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entwichlungsgefcl)ici)te
6es gnecl)ifcl)en Romanes
im FlUertum
Von
Otmar 9c!)iftel von f lefcl)enberg
Balle a»9.
Verlag von (Dax niemever
1913
€ntwichlungsgefd)icl)te
bes gned)ifci)en Romanes
im RUertum
Von
Otmar 9d)iffel von f lefcl)enberg
Balle a»5.
Verlag von (Dax niemever
1913
TA
'774602
€rnjt [^alinha
ßernl)arb Seuffert
ßugo Spider
öen Sövberern meiner Arbeit
in Verehrung unb Danhbarheit
3ugeeignet
„(Siiie @efd)icf)te ber (Sc^riftfteHer, bte ft(^ mit einer
3Siffenfd|aft befd)äftigt fiaben, i[t ttocE) feine ©efd^id^te biefer
SSiffenfc^aft."
^öf). ®th^. @:^renr. Wtaa^, ©tunbri^ ber oHgcmeinen
itnb befonbern reinen diifüoxU. §alle unb Sei|)5tg,
1798. ©.20.
Vorwort.
SBenn bie folgetiben §Iu§fü§nmgen über ben gried^tfdEien
Vornan „(£nttt)i(JIung§gejcl^id^te" genannt mnrben, ^ei^t
bieg nicJit, bo^ haS^ (Sntfte^en ber ©attung ou§ äft^ettfd^
unöolüommenen Stnfängen bi§ pr pd§[ten 93Iüte öerfolgt,
bo^ aljo gezeigt toerbe, n)ie im Saufe ber ßtit äft|etifc^
beffere Xtipen bie minbertt)ertigeren alten erfe|t ptten.
®enn in SBirHic|!eit l^aben {)ier, njie überl^anpt in ben
fc^önen fünften ältere unb jüngere (gntn)ic!Inng§[tufen neben
einanber gelebt. S^id^t ba§ 5ltter ber Xt)pen unb bomit
il)re funfttec^nijc^e SBoHenbung, fonbern öor§ügIic^ bie
öft^etifdien üualitäten i^rer einzelnen S5er treter, oft nod)
tf)r S3er{)ä(tni§ ^um jeweiligen ©efd^matfe be§ ^ublüumg
lüaren ja bie für i^r fortleben einzig nta^gebenben ^a!toren.
@o erfreut fic^ l^eute nod) ^occoccioS SfJoöellenfranj Deca-
merone tro^ feinet abfotuten SIIter§ unb tro^bem er eine
!ünftlerifc^e Urform roman'^after @r§öt)Iung barfteHt un=
öerminberter S3eliebt:§eit neben ben neueften 9fiomanen unb
jüngften Sflomanformen. Sa er überbauerte fogar ^a^tloje
Sflomane, atfo S5ertreter einer fünftlerifd) ()ö^er entttidelten
^orm in ber ©unft ber Sefer. ©o probu§ierten enblid)
®oetf)e, Sied, @. %. Sl. §offmonn unb ^a^treid^e ©pötere
aud) in jener bereits burd^ bie Mi2.rjöLaxa be§ StrifteibeS
VI
bertrctenen Urform be§ ^RoöeHenhonsel, oBtüo^t if)nen qu§*
geBilbete ^lomanfornten genug gur SSerfügimg geftottben
tüären. gef)tt aljo urfäc^Itc^er ^wi^i^i^^^^Q^Ö ätt'tjcfien
bem Sttter unb ber äftt)etifd§en 2Berttg!eit ber em§elnen
!ünftlerifd)en Sttbioibuolgebilbe, jo 6e[te!^t bennoii) eine
fold^e S3e^ie^ung gwifc^en ber in i^nen ju Sage tretenben
lt)pifci§en ^unflfertigfeit unb ber 5lbfoIge t^pifc^er [formen.
Äünftlerifc^ üolHomntenere Xt)pen folgen nottoenbig auf
lünftlerifd^ ntangett)aftere in ber aßgemeinen ^unftentoicf lung
unb nic^t umge!e^rt. S^tüdfäHe oon einzelnen l?^unftn)er!en,
ja üon ^ünftlern unb ganzen @pod§en ober aud^ ©prünge
in einjetnen i^re ßeit überl^olenben, aber ofjue Sf^ac^folge
gebliebenen 2)en!mälern nad^ oorne änbern an biefem ^unft=
geje^e, bo§ ja meber gerablinige (Sntn)i(flung forbert, nod^
— tote gefagt — bie (S(f)önr)eit einfacher S)arfteIIung§:=
formen in 5lbrebe fteHt, ni(f|t§. @ntttiicflung§gejdjic^tlicf|er
53etrad§tung ift bemnoc§ nid)t ba^ ^unftfd^öne, fonbern
nur ha^ ^ünftlerifd^e gugängtic^, b. ^. nic^t ha^ Sigen^
ortige unb ^erfönlidie eine§ l?unftn)er!e§, ouf bem feine
beftimmte äft^etifd)e SSirfung beruht, fonbern bto^ ba§
Stilgemeine, ba§ 2;t)pif(^e, ba§ e0 mit anberen, bann glei(^=
artigen ober gottung§oertt)anbten ^unftprobuften teilt. 2)enn
felbft um bie !ünftlerifc^en Sßorau§fe^ungen ber äft^etifd;en
SBirffamMt bloßzulegen, ift einerfeit§ ifotierte S3etra(^tung
be§ betreff enben ^unftmer!e§, ba^ \a pnöd^ft ifoliert auf
ben ©enießer §u n)ir!en beftimmt ift unb ouc§ fo auf il)n
tontt, nottt)enbig, anbererfeitS eine (Srüärung au§ ber
^erfönlic^feit feines @d^öpfer§ unter Umftänben fe^r
toertoott.!) Snbem nun bie @ntmidlung§gefd)id)te einer
^) ®a^ jie bei üielen Sunfttoerfcn überflüffig ift, werben auii^
bieienigen 2tftt)etifer nid^t leugnen, bie bie gett)i§ häufige 33eeinfluffung
— VII
Äunflform bie etngettten %\^pm bcrfelben qu§ eitianber :^er*
leitet, i'^re @ntfte!§ung ou§ einanber aufüärt, töirb fie
bennod^ ntd^t auf öft^etifc^e S3eurteilung ber eittjeltien SSer*
treter biefer Xt)pen tiergid^ten muffen, fonbern ftc^ i^rer
gerobejit bebienen, um bie tnbiöibueKe 3lu§geftaltuug be§
5tt)pu§ üon feiner gortBilbung §u einer neuen ^orm, um
olfo ßunft öon erf)ö^ter ^unftfertigfeit ju unterfd^eiben.
Sefi^t bie SSeränberung om Stipug burcf) ben ^ünftler im
erften ^alle rein öft^etifäie ^ebeutung, fo ^anbelt e§ fic^ im
gttjeiten gaUe um funfttec^nifd^e 93emü!^ungen unb @rgeb=
niffe. ^üv bie (Steigerung ber ^unftfertig!eit ^ot — qI§
burc^ 9ftO(f)a!^mung übertragbar — entmicftungSgefcJiid^tltdEien
SSert. Stft^etifd^e unb entn)idflung§gefd^irf)tlic^e §ö^epun!te
tüerben felbftüerftänblid^ bei biefer jmiefoc^en S3etrad^tung§=
töcife nid^t immer jufammenfaüen.
2Bie öon äft^etifc^er, fo ift anä) öon Iiterar!f)iftorifd^er
93etrad|tung bie @nttDidEtung§gefd^ict)te in ber i8efc^rän!ung
ouf Xtjpen unb im Streben nad^ gefe|mä^iger ©rüärung
i^reg ßufammen^ongeg öerfc^ieben. 3)ie Siterörl^iftorie ift
gleich ber Stft^eti! auf ha§ fünftlerifd^e Snbiöibuolgebilbe
befd^rön!t; jebo(i) interefftert fie nii^t feine S3eftimmung unb
fein Söefen, alfo feine ©c^önl^eit unb i^re fünftlerifd^en unb
pft)d^oIogifi^en UrfacEien, fonbern ollein bie 3^atfod)e feiner
I)iftorif(f)en (Sjifteng. S)iefe mögli^ft genau unb aUfeitig
ju beftimmen ift bie .^auptoufgobe ber Siteraturl^iftorie unb
be§ ä[tf)etif(i)en ©enuffeg bnxd) bie SSorftellung öon ber ^erfönn(^!eit
be§ 9Serfaffer§ oerfediten. 2)enn abgefe^^eti boöon, bo§ fonft nt(i)t
einmal moberne 2)i(i)tungen ol^ne ou§fü^rIi(^en biograp^ifdien ^om=
mentar er)d)einen bürftcn, fo roören ouc^ alte älteren anonymen
Äunftroerfe ober fol^e, über beren SSerfaffer nid)t§ 5ln§reid)enbc§
befonnt ift, unöerftänblic^, bof)er nngeniepar.
— vin —
t|rer ^ilfsbifjipün, ber iöibtiograpl^ie. Se nad^bcm nun
jene S8iogrop{)ie ober attgemeine Siteraturgefd^ici^te ift, jud^t
fie bQ§ literarifc^e ^octum in ben äußeren 2eben§tauf eine§
3lutor§ ober in größere seitgefc^ic^tlid^e ^^ilo^^^^^önge
einsugliebern, bQ§ Siteraturbenfmol jomit otg ^unÜion öon
^erfon unb ßeit ober nur ber ßeit borpfteUen. ^er
Unterjd^ieb öon Siterär^iftorie unb ^unftentttjicflung fpringt
noc^ bem ©efogten in bie fingen, ^ie Siteraturgefc^icfite
fteHt eine 0iei^e bijparoter 2;otfa(i)en üorne:^mricl^ literarifc^er,
oBer Qucl^ biogra|)t)ij(i)er, Io!aI^iftorif(^er u. a. 'äxt jnjammen,
infofern fie gleicfiseitig finb, um burc^ fie bie Qtlt p
c^arafterifieren, ber fie onge^ören ober ben fiiteroten ju
fenn^eid^nen, ber bie 2Ber!e öerfa^t ^at, um alfo bie ßeit
im (Spiegel i^^rer Siteratur ober ben ^ünftler im «Spiegel
feiner 2Ber!e ju feigen. ?lbgefe^en baüon, ba^ fie fic^ foldjer*
ma^en al§ ^^^^9 ^^^ Unioerfal^iftorie unb nid^t at§ @efrf)ic^te
einer ^unft borfteEt, fo erfc^einen i^re unter bem ^eic^en ber
Sa^re^ga^t ftet)enben ß^fammenfteÜungen üI§ (Sammlungen
anfälligen unb uneinl)eitlid£|en 3)lQteriate§. 3)ie ©ntinidlungS*
gefc^ic^te ber Ännft mirb biefetben benn aud^ nur ai§ S)ar*
bietung öon Ü^otiftoff unb bie Siterär^iftorie o(§ freilief) un=
entbelirlid^e primitiöe §ilf§miffenfd^aft. onfet)en fönnen. S)ie
enttöicE(ung§gef(f)i(^tIic§e 5IbfoIge ber ^ormttipen hingegen
ift unabhängig öon ber ß^ronologie it)rer SSertreter. 2)iefe
njerben ja nic^t in i^ren äußeren gefd£)ic^tlic^en 33ebingungen
unb 3ufömmen^ängen, fonbern nur al§ $8eifpiele für jene
gefe£)en. 2)urd^ fold^e So§Iöfung be§ ^ünftlerifc^en öon
allem „^iftorifc^en" mu^te fic^ aud£) ber ^eitlidfie SJJa^ftab
5ur S5eftimmung be§ Hbftanbeg ber einzelnen X^pen öon
einanber änbern. (Sr mar gegeben in bem ^mifd^en ben
beiben ©nbpunften einer Sfleil^e beftefienben Unterfd^iebe an
tunftfertigfeit. ®ie 9fleif)enenben maren funfttl^eoretifc^
— IX
ermittelte üterorijc^e ©attungSformen. ^^^I*^^« f^^ orbtteten
fid^ bie einjetnen ^^tipen ein. S^r 5llter lie^ fic^ ermefjen
noc^ i^rem Slbftanbe öom 3lu§gang§^ unb (Snbpun!te ber
ülei^e auf @runb be§ oben ouSgefprod^enen ^unftgefe|e§,
ha^ fimftted^nifc^ 58olIenbetere§ SJJangel^ öfterem ftet§ folgen
muffe. S)a e§ fic^ um bie genetifd^e ^olge öon 5lb*
ftraftionen unb nii)t um bie l^iftorifd^e golge öon fon=
freten ©ebilben l^onbelte, blieb fomit ha^ S5erf)ättni§ be§
^iftorifc^en Sllterl ber Söeifpiele, qu§ benen hk it)pen bor*
gefteßt ujorben n)oren, ööllig gleichgültig für \)a§ genetifd^e
SSerpltni§ ber X^pen §u einonber. @o fonnte ein genetifc^=
ötterer Xt)p ou§ ^eifpielen gemonnen merben, bie I)iftorif(^*
jünger waren, al§ bie §ur ^orfteßung eineg genetifd^*
jüngeren Xt)p§ I^erongegogenen. @enetifd)e§ unb Ijiftorifd)e§
5ltter finb olfo in ber ©efcljic^te einer ^unft nur bann
poroEel, n)enn oöe biejenigen S3eifpiete be!onnt finb unb
ber Unterfuc^ung jugrunbe gelegt werben, in benen gum
erften 9J?aIe ein neuer Xt)pu§ ouSgebilbet erfc^eint.
Sn bem bargelegten Unterfdjiebe öon ber Siterart)iftoric
befielet enblic^ ouc^ bie @jiften§bered)tigung ber @nt=
üuicflungggefdjid^te nic^t neben, fonbern in ber ßiterotur*
ft)ftemati!. 2)enn fobolb biefe onftatt be§ öft^ietifd^ wir!«
famen SubiöibueH^^ünftlerifc^en') bo§ ©ottunggmö^ige,
im Pieren @inne Äunfttecfinifd^e 2) unterfud^t, ftettt fie
üorgüglic^ bie 3Soriotionen ber (SottungSform, alfo i^re
<BpkU unb Unterarten bor. S)ie SSoriotion einer ©ottung
A wirb ober ftet§ in ber Sflid^tung §u einer onberen
©Qttung B erfolgen, ßogifc^ bilben olfo oUe SSorionten
eine 9iei§e jwifc^en ben beiben ©runbformen A unb B at§
^) tontpofitton: tgl. ^Rfietorifdie gorfc^ungen I, (5. VI, unter 1.
■'') ®i]>ofition: ebenbo unter 2.
@nb:pun!ten. ®iefc logijd^e 9fletf)e tüirb nun gur genetifcEien
Slbfolge unter ber SSorou§je|ung be§ oBen aufgefteHten
©eje^eS fortfc|reitenber funfttei^nijcfier Söerbefferung, b. ^.
burc^ bie (SrHärung ber 5tbn)ei(i)ungen öon ben ®runb=
formen au§ ber Slbftd^t hmfttecfinijc^er SSerüoHfommnnngJ)
Slngefici^tS ber Xat\aä)t, ba^ nod) !eine @ntn)i(flung§^
gejd^ic^te be§ gried)ifcl}en 9fJomQne§ geji^rieben tourbe, !önnte
|ter öon einer 5Iu§einanberfe|nng jelbft mit feinen an§=
fü{)rlic^[ten @efamtbar[tellungen, mit ben SBer!en üon ©rmin
9f?of)be unb STriftibe ßatberini 5lbftanb genommen merben,
bo ber folgenben 6tubie folonge prinzipielle @Iei(f)berecl^tigung
mit ben genannten 5(b^anblungen eingeröumt tDtxhtn mn^,
bi§ bie ^i^^öffigfeit genetijd^er Ännftbetrac^tnng beftritten
njerben fijunte. SSenn ber Sßerfaffer bennod) in bie ^riti!
menigftenS ber Strbeiten 9?o:^be§ unb ßolberinis eintritt, fo
gefc^iet)t bie§ nur, um on^er burcJ) prinzipielle Söegrünbung
feines @tanbpnn!te§ unb burc^ bireüe Slrgumentation bie
^) S)ie§ §itr ©rgänjung ber Erörterungen in dUjtt. ^ox)ä). I,
©. Xni. 3« i^i^ei^ ^Berichtigung biene goIgenbeS. ®er natur-
^^iftorifdie ©ntmidlungSBegriff tft bom fünftlertf(^en inf)oIt§üerfd)ieben.
§anbelt eä ftd) in jenem um unbeiru^te g-ortbilbungen lebenber
Organismen, fo in biefem nocf) ben obigen 3lugfüf)rungen um witt^
fürli(i)e, gtüed^afte 2inberungen an abftraften gormti^pen. SBenn
nun a. a. D. @ntrt)icEIung im ©inne natürlicher gortbilbung für bie
rf)etorif(ä)e Äunft abgetefint tourbe, tt)or bieS nur §utreffenb. §in«
gegen würbe mit Unred)t ba§ Stipifc^e, ©attungSmäBige mit bem
ignbiöibueU'Mnftlerifc^en, unmittelbar öftfietiic^ SBirffamen pfammen*
geluorfen unb infolge biefer p engen SSerbinbung oon Slunfttec^ni!
unb ©(i)önf)eit feine SSariabilitöt p niebrig eingefc£)ö|t. ®iefe falfd)c
Kombination, bur^ meldie bie Stteraturf^ftemoti! um eine 33e=
tra(ä)tung§möglid)feit üerfürgt hjurbe, f ollen nun bie üorfte^enben
SluSfü^rungen über „@ntnjidlung§gefd)id)te" erfegen. S)er genonnte
3tDeig ber £iteratur>t)iffenfc[)aft fteöt au(^ ha§ hi^ljtx fe:^Ieube 33inbe»
glieb gu i^^rer :^iftorif(^en §ilf§bifäiplin, ber £iteraturgef(^id)tc bar.
XI
?Rtci^tigfeit feiner ©rgeBntffe Qucf) burc^ bic SBibertegung
onberer $Inftcf)ten über benfelben ©egenftanb gu erljörtett.
9fto^be§ Strbeit serföllt in ^tüei ttod) ber Sluffoffung
if)re§ ^roblemeS bifparate Seile, in eine 3)ar[tettung ber
angeblid)en literarijrfien SSDrou§fe|ungen be§ griec^ijc^en
9lomQne§ oI§ ©ottnng, alfo be§ 9?omantt)pu§ unb in eine
literar^iftorijäie ^Betrachtung ber überlieferten Sf^omane.
©elbft ba§^ rönntlicfje 5lu§ma^ biefer beiben Seftanbteile
be§ 2Berfe§ ift fo ftar! öerf (Rieben, ber eigentliche @egen*
ftanb tritt fo ouffötlig imM gegenüber öorbereitenben
Unterfuc^nngen, bo^ 9ftof)be in ber SSorrebe bie§ SD^i^=
berpltni§ bebenüid^ genug au§ perfönlid^er ^Jeigung be=
grünben ^u muffen gtoubte, n)ä!^renb e§ fic^ hod) um einen
©runbf eitler feiner Slrbeit f)onbeIte, ber if)re ©rgebniffe
fufpe!t mad^en mu^.
SSa§ er öon ber ^unftform ber Sflomane mit §itfe
feiner n)iffenf(i)aftlicl)en SSorgänger ernannte, ujar nid^t nur
wenig genug, fonbern ouc^ im 5lnfa^e ber literorifd^en
^Komponenten ber Gattung bereite öormeggenommen. ^ür
9fto^be bebeuteten bie in ben Slu§gaben ber Scriptores
erotici gemö^nlicf) gufammengefa^ten Slutoren ^unäcfift eine
{)omogene 9J?offe, oon ber erft bei näherem 3"i^^^"
^artf)enio§ unb 5tntonio§ Diogenes obsufonbern njaren.
2)ie übrigen erfcf)ienen qI§ bie gleichartigen SSertreter ber=
felben ©ottung, bie er nacf) ber ^unft, melcfjer fie an=
geprt, al§ epibeiftifc^e 9flt)etori!, nac^ i^rem %\)tma al§>
@roti! unb noc^ i^^rer Zt(i)nit burcf) bie Üieifefütion fenn*
jeid^nete. 2)iefe magere, übrigens nic^t einmol ganj gu*
treffenbe fünftlerifc^e ß^aro!terifti! erfcfjöpft ben Sn^alt be§
umfangreichen Sucres für ben O^oman ats Gattung. Snbem
nämlicfj SfJoIjbe lt\)t^ biefer brei 9J?erfmoIe njieber oI§
bic Signatur je einer Iiterarifd)en ©attung betracE)tete,
XII —
bereit @efd^i(i)te er in feine Unterfuc^ung einfügte, brod^te
er e§ fertig, mit bem ^nfiolte eineg einzigen @o|e§ einen
bic!en Sanb ju füllen, ber benn mit bem Sflomane oft
menig genug gu tun f)at 2)urcl^ fotc^e ^lufboufc^ung
bürftiger ^Beobachtungen erjd^eint nun bie Sf^omangottung
ot§ ajJifc^ung an§> brei literorifcljen „Gattungen" freilid^
fel^r oerf(^iebenen äöefenl. SDie ©op^ifti! ift eine ber
^oefie, meldjer bie Siebelelegie pgeprt, im @t)fteme ber
fc^önen fünfte gur ©eite ftef)enbe ^unft, feine i^r unter*
georbnete ©attung. ®ie 9f{eifeutopie ift lieber rl^etorifc^e,
noc| poetifc^e, olfo über!E)QUpt !eine fünftlerifc^e Gattung,
fonbern SSiffenfc^aft in fünftlerifc^er (SinMeibung gu popu=
larifierenbem, alfo päbagogifc^em ^^recEe. 2)ennoct) be*
trachtete 9ftot)be olle brei „S3eftQnbteiIe" aU einonber gleid^*
artig. (Segen foId)e äJJonftrofität ber ®ottung§beftimmung
ift bie Ungeftf)icfli(i)!eit monc^er Äunftttieoretüer be§ 18. Sa^r=
^unbert§,i) bie ben Üioman im „Sln^ange" ju ben fd^önen
9flebe!ünften abt)anbetten, tüeil fie einerfeitS in ber SSerfi*
fifotion ein bie ^oefie üon ber 9ftt)etori! unter[(i)eibenbe§
Wtiitmai erblidten, anbererfeitl ben 9flomon feinem SBefen
nad^ für eine poetifd^e ©ottung hielten, mot)rlic^ eine
§armIoftg!eit.
'S{o^ht§> ^^potl^efe üon ber (£ntftef)ung be§ griedjifd^en
fRomanel lö^t fid) ober ouct) fod)Iic^ nid^t oufrec^t ert)alten.
3ur 5Innaf)me eines ß^^föntmen^ongeS gtt)ifd)en (Sopi)iften=
roman unb 9fleifeutopie mürbe Ülot)be gunöd^ft burd^ bie
SSereinigung ber "Ajitöra be§ ?lntonio§ S)iogene§ mit ben
9lomonen in ben öu^erlid^ ongelegten (SommelouSgoben
ber Scriptores erotici angeregt. SSor i^m boburd) bo§
^) SSgl. j. 93. (S. Wttimx^f ®runbri§ ber 2;:^eotie unb ®eid)id)te
ber f (gölten 2öiffenf(i)aften. Semgo 1787, ©. 359 f.
— XIII —
SBerf oI§ 9?omQu quotiftäiert, \o jd^ienen fein Stitel unb
gett)iffe ©toffetemettte in i^m beutlid§er, at§ bei anbeten
3ftomanen, auf bie 9f?eifentopie ju n)eifen. ^aburcf) n^urben
für 9f{o^be bie "Axiüza jum 93inbegliebe ätt)if(i)en Utopie
nnb Sf^oman, beffen S^teifefiftion fic^ i^m olfo an§ jener
erüörte. 90^it n)e(d)en SiRitteln er bie "Ajciöta all $ßor=
läufer be§ @op^iftenromane§ §u erineifen fudjte, l^abe icf)
in ben 9fl^etorifc^en gorfdjungen 1 107 2 bargelegt. Über=
fiaupt VOQX e§ ein Ieid)tfertige§ 2öagni§, ouf ber fct)malen
©runblage eines einzigen 2Ser!e§ an§ ber 93erü^rung öon
©toffelementen ober ber Übereinftimmung in ber tec^nifc^
untergeorbneten Üleifefiftion einen fo innigen ßufommen^ang
jttjeier ßiteraturgattungen fo ganj entgegengefe|ter Xenben§
gn folgern. S)enn junöc^ft erfc^einen jene, ixoox nid)t für
bie Uto:pie, in ber fie nur ber p'^ontaftifd)en (Sinfleibung
fojialpolitifc^er Sbeen bienten, mo^I aber für eine geujiffe
3Jiira!et= unb ^Abenteuerliteratur i) bejeicfinenben bizarren
©toffetemente ben au§ bem ©op^iftenromane befannten
f(^abIonen{)aften Slbenteuern nur entfernt äfinlicf); bann
ttjaren Sfleifen unb Slbenteuer bem 9f?omane all Gattung
in bem SO^a^e unn^ef entließ unb entbe{)rlid), 'üa'^ fie
mand)en feiner Sßertreter ganj fe'^Ien fonnlen. SongoS
!ommt 5. 33. überl^aupt ol^ne Sfleife au§, ^amblic^ o^ne
(Seereife mit if)ren ©türmen, ©c^iffbrüd^en, ©eeräubern,
ß^ariton o{)ne bie ögtiptifc^en ^Sufolen, ^eliobor ol^ne
©c^iffbruc^ u. f. f. Slüe bie oufgejö^Iten ©toffpartüel maren
eben in ber im ©opt)iftenromane an^utreffenben 5lIIgemein=
l^eit ©emeingnt ber antuen Literatur über!^oupt, nidjt allein
i^rer Sichtung ober gar nur einzelner Gattungen, il^re
Hnmenbung fomit miHfürlic^ unb äuföHig. SSie fottten
») SSgl. unten ©. 13f.
— XIV —
benn auc^ (Stoff elemente, bte aU ©c^eibemünsen in aßcr
Siteraten §önbe umliefen, für bie ®ottung§t)ern)anbtfc|aft
irgenb ettt)a§ entfc^eiben?
5lu^er S)ilt^e^§ Arbeit über bie Ätibi^pe be§ Äaüi-
mad^o§i) öeronlo^te 9ftol)ben tüieberum bie Slnfnal^me ber
©antmlung erotifc^er @pt)ßien= unb (SIegienftoffe öon
^art^enio§ in ha^ corpus erotifc^er ©c^riftfteUer, Se*
^ie^ungen §n)ifd)en (SIegie unb 9^oman ju finben. Slud^
^ort^enioS, ber auSbrüdlic^ nur ©pifoben größerer SBer!e,
alfo blo^ ongebeutete, nic^t aufgeführte ©toffe jur felb*
ftönbigen ©eftaltung bereitftellte, ttjar nic^t ber redete
SO'JittetSmann 5tt)ifc^en ben beiben formen. SSerftönblid^er
erfd^iene e§ nod^, tomn auf i^n ein ßufammen'^ang gujifc^en
SSer§epo§ unb Sfloman, ber ja in ben neueren Literaturen
oft befte^t, gebaut ujorben wäre, ^afür l^ötte menigftenS
gettenb gemad)t ttjerben !önnen, ba| fid^ ©pifoben, Ujie fie
^artf)enio§ au§^ebt, aud^ bei 3£enop'f)on öon @p^efo§ unb
Samblid^ al§ Einlagen öorfinben. S)od^ ujornt öor fold^en
Söejie^ungen siüifd^en fünftlerifcEien ^ormgebilben ouf @runb
öon @toffgIei(^^eiten allein fd£)on bie Zat\a^t be§ S3üd^lein§
t)on ^artl)enio§ felbft nadjbrüdlid) genug. ®e^t bod^ au§
i{)m |erbor, ba'^ ber Äünftler nic^t ha^ Sluffinben be§
(Stoffes für feine ^auptoufgabe, fomit nid)t ftofflid^e Dri*
ginalität für fein SSerbienft l)iett. 3ene§ ujar il)m nur
eine läftige S'Jotnienbigfeit, bie er fic^ gerne öon jebem
beliebigen obnel)men lie^, o^ne ha"^ er it)m bafür 5Inteil
on ber 5lutorfc^aft feines SSer!eS eingeräumt ^ätte. (Sine
fold^e Stoffgleic^lieit befte^t nun ^tüifc^en ber ^^bippe bei
^allimacl)oS unb ber SSorgefd)icl)te ber Siebe bis jur (Sl)e
») (£. ©ilt^e^, De Callimachi Cydippa. ^dpm 1863. Sßgl.
ado^be^ ©.154 ff.
— XV
bcr gelben bei Xeitop^on @p^ef. 1 1—9. ©ie !önnte fid^
beftenfaÜS qI§ birefte§ OueltenüerfjQltniS jtoijc^en beiben
5lutoren erroeifen, tüenn onberg tne^r al§ bürftige tiefte
üon ber Siteratut jener ^tit erholten toären. Sebenfoߧ
t)oben ober nid^t nur 2ongo§ unb 2lc^ißeu§ Xaüo^, öon
benen üio^be (2. ?Iuft. @. 173) felbft pgibt, ha^ fte fic^
feinem @d)ema ber erotijcEien ©rjötilung nic^t fügen, jonbern
Quci§ bie anberen 9ftomoncier§ ni(f)t§ mit bemfelben ju tun.
2)enn quc^ t)ier f)anbe(t e§ ftci) nic^t um einen gormt^puS,
fonbern um eine (Summe allgemeingültiger unb =üblid^er
©inseljüge.
So bleibt üon ollen auf bie 9ftomonc^ara!teriftif
bafierten Kombinationen 9(lof)be§ nur bie 33infenn)a^rl^eit
befte^en, ha^ ber griec^ifc^e Sftomon eine epibei!tifcf)e ©attung
fei. Stn unb für fic^ bebeutet fie ni(f)t me^r, a(§ etma bie
Se^auptung, t)a'^ be§ Sop'^ofleS Stntigone eine bramatifd^e
5Did§tung fei. 2)enn n^eit entfernt, ha^^ SBefen ber 9fiI^etori!
bur(f) ÄlarfteHung ber 5lrt unb SBebeutung be§ r^^etorifd^en
gormbegriffe§ ju ergrünben unb oon ba au§ ben Üloman
§u üerfte^en, fpürt Sf^o^be, nac^bem er genug be§ §iftorifc^en
über Sopf)iften unb cSo|3t)ifti! jufammengetrogen, auc^ !^ier
nac^ ftofflic^en Berührungen stuifdien Sfloman unb ©pibeifti!
in ben Seifpieten ber ^rogt)mnafmatif, in ben ßontro*
öerfien be§ ©eneca, in ber fopf)iftifd^en 93rieftiteratur unb
anber§tt)D. 2)a^ ba feine SSermutung ber ßi^gepngfeit be§
fRomaneä jur Sop{)ifti! ebenfalls auf ber Übereinftimmung
fierrentofer (Sjempla beruht, braud^t nic^t erft gefagt ju
njerben. — So fann e§ nic^t SBunber netjmen, ba^ felbft
9f{ot)be§ literar^iftorifc^er 5lnfa| ber Stnfänge ber ©attung
burdt) fpötere ^apt)ru§funbe all folfc^ ern)iefen Ujurbe.
(Seine ^tipot^efe über bie @ntftet)ung unb 3"fommen*
fe^ung bei griedjifcfien 9flomane§ ift aud) metf)obifc^
XVI —
Qbäutoeifen. Unftottl^Qft er^c^eint e§ jo, jebeS ^erfmot be§
9flontant^pu§ auf eine eigene literarifdie Gattung ju proji*
gieren, beren ^oupteigenfd^aft ba§ betreff enbe 3JJerfmal
barfteHt. .^ötte 9^o^be nur etoa§ fd^ärfer gugefe^en, fo
t)ätte er tt)o^I oHe Gattungen ber griecf)if(i)en 5Rf)etori!,
^oefie unb n)iffenf(^afttid)en ©djriftftellerei ju 5lt)nen be§
SftomaneS unb i£)n gu einem ©ftroft ou§ ber gefomten
griedjifc^en ßiteratur gemad^t. 2)oc^ finb anbere ouf feinen
^faben fortgef(i)ritten. ©ine S^omonfoniponente nac^ ber
anberen niurbe neu entbec!t, bie §iftorie, bie Teratologie, bie
fd)on ^albamu§ al§ folc^e erfannt §u ^oben glaubte u. f. f.
ßalberini !onnte fc^Iie^Iid) eine rei^t ftattüdje Sifte oon
„SSorlöufern" aufftelten, unter i^nen @pi!, Xragöbte, neue
^omöbie, ^iftorie, ^^itofopi^ie. Um bie mettjobifd)e $ßer=
fel^rt^eit biefe§ S8orge^en§ gang gu ermeffen, erjc^eint e§
notttjenbig, baSfelbe an einem S3eif:piete ou§ ber neueren
Siteratur bargufteöen, ba f)ier.2)an! ber lüdentofen @r=
{)altung be§ 3}iateriate§ ta^ tt)ir!Iid§e Üinftlerifd^e unb seit'=
lidie $8er!^öttni§ ber einzelnen Siteraturformen gu einanber
längft offen unb !(ar gutage liegt. S)a§ beutfct)e @d^i(ffal§=
brama üon circa 1815 — 1825 möre fo in 9fJot)be§ 2lrt
(aber \a6)ii<i) rid)tig) nad^ ber ^unft, ber e§ angehört, al§
romantifd^e ©id^tung, nac^ feinem Sf)ema al§ ©arfteHung
be§ @d^i(ffoI§maIten§, ted^nifd^ burc^ ha^ fatale 9?equiftt
gu d)ara!terifteren. SBoHte man nun alle biefe äJJerfmalc
mieber auf Gattungen |)rojigieren unb biefe bann a(§ S5or=
läufer be§ (Sd^icffat§brama§ unb fo al§ feine Komponenten
betract)ten, fo ftünbe man üor ber ?(6furbitöt, bie Üiomantü,
ferner eine imaginäre ©cf)ic£fal§bid)tung, gu ber 3. S. auc^
hk gried£)ifc^e ^ragobie gö^Ite, enblirf) ben fog. S3unbe§=
roman am @nbe be§ 18. SQ^t!^unbert§, in bem ha§:
fatale 9iequifit 55ermenbung fanb, gu ' SSorauSf e^ungen ber
XVII —
(Sd^icEjoBbramati! ju er!{ären, toä^renb tiefe in SBa^rfieit
bo(^ nur eine ©pielart bei romantifd)en S)ramo§ unb \o
i^rer fünftterifrfien (Eigenart nacf) re[t(o§ au§ ber beut[(f)en
9tomantif öerftänblic^ ift. SBotlte man bie jfi^gierte §^po=
tf)eje gar in 9^o!^be§ @inne ausführen, fo tt:)äre e§ un*
öermeiblid), u. a. eine ©ef^ic^te ber grie(f)ijc^en STragöbie
unb ber gesamten romontijc^en Sichtung btn S3iograp|ien
ber einzelnen (gc^icE jalsbramotüer unb ^n^altSangoben i^rer
SSerfe oorau§^ujc^ic!en.
Snbem 9io!^be bie einzelnen Sf^omane al§ gfeidiartige
S^ertreter beSjelben @attung§tt)pu§ onfal), öerful^r er enblic^
unf)i[torijd). ©eine Iiterörgefc§id)tlic^e, übrigen^ jc^on längft
al§ füljd^ ern)iej'ene gijierung ber 9ftomane nac^ ber SeBenl*
jeit ifirer Sßerfajfer bietet bafür infolge ben obigen 5tu§=
fü^rungen über @nttt)ic!tung§gefc^id)te feinen örfa^. SSiet*
me^r tt)öre e§ notmenbig getnejen, ben einzelnen 9flomanen
anftatt feiler ®eringfc^ö|ung eine öon SSer[tönbni§ ber
@opf)i[ti! getragene Unterfudjung ifirer 5^un[tform ^u njibmen.
Sn if)r f)ötte fic^ allbalb Z\)p[\ä)^§> öon Snbioibuellem ge=
fd^ieben. @o ujöre e§ bann möglich geujorben, bie SSarianten
be§ ©attung§tt)pu§ gu einer 9lei§e gu orbnen, bie felbft
gum 3(u§gang§punfte ber @ntn)i(ilung ber ©attung jurüif»
füfirt.
2)iefen SBeg einer Unterfui^ung ber 9fiomane fetbft
Befd^ritt in ben ^xod ntetl^obifd) neuen Kapiteln feiner forg*
fältigen 5lbf)anblung Slriftibe ßolberini. SSenn er tro^
biefe§ bebeutenben ^ortf(i)ritte§ über 9ftof)be ^inaul bie
©rfenntnil griec^ifdjer Slomanfunft unb i^rer (Sntnjicflung
Oerf)ältni§mö^ig n)enig förberte, fo rü^rt bie§ ba^er, ha'^
er t)auptföd)Iict) ©toffelemente, Xopen unb tec^nifc^e ^unft^
mittel üer^eid^netc unb nur unter bem fettfomen Sitel ber
rl)etorifd)en Kultur be§ 9lomancier§ feinen Sammlungen
©c^ifjet, Dloman. b
— xvin
einige toenige red)t fc^ä^bare S3emer!ungen über bog
fünftlerif(i)e ^rin^ip be§ ^araEeti§mu§ unb ^ontra[te§ im
grieäiifc^en Sfiomane einfügte (©. 145 ff.), ^ie unglüc!li(f)e
Stufteilung ber (Sin^elbeobadjtungen unter bie brei „ütoman*
beftanbteile" be§ ®efül§Ie§, ber ^anblung unb ber Kultur,
atfo unter rein materielle @efic^t§punfte madfite ßalberiniS
©ommtungen überbie§ ^u einem unüberfic^tlic^en ^^ütU
faften mit öerbinbenbem iejte. S)q^ bol olfo aufgefpeic^erte
äßateriot mand^eS Srauc^bare neben funfttedinifd) gan^
©leid^güttigem, g. S. ben StuSfü^rungen über ha§> etl)no*
grap^ifc^ = geogropfiijc^e ©erüft ber ^anblung ober bo§
prioate unb öffentliche Seben im Sflomane entf)ält, ujirb
gerne anerfannt. dlux ift haS^ fc^on gelegentlich ber ^riti!
über 3flo^be $8emerfte gu iDieber^oIen, ha^ olle biefe Xopen
unb tei^nifc^en ©insetfieiten ©emeingut ber antuen SDicljtung
ober Sft^etori! ober beiber nsaren, ba^ fie bemnac^ nur in
ber 5trt i§rer fünftterifdjen SSerWenbung bie Slomangattung
unb il)re ®nttt)idtung§ftufen fennseic^neten. Um aber biefe
SSertt)enbung§art er!ennen gu fönnen, mu^ erft bie ^unft*
form ber eingelnen Üiomane ermittelt unb ha§ ^erföntic^e
unb @attung§mö^ige in i^r !tar gefc^ieben fein, ^ür foIcf)e
UnterfucJiungen fef)Ite aber bem beutlic^ Iiterar^iftorif(^ ge=
richteten ©alberini offenbar ^ieigung unb SSerftänbnig.
©cf)tie^Iid^ erübrigt bem SSerfaffer, allen benen ju
ban!en, bie il)n UJölirenb feiner faft 5el)niö|rigen S3efd^äftigung
mit bem Probleme geförbert l)aben. Singer ben brei ouf
bem 2öibmung§blatte genannten gorfdjern mar e§ öor*
nel)mlid) ^onrab ^^ie^^ina, beffen einzigartige Segenben=
!enntni§ il)n bor Sauren in le^rreidjen @efprücl)en burc^
ba§ äBirrfal ber obfoleten oltcl)riftlic^en S3elletriftif gu ben
XIX —
enttt)i(f(ung§gejc^ic^tlic^ bebeutfamen 3£ontf)ippe * ^ottiyene*
aften füt)rte. SiJac^^attige 5lnregung Boten bem Sßerfafjer
QU(^ bie geiftöoQen Darlegungen be§ gele{)rten @. Singer, 9
ber fef)r üBerjeugenb eine äl)nli(^e (Sntfte^ungSweife be§
@po§ öertritt, njie fie im g^olgenben für ben Sfloman nad^*
juttjeijen öerfudjt tnurbe.
^) Sie SSicbergeburt be§ @po§ unb bie (Snlfte^ung be§ neueren
9fiomon§. ©^jrod)e imb S)td)tung II (Tübingen 1910) 31 ff.
©ras, im Suli 1913.
S>er 23crfoffcr.
Inl)alt.
Seite
SSortoott V— XIX
1. 9flontan unb 9JoöeEc 1 — 3
2. 9lriftetbe§ üon 9KtIet (5«oöetIen!ranä) .... 3—4
3. 2tnton{o§ ®iogeneg (3ia'^menergäl)tung) . . . 4—5
4. 2u!io§ tion ^atrai :mb §t^uleiu§ öon SJiabaura
(ertoeiterte Diafintenergäfilung) 6—8
5. ^etrontug (@pifobenreif)e) 9— 11
6. 2Iöentürene^)i! 11—14
7. Sflino^romon (embryonaler 3tt)ei:^etbenroman) . 14—19
8. 9tomon ber 2lUcrnterung§teci^mf (3£eno^:^on öon
®|)f)efo§, g^ariton) 19—30
9. :3fltttbIid^og (SSerf^rönfung§ted)ni!) .... 31—44
10. ©piritualiftifd)er Stoman (|)eUobor, 9(d){neu§
2atio§, Songog) 45—50
11. §eItobor (neuplatonifd^er Senbensroman) . . 50—62
12. STc^illeug Xatioä (SDtoberoman) 62—81
13. SongoS (pf^(i)oIogi[d)er 'Stoman) 81—94
14. 21u§blid ouf ba§ S[JJtttelaIter (bi)§anttntfcf)er
Oienaiffance* unb diriftlid^^gnoftifd^er §äufung§*
romon) 94—104
Slnl^ang. ©tieberungSffisäe ber „§irtenge)d)i(l)ten" beä
2ongo§ 105—109
1.
®en öon SDuntop unb Äorai§ Behaupteten ^ufommen*
l^ang gtoifc^en griedEiifd^em ütomane unb griec^ifc^er SfJoöelte
Xok§> (£rn)in Sflo^be^) ^nxM, einerfeiti ge[tü|t auf bie öon
i^m für bie betben Äunftfornten überhaupt aufgeftettten
Spornten, anbererfeit§ auf ©runb feiner S5orftettung öon
ber Eigenart i^rer grie(^if(f)en SSertreter. ^lacE) feiner
9Infic^t fteltte nömtic^ bie gried^ifc^e SfJoöeEe, at§ au§=
gefprocEien realiftifct)e Gattung, einen biametraten ®egen=
fo^ §um erbenfernen, alfo ejtrem ibealiftifc^en griecfiifd^en
Slomane bar. 9^ur ßeute öon fe|r unöotHommener Ä>nntni§
Beiber ^unftformen fönnteu baf)er an i^ren ßufammen*
fiang innerhalb ber gried^ifc^en ßiteratur ben!en. 2)ie
SSerfe^Itf)eit be§ 9^o^be'fc^en @tanbpun!te§ mad^t eine (£r*
innerung einerfeit§ an bie „3tBenteuer jenfeitS Zi)ük§"
öon 5lntonio§ S)iogene§, eine§ 9^oüettenfran5e§ burd§au§
nid|t reatiftifdfier g^örBung unb an bie S^ioöette öon Slmor
unb ^ft)(i)e, ber in Üto^beS «Sinne ebenfon)enig reaüftifd)en
(Sintage in be§ Slpuleiu§ „äJJetamorp^ofen", oubererfeitS
an ben ®efc^ic^t§roman öon dlmo§i ober an (5!^ariton§
l^iftorifd^en 9floman öon ®f)airea§ unb ^atlirr^oe fofort
!Iar. dagegen erfannte fc^on gr. Söouternje!^) richtig
1) S)er Qxkd). Sioman.^ Seipjtg 1900, ©. 5 ff.
