealen SSorftellung
oon einem Did^ter entfprid^t. 3)aS 3improt)ifiren fonnte
— 154 —
aud^ etntnat üerunglücfen. ^ ^aufit eined gemeinfamen
^eunbed üerfud^te td^ eines Slbenbd a\x(!^ in SSerfen
}U fpred^en unb b(ieb ftecfen. ®eibe.l roottte mir ju
^(fe fomnten, ful^r in berfelben 9[rt fort/ ftocfte unb
blieb ftedten. ,,9lun, unb fo weiter/ fogte tt mit
fd^olfl^aftem ©dömunjeln. 2)er reimgeroonbte g^^eunb
^e.inrid^ <5d^un(f l^olf und beiben oud ber ^atfd^e
unb brad^te unfere mifeglüdften Slnlöufe ju gutem Stt*
fd^lu^. ©eine alte SBirt^fd^afterin fagtc om anbem
S^age: /,S)e beiben iperm nmttt S)id^ter ftn un fönt
nid^ bat, roat be §err fann/'
®ö giebt mannid&fad&e Silber x>on ©eibel, bod^
eigentlid^ feine«, baä il^n roirflid^ getreu unb d^arafte^^
riftifd^ auffaßt. S)ie aSorftettung, meldte Unbefannte
fid^ oon il^m mad^ten, wie id^ fie öfter oernommen,
bemegte fid^ in oölttg irriger SRid^tung. ?Olcin portraitirte
il^n fid^ oielfad^ auö feinen erften 3ugenbgebid^ten,
fd^önlodfig, ein meid^eö Slntliß mit fd^mad^tenbem 9lu8*
brudf unb ftetö fromm begeiftertem 9lugenauffd^lag.
3n SBirflid^feit erregte er tro| feiner fleinen ©eftalt
einen öufeerft männlid&en ©inbrudf, fein früfi oermitterted
mageres ©efid^t mit bem mäd^tigen eiögrauen ©d^nurr^
bart unb S^idEelbart l^ielt etma bie Sfftitte jroifd^en ber
martialifd^en ®rfd^einung eineö Sanböfned^tö unb ber
üomel^m feinen eines alten franjöfifd^cn ajlarquis. ©eine
.^änbe unb §ü|e waren jiertid^, feine 5ßafe gerablinig
unb fräftig, ber SRunb unb bie 9lugen fel^r fd^ön, geift-
oott unb lebenbig. 3n feinen Semegungen mar er mürbig
— 155 —
iinb alcrt juglcid^, bic Äteibung burd^auö ungcfud^t
cinfad^, e^er gteid^gültig; ju ipaufc trug er, von feinem
Slufeiitl^aU in Oried^entanb \)tv, mit 3Soriiebe einen
rotten gej. ©ein leftteö S3Ub auö bem 3a^r 188a
Seigt il^n ftarf oeräntfert, $aar unb S3art fd^neemei^,
b(tö ©eftd^t in gotge feines eingetretenen ^erjteibend
öbematöä gefd^mettt, oon franfl^after garbe, einen nid^t
eigcntlidö greifenl^aften, aber fremben, müben 9fuSbrudE
in ben frütier fo lebenbigen 3ügen, bie 9lugen mit
einer f d^merjüd^en SRegtofigf cit oor fid^ l^inauSblidEenb.
^6) \)abt xl)n fo nid^t mefir gefeiten, fann il^n mir fo
ni^t benfen. '
2)amit glaube id^ fein SBefen geiftig unb f örpertid^,
fo gut es möglid^ ift ober oi.elme^r, fo ungenügenb es
ausfallen mufe^ gejeid^net ju l^aben, inbem i^ 3^9^
'aus feiner SRünd^ener unb auö fpäterer 3^^^ i^ ^^"^"^
Silbe oermoben. ^ä) oerlieg äWünd^en nad^ jroeiiäl^rigem
äufentl^olt t)or i^m unb fal^ il^n erft roieber, olä er,
in ^olge befannter SSorgänge, in feine SSaterftabt xibtt^
gejxebelt mar. .^ier umgab xi)n in feiner SBol^nung in
ber Sreitenftra^e am Slanbe beö Äaufbergö baö ®rb?
reid^, bem er entfproffen. ©eine menfd^lid^e 33er=j
einfamung f)atU aufgebort, alte "greunbe maren um
il^n; jur Jungfrau ermad^fen, bereitete feine 2^od^ter
ilim burd^ il^re 93ermäl^lung mit bem licbenömürbigen
unb geiftig bebeutfamen Dr. gerbin anb gel^ling in
il^rem $aufe eine jmeite .^cimftätte, mo il^n balb eine
Sd^aar oon ©nfeln l^erjUd^ erfreute unb il^m lange
— 156 —
©ntbel^rung cinbrad^tc. S)en ^auöl^alt fül^rte iJ^tn j[e|t
feine 3liä)U Sertl^a ©eibel, burd^ fluge SSorforge,
UebeooUe 3ln^ängUci^feit unb tl^eitnel^Tnenbeö 33erftönbni6
für feine -Sintereffen gleid^ geeignet, i^m ben täglid^en
(Sang be§ Sebenö ju einem beJ^ogtid^en, fd^önen unb
l^eiteren ju mad^en, foweit fein förperlid^er 3wft^^i> bieö
ermögtid^te. S)ie genfter feineö ganj von Sudlern um^
faxten "Slrbeitöjintmerö gingen nad^ leinten, auf einen
ftiUen, altertJ^ünttid^en ^{|eit Sübedfö l^inauö, boran tag
ein fleinereö ©fejimmer unb an biefeö fto^enb, fal^ ba§
SBoJ^njimmer mit bem großen 33ilbe feiner oerftorbenen
^au auf bie fd^öne $auptftra§e ber ©tabt unb beu
großen Eaufbergpla|. mit ber Safobifird^e l^inunter.
6§ lag ein tiefer triebe broben in ber SBol^nung, in
ber er, innertid^ Weiterer, befriebigter alö frül^er, oont
l^eranrüdfenben 9Hter mit einer patriard&alifd^en SBürbe
umgeben, fa^. 9Bie ber Särm beä ^ageö nid^t ju il^nt
l^inaufbrang, fo aud^ ber SBiberftreit atttaglid^er Singe
unb Älägtid^feiten nid^t. 6r fonnte fid^ ganj in feine
SBelt l^ineinoerfenfen unb lebte barin. 2)urd^ mand^e
3al^re traf id^, bamats aud^ nad^ Stiel l^eimgefel^rt, il^n
bort immer in gleid^er SBeife, unb eö maren immer
anregungöreid^e, fd^önge^obene 9lbenbe, bie id^ bei il^m
ober mit il^m im SRatl^öfeUer t)erbrad^te. SBenn er
burd^ bie alten ©trajgen ging, bie feit 3al^r^unberten
im ©igentlid^ften i^ren ßl^arafter faum oerönbert l^aben,
fo umgaben fie fein 93ilb mie mit einem fd^ön an-
gepajsten Slafimen, man fül^lte, er gel^örte bortl^in, bie
— 157 —
SBurjeln fcincö Sebcnö unb feiner Äraft Ratten immer
bort im 35oben gel^aftet. Unb wie er ftolj auf feine
^eimatl^ftabt, alö auf feine altersgraue, rul^mreid&e
SKutter mar, fo mar fie ftolj auf il^n, als auf i^ren
roeltberül^mten, ebetften Sof)n. ©in inniges, nie ge*
trübtes SBerpltnife f(i^Io§ fie aneinanber; eine attgemeine
Slncrfennung unb ipod^ftellung marb il^m als etroaö
Selbftüerftänblid^eS jut^eil, mie es bem Sebcnben feiten
öon einer gangen ©tabt bargebrad^t mirb. SBol^l faum
jemals ift ein ©id^ter fo gleid^fam mit einem unfid^t*
baren unb bod^ oon allen 9lugen ftets gefel^enen Sorbeer*
franje auf bem ©d^eitel tägtid^ burd^ bic oolfbelebten
©trafen gefd^ritten. 6r mufete es unb empfanb fid^
fräftig unb frcubig gel^oben baburd^, aber anmafeenber
^od^mutl^ blieb il^m fremb.
3m ©ommer jog er jur Kräftigung in bie fleine
Cftfee^^afenftabt 3:^rat)emünbe ober in ben faum eine
©tunbe oon SübedE belegenen olbenburgifd^en Rieden
©d^martau ^inauS; weitere 3fleifen, mit 3luSnal^me einer
Sa^rt nad^ Äiel jur ßonfultation eines 3lrjteS, l^at er
nid^t mel^r unternommen. 3n ©d^martau oerbrad^ten
mir in ber 2ßitte ber 70er 3al^re in jmei aufeinanber^
folgenben ©ommern einige äßonate gemeinfd^aftlid^, an
ben entgegengefegten 5ßolen bes langgeftredEten, faft ganj
in SBalbeSgrün eingebetteten Drtes mol^nenb. S3is jum
Slad^mittag fal) id^ il^n nie anbers als menn id^ i^n
jufällig auf einem ©pajiergange in ben weiten SBälbern
traf, bod^ aud^ bann begrüßten mir uns nur mit einigen
— 158 —
htr^en SBortcn unb fegten unfere 9Bege aQein fort;
ed iDQr feine, von Sd^merjen ungefeltig gemod^te, nad^
(Stnfamteit trod^tenbe 3^i^- ^^ ^ Ul^r inbe^, faft mit
ber ^rädfion bed ftönigdberger ^l^ilofopl^en fant er
toglid^ ju meiner ©eite beä^ledenä l^erübergefd^ritten,
immer in ber gleid^en ©rfd^einung, mit einem grauen
^laib über ber Sd^utter unb grauem SUjI^ut, auf bem
regelmäßig irgenb eine gefunbene SRauboogelfeber ftedte;
er felbft l^atte in ben 309^*^ ^"^ Slugen mand^eö von
einem grauen Ralfen, ©emeinfam mad^ten wir bann
einen meiten ©ang burd^ Sßätber, SBiefen unb ^aiben;
ein fd^öner, ftetä einfamer SBeg, ben er befonberö liebte,
fül^rt nad& il^m ben Sttmen „©eibelroeg". 6r ging
bort überalt an altoertrauten Stätten feiner Äinb^eit,
mo er t)ft auf ©d^ulfeften als Änabe ,,SRäuber unb
©enbarm" gefpielt, nun mit greif em ^ar; bie „®paU
l^erbftblätter" feineö Sebenö raufd^ten über il^m an ben
nämlid^en alten S3äumen beö „SKefebufd^" ; eö lag für
ben jüngeren etmaö S^rauml^aft^ßlegifd^eö barin, fo mit
il^m bort ju gelten, nad^ bem Saufe ber 5Ratur mußte
er eines SCageS oor mir fd^eiben. SBenn ber SBeg aus
ben bunfeln ^oljungen ins ^eie ^eroortrat, ftiegen
immer mieber am öftlid^en ^orijont bie ^xtbtn mäd^tigen
Rird^tl^ürme Sübeds oor uns in bie Suft, im 9lbenb>
fonnenlid^t, bod^ unoeränbert roie in feiner 3ugenb,
3Bir fannten uns jegt feit langen 3al^ren, maren
uns menfd^lid^^freunbfd^aftlid^ fel^t nalie getreten unb
bujten uns. ^ä) liing mit immer road^fenber Siebe,
— 159 —
4
5ßictat unb SScrel^rung on il^m, unb unfcr SBcrfiäUni^
warb burd^ mand^en ©eflenfaß unfcrer 3loturcii unb
SKd^tungen nie gcftört. 2)aö ©cfpräd^ bewegte fid^ ju*
mcift über litterarifd^e S)inge; mit meinen SSerfen mar
er nod^, mie el^emate, fetten jufrieben. Sluf roiffenfd^afts
lid^em ©ebiete nal^m il^n eigentlid^ nur bie ©efd^id^tc
oott in Slnfprud^, mit ber ,,?ßl^iIofopl^ie" alö fotd&er l^ot
er fid^ nie befaßt, bie mobernen, peffimiftifd^en SCriebe
berfelben maren il^m ein ©räuel, unb ooUftänbig fremb
lagen il^m alle S^^eige ber 5Raturmiffenfd^aft. 6r mar
nid^t barin ermad^Jen, unb baö SL^tn, feine SReigung
l^atten il^n nie bamit in mirflid^e 33erül^rung gebrad^t.
Seine Sluffaffungen auf fotd^en ©ebieten fonnten ge^
tabeju finblid^e fein ; er mufete bie ärjtlid^e Äunft mol^l
praftifd^ fd^äßen, aber mer fie il^m- ernjil^aft eine
^,Äunft" benannt l^ätte, mürbe oon il^m mit bem SBIidE
getroffen morben fein, ber au§ feinen 9(ugen auf eine
33laäpl^emie antmortete.
S)amit l^ing aud^ feine metapl^t)fifd^e SBeltaufd^au^^
ung jufammen. 6ö fiel äufeerft fd^mer, einen mirfUd^en
©inblid in biefelbe ju geminnen, er fprad& fid^ — menig?
ftenö mir gegenfiber — niemals Har barüber auö,
fonbem brad^, xotx\x\, biefer ©egenftanb einmal jur Siebe
fom, ftetö balb .baoon ab. Sid^er ift, ba§ er einen
tranöfcenbentalen ©otteöglauben befafe, aber ebenfo gemi^
Derleiten feine ©ebid^te meiftenö ju einem fatfd^en
®d^luJ3 auf bie 9trt beffelben. 2)ie öfter in il^nen
meberfel^renbe 3lnrufung beö ,,^errn" entl&ielt {ebenfalld
160
eine pocUfd^^rl^ctorifd^e Seimifd^ung; unbcbingt max er
nid^t bogmatifci^ fltäubig unb gel^örtc inncrlid^ feiner
ßonfeffion an. ©r legte im ©egentl^eil nid^t fetten
bcn ftärfften ^afe gegen alte Drtl&obojie an ben 2:ag,
unb id^ l^abe i^n faum heftiger aufgebrad^t gefeiten,
als wenn er über „^faffenl^errfd^fud^t", baö^Don tl^r
angeftiftete potitifd^e Unl^eit unb ben burd^ fie l^erbei*
gefül^rten SBerfatt roirftid^er Sletigiofität fprad^. Sod^
ol^ne grage trug er in ootfftem Ma^t jenes tiefe Stb^^
pngigfeitögefül^t in fid^, baö ben Urfprung ber SRetigion
bitbet. ©ein SSerftanb weigerte fid^ entfd^ieben juroeilen
gegen eine ttieotogifd^e 93egrünbung berfelben, altein er
fam offenbar baburd^ über fotd^e SBiberfprüd^e l^inweg;.
baJ3 er über ajland^eö nid^t benfen roottte, fonbem fid^
mit ber Ueberjeugung oon einer SBeltorbnung begnügte.
SBir fül^rten in biefer 9lid^tung eineö 2^ageö ein ©efpräd^
über ben gortfd^ritt ber ajlenfd^^eit, unb er mar mit
mir einoerftanben, ba§ ein fotd^er ^— in ibealer 33e^
jiel^ung — äu^ertid^ in ber 2:i^at nid^t fid^tbar fei.
2)0d^ nad^ einigem Sebenfen fanb er itm, fel^r tangfam
rebenb unb feine SBorte ungewöl^ntid^ abmägenb, barin,
ba^ bie oorfd^reitenbe 3lltgemeinbitbung in immer wei-
terem Äreife eö bem ©injetnen ermöglid^e, fiä), unah
pngig von ©eburtöftanb unb S^^^fWöfte be§ SRittet*
alters, na^ feiner Sefäl^igung einem l^öl^er aufwärts
tragenben Sebenöberuf l^injugeben. 9[uf meine ©inmänbe
bagegen oertrat er biefe Sßeinung nid^t mit feiner
fonftigen Energie, fonbern fd^roieg. Unoerfennbar fül^lte
— 161 —
et fid^ fcI6ft nid^t fid^cr in feiner 3lufftettuhg, unb ein
lüeitereS ©ingel^en auf leidet bamit in SBerbinbung tres
tcnbe fragen fud^te er mt immer ju oermeiben.
3JHt äufeerfter ©ntfd^iebenl^eit trat er bagegen in
ber ^ßotitif auf, obmo^l er feineSmegä ttma^ oon einem
cigentU^en gad^politüer befafe, oielmel^r bie ©ntmidfe^:
lung ber ©egenwart mefenttid^ t)om gefd^id^ttid^en ©tanb^
punfte betrad^tete. ©eine lebenätängtid^e Segeifterung
für bie ©inigung 2)eutfd^lanbö , bie SGBieberl^erftettung
be§ JReid^eö, feine .SBerel^rung für ben ^rften Siämard
unb ben Saifer finb allbefannt. 9Benn er von bem
legteren rebete, ben er aud^ „mein $err" benannte,
lüftete er ftetö. feine ilopfbebedung — ein 3^^^" ^^^
^od^ad^tüng, baä er aud^ fonft bann unb mann einer
com ©cfpräd^ b'erül^rten geiftig bebeutenben 5ßerfönlid^s
feit ermieS. ©eine poUtifd^c SRid^tung mar auögefprod^en
monard^ifd^ unb gemäßigt conferoatit). 3n erfterer ^im
fid^t geriet!^ er atterbingö in einen ßonflict mit ber 3lm
l^anglid^feit an feine repubticanifd^ regierte 93aterftabt,
beren innere ©etbftftänbigfeit aufjugeben, er fid^ tro|
feinem ©in^eitöbrange nid^t entfd^Uefeen fonnte. S)aö
3al^r 1870/71 bilbete unbebingt ben freubigften $öl^e?
punf t feines Sebenö, unb mit l^eifeer ©ntrüftung f al^ er
baö balb nad^^er roieber beginnenbe 5Ragen beö ^arti^^
fulariömuö unb Uttramontaniömuö, ber Semofratie unb
ber ©onberintereffen an bem rounberfam ooHenbeten
?Ser!e.
2)a§ marjen bie S^l^emata unfereö 9(u§taufd^eö auf
(Smanne(<®eiBe(, ein ©ebenCSud^. 11
— 162 —
ben regelmäßigen ^lad^mittagdfpojiergängcn in ber teij-
ooDen Umgebung Sd^roartau'd. Sei ber SRödfel^r Hefe
er ftd^ noä) eine SBeile in einer offenen SBirtfifd^afte'
l^atte bei unferer SBol^nung meiftenö in einem größeren
35efanntenfreife nieber, Puftg brad^ten meine %ta\x unb
iö) ben 3lbenb bei i^m ober aud^ er bei uns ju. ©e-
fd^al^ bieö nid^t, fo begleiteten mir il^n ftönbig l^albroegö
bis nad^ feiner SBol^nung, unb ba§ fonnte Slnlaß ju
fomifd&en ©cenen geben, ^ä) erinnere mid^ mie geftem
eines 9lbenbö, an bem mir i^n fo biö auf ben großen,
länblid^nb^Itifd^en, oon Säumen umral^mten SRarftpIal
beß Ortes baä ©eleit gaben. 6r l^atte fd^on längere
"Seit über einen il^m mißfälligen ©egenftanb fe^r lebhaft
gefprod^en unb ereiferte fid^ in ber aKitte beö ?JJla$e§
berartig, baß er, nad^ feiner ©emol^nl^eit in.l^eftiger
©rregung, unfere 3lrme faßte unb rüttelte, unb baß
bie guten ©d^martauer Bürger bei bem lautroltenbcn
2^on feiner Sffiorte erfd^redft m^ il^rem tiefen ©ommer-
abenbfrieben oon ben S^l^ürbänfen uml^er aufful^rcn,
meil fie glaubten, im näd^ften 9lugenblidf fönne irgenb
eine blutige Unt^at il^ren beftbeleumunbeten ^eimatJ^ö-
ort in unerprten SBerruf bringen. 9JHt großen ©d^ritten
entfernte fid^ ber Url^eber biefer Sefürd&tung oon unö,
brel^te fid^ bann um, fam jurüd, reid^te unö bie $anb
unb fagte mit l^erjlid^er ©timme: „®ute 5Rad^t! 3^r
fommt bod^ morgen?" S)ie ©ad^e mar im Orunbe
gänjlid^ gleid^gültig , menigftenö altabgetl^an gemefen
imb ging i^n unb unö nid^t an, nur fein ^Temperament
— 163 —
rij5 if)n fort. 9tm föftlid^ften Ikf) er bicfcm unbctDufetcn
9luf6rauf?n bcffcttcn einmal fclbft S^uöbrud. ®r ^ätte
einen, Don il^m fel^r j^od^gefd^öfeten öefud^ empfangt^n;
i(i^ ging am nad^ften S^age- mit il^m unb fragte, mic
baö 3wf<^^^^i^f^«^ auögefaCen fei. ®r fd^mieg etfi
furj unb antwortete bann:' ,,®a§ ift ber oerrüdftefte
Uebcnömürbige SKenfd^ auf ber SBelt! 5ffiei§t 35u" —
unb er fa^te meinen ä^rm unb fal^ mit großen, erftaunt
über etmaö Unoerftanbttd^eä nad^pnnenben Slugen mid^
aj\ — „id^ glaube, er fielet beim ©ebattiren über eine
©ad^e jumeilen mel^r auf bie %ovtn beä 9luöbrudö aU
auf ben Snl^alt." ®ö l^iejj mit ein menig anberen
SBorten: ©eibel l^atte ij^m einigemal feine SReinungen
reci^t nad^brüdElid^ auägefprod^en. 9lud^ ber pupg fe|t
läftigen 3^^"9fi^rit befonberä oon SSerel^rerinnen
gegenüber mad^te er nad^ il^rem Sottgang feinem ^erjen
mit fraftigem Umnutl^ über bie burd^ fie nufeloö oer?
geubete ^zit Suft. S)od^ aud^ barauf folgte ftet§
• fd^nell eine SWeaction, unb er eilte roomoglid^ ben gort^
gegangenen nod^ nad^, um ein oermeintlid^ an il^nen
geübteö Unred^t roieber gut ju maö)tn unb pe auf's
liebenömürbigfte für einen 9lbenb ju fld^ einjulaben.
©eine redete ^erjenägüte bulbete aud^ naö) biefer
Slid^tung feine S3eunrul^igung feines ©efül^lä.
®r befanb fid^ bamalö in ©d^roartau im 60. Sebenö^
fal^re, unb ein S^l^eil feiner „Spötl^erbftblätter" znU
ftanb bort in jenen Sommern. Um ein 3ia]^r fpäter
uerlieB id^ ben 5Rorben, um nad^ greiburg überjufiebeln,
11*
— 164 —
unb fal^ ® et 6 et nur nod^ einmal bei einem niel^r^
tägigen S3efud^e 1880 in Sübedf mieber. 9Wan fagte, er
l^abe fid^ üeränbert, fei älter geworben, mir erfd^ien er
jebod^ pöltig als ber alte in anberem ©inne. ^n ber
3laä)t tov meiner Greife begleitete id^ il^n an^ bem
^aufe feined ©d^miegerfol^nes nad^ feiner SBol^nung
unb nal^m Dor ber Sl^flr berfelben oon il^m Slbfd^ieb.
8D8ir l^ielten un^ einige Slugenblidfe an ber $anb, bann
fagte er !urj: ,,2eb' mol^l!" unb trat rafd^ ind ^auö.
aßir mar'ö beflommen, mie id^ aUein burd^ bie breite.
l^aQenbe Strafe meiter ging; id^ mu^e aud^, bag id^
fürs ®rfte nid^t nad^ SübedE jurüdffommen mürbe: 6d
bot pd^ in ber ©tunbe eigentUd^ fein befonberer ®runb
,}ur aSefürd^tung, id^ l^atte il^n fräftiger gefunben, als
ixlf gebadet, unb mir maren oft im Seben fo auöeim
anbergegangen. 3)od^ id^ ffil^lte/bag aud^ il^n etmad
Unauägefprod^eneö bemegt l^atte. ®te Stimmung ber
5lad^t fam l^inju, id^ felbft ging in meiner jmeiten
Sugenbl^eimatl^ftabt ebenfaHö fd^on jmifd^en ben fd^meig-
famen S^nqzn eigener femer Sßergangenl^eit, il^re
Stimmen fummten geifterl^aft um mid^ l^er, baö ntitter-
nöd^tige ©lodEenfpiel pon ben l^ol^en bunflen ©oppel^
tprmen ber aßarienfird^e flang feltfam mie fd^on oor
mel^r alö einem SBierteljal^rl^unbert auf mid^ herunter,
unb iä) empfanb auf jenem ^eimmeg fül^l überfd^auert,
id^ mürbe Oeibel nid^t roieberfel^en. Später fd^manb
mir biefeö Oefül^l, oerlor fid^ im Oang ber Saläre
mel^r unb mel^r, ja fo fel^r, ba§ id^ aud^ auf bie Siad^-
— 165 —
rid^cn von ftarf üorfd^rcitcnbcr STbnal^mc feiner ßr&fte
l^in nxä)t an ein roirfUd^ed 93et)orftel^en feines SCobeö
glaubte, ^ä)- lebte im ©egentl^eil je^t bis jule^t in
ber feften Ueberjeugung, il^n in biefem Saläre nod^ ein*
mal mieber ju finben.
3laä) einem @d^laganf aK / ber il^n bereits jmei
S^age juüor in 93en)u§tlofigfeit üerfegt l^atte, ift er in
ber 3la(S)t t)om 5. auf ben 6. Slpril äRorgenä 2V2 Ul&r
im 70. Sebenöial^re geftorben. ©0 üicl id^ meijj, ift
feine ^lid^te 85er tl^a bie einjige, bie au^ feiner naiveren
SSermanbtfd^aft ben Flamen ©eibel nocS) forter^ält.
®ie SBelt ift nun um einen großen, eblen unb
guten äßenfd^en ärmer geworben. Um einen eblen
üKenfd^en — baö l^at biefeä ©ebenfblatt auäfpred^en *
gewollt. 6r ftanb faft mie ein ^embling in unferer
3eit, mit ber ©tim in eine reinere Suft ragenb/ unter
ber aud^ il^m „baä ©emeine ju mefenlofem ©d^eine
oerfan!." SlCeä Äleine, SRed^nenbe, Älügelnbe, OTtäg^
tid^e fiel oon il^m ab, mie Don feinem 9lnberen, ben
id^ gefannt ; roo er ging, maren \)0^Z/ fd^öne, leud^tenbe
©ebanfen, eö lag ©rl^abeneä in il^m. ßeiner wirb im
©tanbe fein, pd^ einer fleinlid^en 9leu§erung auö feinem
3Runbe. ju erinnern. ®r mar ein tief überjeugter
^riefter alter ©ötter ber ©d^önl^eit, unb bie l^ol^e ^Dlit-
gift il^m gefallen, nur bas ©d^öne für roal^r ju l^alten.
Unb fo mar fein Seben trog langer förperlid^er
aWarter unb bitterem 2eib frül^ entrijfenen SiebeSglüdEeö
im ©anjen bod^. aud^. ein fd^öneö, fold^en Otanj hinter*
166
laffcnb, ba§ feine $üUe, na($ einem SBorte ©oetl^eö
bei ber Setrad^tung eines antifen Sarfop^ageä, ben
Sob übenoältigt unb „bie 3lfd^e bd brinnen im ftißen
SSejirfe nod^ fid^ beö Äebend ju freuen fd^eint". Unb
fd^ön ebenfaCö ift er ins ®rab gebettet; eä mar unb
ift, mie eines feiner Sieber einfl gefprod^en:
„Unb über bie (5tebel nnb IP&tte
Unb über ben S^n% bai^in
Wo^t fefilic^ bas (5eläute
Der (ßlocfen von Sand märten.
Da fc^mtl5t in jnebensfc^auern
Was {Hirmifc^ mid? btvotqt,
Wie etnjl, wenn mir bie IHutter
Die Vianb aufs ^aupt gelegt."
' 2)ie SRuttererbe feiner ^eimätl^ ^at fid^ i^m jum
lefeten ©d^laf aufs $oupt gelegt. Siu^e fanft, ®manuel!
SBä^renb bu fd^täfft, mad^t b^in ©ebä^tnife. 5Daö
Seben ift nur ^,ber SlufentJ^alt eines ©aftes — sed
sunt aliquid Manes."
■■iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiitiit
— A/v\/^^*' — ♦ — ♦-•♦- '^^AAAA'"
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIUJ^
em
Tm-<ri°?
.Iltlljllllllllltllllllllllllllltlllllllllllllllltlllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll,
- > ♦»■♦ > -- vVWvA—
C»«-^/\/\/VVv V ♦ ♦ ♦ «^WVv>-ffi^
€manuel (Beibel in ZHünd^en.
SBoR
3öeimar.
>3m ^erbft 1852 tuurbc ®manuct (Scibet, bcm bic
„©cbid^tc" unb „SuniusHcber" bereits ben Rronj beö
jungen SRul^mö um bie ©d^täfen- gefd^lungcn, nad^
SKünd^en berufen, ^an fegte gro^e Hoffnungen auf
biefe neue Sera; war eö in SJeutfd^lanb bod^ unoer-.
geflen, roeld^e unt)em)el!Ud^e S3tütl^ejeit ®arl Suguft
für bie beutfd^e Sitteratur gefd^affen, inbem er am
eigener Snitiatioe bie bamaligen Äor^p^äen beö ^amaffeö
um fid^ vereinigte. Unb fo tjerfprad^ man fxä) von bem
äÄünd^ener fireis, ber balb burd^ weitere S3erufung oon
©elel^rten unb ©id^tern ergänjt rourbe, benen fid^ rafd^
eine SReil^e jüngerer firäfte anfd^lofe, gteid^faCd einen
neuen Umfd^mung, eine neue Olanjperiobe,
SBie ftd^ biefe Hoffnungen oerroirfßd^t, meldten
rcid^en ©rfolg fie trog aller (Segenftrömung gel^abt.
— 168 —
müfete einer umfaffenberen Sorftettung t)or6e^aIten
bleiben. 2)ie furje 3)auer jener Stüt^ejcit, bie mit
betn ä^obe bed Aönig Tla]c II. mit mit ben poUtifd^en
SBanblungen ber fed^jiger ^ai)vt il^r ®nbe erreid^te^
lä^t bie SBirfungen l^eute jroar jerfpKttert unb unter?
brod^en erfd^einen, gleid^mol^l ift il^re grud^t unt)erloren.
©eibel roax bamaU fd^on (eibenb unb fonnte bas
2Ründ^ener ftlima aHjal^rlid^ nur einige aÄonote er-
tragen. Slber maä er aud& in biefen fut^en Snter?
vaUtn aU %üf)xtx unb SJhifaget, als greunb unb Se-
ratl^er burd^ perföntid^e 9lnregung wirfte, ift bisher
nod^ niemalö red^t geroürbigt, juroeilen aud^ t)öllig t)er?
fanni roorben. Sttä ©id^ter entfoltete fid^ ber ©änger
ber ^auen Jefet mit jebem * neuen 93anb feiner ©amm?
lungen immer mel^r aU einSRann, ber aufben^öl^en
feiner 3^^* ^"^ getragen üon einer ibealen SBett?
anfd^auung aCeSSorgänge be§ SKenfd^enlebenö sub specie
aetemi erfaßte unb im DoCen SÄelobienftrom feiner
®mpfinbung fpiegelte. ©eine ©ebid^te brad^ten bamalö
nur auönal^mdmeife ^ßerfönlid^eö — in ben meiften (fei
eö in l^iftorifd^en Oeftalten, ©timmungöbilbern ober
Epigrammen unb SWomanjen) trat immer mel^r ber aCBett?
roeife l^ertjor, ber mit Slufgabe beä Snbioibuetten nur
bie ©aiten berül^rt, bie in allen ' gemeinfam tönen.
3n biefer 93ejiel^ung ift eine SSermanbtfc^aft mit (Soetl^e
nid^t ju Derfenncn. ®in bamaligeö Slpergü fagte t)on
®ei-bel, „mo er gefd^ritten, fie^t man nid^t ben Stb?
bnidf eines gufeeö, fonbem bie breite 9läberfpur eines
— 169 —
SBttgcnö, aber auf biefem fafech alte Orojieu unb SUufen"
— biefe Stttuenbung oom SnbiüibueHen unb ben ^nttx-^
ejfcn beä a;age§ mag iJ^m unb bem SKünd^ener Did^ter*
bunb ben Sflamen bes Slfabemlfd^ett eingetragen l^oben,
unb bod^ ift ntd^tö unrid^tiget atö bieö ©d^tagroort.
@eibel üerraarf nur bie f ogenannte - SCenbenjpoefie atö
unnü| unb üergiftenb für ben reinen Äultuä beö ©d^önen
an fid^. ®a§ reale Scben bot il^m au^erbem wenig
Sefriebigung, unb eö ift ein tragifd^er 3wg feines ©e*
fd^dö, ba§ er. alö Sänger ber Siebe — eine furje
gtüdÜd^e ®l^e abgered^net — in 5ffiirflid^feit t)ielmel^r
bas 2tbtn eines 9ldfeten, eineö ^riefterä geführt l^at,
bem bie Keatität unb ^oefie beä 2Renfd^enbafeinö nur
burd^ ^l^antafie unb ®mpfinbung, nid^t burd^ wirfUd^
©rlebteä Dermittelt war. SBaö ©oetfie oon feinem
Sioäfuren fang:
„Unb (^intcr it^m im mefenlofen Sd^cinc
lag, was uns alle bänbigt — bas (Semeine"
galt aud^ von (Sei bei im tiefften unb roeiteften Sinne
be§ SEBortö — bis ju bem ®rabe, bajg er fid^ fd^crj^
weife rool^l einmal rül^men fonnte, er l^abe nod^ nie
eine 3cilc ^rofa gefd^rieben.
©eibel ift nad^mals aud^ als Dramatifer auf*
getreten; ©ein Äönig SRoberid^ erregte ©rmartungen,
feine SBrunl^ilb fanb in il^rer fr^ftaCflaren unb marmor:=
glatten ©prad^e unb mufterl^ften ®infad^l^eit bes 9luf*
baues auf t)ielen S3ül^nen Eingang. 2)ie „©opl^onisbe"
errang fogar ben ©d^illerpretS, unb aufeer einem Öuftfpiel
— 170 —
,,3Kcifter Slnbrea" f)at tt unö noä) julcgt mit einem
antnutl^igen ^Sprid^roort: ,ß(iftt^ @otb wirb Kar im
geuer" befd^enft. 3)a§ aber baö S)rama nitSft fein
gelb, barüber ^at fid^ ®eibet nie ein ©el^eimnife ge^
maä)U S^rogbem waren feine Unterfud^ungen unb 6r^
örteningen über baö „5ßroblem" bed ©ramaö, bie er
ntit SSortiebe im ^eunbesfreife anfteUte, immer im
^öd^ften (Srabe belel^renb, anfpomenb unb frud^tbar
förbemb. Ucberl^aupt biefe perfonlid^en 3lnregungen;
id^ fd^lage il^re SBirfüngen minbeftenS für ebenfo folgen^
reid^ an, ate aKed mad er l^at brudEen laffen. ^ied
barf nid^t mifeoerftanben werben. (Seibelö ganje
^ßerfönlid^feit mar gleid^fam oon l^ieropl^antifd^er SBcil^c
umgeben. ®r mar ein äRann von „gro^m 3ufd^nitt"
ber pf^d^ifd^en Äonftitution. Sßeit il^m bie Äunft in
ber Slufgabe, bad Sbeale ju Derförpem, ein 5ßriefteramt
mar, fo roirfte er bemgemäfe aud^ ba, mo er nid^t
„ex cathedra" fprad^, erl^ebenb, befreienb, flärenb,
jebeö ®rftrcbte mie ju ®rftrebenbe nad^ ben pd^ften
Sielen mejfenb, gegen bie SRifere beö Sebend aber
abl^ärtenb unb abftumpfenb, titn meil il^m bunte SRealität
ber SBirflid^feit mit i^ren fleinlid^en gorberungen unb
Störungen als mertl^loä, flad^ unb nid^t ber SSead^tung
mertl^ galt.
SDBie unoergefetid^ fmb bie jal^lreid^en 3lbenbe, bie
ber Jüngere Äreiö mit il^ni unb ben anberen berufenen
aWeiftern verleben burfte, SKod^te er bann felbft feine
neueften Sieber, S3altaben ober bramatifd^en Scenen
— 171 —
mit marfig mclobifd^cr Stlmtftc Icfcn ober anbcre ©ar^
bictungen n)ol^In)oIIcnb roürbigen, immer fül^tten ^ä)
bie 3lmoefenben im S3ann jeneö gcl^eimnifeootten göuberö^
ber nur ton bebeutenben äßenfd^en au&ftral^(t. Unb
wenn bie ^näft ^tttxtQtt gormfd^onl^eit, SBol^llaut bed
9[ugbrudd> burd^ftd^tige ^(arl^eit unb reine ungebrochene
e^oraf terjeid^nung, weiter bie SSerbannung aUeö ^ßj^rafem
haften unb 2:enbenjiöfen gleid^fam baö ©d^iboletl^ ber
9Ründ^ener ©d^ule geworben, fo l^at fie bieö niemanb
anbcrem ju t)erbanfen afe ©manuel ©eibel. 3ln
fold^en 3lbenben entfaltete er bann anä) bie fd^alfl^afte
anmutig feiner Saune in glänjenbfter güHe. 6r war
im Staube, ununterbrod^en vx ben roifeigften SRätl^feln,
2)enffprüd^en unb geiftfprül^enben ©onnetten ju impro^
tnfiren; mie oft ift eö beflagt morben, ba§ oon biefen
©ebanfenblifeen feined ©enieö nie etmaö aufgefd^rieben
morben, nie etroaä aufgefd^rieben werben burfte, benn
feine uornel^me Sefd^eibehl^eit pflegte bicfe ©piele bed
älugenblid^d ju unterf d^ägen.
Unb feine ^erfönlid^feit felbft — in ben »or.
fteHungen beö beutfd^en Sßolfe erfreut ftd^ bie ©l^arafter::
figur beö Sgriferd quand m^me eigentlid^ feiner be-
fonberen ®unft. ^an benft fid^ il^n ald SCräumer,
gebaut unb ajlonbfd^einl^elben. Oeibel« 5ßerfönlid^^
feit bagegen bot in allem ben ftrifteften ©egenfag. ®r
Toar ein Äat)alier oon eleganten Umgangsformen unb
felbftbemu&tefter ©id^erl^eit, oon l^crjgeroinnenbfter Um
mberftel^lid^feit, wenn er moHte, wie t)on mönnttd^em
— 172 —
^eimutj^^ ber aud^ jDerb^eit unb @d^roffl^eit nid^t
auöfd^bg — tDenn ed 3lot\) tf)at, 99U|e fd^Uubemb
aus bcm ©onncrgciDoIf toic „Jupiter tonans", loeld^cr
©pignatnc il^m anä) * unter bcn SScrtrauteftcn ocrblicbcn
ift. Unb bann feine unerfd^öpflid^e ^erjendgüte. SSie
t)ie(en f)at er auf ben redeten SCBeg gel^o(fen^ fte.aui^
bem ^untet an bad Sid^t gebogen, il^ren $fab geebnet
auf 3al^re ^inaud — wie fegcriäreid^ rougte fein ©inftufe,
wie fein leud^tenbeä SBorbilb ben ganjen Stanb bcr
Sd^riftfteQer unb ^oeten im äluge ber 3Ritn)e(t ju
^eben.
SHI bied^ bidl^er nientg gen)ürbigte, 38irten unb
SBalten ©eibelö in SRünd^en wirb unt)ergeffen bleiben,
aud^ wenn es nur eine bemeffene 3lnjal^t t)on Salären
umfafet. Die SSeranlaffung feines ©d^eibenö ift befannt
genug« @r begrüßte ben Aönig oon ^reugen, ate er
im ^erbft 1868 jum erftenmal nd^ SübedE fam, in
einer fd^mungt)otten Dbe. 35ie nöd^fte * golge roor
mafttofer 2ärm in ben fübbeütfd^en uttramontanen
Stättern, bie jroeite ber SBerluft feiner . bortigen
Stellung.
©0 erflörlid^ bie oufeeren SSorgänge, fb unerflor^
lid^ werben Dorläufig nod^ bie inneren ^riebfebem
bleiben. Denn jur felben ^dt, alä ©eibel entlaffen
mürbe, beftanben bereits bie gel^eimen SSertrage ju
Xxvi% unb ©d^ufe jroifd^en ^reufeen unb Sa^em.
SDBetd^er innere aSiberfprud^ alfo, ba§ man ben SSer^
l^errtid^er beä l^ol^en SSerbünbeten fallen tie§, bloö weil
— 173 —
bie ultramontanc treffe, bic bamate von jenen SSet-
trogen nod^ ntd^ts nju^tc, bieö Dpfer forberte. —
S)er ftonig ooh ^ßreufeen entfd^abtgte jroar foforf ben
©ebannten auf baö Olänjenbfte/ aber ber^erluft, ben
Winä)tn erlitten, ift nie erfeßt roorben.
•^
:liii Hiihliiii Ini'iiini ,ii i.iuiiHiii.iuJMii i'ii,' • :ii,in,i,i i'iih „ ' .hi;,- i'inr, iiiiiii, 'i .'[iiiHltfliii:iii|i|ill||(|>iiiiiiiii||{tltMBIIIIIIIllllllt'g
M{ilUMiiNl|i|{i|!ii|t||||||||i|!t||!iii||t:|{i|||!>||||)|||||ii|,,||i||i|t|||,|M,'<|i|||MH
€tne (Erinnerung an €manuel (BctbeL
ÄicL
i/or einer SReil^c üon Solaren rourbe in Sübecf ein
©d^iff t)om ©tapel getaffen, baä ben SRamcn: ,,®ntanuet
©eibel" trug. ®in Sübeder Äaufmann, ber babei gegen-
wärtig war, äußerte fein SRifef allen über fold^en ®ebraud^
eines 35id^ternantenä, inbent er äußerte: ®r ift ni^tß,
er \)at nid^tö, er fann nid^tö. SRein ®en)al^r«mann für
biefe Sleufterung ift^rof. ©eorg Q^nvtin^, SruberDon
ßrnft 6urtiu§, bent greunbe ® eibel ö,' mit roeld^em
jufantmen er ©ried^enlanb ^at fennen lernen.
S)er aßann l^atte SWed^t von feinem ©tanbpunft
aus unb ® eibel \)at bafür geforgt, ba§ er Siedet bc^
l^ielt bis }u feinem ä^obe. 'S)znn unfer Heimgegangener
mar nid^tö — alä ein ^oet, 3bealift in einem ©inne,
mie pe faum mel^r angetroffen merben. SBir freilid^
fagen, leiber in ber SSergangenl^eit: @r mar ein großer
©id^ter, er l^atte ein ebleö $erj unb er f onnte 2^aufenbe
— ] 75 —
rül^ren unb erl^ebcn, ol^nc an irbifd^cii So^ii ju benfcn,
unb ^icr fogcn wir: fann cö nod^.
©cibclö SBatcrftabt ^at il^n übrigcnö immer in
^o^cn ©l^ren gcl^attcn, feine naiveren greunbe il^m mit
Siebe unb ^reue ongel^angen unb il^m feine '3^^^*
gejogenl^eit angenel^m unb feine Äränflid^fcit ertraglid^er
gemad^t. SBenn er mitunter 3lbenbd im SRatl^öfeCer
in il^rem Greife erfd^ien, fo mar eö für fie immer eine
befonbete ^eube unb er blieb rool^l me^rmal übet
Sürgerbettjeit in ber bel^agtid^en ©efeHfd^aft bei einem
®lafe. Der STbenb mar nämtid^ feine befte Qzit, am
Xaqt litt er oft ftunbenlang Sd^merjen. 2Rir fagte er
gteid^ bei ber erften Begegnung, 9lbenbö bei feinem
©d^roager Dr. SReuter: „Slm S^age bin id^ gar nid^ts
wert^, lieber ^eunb", unb mir fafeen bann alterbingö
big fpat in bie SRad^t beim $unfd^, inbem Oeibel
bemerfte: „S3ü6en mu§ id^ morgen bod^, lafe unö jefet
alfo baö ®ute nod^ mitnel^men." Der 33er!el^r mit
i^m l^attc etmaö fel^r ®igentl^ümUd^eö. Sein Oefpräd^
toar immer bebeutenb, (Stimme, Sluäfprad^e unb S3e5
tonung fel^r auäbrüdftid^, oft patl^etifd^. ^an burfte
an Älopftodf benfen, ber nod^ ©oet^e'ö unb 9lnberer
Sefd^reibung bie SBürbe beö beutfd^en Did^terä juerft
aud^ in feiner äußeren ©rfd^einung auöprögte. 3)od^
fel^Ite ©eibet ber priefterlid^e 9lnftrid^.
33ei biefer unferer erften 3"fö"^"^^^fw^ft rebete
ein jmeiter Sßermanbter und in n)ol^lgefe|ten SWeimert
nedfenb barauf l^in an, ba§ mir nur in gemeiner 5ßrofa
176
fpröc^cn unb forbcrtc um auf, aud^ SScrfe prcn ju
laffen. 35a fprad^ ©cibcl fogleid^ unb faft ol^nc
©timmc unb ©pred^roeifc ju anbem ober ju. erl^ebcn,
in fd&önen SSicrjcilcn loa, bie man alle f)attt nieber^
fd^reiben unb brucfen laffen fönnen.
^atl^etifd^ würbe er aud^ in SKienen unb ©eberben,
mm er auf SRid^tungen in ber ^oefie unb Sitteratur,
bie im grojgen 5ßublifum en vogue, il^m aber juroiber
waren, bie 5Rebe fam. ®r l^atte baö fd^ärffte ^ein^
gefül^l für mirflid^e ©d^önl^eit in feiner Äunft unb eine
eben fo ftarfe 2lbneigung gegen alle Sc^einpoefie , un?
probuftiüe Jlad^al^merei unb gemanbte ÜRittelmäfeigfeit.
