NET TEUER RRTEERTTEE EEE ENG REIT DEZENT ET
TEE erinnere ug:
5
an,
a
ge Fe
a Se
a a,
u
u
2 N
Fra TREE ERTTTETTOHERTETEETUTETTTEE u
Hama Aue
ea
Ernährungsphysiologisches
Praktikum der höheren Pflanzen.
Von
Dr. Viktor Grafe,
a. o. Professor an der Universität in Wien.
R
Mit 186 Textabbildungen
BERLIN
UNE PAUL PAREY
erlag für Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen
SW.11, Hedemannstraße 10 u. 11
1914.
Alle Rechte, auch das der Übersetzung, vorbeh
Copyright by Paul Parey in Berlin 1914.
Altenburg MR,
Pierersche Hofbuchdruckerei
Stephan Geibel & Co.
7
Vorwort.
Das vorliesende Buch ist aus dem Bedürfnis entstanden, die
Methodik, welche der ernährungsphysiologisch Arbeitende braucht, zu-
sammenzustellen und damit eimen methodischen Leitfaden für die
ernährunesphysiologische Experimentaltechnik zu besitzen. In erster
Linie sind es hier natürlich chemische Methoden, welche der Experimen-
tator in Anwendung bringen muß, und da der Ausbau der gesamten
Pflanzenphysiologie in den letzten Jahren mächtig nach der Richtung
der Biochemie eingesetzt hat, wurde das Hauptgewicht auf die Schil-
derung der chemischen und chemisch- -physikalischen Arbeitsweise gelest.
Aber der Begriff der Ernährungsphysiologie erweitert sich unter den
Händen des Arbeitenden; er wird sehr häufig in die Lage kommen,
nicht nur Stoffe darzustellen und nachzuweisen, sondern auch die
Wasserbewegung der Pflanze, die Variationen des osmotischen Druckes,
die Erscheinungen der Adsorption und Kapillarität, welche nach den
neuesten Darlegungen von Küster Beziehungen zur Formbildung der
Pflanze aufweisen, die Verhältnisse der Oberflächenspannung,, welche
nach den schönen Arbeiten von Czapek Einblick in die innersten
Vorgänge des Stoffwechsels versprechen, in den Bereich seiner Unter-
suchungen zu ziehen.
Leider ist es nicht immer möglich, ım Rahmen eines räumlich
beschränkten Buches die Elemente der Chemie und Physikochemie zu
bringen; doch wurde, wenn irgend möglich, auch dem Verständnis des
chemisch nicht Vorgebildeten "Rechnung getragen. Das Buch soll in
erster Linie die Bedürfnisse des wissenschaftlich Arbeitenden decken;
es wird aber vielleicht auch dem Landwirt nach mancher Richtung ein
nicht unwillkommener Leitfaden sein, und auch der Studierende wird
hier auf verhältnismäßig kleinem Raume zusammengestellt finden, was
er sonst aus einer ungeheuer verzweigten Literatur heraussuchen müßte.
Ist doch mein Buch "zeradezu aus der Notwendigkeit eines Leitfadens
in meinem eigenen chemisch- physiologischen Praktikum herv orgewachsen.
Die Einteilune des Stoffes ist eine durchaus physiologische, und inner-
halb der einzelnen physiologischen Abschnitte ist die chemische und
chemisch-physikalische Methodik untergebracht; es wurde aber Wert
darauf gelegt, daß die geschilderten Methoden vor allem immer physio-
locisch beoründet und durch physiologische Beispiele gestützt sind,
so daß sich der physiologische Stoff zu einem Ganzen zusammenschließt.
Indessen wurde nach dieser Richtung Vollständigkeit weder im Stoff
noch in der Literaturausnutzung angestrebt, worauf der Autor umso
leichter verzichten konnte, als er in kurzer Zeit Gelegenheit haben
wird, dies in seiner im gleichen Verlag erscheinenden Pflanzenphysio-
logie nachzuholen.
Ich bin mir vollkommen des Umstandes bewußt, daß das vorliegende
Buch der ernährungsphysiologischen Arbeitsmethodik der Hauptsache
nach eine Zusammenstellung fremder methodischer Errungenschaften
ist, gegen welche die egerinofügieen eigenen methodischen Beiträge
ea
IV Vorwort.
verschwinden. Indessen muß hervorgehoben werden, daß der Stoff
durchaus kritisch behandelt wurde und daß mit wenigen Ausnahmen
nur jene Methoden Aufnahme fanden, die ich selbst im Verfolge meiner
wissenschaftlichen Arbeiten zu erproben Gelegenheit gehabt habe oder
die ich im Praktikum als durchführbar und zweckmäßig befunden hatte.
Dabei wurde ausschließlich Rücksicht auf makrochemische Methoden
genommen, da wir Ja neuestens in der Mikrochemie von H.Molisch
einen ausgezeichneten und zuverlässigen Leitfaden nach dieser Richtung
gewonnen haben.
Mein Buch schließt sich eng an das vielbändige Sammelwerk von
Abderhaldens Biochemischen Arbeitsmethoden an, und die Be-
nutzung dieses Werkes erleichterte meine Aufeabe wesentlich. © So
konnte ich manche Angaben, die in mitunter schwer zugänglichen
Publikationen niedergelegt sind, in einigen Beiträgen dieses Hand-
buches behandelt finden, das ich vielfach zu Rate gezogen habe:
Dies eilt z. B. von den meist in russischer Sprache erschienenen
Abhandlungen, die ich in dem schönen Referate von W. Palladiın
und S. Kostytschew, „Methoden zur Bestimmung der Atmung der
Pflanzen“ enthalten fand. Endlich habe ich auch einige meiner
eigenen Beiträge zu diesem Werke, wie „Nachweis von Alkaloiden“,
„Anwendung von Adsorption und Kapillarität zur biochemischen Ana-
lyse“, „Das Sterilisieren lebender Pflanzen“, „Gas- und Wasserbewegung
in der Pflanze“, „Beschleunigung von Wachstum und Treiben“, den
betreffenden Abschnitten des vorliegenden Buches zu Grunde gelegt.
Wenn ich trotz Vorhandenseins des Abderhaldenschen Hand-
buches es unternahm, eine Methodik der pflanzlichen Ernährungs-
physiologie zu schreiben, so lag die Veranlassung zunächst darin, daß
das genannte Werk viel zu umfangreich für den Pflanzenphysiologen
ist und naturgemäß der Hauptsache nach Beiträge enthält, die unser
Gebiet wenig oder gar nicht berühren, dann aber auch darin, daß das
physiologische Moment die entsprechende Berücksichtigung finden
sollte, das dort hinter dem rein biochemischen zurücktritt. Es mußte
also nicht nur geschildert werden, wie das Material eines abgebrochenen
physiologischen Versuches zu behandeln ist, sondern gerade in erster
Linie, wie ein solcher Versuch angesetzt werden muß, wie die ver-
schiedenen Einflüsse bei der Keimung des Samens und den weiteren
Vegetationsverhältnissen der Keimpflanze zu werten sind.
Mein Buch soll aber nicht bloß ein „ernährungsphysiologisches
Praktikum“ im bisher gebrauchten Sinne des Wortes sein, sondern
eine Zwischenstellung zwischen den bestehenden vorzüglichen Lehr-
büchern für physiologische Schulversuche, also dem „Pflanzenphysio-
logischen Praktikum“ von W. Detmer, der „Vorschule der Pflanzen-
physiologie* von K. und L. Linsbauer, der „Physiology of Plants“
von F. Darwin und. H. Acton, dem „Laboratory Course in plant
physiology“ von F. Ganong einerseits und den „Biochemischen Arbeits-
methoden“ anderseits einnehmen, es soll vornehmlich die physiologische
und chemische Methodik der Ernährungsphysiologie höherer Pflanzen
bringen. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß nicht auch die letzt-
genannten Werke vielfach Hilfsquellen für mich geworden sind, be-
sonders die beiden englischen Bücher waren mir in vielem wertvolle
Ratgeber, denen ich ebenso wie dem Abderhaldenschen Handbuch
auch einige Illustrationen entnommen habe.
Überhaupt wurde auf eine reichhaltige Illustration der geschilderten
Apparate Wert gelegt, und es ist mir eine angenehme Pflicht, des
Vorwort. V
weitgehenden Entgegenkommens des Verlages dankbar zu gedenken.
Auch die Zeichnungen wurden, selbst wenn sie von bestehenden Dar-
stellungen entnommen wurden, doch gewöhnlich ım Vergleich mit der
eigens zu diesem Zweck zusammengestellten Apparatur und daher viel-
fach abgeändert, angefertiet. Herrn Assistenten J. Gicklhorn, der
sämtliche Bilder gezeichnet hat, bin ich für seine hingebungsvolle
Mühe zu größtem Danke verpflichtet, ebenso meinen verehrten Kollegen,
Herrn Prof. Dr. ©. Richter und Herrn Privatdozent Dr. V. Vouk,
die mir eine Reihe von Photographien nach eigenen Versuchen für die
Reproduktion zu überlassen die Güte hatten. Endlich schulde ich den
besten Dank auch den Herren stud. phil. Richard Klein und H. Baar,
die sich der großen Mühe des Korrekturlesens bereitwillig unterzogen.
Die beschriebenen Apparate sind größtenteils nach meinen Angaben
für mich von der Firma Rud. Siebert, Wien IX., Garnisongasse, an-
gefertiot oder nach den Angaben der betreffenden "Autoren zusammen-
gestellt worden.
Ich habe selbst als Studierender und später auch als Dozent den
Mangel eines methodischen Leitfadens in meinem Arbeitsgebiete un-
angenehm empfunden, und meine Mühe wäre reichlich belohnt, wenn
ich. mit meinem Buche einem gleichgefühlten Bedürfnis der Fach-
kollesen wenigstens einigermaßen entgeoengekommen wäre.
Wien, im Januar 1914.
Viktor Grafe.
> asp Diese - er" en. Be |
Druckfehler und Berichtigungen.
14 Anmerkung, statt „Befruchtung“ richtig „Befeuchtung“.
15 Zeile 9 von unten statt „and“ richtig „und“.
22 Zeile 19 von oben statt „Fig. 3“ richtig „Fig. 5“.
24 Zeile 3 von oben statt „bei 90° CO“ richtig „bei 40° CO“.
26 Zeile 2 von oben statt „G. Lehmann“ richtig „E. Lehmann“.
85 Beschriftung unter Fig. 20 statt „belden“ richtig „beiden“.
97 Zeile 22 von oben statt „rechts“ richtig „links“.
99 Zeilen 16 und 22 von oben statt „J“ richtig „I“.
4 Zeile 4 von oben statt „Fig. 47* richtig „Fig. 44*.
„ 115 Beschriftung unter Fig. 46 statt „Glasblasen“ richtig „Gasblasen“ und statt
„unter“ richtig „außer“.
„119 Anmerkung Zeile 1 statt ‚die“ richtig „den“.
„138 Zeile 1 von unten statt „(Fig. 55)“ richtig „(Fig. 56)“ und S. 139 Zeile 14 von
oben statt „(Fig. 56)“ richtig „(Fig. 55“).
„ 148 Zeile 14 von unten statt „die“ richtig „der“; S. 152 Zeile 19 von oben statt
„drei Stunden“ richtig „2'/s Stunden“; S. 159 Zeile 26 von oben statt
„Eiweißfüllung“* richtig „Eiweißfällung“.
„172 Zeile 10 von unten statt „Phloroglucinlösung“ richtig „Furfurol- oder
Formaldehydlösung“.
„ 177 Beschriftung unter Fig. 60 statt „Entfaltung“ richtig „Entfettung“ und statt
„Fig. 61° richtig „Fig. 59*.
„179 Zeile 10 von unten „plus dem“ richtig „subtrahiert vom“.
„ 180 Zeile 1 von unten statt „welchem“ richtig „welcher“.
„ 194 Zeile 17 von unten statt „dtickstoff“ richtig „Stickstoff“; Zeile 13 von unten
BZ]
statt „Sienen“ richtig „dienen“.
196 Zeile 5 von oben nach „Hafer“ ist ein Strichpunkt zu setzen. Auf Zeile 8 und
ll von oben hat es statt „Hafer“ zu heißen „Senf“; auf Zeile 11 von
unten statt „Senf“ richtig „Hafer“; auf Zeile 5 von unten statt „diesen“
richtig „vielen“.
„ 200 Zeile 2 von oben statt „öslich“ richtig „löslich“.
”
206 Zeile 1 von unten: nach „Gesamtstickstoff“ einzufügen „in Milligrammen‘.
241 Zeile 15 von unten statt „Jodaklimethode“ richtig „Jodkalimethode*.
261 Zeile 24 von oben statt „Kalziumoxalat“ richtig „Kalziummalat“.
267 Zeile 10 von unten statt „Tropfens“ richtig „Tropfen“.
269 Zeile 1 von unten statt „50 ccm“ richtig „50 ccm Wassers“.
305 Zeile 17 von oben statt „Halm“ richtig „Helm“ und Zeile 7 von unten statt
„möglich“ richtig „unmöglich“.
318 Zeile 26 von oben statt „Fl“ richtig „ws“ und Zeile 28 statt „ws“ richtig
„Wa“; Zeile 30 statt „Wa“ richtig „ws“.
321 Zeile 12 von unten statt „Apperatur“ richtig „Apparatur“.
35 Zeile 11 von oben statt „i....(3)* richtig „ir... . (8)*
339 Zeile 8 von oben statt „gleich groß“ richtig „proportional“.
8 Zeile 17 von oben statt „Sauerstoffabsorption“ richtig „Sauerstoffabgabe“.
9 Zeile 7 von oben nach „ist“ einzuschalten „in der Regel“.
Inhalt.