") ^tftfieti!. 2tipm 1806, <B. 434.
©c^iffel, Sioman.
im ^e{)Ien jeber öele^renben Stbftc^t ben Unterfd^ieb be§
griec^ijd^en bom mittleren unb neueren fRomane, einem
bibo!tifc^*äftf)etifc^en SHijc^gebilbe unb äugleid^ bie äfttietifc^e
(Eigenart jene^, bie er mit ber ebenjo au§fd§Iie^Iic^ auf
öftf)etijd)e (Srgb|ung be§ £ejer§ gerict)teten gried)ifc^en
SfJoöeHe teilt, ©riec^ifc^er Sfloman unb ^eöeniftifc^e S^JoüeHe
gel^ören otfo ä[tt)etifc^ berfelben Kategorie be§ reinen ^unft*
mxU§> an. (Sie öerfolgen aber auc^ if)r äft^etijd^eä ßiet
fo »eit mit gteid^en SJiitteln, ba'^ fie na^ ber antifen
^unftre^re beibe unter biefelbe @r§ö^Iung§gattung fallen,
ba"^ alfo §tt)ifc£)en it)nen ni(f)t — mie Ütotibe meinte —
grunbfä^ti^e äftf)etifc^e, fonbern nur !ünftlerif(f)e Slrtunter*
fd)iebe befte!£)en. 3)iefe SDifferengen, bie Sflo^be bei un*
genügenber Kenntnis ber romanhaften griediifdjen Literatur
ai§> Überaul bebeutenb erfd)ienen, erüären fic^ au§ ber
l^iftorif(i)en (Sntn)i(f(ung ber ©attung.
S)ie gried^ifdie ^unftt^eorie unterfd)ieb — lt)ie gefagt —
ni(f)t, gteid^ ber f)eutigen, grunbfä|tid) gnjifcfien S^oüeüe unb
9^oman, fonbern nannte beibe, al§ Wirten ber „ßrää^Iung",
bie ebenfogut auä) in @efct)ic^t§tt)er!en ober Sieben ftatt*
fanb, öirjyfjöig, beäie^ung§tt)eife öujyrjfia. ®er 3^ormat*
unterfd^ieb mürbe aUerbingS berütffid^tigt, inbem öitjytjoig
bo§ größere (SJonge be^eid^nete, ba§ au§ einzelnen in fic^
gefd£)toffenen Xeilen, ben öitjytjfiaza, beftanb. S)Drf) legte
man, mie bie S3eifpiete lehren, !ein ©emic^t borouf, ob bie
Xeite felbftänbige Einlagen, alfo S'looellen, ober ob fie nur
©pifoben eine§ SBerfel, ober ©jenen belfelben barfteflten.i)
^iefe Unterfc^eibung üon ©anjem unb Xeile lä^t nun er*
f(i)Iie|en, ba^ bie SfJoOetle nur in größeren Sammlungen,
in „ S'Joüellenfrönäen " literarifd) auftrot unb ba^ bem
^) §ermogene§ 4, 9—15 (dtaU).
— 3 —
Übergange be§ S^oüeHenfronjeS in eine ©pijobenrei^e unb
bann in einen gefc^Ioffenen Sftoman feine @ottung§jc^ranfe
l^inbernb im SBege ftanb. Slu§ biefem ©runbe teilen ja
SfJoöeHenfronj unb 9f?omon in ber olten 5tf)eorie biejelbe
Üinftlerifc^e S^arafteriftif. ©ie öerfolgen nad^ i^r beibe
eine rein öft^etijc^e §J[bfid^t, nämlic^ bie ©rgö^ung be§
2ejer§ burc^ eine ^arfteHung, oI§ beren fünftterifd^eS
^rinjip 9J?annigfaItig!eit erfc^eint. 3)iefe njirb n)ieber burc^
Ä'ontroft erreidit, in ber @r!enntni§ ober 5l|nung be§
äft^etifdien ®efe^e§, ba^ Unluft, al§ SHittel jur £uft bur^
bieje mefir al§ oufgen^ogen njerben !onn. 2)er (£nbpun!t
ber \o entfte^enben ^ontrafüette mu^ aber bem ©nbjnjetfe
ber ©attung bireÜ entfprec^en, ber (Sc^Iu^ be§ einzelnen
SBerfe§ aljo ein erfreulicher fein. Slu^erlid) präfentieren
fic^ 9^oüeIIen!ran§ unb 9f{omon al§ §ufammengefe^te§ ©an^eS,
bo§ ou§ frei erfunbenen, aber möglici^en, aB toa^x er^ä^Iten
unb be0t)aI6 beglaubigten ©ingelgeftfiicl^ten ober ©pifoben
befte^t, bie im fog. gemifdjten (Stile $iaton§ erjö^It finb,
in benen alfo ^erfonen ber (Srjöfjlung ebenfo, n)ie ber @r=»
gö^Ier ju SBorte fommen.')
2.
^Jii^t nur nad) bem geringften 'SRa^t ber nötigen
@(f)tt)ierigfeit§übern)inbung, fonbern aud) fjiftorifd) fteöt fid^
al§ erfte ©tufe ber in§ STuge gefaxten (Sr§ä£)tung§!unft
ber S'ioüeltenfranj bar, mie er in ben „milefifcfien @e*
fd^id^ten" be§ Slrifteibel mufterf)aft auSgebübet morben ttjar.
Sn i^m fdjieben fic^ Stoff unb 2)orfteIIung§form, alfo bie
*) 3ur öorftelicnbcn ®:§ora!terifti! tigl. meine Stbtjanblung: S){e
9rted)if(f)e 9Jooette. §ot(e a. ®. 1913 = Sfil^etorifc^e gorf(i)ungen
n 19; 64 ff.
1*
_ 4 —
beiben Komponenten be§ @attung§tt)pu§, ha^^ romantifc^*
noöeHiftijdie unb bo§ bialogif^^r^etorifc^e ©tement, noc^
jc^orf üon einanber. Snt ©pred^ftite erjö^tte @in§el*
gefd^ic^ten über boS ©runbt^ema ber ©attung, bie ßiebe,
tDurben burcJ) ein ebenfalls erotijd)e§ ^flo^mengefpröc^
jufammengel^alten, bQ§ ftc^ at§ <Bpxo^ ber üon ^laton anl-
ge^enben @t)mpo[tenliterotur erioieSJ) Sog [tofflic^ bie
©in^eit be§ Ännftn)er!e§ im gemeinfomen X^ema ber (Sin«
lagen, jo formell in ber fül^renben Ü^oUe ber 9?a!^men«
perfon 5trifteibe§, n)e(c^er bem Sefer gegenüber auc^ ^a^"
er§ö^Ier ber, etn§etnen ü)^at)Igenoffen in ben ÜJJunb gelegten,
StJobeHen unb SBeric^terftotter ber Q3egebent)eiten n)ä^renb
be§ @elage§ toav. ©tofflic^ ober formal ober beiberfeitä
öariierte ^Beijpiele fold^er äi^iteften finb an§ fpäterer Qdt
in ^etron§ fabula üon ber „SJJatrone öon @pf)efo5" famt
ben bo§uget)örigen 9?a^menpartien, in £u!ion§ „Sügen*
freuub", „@d^iff" unb „Xojariä" erhalten.
3.
^ie ^toeite (SntmicEIungSftufe oerförpert ftc^ un§ in
ben „5lbenteuern jenfeitS X^uk^" oon SIntonioS ®iogene§.
2)einia§ beftet)t biefe 5Ibenteuer auf ber g^o^rt in ben 9Konb
öor unb nac^ feiner breiunbjttiansigtägigen «Station auf
X^ute, mä^renb ber er ©erft)lli§ fennen unb lieben lernt
SSon i^r erfährt er in nächtlichem Siebe§oer!el^re — tag§=
über ift fie burc| SSerjauberung fc^eintot — eine gro^e
^In^a^t oon @efc^icf)ten, njetc^e fie teil§ felbft erlebt, tei(§
öon anberen namentlich angeführten ^erfonen erfahren
t)aben h)ill. ^a^u fommen im 24. unb legten Söuc^e beS
SSerfeg (Srjöl^lungen eines SläuliS. Stbgefelien oon bem
') ©benba ©. 102ff.
— 5 —
!ompIi§ierten Sflo^menopparatc ber 2Bibmung§briefe, ber
nottüenbig tüurbe, n)eil im öorliegenben ^alle Herausgeber
unb 2Bieberer§ä{)Ier öerfc^iebene ^erfonen finb, !et)rt ber
boppette 9f{o^men ber orifteibtjc^en SD'Jiteften oud) t)ier
toieber, jeboc^ mit bem tlnterjd)iebe, ba^ fic^ boS Sfio^men*
gefpräd) be§ inneren 9fto^men§ in ben Üieifeerlebniffen be§
SDeinioS pr 9ftQ^mengefc^id)te öerbiditet f)at, oI§ beren
@:pifobe nunmehr ber lange 5lufent^alt be§ S)einia§ in
X^ule famt ben öon fRa^mengejpräd) bnrc^brod)enen Einlage*
noöeöen ber 2)erf^ni§ erfd^eint. 9f?at)menperfon nnb 2öieber=
er§ä()Ier ift jugleid^ ^etb ber ffta'^mengejc^id^te, njeld^e aber
mit ben ©inlagen be§ SSJJittelftücfeS noc^ in feinem organifdien
ßufammen^ange ftefjt. 2)agegen ift bie Sßereinigung ber
©inlagenoöeüen nnter einen ©rjö^Ier meit öorgefc^ritten,
wenn auc^ noc^ nid§t üollftänbig burc^gefü^rt unb burcf)
bo§ ßiebe§öerf)öltni§ ber (£inlagener§ö]§terin §um gelben
ber 9fla^mengef(i)icf)te bie fpätere alternierenbe 58erid)t=
erftottung gleid^jeittger (Sriebniffe ber oon einanber ge*
trennten beiben ^auptperfonen (3£enop^on öon (Spt)efo§)
öorbereitet. ®a^ fie nic^t erreirf)t ift, ba^ alfo ha^ SSer!
be§ 5lntonio§ S)iogene§ noc^ at§ Sfloöetlenlrans, ni^t al§
Ütomon §u gelten ^at, öerfc^ulbete aud) feine t^ematifd)e
llneint)eitli(i)feit. 5[)a§ @attung§t^ema „Siebe" Ujurbe
nämlitf) nid^t etttja, ttjie in ben öorljin genannten brei
Iufianifd)en 0Joöeflenf rängen burd) ein onbereS erfe^t, fonbern
blieb auf bie 9fla{)mensnjifc^enftücfe, alfo auf bie @efpröc^§=
teile be§ 3JlitteIftücfe§ befct)rän!t, tt)öf)renb bie (£räöt)Iung§=
teile, foujeit bie Überlieferung er!ennen lö^t, t^ematifd) frei
njoren, b. {). öerfc^iebene (Stoffe öerfct)ieben traftierten. ^)
1) SSgl. äum SSor!^erge:^enben meine 3tugfü^rungen in: 9'ioüeIIen==
frätiäc Siifian§. §atte a. ©. 1912 = JR^etorifdie gorfd)ungen 1 101 ft.
6 —
4.
©er ©c^ritt gum brüten @nttt)i(fIung§[tQbium , für
ba§ in ber Söeorbeitung ber „9J?etQmorp{)ojen" be§ Su!io§
bon ^Qtroi burd^ 2(pu(etu§ öou ÜJJabQuro ein rec^t jpäte§
S3eif|)iel erl)alten i[t, tvax öon bem burc^ 5(ntoniog iiogeneS
öertretenen Z\)p fein ttjeiter. SDie 9f?Q^mener§ä^Iung blieb
nid^t anf S5or= unb (5c^{u|[tü(f be§ 9Ra'§men§ befc^ränft,
fonbern erftrecfte fic^ oud^ auf bie ß^^ifc^enftücfe gnjifc^en
ben ^erngefcfiic^ten in feinem 9}iittelteile, ber nnnmel^r ou§
einem bunten ©emifd) üon (Spijoben unb Einlagen beftonb.
2)ie S3unt!^eit tt)or beabfic^tigt. S)enn mit ber t^ematijc^en
©in'tieitlici^feit l^otte ber S3egrünber biefe§ Xt)pu§ ööUig
gebroc£)en um be§ tjöc^ften ßieteS ber ©attung, ber
äftt)etijct)en (Srgö^ung be§ Seferl tt)illen, bie er burc^ aud^
t^emotijd^ fd^ranfenlofe SJ^onnigfoItigfeit bejfer 5U erreid)en
l^offte. 2)ie S5ertt)enbung burc^Iaufenber 9laf)mener§Q^tung,
beren ©pifoben [id) ben Einlagen fontraftieren liefen,
förberte nun biefe Xed^nif ebenfo, n)ie fie bie g^iftion ber
SSertüanblung be§ gelben in einen (Sfel beffer motiöierte,
ot§ bie bto^e Üleifefiftion bei 2(ntonio§ SDiogeneS ober bie
^ütion öieler ©rjä^Ier öerfc^iebenen @tonbe§ in ber
tf)emotifc^ befd^ränften (Situation be§ erotifd^en ©^mpofion
bei 5trifteibe§ unb feinen ^ad^a^mtxn, ^unftmittel, beren
®ebraud| fid^ übrigens £u!io§ unb mit if)m Slpuleiul
gteid)fofl§ ni^t öerfd)loffen. 2)enn ber ^etb ber „SJJeta*
morpf)ofen" erlebt unb erfährt ebenfo auf ber Ü?eife, mie
2)er!t)ni§, prt ebenfo oon öieterlei ^erfonen unb t)äufig
burd) beren SntereffenfreiS beftimmte S3egeben^eiten, mie
?lrifteibe0. SDie $ßertt)anblung be§ gelben unb ©rsö^IerS
ber 9ftat)mengefd)i(i)te in einen (Sfel fonberte biefe fc^arf
öon ben ©intagen. 9JJu^te fie bod^ einem Übergreifen ber
— 7 —
iRofimenperfon in bie ^eritgefc^ic^ten, olfo einer Umfe^nng
berfelben in (Spifoben abträgüä) fein! 3mmerf)in finb Sin*
fä^e ju jolc^em Übergreifen öor^anben, irie bie (S^ebrud^S*
gefd)ic^te ber aKütterSfrau bereift (^pn(eiu§, Tltt IX 27),
in njetd)e 2uciu§ tro^ feiner ©fetsplle bnrd^ Hufbecfnng
be§ (S^ebred^erS eingriff. SDie Einigung ber Einlagen nnter
eine SBiebererjä^Ierin, n)elc^e bei 5lntonio§ ®iogene§ be=
obacEitet tüurbe, öer^inberte tiier eben bie SKetantorpfjofe be§
fRoi^men^etben, bie e§ unmögtic^ ntQcI)te, i^m eine erotifc^c
Hortnerin jn geben, tt)ie fie S)er!t)ni§ für SDeinioS war.
i)a^ tro^ QÜebem ber burd^ Hpuleiu§ öertretene ©räö^tungS*
tt)pu§ ber 9^omonform nä^er fte^t, al§ bie öorl^er be*
fprodienen @nttt)ic!(ung§ftufen ber ©attung, ben)ir!te bie
SSereinignng ber früt)er biffufen Sf^a'^menstüifcfienftütfe gu
einer gefc^Ioffenen 9flof)mener§ä^Iung mit ber Sfta^menperfon
aU gelben unb bie ^eftigfeit ber öorbem nnr lofen 93e=
§ief)ung ber Einlagen auf feine ^erfon mit §ilfe ber SSer=
tüQnblungSfiftion. «Sie mad^te ja bie ©inlagenoöeßen jn
bire!ten ober inbire!ten ©riebniffen be§ §etben. Snbem fie
at§ folcfie für feine ß^aroüerentmicünng beftimmenb merben
fonnten, trat bie urfprünglic^e 9flat)menperfon immer mel^r
in ben 9)JitteIpun!t be§ 2öer!e§, mürbe fie immer me^r
au§ einer ©eftalt üon blo^ tec^nifc^er gunition ^um Z^tma
be§felben. StpuIeiuS !ommt in ber Ülictitnng jnm felbft«
biograpf)ifc^en Sfiomone um ein gutes 8tüc! über feine
SSorloge t)inau§. 2u!io§ öon ^atrai {)atte bie 5lbenteuer,
bie ber in einen (£fet öerjauberte ^elb felbft erlebt unb bie
S3egebenf)eiten, bie er öon onberen erfahren l^atte, alfo ben
Snfjalt öon ©pifoben unb Einlagen fpurloS an if)m bor*
übergeben laffen. (Sin ©egenftüc! jur amouröfen ^otaiftra*
epifobe, ta^ ebenfo tragifomifd) enbenbe @rlebni§ mit ber
nur in \)a§ ©efc^led^tSgüeb be§ (Sfe(§ öertiebten Patrone
Bejd^tie^t bo§ SBerf unb jeigt ben 2uciu§ nod^ eBenfo öor*
tüi^ig, tt)ie p jeinem beginne, ^iefe t^emott jd^e unb
formelle Sinologie öon S8or* unb ©c^tu^tüc! be§ 9f{a§men§
erinnert an boS urfprünglic^ gleid^faÜS erotijclie 9ftQ^nten«
gefpröc^, bo§ infolge feiner rein ted^nifc^en Slufgobe — tt)a§
Su!ian§ „Sügenfreunb" fo fcf)ön iüuftriert ~ am ©d^Iuffe
meritorifc^ über ben Slnfong nid^t !^inau§gebie!^en gu fein
pflegte. 2)ie ©pifoben ber 9la!^mengefc^id)te ftnb dfo bei
2ufio§ für ben gelben ftttlic^ bebeutungSlofe S^orföHe, bie
ebenfo zufällig unb beliebig ouf einonber folgen, tt)ie bie
üerbinbenben ©ejpräc^Steile ber äRilefien. 31puleiu§ ertiebt
nun biefe 5lbenteuer be§ gelben burd^ if)ren ^ontroft mit
bem m^ftifd^='erbaulitf)en 9JJetQmorpf)ofenj(^Iuffe, ber un*
begreiflicher SBeife aud^ einmal ironifd) oerftonben mürbe,
5U ©tufen feiner moralifc^en Säuterung. 5(puleiu§ ^onbelt
e§ fid) fomit nid^t me!§r um eine öu^erlid^e 3^iitrQtifation
üon ©intagen unb (Spifoben, fonbern um i^rer oller
©ommlung in ben S3rennpunft ber @eelend)ara!terifti!
feine§ gelben, beffen S3ilbe er bo^er auä) eigene QüQt
einfügte unb einfügen fonnte. ®em SiJJobaurenfer mirb
mof)I Qud) bie SSereinfod^ung be§ nun entbe^rlid)en Dflofimen*
opporoteS ber ©ottung ju^ufd^reiben fein. @in Sf^ubiment
be§ bei £u!io§ aßem 5lnfc|eine md) nocf) ou§füt)rIic^eren
boppelten 9JiiIefienro{)men§, in bem fic^ ber 9f{at)mener5ät)Ier
a(§ Herausgeber oorjufteHen pflegte, fteüt ha^ arg mi|*
öerftonbene erfte Kapitel ber „9JJetomorpf)ofen" unb — menn
man mitt — einen üieft ber bei 5lntonio0 S)iogeneg fo
üppig auSgebilbeten SOf^anuffriptfütion bie ^Betonung ber
fd^riftli(^en Überlieferung be§ SBer!e§ in feinen Eingangs*
morten bar.
— 9 —
5.
3)ie ^tuft jtüifc^en ©intogen unb fRo^mengefc^tc^te,
bie bei 2u!io§ unb ^puteiuS infolge ber SSerrt)anbIung§=
fütion be§ 9fla^men!^elben n)eiterbeftanb, mu^te fid^ jc^Iie^en,
bomit ber SiJoöellenfrQnä jum Sf^omone njerben fonnte.
(Sinen gortfd)ritt in biefer 9?id^tung bebeuten ^etron§
Saturae, bie un§ bie öierte (SntnjidlungSftufe ber ©attung
repröfentieren. SSon ben opuleionifc^en „ÜWetQmorpf)oien"
unterfd^eiben fte fic^ junäc^ft barin, ha^ bie meiften (Sin*
lagen gu (Spifoben geworben finb. 2)ie ursprünglichen
©renken ä^ifdjen 9iat)mengefc^ic^te unb Einlagen beginnen
bergeftalt gu öerjd^tüimmen, ttjenngleic^ nod) nid^t ju t)er=
jc^Ujinben. S)enn ha^ (Spifoben, raie bo§ „©aftma^I be§
^rimaId)io", gefonbert überliefert unb f)erau§gegeben mürben,
ha^ Sluljüge au§ bem ganzen 2Ber!e fiergefteHt »erben unb
aßein erf)oIten bleiben fonnten, ift feine blo^e Sonne be§
ßufaßeS, fonbern ein 5öen)ei§ für bie ftarfe SBir!famfeit
ber ©ren^e ^njifdjen (Spifoben unb 9fJaf)mengefc^id)te. 3)o§
aber auc^ unfer ©j^erpt ber Saturae (au|er beut ®aft=
maf)Ie be§ Xrimolcfiio) einerfeiti über bie 9fiaf)mengefd)ic^te
^inauggreift, anbererfeit§ biefe öerftümntelt, beUjeifet !^in=
njieber, ha^ bie ©renje jujifc^en Sfto^men unb (Spifobentüer!
nid)t fdiarf genug Ujar, um bie Sf^a^mengefc^id^te jo glatt
au§ bemfelben f)erau§äutöfen, n)ie e§ ßuüan in ben „9JJeta=
morpfjojen" be§ SuüoS öon ^atroi öermoc^t ^atte. 5)ie
(Sreuäe ätt)if(^en ©pifoben unb (Einlagen, beren fic^ la einige
n}enige al§ otoöiftifd^e§ ÜJJerIntal in ben Saturae erhalten
fjatten, einerfeitg unb a'^a^mengejiiiic^te anbererfeit§ beftanb
fonjot)! t^ematifd), atg auc^ formell. Sm @egenfa|e §u
£ufio0 öon ^atrai unb S(puteiu§ fonnte nömlic^ ^etron,
beffen §etb (Sncolp nid)t in einer 2;ierf)üIIe ftetfte, tt)ie ber
— 10 —
orme 2uciu§, in ber 9flo{)mengefc^t(f)te jum ©runbt^ema
ber ©ottung, jur Siebe gurücffe^ren. @ie ftellte für bie
^bfd^nitte ber 9flo|mener§ö^Iung gegenüber ben bifparoten
^f)emen öon (Spijoben unb ©inlogen ein einenbe§ SOfioment
bor. formen toax ber 9fto^men im ®egenjo|e §n ©pijoben
nnb ©inlogen ein^eitüd^ burc^ bie 5l!tiöität be§ Üla^men*
l^elben (Sncolp in if)m; für bie ©pifoben tüor ©ncolp bo=
gegen nur ©totift unb Seric^terftotter. SBie oben bei
^puleiu§, laffen fid^ ober oud§ ()icr Übergönge üon ©pijoben
in 9f{of)menteiIe beoba(f)ten. @o toirb §. 33. bie gonj felb*
ftönbige ^^itometoepijobe (c. 140) bobur(^ enger ber Üla'^men*
gefc^id^te ongefügt, bo^ (Sncolp fid^ @umoIp§ Sßorgonge
onf(i)Iie^t unb mit ^^itometenS ©o^ne, mie fein ^otron
mit i^rer SCoc^ter, fein Siebelglücf öerfud^t. Sei bem
immerl^in befte^enben ?tbftonbe öon 9f?o^men unb (Spifoben
toor bie (Sinf)eit be§ gelben fomit nod^ nottoenbig für bie
fünftterifc^e (gint)eitlid§!eit be§ ©ongen. tiefer Umftonb
unb bfl^ ©ncolp nur 9flaf)men^elb mor, ift entfc^eibenb für
bie Ouoüfifotion be§ SBer!e§, bo§ nic^t oB 9flomon, fonbem
al§ S'Joöellenfronj, genouer (gpifobenrei^e äö^It. @Ieic^
SufioS üon ^otroi f)ot ja oud) ^etron ben boppelten
3JiiIefienraf)men beibe^olten, n)o§ ou§ ber Sbentitöt öon
Ülotimenperfon unb SSiebererjöiiler in ben Saturae l^eröor=
ge^t. ferner güebert oucf) ^etron bie (Spifoben ber Sfio^men*
gefc^ic^te ein, Ujie 2u!io§ unb mit i^m ?tpuleiu§ bie ^o^
öellen. 2Bie nömlic^ in ben „9JJetamorpf)ofen" ber Suciu§*
@fel feine Ferren n)ed)felt, fo in ben Saturae (Sncolp feine
^otrone. S3eibemoI bejeid^net biefer @ituotion§tt)ed^feI einen
fünftlerifd^en ©infc^nitt, mo§ fd)on borou§ erbeut, bo|
©pifoben (3. 33. ha% ©oftmo^I be§ STrimotc^io bei ^etron)
ober ©inlogenoöeßen (j. SB. bie 9ftäuber=, (S^ebrec^er^iftörc^en
bei 5lpuleiu§) ^öufig burd) bie jemeilige Umgebung beS
— 11 —
gelben Bebingt finb.i) Ob bei ^etron fRa^meneingang
unb -enbe ebenfo, toie in ben früf)eren @nttt)itf(ung§[tufen
ber Äunftform, §. S. bei 2u!io§ unb ?lpuleiu§ burc^ bie
S5ertt)anbIung§fiftion, bei 5tntonio§ Diogenes burc^ bie Sfleife
be§ gelben, bei S(rifteibe§ buri^ ha^ erotijdie ©t)mpofton
öom 3}Jittelteite be§ äBerfeS abgehoben Jüoren, entjiel^t fii^
unferer Kenntnis. SSa^irfd^einlid) erfd)eint e§ iebo(i) 5ln*
gefic^tS ber übrigen Sinologien. S)ie Saturae teilen enblic^
ebenjottjenig, n)ie £u!io§ öon ^atrai be§ Slpuleiui pftid^o*
logifc^e 9(^ic^tung. ©pifoben unb ^^ofen ber 9f{a^men*
gefdiic^te tragen jur fittlicl)en ßäuterung be§ 9lal)menl)elben
©ncolp ni(^t§ bei, n)Q§ tro^ ber frQgmentarijdien Über*
lieferung be§ 2Ber!e§ qu§ feiner reoliftifc^en Xenbenj 2) mit
©id^er^eit erfc^loffen nierben fonn. (3ax bie (Spijoben ftnb
fic^ al§ realiftijd^e ©ittenbilber (Selbft5tt)etf unb bilben
joldjernta^en nur ben, mit bem treiben be§ gelben aller«
bing§ öortrefflic^ §ufammenge[timmten, fittli^en hinter*
grunb, bie f^olie ber 5ßegebenl)eiten be§ 9f?a^men§, ber alfo
n)o]^l — gleid) bemfenigen in ben „SJJetamorp^ofen" be§
£u!io§ — ebenjo erotif(f)=burle§f begonnen, n^ie geenbet
t)aben bürfte.
6.
ajltt aöem 9fJac^bru(fe ift ber ßufonimen^ong jurüc!*
pujeifen, ben man jn)ijdf)en ber ^unftform ber Ob^ffee unb
ber Saturae fonftruiert ^ot. SSenn fic^ auc^ bie Dbtiffee
ou§ ©pijoben guiammenfe|t, bie übrigen^ burcl)au§ nic^t
cl)ronologijc^ oufgerei^t jinb, fo fel)lt bo^ bie (^ara!teriftif(f)e
9^ot)menform, ber bie ©pifoben al§ fompofitioneK unter*
») aSgl. meine 5lu§fü^rungen im ^^ilologug LXXH (1913) 112 ff.
2) aSgt. meine Darlegungen in ben SBienet ©tubien XXXIII
(1911) 272.
— 12 —
georbnete 5tbfd)nttte eingegliebert finb. ®or bie ©rtüeiterung
be§ fRQf)nten§ ju einer eigenen ©rgafilung erotifci)er 'äxt,
auf ttielc^e bie ^elbenroüe ber ^auptperfon be§ SSer!e§
gemä^ ifirer (Sntoicflung qu§ einer tedinifd^en 9flat)men*
figur be§ alten Sf^oöenenfron^el befd^ränÜ bleibt, toiberfprid^t
bem ©eifte ber gried^ifd^en, tt)ie ber mittetolterlid^en gelben-
epif, in ber bie 5lbenteuer gerobe burrf) i^re ^öegie^iung auf
ben gelben bem ^ublüum intereffont ttjerben. ®a^ eine
borjüglidie ober gor au§frf)Iie^Ii(f)e SSerioenbung be§ erotifcEien
Elementes ebenfalls nic£)t im (Sinne ber 5Iöentürenepi! liegt,
brandet nid^t erft betont ju merben. Slud^ au§ ber au§=
geprägt realen ütid^tung ber ©pifoben bei ^etron unb in
ber Ob^ffee ift ein ©d^Iu^ auf it)re fünftlerifd^e SSermanbt*
f(^oft unjulöffig. S)enn bie fRealitöt f)ier unb bort ift
grunboerfd^ieben. $öei ^etron finb e§ gur Qdt be§ SSer»
fafferS objeftio üor^anbene fitttid^e 3^f^önbe, im (Spo§
Ujunberbare, ober bod^ ungetööf)nlid)e ©riebniffe beg .Reiben,
bie gefd)ilbert merben. ©pejieU bie oier ©efänge 9 — 12
ber Dbtiffee, in benen Dbt)ffeu§ am §ofe be§ SllfinooS
feine monnigfad^en 5lbenteuer erjö^It, tt)eifen beutlid^ in
eine ganj anbere S^lic^tung. @rf)on ßufian er!annte in
feinen „tna^ren ©efc^idEiten" (I 3) in i^nen ben Stu§gang§*
)3un!t ber ?fteife= unb SBunberberid^te in ber 5lrt berjenigen
bon SömbuIo§ unb ^tefia§, alfo einer urfprüngtid^ tt)iffen'
fd^aftlid^en ©d^riftftetlerei, n)eld§e e§ al§ foId)e tro^ i^rer
lügentjaften Übertreibungen mit ber S3eglaubigung i^rer
Spfütteilungen fe^r genau nafjm.') Snner^alb biefer öon
^) (Sine Slnjpielimg ouf biefe 93eglaubigung§te(^mf, genauer
ifire beiben übKdien formen birefter nnb mittelbarer 93ejeugung ift
in 2ufian§ ©:^ara!terifti! btä tteftag ju erbliden. ttefia§ ^abt
nömlid^ Singe erjäi^It, bie er toeber felbft gefeiten, nod) üon irgenb
— 13 —
ßufian öortreffüd^ c^arafterifierten janugfö^jfigcn ßiterotur*
gottung, biefcr ergö^üd^en SBiffenfdfiaft ober geletirten
^eEetrifti! loffen ftc^ tüieberum gtüei Sttd^tungen unter*
fcf)eiben, eine mel^r geogrQpl)ij(i)e unb eine ^iftorifd)e. Sener
gef)ören bie Sßerfe be§ ^tefioS, ^omöuIoS, @uf)emero§ al§
9fleifebef(^reibungen bürgerlicher ^erfonen on; bieje fnüpfte
i^re SBunber unb SIbenteuer an bie Flomen beftimmter
l^iftorifc^er ^erjönlid^feiten, bie nac^ bem ß^^^Ö^f'^^^^'^^
tüed^felten. ®er jagenf)afte gürft üon St^ofa mad^te im
fog. 5l(ejanberromane be§ ^feubo^^aüift^eneS — ber l^elle*
ni[tif(i)en Db^ffee — Slleganber b. @r., in früt)c^ri[tlic^er
3eit ben Stpoftetn unb im WlxikMkv SßoI!§^eIben, mie
^erjog ©ruft, Sl^oHoniuS üon 2;t)rlanb, 9fJi!olQO§ öon
irani u. ä. ^la^. 2)o§ ©toffetement be§ äöunberboren
blieb aber in beiben Ü^ic^tungen baSfelbe unb »ererbte [ici§
ou§ it)nen auf bie c^riftlic^e ßegenbe unb ta§: tjöfifc^e
@po§ be§ 3Jiitteta(ter§, unb ^toax teil§ bireft, teit§ aul
ft)ftemotifd)en (Sj§erptenfammtungen, tüu fie 2lilian§ Xier*
gefc^ic^ten in joologifd^er, ^Ejlegong unb ftrenger be§
2)oma§fio§ ou§ ®ama§fo§ äJJiraMfompenbien in jpiritu*
ali[tifd)er ^infic^t barfteüten. S)a§ fid^ ouc^ noöelliftifc^*
erotifc^e (Elemente allein ober f)öufiger in Ä'ombination mit
bem SSunberbaren aU meitere ©tofffomponente ber ßegenbe
einftettten, :^at ^. SBenblanb 0 nac^gemiefen. ^ier fei nur
ouf eine einzige bire!te Slnalogie gmifd^en Segenbe unb
jemonb bcjeugen !^örte (S fiTjre avrog siöev /x^re aXXov aXrid-ev-
ovToq TJxovaev Sufion I 130, 14 ^Uen). 3lad) ben er^Itenen
©Eäerpten fc^eint ttefia§ in ben 'Ivöixä üon btefen beiben 93c*
gtaubigung^arten befonberä ausgiebigen ©ebroud^ gemad^t gu ^ahtn
(ogl. 9l^etorifd)e grorfc^ungen I 91").
*) De fabellis antiquis earumque ad Christianos propagatione.
®ötttnger ^rei§öerteilunggfd)rift 1911.
— 14 —
abenteuerlichem Sleifeberic^te al§ Seteg für ben focbcn um*
riffenen ßufammen^Qng üertüiejeu. ®er öon ^onrob
3tDterjiuo bejc^riebene SegenbentopoS tiom unjerftörbaren
Seben fptelte and) in ber gried)ijd)en Sloentürenepif eine
bebeutenbe 9?oüe. 2)enn fonft {)ötte i^n il^r e;eröante§,
ber ©amofatenfer Suüon !aum |o aupUig in feinen
„UjQl^ren ©efc^id^ten" Qngebra(f)t.i)
7.
2öie fic^ ber Übergang öon ber au§ ben ^etronreften
immerhin er!ennbaren ^orm ber (gpifobenrei^e §um eigent*
lid^en Ülomane öoHäogen tjai, xoäxt öieHeic^t beffer p fagen,
ttjenn öon beffen ölteftem Sflepröfentanten, ben „Siebes*
begeben^eiten be§ Si^inoS unb feiner Safe" (au§ bem
1. öord^riftlic^en Sa^r^unberte) me^r erholten njöre, oI§
eine gonj zertrümmerte öermutlid^e SlbfcfiiebSf^ene be§ 9fJino§
öon feiner beliebten, ber STnfang einer ©cfiilberung feineä
gelb^ugeS gegen bie 5Irmenier (B), ein ebenfalls bürftig
überliefertes erotifd^eS 3miegef:präc| be§ Reiben mit feiner
93rout nac^ ber ^eimfe^r aus bem Kriege unb eine 2Berbe=
f§ene beiber bei it)ren Xanten (A).2) S)iefe SSerbefjene
fd^eint gegen <B6)lui beS SBerfeS geftanben ju fein. 2)arauf
beutet junöc^ft bie ^Berufung beS gelben auf bie (Srfüßung
feines Äeufc^()eitS=, als XreuegelübbeS ©ingangS feiner an
2:onte SDerfeia gerichteten SBerbungSrebe um bie geliebte
93afe (A II 1). @in foIc^eS ©elübbe pflegten nämlic^ im
griec^ifc^en SiebeSromane bie Siebenben meift ju S3eginn
1) SSgt. 'AXi]&. öirjy. B c. 41 mit Btoteräina, ^nttäbrucfcr f^eft*
gru§ borgebrac^t ber 50. 3?crf. beutfci^er ^p^ilologen Jc, fpesiell ©. 149.
=') SSgl. Ulrid) aSilden, |)ermeg XXYIH (1893) 167 ff.
— 15 —
i^rer Setben einonber abzulegen,*) um om ^iele berfelben
i^re ^eujc^l^eit bejtü. Xreue burc^ groben ju betöeifen ober
burd) Sßerfic^erungen, aüenfattl in nöd^tlid^en ßttJtegefpräc^en,
einonber ju be!räftigen. 5Iber auc^ ttjä^renb be§ Ütomoncg
beriefen fie fic^ auf i^re SSercinborung, befonber§ njenn fie
biejelben öom Partner öerte^t glaubten; 2) jeboc^ bann nitfit
in ber 5(rt be§ S'JinoS, ttjelc^e ganj ber am 9f{omanf(i)(uffe
üblid^en Slufjö^Iung ber bie ©in^oltung be§ (£ibe§ er«
fc^tnerenben Ümflönbe entiprid^t.^) Hngefic^t^ biefer aud^
formellen Sinologie erfd^eint nun Ujenig tt)a^rfd)einlid), ha^
im @egenfo^e §u ben ^unftregeln ber literarifc^en Slrt
gerobe im oorliegenben glatte bie ^eufc§^eit§= bejm. Xreue*
fiftion onftott leitenber fRomonibee ein bebeutung§Iofer
@ingang§topo§ einer Üiebe gewefen fein foH. tiefer 9(lebe=
eingong, ujie überl^oupt bie meiften Oon S^Jinol bei S)erfeia
für feine SBünfd^e geltenb gemoditen ®rünbe f(i)einen au§
bem unmittelbar t)or^ergef)enben !^eimtic^en ßmiegefpröd^e
be§ §etbenpoare§ (A I) mieber^ott ^u fein. 5Die fef)r übel
erl^ottenen S^tefte biefeS S)ioIoge§ bürften einen 2;eil einer
fog. „ £iebelnad)t " borfteöen, b. ^. jener im älteren
gried§iftf)en Üiomane nod^ f)omerifd^em SSorbilbe (Db^ffee
XXIII 300 ff.) ftef)enben ^orm für 5tu§taufc^ ber ©rtebniffe
unb üertroulid^e ßörtlic^feiten be§ 2iebe§poore§. '') @§ mu§
alfo fomo^l über bie in ööterlic^em Sluftroge unternommenen
') Sßgl. ^tnopfi. ep^ef. 1 11 (189, 35 ff. ^irfc^ig); 1 16 (192, 13);
n 1 (198, 15. 23). Songog H 39. ^eliobor IV 18 (117, 27 ff. S3cffer).
2) 3. 93. §eIiob. 1 25 (30, 14 ff.). £ongo§ IV 27 (175, 50 §irfd)ig).
») 3Jgt. A n 9ff. mit 3£eno|)^on ($p^ef. V 14 (222, 11. 19 ff.).
*) SSgl. meine 3lu§füf)rungen über bie „Stebegnad)t" in: SBiener
©tubien XXX (1908) 233 unb in: Sie 9ta^mener§ä^Iung in ben
epl^efifd^en ©efc^ic^ten beö Xenop^on tion ©pl^efug. ^nn^brurf 1909,
©. 30 ff.
— 16 —
^tteg§fa^rten be§ 9^mo§ (A II 9) öor ber Söerbejjene be-
ritf)tet, otl QU(^ öor i^r ba§ 2iebe§öerf)öttni§ mit ber S3afe
bi§ 5U jold^er SSertrauUdjfeit geführt irorben jein, bo^ fte
Sfitnog in einfomen ßufammenfünften empfing unb nod^
feiner ^eimfe^r öom 3^elb§ug fogar um i^n bei i^rer Xante
warb. 2)enn bie Sßertrauli(i)!eit ber beiben ^auptperfonen
bei if)rer 3ugenb i) mit Sioneüo Seüi '^) barau§ §u er!(ären,
ha^ fie, mie SDa|)!^ni§ unb ßf)toe bei £ongo§, gemeinfam
aufmutfifen unb gur Siebe reiften, gef)t nid)t on. 2Bo§ in
unfd^uIbSöoIIer ©diöfertüett gefd)ef)en !onnte, mar ja nid^t
in gleidier SSeife am geremonienreid^en §ofe be§ ®ro^*
!5nig§ möglid^, an bem eine ^rinjeffin im grauengemac^e
öerfd^Ioffen blieb, ma§ für bie ©eliebte be§ S'JinoS übrigens
ber Sfloman felbft au§brüc!lic^ bezeugt (A IV 23 ff.). Sine
öiel treffenbere Slnalogie jum öerlorenen @ingang§tei(e
be§ S'JinoSromaneS fc^eint ber 5(nfang bei 3l(i)iIIeu§ Xatio§
§u bieten, in bem bie beiben Siebenben ^Ieitopf)on unb
Seulippe ebenfatt§ unter einem '^ad)z mo^nen unb in
ötjulid^em 35ermanbtfc^aft§t)ert)ältniffe ju einanber ftef)en,
mie 9linD§ unb feine Partnerin. @§ merben alfo, mie-
fonft im griec^ifc^en SfJomane au^er Songo§, auc^ ^JZinoS
unb feine Söafe einanber §um erften 9JJa(e bei feftlic^em
5lnlaffe, t)ießeict)t gelegentlich ber gemi^ zeremoniellen STuf*
na^me be§ dlino^ unter bie 9}iänner (A II 23), gefet)en
^) ®te Qugenb ber beiben §au|)tp er fönen tft übrigen^ eine für
ben fRoman ebenf owenig ungeroö'^ntidie, wie biejentge be§ S)ap^ni§
unb ber e^Ioc bei Songo§. 9Jino§ ift 17 (A II 29), §abrofome§ 16
(Xeno)?:^. g^^ef. 184, 4), Äleitop^on 19 (3I(i)iC. %at. 29, 33), 'S)ap^niä 15
(Songog 133, 15) jährig. 3Jinog' 93afe sohlte 14 ^a^re (A III 7),
ebenfoüiel Slnttieio, um ein ^af)x loeniger ß:^Ioe, oB fie mit ®ap{)nt§
ouf bie Söeibe gn treiben begonn.
'') Eivista dl filologia XXm (1895) 18 f.