3d^ tonntt mel^rere meltbefannte 9iamen anfül^ren, bei
beren SRennung er fogleid^ in J^eHen Qoxn geriet^.
9Kö er l^ter oor brei 2af)xtn ärjttid^e $ülfe fud^te unb
eine 3^itlang in einem 5ßrit)atfranfenl^aufe rool^ntc,
pflegte id^ il^n SDbenbö ju befud^en unb. mir gerietl^en
bann fogleid^ in ein lebhaftes (Sefprad^. Da paffirte
eö benn faft täglid^, ba§ ®manuel über irgenb eine
Serül^mtl^eit beö S^ageä, Did^ter ober Did^tmerf, in
3om geriet]^ unb mit geballter gauft auf ben S^ifd^
fd^lug. „Dnfel, Dnfel", rief bann feine Slid^te befänf-
tigenb, „S)u meifet ja, unten liegt ein ßranfer."
Sei ber 9lbfal^rt oon l^ier auf bem S3al^nl^ofe unter*
l^ielten mir un^ nod^ in ben legten 9lugenbliden über
griebridö Hebbel. ®r l^atte, roie id^, bieö unb baö
einjumenben, bann aber l^ob er feinen ©^linberl^ut feier-
lid^ in bie $öl^e unb fagte mit lauter ©timme, bie im
— 177 —
SBartefaal roicberflang : „3a, oor bcm Dramatifcr ncl^mc
\i) bcti ^vi ab!" ©o ctwoö gefd^a^ ol^nc Dftenlation,
ganj nait)er 5fficifc.
SSor 3al^rcn bcfud^te 16) H)n mit ^rau unb Äinbcrn
auf feinem ©ommeraufentl^alt in ©d^roartau , meine
grau fannte il^n perfönlid^ fd^on länger alö id^. 3[m
9Cbenb fd^Ienberte er mit unö burd^ ben Ort, wo beim
fd^onen SBetter bie Seute oor ben ä^l^üren fa^en, bis
äur (Sifenbal^nftation, ba mir abreifen moCten. 5ß(ö|Ud^
fing er mit erl^obener ©timme an, mein eigenes £ob
ju fingen^ namentUd^ über meinen §eifterfrog in fel^r
ftarfen 9luöbrüden fid^ }u ergel^en. 3d^ barf baö ja
mitt^eilen, ba eö unferen l^errlid^en Heimgegangenen
auf's 33efte d^arafteriflrt, benn fein Urtl^eil, burd^ ba§
er mir bamalö ben großen ©oetl^epreiö erworben l^at,
ift gebrudt unb öffentlid^ befannt geworben. 3d^ aber
roar fo erftaunt, ja freubig ergriffen, bag id^ il^m ins
2Bort fiel unb fagte: ®manuel, bebenfe, mas 2)u fagft,
iebes ©einer 2Borte l^ebt mid^ einen goH l^ier über bas
©teinpflafter, 2)u mufet bas oerantmorten, bamit id^
nid^t roieber l^erunterfalle. S)a rief er meine brei
©öl^ne l^erbei unb fagte: ^ört }u, SungenS, ^i)x fönnt
es bel^alten. Unb bann rebete er nod^ lauter, inbem er
feine SBorte mieberl^olte unb bie 9lufmerffamfeit ber
guten ©d^martauer nebft il^ren S3abegäften nid^t menig
erregte. 2Bie follt id^ fein nid^t mit Siebe gebenfen
unb feinen SSertuft mel^r nod^ als oiele Slnbere beflagen
unb gern erjfil^len, mie Siebe unb Sld^tung jmif d^en
©manuel ©eibel, ein ©ebcnf&ut^. 12
— 178 —
uns gegcnfcitig xoat. Ucbcr feinen nid^tö Ungeroüjin'
lid^eg, nid^tö Slomantifd^ed btetenben Sebendlauf l^otja
bod^ [d^on iebe S^^t^^ß berid^tet, unb jur ßl^araftcriftif
beft 2)id^terö unb ÜRanneö etroaö ju [agen, beffen SBerfe,
ber ©piegel [eineö SBe[enäi> in meler 2^aüfenbe ^änbe
ftnb, wären nid^t am 5ßlafe unb überflüffig. Sttur ein
liebenbed SBort ju [einem 5Ängebenfen moDte l^ier ein
^eunb bed ^ingefd^iebenen auöfpred^en^ nad^bem
®rab fid^ über il^n gefd^Ioffen f)at.
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€manucl <5eibcl.
9<tttl IBinbau.
SBcrlin.
Unb ipteber treibt es in ben ^annerif
' Unb ipieber locft's vom blauen ^elt,
(Ein ^flttgelbef^nen, Segelfpannen
(5et;t ungebulbig burc^ bie IDelt,
— im Srül^Ung, in bcr 9lad^t jum ^almfonntag ift
bcr ©änger bicfcd (^rufeeö an ben Senj, ift (Snianuel
Ocibcl in feiner SBaterftabt fiübecf nad^ langen,, fd^weren
Seiben geftorben. ajlit i^m ftcigt aud& ber l^rifd^c
SHd^ter beö vorigen Oefd^led&tö, bas t)on ben Slaffifern
auf unfere 3^^^ l^inüberfül^rt , in bie ©ruft. 2)enn
roenn feine ^erolbrufe aud^ tJoBtßnig unb fd^mettemb
unfere Oegenroart burd^flungen l^aben, fo würbe Oeibet
bod^ immer ju Jener ©ruppe t)on 2)id&tern gered&net,
mit benen er, mie mit Sreitigratl^,^ern)egl& unb
12* •
— 180 —
3lnafta[iuö Orün,- feine erften Sieber in bie 2Bclt
gefungen f^at ...
2)er (Srnft, bcr fein biti^terifti^eö SBefen erfüllt,
jeigt fid^ anä) in feinem ganjen bid^terifd&en ©d^affen,
in feiner 9lrbeit. Unfere Sitteratur ^at feine in ber
gorm DoBenbetern S)id^tungen, alö bie ©manne 1
©eibelö. ©eine ©prad^e ^at' bie„9leinl&eit ber ©lorfe
unb bie Älarl^eit beö ÄnjftaBö. 93ereitn)iBig fügf fic^
ber 9teim feinem Oebote, unb feine SSerfe ffiefeen in
metobifd&em gaBe unb rounberooBem St^tl^muö bal^in.
9lid^t nur bie moberrie, fonbern aud^ bie antife %öxm
meiftert et in berounberungöroürbiger SBeife. ®r roill,
roie er eö in feiner Dbe an Söfob 93urf^arbt au^fprid^t,
bafe bie gornt ber 3llten unfern 2)id^tungen erl^alteu
bleibe, ber 5ßfab, benÄlopftodE gebal^nt unb tönenbeti
©d^ritteö 5ß taten geroanbelt, foBe nid^t juroad^fen,
roenn aud& bie beglüdfte Siebe ben SHeim mäl^lt unb
bie 2^onfunft fid& beffen freut. „S)er inl^altfd^roere ©c^
banfe roiegt fid& gern auf ber langauöroBenben, ton«
gefd&roeBten SBoge beö SHi)tl^muö." SBäl^renb man bei
unfern 2)id^tem unb aud^ bei ben größten unter il^incn
oft . eine bebauerlid^e SSernad^Iäffigung in ber gorm,
eine SSergemaltigung unferer ' fd^öneu SRutterfprad^c
rügen barf, läßt fid^ gegen ©eibel t)ieBeid^t gerabe
ber umgefel^rte SSormurf einer aBjupcinlid^en ©orgc
um bie gormt)oBenbung erl^eben. ©einen mol^llauten'
ben, DöBig abgerunbeten Oefängen ift feine §arte im
Älang ju eigen, feine ©pröbigfeit im SÄuöbrude, feine
— ^ 181 —
^albfertigfcit. 3Mt übertriebener ©auberf eit l^ot bie
geile jebe UnebenJ^eit-ftefeittgt; aBeö au^egtid&en, ab- '
gefd^liffen; für bie fünftlerifd^e ©d^önl^eit beö SRife-
flangeö, ber ^erbl^eit, ber ffijjenl^aften 9taul^'l^eit fd&eint
il^m ber redete ©inn .ju feilten. SBol^I tl^eitna^mötod,
mnn nid^t gar mit einem Oefül^le beö Unbel^agenö
würbe er bem SronjesStol^gufe gegenüberftel^en. ®r
ru^t unb raftet nid^t el^er, alö biö fid^ feine 3lrbeit in
ieber ©injetlö^it l^armonifd^ getunbet unb geglättet l^at.
6ö läfet fid^ nid^t leugnen, bafe baburd^ bie geniale
Unmittelbarfeit ju ©d&aben fommt, ba§ fein 5Kudbrud,
ber immer mol^lermogen unb mol^lgeftaltet, an freier
Unoüd^figfeit unb urfprünglid& fröftiger ®d^tl^eit mit^
unter ®in6u|e ju erleiben l^at, bafe man bei. feinen
füfeflingenben Siebern wie meilanb S^annl^äufer ben
SBunfd^ nad^ Sitternifffn nid^t immer unterbrüdEen
fann. ®r felbft l^at baä mol^lempfunben unb auö^
gefprod^en unb fo fd^ön gefagt mie man ed nur fagen
fann:
„ . . . Den 2lusbrttrf aU^n bebenflid? ♦
^rtoägenb, tjcrpfufc^ ic^ itjn leicht 3U farblos Reifer Correctijcit,
Statt in bet^aglic^em ;((ug frtfc^tpe^ von ber £eber 5U plaubent;
(Sans n'te ber Schnabel mir ipuc^s."
©eibeU.meifterlid^e S3el^errfd&ung unferer ©prad^e
mad^t e§ erflärlid^, ba§ er unter ben Ueberfe^ungö^j
fünftlem unfereö SSaterlanbeö eine erfte ©teile einnimmt,
©eine SRad^bid&tungen aM bem Stalienifd^en, ©panifd^en
unb granjöfifd^en in Oemeinfd^aft mit ^^5aul ^e^fe.
— 182 —
Snebrid^ r>on 6d^acf unb Ccutl^olb, feine Ueber^
tragungen aus ben alten ©prad^'en, bie er im „ßtaffifc^en
fiieberbud^" jufammengefteBt l^at, finb unübertroffen, ja,
unerreid^t. 6in ©d^erj feines SebenS ift es getpefen,
baß er, beffert I^rifd^e ©ebid^te einen nod^ nid^t bo^
genjefenen @rfoIg errungen l^atten, als 2)ramatifer bic
redete. Slnerfennung nid&t l^at finben Jfönnen. „SReiftcr
5Änbrea" ift längft tjergeffen, „6opl^onisbe" ju ben
Siebten gelegt unb „93ruhl^ilb", bie 3ol^anneS ©d^err
ben beften ©aben ber tragifd^en ÜRufe bes ;9. 3^^^-
l^unberts beigefettt, fteigt nur fetten an irgenb einem
ftrebfamen ^oftl^eater, bas eine neue tragifd^e ©d^au-
fpielerin prüfen tojB,' aus ber SSerfenhing auf, um als-
balb mieber ju Derfd^minben. 3n bittem SBorten flagte
mir ©eibel, bafe il^m in feiner Slbgefd^iebenl^eit unb
SBereinfamung Jebe STnregung jur bramatifd^en ©id^tung
fef)le, unb er l^at biefer Älage aud^ fpäter^ in einem
feiner ©prüd^e bid^terifd&en 9lusbrud gegeben:
€m t^ersHc^ £teb gebeit^t wolil {H0
3n Bufc^ unb ZOalbcsgrüne,
Doc^ iper ^ragöbten biegten miü,
' Braucht iDeltüerfctjr unb 23ü(jnc.
„SBrun^ilb" ^ätte in ber Xf)at ein bejferes ©d&idffal
Derbient. 2)as 2)rama entpit großartige ©d^önl^eiten.
greilid^ ift eins ber Hauptmotive, bie Ueberroöltigung
33runl^ilbes burd^ ©iegfrieb ju ©untl^erS kommen,
nid^t ganj unbebenf lid^ ; es ift fogar red&t bebenflid^.
9öas fid& t)om ©tanbpunft unferes 2:^eatem)efens unb
— 183 —
4
aud^ Don unferm mobcmcn ©mpftnbcn bambcr [agcn
Ififet, l^at aiubotf ©ottfd^alt fo erfd^öpfenb unb gut
n)ic tnöglid^ gefagt. 6r meint, bafe ein SBeib, baö fid^
einem SBanne Dttmaf)it ffat, ftd^ il^m aber t)ermöge
il^rer atl^tetifd^en Äörperfraft entjiel^t, bafe ein ÜRann,
ber biefeö SBeibeö t)ergebenä ^err ju merben [ud^t,
feine Dl^nmad^t bem ^eunbe befennt unb biefen um
Seiftanb bittet, baß enblid^ biefer greunb, ber bie
3Sl^mung ber SBiberfpenftigen übernimmt, mit il^r ringt,
fie berofiltigt, [xt anä) unter baö red^tmöfeige ^oö) ber
@]^e bringt, inbem er, treu feiner eigenen ©attin, jurüds
tritt — bafe biefe ©eftalten ber ^elbenfage nid&t unter
ben bürgern beö 19. 3al^rl^unbertä umJ^erroanbetn
bürfen, ol^ne ©efal^r ju laufen, il^ren ©ruft einjubüfeen
unb JU einem 2Bi|e l^erauöjuforbern. Unb in bem*
felben ©inne mie ©ottfd^all äußerten fxä) anä) bie
meiften berliner Äritifer, alö baö ©tüd im 3uni 1872
mit ®lara S^^i^^^ gegeben mürbe. 9ln biefe SÄuf*
fül^rung tnüpfen einige ©riefe t)on ©eibet an, bie
üieDeid^t in meitern fireifen 2^^eilnal^me ju erregen ge^
eignet fmb. 3luö Sübed t)om 13. äuni 1872 fd^rieb
er mir:
„93eften 2)anf, t)erel^rter ^eunb, für 33ricf unb
©enbung. . ajleine furje 3lnfrage merben ©ie ber be?
greiflid^en $Reugier t)erjiel^en ^aben. 2)ie Äritifen l^abe
id^ mit Sntereffe gelefen; fie entl^atten freilid^ mand^eö
red^t Dberflöd^lid^e unb Unt)erftönbige, auf ben ^aupt^
tjormurf aber, in bem fie faft aUe übereinfttmmen, bafe
— 184 —
nSmlidö baö Srautnad^tömotit) bcr mobcmcn ©mpftn-
bungötoeifc nid^t cnifprcd^e, roeife iö) ebctt nid&t oict ju
^riüibern, unb iDenit fie fonft nur bic bid^tcrifd^c unb
bramatifd^c ©d^öpf ungäf raft , bie fid& in bem ©tüde
joffenbart, ancrfenncn, fo wiB \ä) gern mit il^nen ju*
friebcn fein. 3d^ fafe, alö id^ bie 33run^ilb fd^rieb,
fo tief in mittelalterlid^en ©tubien, ba§ eö mir baju^^
mal feine fo arge äwmuti^ung an ben Sefer ober 3^-
fd^auer fd^ien, aud^ [tritn bebenflid^en ^unft alö einmal
jur ©ad^e geprig rul^ig mit l^ineinjune^men. §reilid|
l^ätte id^ biefen SKnftofe — unb id^ l^abe beim ®nt^
werfen einmal ein paar 2^age lang ernftl^aft baran
gebadet — Döllig permeiben fönnen, inbem id^ t)on
tjoml^erein ben g^njen ©onflict auf bie eine erfte
SCäufd&ung beim Sißettfampfe baute; allein ba^ ©tüdf
mürbe baburd^ an tragifd&er ^öl^e unb abfoluter innerer
Sftot^roenbigfeit verloren l^aben, maö eö an S^iöängli^-
feit für unfer ©efül^l gemann, unb biefelben Seute, bie
leftt am lauteften bie unerträglid&e grembartigfeit be§
SSorgangö t)erurtl^eilen, mürben bann ebenfo laut über
Slbfd^mäd^ung unb SBermäfferung ber, überlieferten, ieber^
mann befannten großen SRotiüe geflagt l^aben. ^nhm
reijte mid& offen geftanben baö SBageftüd, unb menn
meine 3Kufe fiä) and) babei ein wenig baö 33ein Der-
ftaud^t l^at — id^ fann ben feden ©prung nod^ immer
nid^t bereuen, greunbfd^aftlid^ treulid^ft ber Sl^re.
(Smanuel ©eibel."
3ld^t S^age barauf fd^rieb mir eibel,. bem im
— 185 — ^
jroif^en meine SJefpred&ung beö S)ratnaä juflcgängen
war, bie in mand^en mcfentUd^en ^ßunften mit ben
anbern nid^t übereinftimmtc, auö S^raüemünbe vtm
19. 3uni baö golgenbe:
„3Sevel^rter ^eunb! Siad&bem id^ geftem ton
Sfibed l^iel^cr übergefiebclt bin, um für einige '3^^*
Seeluft unb ©titte ju genießen, barf id^ nid^t länger
faumen, S^&nen für 3Jlire SSefpred^ung ber „33runi^ilb"
l^erjlid^ ju banfen, bie enblid^ einmal ba§ mirflid^e
^auptt)erbienft beä ©tüdEeö alö ^auptfad^e bel^anbelt,
nämlid^ bie bramatifd^e ©ntwidlung ber ganjen ^anb?
lung auö einem einjigen ftarfen fieibenfd^aftömotioe.
©eltfam, bafe unfere meiftcn 2^l^eaterfritifer t)on bem,
worauf eö beim -S)rama eigentlid^ anfommt, fo blut?
Tüenig Derftel&en, ja, ba§ felbft l)od^begabte ^oeten bar^
über üöHig im Unflaren fmb. Sißie oft l^abe id^ mid&
jum S3eifpiel wrgeblid^ bemül^t, einem mir befreunbeten
Sramatifer au^inanber ju fe|en, bafe nid&t baö blo§e
6reigni§, ber äufeerlid^e SSorgang, bie unt)orbereitet l^er?
Dorfpringenbe 2^l)at bramatifd^ mirft, fonbem nur ba§
fid^tbar Nmerbenbe, innerlid^e Steifen ber jule|t jur 2^l^at
füljirenben ©ntfd^lüffe. ®r begreift mid^ eben nid&t unb
fol^rt fort, ®efd^i(^te ju bialogifiren, aUerbingö oft mit fo
glüdtid^er ©l^arafteriftif unb mit fo eigentl^ümlid^ frifd&er,
Dolfötl^ümlid^ angelandeter SJiction, ba§ man trofe be§
äJlangelä faft alter jufdmmenpngenben gortbemegung
feine 8tüdEe bennod^ gern lieft. 3Baö id^ über bie
2)arftellung ber „Srunl^ilbe" l^öre, Hingt untröftlid^
— 186 —
genug/ unb ed ift geiDtg beffer, bag td^ mä)t babei ge^
roefen bin; bcnn obrool^I [onft banf barer 3wi^orer, bin
id^ bod& bei Sluffül^rungi eigener ©ad^en nur aBju ge?
neigt, bloß baö SJrudEfcl^leroerjeici^nil ju ^oren. aJlein
Äopf ift leiber nod^ immer rcd^t angegriffen. SJlöd^te
meine alte ^eunbin, bie©ee, mir enblid^ frifd^ere
2^age bringen. 2Bit beften ©rüfeen treulid^ft ber 3l^re.
®manuel Oeibel."
Sd^on in biefem 33riefe unb in faft aBen Briefen
ber frül^em Saläre Wagt ©eibel über feine ©efunb^eit,
biefelbe filage feiert in aßen fpätern mieber. Slud^ in
bem legten mel^mütl^igen ©d^reiben, baä er an mid^
gerid^tet l^at. ©eibel litt «an einer unl^eilbaren ßranf-
l^eit, bie il^m täglid^ entfeglid^e ©d^merjen bereitete.
2)iefe ©d^merjen fteDten fid& gemöl&nlid^ im Saufe ber
3laö)t ein, fteigerten fld^ biö jum 2Rorgen unb mürben
fo furd^tbar, ba§ er barüber bie 33efinnung faft perlor;
menn fie enblid^ aufl&örten, mar ber ©id^ter fo erfd^opft,
bafe er mef)rere ©tunben brandete, um einigermaßen
mieber ju firäften ju fommen. ©eine unglaublid^ roiber-
ftanböfäl^ige unb im übrigen fo fröftige $Ratur gemalerte
if)m bann gemöl^nlid^ einige fd^merjfreic ©tunben am
Slbenb, unb bann mar er fo l^eiter, fo aufgeräumt, fo
frifd^, ba§ man faum faffen fonnte, mie bem unglüdf-
lid^en 3Ranne nur eine für je 5ßaufe bef4)ieben mar, bie,
mie er mußte,, balb ju ®nbe gelten unb neuen Qualen
meid^en mürbe. ®ö mar unbegreiflid^, baß er ftd^ ba
biefe pl^rififd^e firaft unb feelifd^e ©törfe bema^rcn
— 187 —
fonntc. 9K§ id^ il^n im 3uU 1878 befud&tc uttb einen
mir unDerge^lid^ gebliebenen Slbenb mit il^m Derbrad^te,
iiberrafd^te mid& alle§. 3d^ ^atte mir von Oeibet
nad^ feinen bid^terifd^en SBerfen, nad^ ber munberbar
taubem, gejirfelten ©d^öril^eit feiner ^anbfd^rift unb
nad^ ben mir bcfannten 33ilbern eine ganj anbere SSor^
fteHung gemad^t, bie namentüd^ burd^ ben ftilifirten
©l^arafterfopf Donfiaulbad^ völlig Dermirrt mar. ®r
fa^ üiel weniger l^rifd^ au^, alä i^n feine Silber bar-
fteHten. (Sin cnergifd^er, fd^arfer, • fluger, polemifd^er
Sopf mit trofeigem 33art, ein 3Rann, ber mir gleid&jeitig
i^eftig unb babet patriard^alifd^ gemüt^Hd^ erfd^ieu/ trat
mir entgegen. ®r fptad^ mit ungemol^ntem ^eimutl^
t)on aBen ^erfönlid^feiten unb SSerl^ältniffen, bie mir
berül^rten, oft mit einer fd^neibigen StüdEfid^töIofigfeit,
bie ba§ Seben in ber ©ro^abt nur ju fe^r abfd&mäd^t.
®r mar in ber rofigften Saune, unb biö tief in bie
3lad^t blieben mir beim Olafe Sißein fifeen in feinem
be^aglid^en ^oetenftübd^en, t)on bem au§ fein 33lid
einen S^l^eil ber fd^önen alten ©tabt unb il^rer lieb^
lid^en Umgebung bel^errfd^te. 6r mar fo vergnügt unb
frifd^ mic möglid^, unb id^ badete mel^r an ben luftigen
3Jlufifanten, ber am 9lil fpajierte, alö an ben SRann,
ber baö fd&mermütl)ige SBort gefagt:
(Es fitngt bas Wort fo tr.awrtg gar,
;JatjrV ipoljl, fat^r' mol^l auf immerbar I
ate id^ il^m' bie ^anb jum Slbfd^iebe reid^te. ©r ladete
— 188 — •
unbcfaHgcn, unb er iDufetc bod& ganj genau, bafe jii
bie teuflifd^en ©d^merjen in roenigen ©tunben mit her
^ünftlid&feit unbamtl^erjiger SBud^erer einftcBen unb
il&n, jä^lingö -ani bem erquidcnben ©d^tafe aufrütteln
mürben, ©eit ber JJerl^eirat^ung feiner einjigen unb
geliebten J^od^ter mit einem angefel^enen Slrjte in Sübedf
mar feine 5Rid&te, bie liebenämürbige 93ertf)a ©eibel,
feine treue Begleiterin unb unermüblid^e ^Pflegerin.
Sal^relang ^at er biefeö qualooHe S)afein mit einer
©tanbl^aftigfeit ertragen, bie jur 33emunberung l^erauö-
forbert, unb burd^ bie ©d^öpfungen feineö regen unb
eblen ©eifteö feine förperlid&en ©d^merjen ju linbem
gefud^t. 3lllmäl^lid^ aber rourbe fein S^f^^"^ immer
unerträglid&er unb raubte il;m in graufamer SBeife aud^
nod^ feinen legten S^roft,. feine liebfte ^eube: bie greube
gn ber 5lrbeit. SSon feinen fd^meren Seiben l^at i^n
ber 2:ob nun befreit, ©manne l ©eibel l^at il^n
ermartet feit langen 3öl)ren unb il^m unuerjagt ins
Sluge gefd^aut.
3m Spätljcrbftlaubc ftetjt mein £eben,
§u (Enbe ging \>as frotje Spiel.
Die Sonn' erbla§t, bie tiebel weh^n,
Unb balb, ic^ fül^rs, bin ic^ am Siel.
®r l^at gemußt, bafe fein fieben fein oergeblid^eö
geroefen ift unb ba§ feine SBerfe nid^t mit il^m untere
gelten. 2Baö er aud^ erbulbet, bie ^eube l^at il^m
nid^t geraubt merben fönnen, an feinem Sebenöabenb
— 189 —
no^ bic [eJ^nlid^ftcn SBünfd^e feiner fid^njärmerifd^en
Sugenb Dcmrirflid^t ju fe^en. 3Rit banfbarem ^ol^^
gefül^le ift er von unö gefd^ieben —
Ucbcr bcm (5rab auffkeigenber 2lar, 3U iDcId^em bcr (Sötter
Dort im Sterncngefilb jircb^ bu geflügelt empor?
(Sluäjug auö ber „min- 3tg.")
€in (ßcbenfblatt
Sias Staibtä.
Sßicn.
lüie ftitt c§ um mid^ ift! Seinal^c fo ftitt, wie in
meiner ©eele, bie be§ [d^merjUd^ entbel^rten griebenß
enblid^ fid^ erfreuen barf. S)a3 ^auä, in bem id^
mol^ne, \)at längft fid^ jur di\if)t begeben, aud^ in ber
Slad^barfd&aft brennt fein 2\ä)t mel^r, unb menn id^ an^
genfter trete, bringt faum baä ©eräufd^ eineö Dorüber^
rottenben SBagenö ju mir l^er ober ber ©d^ritt eines
[pöten SBanbererö, ber ftd^ in ber 2Beite tjertiert. 9Som
bunfetblauen §immel leud^tet ber ÜRonb, ein lauer
SBinb fpiett mit bem jarten Saube frifd^begrünter ^&nmt,
fte fd^ütteln bie emften Häupter, mie unmiHig, bafe fie
im ©d^lafe geftört werben, unb niden gleid^ roieber ein.
®aö ift bie redete ^eierftunbe, um ben ®eift eines
©id^terö ju empfangen, ju bem id^ 3^it meines SebenS
— 191 —
aufgebücft fiabe, wie ju bem l^cBen freunbUd^en Stern
bort oben.- S)er Stern gef|t md)t unter, aud^ roenn bie
9lebcl xi)n DerJ^ülIen ober bie ©onne beö nüd^ternen
SBerfeltageö i^n auöjulöfd^en brol^t; er l^at feinen feften
iUag am gimtament unb wartet hinter ber SBolfem
roanb, biö bie trüben S)ünfte fid^ jert^eilen, um fd^öner
unb glänjenber mieber üorjufd^immern.. 2)ie Seute
fagen, ®manuel Oeibel fei geftorben ; id^ fann eä f aum
glauben, benn iö) fel^e mcitten ©tern. 9lber id^ l^öre
aud^, mie auö l^immlifd^er gerne bie meid^en ÄlSnge
eineö SKenbelöfol^n'fd^en fiiebeö, unb bie mol^lbefannte,
frül^t)erl^ante, unDergefelid^e Stimme, t)on meld^er id&
bie fd&lid&te SBeife juerft vernommen, mitt mir bie
fd^limme 5Rad^rtd^t beftätigen: „ßö fUngt baö SBort fp
traurig gar: gal^r mol^l, fal^r roöl^l auf immj^rbar!"
Unb id^ gel^e jum Süd&erfpinbe unb l^ole einen ab^
gegriffenen grünen 33anb l^erunter, ein ©rbftüdE, baö ju
meinen liebften Sertgt^ümern jäl^lt. SSor t)ieräig ^al^ren
ift baö 95ud; — OeibePö erfte. ©ebid^te — mn gemefen,
unb bie 3IUgen, bie bamate l^ineinf^auten, waren jung
unb Mar; fie lafen mit frol^er 93egier t)on all' ber
roel^mutl^öDollen ©eligfeit, bie barin entl^alten, unb
würben beö Sefenö nimmer mübe, wenn aud^ mand^mal
eine SC^räne il^ren 33Htf t)erbunfelte. 2)ie lieben treuen
Sugen! 9lud^ fie l^aben fid^ für immer gefdE)loffen unb
wad^en niä)t mel^r über baö Seben 2)erer, auf benen
fie einft mit mütterlid^er gürforge gerul&t. ©in Sd^merj
mdt ben ^nbern auf. ®er S)id^ter weife e§ nid^t, wie
— 192 —
baö 2o§ unjäl^ligcr ^erfoncn mit feinem SBefen ftd^
Derflid^t, er fennt bie ^erjeit niä)t, meldte an feinen
Sippen l^ängen, unb l^at feine 5l^nun8 bat)on, bafe er
felbft mit ber beftimmenben ^anb eines ©ottes in frembe
SÄenfd^engefd^icfe eingreift. Ober erfäl^rt er eä bod^?
3lud einer forgfältig aufbemal^rten 2Äappe mit 9Ranu?
fcripten jiel^e id^ ein tl^eureö S3Iatt l^eroor mit bem
S)atum: Sübetf, ben 25. $Rot)ember 1871.
„SBcr t)on fo fd^mercm ©daläge getroffen ift, nrie
Sie, lieber Äatbed, bem erfd&eint leidet Jeber nod^ fiv
treu gemeinte 2^roftt)erfud& alö bebeutungölofe^l^rafe; unb
fo mitt id^ Sinnen benn l^eute nur fagen, mie tief e^
mid^ bemegt i^ai, von 3l^nen jugleid^ mit Sl^ren freunb^
Ud^ l^eiteren Blumengrüßen bie erfd^üttembe S^rauer^
bolfd^aft ju empfangen. 2)ie Feuerprobe, bie pe ju
beftel^en l^aben, ift l^art, unb eö märe unmenfd&lid^ ober
übermenfd^lid^, wtnn Sie nid^t flagten. SÄber nur nid^t.
oer jagen! gaffen ©ie alteö ^ol^e, ®ble unb ©öttUd^c,
ma§ ©ie in 3^rer 93ruft tragen, mit üerboppelter Sraft
in fid^ jufammen unb ©te merben aud^ bieä überminben;
©ie werben eö erfal^ren, baß baö äußerlid^ SBerlorene
in treuem liebeoolten ©ebanfen bod^ nn§^ ein föftlid^e^
unentreißbareö ©igentl^um bleibt unb unö jum S^aliö-
man mirb für bie weiteren Kampfe beö 2thtn§t. ©ie
l)aben nod^ t)iel ju fd^affen, unb bie SBelt, bie Sinnen
l)eute mie in bid&tem 9iebel oer^ültt liegt, mirb Sinnen
bod^ mieber blül^en, wtnn fie aud^ bem fd&mergeprüflen
SRanne ein anbereö ©efid^t jeigt, al§ bem fd^märmenben
— 193 —
SüngUng. 3ii treuer S^^eilnal^e brürft Sinnen bic
§onb 3f)r alter greunb ©manuel ©eibcH"
^ä) fenne bcn S3rief auöwenbig; unb bod^ erfd^eint
er mir [o neu, alö ptte id^ x\)n titn erft empfangen,
©eltfant, ba§ bie erl^ebenben SBorte, weld^e mxä) über
ben 2:^ob meiner SÄutter ju tröften oerfud^ten, nun aud^
mit bem ^infd^eiben meines greunbeä unb SWeiflerö
mid^ t)erfö[)nen [oUen! SKir ift ed, alö fül^Ite id^ feine
^anb, bie id^ leiber niemals im 2titn gebrurft l^abe,
in ber meinigen rufien, als fal^e id^ il^n Dor mir, mie
id^ il^n nie gefeiten, ben [pärlid^ ton grauen Sorfen
umgebenen energifd^en ©l^arafterfopf mit ben büfter ju*
fammengejogenen Slugenbrauen unb bem gemaltigen
Äncbelbart, ber el^er auf einen ©olbaten, als auf einen
S)id^ter [daliegen lie^. SSBas mir feine Sunt igung gemann,
fattö es nid^t bie an ben 2^ag gelegte Segeifterung für
feine l^errlid^e 5ßoefie mar, mirb mir mol^l immer Der?
borgen bleiben. Unb l^atte id^ meine marme SBerel^rung
nid^t mit bem ganjen beutfd^en 33olfe gemein, bas mie
}u einem 9lational^§eiligen ju il^m auffal^? ©ie Sugenb
iaud^jte il^m ju, bie grauen fd^märmten für il^n, bie
Männer ad^teten il^n unb bas ällter lieg il^n gelten.
2BaS fonnte il^m alfo bie überfd^mänglid^e ^ulbigung
eines namenlofen Jünglings bebeuten, ber feine ©tubien
über bilettantifd^en Steigungen oerfäumte unb bem reifen
Äünftler ben erften 33anb feiner ®^mnafial:jS5rif ju
%n%tn legte? S3efagter Süngling mar bamals aUerbings
anmafienb ober naio genug, ju glauben, er oerbiene bie
(Smanuel ®et6et, ein (&tUntbuä). 13
— lU —
l^ol^c 2luäjeid^nung, bie i^m bcr @ef eierte baburd^ er?
cOTteö, ba§ er fid^ um [ein SBol^I unb SBel^e fümmertc,
ja er roagte ed [ogar, mit bem greunbe wegen ber
fd^riftUd^en Semeife feiner @unft ju fiabern. ©eibcl
mar l^od^l^eriig genug, mir nid^t ju jürnen. 6r beftärfte
meine 3uoerftd^t unb [ud^te mid^ ju förbem, fo t)iel er
fonrit^. Seine eigenen SBortc mögen für i^n felbft
reben!
„^obtn Sie taufenb ^^anV' — fd^reibt er am
29. aJldrj 1871 — ^,für Si^re lieben 3^il^"/ ^^^ "^i^
fo freunblid^ über bie Sluffül^rung meiner S3runl^ilb in
Sredlau berid^ten ! Sie l^aben mir baburd^ eine redete
greube bereitet, menn id^ mir aud^ fage, bafe id^ ben
größten ä^J^eil beö äußeren ©rfolged mol^I ber 9lnjiel&ungS'
traft ber ^auptbarftelterin unb ber altgemein gel^obenen
Stimmung am ©eburtötage beö Äaiferä ju banfen l^abe.
— Ueber mein Sd^meigen werben Sie weniger ftreng
mit mir redeten, xotnn Sie erfal^ren, bafe id^ feit Sal^reö^
frift fd^mer leibenb bin, unb bafe bie Stunben gejäl^lt
finb, in meldten id^ oon argen Sd^merjen unb SBeangfti?
gungen t)erfd^ont bleibe. SBaö id^ überl^aupt noc^
fd^reibe unb fd^affe, ift bem miberftrebenben Äörper nur
mül^fam abgerungen.
SWit 3l^ren ©ebid^ten ift eö mir eigen ergangen.
^ä) l^atte t)or einigen SJlonaten, wie id^ . Sinnen ja
fd^rieb, nur l^ineingefel^en unb mir, ba id^ jufättig 'nur
auf l^eitere. Stüde traf, ein burd^aud irriges 83ilb 3f|rer
SDlufe, a(ö einer leidet unb jugeubfrol^ bal^infd^mebenben,
— 195 —
gefd^affcn. aSielleid^t mod^te mir gcrabc barunt, aU iä)
fpätcr ba§ S3ud^ im 3wfömmcnl^ongc burd^Iaä, SJland^cä
alljutief ocrfd^attet crfd^cincn. 3d^ empfing bcn ®inbrurf
eines in pd^ abgefd^toffenen Sb^Uä mit elegifd^em, faft
trogifd^em Sludgange unb von irbermiegenb büfterer
Färbung. 3a, mir trat l^in unb roieber, mie bei £enau,
eine geroiffe ©d^melgerei im Sd^merjgefül^I entgegen,
bie mid^ nid^t rein erquiden moUte. 2)ic Sieber ftnb
offenbar mit ben jarteften gäben 3l|red eigenften S^benä
burd^road^fen, unb id^ mage ba{)er nid^t, an ba3 ©injetne
ju rül^ren; im Slltgemeinen aber barf id^ molil für ben
mir liebgemorbenen SJlenfd^en unb 2)id^ter ben Söunfd^
auäfpred^en, bafe bie ^eriobe ber 2^rauer unb S3itterf eit,
lüeld^er ein bebeutenber ^l^eil ber ©ebid^te entftammt,
jur 3eit übermunben l^inter ^^ntn liegen unb jener in
fid^ oerfölinten unb meltoffenen ©timmung gemid^en fein
möge, beren ber S^rifer t)or Slltcm bebarf, um ben
SÄeid^tl^um feineö inneren 2tbtn^, fid^ felbft unb älnberen
jur Suft, fünftlerifd^ ju entfalten.
2Bie gerne würbe id^ 3l^nen perfönlid^ begegnen!
Sül^rt ©ie benn ein günftiger ©tern nid^t einmal in
unfere ©egenb? 3d^ meineötlieilö bin leiber burd^ mein
Ucbel unerbittlid^ an bie ©d^oUe gefeffelt. . . . — 3ln
unfern alten §oltei bie fd^önften ®rü§e! ®r mirb
fid^ trog feineö ftarren preu^ifd^en SRo^aliämuö fd^liefelid^
bod^ olinc aJlurren in baö Äaifertl^um ber ^ol^enjoltern
gcfunben l^aben, in bem mir 3üngeren bem ©^mbol
ber beutfd^en 6inl)eit entgegenjubeln. ..."
13*
— 196 —
Siegt mä)t bie ganjc t)orncl^me, roal^rl^aftige unb
licbcnöroürbige SRatur ©eibelö in bicfen QtiUn an^-
gcfprod^cti ba? SBic befd^ciben Ic^nt er ben ©rfolg
feiner SRibelungemä^ragobie von fid^ ab, wie Hör unb
gefaxt überfielt er [einen l^offnungölofen 3wftanb, wie
beftimmt unb bod^ wie milbe beurtl^eilt er bie ®rft^
Hnge bed 9lnfängerd, wie biäcret unb wie gefd^idt
weidet er unliebfamen Sluöeinonberfegungen au^, wie
fd^Iid^t unb überjeugenb fe|t er ber Äinbcrfranfl^eit ber
mobemen 2t)rif, bent SBeltfd^merj, fein fünftlerifd^eö
©loubenäbefenntnife entgegen, unb wie roatm brid^t
am ©nbe fein patriotifd^eä ©elbftgefülil l^eroor! 9lod^
d^arafteriftifd^er für feine ooHe unb rürfl^altlofe Eingabe
an bie „Qdt ber ©rfüHung", vok er bie Saläre mif
bem franjöfifd^'beutfd^en Äriege nannte, ift ber SRatl^,
ben er mir bejüglid^ beä Drteö gab, an weld^em id^
meine afabemifd^en ©tubien beenbigen foDte. „SBaö ben
^aupt:=3nl^alt 3l^reö S3riefeö betrifft," l^ei^t eö in einem
©d^reiben t)om 22. 3anner 1872, „fo fann id^ Sinnen
bie S^age, bie ©ie mir oorlegen, in feiner 3Beife ent.
fd^eibenb beantworten, "^tnn x6) rocife in ber SJI^at
nid^t, wa^ Seipjig unb SRünd^en für baä oon 3E|nen
emjälilte %aä) (germanifd^e unb romanifd^e 5ßl^ilologie)
augenblidlid^ ju bieten l^aben, wenn id^ aud^ auö
mand^ertei Söal^rfd^einlid^fcitägrünben annel^men möd^te,
bafe Sie an ber ^ßteifee reid^ere 2ludbeute finben würben,
alö an ber !3far. ^iet)on jebod^ ganj abgefel^en, mürbe
iä), menn 3l^re SBal^t nur jmifd^en jenen beiben ©täbtcii
— 197 —
fd^roanft, unmafegcblid^ ju Äcipjig ratzen, einmal, weil
bicö jur ^tit of)m ^agc bic bcbeutenbftc bcutf<i^e
Uniocrjität ift jum anbeten, weil ©ie l^ier unenblid^
oiel leidster gefellfd^aftlid^e 9lnfnüpfungöpunfte finben
würben, als in SKünd^en, wo baö, was wir Somiliem
leben unb l^äuSlid^e fireife ncnntn, nur auönal^mdnjeife
oorfommt unb ber geiftige SSerfel^r fid^ faft auöfd^liefelid^
auf 3wfammenfünfte im Sßirti^ö^aufe.befd^ränft. Slbcr
ein anberer ©ebanfe brängt fid^ mir unmiUfürlid^ auf,
SBarum gelten ©ie nid^t nad^ Strasburg? 35ort mürben
Sie fid^ nid^t nur rafd^er unb bequemer alö [onft irgenbmo
in ben DoUftänbigcn 83efi| ber franjofifd^en Sprad^e
fe|en fönnen, fonbem aud^ für baö ©tubium, menigftend
ber franjöfifd^en fiitteratur, bie reid^ften SJlittel finben.
Unb baju bie l^erjftärfenben ©inbrüdEe eines jugenbUd^
frifd^en SBerbenä unb Söad^fenö ringsum, bie freubige
2^l^eilna^me an bem fröftigen unb fiegreid^en 9lingen
beö beutfd^en ©eifteä! SBal^rlid^, rotnn \6) jung märe,
bort unb nirgenbä anberä möd^te id^ Stubent ober
S)ocent fein. Slud^ fd^reibt mir ein oertrauter ^eunb,
ber im vorigen §erbft als 3)irector an baä faiferlid^e
S^ceum t)erfegt marb, bafe nthtn ber rüftigen älrbeit
aud^ baö gef eilige 2titn ^ber ©eutfd^en in Strasburg
bereits frölilid^ gebeil^e unb feineömegä ber poetifd^en
unb litterarifd^en älnregung entbefire. ©afe id^ mit
biefem SSorfd^lage 3f)rem ©ntfd^luffe in feiner Söeifc
vorgreifen miH, verftel^t ftd^ von felbft. Slber auöfpred^en
— 198 —
rooHtc id^ bod^, roaö mir bei ©rroägung 3^rer Sage fo
lebenbig entgegentrat. . \ ."
SBenn ein 2)id^ter an bem SBieberaufbau beö beut«
fd^en 9iei(i^eö gefinnungötüd^tigen unb roortfräftigen Sin-
tl^eil genommen l^at, fo ift eä ©eibel, ber al^nenben
©eifteö mit propl^ctifd^er S^^Q^ ^^f ^^^ gemaltige ©nt-
[d^eibung beä (angfam unb unmerflid^ fid^ oorbereitenben
©efd^ideä ^ingemiefen l^at, ol^ne fid^ burd^ ben ©trcit
ber l^im unb l^ermogenben ^Parteien aud^ nur einen
Slugenblid beirren ju laffen. ©leic^ einem Se^er 'beä
9lltertliumö f d^ritt er erl^obenen ^aupteä, ben rociffagenben
©Ott im ^erjen, burd^ bie lärmenbe unb tobenbe äWengc
bal^in, nur baö eine, nod^ oerl^üUte ^id vor SÄugen k-
l^attenb; unb mie eä meber ben JRabicalcn nod^ ben
JReactionSren gelang, ben Sänger in il^r Sager l^erüber-
jujielien, fo oermod^te felbft bie Slüdfid^t auf ein ge-
frönteö ^aupt nid^t, il^n t)on bem lauten Sefenntnife
feiner l^eiligen Ueberjeugung ahiu^altm. ®r ad^tete bie
Unab^angigfeit männtid^er ©efinnung l^öl^er ate bie
föniglid^e Onabe unb büfete lieber baä pd^fte materielle
Out, baö bem 35id^ter bcfd^eert merben fann, bie forgen-
freie ©fiftenj dn, alö bafe er feinen burd^ aBe beutfd^en
Sanbe bröl^nenben „9luf über ben SRain" unterbrücft
Ilätte. 9lie aber ift aud^ einem 5ßropl^eten eine glänjenbere
©enugtl^uung bereitet morben als il^m, bem SBedfrufer
unb ©l^renl^erolbe beä SReid^eö, beffen 2:^riumptigefange,
Sobpreifungen unb Subell^^mnen bem Siegeöjuge ber
beutfd^en 3bee ben SBeg bereiteten. 2)iel871 erfd^ienenen
N
— 199 —
„§crolbönifc", rocld^c bic älteren unb neueren QdU
gebid^te ©eibels, von 1840 biö 1871, in d^ronologifd^er
3letE|enfolge umfaffen, bitbei! eine poetifd^e ©l^ronif ber
großen roeltliiftorifd^en 5ßeriobe, unb iebeä S3Iatt ift ein
5lul()meöblatt beö beutf^en ©eifteä. $ätte ber 5Did^ter
nid^tä l^interlaffen afe biefeä eine benfroürbige 33ud^,
roeld^eö nur einen oerfd^roinbenben SBrud^tl^eil feiner
fc^öpferifd^en S^ptigfeit begreift, er würbe nid^täbefto^
roeniger unftcrblid^en SRul^m erlangt ^aben. Unb l^ar^
numifd^er als fein Seben ift feiten baö ©rbenroaUen eined
S)id^terö auägeflungen. 5Die in il^m roaltenbe rounber-
ootte Ueberelnftimmung jroifd^en SBoUen unb Äönnen,
ju roeld^er ntinber S8et)orjugte fid^ mül^felig burd^ringen
muffen, war if)m t)on bem®n)igen aU ©efd^enf in bic
SBiege gelegt, roorben; fie erroieS fid^ nid^t nur formen^
gebenb für feine ^l^antafie, fonbem roirfte aud^ ge^
ftattenb auf feine Sufeeren SSerJ^ältniffe. Äein ©onflict
trat il^nt nal^e, ber nid^t ben Äeim ber SSerföl^nung in
fid^ getragen l^ätte. @r empfing mit ber ©iffonanj
fd^on ben Sd^lüffet ju il^rer Sluflöfung. SBie bie 5ßoefie
feineö SWterö ju ber feiner 3ugenb mieberfefirte, fo läuft
aud^ ber bunte Sreiö fetner ©rlebniffe in ben Slnfang
jurürf — bie ^eimatgloden oom S^l^urme Sanct ÜRarien
läuten ben ©id^ter ein unb aus. ®ö ift ein reiner,
DoDer unb frommer Klang, ber alted ©tofflid^e oon
fid^ abgetl^an ju l^aben fd^eint, el^e er baö Dlir beä
aufliord^enben 3upt:erö berül^rt, unb er tönt aud fämmt^
— 200 —
Hd^cn ©ciberfd^cn ©cbid^ten. SBcr bcn lc|ten 33aiib
bcr „6potl^crbftblätter" mit ber crftcn Sicbcrfammlung
pcrgleid^t, tmrb faum einen Unterfd^ieb im Ston be^
merfen, toie i)oä) anö) ber attumfaffcnbe ©eift beö
2)id^terä von ben nur bienäci^ften®egenftänbe ergreif enben
©ebanlen ber Sugenb fid^ emporgefd^mungen l^at.