Seite
ehrt von Keimlingen. . . -» . ... 2. ua 2 nunmal e 1—47
een 2 fa ae a nn ve Inne ee 1
BeeRrebcim) Quellangsprozeß: ı... = ue.n 2 eu Mraunln nenn wre ie se 2
Aufnahmsfähigkeit für Wasser und chemiche Vorgänge bei der Quellung 3
EN EHE nL 8
Besallussung durch Wärme und Kälte... “2.202.200... 10
Beessund durch Lichb... .- .. 0 u. .u u ara ee m 0 nee 13
Biuslewen der sequollenen Samen... ! . .. 0. n..0 un. nme 14
@nparate zur Befeuchtung des Keimbettes. . . ». 2... 0.0.2 200% 14
Wärmeentwicklung bei der Keimung und ihr Nachweis . . ....... 17
Bmanlusse auf den Fortgang der Keimung .: . 7... u..." 2... 19—47
end Bichtiarben‘; = m. ar. in) un nie ee ae ae aan Bear 19
Beziehungen von Licht und anderen Faktoren. ...... 2 2 2 2 2.. 24
Abhängigkeit der Keimung von der Temperatur. ..... 2.2 2.220. 29
Bisuuspickeit der Keimung von Giften. .. „.» un nn a ne san 30
Abhängigkeit der Keimung von Sauerstoff. . 2.2... 2 2 2 2 nn en 41
Beeinflussung der Keimung durch den elektrischen Strom... ..... 42
Beeinflussung der Keimung durch Radium. . ..... 2.2 2 2 2 2 2 0. 44
Beeinflussung der Keimung durch Röntgenstrahlen . ... 2.2222... 46
Ran. nen ee ee 47—69
Beeren und Kulturgefäße. . . 20 nen 48
amensetzung der Nährlösungen .. .. 2... 2 22 22 re... 57
Beziehungen der Keimpflanze zu den Mineralstoffen... ... 2.2.2... 62
ne Re aa ee een aan Sue dr 69—81
euer der Asche 0; vu ao ne ee ae ie 69
2 ÄRPETEN HL Nero Se u RE EEE 12
EAN BIyBer... 0.0 u ae ee ae 74
Bestimmung des Eisens und der Eirdalkalien Se. 2 0 mu se end 75
Bern eider Alkalien .-... 205 Anal ee ae an ae ehe 76
a Tasehumer "u... regnen en ee Ale 78
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. . . .. 22.2... 81-96
SELBER EN Sn SR TREE ARE © PO BR ARD SA od REN FB RAR 8l
3 a ee ke 83
SIE EU ie Be 0 te ae Se ee ei ee le a 86
entenzsäureassimilation . : : = - 2.» mu Don un a mean en. 96—176
Er komsnanorder Sauerstoffabgabe . - .. .. „van 2 ae san denn 97
Eestaımune der’Kohlensäureaufnahme. . . .. . vun... 2. 112
Kohlensäureassimilation unter verschiedenfarbigem Licht. ....... - 114
Herstellung von Lichtabsorptionsflüssigkeiten . . 22:2 2 2220... 115
Bestimmung der Intensität verschiedenfarbigen Lichtes. .. ....... 119
Bestimmung .der.chemischen Lichtintensität ©: |. „2. 20 e...0 li en 120
SRSDLSTE N We LE ERTL Ir BER Ed, MER PL DL EEE ER 130
Abhängigkeit der Keimpflanze von ihren Reservestoffen und deren Be-
Ziehung zur Ausımllabion .. ... 2002er een re Ne 3:
Bel-hweis der Asirmlapesg 20 0. a en el 135
Biicker, qualitativerprobenn eu. 2 8. een en ee 137
Srärke, qualitativer bropen.n. a 2.0.00 ee ee er erina 138
VIII
VI
VII.
VII.
IX.
XI,
Inhalt.
Seite
Abhängigkeit der Stärkebildung von der Kohlensäurequantität. ... . 139
Assimilation organischer Substanzen... -...- ve... 0 2 era 142
Qualitative Proben einzelner Zuckerarten . . .. . 2.2 2 2 20200. 143
Zucker, quantitative Analyse. ..... 2. ee... 0000n > 147
Stärke, quantitative Analyse... :. 2.2. 00 2 0 161
Inulin, quantitative Analyse . ... -... see a0. 0 165
Zellulose, Lignin, Rohfaser, quantitative Analyse. .... 2.2.22... 166
Fette, Öle, Wachse.» . - . .. . 2. m.00 na 176—193
Extraktion . . . >. 0000 a 2 177
Physikalische Konstanten . . . 7. : u 00 2 nn He 2%
Qualitative Reaktionen . » 2. 00. 000 181
Spezialreaktionen . .. . “u. a. em na 0 a 182
Quantitative Bestimmung. . . u 2... 0 0 u un 183
Quantitative Bestimmung einzelner Fettbestandteile. ......... 189
Stickstoffassimilation . . . . ... 2 u LU. Slam von A 193—214
Einfluß der Bodensterilisation. ... . 2... ou.» „0. ne 195
Nitrate . . 202 zoo a 0 0 oa ee 198
Prüfung auf Proteine. ... » 2 eu. u. ee 200
Fällungs- und Farbenreaktionen. .- ........n..00 VE 201
Quantitative Bestimmung der Eiweißstoffe ...... 2.2... ..0. 202
Kjeldahlbestimmung. = . ..- - 22 u 2 Cu m m mn 2 a 203
Quantitative Bestimmung von Aminosäuren und Säureamiden. ... . 208
Quantitative Bestimmung der Nitrate. .. . 0... .. raus 209
Quantitative Bestimmung des Ammoniaks 2 211
Darstellung der Proteine .. ... „2... 000 u a 212
Phosphatide. . „aa m u.a u 20 le 214—217
Prüfung auf anorganische und organische Phosphate ......... 215
Die Enzyme. . : 2 20 0 0 a 217—248
Herstellung von Enzympräparaten . . . : 2... 20. 2 0 218
Indirekte Fermentbestimmungsmethode . . ... . . . 2. gen ans 222
Diastase, Inverstase, Zymase, Emulsin, Pepsin, Labferment, Trypsin,
Lipase, qualitativer Nachweis... . ... 2... 200 EEE
Quantitativer Nachweis der Enzymwirkung. ..... 2. 22.2.2002. 225
Quantitativer Nachweis der Diastase . . . 2... 20. 2... 1 Er 227
Quantitativer Nachweis von Pepsin. ...... 2.22 200 nun 228
Wertbestimmung von Malz... 2... 2 0.2 02 eu u 0 2 231
Oxzydationsenzyme. . .. 20 00a 0 ne 0. 2 232
Atmungschromogene und -pigmente. . - - .... 2... 2. 235
Darstellung von Lakkase, Tyrosinase und Messung ihrer Oxydationsstärke 238
Batalase .. 0.2.0 00 onen en 2 ee 240
Perhydrolmethode zur Katalasebestimmung . . .... 2 22.22... 241
Jodkalimethode. .. 0... 2.000 00 a 0 be 241
Volumeßische Methoden ..». u 2.20.0000 0 m nn 242
Kolorimetrische Peroxydasebestimmung. ..... v2 cs 2er nee. 243
Messung des Oxydationsgrades . . . 2 0 2 2 a.e 2 acer 244
Kapillarisationsmethode zum Nachweis von Enzymen... ...... 246
1 SB EN EEE 248—256
Hautpulvermethode. ... 2.2.20 0 ne 0 nme 0 255
Löwenthals Permanganatmethode . . ... 2. vr eu. 256
KERREDEEO 2 5 an ee et ee 256—260
Enzymolytischer Reduktionskoeffizient . . . 2... 2 2: 22 2 ee 00. 257
Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Al-
OR ee ee u 260—273
Ozalsäure, Weinsäure, Zitronensäure . „2 22.2 20 00. 2 zu 260
ApkelsBmis 5 5:40 20 200 nn 2 26 261
Bernsteinsäure, Benzoesäure. su. 00 u 00. 262
XI.
XV.
XV.
XVlI.
XVIH.
XVII.
AIX.
Inhalt. IX
Seite
EEE et Be. 33 N er 264
Formaldehyd, qualitativer und quantitativer Nachweis ....... 265
Bewässerungsapparat bei Kulturen in hermetisch verschlossenen Glocken
BE GHERHOSpHArd ee ee ee > 266
Athylalkohol, qualitativer und quantitativer Nachweis. ....... 268
SRLDIDNE, D LE A 2 vr Eee 273—294
Peiocmemerälkaloidreagenzien .. . u... nen 274
Qualitative Bestimmung einzelner Alkaloide. .. .. 2. 222.2 2.. 283
Bankbatıye Alkaloidbestimmung . . ». 2.n wann nen 285
Quantitative Bestimmung des Chinins und Morphins. ........ 289
Quantitative Bestimmung des Nikotins. ..... 2.2.2.2 .22 020% 290
Quantitative Bestimmung des Koffeins. .......:. 22.222 020.% 292
Quantitative Bestimmung des Solanins. -.. .. 2... 2.2 2.202.200. 293
Kapillaranalytische Alkaloidbestimmung. . . ..» 2... 2... ae
en EEE ALERT 294—297
Methoden zur quantitativen Kautschukbestimmung . ........ 295
HH NSo. ne ee N en ee ne Er 297—313
Bene und’ Pressen. oo... 2.0.0 0 ee en ee rar 299
a Dane a a a en ee N ae rn een 300
Beseemue der Feuchtigkeit... . . un. a as et. wet ne 301
Busmner ‚Veraschun® „.... u .2.0 0 a ee le ee Ne ner uelr 302
eenenbmalysene ame ka tee aa ten ee ee ae re aehe 303
Bxtrahieren, Perkolieren und Destillieren . ...2: 2... oc... 304
Enirsueıeren und Filtrieren. '.. 2... »... 0 una uann 305
nn SLICcKStoft 2.00. 0 ee a nee 306
er mwatgehie, Extraktion... 2 00 an an ea 306
Beispiele für umfassendere Analysen. .».. 2. 2er onen. 307
Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen .......... 313 —325
Bestimmung der Oberflächenspannung, der Permeabilität und des
osmotischen Druckes durch Plasmolyse . .. 2.22.22... 325—939
RN LIETLENIE nee er er RE RE a 325
Bemalytische Methoden - . .. -... 2a. 20 neun. nun 329
Anwendung von Adsorption und Kapillarität zur biochemischen
ee a ee ee ne N a 339— 346
Beeeaiperamm-Herstellung. . 2. . „2 aa... 2 neo Em een 340
Chromogramm-Methode bei der Enzymanalvse. ..... 22 .22.. 342
Quantitative Bestimmung von Säuren und Alkalien durch Kapillarität 343
Biologische Methode der Bestimmung basischer und saurer Farbstoffe 345
Ber Vorgänge bei der Atmung. . : » «. 2... 2.0 346 - 390
PERBRRESKBELhZIenE" 2: 0 ee ee ee 347
Plasmatische und enzymatische Oxydationen. ........ >
Die Funktion der Oxydationsvorgänge bei der Keimung. ...... 349
Sarkwandlungen bei der Keimung. . . ». . zu n 2 oo. vum 350
Wärmeproduktion bei den Atmungsvorgängen. . ..». 2.2... 0. 352
Abhängigkeit der Atmungsenergie von äußeren Faktoren ...... 399
Erkennung der ausgeschiedenen Kohlensäure. . . . . 2.2.2.2... 356
Quantitative Bestimmung der Atmungskohlensäure . ........ 357
Popsralagier Gasmessung..i. cn... an ne ee ne 363
Demonstration und Bestimmung der Sauerstoffabsorption . . . . . » 367
Atmung auf verschiedenen Nährlösungen . ... 2.2.2220... 369
Untersuchung des Atmungsgaswechsels höherer Pflanzen ...... 369
Abnormale Atmung (intramolekulare Prozesse). . .. . 22.2... 380
Erzeugung neutraler Gase für die Untersuchung der intramolekularen
VEN n.) 2e ST Mr Er 382
Erzeugung der Luftleere für die Untersuchung der intramolekularen
Er es ee ER). 334
Kaswechsel’ enworener Pflanzen U 2. 2 2... are o...0 ea we 386
Enrfrieren: undaGemierenm aan:
XX.
XXI.
XXI.
XXIII,
XXIV.
XXYV.
XXVI.
XXVII
Inhalt.
Seite
Treiben und Wachstumsförderung . . ...: 222.22 .. 390— 399
Freiwillige und unfreiwillige Ruhe ....... ce... 391
Entblätterung als Treibmittel ..... 2.20.00. ee. 391
Kälte als Treibmittel. ....». 2.0000 0000 bo ie 592
ÄAtherisierung als Treibmittel. .-. -.--. oo... see ae 392
Warmwasserbad als Treibmittel . . . . 2... .. 0.0. ven 394
Radium als Treibmittel. - . - - - » =... u... 002 mn De 396
Verletzung als Treibmittel .. .. » 0. en a 2 200 DEE 397
Chemische Beeinflussung als Treibmittel .... 2.2... 2.0.00. 398
Wachstumsmessung. - - - » 2.2 0 mie en. vn 399 —418
Anbringen von Marken... . 2... ee. 2. on. A 400
Selbstregistrierende Auxanometer. . .... 2... een 401
Vorbereitung für die Messung .»...... u. Vers 409
Die große Periode und ihre Abhängigkeit von äußeren Faktoren. . 411
Messung des Dickenwachstums. . » .» .. 0... 0. BLESEREEE 416
Messung der Gas- und Wasserbewegung . ». ». 22222... 418—449
Qualitative Methoden: - . -. „2 0.2 2 wu 2 2 Me 418
Kobalt-Methode .. ..: 2. 2 2.0 u au a 2 419
Hornhygroskop-Methode . . . . «:. == se 20n nn a 420
Yuccahygroskop-Methode. . . ... » 2 2 u 22 m u 2 422
Porometer . . . 2.2... 202 2 sl eu a 423
Mikroskopische Bestimmung der Spaltenweite ... 2.2.22. ... 425
Infiltrationsmethoden. .. . . - 2. 2 u nun. nn 0 2 425
Kollodiummethode . .. 2... 2... 00 0 au u 0 2 Ra 428
Quantitative Methoden . - 2 2.02 0 u 429
Wägung. 2:20 ee 430
Aufnahme des Wasserdampfes durch absorbierende Medien... . . 433
Außere Einflüsse auf die Transpirationsgröße. .. . » . . 2. „.n.. 434
Bestimmung des von der Pflanze aufgenommenen Wassers. ... . 437
Selbstregistrierende Transpirometer... . ... .. . . „ ses 442
Beobachtung des Transpirationsstromes . . .. 2.2 2 22.2 .. 449—456
Das Biuten.': - .-. : -7. 0... 2a eu 0 a 456 —462
Wasseraufnahme und Wasserabgabe in ihrem gegenseitigen Verhältnis 460
Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. ....... 462 — 479
Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung. . ... 2.2.22... 464
Kryoskopische Bestimmungen bei Pflanzensäften. ... 2.2.2... 467
Gesetzmäßigkeiten in den osmotischen Drucken. .. . 2... .... 475
Reaktion von Säften gegen Indikatoren . . . .. . 222... 479—487
Indikatoren verschiedener Empfindlichkeit .... 2... 2 22.2.0. 480
Anhang: Die Herstellung von Normallösungen . ........ 487—490
I. Anzucht von Keimlingen.
Samen, Früchte können in der Regel erst zu keimen, Knollen,
Zwiebeln usw. erst zu treiben beginnen, wenn ihnen, von der Not-
wendigkeit der Überwindung des physiologischen Ruhezustandes ganz
abgesehen, Wasser zugeführt wird: erst dann verändern sie sich in
auffallender Weise. Es gibt wohl Reserveorgane, wie die Knollen von
Sauromatum guttatum, die auch ohne Wasserzufuhr von außen, günstige
Temperaturbedingungen vorausgesetzt, zu treiben vermögen, aber sie
bilden vereinzelte Ausnahmen. Betrachten wir zunächst die Samen,
so ist die notwendige Vorstufe der Keimung bei ihnen eine Quellung.