— 17 —
imb fofort geliebt i)obettJ) @in burd) ©unud^en ober
^flQöen öermittelteS l^etmlid^e§ SiebeletnöerflättbniS bürftc
€ntbe(ft löorben fein, irofür jprid^t, bo^ bie beiben Santen
lim baSfelbe tüifjen. 9ffino§ fc^eint nun ongeblicf) njegen
^u großer Sugenb feiner S3ofe (All 36 ff.), in SBot)ri^eit
aber an§> einem it)m oerfd^njiegenen ©runbe, ttwa eines
Ora!eIfprurf)e» falber, ober au§ fittUdj=er3ie^erifd)en 3lü(J=
fi(^ten oon feinem SSater (B II 2) für §tt)ei So^re (A III 11)
in !riegerif(f)er ©enbung entfernt Sorben ju fein. S)ie
^(bfcl^ieb!§f§ene mit feiner ©eliebten, in ber er oieHeic^t an
ein ^eufd)t)eit§gelübbe erinnert merben mu^te, wie XfieogeneS
tion (5f)ari!Ieia bei §eIiobor V 4 (127,133.), fc^eint —
freiließ lji3d)ft bürftig — in B I ermatten ^u fein, mt ber
nnmittelbor anfc^tie^enbe Ärieg§berid)t (B II, III) oermuten
(üßt. SSieÜeii^t mar fittlidie 9?ein^eit unb fiegreid^e 3)urd)«
fü{)rung ber (Sjpebition ber ^rei§ be§ S'Jinog für feine
S3afe. ^ebenfalls fd)eint er oor §Ibtauf ber gmeijö^rigen
g-rift, unb ä^oar fd)on nac^ einem ^o^ire^) feine friegerifdie
^itufgabe gelöft unb feinen 2ül)n get)oIt ju f)aben. 2)ie
SSerbung be§ 9üno§ mar gleid) berjenigen be§ SDapt)ni§
nm ßt)Ioe bei SongoS feine birefte.^) S)a bie 2;anten ben
') SSgt. meine SBeoboditungen in ©effoir'g 3f- f"^ Sift^etif unb
aUgem. tunftiDiffenfd)aft II 385. 395.
'^) 9Sor bem in A II 23 beseic^netcn 3eit:pun!te bürfte er laum
t)cn Äönig§!^of üerlaffen :^aben.
8) ®a^3:^ni§ ujogt nic^t, mit feinem ^ie^oater Samon wegen ber
<S:^c mit ©t)Ioe §u fprecf)en. ®o:^er menbet er fid^ guerft on ii)n
burd) 9[JJt)rtaIe (III 26: 163, 49), bann bnrd) 3)ri)a§ (III 30: 165, 24).
S)en ®(^eingrunb, bur^ btn 3R\)xtalt ben ®a;pf)ni§ l^ingefjatten,
nämlid) feine SIrmnt, :^otte biefer mittlerlueile mit §ilfe 'ber SJl^mpfien
befeitigt, mie 9iino§ bur^ feine Siebe ben feinen 3Sünfd)en entgegen*
fte^enben ber 3^9^^^ ^^^ 93raut. ®ap^nig unb 9lino8 erregen in
beiben gälten aulbrücEtid) burd) if)re Suflcnb feinen Slnfto^, ba
stiftet, SRoman. 2
— 18 —
SBünfdien ber ßiebenben geneigt [inb, X^omöe bie Si5er=
möfilung jogar in na'^e 5tu§fic^t [teilt, [ie aber bennoc^
ni^t ntel^r oI§ ^ürfprad)e getoä^ren fönnen, mit^ bie @r*
füllung öom SSater be§ dlino^ abgei^angen fein. 3)a^ ber
^rinj noc^ unter be[fen ©etnalt fte!§t, erfjellt baran§, ba^
er au§brü(f(ic^ mit feiner @inn)illigung gegen bie ^Irmenier
gie^t (B II 2). 5IuB^rbem brannte e§ — njöre er ßönig —
nur eines 9)iac^tn)orte§, feiner ^Bitten, gar gürfprac^e, um
bo§ i^m geneigte 9J?öb(i|en gu befi^en. ©ie Situation mag
alfo n)ieberum berjenigen bei 2ongo§ IV 30 f. geähnelt
l^oben, njo fic^ ber für ^ap^ni§ bereite gen)onnene ßie^*
öater ß^IoenS, SDrt)a§ beim mächtigen S5ater be§ S)ap^ni§,
bei 2)ion^fopt)ane§ für bal SiebeSpaar erfolgreich^ einfe|t.
Stucf) biefe Slnatogie fpri^t bofür, ba^ in A ^ru(f)ftüc!e
au§ bem 9flomanf(^Iuffe, in B foldje au§ bem anfange unb
bem 93eginne be§ 9J?itteIftüc!e§ erhalten ftub. ^ie 35er^
mö^Iung unb ein 5lu§b(i(f auf bie ^ufünftigen Xaten be§
9?ino§ (ögt. A III 21) bürfte atfo ha§ ©anje befc^toffen
l^aben. — SSie man aber aud^ ben ®ang ber .^anbtung
re!onftruieren mag, foüiet fc^eint ma^rfc§einlid§, ha'^ il)re
beiben t^ematifc^en ^auptbeftanbteite, erotifdje (Svenen unb
triegerif(^e Erfolge be§ liebenben gelben, in i^r fc^arf ge=
trennt unb jene auf @ingong unb @d)Iu|, biefe auf ba§
SJZittelftüc! befd)rcin!t toaxm. ©emnacj) tt)äre bie ßiebeS*
Begebenheit blo^e Üia^mengefc^i(f)te gettjefen, ieboc^ nicfit
me^r mit einer einzigen fpejiftfd^en 9flat)menperfon, fonbern
mit bem liebenben ^etbenpaore al0 ftänbigen 9^af)men=
figuren unb dlino^ allein gugleid^ ber ^e(b ber in ben
fRa^men eingeglieberten 9tei]§e !riegerifd)er ©pifoben, bie
fte §u Jünglingen gereift finb (ügl. Songol in 30: 165, 37 f. mit
AH 22. 31 ff.).
— 19 —
ftc^ al§ STreueproBen, b. f). ^eufc^'^eitSBetoeife mittelbar auf
bie erotifc^e 9f?at)mengejc^i(^te belogen. iBeibe §anblungen
mußten folc^erma^en in ^o^em ©rabe öon einanber un=
abpngig fein, ja njören fogar poraM gen^ejen, n^enn ber
SSerfaffer nid)t an bie Söfung ber friegerifc^en 3tufgaben
be§ gelben bie (Srreid^nng feinet erotijd^en ßieteS ge!nüpft
f)ätte. (Sine jolc^e embrt)ona(e Slontonform — bie fünfte
für un§ er!ennbare Snttt)i(ftung§ftnfe ber ©attnng — beft|t
befonbere§ !unftt^eoretif(f)e§ Sntereffe megen ber noc£) nid^t
erfolgten öölligen fompofitioneden ©teic^fteöung be§ gelben
unb ber ^elbin, bie bennocf) bie (Spifobenfjaftigfeit ber
©etiebten @ncoIp§ bei ^etron bereits überttiunben l^at.
2)e§^alb !onnte fc^on ^ier — \ok bann im anlgebilbeten
a^iomone — bie 5rrene= bejtt). ^eufc^^eit§ft!tion nic^t nur
\ia§> ©ange ber ©rgöfirung, fomit aucf) bie @pifobenreif)e
be§ äJ^ittelftücfeS, fonbern fogar bie männliche ^auptperfon
be§ 9ftomone§ be^errfd^en. 2Bie unter StpnleiuS §änben
bie (Srääfjlung eine pf^d^ologifc^e, fo fc^Iug fie olfo je^t
eine moralifierenbe 9(?i(^tung ein.
8.
3ur ©rreid^ung ber fe duften (Sntmi(ftung§ftufe beburfte
e§ nun ni(f)t§ meiter, at§ bie ©etiebte be§ Reiben au§ ber
©tille be§ grouengemo(i)e§ ^erauSju^oIen unb fie ebenfalls
ben in ber ©pifobenrei^e be§ 9JiitteIftücfe§ entf)altenen SSer=
furfiungen ber Streue on^äufe^en, fie gteid^ bem Reiben
jenem ett)ifdt)en Sflomanprinjipe §u unterftellen unb fo au§
ber fc^üd)ternen, fentimentaten Jungfrau jur ^eroine ju
töanbeln. S)ie leiber nur in einem um bie r^etorif(^e
?tu§fü^rung mefenttic^ öerfürjten Sn^alt^auS^uge er^Itenen
„ept)efifrf|en @efd^id)ten öon §abro!ome§ unb ^ntf)eia" be§
— 20 —
3£enop^on öon (Sp!^efo§ unb bie ebenfalls überarBeitet
überlieferten „ StebeSbegeben^eiten be§ 6^oirea§ unb ber
^QÜirr^oe" öon ßt)ariton au§ %t)robifta finb unfere
ßeugen biefeS ^ormtt)pu§. Unb ^'max fc^eint fd)on na(f) ber
QU§fü!^rtid)en äJJotiüierung jeuer SBoubluug be§ liebeubeu
9JlQbd[;eu§ gur §elbin 3£enop|ou öon @p^efo§ an bie g^orm,
U)ie fie ber SfünoSroman öermuteu lie^, bireft angeknüpft
§u ^abeu. Gegenüber ß^aritou, bei bem bie SSermö^Iuug
be0 Wähd)m§> mit bem gelben gu S3egtuu be§ 9ftomane§
gouä fur^ berichtet ift, fo ba^ ^aIIirrf)oe eigeutlid) a{§
^eroine in i^n eintritt, füf)rt uämlic^ Xenop^ou bie beiben
^anptperfonen in jungfräulicfier ^artf)eit, ja Siebe§f(f)eu in
bie ®ef(^id§te ein unb fd^ilbert auSfü^rtid) i{)re pji)c^ifcf)e
SBonblung jum Siebe§= unb über bie (SI)e gum gelben*
paare. S)ie @f)e p S3egiun be§ 9ftomaneg foU jeboc^ in
beiben 2Ser!en bie pf^d^ifc^e SSerfd)ieben^eit ber ^eroinc
be§ 9Diitte(ftüc!e§ öou ber feutimentalen Jungfrau be§
öorberen 9fiaf)meuftü(fe§ bei i^rer perfönlid^en Sbentität
motiüieren. 2)te Slbfuuft be§ in S^tebe [tef)enben S^oman«
tt)pu§ Dom 9^oöeIIen!ranäe err^ellt au§ ber 2(rt ber Xeit*
uat)me ber ^elbin an ben S3egebenl;eiten be§ 9JJitteIftüde§.
iöei SlntonioS 5Diogeue§ unb 3lri[teibe§ bon äJiilet ttjar
bie§ äJ^ittelftüd eine Summe einzelner @efd§id^ten, bie öon
öerfdjiebenen ^erfonen erlebt, bei Antonios aber jumeift
öon einer erjöl^It tt)urben. ©eit Su!io§ öon ^atrai ftauben
bie (Sinlogegefd^ic^teu in immer engerer Se^ie^ung jur
§ouptper)on be§ 9fial£)meu§; im S'JinoSromane luurbe biefe
^auptperfon gar §elb ber (Spijobenrei^e be§ 9J?itteIftü(fe§.
Subem nun 3£enop§on öon (Sp^efoS unb ©I)ariton gu S3e=
ginn be§ SJ'iittelftücfeS bie beiben Siebeubeu ni(i)t nur trennen,
foubern and) jeben ein^eluen gum gelben öon (Spifoben
mad^en, inbem fie ferner biefe ©pifoben nic^t nad^ ber
— 21 —
@emeinfam!eit i^rer ^aitptperfon 31t strei S3Iörfen, bcn
@rf)i(fjalen be§ ßiebenben unb benjenigen feiner ©eliebten
oerbinben, jonbern narf; ber ^^^tfotge ber 93egebenf)eiten
alternierenb onorbnen, \o ba^ au\ ©rlebniffe be§ gelben
gleid^^eitige ber Partnerin folgen ober nmge!e^rt, fd^einen
fie jum S^oöettenfranje, toie er bei 5(ntonio§ S)iogene§ au§=
gebilbet ift, äurütfjufetiren. 2)enn bie (Srjätitnngen ber
3)er!t)ßi§ unb bie (Spifoben bei jenen beiben 9lomancier§
erf)ielten gerabe baburd§, ha'^ fie fic^ t)on einanber nod^
Reiben unb Ort ber ^anblung unterfd^ieben, noöelliftifc^eS
änfe^enJ) ÜberbieS fonnten — tt)enigften§ bei Xenop^on
üon ßp^efoS (III 2. VI), ber in biefem ^un!te ttjieber
on ^etron erinnert — bie (Spifoben öon ©inlogen burd§^
brodien werben, ttjeld^e nid^t eine ber beiben Üia^men*
perfonen, fonbern Figuren be§ 9J?itteIftü(fe§ §u |)elben
I)atten. (Snblic^ blieben neben bem umfongreid^en inneren
Sfta^men, tt)el(^er einerfeitS ha^ 3^f^onbe!ommen ber @!^e
be§ ^aare§ unb feine gemeinfamen ©d^icEfate bi§ jur
jErennung, anbererfeit§ bie SSorfäüe nad§ feiner SBieber*^
Bereinigung fc^ilberte unb in einer „Siebe§nac^t" ba§ SJJittel*
ftüd refopitulierte, in ber Sßerfafferbejeicfinung, mit ber
6f)ariton feinen S^omon eröffnete unb bie bei 3Eenop!^on
öon @pf)efo§ njo^I erft ber ©fs^rptor nnterbrücfte, aud^
tiefte be§ äußeren 3JJiIefienra^men§ erhalten. S)a§ tro^
aüebem bie 2Ber!e 3£enop^on§ üon (Sp^efo§ unb ßf)ariton§
olg gefd^Ioffene unb ein^eitlid^e ©rjälilungen gelten ntüffen
unb bie§ fogar in !^öf)erem SJiole, oI§ ettt)a ber 9^ino§*
romon, bewirft bie @inf)eit ber Sbee, weld^e bie ©d)id£fate
') SSgl. meine Slbl^anblung: 2)te 'Sia^mzntx^aijlunQ in bcn
epf)efifd)en ®ef(i)id^ten be§ Xenop^on üon @^f)efu§. ^nnSbrud 1909,
©. 26, 54, 62".
— 22 —
Beiber SieBenben in gtetcEier SSeife illuftrieren, ferner btc
gleid^e äußere (Srüärung biefer (Sc^itffate burc^ ben ßorn
einer ©ottl^eit, bann i^re ftinc^roniftijc^e ^arfteltung unb
enblid^ bie SSertoenbung einer an beiben (Spifobenrei^en
beteiligten ÜJJittelSperfon ^lüifd^en bem SiebeSpaare. 3ene§
fittlic^e 9}?oment, auf \)a§i fic^ bie Prüfungen ber Siebenben
be§ie^en, i[t ba^ ä^nlid^ jdjon ben Sf^inoSroman be{)errfd)enbe
gegenfeitiger Xreue. (S§ benjä^rt fic^ bei äJiann unb grau
in fiegreicJier 2tbttjef)r ber SSerfuc^ungen unb in ©taub*
l^aftigfeit gegenüber ben erbenüic^ften 9JJü^falen, bie ah=
gett)iefene ^eloerber ober unmittelbar bie STridje, al§ (Sje=
!ution§organ ber feinblic^en ©ott^eit unb jugleid) at§
i)öci^fte§ metapf)t)[ijc^e§ ^aufalitätSprinjip über fie öerfügen.
@oI(^ innere ©leid^artigfeit ber, bie (Sriebniffe ber ßiebenben
im SJiittelftüde be§ 9ftomane§ borftedenben, Sreueproben
lö^t bie (Spijoben mit ber ©eliebten unb biejenigen mit
bem Sieb{)aber al§ ^ouptperfon parallel erjc^einen, ein
©inbrud, ber burc^ bie ©egenüberfteüung ber gteic^äeitigen
unter ben (Sriebniffen be§ gelben unb ber §elbin n)ir!fam
ber[tör!t UJirb. 5Die berma^en öerftod)tenen gtüei (Spifoben=
ftrönge öerbanb nur nod) inniger eine in beibe ^inein=
ragenbe SOZitteBper Jon , bie t)a§^ (Streben be§ Reiben nad^
feiner SSieberöereinigung mit feiner ©etiebten tat!räftig
unterftü^te. S)er SJlittler — bei 3£enopt)on üon @p^e[o§:
ber Stöuber ^ippotl§oo§, bei ß^ariton: üorjügtid) ber ©atrap
9JJitt)ribate§ unb ber Öiro^fönig ^rtajerje§ — trifft ^u
berfc^iebener ^dt mit bem gelben unb ber §etbin, in bie
er fic^ refuftat(o§ gu üerlieben pflegt, jufammen, lernt fo
beiber ©djidfale fennen unb bemüht fid) um if)re SBieber*
öereinigung, entWeber au§ g^reunbfd^aft für ben gelben
(§ippotf)oo§), ober um feine eigenen Siebe^pläne ju förbern
(3Jiitf)ribate§, 5(rtajerge§). ©eine 58emü^ungen führen nur
— 23 —
inbireü jum ^kk, ja ertuirfen bei (5f)oriton, ber bie ^igur
be§ 9}Jittter§ ber fompofitionellen ©igenort feinet 2Ber!e§
^uüeBe in gtüei ^aare öon ©egenfpielern jerlegte, nidit
inel^r, at§ eine S3egegnnng ber Siebenben unb i^ren jeit*
tüeijen Stuf enthalt in berjelben ©tobt, in ber fie aber ge=
trennt leben muffen. SfJur bie 2^cf)e fonnte nac^ ber S3e«
fänftigung be§ beleibigten (Sotte§, fei e§ (Sro§ (36enopt)on
t)on (Spf)efo§), fei e§ S(pI)robite (©Bariton), bie ^Bereinigung
be§ Siebe§paare§ herbeiführen, ©ie allein f)otte biefelbe
}o bis gum 9^omanf(f)Iuffe f)intangef)alten. (£§ tt)or bieS
eine !unfttec^nifc§e 9Zottt)enbig!eit. S)enn öon ber Sänge
be§ 9J?ittetftüc!e§, b. {). öon ber 3<i^t feiner (Spifoben, b. i.
^reueproben ber Siebenben f)ieng einzig unb altein bie
Sänge be§ 9ftomane§ ah. 2)ie 2;rennnng ber Siebenben
unb it)re lüä^renb berfetben erbulbeten Seiben, atfo bie
©pifoben be§ äJZittetftütfe» motitiierte fpejieö ber ßoi^n einer
©ott^eit. ßu einem deus ex macliina mu^te gegriffen
tüerben, ttjeit ba^ SiebeSpaar bei 3Eenopt)on unb St)ariton
im ©egenfa^e ^um 9Zino§romane ju Seginn ber (Srjö^tnng
et)eli(f) üereinigt, rodi atfo bort i>a§> notürtict)e Sfloman^iet
fdjon 5tnfang§ erreid^t Ujurbe, eben um bie ©etiebte ju
einer bem ^etben fompofitionett gteic^ujertigen ^eroine ju
ergeben. S)ie @int)eittict)!eit be§ ^unfttt)er!e§ förberte biefe
Xed)ni! fd;einbar baburcf), ha'i^ atte (Srtebniffe be§ ^etben
fott)ot)t, ot§ oud^ biejenigen ber ^elbin im felben ©runbe
tüur^etn, inbem fie fämtlidj eine (Sct)ic!ung be§ erzürnten
@otte§ 5ur ©träfe eine§ beftimmten, im 3flat)menöorberteite
cnttt)i(fetten SSerge^enS be§ gelben gegen i^n barftetten.
SlHerbingS erfdieint fotcfjer ©eftalt ha§^ ganje äJJittetftüc!
mit atlen feinen (Spifoben nur at§ 9fletorbation be§ ju
93eginn bei SftomaneS rofd) erreichten unb in feinem ©übe
unoeränbert ert)attenen ßuftanbeS. S)enn ba bie SSegeben^
— 24 —
Gleiten be§ S!Jlittetftü(fe§ ju feiner ßäuterung ber .^etbeit
füf)ren, me bk ©rtebnifje be§ Suciu§ bei 3lpit(eiu§, jonbern
nur gur objeftiöen ©ü^nung einer S3erfef)tung an einer
au^er unb über i^nen [te^enben ©ott^eit, bleiben im gegen*
ttjärtigen 3iomantljpn§, tt)ie früf)er im S^oöellenfranje nnb
in ber @pijobenreif)e, S^ofjmenüorberteil unb 9flaf)menenbe
Quf gleicher ßinie. S)ie än^erlic^e S3egrünbung ber (Spifoben=-
reif)e nnb bie (Sntmicf(ung§tofigfeit be§ 9Ra^men§ fü{)rte
nottt)enbig §u einer fd)arfen ©onberung beiber Partien beS-
9flomane§, beffen 5tbftammnng öom S^oöellenfranje, tnie
gejagt, berma^en beutlid^er l^eröortrat, al§ e§ ber ju einer
öollen ä[tf)etif(^en SBirfung nötigen (Sint)eit be§ ^unft*
n)erfe§ gntröglic^ ujar. liefen 2ltaöi§mu§ burd) 9Ser=
meibung ber 9la^menform 5U beseitigen, mu^te ba§ näd)fte
!ün[tlerifdje ßiet ber meitereu ®attung§ent)üi(f(ung fein.
Qnnertjolb ber olten gorni erreirf)te bieje f)öt)ere 9ftoman*
ein^eit faft ß^ariton, beffen SSer! gum miubeften ai§^
Sinterung eine§ bebeuteuben r^etorifc^en Xa(ente§ ^u gelten
\)ai, ein Urteil, haS^ ein SSergteid) mit ben „ep^efifdjen @e*
fd)id)ten" Xeuop^onS beftätigt. ©elbft bereu aEein er*
()alteuer StuSjug lä^t ja erfenneu, ba'^ Xenop^on oon
©p()efo§ 5ur iubiöibuelten @eftaltnng be§ i()m öorfd|n)ebenbeu
^ormtl)pu§ faum befät)igt gen)efen UJÖre. S)a§ üorbere
Sftat)menftüd ber „ep^efifc^en ®efd)id)ten" enttt)icfelte fo bie
SBaubtung ber fentimentoten Jungfrau §ur §eroiue noc^
in einem gongen S3ud)e mit öngfttid^er Sorgfalt unb über*
au§ eiuget)enb, paraEel mit ber feelifdien (Sntrt)idtung be§
|)elben unter ^luinenbung öon pftjc^ologifc^er ^leinmaterei *)
') SSgl. über ba§ er[te 95ud) ber „ept)eftfd)en ®efd)xd^ten" meine
Unterfud)ung : 2)ie 9ta{)menerää^Iung in ben ep^efifdien ©efdiic^ten
be§ Xenop^on üon ^p^t\u§.
— 25 —
unb einer umftänbüd^en ©öttermafcfjine, tüä^renb ftd^
Sf)ariton bie @djabIonenf)aftig!eit be§ 9iomaneingonge§ in
bem öon if)m gett)äf)Iten g^ormt^puS jn S^u^e mad^te unb in
if)m bie notoenbigften eingaben über bie SSorgefd^ic^te ber
ßiebenben in größter ^nopp^eit ertebigte, um fofort auf
ben Stu§gang§punft ber ^anbütng, bie (S^e be§ §e(ben=
paaret, gujufteuern. S)ie ®ijttermafci§ine mit bem ©ötter*
gorne al§ XrennungSurfad^e erje^te er burd^ menjd)tid)e
Sntrigue, al» bereu ©ruub ber 9?eib um ^aüirr^oe, bie
nocfi oft im Sflomaue 6^ariton§ burc^ £ift (Srftrebte, er^
fc^eint. 2)er ßom 5lpf)robiten§ im «Sinne be§ 9ftoman*
tt)pu§ bleibt nebenbei qI§ öerbta^te ^ormel beftet)en.') ^ie
Scf)ön{)eit ber §elbin mirb fold^ermo^en ii)x unb if)re§
S^oireoS S8erl)ängni§, olfo au§ einer leeren ^tjrafe ^nv
treibenben ^raft be§ ©an^en unb bamit lebenbig unb
tt)efentlid^. SDer rafc^e Eintritt in bie ^anblung unb bie
nur pd^tige S3erüf)rung öor i^x liegenber (Sntn)i(f(ung§=
ftufen ber ^elbin hxa6)k bem §lutor ben Uieiteren ^ßorteil,
ha^ Äanirr^oenS ^eroinenrolle ttJeit gfaubtiafter ift, qI§
tro| aßer pjt)d^oIogifdf)en ©rflärung biejenige 5tntf)eien§.
Snbem nämlid^ 3£enopf)on öon @p|efo§ ben Sefer gan§ un=
öfonomifd^ ätoang, feine 5(ufmer!fQmfeit bem gemaltigen
feeüfd^en Umfd^munge be§ ^elbenpaareS oor ^Beginn ber
|)anblung äu^umenben, ermecfte er nur 3J?i^trauen gegen
feine Srüärung, bie bei ber ©rö^e be§ 3SanbeI§ mit biefem
immer in 9)?i^oerf)äItni§ ftef)en mu|te. ^aüirrtioe ift aber
oud^ nid£)t ^m ^affioitöt oerbammt, mie bie blutleere
5(ntf)eio unb lä^t mef)r oI§ ftarre§ refignierte§ ^eft^atten
an bem SSortlaute be§ £iebe§bunbe§ ermarten. 3£enop!f)on§
') SSgt. ^. ^afob, ©tubien ju 6t)ariton bem (Srotifer. ^rogr.
Sljdiaffenburg 1902/3, ©. 17.
— 26 —
?Int§eta ^onbeü tro^ i^rer S8ere^elitf)ung al§ Uu\d)t Sung*
fron, 6^ariton§ taEirr^oe otS ©attin unb 9}Jutter. Snbem
(Sfiariton in ^attirrf)oe eine ^erjöntic^feit jc^uf, bie ben
Stnforberungen beg n)ir!(ic^en Seben§ entjprod) unb 9^ec^nung
trng, !onnte er auf bie jc^on im SfJinoSromane begegnenbe
unb öon 3£enop{)on feftge^attene 5Iuf[affung be§ Xreue^ al§
^eufc^^eitSpringipeS öersic^ten. ^ie geniale Söjung bieje§
SegriffSpaareg ermögli^te i§m jpejieE bie ou§ ber (5§e be§
§elbenpaare§, ujelc^e ebenfotüenig, toie Äallirr^oenS @cl)ön=
()eit Bto^e Schablone n)ar, gefolgerte 9)Zutterfcf)aft ber
§elbin. iSnbem fie nömtid) eine if)r burd) bie feetij(^cn
^ßor^üge unb ben 9fleid)tum be§ $8elt)erber§ übrigen^ be=
beutenb erleichterte (S^e mit 2)iont)fio§ einging, obiuo^l fie
(5()airea§ am Seben ben!en mu^te, nur um bie ^u^unft
il)re§ ^inbeS öon i^m öor bem {)ärteften Sofe, öor ber
©flaöerei ^u bemaf)ren, bemieS fie tt)eit öerbienftootter i^re
STreue gegen i^ren beliebten, al§ bie „jungfröulic^e" ©attin
Slnt^eia burdj ©rfialtung i^rer 3JJa!eIIofig!eit felbft im
S3orbett. Slber abgefetjen üon ber Sßerbinbung be§ 9ftol§men§
mit bem SJJittetftüde öermod^te Xenop^on ouc^ beffen
(Spifoben nid)t jur f)ö^eren (Sinf)eit ^ufammenpfaffen. 2)a=
burc^ ba^ er fie gemä^ ben 9f{egeln be§ i^m üorf(f)n)ebenben
3^ormt^pu§ aEe beffen — ^u allgemeiner — Slomanibee
unterfteEte, mor bk§: ebenf omenig erreidjt, mie burc^ it)re
gleiche Slbteitung au§ ©c^idfal unb ©ötter^orn. S)iefe
@in^eitlid)feit ber Sbee unb ber Segrünbung foEte \a bie
9J?ögIi(^!eit einer unenbüd^en ßa^I ber mannigfaltigflen
(Sintagen in fid) fd)tie^en, meit — mie oben bargelegt
tt)urbe — ouf i^r aEein ber Umfang be§ 9flomane§ be=
rul^te. 2)aburd^ mar jebod) ha^ SJiittelftüd be§ S^omane^
§u einer Sammlung fd)on äu^erlic^ fd)arf gefd^iebener,
äufammenfjang* unb jieEofer 3tbenteuer entmertet. 5luc^
— 27 —
Bei Xenopf)on ftitb bie ©pifoben be§ 3JJitteIftü(fe§ üon ein*
onber ifoliert burd^ if)re gro^e äJJannicjfaltigfeit imb ®(etc^=
gültigfeit für ba§^ ©treben be§ §elbenpaare§ nac^ SSieber«
öereinigung. SfJur burcE) ©inftellung unter biejen ttäct)[ten
^totd be§ 9f{omone§ f^äüm fie innere ©in^eit erhalten
fönnen. ®ie einzigen äJiittel jnr ©lieberung biefer ®e*
jc^idjtenfumme, bie ber Üiomontt)|)u§ an bie ^anb gab,
tooren bie öon 3£enopf)on fonöentionell öernjenbete
^erfon be§ 3J?ittIer§ jtuijc^en bem getrennten £iebe§paare
(§ippot^oo§) unb bie 9}2ögtict)feit, bie (Spifoben einonber
iu porallelifieren. SDiejer te^teren bebiente er ftd^ gef(^i(ft,
inbem er bie beiben @inlagegejd;ic^ten, nämlicf) bie S3e=
gebenfieiten be§ ^ippotf)oo§ unb §t)perant^ (III 2) unb bie=
jenigen be§ 5ligiateu§ unb ber Stfieljinoe (V 1) gu ^enbant§
unb fo für bie ^ompofition be§ ©angen nu^bar mQct)te.
(S^ariton bagegen erfannte, ha^ bie innere (Sin^eit ber
ßpifoben nur auf if)rer Sßernjertung für bie enbgültige
SSieberöereinigung be§ ^elbenpaareS, al§ i)a§> Sf^omangiel,
beru()e. (Sr ujonbelte aber nic^t nur bie (Spifobenreif)e ^ur
©^enenfolge, brachte nid^t nur bie tofe 9Kaffe öon ©injel*
6egebenf)eiten in foufalen 3ufcimmenf)ang, in toelc^em fid^
ein ©lieb mit Iogifct)er 9^ottt)enbig!eit an ba§> anbere fc^Io^,
fonbern er begrünbete überbieS biefe 5lbfoIge au§ bem
ßf)ara!ter ber einzelnen ^erfonen, bie er fomit ^u einem
bei 3Eenop{)on üon @p^efo§ ebenfo notn)enbig fe^Ienben
©egenfpiele gruppieren mu^te. 2)iefe ^erfonengruppierung
fanb toieberum i^ren 5tu§brud in ber !ünftlerifc^en ^om=
pofition be§ StomaneS, beffen SOJittelftüd fid) üon bem toten
^un!te be§ 5lönig§geric^te§ in S3abi)ton (33. V— VI) i) au§ in
^) 31. Slei^enftein, §elleniftt)(^e 2Bunbereräät){ungen. Sieipjtg
1906, ©. 95 :^ielt c§ fettfamer SSeife für feinen ©ipfel.
- 28 —
gtüei Xeile mit einem §ö^epun!te am ?tnfange ober ©d^Iuffe
eines jeben güeberte. S(l§ ^öf)epunft mu^ natürüd^ bie
S3e[i^naf)me ^anirrf)oen§, um bie fid^ ja ber ©treit ber
Beiben einanber ebenbürtigen SfJebenbu^Ier bre'f)te, gelten.
3u ^Beginn be§ erften ^eile§ be§ 9}littel[tü(le§ ift nun
^allirr^oe ©attin beg S)ion^fio§; am ©d^Iuffe be§ ^weiten
befinbet fie fi(i) in be§ 6f)airea§ Rauben. S)o§ Ä^önigS*
gericE)t ift toter ^un!t, ttjeil t§> — baf)er bie 93ege^rtic£)feit
be§ 3ftid)ter§ nac^ bem ©treitobjette! — gar nici§t§ entfd)ieb,
Jonbern bie @ntf(f)eibung ber ?l!tit)ität ber beiben @egner
übertaffen mu^teJ) (S§ oerfolgte üie{mef)r nur ben ted§=
nifc^en Qvoid, bie 5tt)ei Sf^ioalen mit einanber in ^üf)Iung
^u bringen. 2)a nun ^aHirr^oe, ba§ Streitobjelt, am
SCreffpun!te ber beiben Parteien „beponiert" ttjurbe unb
bereu 3tu§ft(i)t auf @rfo(g oöllig gleid^mertig mar, fo be*
ginnt bort bie ^anblnng gemifferma^en ein jmeiteS Wlai
öon oorne, S^riebfebern be§ §anbetn§ maren für ®ion^fio§,
mie berfelbe fetbft er!annte, ©iferfudjt,^) für 6f)airea§ Siebe,
atfo bie beiben im griec^ifdEien Sflomane mirffamften Slffe!te.=^)
2)ie natürliche ^olge jener @r!enntni§ Sf)ariton§ üon ber
S^Jotmenbigfeit ber Söanblung ber @pifobenreif)e pr ©jenen*
folge mar größte Öfonomie oon Gegebenheiten unb ^erfonen.
SBie fet)r oud^ biefe, auf ben b^jantinifdien Äunftroman oor*
1) liefen ©ebanten bringt ha^ Sd^reiben btS fiegrctcf)en ®i)atreo§
Ott bett ©ro^önig VIII 4 (496, 20) fc^arf juttt 3Iu§bru(fe.
*) SSgl. mettie 9lu§füf)ruttgeit tit bett SBtetter ©tubieit XXX 234*
uitb ©fiarttott 499, 12.
8) Slffefte iiti ©itttte öott Sicero , De invent. I 25, tttd)t aber
£eibettfd)often , bie bett 93etroffettett jeber Überfielt über feine §anb*
Inngen beranben, tt)ie fie üon ©icero a. o. D. I 27 gemeint finb. SJon
biefen unterfd)eiben fid) bie 2)ion^fio§ unb (Sf)aireag beroegenben
®efü:^Ie oud) burc^ i§re ®auer. Wan mn§ fie ba^er oB „§ong",
nid)t al§ „Slufnjaniingen" bejeicfinen.
— 29 -
beutenbe, i) S3ef c^neibung bei bei Xenop^on tüilb tt)ud)ernben
ftoffüdien 9?an!entüer!e§ bie ®in^eitüc^!eit be§ 9ftomatte§
förberte, lt)ie fef)r biefe |)erau§arbeitung ber ^orm bie
ö[tt)eti]d)e SSir!fam!eit be§ tunfttt)er!e§ erf)öf)te, bebarf feiner
toeiteren 2)arlegung. ©intagen fef)(en atfo bei ©Bariton. @r
oerringerte aber auc^ bie bem S^lomanttipuS einmal not=
menbigen erotifc^en S3ett)erber nm bie gelben, an benen
biefe i^re fonöentionelle Xrene ben)ei|en mußten, inbem er
^atlirrl^De allein in ben aJJittelpnnft ber ^anbtung rütfte
unb 6f)airea§, al§ ©egenjpieler gu 5Diont)fto§ an§ bem
umn)orbenen gelben be§ 9fiomant^pn§ §u einem gleicf)*
berechtigten, nidjt gn bem aEein bereditigten S3en)erber
mad)te. S)ie fonft nod) üblichen Siebfjaber ber §elbin
ttjurben anwerft fnnftöoll mit ber ebenfalls [tänbigen ^igur
be§ 3}Jitt{er§ öerjdimolsen nnb gleichzeitig bem ©egenfpiele
ber §mei Slebenbul^Ier bienpar gemad^t. Seber öon beiben
l^atte ai\o jeinen SJJittler, nnb §mar S)iont)fio§ pnäcfift
ben ^()arna!e§, (S^aireaS ben 9JJit^ribote§; feber äJiittler
'i)atk mieber feinen ©egenfpieler, nnb jmar ^^arna!eg ben
9J?itI)ribate§ gnm politifd^en unb erotifc^en Opponenten.
S)er ©ro^önig 5lrtajerje§, ber objettiö über beiben ^^arteien
fte^en follte nnb infolge feiner 93egei^rlic^!eit nad^ ^aIIirrf)oen
gnnädift beibe gn ^einben I)atte, erl)ielt im ögi)ptifc^en
Ufnrpator nur einen politifd^en @egenfpieler. ^nbem nun
burrf) ben 2tnf(f)In^ be§ 2)ion^fio§ an ben ^erferfönig unb
be§ ßJ)aireo§ on btn ^gljpter mie im erften §anblung§=
teile be§ 9}littelftüc!e§ poütifcfje§ unb erotifc^eS ©egenfpiel
gufammenfielen, mürbe ?lrtajerje§ gum 9}JittIer gmifcfjen
2)ion^fio§ unb ber biefem oom Könige al^ ©iege§prei§ ju*
*) SSgl. 2t. §eifenberg, 9i:^etmid^e8 SlJiufeum für ^^ilologie.
5«. g. LVni (1903) 433.
— 30 —
gebadeten ^ollirrl^oe. S)er ög^ptifd^e MehtU tritt qu§ feiner
rein politifd^en ©tellung ni(i)t ^erouS. S)a§ ©egnerpaar:
SlrtajerjeS — ^igtipter im gn^eiten §anb(ung§tei(e be§
9loman!erne§ entjprid^t alfo bem ^aore: SDiit^ribateS —
^^arnofeS, mit bem Unterschiebe aßerbingS, bo^ ber aftiöere
3)Zit^ribate§ be§ (S§aireo§, ber ebenfalls aftiöere SlrtoyerjeS
be§ 2)iont)fio§ . Parteigänger ift. 2)amit blieb gloifd^en
beiben ^ernftücfen ein @leid§gemid)t ber ^röfte erhalten,
©elbft bie ol§ @je!ution§organe notwenbigen SRebenperfonen
tüu^te ber funftreidje Sl)ariton im ©egenfa^e gu 3£enop^on
öielf ad) in ein fefteS, gleicl)förmige§ SSer^ältniS jn ben
Hauptfiguren ju bringen, inbem er ben lüid^tigften §aupt=»
perfonen SSertraute beigob, fo bem (Sl)airea§ einen ^nfen*
freunb in ^ol^d^armoS, bem 2)ion^fio§ einen treuen Wiener
in ^l)o!a§, ber ^ottirr^oe im erften Steile bie ^langon,
im §meiten bie Königin ©tateiro, bem ©ro^fönig ben
©unudjen StrtajoteS, bem 3Jiit^ribate§ ben (Sunud^en §Qgin.
§lud) in ber SSertt)enbung biefer SSertrautenrolle ift eine
ö!onomifd;e äJJa^reget ^u erbliden, ba in allen gäHen, in
benen bie Hauptfiguren felbft nid^t l)anbeln !onnten, immer
ber fie öoll erfe|enbe SSertraute, anftatt jebeSmal eine üer=
fd^iebene ^erfon, für fie eintrat. S^lur ber 9^omont9pu§,
ber S^ariton bie ütalimenform aufämong, ^inberte biefen
SD^eifter ber ^unft bie öolle (Sin^eit feines 2Berfe§ ju er«
reichen. ®a^ (£l)oriton§ Söeiterbilbung ber öom ep^efifd^en
3£enopl)on !orre!t auSgefüttten 9ftomanfd§oblone eine ganj
perfönlic^e Seiftung unb nic^t ein $8eifpiel für eine neue
(gntmidlunggftufe ber ©attung barftellt, ha^ alfo feine
@d)üpfung in biefer eine !ünftlerifd^e unb öftl)etifd)e 5tu§=
na^mSfteUung einnimmt, erhellt borauS, ba^ bie fpöteren
©dritte jur 9tomoneint)eit nidjt auf bem öon ß^ariton ge*
bal^nten ^fabe erfolgten.
— 31 —
9.
3amBIic^§ öon SöoBtilon Teiber nur in be§ ^f)otio§
Sn^altSangobe unb au§ bürftigen Fragmenten bekannte
„bobtilonifd^en ©efd^ic^ten " bürften Sf)ariton§ „Siebe§*
begeBentjeiten öon (S^atreo§ unb ^ollirr^oe" um ebenjoöiet
an äft^etijcfiem Söerte nad^geftanben jein, um mieüiet fte
btejelben an l^iftorifd^er S3ebeutung überragten. S)enn an
bie „bab^tonifd^en ©ejd^ic^ten", tt)e(d§e ben alten Sf^oman*
t^pug in Stuflöfung unb bie neue ©ntmidlung im ^eime
geigen, atfo beiber formen 9}?er!mate in fic^ öereinen,
fd^einen bie späteren fRomancierS bire!t angefnü^ft gu ^aben.
SJiit Samblid)§ §ilfe ift fomit f)ier gum erften Tlak in
ber ®efcf)id)te be§ griec^ifc^en 9flomane§ bie ©ntfte^ung ber
neuen ^rt, b. i. bie Umbilbung be§ alten in ben neuen
gormt^pu§ §u beoboctiten unb bamit ber inbioibueße Stnteit
ber einzelnen 5(utoren an biejem ^rojeffe §u beftimmen.
5lber nid^t SambIicf)o§ allein ^at bie neue 5lrt gefc^affen.
@r ^at nur ben öor i^m gettenben gormt^pu§ fo njeit
umgeftaltet, bo^ fie au§ ben ^önben eine§ n^eniger p{)on*
toftifd^en, bafür äft^etijc^ feinfüf)ligeren SiJactifoIger^ mit
0Jotmenbigfeit ^eröorging. ©omit ^at bie burd) 3amblid^§
SRamen be^eid^nete ßttJifrf^enftufe at§ jelbftänbigeg, unb ^mar
für un§ ak fiebente§ ©lieb in ber @nttt)icElung§reif)e ber
©attung §u gö^ilen.
^ie (S^e be§ §elbenpaareg ju beginn be§ 2Ber!e§ unb
fomit bie au§ bem (e^tbefprod^enen Z\)pn^ befannte 9flat)men*
form mit innerem unb äußerem 9tat)men blieben in ben
„babtilonifc^en ©efc^ic^ten" erhalten. Über ben Umfang
be§ inneren 9^at)men§ bei Samblic^ im SSergteid)e gu
Xenopf)on unb ©ijariton nac^ ber nur ©toff(id^e§ berüä*
fic^tigenben Snf)alt§angabe be§ ^^otio§ ju urteilen ift
— 32 —
jd^tüierig, ha gerabe ha^ ©toffelement im öorberen Sfla^men*
teile be§ burcJ) Xenoptjon bon Sp^efoS öertretenen Xt)p§,
tüie eine ©riunerung an ha§: I. ^ud) feiner „ep^e[ijd)en ®e=
fdjid^ten" beftätigt, jef)r sugnnften pjt)(i)otogif(^er G^ara!ter=
enttüitflung öerfür^t §u fein pflegte. 3nimeri)in laffen be»
^{)otio§ Angaben öer muten, ba^ Bei Sontblicf) ber üorbere
9tQf)mentei{ öon ber erften, n)ed)felfeitige Siebe entjünbenben
Begegnung ber gnjei .gelben ^^obone§ unb (Sinoni§ big
p i^rer @^e in fonöentioneller Söeife, olfo ouc^ 93reite
ge{)anbe(t t)abe. Slnber§ ha§: 9^at)menenbe! freilief) fud)t
fid) auc§ in i^m ber SSerfoffer ber geltenben S^lorm an=
gupaffen, n)enn er noc^ tm^ öor @d)tu^ be§ 9flomanmitteI=
ftü(fe§ bie Siebenben öon einanber unb öon if)rem äJiittler
unb ©efä^rten @orQid)o§, bem @ere(J;ten trennt. S)a§
^Q^menenbe n»irb alfo löo!^( eine S^lefapitulation gebrad)t
tjoben, aber — ujorauf oud) bie gegen @d)tu^ öernjirrte
S3erid)terftattung bei ^^otiol ^inbeutet — f)auptfäc^Iic|
berjenigen Gegebenheiten, meiere bie @efö§rten o^ne ein*
üuber erlebt l^aben, bie alfo §. %. ber fc^einbar ben @d)id=
falen bei 9flt)obane§ gerablinig folgenbe Sefer nod^ nid)t
fannte. SSie fpäter bei 3(d}illeu§ ^^otioS') bie ^elbin
Seuüppe unb ©oftratoS, bei §eliobor ß()ari!(e§ unb bei
Songo§ 3)ion^fop{)ane§, fo t)aben wo'i)! fd^on bei SambIic^o§
@inoni§ unb ©oraidjoS djre löö^renb ber Trennung er=
lebten S3egeben^eiten in (Srgällung nadigetragen. ^ambtid)
gebü'^rt bemnad^ ber 9fiu^m, an§> bem Üia^menenbe ber
älteren Sf^omanform ben ©d)(u^ ber fpöteren Xi;pen ent*
tüidelt 5u ^oben. Sind) be§ äußeren 9ftat)men§ bebiente fic^
ber S3abt){onier in ebenfo neuer, n:)ie foIgenfd)n)erer SSeife.