©eibel mufete, bafe ^r mit bem fünften Itirifd^en
Sanbe feine ^robuction abfd^Iiegen mürbe. 3m Slooem^
ber 1874 fd^rieb er mir:
„3lm ein paar SBorte l^eute, liebfter Äatbef, um
^i^nen für 3l^ren freunblid^enOeburtötagögrufe ooniperjeix
ju banfen unb Sinnen ju [agen, ba§ fid^ in meinen ®e^
finnungen gegen ©ie, aber (eiber aud^ in ben täglid^en
plagen, t)on meldten id^ l^eimgefud^t merbe, nid^tö
geänbert fiat. 2)en ©ommer brad^te id^ in meinem
malbgrünen Sd^martau ju, überfe|te ffeifeig auö §oraj
unb probucirte S)ie§ unb 3eneö, aber nid^tö, mas jur
SSeröffentlid^utig im Feuilleton eine§ größeren Slatteö
geeignet märe. 2)er 93anb ©ebid^te, nad^ bem ®ie
fragen — ©pätl^erbftbtätter — liegt fd^on feit einem
Saläre brudEfertig; bod^ l^abe id^ mid^ jum befinitit)en
Slbfd^luffe unb jur Verausgabe nod^ immer nid^t vtt^
[teilen fönnen, einmal, meil . . . ., jum anbern, meil
man überl^aupt fd^mer loöbrütft, menn man bie le|te
Äugel in ber 33üd^fe l^at. gum bie§iäl^rigen 2Beil^^
nad^töfefte fommt baö 93ud^ auf feinen gall; fobalb eö
jebod^ überl^aupt gebrudt mirb, foK Sitten eins bcr
— 201 —
erften ©fcmplare jugel^en. — 3^ 3i)rer neuen ©tellung
in ber alten Sßtimati) tDÜufd^e id^ 3l^ncn von ^erjcn
oHeö ®ntt unb öefte. Sd^ fenne jiüar roeber S^^te
äJerl^altniffe, nod) bie ber „^^l. S^^tung" genauer, bin
aber iebenfallä ber äßeinung, ba§ fid^ auf fold^em
^ßoften beö (BnUn unb ©d^önen genug roirfen Iö§t- ©ine
getoijfen^afte unb oorurtl^eitefreie ©timme mel^r bleibt
im großen ©oncert ber treffe unter alten Umftänben
ein ©ewinn. ©ie werben, roenn Sie bie Sad^e emft
nehmen, an ^l^rer 9lrbeit wad^fen unb über 33iele§, roaö
3l|nen oielleid^t bis bal^in nur in ber ®mpfinbung tag,
jur legten Ätar^ett gelangen, weit ©ie eö im 3uf cimmen^
^onge entroideln foHen. 9ll[o nur freubig üonoartö!
SB. ift auf äl^ntid^em SBegc ju 9luf unb 3lnfel^en unb
fd^tiefelid^ ju t)ötlig freier SRufee für feine ^robuctiou
gefommen.". . .
3Bäl^renb id^ biefen 33rief roieber mit einem ftiKen
Seufjer in bie SJlappe lege unb ber SSerfud^ung roiber?
ftel^e, nod^ mel^r auö meinem foftbaren Slutograpj^en^
fd^a|e mitjutl^eilen, föttt mir ber SÄnfang einer anberen,
in ben „Spätl^erbftblättern" t)eröffentlid^ten ©piftel
®eiberö fd^roer aufä ©eroiffen.
»
„Stets von allem (Sefc^äft in ber IPelt has üerl^agtefte wax mir
Briefe 3u fc^reiben. So leicht mir bas IVovi in lebenbigcr Hebe
;JIie§t, iDenn bie Sac^e mic^ reist, fo fc^mer entftrömt es ber (Jeber,
Catigfam, brüchig unb falt, als ob auf bem längeren Umroeg
2Ins bem Biegen aufs Blatt mir (Seful^I unb (Sebanfen gefrören."
— 202 —
9lad^bem iä) biefcö Scfcnntnife fpäter gclcfcn, ^abe
xäf bcn 3)id^tcr mit meinen Si^fd^riften tl^unlid^ft oer^
fd^ont; ober id^ bin egoiftifd^ genug, von bem ^Begangenen
nid^tä ju bereuen. 2)enn bie S3latter, meldte id^ befl|e,
l^aben ©pod^e gemad^t in meinem Seben, beinal^e nod^
mel^r alö boö unt)erganfllid^e ®ut, boö id^ in ©emeim
[d^aft mit ben SSerel^rem ®eiber§ genieße. 3)ie groge
äUenge aber fennt trog ber oielen Sluflagen, roeld^c
namentlid^ bie erften ©ebid^te erlebt l^aben, nod^ immer
ben imfd^ögbaren SBertl^ il^red Sängerä nid^t, ber ju
allerlegt in feinen meiftgefannten unb l^auftg gefungenen
fiiebern liegt. !3d^ braud^e nur an einige meiner Siefe
lingögebid^te auä ben fpäteren Sammlungen ju benfen
unb mid^ baran ju erinnern, mie lange ed gebauert l^at,
el^e fie mir in ifirer üoUen Sd^önl^eit aufgingen, um
t)on ber SBai^rljeit meiner S3el^auptung burd^brungen ju
fein. 9lud^ bie leibigen Slntl^ologien miffen nid^tö t)on
il^nen ju oermelben. ^offentlid^ mirb bie ?or Äui^em
erfd^ienene ©efammtauögabe ber ©eibePfd^en SBerfc
biefem SWangel abl^elfen. 6iner auäfül^rlid^en SBürbigung
berf elben mufe eä auf gefpart werben, ein litterar^fiiftorifd^eö
Portrait beö Unfterblid^en ju entrollen. 2)ie ftilte ©ebenf-
feier einer furjen 3la6)ima6)t fd^eut t)or einem fo weit
auöblidenben Untemel^men jurüd. . . .
®ö rül^rt ftd^ im J&aufe imb auf ber ©trage; ber
neue XaQ forbert feinen 2^ribut. Söir mögen bie Slugen
fd)liegen, bie Sonne fd^eint bod^ rul^ig weiter, tmb über
— 203 —
bic ©räbcr roäd^ft baö @raö. 9lbcr bcr fd^öne (Stern,
ber nod^ am ^orijontc ftinfclt, toirb- fxä) aud^ it-
l^aupten.
„(Slürflid?, XDtr, burc^ bie XPelt fc^ioeifenb am IPanberjlab,
Qöd^ftes IPonnegefc^td, bitter ftes £eib erfuljr,
Unb sule^t in bcr fjeimatl^
(Srüner Stiüe ben ^rieben fanbl"
-^^*<-
('■'':;2-rm^f<i(^im^i}^^^'sm.'^'.
€in 3efud? bei (5eibeL
92ac^ ^agebuc^blöttern
3lfcl^cröUbcn.
Vom £Jar39e()irge grüßt am ^Jrcubentage
Did?, l^otjer nieijler, eines Jünglings £ieb:
Derfd?mäV «s nid?t! ;Jreut Vidi ^^ Hofenljage
Das Peild?en nic^t, t>as jliü »erborgen blül^t?
Den Dan!es3äljren, bie im fjersen quellen,
Der tjeigen £iebe, bie mein (Seift Dir rocil^t,
(Entfprog mein Sang, bas 2lntli^ Dir 5u treuen,
XPie linbe £üfte in ber ^Jrül^Iingsseit.
f^eil Dir, Du Did?terfürft pon (Sottes (Snabtni
fjcil Dir nnb Danf, el^rn)ürb'ger Dic^tergreis !
(Sott »ar mit Dir! Du l^ajl il^n ja gclaben
init gläubigem (Semütl^ fo oft, fo tjeig.
Du l^aft in fc^roerem Kampfesungen)ittcr,
(TyrtSos gleic^, bts £icbes Schwert gesurft,
(Ein pinbar fd^Iugft Du fiols bie golbne (£itl{er
Unb raufc^tep Jö^^^pönn Pon Sieg beglürft.
— 205 —
Doc^ mtnn Dein Pol! auf finftcrn ^Ibfaüsbaljnen —
Du Ijajl 3ur Suge es gemal^nt, 3^föws;
Des ipilben 2Iufruljrs blutgetränfe ^al^nen,
gornpofl l^at fie bejiürmt Dein ebler fjag.
Du lia^t um Deufd^Ianbs (Einigfeit gerungen,
Den Kaiferttjron pom fjimmelsljerm erffeljt;
propljetifc^ ift Dein mächtig IPort erflungen —
Deutf^lanb iji (Hinsl Der Kaifertljron — er fielet I
Dod? lieber aud? finb Deinem Hlunb entfloljen.
Die fügcr nic^t 2lna!reon erfann:
Du fangji bes golbnen IPeines preis, ben l^oljen,
Wenn Dir fein ^euer burc^ bie 2Ibern rann.
Der fel'gen £iebe unh bem jungen ien^e,
Dem fjöc^ften, Heinpen, n?as bie (Erbe beut,
^aft Vn bie fc^onjien aller £ieberfrän3e
3n Blütl^enprac^t geu)unben unb geroeiljt.
Drum ^eil Dir, Dic^terfürjl pon (5ottes (Snabenl
£JeiI Dir unb Dan!, etjnpürb'ger Did?tergreis I
(5ott mar mit Dirl Du l^afl iljn ja gelaben
init gläubigem (Semüt!^ fo oft, fo ljei§.
€r fei mit Dir! — 3a, fjerr. Du ^lUerljalter,
<5emäi{re l^eut mein finblic^ frommes ^Jletjn:
fa§ über ifyn in feinem (Sreifenalter
Den fensesljauc^ bes jleten (Slürfes met^nT'
SugcnbUd^c SBegcifterung für ben Sicblingöbtd^tcr
^at einft gewagt, ilim an feinem ©eburtätage in t)or^
ftel^enben SScrfcn bie treuefte Siebe unb SSerel^rung aud^
jubrücfen. ^ä), bamalö ein junger Unterfefunbaner,
— 206 —
badete faum an 2)anf ober 9lntn)ort. Um fo größer
xoax meine greubc unb Uebcrrafd^ung, als om näd^ftcn
SBeiJ^nad^töfefte ein ^adfet an^ Sübecf unter bem Scannern
bäum lag, baö mit liebenöroürbigem S)anf unb ©nife
mir beö 3)ici^terä ,,3uniuöHeber" befd^eertc. ®ö war
natürlid^, bafe meine SÄnl^anglid^feit an ben freunbUd^fefi
®eber von 3a^r ju 3al^r roud^ö : unau§gc[e|t Iiabe iä^
feine SBerfe, fein Seben mit l^od^ftem ©fer ftubirt unb
eine ©eibelbibUotl^ef gefammelt, mie fie ooUftänbiger
faum ju finben fein mag.
2)rei Saläre nad^ jener ©enbung fül^rte mid^ eine
größere ^Serienreife nad^ "Hamburg, Sopenl^agen, ©d^roerin
unb fomit ganj in bie 9lal^e bed ^id^ters, ber fid^ ba^
mal§ in einem Keinen Dftfeebabe, Jlienborf bei Strat)c^
münbe, jur Äur aufl^ielt. 3Keinc Sitte, auf einen
furjen Slugenblirf il^n feigen unb fpred^en ju bürfen,
marb freunblid^ geroal^rt unb fd manberte benn ber
neunjel^nial^rige 5ßrimaner an einem föftlid^en 3>ufe
nad^mittage rüftig auf ftaubiger Sanbftrafee bem ^t\^
erfel^nten 3^^^^ i^- 3lm S3runnen »or bem 2)orfc
fd^öpften rüftige SJirnen SBaffer: meine Ungebulb fragte
fd^on fie nac^ ber SSBol^nung beö ©id^terö: aber i^r
9Kunb, an^ bem zbtn ©eibel'fd^e Sieber frifd^ ge-
flungen, mufete t)on bem „^errn 5ßrofeffor aus Sübcrf"
nid^tö iu fünben. 2)aö „^otel .S3eltet)ue", ba§ ftd^
ftattlid^ genug am ©tranbe ber Dftfee erl^ob, na^m
mid^ auf. S3alb nalite bie feftgefegte Sefud^öftunbe,
bie ©eibet auf feine fd^mergfreie Qdt am fpäten 9lad^^
— 207 —
mittag gelegt, unb l^od)ftopfenben .^etjenö trat id^ bcn
füllen SBeg jur SBplinung beö ©id^terö an. ®in alter,
freunblid^cr S[mtöbiener jeigte mir mit mid^tigev 3Riene
ba§ einfädle, fd^ilfbebetfte gifd^erl^auä, baä, etwas ah
frits vom 2)orfe gelegen, t)on l^ol^en S3ud^en, ^^annen
unb 33irfen freunblid^ überfd^attet mar.
®egen fed^ä Ul^r öffnete id^ bie niebrige Satten^
t^ür ber umjaunenben ©ornbufd^l^ede unb fd^ritt burd^
einen Meinen SBorgarten auf bie rebenumranfte SBeranba
beö ^aufeä ju. 2)ort fafe ber tl^euere, l^od^t)erel^rte
9Kann in einfad^em Sel^nftul^le, eingepltt in ein fd^marj
unb meife gemürfelteö ^laib, ba§ er malerifd^ um $alö
unb S3ruft gefd^lungen ^atte. ®lirfurd^töt)olt betrat id^
bie ©d^melle unb begrüßte ben ©reis. @r tx^oijxä)
mit einiger Blnftrengung oon feinem ©ige, tiefe bie
bunfelblauen 9lugen, bie feurig auö bem SÄntlig l^erDor*
Mieten, forfd^enb auf mir rul^en unb l^iefe mid^ mit
freunblid^en SBorten millfommen. 2^ief ergriffen l^örtc
id^ JU, mie er fid^ in Klagen über feine langwierige,
fd^merjl^afte Äranfl^eit ergofe: „©ie finben mid^ fe^r,
fel^r elenb ! Sd^on mel^rere 9?ad^te l^abe id^ fein Sluge
jutl^n fönnen; alt mein,3nnereö ift oon ben gräfe^
lid^ften Sd^merjen wie jerriffen." 3d^ bat erfd^üttert,
mid^ balb mieber empfel^ten ju bürfen. 5Jlber er
ergriff mid^'bei ber ^anb unb meinte eifrig: „SRein,
nein ! 3d^ bin. 3tinen für Sitten 83efud^ ju großem
S)anfe oerpflid^tet, fo fomme id^ bod^ auf anbere ®tf
banfen unb oergeffe auf einige Stunben mein SKife?
— 208 —
gcfd^id." 93alb l^atte fid^ benu auä) bic lebl^aftcfte
Unteri^altung artgcfponnen; ber ©id^tcr fprad^ mit ber
3eit immer fröl^Üd^er unb unbcl^inbertcr.
SRcin Slid fiel auf baö 33ud^, baö aufgefd^lagen
t)or il^m lag. 6r reid^te eö mir unb fagte: ,,6ben
l^abe id^ meinem ®nfel einen ©cfang an^ SBoffen^ö
fd^oner Uebertragung ber Dbi)ffce üorgelefeh. 3a,
SBatcr ^omer! ©eine ©efänge bleiben eroig fd^ön, unb
fo oft id^ pe nun fd^on gclefen, immer taud^e id^ roiebcr
gern in il^re fluten, bie mid^ roie ein erquidenbeö Sab
umfpülen."
3d^ benu|te ben nal^eliegenben aSergleid^ unb er-
jal^lte, roie id^ gleid^ Dbriffeuö erft roeit uml^er-
gefd^roeift fei unb uieler SRenfd^en ©tobte fiefd^aut, e^c
id^ nun enblid^ aud^ ben Slaud^ au§ ben Bütten Sßien-
borfö l^atte auffteigen feigen. „Stufen ©ie nur fo oiel
ate mögüd^", erroiberte ©eibel; „bie in ber 3ugenb
empfangenen ©inbrüde gelten nie roicber uerloren. 3d^
l^abe eö an mir felbft crfal^ren, als mir baö l^ol^ ®IM
ju a^l^eü rourbe, jroei fd^one Saläre meiner Sugenb im
i^oufe beä ruffifd^en Oefanbien jubringen ju bürfen —
in Sltl^n. ©ie roiffen, mit roeld^em ©ntjüdfen id^ in ©c-
meinfd^aft mit meinem ^eunbe (lurtiuö ©ried^enlanb
unb feine l^errlid^en Snfeln bereift l^be." »
6ine freunblid^e S5ame trat auö ber X^x beö
^aufeö: ^f^äulein S3ertl^a ©eibel, bie SRid^te beö
©id^terö, bie fett Salären in aufopfember Streue ben
— 209 —
franfen Dnfcl pflegte. 33alb mufete fie eine glafd^c
3lot^n)ein l^erbeifd^affen; ©eibel fd^cnfte ein, fid^ felbft
aber nur wenige 2^ropfen: „3d^ bin ein großer ^cunb
beö ebtcn Softed üon jel^er geroefen", lod^elte er; „aber
jefet mufe id^ meiner Äronfl^eit wegen mid^ leiber fel^r
befd^eiben."
SBäl^renb ber ®reiö auf Slugenblidfc [id^ entfernte,
um eä nad^ bem Spajiergange, von bem er bei meiner
Slnfunft gerpbe jurüdEgefel^rt mar, ftd^ beguem ju
mad^en, fe|te fid^ bie liebenömürbige 5Rid^te ju mir,
unb mir bef lagten baö traurige Seiben beä guten alten
$erm. ©ic erjol^Ite, mie er ju QtiUn faum bie geber
ju filieren im Staube fei, fo bafe fie jegt faft allein
bie Saft ber audgebel^nten ©orrefponbenj tragen muffe.
2ll§ ®eibel, mit eineni rotl^en^^ej bie fporlid^en
loei^en ^aare bedEenb, mieber erfd^ien, .ftürmten jugleid^
burd^. bie ©artentl^ür ein präd^tiger, frifd^er Rmb^ unb
eine flcine ©d^öne, beibe eingel^üHt in fd^ü|enbe Stranbs
coftüme mit fd^attenfpenbenben ©trol^l^üten unb meit-
flattemben fd^ottifd^en ^alötüd^em. „2)aä ift mein
lieber ältefter ®nfel, aud^ ein ®manuel", fprad^
freubeftral^lenb ber el^rmürbige Sll^n unb fül^rte ben
Rnabtn ju mir, „baö eine fleine 5Rid^te aus ©d^martau."
SBir nal^men mieber unfcre 5ßläge ein unb fprad^cn
unb tranfen frifd^. 3d^ ftimmte baö gemöl^nlid^e Klage*
tteb ber ©^mnaftaften an, bafe id^, obgleid^ fd^on alt
genug, nod^ fein Stubent fei. S)a aber marb er. faft
böfe: „D lieber, junger ^eunb! SBie fönnen ©ie von
@manuei @eibtl ein ®ebenf6u(^. 14
— 210 —
SUtfcin fprcd^cn! 2Bic üiele 3ol^rc jal^Icn ©ic beim?
9lcunjcl^n? SÄd^, roie tonn man no6) fo unt)crf()|ämt
Jung fein, f o uncerf d^ämt jung ! 3tber x6) f)ait es nid^t
beffer gemad^t; löie Sic l^eut Slbenb mir, fo fd§ id^ al§
einuubjtDanjigial^riger Stubent betn alten ©l^antiffo
gegenüber unb brad^te biefclbe Älage über mein Sllter
üor. 3)a fagt€ er mir bie SBorte, bie id^ Sinnen eben
n)ieberl)oIte: mie fann man nod^ fo unüerfd^ömt jung
fein! . . .. 2Baö gebenfen ©ie benn einmal ju ftubiren?
^aä) 3l^rem eingel^enben Sntereffe für meine SBerfe
nel^me id^ on, ba§ ©ie fid^ ber 5|Jl^iIologie roibtnen
moHen." Site id^ oon meinem ©d^roanfen jmifd^en
biefem ©tubium unb bem ber 2^l^eoIogie fprad^, riet^
er l^eftig bringenb von bem lefeteren gad^c ab, in 5ßrofa
mand^en feiner bel^erjigen^roertl^en ©prüd^e über bie
religiöfen unb fird^Hd^en SBerl^oItniffe ber ©egenroarl
mieberl^olenb.
® eibel fragte, wie lange id^ mid^ in bem ©örfd^en,
„in bem mon faum einen S3arbier befommen fonne",
aufjulialten gebenfe. 3d^ antwortete, fd^on morgen in
otter ^ül^e rnoBe id^ abreifen, um junäd^ft SübedE unb
Slafeeburg ju bcfud^en. „15:^ann mad^e id^ Sinnen einen
SBorfd^Iag. ©inb ©ie gut ju gufee? ^nn, fo muffen
©ie iefet nod^ ben fd^önften 5|Junft unferer ©egenb l^ier
feigen, ben aud^ id^ l^eute auf meinem ©pajiergangc
micber aufgefud^t l^abe. Sin ben ©arten beö ©lifabet^-
babeö biegen ©ie nad^ bem SÄeere ab unb genießen
t)on bem SRinbenpaoiHon am ©tranbe bort ben l^errlid^cn
— 211 —
33Hd auf bic 5Rcuftäbtcr »ud^t. S)oö ift baö S^önftc,
TDaö mr Sinnen l^icr ju bieten l^oben. 3lber", fegte er
mit feinem föftlid^en Säd^eln l^inju, „fd^roelgen ©ie nid^t
ju lange, fommen ©ie gegen ad^t Ul^r roieber unb
nel^men ©ie bonn mit unferm 9lbenbbrobe fürlieb. 3)a
wollen mir nod^ ein paar ©tunben jufammen plaubem;
©erlangen ©ie aber nid^tö ®ro§e§ t)on mir." ®r brüdfte
mir fräftig bie ^anb,unb id^ eilte mie berauf d^t bem
naiven 3^^^^ 8^-
3ur feftgefegten ©tunbe feierte id^ mieber jurüdf
JU bem ftillen ^auäd^en, baö ben liebenöwürbigften alter
©id^ter bel^erbergte. 6r fam mir fd^on entgegen unb
führte mid^ an ben 2^ifd^ ber geräumigen SSeranba, ber
auf baö reid^fte jur Sttenbmal^ljeit gebedft mar.
Sluf feine S^age fprad^ id^ meine ^Jreube über ben
eben genoffenen präd^tigen SlnblidE beö SReereö an^ unb
rül^mte ben großen 3leij, jum erften äßale an feinem
©tranbe ju meilen unb baki an beffen ©eite fi|en ju
bürfen, ber eö in ben „Dftfeebilbern" fo l^errlid^ befungen.
SDaö ä:ifd|gefpräd^ brel^te fid^ l^auptfad^lid^ um
©eibelö 3)ramen unb baran anfd^liefeenb um 5ßrobuf?
tionen anberer, meift neuerer 5ßoeten. 3d^ bebauerte,
ben üielDerfpred^enben 5|Jlan ber Sllbigenfer nid^t DoUenbet
JU feigen. „3a, l^ätte man," entgegnete er, „in ber ^di
ber 9lbf affung fid^ nid^t fo erfd^redlid^ ablel^nenb gegen
berartige a:ragöbien oerl^alten unb nid^t bie abgefd^mad^
teften Suftfpiele Dorgejogen, fo moren meine SÄlbigenfer
fidler fd^neU ju ©nbe gebiel^en. STber mein bamaliger
14*
— 212 —
.Unmutig rife fic mir aus bcr ^anb; unb alö id^ imc^
Solaren toiebcr boran ging, war bic erftc SScgeiftcrung
für bcn ©toff unb bic 2)orftcIlungöart jum bcftcn S^l^cile
oerflogcn. 3lo^ eine ganjc 5ßortion begonnener ©ramen
Hegt mir ju ^oufe im ©darein, aber eö ftnb ©d^merjenö^
finber. ©o oft id^ il^rer gebenfe, überfällt mid^ Sße^^
mutl^, bafe mein ©ied^tl^um mir bie Äraft jur 33oBenbung
raubt. @ttn möd^te id^ meinem 35olfe, baö leiber meift
an ben fd^alften ^d^ten feinen ©efd^madf oerbilbet,
mut, gebiegene 2)ramen bieten, — menn id^'ö oer-
möd^te. Slber bafe id^ nid^t ju fd^arf bin: bie 2)eutfd^en
fd^einen fid^ in neuefter 3^it ^ocS) ju befinnen, bag fie
einen ©d^ag an jüngeren ©tüdfen befigen- Slud^ meine
S5irunl)ilb, meine ©opl^oniöbe gelten jegt öfter über
bie 33ül^ne."
3d^ erjäl^lte il^m oon einer Sluffül^rung ber „S9rum
l^ilb", in ber id^Älara ^it^Ux bemunbert. ©eibel
lobte bie berül^mte S^ragöbin nid^t unbebingt: eö fei il^r
oft oerfagt, bem ibealen ©eiftcäfCuge ju folgen — mit
einem bemunbernömertl^en Sleid^tl^um an „2ßitteln" auö-
geftattet, bringe fie meift nur baö Äörperlid^^realiftifd^e
ju tjoltenbeter 2)arftellung* dagegen prieö er bie
3anaufd^edE. Unb barauf erl^ob er feine fonore, rounber^
bar moPautertbe ©timme ju einer ergrcifenben, un-
Dergefelid^en ®rjäl^lung ber erften 2)arftellung feineö
3)rama§ in 2ßünd^en. 3d^ oerfud^e e§ nid^t, feine
eigenen SBorte mieberjugeben: man muß in fold^en
SlugenblidEen ben eblen ©id^ter felbft gefeiten unb gehört
213
l^abcn, wtnn man fid^ eine rid^tigc aSorftcUung feiner
feurigen, begeifterten- unb begeifternben 33erebtfamfeit
mad^en roiU.
SBä^renb fed^ö tJoUer Söod^en ^at Oeibel felbft
ber ^offd^aufpielerin Strafemann ©ag für ©a|, "^on
für Xon il^rer SloUe einftubirt. Unjäl^Üge 5|Jroben finb
abgel^alten, 2)eforationen, SRequifiten unb Softüme auf
ba§ pompöfefte angefertigt. 3lm 3lbenb ber Sluffül^rung
— eä mar ber 3. 3anuar 1861 — ift baö gemaltige §ofj
t^eater gefüllt, roie feiten. Unrul^ig «erfolgt ber 2)id^ter
in feiner Soge ben erften Slct. ©d^on falten bie erften
Effecte in ber ©cene S3runl^ilb§ unb Siegfriebö unb
in bem folgenben 'SRonologe. 3)er jmeite 2^l^eil beö
britten Slufjugä beginnt: ©l^riml^ilb erfd^eint an ber
l^ol^en S^reppe, bie ju ben glügelpförten beö präd^tigen
altbeutfd^en ^empelö fül^rt, geleitet von fünfjig fadEel-
tragenben 3ungfrauen. (Sin bröl^nenber 5ßofaunenfd^alt
ertönt; bie 5ßforten beö 3:^empelö fpringen auf. ®a,
in bem 9lugenblidEe, mo ©i^riml^ilb bie ©tufen J^imiuf-
fd^reitet, erfd^eint 33runl^ilb, eilt auf bie SJerl^afete ju
unb ftöfet fie von ben Pforten jurüdE. ®er Slebefampf
ber Königinnen erl^ebt fid^ unb mie rafenb [türmt
Srunl^ilb nad^ il^rem möd^tigen üßonologe ah. 9ltl^em^
loa l^at ber S)id^ter gelaufd^t; roa^ fid^ bort oben auf
ber Sül^ne abfpielt, fd^eint il|m nid^t mel^r fein Sßerf
ju fein; atl)emloö ift aud^ ba§ ^ublifum gefolgt —
je^t aber brid^t ein 33eifaltöfturm loö, ber alle ©d^ranfen
überbrauft. ,,@ie fönnen benfen''/ fd^lofe ber grofee
-- 214 —
ajlonn, „bafe id) toic bcraufd^t baö ^auö ücrlicö. Sn^^^
jogcn mici^ SBilbranbt, SBibmann unb anbete
^eunbc no^ an unfere Stammtafel, um jufantmen
noä) einige glafd^en ©i^ampagner ju leeren, aber ic^
faß faft apat^ifd^ babei".
Untjermanbten SBIidö l^ing id^ an ben Sippen beö
el^rmürbigen ©reifes, in beffen Sluge eine S^^räne wei^'
mütl^iger ©rinnerung ju glänjen ft^ien. 6ä maren bie
weil^eüollften SMomente jenes Slbenbs. Site er geenbet,
nal^m er fein ©las unb ftiefe mit mir an „auf ein
gutes 5|Jublifum, als beffen 35ertreter er l^eute ntic^
begrübe".
2Bir f amen auf anbere 5Wibelungenbramen ju f pred^en.
Saft unbcbingt lobte er feines ^Jreunbes SBilb raubt
„S^rim^ilb", ,§ ebb eis 5Ribelungentrilogie beurt^eilte
er menigcr günftig. ©d^roff abfpred^enbe Urtl^eile über
anbere neuere 2)ramen fd^loffeti fid^ an. 9ln §einrid^
ÄrufeS 2)ramen tabelte er, irre id^ nid^t, bie ©igen-
tl^ümlid^fcit, auf Soften ber ©inl^eit (Sinjell^eiten breit
auSjufül^ren unb baburd^ ben aSangel leitcnber ©e-
banfen ju üerbedEen. ©eine „S3runl^ilb" fteltte er mit
bercd^tigtem Sclbftgefül^l in geraben ©egenfag bamit.
Ä r uf e mar © e i b e l S pcrfönlid^er greunb. Oft befud^te
er ben 2)id^ter; „nur", meinte ©eibel l^eiter, „rotnn
mir auf bas gelb bes 2)ramaS fommen, mirb er unb
id^ l^i|ig unb meine oerföl^nlid^e 5Rid^te l^at äßül^c, uns
JU befänftigen". (Sinjig unb altein erl^ob er unbebingt
öon ben Steueren granj ©rillparjer unb ftcHte i^n
— 215 —
faft nod^ pl)cr alä ben „genialen" ^einrid^ von
Älcift.
Sröulein SBertl^a fragte nac^ meiner Steife; leibcr
fonnte iä) auf bie ®rfunbigung, ob aud^ id^ bem 2)ämon
ber Seefranfl^eit auf ber Ueberfal^rt nad^ Äopenl^agen
junt Opfer gefallen fei, nur mit einem jagfiaften 3^-
gcftänbnife antworten. „5Rur menig", erjölilte ber §en:
beö Kaufes, „bin id^ auf meinen ©eefalirten üon bem
Söfen in biefer ©eftalt oerfud^t toorben. $ßur einmal
erfaßte er mid^ beinal^e auf ber SRütfreife oon 3la]co^
nad) 3ltl^en. 6in fd^arfer 5Rorbrocft liefe bie Sßogen
l^od^ mallen, unb ber Stampfer, ber gerabe oor 9lnfer
lag, mufete benu|t werben, wollten mir nid^t auf t)ier
SBod^en t)on ber ^eimfalirt abgefd^nitten fein. 2)ie
5ßot]^ gab mir ein Unit)erfalmittel: id^ tranf am 9lbenb
ber Slbreife mel ftarfen ^Rajoäroein unb fd^lief bann
ber Sanbung in ©rira entgegen. 9lm anberen aJlittag
liefen mir in btn §afen ein, id^ freilid^ mit einem
etmaö fd^meren Raupte."
. 6r minfte ber t||ätigen SRid^te, bie fid^ erl^ob unb
balb mit einem (Slafe bampfenben ®rog§ für ben
(Sreiö jurürff eierte. ®r fei am ©tranbe, erflärte er,
gemol^nt, jur beftimmten Qdt ben „S^ranf ber Mftem
bemol^ner" ju fid^ ju nel^men, ber il^m jur ®rleid^terung
beö ©d^lafeö bienen foHte. 3d^ blieb auf feine SBitte
nod^ mit ber traulid^en ©efellfd^aft oereint ;• trog ber
3iä]^e beö SReereä mar bie Suft fo marm, bafe mir bi§
tief in bie 9iad^t bei Sampenfd^ein in ber nur burd^
— 216 —
3olouficö Derfd^loffencn 35eronba auöjubaucm oer-
tnod^ten.
2Bir fprad^en nod^ über bic ©riebniffc bcö l)€utigcn
S^agcö, an bcm mid^ befonbcrö baö 3nncrc bcö alten
©d^roeriner S)omeö entjüdt. ®etbel fnüpfte boran
ben yiaÜ), bei fünftigen, befonberö furjen 55efud^en t)on
Äird^en unb anbem Saubenfmälern mögltd^ft ben SCötat
einbrud ju genießen unb bie ©injell^eiten bei ©eite ju
laffen. %nx 3la|eburg, empfal^l er ben S3efud^' beö
bortigen 2)omeö auf baö 9lngelegentUd^fte: er fei einjig
unb allein eine Steife roertl^.
,,2Bo gebcnfen ©ie benn ju ftubiren?" fragte ber
2)id^ter. „^n S3onn? 6i, ba fann id^ alö alter
S3onnenfer Sinnen ben beften SRatl^ ertl^eilen. 3m erftcn
Semefter roirb ja bod^ meift mm ©Jamen auögerubt;
ba benuften ©ie benn otur fleißig ^\)xt Q^xt ju Sluö^
flügen. Sefonberö ift bie ©egenb um Syrier, bie id^
leiber felbft, meber mn 33onn, nod^ fpater t)on ©t. ®oar
an^, nic^t betreten l^abe, ju empf eitlen. 5Ratürlid^
burd^ftreifen ©ie bie Sanbe rl^einauf roartö ; verfolgen
©ie aud^ bie munberbaren Jlebentl^aler, bie unenblid&en
Sleiä entfalten. Saffen ©ie fid^ aber nid^t Derleiten,
rl^einabmarts ju gelten; id^ l^abe e§ oft bebauert, baj5
id^ mid^ ben ©enoffen, bie mid^ 5jjfingften 1835 bal^in
mitnal^men, nid^t entjiel^en fonnte."
3d^ entgegnete, fd^on meiner fd^road^en ©efunbl^eit
megen, muffe id^ mid^ mel im freien bemegen; biöl^er
l^abe bie ©d^ule mid^ oft baran ge^inbert. 2)aö führte
— 217 —
t^n auf baö 2ob beö S^urncnö unb anbcrer Seibcä^
Übungen. 3llö id^ cm)äl)nte, ©cibel müffc ja in
feiner, Sugenb ein gewaltiger Säumer geroefen fein, ba
er pd^ fogar in einen SBettfompf mit 5|Jrinjen l^abe
finlaffen fönnen. ,,2Bic boö?" fragte er gonj erflaunt.
,f^<S) erinnere mid^ gat nid^t, ba^ mir baö Je miber*
fal^ren märe." äßeine Quelfe mar ®oebefe*ö trefflid^e
53iograpl^ie, ber barin erjol^lt, mie ber angel^enbe ©tubent
üuf ber Steife nad^ S3onn bei feinem S3ruber ^riebrid^,
bem ©rjiel^er be§ jugenblid^en (Srbprinjen von ©etmolb,
jum Sefud^e gemefen unb mit bem freunblid^en ^rinjen
jufammen geturnt l^abe. @injell^eiten beö Sefud^eß,
lüie bie SBorfül^rung beö ,,9ltla§", eines Sieblingöpferbeö
beö Surften, baä im ©d^immer ber untergel^enben ©onne
tinem SRoffe beö §elioö glid^, maren il^m gleid^faÜä
^tfaKen.
2)ie fteine ©d^martauerin mufete oieleö jum Sobe
ie§ "^aiiit^ unb ©d^littfd^ul^laufeö üorjubringen. © eibel
ftimmte ein unb erinnerte fid^ freubig baran, mie er
il^r beim (Siölauf im legtüergangenen SBinter auf ber
Iffiafeni^ bei Sübed jugefd^aut. 3d^ mufete ber fd^onen
©teile auö bem „SBintertagebud^e" gebenfen:
„Heber bem Spiegel von €is*am Bian^ leljrtt jtnnenb ein fd^Ianfes
ITTäbd^en; fte fjat bas (Seiranb eben 3um laufe gefdyürst.
Vot ifjr fniet bienftfertig ein Knab' unb mit g(ü(fltd?em £äd?eln
Sd?nürt er ^tn blanfen Kott^urn il^r an bzn sierlid^en ^u§.
TOtldf anmutt^igcs 3ilb, n?ie jte freunblid? 3u il^m jld? t^erabneigt,
Dag il^r Obern fein fjaar fanft it^m, bds lorfige, ftreift,
— 218 —
IPät^renb er treu ftd^ bemüt{t, fnnfhnägig bie Hiemen 5U fd^Itngön
Unb ben gei^obenen ßn% faflt mit ben £ippen beruljri
gögernb roenb' id^ midi ah nrib ^ebtnV im erinncrnben fjerjcn,
IPie id^ ben ret5enben Dtenfi etnfl Utelnftnen gett^an."
©urd^ bie ^noäl^nung beö ©ocbef c^fd^cn 33ud^e§
ücranlafet, rül^mtc ®ci6cl an il^m bic grofec 2^rcuc unb
SBol^rl^cit bcr ©arftcitung. 5Rur in unbcbcutcnbcn
Äleinigfeitcn fomtne öfter ein üerjeil^Iid^er 3rrtl^utn
por. 9lm merfroürbigften fei bie falfd^e ^Angabe eineö
feiner aSornamen; er roiffe ed nid^t anberö ju crflären,
aU bo^ fein 33iograpl^ im Saufe be§ ©efpräd^ö fid^
9lotijen gemad^t, babei abgefürjt unb ftatt ^Jranj —
griebrid^ gefd^rieben l^obe. 3d^ erroäl^nte Keine Stb-
roeid^ungen in ber ßl^ronologie einjelner ©ebid^te bei
(Soebefe unb ben perfönlid^en 9lngaben ©eibeU in
ben ,,^erolbörufen" unb 50g alö 33eifpiel — wie id^
nod^l^er merfte, fälfd^Iid^ — baö fd^öne politifd^e Älagc^
lieb: „^it raufd^t il^r SBalbeöfd^atten" an. J)a&
(Sebid^t roar bem Sänger beffetben gans entfallen; erft
a(ö id^ ben Sd^lufe recitirte, rief er Icbfiaft: „^a, je^t
roei^ id^ eö genau, baö Sieb ftammt auö bem 2oi)xt
1849!" '®r t^eilte mir mit; bafe er befd^äftigt fei, bic
S^agebüd^er auö ben Sauren feines 3lufentl^alteö in
®ried^enlanb ju orbnen, unb bebauerte, oft nid^tö weiter
angegeben ju l^oben, alö: „äßorgenö S^rifd^eö" u. f. n).;
fo ermongelten üiele biefer ©ebid^te bcr beftimmtcn
aingabe i^rer Gntftef)img§jeit. „3llle übrigenö", fügte
— 219 —
er fd^elmifd^ ^inju, ,,)tnb erlebt, fogar bie fd^öncn
Sd^ottinnen fmb feine ^l^antafiegebilbe."
^ä) nal^m ^bfd^ieb. @iiie J^erjU^e (SinCabung,
don 9la|cburfl auö, iöo id^ einen Sd^ulfreunb ju be«
fud^en gebadete, nod^ einmal naä) Sübed }um ^efud^
ju fommen, mufete \ä) Uihtx wegen meines nur furjen
bortigen 9lufentl^alteö banfbor ablel^nen. ©in Icgteö
Mal banfte id^ bem tl^euren Dielgeliebten SRonne für
alleö®ute, roaö er mir früher unb l^eut fo reid^lid^ erroiefen
uub fül^lte noä) ein legte« üßal ben warmen ®rud
feiner ^nb. 2)ann ging eö l^inauö nad^ fo l^ellem
Sonnenfd^ein in bie büftere Stacht an ben einfamen
Stranb be§ SReereö. Sänge nod^ manbelte id^ t)oB
feiiger greube uml^er unb fd^rieb bann bei fladEernbem
Äerjenfd^ein im 2Birtl^öl)auöäimmer meine ©rinnerungen
an ben feltenen Slbenb nieber.
^omerö fd^lid^teö SBort Hang in meinem ^erjen
nad^:
unb mit ©oetl^es S3ruber üliartin im ,,®ög" fpradö
id^ feiig: ,,6« ift eine SBoltuft, einen großen 3»ann
}u feigen."
L<fe.fetfk^^<fe^^aÄÄ^Ä^0»ÄÄftÄ^^Äfe<^.O<^fe&^Ä<fe^fe^^ß
so
m^^^^^^Mm^-^^^<!^i^w^^^
€1
€tne (Erinnerung.
Sßön
93 er Hn.
3ci einem Sluöfluge mä) ,5Rorbbcutfd^lanb in ben
fonnigen Silagen beö ^erbftes 1878 üerroeilte - id^ furje
3eit in SübedE, um ben Sieblingöbid^ter ber beutfd^en
^auen nad^ langer ^aufe roieberjufel^en. ®r mar fel^r
leibenb unb ermartetete ben Slrjt fonnte alfo eigentlit|
feinen SSefud^ onnel^men; aU er aber meinen Flamen
erful^r, lie^ er mid^ in fein SBol^njimmer fül^ren, roo
er nad^ wenigen 9lugenbliden erfd^ien. Sein ^Mi
erfüllte mid^ mit SBe^mutl^; fein ^aor mar grau gc^
morben, fein 9lntli| bleid^ unb mager, nur feine 9lugen
leud^teten nod^ in altem §euer, aud^ bie SBorte, bie
er mit jitternber ©timme fprad^, bemiefen, ba^ fein
(Seift unb §erj gefunb geblieben maren. 9lber feine
Riagen über bie Eran!f)cit, bie an if)m jel^rte, ein ^axU
— 221 — •
nädigeö aKctgenleibcn, üernid^tcten iebe frol)e Biegung
bcö 2Bicbcrfcl)cnö. ®od^ fd^icn cö il^n ju erl^citcrn,
bafe id^ Sübcdä ttltcrtJ^ümlid^c Sd^önl^cit aufrid^tig bc
tounbertc unb ba§ id^ fomel 2^^cilnal^mc an feinem 6r«
gelten jeigte. .®r erjäl^lte, rote glüdElid^ er [\ä) in feiner
Soterftabt fül^lte unb roie el^renüoH feine ©teUung bort
fei. 9lud^, bafe er feine einzige S^od^ter glüdlid^ Der?
I^eiratl)et l^atte, erfannte er banfbar alö eine ber wenigen
Sebenöfreuben, bieil^m geblieben roar. 2)aö S3ilb feiner
frül^Dcrfldrten S^au, feiner 91 m an ba, bie er immer
,,9lba" nannte, ftanb in einer Slifd^e, roie auf einem 9lltare,
t)on Eränjen unb Slumen umgeben, iti feinem 9lrbeitö*
jimmer. 3d^ l^atte fie leiber nid^t gefannt unb betrad^tete
anbäd^tig bie l^olbe (Seftalt im einfad^en, roeifeen Äleibe,
roeld^e, einen t)oUblül^enben SRofenfranj auf bem glatte
gefd^itclten §aar, baö finblid^ reijenbe ©efid^t läd^elnb
bem S3efd^auer jugeroenbet l^ielt; id^fonnte mir tebfiaft
t)orfteIIen, bafe ©eibel in biefer grau ben ©eniuä
feiner 5ßoefie ju feigen geglaubt l^atte. ®od^ roar fein
§erj üorl^er fd^on einige SRal burd^ roeiblid^e Siebenö*
roürbigfeit in feinen S^iefen beroegt roorben. 3lu^er für
ßäcilie SBattenbad^ l^atte er für baö lieblid^e üßäbd^en
gefd^roärmt, roeld^eö er in bem fd^önen ©ebid^t:
„(D^, pet^ mid? ntd^t fo traurig an,
Du Hösicin jung, Du fd^Ianfcs Hcl^ —
Dein Blicf, bcr allen n?ol^Igctf|an,
Hlir tl^ut er in ber Seele n?el^"
cinft feierte. ®ö roar bie ^od^ter jeneö 33aron 6arl
222
t)on berüKaUburg in ©fci^cbcrg, voo ©cibcl ftt|
längere 3^^ aufl^ielt. ©ie fd^cint feine ©efül^lc er^
roibert ju i)ahtn, [zhoä) tarn e§ nid^t ju einem naiveren
SSerl^ältnife, fonbcrn ein ®rof ^olnftein bewarb fid^
um ^äulein von ber äßol^burg unb erl^ielt i^r
3ttn)ort.^ aJleine SJKttl^eilungen über biefe @]^e erregten
OeibeU lebi^aftcfte S^l^eilnal^me. 9luci^ meine genaue
Sefanntfd^aft mit ben frül^eren SBerl^ältniffcn oon ©fd^e^
berg gemalerte il^m offenbar SSergnfigcn. ^6) l^atte mit
ollen ben Semol^nem üerfel^rt, bie er nur üon ^oren-
fagen fannte. 3)ie fpanifd^en Süd^erfd^ägc, weld^e
©eibel bort jum ©tubium benugte, maren burci^ ben
älteren Sruber beö S3efifeerö t)on ®fd^eberg gefammclt
morben, mcld^er fid^ alö ©id^ter unb Ueberfeger ©alberonö
einen gead^teten 5Ramcn ermarb. 2)iefer S3aron Dtto
oon ber Sßalöburg mar ein lltterarifd^eö Original.