Die Samen werden 10-24 Stunden in Leitungswasser eingelegt, wobei
sie unter Wasseraufnahme ihr Volumen bedeutend erhöhen; das An-
quellen darf natürlich niemals in geschlossenen Gefäßen geschehen, weil
die Wasseraufnahme den Zellturgor beträchtlich vergrößert, wodurch
das verschlossene Gefäß gesprengt werden kann. Die Zeit des An-
quellens richtet sich nach den anatomischen Verhältnissen, in erster
Linie nach der Durchlässigkeit der Samenhaut (Testa). Hand in Hand
mit den Imbibitionsprozessen vollziehen sich osmotische Prozesse
zwischen den Samenzellen, welche mit Fortschreiten des Quellungs-
vorganges größere Dimensionen annehmen müssen, da mit der Auf-
nahme des Wassers in das Innere des Samens wohl gleichzeitig die
Aktivierung von Enzymen und mit ihr die Produktion löslicher Stoffe
aus den Reservestoffen des Samens einsetzt; schon das Aufquellen der
Stärke bedeutet eine Etappe zu deren Hydrolyse. Das Wasserquantum,
welches von den verschiedenen Arten der Samen verbraucht wird, ist
sehr verschieden; dafür sind wechselnde Momente maßgebend, zu-
nächst natürlich der ursprüngliche Wassergehalt des lufttrockenen
Samens; ferner die anatomischen Verhältnisse der Testa, dann aber
auch die chemische Eigenart des Reservestoffes. Auch die Dauer der
vollkommenen Durchtränkung mit Wasser ist sehr verschieden; wenn
aber der Quellprozeß einmal eingeleitet ist, verläuft er gewöhnlich
sehr rasch. Wie erwähnt, setzt gleichzeitig die Hydrolyse der hoch-
molekularen Reservestoffe ein, wodurch osmotisch wirksamere Sub-
stanzen entstehen; natürlich ist das in erster Linie bei Stärkesamen
der Fall, so daß die Angabe von J. Böhm, daß quellende Erbsen
einen Druck von 18 Atmosphären, das ist den einer Quecksilbersäule von
13,5 m Höhe, zu überwinden vermögen, aus der osmotischen Wirksam-
keit der ‘Glukose verständlich wird. Die Entstehung wasserlöslicher,
permeierender Substanzen erklärt es auch, daß Detmer bei dreißig
weißen Riesenerbsen, die im lufttrockenen Zustande 11,6 g wogen, nach
48 Stunden einen Gewichtsverlust von 0,052 g an Samensubstanz kon-
statierte, welche an das destillierte Wasser, mit dem sie in Berührung
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 1
>) I. Anzucht von Keimlingen.
gestanden hatten, abgegeben worden waren. Diese Verluste betreffen
natürlich in erster Linie auch Mineralsubstanzen und werden um so
beträchtlicher ausfallen, je größer das osmotische Gefälle zwischen
Zellsaft und Quellungsflüssigkeit ist, sie werden also beim Anquellen
in destilliertem Wasser am beträchtlichsten sein. Da es aber schon in
diesem Keimungsstadium, bei der Enzymaktivierung und dem Aufbau
der embryonalen Teile, nicht gleichgültig ist, ob dem Samen Mineral-
stoffe zugeführt werden, er auf seinen eigenen Aschengehalt angewiesen
bleibt oder davon gar nach außen abgeben muß, so wird sich, abgesehen
von der Giftwirkung des destillierten Wassers, ein Anquellen in solchem
nicht empfehlen. In fruchtbarem Boden oder in einer zusagenden
Nährstofflösung entwickeln sich daher gleich von Anfang an alle Or-
gane kräftiger und freudiger, schwächliche Entwicklung der Anlagen
macht sich gewöhnlich auch noch später bei der Weiterentwicklung des
heranwachsenden Keimlings geltend. Das Wasser, welches die Hydro-
lyse bewirkt, kann, wie erwähnt, bei fleischigen Reserveorganen auch aus
dem Zellkörper der Knolle, des Rhizoms usw., bezogen werden; ein
prägnantes Beispiel dafür liefert mein Befund an Zichorienwurzeln, bei
denen Inulin, teils im Zellstoff gelöst, teils in kolloidaler Ausfällung,
den Reservestoff vorstellt. Bekanntlich ist der Gefrierpunkt einer
Lösung gegen den des reinen Wassers herabgesetzt und solche Lösungen
in der Zelle bedeuten für die betreffende Pflanze dadurch einen Schutz
gegen das Erfrieren, welches ja nach den Forschungen von Molisch!)
hauptsächlich in einem Wasserentzug besteht. Die Zichorienwurzel
kann in der Tat relativ tiefe Temperaturen vertragen, ohne daß ein
Erfrieren oder durch Bildung von Eisnadeln Gefrieren stattfindet.
Aber dadurch bleibt das Wasser auf lange Zeit für die Hydrolyse des
Inulins disponibel, welche unter dem Einflusse niedriger Temperaturen
gefördert wird, wobei die entstandene Lävulose im Stoffwechsel ver-
schwindet. Bei etwa — 5 ° kommt es aber dennoch zu einem Gefrieren
der Lösung, worauf die Hydrolyse augenblicklich stillsteht. Die Zahlen,
welche die genannten Befunde illustrieren, sind folgende:
Lävulose nach Kälteexposition | Inulin nach Kälteexposition
Wurzeln bei von von
Temperaturen 5. Er 5 |. .10:, (
on Tagen Tagen
oO Yo
150, cr 6,23 6,71 6,10 5,98 | 62,3 60,00 61,98 | 60,72
Lo NT ee 6,03 6,61 5,97 6,22 | 62,00 61,73 61,65 | 62,22
SE 5,99 7,38 7,98 8,35 | 55,00 | 51,6 45,33 | 40,00
BB Rt 6,77 8,92 9,00 9,24 | 49,11 | 38,7 35,32 | 28,67
F 1°, ...1 787 | 933 | 10,00 | 10,54 | 45,2 | 34,31 | 25,66 | 200
TE TE 8,39 | 10,21 | 10,32 9,68 | 45,87 | 39,31 30,00 | 15,86
— 2°, ...'} 10,53 | 11,82 | 11,00 | 10,66 | 38,63 | 24,39 | O/OMEsTEEEEEE
— BP 1 0500 9,89 | 10,22 | 10,77 | 15,32 | 14,78 | 1853521
ee a Re 9,11 9,65 9,33 9,00 13,67 13,00 12,99 12,57
Die Zahlen entsprechen dem Mittel aus je drei Analysen.
Über die Menge des bei der Quellung absorbierten Wassers haben
') H. Molisch, Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen. Jena 1897.
I. Anzucht von Keimlingen. 3
R. Hoffmann!) und Nobbe?°) Untersuchungen angestellt; die luft-
trockenen Samen und Früchte nahmen durchschnittlich an Wasser auf:
Hoffmann Nobbel Hoffmann Nobbe
% % % %
Weizen . 45,5 60,0 kuzerne. 2 72.0075856,0 87,8
Gerste 48,2 u Weißbkles 2 .n2r72.2.1206% 89,0
Roggen . San — Botkleers, .. 1.0 2 7 105,3
Hafer . 59,8 — Mohn . ee 11 12(0 -
Buchweizen . 46,9 == Raps . . 51,0 48,3
Mais 40,0 34,8 Olrettig . 8,0 59,5
Hirse . 25,0 — Leindotter 60,0 —
Linse . = .,9354 — Hanf . 43,9 —
BITBEe: . .. . 106,8 34,0 Sonnenblume 56,5 —
Weiße Bohne 92,1 — Weiße Rübe 62,5 51,8
Kreuzbohne . . — INES Zuckerrübe 120,5 —
Schminkbohne . . — 100,7 Pinus austriaca — 35,8
Baubeime . .. . . 104 157 Wicke. 75,4 —
Natürlich müßte man, um genaue Zahlen zu erhalten, auf die Ab-
gabe von Gasen und gelösten Stoffen Rücksicht nehmen, sie kommen
aber gegenüber den großen aufgenommenen Wasserquantitäten, welche
z. B. bei Viecia Faba das Anderthalbfache des Samengewichtes betragen,
wenig in Betracht. Die Mengen des aufgenommenen Quellungswassers sind
besonders bei den Samen der Papilionaceen sehr beträchtlich, was wohl
auf Rechnung der hier vorhandenen Quellschicht im Gewebe der Testa
zu setzen ist, während die Früchte der Gramineen und die Fettsamen
viel weniger Wasser aufnehmen. Nicht nur tropfbar flüssiges Wasser
kann aufgenommen werden sondern auch Wasserdampf aus der
feuchtigkeitsgesättigten Atmosphäre; die Zunahme des Samengewichtes
in einem dampfgesättigten Raume betrug in neun Tagen nach den
Versuchen Nobbes 16,5 %, während die Samen, an trockener Luft
ausgebreitet, je nach der Höhe der Schicht 1,—11, % an Gewicht
verloren. Durch einen die Konstanz der Temperatur sorgfältig be-
achtenden Versuch Detmers wurde bei Erbsen eine Wasseraufnahme
aus der Atmosphäre im Betrage von 1,2% festgestellt. Indessen sind
diese Mengen nicht genügend, um Keimung zu ermöglichen, was ja
schon daraus hervorgeht, daß beim normalen Anquellen in flüssigem
Wasser das hundertfache Quantum aufgenommen wird und demnach zur
Einleitung der physiologischen Keimungsvorgänge auch sicherlich not-
wendig ist. Ein Same kann freilich auch in feuchtem Raume zur
Keimung gebracht werden, aber nur dann, wenn infolge von Temperatur-
differenzen Wasserdampf zur Flüssigkeit kondensiert wird, welche der
Same dann aufnimmt.
Nicht alle Samen einer größeren ausgelegten Quantität keimen,
unter günstige Keimungsbedingungen versetzt, aus; die Keimfähigkeit
hängt von den verschiedensten individuellen Eigenschaften, wie Alter,
Reifegrad, Spezifität des Individuums, ab; das Keimprozent wird in
Prozenten der ausgelegten Samenmenge angegeben. Verschieden ist
ferner bei gleichbleibenden äußeren Bedingungen die Keimungsenergie
je nach der Individualität, was man daran erkennt, daß einzelne Samen
früher, andere später nach dem Auslegen auskeimen. Im allgemeinen
ı) R. Hofmann, Jahresber. für Agrikulturchemie 1864, S. 108, nach
W. Detmer.
®2) Nobbe, Handbuch der Samenkunde, S. 119, nach W. Detmer. Ver-
gleichende Physiologie des Keimungsprozesses der Samen. ‚Jena 1880, S. 52.
1*
4 I. Anzucht von Keimlingen.
kann man wohl bei Samen derselben Ernte ein ungefähr gleichmäßiges
Verhalten vorhersagen, wenn man darauf bedacht ist, Samen von mög-
lichst gleichem Volumen zu wählen. Das ist besonders für solche Ver-
suche wichtig, in welchen Vergleichskulturen unter verschiedenen
äußeren Bedingungen aufgestellt werden sollen; man darf also für solche
Versuche nicht nur nicht ungleich große Samen verwenden, sondern
muß auch darauf achten, daß sich die ausgewählten Samen schon von
der Keimung an annähernd gleich verhalten; man vergleiche also nicht
etwa solche, bei denen das Würzelchen nach dreitägiger Keimung
eben erst herausgetreten ist, mit anderen, bei denen es nach derselben
Keimungszeit etwa schon mehrere Zentimeter erreicht hat; anderseits
verwende man wieder nicht morphologisch annähernd gleiche, aber
ungleich lang angekeimte Samen.
Daß beim Anquellen schon eine Hydrolyse der hochmolekularen
Reservestoffe statthat, beweist uns das überaus leichte und schnelle Ver-
pilzen angequollener Samen, welche Befallspilzen eben durch ihren Reich-
tum an leicht assimilierbarer organischer Substanz einen ausgezeichneten
Nährboden bieten. Nobbe konstatierte, daß vereinzelte Samen manchmal
allerdings nach einiger Zeit normal aufquellen, aber ohne zu keimen monate-
lang in wasserdurchtränktem Zustande verharren können, ohne selbst
unter günstigsten Bedingungen zu keimen. Bezeichnenderweise faulen
solche Samen ebensowenig wie nichtgequollene, ein Beweis, daß haupt-
sächlich die Molekülverkleinerung durch Hydrolyse den Saprophyten
Angriffsflächen bietet. Hier ist also die Testa für Wasser durchlässig,
aber eine Enzymaktivierung bleibt aus. Wir werden später davon
zu sprechen haben, daß die verschiedensten Substanzen, besonders
aber H+- und OH— -Ionen als energische Keimungsreize wirken
können. Hier sei noch auf das Seitenstück der eben erwähnten Er-
scheinung hingewiesen, daß nämlich eine Aufquellung längere Zeit, im
Extrem selbst nach Jahren nicht erfolgt, weil die Testa dem Ein-
dringen des Wassers entsprechenden Widerstand entgegensetzt. Das
ist namentlich bei den Samen von Papilionaceen, aber auch bei Rumex
crispus, bei Chenopodium album u. a. der Fall. Nobbe ließ in zwei
Partien je tausend Samen von Trifolium pratense in destilliertem Wasser,
das von Zeit zu Zeit erneuert wurde, anquellen, wobei das Wasser auf
19— 21° C gehalten wurde, und fand Quellung nach
Tagen PartieI Partie II, Tagen PartieI PartieIl| Tagen Partie I PartieII
l 919 927 19 — 3 48 — 1
3 5 8 21 — 3 52 1 1
5 9 9 24 5 2 55 — 1
y 7 4 26 1 1 56 l 1
10 4 1 31 1 2 59 3 —z
13 3 4 32 2 3 91 — 3
15 2 3 36 1 2 147 ll 4
16 1 2 43 — 2 156 4 3
Summe: 970 990
Von 400 Robiniensamen waren zehn Stück erst nach zirka einem
Jahre, einer nach zwei und zwei Stück erst nach drei Jahren gequollen.
Die Samen anderer Pflanzenarten quellen zwar relativ leicht, aber die
aufgenommenen Wassermengen sind doch wenig beträchtlich, z. B.
bei Erbsen und Bohnen, während sich bei Lupinen- und Kleesamen
sehr große Unterschiede in der Raschheit der Quellung bei den einzelnen
Individuen einstellen. Binnen 48 Stunden sind bei Erbsen und Bohnen
I. Anzucht von Keimlingen. 5
in der Regel alle Individuen gequollen. Detmer fand bei Riesen-
erbsen nach 24stündiger Quellung eine Aufnahme von rund 90 %,
während bei den mit einer wasserabsorbierenden Schleimschicht ver-
sehenen Samen von Salvia pratensis, Linum usitatissimum, Cydonia
vulgaris eine gleichmäßig reichliche Wasseraufnahme beobachtet wurde,
so bei Cydonia 500% vom Gewichte des trockenen Samens nach
24 stündiger und 100 % nach einstündiger Quellung. Samenindividuen
von Riesenerbsen von größerem absoluten Gewicht absorbierten stets
absolut mehr Wasser als die leichteren Samen, dagegen relativ
weniger als diese, während besonders leichte Samen wieder relativ
weniger Wasser aufnahmen als die mittleren. Nach demselben Autor
verläuft das Tempo der Quellung in einer eingipfligen Kurve, indem
die Wasseraufnahme zunächst geringfügig ist, dann energischer wird,
um schließlich wieder abzunehmen.