1) SSgt. meine (Erörterungen in ben SBiener ©tubien XXX
(1908) 241.
— 33 —
@r Benü^te i^n nic^t nur jur Unteröreci^ung ber @ejc!^ici^tc
burd^ ©fiurfe ü6er \)a§> ^Ip^robtte^eiligtum Quf ber ©up^rot*
XigriSmjet, über ^agie, über ba§> SeBen ber ©cfiarfric^ter
unb too^l nod^ über onbere berartige Wattxkn, foubern
anä) jur ©inftec^tung jeiner eigenen ^iograp'^te. ®teic^=»
njo^t [teilte er fid^ bem Sefer nid^t 5U 93eginn be§ SBer!e§
öor, lüie bQ§ nadC) ben S3eifpielen be§ ^riftetbel, 3lntonio§
Diogenes, £ufio§-Slputeiu§, ß^ariton, 5Id^iKeu§ Zatio^,
£ongo§ ber ü^egel entsprochen l^ätte, ebenjotoenig on jeinem
©d^tujfe, tüofür gteic^foHg ha^ Söeifpiel be§ 2u!iog, bonn
baSjenige §eiiobor§ §n nennen n)äre, jonbern mitten in
bemjelben unb in gan§ getegentüd^er 5ln!nüpfung an ben
@j!ur§ über äJJagie. liefern Ie|teren Umftanbe ju ^otge
njerben oHe bie angeführten 5tbfc^tt)ei[ungen Santblic^l feine
größere S3ebentung für bie ^anblung befefjen f)Qben, qI§
ettt)a bie @j!urfe feinet in biefer ^infic^t eifrigften ^a6)^
a'^merg 5Ict)iIIeu§ Xaiio^ über bie J^naben^ unb SSeiberüebe
ober ben S^ilpferbfong ober ben (Slep^onten, ^a^ Äro!obiI,
ben SSoget ^^oinij uff. %l^ Sf^ullpunft ber ^anblung
bürfte benn audf) tu gro^e, on bie erfte ^rtüö^nung ber
^p^robiteinfel onfdilie^enbe @j!ur§gruppe, ettoa töie bo§
^önig§gerici)t bei ß^oriton, bie ©rengfd^eibe jtoifdfjen bem
erften unb §toeiten ieite be§ 9floman!erne§ gebilbet ^aben.
SDurc^ i^re ©leic^güttigfeit für ben Fortgang ber @efd)ic^te
unb inSbefonbere bur(^ i^re S3egiet)ung auf ben 5Iutor er*
fd^eint bie §er!unft ber Somblic^'fc^en (£j!urfe öon bem bie
(Einlagen be§ Sf^ooellenfranäeS umfct)Iie^enben fRo^men*
gefpräc^e gefiebert. S)od[) ift bo^fetbe fct)on buri^ bie SSer=
legung ber S3iograp'£)ie be§ Slutorl ou§ bem Sflomoneingonge
on eine beliebige ©tette be§ Ü^omoninnern fo frei be^onbelt,
bo^ ber fogor in ben „bobtilonifd^en @efc|id^ten" foft nur
t)iftorifd)e ßujflntmen^ong beiber formen t)on ben ©pöteren
S^ijfel, 9loman. 3
— 34 —
unbetüu^t gelöft tüerben mit^te. Std^iöeuS Xotiog unb
Sotigo§, bie ben äußeren 9?Q^ment)orbertei( aU S3ilbeinja^ i)
beibehielten, erjötilen \o gegen QÖe ©rtüortnng nic^t met)r
aU Herausgeber ber ©efc^ic^te bie @j!urfe, jonbern legen
fie ^erfonen berjelben in ben 9)^unb, eine tnbernng, bie
im @inne ber 9f?omonein^eit unsmeifeltjaft eine Sßerbejjerung
gegenüber iSamblic^ bebeutete. 3)ie ©jlurfe be§ fpäteren
ÜiomaneS finb fomit nur bie ^robufte ber in ben „bobl)^
bnifd^en ®efcf)ic^ten" boHäogenen ßerfe^ung be§ Üto^men*
gefpräc^eS be§ S'^obeHenfrongeS unb [inb nur burd) 3amblid)§
©influ^ fefte unb felbftänbige $8eftanbteile be§ ®ottung§*
tt)pu§ öon immer fteigenber, enblic^ öerberblic|er Sebeutung
für benfelben genjorben. Sei ^eliobor (j. 33. IX 22) unb
SongoS (127. 11123^)) nocf) giemli^ feiten, no^m biefe
üon ber ^anblung Io§getö[te (Spibeütif bei SldjilleuS Satio§
in QuffQÜenber, fa fein SBer! c^orofterifierenber Söeife über*
^anb, um bann bei bem an baSfelbe an!nü)Dfenben (Sumot^ioS
9JJa!remboIite§ unb feinen S^oc^folgern bo§ noöeEiftifc^e
(Stement berartig ju übermudiern, ba^ bie 9flomon!^anblung
jebe !ünftrerifd)e öebeutung einbüßte, tt)omit bie Gattung
if)re @jiftenäberec|tigung öertor unb qu§ ber Siterotur üer*
fd^monb.
1) Sßgl. über i^n meine Stb^anblung im $f)t{oIogu§ LXXH
(1913) 83 ff. unb §u £ongo§' $roöm au^erbem meine 93emerfungen in
ber ®S3 1912, @p. 1436. ^n ben 9t^etorifd)en gorf Carnigen 1 101
ift enbli(^ auf bie SSerttianbtfi^aft ber 33iIberfiftion be§ Songo§ mit
einer onberen Strt ber 9to:^menein!Ieibung, ber bei 3lntonio§ 5)iogene§
üpljigen 3JJonuf!ri^)tfiftion, üerJüiefen. Über fie ügl meine 9lul»
fü^rungen in ben Sare^^Stubien. ^aUt o. ©. 1908, <B. 84—96, im
§erme§ XLV (1910) 31—36, in ber 3f. f. b. öfterr. ®^mn. LXI (1910)
726—728.
") S5gl. t>a^\i bie oHerbingä borbeutenbe 9lbfcf)JDeifung 9Ic^.
2:0t. V 5.
— 35 —
9^icf)t ntinber einfc^neibenb ftnb bie öon ^omBIid^ am
9ioman!erne be§ alten Xt)|)U§ öorgenommenen ^tnberungeit.
Xreue all ^eufc^f)eit blieb jtüar aud^ bei i^m 9f?omanibee;
ja bie §ur ^irennung ber ßiebenben im jtüeiten Xeile be§
9)JitteIftüc!e§ eingefügten ©iferfncJitSfjenen ber @inoni§ üer^
anfd^aulitfien bentlid^ bie Unentbe^rlid^!eit jener jtngenb
für ben normierten gtücElic^en 5tu§gang. S)0(i) ift ber im
ötteren Ütomone nnerfc^üttertic^e ©lanbe ber gelben an
bie STreue be§ Partners gefcfimnnben. S)ie temperament*
öoHe @inoni§ benft über i^ren beliebten nid^t md)x, wk
3£enop'^on§ Stnttieia (III 5) über if)ren §obro!ome§, fonbern
bürfte eine ©prod^e geführt ^aben, tok fpöter öornef)mtic^
ßeuüppe bei 5lc^ißeu§ Xatio^ (V 18) unb n)ie fte fc^möc^er
auc^ bei §eIiobor (X 31) nnb 2ongo§ (IV 27) bernommen
tt)irb. ®en 2iebe§bunb bebro^t fomit nic^t aßein eine
au^enfte^enbe Wla^t, fonbern meit me^r bie im S^arafter
ber Siebenben njur^elnbe Seibenfd^aft berfelben; alfo nid)t
fo fe^r bie übliche ©iferfud^t eines S3en)erber§, at§ bie
(Siferfntf)t ber |)elbin gegen i^ren beliebten. S)ie ^mi
äJläd^tegruppen, bie ha^ §elbenpaar im älteren Üiomane
bebröngen, ttjurben öon Samblid^ im ©inne ber S^loman*
ein'^eit auf eine rebujiert, inbem ber in @inoni§ berliebte
Xtirann @armo§ fomo^t bie mittelbare, al§ aud^ bie einzige
unmittelbare äußere Urfad^e ber Seiben ber §elbin unb
— ta ül^obaneS nid)t umujorben tüirb, ttjie etUJO §abro*
fomel bei 9Eeno:p^on öon @p^efo§ — be§ 2iebe§paare§ über«
l^aupt bilbet. Su glücEIic^er 9lationaIifierung erfe^t nömlic^
ber Äönig bon S3ab^ton 2)an! feiner äJJad^tmittel fonjo^t
ben ©ötterjorn, al§ ouc^ bie ©d)ar ber £iebf)aber, bie
©d^ergen ber beleibigten ©ott^eit. SambIict)o§ motiüiert
fold^erma^en bie feit ber au§ 5tpuleiu§ unb ^etron be*
fannten 9f{o^mengefd)id^te bcätü. ©pifobenreifie einen feften
3*
— 36 —
Seftonbtett be§ 9f?omanf(^emo§ bilbenbe Sfleifefiftion tüeit
glaubhafter, inbem er bie Srrfo'^rten ber ßiebenben al§
^tud^t tior bem rofenben Xl)rannen barftellt, at§ 3£enop^on
bon @p^ejo§, ber fie auf iDrafeIget)ei| freitoiUig beginnen
lö^t ober ©§ariton, in beffen SBer! fte auf ber irrtümlichen
SBeife|ung 0 unb ©ntfül^rung ^aüirr^oenS berufen. SBurbe
burd^ ha^ Eintreten be§ ST^rannen in bie 'SioUt be§ er^
gürnten @otte§ bie 9KiJgIic^!eit gettjonnen, bie jufammen^
!^ang§Iofe, ba einem ju aügemeinen Qmdt bienenbe @in=
lagenrei^e be§ ölteren X))p§> burd^ t^re Ülic^tung auf ein
gemeinfameS nö^ere§ 3^^^^ nämlid^ bie Gefangennahme be§
£iebe§|)aare§, fefter p fügen, fo ift burd^ bie ^onjentration
ber 9^ebenbul)(er be§ gelben in ®armo§, mie bon 6t)ariton,
auc^ ^ier eine ben Üiomanfern be^errfc^enbe ^erfonen*
gruppierung nac^ Sntereffengegenfo| ((Spiel unb ©egenfpiel)
erhielt tt)orben. ®ie (Sint)eitlid§!eit be§ ©egenfpieleS mirb
in ben „babtilonifc^en ®efc^id)ten" ebenfomenig, mie bei
ß^ariton baburc^ in grage geftellt, ba^ @armo§ (gteid)
2)iont)fio§) nic^t einziger 9iiöale be§ gelben ift, ha^ olfo
ein <Sat\)x-) im erften unb ber SBüftling @etapo§ im
§meiten ^ernftücfe bie f(^öne «Sinonil ouf ber gluckt öor
(5}armo§ mit i^rer Siebe belöftigen. S)enn biefe burc^ gort«
fe|ung ber SlBonberung ober Stötung bei ßubringtic^en
1) 2)a§ e§ fic^ um ein fonöentlottetteS ^Rontanmittel l^anbelt,
Beinetft bie irrtümlid)e ^eife^ung Stnt^eien^ butd) ^erilaog in ben
„e^j^efifc^en @efd)id)ten" unb biejenige ber SIrd)iftroti§ in ber „®e==
fd)i^te be§ tönig§ 3IpoIIoniu§ üon Si^ruS". ®iefe %at)adit beftötigt
bie oBige SSefiauptung, ©f)ariton f)ätte fid) be§ i:^m burd) ben ?^orm*
tt)pu§ ber 3Irt gebotenen $Romaneingange§ unberänbert bebient.
"") 3)oB ber e^rift ^^otio§ ben Sotljr beg „^eibnif^en" Dri-
ginaleg in ein SSodggefpenft {tqÜyov n (päo/xa) berlüonbelt f)at,
erbeut aug ^^iloftratä „Seben beg Sl^oIIoniog öon %\)ana" VI 27.
— 37 —
fottblüttg crlebigten (Spifoben Becinträd^ttgen toeber boS
©egenfpiel be§ ®armo§, noä) löjen fte e§ gor ab, bleiben
alfo für SSertauf unb ^luSgong ber ©efc^ic^te öölltg be*
beutung§Io§. ^er epifobifc^e ß^arofter ber genannten S3e=
nierbungen lä^t fte beutlid) al§ Überbteibfel ber olten fRonton*
form (Xenop^on öon (£p!§efo§) erfd^einen. 2)ie in ben Xrene*
proben be§ Reiben Itegenben ?Infä|e btefe§ alten %t)p^ ^n
einem toeiblidjen ©egenfpiet ber §elbin enttt)i(felte iSontblicf)
im erften Xeite be§ Ü?oman!erne§ ebenf omenig, mie er öon
ber bemfelben eigentümlidien ^igur eine§ 3JJittIer§ bofelbft
@ebrau(i) ju machen bemüßigt mar. Um nämlid) nict)t bie
9ftomanein^eit bnrd^ ?(uflöfung be§ 9JJittetftüc!e§ in 5mei
paraöete Ü^ei^en alternier enb er S3egebenl)eiten ber üon ein*
anber getrennten ^auptperfonen §n gefö()rben, mie \)a§ im
ölteren 9f?omane gefi^e^en mar, trennte er 9f{^obane§ üon
@inoni§ nnr gang fnrj §n beginn be§ 9JJitteIftüc!e§, fo
bem 9?omanf^ema genügenb. @r fteüte atfo nic^t, gleich
e^ariton, bie ^elbin gmifc^en jmei Semerber, fonbern ba^
geeinte ^elbenpaar gegen ben Sßerfolger, ober richtiger gegen
fein (SjetutionSorgan, ben (Sunud^en 35ama§ unb feine
§elfer§^elfer. ®ie ^igur bei @ormo§ üerleugnete nämlid)
i^re tedjnifdtje 5lbfnnft öom deus ex machina be§ ötteren
SiomaneS nic^t S)en über ber ^anblung fte^enben Äönig
oertrat in i^r ber au§ (S^ariton geläufige „SSertraute", unb
jmar im erften ^ernftücfe ber (Sunnd^ ^ama§, im jmeiten
er, ber @oIbfd)mieb unb ber (Sunuc| @afo§. 5luc^ fte fte^en
ober nidjt in birefter SSerbinbung mit ben gelben, fonbern
fuc^en burc^ bie üerfd^iebenften ^elferstielfer unb 3^if<^cn*
perfonen, üon benen fic^ ber einzige ©otbfc^mieb §u feinem
SSerberben and) an ben ^önig felbft manbte, an fie oer=
geblic^ ^eranjnfommen. 2)iefe fd)merfällige ÜJJafc^ine oer*
birbt auf ber einen ©eite, mal ouf ber anberen burc^
— 38 —
®infüt)rung be§ ©egenfpieteS utib fRotiotialifierung feiner
S3egrünbung gewonnen toax. ©in ^onflift ber ©egner unb
fomit bie 9}Jotiöierung ber ^onblung au§ i^rem ßf)ara!ter,i)
tote fie ßfioriton geglückt tvciv, ft)äre tmnmel^r nid^t nur
unmöglich, fonbern jogar für ben Umfang be§ SBerfe§ nnb
feinen HuSgong gefö^rlid). S)enn fobolb \)a§> SiebeSpoar
feinem ^^einbe in bie §änbe fiele, njäre fein @rf)itffQt un^
gtücflid; entf(f)ieben. iro^ ber ertt)ä{)nten Slnberungen am
alten 9^omantt)pu§ erreid^ten alfo bie „babi^Ionifc^en @e«
fd)icl^ten" au§ bemfelben ©runbe, njie biefer, bie innere
(Sin^eit be§ Sf^omonferneS nid^t. Sebe§ $8emüt)en um fie
nutzte ja öergeblid) bleiben, folange bie Siebenben einzeln
ober im SSereine einem übermäd)tigen g^einbe f)iIf(o§ gegen=
über gefteßt Ujaren, fei e§ einem UJegen eine§ beliebigen
SSerge^enS be§ gelben erzürnten ®otte, fei e§ einem au§
£iebe §ur §elbin rofenben Xtirannen. 3)enn baburdj n^ar
bie e^ariton nicf)t ^ocf) genug anjurec^nenbe (Sntmidlung
ber §anblung on§ ber ^erfönlirf)!eit ber D^ebenbu^Ier unb
bie ©ntfc^eibung burd) einen ^onflift berfelben im SßorouS
abgefd;nitten. ßugleid) mit ber pft)d§ologifdjen ^B^otiöiernng
entfiel bie SiJötigung gur Ö!onomie ber ^anblung, pm
ftraffen Slufbau be§ 9^omane§ unb mit biefer bie innere
©in^eit be§ ^unftmer!e§. Samblic^ ^atte bemnac^ öor bem
älteren Üiomantt)pu§ nur bie fog. 9}2otiöierung nac^ ber
öu^eren 5lrt unb SSeife be§ ©efc^e^enS-) öorauS für feine
nid^t mef)r nad) gelben unb Ort, fonbern ollein noc^ lofal
bifferenjierten fieben ©senen be§ erften ^ernftüdeS, b. i. für
1) SSgl. ©icero, De invent. I 24 — 25. ^n ben 9i:^ctonid)en
gorfd^ungen II 68 f. tüurbe btefe 2lrt ber Sliotitiierung gegenüber ber=
jenigen bnrct) öu^ere Umftönbe (ßtcero a. a. D. I 26—27) „feelifd)"
genannt.
'') «gl. 9{^etorifd)e gorf (jungen n69ff.
— 39 —
bic (öd^icffote ber SieBenben auf il^rer f^fud^t öor ©amo?
bi§ jitm ßujammentreffen mit ©oraitfiol.i) Unb ^tüor
motivierte er ben ©jenenmedifet jumeift burd^ bie Un=
bebad^tjomfeit (imprudentia) ber §Qfc£)er, fei e§ bo^ i^r
Srrtum (error) bie g^olge einer getuitgenen Sift (dissi-
uiulatio) be§ §elben|)aare§ mar, fei e§ bo^ ein ßufoö
(casus) if)re 5lbfi(f)t öereitelte. 9Zid)t immer behielt ober
ber SBerfaffer ben ^aben ber ^onblung bei, nid)t immer
mad)te er olfo bie Überliftnng ober ben ^ef)Igriff ber
Sente be§ ®oma§ pm ©egenftanbe ber fic^ regelmäßig in
it)r @nbe ^ufpi^enben ©jenen. @o erfd^einen bie @Qtt)r=
epifobe nnb bie ©efd^ic^te üon ben feinbüd^en S3rübern,
berett §ö^epnn!t in i^rer SRitte liegt unb in benen
Sfl^obone» ober gar ba^ §eIbenpoar nur ^Nebenrollen öer^
fe^en, al§ SflücEföIIe in bie ©pijobenmanier älterer (^attungS^
formen, etma be§ ^etrontt)pu§. S)aß i^ambticf) burd§ ge*
Iegenttidt)e§ 5ln!nüpfen on jene beiben ©jenen in fpäteren
^ortien be§ 9iomane§ fie biefem fefter eingtiebern mottte,
änbert nid)t§ an i^rer SBefentjeit bei i^rer böHigen @Ieic^=
gü(tig!eit für t>a^ Ü^omansiel Übrigen^ ftimmt and) ber
fünftterifdje ßmed i^rer ©infc^altung, burd^ fie bie ein*
förmige gerablinige ©jenenreifie ju beleben, mit bem ©treben
be§ S^oöellenfrauäeS üom £u!io§tl)p nac^ 9JNonnigfattig!eit
fo ouffällig überein, baß fie fc^on beS^alb al§ SttaüiSmuS
gelten muffen, ber aber bie @ntmicEtung§gefd)id)te ber S^oman»
form bebeutfam erbeut. @rfe|te nun ^antblict) bie beiben
(Spifobenrei^en be§ ölteren fRomantt)pu§ im erften ^ernftücfe
burdj eine im SSefentüd^en mol^Igefügte ©§enen!ette mit
') ©te fpielen: 1. in @efangenj(i^aft be§ @armo§, 2. auf einer
SBiefe, 3. in einer ©rotte, 4. in einem 3Birt6^anfe, 5. im ^aufe eine§
JRouberg, 6. im ©rabmale eines 9Jläbd)en§, 7. bei ©oraid)o§, bem
©ered^ten.
— 40 —
bem |)etbenpaore Qt§ burtf)Ioufenber ^auptperfon, jo blieB
bennod^ bie ^anblung ftationär itnb ha^ 3Ber! im ^oße
i^rer gleirfjartigen ^ortfü'^rung ein Sieb o^ne (Snbe ober
hoä) nid^t o^ne ein getüottfameS. @l toxxtt bo^er fa[t al§
@inge[tänbni§ feines 9}li^erfoIge§, tt)enn Samblic^ njäfirenb
be§ sftjeiten ^ernftücfeS §nm SJlittler unb jur alten ^Trennung
ber ßiebenben jurücfgriff. ^oä) i[t biefe S^^üiife^r nnr eine
bebingtc, tt)ie qu§ ber 2Sir!fam!eit eine§ jeelijc^en nnb eine§
öu^eren 3}?otiöe§ für bie Trennung be§ §eIben^Qare§ l^eroor*
gel)t. SfJic^t ge^ttjungen, n)ie bie ^eroine be§ älteren Ü^omane§,
Jonbern eigenn^iöig in einer 9^egung öon (Siferfucf)t üerläfet
@inoni§ i^ren Üi^obaneS. ßur (Siferfud^t f(f)eint fie einen
eigentümlichen, bnrd) i^r £)eiplütige§ ^Temperament erflörten
§ang befeffen ju ^aben. 2)er mürbe nun burd) einen
äußeren Umftanb, einen Irrtum gereift; mieber ein Irrtum
befeftigte bie £eibenfd)aft jo \tf)x, ha^ fie in ßo^n übergeben
unb bie Xriebfraft einer ^anblung mevben !onnte. ©inoniS
öermntete nömlicf) in einer fc^önen jungen SBitme mit
Unrecht eine bei i^rem ©eino^Ie gtüc!Ii(i)e S^ebenbu'^terin.
SDie ©iferfuc^t lief nun lange latent neben bem Strtum
meiter, bi§ fie enblid^ burcf) S3eftär!ung ber (SinoniS in
bemfelben, onlä^Iid^ i§rer furjen ^Bereinigung mit 9^^obane§,
@orai(f)og unb ber Sßitme nac^ ber erften Trennung üon
9f{^obane§, im (Sntfc^Iuffe ber ^elbin, fiel) mit bem Sfliüaten
i^re§ ©atten gu oermöf)Ien, auf bie ^anblung ©inftuB, unb
ätoar entfd)eibenben ©inftu^ erlangte. Um nämlid) einer=
feit§ ha^ ©c^icffat ber Siebenben nid)t burd^ bie unsere
9JJad)t beg @ormo§ unglücEüc^ §u erfüllen, um alfo
menigftenS bie a!tiüe @inoni§ nid)t in feine ©emalt gu
geben unb um anbererfeiti bo§ pftic^ologifc^ forgföltig ent*
midelte feetifc^e SJJotio nic^t öor§eitigen @inftu§ ouf bie
§onbIung geminnen §u laffen, um olfo ben möf)renb be§
— 41 —
gonjen ülomotte§ öngftltd^ ^ititottge'^oltenen bire!ten ^on*
flift ättJeier S^eBenBu^ler a(§ legten Strumpf QitSfpieten ju
fönnen, geftoltete Santblid^ gegenüber bem jiemüd) gerob*
linig öerlaufenben erften ^ernteile ben stüeiten auf Soften
be§ in i^n eingeführten (Siferfud^t§inotit)e§ gerobegu ju einer
^omöbie ber Errungen aul. Unb ^ttjor fomplijierte er
bafelbft bie §anblung ni(f)t nur burd^ i^re Spaltung nac^
ben jUJei §auptperfonen, fonbern am^ burc^ 2)urc^fd)lingung
ber .^aupt^anbtunggteile mit jftiei S^eben^anblungen, weldje
beibe ou§ (Einlagen, bie tt)ieber auf ©jenen ber ^aupt=
l^anblung aufgepfropft finb, l^erau^madifen. ®ie erfte biefer
Einlagen berid)tet bie SSorgef(i)i(f)te ber ^riefterfomitie be§
Slp!^robite^eiIigtume§, bie gnjeite bie üon ber SBitme al§
bloßer 5lugenjeugin miterlebte ^Begebenheit üon 2;ropf)ime
unb bem ©flauen, ein ^enbant jur ^örübernoüelle be§
erften ^ernftücfe§. 2)ie erfte DJeben^anblung oon ben ©(^itf*
jalen ber SJJefopotomia unb i^re§ Sruberg @up|rate§, bie
mit ©inoniS unb 9ft^obone§ öermec^felt njerben, bient nur
ber Irreführung be§ ®armo§, bie gmeite öon ber fd^önen
SBittt)e au^er biefem Qmdt ber Erregung öon ©inoni^'
(Siferfuc^t. SSie im älteren Üiomane bie ^Begebenheiten ber
Siebenben alternierten, fo fc^ieben fic^ je^t ^iebenl^anblungen
jmifc^en sunädift jttjei B^eige ber ^aupt^anblung, einen
mit ©inonig unb @oraic^o§, einen jmeiten mit 9ft^obane§
unb ©oroic^oS in fü^renber Ü^oöe. ^urc^ bie öorüber-
ge^enbe ©efangennol^me ber ©inoni§ frei geioorben, fonnte
fic^ nämlidi) ber ttjpifd^e Wxiikx ©oraic^o§ öon i^r gu
9f?§obane0 begeben. ®ie Stfte ber §ouptt)anbIung unb bie
Sfleben^anblung öon ber SBitöje öereinen fid) jum legten
äßate im 2o!ate ber 2;rop^imeeinIage. §ier tritt bie (gifer*
fud^t ber .^elbin in 5tftion. 9^ac^ biefem SBenbepunfte teilt
fid^ ber ©trom ber ©ejc^idite in nid^t njeniger Strme, atg
_ 42 —
ftc fü^renbe ^erjonen be[t|t (ÜJ^efopotamio, ©inonil, Söittüe,
9fi^obane§, ©oroic^oS). 2)ie 58ermäf)Iung ber @inom§ mit
bem ©tirerfönige paratijftert bie überragenbe öuBere SDiadjt
be§ @armo§ unb brüc!t i^n, befjen ©etualt im stoeiten
Seile \)k Siebenben o|nebie§ nnr nod^ fd^einbor bebröngte,
boHenbS gum unfreinjiHigen SU^ittler be§ 9ft^obone§ l^erab.
2)iefer fü^rt mit @Qrmo§' Gräften ben ^ompf gegen ben
©tirer. 3"^ ^^^ften Mak ftel^en fic^ ai\o am ©djluffe ber
„babijlonifd^en ®ejd)i(f)ten" gmei Silebenbufiler bireft gegen*
über. S£ßie bei ß^oriton fäHt bie (Sntfc^eibung im ^elbe.
5lbgefel^en baöon, ta"^ ber ^ompf nid^t in einen größeren
politifd^en ßnjommenl^ang gerüift ift, fonbern nnr um bie
fid) tüefentlid^ onberS, al§ ^ottirrf)oe, fteüenbe g^rau ent=
brennt, erinnert Samblid)§ ^erfonengruppierung an bie*
jenige im ©c^Iuffe ber „ßiebe§begebenf)eiten öon (5()airea§
unb ^ollirrf)oe". Üi^obane^ üerf)ält fid) nämlid) jnm
f^rijd^en Könige, feinem ©egenjpieler, mie 6^airea§ ju
5irtajerje§ unb gu @armo§, töie 2)ionl)fiol p SlrtayerjeS.
©inen ^ampf oul politijdjen ©rünben jd)eint @oraid)o§
mit @ürmo0 geführt ^u ^aben. ®anad^ entfpräc^en ber
3ftolIe bei ß^aireal im ©djinjfe ber „babt)Ionifc^en @e=
fd)ici^ten" biejenige öon 9fif)obane0 unb feinem g^reunbe
@oraid)o§ sufammen. 5fuc^ ba§ jttjeite ßernftüd gerföüt
atfo in einsetne Seile, bie aber nid)t U)ie in ber erften
§äl[te nur loM, jonbern mt im älteren Ülomone aud)
nad^ ben ^anbelnben ^ouptperjonen bifferenjiert jinb. Qn=
bem trec^feln bie S3egeben!^eiten ber beiben gelben nidjt
allein mit einonber ah, jonbern burc^ bie 5lu»bilbung öon
9fJeben|anbIungen au§ ben in ber ölteren g^orm t)ort)anbenen
^Infä^en') au^ mit fold^en anberer, it)nen innertid^ ganj
1) SSgl. bie @ef(i^id)te 2eufon§ unb 9i^obeg bei Xenop^on öon
— 43 —
fernefte^enber äJJenjcfien. SSenn bennod^ bie „t)a6t|Ionif(^en
@ejc^id)ten" einen ^ortfc^ritt jnr fRomoneinl^eit bebeuten,
\o rü^rt bie§ ba^er, bo^ bie ^erfonen ber Sf^ebenl^onblungen
in, njenn onc^ nnr an§ äußeren Umftänben, \o bennoc^
begrünbete Sejie^ungen ju ben Hauptfiguren ber @efd)id)te
gefegt finb, ha^ alfo i^re ©c^idjale bo§ ©efc^id be§
fRl^obaneS unb ber @inoni§ bireft, ober in ben (ginlagen
inbireÜ beeinfluffen. ©pifoben unb jogar (ginlogen fd)ieben
fic^ Qljo im jujeiten äernftücfe ber „babt)Ionifc^en @e-
jc^ic^ten" nic^t me'^r §ufammen!^ang§Io§ unb nur ft)n=
d)roniftifc^ georbnet (Xenopf)on öon (gp^efo§) ober gar in
genjollter S3unt^eit (5tpuleiu§) an einanber, fonbern ftel^en
mit einanber in notlpenbiger ^ßerbinbung. Sei ber Stu^ertid^=
!eit ber gemä^lten SJlotioierung öeranlo^te bie§ Seftreben,
oHe Slbfdjnitte be§ SSerfeg in einanber ju öerfcfiränfen,
freili^ einen bebeutenben ^erjonenaufmanb. 5Iu^er ben
Figuren ber D^eben^anblungen mu^te bergeftalt faft für
leben irgenbmie bebeutenben 5tft eine eigene ^erfon bemüht
merben; jo taud^t fogar ber Sßater ber 8inoni0 au§ ber SSer*
fenhmg auf unb fpielt ber f)t)r!anifc^e ^unb be§ 9fl^obane§
eine Ü^oHe. 2)a§ @in^eit§ftreben be§ SSerfafferä erftredte
fid^ ober oud^, mie oben bargetegt njurbe, nid)t auf bie
Dfonomie; bie ©in^eit feinet 2Berfe§ mar fomit feine
!ünftkrifc|e. Sntmer^in beftet)t in ber fic^ (ou^er (S^oriton)
juerft unb broftijd^ in ben „bob^lonifdjen (55efd)ic^ten"
öu^ernben (gr!enntni§ üon ber Sf^otmenbigfeit ber äJfotioierung
be5 3ufommen^ange§ ber §anb(ung ber entfc^eibenbe ©diritt
gu einer neuen, oom S^oöeHenfron^e enbgültig gelöften
ülomonform. 2öie ro^ bog ©efüge öon Sombtid^ nod^
gewimmert mor, jeigt om beften bie unöoüfommene S(u§*
nü^ung be§ feelifc^en, unb §mar (giferfud)t§=3Jiotiüe§, ha^
if)m ben Ütomonfc^tu^ ermöglidjte. SDurd^ bie obenteuer=
— 44 —
Ud^ften Errungen unb SSerttjedijeluttgett tnu^te fid^ bie
©efc^id^te im jtüeiten Xeite be§ 9f?oman!erne§ fd^üttgen, bi§
e§ ber SSerfaffer iragte, bie bitrc^ biefe ^ü^äUt genät)rte
Seibenjc^aft ber ^eroine, ber fdion 5Infang§, qI§ einem fie
fennjeic^nenben §ange, bie nötige ^roft innegemof)nt ^ätte,
in 5l!tion jn fe|en, um enblicf) unüermittelt ben üon
et)ariton n)o^I vorbereiteten (Sntjc^eibungSfampf ber beiben
Ü^iüaten ju ermöglichen, ©ejfen S(u§gang ftonb aud§ für
ben Sefer bei ber Unbefonnt^eit be§ @^rer§ t)on öorne
fierein fe[t. ^ambtii^ brachte [id^ fomit burc§ bie un*
gejd^ic!te, nur ou§ gurd)t öor einem früf)eren ^onflüte be§
Sl^obaneS mit einem SfJebenbultiler erfolgte (ginfü^rung jener
^ilf§figur um ben größten @pannung§effe!t in ber gangen
@ef(f)id)te, ben fic^ S^oriton njo{)I ju fiebern gettju^t, inbem
er UJö^renb be§ gangen 9JJitteIftücfe§ bie @t)mpat^ie be§
£ejer§ beiben ©egenfpielern S)iont)fio§ unb ß^aireaS in an=
nö^ernb gteid^em Wa^t gugutoenben bemüht Ujar. 5lud^ bie
!ünftlerif(^e ©toffoerteitung, toelc^e bie ^Roüeüengruppierung
be0 alten 9f?omontt|pu§ in bem nunmel^r ein!^eitlid)en SSer!e
oblöfen mu^te, alfo bie bei ß^ariton meifter^afte !ünftlerijrf)e
Äompofition fc^eint Samblic^ nur in Umriffen burd^gefü^rt
gu f)oben, obgteicE) in gn^ei göEen nod^ eine Äorrefponfion
ber ©inlogen in 26enopt)on§ öon (5p^efo§ ^Trt fenntlicl unb
obn)o()l burc^ (Sinfüf)rung ber feelifc^en unb ^omplifation
ber öu^eren SJfotiöierung eine Steigerung öom erften gum
gmeiten, burd) |anbIung§Iofe Partien abgegrenzten ^ernteile
gegtüdEt ift. Slber gerabe Ujeit biefe jttjei §auptteite be§
9ftoman!erneg öon fo gegenfö|tid^er ^efd^affen^eit gemefen
finb, erfc^eint e§ njenigftenS nac^ ^^otioS' Snt)alt§angabe
unmöglich, ba^ jtoifc^en i^nen bie für ben ^armonifc^en
§lufbou be§ S3erfe§ t)orou§äufe|enbe teftonijiie 5tnaiogie
beftanben ^obe.
— 45 —
10.
Sn bcr achten burd^ bie „Qtf)to|)ifc^en ©ejd^ic^ten"
§eIiobor§, bie „ßiebeSbegeben^eiten be§ ÄIeitop!^on unb ber
Seuüppe" öon Slc^ilteuS Station unb be§ Songo§ „§irten*
gefdiid^ten" öertretenen @nth)icf(ung§ftufe ber ©ottutig fe^tt
ber bei Samblic^ fc^on jerfoHenbe innere 9f?a^men qI§ foI(i)er;
öom äußeren blieben 9^e[te erholten in ber S5erfafferangabe
om ©c^tuffe be§ SSer!e§ bei §eIiobor ober in bem, in ben
„^irtengefd^id^ten" überbieS Qt§ SSorjüort bom Siomone
jetbft loggelöften, 93ilbeinfQ^e be§ 5I(i)ilIeu§ XatioS unb
2ongo§. S)ie in ben „bob^Ionifd^en ®ej(f)id§ten" mit ber
fRo^menform noc^ lofe gufammenpngenben @j!urfe finb
f)ier fd^on felb[tönbiger 5Iu§bru(f ber r^etorifd^en Sf^oman*
!omponente getüorben. S)er innere 9fla^men lie^ \\d) in
ber in Sftebe fte^enben Sflomanform entbehren, toeil in i^r
gegenüber ben beiben le^tbefproc^enen Xt)pen bie (S§e be§
^eIbenpaore§ on ben ©i^tu^ be§ SBerfeS ot§ beffen ßiel
üerlegt njirb. 2)amit entfällt bie 9^otn)enbigfeit, bie ju
S3eginn ber @efcl)id)te rafc^ erreid^te ^Bereinigung be§ £iebe§=
|)aore§ an il)rem (^nht tt)ieber^er5ufteEen, olfo bie ^anblung
auf einen, öon gtüei auf gleid)er Sinie ftel)enben @nbftü(fen
umfc^loffenen, 5?ern öon auSfc^lie^lid) retarbierenber gunftion
ju befd^ränfen. @§ ift aber auc^ bie größere ©efal^r öer=*
mieben, bie lofen ©pifoben ober beftenfoHS burc^ öuBerlic^e
a}?otiöierung äufammengeleimten @§enen be§ 9JJittelftüc!e§,
auf bercn Qabil bie Sänge be§ 2Ber!e§ beruht, im SlQgemeinen
burd^ ben gegen ben gelben gericl)teten ßorn einer ©ott^eit
ober burc^ bie S3egel)rlicl)!eit eineS ^^^rannen nac^ bem
©ennffe ber ^elbin ju begrünben unb bamit bie ^anpt^
t)erfonen öon übermädjtigen ^^einben berfolgen ju laffen
— 46 —
unb fo öon üorne'^erein jeber Slfttüitöt ju BerauBen. i) 2)ie
Uttnotoenbigfeit if)rer Strennung l^otten jc^on SötnBIicf)§
„bobt)(onif(f)e ©efd^idjten" borgetan. ^a(^ i^rem SSorgonge
tt)irb nunmef)r bQ§ ßiebe§paar nur §eittüeije getrennt, ©onft
erbulben bie |)etben, tüie 9f^f)obane§ itnb @inont§, gemeinfam
i^x (Bd)\ä\ai. ®amit erjcfieinen an<^ bie ouggebe^nten
Steifen ber Siebenben etma bei Xenop^on öon @p^ejo§ un=
nötig, ©c^on Samblirf) l^otte fie bebeutenb eingefd^ränft,
fo ^ia'^ jeinem 2Ber!e bie ntandjem für einen feften 9toman*
beftonbteit geltenben ©toffelemente: ©eeräuber, ©eeftürme
unb ©c^iffbrüdje unb ber für nic^t minber unentbef)rlic^
ge'^altene äg^ptijd)e 5lufent£)att mit feinen S3u!oIenüberfäIIen
in ber ^ouptfionblung festen. SongoS umging, begünftigt
burd) bQ§ poftorole 5toftüm feiner „^irtengefd^id^ten", biefe
Quf bie 9?a^menerjöf)Iung bom @d)Iage be§ Su!io§ öon
^atrai jurüdmcifenbe 5trt ber ©senenöerbinbung nic^t pm
@d)aben be§ ein^eitüd)en ß^ara!ter§ feine§ 2Berfe§ gän^tid^.
§eIiobor brad^te menigftenl ba^ ^oman^id ber el^elid^en
Bereinigung mit bem Sfteifegiel in ©inJtang. ®enn ha bie
®^e be§ 2:{)eogene§ unb ber df^arüleia in ber ät§iopifd)en
§eimat ber Jungfrau erfolgen foll, beftrebt fid^ ber §elb
burd) bie (Sntfüf)rung ber ©eliebten nad^ Stgtipten eine
äußere Sebingung für bie ©rreic^ung feinel 2iebe§äiele§ 5U
erfütten. (Sine foId)e Slnpoffung be§ 9fieifejiele§ an bog
Sftomansiet fe^It bei 5ld)iUeu§ Xotio§, bei bem lebiglid) ha^'
^) 9ftejTejc ber olten %tä)mt f)dbm fid) tvo^ I)ier unb ha tX'
l^atten, finb ober tiöüig bebeutung§Io§. @o erüört (£:^artneia bei
§eüobor I 8 (10, 22 SSeffer) i:^r 2J{t|gefd)tcf für eine ©träfe 9Ipot[§.
©ie njirb jeboi^ fofort üon 2;^eagene§ öerbeffert. 9Inbere ©teilen
— öon ben Drafeln abgefeljen — §. 93. III 11, IV 16 bchmben, baß
bie 5Iu(J)t ber Siebenben ber ou§brüdtid)e SBiße ber (SJötter fei. 9?nr
be§:^oIb h)in!t jo enbli(^ i:^ren SBünfc^cn Erfüllung.
— 47 —
58emü^en, ben ben SBünfd^cn ber Sieöenben aBgeneigten
©Item äu entfommen unb bann ber @ott oHer Suftjpiel*
bic^ter, ber Qü^aU oI§ X).)d)t tüottet.
(Siner peröer§ moralijierenben Ü^ic^tung, tüelc^e an bic
im S'Jinoiromane öermntete erinnern !i3nnte, tüenbete fid^
bie neue Ütomanart gu, tüenn fie burc§ bie @c^ic!fale eine§
fiiebe§paore§ bie ^enjd)f)eit üerl^errlic^en tvoUk. 2)iefe anf
bie d)riftli(^e Segenbe öorbeutenbe Unterorbnung ber ©roti!
unter neuplatonifc^e 5IjtefeO tnar ted^nif(^ burd) bie Sßer*
j(f)iebung ber (S{)e bom ©ingange an ba§ (Snbe ber @e[rf)i(f|te
mi3g(id^ geworben. SBie früf)er S^JinoS für feine Xapferfeit
unb ©elbftjud)t in ber ßeit ber Trennung bon feiner ©e*
liebten fd^lie^Iit^ burd^ i|ren (Smpfang belohnt njurbe, fo
fteHte nunmef)r bie legitime SSerbinbung ber alle Stnfed^tungen
gemeinfam unb in unftianbelbarer ^eufc^!§eit erbutbenben
gelben ben enblic^en ßo^n it)rer 3;;ngenb bar. SSie grunb*
öerf(f)ieben aber biefe Xugenb üon jener be§ S^JinoS ift,
erhellt barauS, ba^ fie im ©egenfa^e gu ber im dlino^^
romane tüir!enben i^re S3e!enner gur Untätigfeit üerbammt,
jo bei ^eliobor 5. ^. gelegentlich jur Sf^efignation (V C)
unb gum ©treben nac^ ©elbftüernic^tnng (VIII 9) ber*
füfirt. ©ie erfc^eint foIc^erma|en at§ ?lu§flu^ einer fpiri*
tuotiftifd^en SBeltonfc^auung, bie ben 2iebenben einerfeitS
ben So^n i^rer Sugenb für ein IeibIofe§ QenfeitS fidler*
ftellte, anbererfeitS irbijdje Seiben bon i^nen berlongte, ha
bie ft'eufc^fjeit nur in ßeiben ber Xugenb^aften trium*
p^ieren fonntc. Äünftlerifc^ geftaltete fic^ ber (Sinftu^
biefer SDenfweife auf bie neue 9fiomanform §u einem öu^erft
berberblic^en. 2)enn fie mu^te bk burd^ Überibinbung ber
1) «gl. (5. ü. S)obfd)ü^, 9f{obenberg§ Seutf d^c «Runbfd^au CXI
(1902) 101.