@r lebte jur ©lanjjeit üon S^iedE unb ä^iebge oft in
©reöben. 9lad^ bem Seifpier üon Seftterem l^atte er
ein inniges ^eunbfd^aftöoerl^ältnife mit einer fd^onen
Seele gefd^loffen, ber Stiftöbame 5ßl^ilippine oon
©alenberg, meldte ebenfalls 2)id^terin mar unb mit
il^m gemeinfd^aftlid^ red^t mertl^DoHe Uebetfefeungen au^
bem©panifd^en üeröffentlid^t l^at. ©ie fam oft nad^ßfd^c^
berg ju ben S3rübern Sßalöburg unb gab burd^ eine
obnorme Sleugerlid^feit — fie mar ein bärtiges SKanm
meib — , fomie burd^ antiquirte ©entimentalität Diel fe
laß JU fomifd^en 9lnefboten. 3nbeffen fonnte fie aud^
fel^r geiftreid^ fein; il^re S^rauer um ben frül^en SCob
— 223 —
i|r^ö gvcunbeö Dtto l^at fic in tüirfUd^ fd^öncn rüfiren'
ben (Sebi^ten üercmgt. Sie ftarb mc^r alö ad^tjig-
iä^rig 1836 im ©tiftc ju Dbcrnfirci^cn bei Sücfeburg.
33eim Slbfd^ieb von (Seibel erfulir id^ nod^, ba§
er am 2lbcnb feineö Sebenö burd^ bie greunbfd^aft einer
eblen grau, bie wie ein üerflärenber Sonnenuntergang
il^n umfd^roebte, ^erjenötroft unb ©eelenfreube gefunben
i^atte, er trug mir ®rü§e nad^ öerlin auf, nämlid^ an
bie üenüittmete gürftin 9llma ßarolatl^, geborene
Saroneffe oon girdö.
yAAA/V^^^k^YA^^AAAAAAAMAAAAAAAY^
Erinnerungen an €manuel (BetbeL
(ein licrrlid^ Sonniger ©pätl^crbfttag roar'ö ate id^ in
Sübccf einful^r. ®aö ^olftcntl^or, tDcId^cö bcm SÄei^
fcnben alö erftcö SBal^rjcid^cn bcr cJ^rroürbigen $anfe^
ftabt glcid^ beim SScrlaffcn beä Sal^nl^fcä in bic Slugcn
fällt, fd^ien für ben Sonntag förmlid^ firtfd^ gcroafc^en
unb auöftaffirt ju fein, fo glifeerten unb funfeiten bie
glafirten giegelmofaifen an bem rounberlid^en alten
Sauroerf e, im $afen lag ein mit l^unberf bunten flaggen
unb SBimpeln prangenbeö Sal^rjeug, am jenfeitigen
Ufer fd^ienen bie etmaä fd^iefen 2^l)ürme ber 2Kariem
fird^e fid^ freunbltd^ bem ©trom von SReifenben jujU'
neigen, ber fid^ über bie ^afenbrüde nad^ ber ©tabt
bemegte unb Don ben feiertäglid^ gepufeten ©parier-
gängern mit ber kleineren ©tätten fo oerjeü^lid^en
5Reugier gemuftert marb. Db too^l einer oon il^nen
auf ben l^od^aufgefd^offenen mageren Surfd^eu gead^tet
225
l^at, ber fo ficgcögctDife in btc ©tabt marfd^irtc^ aU
voaxt xf)m ju ©Iircn baö ^olftcntl^or t)or tncl^r alö 500
Solaren auferbaut roorbcn unb für feine 9lnfunft ©trafen
unb ^auöbielen fo blifebtanf gefegt unb gefd^euert.
3a, id^ fann'ß nid^t leugnen, t)iel niebriger ftanberi
mir bie ®eban!en nid^t, alö id^ ntid^ ins SübedEer
Engagement begab, id^ l^atte aud^ aUed mag einen ein^
unbjmanjigiälirigen jünger S^l^alienö ju fo angenel^mer
Saune bered^tigen fonnte in ber SElafd^e: erftenö einen
guten Rontraft mit leiblid^er Oage unb 9lu«ftd^t auf
ungel^euer md Sefd^äftigung unb, maö mir minbeflend
ebenfo mel mertl^ mar, ein 6mpfel)Iung§fd^reiben an
©manuet ©eibet unb bieö von feinem geringeren aU
t)om „alten ^oltei", bem alten SSagabunben, ber fd^on
lange mieber in feiner ^cimati^ftabt an bie ©d^otte ge^
fefielt mar, bem aber bod^ trog alt feineö ©d^impfend
unb Slaifonnirenö über baä „oerflud^te S^l^eater" immer
unb immer mieber baö ^erj aufging, menn er einen
fal^, ber mit jugeubfrifd^em SRutl^e l^inaufbatanciren
moQte auf bie fd^manfen meltbebeutenben Sreiter. „S)a
l^aben ©ie aud^ voaf^ mit für ben ©ei bei," fagte mir
^oltei beim Slbfd^ieb, „er ift freilid^ fran! unb id^
l^öre, er .fielet feiten iemanb bei fid^ — aber ocr-
fud^cn motten mir'ö! 5Ra, ©ie braud^en mir nid^t ju
banfen! Sltiel"
Unoergefelid^er „3Kter t)om Serge" (fo nannte id^
il^n megen feineö ©tammquartierö, ben „S)rei Sergen"
in 33reälau), id^ müfete !aum, mofür id^ bir nod^ jegt
(Immanuel Qdtihel, ein ®ebent^n(^. 15
- 226 —
nfcl^r ju banfcn l^ättc, alö für bcn großen ©(fircibe-
bricf mit ber etroaö t)em)unbcrfatncn 3luffd^rift: ,,3ln
bcn bcutfd^cn S)td^tcr ©manuci ®cibcl. 9l6fcubcr
Rottet."
^oltciö SBamung gcl^ord^enb, fanbtc id^ benSrief
an ©cibcl unb lieg anfragen, wann id^ bie Sl^re l^aben
bürfte oorjufpred^en. S)ie Slntroort ließ nid^t lange
auf fid^ warten. • 3)Httagö Don jroölf biö eins roar feine
fd^merjfreie SElageöftunbe. S)er greife ©id^ter war oon
einem fd^merjDoQen Unterleiböleiben geplagt, bas il^n
iebod^ merfmürbigermeife mit jiemlid^er SRegelmafeigfcit
oon jmölf bis einö unb Slbenbö von fed^§ biö elf verliefe,
mofem er nid^t üerfäumte, pünftlid^ um neun \ü)x
SCbenbö einen Kelter ^Pflaumenmus ju fid^ ju nel^men,
maä il^n jugleid^ nötl^igte baS S^l^eater, faft ben ein^
jigen Ort, ben er SlbenbS ju befud^en pflegte, um biefe
3eit JU oerlaffen. aSon biefer ©epflogenl^eit mad&tc
er nur in feltenen gälten eine SluSnal^me, um eine
aSorfteQung ganj genießen ju tbnmn. SJann nal^m er
fein einfad^eS Sßebifament burd^ ben SRüden einiger
treuen ^eunbe geberft, in bem jiemlid^ primitiven
go^er be§ Kaufes ^eimlid^ ju fid^, „um niemanb 9lerger:=
niß JU geben", mie er meinte.
S)od^ jurürf JU jenem erften Sefud^. 3d^ trat in
ein einfad^es ^interjimmer, beffen genftermanb burd^
Süd^erfd^ränfe in jmei 5Rifd^en getl^eilt mar unb meld^cö,
rings mit Süd^ergeftellen umgeben, ganj einfad^ mit
einem ©opl^a, 2^ifd^, einigen ^otj- unb einem großen
227
Scberftul^l auägcftattct war, iDcld^cn bei meinem (Sintritt
ein majeftätifd^er fd^marjer Äater grimmig fc^nurrenb,
wie ber SCiger im ,,$anbfd^ul^" oertie^. ©ine hirjc
SBeile unb id^ fal^ in baö freunblid^e Sintiig ©manucl
©eibels. Unter einem fd^marjen ©ammtfäppd^en
legten fid^ bie filbermeifeen §aare nod^ immer 4nit
jugenblid^em ©d^munge über ben ^interfopf, meij^e
ftarfe S3rauen jogen fid^ in großer Sinie über bie blauen
3lugen, beren finnenb4iebet)ollen 9leij fein 33ilb unb
feine 5ßl^otograpl^ie jemalö miebergeben fonnte. S)iefe
gütigen Slugen paraltelifirten ben fül^nen fd^arfcn
Sd^nitt beö Äopfeß, ber in bem ftarfen Sd^nurr? unb
Snebelbart, beffen untere 5|Jartie fid^ mieber etmaö auf-
lüärtä lodte, fonft etmaö augerorbentlid^ ©nergifd^eö.
befa§. ®in weiter Sammtrolcf uml^üllte bie nur mittel:^
gro^e, etmaö oomüber gebeugte (Seftalt; fo trat er, mie
ein 33ilb eine^ alten 32ieberlänberö, auö bem bunflen
^intergrunbe auf mid^ ju. 2Bad er bei biefer erften
Sufammenfunft mir gefagt — id^ fd^äme mid^ einge^
[teilen ju muffen, bafe id^ eö nid^t mel^r meife, id^ l^abe
nur ben ©inbrud, ba§ mir'ö unenblid^ mol^l unb meit
umö ^erj bei bem berül^mten äJlann geworben ift.
SSieHeid^t märe bie ©rinnerung baran lebl^after geblieben,
iDäre mir nid^t ber ©inbrud allmäl^lig ein alltäglid^er
geworben, ba id^ baö (Slüd l^atte balb in ©eibeU
Saufe ein faft täglid^er (Saft ju werben.
©manuel (Seibel war eine feurige SRatur, über^
queUenb in ber Siebe wie im ^affe, in jugenblid^er
15*
228
SRafd^fieit. 3f)m fonnte nid^tö für fd^ön gelten, roaö
auä) nur im geringften über bie ©rengen beö Sitt^
Ixäftn {)inauöfd^n)eiftc, aber über biefeö l^atte er manc^-
mal oerrounberlid^c Slnfid^ten, menigftenö fonnte unb
fann id^ mid) nod^ nid^t baju oerftel^en, il^m Sered^-
tigung jum ^affe einer ,,b'6^tn SElriaö" jujugefte^en.
S)tefe böfen brei maren ©ugfom, S3rad&t)ogeU
SRarciß unb — 9lid^arb Sffiagner, beffen ajhifif er für
unfittlid^en Sinnesfigel ober überl^aupt für gar feine
Sßufif erflärte. 3)a gobö fein 5ßariamentiren ober
gar Sßiberfpred^en, bann fprül^ten bie blouen Slugen
jomige glammen, unrul^g milb unb immer milber
fd^ob er baö Sammtfäpp^en f)xn unb l^er, biö er es
enblid^ im pd^ften 2lffeft mit einem ftentortönig l^er-
audgebonnerten Sraftmorte l^crunterrife. SJann folgte
gemöl^nlid^ eine fd^müle 5|Jaufe, biö ba§ Sßü^d^en mieber
ouf feinem angeftammten^ßlage fafe unb bad 33erfö]^nung§'
roort „item" gefallen mar, mit meld^em er immer auf
ein entgegengefefeteö ©efpräd^öt^ema überjugel^en liebte:
3tem reben mir nid^t mel^r baoon! 3)ie trefflid^en
altem unb jungem greunbe ©eibelö fannten feine
fleine ©d^mäd^e unb liefen eä feiten biö jur ganjen
©mption beö SSulfanö fommen. 3« lemen gab e§
für mid^ oiel bei bem ©id^ter, benn gerabe ba§ S)rama
unb bie Sd^aufpielfunft maren eigentl^ümlid^ermeife baö
Sieblingöftubium beö groj^en S^riferö. Die SübedEer
Sül^ne l^atte ju jener Qtii im ernften ®rama einen Sluf-
fd^mung genommen, beffen nod^ je^t bort cl^renoolt ge-
— 229 —
bac^t wirb, ©in talcntooller, cncrgifd^cr, Icibcr aber
unprafttfd^er unb rürffid^tötofcr iungcr 2)ircftor l^attc,
bcgciftcrt oott bcn aBciningcrn, bort eine Sßciningerei in
nuce l^crgefteQt unb eine eifrige Sd^aar junger 2^alente
uiitcrftü^te i^n mit Feuereifer, fo bafe Diele Haffifd^e
Stüctc in roirflid^ tabettofem (Snfemble in ©cene gingen.
9licmanb xoax liierfür anerfennenber unb banfbarer als
imfcr ®id^ter. ^eilid^ foB e§ nid^t angenel^m geraefen
fein, in feiner Sßal^e im SElJ^eater ju figen, benn xotnn
er mit jugenblid^ gefpannter Slufmerffamfeit bem Spiele
folgte, gab er feinem Seifatt unb feinem ^abel immer
in flagranti 2uft, mie er benn aud^ oft felber baö 3^i^^^
jum 2lpplauö gab. ©tüd unb ©arfteltung würben
bann regelmäßig genau Don ilim befprod^en, roznn fid^
roicber ein fleiner ^eunbeöfreiö bei ilim üerfammelte
unb bann mar er burd^au§ nid^t red^tl^aberifd^, fonbern
liej5 felbft in ber ©arftellung feiner eigenen 2)id^tungen
anbere SDleinungen gelten. So fpielte ic^ einmal ben
Sctpio in feiner Sopl^oniöbe. ©iefer junge ©ifenfopf
tritt iu einer ^auptfcene allein mitten in baö aufrul^r-
betoegte Säger ber 5Rumiber unb jmingt bie 9lebellen
burd^ bie Sßad^t feiner ^erfon unb feineö SBorteö jum
©cl^orfam. ® ei bei l^atte fid^ ben ^elblierm in großer
©jtafc l^ereinftürmenb gebadet mit SlblerblidE unb geuer?
n)orten, id^ wollte mit eifemer 9lul^e in bie branbenben
SBogen fd^reiten unb fie mit ©ifeöliaud^ jum ©rftarren
bringen. S)a gab'ö natürlid^ erft mand^en Äampf —
atö er eö aber auf ber ^^robe fall, rief er laut : „@ntbe
230
l&at 9led^t, \)at Siedet, l^at ganj SRcd^t" unb fd^tcn l^od^
erfreut ju fein. 3tn aQgetneinen liebte er aber rfieto^
rifd^en ©d^roung unb laö felbft mit l^inreifeenbem geuer
t)or, baö nirr wenig burd^ einen 3lnflang üon falfd^em
^ßatl^oö getrübt war, in roetd^eö Dilettanten ber ©d^au^
fpielfunft fo leidet oerfaQen. — ©ine befonbere ^eube
barf ic^ mid^ rül^nten bent SJid^ter bereitet ju l^aben
burd^ bie ©arfteltung unb Snfjenicrung feineö ,,2Reifter
Slubrea". ©ieö Suftfpiet ift wenig befannt unb es
wäre eigentlid^ eine ©l^renpflid^t ber Salinen, eö roieber
fieroorjul^olen, um fo mel^r, als eä eine bl^nenbe Slrbeit
ift unb einem 5ßubHfum, meld^eö ben pl^antaftifd^en
^umor üon „2öaö il^r mottt" üerfte^t unb fid^ an ben
barodfen giguren in ber „SSejäl^mten SBiberfpenftigen"
l^erjlid^ ju freuen vermag, immer gefallt — mofem eö
im geiftreid^en 2^one ber italienifd^en Sßaöfe gefpielt
mirb, mie bieä jefet bei ben ermäl^nten ©tüdfen an aUen
guten 33ül^nen gefd^iel^t. 3d^ fiabe eö mit beftem 6rf olge
nid^t nur in Sübed, fonbern aud^ auf Heineren unb
größeren SElJ^eatem gefpielt, julegt am ©tabttl^eater in
Sremen. ©eine erfte Sluffül^rung erlebte baö Suftfpicl
im 3al^re 1847 in Berlin unb jmar am föniglid^en
^ofe. 2)eh Sonoiüant Suffalmaco fpielte bamalö ein
2Wann, ber nad^malö fid^ auf einem ernftl^afteren ©d^au-
plag großen SRul^m ermarb: ^iebrid^ SBill^elm, ^rinj
t)on ^ßreufeen, jegt „unfer grife".
9ln bie Sremer 9luffü^rungen beö „Slnbrea" fnüpfen
bie testen Briefe an, meldte id^ t)on ber $anb ©manuci
231
©cibclö bcfi|c, er fd^rieb überhaupt öricfc ntd^t gern
imb, n)ie er behauptete, nid^t leidet.
Stets von allem (Sefd^äft tn ber lOeit bas ©erl^agteftc mar mir
Briefe 3» [einreiben. So leidet mir bas IDort in Icbcnbiger Hebe
fliegt, loenn bieSad^e mtd? rei3t, fo fd^mer entftrömt es ber ^Jeber
£angfam brtid^ig unb fali, als ob auf bem (änderen Umtpeg
2Ins bem fjer3en aufs Blatt mir (ßefül^l unb (Sebanfe gefrören.
fo beginnt er feine „S)eprecation" in beh Spötl^erbft^
blättern. Sefonberö peinigten ilin bie Slntroortfd^reiben
auf bie il^m jur 5ßrüfung überfanbten Sßanuffripte,
TOcld^e oft oon red^t unberufener ^anb l^errül^rten, bie
er aber bod^ mit rüfirenber ®en)iffenf|aftigfeit bel^anbelte.
3m aufeerften 5Rotl^faUe mad^te er raenigftenö Stid^proben'
unb fd^lug bie Sonootute balb l^ier balb ba auf. Sßic^tö
fonnte ifin oon biefer jeitraubenben unb unerquirflid^en
SKrbeit jurüdfialten. ,/$ätte ic^ tnid^ oor breißig 3al)ren
Don einem SJugenb 2ßittelgut^®ebid^te jurüdfd^redEen
laffen, fo ptte id^ nid^t bie perlen entbedt, meldte
fd^on bamalö ^aul ^e^feö Siebermunb entftrömten."
©inmal ^atte il^m eine Dame oier birfe Sänbe
^ocfie gefd^idt, nod^ baju in öugenmörberifd^er ©d^rift.
©cibcl mar empört. „2)iefe gred^l^eit/' rief er einmal
über baö anbere, ,,aber id^ l^abe eö il^r aud^ gefd^rieben
— eine ma^re Unoerfd^ämtl^eit !" 9lad^ einer SBeile
fegte er ^inju : „3tem, lieber ©rube, @ie f önnten mir
el^rlid^ fagen, ob id^ nid^t ju grob geworben bin. 3d^
babe ben ganjen SBormittag über ben Srief gebadet."
Unb nun probujirte er ein ©d^reiben:
— 232 —
,,intt bcm fpnnf eine (Ebelfrau
2lm t^öd^ften Feiertage gel^'n."
6r crflörtc eö jcboc^ für bcu Snbegriff aller ©rob-
l^cit unb id^ fürd^tc, er l^at eö ftd^ nod^ einen SBormittag
foften taffen, unt ben l^erben Snl^alt in nod^ freunb?
lid&cre SBorte ju faffen.
3n)ei 3a^re burfte id^ 6manuel ©eibel'ö SBol^U
wollen unb Umgang genießen, bann DerlieJB id^ bie Heb^
Ud^e 2^rat)eftabt. Dreimal fal^ id^ bann ©eibel roiebcr.
3uerft getegenttid^ cineö längeren ©aftfpielö, baö id^
in 2übc(f abfoloirtc. ®r fd^ien nod^ leibenber alö roie
id^ il^n Derlaffen l^atte, ging aber bennod^ einmal in'ö
!I^l^eater, um meinen ©l^t)Iorf ju feigen, mit bem er nie
red^t einoerftanben mar unb an bem er aud^ bamalö
nod^ ml }u tabeln fanb. SBir fprad^en üiel über bie
fd^mierige 9lufgabe, bie id^ je^t nad^ feiner rid^tigcn
9luffaffung ju löfen oerfud^e, er mürbe immer lebenbiger
unb julegt fo tebl^aft mie in befferen 2:agen. ®ann
bcfud^te id^ il^n nur flüd&tig, ba mir jmifd^en ber SSa^n-
fafirt unb einer SSorlefung im Sübeder ©d^itteroerein
nur menig 3eit blieb unb gerabe ebenfo mar'ä im S^nuar
bicfcö 3af|reö. S)a faß er mieber im ©ammtrorf unb
mit bem fd^marjen Äfippd^en unb baö Sluge blidte nod^
ganj fo freunblid^ — aber e§ bligte nid^t mel^r, fonbern
fd^ien träumenb fd^on l^inüber ju . blidfcn in ein uii-
bcfanuteö Sanb. 33art unb ^aar l^attcn ben eigeu^^
artig fülinen Sd^mung verloren, bie fd^arfen Sinien beö
"jßrofilö maren weit unb oerfd^mommen gemorben. 6r
— 233 —
crfoiuite \nid) tool^t luib fd^ieu fid^ ju freuen — aber
ein ©efptäd^ tuottte lüd^t in ©ang fomtnen. 3d^ founte
eö nic^t tauge ertragen unb üerüeJB if)n hau. „Slui^
baö ©d^öne mufe fterben." Sd^mcrjloä ift er enblid^
cingefd^Iummert. SSietteid^t, inbem id^ biefeö nieber^^
fd^reibe, flingen bie ©lodEen üom St. 3ßarientbunn unb
bic ©tabt Sübed leitet il^rrtt (Sfirenbürger ju ©rabe.
3im §erjen ber beutfd^en 3äugenb rairb er fortleben unb
wer baö ©lud l^atte, ifim perfönlic^ nalie ju treten,
lüirb mit SWarc Slnton il^m nad^rufen:
Sanft mar fein leben unb fo mifdjten fid?
Die (Element' in tljm, ba§ bie ITatur
2luf [teilen fonnte unb ber IDelt rcrüinben:
Das mar ein IHann!
(SÄagastn für l^iteratur beö 3n* unb Sluölanbeä.)
'AA/V^
€tne €tinnerung,
ftttvl ®oebefe.
©öttingett.
-Oci einem tueJ^rroöd^igen 93efud^e, ben mir ©eibel
1856 in gelte mad)te, pflegten mir 9ttenbö naä) %i\i)
2^l&ee ober SBein ju trinfen. 6s gefd^al^ mol^l, bafe im
^Iiee einmal ein Slättd^en fid^ burd^gefd^Iid^en ^atte,
ma§ id^ nid^t Hebte unb ju rügen nid^t unterliefe. SBenige
S^age t)or bem STbfd^iebe brad^te ©eibel mir einS^^ec--
fieb mit folgenbem angefieftcten ©ebid^te:
Da ein 23Iatt x>on (El^tna's Kraute,
Das in Deiner (Caffe fcbipimmt,
0ft beim £efen Did? ©erftimmt,
Dag Du Deines Sängers £auie
Sdjlägfk in (Trümmer iputljergrimmt,
£a6 mid?, ^reunb, bem sorn'gen (Criebe,
Der Did? rei3t 3um Did^termorb,
(Eint^alt tl^u'n mit biefem Siebe;
^raud;*s unb rid^te mid; mit £iebe
Il>ie üor geiten aud) Ijinfort.
{^. 3uli ^856. (£. (5eibe(.
— ^ —
iiitfiumriiimHiniiii<iininiiiiimiiiiiiiiiiMiM<-MiiM*n:ni!ihiMiiMi:uiiii'i!i'iiiii!iiiii!ii:iiiMiui:ii!:!:i;iii:^
ininilUlll!lllllllili:il!ni!MIIl!Mlllllllli|llllÜlHIIII!'Mi:!|i:l'!IMllll|||llllllllll|||||||||llllllMUM<llllll!!lllllll'IIM.'X!l':il!l.ili;illll!IH i:,ill
groei Zlnef&oten aus bem "izhz^ ©cibels.
3Ritgetl)eilt
üon
Slttbolf @oette.
2)reöben.
^cn jo^llofcn SSerel^rcrn bcö SJa^ingefd^iebcnen, ri)eld^e
bicfcö ©cbenfbud^ jii ©l^ren bcö großen SElobtcn mit
grcubcn begrüben werben, bürfte es aud^ mlffotnmen
fein, einjclne Heinere 3üge auö bem ^üj^tn beö SSer^
eroigten ju erfal^ren. 3d^ tl^eile beöl^alb an biefer
©teUe einige 3lnefboten tnit, bie id^ burd^ ^errn ^ßro^
feffor Äarl ©oebefe in ©öttingen, ben langjäl^rigen
^eunb ©manuel ©eibePö, erfal^ren l^abe unb ju
bereu SBeröffentUd^ung ntid^ biefer emtäd^tigt l^at.
3n ben fünfjiger Salären rourbe ©eibel in
"^SS&xii^txi mit ^aul ^et)fe, griebric^ Sobenftebt
unb anbem 9lotabiIitäten ber bortigen ©d^riftfiettemjelt
t)on bem bortigen preufeifd^en ©efanbten jum ©ouper
gelabeu. Sllö faum bie Unterl^altung in glufe ge^
fommeu, fragte ber ©aftgeber plöfelid^, ob molil einer
— 236 —
bei* ^eiTen ctroaä jutn SBorlcfcn tnitgcbrad^t l^abc. S)ie
gragc begegnete in bcr ©cfcBfd&aft bcgreiftld^crroeifc
jiemtid^ erftounten ®efi($tern ; ©eibel aber er^ob ftd^,
fd^Iug mit ber ^auft auf ben 2^ifd^, bafe bie ©löfcr
flirrten unb rief auö: „Sinb mv benn ©pielleute, bie
jum S)anf für bie SDlal^ljeit einö auffpielen folleu?"
Slatürlid^ folgte biefem plöfelid^en Sluöbrud^ einer leibem
fd^aftlid^en ©eele peinlid^e ©tille unb oerlegeneö ^üftcln,
bie Unterl^altung tarn erft aQntäl^lid^ unb ntül^fam
roieber in ^lufe, fpäter ein froftiger Slbfd^icb unb —
ber preufeifd^e ©efanbte lub feine Sitteraten nte^r ein.
3d^ erjäl^le biefe Segebenlieit ganj unbcbenflid^, weil
fic nur baö ausgeprägte ©efül^l ber 3)iannesn)ürbe bei
unfemt ©id^ter jeigt, ber eine wenig tactuoltc 3umutl^ung
in alterbingö etroaö braftifd^er 9lrt 5urüdn)ieö.
©ine jroeite Slnefbote bejiel^t fid^ auf ein perföm
lid^eö ©rlebnife 6arl ©oebefe'ö mit feinem ^eunbe,
Sie Seiben, ber S)id^ter unb ber SittcrarJ^iftorifct/
l^ielten fid^ im Slnfange i^rer 93efanntfd^aft auf einer
gemeinfd^aftlid^en ©ebirgöreife einige 2^age jufammen
in 3l^lfelb, einem fleinen Äurorte im ^arj, auf. ®ine&
9lbenbö, alö bie neuen greunbe fid^ auf il|r 3i»w«i^
jurüdEgejogen l^atten, bemerfte (Soebefc im Sauf ber
Unterhaltung, bafe il|m iebeä SSerftänbnife Seetl^ooen^
fd^er ©^mpfionien abgelte, aud^ biefelben nid^t ben ge?
ringften ©inbrurf auf il^n mad^tcn. ©eibel, befannfe
lid^ ein leibenfd^aftlid^er 33en)unbrer S3eet^ot)en^ö/
fäj^rt nad^ biefer 9leu§erung entfegt auf: „®aö ift ja
237
eine uuerfiörte 93(aöpl)emic ! 3dj fcl^c w)of)l, ba§ wir
nid^t ju einanbcr paffen;. cö ift befler, voxx bred^en bcn
SSerfe^r ab unb trennen iinö morgen." (Socbefe,
burd^ bic unmotimrte ^eftigfeit beö 2)id^terö ebenfalls
gereijt, crflärt fid& fofort bereit, auf ben SBorfd^lag ein-
juge^en, ünb ol^ne einanber gute 9lad^t ju roünfd^en,
legen fid^ beibe ju 33ctt. Slnt anbern 3Jlorgen t^at
®eibel, aU fei nid^tö vorgefallen, unb aud^ ©oebefe
berührte bie Slngelegenl^eit nid^t ntel^r. 3)aö S^^örf-
nife war alfo nur üon furjer ®auer, roäl^renb bie
greunbfd^aft beiber SÖiänner burd^ alle SBanblungen
ber 3öf)re fortbeftanb.
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2lm Cuganerfee*
©traf; bürg i. @.
(E§ war einer jener ^errlid^en ^l^lingätage, wie fie
nur an ben oberitalif^^ii ®^^tt inmitten biefcr gi-
gantifd^en SBelt blülienber SKpen unb buftenber 2^l^äler
genoffen werben . fönnen. Der ganje Lago Ceresio,
ber fid^ cor feinen (Senoffen, bem Lago di Como unb
bem Lago Maggiore, burd^ ben überrafd^enben SBed^fet
feiner Sanbfd^aften unb bie fedfe ^orm feiner ©ebirge
auöjeid^net, bligte unb fd^iDerte in einem. ©eleud^t oon
taufenb garben. S^^Hofe Heine Sarfen mit mel^enbcn
SBimpetn in benfd^meijerifd^en, beutfd^en unb itatienifd^en
garben frieblid^ neben einanber tummelten fid& luftig
fd^aufetnb auf ben fräufetnben SBeDen. ipier ein oer?
liebteö Junges ^ärd^en, baö fid^ fügte unb Ijcrätc, ol^ne
bag ber graubäräge Sd^iffer, ber il^nen bie 9iuber fül^rte,
— 239 —
barübcr au^ nur eine SKieue fciueä fonnetiüerbranntcn
©efid^teS t)cr jog, fa^ er bod^ Jebcn gtüfiling tagtäglid^
baffclbc ©d^aufpicl in ewig wed^fclnbcr SJariation; bort
eine ©d^aar fingenber ©efeHen, bie naä) üKelibe ful^ren
ober nad^Ganbria, um bei33ater5ßeppo eine glafd^e
purpurfarbenen 39arbera*ö ju trinfen unb bem Soccia^
fpiel ber Staliener jujufd^auen. 3luf bem ©taben ber
Stabt unter bcn raufd^enben Äaftanienbäumen l^errfd^te
ba§ rege fummenbe Seben beö Äurortes. 5ßräd^tige
Soroffen, Omnibus unb- S)rofd^fen roHten ^in unb l^er unb
ein unaufl^altfam flutl^enbeö ©emü^I oon Spaziergängern
wogte burd^einanber : arme Eranfe, bie ber 3:^ob fd^on
gegrüßt, übermütfiige ©efunbe, bie lad^enb imb fingenb
unb bie Sßöbd^en nedfenb i^ren lebenöfrö^Iid^en SBeg
manberten. ©ajmifd&en tönte baö unauffiörlid^e, feltfame
©elSut ber ©lodfen, baß fd^riUe ^Pfeifen ber S)ampfer,
bie bid^tbefefet mit 2^ouriften auf bem ©ee l^im unb
mieberfu^ren, baä bumpfe S)onnern unb 2^ofen ber
©ifenbal^njüge, bie oon Sujern ober äßailanb l^er ftünblid^
neue ^d)aaxtn in baö lieblid^e Sugano trugen.
3ln ber Sanbungöbrüdfe beö ©ampffd^iffeö löfte tbtn
ber alte mettergraue ©iufeppo einen feiner fd^mudften
Äal^ne, bie „^eltetia", oon ber Äette, legte oiet fd^mere,
froftige SWuber in bie SWiemen, pflanjte am S3ug eine
gal^ne auf, entrollte fie unb luftig flatterten bie beutfd^en
färben fd^marj^meig^rotl^ über ber Sarfe. ®§ mod^te
ctma- gegen oier Ul^r 9lad&mittagö fein.
Sa f am . an^ einer ber oielen ©tragen, bie am
— 240 —
i&ofenplafe münben, ein Xnxpp von fünf jungen ©e^
fetten, ©iufeppo fd^ien fle fd^on ju fennen, benn mit
einem freunblid^en „buon giomo, Signori!" lub er fxe
in bie bereitftel^enbe ^eloetia ein. ®er eine oon i^ncn
blieb am Ufer jurücf unb mäl^renb bie anbem mer üom
fianbe ftie^cn, rief er i^nen nod^ ju: ,,3n einer ©tunbc
fomme id^ eud^ nad^, a rivedercü". ®ann Pog bie
^dvttia pfeilfd^neH über bie %lut^.
Unter ben oieren im Soot befanb id^ mid^ felbft.
3)ie anberen brei unb ber Surüdgebliebene maren meine
^eunbe. 3Bir ffatttn und alle erft in Sugano fenncn
gelernt unb bod^ waren mir in ben wenigen SBod^en
unfereö Seifammenfeinö l^ier in ber ^embe vertrauter
mit einanber geworben, als biefeö meHeid^t bal^eim felbft
eine langjährige ®emo^nl)eit mit fid^ gebrad^t ptte.
(gö mar an einem Slbenbe gemefen, alö id^ in eine
ber Dielen SBeinlauben im 3nnem ber ©tabt ging, um
einen guten ©l^ionti ju trinfen. Die 3:^ifd^e waren fo
gut befegt, bag id^ nur nod^ an einem Heineren $la|
finben fonnte, an bem jwei ©äfte fagen. ®ö ergab fui^
balb eine ©elegen^eit jn einem ©efpräd^ unb nid^t lange
wäl^rte eö, alö wir unö fannten. Sttuf ben beiben Äarten,
bie mir übergeben würben, laö id^ bie Sßamen „3)u Soiö,
5ßariö" unb „^arr^ 2:at|lor, Sonbon". ®a traten
jwei italienifd^c äRabd^en bürd^ bie 3:^pr unb begannen
JU fpielen, bie eine oon i^nen fül^rte bie ®eige, wal^renb
bie anbere auf ber ©uitarre begleitete. ®ä ift feltfam,
weld^e Äunftfertigfeit biefe Staliener befigen unb mit
— 241 —
lücld^er ©cfd^icflid^fcit oft ber einfad^ftc bicfcr Seutc,
oft ba§ unanfel^nUd^fte biefcr armen 9Käbd^cn trgcnb
ein 3nftrumcnt l^anbl^abcn. ©o fpicltcn aud^ biefe bcibni
©d^TDcftcm mit einer fo innigen Siebe unb Eingebung,
mit einer fold^en Kraft unb geinl^eit, bafe mir erftaunt
jul^örten. 2Uö fie geenbet l^atten, bot fie 3)u Soiö um
bie ©eige. ®% ging ein SSd^eln burd^ bie SReil^en ber
anbereu ®äfte, aU ber fd^Ianfe ^anjofe mit bem bunfel^:
fd^marjcn Sorfenl^aar unb ben träumerifd^en großen Slugen
bie ®eige nal^m unb fie ju ftimmen begann. @ä er^
eignete fid^ ja jeben Slbenb, bafe ein el^rgeijiger Süngling
feine eigene mufifalifd^e Seanlagung jeigen rooHte unb
am ®nbe baö l^öl^nifd^e basta, basta! ber ®afte feine
frafeenben 2^5ne erftirfte. SBer bicfeö 2Ral bauerte
eö feine 9Äinute unb baö fiad^en unb Särmen, ©läfer-
flappem unb SWeben fd^roieg: 2)u Soiö fpielte unb roie
ganj oerloren in fein eigenes ©piel fal^ er nid^t mcl^r,
voa^ um il^n vorging. @inige Ilingenbe ^ccorbe gaben
ifftn ju erfennen, ba§ bie ®eige SRarguerita'ö roenn
aud^ nid^t ju ben befien gel^ßrte, fo bod^ aud^ nid^t-
fd^Ied^t mar, unb nun jmang er bie ©aiten jU einem
rounberfamen, melobienreid^en ©efange, ben er allmäl^lid^
l^inüberleitete in ©d^ubertö ergreif enbeö Sieb: „I)aö
aJleer erglönjte meit l^inauS". 9lod^ nie l^atte id^
eine fold^e §üBe mn Xontn aud ben einfad^en oier
(Saiten einer ®eige entlorfen l^ören, nod^ nie ben SSogen
mit einer fold^en füi^nen unb bel^errfd^enben SKeifterfti^af t
fül^ren feigen. 9Kö 2)u S3oiö geenbet, raufd^te il^m ein
(Smanuel @tittl, ein Qiebenföud^. 16
— 242 —
»
©turnt bcgeifterten Seifate entgegen unb baö ewiva,
da capo unb alla salute di Lei rooUte fein ®nbe
nei^men. Da traten jnjet junge frifd^ auäfd^aucnbe
üKänner auf unferen Xi^ä) ju unb ftredten 35 u 33oiö
bie §änbe entgegen.
„©ie l^aben un^'^, rebete iJ)n ber größere ber 33eiben,
eine Mfttge ©eftalt mit J^eDblonbem §aar unb treu^
l^erjigen blauen Slugen, in rool^Iftingenbem ^ansofifd^
an, „eine unnennbare ^eube gemad^t unb id^ banfe
Sinnen red^t l^erjlid^ in meinem unb meines ^eunbeö
Flamen; erlauben ©ie mir, baJ3 id^ Sinnen benfelben
l^ier als einen jungen ^oeten ©ignor giorito, einen
Florentiner, üorfteUe ; mein eigener 9lame iftDeb erlin
unb id^ nenne bie beutfd^e ©d^meij meine ^eimatl^.
SBenn id^ aud^ felbft baö geflügelte SRog nie beftieg, fo
bin id^ mie^iorito ein glü^enber begeifterungäfreubiger
SBerel^rer aUeö beffen, maä uns bas Seben abelt, ^oefie
unb 3Kufif, unb brum alten banfbar, bie fie uns bieten."
S)u S3oiö banfte unb fd^lug fräftig in bie bar^
gebotene §anb ein. SBir baten giorito unb Deberlin,
an unferem 2^ifd^e ^la| ju nehmen, maö fie freunblid^
annal^men.
,,35od^ juüor", begann giorito vn bem ^errlid^
flingenben 3biom Xo^cana^, „erlaubt mir, 3»aeftro
2)u Soiö, bog id^ junäd^ft ben fd^ulbigen S^ribut ber
©öfte einfammle unb ba§ ©efammelte mit ©urer gütigen
©rlaubnig ben beiben SJläbd^en überreid^e."
S)ann nal^m er unter bem 3ubet unb Sraoorufen
— 243 —
bcr ©aftc einen Xtütx unb roanberte von "Xx^ä) ju 2^ifd^.
3)a gab eö ein ^eUeö Klingen unb Springen oon aWünjen,
unb ate er nrieber in unfere SHitte jurfidgefel^rt, voav
her SCetter ganj mit ©ilberftütf d^en bebecft. 3Kit jenem
glüdflid^en Säd^eln, rote eö nur bie ebelfte ^eube jU
fd^affen oermag, überreid^te er bann im 9lamen be&
„illustrissimo maestro Du Bois" ben S^eDer ben beiben
äRobd^en, bie if|n mit freubeftra^Ienbem 9lntlig in
©mpfang nal^men. ©o reid^e ®abe mürbe il^nen ja
feiten gefpenbet; arm unb anfprud^öloä, nur ber 3lüÜ)
gcl^ord^enb, warben fie fi^ fonft ein fümmerlid^eö S3rob.
2)en 3ubringlid^feiten unb Spöttereien ro^er unb gefüllt
lofer ©äfte gar oft ausgefegt, mußten fie l^eute boppelt
bie eble ®abe ju fd^ägen.
®§ l^atte längft fd^on 2JHtternad^t gefd^Iagen, ate
mir fünf junge Surfd^en immer nod^ beifammen fafeen,
unb eö fd^icn, alö ob mir mit jeber SBiertelftunbe, bie
in bäö 3Äe'er ber aScrgangenl^eit roUte, jutraulid^er unb
offener mürben. SBir mußten cö balb, bafe mir aHe^.
wenn aud^ oerfd^iebenen Stationen ange^renb, bod^ mit
einanber einö maren in ber begeifterungöfreubigen Siebe
äum Sbcaliömuö; mir füllten e§ balb, ba§ mir Äinber
cineö ©eifteö maren, bafe iin^ allen bie l^eilige Suft an
ber ^oefie, ber Äunft burd^ bie 9lbem braufte. 35icfe
ßntbedung beraufd^te un^ fo gemaltig, baJ3 mir nid^t
Qufl^ören mottten, bie neugefd^Ioffene ^cunbfd^aft im
perlenbcn gcuergolbe beö Asti spumante ju feiern. ®ö
\mx um fo mel^r ein glüdlid^er S^f^ß/ ^ö& mir un^ '
16*
— 244 —
aQe fo trefflid^ oerftanben. ^anjöfifd^ unb beutfd^
fprad^nt roir aUt fünf, englifd^unb italienifd^ oerftanbeu
Toir tüenigftend, n>enn ^iorito unb id^ aud^ nid^t eng^
lifd^ unb Deberlin nid^t italicnifd^ fpred^en fonntc.
@nbUd^ aber gemal^nte nn^ bod^ bte tiefe 9lQci^t'
rul^e an bog 9lad^^aufegel^en. (Sift n)ir oudeinanber
gingen, üerabrebeten wir, un§ jeben Jlad^ittag ju einer
gemeinfamen Äal^nfal^ ober einem ©pajiergang in bie
Iierrlid^en Umgebungen am 2anbungöpla|e ber S)ampf^
fd^iffe }u üerfammeln.
©d^on bei unferer erften S^i^rt, bie fid^ über bie
italienifd^e ©renje nad^ ^orlejja ju erfhredte, mad^te
Siorito einen SSorfd^lag, ber mit aHgemeinem 3w6el
aufgenommen mürbe.
„2Bie more eö, amici, meinte er, inbem er unö
bebeutete, einige 9lugenbUde mit SRubem inne ju l^altcn,
wenn mir bie wenigen SBod^en, bie mir l^ier in betn
Keblid^en fiugano jufommen meilen, baju benufeten, um
nn^ einmal, in baö gel^eime bid^terifd^e Genien unb
gül^Ien ber Stationen ju vertiefen, benen mir angel^oren.
SBäre ed nid^t l^errlid^, menn mir on iebem 5Rod^mittage,
an bencn mir bie munberbare ^errlid^feit biefer blül^en-
ben 9latur in unö aufnel^men, in ber SBeinlaube oon
aftelibe ober unter ben Dlioenbfiumen oon 6anbria
fifeenb oerfud^ten, bie S^rif unferer 58öHer fo gut cö
gel^t f ennen ju lernen ; benn gerabe burd^ feine I^rifd^cn
Did^ter l^at ein jebeö 9Solf am beften unb l^errlid^ften .
auöfpred^en laffen, mie e§ benft unb fül^It, mie eö liebt
245
niib betet, roic ed trinft unb fingt, imb gerabc ^ier in
biefer blül^enben SBelt unb fem t)on ber ©erool^ni^eit
bed älQtagdlebend n>erben n)ir am beften ben ©eift eines
jeben SBoIfeö in feiner Stirif oerftelien fönnen. beginnen
loir mit betn 5BoIfe, beffcn Sprad^e mx l^ter fpred^en
muffen unb bem id^ felbft mit 2uft unb greube ange-
höre unb roed^feln mir bann SCag um 3:^og. SWit
größeren ©d^ögen unb J^errlid^ren ©rinnerungen werben
mir bann einft oon einanber unb Don biefem gefegneten
gled d^en ®rbe f d^eiben, als bie groge SRaffe ber 9Kenfd^en,
bie jufrieben finb, menn fie an ber SCable b'^6te einen
guten Sraten oerfpeifen, eine fd^natternbe ßonoerfation
über SBinb unb SBetter filieren unb bei jebem neuen
Drt, ber iJ^neit in bie Citren Kingt, ausrufen fönnen:
,,ba bin id^ aud^ gemefeu!" 3d^ glaube, bafe id^ eud^
allen ouö ber ©eele rebe."