Es sei noch eine Tabelle von Dimitrievicz!) reproduziert,
welcher die Wasseraufnahme verschiedener Samen bei der Quellung
untersuchte:
Dauer der Quellung in Stunden
Pe 12 | 24 | 48
Vol.-Zu- Gew.-Zu-| Vol.-Zu- |Gew.-Zu-| Vol.-Zu- |Gew.-Zu-| Vol.-Zu- |Gew.-Zu-
nahme | nahme | nahme | nahme | nahme nahme | nahme | nahme
mal 83770600 | 112,5 |,.89.0 | 131.2] 107.0 11437 | 11a7
2001 87,5 682 7118,27 .|1,93,0 17353 :109,25| 143,7 De
15 0 131,2 | 100,2 | 143,7 | 113,7 | 137,5 | 111,5 | 143,7 | 116,8
35:017156,2 | 118,7 |. 156,2 | 120,8 | 156,2 | 120,0 | 150,0 | 117,7
0.0 I: 31,5 35,5 47,3 ı 48,5 | 52,6 55,0 52,6 56,0
10% 31,5 37,0 57,8 | 534 52,6 56,0 52,6 56,0
Rotklee bei
Baps bei ) 150| 526 | 522 | 526 | 550 | 526 | 57.0 | 473 | 56,0
350| 52,6 | 55,7 | 57,8 | 56,8 | 63,1 | 63,9 | 57,8 | 58,0
00| 73,3 | 60,0 | 113,3 | .79;5 | 133,3 | 91,6 | 133,3 | 101,0
Kicher- 100| 93,3 | 63,5 | 113,3 | 82,2 | 133,3 | 100,0 | 133,3 | 101,0
erbse bei } 15°| 106,6 | 75,0 133,3 | 97,5 | 133,3 | 101,5 | 133,3 | 101,5
zul um (| um u un
350| 133,3 | 97,5 | 133,3 | 99,0 | 133,3 | 101,5 | 133,3 | 101,3
Bei Klee und Erbsen war also eine beträchtliche, bei Raps eine un-
bedeutende Gewichtszunahme eingetreten. Bei den ersteren wiegt die
prozentische Zunahme an Volumen vor, bei Raps ist das Gegenteil zu be-
merken; das größte Volumen hat der Klee bei 35 ° C schon in 6 Stunden
erreicht, nämlich 156,2 %, des ursprünglichen Volumens, das größte Ge-
wicht bei dieser Temperatur erst in 12 Stunden, nämlich 120,8 %; von
da ab hat eine Volum- und Gewichtsabnahme stattgefunden. Raps
hat sein größtes Volumen und Gewicht bei 15 ° in 24 Stunden, Erbse
bei 0° in 24 Stunden das größte Volumen, bei 15 ° in 24 Stunden das
größte Gewicht angenommen. Temperatur und Quellungsdauer beein-
flussen aber nicht nur die Ergebnisse der Quellung selbst, sondern nach
dem Trocknen und Lagern bei Zimmertemperatur nimmt Gewicht und
Volumen wieder ab, welche Abnahme mit erhöhter Temperatur und Dauer
bei der Quellung größer wird. Auch die Farbe erleidet durch die Quellung
Veränderungen, der Klee erscheint nach dem Abtrocknen blaßbräunlich,
der Raps heller und rötlich, die Erbse weißlich. Da der Keimungsprozeß
erst nach einer bestimmten Wasseraufnahme einsetzt, diese aber bei
!) Wissenschaftlich-praktische Untersuchungen auf dem Gebiete des Pflanzen-
baues. Wien 1875, S. 75.
6 I. Anzucht von Keimlingen.
Quellzeit!)
Tage | 1 2 | 3 4 b) 7 9
&3l 52 #8 S= [45 | 22 [45] 92 #8] 28 45] 5= 88 e
SE Se | a8 se | a8| 53 a8 58 GE) 58 |bil Se |nE| Se
Ssal=" |sal =" Isa 4" |SalM" Sal 4 Sole lea f4°
| are |
Weizen . . 1] 98| 4,00) 98| 1,12) 96 | 1,14| 94| 1,02 96| 1,00 90 1,06| 90| 1,31
Gerste . . . . „| 72) 2,75] 70| 1,28) 18| 1,87) 4| 9,00 18| 2,33) 410,001 —| —
Hafer . . . . .| 94 3,00| 86| 1,88| 80 2,10] 64| 3,18| 70| 3,35 22| 4,4948] 2,91
Roggen. . . . . | 92 1,22 98| 1,24100 | 1,32) 80| 1,05] 78| 1,07|28 ,1,64| 8| 3,05
Mais’. : 2.2 "ea 92 1,52 100 2,44 84| 2,26 84 | 3,16 64| 4,56|44 6,13
Rispenhirse . . . [100 1,08 100 1,04 96 | 1,02100| 1,14 88| 1,13|68 1,41/58 1,69
Moorhirse. . . . | 94| 3,02| 84| 3,14 62 4,60, 54| 5,48) 88| 4,61|50 5,80] 44|10,68
Engl. Raigras . . | 88) 3,93) 98] 2,94| 98 | 4,44) 88| 3,09| 78| 3,48) 88| 4,38] 81| 3,54
Franz. Raigras . 212,00] 28| 4,18! 62 10,63) 38| 9,05] 2| 3,00 4 15,00 14 | 9,66
bein - „2.0.2 2.11168102:25317778| 2:2760066\\ 4,45| 72 3,03 30| 4,66 34 3,50] 38| 4,31
Raps. . - 1.80) 2,00) 90 2,73 82 | 2,27| 92] 2,62 98| 2,69 80| 2,071 74| 3,81
Sonnenblume .+.2155615.15.806 9201787 so! 1,95 56| 2,00 80| 2,15 64 3,69] 68| 2,92
Hanf. . . .. .| 88 1,28 86) 1,32| 80| 1,60| 74| 2,11 74| 2,97] 74| 1,48|62| 1,48
Bohne . . . . .192| 2,22) 92) 3,43 80| 4,90 72| 6,16 92| 8,60 28 10,43| 16/13,00
Wicke . 2 286 1,28 98) 1,20) 94 | 1,42 92| 1,54| 88| 1,65 94| 2,06| 92| 5,86
Erbse . . . . ..1] 96| 1,04 96| 1,58) 92| 1,48' 84| 1,33|88| 1,20, 88| 1,32/80| 3,10
Linse 25721981702 94 1,21 96 | 1,18) 90| 1,51/92| 1,52) 94| 2,27)80| 3,47
Lupine . . . . . [100 1,20100) 1,18) 96 | 1,70| 92] 2,00] 88| 2,41|56| 3,71|20| 4,00
Rotklee. . . . .:| 86! 1,33] 92) 1,21) 82| 1,24 84| 1,34| 90| 4,31|80| 1,35) 74| 1,89
Luzerne . . . . | 76) 1,68) 76 1,71 80| 2,32] 78) 2,03| 72, 1,72 66| 1,75|56| 3,03
Bibernell . . . . | 80) 4,00 76 3,31, 78| 4,05) 74| 4,89 68| 6,88] 84| 6,091 72| 6,91
Krapp . . . . . | 28| 9,43| 24 5,33| 32| 5,78| 56| 8,07|42| 8,09|48| 7,58/40| 8,40
Möhre . . . . .| 28| 6,00) 42 6,47) 66 4,54| 58) 5,23 86, 6,08] 46| 4,48| 36| 5,66
Runkelrübe . . . | 92) 5,321100 2,68 100 | 3,96 100 3,96 40| 9,10|88 4,36 92 5,17
Kornrade... . . | 28!30,10| 30123,5 | 26 21. 46| 96 22,87 8 28,92 19 09 10| 3,40
Buchweizen . . . | 94| 3,04! 98| 2,79 28| 4,05| 84 3,74, 72| 5,75/54| 4,93) 74| 5,96
erhöhter Temperatur rascher vor sich geht, vollzieht sich schon aus diesem
rein mechanischen Grunde die Keimung bei höherer Temperatur schneller.
Allzulanges Quellen bringt für die Keimung Nachteile mit sich und es
ist darum nicht uninteressant, sich zu vergegenwärtigen, wie lange
verschiedene Samen ihre Keimfähigkeit beibehalten, wenn sie den un-
günstigen Einflüssen einer langdauernden Quellung in fließendem Wasser
ausgesetzt werden?) (siehe die Tabelle oben).
Die in der ersten Spalte (nach 24 stündiger Quellung) angeführten
Zahlen gelten gleichzeitig als Maßstab für die Keimfähigkeit. Aus der
Tabelle ergibt sich, daß bei den meisten Samen auch nach 28 tägiger
Behandlung mit Wasser die Keimfähigkeit noch erhalten geblieben ist,
%übensamen keimt selbst nach einer Quelldauer von 69 Tagen noch zur
Hälfte, dagegen hat Gerste schon binnen neun, Roggen binnen 9—13
Tagen die Keimfähigkeit eingebüßt. Die Dauer der ohne Beeinträchti-
gung der Keimung möglichen Quellung hängt mit der Festigkeit und
Undurchlässigkeit der Samenschale zusammen, denn sowie das aufge-
nommene Wasser eine gewisse Grenze überschritten hat, nimmt die Keim-
fähigkeit ab, indem einzelne Samenbestandteile gelöst fortgeführt werden
und Wasser an ihre Stelle tritt. Dieser Gewichtsverlust betrug in kaltem
') Nach Ablauf der in der Tabelle in Tagen angegebenen Quellzeit wurden
die Samen aus dem Wasser herausgenommen und zum Keimen ausgelegt. Multi-
plizie rt man die Zahl der Tage, während welcher die Samen ausgelegt waren, mit
der Anzahl der jedesmal gekeimten Samen und dividiert die Summe der erhaltenen
Produkte durch die Gesamtzahl der gekeimten Samen, so erhält man die ‚‚mittlere
Keinzeit‘‘ in Tagen.
:) Nach A. Zöbl in Wissenschaftlich-praktische Untersuchungen usw,
I. Anzucht von Keimlingen. fi
Quellzeit
11 Deere 28 28 I YET 69
Bel sel: il ae 85 lee ee ee ee
Bel 25 BE 55 dE 30 BE 58 GE 58 DE 58 SE se |HE 58 |nE 38
sale" Sal 4" sal &° sel an Isa &° sale" sale" sale" sale
| | | | Kl |
74| 1,43|72 1,11|36| 1,66, 2 5,00) A _ _
12| 4,00 |26| 6,23 LES N EEE Bee ker aaa a Mena rn
—ı — | 2 90|-— — | -— | — |- —ı—-| | — || —
16 6,75|24| 6,58 |20| 6,20| &| 800| 4] 0 1— — || — | — |—| —
32| 1,5616 7,755 I — | — | 2 8001| — |— — —| — || — |—| —
54 11,13 66| 6,39 32| 8,56 | 1816,00 | 16 9,75 18|14,88| 6| 7,00 4| 4,00 —| —
86 6,97 |84| 5,62 |76 4,68 78| 5,02 48 6,87 72| 6,27 46| 5,04 6| 7,33 —
812,251 610,33 21 01 — | — — ı- -|- —-—ı— -|—-| —
28| 3,57 122 4,00|20| 5,6032 6,81 14 3951 — —| — —| — | —| —
94| 3,49|80| 3,85 |78| 4,15 68 5,58 | 70) 4,37,26| 6,15 24| 7,291 16 3,12 —| —
52| 2,77|52| 2,54|20| 4,20 |24| 4,66 | 24| 2,83 | 36 OU le len
74| 1,43|80| 1,92|86| 2,25|76 2,76 68| 2,39|52| 3,84| 22| 4,09 16) 4,00 —ı —
0 — | — ||» | 1 lo —l |) le
86 3,34 | 66 525 88|..5,82 62) 5,51: 16, 118] — | | == | — |) =
60 23,13 |56| 3,39\32| 2,87 | Al 6001| = | — — — ||
90, 3,39 |76| 6,2356 4,28 10 4,01 — — — — — | —- —|—| —
Bee 400| S| 4,00124| 5,66| 121 68,535 — — | — | — | — | — | —| —
Barren ee ar — — — —| 40 — — I— —
Bela 64 2,12 38| 4,44 |22| 3,91 | 1 — —| — |—| — |—| — |— | —
92 6,5 72 7,27 50 7,48 52 8,04 73 7,38 32 8,5 1411,00 22| 8,66 —| —
32| 8,25 |36| 7,00 12| 8,00| 8| 6,00| 20| 9,80 |16| 8,5 | ln
59| 6,12 42| 5,43, 24 5,58] 20| 9,01 | 18| 6,44 14| 7,14 aa on
80| 5,75 |64| 9,18 |88| 4,00 | 80| 6,00 | 86 8,14 72 5,8464 5,7584 4,24| 40, 6,20
26|17,76 | 34|41,41 | 10 10,00 |46| 6,91 127| 8,09 | 16111,000—| — |— — |— —
Ba alaııas | — | | — — | |
Wasser bei Mais 4,34 %, bei Gerste 3,26 %, nach fünf und 26,04 % bzw.
19,44 %, nach 30 Tagen. Bei Weizen hat die Keimfähigkeit ihre Grenze
überschritten, wenn das aufgenommene Wasser 50 %, bei Mais 35 %,
bei Roggen 75 %, bei Rispenhirse 20 %, vom Samengewicht beträgt; von
dieser Grenze an nimmt die Keimfähigkeit rapid ab. Für Mais und Gerste
wurde auch der Betrag der einzelnen Bestandteile festgestellt, welche
durch Er nermnde Quellung ausgelaugt worden waren:
E Mais, ü Mais ausgelaugt er, Gerste ausgelau; t
100 Teile der luft- des Gerste) m Rss ae
trockenen Substanz lufttr. | Proz. der |Proz. ber. | Proz. der | Proz. der | Proz. ber.
Eslt normalen lufttr. 'a.d.urspr. ‚lufttr. lufttr. |a.d.urspr.
enthalten Substanz | Substanz | Substanz Substanz | Substanz | Substanz
Wasser . a Re 11,48 | 11,30 _— 11252 10,06 —
Ätherextrakt (Hetb) 4,08 4,14 2,9 1,63 20 1250
Proteinsubstanz . . . . 9,23 9,37 6,58 10,22 10,38 7,70
Stärke- und stickstoff-
freie Extraktivstoffe . 12,65 13,28 51,44 170,28 69,51 51,58
INohfaser . .”. 2... 1,34 1532 0,91 313 5,42, 724802
RKemasche ... „ua... 1,19 0,57 0,4 1,88 1,00 0,74
Kieselsäure . . . .- « 0,03 0,02 0,014 0,74 0,93 0,69
Phosphorsäure . . . . 0,57 0,31 0,22 0,92 0,62 0,46
ER N 7 0,41 0,05 0,035 0,61 0,07 0,052
Meeuesia. . . . .In 0,19 0,1 0,05 0,21 0,14 0,104
Kalk ee 0.09 0.083 | 0,05 | 0.12 0.089
Vom Kali war also in den ausgelaugten Körnern nicht ganz der
zehnte Teil des ursprünglichen Gehaltes, von der Phosphorsäure und
Magnesia weniger als die Hälfte geblieben, dagegen ist die Kieselsäure
8 I. Anzucht von Keimlingen.
nur wenig verändert, der Kalkgehalt durch Aufnahme aus dem Wasser
sogar etwas erhöht. Die dichtere Spelzenhülle des Gerstenkornes schützt
dasselbe gegenüber dem Mais vor allzustarker Auslaugung, wie ja Spelzen
und harte Testa oder Schale einen weitgehenden Schutz gewähren. Unter-
suchungen an Leguminosensamen ergaben, daß quellungsunfähige Samen
absolut leichter, spezifisch schwerer und daher kleiner sind als die leicht
quellungsfähigen; ferner sind erstere meist dunkler gefärbt und unvoll-
kommener ausgebildet als letztere. 400 Samen von Lupinus perennis
wogen 6,28 g, 400 nach 6 Tagen noch nicht gequollene derselben Sorte
nur 5,99 g, das spezifische Gewicht der ersteren ist 1,168, das der letzteren
1.23, das Volumen dieser Körner verhält sich wie 1,1: 1, wasschon mit freiem
Auge unterschieden werden kann; ähnliches gilt auch für Luzerne und Rot-
klee, die leicht quellungsfähigen enthalten 2,998 %, Asche, davon 3,533 %
Kieselsäure, dieschwer quellungsfähigen 3,601 %, Asche, davon 5,83 % SiO;.