— 48 —
Üla^menform unb einer öu^erlid^en ©ejomtmotiüierung ber
bifparaten ^ernteile !aum getüonnene 9lomQneinf)eit burd^
bie ^ajftöität ber gelben jerftören. (Sine ba§ gattje SSer!
^tnbur^ feftgetiattene bromotifdie ^erjonengruppierung m^
SntereffengegenJQl (@piel unb ©egenjpiel), bie Qßein ß^ariton
gelungen toax, al\o bie ©ntttjidlung ber ^anblung au§
perfönlid§en äJiotiöen ber ^auptperfonen unb i^re ö!onomijci^e
2)urc^fiir)rung f^Io^ folc^e Untätig!eit im StUgemeinen
Ujenigfteng quI, ba bei berjelben feine ©ituotion, in ttielc^e
bie .gelben gerieten, au§ i^x ^erau§ erfd)öp[t tt)erben !onnte,
Jonbern jebe burc^ frembeS ßi^ti^t^ beenbet n)erben niu§te.
Übrigens l^inberte fc^on ha^ Söeijammenjein ber Siebenben
bie (Entfaltung eine§ ernfttid^en ©egeufpieleS gegen fie, bo§
nur bann n)ir!jam fein könnte, toenu ber ^efi^ ber @e*
liebten in ^roge fönte, njenn alfo bie §elbin gniifc^en ^ntei
ebenbürtigen Sftiüaten ftünbe, n)ie ÄoHirr^oe gtoifd^en ^io=
nt)fio§ unb ߧoirea§. ^m gaUe feelifc^er Übereinftimntung
unb räumlid^er SSereinigung fonnte aber ben Siebenben bie
3^einbf(f)aft einer britten ^erfon oI§ ein im SSorau§ au§*
fic£)t§(ofe§ Unternel£)men gegen ©inige unb SSereinte on unb
für ficf) gleichgültig, im gegennjörtigen grolle aber nur eine
Gelegenheit fein, einanber i^re ßeufd)^eit in gläuäenben
groben ju bett)eifen. S)ie ^affiüitöt ber gelben mochte
bem neueren Ü^omane nii^t nur SJJittler unb SSertraute
unentbe'^rlidj, fonbern öeranta^te oud^ bie SBiebereinfü^rung
ber öielen um bie Siebe ber gelben butjlenben S3en)erber
be§ älteren 9?omane§ in ber it)uen öou ^amblidE) in @armo§
gegebenen ©eftalt, n)ie ein 5SergIeid) biefer 9}?if(f)bilbung
au§ §ürnenber ©otttjeit unb Siebeswerber mit ^elioborS
5lrfa!e ober 2)emainete unb be§ 5(d)iIIeuS XatioS ©oft^eneS
unb X^erfanbroS beftätigt. 9Zur tritt je^t gegenüber ©armoS
ber Reiniger ber Siebenben n^ieber mit itinen in unmittelbare
— 49 —
gü^Iung unb fc^ont nid^t, ttJte jener, ben ©egenftanb feines
SSerlangenS, fonbern Würbe i^n an§ ©iferfud^t nnb ßo^^«
über bie erlittene 3^i^"<^^^^fii^9 ä" ^^bc quälen, ttienn
i^m nid^t eine äußere 9J2ad)t fein Opfer entzöge, gelben
unb ST^ronnen finb bann üon l^ier in bic d^riftüd^e ßegenbe
übergegangen. — @§ blieb fomit für ben |)anbtung§!ern
be§ neueren Ü^omaneS bei ben ©pifoben ober ©genen be§
älteren, mit bem geringfügigen Unterfd^iebe aßerbingS, ba^
biefelben me!§r ^euf(f)!^eit§=, at§ ^reueproben barftellen.
5Diefe (Spifoben unterfd^eiben fid^ beuttid^ in r^etorifd^e unb
in ©toffportien, öon benen bie Ie|teren nad§ 3amblidf)§ SSor*
gange nid^t nur ©rlebniffe be§ ßiebe§paare§, fonbern aud^
fold^e öon 0Jebenperfonen enthalten. 3tber oud^ Eingang
unb @c^(u^ be§ neuen SCtipuS laffen tro| be§ 93rud^e§ mit
ber atten Ü^atjmented^ni! über i^re §er!unft oom älteren
Ütomane feinen ßttjeifel S)a^ ber @d^tu^, ba§ frühere
fRafimenenbe, Sambüd)^ Umgeftoltung ber älteren ^orm
folgt, ttjurbe bereite bemerft. 2)er ehemalige üla^men*
öorberteil, ber bie SSeret)eIid^ung ber Siebenben erjä^Ite unb
bi§ 5um ^Beginne i^rer Strfa^rten, alfo i^rer 2;rennung
öon einanber reid^te, l^at jujar bie g^uuftion ber 9^oman*
eröffnung nic^t unbebingt beibehalten, tt)ie ein ^intt)ei§ auf
^eliobor Ief)rt, ttJurbe aber aud^ nid^t mit S^aritonS öon
ber 9^orm abn)eid^enber Änoppl^eit, fonbern mit ber infolge
ber äJJi^gunft ber Überlieferung aüein bei Xenop^on üon
(Sp^efo§ beobad£)teten, aber aud^ für bie „bab^Ionifd)en @e=»
fd^icE)ten" geforberten 5lu§fü!^rli(i)feit be{)anbelt. Songo§
(1 1—8) ging bi§ in bie frü^efte Äinb^eit feiner gelben
5urü(J unb ^eliobor (II 24— VI), ouc^ 5(d^iKeu§ 2;atio§
(I 3 — II) übertrofen fogar ben Xenop^on öon @pt)efo§ um
ta^ doppelte an ^Breite. S3i§ auf ben ©ötterjorn unb bie
2:rennung ber Siebenben genügte ber neuere S^oman ebenfaߧ
Sc^iffel, Dtontan. 4
— 50 —
ber ©d^abtone ber otten (Singanglform. ^ud^ in ben ent=
fpred)enben Steilen be§felben üBerftiiegen alfo pftic^ologifd^*
r^etorifc^e 5lu§füf)rungen tüeitouS bie auf ein 9JJinbe[tma^
befd^ränfte ^anbtung. Sei bem b^jantinijrfjen 9^ac^at)mer
be§ 5lc^itleu§ ^otio§, bei (Sumatf)io§ SJiafremboIiteS fteigerte
fid) bann ber Umfang biefe§ alten @ingang§teile§ in§
9}ionftröfe, n^enn er mef)r al§ bie ^ätfte be§ gangen 2öer!e§
(I— VII 7) umfo^te. Bugleic^ öerpc^tigte fic^ bie ^anb*
lung in if)nt gu fünften pfi)c^oIogif c^ * rf)etorifdjer 5lu§*
fü()rungen in ein 9^ic^t§. — Qm ©angen ift feftgufteüen,
ha'^ fid) ber neuere Sfloman jmar üergeblid) um innere
©in^eit bemüfjte, bnrc^ S5ermeibung ber 9fla{)menform fic^
if)r aber n^eiter notierte, al§ Samblid).
11.
S)effen ©influ^ mad)te fid) befonber§ in ber Einlage
ber „ätf)iopif(^en @efd)ic^ten" geltenb, bie ber jenigen be§
^weiten 2;eile§ ber „babt)tonifc^en ©efc^ic^ten" nai^gebilbet
ift. ^eliobor übertraf fein 9}Jufter nid^t nur in öielfättiger
Unterbredjung be§ gerablinigen SSerlaufeS ber @efd)id)te,
ein burc^ i^re (S|)ifoben:^aftigfeit au^erorbentüd) erleichtertet
SSerfa^ren, fonbern er forgte and) für innigere SSerbinbung
öon ©infc^üben unb §aupt:§anblung, oI§ fie bei Söniblid^
beftanb.
S)ie 5Durd)fd^Iingung ber ^au^tt)anblung mit fremben
Partien gefc^al) in gttjeifac^er 2lrt. ©ie erftredte fic^ fomof)!
ouf bie üeinften (Sinl)eiten, bie ©genen, oI§ aud^ auf bie
fünf großen ^ompleje, in bie ba^ SBer! gerfäEt (I — II 19.
II 19— VII 8. VII 9— VIII. IX— X 6. X 7-41). S3eibe
5(rten ber 2)urd)freuäung l^ängen urföd^Iid) jufammen. 2)enn
bie fünf Ülomanabfc^nitte finb i^rerfeitS erft ein ^robu!t
— 51 —
ber ©jenenderfrfjränfung, bie alfo auc^ für ben !ün[t(erifd^en
5tufbau be§ SSer!e§ nm^gebenbe 93ebeutung Beft|t. 2)er
Unterjd^ieb ^tüifd^en ben einzelnen fRomonoBjd^nitten befte^t
nic^t ettüa, tt)ie berjenige jtoijc^en (Sf)ariton§ unb Samblic^S
Tlitkh unb Ü^anbteiten beg 9ftomon!ertte§, in üerfc^iebener
(Sntfattung be§ nooelliftijc^en @(emente§, alfo in .^onb(nng§=
reic!^tum ober =armut, fonbern in htm öerjcfiiebenen einteile
be§ ^elbenpaareS on ber ^anblung. 2)erjetbe ^dngt töieber
öon ßd)l unb S3ebeutung ber ©jenen ab, in benen bie
gelben ^aupt^^er Jonen finb. 3m 4. 5tbfc^nitte (IX— X 6)
wirb ä- S. bie ^aupt^anbtung be§ 9tomone§ jur un*
bebeutenben (S|}ijobe {)erabgebrücft. ^enn nur §tt)eimal, ju
beginn unb ju (£nbe be§ perfif cf) := ät^iopif i^en Krieges, er*
jc^einen in i^m furg bie Siebenben aU befangene (IX 1/2.
24—25). 3a ba§ sttjeite Wlal berjc^iebt ß^arüleia if)r
Eingreifen in bie §anblung au§brü(füc^ auf eine fpötere
3eit, nämlicf) auf bie 3^it ^W^ Opferung in 9}feroe.
(gbenfo im 2. 5lbfd^nitte (II 19— VII 8), in metc^em imx
öiel oon bem ^etbenpaare bie 3f?ebe ift, in bem aber faft
allein bie öon if)rem Partner getrennte ©fjarüleia unb fie
nur al§> ©tatiftin auftritt, fo in einigen meift einfamen
unb nä(f)tlid)en Magen um ben beliebten (V 2; 34. VI 8/9;
aber VI 5), in Söiebererfennunglfjenen mit Äaioftril (V 11)
unb ST^eageneS (VII 7), auf i^rer SSanberung mit ^akftriS
noc^ 58effa unb al§ ßufc^auerin einer 2;otenbefd)tt)örung
auf bem @c^(a(i)tfelbe bafelbft. 3)er 4. 5lbfd^nitt ujar bem
^^bafpeg, bie §anblung§teite be§ 2. waren ber Erfüllung
oon ^nemon§ unb ^atafirig' @cl^ic!fal gewibmet. ^a^er
bienen in i^nen aud) bie fdjeinbar ber ^auptgefcfjid^te
geltenben ©jenen nicfjt i^r, fonbern jenen 9^ebenf)anblungen.
©0 i 93. entl^üUt ber üergeblirf)e ®ang be§ ^nemon,
Äalafiri§, SfJaufifteS ju SJJitraneS (VI 1—5), ber bem
4*
— 52 —
£o§!aufe be§ St^eageneS gttt, in erfter Sinte bcm 9^auftfle§
^nemoit§ S3ejie:^ungen §u i^m unb bereitet bie ^nemon§
SJJü^fate objc^tie^enbe ^oc^geit be§feI6en mit S^Jaufifteia,
be§ 9fJouftfte§ Xoc^ter, bor. ®aburc^ ba^ bie empfangenen
S^Jac^ric^ten ^atofiris nnb ß^arifteien für i^re tt)eiteren
S'laciiforfc^ungen ben SSeg »eifen, mirft ja biefe ©pifobe
nnr inbire!t auf bie ^aupf^anbtung gurüd 5t^ntic^ finb
bie öon ben Sttl^iopern gefangenen gelben bem Könige
annäc^ft nur at§ geftopfer niertöod. S^re (Srbeutung ift
affo i!^m unb bem Sefer öorerft nichts weiter aB eine
^rieg§epifobe, öon bebeutenb geringerer ^rogujeite aber, al§
etwa bie öon ^etiobor gefd^itft in S5erbinbung mit i^r er=
wötinte Gefangennahme be§ befiegten Droonbate§. 3nbem
nun jene burd^ bie öt!£)iopif(^en (Srfolge bauernbe Gefangen*
fd^aft bie Siebenben ®f)ari!Ieien§ Sßater §t)bafpe§ in bie
§änbe gab unb fie al§ Dpfer auc^ if)r a^teife^iel ^tl^iopien
erreichen Iie§, erlangten ^rieg unb ©ieg be§ ^t)bafpe§ gegen*
über ben öorbiIbIict)en (Sntfci^eibung§!ömpfen am 9floman=
fc^Iuffe bei S^ariton unb Sontblid^ erft nachträglich mittel*
bare, alfo zufällige S3ebeutung für bie ^aupt^onblung. ®ie§
gän§Iict)e 3"i^ü(ftreten berfelben im 2. unb 4. 5tbfc^nitte
lö^t nun burc^ Sfolierung i^re brei 2;eite, nämlic^ ben
1. (I— II 19), 3. (VII 9— Vni) unb 5. (X 7-41) etoman*
abfc^nitt, plaftifc^ {)erau§treten unb erleichtert i^re SSegie^ung
auf einanber, unterftreicf)t atfo i^re ^t^nlic^feit, bie fie not*
menbig befi|en muffen, um für ben !ünftlerifd§en Slufbau
be§ SSer!e§ öermenbbar ju fein. 2)er 1. unb 3. 9floman*
abfc^nitt, nömlid^ bie (Sriebniffe ber Siebenben bei 2;^^ami§
unb 5lrfa!e, finb ©egenftürfe. SSirb öon ST^^amiS, wie fo
!f)äufig in ben öor ^anblungSbeginn liegenben ©cf)i(ffa(en
be§ §elbenpaare§, ©^rifteien, fo wirb öon 5trfa!e bem
STfjeageneS nac^geftettt. S3eibe bewahren i^re Äeufc^fieit
— 53 —
burc^ ä{)nlid)e Sift, nämltd^ bur^ SSortäufc^ung gejcfitüifter*
liefen S5eri)ättniffe§, bann burc^ biIatorif(f)e§ Sßerfa'firen mit
§ilfe einer jd^UJer erfüllbaren ^od^geitgbebingung; beibe
toerben enbüd^ gemaltfam if)rer gefä^rli(f)en Sage entrückt.
'änd) ha§i Rumäne SSorge^en be§ OtöuberS 5t^^omi§ unb
ba§ barbarifcfie ber Baixapin 'äx\aU ift, fogar bi§ gu
5Infä^en eine§ @egenfpiele§ Srf)^ami§: 5lrjafe (VIII 3—5. 9),
fontraftiert. Snt Ie|ten §anb(ung§teite brof)t jeb ent ber
gelben ebenfalls ttJegen i^rer ^euf(f)f)eit biefelbe @efat)r ber
Opferung. Stuc^ !§ier triumpf)ieren fie fc^tie^Iid§ burc^
öu^ere ÜJiittel gemeinfam über i^r 3Jli^gefd)i(f. S)ie
©d^eibung ber fünf fRomanabfc^nitte üon einanber unter*
ftü|t ber SBec^fel ber 3JättIer üon einem jum anberen.
Sn ber 3:;^t)ami§epifobe (1) leiftet ^nemon, in ber ^nemon=
Äatafiri§ ^ SfJebenfianblung (2) ^alafiriS, in ber 5trfa!e*
epifobe (3) ^f)t)ami§ für bie Siebenben, ^^bele unb gunäclft
oud^ ?Id^aimene§ für ?lrfa!e, Slc^aimene§ fpäter für Dro*
onbate§ äJiittlerbienfte. 2Bät)renb be§ ät^iopifd^en gelb*
5uge§ (4), töät)renb beffen bie gelben faft ganj au§ ber
©efd^ic^te öerf(f)tt)inben, ift i|r SJJittler nominell ber ©unuc^
93agoa§, in SJJeroe (5) ber @t)mnofop^ift (Sifimitt)re§. —
®ie ©genenöerfc^rönfung erfolgte auf mannigfadie SBeife.
3m 4. 5lbfd)nitte !ef)rte fid^, njie gefagt, ba^ SSerpItni§
ber |)auptf)anblung, al§ ^erfonengefd^id^te jur SfJebenl^anb*
lung, al§ einem Xatfad^enberid)te einf ad§ um, inbem bie
§auptf)onbIung ju ©pifoben ber S^leben-^anblung ^erabfanf.
komplizierter ift \)a^ $ßert)ältni§ im 2. 5lbfd§nitte, in beffen
^anb(ung§teilen nur ß{)ari!Ieia aug einer ^auptperfon pr
Nebenfigur tt)urbe, »ö^renb Xt)eagene§ bi§ pm ©c^Iuffe,
on bem er ebenfaöS al§ blo^ gefü!§t§mä|ig beteiligter
ßufc^auer be§ S3ruberfampfe§ auftrat, gan§ au§fd)ieb.
S)ieg gleichmäßige ^u^^ücftreten ber iRomant)e(ben au^ ber
— 54 —
eigentüd^en ^anbtung be§ 3lbfc^nttte§ ergäbe aber noc^ feine
(Sjenenöerfc^ränfung, obtüo!^! in ber SBanberung ^nemonS
nac^ e^emmiS unb 6ei feinem ßnjammentreffen mit ^aIoftri§
(II 19—24) (S^arüleia nic^t erjd^eint, jonbern nur ermä'f)nt
tt)irb. S)enn bo fie nie bie §anblung irgenbmie beeinflußt,
gejc^njeige benn in i^rem 9JJitteIpun!te ftef)t, ift e§ gteid^*
gültig, ob fie in einer ©^ene auftritt ober nid^t.i) SSiel*
mel^r oermenbete ^eliobor jur Unterbred)ung ber tnemon*
Äalafiri§*§anbtung ©inlageergäfilungen, bie fämttic^ bie
©efc^ic^te ber gelben ober einel bon i^nen betreffen. ®ag
SSert)äItni§ öon fRaf)menf)anbtung unb (Sintagen im 2. ift
nun ä^nlici^ bemjenigen öon ^oupt^onbtung unb (Spifoben
im 4. Slbfc^nitte. ?luc^ bort betrifft bie 9?a{)menf)anblung
9?ebenperfonen, ber (Sinlagenteit ^auptperfonen be§ SSerfeS.
©erobe auf ben 2. 9flomanabfc|nitt befd^rönft ftc^ biefe ?lrt
öon ©inrageerjä^Iung, meit in i^m bie gelben öon einanber
getrennt finb unb auc^ ©f)ari!Ieio erft mä^renb feine§ SSer*
laufet mit bem SUJittler beg 1. 5tbfc^nitte§, beffen ©c^icffalen
ber Sefer gerabtinig folgt, mieber äufammen!ommt. ©olc^er*
maßen ift für ben ^ßerfoffer fomo|I ®e(egen{)eit gemorben,
bie (Sriebniffe be§ ^oareg mö^renb feiner Entfernung öon
^nemon nad^gu'^oten (V 4 — 9), at§ amf) öon einer 5lugen*
jeugin bie 93egeben!^eiten be§ X^eogeneS nadf) feiner Trennung
öon S^arükia bem fuc^enben ^ataftri§ berichten ^u laffen
(VI 13) unb i^n baburc^ in ©taub ju fe^en, bie gelben
am ©c^Iuffe be§ 2. ?tbfct)nitte§ p öereinen, alfo feine
SKittterroIte erfolgreich) burifijufütiren. SDie §auptmaffe
biefer (Sinfagen be§ 2. 5tbf(i)nitte§ bilbet aber bie (Srjöfilung
ber bem Ü^omanbeginne oorou§tiegenben ©c^icffate ber
») SSgl. als tnftruftiüeg 93eif;ptel bie ©ud^e nad) %i)taQtnti
VI 1—5.
— 55 —
ßiebenben, burd) bie ftd§ ^olafiri^ at§ SQlittter einfüf)rt.
(Sie lüor boburd) möglich getüorbett, ba^ ^eliobor mit einer
rl^etorifd^en S3efd§reibung at§ töirfungSbottem ^erjonen*
ein|a|e {üiqool^lov Ix jcqogwjcov) bie (Srjäl^tung mitten
in ber ®efdf)ici§te begonnen ^atte. S^iidit nnr bie S5orgejci^i(i)te
ber Siebe, ben alten Sfla^menüorberteit (II 24 — V 1), fonbern
0i\\6) ha% (Stüd öon bem burd^ S3eginn ber SSonberung
gattungsmäßig normierten 5lnfange be§ alten 9floman!erne§
an, alfo ha% ©tüd üom orgonifc^en bi§ jnm millf Urtieren
§anblung§einfa|e (V 17 — 33) gettjann er jorc^ermaßen jnr
SDurd^brec^nng ber ^aupt^anblung. S)ie gefi^icite S3enü^ung
be§ burd^ bie ©attungSnorm ber alten g^orm gegebenen
einfd)nitte§ öerfd^affte i^m ftatt eine§, ^mei (Sinjc^übe.
§etiobor bebiente fid^ au§ bemfelben öfonomifc^en @runbe
auc^ ^]xx ©jenenoerfd^ränfung ber anberen fRomanabfdinitte
biefer ßttJeiteitung; fo in ber @in(age oon ^nemon§ Soor*
gefc^ic^te, meiere bie §aupt:^anbtung be§ 1. 3tbfc^nitte§ unter*
Bricht (I 9—17. II 8—11), in ber 5Irfa!eepijobe (VII 9—29.
Vin 3—13), bie burc^ ben S3eric^t bom SSerrate be§
Slc^aimene§ unb in ber Dpfer^onbtung be§ 5. 5lbjc^nitte§
(X 7—22. 28—41), bie burc^ ©c^itberung ber ^e[tgefanbt=
fdiaften §ertegt mirb. — ®er te|te ®runb für "i^a^ Wx'^-
gefc^ic! ber ßiebenben mar Sd^önl^eit ober ^eufc^^eit eine§
öon i^nen. Siebe, ©iferfuc^t, ®eminnjud)t (9^aufi!te§), ein
ungeschriebenes @eje| (Opferung in SJJeroe) bereiteten i^nen
bie ©efa^ren, in bie fie burc^ offene @emalt, fei e§ Sflaub,
fei eS @efangennal§me im ^iege, ober ^eimüc^ (^t)bele)
gelangten. Offene ©emalt in SfieageneS' Befreiung oon
äJJitraneS, ein zufälliger ©emattftreic^ gegen i^ren §errn,
tüie ber nic^t um ifiretmilten gefüf)rte ^irtenfrieg, ^eimtid^e
©ematt in ber ©ntfü^rung au§ SlrfafenS ©ema^rfom burc^
S3agoaS, Sift unb ©emalt in S^arüteienS (Sntfü^rung au§
- 56 —
2)e(^^i irnb in ber gegenfeitigen SSernid^tung ber 9ftciuber,
Ate fo oft be§ Ä'oIafiriS Sift im greifoufe e^Qri!Ieien§
ober gar bie fog. im!ünft(id)en iöetreiSmittel einer ®erid^t§=
oerf)anbIung erlöften fie au§ il^rer £age.i) 5luc^ SSer*
niec^felung jpielt in ber 9Jfotioiernng ber „ät^iopijd^en @e*
jd)id^ten" eine fRotle, wenngtetd^ feine jolc^e, n)ie in bin
„babt)tonij(^en ©efd^ic^ten". SBurbe bort STrop^ime üom
SSater ber @inoni§, bonn üon ©oroic^oS nnb 9l^obane§
für ©inoniS, fo njirb X^i§be oon Xt)t)ami§, bann üon
^nemon nnb 5:t)eagene§ für d^arüleia unb umge!e^rt biefe
burd^ be§ 9^aufi!(e§ Sift üon 3)Jitrane§ unb üon ^nemon
für %\)i^hi gel^alten. ^iegSlift unb ßufaH, biefer in
^nemon§ ^itfoi^J^^tit^^ff^i^ init 9flaufifte§, ober gar ba§
(Sd)ic!foI, ha§ ben ^alafiri§ junt Kampfe feiner (Sö^ne
jurec^tlommen lä^t, finb and) bie treibenben ßröfte ber
^leBenfianblungen. dla^ aEen biefen Seifpielen ^errfc^t
alfo oud^ in ben „ät^iopifc^en ®efc^i(f)ten", tt)ie in ben
„Bab^Ionifdien", bie äußere SRotiüierung, bie freiließ oft
fe|r funftüoH fein !onn. ©o überliftet Äalafiriä bie S)elp^ier,
inbem er fie gerabe burc^ ben §intt)ei§ auf X{)eagene§, al§
ßiiarüleieng ©ntfül^rer, üon beffen ©pur ab(en!t ober füf)rt
er bie gegenfeitige SSernic^tung ber 9flöuber l^erbei, inbem
er bie @iferfud)t be§ ^e(oro§ auf Xrad)ino§ erregt unb bie
üor 2eibenfd)aft blinben Sfliüolen gegen einanber ou§=
fpielt u. f. f. siSie bei Samblid^ , f o finbet fic^ auc^ bei
^eliobor nur einmal beutütf) unb au§reid)enb perfönlid)e
äl'Jotiüierung, unb j^ar in ber 3trfa!eepifobe üertoenbet.
^) SlJlit ben SSotten (284, 32 ff. 93.) J näoa Slxr] xal xQiaiq, (o
ßaoiXev, ovo zag ixByLaxaq anoösl^eig oiSe, xaq re lyyQatpovo,
nioTBig xal zag ix /xuqxvqcdv ßeßaicoosig eröffnet (£{)arifleia i^ren
:3t>entitcJtgben»eig üor i^rem SSater.
— 57 —
Wie bie Cuolen, bie 2^eagene§ unb ß^arifleia ba jelBft
erbulben muffen, tt)erbeu aii§ Slrfafen§ ßüfterntjeit nad) bem
©enuffe be§ S^eogeneS erflärt, einer £üftern{)eit, bie i^r
a6er nid)t angeflogen lüor, toie etnja ben S3en)erbern um
6f)ari!Ieia, fonbern bie ben tt)efentlid)ften (S^oraftergug be§
mönnerfüc^tigen SSeibeS barftellte. Umfid^tig mürbe berfelBe
fd^on im 2. SlBfc^nitte öorbereitet. 3- ^- ittuftrierte i^n
bafelbft if)re furge einfüf)renbe ©|orQ!terifti! burd^ hen
93er ic^t i^rer früheren 5tbfitf)ten auf Z^'qami^, 5. X. ent=
mirfelte er fid^ öor ben 5lugen be§ 2efer§, ber bie (Snt*
fte{)ung i^rer Seibenfcfiaft für 2;f)eogene§ mitberfolgte
(VII 4 ff., 9 f., VIII 5 f.). S)ie flammen biefer 93runft
fdjlugen über ber 93eiammern§merten gufammen unb öer*
5ef)rten fie enbti^ (VIII 13. 15). 2Bie fe^r Slrfofe im
33anne i^rer 58egierben ftanb unb mie rein materiell biefelben
maren, bracEite ber SSerfaffer unsmeibeutig burdE) bie Xatfac£)e
gum §Iu§brurfe, ba^ and) bie 5lufbetfung be§ mirüic^en
9Ser{)ä{tniffe§ üon Xt)eagene§ unb S^arüleia il^re Siebe
nid)t in §0^ gegen Xf)eagene§ öer!e|rte. 51tle if)re §anb=*
lungen gegen it)n maren SSerjmeiftunggtoten, of)ne @etbft=
befinnung im ^ienfte ber Seibenfd^aft öottfüfirt. 2)iefe
if)re leibenftfiaftlid^e Unüberlegtheit ftetlte ^eliobor treffenb
in ber \i)x fo öerberblid^en S25ortbrüc^ig!eit gegen 2tc^aimene§
bar. 3)ie it)r oon bemfelben !gemad)te Hoffnung auf ben
®enu^ be§ ST^eageneS beftimmte fie, bem 5tc^aimene§ eiblic^
bie ®{)e mit S^arüleien gugufpredfien unb eine if)r üon
Xt)eagene§ gemad)te Hoffnung oeranfa^te fie t)inmieber nad^
fd^ma(^er ©inmenbung gum @ibbruc[)e, obtt)ot)t fie fic^ über
bag ©efö^rlid^e i^reS 9Sorge^en§ nic^t täufdjte, mie au§
if)rer rid^tigen Stu§beutung ber 5tbmefen^eit be§ Std)aimene§
erfjellt. 5tber aud) ^tibele mar !ein blo^eS SBerfgeug if)rer
^errin, !eine 9J2ittIerfigur, mie fie burc^fc^nittlic^ im fRomane
— 58 —
tjorjutontnten pflegt, jonbern öon ©ruitb oit§ eine Kuppler*
notur. ©benfo erjc£)etnt 5l(^ottnene§ al§ ba§ Urbitb be§
berec^nenben ©goiften. (£§ fenn^eid^net ben felbftfüc^tigett
Intriganten bie S5or[i(i)t, mit ber er gnnäd^ft bie @nt*
becEnng ber Qbentität be§ X^eagene§ mit bem öon X^tiamiS
befreiten befangenen gurüifiätt (VII 16), bie ®ett)iffen=
lofigteit, mit ber er feine ©ntbecfnng im günftigen 5tugen=*
bti(fe pm (Sdt)aben feine§ |)errn DroonbateS für feine
SSünfc^e anSnü^t (VII 23), bann ber ou§ 3orn unb ©ifer*
fud^t über bo§ f^el^tfi^tagen feiner ©rmartungen öoUfü^rte
gemeine Sßerrat ?lrfa!en§ bei Droonbate§ au§ angeblich
befter ©efinnung gegen biefen (VIII 1), enblic| ber SJJorb*
üerfuc^ on Droonbate§ nm feiner eigenen ©icfier^eit willen
(IX 20), ha er öon ber SSernid^tnng ber Sett)eife für feine
Angaben erfat)ren ^atte. 5tber nic^t nnr bie ha^ .gelben*
paar umgebenben Reiniger beSfelben ^anbeln it)rer Sßer«
antagung gemö^, atfo beterminiert burc^ i^re ßeibenfd^aften,
fonbern au^ ^^eagene§ nnb ßfiarüleia geigen fi^ öon
Ieibenfc|aftlid^er ^enfi^^eit erfüllt. Sie ift i^nen me{)r al^
blo^el fittlicf)e§ ©ebot, me^r oI§ bürgerliche Xugenb im
(Sinne ^lotinS, fie ift ein Stüc! if)re§ Selbft, faft eine fte
öergötttid^enbe 2;ngenb. SBenn fie nun ^ier gum erften
WaU im 9ftomane au§ i^rem Sßefen ^erau§ a!tiö »erben,
fo gefc^ie^t e§ in einer SSeife, bie fie gang untauglich für
eine ^elbenroHe erfct)einen lö^t. 3)ie ©rbutbung i'^rer
Seiben fteigert fid^ nömtic^ ie|t gur @ef)nfuc^t nac^ bem
SJJarttirium. Sie greifen alfo gur Selbftöernic^tung in bie
^anblung ein, b. ^. in ben neupIatonifc|en ®eban!en!rei§
be§ SBer!e§ überfe^t: im Sinne i^rer SSergöttlicfjung. 2)ie
©erid^tSfgene, bie ttjunberbare S^tettung ßt)ari!Ieien§ öon
bem ^euertobe unb bie erbaulichen @efpröct)e ber gelben
in ber öermeintlic^ testen 9^ad^t if)re§ @rbenleben§ !önnten
— 59 —
benn aud^ in jeber gnofttfc^en ober nmnid^äijc^en ßegenbe
fielen. 2)iefe Gattung ber gelben lä^t bie 5lrja!eepifobe
a(§ ben ibeellen §ö§epun!t ber „ät^iopifc^en ©ejc^ic^ten"
erfc^einen, beren SSerfaffer man alfo nid^t o|ne inneren
@runb, wenngleich ol^ne S3ere(f)tigung pm ß^riflen gemacfit
()at. SBo^t hi^aih i[t fie aucf) am funftreicfiften im ganzen
Söerfe ouggefü^rt, inbem allein in if)r feine fd^atten^aften
gignren, feine bloßen St^rannen nnb öerliebten Xugenb=
bolbe, §ä|d)er nnb g^rennbe, fonbern auc^ in if)rer ^anf=
{)aftigfeit tebenSnjafire ß^araftere, bie burd^ bie §eran§*
arbeitung eine§ ß^arafter§uge§ e^er ju 6f)araftert^pen
geworben finb, einanber gegenüberftel^en. Wt^x al§ S3au=
fteine ^u einem ^nnftlrerfe f)at ^eliobor freiließ aud§ t)kx
— gehemmt burd§ feine SSettanjcfiauung — ni(^t geliefert.
5Denn e§ fanb bie 5lrfofeepifobe ben gleid^en gewaltfamen
äußeren ^Ibfc^tu^, wie bie anberen Hbfc^nitte feine§ 2Berfe§.
Smmerf)in ^ätte e§ anberS fommen fönnen, wenn entweber
ha§ ©egenfpiel 5lrfafe: 2^§^ami§ ausgebaut worben wäre,
ober wenn DroonbateS perfönlic^ eingegriffen l^ötte, wenn
atfo be§ ?tc^aimene§ SSerrot me^r, d^ bie l^eimüc^e @nt=
fernung ber Siebenben au§ Strfafen§ ©ewalt jur gotge
gehabt f)ätte. Slud^ \)a§^ @nbe 3trfafen§, ber menfd)Iic^ ba^
meifte 9}iitgefü|( gebührt, fommt §u fd^nell. «Sie, bie oon
^^eageneS nid)t me^r, all ein ^albe§ ^ü^d^en erbeutete
(VII 26), ptte noc^ ben SBillen ifjrer Seibenfc^aft §u einem
@egenfpiete gegen Droonbate§ aufbringen fotten. (Snbüc^
l^ätte für ben geiftlic^en ^oc^mut be§ fpröben ^^eagene§,
ber fic^ in feiner gangen ^ertierfität erft im Sßergteic^e
mit bem gefunben @e(bfter^altung§triebe ^aÜirrl^oenS bei
ß^ariton ermeffen läfet, bie Seben§gefaf)r, in ber ßfiarifteio
fd)Webte, ein rüdffic^tSwürbiger ®runb gum einmaligen
gügen in Slrfafenl 2ßünfcf)e werben muffen. ©oWo^I bie
— 60 —
großen fünftlerifc^en Sßorgüge ber 5lrfafeepifobe innerhalb
be§ SBer!e§, al§ anä) i^re Unfertigfeit !onnten äft^etifc^
nic^t einbruc!§Io§ unb ba^er Bei ber großen ^ßerBreitung
be§ fic^ im Saufe ber ßeit fanonifc^e ©eltung erringenben
neu^Iatonifc^en 2:enbenäromane§ nid)t unöeatfitet bleiben.
@o ^Qt benn 5tc^iIIeu§ Station biefe n)ir!famfte ©pifobe ber
„ättiiopijc^en @efd§icf)ten" im ^ft^eiten ^ieile feineg 9^omane§
ausgebaut, (gr ^at babei lüo^t nur ber allgemeinen
Stimmung 9^eci§nung getragen, Ujenn er bie 5lrfafe ^elioborg
in feiner äJJelitte milber fa^te unb auc^ i^re SBünfc^e burc^
ben menfc^Iic^er, al§ ST^eageneS füf)Ienben tleitop^on be*
friebigen lie^, njenn er alfo ben l^atben tu^, burc^ htn
SCl^eageneä öon 5trfa!en fid) ß^arifleienS §anb erfaufte
($et. VII 26), in einen @efd)Ied§t§a!t meitopt)on§ al§ £ot)n
für feine unb SenüppenS Befreiung umn^anbelte (Stc^iÜ.
STaiV 25-27).')
%Uii) ber Ökonomie befliß fic^ ^eliobor, \omit e§ i^m
ber 3tt'0"9 ^^§ ?5ormtt)pu§ jur (Spifoben^aftigfeit unb bie
gum @toff= unb ^erfonenüberfc^tt)ang üerleitenbe jamblic^ifc^e
SJerfd^ränfungStec^nif irgenbn)ie geftattete. ^a er fanb fogar
in biefer einen 5ln^alt§pun!t, bie jügellofe ©pifobenflut
feines S3orbi(be§ gugunften ber 9flomaneinl§eittic^!eit be=
beutenb eingubömmen. S)ie ©d^atttec^ni! ermöglichte if)m
^) ®te einzelnen äußeren Überctnfttmtnungen ber 2lrfa!ee^3ifobe
unb be§ xi)x bei 9Id)iIIeu§ SattoS angefügten tielioborifc^en gtomon«
fc^IuffeS mit bem äWeiten Seile ber „Siebe§begeben:^eiten be§ tleitop^on
unb ber Seuüppe" unb if)re 5ßerfd)iebenf)eiten öon ii)m f)ot ^f)ilibert
5Reimfe, Quaestiones heliodoreae. 2)iff. ^aUt a. ©. 1889, @. 32—39.
45—46 gemiffentiaft unb überfid^tlid) pfammengeftellt. Slucf) bie
Slbfic^t beg Slc^iaeug Satio§, feine Vorlage §u tierbeffern, ift ?Jeim!e
nidit entgongen, o:^ne balß er fid) jeboct) über Umfang unb atiditung
biefeg S3eftreben§ flar geworben roäre.
— 61 —
närnüd^, ouc^ jtüijc^en jtüei an itnb für ftc^ gteid^tüertigen
Xeilen berjelben ^anbrung einen Oualitätgunterjcl^ieb ju
madien unb öermöge be§jeI6en olle tüte immer gearteten
UnterbrecJinngen ber §aupt^anblnng fompofttionett, atjo
inbireft ber (Sint)eit be§ ^nnfttüerfeS nu|Bar ju mad)en.
5luf biefe SBeije gelang e§ if)m, bie ©efc^ic^te ber SieBenben
fottjeit in ©injc^üben nnterjnbringen, ha^ in ber ^anpt*
l^anblung nur eine SSerju(f)ung ßf)arif(eien§ einer be§
i^eageneS gegenüberftanb, ha^ atjo biefelbe au^er bem
@d)lu^obf(i)nitte überhaupt nur jmei (Spijoben enthielt. ®ie
SSorgefrf)ic^te be§ ^aare§ fc^lofe fid), ba [ie nur 5lnjct)Iäge
auf S^arifteia umfaßte, jener einzigen in ber ^aupt^anblung
bargeftellten 5lnfe(i)tung ßf)ori!teien§ burd§ X^t)ami§ faft
unmittelbar an unb ^alf fold^erma^en ba§ ®Ieid§gemic§t
gmifcfien ber ^^t)ami§= unb ber bebeutenb gen)id^tigeren
Strfa!eepifobe annöf)ernb t)erftelten. 3(ber aucf) (Einlagen,
tt)ie bie Sßorgefd)id)te ^nemon§, bie fic^ ni^t umfonft im
2. ülomanabfdinitte bire!t fortfe|te, nju^te §eIiobor fom=
pofitioneH aug^unü^en unb fomit öfonomifcf) ^u re^t*
fertigen. 3)ie Änemonf)anbIung fteHt nömüc^ ein Bürger*
Iic^e§ (Seitenftüc! jur ^eroifdien ^aupttjaubtung bar, biefe
foI(f)erma^en l^erau^arbeitenb. g^erner traten aud§ ^erfonen
ber SfJeben^anblung in bie §aupt^anbtung unb folcfie ber
einen ©pifobe in bie anbere über. @o fpietten au§ ^nemon§
SSorgefc^i(f)te 9fJaufifte§ unb X^i^be, biefe infolge i^rer SSer=
toedjfelung mit ber ^etbin gar nic£)t einmal unbebeutenb,
in bie ^onblung f)erein. ?i[t)nüd^ ftanb ber „Xtirann" be§
1. 9lomanobfc§nitte§ Sr^i)ami§ oud^ mit ^alafiriS unb gar
mcJ)t ungefc^ic!t mit 5trfa!e, feinem ®egenftüc!e im 3. Slb=
fd)nitte, in Sßerbinbung. Droonbate§ bilbete mit .^ilfe be§
3tc^aimene§ bie 93rüde nicf)t nur für bie gelben öon
§lrfa!e ju §t)bafpe§, fonbern »ermittelte audf) bem ßf)ari!(e§
— 62 —
S3eäie!^ungen ju biefem. dlüx Strfa!e unb i^re §elfer§=
l^elferin ^t)bele, bie blo^ al§ 9)Jutter be§ SlcJiaimenel mit
bem übrigen ^erjonen!rei§ öerMpft ift, ftel^en auffattenb,
aber ni(^t pfällig ifoliert. 2)enn if)re ©onberftettung ift
eines ber SOiittet, treidle bie Sebeutung be§ ibeeEen §ö^e*
pun!te§ ber „ätt)iopifc^en ©efdjic^ten" fennttic^ macfien.
2;ro| allen bief en ^emüt)ungen §eIiobor§ um !ünftlerif c^e
©in^^eit |eine§ 2Ser!e§ blieb fie bemfetben bennoc^ öerfagt.
®enn [ie !onnten n)o!^I ju einem fefteren ßufammenfcfitu^
ber ©pifoben, üielfatf) fogar ju einem notn)enbigen 3ufammen=
{)ange berfelben führen, niemals aber au§ bem ©pijoben*
tompUict eine @rgät)Inng au§ einem @ufje ma(i)en. 2)a0
^inberni§, ba§ ben SSerfaffer öon feinem ßiele trennte,
blieb eben für feine in ben ©attungSgrenjen befangene
fünftlerifdje ^nbiöibualität unüberfteiglict). ®enn e§ war
immanent bem it)r öorliegenben ^ormt^puS. ^elioborS
Vornan !onnte e§ fomit mo^I pr @int)eitlic^!eit bringen,
nie aber eine (Einheit merben.
12.