2»it 3ubel nafimen mir anbem biefen aiJorfd^Iag
auf unb fegten bann mit neuer frifd^er Äraft unfere
giuber ein. 9Kö mir in ©anbria angefommen maren
unb auf bem bli|enben ajlarmortifd^e unter bem blüljen-
Den 3aÄminbufd^e ber 9lfti in ben ©läfern funfeite,
jog gioritö ein 33ud^ an^ ber2^afd^e feines ©ommer*
mantels. ®S mar ©iacomo Seopatbi; mit il^m be*
gannen mir bie SWeil^e unfcrer 5Borlefungen. 3d^ fann
bie Segeiftemng unb bie ©d^mörmerei nid^t fd^ilbern,
mit meld^er mir ben flingenbeu Sl^tl^men Üeoparbi^s
laufd^ten unb fd^on biefer erfte 2:ag mar uns ein ^t^
meis bafür, bafe bie ©tunben, in benen mir gioritos
— 246 —
^lan jur Sluöfül^rung brad^tcn, gu bcn uuoergejslid^ftcn
unfcreö Scbenö rcd^ncn burften. •
3)iefc Untcrl^altungen Ratten mx SCag für ^ag
fortgefegt unb faum fonntcn wir immer bie 3^^* ^^'
joartcn, mo mir unö auf ben raufd^enben gittigen ber
^oefie in baö emige ©onnenlanb tragen liefen unb
bie 3Äufen an bie befränjten S^ifd^e laben.
Ugo goöcoloö ©ebid^te lafcn mir in bem Ikb-^
lid^en ©orengo, boö mie ein traulid^eö S^unfönigneft
cerftedt liegt in blül^enben Sauben, blül^enben Süfd^en
unb blü^enben SBoIbern. ^enr^ Songfellomö unb
S^j^omaö üKooreö ergreifenbe Sieber entjüdten uns in
3ReKbe, Seranger unb 9Muff et in einer ftiHen, freunb^-
lid^en Dfteria am 9Konte S3re, wo mir ben berücfenben
Slnblicf über baö ganje S^l^al unb ben bli|enben ©ec
genoffen.
©0 ful&ren mir aud^ an i^nem grül^lingdtog, mit
bem biefe ©d^ilbcrung beginnt, miebcr einmal über ben
©ee. De b erlin mar, mie crmol^nt, jurüdgeblieben, ba
il^n ©efd^äfte }urüdl^elten, bod^ l^atte er und oer^
fprod^en, in einer ©tunbe allein nad^jufommen. ?flad^
einer l^alben ©tunbe fräftigen Slubemö maren mir am
gegenüberliegenben ©eeufer, bort mo fid^ ber aWontc
©aprino mit feinen abfd^üffigen fangen in ben 6ee
ftürjt, angefommen. SBir lanbeten an ber ©teile, m
eine tiefe ©d^lud^t mie ein gemaltiger SWife in ben Serg
l^ineingtlit. Sttuf biefem flcinen gledd^en @rbe l^atten
mir fd^on oft mand^e ©tunbe oertröumt, berin er mollte
247
un§ t)on allen anbern fünften ber Umgebung alö ber
fd^onfte bünfen.
SBir liefen unö an unferem gewol^hten ^lage
leinten an ber alten Tlnf)lt in bem ©arten beö aSater
S3ärtolomeo nieber unb waren nid^tö roeniger aU er«
jürnt barüber^ ba^ wir bie einjigen (SJftfte waren.
2)ieömal war bie S)eutfd^e Zvjxit an ber 9lei^ey
unb nad^bem wir fd^on an früheren 5Rad^mittagen einige
d^arafteriftifd^e ©ad^en von Ufilanb unb $eine ge?
tefen, l^atte id^ für l^eute ©manuel (Seibel geroäl^lt.
Sßeine greunbe fannten i^n aDe unb befonberö giorito
trug bem Sänger oon SübedE eine marme SSere^rung
entgegen. SBie mir e§ immer, getl^an Ratten, fo mufete
aud^ id^ bieömal juoor eine furje Sebenögefd^id^te unb
ßl^arafteriftif (Seibelö geben. So prieö id^ il^n benn
unb fd^ilberte ü)n aU ben beutfd^en S^rifer, ber bie
ganje Eigenart beö beutfd^en 9lationaIgeifte§ in fid^
Dereinige.
„3Äein aSaterlanb", fprad^ id^, unmiDfürlid^ i^in^
geriffen von einer marmblütigen Segeifterung , „mein
SSaterlanb barf geredet ftotj fein auf feinen fiübeder
©önger, bet bie Sprad^e feineö aSolfeö mit einer
äßeifterfd^aft l^anbl^abt, mie oor il^m fein anberer. SBaö
il^n aber oor aHem auöjeid^net, maö ilin mitten in
biefer 2Belt eineö immer me^r unb mel^r anmad^fenben
aWaterialiömuSy. einer gottoerlorencn 3Äenfd^enüberf|ebung
mit einem faft engell^aften ©d^immer umgiebt, baö ift
fein unerfi^ütterlid^er, gottgläubiger Sbealiömuö; er l^at
— 248 —
fid^ mitten in biefcr Xanmüvodt von Sinncntuft unb
Snbiffcrentiömuö gegen aUeö ^o^e unb ^eilige fein
^et^ unb feine Seele fpiegelrein gel^alten unb mit ber
ganjen jerfd^mettemben Kraft feiner bli^enben ©ebanfen
ringt er gegen bie 3^^ ^^^ i^^c« entarteten ®eift.
3n il^m, ^eunbe, fd^aut if|r ben beutfd^en ©l^arafter
in feiner fd^önften 5Bottenbung.
Sringen mir barum l^eute im ®eift bem ©ängcr
oon Sübed einen freubigen ©rufe im italifd^en SBcin
unb feien mir ber Hoffnung t)oH, bafe er nod& lange
leben möge jum SRulime imb jur Suft aDer berer, bic
bie ^oefie lieben."
2)ie®läfer f langen jufammenunb im feierlid^en6dt|o
tönte eö oon benSelfenmicber:EvvivaEmanüeleGeibell
'S:>ann begannen mir ber SRei^e nad^ ju lefen.
3d^ felbft mäl^lte mir juerft eine Heine äuömal^l üon
fiebern, bie ben grüliling unb bie blül^enbc 3latur
preifen, unter il^nen baö ft^öne Sieb:
<D gebenffi bu ber Sinnt>\ als auf fd^immeniber Batjn
Ueberm See von Sanft IDoIfgang uns miegte ber Kal^n,
Wo bte jelsmanb fid; gipfelt aus laubiger ttad^t
Unb bie Ciefe ber (Jlut ift toxe lidjter Smaragb?
giorito las baö Sob ber ©infamfeit unb baö ergreif enbc
Sieb: „Tempora mutantur". S)u S3oiö mäl^lte bie
fd^nften ber ^ßoefien an^ 9ltl^cn imb ^arr^ S^a^lor
mei^rere oon bed 2)id^terg l^errlid^en ä3attaben.
3lo(i) nie bin iö) fooon ber entjüdenben ©d^önl^eit
(Seibel'fd^er 33erfe l^ingeriffen worbcn, alö gerabe l^iev.
— 249 —
©cnoffcn wir fie boä) an bcr OueHe, auö bcr er
fic'fclbft gcfd^opft, mitten in ber blül^cnben lebenbigen
3iatur; fo würben wir üon il^m belel^rt, bejaubert, l^in*
geriffen, bag wir f^ier fclbft nid^t me^r rouj^ten, ob ber
Ort, auf bem wir ftanbeu, ein Stürf Jeneö unglücffeligen
Qeftimeö fei, auf bem bie menfd^Iid^e Seibenfd^aft unb
bie mcnfd^Iid^e Ueber^c6ung il^re unfeligen Kriege unb
^riumpl^e feiert, ober ein Stüd beö ^^Jarabiefeä, in
bem nur baö Sd^öne, ®utc unb SBa^re lebenbig ift
unb ber oerflärte ®eift ©otteö lod^elnb burd^ bie eigene
Sd^öpfung manbelt. SBir mälinten unö beffere SKenfd^en
unb mir fül^lten faft, mie ber ©eniuö ®eibelö leife
iu unfer ^erj einjog, um eö ju abeln, ju meil^en unb
aU baö terfd^mommene unb jmeifelfiafte S)unfel mit
bem glänjenben Sid^te ju überftut^cn.
SBir mäl^nten, ®manuel®eibel f äge f elbft mitten
unter nn^ unb laufd^te läd^elnb unfcrem Oefpräd^. Unb
rotnn mir bann fein 2ob im 9lfti tranf en, mar eö unö,
alö ftiefec fein ®laö mit bem imfern jufammen. So
würben unferc Äöpfe immer glü^enber, bie Slugen
glanjenber, mie oon l^eiligem geuer burd^Iofjt. 2)a er^^
griffen mir nod^ einmal bie ooDen ®(äfer unb moDten
nod^ einmal baö „ewiva Emanuele Geibel" in ben
Reifen miberJ^aUen laffen. 9lber mie id^ mein ®laö l^ob
unb mit freubigem SRuf an bie anbern ftiejs, f prang eö
mit einem gcHenben Älang in ©tüde. ^ie Sd^erben
flirrten auf bie aWarmorplatte unb ber fd^äumenbe SBein
tJerjifd^te, jo^ j^inabftürjenb, im 33oben.
— 250 —
„S)aö bebeutet nx6)U guteö/' rief ic^ ime uoii einer
plö^lid^eu äll^nung geängftigt unb überiDältigt.
ü)leiiic ^cunbe ladeten unb fd^erjten über mi6}
unb meinen Slberglauben, aber mir mar eö auf einmal,
als möre eine ©aite in meinem bergen geriffen. Unb
mic id^ noö) finnenb ftanb unb mid^ ber abergläubifd^en
©ebanfen nii^t ermel^ren fonnte, ^af) iä) auf bem
Icud^tenben See einen Äal^n auf unfere Sd^lud^t
jufteuern. ®§ mar unfer iurüdgebliebener ^eunb
Deberlin. 9lber feltfam, ber fonft fo überfd^äumenbe,
lebenöfrol^e ©efell rief feinen ©rufe oon ber See fier-
über, fein ganjed SBefen l^atte etroaö ernfteö, fcier-
lid^eö, unb nur langfam nälierte [xö) fein Sal^n bem
Sanbe.
3llö er bie Äette bcö Sooteö um einen feften ©tein
gefd^lungen, trat er mort^ unb grufeloö in unfere 9Ritte,
bafe mir ilin beforgt unb eine fd^limme SHad^rid^t a^nenb
anfallen. ®r aber minfte mie abmelirenb mit ber ^anb
unb fprad^: ,,Siebe ^eunbe, id^ bringe ®ud^ eine
traurige 9lad^ri(^t" unb mit biefen SBorten legte er
eine frifd^e 5Rummer beö äßailanber Slatteö „U Secolo**
auf ben Sßarmortifd^. Unfer 33lid pet mie oon einer
bamonifd^en Äraft geleitet auf — ©mannet Oeibelß
S3ilb, auf (Smanuel ©eibeU S^obeänad^rid^t !
2)a ging unö ber ©ruft biefer S^rauerbotfd^aft tief ^
ju ^erjen. ©manuel ©eibel, ben mir äße noii
lebenb glaubten, imb auf beffen 2uft unb Seben w
— 251 —
fuebcn noäf in übcrmüt^igcr SBcife getvunfen \)atkn,
btv Did^tciv ber uiiö focben in feinen Siebern fo rounberbar
naf)t getreten wax, er lebte nid^t nte^r! 2Bir l^atten
nid^tö baoon geal^nt, bafe er fd^on vov etlid^en Silagen
in bie ewige ^cimat abberufen roat, biö unö l^eut bas
italienifd^c Slatt bie 3laö)nä)i brad^te!
®ie SBorte, bie bem l^eimgegangencnS)id)tergen)ibmet
n)arert,unb bie unögiorito mit einer oorßrregung gittern^
ben ©timme t)orIaö, waren fo fd^ön, finb für uns S)eutfd^e
aU bcr Sludbnidt itatienifd^er 3Sere^rung für 6 mannet
©eibel fo marml^erjig unb berebt, ba^ id^ eö mir
nid^t oerfagen f ann, fie an biefer Stelle in i^rem SBort^
taut ttJieberjugeben. ©ie lauteten:
„Un' altra splendida meteora del cielo germanico
s' ecclissö! Tutta Germania lo rimpiangera; egli fu
veramente popolare, che la siia Musa fu dolce e
verile, come Tamore e il patriottismo.
II poeta gentile e forte mori dopo lunghi anni
di sofferenze, in Lubecca sua patria. Cola viveva
ritirato e visitato ad intervalli da illustri amici e da
principi."
®ann folgte ein Sebenöabri^ beö ©id^terö, fomie
eine Ueberfid^t feiner Sd^öpfungen, oon benen befonberö
bie ©ebid^ie: „S)er 2)i^tl^uä oom 2)ampf", „ber £ob
beö 2;iberiuö", ,,ber Silbl^auer bed ^abrian", „Säbel"
unb bie S^ragöbie „SJrunl^ilb" rül^menb ^eroorge^oben
würben. <&ierauf l^eifet cö bann 5um Sd^lufe:
— 252 —
,J*erche divenne cosi popolare? Perche sentiva
come sentivano i suoi connazionali, j^erche evita
gli estremi, perche neiranrmo suo non v'era il
pessimismo e sulle sue labbra non era il sorriso
della satira.
Era un poeta di animo sano e dallo sguardo
splendido: cantö l'amore, cantö la patria, arricchi
di fiori esotici il pamaso tedesco .... calzo il cotur-
iio . . . . con Sana filosofia e bella forma, perciö e
qui in Germania, preferito anche ad Heine; e lui
tedesco puro sangue!"
3d^ fann unmögHci^ fd^itbern, tpie mir oon ber
aWad^t bcö Slugcnblidd l^ingeriffeu rtJurbcn. Unfere
»^crjen ergriff eine grofee unb roalirljaftige SIrauer.
Stumm unb füll umftanben wir ben Xi^ä) unb ftarrteti
auf bic fd^roarjen Settern be§ ,,©ccolo" nieber.
giorito roav ber ©rfte, ber baö tiefe bange ©d^wei^
gen brad^:
„^eunbe" rief er, „wenn 'mir fjier atö bie ©o^ne
üon fünf Derfd^iebenen Stationen fo l^erjHi^ unb einmüt^ij
mit einanber finb, fo gejiemt eö fid^, bafe mir ^eut bem
Seutfd^en unter unö ein SBort bcö J^rofteö rebetu
SHe beutfd^c 9lation l^at einen ©d^a| oerloren, um ben
mir onbern fie beneiben fonnten. ©et beutfd^e ©monuel
®cibel ift nid^t mel^r!"
"S^ann reid^ten mir meint oier greunbc bie ^änbc,
bag mid^ bie SBe^mutl^ beg älugenblideg gerabeju über-
moltigte. 3n einem frembcn Öanbe fühlte id^ in mir
— 253' —
mein 3Solt fo fiod^ geehrt imb i6) fanb bod^ fein SBorte,
um roürbigcn ®anf bafüv ju entbieten. —
Sd^ mal^nte ium älufbrud^; cd rooHtc mxä) nic^t
mel^r länger an ber ©tättc l^alten, wo eine fo ernfte
Zoht^naä)nä)i unö getroffen l^atte. Slber giorito
^ielt unö nod^ einen 3lugenblid jurfid.
,,®^e wiv fd^eiben, greunbe, rooHen wir ^ier nod^
einmal bed l^eimgegangenen S)id^terg geben!en. Sßol^l
ift er nun unter bie fül^le bömmernbe ßrbe gebettet
unb fein äuge bem freunbüd^en ©onnenlid^t oerfc^loffen.
^er ift beö^alb ®manuel ®eibel fpurlod oerfd^wun-
ben, t)crfunfen in baö leere falte Slid^tö? D nein,
^reunbe ! gaft roiH eö mid^ bünf en, alö fei er unö nun
erft red^t nä^er gerüdt, unb id^ fül^le baö SGBe^en feineö
©eifteö naiver benn fonft. Äann benn ein ©id^ter
fterben? SÖSenn i^n bie SRotl^ttJenbigfeit beö SReufd^en^
bafeinö ju ienetn emften ©d^ritte jroingt, ben man ben
Stob nennt, bann beginnt für ben ©id^ter bie erfte
©tunbe jener feiigen ^dt, bie man Unfterblid^feit nennt.
2)an\i erft werben atte feine Sieber baö freie unentreife-
bare ©emeingut feines SBolfeö, ber ganjen Söelt, unb
loie er fie einft begeiftert gefungen, fo flingen fie il^m
nun taufenbfad^ t)on taufenb Sippen entgegen mie ein
freubiger ©rufe von ber SBelt l^inüber in feine leud^tenbe
Unfterblid^feit. ©o wirb aud^ 6manuel©eibel leben
unb leben bleiben in alte fommenbe ^txt, wie atte bie
^errlid^en S)id^ter unb ©änger, bie t)or il^m bie Seier
gefd^lagen fiaben. ©o lafet un§ ate ©d^eibegrufe bem
— 254 —
ücvMärten ®ciftc ®cibe(§ ein raufd^enbcä Ewiva
bringen."
Unb nod^ einmal Hangen iinferc (Släfer jufammen.
©taunenb, roie t)on ©l^rfurd^t ergriffen l^atte SSater
SSartoIomeo jugel^ört unb murmelte mit un§ ein
meifienbeö Ewiva.
'S:)ann löfte er bie Äette üom ©tein, rief unö ein
freunblid^eö felicissima notte! ju, unb unfere beiben
Ää^ne fd^aufelten fid^ auf ber glut^.
®ö mar ein munberfamer Slbenb; bic finfenbe ©onne
taud^te bic fernen 9llpenfirnen in leud^tenbe geuerglutl^
unb leife jogen über ben Sergen üon 5Kelibe bie ©lerne
empor.
Stitt unb ernft ruberten mir über ben ©ee. ©tili
unb crnft fd^ieben mir am Ufer von einanber mit einem
i^crslid^en a revederci.
9llö id^ ju §aufe angefommen mar, badete id^ über
ben üerftoffenen 9lad^mittag nad^; id^ mu^te, bafe er
mir nimmer an§t bem ©ebäd^tnife fd^minben werbe,
©manuel ®eibeU l^errlid^er (Seniuö ^atte il^n mir
für immer üerflärt. ©o möge benn bie ©rinnerung
an biefe fettfamen ©tunben aud^ bem ®ebad^tni§ be^
©ängerö üon Sübetf gemibmet fein.
* I m *
;iii -Uli. l'."ii||||i|lHliiliil!ii'i:|.iiiiiHi.iTii'. ,!i,i.,iiiiiu, .'ii!)iiii,|.li i | i ,i;iiilii!!,lllini:i;|il,;;iti|i|iiil,:,il„ll!l'lil!li|!l lllllllli:i:||||il|||||li
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ii!!illlill!iliiiiiiiii!'!iiiiiiiiiiiiiiiii;:iiii!iiiiiiii'i'ii'iiiii!iii:i'ii!i!iHiiiii:iiniJiii:iiiiis:!^
t)er3etd?nt§
aller felbftftänbigcn 5d)riftcn über (5cibel unb bcv
l^eroorrageuberen 2luf)äfee unb Kritifcn aus
Cittcraturgefd^id^tcn, Scitfd^riftcn unb S^'xtnwQen.
35on
9(fd^eröleben.
. I. Selbftänbigc Sd^rif tcn über (Scibel.
Ä(arl ®eorg <Seibert, Ueber ein d^arofteriftifd^eö ©lement in ber
St)rif ©manuel ©eibelö. @in aSortrag. SRarburg. 1859.
51. ^t)r, Eii(iarovrj?. Feißeliov ava^vi[oEi(; 'IOJm'
öixaL 9icuftreU^ 1867. (Ueberfe^ung ber „(Erinnerungen
auö ©riec^enlanb" in ha^ TOgricd^ifd^e.)
Slarl®oebefc, @manuel®eibel, ©rfter ^^eil. Stuttgart. 1869.
(©injigeö Duellcmüerf.)
Äarl S eint b ad), ©manuel GJcibeL 3)eö ^irf)terö Sebcn, 3ßer!e
unb SBcbeutung für baö beutfcfie SBo«. 2BoIfenbütteI. 1877.
Äonrab t)«n ^rittn)i^s®affron, @monueI ©eibel. aSortrog.
Sflcid^enboc^ i. ®d)l. 1880.
emanuel ©cibel. @in ©ebenfblatt. Slnon^m, Sübccf, ©rautoff. 1884.
$>cinric^ ^öbner, ©tnanuel ©eibel, eine (itterarifd^e ©tubie.
33ranbenburg a. ö. 1884.
— 256 —
II. IVcvfe unb Zluffäfte, in bemn bic (Sefaminterfc^einung bes
Dükers befprod^ mirb.
Karl ^ochttc,'^ Dcutf<^lanbo 25ic^ter pon 1813 — 1843. Öam
tioücv. 1843.
Seoin @rf)ücfinß in ber „^lugsburger 5lttgem. 3fitung." 1843.
%. 251.
8aint-Ben6 Taillandier in „Revue des deux mondes."
^ariö. 1847. Sf^n^oJ^^^ft.
Ä^arl ^)ocbe!e, (gif öücfier bcutfrfjer :5)ic^tun(i. IL ^Ibtr^eilung.
Seipsig. 1849. @. 595 f.
3nHan ©d^mibt, ©cfrfjid^tc ber beutfd^cn ^itteratur beö 19. Sö^^r»
l^unbcrts. i^eipaig. 1855. III. S3onb. 8. 117.
3olj).3Rinc!n)i^,9leu]^o(i^bcutfrf)cr?ama6. Scipjig. 1861. 8. 160 ff.
The Athenaeum, «Rr. 1839, 1842, 1844, 1848. «onbon. 1863.
21^eobor Äriebi^frf) in SÄaftuö, SÄuMtmibcn. Scipaig. 1869.
©. 323 ff.
Ucbcr Sanb unb 9Äeer. »anb 23. öcipsig. 1869. «Rr. 4.
gr. Ärc^Big im „Salon". Seipäig. 1870. ©. 193 ff.
.^arl 33artl^cl, 35eutfrf)e 9lationaIliteratut ber 9?cujeit. 35crlin.
1870. 3. »luflage. 13. aSorlcfung,
9flub. ©ottfd^all, ^ie beutfd^e 92ationalHtteratur bes neunsel^nten
Sal^rl^unbertö. »reölau. 1872. 3.2luflaöe. 3.95anb. S. 218 ff.
$einr. Äur^, ©cfd^id^te ber ncueften beutfd^en 3!)i(l^tung oon 1830
biö auf bie ©cgenroart. Seipatg. 1874. 3. Sluflage. 3. 164 ff.
364. 490 ff.
9Äori^ ßarriöre, 2)ic Äunft im Swföwmenl^ange ber dulhix-
entmidelung. Scipjig. 1874. 5. öanb. @. 625.
S. ©el^rwalb, S)eutf^e Did^ter unb 2)enfcr. 5lltcn6urg. 1874.
Äorl ® ocbefe in „9lorbunb ©üb", »erlin. 1877. 1. »anb. @.392ff.
^b.@trobtmann,3)i(i^terprofile. Stuttgart. 1879. l.»anb.(S.65ff.
^. ©alomon, ®efd^id)te ber beutfd^en 9{ationalltteratur bed 19.
Sal^rl^unbertö. Scipjig. 1880.
aft. Äoenig,Scutf(l>c8itteraturgef(^i(l^te. Seipaig. 1882. 8.696ff.
— 257 —
3ofcf «cnbe I, Seitgcnöfftfdie 3)ic^tcr.' 3. 153 ff. Stuttgart. 1882.
aRoj Äoc^ in bcr „5iaöem. Scitung." 1883. 9lr. 351—353.
@mft 3icl in ber „©egenroart". »crUn 1884. 9lr. 4.
D. »lumentl^al, „berliner Tageblatt". 7. 5lpril 1884.
3o^. ^roclfi, „granffurtcr Seitung". Slpril 1884.
@ugcn Säbel, „««ationalaeitung". 13. 5lpril 1884.
^aul Sinbou, „Äölnifcöe 3eitung". 12. 9lpril ff. 1884.
gerb. 5loenariug, „Z&^l Äunbfd^au". 18. Slpril 1884.
„SüBcrfer Seitung." @jtraau§gabe. 18. 9lpril 1884.
Jranj 3Runc!cr, „Gartenlaube" 9ir. 17. 26. 9lpril 1884.
$an§ ©errig, „©d^orerä gamilienblatt". 5. Sanb Seite 332 ff.
3. Slobenberg, „3)eutfcl^e 3flunbfd^au". Sunil^cft 1884.
3fl. t). ©ottfctiall, „Unfere Seit". 6. ©eft 1884. (®. ©eibel unb
bic neuere St)ri!.)
Sßolfgang Äird^bad^, ©eböd^tni^rebe im SÄünd^ener 3ournaliftcn<
ocrein. „©übbeutfctie treffe." 10. unb 11. Sunt 1884.
3R. ©arriöre in „SBeftermannö SRonatäl^eften". guli 1884.
SS. (3rf)erer, geftrebe im SSerein „93erliner treffe". „3!)eutfcl^e
«Hunbfctiau." Suli^eft 1884.
III. 2luffä^c unb Kritifen aus §citfd?riften unb geitungen
über bic cin3clnen IPcrfe.
A. (SJebicl)te.
1. ©ebic^te. (®rfte ^^Seriobe.)
Äonrab Sd^roenf in ber „^aHifd^en Sitteraturjeitung". 1842. 3lb*
gebrucft in beffen „Sitterarifd^e ©l^arafteriftifen unb Äritifen".
• granffurt a. 9Ä. 1847.
Äarl ©u^fon) in ber „Äölmfcl)en Seitung". 1843. ^x. 340.
©ottfr. Äinfe.l in ber „Slugöburger Mgem. Scitung". 1843.
sRr. 351.
§ierongm. ^^rul^n (?) im „©amburgifcl)enÄorre§ponbcnten". 1843.
9lr. 164.
„Blätter für Utterarifd^e Unterhaltung." Seipjig. 1844. 9lr. 261.
@manuel Q^ei^el, ein @eben!6u(f). . 17
— 258 —
„Sittcrarif(^e Scitung." ^rsg. oon Ä. ©. »ranbcä. «crlin. 1844.
!«r. 77.
„ajforQcnblatt für gebilbetc Sefcr." ^räg. pon §. ©ouff. ©tutt*
gart. 1868. 9lr. 50.
„Slugäb. Siagcm. Scitung." 1862. 9lr. 31 unb 33.
2. 3^iWntmen. 9fluf »on bcr ^rooc. S^bi^ Sonette.
„SBiatter für litterorifcfic Unterl^altung." 11. gcbrucr. Seipjtg. 1842.
^, ^im6 ^uber, (SBergleidfie @oebe!e, @. ©eibeL 1. $anb
@. 235.)
„SBiatter für ßtterarifcfie Untcrl^altung." 13. 3uli 1846. Seipjig.
„eJrcnjboten", Eirög. oon 3. Äuranba. 1846. 2. ©em. ©.125.
ffi. Sllesiä in ben „»lattem für litterar. Unterl^altung". 1847.
@. 437.
3. Suniuälicber.
g. Ä<uglcr)., in ber „Slugäburger SlOgcm. 3tg." 1848, 9Jr. 1.
1849. 9lr. 176. 1850. 9h:. 41. 1862. 9h;. 33.
4. 92eue ©ebid^te.
an. ©ottfd^an in bcn „SBiattem für littcr. Unterl^altung". 1857.
9h:. 24.
„ÄotJdoUfd^cSitteraturjeitung," l(irgg. oonS. SIÄa^er. 3Bien. 1858.
9h:. 5. 9h:. 29. 1859.
,,2lug§burger Slttgem. Seitung." 1862. 9h:. 331
5. ©ebid^te unb ®eben!blätter.
„Slugäburger 9iagcm. Bettung." 1864. 9h:. 345.
®mil ^% 9leuere Ö^rif. 2Bien. 1867.
6. ©erolbörufe.
,,2lug§burger 5iagem. Seitung." 1871. 9lr. 305.
Victor Cherbuliezin „Revue des deux mondes": L'Alle-
magne contemporaine, 6tudes et portraits. 1872. 15.
Mars. Paris.
— '259 —
7. apät^evbftblotter.
^ori^ ©arri^rc in bcr. „SCugöbutgcr Mgem. äcitung". 1877.
9lr. 345. • ' '
^l Sinbau in bcr „®cgennjart". »erlin. 1877. ^Ir. 46.
Äub. OJottfd^an in ber „©artenlaube". 1878. Seite 479.
•
B. 3!)ramen.
1. Äönig SHobcrirf).
„«ugöburger Slttgem. Seitung." 1844. 9lr. 124.
„Siatter für littcr. Unterhaltung." Seipjig. ,1845. 9lr. 90.
„3Robcrne Älafftfer." ©affel 1852.
2. SReifter 3lnbrea.
(©toff baju S3occaccio, 3!)e!amerone 73. unb 76. ©rjä^Iung
unb ^iecf ä 9looeÜe, ber bicfc ^ifd^lemteifter.)
„Slugöburger Slttgcm. 3eitung." 1855. 9lr. 45 Unb 9lr. 47.
ÜRcId^ior 3Kc^r in „S)eutfci^eö aRufeum", ^räg. oon 91. «ßru^.
1855. 9lr, 28. !«r. 34.
3. Srun^ilb.
„SKorgenblatt für gebilbete Sefer." Stuttgart. 1857. 9h:. 9.
„5lug§burger Slttgem. 3eitung." 1857. 9lr. 353.
Äarl (Soebef e, „gran!furter «Wufeum". Sa^rg. 1858. ©eft 1 u. 2.
„Äatl^olifd^e Sitteraturjeitung," ^räg. oon 2. SRat^er. SÖicn. 1858.
9lr. 2 unb 9lr. 5.
51. ©ottfd^all in ben „33lättern für litter. Unterhaltung". Seipjig.
1858. «Rr. 27.
„Sitterarifd^eä ©entralblatt," l^räg. ü. 3cirnde. öeipjig. 1858. 9?r. 28.
,,9RorgenbIatt für gebilbete Öefer." Stuttgart. 1861. «Rr. 6.
„SCugöburger Mgcm. Seitung." 1861. ^x. 7. (Ueber bie 5luf*
fül^rung im §oftl(|cater ju 3Rünc^en. 3. S^nuar 1861.)
,3orgenblatt für gebilbete Sefcr." Stuttgart. 1862. ^x: 44-47;
(„ÖJeiberö unb :ipebbelä !Dramatiftrung ber 5f?tbelungenfage.")
ÖJ. 91.. atoepe, „®ie moberne 9libelungenbid^tung". 3Rit befonbereif
9lüdfftcl^t auf ©eibel, §ebbel unb Sorban. Hamburg. 1869.
17*
— 260 —
«
«Paul -Einbau in bcr „(Gegenwart", »erlin. 1872. 9lr. 20.
(3)ei Gelegenheit einer 2Cuffül)rung im ©oftEjcater ju Berlin.)
Sofep^ Stomm^omraer, 3)ie 5libelungen*3)romen feit 1850 unb
bem Sßerpltnifi ju Sieb unb Sage. Öcipjig. 1878. ®. 41-48.
gtiebrid) Ätre^feig, Sitterarifc^c Stubien unb ß^arafteriftifen.
«erlin. 1882.
4. !Die Sorelei).
©buarb ^corient, 3Reine Erinnerungen an gelij 3Renbcläfo]^n«
«artl)olb9. Scipaig. 1860. @. 247. 272 ff. 282.
„3Rorgenblatt für gc6ilbetc Sefer." 1860. «Rr. 48.
@. 3Äüllers©amän)egen in ben „33lättern für fitter. Unter*
Haltung". Seipjig. 1861. 9?r. 21.
5. Sopl^oniäbe.
„Slugsburger SlKgem. 3eitung." 1868. «Rr. 304.
©icgmunb Äolifc^ in ber „5lugä6urger eiligem. Qeximx^", 1868.
5flr. 310.
§. Saube in ber „bleuen freien ^:preffe". 2öien. 1868. 20. Dftobcr.
„Äölnifc^e 3eitung." 1868. «Rt. 313. 1. mattt.
3ul. 9iobenberg in ber „5lugöburgcr Slttgem. 3tg". 1869. 9lr. 360.
Äarl5rcnaelinber„!«ationalaeitung". Berlin. 1869. 22. S^ejctnb.
(SBieber abgebrudt in „^Berliner ^Dramaturgie", §annoüer. 1877
1. «anb.) ©. 179 ff.'
®. 5(rei)tag) (?) in ben „©renjboten". Seipjig. 1869. iRr. 5.
gr. Ä're^ftig im „Salon". Seipjig. 1870. ©. 199 ff.
®uftaü 3U ^utli|, 3^]^eatercrinnenmgen. 33erlin. 1874. 2. 95b.
Seite 244 ff.
6. „(Sektes ®olb roirb !lar im gcuer."
Dö!. 33lument^anm „berliner Tageblatt". 8. u. 10. aRärj. 1883.
C. Ueberfe^ungen.
1. 3Sol!älieber unb SRomahjen ber' Spanier,
„«lättcr für litterar. Unterhaltung". Seipjig. 1844. «Rr. 307.
— 261 —
2. §ünf S3ü(^cr franjöftfc()er 2x)xxf.
„3Ror8cnbratt für gebilbete Sefer." .(Stuttgort. 1863. kv, 7 u. 8.
3. Älafftfc^cö Sicberbud).
SR. Karriere in ber „©cgcnroart". 33crlitf. 1875. «Rr. 43.
S. grieblänber in bcr „^eutfd^cn SHunbfc^au". §erauög. üon
3. Slobcnbctg. »erlin. 1876. »anb 7. Seite 441 ff.
D. SSerfc^iebenes.
9i. Äögel im „^ol^eim". Seipjig 1872. *Jir. 15. „(^mamiel
©cibcl alö beutfd)er Sflcid^sl^crolb".
Ä. ©c^miebel in bcr „^roteftantifc^cn Äirc^en^citung für haij
cpangeUfrf)c ^eiitfc^lanb". ^erouägcg. üon 3- ®- 2öebö!t).
»crlin. 1882. 9lr. 15 unb 16. „@manuel ©eibel als rc*
ligiöfcr ^id^ter."
nad?tt)etfung
pon 3€i?ftreutcu (ßebid^tcn (5cibcl-5, öic tücbcr in öcn
€in5clau5gaben nod7 in 5en ,,(5i?|ammeltcn lücrfen"
cntl^alten jtnö.
„35ergeffen," 3!)eutfcl^cr SRufenalmanad^ für boö ^al)v 1334 üon
©l^amiffo unb @rf)n)ab. Seite 375. Seipjig. 1833. ^feubo«
nt)m S. ©orft. @rfteä gcbrucfteö ®ebirf)t ü6erl(iaupt. Sielte
©ocbcfe, 1. «anb, Seite 27.
^bfc^iebggebid^t an 6. o. ^ul(in. ©ocbefe, 93iograpl)ie. 1. 33anb.
Seite 30.
„©onbelfal^rt." ^eutfd)er SWufcnalmanac^ uon ßl^amiffo unb Bd)u>ah,
Sa^rgang 1836.
„2)ag aRöbd^cn üon 5nbano." 3llfr. 9fleumont, 3talia, 33erUn. 1838.
„©rinncrungen an SSenebig. Sluä ben papieren eineä Söeltmanneö."
Sed^öjel^n ®ebid)te, oon benen fünf (9lr. 10,, 11, 12, 14
unb 16) oft mit Slbanberungen in bic „®ebirf)te" aufgenom«
menftnb. (©injef au§ga6e : Seite 168, 106, 171, 169, 108).
5Ufr. JRcumont, 3taaa. SerUn. 1888.
— 262 —
„Spaniirf)eä Stänbc^cn", „Sieb beö gefangenen SRabd^cnä",
„Sd^lummre", „35aö füfec SBort", „griffe %^^^" i" ^Rofd^c,
Xcutfc^e Sieber. ©iel^e ®oebefe, 1. 93anb, Seite 24 unb 26
unb „9lorb unb ^üb". 1877. 1. SBanb. @. 395.
„2ln ben ©d^Iaf." ©omponirt oon Q,, ®. Sfleiffiger. op. 116
Berlin. SBeftp^al, je^t »ote & Sörf.
Sßßibmungägebid^t in ben „©laffifd^cn Stubien üon @. ®cibe(
unb @. eurtiuö." 95onn 1840.
3n ber erften 3luf läge ber „®ebirf)te" finben firf) elf ÖJcbic^te, bic
in ben je^tgen Sluf lagen fehlen. @ö ftnb bieä : „3!)eö S^geri^
Älage", „2öie bie bufterfütttc Slüt^e..", „3n ber HRitter^
nac^t", „9Ö0 SWenfc^enroi^ unb ©rbennot^ . . . ", „@§ finb- bie
Sieber ®olbpo!ale", „9lun rul^en aUe SEBipfel", ©onctt an
ben trafen üon ^laten („S)er ©eirnatl^ ^atteft 3)u 2)ic^ obi
geroenbet"), „©üblicfie Slomantif", „2Cn bie ^j^irologcn",
„2ln @mft ©urtiuä" (©onett), „^Der Änab' im SBalbe". S)aö
le^te ©ebid^t ift gcbrudt in Söenbtä beutfd^em Sattabenfc^ttfe.
% 5luflage. »erlin. 1871.
„Slus ®rierf)enlanb" (^iftirf|on). „3Rorgenblatt." 1841. «Rr. 160.
3njei Ueberfe^ungen fpanifd^er 35ol!§lieber : „SlUeö rul^t in <S^laf
üerfün!en" unb „©nblicl) einmal". „SRorgenblatt fiir gebilbete
Scfer." 1841. fRr. 250.
„Dbe an ben «allein." „3Jlorgenblatt." 1848. ««r. '312.
„®in S5ilb auä 3fluf|lanb/' „aRüncfiener gliegenbe Blätter." 1844.
3. Sanb. !Rr. 57.
„3öiber ben ©rbfeinb," „$annoüerfd&e SRorgenjeitung." 1845.
5. Sonwot.
SBcgrüf^ungälieb jum ©angerfeft in Sübeef in „Sftücfbliefe auf baö
2llIgemeine3)eutfcl^e;5öngerfeftauSübecf". 1847. Slbgcänbert
aufgenommen in bie „§erolbörufe" Seite 153.
„Äönig Äonrabo %oh," @cene auö einem bramatifc^en ®ebi(^t:
„§einri(f| ber SJogler". „SRorgenblatt." Stuttgart. 1849.
19. aRai u. ff. .
„2)er Äampf auf bem 3fenfteine." (5luä einer ^ragöbie: „Sieg
— 263 —
friebS %oh,") „3)cuttcl^cä 3»ufeum" oon Ä. ^ru^ 1861
@. 62. (Umöeänbert aufgenommen in bic „93runl^Ub".)
„3)ie 3:au6cn oon @*an 3Rarco." „§arfc unb Seier." ^erauäg. öon
S. ©rote, ^annooer. 1854 (?). 2. Sluflage. 1865.
wS)ie Sorelei." @ine Oper. @rfter Slufjug. 3n>eiter Slufjug- 2)ritte,
üierte unb fiebente ©cene. 3Äit oieIfad)en Sl&roeid^ungen
oon ber je^igen 9lu§gabe inÖoebefe, „^eutfd^e SBoc^enfd^rift."
1. SaEirgang. 1854. $annooer.
„%m Sc^illertage." (@rfte Stropl^e ganj. abrocirf)enb oon bem
je^igen ©ebic^te in ben „®cbirf)tcn unb ©ebenlblättem")
„^orgenblatt." Stuttgart. 1859. 20. Silooember.!
„©imonibeä". 33allabe. „S)er Sajar", 9lr. 48 oom 23. 2)ecember
1866, XU. 3aNö«9-
„2)ie fiebente ©pobe be§ ©oraj." (3lnbere Ueberfe^ung als im
„eiaffifc^enÖieberburf)".') „«ß^ilologuä" oon 2eu|frf). ©öttingen.
1869. Seite 373.
n^tn grül^ling." (Slnberc Scöart beö ©ebid^teä in ben „Spät*
^erbftblättem" Seite 182.) „Ueber Sanb unb ÜRcer." Seipjig
1870. 24. «anb. 9ir, 28.
„3)ifti(i^en an§ bem 2iBintertageburf)e". (2)rei nid^t in ben „Spät*
l^erbftblättem" entlj)altene Slbfcfimtte.) „Ueber Sanb unb 3Reer."
1870. Sanb 24. 9lr. 27 unb 28.
„aagcbuc^blättcr." Sieben 5lbfc^nitte in 1)iftic^en. „©egenioart"
oon Sinbau. 1872, 9lr. 10.
„3u Sübed auf ber «rüden." Ä. ©ocbefe in „««orb unb Süb"
oon Sinbau. 1877. S. 404.
Ucberfe|ung einiger SSerfe auö 93eaumarrf)aiä' „33arbicr oon
Seoitta." „ÖJegennjart" oon Sinbau. «erlin. 1878. 9lr. 16.
„2öic baä ^af)v mit leifem Sd^roeben". „S)aä S3lumcnjal(|r" oon
3ol^anna 33rel^mer. 2Banböbecf. (Dl^ne Sal^reSjal^l.)
„0 füfecä 3ungfraunbilb"(?). @Iife ^olfo, »lumcn unb Sieber.
©rfurt. 1880.
,,Si6t brauft bal^in mit Sturmeäroütl^en" . . (35ieraeiHgcr Sprud^.)
— 264 —
„'Jtene 3Äuftf5cituug." Äöln. Zon^etö 35erlag. 1882. %. 23.
1. 93ciIoge.
„3:äufc^un0." „^cxmatf)",. 3Bien, 1883. dir. 1.
„gHolonbg $om." „95om JcB jum SRccr", Stuttgart. 1883.
Dftobct. @eite 18.
„aBanberglüd" (1850) „^eutfc^eä 3)i(^tcrl^cim." ^al^röanglV. 5lr.l.
„mbumhlaü." „©egcnroart" oon 3olIing. ' »erlin. 1884. ^x. 8,
in bcm Sluffa^ üon D. Sinfc, Sllbumblättcr.
„(^ehtt cincö ^cutfc^en." „«Äationaljcttung." «crlin. 1884. 12.3lpril.
9leue ©tropl^e ju bcm „aWöbd^enlicbc" (®ebirf)te, Seite 116).
„berliner Tageblatt." 1884. 17. 3lpril.
Ungebrucfte Ucbcrfe^ungen. ^aul Sinbau im „S)eutf(^cn SRontagö»
blatt". 1884. 14. 5lpriL
„^rinnieb." „öegcnroart" üon Soßing. 1884. 12. Slpril.
„2lll(iambra." Jrogment. „??ami(icnblatt" ooh Sd^orer. Serlin.
1884. 27. Slpril.
35iftic^en alö Slutograpl^ ju einem Hamburger Mnftlerfeft. „33crl.
Tageblatt". 1884. 3. 9Äai.
„D mel^, nun bin id^ ganj oUcin." „§eimgarten" oon Slofcgger.
OJroa, 1. 9Roi 1884.
„8eb' rool^l, bu grüne aöilbnift." „^eutfc^e 9lunbfrf)au". 3unil884.
„Söngerlooö." „©egenmart." 1884. 9Zr. 23.
„(Sieben neu aufgefunbene Sugenb gebleute." „Gartenlaube". 1884.
««r. 27.
I^erDorragenöcrer öüftcn , (5emäl5e , pB^otograpt|ien,
5tal^lftid^c unb £itl|ograpl^ien von fimanuci (ßeibcl.
\. Büjicn.
©einricl) SRüller in SÄünd^en. (Sielte ©oebefe, 1. SBanb. 222.)
6nbe ber fünfziger Sö^rf.
i&. ^oblmonn in SJerlin. 1877. 3n)ei ©röfeen: 70 unb 35cm
— 265 —
l^oc^. 9lac^6ilbungen in @ipS finb burd^ ©ebr. äRid^eti,
S3crlin ju bcjiel(|cn.
S)erfeI5e Äünftlcr \)at ©cibcB rerf)te §anb nad^ einem 1877 ge«
nomntenen W>%VLi in carrorifd^em SRarmor auögefül^irt.
«ubwtgöamp, SRündjen. 1884. (3um ©eibelfeft be§ 9Äünrf)ner
Soumaliften» unb ©d^riftftetterpereinö.)
2. (5emälbe unb ^^i^^ungen.
2:. ÄcPcni^. 3cid^nung. 1834.
Sonife Äugicr, S^^^wng. @nbe ber breifeiger Sahire, ©eftod^en
üon Sc^ertle. (SScrlin, Wunder.)
Otto ©pedter, S^i^i^iiwtig. 1843. (Äönigö Sitteraturgefd)id^te.
©eitc 701. 10. 5lufroge.
5. äBeinlJiötb, Äreibejeid^nung. (S)atirt mm 11. 5luguft) 1844.
(S)rcäben.)
Sronj Äugler, Sflabirung 1849 in Äugler, „^eutfd^e Sieberl^efte".
Stuttgart.
Guentel, Delgemälbe. SSierjiger ^a\)xe. ®eftod^en banac^ von
©emmier, ©piefe u. 91.
SBiD^. oon ^aulbarf), in einem greäfogemölbe an ber 9iorbfeite
ber neuen ^inafotl^ef in SKünd^en. 3m S^nem ber ^inafotl^ef
Delfarbcnffijjc baju.
9BiII^. oon^aulbad^, ^reibe^eid^nung. ^I^otograpl^ien berfelben
in SBrucfmanng ^ortraitcoHection.
Engelbert @ e i b er ^ , in ben roeftlic^en Soggien be§ SÄayimilianeumä
8U 3Ründ^en. 1864. (3n ber 3:rarf|t ber 9flitter beä
aWojimilianorbenö.)
®eorg Äorbif, in Äarlöbab. Seid^nung. (3, ©d^anj, ßarlä*
baber ©legien, ©.26.)
®. §aber, Delgemälbe. ^l(|otograp^ien in ©opl^uä 3BiIliam3
^ortraitcottection.
?>. Defterlc^ jr., Delgemälbe. 1882 auf ber ÄunftauäfteUung
in §annox>er.
— 266 —
3. pi^otograpt^ien, StatjIjHt^c unb fittjograpljien.