Zur äußeren Beurteilung der Keimfähigkeit ist besonders die Beob-
achtung der Beschaffenheit des Embryos geeignet. Man geht in der Weise
vor, daß man an der endospermfreien Seite mit dem Skalpell vorsichtig
Frucht- und Samenschale entfernt, mit dem Rasiermesser einen zur
Längsachse des Embryos schrägen Schnitt durch die Mitte desselben
führt und ihn unter der Lupe betrachtet. Vor allem ist die Farbe des
Embryos, die sich unter dem Einflusse äußerer oder innerer Anomalien
leicht ändert, sehr charakteristisch. Die Abweichung von der normalen
Farbe ist umso deutlicher zu erkennen, je dunkler diese ist, je länger der
Keim seine Lebenskraft verloren, je schädlicheren Einflüssen er ausgesetzt
gewesen war. Ferner läßt das Verhältnis der Embryogröße zu der des
übrigen Samenteils, sofern Endosperm vorhanden, die Stärke der Wurzel-
bildung sowie die der Knospen etwaige Beschädigung durch Insekten
und das Auswachsen erkennen. Auf diese Weise ist es möglich, sich in
kürzerer Zeit und mühelos ein Urteil über die Qualität des zu verwenden-
den Samens zu bilden. Bei derselben Samenart ist die Farbe des Embryo
für alle Varietäten charakteristisch, aber jeder Samenart ist eine nur
ihr eigene, charakteristische Farbe gegeben; die normale Farbe des
Embryos der Getreidearten ist gelb gemischt mit grün und durch Vor-
herrschen der einen oder anderen Farbe unterscheiden sich die einzelnen
Getreidearten voneinander, der Gerstenembryo hat eine grünlichgelbe
bis wachsgelbgrünliche Farbe, der Weizen zeigt sie viel deutlicher, Roggen
wechselt dieselbe bis erdwachsgelbgrün, Mais ist weißgelb, selten grün-
lich, Raps hat einen bläulichweißen Embryo (Kotyledonen grünlichgelb),
Hanf einen weißen, Runkelrübensamen einen bläulichweißen usw. Durch
atmosphärische Einflüsse wird eine Zersetzung des Keimes veranlaßt,
welche sich durch Mißfärbung, durch dunklere, bläuliche, bräunliche,
gelbbräunliche, braune, rötliche, sogar schwarzblaue Farbe kennzeichnet,
eine Verfärbung, die eine Keimunfähigkeit des Samens anzeigt, auch
wenn er äußerlich noch so schön aussieht; dagegen sagt das Aussehen
der Testa nichts über den Zustand des Keimes aus, blaue und schwarze
Gersten haben dieselbe Keimfarbe wie die lichten. Der Schnitt muß
sehr glatt und darf nicht über die Mitte des Embryos hinausgeführt
werden ; die Verderbnis des Keimes beginnt immer zu unterst vom Wurzel-
ende, so daß die Knospe noch normal gefärbt sein kann, wenn die Wurzel
bereits geschädigt ist. Man führt den Schnitt von der Knospe gegen die
Wurzel und stellt das Korn bei auffallendem hellen Tageslicht auf eine
schwarze Unterlage gegen das Fenster, so daß die ganze Schnittfläche
I. Anzucht von Keimlingen. 9
gleich gut beleuchtet erscheint. Ist die Farbe nicht gut zu unterscheiden,
so kann man die Querschnitte mit Schwefelsäure (sp. G. 1,59) betupfen,
bei Getreidekörnern färben sich dann gesunde, gut keimfähige Embryonen
intensiv gelb, nach 2—5 Minuten rosenrot, welche Farbe mehrere Stunden
erhalten bleibt; der geschwächte Keim zeigt diese intensive anfängliche
Gelbfärbung nicht, sondern eine dunkelgelbe, die erst nach längerer
Zeit in Rot übergeht; gesunde Keime werden durch Schwefelsäure erst
nach 30—60 Minuten zum Quellen gebracht, geschwächte oder tote
bedeutend früher; verdorbene färben sich schließlich mit der Säure
braun oder werden ganz farblos.
Eine wichtige Frage besteht ferner darin, wie lange Samen ihre
Keimungsfähigkeit zu bewahren vermögen, wie lange also der Samen
im latenten Leben verharren kann; die Berichte, daß Getreidekörner
aus Mumiengräbern Keimkraft zeigten, haben sich als unrichtig er-
wiesen. Durch Versuche von F. Haberlandt!) hat sich gezeigt,
daß sorgfältig trocken aufbewahrte Samen immerhin eine Reihe von
Jahren ihre Keimkraft beibehalten können, besonders dann, wenn sie
luftdicht verschlossen gewesen waren; bei lufttrocken aufbewahrten
Getreidearten macht sich aber doch schon im vierten Jahre eine Ab-
nahme der Keimfähigkeit bemerkbar, während eine solche bei Körnern,
die vor der Aufbewahrung künstlich getrocknet worden waren, sich erst
im achten Jahre einstellte.
| 12 Jl ahre | 11 Jahre | 10 Jahre ß I Jahre i 7 Jahre 6 Jahre UNE J ahre |
I |
rä al Wal A 1 a | a Al“ N N
an Ale, eu ee re le Ware ee
N & NG N& Ng N & Na | N gg |”
Sen |S2n) |2m en ent Iilea| Pic
_ Tage a0 | Tage u Tage u Tage | Tage 7 | Tage u Tage
Rispenhirse | — — | 23 | 47] 0| 0134 |3, 16, 1235210 242. 55 0
Lauch ..|— | — | | 01 I — | — 1| 2,01 — | — Le ®
Bam li — | — | 15 2,4 35| 221 .2 | 2,0 4 1712.52 21.551490. 31
Buchweizen| — — DI || = | = 6 | 5,0 1,1726.0, 74 547 |
Ppmab. . | — | — 0720 01 0I—- | — 0 0I— | — 0 0
Runkelrübe| 56 | 7.7 0/0 2,175 10837126:0 6 2,01 90 | 4,2 1100 | 4,6
Gartensalat| — | — 0 0 DW 0 0 1 5,01 010 342
Sonnen-
Bene) I o0| ol o| oJısissies | a5 o lo |ss| 18
Kürbis .|— | — 0 0 02,0 86,2 0 0 26 | 6,2 | 88 5,0
Peer) 0) 0, —| 3441,43 | 3,0) 68 2,0100 | 1,8
Melone .I —- | — | 93 2,61 — | 4,21 88 | 2,1 1100 2,01 91 | as || 7
Paradies- |
apfel . | — 261 14,0 18 13,1 71 1.558 1 67 9571.98, 55221262 5,6
ei gu |. | — 72.801 0.|'0 169° 57
Raps ..I— |—-I- —|1—- | — 0/0 3 2,3} 6 | 2,0 0 0
2 79, 4,31: & | 3,0 | — | — | u 21 39. ,:2,3
rer | 01010), 0| 0 0o| 1504 0o| 0149| 35
Bene — |.—.1.18 Au a) 0 Ds 2,51 612. 3,181260 3,0
ns 0 0 0I — | — 8 | 177,2] 26 | 7,1 | 40 | 10,1
Kommelr. I — | — 0.0140 De
Luzerne . I— — | 34 | >81,.450 2 212202 2202073 2,01 — —I— | —
Nase 2 ||| RR 6,01 0 0.’ 16: Fa57 | 221 441.46 | 3,11.86 | 32
Am meisten beeinträchtigt wurde die Keimfähigkeit durch die längere
Dauer der Aufbewahrung bei Lauch, Spinat, Gartensalat, Raps, Kümmel,
ı)F. Haberlandt, Der allgemeine andwirtschaftliche Pflanzenbau,
Wien 1879.
10 I. Anzucht von Keimlingen.
Möhre, weniger bei Rispenhirse, Hanf, Runkelrübe, Kürbis, Gurke, Melone,
Sonnenblume, Paradiesapfel, Tabak, Senf, Lein, Luzerne, Fisole, am
wenigsten bei Runkelrübe, Melone, Luzerne, Paradiesapfel, Tabak. Bei
der Runkelrübe keimten nach 12 Jahren noch 56 %, bei Melone nach
11 Jahren noch 93 %, bei Paradiesapfel 26 %, Tabak 30 %, Rispenhirse
23 %, Luzerne 34 %, Fisole 26 %, Senf 23%, Hanf 15%. Der Mais be-
hält seine Keimfähigkeit viel länger, wenn er am Kolben belassen, gut ge-
trocknet und am Boden in nicht zu dichter Lage aufgeschichtet wird, als
wenn man die Körner vom Kolben ablöst oder die Maiskolben aufhängt.
Während die Samen höhere Wärmegrade trockener Luft
lange Zeit ohne nennenswerten Schaden auszuhalten vermögen, sind sie in
feuchter Luft schon gegen geringe Temperaturerhöhung sehr empfindlich.
Wasserdämpfen von 75 ° C ausgesetzt, verlieren nach 15 Minuten die
Samen von Hülsenfrüchten und Getreide ihre Keimfähigkeit, noch rascher
werden die Samen durch heißes Wasser getötet, wenn es in ihr Inneres
einzudringen vermag, während Samen, welche, wie die von manchen
Medicagoarten, in kochendem Wasser nicht aufquellen, dadurch nicht
geschädigt werden. Nobbe fand, daß die Schließfrüchte von Poly-
gonum orientale nach halbstündigem Kochen in Wasser nicht gequollen
und keimfähig wie zuvor waren, aber auch andere Samen, deren Hüllen
schwer durchlässig sind, verhalten sich kochendem Wasser gegenüber
sehr resistent, so die von Labiaten, Papilionaceen, Rosaceen, Liliaceen
usw., dagegen verlieren die meisten Getreidekörner schon bei längerem
Liegen in Wasser von 35 ° C ihre Keimfähigkeit. Nicht alle Samen
sind gleich empfindlich, am meisten leiden Gerste, Buchweizen, Sonnen-
blume, Erbse, am wenigsten Mais, Raps, Rotklee, Lein, Weizen. Bei
50° C warmem Wasser, bei einer Temperatur, welche das Maximum
der Keimungstemperaturen überschreitet, ist die Beeinträchtigung der
Keimfähigkeit schon sehr merkbar, bei zehnstündiger Einwirkung
nasser Wärme auf die Samen, die vorher nicht gequellt waren, behielten
nur die resistentesten ihre Keimfähigkeit zum geringen Teil, bei den
vorher durch 24 Stunden angequellten erwies sie sich als völlig erloschen.
Auch die Zeitdauer für die Keimung wurde dadurch ungewöhnlich in
die Länge gezogen, denn während die Kontrollgerste schon nach 2,72
Tagen im Mittel keimte, geschah dies nach 5 stündiger Erwärmung
in 30 grädigem Wasser erst nach 3,07, bei fünfstündiger Einwirkung
40 grädigen Wassers erst nach 3,8 Tagen. Raps keimte in den Versuchen
Haberlandts, denen auch die nachstehende Tabelle entnommen
ist, normalerweise nach 2,47 Tagen; nach zehnstündigem Einquellen
in 50 °C warmem Wasser erst nach 10,5 Tagen. Auch hier ist eine Vor-
quellung für eine Verstärkung der Schädigung maßgebend.
Eine andere Frage ist es, welche Wärmegrade trockener Natur
lufttrockene Samen aushalten. Haberlandt stellte fest, daß bei
48 stündiger Erhitzung auf 100 0 C nur 12 Samenarten ihre Keimfähig-
keit völlig einbüßten [geprüft wurden Gramineen (28 Arten), Lilisceen
(3), Chenopodiaceen (2), Polygoneen (1), Urticaceen (1), Kompositen (4),
Labiaten (1), Ranunculaceen (1), Solaneen (2), Rubiaceen (1), Koniferen
(8), Papaveraceen (1), Lineen (1), Umbelliferen (7), Cucurbitaceen (4),
Sanguisorbeen (1), Papilionaceen (18)')], nämlich Asparagus officinalis,
'ı) E. Haberlandt, Über den Einfluß einer höheren Temperatur auf
die Keimfähigkeit der Samen unserer Kulturpflanzen. Allgem. land- u. forst-
wirtsch. Zeit. I., 389 (1863).
I. Anzucht von Keimlingen. 141
| © Ohne vorhergehende Nach vorausgegangener
= Einquellung 24 stünd. Einqueliung
> | 5 stünd. Wirkg.| 10 stünd. Wirkg.| 5 stünd. Wirkg. | 10 stünd. Wirke.
5 30°| 400 | 500 1550| 300] 400 | 500 | 550| 3,0 | 40° | 50° |55" | 300 | 409 | 500 | 55 0
| ra Von je hundert Samen keimten
Weizen -. . -. - . . | 98|96|88 |60—| 97| 90| 1 —196| 80 22 — 90) 44|— —
Bossen.......| 9488/60 |48—| 72) 58 ——|78| 401 — || 50 20 — —
Gerste . -. -. - - . [ 98[58) 5 ——| 36| 11—'—116| — — — | 8 — —
EZ e2iT. hoolssise | Sl} 76 18 [82] 24] | 87] 3 | —
Mais - - : - ....1 95|98|100|94| 8100 100 38 —[98|100| 58| 4l100| 981101 —
Rispenhirse . . . . [100|]75 65 27 —| 68 45 29 — 66, 57) 121 —| 51) 41 — | —
Moorhirse . . . . . ] 68]70|/58 |25| 6| 59 33/]18 —1|67| 62 2 —| 36 24 2| —
Mohn. . . . . . ..1 91|— — |21—| 45 39) 3) —1—| — 1—1 40) 30 — | —
er. . | 95|—|— |35)—| 58| 46137 | —I— | —| 33I—] 42| 41130 | —
Buchweizen . . . . | 79|— — | 3I—| 24| 16| 2) —I—| — — —| 23) — — | —
Bunkelrübe . . . . | 76I— — ,31| 91 59) 38)22), 1— —. 19 —| 41) 3218 | —
eomnenblume . . . | 78I—|— |14 38| 22] 6 —|— — — —| 301 20 — | —
one. » > fiool—|— Iasla2| sul 5alaal | | — el] auleolıa —
Raps. . .....199-— 43'—| 69, 4939| —|— | — 3|— = I 2 —
Bopkkohl.......| 98 Ku 156—| 64| 5640| | — — — , =
Be... 19 |16—1 82) eellio—I— — — — 10, —
Ber... ..1100l—i— 2810| 92l 6814| ,2|=| — 18 — _ 50, 6 —
we... 18 Isa 3| 83, 53) 8|-|— | — si] aaa 1 —
aa. |... mo a er a re
Erbse . 91J)—'— 11—| 48| 44 —|—I— | — — —| 36; 5; —|—
Allium Porrum, Spinacia oleracea, Lactuca sativa, Apium graveolens,
Pimpinella Anisum, Cucumis Melo, Pisum sativum, Phaseolus vulgaris
2 Variet., Ph. coccineus und Allium sativum. Eine teilweise Vernichtung
der Keimfähigkeit trat ein bei Zea Mais, Panicum germanicum, P. milia-
ceum, Anethum graveolens, Foeniculum vulgare, Daucus Carota, Carum
Carvi, Papaver somniferum, Camelina sativa, Cucurbita Pepo, Sangui-
sorba officinalis, Trifolium pratense, die zu %, keimten. Alle
übrigen 69 Arten keimten vollständig, 7 davon mit starker Verspätung
(3 Var. von Mais, Panic. germ., Helianthus annuus, Papav. somnif.,
Petrosselinum sat.), 46 mit geringer, 9 ganz ohne Retardation der Keimung,
Alopecurus pratensis und Medicago lupulina sogar mit einer kleinen
Verfrühung. Bei Erwärmung auf 87,5 ° C durch 48 Stunden wurden
nur Phaseolus vulg. und Cucumis Melo gänzlich getötet, 34 Arten zeigten
sich in der Keimung um 1, (Lactuca sat. um 51, Petros. "sat.