SSerbient ©Bariton \)a§> ^räbüat be§ ^unftreid^ften,
Qambli^ ba§ be§ ^|antaftifct)eften, ßongo§ baSjenige be§
größten S)ici§ter§ unter ben griec^ifc^en 9flcimanf(^riftfteltern,
ift ^eliobor i^x Ülomantüer, fo fdieint Sld)iIIeu§ XatioS
ein 9Jiobeautor getoefen ju fein, ber fic^ aber über ha§
Sefepublüum feiner B^it t)inau§ bi§ jur fpäten btijantinifcEien
9flomanprobu!tion in fold^em SJJa^e bie ©unft ber Sfloman*
lefer er!)ielt, ba§ er ba§ SSorbilb für ben legten griec^ifc^en
^rofaroman mxhm !onnte. ©eine 58ebac^tna^me auf eine
gro^e Sefergemeinbe öerröt fcf)on bie Sßorliebe für ftär!fte
@pannung§tt)ir!ungen, noc^ baju an lompofitionell auffälligen
— 63 —
©teilen feiner 5lrBeit. ©o Bejd^Iie^t er, um nur eine§ ber
begeic^nenbeften S3eifpiele f)erou§äU^e6en, in gleid^er Söeife,
nömlic^ burc^ bie öermeintlid^e iiötung 2eu!ippen§ öor ben
5lugen ^leitop^onS fott)of)I eine aftomonepijobe (III 15),
al§> and) ben erften ber ^mi fRomonteile (Y 7). ^^nli(^
erhielt er ein britte§ äJiot bnrcf) bie fingierte XobeSnac^rid^t
ber ^elbin (VII 3), bie ber ©efc^ic^te fd^einbar eine Ma^
ftropt)ate äßenbung gibt, einen bebeutenben ©pannungS*
effe!t. 1) 2Säf)renb fid§ bie erfte' Xötung unmittelbar naä)
i^rem SSoöpge a{§> Sift l^erau§ftettt, burcJ) meiere ba^
SJlöbc^en au§ 9iäubergett)oIt befreit unb feinem beliebten
§ugefüf)rt merben !onnte, fo flärt Seuüppe ifjre öermeintticJie
(Sntf)auptung erft am 9tomanfc^Iuffe auf. ^enn Äleitopl^on
mu^te einige ßeit !f)inburd) über ben mtifteriöfen SBorgang
im Ungeiriffen bleiben, tüeil eben burc^ feine Un!enntni§
be§ £ofe§ 2eu!ippen§ feine §eirat 3JJeIitten§ unb mit i^r
bie SSeränberung ber Situation herbeigeführt merben foHte.
3u biefem Qm^dt f(f)ob nun ber SSerfaffer eine anbere
^erfon unter, bereu 9flumpf Äleitopfion nac^ ben Kleibern
für bie öerftümmelte ßei^e feiner beliebten l^ielt, mie ber
Spater ber ©inoni§ ben Ütumpf XroptjimeS auf ©runb
ebenfo öu^erli^er Snbijien für ben 2eic£)nam feiner 2;oc^ter.
Samblid^ unb ^eliobor (II 3), nac^ bereu SSorgange 5l(i)illeu§
XatioS ben gelben an bie Seiche feiner ©etiebten ftettte,
übertraf er aber toeit im @rote§!en ber ©pannung§tec^ni!,
menn er stt:'^^"^^^ öor Äteitop^on§ klugen ba§ äRäbc^en
töten lie^. Stud^ fein 5tnfci^(u^ an bie öietgelefenen, ja balb
al§ f(affifd§e§ SCRufter ber ©attung öere^rten „ät^iopifd^en
©efdjid^ten" unb bie 5lrt biefer 3(ntef)nung beftätigen bie
früfiere ßfiarafterifti! be§ 5lc^itteu§ 2;atio§ ol^ 3Jlobefd)rift=
») SBgl ouc^ 9lcimlc o. a. D. ©. 55 f.
— 64 —
fteHer. ^ettn einerfctt§ öergröberte er bie STenbenj be§
l^elioborifc^en SRomant^, onbererfeit§ a^mte er i^n formell
in Bebeutenb größerem SJlo^e nac^, al§ e§ nötig gett)efen
tüäre, njenn i^n berfeI6e nur jur !ün[tterifc^en ®ar[te(Iung
gleicher §eitbett)egenber Sbeen angeregt ptte. ©ennod^ war
5Ic^itteu§ 3:atio§ !ein geifttofer dtaä)ä^tx jeine§ S8orbitbe§,
fonbern ein !unftöerftänbiger @cf)üler eines allerbingS tatent^
öoderen 9JJeifter§. %n §etiobor§ SSerfe ntu^te it)n, n)ie fc^on
angebeutet, ber — f)ouptfäci§tic^ infolge feiner fünftlerifc^en
SSor^üge unb ibeellen S3ebeutung — auf ba§ jeitgenöffifc^e
Sefepublüum einbrucfSöoßfte 3. 9flomanaBfci^nitt, nämlid^ bie
Strfafeepifobe, am meiften gur iJJac^a^mung reiben. 5ttf)iKeu§
^atioS toibmete benn aud^ bereu 51u§geftaltung ben ganzen
gtueiten STeil feiner ?Irbeit (V 8— VIII). 3^r erfter (I— Y 7)
entfpric^t l^intüieber bem 1. unb 2. SflomanaBfd^nitte §etiobor§.
SDenn tüerben f)ier au§fc^(ie^Iid§ ßfiarifleien au§ i^rer (Sd§ön==
f)eit erujac^fenbe ©efa^^ren gefc^ilbert, nämlic^ bie Siebe be§
tt)rifc^en Kaufmannes, ber (Seeräuber S^rac^inoS unb ^eloroS,
beS S3u!oIenfüf)rerS Zi}\)ami^, fo bort ebenfold^e £eu!i|)|)en§,
tüie i{)re Opferung burc^ bie iöufoten, bie Siebe be§ i^tib^
l^auptmanneS ß^armibeS, be§ ©olbaten ©orgiaS, beS @ee*
räuberS ß^aireaS. 9fJur bie SSertobung S^arifkienS burd^
i^ren ßie^oater ©^arüteS mit feinem S^Jeffen 3(t!amene§ in
ber SSorgefc^ic^te ber Siebe bei ^eliobor finbet bei §ld^ilteu§
SCatiol in berjenigen Kleitopl^onS mit feiner ©tieffdiwefter
Kaltigone hnxä) feinen 35ater an entfprec^enber Üiomonftelle
ein @egenftü(f. S)od§ erfc^eint biefe Übertragung ber @e*
fa^r einer S5erel§elid^ung mit einer ungeliebten ^erfon auf
ben gelben burc^ bie Siebe be§ KalliftfieneS ju ber i^m
unbefannten Seufippe, ber ja fein ©ntfü^rungSoerfud^ gilt,
ausgeglichen. S)ie öon ^eliobor auf fein ganjeS SBer!
auSgebel^nte ©jenenöerfd^ränfung beS ^weiten XeiteS ber
— 65 —
„bab^Ionifd^en ©efc^tc^ten" {)Qt STdiitteuS SatioS jugunften
ber in Santblic^§ SBer! überhaupt befte!)enben SSerl^ättntjfe,
betten pfolge bie (gpifoben be§ erften 9ftontantetIe§ gerab*
linig ungereimt finb, it)teber aufgegeben. @r Ite^ e§ tio|bem
an regelmöBiger Unterbrediung ber §anblting nid^t fef)ten.
SDoc^ njaren im erften Xeite ber „SiebeSbegeben^eiten be§
ßteitopt)on unb ber ßeuüppe" bie oßertoenigften biejer ®in^
fc^übc SfJeben^anblungen. dtüx bie beiben erften 9f?oman*
büd^er, näntlic^ ben alten an pftid^ologifd^en 3tn§fü'^rnngen
ebenfo reid^en, mie an ^anblung armen ü^a^menöorberteit
belebte ber SSerfaffer burd^ je ein foIc^e§ ßtüifc^enftüc!, unb
äUJor burc^ ben Xob be§ üon Äteinia§, bem SSertrouten be§
gelben, geliebten Pari!(e§ (I 7—14), »eld^er in ber ein*
gelegten Sßorgefc^ic^te be§ 9}Jenetaol (II 34) eine 2)oubIette
erptt unb burc^ ^aßigone§ (Sntfü'^rung öon ^aHift^eneS
(II 13—18), eine erft am 9iomanfd)Iuffe in nac^träglid^er
©rjö^Iung be§ <Softrato§ (VIII 17 f.) beenbete, in i^ter
^tüeiteitigfeit alfo bem S^lomane felbft nac^gebitbete ®e=
fd)ic^te. 5tber aud^ in biefen beiben gößen !önnte faft öon
©pifoben ber §aupt^anblung bie 9fJebe fein, ba bie S3e*
geben^eiten be§ S^arifleS unb ber ÄaQigone biefer gleid^*
geitig finb unb t)om gelben, ber eine an ©ncolp erinnernbe
S3eoba(f)terroIIe in i^nen fpielt, jum Xeile miterlebt merben.
SDer Sf^aub ^aüigonenS beeinflußt überbieS bie §aupt*
l^anblung burd^ Befreiung be§ gelben öon ber befürd)teten
SSermöt)Iung mit ber (Sntfü^rten. 5luc^ ber in ben „ött)i*
opifct)en ©efd^ic^ten" fo beliebten 2)urd^!reu5ung ber §aupt*
I)anbtung burc^ ben noc^tröglidien Söeric^t i^r juge^öriger
©reigniffe bebiente fid) Sld^ißeuS iotio§ au^erorbentüc^ feiten.
Sm erften Ülomonteile fügte er auf biefe SBeife nur bie
©rflörung für 2eu!ippen§ ©c^einopferung in be§ Wltndao^
(III 19) unb (Bait)xo§> (III 20—22) (£räöt)Iung it)rer
©(Riffel, Kontan. 5
— 66 —
S8egebenf)eiten tüät)renb i^rer 2;rennung üon ÄIcitop{|on bem
SSorfaHe felbft unmittelbar an; im gtüeiten üerfünbete er in
einem öt)nli(f)en S3erid^te be§ ßleinia§ über jeine ©riebniffe
föö'^renb ber Trennung (V 9 — 10) bie ©inmiHigung ber
(SItern in bie @^e ber Siebenben, üärte er bie m^fteriöfe
@ntf)auptung £eu!ippen§ ebenfo in beren S^Zacfitrag i^rer
aöein erlebten ©c^icfjale ouf (VIII 16) unb f)oIte er ben
<Bä)lü^ ber 93egebenf)eiten ber ^aßigone, i^n jeboc^ in ber
©rgä^lung eine§ britten, be§ @oftrato§ (Vin 17—18) nacf).
^auptföc^Iicf) waren e§ alfo bie jeit Samblid) felbftänbigen,
oon Slc^iüeul 2:atio§ aber ben ^anblungSteilen audf) if)rem
Umfonge nad) gleic^gefteüten rl^etorifc^en ^Ibfdjweifungen,
bie er mit auffatlenber 3legelmö^ig!eit §iüif(i)en bie einzelnen
©pifoben einfdiob, wie fd)on au§ einer bloßen 5lufäöJ)Iung ber
(gj!urfe im erften STeile be§ alten 9f?omanferne§ (III— V 7),
in welcfiem ja gegenüber bem früheren S^lafimenoorberteile
(I— II) bie epibeiftifdien Partien [tar! eingefc^rön!t jein
müßten, l^eröorget)t. •) ßur urjöc^üdien ^ßerbinbung biefer
meift on ein öu|erlid^e§ §anbIung§moment an!nüp[enben^
faft burd^auS boppelten^) (Sjfurjc mit ben ©pifoben ber
1) III 6 — 7. 8 : 93efd^retbung äloeier ©emölbc im Semmel be§
3eu§ S^ofioä in ^elufion: a) Slnbromeba unb ^erfeu§, b) ^rometf)eu^
unb §era!Ie§. — 10—11: näc^tUci)e tiagen tleitop^ong. — (19—22:
nac^träglid)er 33erid^t: a) be§ äJleneloog, b) be§ <Batt)xo§ über i^xt
©d)ic!fale). — 25: über ben $8ogcI ^^oirnj. — IV 2— 3. 4—5:
a) über ba§ 9'iilpferb unb feinen ?^ang, b) über ben inbifcf)en Sie*
^l^anten. — 11—12. 13—14: a) 93ef(^reibung ber 9täuberftabt, b) ber
ÄriegSlift ber Siäuber. — 18. 19 : a) über baä ^xima\\tx, b) sxcpQaaig
be§ trofobilä. — V 1— 2: a) 33efc^reibung Sllejanbreia^ , b) eine§
Seu§fefte§ bofelbft. — 3. 5: a) 93cfcf)reibung be§ ^rofnebilbeg, b) @r-
ää:§Iung be§ ^rolnem^tfiog. — 6: S3efd^reibung be§ Scuc^tturmeB auf
«ß^oro§.
*) Man erinnere firf) ber l^äufig ättjeiglieberigen aKittetftüde in
ben lufionifc^en nQoXaXiai. »gl. ®S3 XXXIH (1912) 1439.
— 67 —
©efd^id^te, otfo §u iörer Öfonomie befielen nur bürfttge
Slnjä^eJ) 3- ^- ^^-ff^ ^^^ S3ejc^reibuttg ber fRöuberjd^Iac^t
(IV 11 — 14) ou(i) ben S3etüerber £eu!ippen§ ß^ormibeS
ou§ ber SSelt jtf)affen unb bilbet bermoBen ben orgonifdien
Übergang §u einer neuen, ber ©§oirea§=@ptfobe, beren un*
glüd£li(i)e SBenbung tüieber bie eingelegte S3ej(^reibung einer
bilblic^en 2)arfteIIung be§ ^ro!nem^t^o§ (V3) unb bie
(Srjä^Iung beljelben (V 5) öorbeutet u. f. f. ©omit erfüttt
bie (Srfe|ung ber ^elioborijd^en 9Serf(f)rön!ung§tcd^ni! burd§
(Sinf(f)iebung r^etorijdier Slbfd^ujeifungen §tüifc^en bie .panb*
lunglteile i^ren ßxotd ber SSerein^eitlic^ung be§ ^unft*
tt)er!e§ jc^Ied)t. 2)iefer foß ja bie Steuerung be§ 5t(f)iIIeu§
jCotioS bei feiner offenbaren @c^eu öor barum ftetg forg*
föltig in bie §auptgef(^i(f)te öerflod)tenen SfJebenfKinblungen
btcnen. — 3Beit me^r oI§ ber SSerfuc^, bie ^anbluug
jnjangloS burd^ r^etorifc^e (Sinfdtiübe gu unterbredien,
jd^abete ber @ini)eittic^!eit be§ 2Ber!e§ bie fc^roffe ^Trennung
feiner beiben Seile burd^ ba^ fd^einbar gän§iic|e STuSfd^eiben
2eufippen§ au§ ber @efd)id^te. @ie f)aben aud^ fonft fo
menig gemein, ha^ ber jtüeite gut o!§ne ben erften beftefien
!i)nnte. Sn biefer Sfolierung unb infolge feiner beutlidjen
^onfurrenj mit §eIiobor§ Slrfafeepifobe n)irft jener faft al§
SSirtuofen!unftftücf, bem ber S^loman nur §ur ^olie bient.
3)iefen ©inbrucf üerftär!t bie 93eobacf)tung, ba^ fic^ STc^iHeug
Xatio§ bei feiner ^Bearbeitung ber 5(rfafeepifobe üom @e=
fc^made be§ ^ublünmS leiten lie^. S)a§felbe mu^te, mie
fc^on oben angebeutet, oorne^mlic^ baran 5Infto^ nehmen,
bo^ bei ^eliobor 5lrfafe gong leer ausging unb ha^ bie
©pifobe jä^ abgebrod)en, nid)t ju @nbe gefüt)rt ttjurbe. 5)a§
eine, wie ha§ anbere galt e§ alfo gu oermeiben.
') SReimle o. a. D. ©. 56.
5*
- 68 —
®r[tenl: m^{xik burfte stüor ntc^t bo§ <Bä)id\al 5lrja!en§
teilen, aber and) nid^t auf toften ber Xugenbf)aftig!eit be§
gelben ßleitop^on, be§ neuen 2;^eagene§, befriebtgt tt)erben.
Um betbe§ ju üereinen, n)oren ^tnberungen im (S^arafter
ber öorbilblid^en ^erjonen $eüobor§ unöermeiblic^. 3)^elitte
ift eine üerebelte Slrfofe. S^Jic^t nur morolijc^, fonbern
gunäc^ft ouc^ bürgerlid^ finb it)re 5lnfprüc^e auf ben Reiben
einn)anbfrei; morolifd^, inbem Sld)iaeu§ Xatiol bie %x\dm
eingeborene geile 93runft, bie im göttlicfien 2:f)eagene§ nur
ben 9}Jann fie^t, in bie Siebe §u ^leitop^on öern)anbelte,
inbem er aljo nic^t au§ einem bur(f) rofenbe Seibenfc^aft
beftimmten ß^orafter ber ^rou, fonbern aKein au§ ben
©igenfdiaften be§ ©eliebten i|re Siebe erüörte. 3e größer
nun ber Siebreij be§ 3üngling§, befto allgemeiner bie @e=
fa^r, fidt) in if)n ^u öerlieben unb befto burd^fc^nittlict)cr
unb unperjönlid^er haS^ einzelne berartige @rlebni§. 9JleIitteu§
Siebe ^u ^leitop^on berlor fomit oöe ©igenart, für bie e§
gans gleid^gültig blieb, ba^ 3J?eIitte berfelben natürlid^en
©rfüHung i^rer ©e^nfuc^t juftrebte, mie 5(rfa!e, ba^ fomit
it)re Seibenfc^aft bei gteid^er @pröbig!eit be§ Meitop^on
unb 2;^eagene§ ein ö^nli(i)e§ Slu§fe^en tiatte unb einen
ä!^nlid)en SSerlauf nol^m, mie biejenige ^rfa!en§. ^Sürgerlid^
rechtfertigte ber SSerfaffer äReIitten§ Sßerlangen, inbem e§
n)eber burd^ einen (Sl^ebruct) bef riebigt njerben mu^te, nod§
gur 2;reuIofigfeit üerfü^rte, n)ie baSjenige 5lrfo!en§, fonbern
in retfitmö^iger @^e erfüllt ttjerben !onnte unb all bie @^e
gefc^loffen tuar, fogar §ötte erfüllt »erben foUen. S)iefe
gmeite S^leditfertigung ber Siebe 5IRelitten§ öeränberte not*
toenbig Äleitop^onl ßl)ara!ter gegenüber bemjenigen be§
3:il)eagene§, öon beffen Äeufc^l^eitlfanatiSmuS unb Siebe§*
l)eroi§mu§ jener ja tt)eit entfernt Ujar, mnn er nad^
SeufippenS Xobe niclit nur njeiterleben, fonbern fic^ fogar
— 69 —
mit einer anberen ^rau qu§ ntaterieKen ©rütiben öer-
e^elidjen fonnte, mit einer ^rau, ber er baSjenige gettJö^ren
rnoUte, tüQ§ Seufippen immer öerfagt bleiben mu^te. ^Do^
Äleitop^on SUJelitten au§ ^ietät gegen Seuüppe noc^ einige
3eit uaä) ber (S^e ^int)ieft, erjc^eint nun nur nod) al§
Ziererei, bie boS in ^eufd;{)eit be[te^enbe SBefen ber öor=
bUbIi(i)en ©pröbigfeit bei i^eagene§ gön^Iicf) öerfe^It. ®ie
SSerjögerung be§ Söeifc^IofeS mar für 5ld^itleu§ Xatiol
freilidt) nod) au§ onberen Ütnftlerijd^en ©rünben, oI§ bem
ber ^eliobornodia^mung, notmenbig. 3unäct)ft ermöglichte
fie Gelitten, fid) üon ber Slnüage be§ @t)ebruc^e§ mäf)renb
be§ X^erfanbroS Slbmefen^eit burcf) einen 9fleferüateib §u
befreien unb bomit i^re Siebe §u ^leitop^on üon bem QSer«
bockte gemeiner S3runft §um legten äJJate in einer allen
ßtreifel aulfc^Iie^enben SBeife §u reinigen; bann — unb
bie§ ift ber miditigfte ©eminn au§ jener teiiinifc^en ÜKo^^
regel — nö^erte fie mit ©rfolg ^Ieitopt)on bem ^eroilmuS,
menn er ÜRelitte nicEit auf (SJrunb bürgerlid^er ©rlaubt^eit
ober $8erbotent)eit, fonbern au§ t)ö^eren fittlidien 9tüc!ftc^ten,
unb jmar um bie longe um it)r gute§ 9fte(f)t ®etäufct)te
öon i^rer Seibenfc^aft ju feilen, au§ menfd^Iic^em äJJitleib,
au§ @c^eu öor bem ^orne bei @ro§ on ba§ 3^^^ ^W^
SBünfrfie führte, inbem er i^r nad) bei Xf)erfanbro§ unb
ber Seuüppe (Srfd^einen in ooHenbetem @t)e= unb Streue*
bructie (SrfüHung gemö^rte. ^Ieitopf)on§ {)öt)erer 2tuf=
fd^mung mürbe leiber fofort mieber baburcE) gehemmt, ba'^
5lrf)ineu§ XatioS ben gelben ber Seufippe feine Untreue
öerfd^meigen lie^, um burd^ i^ren (SJIouben on feine un-
bebingte Xreue bie moralifd)e @Ieici§mertig!eit ber Siebenben
in it)rer fiftioen abfoluten @Ieict)ortigfeit oufrect)t §u er*
fialten. Stu§ biefem ©runbe nimmt \a Äleitopl^on fd)on
öon öorne t)erein Äeufc£)f)eit nur a potiori für fid^ in
— 70 —
Slnfprud^.i) SDq§ mac^t qu§ i|m öoHenbS eine $8analt^
fierung be§ ^elioborifc^en 2;f)eQgene§, einen in ^Iotin§
•Sinne bürgerlid) tugenbf)aften SI(Itag§menfd)en, bem ^lüor
!ein fittlidieS 2)elift öorjntt^erfen, ober and) !ein irgenbnjie
eigenortiger, ousjeic^nenber SSorpg ppfpredien ift. ^ie
anberen ^erfonen, bie 5td)ineu§ XatioS au§ ber 5trfafe«
epifobe übernommen \)at, finb öon berfelben 3=arblofig!eit,
tüie 9JJeIitte^3lrfa!e, ßIeitopI)on^Xt)eQgene§. ßenüppe be=
toQ^rte if)re Sungfräulid^feit öor Äleitoptjon nii^t qu§
innerem S)rQnge jur ^eufdi^eit, fonbern junäd)[t suföllig,
ha Äleitoplon öon iJjrem Sager öerfc£)eud^t tüurbe (II 23),
bann auf ein im Traume on fie ergangene^ ©ebot ber
5lrtemig I)in (IV 1), alfo au§ gan^ äußeren Ü^üc!fi^ten.^)
©oft^ene§' unb Xf)erfanbro§' SBünf(|en blieb fie aber au§
Siebe ^u Meitopfjon unzugänglich (VI 18 = 103, 5 ^irfc^ig).
3l)re blo| bürgertidie Xugenbl)aftig!eit ift fomit nur ein
fdimadier 5lbftatfc^ öon ßfiarifleienS ^eufc|^eit§^eroi§mu§.
(Sin auSgeprögter ßl)ara!ter fet)lt nac^ allebem i§r, raie
i^rem Partner. X§erfonbro§ fe|te ben bei ^eliobor ganj
im ^intergrunbe ber Slrfa!eepifobe fte!^enben unb ba^er
fc^attenl)aften Droonbate§ fort, o^ne ha^ Std)itteu§ Station
über bie SluSarbeitung ber fd^on öon .gieliobor angebeuteten
©atrapeneigenfc^aften ber mi^trauifc^en ©iferfuc^t unb ro^en
£üfternl)eit l)inau§9c!ommen möre. @oftt)ene§ !onnte fc^on
beSmegen fein eintieitlid^er Sf)ara!ter merben, »eil er be§
5lc^aimene§ unb ber ^t)bele ^un!tionen übernehmen mu^te.3)
®a§felbe gilt für Äleinia§, ber in feiner Sßerteibigung§rebe
beg gelben öor ©eric^t (VII 9) bie ^oEe be§ %^))ami§>
') S«etm!e ©.46 f.
*) 5Reim!e @. 43.
») «Reirafc ©. 34 f.
— 71 —
Dor 5IrfQ!e (§el. VIII 3-5) unb al§ SBerfseug be§ ©at^roS,
mit bem unb SJJenelaog er ben gelben jur ^eirat mit
9J?eIitte berebete, biejenige ber ^\)Mt |pieltc,i) ttatürlid^
ot)ne an i^ren übten ß^oroftereigenfc^aften ^eit l^obcn ju
fönnen. ^orblofer noct) o(§ S^ari!teien§ 5ßoter, ber geredite
^tjbojpel i[t fein unb 6£)ari!Ie§' 0Jac^biIb, ber $ßater
£eufi])peng ©o[troto§. S^Jur ber öon oriftoptianifd^em ©ar=
foSmul erfüllte (VIII 9) 5lrtemi§:priefter t)ölt feinem SJJufter,
bem ironifc^=übertegenen ©ifimit^re§, giemlitf) bie Söage. —
^ie erfte prinzipielle 5tnberung an ber 5trfa!eepifobe, bie
S3efriebigung ÜJ2eIitten§ burcfi ben gelben o^ne S5erle|ung
feiner Srugenbt)aftig!eit l^otte otfo Sld^iüeuS %atio^ burd^
ben SSerjidit ouf ben größten !ünftterifct)en SSorjug feiner
SSorlage, burd) preisgäbe ber äJiotiöierung au§ bem ß^arafter
ber :§anbelnben ^erfonen ^erau§ erfouft. 2)er SSerluft ber
perfönlidien ©igenart 5lrfa!eng unb berjenigen be§ $oare§
St^eogeneS, ß^arüteia ^otte n^ieber boS foeben feftgeftettte
3Serfct)n)inben ber inbiöibualifierenben (S|ara!teriftif ber
t)etioborifc^en S'Jebenfiguren §ur mittelbaren golge. ©eine
bire!te Urfadje lag aüerbingS anberSmo.
(Sie ift in ber ^tüeiten 5(ufgabe, meiere bie 5Irfofe=
cpifobe if)rem iöearbeiter fteKte, in ber ^orberung nad^
i^rem organifd^en 5lbfct)Iuffe ju fucfien. SBie fd^on ermähnt,
fonb SIct)iIIeu§ Xatio§ bie §anb^abe §ur Sluggeftaltung ber
5(rfofeepifobe in i|r fetbft. (Sr brauct)te nömtid^ nur ben
bur(^ be§ ^(f)aimene§ ^ntrigue gegen Slrfafe unb Xf)eagene§
unb für ß^arüteien eingenommenen Droonbate§ perfön lid^
in bie ^anblung eingreifen §u laffen. 2)aburd^ ergab fic^
nid^t nur t)a^ boppelte ©egenfpiel Slrfafe: Droonbate§ unb
5C^eagene§: Droonbatel, bei bem e^ fid^ \)a§^ eine SD^at um
') S«cim!e ©.32 f.
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Strfo!en§ erotiji^en 58e[i| be§ S^eageneS, bo§ anbere 9KaI
um be§ X^eogeneS S3e[t| ber S^arifleia ^anbelte, fonbern
e§ formte ouc^ ber Äampf gegen ben neuen gemeinjamen
©egner 5(rfafen unb 2§eagene§ n)enig[ten§ t)orüberget)enb
einen unb \o jene on ba§ Qkl i^rer £iebe§fe^nfuc^t gelongen
toffen, ober öom Kugen f^einbe ber urf|)rünglid)e @egenja|
Slrjafe: X^eageneg gegen beibe liftig au§genü|t ttjerben.
(Sin ^onflift ber beiben 9fiioaten DroonboteS unb StfieageneS
mu^te ba§ ©ange enben. Stc^iHeul Xai\o§> ^ai oUe biefe
9}iöglid|!eiten Qu^gefü^rt. (Sr mu^te ober biejenige einer
^Bereinigung 2trfa!en§ unb X^eogeneS' unb bie au§ i^r
refultierenbe Sefriebigung ber grau burc^ ben gelben
tiefer, al§ ou§ it)rer borübergefienben Sutereffengemeinfdfiaft
gegen i^ren g^einb begrünben unb ju beut ßnjede bie
S^aroÜere ber S3eiben gegenüber feiner Sßorlage umgeftolten.
®iefe notgebrungene ^Ibnjeid^ung öon ,g)eliobor ^atte nun
au^er bem SJerlufte feiner SDJotiöiernng auc^ 5tnberungen
in ber @nttt)icfelung ber ^onblung unb bantit in ber
S^orafterifti! ber S^ebenperfonen nac§ fic^ gebogen, ßunädift
war eine ^tjbele für 9}lelitte größtenteils entbet)rli(f).
Stc^iQeuS Xaixo^, ber i)a§> 9JJateriat feinet 9iJ?ufter§, n^enn
fd^on nid^t unoerönbert, boc^ in anberem ßufammen^ange
mögtidEift ooUftänbig üertt)ertete unb fo feine eigene @r*
finbungggabe nocl) Äröften fd^onte, teilte i^re ÜtoKe auf;
unb ^war übernahmen ©ol^ro§ unb mit i^m ^teinia§,
3JJeneIao§, bie Äleitopl^on gur ^eirat mit äJlelitten be*
rebeten,!) bonn biefe felbft, inbem fie, o^ne e§ §u wiffen,
bie §ilfe i^rer glüdflic^en S^lioalin gegen ben fpröben 0eito=»
^()on erbat (V 22), n)ie ^^bete biejenige ber „@d^mefter"
e^arüleio für STrjofe (VII 20 f.), 2) einen Xeil il)rer @in*
1) 9letntfe ©.32 f.
2) 9leim!e ©. 33.
— 73 —
mirfungen Quf X^eagene§, @oft^ene§ ober ben ^auptteit
i^rer ^oUt bei X^eogeneS unb Sf)ori!Ieio in feiner ^up|)elei
bei Seuüppen unb i^re Regierungen ju Slrfofen in hm
feinen ju St^erjanbroS. ©benjo tttaren bei ber gegenüber
2lrfa!en öerönberten @emüt§art 9JieIitten§ bie ©ronjam feiten
jener gegen Z^ta^tm^ unb e^orifleia in fold^e be§ X^er«
fanbrol gegen ^eitop^on unb ßeuüppen ju öernjonbetn,
n)a§ umjo leichter fiel, qI§ bie bei |)etiobor ongebeuteten
©igenfd^Qften öon be§ X§erfanbro§ SSorbitb Droonbate§
ifinen nic^t »iberftritten. ©nblic^ mußten Seufippe unb
5rf)erfanbro§ gunäc^ft gänstid) au§ ber §anblung au§ftf)eiben,
um erft fpäter unöerfe^enS 0 ^^ biefelbe einzugreifen. S3i§
bot)in ujor au6) bie 2IcE)aimene§roHe §tt)ecfIo§. S((i)ineu§
Xatio§ führte botjer ben ©oft^eneS äugteid) mit ßeufippe
in bie @efd)i(i)te ein. ®iefe toav al§ feine ©floöin feiner
rollen ©raufomfeit au§gefe^t tt)orben, bomit fie 3JJeIitte
i^m entäie^en unb i^n fomit auf biefelbe SBeife jur dia6)i
reiben fonnte, mie ^cfo!e ben 5Id^oimene§. ■^) SJlit beffen
Qntrigue bei DroonboteS (VIII 1—3) griff benn auä)
©oft^eneS perft oftiü in bie ^anbtung ein (VI 3), um
bonn gleicf) in bie ^^beleroHe überjugetjen. ^Zur am
9flomanf(^Iuffe oerriet er feinen ^errn (VIII 15), äl^nlid^
bem 5l(i)aimene§, ber if)n töten tooHte. — Su ber öon
5Id^ineu§ Station (V 8 — 22) folcfierma^en gegenüber bem
analogen ^elioborabf (Quitte VII 9 — 29 öerönberten ©ituo=
tion fe^te nun be§ Xi)erfanbrog Slftion junödift gegen
1) iöetfpiele für überrofc^enbe ^anblungen aus bem grted^ifctien
9tomone, bem ober biefeS f unftmittel ber ^Iö|Ud)!ett burd)au§ nid)!
allein eignet (ogl. 3i:^etorif(i^e grorfdjungen II 74), bei Striftibc
Kalberini, Caritone di Afrodisia. Torino 1913, ©. 117 (= II pensiero
Greco Vni).
») 5«cim!e ©. 34.
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mdtop^on ein (V 23). @rft Ott fie jc^to^ [id^ bie ^eliobor
VII 26 etttfpred^ettbe (Sntbeduitg be§ 58erpttttiffe§ öoit
Äleitop^on ju Seuüppett burc^ äJJelitte unb it)re crotijcfie
S3efriebiguttg burc^ bett ^elbett, uitt biefe oI§ @ffe!t be§
@egenfpiele§ S^erfattbrog: ^teitopt)ott, 9JJeIitte erjc^einett
gu laffett uttb uttter jetneitt ©influffe bie beibett Parteien
SJJelitte unb Ä(eitopf)ott int beöorfte^enben Kampfe um i^re
eigene ©ic^er^eit unb um Seufippe gegen ST^erfonbroS §u
einen. Si^unme^r n)ie§ @o[t^ene§ ben Xfierfanbro^ auf
Seufippe oI§ ben eigentlichen ^ampfpreiS f)in (VI 3), ujie
bei ^eliobor §lc^aimene§ bem OroonboteS S^arifleien ge=
rüf)mt fjQtte.i) Seufippe itjirb bi§ unmittelbar nad^ ber
erften ®eric^t§öer{)anbtung (VII 7—12), bk i^r Gelegenheit
gut ^luc^t öerf (Raffte (VII 13), in St^erjanbroS' §änbe
gegeben, nii^t aöein um bie (Svenen ätt}ij(^en 2;t)eagene§
unb 5lrjofe für fein $8er!£)ältni§ gu i^r auSpnü^en.^) (SJIeic^
Slrfafe t}erfuc^te ja aud) X^erfanbroS §uerft mit ®üte, bann
auf fein .^errenred^t poc^enb an§ ßiel feiner £iebe§n)ünfc^e
gu gelangen. 3) 3)er 3Serfoffer öerfolgte mit biefer 9}Ja|*
regel on^erbem ben tec^nifc^en ßUJedf, bem @oftl^ene§ unb
5t|erfanbrol Gelegenheit ju i^rer erfolgreichen Sntrigue
gegen Äleitop^on (VIII 1 ff.) ju öerfc^affen, bie beffen @in^
öerne^men mit SJJelitte in ein borüberge^enbe§ ©egenfpiel
gegen fie öertöanbeln unb tro^ be§ Äleinia^ Eingreifen in
2;f)t)ami§' SfloHe oor Slrfa!e ben erften Eingriff be§ Z'i)tv^
fanbro§ auf bie getrennten greunbe ju einem fiegreid^en
geftalten follte. S)ie ©erid^tsfjene, in tcetc^er fic^ ber ge»
töufct)te ^Ieitopt)on felbft tro^ feiner Unfc^ulb fc^ulbig be=
») mtimte ©. 34.
2) $«etm!e ©. 34 oben.
«) 9^eim!e ©.36 f.
— 75 —
!aniite, um mit ftc^ feine üermeintüc^e ^einbin äJJelitte ju
öerberben, erfd^eint jtüor oll ^opie ber ©elbftanüage unb
SBerurteilung ber unfcl^ulbigen 6f)ari!leia (VIII 8 f.), ') ober
aU glüdüd) öerbefferte ^opie, bo fte onftott ber |)eröerjen
Xobe§= unb Senfeit§fe^njud)t e§orifteien§ ein gejunbeS
9?o(^egefü^I §um S3ett)eggrunbe erhielt. ®er Sntrigue be§
@o[tl)ene§ unb X^erfonbro§ gegen 0eito^f)on entfprid^t bei
^eliobor (VIII 6, 7) ber 5Serfud^ eine§ öon 2trfo!e unb
^^bele gegen S^orüleien ouSgejonnenen ©iftmorbeg. "äud)
jene beiben plonten §unö(f)j't einen fold^en, um bonn öon
it)rem 3Sorf)oben ou§ bemjelben ©runbe §u großer @e=
fä^rli(i)!eit für \\6) felbft objufte^en, ou§ bem 5Irfo!e i^re
erfte 5tbfic|t einer offenen Xötung ber öertio^ten SiJeben*
buf)Ierin foUen geloffen ^otte.^) @inem äußeren Umftonbe
berbonüen nunmehr ßf)ori!teio unb Äleitop^on if)r (Snt^
rinnen ou§ ^enferS^onb. ^iwt rettete ber ^ontorbe§, biefen
bo§ geftopfer be§ @oftroto0. 5tc^iIIeu§ Station folgte
§eIiobor oud^ in ber on bie S5erurteilung onfd)(ie|enbeu —
bie (Sje!ution be§ Urteilet lie^ er gegenüber feinem SSor==
bilbe nic^t öoH^ie^en — ^Bereinigung ber Siebenben mit
einonber unb überbieg mit i§rem SSoter besm. D^eim
@oftroto§ unb in ber gettjoltfomen ^Befreiung ou§ bem
®emot)rfom be§ @egner§. (Speziell in ber 93efreiung
^leitopl^onS burd) ben StrtemiSpriefter unb ha§> SSoIf oul
ben §önben ber ©c^ergen (VII 16) führte er ^eIiobor§
Slnfö^e gu einer folc^en (St)ari!(eien§ burd) ben Oberpriefter
Xt)9omi§ unb bieäRenge ou§ (Vni9=232,893.)- ßeu!ippen§
gluckt erinnert l^inmieber met)r on bie t)eimlic^e (£ntfüj)rung
be§ X^eogeneS unb ber ß^orüteio burc^ Sogool. SDerortig
1) mtimU ©. 37.
2) 9^eim!e ebenba.
— 76 —
fid^ an ^eliobor aufran!enb ptte 5lc^tIIeu§ XattoS nur für
ben entj(i)eibenben ^onftift ber beiben 9fJebenbuf)ter ganj
jelbftänbig ^u jorgen gehabt. S3ei ^eliobor f)ätte e§ un=
bebingt ein !riegerifc^er fein muffen. SDer jüngere 9floman*
cier, ber bQ§ l^eroifc^e ^oftüm ber SIrfofeepifobe fc^on öon
öorne l^erein in ein bürgerlid^eg öernjanbelt f)atte, !onnte
e§ bei einer SDoublette jener erften ^erici§t§f§ene bett)enben
loffen, bie in ben ©ericfitSreben für unb miber bie Unfc^ulb
be§ ^(eitop^on öielfod) an ba§ 93enjei§öerfa^ren ber ©f)arifleia
für i^re föniglic^e Stbfnnft im testen Slbfd^nitte ber „öt^i*
opifc^en ©efc^ic^ten" erinnert, befonber§ aber in ber STna^
logie jnjifc^en bem STrtemiSpriefter unb ©ifimitl^reS, bie
beibe in überlegener SBeife für ben Reiben ober bie ^elbin
Partei ergreifen, ferner in ber jenigen steiferen bem in
gleicher SBeife unöermuteten ©rfc^einen be§ ef)orifIe§ unb
be§ @oftt)ene§, \)a§> beibe ÜJJal ba^ SeujeiSöerfa^ren noc^*
tröglid) öeröoUftänbigt. S3ei Sld^iHeuS XatioS njirb enblicfi
ber Unfc^ulbg^, n)ie bei §eIiobor ber @d)tt)eit§ben)ei§ ^aupt=
föd^tic^ burc^ un!ünftlic^e 93ett)ei§mittel erbracht, unb ämor
bei jenem öornel^mlic^ burrf) ^eufd)l§eit§* unb Sreueproben,
bie ebenfaßg fdion in ^elioborg 5. Üiomanabfc^nitte, aller*
bing§ §u anberem Srvzdt, 5ßern)enbung fanben. 0 ^n beiben
9f?omanen bewährte burc^ fie bie ^elbin öor i^rem SSater
il|re STugenb. 5iud^ ber ^ad^ixüQ ber Gegebenheiten ^aUi*
gonenl burcf) Seuüppenä Sßater ©oftrato§ finbet fein ©eiten*
ftüc! in bem nac^tröglic^en 58ericl§te be§ übrigen^ mit
ö^nlidier Snöeftiöe gegen ben gelben, '^) tnie ©oftratoS, in
bie ^anblung eingeführten 3ief)t)ater§ S^arüleieng ßfiarifleS
über feine unb feiner 2:od§ter ©c^icEfate. ©elbft ber in bie
1) mtimh ©. 39.
^) ^timh ©. 38.