(5. Sörf)crcr, in SÄünci^cn. günfjiöcr Sa^rc.
gr. ^anfftängl unb g. Gilbert in SÄünc^cn. Seit 1862 oft
roieberl^olt. ^ielfad^ lit^ogtapl^irt.
3alS)ltci(i^e SüBccfer ^Ejotograpl^ien auS bcn ftcbjigcr unb ac^tjiger
Salären: bie bcftcn oon @. Sinbc, 3. g. «ßcterfen 1879,
§. Sd^rocbcr. 1883. ^crfc^iebcne ©röfecn.
SBcger'ö ©tol^Iftic^e oon 1845 biö auf bie ©egenroort.
g. Sangl^anä, Sitl^ograpEiie in ®. ^appcrö „Sa^but^ beutfd^er
Seßetrifti!." 1857. ^rag.
6. «ecfcr, Sieben ^ortraitö ^cibePö oon 1834-71 auf einem
Statte in gr. golio. SSerlag oon Suran^ & ©enfel. 5GBieäboben.
Slufjer '^^J^otograpl^ien auf „^feifcnföpfen unb auf ä:offen" cjiftirt
fogar ein ßigarrenfiftcnbilb mit ber S3e?4ei(i^nung : „®eibel.
Öabana. D6pos6e par R. B."
. ^. Pcrfd^icbcncs.
Son (S^eibePiä ^ater ift eine Sitl^ograpl^ie uorl^anben mit ber
Unterf (tirift : „3. ©eibel. Sprüc^ro. ©. 10 SS. 7." »erlog
oön g. Äaibel, Sübecf.
^aä Slrbeitäjimmer beä ^id^terS ift in brei oerfc^icbcncn lluf»
nal^men erfd^iencn ; eine berfeben jeigt ganj auägejcid^net ba3
95ilb Slbaä oon^orrenä. (Sic^tbrucf oon 3. «»öl^ring, SübeA)
Äeprobucirt in „Ueber Sanb unb SWccr". 1884. «r. 36.
®eibelS Seid^enjug ift oon $. 9logaIl in Sübecf pl^otogropl^irt
«erlag oon g. 3Ö. Äaibel in Sübedt.
■^•ip-
gtpctter Ct^ctl
(S At5S?3X?>3?:!S*3X^*3xif/3Ö
Paul ^eyfe-
§ur geit, t>a laute giPtetrad^t ber Parteien
Die £uft burd^I^allte Deutfd^Ianb auf unb nieber,
Kamft Du mit einem ^rül^linö ffiger £ieber,
Pom Cageslärm bie Seele 3U befreien.
Dir warb, mas feltne Sterne nur perleiljen,
Dein £ieb flang in ber grauen fersen mieber,
Vinb firebenb fd^manöift Du tjöl^er bein (Sefleber,
3m inänner!ampf#fiets in ^en Dorberreitjen.
tteiblos unb treu ben Jüngern sugemenbet,
Der tjoljen Kunfi ein priejterlid^er ^üter,
Sal^ji Du im Sturme Fnospen fd?on bie Keifer.
tlun marb Dein 2l\:intn munberbar t?o0enbet,
Die Du gemeiffagt, unfre tjöd^^en (Süter, .
Satjji Du gewonnen: ^Jreitjeit, Keid? unb Kaifer.
— 260 —
^aul -^^inbau in bcr „(^cgcntüart". »erlin. 1872. Dir. 20.
(33ci ®elegent|cit einer Sluffü^rung im ^oft^cater ju Berlin.)
Sofep^ Stamm^ammcr, Die 9libetungen«Dramen feit 1850 unb
bem 35er()ältni6 au Sieb unb Sage. Seipjig. 1878. ®. 41-48.
griebric^ Are 9 feig, Sitterarifc^c Stubien unb ®()araftcrifti!en.
■ 33eran. 1882.
4. Die Sorele^.
©buarb Deorient, SReine Erinnerungen an ^üijc 3Rcnbeläfo§n«
33art^o(b9. öeip^ig. 1860. ©. 247. 272 ff. 282.
„3Äorgenblatt für gebilbctc Sefer." 1860. 9lr. 48.
®. aKüHer*©amön)egen in ben „33lättem für litter. Unter*
Haltung". Seipjig. 1861. ^v. 21.
5. Sopl^oniäbe.
„2lugöburger Siagem. Seitung." 1868. 9lr. 304.
©icgmunb ^olifd^ in ber „Slugäburger Slttgem. gcitung". 1868.
9lr. 310.
§. Saube in ber „^levicn freien ^^greffe". 2Bien. 1868. 20. Dftobcr.
„Äölnifc^e 3eitung." 1868. m. 313. 1. ötdttt.
3ul. Sftobenberginber „Slugöburgcr Slttgem. 3tg". 1869. 9lr.360.
Äarlgrenjelinber^^lationataeitung". Berlin. 1869. 22. De^ctnb.
(Söieber abgebrucft in „berliner Dramaturgie". §annooer. 1877
1. Sanb.) ©. 179 ff!
®. g(re9 tag) (?) in ben „©renaböten". Seipjig. 1869. 3lr. 5.
gr. Äre^feig im „Salon". Seipaig. 1870. ©. 199 ff.
©uftao au ^utli^, ^^eatererinnerungen. ^Berlin. 1874. 2. 95b.
Seite 244 ff.
6. „®cl^teö ÖJotb wirb ftar im geuer."
Os!. 33Iument]^al im „«ertiner Tageblatt". 8. u. 10. 3Wara. 1883.
C. UeSerfe^ungen.
1. 3SoI!^Iieber unb Sflomahaen ber Spanier,
„«(öttet für atterar. Untergattung". Seipaig. 1844. 9ir. 307.
— 261 —
2. ^ünf ©üc^er franjöfifc^cr 2x)x\t
„3Äorgcnbrott für gcbilbete Sefer." .Stuttgart. 1863. kv, 7 u. 8.
3. Älaffifrf)eö Sieberbud).
a». Karriere in ber „©egenroart". 33crlitt. 1875. %. 43.
S. grtcblönber in ber „2)eutfd)en 9lunbfd)au". §erauög. oon
3. SHobenberg. »erlin. 1876. Sanb 7. Seite 441 ff.
D. SSerfc^iebenes.
9*. Äögel im „Daheim". Seip^ig 1872. '}lt. 15. „(^ntanuel
®eibel alö beutfc^er SReicfiöl^erolb".
Ä. @(^micbet in ber „^roteftantifc^en Äirc^enjcitung für ta^
eoangelifc^c 2)eutf(f)lonb". $erauögcg. oon 3- ©• Söebsfi).
SBerlin. 1882. «Rr. 15 unb 16. „@manuel ©eibcl als re*
Hgiöfer ^id)ter."
riadjipetfung
von 3^vftreutcn <ßebid)tcu (Sei bei 5, ^ie ircber in beu
^inselausgaben nod? in bcn ,,(ß(?fammeltc]i Werfen"
entl^alten jinö.
„35ergcffcn." 2)eutfc^er ÜKufenalmanac^ für ha^ Sal^r 1334 üon
e^omiffo unb ©d^roab. Seite 375. Seipjig. 1833. ^feubo*
n^m S. iporft. ©rfteö gebrucfteö ®ebic^t überf)aupt. ©iel^c
©oebefe, 1. SBanb, Seite 27.
^bfctjiebSgebic^t an (E. u. ^ul^n. ^oebefe, »iograpl^ie. 1. ü8anb.
Seite 30.
„©onbelfa^rt." 3)eutfd)er 3Kufenalmanacf) von ©I}amiffo unb Sd)n)ab.
Sal^rgang 1836.
„^aö 3Röbd&en üon ^llbano." Sllfr. Sleumont, Stalia. Berlin. 1838.
„Erinnerungen an SSenebig. 2luä ben papieren eineö Söeltmanneö."
Sed^öjel^n ©ebic^te, üon benen fünf («Rr. 10, 11, 12, 14
unb 16) oft mit 5lbönberungen in bie „öiebid)te" aufgenom«
menfinb. (@inaelau§gabe : Seite 168, 106, 171, 169, 108)-
5llfr. fReumont, Stalia. 33erlin. 1888.
— 262 —
„Spam)d)cä StSnbc^cn", „Sieb bcö gefanöcnen 2R5bc^cn§",
„Sc^Iummre", „S)aä füfee -Söort", „griffe go^rt" in 2»of(i^e,
25eutfc^c Sicbcr. ©icl^e ©oebcfe, 1. f&anh, Seite 24 unb 26
unb „«Rorb unb (Süb". 1877. 1. »onb. ©. 395.
„Sin ben ©c^Iaf." ßornponirt oon <S. @. Fleiffiger. op. 116
»erlin. 2ßeftp]^al, je^t 33ote & SBod.
Söibmungägebid^t in ben „®Iafftfc^en ©tubien üon @. ®ei6el
unb @. ßurtiuö." öonn 1840.
3n ber erften 5luf läge ber „®ebic^te" finben fic^ elf ÖJebid^te, bie
in ben je^igen 9luf logen fel^len. @ä finb bieg : „S)eä S^g^^
Klage'S „2Bic bie bufterfüttte Slütl^e..", „3n ber gRitter--
nac^t", „2Bo aRenfc^enrot^ unb ©rbennoti^ . . . ", „@g ftnb- bie
Sieber ©olbpofale", „9lun rul^en alle Sßipfcl", Sonett an
ben ©rafen oon ^laten („S)er ©etmatl^ l^atteft 3)u 25i(^ ab*
gen)en^et"), „Süblid^e 9*omantif", „5ln bie ^^Rj^ilologen",
„3ln @mft ©urtiuä" (Sonett), „^er Änab' im 2Balbc". ^o^
le|te ®ebid)t ift gcbrurft in 2Benbtö beutfc^em S3allabenfc^a|.
3. 2luflage. Berlin. 1871.
„9luä ©riec^enlanb" (3)iftic^on). „3Äorgenblatt." 1841. 9lr. 160.
3n)ei Ueberfe^ungen fpanifc^er SJolf ölieber : „5llleö rul^t in Schlaf
uerfünfen" unb „©nblid^ einmal". „SÄorgenblatt für gebilbete
Sefer." 1841. 5ir. 250.
„Obe an ben Sfll^ein." „3Äorgenblatt." 1843. 9lr. '312.
„@in 93ilb auä 9luf;lanb/' „aKünd)ener gliegenbe 33lätter." 1844-
3. SBanb. «Rr. 57.
„Söiber ben ®rbfeinb," „©annooerfdjc SKorgenjeitung." 1845.
5. S^iiuor.
SBcgrüfeungölieb jum ©öngerfeft in Sübecf in „Äücfblitfe auf baö
SlUgemeine S)eutfc^e Sängerfeft ju Sübecf". 1847. 5lbgeänbert
aufgenommen in bie „§erolbörufe" Seite 153.
„Äönig Äonrabo ^ob." Scene auö einem bramatifd^en ©ebici^t:
„$cinri(^ ber Sßogler". „SRorgenblatt." Stuttgart. 1849.
19. aRai u. ff.
„5)er Äampf auf bem Sfenfteine." (2luö einer Xragöbie: „Sieg
— 263 —
friebä ^ob.") „^eutf^cö SRufcum" üon 3^. ^rufe. 1851
<B. 62. (Umgeänbcrt aufgenommen in bie „93run]^Ub".)
„S)te Rauben oon ©an 3Rarco." „©arfc unb Scier." §erou§g. öon
S. ©rote, ^annooer. 1854 (?). 2. 2luflage. 1865.
„®ie Sorelci." ®ineDper. ©rfter Slufjug. Sroeiter Slufjug. !5)nttc,
oierte unb fiebente ©cene. 3Rit oielfad^en ^Ibroeid^ungen
oon ber. {ewigen 3lu§gabc in®oebe!e, „^eutfc^e Söod^cnfc^rift."
1. Sal^rgang. 1854. ©annooer.
„9lm ©d^illertage." (@rfte Stropl^e ganj. abmeic^enb oon bem
je^igen ©ebid^te in ben „©ebic^ten unb ÖJebenfblättem")
„SWorgenblatt." Stuttgart. 1859. 20. «Rooember.i
„Simonibeä". ©oCabe. „^er Sajar", %c. 48 oom 23. ^ecembcr
1866, XH. 3öNö"9-
„S!)ie fiebente @pobe beö iporaj." (Slnbere Ueberfe^ung alö im
„6laffifcl^enSieberbuc^".0 „^l^ilologuä" oon Seu^fc^. ©öttingen.
1869. (Seite 373.
w3in Ji^ül^ling." (Slnberc ^eöart beö ©ebic^teä in ben „©pöt*
^erbftblättem" Seite 182.) „Ueber Sanb unb 3Reer." Seipjig
1870. 24. «anb. ««r. Ö8.
„SJiftid^cn au§ bem Sßintertagebuc^e". (2)rei nic^t in ben „Spät*
l^erbftbmttem" entl^oltene 5lbfc^nitte.) „Ueber Sanb unb SReer."
1870. 93anb 24. ««r. 27 unb 28.
„^agebud^blätter." Sieben Slbf^nitte in ^tfti^en. „Gegenwart"
von Sinbau. 1872. 5?r. 10.
„3u Sübed auf ber Brüden." Ä. ®oebe!e in „9iorb unb Süb"
»on Sinbau. 1877. S. 404.
Ucbcrfe^ung einiger 95erfe auö JBeaumord^aiä* „©arbier oon
Seoitta." „©egenraart" oon Sinbau. 35erlin. 1878. IRr. 16.
„2Bie baS ^a\)x mit leifem Sd^raeben". „^aä JBlumenjal^r" oon
Sol^anno SBre^mer. SBanböbecf. (Dl^ne ^a\)xz^af)l)
„O füfjeg 3ungfraunbilb"(?). @tife ?olfo, »lumcn unb Sieber.
Erfurt. 1880.
„Siftt brauft bal^in mit Sturmeäroütl^en" . . (SSierj^eiliger Spru^.)
— 264 —
„5leuc 3Ruftf8citung." Äötn. ^ongers SJerlag. 1882. 9lr. 23.
1. Beilage,
„^aufc^ung." „ipcimatl^",. SBien, 1883. 9ir. 1.
„Slolanbä ^om." „95om geB junt 2Reer", Stuttgart. 1883.
Dftober. Seite 18.
„Söanberglücf" (1850) „2)cutfc^eö^id)tert)eim." Sal^rgonglV. !iRr.l.
„mhumUaü." „©egentoart'^ oon goüing. ' S5erlin. 1884. 9ir. 8,
in bem Sluffa^ oon 0. Sinfe, 5llbumblätter.
„öJebct eineö 2)eutfcf|en." „5flational3eitung." Berlin. 1884. 12.2lpril.
«Reue ©tropl^e ju bem „3Äcibc^enliebe" (®ebi(f)te, Seite 116j.
„SBerliner Stageblatt." 1884. 17. 5lpril.
Ungebrucfte Uebetfe^ungen. $aul Sinbau im „S)eutf(^cn 3Rontag§«
blatt". 1884. 14. 5lpril.
„Strinflieb." „©egenmart" oon 3oßing. 1884. 12. Slpril.
„Slll^ambra." gtagment. „??amilicnblatt" üon Sc^orer. Serlin.
1884. 27. 3lpril.
^iftic^en olä 5lutograp]^ ju einem Hamburger Äünftlerfeft. „95crl.
Stogeblatt". 1884. 3. 3Rai.
„D mel^, nun bin icf) ganj allein." „^eimgarten" oon Slofcggcr.
®ras, 1. 3Rai 1884.
„Seb» rool^l, bu grüne Söilbnife." „^cutfc^e 9flunbfcf)au". 3uni 1884.
„Söngerlooä." „©egenroart." 1884. 9lr. 23.
„Sieben neu aufgefunbene SiiÖ^^^Ö^^^^^-" „Gartenlaube". 1884.
9lr. 27.
I^erüorragciiberer öüftcn , (5cmälbc , pi^otograpljien,
5tat|lftid7c unb £ttl)ograpl)ien oon €manuel (ßetbcl.
U Büjien.
©einrieb SRüller in 3Rünc^en. (Sielte ®oebefe, 1. S3anb. 222.)
®nbe ber fünfziger ^al^re.
:&. ^oblmann in »erlin. 1877. 3n)ci ©röfeen: 70 unb 35 cm
— 265 —
l^od^. Slad^bilbungen in @tp§ ftnb burd^ ®e5r. SRid^eli,
S5crUn ju bcjiel^cn.
3)erfcl6c Äünftlcr f)at ©eibelig rechte §anb nad) einem 1877 ge«
nomntenen Slbguf; in corrorifc^em üKormor ouägefül^rt,
Subwigöamp, 2Rün(^en. 1884. (3um ©eibeifcft beä 2»ünc^ner
Soumaliften* unb ©(^riftfteCerpereinö.)
2. (5emälbe unb 5^^nllngen.
a:. ÄeJ^bcni^. Scic^nung. 1834.
Souife Äugle r, S^ic^ttung. @nbc bcr breifeigcr Saläre. ®eftod)en
oon @(^ertle. (93crUn, ^ßuncfer.)
Otto (Bpcdter, 3cic^""»i9« 1843. (Äönigö Sitteroturgef(^i(^te.
Seite 701. 10. Sluflage.
g. aOBeinlioIb, fiveibeaeic^nung. (^atirt üom 11. Sluguft) 1844.
(!E)reöben.)
gronj Äugler, Slabirung 1849 in Äugler, „2)eutfd)e Sieberl^efte".
Stuttgart.
Duentel, Delgemälbe. SSierjiger 3al^re. ®eftoc^en bonad) üon
©emmier, ©pie^ u. 91.
9Bil]^. oon Äaulbact); in einem f^eSfogemälbe an ber 92orbfeite
ber neuen ^ßinafotl^e! in SKünd^cn. ^m Snnem ber ^inafotl^e!
Delfarbenffijje baju.
SBill^. oonÄaulbod^, Äreibejei(^nung. *}5f)otograpl^ien berfelben
in Srucfmanng ^ortraitcoUection.
Engelbert © e i b er | , in ben meftlic^en Spggien beS 3)la^milianeumd
ju 9»ün(^en. 1864. (3n ber Xrad^t ber Eittcr be§
SÄOEimilianorbenö.)
Äeorg Äorbif, in Äarläbab. geici^nung. (3. ©d^anj, ©arlä«
baber Plegien, ©.26.)
@. $aber, OelgemSlbe. ^I^otograpl^ien in ©opl^uS 3Billiam§
^ortraitcoEection.
^. Oefterle^ jr., OelgemSlbe. 1882 auf ber Äunftauäftettung
in §annooer.
— 276 —
Dann fam's iPte VOolftn, f am mie Stünne
Wie ffot^'n bte 3atjre roinbesfd^neU I
Unb in bcm Bann ber alten (El^ürmc,
Da fanb id? Dtd?, (2m an ncl.
Unb njteber wax's wie Sonnenltd^ter,
Unb TOteber njar's wie ^rül^gcläut,
So ftanb'ft Du, jeber goll ein Did?ter,
Dor meiner Seele, einft wie tjeuti
€manuel, fo lag Dir fagen,
(2s ^ai in feiner IRenfd^enbruft
(2in fjers fo treu für Did? gefd?Iagen,
UJie mein's — ob Du's aud? nid^t Qewu%t.
Unb fo fd^Iug's je^t. Die (Slocfen «angen
fjerauf mir burd? ben bunflen (Eann;
3d? füt^rs, es mar nad? Dir ein Bangen,
Das plö^Iid? meine Bruji burd^rann.
£eb' iDot^n Die 5d?roffen all' perglütjten,
Unb fd^nelle Had?t umfängt ben (Srat;
£eb' mot^I I Did? mög' 2lpoII betauten,
Unb grüge mir bie alte Stabtl
Untermöffen bei Salsburg, 3uU \868,
— 277 —
Paul CEtjiemid?.
Dem beutfd?en Dtd^ter bcutfd^cs (Srügcn
Mn'ö einen Drucf pon beutfd^er V^anb,
Den IHanncsroort mit Ungunft hü^cn
(Ein König lägt im bcutfd^en £anb.
Du l^atteft an3u beutfd? gefprod^en;
Dein £ieb, burcf^mel^t von ITTorgenluft,
(Es Tpodfi — nrib bas t^aft Du cerbrod^en —
laut an bes Deutf d^en Heid?es (Srnft:
„IDad? auf, wadi auf 3um jungen (Eage,
Du gan3es, ftarFes Deutfd^es Heid^I
Der alte Kaifer beutfd^er Sage
Stanb auf nnö fül^rte guten Streid?.
(Er ift erftanben, unb bie ^al^nen
Des Sieges 3eid?nen feinen Pfab,
Der groge (Erbe groger 2It^nen,
Der in bie Spur ber Däter trat."
VOt'xl Du nid?t roillft Don beutfd^er (Erbe
€in Stücfd^en nur 3um Daterlanb,
Unb beteft, bag es einig roerbe
Dom U)asgau bis 3um IRemelftranb,
Weil Du bas roillft, Du IRann ber £ieber,
Dem beutfd^en Dolfe lieb unb ipertl^,
Drürft Did? nun ^Jürftenungunft nieber,
U:?ie man mit einem 'Kmdft oerfät^rt.
— 278 —
Der Dtd^ter aber tjod? von Sinne,
Der frei aus freier Seele fingt.
Der nid^t um niebrige (Senjinne
Xlnb nid^t um (Sunft fein £ieb oerbingt: .
(Er menbet ftols fid? von bem Sitjrone,
Der feine £ieber l^at oerbannt,
Unb jiel^t, im ^aar bie ^id^tenfrone,
(Ein £ieberfönig, aus bem £anb*
(D fomm 3u uns, fei tjod^roillfommen,
Unb tjat ein König Did? oerfannt,
So fei in ^reuben aufgenommen
3m gansen beutfdjen Daterlanbl
3^. (Dctober \868*
— 279 —
Karl Cljeobor (5aeber§.
3n 'iixhed, mat min Daberftabt,
Dar feem DÖr'n artg lange Sitb
<En ^ümpel bccpgeictjrtc £üb —
Senaters un perfeffers ipeern barmanf —
Qf fmtt mi tnne 3oji; bat ts nodf wat\)
Vflal be t>erbeuipelte (SebanlP: •
„(En ^acf eltog för (Seibell 'n beten tties
^ögt bannig em, bat roarb t^e ni oergeten.
So ftiggt nji. bi em gliF iDat nett tn'n pries 1"
y glöo — na, von unf (Sei bei bol^t 3' iPeeten,
XPat t^e för'n groten Didjter is, bat's nog —
3^ glöO; be ^auptfaF roeer barbi bat (2ten,
Simecfeten nänt fe % mat fd^ull nat^ften jtn.
Wenn man be lübfd^en Borger roinFt en Sraben,
üörut paar Bubbel robn Burgunbernjin, '
Denn maft fe ^Ilns mit, fHIbft en ^arfeltog.
3^ fetj nid? in, roat börf if't nid? oerraben?
€n ^arfeltog meer batomal tpat rar.
Punbag l?ebbt mie fon SpeelFram ^abt för ^al^v
Co't Sebanfejt — bod? batomal, iF fegg,
De £üb ipeern meift in be 3^^^ J^^i" d^^Ö» —
iTTan as t>enn 2(öns fo toxh oF roeer parat,
(Sung't oon bat IRarFt rop na be Breiteftrat,
XPonem £?e roal^nt. . . . IfTin l^ellJid? ^arfeltog,
Din £of to ftngn mit aü bie pi! un Ho!,
£at if geern na. Dat Fann en 2lnner meöen.
— 280 —
Blot en lütt Dontjcn, wat apart paffeer,
Un wo tf minbag 3iper fmunselleer,
Pat wxü tf för be Iübfd?e Krön! vnttücn.
De Deufd^er tjall 't ipecr 2Ibenbs fo Klorf fcben,
Da geeo bat op* bat IRarft en gräjtg £ebcn.
Dat Qualm t>on bufenb Radeln un barbi
De IfTaan, be op be ganse Scenerie
Un op be Däfer füll: 't meer nid? blot fd>ön,
3f fegg 3u, fo wat (eot nid? op ben 3on!
y feef mt't baben oon hat Hattjstjus an,
XPil t! för ben „ertjabnen Stanbpunft" hün,
Denn ut be Dagelperfpeftip bar ftnn
36 2IUns mel^r pü? un fmurf. —
„Du büji woü man
2IIIeen l^ter", bad?t ih Setjn funn (2en ntr nid?;
Dat meer in*n Korribor l?eel fd?ummrig all.
y fte! nu ut be Hüten min (Seftd?
Un obferreert be gan3e Hummeli.
„pjil ppi" Ijör i! en beepe Stimm bid?t bi.
„He, !i! blot, DreesI" l^ör ü. „De IPelt geit bau
Ut Hanb un Banbl Was is't en bmatfd^e CibI
5on Keerl, be nij nid? fi! to 5d?uIIn leet famen,
y meen, be ft! nid? maFen bei? en Hamen,
De friggt en ^arfeltog? 3s fo roat red?t?
Dat fd?one (Selb, wat inne £uft fe fmiti
XPeer't nod? för'n Börgermeijter, l?arr'! nij feggt.
2Injer büff Vdann? VOait t?et t?e (Srotes bal?n?
Hij nid?I Va% ^en [in Sahn föpen beit,
Pörut be inätens, bat \s jo gan3 nett;
Dat t?e fo fang- nn flangbor £eeber fytt
Un I?ennft^ geujanbt fin fall in ^Jorm un Spraf,
Dat is je o! fel?r !Io! un fet?r gefd?etbt,
Doc^ borum *n ^arfeltog? Dat is en 5nqrfl
— 281 —
Un iDtl l^e in be Kunj^ för „£Jer3og" is?
IDat? £Jer309l ^er3og in en HepubliF?
(2n Borger is tje, bat ts xoafyc un xdi%,
2l5 Du un ü; mi fünb tofam aö gltFl
Un benn - ''
„£^oI ftoppi" füll (ts ber dtoeei bor man!.
„Da mutt mat bran ftn, mutt rooü, leeo 3ot^annI
Sül^, min lütt ^Jru, roeejt Du, be för (Sefang
Un Klimpern fmarmt, xd\ü fif bt büflfen lUann
<En „^erjog" töpcn; t>enn, as fe mi feggt,
Don %r3og fünb mal ^t Klaoeers in XTTob!
tlanu — barum oeellid^t — xf mecn man blot —
Darum »eellid^t — "
„3It^, Dreesl £Jcft mebber Hed?tl
Wil lie oer!öfft be püf j^en ^njirumenten ,
Un fo Fanbibel is un jitrft t>uU Kumpelmenten,
XDat fe mit „^orm nn Spra!" betefnen bel^n,
Un toxi be jungen Damens benn un wenn
Sülbjl in fin iahen gett, um fif Sonaten
Un aUerIjanb irtujt! to tjaln, tjett (Een beflaten,
(Em mal to fiern börd? fon lütt (El^renbecnft.
Hu ts't mi flar as bicfe (Srüttl IPat meenft?"
«3^/ ja, fül^ft, 3an? Dat jiimmtl je, ja, fo is'tl
2IIIns tjett fxn (Srünn. TXa, henn man to!
Bfatv xf bau jid^ens beten frötjer wn%t.
IRarfd^eert xf mit; xf hm je fünft nid? fo. — "
„Dat !5nt w'x nod?I Kumm gau op't IHarft tjenball
De £üb fteüt jujt ftf op. Kriggt mi feen ^arfeln
tlid? mel^r to faten, Drees, bat is egal;
Denn iPöHt w'x twee man fo en Stücf mitroarfeln." —
— 282 —
IDuppbtl wo Icpen be Kloffnarfers, fütjl
nn lubljals Iad?t i! op : 3i 3nfalt5ptnf cI, 3i f
fjatjaljaljo 1 BVn robn £aternenfpenblerl
^ol^a 1 IDat g(öt)t bc Kecris? i^a^al IDat? ipck*^
De iJarfeltog ipeer för'n IHufifalienl^änble «^
fjcrrn Katbel in be Bretteftrat!
283
ß. Kerber.*)
W'xt fd?ön erblüt^t bes Did^ters l^olber Col^n,
Wenn £tebern)orte; feiner Bruft entfprungen,
2UIn)eg' il^n grüßen mit pertrautem 2!on,
Don feinem Dolf mit £ieb' unb £uft gefangen 1
Des Bilbners IDerf ift engerm Kreis nur f unb,
2Im Haume l^aftenb; bod? bes £iebes Weüt,
Sie manbert gleid? bem £id?t ums (Erbenrunb,
Vfladfi fonnengleid? bie fjersen roarm unb t^eüe.
Unb fo(d?en (5ru§, ber frot^ im £ieb ertönt,
Du t^aft it^n fd?on im £ebenslen3 pernommen;
(Er l^at Dir aü' beirt Siagroerf reid^ perfd^önt,
Bis Deines ^erbftes 3at^re nun gekommen.
3n Deines Dolfes £iebe rul^ft Du ausi
(D fläng' bies IDort mit aller Segensfülle
21m l^eut'gen (Eag burd? l^erbftlid? Sturmöebraus
3n Deiner Did^terbruft gemeil^te Stille I
^ndi unfern £anben bift Du lieb unb traut
Seit Deiner 3ugenblieber pollen Klängen.
Sie grüßten uns roie t^eller (5lo(fenlaut
2lm JHaienfonntag, wenn fid? Blütt^en brängen
2lm grünen Heis, wenn frieblid? blaut bie £uft
<Db unferm fjeimatt^jtrom im fül^lem Horben;
Sie grüßten uns ipie frtfd?er IDalbesbuftl
So iparft Du gleid? l^ersetgen uns geworben.
*) 3m Flamen eineä Äreifeö oon SJerel^rem ©eibclä in Sliga
bem^ic^ter jum 18.Dfto6er 1877 olä am 59. ©eburtötage jugefanbt.
284
Daffelbe ITIeer, beff' bunflc IDoge tragt
Des lübfd^cn Sd^iffers reiche ^anbelsbarfen,
JHtt breitem IDeüenfd^Iag ber Branbung fd^Iägt
Tludi t^ier im 0ft an unfrer fjeimatl^ IHarfen;
Unb £übccf, n)o Dir einjl bie IPiege ^iarib,
Wo nun Du rajieft nad} bes Gebens Heife,
Sd^Iang einft ber fjanfa üöffereinenb Banb
Um Higa, gleicbenb il|m an Braudy unb IDeife.
So fommts mol^I, rocnn bie Sonne fd^eibenb jinft
Dort roeftlid?, wo bie IPoIfen purpurn glütjen,
Da^ unfrer Brufl ein ^rcunbesgrug erflingt
gum fernen Stranb, ber Did? gcfcl^n erblül^en;
Unb als bes Hul^mes golbner fjimmelsglan3
2(uf Deinem fjaupt gerul^t in Deutf d?Ianbs (Sauen :
(Sern reid^ten Dir bes Corbeers grünen Kran3
2(ud? unfre lUänner, Blutigen unfre grauen.
IPie fern bie geit, ba von ber Crace Vn
§um Htjein geroanbt bie jugenbfrifd?en 5d?rittc
Xladf Qeüas (JlurI Dir gab bas £?er3 nid?t Hut^,
Derlangenb nadtf ber Qeimatl^ £aut unb Sitte.
Dein £ebensfd?ifflein trug mand?' fonnige Sentit;
Die 3far t^ie§ Did? gaftlid? lang t>eru>etlen;
So bot Dir Süb unb Horb ber £iebe (5ut,
Unb fat^ji 3al|r3el|nte glürflid? Dn enteilen.
Dod? ipas Du \\t\% in treuem Sang erfel^nt,
Das ftet^t nun feft. Der IHeifter ift erfd^ienen,
(Er l^at bas ^aus erbaut I — Unb mäd?tig betont
Sid? brüber l^in com Kamm ber Horbfeebünen
§um 2IIpenftrft in bunter ^Jarbenprad^t
Das ^anb ber (Eintrad?t, t^od? unb feji gesogen;
Unb Sd^mert unö £eier l^alten ft(^re lüad^t
2Inf 53erges!^öl|, am Sd?ipaü ber ITIeeresmogen.
— 285 —
So fcire bas crftarftc Daterlanb
Den eblen 5o!^n am t^eutgen IDtcgenfefte,
Der glaubenstreu 3um (Etnl^eitsbanner ftanb,
Perbürg' tt^m fetner (Sahen retd^jie, befte:
3!^m, ber's ertDad^fen fal^ in fiolser £uft,
Dem Siröfter in ber gtpietrad^t bumpfen Sd^mersen,
Das ^eimatl^red^t in jeber beutfd^er 3rujt,
"Den Brnbergrug aus jebem beutfd^en ^Jersen!
— 286 —
pauI öaeijr,*)
Wo aüc Jubelliebcr I^euf nur fingen
Per beutfd^en fjeerfrau auf bem ttteberroalb,
Kanonen bonnern, IDetl^ed^ore Fftngen
§u Hul^m unb preis ber beutfd^en ^Ibgejiaft,
Die fiegesftol3 t>on l^ol^em öergestl^rone
Sd^aut in bes (Erbfetnbs rad^erfülltes tanb,
2Iufs Sd^mert gejlü^t bte beutfd^e Kaiferfrone
3tjm fül^n entgegenljält am Htjetnesftranb —
Set mein (Sefang bem Sänger Ijeut' getpetljt,
Der ftets gemeiffagt uns bie Kaifer3eit.
„Pas beutfd^e Kaifertl^um tpirb btnnodi fommen,
(Dh andf ber 2!ag nur .Crümmer fd^auen lägt,
Doli IHad^t unb Hutjm bem freien Dolf 3um (Jrommen —
Pie Hoffnung Ijaltet ftets im £Jer3en fefti"
„(Einft fommt ein lUorgen, uns üon (Sott befd?ieben.
Per bringt mit flanggetpalt'gem Sd^roertesjtreid?
Pem Daterlanbe enblid? golbnen ^rieben
3m neuerftanbnen beutfd?en Kaiferreid^;
Prüm t^altet IHutl^ unb Sd?n)ert 3um Kampf bereit T' —
So fd^oü Pein „^erolbsruf" burd? aüe §eii
•) ©elegentlid) ber ©ntl^üttung beä 9lational*3)enfmalä auf bem
^Ricbcrroolb am 28. September 1883.
— 287 —
Unb was Du cinji bem Daterlanb gcfnngcn,
Was Du gcfd^aut.mtt funb'gem Sel^erblicf,
^nx was gebtd^tct Du, gefämpft, gerungen —
Das warb rollbrad^t oom t^errltd^ften <Sefcf?tc!l
Drum roenn fid? l^euf bes Denfmals füllen fenfen,
(Sermanta ftral^It in l^el^rem Hul^mesglans,
lüirb ntand^es beutfd?e Bftt^ andf Deiner benfen,
3m (Seip Did? fd?müc!en mit bem gründen Urans.
Du fül^nfter Sänger beutfd^er (Einigfeit,
f^eil Dir, Dein Corbeer blül^t 3ur Kaiferseitl
288 —
.^elir Vahn.
mit Hiirf ert utii) mit platcn
fjaft Du midf treu betätigen
Unb ift mein Ders gerattjen, —
Das banV id? Deiner Kunft:
Den iel^rer wiü xd^ preifen:
3ebod? in eignen IDetfen, j
Das l^ore Du mit (Sunft. — '
Unb fd^Iürf idf l^ier im Horben,
2ln Sil^ule's HebeI»Borben,
Diel eble füge iahe
2Ius Deiner legten (Sabe,
2Ius Deinen „Spätljerbftblättern",
(Sereift in allen IDettern,
3n l^eigen unb in falten,
Bei guter Sterne IDalten,
So ruf idfi „^eil bem 2IIten!
Des beutfd^en IPol^nauts roeid^en
Homanifd?«fonnenreid?em,
fjerrn (Sottfriebs Süße gleid^em
Doni|armonien'(5ejtaIter: —
fjeil il^m unb feinem Pfalter!
XPer t>on uns Jüngern tjolprig nid^t
Die Heime flid^t unb rabebrid?t —
Der banft es Dir, bem IDeibel
Des Derstumiers, o (5 ei bell"
— 289 —
Wk fd?alteft Du in IHünd^cn
"2(uf l^anbiperfmägtg (Eünrf^en!
Pem (Jalfd^retm mürbe t^öllenangft.
Dem ;JItrfn)ort banqe, bänger, bangfl:
„WasV — . l^örte man Dtcf? bröf^nen,
„Qtatus ? (Elltftonen ?
Könnt tl^r's ntcf?t abgemöl^nen?
Sd^ocf Srf^iperc ttott^ Sd^mabronen I
Poeten ipollt xfyc I^et§en?
mit Knüppeln follf man fdjmeigen!"
Dod? nirf^t allein bies 2IB<£
(Erlernten ipir in Deiner TXUlf, —
2lud? "tio!^ bie IDeil^e muffe fd^tpeben
.Um ed^ten Dirf^ters £ieb unb £eben,
Da§ fternenl^od? bas giel entfernt
ViVib \i(x% Du felbft nie ausgelernt. — -
n?ie bod? bie .(Eitelfeit 3erfd?mol3
Dor Deinem tief befd^eib'nen 5tol3l
2Iud? jefet fprid?ft Du befd^eiben
r>on „Spätt^erbft blättern" blos:
yXv^ bod? laufd^t, — fd?mer 3U nti^znl —
2lus biefer Blätter Sd^oos,
2Ius grüner Hebeu'laube
Die golbne Spätl^erbji'Siraube,
Die Siraube, tjerrlid? ausgereift.
Die Hom's unb fjellas' Strat^I geftreift:
3n Deutfdjl anb reid?t uns .Keiner
Siranf ebler, n)eid?er, reiner,
^einb lumiger, ipie Deiner.
1877.
^ttianuel OeiBel, ein Q^ebenfbucfe. 19
— 290
Hidjarb fjameL
Sranfftttt a. T«
^ord?, l^örft ben JrüI^Itng fommcn bu?
Sein Sie^esranf d^en überall?
Der (JIu§ erroacf^t aus ftarrer Hul^'
Unb ftrömt bal^tn mit lautem Sdfwaü,
2luf aüen Bergen fd^milst ber Sd^nee,
£eis ftd? löfenb rote fjersenstpetj.
Sturst ftd? fernab im jubcinben <2}ueü:
(Emanuell
Siel^ft bu ber Berge bunflen Puft?
Den »eigen Sd?ein, ftel^ft bu il^n aud??
Sic fd?iDeben in bic blaue £uft
2IIs 5iegesglan3 unb ©pferraud?;
Don eroigen (5Ictfd?em, jtarr unb fal^I,
;JIattern bod? Siegesfat^nen ins Sit^al,
IPöIf d?en, rote (Ebelroeig fo l^eö:
(Emanuell
Unb allen Knospen fd^roillt bie Bruft,
Sie brängen fiegreid? ftd? l^eroor;
IDas fümmert's, ob im Drang ber £uft
3ljr ithtn mand^e aud^ rerlor?
Sie l^örte bod? nod?, aus IPinterstraum
3ut Kampf erroad^enb, ron Baum 3u Baum
Der Blütl^englocfen Siegesgefd?eü :
(Emanuell
— 291 —
,;(Em an HC II" fei ^Jelbgefd^rei
Der Üämpfer mit bem Sirug ber Welt;
IDie iDin3ig il^re Sd^aar and^ fei,
Per (Jelbljerr Ijat fte rool^Igejielli
2Iuf, auf, 3um erotgen £en3 Ijinburd?,
<5en Ijöl^nenber (Jeinbe eiflge Burg!
XPer lauterem (Slauben ben* Speer aud? fäll':
(Emanuell
0jiem ^878.
19*
— 292 —
<Stttttgatt*
tlid^t am gucfen jät^er £td^ter,
tltd?t am 5d?ug, ber bitftt unb frad^t — :
0b er fd^aut unb fcf^aucn macf?t,
Daran hnntn wir t>tn Dtd^ter.
— 293 —
^ermann Ooigt
(Ein Unahe ft^t im id^wanfen Boot;
Die <5Iocf cn im Kircf^borf läuten;
(Er aber fingt in bas 2lbenbrott^:
„3d? roeig nid^t, was foü es bebeuten — ''♦
Die Sonne l^ufd^t mit purpurglül^n
Dal^in auf bergigen pfaben;
Sd?on Iaufd?t bie Had?t burd^s IlTaiengrün
Dem ^lüpern ber Hajaben:
„Sprid?, fprid?, roas roiüft Du auf unferm See,
Was foü Dein flagenbes Singen?"
„„(D (Sottl lUir ift bas f^ers fo roelj
Unb fo voü, fo voü 3nm gerfpringen!
mein £ieb ift tobt : - bie traute IHaib
fjot felber il^r (Srab pd? gegraben
Unb id? fann nun cor ^ersefeib
Hid?t Hulj' unb ^Jrieben Itahenl"" -
Sie fd^roeben im IHonbfd^ein über bem Hieb,
Die (Seijier, auf unb nieber
Unb wiegen mit n)eid?em IDunberlieb
Den 3üngling l^in mb lieber:
„Komm mit, fomm mit in ben blauen (Srunb,
Wo bie ttijen fid^ern unb fofen.
Komm mit, fomm mit unb Du roirft gefunb
^uf ben roellenumsitterten lUoofen.
— 294 —
Stclj bort cor bem Itd^tfryfiaüncn fjaus
B(nt}t ein fd^immernber, fltmmcrnber <&atten,
Drin tpanbelt betn fieberen ^ag ein ^ag aus
Unb fann Dic^ faum enoarten/
Die IDcIIcn fd^miegten bcnt Kiele ftrf? an;
Unb t}e0 aufbuken bie Ct^ore,
D'rans Hingen unb bringen bem trSnmenben HTann
Sn%t6ntnbe lieber 3um (Dljre.
Sein £iebd?en fang, ben (Engeln gleid?
Dom £id^terglan3 umgoffen.
Sie nicfte fo traurig unb blirfte fo bleic^,
Hings uon Korallen nmfd^Ioffen.
Sie minft t}inauf; bie Quibgejtalt
init bcn golbig fd^immemben fjaaren;
Vinb ii)n 5iet)t es tjinab mit 21llgen>a(t,
Unb er lägt bie Huber fal^ren.
Da, Ijord?, ba erfd^aüt ein IDanbergefang
Durd^'s Cl^al: „Der lUai ip gekommen" —
gujei Burf(^e sielten bie Ufer entlang,
Die eben erfk Jlbfc^ieb genommen,
(Er f(^aut in bie Siiefe, bas füljle (Srab —
Das iiebesgeffüjter cerljoKte;
(Er laufd^te bem Sang — pom 3erg Ijcrab
Des £iebes (Ec^o erfd^attte.
„Unb iji's eud? genel^m, iljr 3rüber? geltl
So wanbexn wie veiter 5u Dreien.
(Es iji ja fo fd?ön bie weite Wzli,
So fc^ön im blül^enben ITIaien!"
— 295 —
Cajetan Cerrl
§u inünd^en tDar's, in längft oergang'nen Siagcn,
Da fprad?jl Du ctnft bei crn^em 2lbfd?icbsmal|Ic:
„Was aud? bte gufunft bringe, — nid?t oersagcnl
Der Icfttc Sieg wxnh bod? bem 3beale."
Du rief ji es, t>on öegeifterung getragen,
UnÖ I^obft üerflärt bte tpeingefüüte Sd^ale;
inir aber roar's, als fäl^' id? l^od? bid? ragen,
IDie ein propl^et im l^ellen Sonnenftral^Ie.
Vant Dir, propl^et, für Deine Setter »Spenbel
Das ^er3 Ijält bran, troft fd?iperer prüfungsftunbe,
Unb mirb b'ran l^alten, treu Dir, bis 3um (^xibt;
IHag aud? bas Hol^e prunfen unb ^as Sd?Ied>te,
Stets flingt es nad^ aus Deinem golbnen Hlunbe:
(Einft ftegt bas 3beal, bas reine, ed?tel
296 —
Beipunbcrnb fat^ xdi, \a^ mit füßetn Beben
(Ein ^Jrauenbilb, bas (Sried^enf unft roHf ül^rte ;
Dod? als bte Bianb btn falten Stein berül^rte,
Pad^t' id?: IPie bift bu fd?ön, bod? — ol^nelebenr
Da traf mein Blirf ein blül^enb' IPeib banebcn,
Dem feid^ter inobe3ipan9 bie (Slieber fdjnürte,
Vodf bt^en Jlug' ber £iebe (SInttj mir fd?ürte —
3d? rief: Könnt' (Ebenmag ber Stein bir geben f
Unb bod?I bie Klage ftarb in meiner Keljle;
3d? fall bas IDnnber — fal^ Hatur, umfd?Ioffett
Don ibealer BfnUt fonber ^el^Ie — r
Vtnn was ans Deiner lieberbruft gefloffen,
3fi leben, pulsfd?lag, ^Itl^em, £iebe, Seele, —
3n ber 2Intife JHarmorprad^t gegoffenl
— 297 —
UIrtd? Sd^neiber.
ed)Uaacf) bti ^d^mtd i. S.
2II|nenb Klingen waüt im Kreife,
Pas ber Häufte (3ru§ entbot;
Durd? ben ^letl^er jittert's Icife, —
lUemnon fingt im IHorgenrotl^ I
Unb es fragen Dolf unb IPiifte,
IPeld?' ein taufenbjäl^rig £eib
IDoI^I t>on Stein ber Cränmer bü^ie, -
2Iber feines gab Sefd^eib,
Paran nur, fobalb es bröt^nte,
§tt)eifelten bie geiten nid?t,
Da§ jtcf? jener Hiefe fel^nte
Zla<i( bem mat^ren IHorgenlid^t.