Zu 8 Tage) verspätet, 9 An keimten normal, bei 35 En trat eine
1,—3 tägige Verfrühung der Keimung ein; eine Erwärmung auf 56 bis
75° C. durch 48 Stunden ließ die Keimung bei'allen normal oder ver-
früht eintreten. Vorsichtige und allmähliche Erwärmung
der lufttrockenen Samen auf 56—-87,5 C hat im allgemeinen eine Ver-
kürzung der Keimdauer zur Folge. Nach Höhn el vertragen die meisten
Samen eine einstündige Erwärmung auf 110° C, wenn sie höchstens
3% Wassergehalt besitzen und ihre Keimkraft nicht schon vorher
oder durch die Trockenoperation geschwächt ist; die Maximaltemperatur,
bis zu welcher Samen mindestens 15 Minuten ausgesetzt werden dürfen,
liegt bei 110—125 C, für jedes Samenindividuum gilt aber ein anderer
Grenzwert; ein solcher ist also für eine ganze Samenart oder gar alle
Arten nicht anzugeben; jene Individuen, welche auch unter normalen
Verhältnissen die längste Keimungsdauer haben, sind gegen alle Ver-
änderungen der Umgebung und daher auch gegen Temperaturerhöhung
am wenigsten resistent. Ganz ebenso wie gegen extrem hohe Tempera-
12 I. Anzucht von Keimlingen.
turen, so sind Samen auch gegen extrem niedere Temperaturen um so
empfindlicher, je wasserreicher sie sind, mit sinkendem Wassergehalt
wächst ihre Widerstandskraft gegen Frost. Nach Göppert halten
lufttrockene Samen ohne jede Schädigung eine Temperatur von — 40 0 C
aus, während gequollene Samen dadurch getötet wurden. Detmer
konstatierte aber, daß die Keimteile der aus äußerlich unbeschädigten
Weizenkörnern erzogenen Pflanzen, deren Körner im lufttrockenen Zu-
stande dem Frost ausgesetzt gewesen waren, erheblich geringere Ent-
wicklungsfähigkeit aufwiesen als normale Körner. Das gilt nur für die
Erbse nicht. Auch beim Abkühlen ist langsame Erniedrigung
der Temperatur und langsames Auftauen schädlicher als plötzliches, ganz
ähnlich beim Erwärmen. Bei angequollenen, der Abkühlung ausge-
setzt gewesenen Körnern verhält es sich aber umgekehrt. So fand nach
Detmer folgendes statt:
Gekeimt von den
nicht gefrorenen gefrorenen, langsam gefrorenen, plötzlich
Körnern % aufgetauten %o aufgetauten %o
Walzen! 2 Jen 100 86 18
Roggen . .. - 97 88 35
Raps gr | 100 97 66,5
Raps wie alle ölreichen Samen leiden weniger unter der Kälte,
weil sie in ihrem flüssigen Reservematerial eine ‚thermisch aktive‘
(M ez) Lösung besitzen. Nach 24 stündiger Einwirkung einer Temperatur
von — 10 ° © keimen angequollene Leinsamen nach F. Haberlandt
bei raschem Auftauen zu 83 %, bei langsamer Erwärmung zu 79 %.
Gequollene Leinsamen keimten nach Abkühlung auf — 24° C bei schnellem
Auftauen noch zu 20 %, bei langsamem nur zu 1%. Im manchen Fällen
ist aber das Einfrieren der Keimung nicht nur nicht hinderlich, sondern
dafür ebenso bestimmend wie in anderen Fällen das Licht, ja diese beiden
Faktoren können sich in ihrer Wirkung summieren. Über Frostkeimung
verdanken wir namentlich W. Kinzel wertvolle Untersuchungen.
So wurde bei Samen von Narthecium ein Keimen beobachtet, nachdem
die Samenprobe 4 Jahre im Eise gelegen hatte; die Samen keimten
1—2 Monate nach dem Auftauen des Eises. Bei den Obstkernen ist es
lange bekannt, daß ein Durchfrieren der Samen nicht nur das prozentische
Auflaufen der Kerne steigert, sondern auch im weiteren Verlaufe viel
kräftigere Pflanzen liefert; ähnliche Erfahrungen liegen für Winterroggen
vor. Durch die Kälte werden ruhende Reserven mobilisiert und dadurch
nicht nur ein Überschuß von Baustoffen geschaffen, sondern die intensiv
wachsenden kräftigen Pflanzen scheiden auch größere Quantitäten
von Schutzstoffen aus, welche sie z. B. Pilzinfektionen gegenüber wider-
standsfähiger machen. Namentlich ungenügend durchgefrorene Samen
alpiner, also an Kälte angepaßter Pflanzen können, frostfrei gelagert,
jahrelang feucht liegen, ohne zu keimen; deshalb müssen Samen von
Aretia vitaliana, Androsace Wulffenianum, Aconitum Napellus u. a.
genügend lange in Eis oder in gefrorenem feuchten Erdreich bei ent-
sprechend tiefen Temperaturen eingeschlossen sein, um nach dem Auftauen
des Eises zu keimen. Bei Stachys silvaticus, Teuerium Chamaedrys,
Anthericum ramosum, bei einzelnen Enzianarten”’wirkt außer’ Belichtung
auch eine Temperaturerniedrigung bis zu +2° © oder Lagern der
trockenen Samen im Froste keimungsbefördernd. Die Saat von Gen-
I. Anzucht von Keimlingen. 13
tiana acaulis und G. germanica, die einen Winter lang trocken durch-
gefroren gelegen hatte, konnte in den folgenden Jahren erst durch einen
Anstoß von + 2° C zum größten Teil zur Keimung gebracht werden,
während nicht durchfrorene Samenproben auf diesen Kälteanstoß nicht
reagierten, sondern die volle Wirkung von — 5° bis — 10°C durch
längere Zeit zu ihrer späteren völligen Keimung nötig hatten.
Bei Clematis Vitalba mußte nach zweijährigem feuchten Lagern bei
20 ® außer einem Temperaturanstoß von + 5° noch Lichtwirkung zum
Ermöglichen der Keimung dazutreten; in der Natur genügt das Verbleiben
der Samen an der Rebe den Winter hindurch, also trockenes Durchfrieren,
um die Samen der Waldrebe zu 100 % leicht keimfähig zu machen.
R
b.
Fig. 1. Keimschale nach Molisch.
a) Querschnitt. Die Schale aus außen glasiertem Thon besitzt in R eine Doppelwand
ringsum, in der konstant Wasser steht; das Filterpapier F, auf welchem auch die
Samen S liegen, saugt kapillar Wasser an, so daß die Samen feucht liegen, ohne
doch ertränkt zu werden. Die Glasplatte ? bedeckt die Schale.
b) In der doppelwandigen Keimschale zum Keimen ausgelegte Samen.
Die Samen keimen dann z. T. gleich aus, aber nur bei Belichtung, während
zur Keimung im Dunkeln stärkere vorhergehende Kälteeinwirkung
auf die im Eis eingeschlossenen Samen nötig ist. Auch hier gibt es natür-
lich eine untere Temperaturgrenze, bei welcher die Keimung infolge
Schädigung oder Tötung des Samens verzögert ist oder unterbleibt,
die Temperaturerniedrigung muß ausdauernd und nicht zu stark sein.
Menyanthes keimte, in Eis bis zu — 5 ° eine Woche lang eingeschlossen,
in einem halben Monat zu 100 %, aus, eine 20 Tage währende Behandlung
im Eisschrank brachte wohl in der Folge auch noch 94 %, der Samen zur
Keimung, jedoch erst drei Monate nach Aufhören der Kältewirkung.
Umgekehrt sind die Samen tropischer Gewächse gegen geringe Wärme-
14 I. Anzucht von Keimlingen.
grade außerordentlich empfindlich. Eine Begünstigung der Keimfähig-
keit durch eine vorausgegangene Kälteperiode, welche die Samen durch-
gemacht hatten, konnte bei sehr vielen Samenarten unter Mitwirkung
oder ohne Mitwirkung des Lichtes beobachtet werden, eine Erscheinung,
die ihr Analogon in dem freudigeren Treiben unserer Obstbäume nach
Kälteeinwirkung besitzt und auf die wir noch bei Besprechung des Früh-
treibens zurückkommen.
Die angequollenen Samen werden nun zum Keimen ausgelegt: das
geschieht in glasierten Tonschalen, welche mit benelztem Fließpapier aus-
gekleidet und mit wassergetränktem Fließpapier
bedeckt sind (Fig. 1). Zweckmäßig schneidet man
in das kreisrunde und größer als die Schale ge-
legte Papier, nachdem es gefaltet wurde, Franzen.
Es läßt sich nun nach dem Wiederauffalten der
Schale glatt anlegen. Die Samen werden dann
auf dem mit der Gießkanne benetzten Papiere
ausgelegt und da locker mit einem gleichfalls
durchnäßten Papier bedeckt. Die Durchtränkung
des Papiers darf keine allzu reichliche sein, da
sonst allzu schnell Pilzinvasion erfolgen kann;
besser ist es, das Besprengen in mehrstündigen
Intervallen zu wiederholen; aber eine sorgsame
Feuchterhaltung der Samen ist unbedingt not-
wendig, da bei dem großen Wasserverbrauch für
a die Reservestoffmobilisierung eine Austrocknung
erfolgen könnte, wodurch die Wurzeln wohl lang,
aber fadendünn und weich werden, ein Wasser-
etiolement sich einstellt.
Einen einfachen Apparat zur quantitativen
Befeuchtung des Keimbettes verdanken wir F.
Nobbe!) (Fig.2). Dient Fließpapier als Keimbett
und bringt man in eine Porzellanschale von 20 cm
Länge, 14 cm Breite und 3 cm Höhe je zwei
doppelt zusammengefaltete Keimbetten, welche
aus je einem Papierstück von 14,5 cm Breite und
39 cm Länge hergestellt sind, nebst einer dop-
pelten Unterlage und einer gleich großen Decke
von je 19,5x29 cm, so beträgt die gesamte
Fläche Papier 4.565 — 2260 gem. Ein Quadrat-
meter Drewerhoffsches Fließpapier Nr. 251 saugt
im Durchschnitt ungefähr 190 ccm Wasser auf;
Fig. 2. Keimapparat nach auf 2260 gem entfallen mithin etwa 43 cem
und mit 80 % davon, d. i. mit 36 ccm ist
das in jeder Schale vereinigte Fließpapier vor Einbringen der Samen
zu benetzen. Das Gewicht der Samen selbst und ihre Aufsaugungskraft
ist hierbei nicht berücksichtigt; dasselbe kann bei kleinen Klee- und
Grassamen vernachlässigt werden, denn 200 Kleesamen wiegen 0,3—0,4 g
und nehmen beim Quellen ungefähr ihr eigenes Gewicht an Wasser auf.
Für größere Samen genügt es, das Gewicht der zuzusetzenden Wasser-
menge um das Gewicht der Samen zu vermehren. Würde nun die Schale
-
!) F.Nobbe, Ein einfacher Apparat zur quantitativen Befruchtung der
Keimbetten bei Samenprüfungen Landw. Vers.-Stat. 55, 389 (1901).
I. Anzucht von Keimlingen. 15
samt ihrem frisch befeuchteten Inhalt nach der Beschickung gewogen,
so läßt sich der während der Keimung eintretende Wasserverlust durch
periodische Nachwägungen kontrollieren und ersetzen. Der Verlust
ist in der Decke am größten, weit geringer im Keimbett selbst und der
Unterlage, die Samen selbst trocknen am spätesten aus; gewöhnlich
genügt also ein Besprengen der Decke mit der erforderlichen Ersatz-
menge, aber man wird sich freilich immer überzeugen müssen, ob nicht
doch Samen und Unterlage der Befeuchtung bedürfen. Zum quanti-
tativen Nachfüllen des Besprengungswassers bedient man sich einer
großen, erhöht aufgestellten, mit Wasser gefüllten Flasche, die durch
einen Gummischlauch a mit einem in Gesichtshöhe befindlichen Meß-
zylinder verbunden ist, aus welchem ein zweiter, in ein fein ausgezogenes
Glasröhrchen b endigender Gummischlauch c die Benetzung vermittelt.
Nach jeweiliger Entleerung des Meßzylinders wird derselbe durch Öffnen
des Quetschhahnes wieder gefüllt, der den Flasche und Meßzylinder
verbindenden Schlauch verschließt. Am Ende des unteren, aus dem Meß-
zylinder führenden Gummischlauches, unmittelbar oberhalb des Glas-
röhrchens, ist eine Glasperle eingeschoben, welche den Schlauch ver-
schließt und bei einem auf sie ausgeübten Druck und bei seitlicher Zerrung
des Gummis gleichmäßigeren Ausfluß verbürgt als ein Quetschhahn.
Einen auf dem N o b bee schen Prinzip fußenden Apparat für Keim-
kraftprüfungen hat J. Simon!) angegeben. Er verwendet als Keim-
bett ziemlich grobes Fließpapier in den Dimensionen 28x 18 em. Die
Blätter werden ein- oder mehreremal zweckmäßig in Briefform gefaltet,
wodurch Keimdecken gebildet werden, die nach oben und unten gegen
übermäßige Verdunstung geschützt sind. Nun bedarf der Samen je
nach seiner Eigenart verschiedener Grade von Feuchtigkeit; Roggen
und Weizen sind etwas trockener zu halten als Gerste und Hafer, Serra-
della braucht zum Keimen viel Wasser, Poa muß direkt naß liegen usf.,
aber in den meisten Fällen ist ein Feuchtigkeitsgehalt von 60—65— 70 %
im Keimbett der optimale. Beim ersten Anfeuchten geht man wegen
der Verdunstung etwas über dieses Maximum hinaus und hält beim nach-
folgenden Anfeuchten die genannten Grenzen ein. Destilliertes Wasser
soll nicht angewendet werden, am besten ist Brunnen- oder Leitungs-
wasser, welches jedoch erst Verwendung finden darf, nachdem es Zimmer-
temperatur angenommen hat; der Zusatz kleiner Mengen von Salzen,
besonders Kalinitrat und Kalziumnitrat, zum Wasser ist ebenfalls zu
empfehlen. Auf eine Fließpapiergröße von 28x18 cm stellt sich nach
den obigen Verhältnissen die zu gebende Wassermenge auf 7,5 ccm,
für 100 g Quarzsand als Keimbett 17,3 ccm. Der Simon sche Apparat,
welcher zum genauen and wiederholten Abmessen dieser Wassermengen
dient, stellt eine Vereinigung mehrerer Meßbüretten verschiedener Teil-
größen vor (Fig. 3). Bei den drei letzten fassen die bauchig oder kugel-
förmig erweiterten Teilstücke jeweils bis zu den rot markierten Teilstrichen
die auf den ersteren ebenfalls deutlich mit roter Schrift angegebenen
Wassermengen (bei 15 ° C), welche den zur Befeuchtung von Fließpapier-
oder Sandkeimmedien benötigten Quantitäten entsprechen. Die erste
Bürette dient zum genauen Abmessen kleiner oder größerer Mengen
von 5—250 cem. Die vier Büretten können unterhalb des unteren Teil-
1) J. Simon, Neue Apparate zum Gebrauch bei Keimkraftprüfungen in
der Samenkontrolle., Landw. Vers.-Stat. 71, 431 (1909).