— 77 —
ßufunft toeifenbe 9?omQnjc^Iu^ be§ ?Ic^iIIeu§ Xatio§ fttmmt
mit bemjenigen §eIiobor§ überein. 0 (Somit '^at 5(c§iIIeu§
STatioS bur^aul nic^t !un[tto§ ben legten Slbfc^nitt feiner
SDfJelitte^anblung (VIII) au§ §eIiobor§ 5. 9flomanabfd§nitte
neu fonftruiert unb burc^ fol(i)e§ Überfpringen be§ 4. 5lb*
fdinitteS ber „öt^iopijc^en ©ejd^ic^ten" ben !ün[t(erijc^en
93en)ei§ für ein früheres 9fiefultat biefer Unterfud^ung, für
bie blo^ retarbierenbe g^unftion beSfelben unb inbire!t für
bie Slntoenbung ber jamblid^ifd^cn SSerfd)ränfung§te(^ni! im
9^ümane §etiobor§ erbracht. Seiber lie^ ber SSerfaffer tro|
aller Äunftfertigfeit, mit ber er feiner 93eorbeitung ber
Slrfofeepifobe ben i^r gunädift bifparaten ütomonfc^tu^ ber
„ät^iopif(^en ©efd^id^ten" onpa^te, Xat!räftig!eit ^(eitop^on§
öermiffen, bie man für ben @d^Iu§abfc^nitt nac^ ben gtü(f=
lid^en 5lnfö|en im Sßor^ergel^enben, j. 33. ber Sefriebigung
9KeIitten§, ber Ülad^e on i^r für bie öermeintlic^e @r*
morbung 2eufippen§ ermortete. @o aber beforgen fonjo^l
^leitop^ong S5erteibigung gegen XfierfanbroS anbere, o(§
auc^ bie entfdjeibenben ^eufc^^eitgproben SeuüppenS, ja
fogar 3J?etitten§ öertaufen, o^ne ben S3ongenben jum (£in=
greifen §u §n)ingen, günftig für feine @ad)e. 3m ®an§en
ift fomit ha^ (Sjperiment be§ S(d)iIIeu§ 2;atio§ mit §eUobor§
5trfa!ee|)ifobe at§ mi^glütft §u betrad)ten. 2)enn obmof)!
er ben erftrebten 2lbfd|Iu§ infolge ber ^affiüitöt be§ gelben
nur teitttjeife getoonn, ttjurbc er bennod) jur preisgäbe ber
^erfonenmotiüierung ber SSortage, unb nic^t allein ju it)r ge=
jttjungen. SDie unproportionierte Sänge unb bie aufföHige
©onberfteüung beS 9)JeIitteteite§ jerftörten ja ebenfalls bie oon
;^eIiobor erreichte (Sin^eitüd)!eit unb jugleid) bie fünftlerifd^e
^ompofition beS SSer!e§. Slc^iCeuS STatioS ptte bie ou§
0 SBicner ©tubicn XXX (1908) 241.
— 78 —
falfd^em @mf)ett§ftreben aufgegebene (Spifobenöerfifiränfung
jeineg SRufter^ bei bem Umionge bei 9}?etitteteile§ mit
beftem SSiUeit ni(i)t oufred)t ert)alten !önnen, mu^te alfo
bemfelben ftott eine§ einzigen 5lnalogon§ §um ©egenftüdfe
ber Slrfafeepijobe, b. i. §ur ST^^amilepifobe bie gonje Sf^ei^e
ber Seiben SeufippenS im erften Siomanteile gegenüber*
fleßen. 3Iber nicfit einmal ju biejen bilbete bie 9JJeIitte*
gefd^ict/te ein ^enbont infolge ber burd) bie Umorbeitung
ber 5lrfa!ee|)ifobe ni3tigen @Ieic£)fteßung ber Seuüp^e* mit
ber ÄIeitopt)onroIIe in i^r. 5ld)iKeu§ Xatio§ !onnte übrigen^
ouc^ ber i^m fold^erma^en aufgebröngten gerablinigen
SDarfteKung nic^t treu bleiben. Um be§ 3^t)erfanbro§ unb
feinet 3JiittIer§ ßift UjiHen mu^te nömlic^ Seuüppe einer*
jeit§ faft ben ganzen smeiten SfJomanteil f)inburd^ öon bem
faum miebergefunbenen @e(iebten getrennt bleiben, anberer*
feit§ i^m unb ajielitten fo not)e fein, ha^ X^erfanbro0
gleid^^eitig aße gäben ber §anblung in feiner ^anb öer*
einen, {)ier unb bort eingreifen unb ba^ Seufippe rafd^
genug mieber erfd^einen unb bamit bie S^ieberlage be§
St)erfonbro§ herbeiführen fonnte. infolge ber SfJotmenbig-
feit, beg X^erfanbroS gleichzeitiges ©egenfpiel gegen brei
ifolierte Parteien bem ßefer fortmö^renb oor 5Iugen ju
fteßen, um i^n auf bie — im VII. ^uc^e aHmö^lid) oolt*
§ogene — ^Bereinigung ber brei §onbrung§ftränge jum
(Scf)tuPonflifte be§ VII. S3uc^e§ gefpannt 5U erhalten,
empfal^I fic^ auc^ bie 5llternierung§ted)nif be§ älteren
3tomane§ (Xenopt)on, S^ariton) nic^t. ©omit blieb bem
5tutor nichts anbereS übrig, al§ bie nad^ 9iomonbü(i)ern
unb ^auptperfonen gefd£)iebenen brei erften ^auptabfc^nitte
be§ 9)ielitteteile§, öon benen fic^ ha§ V. Sud) oorsüglid)
mit Gelitten, ha^ VI. mit Seuüppen, ha§> Vn. mit tteito-
pt)on befaßte, unregelmäßig burd) ©jenen ju unterbrechen,
— 79 —
bie ficf) Quf eine onbere ber brei genannten ^er Jonen, qI§
bie im betreffenben 58uc^e füf)renbe belogen, ^ompofitioneß
n)urbe biejc unfreitoiflige ^anblungSöerfcfirönfung bei ber
Stbneigung be§ SSerfaffer^ gegen bie genannte ^ledini! nid)t
au§genü|t. @o jd^abete fie nur ber @in!f)eitlid)!eit be§
S3Ser!e§, einerfeitS mit fie ben formalen Unterfd)ieb feiner
Itod Xeile nod^ öergrö^erte, anbererfeit§ meit fie ha§> Un*
öermögen geigte, eine SDarfteHungSart !onfequent burd^=
jufü^ren. (S§ mar atfo für §ld)iÖeu§ Xatio§ leiber aud§
unnötig, bur^ bie SSerteilung ber SJiittler eine ni(i)t be=
fte^enbe !ünftlerif(i)e Äompofition feinet SBerfeg in t)eIio='
borifc^er SIrt ju öerbeutlic^en. Smmer^in Iä|t fic^ if)m im
@ebraud|e öon 9J?itttern unb SSertrauten eine gemiffe an
^eliobor erinnernbe ÖEonomie nid^t abjprerfien. ©o be*
gleitete ber öom gelben übrigen^ au§brü(f(id^ um feine
Smittlerbienfte gebetene (II 4 = 40, 32 §irfd)ig) @att)ro§
gemö^ ben g^unftionen feiner ^lolle im älteren fRomane
burd) ba^ ganje SSerf balb ben ßiebenben, balb bie @e=
liebte. ©leic^ Sambli(f)l S)oma§ unterftü^ten i^n im (Sinjet=
falle mieber ^elfer^^elfer. ©o ermöglitf)te er mit ber
Äleio ^ilfe bie näc§tlic|e 3wfontmen!unft ber Siebenben,
mit 3JieneIao§ bie 9flettung Seu!ippen§ öor bem Dpfertobe,
burc^ ^(einiaS Äleitop^onS SSermä^Iung mit 9}JeIitte. 2)ie
einanber fd^on burd) if)re SSorgefd)ic^te ö^ntid^en 5Sertrauten
be§ gelben, ^leinioS unb 9)?enelao§ löften einanber ab,
inbem ber 5igt)pter äJJenelaoS möt)renb Äieitopf)on§ 5(ufent*
l^alt in feiner §eimat, alfo im erften Xeite be§ alten Üioman-
fernel, ßleinia§ mäf)renb ber SSorgejd^ic^te unb mö^renb be§
smeiten 9^omanteite§ bem gelben feine ®ienfte mibmete, fo
büB i^m im SBefentlid^en ein SKittler unb ein SSertrauter
mäfjrenb be§ ganzen 9?omaneg jur ©eite ftanb. 3i^n(ic^
erf)ielt fein ©egenfpieler im jmeiten Sflomanteile, X§erfanbro§
— 80 —
in @oft^ene§ einen 9JJittIer unb ^ßertrauten für bie gonje
3eit jeiner 5t!tion. ^em @oft^ene0 toax t)on bem alten
SJJittlert^pul Xenop^onS unb Sf)ariton§ bie öorüberge^enbe
erfolglofe Siebe ju einer ^auptperfon geblieben; ebenjo bem
(S§airea§ unb ber SOfielitte, öon benen jener in bie ^etbin,
biefe in ben gelben entbrannt ttjar, bie alfo — gentö^ ber
SSorliebe be§ griei^ifc^en 9ftomane§ übertjaupt für ^oraIIeIi§=
ntu§') — einonber gejoifferma^en entj))rec^en. i^^re unb
be§ Hrtemi§priefter§ 3J?ittterroIIe tvax auf eine 9tomon=
e^ifobe befd^rän!t. 5t(f)illeu§ Satio^ !^at bemnad) mit ber
l^elioborifcfien 2;ed)nif aud^ in biefem fünfte nic^t ööUig
gebrochen, fie aber oud^ nic^t irgenbirie !ünftlerif(^ auS*
genügt, ujoS freilid^ nur bei fonfequenter SIntuenbung
möglitf) geujefen möre.^) — ^a^ enblid^ in ben „Siebe§=
Begebenheiten be§ ÄIeitop!t)on unb ber Seuüppe" jeber 2lnfa|
gur inneren äJJotiöierung fe^It, mar fd^on bei öfteren ju
bemer!en. S3e5eicl§nenb für bie 25erfto(f)ung biefe§ 3)?obe*
romaneS ift ober bie gro^e ÜioIIe, bie unter ben monnig=
fad^en 9iRögIid^!eiten ber öon feinem SSerfaffer öermenbeten
öu^eren 9}Jotit)ierung burc^ „ Srbfid)tlic^!eit " (prudentia)
unb „Unabfid)tlid)!eit" (imprudentia) ber „ßufaU" in
i!^m fpiett, al§ bie bequemfte, bod^ minbermertigfte g^orm
ber Segrünbung burdE) Unabfic£)tlid^!eit. Bufältig fanben
— um nur an einige menige 93eifpiele gu erinnern —
@att)ro§ unb Mentlao^ ben X^eaterftoat, ber ü^nen 2eu=
*) SSgl. ©alberini o. o. D. ©. 145. ®a§ ^aroHeliSmug unb
Äontraft nur berfd^tebcne formen eine§ ^{)änomen§ jinb, hjurbe bar*
gelegt in meiner: 9?oöettenfont)3ofttion in @. X. 2t. §offmonn§ (Stijieren
beg Seufetö. §alle a. ©. 1910, ©. 2.
2) ®iefe feine 9lb:^ängig!eit üon ben „ätf)io))ifd^en ®efd)ici^ten"
Beftätigen nod) bie üon 9ieim!e ©. 24 f. regiftrierten öu^erlid^en
Sinologien gtoifdien Änemon unb 9KeneIao§, Äolofiri^ unb ©at^ro^.
- 81 —
fippen§ ^flettung ermö9li(f)te, sufällig Betraute fte ber
SRöuberfü^irer mit ber Opferung be§ 9Jläbd)en§, zufällig
ttjor ber i^r öon ©orgioS Bereitete SieBeStran! ^u ftar!
unb Beix)o^rte fie baburd^ öor ber SieBe be§ @orgia§
unb ben 9^ac^[teßungen be§ S^armibe§. B^tfäöiQ trofen
Meitop^on unb 3Jienetao§ ben df)airea§, ber sufötlig bon
ber Urfacfje ber XoBfuc^t ßeuüppenS ^unbe er()oIten '^otte.
ßuföHig fanben \\ä) bie gelben auf äJlelittenS ßanbgute
tt)ieber. 3"föKig fe'^rte ber totgeglauBte ST^erfanbroS au§
bem 9JJeere gurücf. B^fältig trafen bie SieBenben in @p^efo§
mit ©oftratol, traf ^leitopfion in ?ltejonbreia mit ^teinia§
gufammen u. f. f.
SCrol ber IoBen§tt)erten StBfid^ten be§ Hcf)itteu§ Zaiio^
Bebeutete alfo fein Sfloman einen SflücEfc^ritt in bem burd)
§eIiobor immerhin geförberten ©treBen ber (Gattung nac^
innerer ©inl^eit be§ ^unftn)er!e§.
13.
5luf bie „§irtengefd)i(^ten" be§ SongoS l^at bie fpiri*
tualiftifc^e 9ilid^tung ber ad^ten (Snttt)icE(ung§ftufe be§ grie=
d^ifc^en Üiomane§ ifiren fc^öbigenben (Sinflu^ am n^enigften
auSgeüBt. 5Denn in i'^nen Brac^ ftc^ ^um erften Wal biefe
!ünftlerifc^ fo un'fieilöotte Xenben^ an einer Bebeutenben
bict)terif(^en ^erfönlic^!eit, bie fic^ fittli(^ eBenfoiüenig un*
umfc!^rän!t öon neuptatonifdier @t^i!, mie formal öon ben
BelieBten 2!öer!en i^rer SSorgänger Bet)errfd)en üe^. £ongo§
f)at jebenfaltS in ber bie gelben §ur ^affiöitöt öerbammenben
^euf(i)f)eit§ibee bie Urfac^e erfannt, an ber ba§ (Sin^eitS*
ftreBen ber ©attung fc^eitern mu^te. 2)ennoc^ erfi^ien fie
i^m ttjieber nottt)enbig, um ber 9fla|menform ju entgegen,
njelc^e ben älteren Sfloman fünftlerifc^e ©in'^eit nic^t t)atte
erreii^en (äffen. 3^^i^^" ©f^lla unb (S^ar^Bbig füfjrte
©(i^iffet, SHotnan. 6
— 82 —
i|n nun ber gentote ©ebanfe l^inburd^, (Stoff unb ^anbtung
öon einonber §u entfernen, inbem er bQ§ Sntereffe öon ben
äußeren ©c^icffoten ber gelben auf i^r inneres ©rieben
Ien!te unb jene nur noc^ gur mittelbaren ^ijrberung ober
9?etorbation ber „feelifc^en" ^anbtung benü^te, inbem er
alfo burcf) eine ^tngal^I nuäufammen^ängenber unb an fid)
gteid^güttiger (SinselfäHe be§ täglid^en SebenS bie (Srreic^ung
be§ 9^omanäieIe§, nämlid^ ber gefc^Ieditlic^en ^Bereinigung
ber Siebenben in bauernbem ßufammenfein, inbire!t beförberte
ober öerjögerte. S)amit t)atte £ongo§ ben pft)c^oIogifc^en
Sftoman gejc^affen. ©ein ©egenftonb blieb ber gattung§=
gemeine: Siebe. Unb p)ax f (Gilberten bie „^irtengefc^ic^ten"
ha§ Üleifen jujeier junger 9Jienfc^en §ur gegenfeitigen Siebe
unb i^rer Erfüllung, b. ^. bie erotifc^e (£nttt)itftung ber
gelben U§> jn i^rem natürlidien 5lbfc£)Iuffe. §atte Songo§
burc^ biefe S3erinnerlic^ung ber 9flomanl§anbIung bie andere
^affiöität ber gelben, ju ber fie bie Äeufc^^eitSibee än)ong,
!ünftlerifrf) notraenbig gemocht unb fomit gere(f)tfertigt, fo
beina^rte er fie oor ber ml)ftifd)en SSerftiegen^eit ^etiobor§,
tüelctje biefelbe äBur^el f)atte, burc^ haS^ @cf)äferfoftüm unb
i^re i^m angemeffene 5!)inblic^feit. S)ie ^aftorate (Sinfteibung
erüörte nömlic^ fon)o|I bie üöHige Unbefangenheit, mit ber
bie Siebenben o^ne fefuetle ©c^amlofigfeit il^rer gefd)te(i)t*
li^en ^Bereinigung juftrebten, al§> auc^ bie Unmöglic^!eit,
in if)rer ^irtenunfc^ulb ot)ne frembe Sei^itfe an bie§ 3^^^
^eran^ufommen. ©ben biefe finblic^e Unerfa^ren^eit be§
S)a|)!|ni§ unb feiner ©ejpielin mu^te fogar — tok fc^on
f^r. Sacob§ in ber 35orrebe gu feiner ftaffifc^en Überfe|ung
be§ 9fiomone§ gefe^en ^ot i) — bie 5tnn)enbung ber Äeufc^«
1) ©riet^tfdje ^rofaifer in neuen Überfe^ungen. |)g. oon Sofel,
Dfianber unb ©^tnab. 125. 33bcf)en. Stuttgart (je^t: Ulm, ^einrid^
terler) 1832, 6. 12.
— 83 —
t)eit§ibee ermöglid^en, für bie M \o notürIici§er 5luffoffung
ber SieBe §unäd)ft toenig ^aum in ben „§irtengefd)ic^ten"
5U jein fc^eint. Unb gtüar [teilte Sottgo§ mit ^itfe jener
©infatt be§ gelben ben fpirituQliftif(i)en ©egenfa^ öon Siebe
unb (gejuolitöt t)er, inbem er ®ap{)ni§ au§> Siebe §ur S^toe
93eben!en tragen Iie§, bei i!^r ben ßiebeSunterrid^t ber
Sijfoinion anjunjenben (III 20), njeil nur über Slut unb
SSunben ber ©eliebten ber SSeg jur (Srfültung bei S5er=
langend führte. 5tuf biefe SSeife xoax e§ if)m gelungen, bie
gan^e ^eröerfität ber ben neueren Sfloman erfüHenben neu*
:pIotonijct)en 5tjfeje in einem rü^renben unb bafier glaub=
l^aften, aber an^ pf^c^otogifc^ eigenartigen (Sinjetfatte ou§
größter 9Jaiöetöt abzuleiten. 2)amit fieberte er feinem
Sflomane auc^ ba§ gattungsmäßig normierte öußere (Symbol
ber Äeufd)^eit, nämürf) bie 93ett)a^rung ber 3ungfräulic^!eit
— feit Stc^iKeuS 3^atio§ menigftenS ber §elbin — bi§ jum
Sflomanfd^tuffe unb i^ren Sf^ac^meiS bafelbft burcf) eine, in
fd^äferli(^er (Simplizität bie fonft übliche Sungfernprobe
erfe|enbe, SSerfid^erung ber 9)lafeöofig!eit be§ 9Jläbcl^en§ öon
©eiten i^re§ Sieb^aberS (IV 31).
Songo§ töfte fein SBer! in fc^arf öon einanber ge*
fc^iebene felbftänbige ©pifoben auf,') um ben 3^fömmen=
fc^Iuß ber äußeren ^anblungSmomente ^u einer fortlaufenben
öußeren neben ber inneren §anbtung gu üerpten. 2)amit
l^atte er ha^ gemöt)ntic^e 95er^ältni§ ber r^etorifc^en §u
ben (Stoffpartien umgefef)rt. SZid^t jene unterbrechen bei
if)m al§ üon einanber ifolierte 3^if<^^i^ftü(Je bie ffteifie ber
äußeren (Sreigniffe, fonbern biefen fe^tt organifdjer Qn^
fammen^ang mit einanber. S^re oben bargetegte, bloß
ted^nifdie gun!tion in ber iRoman^anbtung fommt gum
») SBgl. meine ^luSfül^rungen im 5ß^üoIogu§ LXXn (1913) 96
6*
— 84 —
5lu§bruc!e im Huf baue ber (Spijobeu, bie fic^ alle noc^
einem ibealen ©d^ema güeberu, ha^ burc^ SSieber^oIung
ber §onbIung§teiIe aEein ober berfelBen in SSerbinbung mit
einem gufammenfafjenben ®c^lu|teile fomplisiert »erben
fonntc. ') 2ongo§ eröffnete bie ©pifoben mit ber Se=
fc^reibung einer — öom Io!olen S^tomoneinfa^e obgefe^en —
ftetg naä) ^ät (meift ^a^xt^di) unb ^erfonen feftgelegten
©ituation. @emöf)nlic^ fc^itberte fie einen ^i^ftanb be§
Siebe§paare§. Sn i^r fe|te nun regelmäßig bie äußere
3l!tion mit einem ä^eiteiligen SOiittelftücfe ein, in Ujetc^em
in 8 öon 12 gälten ein (Srlebni§ be§ einen ßiebenben einem
for(^en be§ onberen gegenüberftel^t, tt)äf)renb nur einmal
(II D = II 32—39) bie ^anblungen be§ ßiebe§paare§
ben jenigen einer onberen ^erfonengruppe, ober (III B =
III 12 — 23) bie SCötigfeit ©f){oen§ berjenigen ber £t)!ainion,
ober enblic^ (II B = II 12—18) bie be§ S)ap§ni§ jener
ber metf)t)mnäifd§en Sünglinge entfpred)en. ©in einjigeg
Wal, nämtic^ in be§ ^f)ireta§ ©rjä^Iung üon feinem (Sr=
lebniffe mit (Sro§ (II A = II 1 — 11), bleiben beibe gelben
im SJlittelflüiJe, beffen 3^siteitung eine bloß formale ift,
ba fie nur ©rjäfitung unb 9^u|anmenbung f (Reibet, gteic^
unbeteiligt. S)a§ aöein bem 5lbfc§nitte I C (= I 23—27)
fef)Ienbe (Sd;(ußftü(J ber (Spifoben ^iefit regelmäßig für bie
erotifd)e (SntmicEIung be§ ®apf)ni§ unb ber Sf)(oe bo§
9ftefuttat au§> bem zweiteiligen 3)JitteIftü(fe, ift alfo au§*
fdjließlid) ber g^ortfü^rung ber pf^(f)ifd)en §anblung ge=
tt)ibmet unb repröfentiert ai§> foId)e ben @c£)merpunft jeber
©pifobe. SDie innere §anblung läuft olfo, burd) \)a§ äJJittel«
1) ©ie^^e bie ^ontpofition§f!iääe ber „§irtengef(^t(i)ten" im SÜn"
fiange. 9luf fie be^ie^^en fic^ bie im golgenben gebrauditen ©^jifobcn*
jiglen.
— 85 —
ftürf inbireft Beeinffu^t, in ben ©cfitu^ftücfen fontinuierlid^
fort. S)er ebenfalls QÜionSlofe (gpifobenborberteit förbert
q(§ ?tn§gQng§pun!t ber ^anblung be§ ÜJ?itte(ftü(fe§ unb
burc^ feine 93erü^rung mit bem 6(f)(u^tei(e ber öor^er=
ge^enben ©pifobe bie gegenfeitige SBerbinbung ber pf^djifi^en
^onbtunggteire, bie alfo fettenartig in einonber greifen,
^iefe im progrommatifd^en „3Sortt)orte" be§ 9flomane§ öor=
gebilbete ^ompofition ber @pifoben, beren einzelne Stufen
ebenfo beutlidf) öon einanber gejd^ieben, n)ie fotgerid^tig an§
einanber abgeleitet finb, ') af)mt ben S3au be§ älteren S^tomaneS
öom %\)pu§> eines 36enopf)on öon (Spl^efoS nad^. 2(ud§ in
il)m tt)aren Sflaljmen unb Ä'ern fc^arf öon einanber getrennt.
Slud^ ber in if)m erhaltene innere 9fta^men be§ S'Joöetten*
!ran§e§, ttJetc^em bei £ongo§ S5orber* unb ©c^Iu^teil ber
©pifoben entfprecf)en , ttJor ^anblungStoS. 2)a§ 9KitteIftü(J
beS älteren ÜlomaneS beftanb auS einer Ülei^e öon ©pifoben,
in benen bie Ülomanl^elben nirfjt gemeinfam, fonbern öon
©pifobe 5u (Spifobe obujec^fetnb auftraten. 2)ie einzelnen
Stürfe ber fo entftel^enben gwei (Spifobengattungen waren
alfo f^nc^roniftifc^ angeorbnet. (Sbenfo tt)ar ha§ 9JlitteIftü(J
bei SongoS jwei* ober mehrteilig. S)ie STeile maren mit
ganj menigen 3lu§na^men gleic^faES Io!at unb nad^ §aupt=
perfonen, meift ben 9f?omanf)eIben, gef (Rieben unb ebenfalls
ganj ober annä^ernb gleid^^eitig. SSie ber 9fta^menöorberteiI
beS älteren StomaneS immer, fo fteltte ber (Spifobenöorber=
teil in ben „§irtengef(i)id§ten" meiftenS bie Soge ber gelben,
fettener bie aEgemeine Sage öor §anbIungSbeginn bar. SSie
ber refapitulierenbe 9ftomanfc^Iu^ ber burd^ 3Cenopf)on unb
ß^ariton repröfentierten g^orm auS bem 9?oman!erne, fo
gog enblic^ and) ber (Spifobenfd)(u| bei SongoS auS bem
') ©. meine 3tugfü^nmgen im ^^ilologug LXXII (1913) 95 ff.
— 86 —
9JJitteIftüc!e bo§ ?Refüme für ha§ erotifi^e SScr'fiättntS ber
beiben gelben. Xro^ ber ?(u§be^mtng biefer Stnalogie öer*
mieb 2ongo§ gejdjidt einen SSerfto^ gegen bie siegeln be§
no(^jambüc^ij(f)en 9f{omane§. @in folcfier beftünbe in ber
giemtid) regelmäßigen Trennung ber Siebenben im (Spijoben=
mittelftüdfe, ba feit 3ambli(f) nur eine fnrge jeitoeife @nt*
fernnng berfetben öon einanber üblic^ ttjar. Songo§ fd)n)äc^te
nun ben @inbru(f ber Trennung einerfeit§ baburd^ be=
trä(^tli(^ ah, ha^ fie bei feinem fonfequenten ^efl^alten an
bem im fRomaneingange beftimmten Sofore njeber eine n^eite
toav, noc^ boß fie lange wä^vk. ^ie längfte burc^ ef)Ioen§
fRaub öon ben 9J?etf)t)mnäern öerurfac^te bauerte eine 9^ac^t
unb einen l^atben Siag. 3Inbererfeit§ blieben bie gelben
njö^renb ber für bie Üloman^anblnng aßein maßgebenben
@pifobenf(f)(üffe ftet§ üereint. S^re Trennung ttjar enbtic^
in aßen ©pifoben ebenfonjenig gteid^n^ertig, tt)ie bie äußeren
^anblungSteite felbft; ober öielmef)r: ha§i SSertigfeit§t)er=
:^ältni§ ber (£pifobenmitteIftü(Je ricfjtete fic^ noc^ ber 5lrt
ber Trennung ber Siebenben öon einanber. 3)a§ 9tomonäieI
gefä'^rbete nur eine unfreitt)itlige unb ot§ bauernb gebadjte;
fo be§ SDap|ni§ 9^aub burc^ bie Seeräuber (I D), 6t)Ioen§
Sflaub burc^ bie metfi^mnäifc^e f^Iotte (II C) unb burd)
SampiS (IV 28—29). Stn 2öir!füm!eit fte^t einem öoll-
gogenen Glaube ein im Sßerfudie obgen)iefener 5lnfd)(ag auf
bie SSerbinbung ber Siebenben nad). ©old^er 2trt ift ber
bem S)or!on mißlungene Überfatt auf ß^toe (I B), bie öer=
fuc^te Gefangennahme be§ ®ap!§ni§ burc^ bie metf)t)mnöifc^en
Jünglinge (II B), bie beabfic^tigte S^er^eiratung ßf)Ioen§
an einen fremben 93en)erber (III C) unb bie buxd) bie
SSiebererfennung öerf)inberte S5erfd)enhing be§ S)ap^ni§ an
©not^on (IV 16 — 18). diejenigen ©pifoben, in bereu
SJlittetftüd fein berartige§ @reigni§ gefd)ilbert mürbe,
— 87 —
crfc^cinen gegenüBer ber einbrucESöoKen äußeren 5l!tion
jener beiben Gruppen at§ rfietorifc^e ©jfurfe, tüte fie
Sambttc^ eingeBürgert '^atte imb qI§ folc^e ben pf^i^o^
logijc^en §onbIung§teiren nQ^e[te{)enb. S)enn frf)on Xenop'C)on
öon ®|)f)ejo§ ^atte öor Sambtic^, ^eüobor, 3lc^iIIeu§ Xatto§
im atten ^f^a^menöorberteile, n)elcf)er bie (Snt[tef)ung ber
Siebe be§ §elbenpaare§ bi§ jum ^Beginne ber öuBeren
^anblung öerfotgte, welcher olfo bie ^eimgelle be§ pft)c^o=
Iogij(i)en 9iomane§ barftellte, jotc^en pft)c^oIogijc^-r{)etorifc^en
5{u§füf)rungen ben l^errfc^enben nnb breiteften ^la^ ein*
geröumt, (Siner biejer (Spifoben (I C) fef)It bei Songo§
bejeic^nenb genng fogar ber ©d^Iu^teil. 3m 3ltlgemeinen
befi^en fie aber für bie ®nttt)i(J(ung ber SiebeS^anblung
biefelbe 93ebentung, njie bie (Spifoben mit ereignisreichen
9)ZitteIftücfen. Wan erinnere fic^ nnr be§ großen (Sinftuffe§
ber 2ef)ren bei ^f)ileta§ auf i^ren Fortgang! S)ie einzelnen
©tücfe ber be§ei(i)neten brei (Spifoben!ategorien lie^ nun
£ongo§ in jamblic^ifcfier S5erfc^rän!ung§te(i)ni! unregelmäBig
abtt)erf)feln: bie 9JlitteIflüc£e öon I A, IC, IIA, HD,
III A, III B finb f)anbtung§arm, biejenigen öon I B, II B,
III C l^anblung§reic|er, bie öon I D, HC fteöen l^öc^fte
^oten^en ber änderen ^anblung bar. ^a§ IV. unb Ie|te
SBuc^ erttjeift fic^ oud§ burc^ bie Sßereinigung aßer brei
5lrten äußerer ^anblung in i^im al§ 9floman'^ö^epun!t.
^atte alfo 2ongo§ ben ^ornitt)pu§ be§ älteren jenop{)ontif(^*
d^aritoneifc^en SlomaneS beim (Spifobenbau ^ugrunbegelegt,
fo orbnete er bie (Spifoben gum Sflomangan^en nad^ bem
öon Somblic^ bem neueren Sflomane gegebenen ^om*
pofttion§fd)ema.
®en gonjen 9floman bi§ f)erab §um ftiliftifdien ?lu§*
brucfe, olfo fomo^t pftic^ifc^e, al§ auc^ öu|ere ^anbtung,
fott)ot)I (Spifobenbau, al§ aud) (Spifobenonorbnung bef)errfd)t
q{§ ^öd^fte§ fünftterif(^e§ ^rinätp ber ^oroneltSmuSJ)
@r mac^t nid^t nur burc^ bie formote S3ejie^ung ber
©pijobenmittelftücfe auf etuanber i^re 3uJQmment)ang§==
Iofig!eit einigermaßen tt)ett, fonbern nö^ert and) innere
nnb önßere §anblnng biirc^ feine gleid^e 2Bir!jam!eit
in beiben ber @inf)eit. ^^xtn Ursprung f)at bie Stnftienbung
biefe§ ^unftprinsipeS in ber fd)on üom ötteren ülomane
normierten abfohlten ©leic^^eit ber beiben gelben. Sei
ber $ßerf(f)iebung be§ ©d)mergen)i(^te§ öon ber äußeren ouf
bie innere ^anblung ber „§irtengef(^i(i)ten" mußte e§ in
i^nen bie Sltternierung§ted)ni! ber ötteren g^orm, meld^er
fie ficE) ujieber annäherten, erfe^en. S)enn e§ !am £ongo§
im legten @nbe nic^t mef)r auf ®Iei(^artig!eit ber äußeren
©dfjicffale be§ ^aare§, fonbern auf ®Iei^mäßig!eit feiner
pf^c£)if(^en ©ntmicflung an. ^lotmenbig tüar freiließ aud^
jene, n:)enn ber äußeren ^anblung ein gemiffer (Sinfluß auf
\)a§> pfijd^ifc^e ©rieben ber gelben eingeräumt mürbe. S)af)er
bie abfolute ^aralletität ber ©c^icffate be§ S)o|)f)ni§ unb
ber ß^Ioe oon if)rer Sluffinbung burd^ bie ^irten bi§ gu
ifjrer ebenfalls unter gteid^en äußeren Umftäuben erfolgten
2öieberer!ennung burc^ it)re (SItern. SI(§ BefonberS auf=
fallenbe '^arattelertebniffe muffen innerhalb ber äußeren
^aubtuug nod) gelten bie ©ntfte^ung ber Siebe ber beiben,^)
it)re (Srbeutung burdf) ©eeräuber (^apt)ni§) ober Kriegs*
leute (ß^Ioe), ber 9?aub ober Sflouboerfuc^ au§ Siebe
(Sampi§, ®nat|on), ber erotifrfie Unterrid)t be§ ^f)ileta§
1) ©eine ©ettung in i'^rem ganjen Umfange guerft crfannt ju
l^oben, ift ha§ 95erbienft bon Suigi (Saftiglioni, Rivista di filologia
e d' istruzione classica XXXIV (1906) 299 f.
2) 1 13—14: 93ab be§ ©op^ni^, SlJtonoIog e^Ioeng ~ 1 15—18:
tu§ ©flloenS, ajionolog be§ 'S)apf)ni§. S3eibemal ift ®or!on un»
abfid^tlic^ ajiittler.
— 89 —
unb ber St)!ainion u. f. f.i) tiefer ouSgebe'^nte ^araMi§*
mu§ ber äußeren ^anblung fieftimmte and) bie eigenartige
(Stellung be§ 2ongo§ pm ^IrfofeproBteme. SfJic^t ollein
S)ap!^ni§ erfüllte in feiner §irtenunfci^nlb um ben trabitio=
neEen ^reil ber ©etiebten, ^ier fpe^iell i^re§ ©enuffeS, bie
SBünftfje ber finntic^en ßt)!oinion, bie i^rer (55utartig!eit
nad) §n)ar SJJelitten näf)er fte^t, af§ 5lrfa!en, oBer Ujie
biefe ein beftimmter, übrigen^ fc^on burd§ if)ren Spornen
inbigierter S^arQ!tertt)pu0 ift, fonbern ouc^ ßf)Ioe öergalt
bem fterbenben ®or!on feinen 'diät, ber i'^r ben SDap^ni§
rettete, burd§ einen Äu^ (141, 22 ^irfc^ig), ben fie nac^
^Ieitop^on§ SSorgange bem ^op^niS ebenfo öerf(i)n)ieg, wie
er i^r fein erotif(^e§ ®rtebni§ mit ßijfainion. £ongo§
fombinierte alfo bie £öfung be§ ^roblemeS bei §e(iobor
unb 5(d^itleu§ Xatio§, inbem er (Sf)toen, bereu ^eufc^fieit
nad) ben Siegeln ber ?lrt nnbebingt ermatten bleiben mu^te,
bem ein n)enig on X^erfanbro§ unb fomit an 5trfa!eu er*
innernben ®or!Dn to!f)nen Iie|, tt)ie Sl^eageneS ber Slrfa!e
gebantt ^otte,^) n)öt)renb er ßteitop^ou§ SDZelitteerlebniS in
entfpred)enber Umformung auf SDop^niS übertrug. Sei
6;^Ioe fiegte menfc^Iic^eS SJlitgefü^I über bie peröerfe
©pröbig!eit eine§ X^eageneS; bei 2)apl)ni§ ift infolge feiner
SJiaiöetöt ber p^tjfifc^e ß^ebrud) fittlic^ gar nicf)t oI§ folc^er
ju quatifigieren.3) £ongo§ ^at fomit ouc^ bie§ Problem
im (Sinüange mit ber ^eufc^{)eit§ibee natürlich §u löfen
öerftanben, inbem er mit rid^tigem Xo!te 6f)Ioe nur eine
1) SBettere Söeifptcle ergibt bie 93etroc^tung be§ Äompofttton§*
fd^emag ber „§trtetigefcf)tc^ten" im ^In^onge.
') 3lud^ 2tntipptn hJirb öon 2;^er)anbrog ein tu§ geroubt
(ügl. S«cim!e ©. 36).
3) SInberg: grranceöco ©arin, Studi italiani di filologia classica
XVn (1909) 440.
— 90 —
©unftöe^eugung geträ'^ren lie^, bte i^re ^ungfröulic^feit
nic^t gefä^rbete unb inbem er nic^t fie, jonbern ben 2)ap^nt§
jum SteBeSjögling einer britten ^erfon mad)te. SDiefe
^arattetitot ber 8(f)icffate ber Siebenben ermögtic|te it)re
ftete Sßereinignng im epifobenfd)(u[je, atjo bie einheitliche
gü^rnng ber pftid^ijc^en ^anblnng, inner'^alB ttjetdier BIo^
©opinis eine aul feinem ©ejc^tec^te erüärte größere ßieBe§*
energie entfaltete, ©o fteigerte ein anderes SJioment,
nämli^ S()Ioen§ S3ab, ba§ an \\ä) nur bie parallele §u bem
ä^nlic^ n)ir!enben Sabe be§ ®ap^ni§ borfteüt, be§ ®apf)nil
Siebe über biejenige feiner ©efpielin (I 32); fo ergriff if)n
\)a§, SSieberfinben e^IoenS ftär!er (II 30: 152, 18), at§ fie
feine Sflettung au§ Sflöubergematt, ober erregte i^n bie
^Jac^ric^t oon ber geplanten SSermät)Iung ber ©eliebten mit
einem anberen f)eftiger, al§ fie felbft (III 26); fo brängte
befonberS 3)apt)ni§ ouf bie gefc^Iec^tlic^e ©rfüUnng ber
Siebe (III 13: 159, 22 ff.). 3u aüebem bilbet ha§> ©egen-
gen)ic^t allein bie größere (Siferfuc^t ß^loenS, bie öon i^rem
Siebl)ober ftärfere 2;reuef(i)n)üre öerlangte, al§ er oon it)r
(II 39). 33orne^mlic^ geid^nete ben S)ap^ni§ aber oor ß^loen
ber ©ntfd^luB au§, bei it)r tro^ feines l)öl)eren $ßerlangen§
nad^ SiebeSgenu^ ben Unterricht ber Stifainion nid^t ou§*
guüben, nm i^r ©c^merjen nnb Slut gu erfparen. ®ie§
SSert)alten ift in feiner ^inblicl)!eit n^a^rl^aft ^eroifc^ nnb
repröfentiert bal)er burcf) ben notmenbigen 9flüc!gang ber
erotifc^en §anblung i^re ftär!fte nnb gitgleic^ einzige nic^t
bnrc^ äußere Umftänbe erfolgte, fonbern an§ bem 6l)ara!ter
be§ gelben enttt)i(Jelte Sftetorbation. Slnd^ in ber öu^eren
^anblung mac^t fid^ bie§ Übergett)icl)t ber aJlännlic^feit be§
3)ap:^ni§ geltenb. @o erfann er im SBinter eine Sift, bie
i^n mit etjloe jufammenfülirte (III 4: 156,30); fo toagte
er tro^ anfänglicl)er $ln§fic^t§lofig!eit eine SBerbnng um
— 91 —
ha?: SO^öbd^en, bte e§ t^m öor anbeten ^reiern fidlem foHte
(III 26—32). 93e5et(^nenb für biefe jeine Überlegen:^eit ift
enblid^ andi) ein f (einer, if)m mit ber ebenfoIIS aüiöeren
©^arifteia ^eIiobor§ gemeinjamer ßng. 5ßerj(i)ob ßf)ari!(eia
bie @nt()üßung i^rer Siebe gn X^eagene§ auf ben günftigften
ßeitpunÜ (X 18 ff.), ein ßaubern, ba^ i^r feinen SSortüurf
eintrug (X 31), fo üerfc^n)ieg auc^ ®apl§ni§ feinen ebenfaflä
!aum ttjiebergefunbenen ©Item gunctdift feine Sejiefiungen
5U e^Ioen (IV 26: 175, 45) mit bemfetben ©ffefte bei
biefer (IV 27).
2)ie übliche öu^ere SJJotiöierung burcfi ßift, ©ettjalt
ober Seibenfrfiaften njar bei ber Sefd)affenf)eit ber öu^eren
^anblung in ben „§irtengefc^i(i)ten" nur inner'^alb Ü^rer
(gpifobenmittetftüc!e mijglic^. Um bie 5l!tion bafelbft burc^*
5ufüf)ren, Ujurbe fte auc^ öon £ongo§ fiier angenjenbet.
9Kan erinnere ftd^ j. 33. ber geujaltfamen (Sntfüt)rung
be§ ®ap^ni§ burc^ bie (Seeräuber unb feiner S3efreiung
t)ur(^ S)orfon§ ßift mit ber S^rinj, bie biefer rükhtx au§
Siebe jur S^toe i^r angeraten (I D). (Sine Sift führte
ebenfalls ben ^opf)ni§ jur SBinterS^eit gur beliebten (III A)
unb lie^ bie St)!ainion an» 3^^^ ^W^ SSünfc^e gelangen
(HIB). Hucf) in biefen beiben fällen bilbete Siebe bie
SSorau§fe^ung für bie Slnujenbung ber Sift. ©ematt
braud^ten Sampi§ unb ©nat^on gleichfalls au§ Siebe ^u
ben gelben u. f. f. 2)er Hu§gang§pun!t ber pft)c^ifd)en
^anblung toax in fonüentioneßer SSeife bie ©d^önf)eit ber
gelben (I B). S)ie tneitere @ntn)i(i(ung if)rer Siebe tnurbe
bebingt bur(f) il^re Sugenb, i{)re Seben§tt)eife unb i^re
Sflaiöetöt; bie SJiotiöierung ber §auptf)onbIung toax alfo
(5f)oraftermotitiierung. S3efonberS beutlid^ fommt biefer
!ünft(erifd§e SSorjug öor ben übrigen SSertretern ber 'äxi
in ber tt)ir!famften S^letarbation beS S33er!e§, nämlid^ in beS
— 92 —
3)ap'^ni§ ^ßer^ic^t auf ben {f)m burd^ ben Unterricht bcr
St)!ainion ermöglichten SiebeSgenu^ jum 5tu§bru(Je. — 5)ie
^affiöität ber SieBenben ^toong au(| Songo§, bie ÜJJittter
ätt)ijcf)en i^nen üon bem älteren 9f{omane in feine 3)id)tung
gu übernef)men. S^rer öfonomijc^en $ßern)enbung ftanb
bie 3iif<^^i^ci^^ö^9^fo[igfeit ber einzelnen ©pijobenmittet«
ftücfe f)inbernb entgegen. (Sine Ülei^e öon 9)^ittlern i[t olfo
in ben „§irtengefcf)icf)ten" öorüberge^enb tätig (®orfon,
^f)itetQ§, 2t)!oinion, ©nat^on, ^rt)a§, 3)iont)jop{)one§), unter
itjuen mä) ber oud^ öon 5t(i)ineu§ XotioS öfter (SfiaireaS,
SJJelitte) eingehaltenen 9fJorm be§ älteren 9lomane§ erfolglos
in einen ber gelben üerliebte (®or!on, ©nat^on, 2^fai=
nion ~ SJJelitte). Um fic^ aber and) ben bei 2tc^iIIeu§
SCatiol (@ot^ro§) gegenüber ^eliobor (^alofiriS) unb
;3ambtic^ ((Soraid)o§) n)äf)renb be§ ganzen 9flomane§ au§*
bauernben SDfittler ^u erholten, öerujonbelte ber erfinbung§==
reid^e SDid^ter ben im ätteren 9fiomane für bie Seiben ber
gelben üerantnjorttic^en ©ötter^orn in einen ©ötterfc^u^
befonberg ber 9^t)mp{)en unb be§ (£ro§. @cf)on im pro*
grammatifdjen 9flomanöormorte ^atte er if)n angebeutet, i)
@ro§ tt)ar al§ Seiter ber pf9d§ifcf)en ^anblung ben SZi^mp^ien
übergeorbnet, lüie au§ i|rer ftänbigen S3erufung auf i^n.
unb au§ feinen eigenen 5tu^erungen ^u ^f)i(eta§, bem er
— gar perfönlid^ in bie ®efc£)id)te eingreifenb — fid) geigte,
()eröorget)t. ®ie S^J^mp^eu (unb einmal al§ if)r @j;e!ution§=
organ ?ßon) greifen f)inmieber an ben entfdtieibenbeften
©tetten ber öu^eren ^anblung gugunften ber Siebeuben
ein, inbem fie fie gur ^eibe gufammenfü^ren (I 7), S^toe
mit ^an§ |)ilfe au§ ber ©efaugenfd^aft ber 9}?et^t)mnöer
befreien (II 23), bem ® opinis ein anfel^nlici^eä 93raut*
») aSgl <ß^iIoIogu§ LXXH (1913) 94.