2IIfo, Sänger, flang Dein Singen
3at|r um Z<^^^ ^^'^ ^^^"^ l^inein:
fjimmel mein, mann magft bu bringen
Den getjofften IHorgcnfd^ein?
Unb er fam. Vmn glutt^umfangen
^at ber fjorijont gebrol^t,
Bis ^tn Dölfern aufgegangen
Deutfd^en Hetd^es ITTorgenrott^.
Da uerftummen feine lieber, —
Vtnn er trat's erfüllt gefet^n;
Unb bie fjarfe legt er nieber — :
„IDot^Il nun barf xd{ fd^Iafen gel^nl"
— 298 —
JTTay Brauer.
€in Sonntagsmorgen — unb bie Sonne lad^t
Unb iDtrft bes ^rütjHngs erfte golbne Stral^Ien
3ns irtenfd^enl^aus ; barinnen aber liegt,
2Iuf iDet§e Sterbeüffen I^ingeftrcrft,
Derftummt, ber einft ben ^rül^ling fang ipie Keiner I
€r I^at t>tn £en3 nod? einmal frol^ begriigt,
Der IDoÜen Segeln unb ber Blumen 53IüI]en;
(Er fatj's unb atl^mete 3ufriebcn aus,
Daß fortab er bem ^rül^Iing gan3 gel^öre!
Der nat^m il^n fanft unb trug it^n aus ber Wtit,
Sein gan3 (Sefolge gab il^m bas (Seleite,
Die Dögel fangen nrib bie Knospen tjaud^ten
2Iuffpringenb IDeil^raucf? it^rem blaffen £iebling.
IDer glaubte ba, bas gälte einem Qlobten?
Sold? Klang unb Blütjen aber lebt I^infort,
2Iud? wtnn bie Dogelftimmen längft rerftummten
Unb längji bes ^erbjies le^te 23Iumen melften.
3l?r aber fragt micf?, loas bann blüljt unb fingt?
Das finb bie £ieber, bie ber Dichter jterbenb
Den fpäten (Enfeln fommenber (Sefd^Iecf^ter,
(Ein lebenbes Permäd?tni§, I^interlieg:
Die blül^n pon ^er3 3u ^er3en buftig n?eiter
Unb tönen lieblid? fort pon UTunb 3u UTunb. '
— 299 —
Sali über UTeeresroeitcn
PerlÖfc^cnbc 2lbenbglntl^,
Stunnoögel barüber gleiten
Urib taud?en in UTeeresflfutl],
„£ag ntd?t am felbtgen Stxanbe,
Wo bort bte Sonne fan!,
Der bepe Deutfc^e im iaribt,
Der befte Dtd^ter !ran!?"
Unb 2lntiDort raufd^ten bte IPogen,
3n lüften l^eulte ber Sturm,
^at an ber (5IocFe ge5ogen;
Unb bumpf erfd?oÜ's pom Cl^urm.
Unb IDetter, IPinb unb UJellen
Unb flfietjenbe IPoIfen pon IPeft,
Sie l^aben bte Cl^ränen, bte l^ellen,
Dem al^nenben 2luge entpreßt.
Kein 3ote ift gcfommen,
Der mir bic Kunbe bot;
3m fersen nur I^ab id^'s pernommcn
(Emanuel (5etbel ift tobtl
300 —
2lrno ßol5.
»erlitt.
„Dir n>arb bas Köftlid^fte perlietjcn ,
3n btefer ^ai}e Sturm nnt> Drang:
(Hin Sinn für em'ge ^armoniccn
Unb eine Seele poII (Sefang.
Dem Jüngling laufd^t, es laufd^t bem (greife
Das beutfd?e Dol! allüberall
Vinb lieblid? Hingt bie fü§e XPeife:
Dein B^tt^ ift feine Ztad^tigalll
Denn loer perftanb mit Du bas IDefen
Der beutfd^en Sel^nfud^t unb il^r £eib?
§u il^rem ^erolb auserlefen
IParjt Du bas (Hd?o Deiner geiti
3n bämmerfd?u)ülen Qlagen fangft Du
Dein: Wadie aufl bem beutfd^en Heic^
Urib nadi bem Sieg von Seban fd^Iangft Du
Das 0elblatt in t>en £orbeer3n)eig.
Dod? nid?t bie geit nur unb il^r IDütl^en
^at Dir bas ^arfenfpiel bewegt,
Die buftigften ber £ieberblütl^en
Dein eignes fjer3 l^at fie gel^egt.
Dod? iDas es immer and^ erfal^ren,
Stets blieb Dir l^eilig Deine Kunft,
Unb eingeben! bes (HiDig»It>atjren,
Derfd?mäl^teft Dn bes pöbeis (Sunft.
— 301 —
Dem ^errn befal^Iji Du Deine Wca,e
Unb übteji fromm Dein frommes 2lmt,
Dem £en3 gleid?, ber bas Dorngel^cge
mit rottjen Höfen überfTammi
Denn alles, was mit feiner Sd^öne
Das ^er3 erquicft in IPalb unb ^lur.
Du gabjt il^m XPorte, gab ft il^m Qlöne
€in ^otjerpriefier ber Hatur.
Vinb jeftt in einer geit ber (Sätjrung,
Der fd?on bas Blut 3U (Ei^ gerinnt,
lOeil fte in eitler SelbftrerÜärung
Den Cl^urmbau Babels neu beginnt;
XPer fd?icft fie aus bie ^riebenstaube,
XPer bricht bas Brot unb trinft t>en IDein?
Du bifk es, Du^ Du nrib Dein (Slaube,
Dein (Slaube an ein (Sottesfeinl
IDoI^I tan5t nod? immer bie Derblenbung
IDie etjmals um bas golbne Kalb,
Doc^ nal\i bie §eit fc^on ber DoIIenbung
Unb meid^en mirb pon uns ber 2llp.
Denn nid^t umfonji tjaji Du gerungen,
Wie Du gefämpft, l^aft Du gepegt:
Don Spljärentjarmonie umHungen,
(Ein 2Iar, ber in bie Sonne fliegt.
Sdfon ftel^t bie Kunfk nic^t metjr am Pranger,
Sc^on roinft aufs Heu itjr Batjn auf Batjn,
Unb unfre §eit fielet gufunftsfd?n?anger
Dos fommenbe 3^^^^^ii^^^rt nal^n;
Drin merben taufenb Blutigen blinfen
3n neuer (5Iorie neuem Schein; .
Unb mag bie ^rud?t andf anbetn min!en.
Die Saat, bie golbne Saat ift Dein!"
— 302 —
alte geh, o altes Sieben,
(Eud? fd^Ietft fein Statjl, fein Diamant!
Was fo oor 3atjren id^ gefdjrieben,
£^ent nal^m id^^s tpieberum 5ur ^anb.
Unb tDieber (prang mit jebem Schlage
irtein fjersblut an ^n fdjnellrem £auf,
Unb eingeben! rerfd^oUner Cage
Schlug ic^ bie 3nniuslieber auf.
jembrau§en fd^tpebte burcf^ bie £äfte
iDer erfte Sonntag im 2lpril,
Durd^s gimmer flog's roie Peild^enbäfte
Vinb l^eimlid? tpar's nnb !ird?enfiill.
Dom Ctjnrm nur läuteten bie (ßlocfen
Den IDinter in fein IDittroerbett,
Unb frül^permel^te ^lütl^enflocFen
IParf mir ber £en3 aufs ^enfterbrett.
3d? aber fa§ unb las fie tpieber,
(D (Sott, mir max bas ^er3 fo fd^roerl -
3cl? las bie alten golbnen lieber:
Das f^eimmel^ unb bie Hadjt am UTeer.
3m irtonbfd^ein fc^ritt ic^ meltpergeffen
fjinunter unb l^inauf ben Stranb
Unb fad?t umraufc^ten bie (£ypreffen
Das ^n^elmeet von (ßried^enlanb,
Des Sübens Sterne fal^ ic^ fd^einen,
Doc^ fnkli id? nid?t bes Sübens £uji;
Der £iebe langperl^altnes IDeinen
Hang fd?Iud?3enb ftc^ aus meiner Bruft.
2IIs mü§t es monnig f!d? perbluten,
Por Sel^nfud?t roarb bas ^er3 mir meit,
Unb burd? mein Sinnen ließ id? flfuttjen
Das Bftmwehi nad^ ber (Eroigfeit,
— 303 —
Unb tt>ic6cr bad^t' td? bann begctftert
Des Sängers, bcr btes ^ieb uns fang,
Der eine IDelt mit il^nt bemeiftert,
Der geit unb Haunt mit il^m be5iDang.
Sag er jefet aud? in ftd? perfunFen,
(Ein £ieberbud? auf feinen Knieen,
Unb Iaufd?te kn^' unb iDol^IlautstrunFen
Dem (Slocfenfpiel von St. IHarien?
€r, ber Brunl^ilbe, bie IDalFyre,
2(us 3^^^"^ r*^f ^" unfern Hinein ....
Da l^ord?, ein Klopfen ein ber Ctjüre-
Unb laut erfdjallte mein ^ereinl
Unb eilpoll trat 3U mir ins § immer
IHein ^reunb, ber mir bie Hed?te bot;
Sd?on feines 2luges feud^ter Sd?immer
Sprad?, eV fein IDort fprad?: €r ijt tobtl
(Er ftarb, nod? el]' bie UTorgenrötl^e,
€V fid? bie tTad^t ins 2luge fal^n;
Jtnit Ul^Ianb, Sd^iller nnb mit (Soetf^e
Waüi nun aud? (Sei bei feine 3al^n.
Die Stirn com £orbeer fanft umfäd^elt,
UTit feinem ^errn iji er pereint;
Sein bleid^es ^Intlife Hegt unb läd^elt,
Die em*gc £iebe aber roeint. —
(D mel^mutt^meid^e QlrauerFunbe,
IPie fd^fugft bu fd?mer3lid? an mein (Dtjr;
irtir roar's, als ob id? jäl^ jur Stunbe
(Ein Stü(f üon meinem Selbft perlor.
Der Qlob, ber bleid^e ^IHüernic^ter,
Blies mir ins ^er3 bie UTelobie:
(D, nun ift tobt bcr lefete Did^ter
Unb mit il^m aud? — bie Poefiel
- 304 —
Kein armes Wovid^en fonnt' id? ftammeln,
(Ein Sd^auer wax's, ber mid? bcfd^Itd?,
(Erft mä^td? loußt' id? mid? 3U fammeln,
Der Bann, ber mid? umfangen, roid?.
Der mufe ^lügel l^ört' id? fd^Iagen
Unb aü mein IDefcn n?ar entflammt:
^alt ein, rief id?, mein ^reunb, mit Klagen,
Xlnn feiern w'w fein 3!obtenamt!
Unb fadjt l^ieß id? itjn nieberflften,
3d? aber roanbte mid? gefd^minb;
Der blanden £eberbänbe Bitten
gog magifd? mid? an's Büd^erfpinb.
Durd?s ^enfter fielen 5onnenftänbd?en
Unb hanUn einen golbnen Steig
Virib braugen ipiegte ftc^ ein (Eäubd^en
2(uf roinbbeiDegtem ^liebersroeig.
3d? aber las fd^nell längs ben Brettern
Die bunten Citel Banb für 3anb,
Bis enblic^ mit pergilbten £ettcrn
3d? ein oerjlaubtes Bäd^Iein fanb.
(5epre§t lag eine Sc^Iel^bornblütl^e
Drin als ein Pf anb perjäljrter £uft,
3c^ fcJ?Iug es auf, mein 2lntH^ glül^te
Unb üangpoü brad?'s aus meiner Bruft:
„(Es ift ein l^otjer Baum gefallen,
(Ein Baum im beutfdjen Did^t^rroalb,
€in Sänger fd^ieb, getreu oor allen,
Don bentn beutfc^es £ieb erfd?allt.
IDie ^ianb mit feinem !eufd?en Pfalter
3m Jüngern Scharm er ftol3 nnb fd?Iid?t;
(Ein UTeijier unb ein Bielb wie UiJaltl^er
Unb rein fein Sd?ilb, mie fein (5ebid?t."
— 805 —
(Ein gl'utl^9eborftner ^cucrofeti,
3n lotsen flammen ftanb mein ^er3;
l^oÜt bodi ein iCIang burd^ biefe Stropl^en,
€in Klang »ie von forintl^ifc^ (Hr3!
Xlnb weiter, immer weiter las id?
Des tobten Did^ters eignes £ieb,
Da§ er's einft Ut^Ianb fang, r>ergag id?
Urib wu%U eins nur nod?: (Er fd?iebl
„(Er fd^ieb, es bleibt fein ITTunb gefd^Ioffen
3m IPort fo farg, im £ieb fo flar:
Der ITTunb, braus nie ein IX?ort gcfloffcn,
Das feines Dolfs n'd^t mürbig mar.
<Er fd^ieb, boc^ waltet fein (Scbäd^tni^
Unfterblic^ frud^tenb um uns l^er.
Das ift an uns fein grog Permäd^tniß:
So treu unb beutfd? 3U fein wie er!"
3d? fd^wieg; ber £en3 l^ielt braugen ^eier
Unb unfre fjersen fd^Iugen brein,
Unb hnditenb über IDalb unb lUeil^er
Sein (Solbneö wob ber Sonnenfd>ein.
Derwei^te ^rül^Iingsbüfte Famen
Pon fernljer über ^lur unb Hieb,
Unb wie ein feierlid^es 2Imen
Klang l^od? im Blau ein £erd?enlieb.
^maniiei (Reibet, ein ^cCeiifbud). 20
— 806 —
fBttlin.
(Dd^, min l^artlcef l^odjbütf d? Swefter, glöüft nid?, wai if bi bebuer»
IDat l^ett oör en Slag bi brapen un ido grot is bod? bin Cruer.
Un tDer fd^uU nid? mit bi menen, bat be böfe Dob is !amen.
Un bi von bin Befien (Enen, binen gr5tjien Sänger namen?
3a; xf trur fim bincn Sänger; I^ett em bod? min £)eimatt) 'boren;
Bfabb fo leef em all fin £eben; tjejf em o! as Söl^n oerloren.
2111 ftn een5ig fd?önen £eeber, roeern fe of nxdi plattbütfd? fungen,
IDeem fe bod? ed}i bütfd^ r5r allen; f^ebbn fo beep int ßart
mi flungen.
€nen Kran3 pon frifd^e Blomen bring if, up fin (Srajf to leggen^
Dat be lüttjen^röljjatjrsünner Don min£eer, min£eib em f eggen.
Un uns, be wi tmern, Smefter, n?illn f ' bit f öte Croftroorb geben i
^e is fkorben, bod? fin ^eeber marben eroig bi uns leben!
De plattbütfd? Spraf.
— 307 —
Unna Segert.
Conlos wtth* idtf tfinäbtt^i^n,
JXlan n>irb mid^ ^mm ju <Srabe tragen,
Unb n>enn bie jeier ift gefd?et)n,
£Oirb Hiemanb meiter nad} mir fragen. ■
V
(Emanuel <SeibeI.
Dnrd^ aüe (Sauen Deutfcf^Ianbs fcf^aüt ein Klagen:
2luf etptg tft perftummt ein beutfd^er IHunb;
(Ein beutfc^er Sänger mirb 3U (5rab' getragen.
Die (5(ocFen feiner Daterftabt ttjun funb,
Weldf ein Perluft bas beutfd^e 'Eant> betroffen —
Die (ßlocfen feiner alten Paterfiabt,
Die itjn fo oft erfüllt mit neuem ^offen,
Sie fnnben, ba% er ausgelitten l^at.
Hid^t Üanglos mirb man Dtc^ 5U (Stabe tragen,
Des Polfes £iebling, ben ber (Eob nan htad}*
Did? werben oiele Caufenbe besagen,
Piel taufenb !2!t^ränen roeint Dein Pol! Dir nadi.
Du glaubteft: n?enn bie ^eier ift gef d^etjen,
So fragt auc^ ttiemanb metter nod? nad^ Dir?
So magft 00m ^immel Du tjernieberfel^en
2Iuf 2IIIe, bie wit nun oerfammelt tjier.
Du magji 3al^rl]unb«rte tjernieberfd?auen
Pon broben, ob Dein ttame toolil erblid?
3nt £Jer3en beutfc^er HTänner, beutfd^er grauen.
Dein Pol! pergäge fid?, oergä§' es Dic^I
20*
— 308
K. Cange.
So biji aud? Du Don uns gefd?iebcn,
(Es fd^roetgt Dein Itcberfrot^er IHunb,
Xladi langem Kampf warb Dir ber ^rieben*
Kranf warft Du — nun bift Du gefunb;
Uns aber quält unb brennt bte IDunbe^
Die nnfrem Bj^v^tn fc^Iug bie "Knnbe.
Denn aüt, bie Did? l^ier gefannt,
Dein gan3es, beutfd^es Daterlanb,
(Es liebte Did?; mas Du gefangen,
Cief ift es itjm ins ^er3 gebrungen.
3ebod?, roas and^ bie IDelt Dir gab
7ln Huljm unb (Etjre, '^alix für 3af^r:
3d? fenn' ein fd?Iid?tes, jiiües (Srab,
Das Heber Dir, als alles mar;
Drin rut^te fie, bie Deinem 'Etben
Das reinfte, fd?önfte <5Iüd gegeben
Unb bie bort fd^on feit mand?em (tag
§ur ero'gen Hut^' gebettet lag.
ttun gingft and^ Du 3ur Hulje ein,
tlun ift fie erft auf eroig Dein.
(SeftiUt ift je^t Dein tiefflcs £eib,
Dein ^cimroe!^ nad( ber (Eroigfeit.
309
Uli 5djan3.
§um preis für Deine lieber
PoII Klang unb <5Ian3 nnb Duft
Streut Peilc^en Dir I^ernieber
Der £en5 auf Deine (Sruft.
§um Col^n für Deine pfalmen
Doli Hul^ unb Sonnenfd^ein
(Singft Du am (Eag ber Palmen
§um ero'gen Hut^tag ein.
gur Hut^ üom langen IDanbern,
Dein giel, Du l^aft's erreid^t:
Dein Dolf l^at feinen 2Inbern,
Der Dir, Derflärter, gleid?tl
- 310
3oIjannes ^^ajienratK
Stoln.
gum fttllen inhed fei ber SItcF gemenbet
PoÜ IDel^mnttj in ber tjetitgften ber Wod^en:
(Es h(M bas Qer5 bes (Eblen auf 5» pod^en,
Der em'gen itn^ts Blutigen uns gefpenbet.
€r iDar ein ^erolb btefem Hetd? gefenbet •
Unb l)at ber £tebe (Sottesmort gefprod^en.
Der Qarfen tpot^ttautreid^fte mar 5erbrocf;en,
Der ^arfner aber t^at fein IPerf oollenbet!
Drum foll bes (Eroftes doII ber Kraus jld? miubeti,
<D fjelb, um Dein perjiummenb Saitenfpiel:
2Im Cag ber Palmen mu§ bie Klage fd^roeigen.
Du burfteft ber (Erfüllung £uft empftnben:
Der Sd^önl^eit Priefter, ftanb'ft Du er^ am §iel,
2IIs Deines (Senius ^ülle ganj uns eigen I
— 311
JTTay Crippenbadj.
„€s fiel ein Zl^an, ber alles Dürften ^lüi;"
So fangft Du etnft am frol^en ^eft ber Palmen:
3m erften <5rün lag rings hos lensgefilb
Unb Perlen büßten an ben ^avien fjalmen,
^aji Du mit Sel^erblicfen t>a gefd^aut,
IPas Dir am gleidjen Qlage fei befd^ieben?
(£in fc^ön'rer £en3 ift milb t^erabgett^aut ;
Xladf (Erbenleib umfangt Did? fjimmelsfrieben.
ilic^t Did? bemeinen mir: Du bift befreit
Von allen ^effeln, bie Did? t^ier gebunben.
Die Klage gilt nur uns unb unferm £eib,
Denn ad^l auf emig bift Du uns entf d^munben 1
2Iuf emig? — tteini Xlod^ bleibt uns ja Dein lOort,
Das glocfenrein in jebes ^er^ gelungen;
Dein £ieb ftirbt nid?t unb mit itjm lebft Du fort,
Dein Hame tjat llnjierblid?!eit errungen!
3a, fkreut il^m Palmen für ben legten (Sang
Unb fd?mürft btn Sarg mit frif d?en (Hid?enFrän3en:
€in €bler mar es, ber ins <5rab uns fanf,
IDie men'ge nur in t>tni\dien 'ianbin glänsen.
Des 3!obten Stirn umtjüüt mit £orbeerreis,
3!ragt il^n 3u Sternen auf bes Ztad^rul^ms ^lügel —
3d? lege t^eute biefes £ieb nur leis
2lls fd?Iid?ten Deilc^enfrans auf feinen ^ügel.
— 812
2Irno £jol3.
Unb iDiebcr hieb,
(Taub für bett IDat^ttmunfd^,
Pen taufe nbfälttgeti,
3t^rcs (Sefd?Icd?ts,
Unbarml]cr3ig
irtit eiserner Sd^neibc
Die gcit in il^r K«rbtjol3:
IXJieber ein Qlagl
Unb mieber nun roanbclt,
^röl^Iid) njte immer,
Singenb ber 2lbent>
Durdf bas (ßolbtl^or })es IPcfteui?
Den l^ängenbcn (Särten
Der finFenbcn Sonne yi
Un^ leis perl^aucben,
Vox Welimutli ßitternb,
3t^r tönenbes i,chen
3ns Spätrotl^ bic (Slocfen,
Die (Etauerglocfen
§u Cübecf, ber Stabt,
Unb immer ftiüer i
tPirb es unb ftilfer — |
Unb immer bunfler!
— 313 —
£ängft ift 3crftobcn
3n alle IPinbc
Des tobten Dicbters
lefetcs (Scieit.
ttur l^ie unb ba nod?
21m Brunn auf bem Ularftplat*,
(Dber im Winhl
Der bämmrigcn (Saffe,
Xdxt oerf darauf ten Firmen
(Sclcl^nt an bic £^austl^ür,
€r3äl|It ücrtraulid?
Der ttad^bar bem ITad^barn,
2Ius braunem IHeerfd^aum
31äulid?c U)ölfd?en
3ns gmielid^t blafenb:
XVk aud? er
5d?on am frül^en ITTorgcn
Den n)ucl]ttgen Jammer
Sei Seite gelegt
Unb ftaubüberbecft
Den blauen XPerfeltagsfittel
Dertaufd^t mit bem ^d^wav^cn
XDol^Igebürfteten Sonntagsrocf.
tt?ie er, begleitet
Don feinem Detter,
Dem (Jabrifanten,
Drauf graüitätifd?
3n mobifd^em 2Iufpu^
Dem §uge gefolgt fei;
Unb wie aud? er bann
Don feinem (Sönner,
Dem Berrn Senator,
Die (Sunft fid? erojirft
— 314 —
Unb htm großen Cobten,
Dem €lircnbürgcr
Der freien Daterftabt,
^eud^ten Slirfs
€ine fJanbüoU (Erbe
3ns (ßrab gemorfcn.
Urib immer bunfler
IPirb es unb bunFIcr —
Unb immer ftillcrl
Das bleid^e 21ntli^
Don Sd^Ieiern ücrtjangen,
Don Qaus 3U fjaus
IPanbelt bie ZTad^t.
3n (2r!ern unb (Stebeln
Sliftt es von £id?tern auf
Unb leud^tenbe Streifen
fallen wk (ßolb
Durd? bie Sd?eiben ber ;Jenfter
IPeit auf bie (ßaff e.
Kaum, ba% ein IDanbrer,
Der nad^tüerfpätct
Den JJeimujeg fud?t,
Sie quer burd?fd?neibet.
2Iber broben im traulid^en gimmer
2Im mannen Kamin,
Umringt von t>tn Kinbem,
Sifet bie fjausfrau.
Unb auf btn Sd^oog
^ebt fie il^r jüngftes
Blonbes Cöd?terd?en,
Die fleine 2lba,
— 315 —
Urib l^od^auft^ord^enb
Vexntfyfncn bic HTäusd^en,
Da§ bcr alte UTann
irtit bem meigcn Sd^ncebart,
Den fie erft geftcrn nodti,
Umbuftct von bnnten,
gaubrtfd^en Blumen,
3n einem fd^malcn,
(ßlasübcrberften,
Sdfwat^en Kaften
Bletd; nnb reglos
liegen gefel^n,
(2in König geroefen,
Deffen Keid?
So fdjrerflid? groß mar,
Dag brin bie Sonne
Hie untergegangen.
Vint> mie bie HTutter
Den fauernben Kinbern
Dann weiter er3äl|It,
Daß ber tobte König
;2Iud? nod? ein gaubrer mar,
Der bie Spradje ber Dögel ücrftanb
Unb bas Duften ber Blumen,
Das We^en ber W'xnbe,
Das (Junfeln bcr Sterne,
Das Haufd^en ber IDälber,
3a; felbft ben fjer3fd?lag ber IHeufd^en
3n munberfelige,
(Setjeimnigfügc
gauberlieber 3U bannen geipußt:
Va nicft aud^ ber Pater,
Der fettab im £et{nftut}I,
— 316 —
Ucber Me gcttiuig gcbürft,
mit falbem (Dl^r
Der (Erjäl^Ierin laufd^t
Unb fttü übcrbctift er
Das €cbe!i bes Did)ters,
Des tobten Dtd^ters,
Unb ftel^e aud? tl^m,
Dem Sfeptifer, bäud?t's nun
;Jaft ipte ein IHärd^en.
Unb ireitcr brausen,
3mmer mcitcr,
Don Bfaus ju I^aus
IDanbelt btc Xladit
3mmer ftillcr
IDirb's auf t>cn (Saffen,
3mmer bunf ler
IDerbcn btc ^enfter
Unb ein £td?t lifd^t nacb bem anbtvn aus*
Wo aber cinfam,
Die fd^Iaflofcn §ügc
Pom (5oIbIid)t ber £ampe
Sanft überl^auclit,
Xlod? ein IHenfcIjenfinb mad^t,
Da wvil\lt es pc^ nid?t mel^r
3n büft're Probleme,
Da fragt es fid? nid?t ntel^r
Um Sein ober tTid?tfein,
Wie tt>eilanb ^amlet
(Dber ^anft:
(Ein fleines Büd^Iein
mit blanfem <SoIbfd?nitt
^ält es ent5üc!t
— 317 —
3n feiner ^anb
Urib golbcn träufelt
2Ius jebcm £icbe,
Das luftberaufd^t
Sein bebenbcs £ippenpaar
Klangüoll ausftrömt,
33e3aubcrnber XPotjHaut
Zkrn ins (D^t.
(Er aber er,
Der einft por 3al^ren,
Vor langen 3al]ren,
init feinem warmen,
Hotl^en £^er3blut
Die Blätter befd^rieben,
Va^ nadi 3al^rl|unberten nod?
Der fpätgeborene €nFeI —
gieljt er fte prüfenb
2Ius feinem (2rbfd?rcin
IPieber ans £id?t —
Don il^rer Hätl^felfraft
IHagifd) burd?3ucft mirb
nnt> bie Blätter,
Die unfd^cinbaren Blätter,
Xl'xd^t l^ergeben roill,
ttid^t um (Solb unb (ßefteine:
(Er fd)Iummert bie ITad^t nun.
Die erfte TXadfi auf bem ^tcbl|of!
Silbern ftiel^It fid^ ber IHonb
Durd? bas grüne (ßesujeig
Unh fpiegelt fid? ujieber
3n ben taufenb blanfcn Blättern,
— 318 —
Die trauernd bcr £orbccr
Seinem Ciebling
2lufs (ßrab gcftreut,
Vint> meinewb breitet
Die etPtge £iebe
3l?re fd^irmenben ^Jittige
Drüber aus.
Hod? l^at ber £en3
21ns feinem ^nüliotn
Die fdjönften Slumen,
Die lieblidjften Düfte
ttid^t über bie €rbe geftreut,
Denn nod^ n>eilt bie Ztad^tigaU
„;Jern im Süb"
Unb flang* nnb buftlos nur
(Srünt ber ;JIieber.
2Iber bie £iebe,
Die aduremige,
(Slaubenb nrib l^offenb
fjebt fic iljr 21ntli^,
3l|r ttjränenumflfortes,
£Jod? empor
§u bcn emigcn Sternen
Urib mitleibsooü
£eit^t ber ^lUgütige
Zkuv Klage fein 0t^r.
IHit bunficn Sd^Ieiern
Die (Sräber um fle
Hings überberfenb,
geigt er ber- £äd?elnben
(2in farbenfd^illernbes
Bilb ber §u!unft.
Da w'xxb es liefet um jle;
— 319 —
Zfyc von btn 2Iugcn
(Jällt CS wie Sd^uppcn
Unb burd? it^r Sinnen
gurft's mtc ein Craumgefid^t:
l^od? auf reifen
Die (Et^ürme pon £überf,
Die jteben (El^ünne,
Die üielbefungnen,
Sid? bli^enb ins ITTorgenrotl^
Urib aus ben (Satten,
Den DoIIerblüljten,
2lm Ufer ber Craoe,
Umbuftet Dom ;JIieber,
5d?Iud?3t nun bie Had^tigall
3l|r erftes £ieb.
2Iber burd^s Stabttl^or
2luf ftaubiger Strage
2Im fd^iparsen (Sitter
Des ^riebl^ofs porbei
giel^en ^wex Burfd^e,
gmei junge Burfd?e
XHit Hän3el unb Knotenftoc!,
3n bie mtit\ weite Welt,
Unb jubelnb ringt fid?
2Ius itjren Ketjlen,
2Ius il^ren £Jer3en
Das alte £ieb:
Der irtai ift gefommenl
Der XHai ift gekommen!
tTid?t fie allein nur
Sinb's, bie es fingen: ^
— 320 —
€tn gan5cs Dolf,
€inc ^an^e IPelt fitiuits'
Unb aud? er fclbcr,
Der Sdfwan oon £überf,
^reuMg nun ftimmt er
irttt xn fein £teb ein.
3ft bod? audj il^m nur
Xiadi irbifdjem IPtnterIcib
fjimmlifcbe £en3luft
^errlid? erblüht.
2luf fd^önerem Stern
Der bnnficn f d^attcn
X^er bunficn (£rbc
(Eingeben!,
IPcbt eine (Sloric
3t|m um bas i^aupt nun
Das f leine U?örtd?en:
Unfterblid^Peit !
2lIfo fintienb
Unb in bas <SöttIid?c
Cief fid? üerfenfcnb
Dergi^t bie 3£icbe,
Die etpige ^iebe,
Hunb um fid? I^er
Cob unb Dermcfung,
Unb burd? bas fyv^ \l\v
gittert bas (£d?o,
Das n)unbertröftlid?e :
;^offe Du nurl"
— 321 —
2Iber bic Stunben,
Die ladienben Dirnen,
(SolbfoI^Iig wanbeln fie
Ueber bas (Srab.
Unt> wie allmätjlid?
Korn auf Korn
Durd? bk Sanbul^r rinnt,
Bli^t es röttjüd?
2Im £^ori3ont auf.
(Jlammcnb entfteigt
Die junge Sonne,
Die irtorgenfonne bts erftcn (Dftertags,
Dem ipogenben (Jlutl^meer
Der bianen 0ftfee
Unb läd^elnb grüßt fte,
Xnit taufenb golbnen,
;JIarfernben £id?tern
€s bli^enb umfpicienb,
§um erften lUal —
Das (Srab il^res Did?ters.
Cinanitcl OttiUl, ein ®eben!^u(^. 21
322
^ugo KrügeL
t^ttlin.
Die erfte Ztad^t lag auf bes Dtd^ters (Srabe
Unb n)el!te l{ter fo mandies Blütt^enblatt;
Das tl{ränumt!ort als le^te Ciebesgabe
Der ;Jreunb 3um „Hul^e fanft!" gefpenbet Ijat.
Da bämmert, ipie 3ur 2luferfleljungsfeter,
Der nette ITtorgen auf ber Kird^t^ofsflfur,
Die tlebel fenfen il^re Silberfd^Ieier,
3n Ijeirger Hnl^e atl^met bie tlatur;
Unb mie 3nr lüeil^e für ben großen Cobten
(&rfd?Iiegen ^immelsfd^Iüjfel jtd? ber (Sruft.
Unb £eo!oien, Deild?en, all' bie ^rtil^Iingsboten
(Entfalten pd? unb ^penben fügen Duft.
Unb in fryftalltl^au'perlenbem (ßefd^meibe
€rfd?einen ^lorens Kinber oljne §al^I,
(SIeid? gauberfeen gefd^mürft im ^eftcsflcibe,
Begrüßt üom purpurgolb'nen Sonnenftral^I.
Unb aus bem fterngeblümten sarten ITToofe -
€in (ßrabestud? in Blütljenbuft gerocbt,
€rftratjlt im XHorgenrotl^ bie roetge Hofe,
Die itjren Keld? 3um Himmelsblau er??ebt.
-- 323 —
Da nal\t im Crauermantel fid? bcr ^Jaltcr
Hnb fü§t bcn Cl^räncntl^au Dom Hofcnflor,
Vitib an ber (ßruft ertönts rote £^arfcn»pfaltcr,
IDie ferner 0rgclflang nnb (EngeIsd?or.
(2s fummen buntgeflfügelt in ber Stille
£tbellen, Sienen il^re XTIelobic,
Die Bjalme fäufeln nnb es 3irpt bie (ßrille,
Urib jebes Slütl^enblatt l^aud?t poefie.
Die UTaicnglörfd^en flingcln fanft unb läuten,
<5Ieid?n)ie 3ur 2Inbad?t an bes (Srabes Saum:
IPas l^at bies IPunberfames 3U bet>tnien?
3jt IlTaienl^od?5eit ? — ift's ein IHärd^entraum?
Heini 'Den entfd^Iaf'nen Didjter gilt's 3U pretfen,
gu feiern il^n an ero'ger Hul^eftatt!
(2s roill ber (Jrüljling banfbar fid? ermeifen,
Den er fo ein3ig fd?ön befungen l^atl
Drum fam im lid^ten (SIan3 auf gepljyr's ;((ügel
Der ^Jrül^Iing 3U bes Did?tcrs engem £Jaus,
Unb ftreute auf bem frifd?en (Srabesl^ügcl
Das ganse ^Jüllt^orn feiner ;£iebe aus!
Unb wie 3um „^al^rerootjl!" ber Did^terfeele,
Die nur 3U frütj für uns von Irinnen fd?ieb,
Sang in ber Crauerroeibe pijilomele
Der 2liiferjieljung füges IDiegenlieb.
21*
— 824 —
Pictor Blütljgen.
3fteiettliialbc.
Vfixdf umfängfs rote Craucrmcibcn
Urib mein ^er3 ift üoUer (Sram —
(Eine ttad^tigaO ging fd^etben
(Eben 6a ber ^Jrul^Iing !am.
Slüttjen leud^ten auf unb ntcber,
Sud^enb irrt iljr Ijeißer Duft:
Podj fein iluge fdjaut Did? roicber,
Heine Set^nfndjt fprengt bie (Snift.
Sänger, rielgeliebter, l^ol^cr,
lüeld^en jebc (Sunft beglücft,
Klang* nnb buft« unb fctrbenfrol^cr,
Bift Du mtrflid? uns entrürft?
IPar's im ^erbft ein le^tes (Srügcn,
Das mir fo bie ^anb gepreßt?
WoüV es jener Blirf rerfügen,
Der mid? nie unb nie p erläßt?
inül^fam brang auf ZTebelroegen —
2ldj, id? fat^'s — Dein (Seiji 3U mir;
ZTur Dein ^erj mit matten Sd^Iägen
IDar nod? roie üerloren tjier.
fjaftig tianfft Du Blut t>on Crauben —
2[d?: ein 5d>attcn bes ^omcrl
Unb nun fann id?'s bod? faum glauben,
Diefcs bittre: 2flimmcrmcl^r.
— 325 —
Kcld? Du, bcr mit aller Süße
Dicfes £ebens fid? gefüllt:
gaubrifd?er als Dein „cSeniege!"
£Jat iDotjI feins bcn Dürft geftiflt.
Sonber (Sift unb fonbcr ^efe,
33is ber le^tc (Tropfen f6n)olI
^eut wie einft an meine Sdjiäfe
Pod?t Dein Haufd? nod? munberüoU.
HTciner Set^nfud^t gabft Du ;JIügeI,
irteiner liebe gabft Du Prad^t,
Dem üerroorr'ncn Stürmer gügel,
<5eifter, Sterne feiner ITad?t.
Unbegreiflid? frembe Pfabe
<5ing Dir meine Seele nad^;
Süg in Deiner Hytl^men ^abe
(Jüt^If id? alle Sinne wadi,
Vennodi: was bcs ITlannes öufen
So t>or Deinem Bilb bemegt,
ITtinber ift's bas Pfunb ber IHufen,
3n bie lOiege Dir gelegt.
Dies ift's: ba% Du mit bem pfunbe
U?ud?emb, XHeifter marbft ber Kunft,
Unö bod? niemals ^immelsfunbe
Sdjnöbe gabft um <5olb unb (ßunft
niemals l^at nad? £ob unb Sd^ä^en
Deine fjarfe fid? gerütjrt,
Keinen bürft'gen IHobcgö^en
£Jaji mit Sd?öntjeit Du gesiert.
Deine lücrfjtatt mar ein Tempel,
Kein Derfud?er !am Ijinein;
IDas Du gabft, bas trug ben Stempel:
„IPie ein priefter mttl id? fein."
— 326 —
IPte ein pricftcr, bem im Bfex^cn
dicf bic emgc £ampc brennt;
Den fein 3£äd?cln felbft, fein 5djer3en
tlid^t oom 2Iug' ber (Sottbeit trennt;
Der, mit XPürbe von bcr tläl^e
2lüen Dolfes abgel^egt,
Dod? bes Doües IPol^I unb IDel^e
3n proptjetcnl^änben mögt.
2In ber IPeibe l^ängt bie fjarfe:
IDeld^er Kulane nimmt fte ah?
UTag ber IDtnb, ber norbifd? fcf^arfe,
IHand^mal träumen auf bem (ßrab.
2Inbre geiten — anbre Cöne,
TXcnes fjerbften — neuer IPein,
Dod?, il^r mittler ber Kamöne:
IPie bie Priefter follt itjr feinl
irteinen £orbeer 3n ^en anbernl
irteine Seele grügt im Duft,
Unb nod? mand^mal foU fte ujanbern,
Sidj 3u roeitjn, an biefe <5ruft.
(2rbefd?oUcn, 3Iumen!rän3e
Vedcn mir Dein Bilb nid^t 3u;
UTit ber tTad?tigaII im £en3e
IHal^nt mid^'s, bod? 3U ftel^n, mie Du.
— 327
5ran5 lPisbad?er. *)
9Linvin%.
^evn im 'Sab, bei ftiUen 2ilmen,
^cimatfrotj bcr XDelt cntrürft,
jjort' idf, ba% am S^ft bcr Palmen
Sie Dein 2Iuge jugebrürft
£eud?tenb über ^cUas' Borben
Stieg ^mpor ber junge (Eag,
IPät^renb in ber Stabt im tlorben
Stumm 2lt\:itnens £iebling lag.
£ängfi fd^on mar bas Vflai ber £eiben
Seiner Stirne aufgebrürft,
IPie ber Tlhenb im Perfdjeiben
Sidj mit bleid^en Höfen fd^mürft.
^eftgebannt ans Sd?mer3enlager,
litt ber Dulber Ijcrbe Qual;
2Iuf bie IPangeU; blag unb l^ager,
prägte Cob fein Sicgesmal.
*) 3tt einem SBriefc an bcn Herausgeber erjäl^lt ber IBerfoffer
biefed (S^ebid^tS, mt er anfangs Mai 1880, x>on ftu^erfter 9toiS^
getvieben, ftd| l^ilfeflel^enb an ben l^eimgegangenen ^(|ter getoanht
unb biefet il^m umgel^enb ein n)arml^er3tgeg ^rofifd^reiben fowie
bie @umme von 220 9Rar! übermittelt l^abe. ^er banfbore
d^ntpfftnaer fd^Uegt mit ben äBorten: „3(^ roünfd^te nid^tS fo fel^,
als ba^ btefe ^beltl^at in ganj ^eutfd^lanb unb über beffen (fi^ren^en
l^nauS, foweit fül^lcnbe .^erjen f(^Iagen, bcfannt würbe."
— 328 —
(Liefe IDeijtnutf^ brncft mtd; nteber,
IDelc^e jeben Crofi entbef^rt,
Um ben Sänger ftt^er Cteber
Std? mein (Seiji in <Sram vev^efyci,
€infam fc^meif id? im (5eljege,
Draus ein ^eer von Knospen bricht,
(Eanfenb BInmen bläbn am We^e,
Dod; mein 2Iuge fielet fte nid^t.
meines £7er5ens fel^nenb Klagen
^nng bleibt es ungeftittt, ^
Denn fein Wovt oermag 30 fagen,
lüas im 3""«^« po^t mib quillt;
Unb n>ie fd^merjlic^ pl^ilomele
;$Idtet an bes ^ad^es Hanft
(Eönt mein Huf aus tieffter Seele:
(Ebler Sänger, fd^Iummre fanfti
329
Henriette tDeber. *)
mül^mUn i. a.
ff
Du warft ein Dichter, voü unb gan3,
Unb !enf(^ unb innig Deine Cieber;
Voü tiefen IDel^'s leg i(^ ben Kranj
3m (Seift auf Vtine (Erbe nieber.
Du warft in fc^roerer Crübfalsseit
(Ein (Engel mir coli iidfi unb Ceben.
gu Dir burft i(^ in jebem £eib
Den ttjränenüoöen Blicf erljeben.
*) 3" biefen aSerfen l^at eine arme, alte iJrau, ber (SJeiBel
auf ein an i^n gerid^tetcg ©ebid^t ^in fc|on feit 1852 ein wo^l«
njoßenbeä gntercffe gejcigt l^atte, il^rem ©d^merje über ba§ ^aftin«
fd^eiben beä^id^terä einfad^en, aber rül^renben Sluäbrudt gegeben.
3n einem SBriefe an ben ©erauägeber fd^reibt fie unter anberem:
„^ aßer ^otf) burfte id^ ju il^m fommen unb nie Dergebenö.
^tnn id^ nid^tS verlangte, fo fd^idfte er mir frein)illig unb id^
fd^ftme mid^ nid^t, baS frei unb o^en ju befennen. 3d^ l^abe Diel
ju leiben unb ju fftmpfen gel^abt in meinem Seben, unb ed mar
(Sotteg ®nabe, bie mir einen ber (Sbelften fo jur §ülfe gefonbt.
Sor brei 3(t^^^n erl^ielt id^ bie le^te Siebedgabe, benn er mürbe
überaus leibenb, unb id^ mugte Derjid^ten auf feine ^l^eilnal^e
gerabe, mo id^ älter unb l^ülflofer mürbe, ^er meine ganje @eele
war fort unb fort mit il^m befd^ftftigt unb l^eifie ®ebete Pub für il^n
ju (Sott aufgeftiegen."
— 330 —
Dn n^oQtefi nimmer lantes £ob
^är alle §et(^en Deiner <Süte;
Do<^, was fie einfit ins iehen woh,
Bleibt nnpergeffen im (Semütl^e.
IPie oiele ^erjen Du eni^ndt
Durd? Deine ujun^ercollen Cieber,
Das meine t^aft Du ftiU beglücft
Unb l^ei§e Ct^ränen rinnen nieber.
tlun rut^ Du ebles Did?terljer3
Don (Erbenfampf unb (Erbenleiben,
Dein reicher (Seift 30g l^eimatl^märts,
Wo feine Ct^ränen nnb fein Sd^piben.
331
^riebrid? öobenftebt.
mit einem ^Jreunb' t^att' id? mir oorgenommen.
Die (Eobtenftabt Pompeji 3U burd^ujanbern;
tteapel lag in Hegen gan3 oerfd^ujornmen,
Xüir marteten von einem Cag 5um anbern;
Bis enblid^ uns bie Sonne roieber l^ell
Dom fjimmel fd^ten. (Serüftet mar id^ fc^neÜ
gur ^Jal^rt ins (Jreie — ba roarb mir entboten
(Ein (Srug com Cobe an bie Stabt ber Cobten.
€in (Eelegrapl^enbote trat ins §immer,
3d? las: „(Emanuel (Sei bei ift gejiorben!"
ttun freute mtd? nid^t mel^r ber Sonne Sd^immer,
Die gute £aune mar mir gan3 oerborben.
XOolil wn%f xdi, ^a% nad? mand?em Sd^mersensjatjr
Des Did^ters ^eimgang nur (Erlöfung mar
Don unl^eilbaren, l^offnungslofen Ceiben,
Un^ bod? 3u ^er3en ging mir tief fein Sd^eiben.
ttur feiten falj id^ il^n feit jenen 3(*^^^"/
Da mir, im Sommer nod? bes Cebens fteljenb,
2lm 3f(»rfhr(»"ö^ Sangsgenoffen roaren,
0ft, bod? nid?t immer, gleid^e IDege getjenb;
Denn matjres Üehtn glüljt im liebe nur
2(Is 2(usflang eigenartiger Hatur;
IDo 3mei Poeten nid?t 3« unterfd?eiben
3m liebe, fd^ä^' id? feinen l^od? oon Beiben.
— 332 —
3n Haren gügen lebt bas eble Btlbnt^
Des prtefterltd^en Sängers fort im Dolfe;
€r mar fein Stürmer burd? bes.Cebens IPilbnig,
Kein Bliftefd^Ieub'rer aus ber lüetterroolfe;
Die Huljmesbaljn, bie er fd^on friit^ betrat,
IDarb iljm fejn rauljer unb verbotener Pfab,
Urib, fanb fein junger Hut^m aud? ftrenge Hid^ter
TXodi firenger gegen fid? war er als Did)ter.