16 I. Anzucht von Keimlingen.
striches jede für sich durch einen eingeschliffenen Glashahn verschlossen
werden und stehen durch Gummiverbindungsstücke mit einem Glas-
rohre in Verbindung, das 5 Ansätze besitzt und an der einen Seite recht-
winklig nach aufwärts gebogen ist, wodurch der Zufluß aus einem höher
stehenden Vorratsgefäß für Wasser vermittelt wird. Ein Glashahn an
diesem Zulaufrohr oder am Wassergefäß bewirkt Zufluß oder Abschluß
des Wassers. Ein Ansatzstück in der Mitte des Glasrohres trägt einen
Gummischlauch, der in ein zu feiner eine Regulierung des
Spitze ausgezogenes Glasrohr endigt, Wasserstromes. Die
das zur Wasserentnahme oder zum vier Büretten endigen
Besprengen des Keimmediums dient. in eine mit Glaskap-
Eine vor der Spitzenmündung lie- pen bedeckte Spitze.
gende Glasperle gestattet auch hier Wenn alle Glashähne
geöffnet sind, dringt
in alle das Wasser und
füllt sie; sind alle Bü-
retten oder die,welche
man benutzen will
(der Überschuß fließt
durch ein seitliches
Ansatzrohr ab, so daß
die Spitze der Bürette
gleichzeitig den ober-
sten Teilstrich reprä-
sentiert) vollgelaufen,
wird der Glashahn
des Zuflußrohres ge-
schlossen, der Hahn
an der zu benützen-
den Bürette geöffnet
und durch Druck auf
die Glasperle die je-
weils benötigte Was-
sermenge entnom-
men.
In interessanter
Weise versuchte A.
Tompa (Beih.z. Bot.
Centrbl. 12, 99[1902])
die'Erscheinungen der
pflanzlichen Elektri-
zitätin den Dienst der
Keimkraftprüfung zu
Fig. ? Simons Keimapparat. stellen, indem er er-
mittelte, daß leben -
dige Samen auf einseitige Oberflächenverletzung elektromotorische
Kräfte auslösen, deren Potentiale über 0,005 Volt betragen. Tote Samen
zeigen überhaupt kein Potential oder solche unter 0,005 Volt, in den
meisten Fällen unter 0,002 Volt. Ein Laesionsstrom, dessen
Potentiale 0,005 Volt, übersteigt, sei daher als ein Kri-
terium des Lebens im Samen zu erachten. Der Herd der
elektromotorischen Erscheinungen in den lebenden, noch ungekeimten
I. Anzucht von Keimlingen. 17
Samen befindet sich im Keimling, denn beim Entzweibrechen eines
trockenen Vicia-Samens zeigt diejenige Bruchhälfte, die den größten
Teil des Keimlings enthält, die vorher im vollen Samen beobachtete
Spannung unvermindert, während der abgesprengte keimlose Kotyledo
gar keine elektromotorische Kraft aufweist. Die Resultate des ge-
nannten Autors wurden mittels des Kapillarelektrometers gewonnen,
welches neben manchen anderen vor dem Galvanometer auch die Vor-
teile der direkten Messung der elektromotorischen Kräfte, ferner einen
rapiden Ausschlag und momentane Rückkehr zum Nullpunkt ohne
Hin- und Herpendeln bietet ').
Von großer Wichtigkeit ist ferner, daß die Auseinanderlagerung der
Samen in nicht zu engen Distanzen erfolge, da sonst die Wurzelentwick-
lung sich mangelhaft gestaltet, wohl infolge des schädigenden Einflusses
der eigenen Atmungskohlensäure. Einen solchen Einfluß konnte ich sehr
deutlich dort wahrnehmen, wo die Keimschalen übereinander unter eine
mit Wasser abgesperrte Glocke gestellt worden waren. Die Samen in
der unteren Schale, welche von der herabsickernden Kohlensäure stärker
betroffen waren, keimten weniger intensiv als die in der oberen Schale,
die Differenz wurde aber ausgeglichen und eine überhaupt freudigere
Keimung erzielt, als der Abschluß mit Kohlensäure absorbierender Kali-
lauge bewerkstelligt wurde. Dazu kommt noch, daß eine Verpilzung bei
dichterer Aneinanderlagerung leichter eintritt, da in diesem Falle eine
Übertragung der Pilzinfektion leichter von einem Samen auf den anderen
erfolgt. Daß bei abgeschlossenem Keimbehältnis auch die Stoffwechsel-
ausscheidungen des Befallspilzes die Keimung der nicht direkt an-
gegriffenen Samen ungünstig beeinflussen können, habe ich wiederholt
gesehen, wie überhaupt die Samen in diesem Stadium allen Ein-
wirkungen von außen besonders leicht zugänglich sind. Die Aus-
scheidungen keimender Samen sind uns noch völlig unbekannt, daß
aber solche vorhanden sind und auch Individuen der gleichen Art giftig
wirken können, beweist der Umstand, daß einmal benutztes Quellwasser
die Anquellung anderer Samen und ihre Keimung beeinträchtigt; viel-
leicht handelt es sich hier um ähnliehe Stoffe, wie sie auch die Boden-
müdigkeit hervorrufen. Jedenfalls zeigt sich eine zu enge Lagerung in
einem Zurückbleiben des Keimungserfolges, und sowie bei Mangel an
Nährstoffen sich Hungerformen herausbilden, so ist es auch bei einem
Mangel an Raum und Sauerstoff der Fall; denn die Keimung ist als
Periode des Wachstums vom Sauerstoff natürlich abhängig. Wenn
man sehr kleine Samen ankeimen will, deren Würzelchen reichlich
mit Wurzelhaaren besetzt sind, ist es nicht zweckmäßig, Filtrierpapier
zur Anzucht zu benutzen, da sich die Wurzeln dem Papier so fest
anschmiegen, daß sie von ihm nicht losgelöst werden können, wie ich
das beim Ankeimen der Samen von Cichorium Intybus erfahren habe.
Es sei noch erwähnt, daß man gut tun wird, nicht das graue, ordinäre
Fließpapier, sondern das reinere schwedische für die Keimschale zu
verwenden, da die Keimung unter den eventuellen Verunreinigungen
der ordinären Papiersorte leiden könnte. Bei der Keimung wird Wärme
entwickelt, hauptsächlich infolge der beschleunigten oxybiotischen
!) Auf tierphysiologischem Gebiete sind in neuerer Zeit von G. Hirth (,,Der
elektrochemische Betrieb der Organismen‘ ,‚,Der elektrische Zellturgor‘ usw.
München 1912, 1913) eingehende Studien über die Funktion elektrischer Prozesse
im Lebensbetrieb angestellt worden.
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 2
18 I. Anzucht von Keimlingen.
Zerstörung der Hydrolyseprodukte. Göppert!) brachte Samen in
hölzerne Gefäße, die mit einer dichten Schicht eines wärme-
konservierenden Materials umgeben waren; mitten zwischen den Samen
war ein Thermometer angebracht, die Samen waren nach zwei- bis
dreitägigem Anquellen in das Gefäß gebracht worden. Die Temperatur
stieg 9—12 ° über Zimmertemperatur. Diese ersten Versuche über
Temperaturentwicklung beim Keimen sind aber insofern nicht einwand-
frei, als nicht für Verhinderung von Pilzinfektion gesorgt worden war
und die Atmung der infizierenden Organismen jedenfalls bei der Wärme-
entwicklung eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Wiesner?)
experimentierte mit Hanffrüchten und erzielte folgende Werte:
Temperatur der Entwickeltes
A: Lufttemperatur keimenden Früchte (Os in mg
18, aseE 15,0° C 15,0° € =
1 783073.2m 15,00% 192.07 9 —
| 9 a.m. 15,50 „ 15,90 „ =
10 a. m 160-1023 16,8.0%5 u
aan) en 16.20 17,30 „ B
| 12 a. m 1754.07, ; 1.962055 —
ae! pD.’m, 1:0 IHRER 1
(Sem 14,81 „, 10,3.00% 5
2. Juni 8 a. m. IS: Ir To: Il
3. Juni 9 a. m. Ina 19191058 Be
Wie man sieht, beginnt die Kohlensäureentwicklung?) später als
die meßbare Wärmeentwicklung, ein Zeichen, daß die Wärme nicht
nur physiologischen sondern zum Teil rein chemischen Vorgängen ent-
stammt, die bei der Quellung der Stärkekörner statthaben. Dies
konnte Detmer auch durch den direkten Versuch erweisen. Da die
Wärmeentwicklung nicht sehr hoch ist, muß man dafür sorgen, daß
die entwickelte Wärme nicht zu schnell abgeleitet werde; zunächst
darf die Wassermenge, mit der die Samen befeuchtet werden, nur äußerst
gering sein, ferner muß eine größere Quantität der Samen auf kleinem
Raum zusammengehäuft und schließlich das Keimgefäß von wärme-
haltenden Medien, Watte, Werg, Flanell usw., umgeben sein. In sehr
sinnreicher Weise verwendet M olisch für diesen Zweck die Dewarschen
Gefäße mit Doppelwandungen (Fig. 4a), deren Zwischenraum luftleer ge-
pumpt ist und welche die Wärme so wenig leiten, daß bekanntlich flüssige
Luft in ihnen längere Zeit aufbewahrt werden kann. Angequollene
Samen, in solchen Gefäßen gehalten, zeigen in der Tat sehr beträcht-
liche Erhöhung der Temperatur über die des Versuchsraumes. Bei
lebenden Blättern fand Molisch) innerhalb neun Stunden eine Selbst-
erwärmung ohne Intervention von Mikroorganismen von 22 ® auf 43,9 ®
und innerhalb 15 Stunden auf 51,5 °, also bis zu einer Temperatur,
wo die meisten Blätter absterben. Molisch beschreibt einen hübschen
Versuch zur Demonstration der hohen, durch den genannten Lebens-
prozeß erzielten Temperaturen, ein Versuch, der sich zweifellos auch
mit dicht gehäuften, keimenden Samen anstellen läßt. Ein etwa 90 cm
hohes Glasrohr (Fig. 4b) ist unten geschlossen, oben ballonartig aufge-
') Göppert, Über Wärmeentwicklung in der lebenden Pflanze. Wien 1832.
:) J. Wiesner, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. 64.
») Über die „Ersten Stadien der Kohlensäureausscheidung bei quellenden
Samen“ hat O. Jauerka (Dissertation, Halle a. d. S. 1912) Versuche angestellt,
und u. a. gefunden, daß bei quellenden Samen schon sehr früh eine Steigerung
der Kohlensäureproduktion beobachtet werden kann.
*) H.Molisch, Botan. Ztg. 1908, 8. 211.
I. Anzucht von Keimlingen. 19
blasen und zum Teil mit gefärbtem Äther (mit Alkannin oder Cyanin)
gefüllt. Bringt man die bis etwa zu einem Drittel gefüllte Glasröhre mit
ihrem geschlossenen Ende in die durch Atmung selbsterwärmte Masse der
keimenden Samen, so fängt der Äther zu sieden an, wodurch gleich-
zeitig besser als durch die Aufwärtsbewegung eines Hebels durch
quellende Samen, welche Aufrichtung doch nur sehr kleine Werte er-
reichen kann, die Umwandlung von chemischer in mechanische Energie
demonstriert ist. In analoger Weise läßt sich das Schmelzen von Kakao-
butter oder Paraffin einem Auditorium demonstrieren. Übrigens lassen
sich statt der immerhin kostspieligen Dewar-Gefäße nach Hempel
(Ber. d. D. chem. Ges. 31, 2994 (1899) gewöhnliche Glasgefäße ver-
wenden, die man in reine trockene Wolle verpackt. Vergleichende Ver-
suche ergaben, daß Wolle oder Eiderdaunen so gute Isolatoren sind,
daß sie wahrscheinlich nur von
den besten Dewar-Röhren darin
erreicht werden, hingegen die
gewöhnlichen käuflichen Röhren
darin wesentlich übertreffen.
Fig. 4. leere Versuchsanstellung zur Demonstration oe durch ehe
Prozesse entwickelten W; irmemenge. — a) Dewargefäß: S— Samen; D= luftleer
gepumpte Doppelwandnng; W=W attelage; t= Thermometer. — b) Demonstration
der Wäremeentwicklung "mittels siedenden Äthers.
Von den äußeren Einflüssen auf den Fortgang der Keimung
sei zunächst der des Lichtes behandelt. Diesbezüglich verhalten sich die
Samen verschiedener Pflanzen sehr verschieden, in manchen Fällen
befördert Dunkelheit den Keimungsprozeß, so bei den Scheiben- und
Randfrüchten von Chrysanthemum viscosum und Chr. coronarium,
während bei Pflanzen derselben Gattung, bei Chrys. seg. grandiflorum
und Chrys. Myconis, die Dunkelheit verzögernd wirkt, übrigens auf-
fallenderweise auch auf die unterirdischen Samen von Cardamine cheno-
podifolia. Oder es erhöht Verdunkelung nur die Keimungsenergie aller
Früchte, setzt aber das Keimprozent herab, wie bei Sanvitalia procum-
bens und Dimorphotheca hybrida, schließlich kann die Dunkelheit auch
9%*
a
20 I. Anzucht von Keimlingen.
gewissen Früchten einer Spezies gegenüber indifferent sein, auf andere
derselben Spezies dagegen beschleunigend oder verzögernd einwirken,
zum Beispiel bei Chardinia xeranthemoides verzögernd auf die Scheiben-
früchte, indifferent gegen die Randfrüchte. Andererseits gibt es wieder
Früchte, so die von Ximenesia encelivides usw., welche im Licht und
im Dunkeln fast in gleicher Weise keimen (Becker). Durch neuere
Arbeiten, vor allem von Lehmann, Kinzel, Gaßner, Baar!)
u. a., ist die früher geltende und namentlich von Nobbe vertretene
Anschauung, das Licht beeinflusse den Keimungsprozeß nicht, wider-
legt. Schon die Versuche von Ingenhouß zeigten, daß die
Keimungsenergie von Senfsamen durch das Licht herabgedrückt wird.