— 93 —
gefd^en! öerfd^affen, um i^n jur erfotgreid^en SBerBung um
ha§^ Wäbd)tn ju befäf)igen (III 27) unb inbem fte enblic^
ßf)Ioeu5 2öieberer!eunuug öeronlaff eu (IV 34). ®iefe origiuelle
SluSgeftattung ber SJJittlerrotte ^atte bem S)id§ter \)a^ ©d^öfer*
!o[tüm ermöglid^t. Snbem e§ ttn ^erfoneu ber ©efd^id^te
bie für ben ©(auben an perjöntid^e uub uumittelbore @ötter=
^itfe uötige S^aiöetät öertie^, ^atte e§ für fie foI(f)e (Siu^
flüffe aud^ be§ Uugeit)ö^ulid§en uub bamit für hcn Sefer
einer fouft uubebiugt üerle|enbeu Unglaub^oftigfeit eut=
Heibet. Sa ber @in!(aug itnt§> birefteu ®öttertDir!eu§ mit
ber geU)ä|lteu 3(^omauein!teibuug, alfo feine ftillfc^meigenbe
(grüäruug au§ i^r öerftärÜ and) Beim aufgeflörteften Sefer
nur nod^ bie SKufiou ber einfältigen ©c^äferiuelt! —
©ans konnte aber auc^ 2ongo§ ben für ba§ @in!f)eit§=»
ftreben ber @ottung fo öerberblid^en l^olgen ber fpiri==
tualiftifcfien 9fiomanrid§tuug nic^t entgetjen. 'ämi) feine
gelben blieben paffiö, tt)a§ freilirf) burd^ bie 5lbten!ung be§
^ntereffe§ öou ben äußeren @c^i(ifaten auf bie inneren
©rlebniffe ber Siebenben in einer SSeife gered^tfertigt ttjor,
bie ben „§irtengefc^icf)ten" gerabe^u einen Sßorjug üor ben
übrigen erhaltenen SSertretern ber Gattung einräumte. 2)oc§
reichte biefe SJJa^regel nic^t au§, um alle bie ^inberniffe
gu überttjinben, treidle für bie fünftlerifd^e (Sin^eit inner*
|atb ber neuen ^orm beftonben. Xro^ ber SSerinnerlid^ung
ber §anblung üermoc^te nämlic^ ouc^ SongoS äußerer
©reigniffe nic^t ganj gu entrateu. SDafür ha'^ er fie ni(i)t
burd^ 6piel unb ©egenfpiet organifd^ glieberte, §eigt er eine
gu gro^e ted^nifc^e 5lb^ängig!eit öou il)nen. SSon attem
anberen abgefe^en ^ängt ja nod§ bie Sänge feinet SSer!e§
5um guten Steile öon ben (SpifobenmittelftücEen ab. Snbem
er bie pf^d^ifc^e ^anblung mögtid)ft öon ber äußeren ab^
rücEte, blieb fie ju ftatiouär, blieb bie ©elegenl^eit jur
— 94 -
§anblunglenttt)t(f(uncj ou§ beut (Sf)ara!ter ber ^ouptperfonen
!^erau§ gu fetten, um attein einen Sfloman gu bitben. 'iknx
einmot fonnte Songo§ t)on ber S^arattermotiöierung im S8er=
gierte be§ ®apt)ni§ auf ®ef(^tect)t§genu§ entfprec^enben
©ebrauc^ madjen unb eine enge SSerbinbung öon öu^erem
(Sreigniffe unb pft)c|ifc^er ^anbtung bnrc^ i^ren @egenfa|
tjerftetten. ®ie S5erftärfung ber (Spifobentjoftigteit, ^u ber
ber S)ic^ter burc^ feine $ßerinnertict)ung ber Üioman^anbtung
geätüungen tüax, entfernte it)n ebenfo öon ber @in^eittid)!eit,
n)ie bie (Sdjeibung innerer öon öu^erer ^anbtung bei ber
biefer öerbteibenben S3ebeutnng öon ber @in!^eit be§ ^imft*
mxM. 3)enn bie formale S3ejie^nng ber (Spifoben auf
einanber burc§ i^ren ^arotteti^muS bot gleichfalls nur ein
teiltt)eife§ ?tquiüalent.
14.
Stro| oKebem unb allebem begeidinet ba§ SSer! be§
£ongo§ bie größte ^ö^e, bie ber griec§ifd)e Sflomon bei
feiner einmal eingefd^logenen üiid^tung erreichen !onnte.
®iefe 93e:^auptung beftötigt feine (Sutwidlung in ber t5olge=
geit. S)er öon @umat^io§ 9JJa!rembolite§ in ber ^ttieiten
§älfte be§ XII. Sal)r|unbert§ im 5lnfc^luffe an ben alten
grie(f)ifc^en Sfloman inaugurierte b^^antinifc^e 9^enaiffance=
romani) ging auf bem S3ege ber @toffentöu|erung !onfe=
quent tt)eiter unb fo enblic^ gugrunbe, ba fdjlie^lid) fein
5tnla^ me^r befielen fonnte, bie einzelnen r^etorifd^en
^runlftüde, bie 9^ac§fommen ber jamblic^ifd^en ßflurfe,
n)eld)e ba^ Sntereffe be§ ^ünftlerS unb feine§ ^ublifumS
^) Sßgl. % ^eifenberg, 9t^etntfd)e§ 9D?ufcum für 5)ß:^tIoIogie,
^. g. LVIII (1903) 427.
— 95 —
absorbierten, in haS' ftereot^p gen)orbene ©erüft ber bürfttgen
^aTiblung gn preffen. @ie bejahen S)an! ber Geltung
rl^etorifd^er ^rogtimnaSmoti! unb ©pibeifti! genng literorifc^e^
Eigenleben. 3mmerf)in ift bem b^jantinifc^en fRenaiffance*
romon in feinem bettju^ten hinneigen pr epibeütijcfien
9fl^etorif !ün[tlerijc^e S3ered)tigung ebenfon)enig, tvk feines
S5erftönbni§ für bie QkU be§ alten 9ftomane§ ab^nfprec^en.
3n ber üölligen Üt^etorifierung be§felben brad^ten bie oHein
Don fünftlerifc^en 9ftüc![icf)ten geleiteten Stjjantiner ja nur
bie öon SomblicE) begonnenen nnb öon 3lc^itteu§ Xatio§
fortgefe^ten Seftrebungen jnm 3lbf(i)Iuffe. ©anj anberS
t)ert)ält e§ fid§ mit bem gtt)eiten, ebenfalls an bie Ie|te
(ac^te) @ntn)iätung§ftufe be§ gried)ifc^en fRomaneS an*
tnüpfenben Strange ber örjäfitungSliteratnr, nämlid^ mit
bem d^riftlid) = enfratitifd^en SiebeSromane. ©e^en bie
S3t)satttiner oon ber gorm, fo bie (Stjriften öon bem fitt*
tiefen ©ehalte beS fpiritualiftifdjen 9^omantt)pu§ au§.
SBaren bie S3e[trebungen jener achtbare, aber infolge ber
Sierfennung ber er^ö^Ienben 5Iufgabe beS 9flomane§, infolge
ber SJJiBci^tnng n)efentlic£)er @attungSmer!male alfo mi|=
g(ü(fte fünftlerifd^e ^ortbitbungSoerfud^e ber über!ommenen
gorm, fo njar bie en!ratitifd)e ^robuftion blo^e, auf ta^
niebere SilbungSnioeau ber cEiriftüd^en SHaffen eingeftellte
^gitationSf (Treiberei, ber bie fpiritualiftifd^e 9li(i)tung be§
gteict)seitigen l^ö{)eren ÜiomoneS nur al§ U)iII!ommener
Iiterarif(f)er ©tü|pun!t biente. Unter feinem (Sinfluffe
fd)einen nömlict) in ben apo!rt)pf)en 3lpofteIa!ten bie m^ftifc^en
2iebfd)aften ftönbtge unb ftereott)pe (Spifoben gettjorben ju
fein, fo in ben ^auIo§prajei§ bie 5:^e!(o=, in ben Soannel«»
often bie 2)ruftana=, in ben 5lnbrea§a!ten bie 9Jiajimitta==,
in ben X^omaSprajeiS bie 3J2t)gbonia* unb Xertiabegeben*
f)eit. 2)a§ Sntereffe ber äKoffe blieb nun an ber peröerfen
— 96 —
(Sroti! ber genannten {)t)[terljc^en epifoben|eIb{nnen i) ^aften
nnb führte fo ^önfig gnr £o§töjung ber ©pifoben ou§
bem ^ompteje be§ 5lbentenerepo§, ba§ bie ©nmme ber
„Xoten" bes jenjelltgen 5lpo[teI§ Bitbete. 2)ie gejonberte
Überüeferung ber ^anto§-2;^efragejc^ic^te, bie urjprüngtic^
einen Seftonbteil ber ^auIoSaften barfteöte, bettjeift bie§.
S)Qmit rtar ber c^ri[t(icf;=en!rQtitijc^e ßiebeSroman aU jelb-
ftänbige§ literarij^eS ©ebilbe, ba§ fnnftt^eoretijd^ — töie
gejagt — a{§ Stbart ber ad^ten Stufe be§ fop^iftij^en
£iebe§romane§ ju gelten ^at, tatfädiric^ etabliert. 5t(§
originaler SSertreter biefer Ülomanform ift bi§ ie|t allein
ber en!ratitifd;e SiebeSroman üon 3£antf)ip|)e, ^oIt)jene nnb
^anlo§, ben n)of)I erft ber §(bfd)reiber njenig paffenb „Seben
unb 2Banbet ber l^eiligen grauen ^Eant^ippe, ^oIt)fene
unb 9fiebeffa" betitelte, befannt, nnb ber gn npenig.^) ©r
») aSgl. Subtoig geuerbad), Über ben 3Ramntuitn§. ©ämtl.
SB. 1181 ff.
2) (Srftauggabe öon Wontaqm W)ot)t§ ^omeS in: Texts and
studies 1)Q. öon ^. 3lrntttage Siobinfon II 3 (eombribgc 1893),
©. 42—85. — ^orban, ©efc^i^te ber oItd)rtftIid)en Siterotur. Setpäig
1911, @. 80ff., 90,122 nannte ben 3£ant^tp^e-^$oIi)jene=$auIo§roman
gar nic^t einmal unter ben mannigfachen SSerfen, bie er aße tt)iber==
re(i)tU(t) sum ®o^t)iftenromone fteHte. Unter i^nen fönnte man ollein
bei ber 3tgne§Iegenbe (Acta sanctorum BoUand. Januar. II 351 — 354)
über bie 3uge^örig!eit gu bemjelben pnäd)ft §tt)eifeln. S)oc^ beftef)t
tro§ if)rer ftar!en nnb gemi^ nic^t pfälligen S3erü:^rung mit §eHobor§
8Irfafee|3ifobe unb ben SorbeEfsenen im Xenop^on üon @^t)ejog unb
in ber „®efc^ict)te be§ tönigg SlpoIIoninS öon StijruS" in ben ent«
fd)eibenben SJierlmalen grunbfä|li(i)er Unterfc^ieb §iöif^en beiben.
©0 enbet bie ®efd)id^te mit bem £obe ber ^elbin, alfo gegen bie
©attunggnorm ungtücflid^. f^erner ift bei aller m^ftifdien Siebe ber
9tgne§ gu K^riftug biefer bod) me^r ®ott, al§ beliebter. 2)er Siebeg«"
roman öerlangt aber annätjernbe ©leidjfteüung ber Partner in ben
§eIbenroIten. 2lu§ ber alläugi^ölen ©iftauä ättjifd)en S(gne§ unb
I
— 97 —
cnttöirfelt bie m^[ttfd)e SicBe jtüeier @d)tt)eflern Xantf)ippc
unb ^oltifene 511m 5lpofteI ^oufol, aU Sflepräfentonten
beg etjriftcntumS in ber SBeife, bo^ perft (top. 1—21)
über bie Siebe ber 3£ant^ippe, bann {^ap. 22—42) über
biejenige if)rer ©dEitoefter jum ^Tpoftel get)anbelt toirb. %n
bie (iterarifd^e ©ntfte^ung ber 3lrt erinnert nod) bie ^ijiernng
ber S3egebenl§eiten in ben jpanifdEien 5lufentt)att be§ ^onloS,
löoburd^ if)re geitlic^e ©inorbnnng in bie SlpofteloÜen mögtid^
tt)irb 0 unb bie i)äufige S3ejief)ung auf bie apofr^p^en
Slpüftelprajet^, bie \d)on ber .^erauSgeber öermerfte. 9}?on=
tague 9flf)obe§ SomeS beobachtete auci§, ba^ in ber Xonf^ip^^e*
begebenljeit bie feelifd^e, in ber ^ol9£enegejd£)i(i)te bie äußere
§anblung überinog. @o f)atte Xanthippe im SBefentlic^en
nur gegen i^ren, nad) bem 9}?u[ter ber 2lpofteIa!ten jpöter
be!ef)rten ©atten ^robo§, ^ü%ene aber gegen 2iebf)aber
unb ©efa^ren onjufämpfen^ gegen bie i^r ai^halb immer
tt)ieber d)ri[t(id)e Reifer erftanben. g^erner blieb Xanthippe
am felben Drte, tt)ö()renb [id^ bie l^eujd^t)eitlöerjud^ungen
i§rer «Sc^tnefter auf :3ri:fa^rten gutrugen. S)ie beiben
9^omanf)ölften erfdjeinen einanber fomit !ontraftiert. 60II
baburd) bie !ünftlerifc^e @inf)eit be§ SSerfeS, fo foH burc^
ha§^ enge üertüanbtfd^aftlidje S3anb sttjifc^en ben fdjmefterlid^en
^etbinnen unb buri^ bie Sfiic^tung i^rer £iebe auf benfelben
il^rent geliebten ©otte erftärt fic^ aud^, ta'^ et :perfönHd) tu btc
§anbluttg nic^t eingreift, ja nid)t einmal al§ irbifd) geba(^t werben
fonn, ttjoburd) eine ©runbbebingung für bie im gried)ifd)en SiebeS*
romane unerläfe(id)e QttJei^eit ber gelben, alfo mieber ein tt)efentUd)eg
®attung§mer!mal »erlebt ift. 9!Ke:^r aU !ünftterifct)e 9lb:^öngig!eit
öom (3o;p'^iftenromane, aU roman^^afte 2)ur(i^fü^rung atfo tüirb mon
bemnocf) für bie ?tgne§Iegenbe ni(f)t zugeben fönnen.
1) Qnbem fie Säten be§ ^auIo§ in ©))anien beri(i)ten, ttJo:^in
er üon 3tom fam, wo it)n algbalb ^etrog erfe^te, finb fie §eitlid) dn
^oraöeIberi(f)t ju ben Actus Vercellenses.
St^iffel, Woman. 7
— 98 —
9Jfonn, bann bnxä) bic 9?üd£te^r an ben 5lu§gang§punft
ber ^onblung om Sftomanjc^Iufje uub burc^ bie SSereinigung
aller ^auptperfonen bafelbft bie äu|ere @in:§citlic^!eit beg
SSerJeg erreicfit tüerben.
©rfc^ien bie ©pijobenmonier al§ formales Sfioraf teriftif on
be§ fop:^iftifd)en ülomaneS, fo fteHt ftd) al§ be§eicf)nenbe[te
formale @igentümlid)!eit feiner d)riftlid§en 5Ibart bie SDou*
blettented^ni! bor, bie gegenüber jener ou§ ber ©attungS*
enttt)icf(ung, b. i. an§ Üinfllerifd^en 9flüc!ft(f)ten §n erllörenben
Eigenart ben agitatorifc^en 5lbfi(i)ten c^riftüc^er S3eIIetriftif,
alfo rein praüifci^en §öufung§beftreBungen iljren Urfprung
öerbanft. S)em Söerfaffer be§ Xant^ippe^^ott)jene-^auto§-
romane§ tnaren anc^ t)ier fd^on bie gnoflifcfien 5(pofteI*
prajei§, fpe^ieH bie 3:^oma§*, öießeid^t and) bie StnbreaS*
alten üorongegangen. 9^ur in ber !ünftterif(i)en SSerbinbnng
ber ^arallelgefcf)ic^ten unterfc^eibet er ficf) t)orteiI{)aft öon
i^nen. Sn ben 5:J)oma§a!ten ftjirft bie ©onblette at§ plumpe
renommiflifc^e @teigernng. ßnerft tüenbeten fid^ — aöer=
bing§ im ©inöerftönbniffe mit bem ©erno^I ht^w. 5ßater
unb au§ fc^ulbiger S)an!bar!eit für if)re Teilung öon
S3efeffen:^eit — i^xan nnb SToc^ter be§ !öniglid)en ^rieg§*
oberften ©ifor, bann bo§ 2Beib be§ (Sf)ari§, eine§ naf)en
SSermanbten be§ tönig§ äRiSbai, nömlic^ SRtigbonia unb
i^re Slmme 90^arfia, burc^ fie enblid) gar bie Königin Xertia
(unb ber ^önigSjo^n) bem en!ratitif(i)en SebenSibeale unb
bamit ber mi)ftifd)en Siebe jum Slpoftel, mit bem in ber
Sßorftellung jener SBeiber felbft ß^riftoS ^öufig üerfdimolj,
gu. 2)0 biefe nod) bem 9flonge ber S3efet)rten onfteigenbe
fßei^e tec^nifd^ öor§ügticl^ ben SJJortertob be§ STpoftetS
motibieren foH, genügte ein relotiö fur^er S3erici§t über bie
93e!e^rung ber Xertio noc^ ber au§füf)rlici§ gefc^ilberten ber
9}ll)gbonio. S)er SSerfoffer ber 3£ontt)ippe*^oI%-ene=^auIo§*
— 99 —
gefd^id^te, ber bett l^äufigen 5tnfptelungen in feiner ^frBeit
gufolge mit ben, für bie öon if)m gepflegte Siteraturform
muftergültigen, apoh^p^en 5tpoftela!ten mo{)I öertrout tuar,
i)ot fi(| nun beutlic^ ben in ber ajicjimilla* ober 9)J^gbonia*
epifobe ouggeprägten St^p be§ m^ftifc^en ßiebe§öerf)ä(tniffeg
für bie Xanttjippegefc^id^te, alfo für feinen erften Ülomonteil
sum 3Jiufter genommen. @6enfo entfprict)t Vit 58e!ef)rung
ber SfJebenfigur ^tbtlta berjenigen öon 9K^gboniQ§ 5(mme
äJJorüo, einer ebenfaßg epifobifc^en ©eftolt ber X^omol*
a!ten. Sine pxm Xobe be§ SIpoftet§ füfjrenbe Steigerung,
mie in biefen, !onnte er ober in feiner 93efci^rön!ung auf
ein erotifc^e§ 2;^ema, in beffen äRitteIpun!te nid)t — mie
in feinen 9JJuftern — ber ?Ipoftet, fonbern notmenbiger=
toeife bie grouen ftonben, nic^t braucl^en. (S§ mar olfo für
ben §meiten Xeil feines 2Ber!e§ eine 33oriation be§ 3JJt)gbonio*
SJiajimiöat^pl notmenbig. (Sr erhielte fie bind) 5lnmenbung
be§ äußeren tedjuifdien 5(pparate§ be§ fop^iftifctien 9flomane§
im ^ol^jeneteile. 5Dab ur(f) erreichte er bonn — mie er=
tt)öt)nt — ben fünftlerifd^ einenben ^ontraft beSfelben jur
Xant^ippeplfte feinet 3Ber!e§. SDamit ift auclj ein mefent*
lieber Unterf(f)ieb be§ en!ratitifc^en 2iebe§romoneä öon ber
opoftolifc^en ^elbenepü, fein guter 5tu§gang berührt, ber ja
ein unentbe^rtic^eä 3J^er!mal be» griec^ifc^en 9flomane§ unb
be§ {leHeniftifctjen SfJoöeUenfronjeS borftcHt. 2Bie fc^on ber
literorifc^ oon ben ^ouIo§a!ten emanzipierte ^ouIo§=2;t)e!(a*
romon nid^t mit bem äJlartertobe be§ gelben gefdiloffen
l^otte, fo enbet gar bie 3£antI)ippe=^oli)jene:=^auIo§gefd^id)te
in einer bem fopt)iftifc^en SfJomane üöQig abäquaten SBeife
mit ber bauernben SSieberoereinigung aller brei Siebenben.
StuSbrücflid) oerfic^ert ja ber SSerfaffer {$tap. 42), ba^ öon
nun an ^o(t)jene nimmer ^auIo§ oerlie^ au§ Stngft öor
SSerfuct)ungen, mie fie fie gtücüic^ überftauben — eine bei
7*
— 100 —
ber guten 2egenbeti!enittntl be§ 5(utorl, ber bom Xobe be§
^aulol in Ülom ebenfogut tüiffen mu^te, tüie bon feinem
X^eHaerlebniffe, für Ursprung unb fünftterifdje Gattung be§
enfratitijcfien Siebe§romaneg überaus bebeutfame @d)(uB*
ujenbung.
Slber oud^ bie SDoublettented^nif be§felben unb feiner
9J?u[ter, ber mt)ftifcl^=erotifci£)en (Spifoben etoa ber X^onia§=
prajeis, na^m i^ren 5ln§gQng§|)nn!t Dom ©op^iftenromane.
©c^on in ben Slnföngen einer S^eben^anblung öon Seufon
unb 9ftf)obe beim ep^efifc^en 3£eno|){)on unb noc^ bürftiger
in ^o(t)c^arm§ S3ermöt)Iung mit ber @ä)me[ter feines S3ufen*
freunbeg, be§ gelben (5f)airea§ Bei ß^aritou (503, 6 ^irfc^ig)
liegen bie erften 2tnfä|e gu ber im en!ratitifc§en Siebes*
romone fold^e ^ebeutung befi|enben ^arallelgefdiici^te. Saut*
Uid) mar e§ üorbe^alten, aus biefen keimen bie Sieben*
l^onblung ^um gemic^tigen ©eitenftüde ber §aupt!)anbhtng
onSjubilben. ^reiüd) tat er eS ni(i)t um i^rer fetbft miüen,
fonbern oßein, um fic^ burc^ fie eine öerein^eitücfienbe
SSerfc^rönfungStec^nif ju ermögli(f)en. §eIiobor in ber
^nemDn=9^aufifIeia= unb in ber S'JaufüIeS^i^tiiSbebegebenfieit
ma^te öon ber S^eben^onblung fd)on geläufigen unb öfo*
nomifc^en ©ebrauc^; ö^nlic^ in ber ÄaHigone^ unb ber
(S{)orif(eSneben^anbIung Sld)iüeuS 2;atioS, ber §eIioborS
bürgertid^eS ©eitenftücE gur {)eroifd)en ^anptfjonblung, bie
SiebeSgefc^ic^te öon 5tnemon in feiner ^aflift^eneS=^afligone=
Begebenheit überbieS ouf baS S^iöeau ber ^üupt^anblung
er^ob. 58on i^nen auSgel^enb !onnten bann bie S3^gantiner
om @nbe i^rer 9iomanentmitftung (S^üetaS (SugenianoS) ju
einer ber §aupt^anblung faft ebenbürtigen SiZebenfionblung
gelangen, ot)ne ba^ inbeS bie @inl)eit beS ^unftmer!eS burd^
fie in f^rage gefteHt morben möre. ©efprengt mürbe fie
burd) bie (£r!§eBung ber 9^ebenf)anblung gu ööüiger @(ei(^=
— 101 —
tücrtig!eit unb Parallelität mit ber ^aupf^anblung ettra im
en!rotitif(^en 3£ant:§ippe=^oIt)jene^^aulo§romane tro^ ber
SSerfud^e be§ 5lutor§, bie beiben fetbftöTibig getüorbeneu
Xeile ,^ur !iinftterijcf)en ©in^eit ju ergeben. Sßon ^ier führte
nur ein SSeg meiter, ber pr Sluflöfnng be§ 9f?omane§ in
eine ^JoöeHenjammlung, beren loje <BiMt nic^t me^r, mie
im SiJoöellenfronje burcf) 9f?a^men, Sfla^menfigur unb Z^tma
§ur funftlerifdien ©inl^eit jnfammengel^atten n)erben, fonbern
ollein no(f) burcf) i^re gemeinjome Xenbenj if)re ©ommlung
redjtfertigen. @in Üinftlerifc^eg ^egenerotionSprobnft biefer
%xi fteüt beimißt 1) be§ ^aüabioS „2ou[ta!on" bor.
5tl§ profoneS ©eitenftüct jum 3£antf)ippe=^oIt)jene*
^auIoSromane erftfieint, tro|bem ber (Sinflu^ ber 2)oubIetten«
ted)ni! nid)t fo !(ar ju 2;age tritt, tok in biejem, tneil bie
^ßerfc^üngung ber einzelnen Xeiter§ät)Iungen eine Ütnftlic^ere
i[t, bie „®efcf)ic^te be§ ^önigg Sl^oßoniuS öon %\)vu§".
Wart ptte fie nic^t anf ®rnnb i^rer Übereinftimmung in
ted^nijc^en ©injel^eiten mit bem fop^iftifc^en Sf^omane für
bie Bearbeitung eine§ griec|ifcf)en DüginaleS erüären fotten,
um fie ben griecfiifd^en Sf^ormalromanen aB öiJÜig gIeicJ|=
artig beigefeHen ^u fönnen,^) mä^renb fie i^nen hoä) nur
öermanbt ifi ©dfion (Slimar ^Ieb§3) ^üje^ ja barauf t)in,
ha^ ©eeftürme, @d)iffbrüd)e, Xraume, Dra!el unb bgl. m.
^) SBgl. ben ©c^Iu^ bc§ 9SorttJortc§ ju feiner Segenbcnfommlung
(15, Iff. 93utler): ^Ap^äf^evog xoLvvv zwv 6it]Yi]oea)v ov xovq iv
xaZq nöXeoLV, ovve xovq iv xutg x(öf/,aig rj iQtjfjtiaig ooi xaxa-
Xeiipü) uyvwoxovg xw koya). ov yag 6 xönog ioxiv 6 t,t]xov/jtevog
evd-a xaxwxrjoav ovxoi, «AA' 6 XQonog xtjg TtQoaiQeaeoDg.
^) 3tud^ ber SSerfaffer btefer SIbfianblung :^at fid) in einigen
feiner oben jitierten SSorarbeiten biefer pnäd^ft beftect)enben, aber
nnftid)f)öUigcn Slnfic^t angefd,)Ioffen.
^) ®ie ©rsä^hmg beg 3l^oaoning au§ 3;i)rn§. 93erUn 1899#
S. 297.
— 102 —
©toffelemente, bie mon ftc^ für bo§ SSejentüc^e be§ gried^ifd^en
ÜlomaneS jit Rotten getüotinte, ©emeingut ber ontifen ®id§tung
jeien, bo^ i^re 5Inttjenbung im 9?omane if)n bal^er m(f)t
fennjeicfine. Ä(eb§i) erfannte eBenfaHS bie @elbftänbig!eit
ber brei Xeilgefdfiic^ten, in bie ber 5lpoIIoniu§roman jerfäHt.
5Die Üinftlerifd^e S3ebeutung biefeS ^f)änomen§ blieb if)m
freilid^ öerborgen. @rft fie l^ätte ober ben Unterf(f)ieb ber
in ifjrer loteinijd^en ©eftolt urfpriinglic^en SlpoHoniuSgefd^ii^te
öom gried)if(f)en ©o^^iftenromone eüibent gemai^t ! ®er S(pot*
loniniroman befielt, n)ie gefagt, ä^nüd) bem 3£antf)ippe*^oI^*
jene=^QuIo§romQne ou§ mehreren, unb gnjor onS brei einanber
gteicfittjertigen ©efc^id^ten, üon benen tt)enigften§ bie ^meite nnb
britte im 5tllgemeinen ber fop^iftifd)en 9?omonnorm genügen.
5Der erften, nömlid^ ber 2iebe§begebenf)eit be§ ^önig§ Slnti=
ocf)n§ mit feiner Xo(J)ter (^ap. 1 — 7) ift bie ^tneite 2iebe§=
gefc^id^te üon 5IpolIomu§ unb Slrd)iftroti§ (^op. 8—28.
48 — 51) beigeorbnet, tt)ä^renb bie britte ©rsä^tung öon
X^arfto unb 5tt§enagora (^ap. 29 — 47) in bie gleite ein=
gejc^Ioffen njurbe. 5Die g^igur be§ SlpoHoniuS ift, mie jene
be§ ^QuIo§ im 26ant^i:ppe=^oI%ene=^auIo§romane, oHen brei
©efc^id^ten, ober in üerfc^iebener ^un!tion gemeinfom. Sn
ber gttJeiten ift SlpoHoniuS ^elb, in ber erften ^mk be§
5tntio(^u§, in ber britten t^pifd)er SJJittter. SDiefe üerfc^ieben^
ortige 5ßern)enbung berfelben ^erfon in ben brei 9Joöeüen
biente nic^t nur ber ^erfonenö!onomie, fonbern belebte
öielmef)r bie ßompofition be§ gongen SBer!e§ im ©egenfo^e
jur einförmigen @Ieic!^^eit ber S3e§ief)ungen ettt)o 3£ontt)ippen§
unb i{)rer ©djmefter §u ^auIo§. SDie erfte unb gnieite
©efc^ic^te fd^üe^en fid) im ^ontrofte oneinonber, njie bie
3£ontt)ippe* unb bie ^oIt)jenebegeben^eit, mit bem Unterfd^iebe
») ebenba ©.307 f., 299.
— 103 —
oücrbingS, ha^ ber ®egenJQ| fein äu^erlicl) tedjnif^er,
fonbern ein fittlid^er ift. ?tuc^ borin überragt olfo bie
^un[t be§ 5rpononiii§- biejenige be§ 3eantI)ippe=^oI^jene=
^auIo§romane§. Sn ben SiebeSgefc^ic^ten be§ 5tntiocl^u§
unb 5tpotIoniu§ fte^en nämlid) ein tofter^afteS unb ein
tugenb^ofte§ 2iebe§t)erf)ältni§ einanber gegenüber, öon benen
jenc§ einen nacf)trögiic^ Beridjteten (@. 44, 2 ff. Sfliefe^)
unglüdlic^en, biefeS einen gnten ?ln§gang nimmt, beffen
erjatilung ebenfalls nic^t nn ben SSerlanf ber ©efc^idjte
fclbft angefügt n?nrbe. S)ie sttjeite unb britte erjäfilung
finb ixoax mä) i^rer ^enbenj parallel — in beiben
triumpl)iert fd)IieBti^ bie Xugenb — , nad) bem @efd)Ied^te
ber fü^renben ^auptperfonen aber gegenfö|Ii(^. 2)er o!tiüe
Siebenbe ber jnjeiten ®efd^id)te ift 5IpoIIonin§, alfo ein
äJJann, ttJä^renb bie entfpre^enbe ^oUt in ber britten
©rsö^tung feine 2:oc^ter X^orfia inne f)ot. tiefer SSec^fel
ber 2l!tit)itöt nad) bem ®efd)Ied)te ber ^erfonen erftört fid^
at§ Si^ac^üang ber SltternierungSted^ni! be§ öon 9Eeno^)^on
unb e^ariton öertretenen 9ftomantt)pu§, in bem ja ©rlebniffe
be§ gelben unb ber §elbin einanber ablöften. ®er Sßer*
faffer !onnte jmor fo ber üon ber @attung§norm geforberten
„90^annigfattig!eit" genügen, ttjirb fic^ aber ^auptfäd)Iic^
beäl^alb jur Hnmenbung jener älteren Xed^ni! öeranlaBt
gefe^en t)aben, mit burc^ fie Xfiarfia unb SlpoHoniuS al§
bie beiben gelben einer ®efd)id)te erfc^einen, wö^renb bod)
5lpononiu§ in ber Xtjarfio^Slt^enagoranoöeKe nur eine SfJeben*
rolle fpiett. 3)ie fd)einbare @inl)eit ber beiben ®efd)ic^ten
foKte aber ben aJJangel ber tüirlüc^en erfe^en. ©iefelbe
5lbftc^t, bie Xeiter§öt)lungen möglidift feft p öerfitten,
förberte ja and) bie oben befprod)ene 5trt ber @ejc^ic^ten=
anreit)ung (^ontraft, einfd^attung) unb in äu^erlidjerer
SBeife \)ci^ au§ bem Xantf)ippe-^olt)jene=^auto§romane
— 104 —
be!annte SJJittet, bie gelben ber ©inselgejc^ic^ten in Italic
öeriranbti'c^aftlici^e Söesie^uitgen juetnanber gu fe^en. —
Sm ©atisen überragt bie „©efd^idfite bc§ ^önig§ ?IpoItotiiu§
öon Xt)ru§" tro| i^rer, fdjon in ber moralifierenben Haltung
nnöerfennboren 3ngef)örig!eit gnm dirifttid^ = gno[tijcf)en
Sftomanäftjeige bie enfrotitifc^en 3£Qntt)ippe*^oI^j:ene=^ouIo§*
o!ten ebenfoöiel an SSermögen, bie öon ber 2)oubIettented^ni!
fjerbeigefü^rte 9f{omanoufIöjung burd) !ünftkrifc^e Xeil*
gef(f)itf)tent)erbinbung anf§u^alten, nm tttieüiet biefe ben
opo!r^p^en ^po[teIproi-ei§ eben barin überlegen jd^ienen.
SBir!Ud)e @inf)eitüd^feit, gefd^tneige benn ©inljeit fonnte
freiließ anf bem eingefd)tagenen SBege keinesfalls erreid^t
njerben.
S)ur(i) bieje §(u§[ü^rungen erfc^eint bie gtüiefadje ^^ort^
bilbung, bie ber griec^if(^c Ü^oman nac^ feiner Slütejeit
erfaf)ren, für ben gegentüörtigen Qrotd beutlidC) genng
beftimmt. ©enonereS mu| einer @efc^i(^te ber grie^ifc^en
©rjö^IungSfnnft im SJiitteloIter öorbef)aIten bleiben. 3u
i^r befa^ ber Sfloman al§ ©attung in ben beiben It^t^
beobadjteten (Srfd^einnngSformen ber geiftlic^en nnb rl)etori=
fierten @r§äf)Inng jtuar nnr untergeorbnete Sebeutung; nnifo
ftör!er ioar aber fein (Sinflu^ anf bie geiftlic^e unb tt)eItUc[)e
^^elbenromanti! jener 2:age.
flnl)ang.
lA.
B.
i^ap.) 1 Sofol: Sonbgut bei 9)JtjtiIene.
2—3 ©ap^nil' Stuffinbung
imxä) Samon.
-6 ©t)Ioen§ Sluffinbimg
7—8 ^ap^niä + ®f)Ioe werben gur gleidien (:^trtlid^en)
Stätigfett om fetben Drte angeljalten infolge eineä
if)ren Qk1)t)äktn üon (Sto§ gefanbten %xauxm§.
9—10 Seit : Senj.
® + S^ treiben i^re 58ejcf)äftigung gemeinjom.
11—12® bernnglücEt in ber
äSoIfggrube.
12 &} rettet i:^n burd^
®or!on.
15
[12®' + e^g Situation bleibt
burd) ben 3ttJifd)enfatt un=
üerönbert.l
18 ® liebt e^ (2)or!on§
(SJegenft)ieI, tu|).
19 S)or!on fe^t fein ®egen»
f^)icl gegen ® fort.
13-14 ei) liebt ® (93ab,
glötenf^iel).
20—21 ®or!on öerfuc^t ©^
üergeblid) ju ber=»
gewaltigen.
22 2) + ®:^ fü{)ten gleid)en 8iebe§f(ä)merä.
23—24 3eit: ©ommer.
©ommerlic^e §irten= nnb Siebegtätigfeit üon 2) + Sf).
25—26 e^§ ©rlebnig mit ber
3ifobe.
27 3)' ©r^ätilung öon ber
^olgtaube.
— 106 —
D. 28 3ett: §erBft.
%t)xi)ä)t ^Räuber.
28 3) Wirb geraubt. 28—30 ^ befreit ® mit
®or!on§ 5Rat burd) .t>er='
beifü^rung eine§ ©d)iff*
bruc^eg, au^ bem \\(i) ®
rettet.
31—32 ® + ©^.
a) 5)orIon§ 93eftattimg burc^ ® ^ (31).
b) ® S^ baben in ber 9tt)nH)'^engrottc, looburd) be§ 5)
Siebe gefteigert tuirb (32).
IIA. 1—2 Seit: aSeinlefe.
® + ©^ orbeiten mit einonber. kleine Seiben ttiä:^renb
ber Seje; ^irtlic^e greuben no^ i^r.
3—6 $^iIeto§ ergä^It 3) + ©^ 7 gie^t au§ feiner ©rää^tung
fein (Srlebnig mit ®ro§, bie 9^u^onit)enb:mg für
i'^r !ünftige§ Siebe§Ieben.
8—11 ® + et) üerfud)en bie pra!tifd)e ®urd)fü^rung ber
Setiren be§ ^f)iIeto§:
a) 1. '^adjt unb Xaq (8—9).
b) 2. 9?arf)t unb XaQ (9—11 fteigernb).
B. 12 3eit: Söeinlefe (unb ^agb).
aJietfi^mnäifd^e Jünglinge.
13—14 ®ie ajJetf)^mnäer jüd^tigen 14 ®ie Sanbleute, unter
ben ® toegen be^ SSerluftel if)nen ®ri)a§ unb Somon,
i:^rer SSarfe. öerteibigen ben 3).
15 ^f)ikta§ Wirb alg ©c^iebSri^ter
eingefe^t.
15 hinflöge ber 9Ket^t)mnäer. 16 «erteibigung be§ ®.
— 107 —
17 Urteil be§ ^^{Ieta§.
17 ^te 9!Jiet^t}mnäer unter» 17 2)ie Sanbleute entreißen
werfen ficf) bem Urteile ifinen ben 5) unb üer»
nici^t, fud)en ben S) ju jagen fie.
feffeln.
18 ® + ef) (^iBfsene).
19 Seit: ©^jät^erbft.
9!Jlet^l)mnäij(i^e glotte.
20 ^ rairb geraubt. 21—29 ® befreit fie burc^
fein ©ebet an bie S'l^nt^'
:p:^en unb an ^an (21—
24) burd^ $on (25—29).
30—31 ® + P:
a) ©rsä^Iung ber di), be§ ® (recognitio).
b) Dpfer ben JjQm^jl^en, bem ^on.
D. 82 SänbU(?^e§ geft mit
^^iletaS unb 2iti)ro§.
33—36 Mnftlerifc^e ®ar- 37 f. ©oId)e üon ® + K^:
bietungen ber Stiten:
a) ^f)ileta§ fpielt ouf ber 3) + ©f) tanken (c) 2amon§
©t)rinj (33. 35) ; @efd)id)te (b) ; ® begleitet
b) Somon erjäl^It (34) ; ben %an^ auf ber ©^ring
c) ®rl)a§ taust (36). ' beö ^$^iIetag(a)fo meifter-
:§aft, i>a^ fie if)m biefer
fc^enft.
38-
-39 ® + et):
a) ©d^mur
ber
et).
b) 2;reufct)tt)ur
be§ ®
(fteigernb).
niA. 1—4 Seit: Sßinter.
58eru^igung ber politifdtien Sage. SBinterrul^e im Sanbteben.
— 108 —
Itntätigfett ber öon gtet(i)er ©e'^nfucEit erfüllten, getrennten
® unb e^.
4 (J^§ 2Btnterbef(^äftigung, bie 5— 7®'2Btnterbe|"d)äftigung,
i^r feine 9Iu§ft^t geiüä^rt, bie ifin erft mit ®rt)a§ unb
ben ® p feilen. fontite^äufammenfü^rt.
7—11 S) + (£^:
a) 1. Sag.
b) 2. Sag.
12—13 3eit: grü:^Iing.
©rotifc^e gtegungen in SD, bann in &).
14 e^ gibt bem ® Siebeg= 15—19 Si)fainion gibt bem
Unterricht. SD Siebe^unterri^t.
20 — 23 2) + ©:^ bleiben bennoc^ bei i^rer bi^^er ge=
übten :§armIofen Siebe^tätigfeit :
a) @(^oerIebni§ ber ^f);
b) beffen ©rüörung bur^ bie aKi^t^energä^Iung be§ ®.
C. 24 3eit: ©ontmcr.
93eääf)mung ber erotifc^en Biegungen Kp burc^ S).
25 e^ ummerben greier. Q^re 26— 82 3) fiebert fic^ burc^
SSermä^Iung wirb für ^erbft ben S3eiftanb ber 9Jl)m*
angefe^t. p^en K^. m§ §erbft
h)irb infolge SontonS
SEßiberftanb feine Sßer»
möf)Iung mit i:^r i^inaug*
gefd)oben.
38— 34 ® + e^ üerlobt, o^ne ha^ fid^ ein f5ortfd)ritt
in if)ren erotif(i)en Segieljungen einftellte. ® brid^t
ben SIpfel, St) fd)inoßt; er überreid^t i:^r bie grud)t,
fie ift oerföi^nt. tu^fgene.
109
IV.
1—4 Bett: §erbft.
2)er Suftgarten.
4— 6 S) jud)t ftd) ben §errn
gün[tig ju [timmen:
a) burd) Pflege ber §erbe mit
b) burd^ ©ubromog' gürfprnc^e.
27 e^ glaubt \iä) üon ®
üerloffen, roiß fterben.
7—10 2ampi§'
3Jettt)üftung be§
@axttn§ bleibt
biird) 3tft^to§ un*
fd)äblid^ für ®.
11—12 @no-
tt)on [teilt bem
® erfolglog
nad).
13—16 ® fü^rt aB §trte bem
§errn bie §erbe oor.
16—18 ©nat^on 18—21 Samon
erbittet \id) ben entbedt bie
3) üon 2t[tt}Iog. §erfunftbe§2).
22 — 26 recognitio be§ 2) olg
So:§n feinet §errn.
28—29 Samtig 30—31 ®rt)ag
roubt, ®nat:^on entbedt ß^ä
rettet ©f). §erfnnft.
31—32 e^ oI§ 33rant be§ ®.
33—34 Siontjfo- 35 SOtegoflel,
pf)aneg bemüht ©:^§ SSater.
fid) um S;f)g
recognitio.
36 recognitio ber S^ atä Sod^ter
be§ aJJegoHeg.
37—40 SSermä^Iung be§ 2) +
S)rucE öon g^rl^arbt tarro§, |>ottc a. ©.
Verlag von Max Nieiiieyer in Halle a. S.
Bechtel, Friedrich, Aeolica. Bemerkungen zur Kritik und Spr
der Aeolischen Inschriften. 1909. 8. V, 67 S. Jk
— Die Vocalcontraction bei Homer. 1908. 8. XI, 314 S. Jh. 1
Forschungen, Rhetorische, herausgegeben von Otmar Schissel
Fieschenberg und Joseph A. Glonar. 8.
1. Otmar Schissel von Fieschenberg, Novellenkräaze Lul-
1912. XVIII, 108 S. und 2 Tafeln. A
2. Otmar Schissel von Fieschenberg, Die griechische No'
Rekonstruktion ihrer literarischen Form. 1913. Vll. 109 S. Ji
Franke!, Charlotte, Satyr- und Bakchennamen auf Vasenbildern. 1
8. 110 S. mit 3 Tafeln. Ji
Gerlach, Günther, Griechische Ehreninschriften. 1908. 8.
116 S. Jh.
Klassiker der Archäologie. Im Neudruck herausgegeben von F. Hi
von Gaertringen, G. Karo, 0. Kern, C. Robert. 8.
1. L. Ross, Inselreisen. I.Teil. Nach dem Handexemplar des
fassers berichtigte und revidierte Ausgabe. Mit 5 Abbildui
1912. XXIV, 182 S. geh. ^3,50; gebd. J?
2. Zoega's Leben. Sammlimg seiner Briefe und Beurteilung s
Werke durch Friedrich Gottlieb Welcker. 1. Teil Mit e
Bildnis. 1U12. XX, 264 S. geh. J^4,-; gebd. Jl«
3. L. Ross, Inselreisen. 2. Teil. 1913. geh. J« 3,.ö0; gebd. ^
4. Zoega's Leben. 2. Teil 1913. geh. ^ 4,— ; gebd. ..^
Meyer, Eduard, Kleine Schriften zur Geschichtstheorie und zur
schaftlichen und politischen Geschichte des Altertums. 1
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PA Schissel von Fieschenberg,
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S34. Entwicklungsgeschichte des
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Altertum
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