2lufs ^öd^fke nur gerid^tet mar fein Streben,
€r fuc^te alles ZIid?tigc absuftrcif en ;
Dom gütigen <Sefd?trf marb il^m gegeben
(5an5 aus5nleben unb gan^ ans5ureifen.
3m Kran3e feines 5d?af ens feljlt fein Blatt,
Das er ber tlad^melt mertt^ befunben I^at,
Unb in ber Stabt, mo er 5uerft gefungen,
Sinb feine legten Cieber aud? erflungen.
3m 2IIter fd^oll fein £ieb oft er3nen Klanges,
Voü IPotillaut blieb's mie in bes £ebens £en5e.
€r fc^ieb als ed^ter IHeiftcr bes (Sefanges,
IDertlj feiner ITtitmelt mie ber Had^melt Krän3el
So badfV idf auf ber (Jaljrt jur Cobtenjiabt
Unb 3ur Erinnerung lajf' id) Ijeut btes Blatt
gu (Seibels (Stabe metjn als (Jrül^Iingsboten
init (Srug bes Cebens aus ber Stabt ber Cobten.
;333
Znaj Sd^neiber.
Stttgetttnalbe.
Der uns 6en So6 fang 6es Ctbertus,
Der eble Sdnger tfi nun felber tobt.
Unb feltfam bändet m\<i(, bag t<^ benfen mug,
Wie td? nun ftnne in bas ITtorgenrott^,
Das aus bem Hteere auffteigt feuerfarb,
Wie 3u IHtfenum bort ber (Eäfar jlärb
Unb Ijter ber Dtd?ter. — (5Ieid?e tiefe ltad?t.
Die (Erbe träumt con balb'ger IHaienprad^t,
21m £Jort3ont feljt iljr iljn nieberfaüen,
Den Stern im Horb? 2Iufraufd?t's am IHeeresftranb,
Xüot^in bie Crare trübe Knnbe trägt,
Dag es in IDeöen flutljenb an bas ianb,
3n IDellen tönenb an ben f^immel fd^Iägt»
3m 5<^Iafgemad?e matter 3ucft bas £i<^t.
„(Hs geljt 3u €nbe, Ijört ein lefttes IDort."
Da laufd^t man roeinenb n?as ber Dichter fpric^t,.
Unb roeinenb trägt's ein leifer Had?troinb fort:
•
„IDas id? Ciberius in ben IHunb gelegt,
Dem fted^en f^errn oon Hom, nie traf es mid?.
Tludi xdi wax jung, an ITtenfd^en glaubt' aud? idf,
Dod? iiah' id? biefen (Slauben jtets geljegt.
2lus jenem Bud?e bort mögt il^r es lefen,
IPas id? ber IDelt, »as mir bie IPelt geipefen. —
— 334 —
„IDoIjI blieb aud? idf auf meinen IDanberfaljrten —
Wer blieb es je? — nxdft von (Enttäufd^ung frei,
Do<^ nimmer jiimmt' id^ ein ins lüel^gefd^rei
KleinmfitVgcr Seelen, jener über5 arten.
Denn in ben fjimmcl baut' id? feinen Cljurm,
<5Iei<^bem 5U ^abel, unb bes 2Irgn)ot^ns XPurm
^Jrigt nimmermei^r an einem beutfd^en feigen.
Das fingt nnb jümt ftd^ gerne frei von Sd^mer5en.
Unb fo aud^ id^. ^d^ fang unb 5Ümte laut
Unb t^ob bes (Glaubens leuc^tenbes panier,
Dom Dogma frei unb frei pon falfc^er gier,
So ebel fc^ön wie es ber Dichter fd?aut.
ITad? (Jreit^eit rang id?, jener ungefälfd^ten,
€<^t beutfc^en (5ei{ies Kinb, nid?t ber perroälfc^ten.
Die Hed^t unb Sitte fred? mit ^Jügen tritt
Unb freiljeitstrunfen »iber ^Jreil^eit jhitt. —
Unb »ie mein 23ud? id? fanb bei eblen ^Jrauen
Unb Ijörte felbj^ mein £ieb in Hljeinlanbs (Sauen,
So iji mein (Eroji, menn balb ber (Seift entflfietjt
Der längft fd?on morfd^en ^ülle, wenn ©erroifd^t
Die geit ben ttamen: nimmer bod? erlifd^t
Der (SötterfuaPen, ben entfad?t mein £ieb."
Der Did^ter ging 3U (Sott — Dom XHeer Ijeult Sturm,
Unb ferne (Slocfen ):iaüen brein pom Ct^urm.
Sie läuten Ijeut ber Palmen Sonntag ein — —
Unb roieber bad^t' id?, roie ein (Eäfar ftarb
Unb wie ein Did^ter in ber (Jrütjlingsnad?t ;
IDie 3^^^^ M^r ungleid?en Hul^mes Sd>ein
3n IPort ünb (Et^aten ungleid? pd? erroarb.
335
Unb ipte td^ tiefer alfo nadi^ebadft,
Sali xdi im <5ei% rote ber entfd?Iaf ne Dtd^ter
Don feinem Säger langfam ftd; ert^ob.
%fl lenc^tet in bem müben (5ian^ ber lichter
Sein Diabem, bas um bie Stirn iljm wob
Kein I>oI! ©on Sd^meic^Iem in bes Sd^recfens ^amif
Itein! £iebe, £iebe, bie fein £ieb gewann.
Unb Pelj! gum ^Jenjter tritt er mit ber £eier,
Der golb'nen, fcl?n)or3 umijüllt pom Cobtenfc^Ieier,
Unh wirft fie in bie finfire ITetternac^t.
Da ftanb fein Krieger einfam auf ber IDad^t
Unbil^ob fie träumenb auf — wer wirb fie flnben? -
— 336 —
Kid^arö von 2TleerIjeimb.
IVxxf um's ^anpt bic Cranerfc^Ietcr,
Poefte bts Deutfd^en Polfes.
Denn bcr Did^tftinft iiobfev prteftn:
mit bem ganber fügen Wol\llQnts,
mit ber 2Imnutti ber ^mpftnbnng,
mit bcr IDürbe bes (Sebanfens
Unb bcs IDortt^aud^s melobie:
Unfcr (Seibel ift bal^inl
2IIfo rief idf bei ber Kunbe,
Xüel^eflagenb burd? bie (Jluren,
Senfte mid? in IPalbesgrünbe; —
Unb ber Quelle leifes Hiefeln
(Eranf bes 5d?meif3es roarmen Cljau.
Sd^roanengleid^ mir burd? bie Seele
gogen (Seibcis mdobieen;
Unb, 3u lautem IDel^ üerförpert,
3mmer mieber, immer mieber
Cönten jene melobieufen,
IPunberljoIben Ders«2lfPorbe,
Die mit fd?meid^Iertfd?em gauber,
geugen für bzn fügen IPol^IIcwit
Unfrer ljer3geliebten Sprad^e,
Unb, ^a% nidfi nur Kraft unb Stärfe,
Hid?t nur Sd^ilberflang nnb 5d?njertfd?Iag
— 337 —
Sie metallifc^ raulj burd^flirren :
ttetn andi, baß btc ^lötcnflänge
Von 3taUcns weichen ^Jlurcn
Qoud^en burd^ bt^ Sprad^e (EeutsI
2IIfo aber, Ijolb verfettet,
Scl^njang fid?, tönenb, Vtvs an Ders:
„2Id?, in btefcn blauen Cagen,
Die n)te XOeücn, fo gelinbe,
int(^ tn's £eben weiter tragen,
Htu§ id? Ijoffen, mug id? fragen,
(Db id? nie Pid? roteberfinbe,
Ciebling meiner Seele Du!"
£>ord?, unb Ijord?! 3nt grünen ^aine
IPirb lebenbig £aub unb Blütlje,
Cauter flagt bie ^Jelfenqueöe,
Cauter IDinb unb IDoIfenflug«
SieV/ vLnb aus t>tn Ijoljen fjimmeln
Senft fid? Woir an Wolfe tiefer,
(Jormen fanft fid? 3u (Sebilben,
Hunben pd? 3U 2Inmutl^sf orfnen ;
Unb ein tPeib — bie Peutfd^e ^raue
init ber £yra Deutfd^er Pid^tung
Straljlt — unt> finfet — unb pcrfd^minbet
3m 2lbe ber poefie:
„2ld?, in biefen blauen Cagen
irtug id? meinen, muß id? flagen
Daß id( nie Did? roieberfinbe,
Ciebling meiner Seele Du!"
®manuel Q^eibel, ein (j^e&enfbucf). 22
— 388 —
£)ermann £tngg.
3d? roeiB es jeftt. 3n jener Ilad^t,
Pte unfres ^Jreunbes leftte n?ar,
23tn td? aus.fd^iDerem (Eraum etwadit
2lus eitlem Craum gar rounberbar.
IHetn £agernad?bar rief mtd? an : '
„Was yammevft Du im Schlaf fo laut?"
3ct? fprad? : „IHaljn' morgens mid? baran,
3d? l^ab' ein (Eraumgefid^t gefc^aut."
3n einem Kerfer fanb id? mid?
Unb jemanb fd^ieb von mir. €in lüort
inir fagenb, etwa wk „üerfprid^
2In mid? 3U benfen", ging er fort.
Pas mar in einem Dorf am Stranb
Des (Sarbafees, bie ttad^t mar l^ell,
Das IHonblid^t in bem fd^önen Üanh
IVaxf lid^ten Sd^immcr in's (Semell.
Der (Tag brad? an mand?' fro^ (Sefpann
(Jlog fd^on bes IPegs, id? trat l^inaus,
Palmfonntag roar's unb jebermann
ttal^m einen ®cl3metg mit nadf Bjans.
— 339 —
init mir jcbod? ging jener (Eraum.
3d? fann tl^m nad^ unausgcfeftt;
3a, bag ber (Setji bcftegt ben Haum,
Dag Du erfd^tenft, td? njet§ es jeftt.
Du gingj) von uns, n^ie nad^ bem gtel
lüer uns gefüljrt üon bannen geljt.
Die fjarfe war Dein Saitenfptel,
Doli 2Inmutlj unb boc^ fiurmbur(^n?eljt.
Dein reic^jies war bem Daterlanb,
Dem Sd^önen jebes £teb getpeti)t.
£eb' mot^I; Dn treue ^^reunbesi^anb;
Unb banf Dir über (Srab unb gett.
22*
340
föetmeUfitdfteti.
Die Htufe fia^t, pect^üttenb tt^r 2In$eftd^t,
Der £en3 umflort jid?; ber mit melobifc^em
(5efan9 iljn einfl fo fd^ön befangen,
2lc^! er ©erflummte, ber eMe Sänger.
2Ind7 Du; (Germania; j^etiefi gebengten Qanpts,
Unb gäljren tropfen nieber anfs frtfc^e <Srab:
Dein BJerotb, betn berebter priefler,
Schieb, ber wie Keiner für bid? erglüljte.
Der Bnrfc^en Kreis, ber finnigen Jungfrau' n Cljor
2lnljebt ein (Erauem um ben (Entfc^Iummcrten;
3n BJütten mar er, in palSjien
llüen ein Cröjter unb (Jreubenfpenber.
Xüer benft nid^t fd^önljeitstrunfener Jugenb gern.
Da munberbar fein £ieb iljm 3uerjt erflang
Vinh füg mie tlad^tigallentöne
IDonne unb 5el^nfud?t im Bufen mad^rief?
IDer l^at mic er £Jora3ifd?cn IDoljIIaut uns
3n Ijeimif d?en IPeifen föftlid?en Klangs gef d?enft?
lOie er, ein (Eroubabour, bes Sübens
BJoIbe Homan^en entlorft ben Saiten?
341
2lls bann ber €rbfctnb grimmigen Kampf htqann,
XVie marftg fd^oö, fd^tlbbröljnenb fein Sarbenfang l
Das flolße Babel fiel, er jaud?3te
^rolj bem erftanbenen Hetd? unb Kaifer.
Unb nun fein Do(f betrauert bes £ieb(ings (Tob,
2In iljres priefters (Srab bie XHufe meint,
(D lagt aud? mtd? in fanften Hytt^men
Klagen um i\\n, btn entfc^Iafnen ITteifler!
— 342
Tlnna TXlidfa^Vxs.
^awmiix^, Oberelfa^.
Wtnn mit fonß 5U (5rabe tragen
3cmanb, bcr mit uns gelebt,
Sidf ein jmetfelbanges ;$ragen
3n ber ^reunbe Kreis erljebt:
Ob in anb're fc^ön're Spl^ären
Sc^eibenb 3ieljt ber flüc^t'ge (Seiji,
IDie's bie IjeiPgen Bücher leljren,
(Eröjienb (Sottes lüort oerljeigt.
Doc^ am Sarg bes grogen Cobten,
Den ein ganses Dolf bemeint
Braucht es nic^t ber ^immelsboten.
Die ber (Srübler breiji pemeint!
XPas bes Cobes bunfle Pforte»
Brec^enb aud? bem 2(ug' erf daliegt:
2Iu5 ber Cljaten jid?rem ^orte
(Emig jnnges Üthtn fprie^.
IDem ein i^ot^es IDerf gelungen,
Z^n befd^ränft ni(^t Haum noi^ geitl
Diesfeits fd?on i^at er errungen
Palmen ber Unftcrblic^f eit !
— 343 —
(Sittcittttati
€m Steinbilb liegt im pfjaraonenlanb.
Das 2lnttife fonnenaufgangmärts gerid^tet;
(Es fjält bem praü oon IPtnb unb XPetter Staub,
Dom gelben G>üftcnfanbe t^od? umfd^id^tet.
Dor geiten, lüenn ber erfte ^agesftral^I
init golbnem Sd^ctn bes Bilbes Sd^eitel frönte,
Belebte plöfelid? fid? bas ftarre IHal,
Unb freubig l|e(I ein ihorgengrng ertönte.
Dod? niemals warb inmitten bunfler ZTad^t
Der Klang oon einem £aufd?erot^r oernommen:
Sein £ieb t^at IHemnon hur bem £id?t gebrad^t,
Der Sonne, bie in (Dftens Sd?oog entglommen.
Hun liegt oerftummt ber fteinerne KoIo§,
€§ fd^meigen feines <ßru§es IDunbertöne,
Der Sang, ber feinen £ippen fonft entflog,
€rii)ad?t nidyt mct^r in 3auberooIIer Sd^öne.
•
So ragteft Du, ber IHenonsfäuIe gleid^,
(ßeibel, ob bem bunFIen IDcItgetriebe,
Urib manbteft unbeirrt, gebanFenretd?,
Die Did^terftirn 3um Cl^ron ber eip'gen £iebe.
*) 3)iefes ®ebid)t rourbe Bei einer oom „bcutfd^en Sitterarifd^en
Älub" )u ©incinnati ocranftaltctcn „Srinnerungäfcicr an ©manuel
®eibct", gcbrucft auf fc^roarjumränbctc ©ortonö, an bie ®äfte oer«
tl^eitt. ®in unö oorliegcnbeö Programm jener ©cbäd^tniöfeierUd^»
feit läfit onnel^mcn, bo| fte eine feiten njürbige geroefen.
— 344 —
Die l^eljre Sonne ipat^rcr Hlenfd^IidpFeit
2Ius» tiefer Bruft bic £ieber Dir entlorfte:
(Ein Bfoxi, ben reinfte Cauterfeit gefeit,
€in Strom, ber erft mit Deinen pulfen ftocfte.
Den glül^en ^Jlammen, IDal^r^^it, Sd^önl^eit Hed?t,
(Entfprüljt bas £i(^t, bas Deine Derfe preifen,
gu bcffen Dienfte fte ein lau <ßefd?Ied?t
init finnig ernften IHal^nungsnjorten »eifen.
3m IHinnelieb ein ^weiter ^rauenlob,
Propt^et unb ^erolb beutfdjer Heid^seint^eit,
Cyrtäos, wenn bes Krieges ^Jurie fd^nob,
Unb priefter am 2IItar ber Qer3ensreinl^eit. *
lüer Dom <ßefd?icf wie Du he^naM waxb,
£ebt bauerhb fort unb fei er aud? geftorben,
Der l^at auf feines £ebens pilgerfatjrt
(Ein 2lnred?t auf Unfterblid^feit ermorben.
5d)meigt IHemnon^gleid?, o (ßeibel, jefet Dein HTunb,
3ft aud? oerfiegt Dein Sprubelqued ber !£icber, —
U)ie majeftätifd? über'm Ufeftengrunb
Der Vox^eii ftummes Denfmal blicft l^ernieber;
So bleibt Dein öilb, bu ebler Sangesl^elb,.
Dem geift'gen 2luge trofe ber Cobespforte,
Unb forgfam ifiien tpirb bie fpäte IDelt
3m Sd/rein ber £iebe Deiner Did^tung tDorte.
— 345 —
(£mil Httterstjaus,
„0 ^Jrül^Iing, ^rüliltng, ber in milbetn Cljauen
Doli Sd^öpfungsiponne bu bas 2III burd^brtngft,
Der bu bas IHeer, ben ^immcl läffeft blauen
Unb raufd^enb mit bem 'Bad^ oom ;JcIfen fprin^ji
(D ;JrüfiItng, tiefer, fü§er (Sottesl^aud?,
Sei mir gegrüßt unb fülle bu mid? aud?,
lüie eine IDelle leg' bid? <m mein Qer3
Unb fpüle fanft Ijinmeg t>zn legten Sd?mer3,"
So ift Dein „^Jrül^Iingsl^Ymnus" einft erflungen
So Ijaft einmal t>txi £en3 Du angeflet^t. —
€r }:iQi ert^ört Did^ I Du t^aft ausgerungen ;
(Es ift ber leftte Sd?mer3 t^inmeg gemelkt
Dom (Sottesl^aud?. — (Jrül^ n?ie faft nie 3UPor
Kam nun ber £en3 im bunten Blumenflor,
Dod?, el^' ber pi)iIomeIe £ieb erfd^adt',
Starb eine tTad?tigaII im Did?tern?alb.
Dein IHunb oerftummte. .— Sold^e füge lUeife,
IDie fie gequollen, ^reunb, aus Deiner Bruft,
£Jat fdjon feit Jat^ren in bem Sängerfreife
gu fingen, a&i, fein (Ein3'ger met^r gemußt 1
IDie üon bes IlTaimonbs 3Iütl)enbuft beraufdjt,
3m IDot^IIaut fdjmelgenb, )^ahtn xd'xx gelaufdjt.
Der Sd?önl^eit^(£oangeIium, es flang
IDie ttad^tigallenlieb in Deinem Sang.
So tönte t^ell Dein ^Jejigefang ber XTTinne
\Xn^ griff an unfer ^er3 mit t^eiPger IHadjt,
Doc^ 3U bem ipüften 3ad?anal ber Sinne
Qaft nie, ein Spielmann, Du iHufif erbadjt!
— 346 —
Hie t{aft Du, bul^Ienb um bes €tntags Hul^tH;
(Entn)et^t bes Dtdjters ^ofjes prtejlertl^um,
Unb nie rerljüllt oor Dir in Sd^Ieier bid^t
Die feufd^e Sdjam ifjr Ijolbes Jlngefid^t!
Dod? meljr noc^l ttid^t allein 3um fanften Kofen
VOat, Sänger, Deine IHufe nur gefd^icft,
Dein 2Iug' ^ai burd? ber geitenftiirme Cofen
propl^ctifd? Heid? unb Kaifer längfi erblicftl
(Ein Dreigejiirn in Deiner Seele ^anb:
(Sott, (Jreifjeit unb bas beutfd^e Daterlanb,
Die Drei, Dir über 2IIIes t^od? nrib wevt^ —
Unb unter Blumen trugjl Du aud? ein Sdjmertl —
3a, Du marft fromm, bod? burftefl Du befennen
Did? frei von jeber Dogmenfclaoerei I
„Der (Jreiljeit eigen" mod?teft Du Did? mnnen,
Dodf marjl Du nie ber Diener ber Partei.
(Ein beutfdjer IHann in tieften IPefens (Srunb,
(Ein beutfdjer IHann bis in bie leftte Stunb' —
Unb bod? ein IHann, bem offen allenDÖrts '
;Jür jebes Dolfes Bepes (Seift unb f^ersl
Dein ^Jreunb, ber ^Jrül^Iing. er ift nun gefommen.
Utan trug Did? 3U bes ^Jriebl^ofs Hufjepla^.
Der geiten IDelle t^at Did? fortgenommen,
Dod? bleibt uns Deines Sdjaffens perlenfc^atj!
(Er leud^tet Ijeü in Deutfd?Ianbs Did?terfron'
3n reinem (ßlanje, tl^eurer Utufenfot^n,
Unb über Deinem Cobtenfjügel ftel^t
(Ein Stern bes Huljmes, ber nid?t untergetjt. —
— 347
Karl getteL
3ft aud? Dein <5etft 5ur Sterncnfeter
Der [taubgeborenen Qaft entfd?njebt;
3P aud? Dein (Srab mit rofgem Sd^Ieier
Dom ;Jrül)ftral|I 3itternb fd^on ummebt:
Dein Bilb erftral^It im ^eaften£id?t;
Den t>eui\d{en ^reunben jtirbft Du nid^tl
So lang' nod? marme fersen glül^en
3n unfrer grauen (Ebelbunb;
So lang ber UTinne Blumen blatten
2lus treuer Seele tiefem (Srunb:
(Erftrat^It Dein öilb in fanftem £id?t;
Den beutfd^en grauen ftirbft Du nid?t!
JTtag fturmgeroaltig uns umtofen
Der milbe lDogenfd?n)an ber geit;
JTtag ^riebe fd?meid?elnb uns umfofen
XV'xt fü§e ITtaienfeligfeit;
Dein öilb erftraljlt in ernftem £id?t;
Dem beutfd?en Dolfe ftirbft Vn nid^tl
Dein Segen mallt auf uns l^ernieber
IDie Cl^au auf golb'nen Blütl^enfeim,
2Iuf unfer Streben, unfre £ieber,
Selbp auf bas ftillfte Did^terfjeim :
So jirafjlt Dein öilb mie Sonnenlid^t;
Den beutfc^en Did^tern ftirbft Du nic^t!
— 348
€rnft rDid?ert.
3d? fall ^^ "i^ ^'on 2lngeftd?t,
3ci? l)örte nie aus Deinem JHunbc
(Ein Wovt, w'xe's watm 3um ^örer fprit^t;
Unb öod? oon frül^er £ebensftunbe
(Entbel^rt id? Deiner (Jüt^ning nid^t.
ttod? meig icb's, tüte 3um erften Htal
Dein Harne um mid? l^er eirflungen,
(EIj« nod? in's junge Qer3 fid? ftafjl
Das sarte £ieb, bas Du gefunden
Don Ciebesglürf unb Sel^nfud^tsqual.
Unb bann — id? feftte mid? 3ur Wt^x
(SIeid? anbern tro^igen <ßef eilen;
5d?on t^ingen lüolfen \dfwav^ unb fc^iper
2Im ^immel rings: pd? fül)n 3u jiellen
Dem Kampf fd^ien rüt^mlidjes Begel^r.
IHan fdfmäfjte Did?, Du roügtejl nur
Des lüeibes fc^mad^en Sinn 3u rüljren,
€rfhfebteft an ber geitenutjr
Den Seiger fad?t 3urücf3ufäliren
Unb folgtejl ausgetretener Spur.
— 349 —
Uttb bennod? laufd^t' id? tiefbemegt
Den Ijolben Conen Deiner £eter,
Bfah^ oft, im Ciefften angeregt
Don Deinem £ieb, in jtiüer ^eier
Den Kranj 3u ^Jöfeen Dir gelegt
So fd?Iid?t unb ernjt, fo ipaf^r unb frei
(&ah fanm ein gmeiter fein €mpftnben;
3alb fal{ ic^, was rerlocPenb neu
Der (tag bot; mit bem Cage fd^minben,
Du aber bliebjt Dir felbft getreu.
. Derflärt im £id?t ber poejie
(Erfd?auteft Du, was Deinem DoIFe
gur fpätgereiften ^Jruc^t gebiet^;
Did? irrte feine IDettermoIfe
Unb Dein Dertrau'n rerfagte nie.
Dem Beften einsig galt bein Sang.*
Hie rüt^rte Deine Bfanb bie Saite,
Die »irr für bas (ßefül^I unb unrein flang,
Du fül^rtejt aufwärts in bas ^Jreie, IDeite,
Unb 2lIIen marb (ßerotnn, ©as Dir gelang.
So fa^n n?ir Did? am £ebens3iel
Den gansen JTtann in priefterl^altung.
Derjhimmt ijt nun bes Did^ters Saitenfpiel;
Dod? was er fd?uf, 3U et^erner (Seftaltung
3n's Dolfsljers fd?rieb's ber IHufe Kiel.
— 350 —
Karl f^enrfelL
€in fanfter Bd^wan — fo 5ogft Du Deine Kretfe,
Kein 2lblersftttic^ trug Dtd? fiol5 empor.
Wie fernes IDalbljorn tönte Deine IDeife
Balb frol^, halb flagenb bem geneigten 0tjr.
Sie flang oertraut gletd? leifem IDipfelrauft^en,
tlur feiten orgelbraufenb fd^wott fte an,
(Ein ^er3 ooU ^Jrieben mochte gern iljr laufdjen,
Das 3arte IDeib meljr als ber raul^e UTann.
JTtit fc^malem pfunbe, bas Dir (Sott gegeben,
fjaft Du gemudycrt als ein guter Knedyt,
IDas Du geleiftet, t>anf^ Du Deinem Streben,
So »arbft ein Künftler truglos Du unb td^t
Du »ngteft ja: ber (ßrogen warft Du Keiner,
Die halinenhved^enb für bie gufunft bann,
Vodf falj id? Keinen finniger nnb reiner
gum flaren 2Ietljer gläubig aufmärts fdiavCn,
WoliV. Durftefk Du bie palme nidjt erringen.
Die nur bes (ßenius Stime Ijolb berüljrt,
Der, JTtenfd^enfeelen mit (ßcroalt ju jmingen.
Des (ßeijles mäd^t'ges gauberfcepter füljrt:
Das Taterlanb, bem Du in treuer £iebe
Der (Einfjcit IHorgenmecPruf bargebrad^t,
IDeiljt Dir bes jungen Stammes frifdj'fke triebe.
Des (EidjenFranses fd?n)eUenb»grüne prac^t. —
— 351 —
Das neue Hcid^I Du t^aft fein £ieb gefungen,
2IIs nodj in IDeljen feine IHutter rang;
ttun lüäd^jl es auf, unb ftol3 erfd^allt ber 3ungen
Kraftbraufenber, Ijod^fd^mebenber (ßefang.
Z^v Did^ter, auf! Don unfres ITTeeres Borben
33is 3U ber 2IIpen ragenbem (Seftein:
ttid^t fdjüd^tern met^rl IDer alfo grog genjorben,
Xpuß feines großen Golfes mürbig fein.
— 352
Stuttgart
T>ü l^ajl bes Hul^mes rolles IHag empfangen;
Den Caufenben, bie auf Dein %r3 pertrauten,
IDeil fie ari Deinen £iebern fic^ erbauten,
5tnb aber taufenb anbre nad^gegangen.
Urib wenn bes (Erbenfrüfjlings DÖgel fangen,
€rfci?ufp Du in ben maienweid^en ianien
Den Seelen, bte nac^ anbern gielen fd^auten,
Xladf em'gem fenj ein tiefes £)eimDerIang*en.
IDie banf idf Dir's! Dem ift fein Qimmel offen.
Dem btefe IPelt nic^t fold? ein Seltnen giebt,
Unh ol^ne fjimmel ift Fein (Slücf auf (Erben,
Der IHai oerblüfjt mie fterbltd^e (Seberben;
Doc^ leljrt Didj biefer nid?t auf jenen troffen.
So fjaft Du biefen aud? nid^t gan3 geliebt.
— 353 —
2.
Wie bajif id^'s boppclt, hci% Dil uict>t erfd?Iafft
3ti Deines Hut^mes mad^fenbcm ^rol^Iocfeti,
llnb l^aft bic oft gc3og'ncti Utal^nerglocfen
2Iufs neu' gcfd^mungcn für bcs Hetd^cs Kraft I
Urib als es nun crftanb aus alter ^aft,
Dem Kaifer unb bem Kansler unerfd^rocfen
§u lieb oerIie§eft Du bcn alten Hocfen
llnb t^aft befel^bet il^re (ßegnerfd^aft,
Denn roer fo große §üge tfjat im Tollen,
Den mu§ man nid^t im Kleinen meiftern wollen
llnb nid^t bcn Wein rerfd^ütten unb üermäffern.
Sorgt tmmerl^in es flüger nod? 3U mad?en,
3l)r feib ja IHänner, l^elfet bauen unb beffern,
Dod? fo, ^a% ntd?t bie (Segner untrer lad^en.
Ciiuanucl ®eitcl, ein QjJcbeüftu*. 23
— 354 —
3.
„Der Ic^te Didjtcr" .murbeft Du ^cnanni,
£a§ um bics Dorrcd^t aub'rc mit Dir ftrciteii;
3d) prcife jcbcn, bcu bie Sterne IciteU;
Da|5 er ujic Du 5U Siegen fid? ermannt.
Unb jene Sänger fjaft Du ja gefannt
llnb tjalfft ben £orbecr it^nen felbft bereiten,
Die bcn belobt als ed^ten DoÜsgemeil^ten,
Dem für fein gan3es Dolf bas fjcrs gebrannt.
•
Denn foroie ol^ne ^aupt ein Polf serftöbe.
So fän! ein ^aupt, bas nidjt fein Volt erl^Öbe,
Drum fei it^r Hul^m bcn aribtvn aud? geujäl^rt,
Die neben Dir, wenn minber aud; nadi oben,
;Jitr's l>oIf bie Stimme aus bem Dolf ert^oben,
Dem einen (Srunbe, ber uns alle nät^rt.
— 355 —
^ran5 3fat)er SeibL
Xtoin l)ält bte Crauer uns ben Sinn, befangen.
Das ^er3 fann müfjfam nur jtd^ bran geiDÖfjnen,
Pag Du für immer oon uns fortgegangen,
Du fjol^erprieficr in bem Heid? '^zs Sd^önen; '
Dag Deiner fjarfe Saiten jefet 3erfprangen,
Die füg erflang unb in melob'fd^en Conen. —
2lufs (grab bes Sängers feiner £ieblingsliebcr
£egt Dcutfd^Ianb ipeinenb nun '<>txi £orbeer nieber.
Dod? bleibt Dein £ieb ein Croft I Das ©irb erfd^allcn
yXnb tt)trb in fernfler §uFunft oon Dir fagen;
Dem f5er3en, 'bas am (Eblen nod? (Sefaüen,
IPirjt Du ein fJeiFger fein 3U allen Sagen.
(Sing aud? 3U ^n'bt nun Dein irbifd? ITatlen,
Vini> mußten n?ir 'btn Staub 3um Staube tragen:
Did? nennt "bas Daterlanb ja bodj bcn Seinen,
yXnh (Seibel lebt, fo lang bie Sterne fd?einen.
0;]t
350 —
®tto Sutermeijier.
« •
„(Er mar ber Hläbc^en £tebling unb ber ^Jrauen" -
^Jürmafir er wav's unb u?trb es immer bleiben;
Pod? follt's elid^ länger nun nid^t mel^r erbauen,
(Einanber biefe pfjrafc nad^äufdjreiben.
Denn tob iji ber poet, ber reiner, njafjrer
Sein ganses DoIF liat in fein Qerj gefd^Ioffen?
Wo ber propl^et, aus beffen IHunbe flarer
Die Kunbe feines 2Iufcrftel^'ns gefloffen?
Unb als ber alte €rbfeinb es bebrol^te
Unb als in Ijeigen Kämpfen es gerungen,
IDer mar's, in bem bie flamme l^eifger Iol)te? i
IDer fjat ein Sd^Iad^tlieb fräftiger g^fungen?
Unh fo im ^rieben n?ie in Kriegsgefal^ren
IDer von bcn £cbenbert unb von bzn Cobten
?iai allem gottüergeff'ncn ^ol)ngebaren
;Jurd?tIofer, männlid^er bie Stirn geboten?
„Wenn i^t mid? mägt, fo »ägt ^en gan3en Did^tcr"
So bat er felbft einji feine falben Kenner; .
So nennt il^n benn nun il^r; geredete Hid^tcr:'
„Der (fraucn £iebling unb ben Stols ber HTänncr."
3n bemfclbcn SJerlagc erjc^icncn ferner:
®etitf i^e SBeif cu üon 31 r n .^olsuiibCöcar Scrfdjfe.
©leg. cart. Tlt 3.—, cleg. geb. m. (^olbfd)n. 3Wf. 4.—.
!Die M^aittbtttget 9la0i^ti0i^UtC* [einreiben in ^o, 114 oom
18. mai 1884 übe» biefcS 2öerf :
.... ÖJcfunbc ©cbanfcn unb eine roarme (Smpfinbung
für bcr aJTcnfci^en Seiben unb grcuben, eine l}citcre Sebcnös
crfoffung, wie ein tiefeä unb emfteö SSerfenfcn in baö 3nncrc
bcö ^erjcnäfammerleinö werben t)on ben beiben ^id^tcrn
in blü^enben, flingenben, untabelig gefügten SSerfen befungcn;
bic fd^önc äußere, oft mit 3Weifterfc^aft gel^anb^abte gomt,
cntfprid^t oottfommen bem ©ebanfenini^alte. 5lm glänjenbften
unb groge Urfprünglic^feit üerrat^enb offenbart fic^ bcr
3)ic^ter Äunft in ben erften 5lbtl^eilungen, toeld^e bic beutfd^cn
3Beifen unb baö beutfd^e Siebcrieben bcr SScrgangeni^eit in
unferer jroar oicl bic^tenben, aber bcnnod^ gefangäarmen
unb bürren 3cit roieber aufjuroeefen fud^en; ber alte beutfd^c
§umor unb boö ölte beutf^e ®emüt^ ftel^en barin roieber
auf. $)ie Slomantif beö HRittelalterö , roie unnjol^r fie an
fic^ aud^ fein mog, fann faum f d^öner oerf lört roerben ; felbft
in ben j^öglid^en 3ügen il^reö SBo^nö unb beö 5lberglaubcnä.
^ic „Sieber eineö gol^renben", bcr in njeinfeligem Traume
auf ben Slodöberg entfül^rt wirb unb bort einen ipeyen*
fabbatl^ mitfeiert, finb föftlid^e G^otafterbilber unb fo
plaftifd^ gerotl^en, baf; fie ber pnfel eineö 2Äalerö ju
farbenreid^en 5ilad)tftüdten formen fßnnte. ®ä wäre nod^
SKand^erlei auö ben ©ebid^ten i^erauäjul^eben, roo biefe feine
SKalerei fo prod^tig unb anjie^enb wirft, aber baö mag
unterbleiben, um nur nod^ für bic Scmerhing 9flaum ju
laffen, bafe aud^ bie pfgd^ologifci^cn Scrgliebcrungen in ben
trcffcnbftcn einjclncn 3%^^^ crfd^cinen, namcntlid^ in ben
©ebid^ten cmftcn 3nl)altö, ujic j. S. in ben fc^on ernjäl^ntcn
„Siebem einer 9iäl^terin", in meldten bie $)id^tcr in ben
rül^renbften SBerfcn ein ergrcifcnbcä ©eelcnbrama fd^ilbcm.
2)ie „2)eutfd^en Sßeifen" möge iebeö poeficfrcunblid)c $auö
gütig aufnel^men.
Xic „^tipii^tt iattfhrirteSeitung'fc^reibt in 9lr.2141. 1884.
^aä »lu^ ift Suliud SBoIff, bem oollstpmlid^en @pifer,
gctoibmet, unb roed^felDoU, wie biefeS ^id^terS eigene klänge,
batb fd^alil^aft berb, ^er) unb Dl^r ^ugleid^ erfreuenb, tönen
aud^ bie „^eutfd^en äBeifen". SRitunter »erleiden i^ncn
bie bftmonifc^en (Steiftet beä ^i^eineS eine gerabe^u jn^ingenbc
Gewalt; fo namentUd^ in bem „^alpux^x^" überf(|riebenen,
an bie ((^aucrltd^e Sage oon ^^artini'ö „2:eufeIöfonotc"
mal^nenben ^raum einest bejed^ten (^etgerS. ^u^er biefem
^^antafteftücf in ^aÜoVä äXanier oerbienen nod^ bie jroölf
„Sieber einer 9lä^terin" olö ma^re perlen ber ^oefte ^eroor^
gel^oben ju werben, perlen leiber aud^ in l)em Sinne, loonad)
fold^e ©ebilbe ber feuchten 2^iefe 2^()rQnen bcbeuten. 2öaö
weiter baö von feinem Sierleger würbig ouögeftattete 95ud> an
naturfreubigen „©ommergef fingen", jartfinnigen „6tamm=
bud^btftttem" unb ibealgetragenen „(^eban!enf(ügen" bietet,
ift oUeä gleid^ lefenöwcrtl). 3)aiu f)at eine 9Jeigung,für
entfc^wunbene 3BortbiIbungen f)kx bereid^ernb gewirft unb
manchem fcrnbeutfc^en 5luöbrurf burd) bcn Sd^Iiff bcs
Sleimeö ju neuem Sebcn oer^olfcn.
^er M^e^bfitfr SInseigfr" fc^reibt am 23. 3Rai 1884.
3Baö ber ^itel biefeä SBönbd^ens üerfprid^t, wirb gel)alteu.
@ö finb ed^te beutfd)e 2öeifcn, fräftig unb erfrifd^enb, wol^r
unb innig empfunbcn, oft einen l^ö^eren Sluffd^ung nei)menb,
burd^wel^t -oon IBegeifterung für baS Sbeale, Steinl^eit bes
^erjenS preifenb unb in uerfc^iebenen ^id^tungen jene ebelc
^fiaterlanbäliebe ouöfprec^enb , bie weit entfernt oon aUem
^enbenjiöfen unb oon gel^öffigem ©^auoini^muS ift. ^ud^
an gefunbem $umor fel^lt eS in biefer Sammlung nid^t,
ber juweilen, mk j. 93. in bem ©ebid^t „93etteImannöl^oc^jeit",
femer in bem auö jwölf 9lummem befte^cnben ß^flus
„Söalpur^iä, Sieber eineä gal^renbcn" mit Uebenöwürbiger
jl'edt)eit ftd^ !unb giebt. ^ie ^id^ter l^ätten eS jebod^ nid^t
unterlaffen fotten, il^rc ^oefien mit il^rem ^f^amen ju bcs
jeid^nen. SBcnn @inem baS eine ober baö> anbcrc ©cbic^t
gan^ befonberä gefäUt, mod^te man bod^ aud^ gern wiffen,
wer eä gefc^rieben ^at.
"^attifin^^ (Sbnavh, ©ebcnf blattet, ©croibmct ben
grcunbcn bcö SBcreroigtcn.gneleg.SeinroanbbanbTO.S.— .
Uebcr biefeö 2Berf fd^reibt gerbinanb ©leic^ im ,,3)rc^better
»nieige«", 9lo. 127 »om* 6. 2Äai 1884:
Söenn biefc ©ebenfblätter aud^ junSc^ft für bie greunbe
bc§ leibcr fo frü^ bal^ingcgangenen, jungen ©etel^rten unb
Sc^riftftcaerö (geb. in «ertin am 24. 2Rära 1857, geft. am
19. Dftober 1883 ebenbafelbft) beftimmt ftnb , fo werben
fie bod^ nid^t minbcr in roeitercn, namentlid^ fünftterifd^en
Greifen leb^ofte ©rimpatl^ie finben. SBeld^' ein reirfier ®eift,
roelc^' ein roarmei^, eblcö §erj, roetd^e ed^te Sleligiofität
unb fittlic^ kleine offenbaren fic^ in bcm öon bem 35ers
ftorbcncn roäl^renb feiner 9leifen in ®eutf(^(anb, J-ranfreid^,
n ber Sd^roeij unb in Stalicn geführten ^agebuc^. Sind)
feine " ^Infc^auungen über ^flaturf^öni^eit, feine geiftöollen
S3eobac^tungen beö 33oHö(ebenö ftnb ^ö^ft anjie^enb unb
belel^renb unb fpred^en für eine geiftige Sleife, eine gertigfcit
unb geftigfcit beö ßl^arafterö, n)ie man boä bod| nur feiten
in fo jjugenblid^em 5llter finbet. — 3lu{ier biefen Xagebud)^
blättern entplt ber mit bem 93ilbni§ beä 3Serftorbenen
gcjierte S3onb eine ^luöroal^l oon bisü^er noc^ nic^t uer*
öffentUc^ten 2)id^tungen: „35erfud^ eincö !Drama'ö mit
ß^ören", ein ©d^aufpiel in einem 5lct „^er %af oon
©inftebel" unb eine Sfleil^e oon Iririfc^en ©ebic^ten ernften
3n^altö. !Daö f&ud) fd)lieBt ab mit einem ©onett. „!5)er
Mnftler ftarb", in beffen legten 3ßi^cn: Unb nel)met bies
alö meine testen 2öorte: — „2öcr glü^enb Sc^önl^eit fü^lt,
bem ift befc^ieben — ^m Seben Äampf, im Sterben ©ottes*
frieben" bao ganje innere 2öefcn beö ^ic^terö jum 5lu§bru(f
fommt.
2)ic „a)re«better na^ti^tw fc^reiben in *Jlr. 205. 1884.
IJicfe tagebud^artigc 3Biebergobe oon jumeift in granf«
rcid^, Stalicn unb ber ©d^roeij empfangenen Sletfceinbrüdfcn
überrafd^t burc^ baä flore unb babei gemütl^öroarme ©e^
banfentlium ilireö 35erfafferä, unb bie etliifc^e 33cr!larung,
meldte ^ier ha^ klingen nad^ ^armonifc^er !Beltanfd^auung
übet \>a^ Seben eineö fc^lic^tcn ^riootgelel^rten breitet. 3)cr
junge fc^märmcrifc^e S^colog burd)forfc^t bie 92atur unb boö
35olf, bie SWufeen unb 33ibliot^efen obiger Sänbcr mit einem
.Ictbcr bas SKarf feines Scbcns auf^e^rcnbcn @ifer. 9Hci^t
toenige ber in fo trauriger 2öei)c errungenen 2öiffenöfc^o^e,
infonbert)eit bie Urtlfteile über etliche 2ReiftenDerfc ber i^unft,
Befi^en bauemben 2Bertl^. 2öie oiel fleinc feine 3üge meife
biefer Süngling oon ®enie unb ^erj allein 95eronefe*ö,
„Öoc^jeit ju Sana" im Sonore abjuloufd^en ! 9?ic^t minber
intereffirt bie p^ilofopj^ifd^jpatriotifc^e SÖürbigung uon Stic^arb
5Öagner'ö ^onfc^öpfungen, unb ein SJorfd^lag mit ber, bie
„25}aßüre" jum geftfpiele einer alliäl^rlid) roicberf i l^renben,
beutfd)mationalen grül^lingsfeier ju ergeben, oerbient geroi^
$8eac^tung. S)aö fc^Iiefili^ burd^ bicfe aud^ bramatifc^ bc?
reicherten unb mit bem 53ilbni§ il^res 35erfafferö gejierten
33Iätter ein §aucl^ tiefer 3c^roermut^ mel^t, mac^t fie nur
noc^ anjiel^enber. 3Ron l^ört in iFinen gleic^fam fc^on bie
ßt)preffen raufd^en unb fielj)t bie flamme cineä ibealen ^citri^
flacfernb mit bem §aud^ bcö ^obeä fämpfen!
Die M»offlf<ftc Seitttlig" frfireibt in 9ir. 241. 1884.
2öir t)crbcn ben im 27. Sebenäjal^re üerftorbenen 3Ronn,
beffen urfprünglid^ nic^t für bie Deffentlic^Ieit beftimmteä
^agcbud^ f)ier pubUcirt mirb, nid^t gefannt, aber mir bittigen
unb mürbigen ben Söunfd^ feiner greunbe, feine Sluf«
jeid^nungen attgemein jugönglid^ ju machen. Severe fnüpfen
an beä 35erfofferä 5lufentl^alt in Staticn an unb berühren
bal^er jum grofien Xl^eil oiel befproc^enc ^tnge. 5lber mie
eigenartig, mie bebeutenb ift baö, roaö biefer junge 3Rann
fagt! 3Ran glaubt, menn man ftd^ in bicö Sud^ einlieft, in
einen attmö^lid^ immer glanjenber beleud^teten Xempel ein«
antreten, ber attcn guten unb großen ®öttem geroeil^t ift.
Öier l^eifet eö 3. 33.: „3^ "^e^r ber 3Äenfc^ oon feinem
©ertl^e burd^brungen ift, um fo unglüdElic^er ift er — unb
bod^ ift biefer Plummer nötl)ig, benn er fül^rt ju ®ott unb
jur ®r!enntni§." Unb oon ben SRabonnen gilippo Sippi'ö:
„3n i^nen fommt ber ©l^arafter feineä S^xtaitev^ in grellen
©egcnfS^en jum Slusbrurf: bie unenblic^e ©innlic^feit unb
bie gottergebene 3)cmutl^ .... 9lur bie ooHc ed^te Sinn«
litf^feit ift im Staube, fic^ ju ber ganjen, reinen ©öttlid^*
feit ju erl^eben." §ier fpri^t ein 2Rann, ber feinen ^lato
nic^t blof; gelefen, fonbem aud^ oerftanben unb fid^ in il^n
eingelejbt l^at; imb folc^e SÄdnner begrübt man einmal gem.
gunrfe & "D^aeter, 3?erltn SO., Äcvnirferftr. :•••.
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