Sechzig Senfsamen wurden auf eine mit feinstem Filtrierpapier über-
zogene Korkscheibe ausgelegt und teils im vollen, teils im gedämpften
Lichte, teils unter Lichtabschluß gezogen, wobei die belichteten Samen
um mehrere Tage in der Keimung zurückgehalten wurden; zu analogen
Resultaten gelangte Senebier, während nach Saussure die ersten
Stadien des Keimungsprozesses durch das Licht nicht beeinflußt werden
sollen, eine Anschauung, die von Nobbe übernommen wurde und bis
auf die neuere Zeit herrschend geblieben ist. Indessen wissen wir heute,
daß ebenso wie bei einer Reihe von Samen durch das Licht die Keimung
verzögert oder sogar ganz hintangehalten werden kann, in anderen
Fällen das Licht zur Erzielung der normalen Keimung nicht nur förder-
lich sondern sogar notwendig ist. So fand W. Kinzel, daß frisch-
geerntete, im Keimbette belichtete Samen von Nigella sativa sich nicht
allein zu 100 % keimunfähig erwiesen, sondern sogar in ihrer Keim-
anlage so verändert wurden, daß nachfolgende Verdunkelung während
langer Zeit keine Keimung hervorrief. Die gleichen Samen keimten
aber bei völliger Verdunkelung schon nach vier Tagen zu 97 % aus.
Kinzel schreibt dem dunkelgelben, in Abwesenheit des Lichtes ent-
standenen xanthophyllähnlichen Farbstoffe eine große Rolle als
„Attraktionszentrum für wandernde Kohlehydrate® und als Er-
nährungsvermittler zu, während die schlechte Entwicklung der Licht-
keime auf das je nach Intensität des Lichtes mehr oder weniger un-
vollkommene Entstehen dieses Farbstoffes zurückgeführt wird. Um-
gekehrt entsteht in den ‚„Lichtsamen‘“ von Poa schon vor dem Auf-
brechen der Samen Chlorophyll, worauf hier das Lichtbedürfnis zurück-
zuführen sein dürfte. Die genannte Erscheinung bei Nigella bringt die
vereinte Wirkung des Lichtes und einer bestimmten Temperatur zu-
stande, indem die belichteten Samen bei 10—15 ® zwar noch wesentlich
langsamer auskeimen als verdunkelte, nämlich in vier Wochen statt in
vier Tagen, aber doch nicht in jenem eigenartigen Latenzzustande ver-
harren, der bei 200 C unter dem Einfluß des Lichtes sich einstellt und
den Kinzelals ‚lichthart‘“ bezeichnet. Solche Samen können ebenso
wie hartschalige viele Monate bei 20 ® feucht gelagert werden, ohne zu
keimen. Erst eine vereinte Wirkung von Verwundung und Temperatur-
ı) Lehmann, Ztschr. f. Bot. 4, 465 (1912); Ber. d. D. bot. Ges. 27,
476 (1909), 29, 577 (1911). — Kinzel, Ber. d. D. bot. Ges. 27, 536 (1909);
Frost und Licht als beeinflussende Kräfte bei der Samenkeimung. Stuttgart
1913. Gassner, Ber. d. D. bot. Ges. 28, 350 (1910), 29, 708 (1911); Jahrb.
d. Hamb. wiss. Anst. 29 (1911). Baar, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss.,
Wien 121 (1912), 122 (1913). — Becker, Beih. z. Bot. Zentralbl. 29, 21 (1912).
Lehmann u. Ottenwälder, Ztschr. f. Bot. 5, 337 )1913). — Lehmann,
Sammelreferat, Zeitschr. f. Bot. 5, 365 (1913).
I. Anzucht von Keimlingen. 1
erhöhung auf 30° vermag es, solche lichtharte Samen, die schon
monatelang feucht gelegen hatten, zu 76% zum Keimen zu bringen.
Das Versuchsmaterial wurde durch künstliche Belichtung unter einem
abwärts brennenden Auerbrenner gehalten.
Das entgegengesetzte Verhalten zeigen die Lichtsamen von Poa
pratensis, bei welchen aber ebenso wie bei den Dunkelsamen von
Nigella nur ganz frische Samen so exklusiv reagieren, daß die Keimung
entweder erfolgt oder gänzlich ausbleibt. Samen von Poa und Sellerie-
samen keimen im Dunkeln nicht. Frische Poasamen, die am Lichte
bei 20°C in zehn Tagen zu 95 % keimten, gehen im Dunkeln unter
vollkommen gleichen Bedingungen (auf sterilem Filterblock in Petri-
schalen) bei 20°C ebenso wie Apium graveolens nicht auf. Durch ab-
wechselnde Belichtung und Verdunkelung läßt sich bei diesen die
Durchlaufung ganz beliebiger Keimungskurven erzwingen, wobei jedoch
als Nebenwirkung bei sehr häufiger und gewaltsamer Unterbrechung
der Lichtkeimung die Lebensenergie der Samen so geschwächt wird,
daß in der Folge erst bei viel stärkeren Lichtintensitäten Keimung
erfolgt, während mehrere Monate hindurch dauernde, schwächere Be-
leuchtung keinen Keimungserfolg zeitigt. Allium Cepa-Samen keimen
bei 20° im Dunkeln in vier Tagen zu 75 %, im Licht nur zu 7%,
Allium ascalonicum in acht Tagen im Verhältnis 7% im Licht zu
95% im Dunkeln. Temperatur und Belichtung stehen überhaupt in
korrelativem Verhältnis. Bei Nigella arvensis keimen im Sonnen-
lieht bei 20 0C 0%, bei 20—30 ° keimen 55 %, im schwachen Licht,
abwechselnd verdunkelt und selten belichtet 88 %. Asphodelus ramosus
keimt im Dunkeln bei 20 ® zu 90 %, im Licht nur zu zirka 35 %, dagegen
auch im Lichte zu 90 % bei 14°C. Auch die einzelnen farbigen Licht-
anteile stehen zur Temperatur in einem Verhältnis in bezug auf Retar-
dierung oder Beförderung der Keimung. Das Keimungsoptimum liegt
im Violett bei 20° C mit 92%, während dasselbe Violett bei 14°
schädigend wirkt; überhaupt scheint bei niedrigerer Temperatur die
blaue, bei höherer die rote Hälfte des Spektrums stärker und dauernd
zu schädigen, ein Optimum liegt für alle Temperaturen im Gelb, ein
gleiches auch hinsichtlich des späteren Wachstums der Keimlinge bei
20°C im Violett. Hellblau retardiert ebenso wie dunkles Rot kräftig
bei 20 ®, während beide bei 14 ® fast keinen Einfluß üben. Lehmann
äußert sich in der Weise, daß er sagt, die durch Licht in der Keimung
begünstigten Samen würden durch die Strahlen geringer Brechbarkeit,
also Rot bis Gelb, gefördert, während für Dunkelsamen Grün bis Violett
günstig ist. Dieser Satz ist aber nicht allgemein, sondern es gibt recht
viele Ausnahmen. Ferner ist es eine wichtige Frage, ob das Licht bei
der Keimung als strahlende Energie oder durch seine thermische Kraft
wirkt. Speziell bei den Gramineensamen hat sich gezeigt, daß inter-
mittierende Temperatur das Licht vollständig ersetzen kann und daß seine
Wirkung hier hauptsächlich den dunklen Wärmestrahlen zuzuschreiben
ist, während die leuchtende Spektralhälfte nur durch die Umwand-
lung der Lichtstrahlen in Wärmestrahlen in Betracht kommt, so daß
es wahrscheinlich geworden ist, daß Poa und die anderen Gramineen-
samen nicht unter die Lichtkeimer gehören. Dagegen fand H. Baar
bei den Samen von Amarantus und Physalis, daß sich hier die hemmende
Wirkung des Sonnenlichtes durch Ausschaltung der Wärmestrahlen
nicht vermindert. Nebenbei bemerkt sei, daß sich aus den beachtens-
BD) I. Anzucht von Keimlingen.
werten Untersuchungen dieses Autors ergeben hat, die Samen mehrerer
Amarantus-, Celosia- und Blitumarten seien lichtscheu, ihre Keimung
werde durch Verdunkelung auffallend gefördert. Dieses Resultat ist
deshalb besonders interessant, weil in den meisten Fällen das Verhalten
der Samen von verschiedenen Arten einer und derselben Gattung dem
Lichte gegenüber unter sonst denselben Bedingungen ein ganz ver-
schiedenes ist und Baar selbst fand, daß von den dimorphen Samen
von Chenopodium album bei einer Temperatur von 10—15 ® C die mit
glänzend schwarzer Hülle versehenen vom Lichte in der Keimung be-
günstigt werden, während die hell gefärbten sich indifferent verhalten.
Außer solchen profusen Fällen ist in der großen Familie der Gesneriaceen
durch W. Figdor!) ein Fall bekannt geworden, wo die Samen aller
Arten ausschließlich im Lichte keimen. Die Amarantaceen bilden darin
gewissermaßen ihr Gegenstück; die Dunkelkeimung ist bei ihnen so
zum Artcharakter geworden wie bei den Gesneriaceen die Lichtkeimung.
Zur Beurteilung des Einflusses der einzelnen Lichtfarben wurden von
Baar flüssige Strahlenfilter benutzt, die entsprechenden Flüssigkeiten
in Petrischalen eingefüllt, die nach dem Prinzip der Sennebierschen
Glocken konstruiert waren (Fig. 3), aber vor diesen den Vorteil boten,
die Lichtintensität bedeutend weniger abzuschwächen als diese. Während
die Keimung der lichtempfindlichen Ama-
rantussamen unter Bedingungen, welche
die Lichtempfindlichkeit verstärken (Un-
terlassen der Vorquellung, niedere Tem-
peratur) durch alle Spektralbezirke des
Lichtes in gleicher Weise gehemmt wurde,
a ee. zeigte sich bei den Samen von Physalis
Franchetti eine ausgesprochene Bevorzu-
gung bestimmter Lichtanteile, ein Optimum in Orange und Gelb, eine totale
Hemmung bei Grün und ein zweites, aber tieferes Optimum bei Blau bis
Violett; diese Lichtkeimer folgen also ebensowenig wie die dunkel-
keimenden Amarantussamen der Lehmannschen Gesetzmäßigkeit.
Die Verhältnisse, unter denen der betreffende Samen am Mutter-
organismus zur Reife gelangt ist, beeinflussen auch die Keimung, so
konnte Atterberg zeigen, daß Getreidesamen, welche bei niederer
Temperatur gereift waren, zeitweise ein niedereres Temperaturoptimum
bei der Keimung haben als solche, die unter hohen Temperaturen ihre
Reife erlangten. Kinzel erntete Samen von Drosera- und Pinguicula-
pflanzen, die bei 50 ° C erzogen worden waren, welche dem Lichte gegen-
über sich ganz anders verhielten als Samen von Pflanzen, die bei
niederer Temperatur gehalten worden waren. Lubimenko?°) kam
sogar zu dem Satze, daß geradezu die Lichtintensität oder Dunkelheit,
in welcher die Samen sich entwickeln, das Maximum ihrer Keimungs-
energie bestimmt. Natürlich steht die Keimkraft auch zum Reifegrad
und zur Gesamtentwicklung des Samens in Beziehung, aber auch die
Keimungstemperatur zeigt zu diesen Momenten ein Verhältnis, indem
beispielsweise schlecht genährte Getreidekörner in hoher Temperatur
weniger gut keimen als in niederer. Einen großen Einfluß auf die
Keimungsvorgänge übt das Lagern der geernteten Samen und die dabei
VI
q; SE Smean pres arnen 07
') W. Figdor, Ber. d. D. bot. Ges. 25, 582 (1907), 31, 648 (1913).
:) Lubimenko, Revue gen. de bot. 23 (1913).
I. Anzucht von Keimlingen. 93
sich vollziehenden Nachreifungsvorgänge. Durch die Nachreife gewinnen
Getreidekörner im Laufe eines Jahres 50 % an Keimvermögen. Während
frische Samen von Poa pratensis im Dunkeln nicht, im Lichte dagegen
zu 88 %, auskeimen, gleicht sich diese Differenz innerhalb eines Jahres
vollkommen aus. Während bei manchen Samen eine kurze Zeit der
Nachreife schon diesen Einfluß des Lichtes auslöscht, kommen z. B.
Gesneriaceensamen zu keiner Zeit der Nachreife im Dunkeln zur Keimung;
ebenso fand Lehmann, daß Samen von Gloxinia hybrida auch nach
31, Jahren, hart an der Grenze, wo die Keimfähigkeit überhaupt er-
lischt, ebenfalls nur im Lichte zur Keimung zu bringen waren. Nach
Heinricher und Kinzel steht die Lichtempfindlichkeit in ge-
wissem Grade im umgekehrten Verhältnis zum Alter der Samen. Frische
„Lichtsamen‘‘ werden besonders stark durch die Dunkelheit geschädigt,
frische ‚„‚Dunkelsamen‘‘ besonders stark durch das Licht. Manche Samen
besitzen eine ausgesprochene Ruheperiode, so die von Amarantus retro-
flexus, die im Herbst reif werden, aber weder um diese Zeit, noch auch
im November und Dezember zum Keimen zu bringen sind, und zwar
weder im Licht noch im Dunkeln. Die Ruheperiode dieser Samen kann,
wie Baar gefunden hat, durch Behandeln mit verdünnten Säuren
unterbrochen werden, aber diese Ausschaltung der Ruheperiode durch
verdünnte Salzsäure oder Phosphorsäure gelingt auch nur bei einem
Teile der Samen (im Maximum bei 50 %) und auch nur im Dunkeln.
Die Säure wirkt hier als Keimungsreiz, denn auch bei trocken unter
Zimmertemperatur aufbewahrten Samen klingt die Ruheperiode gegen
den März zu aus, und während im Zimmer unter normalen Temperaturen
im Dunkeln eine Keimung erfolgen kann, läßt sich eine solche bereits
im November durch Erhöhung der Temperatur auf 30 0 C erzwingen.
Der wichtigste der Faktoren, welcher die Lichtempfindlichkeit der
Samen beeinflußt, die Temperatur, wurde auch von Baar berück-
sichtigt. Die ersten eingehenden diesbezüglichen Versuche stammen
von Lehmann, welcher zeigen konnte, daß Angaben über einzelne
Licht- bzw. Dunkelkeimer ungenau waren, insofern es sich nicht um
eine absolute Unfähigkeit handelt, im Licht oder im Dunkeln zu keimen,
sondern daß diese Eigenheit durch die Temperatur sehr wesentlich
modifiziert werden oder gar in das Gegenteil umschlagen kann. ‚Ohne
Angabe wenigstens der ungefähren Temperatur haben Lichtkeimungs-
versuche überhaupt keinen Zweck mehr. Andererseits können wir aus
den immerhin erheblichen Schwankungen der Temperatur im Labora-
torium, welche, soweit unsere bisherigen Versuche erkennen lassen, doch
keinen modifizierenden Einfluß auf die Liehtkeimung hatten, schließen,
daß die Temperaturunterschiede, welche die Lichtempfindlichkeit ver-
ändern, immerhin erhebliche sein müssen.‘‘ Natürlich kann aber der
Lichteinfluß nicht einfach auf Temperaturwirkung zurückgeführt werden
und das Licht braucht durch Temperaturen (wie bei Poa) und selbst
hohe Temperaturen nicht ersetzbar zu sein. Lehmann fand in Phlox
Drummondii einen Fall, in welchem Licht und Temperatur in der Weise
gleichsinnig wirkten, daß das Licht bei niedriger Temperatur die Keimung
schädigte, die erhöhte Temperatur aber auch im Dunkeln die Keimung
herabsetzte, während Licht und hohe Temperatur gemeinsam die Keimung
ganz oder fast ganz verhinderten. Aber auch der Ersatz der Lichtwirkung
durch Temperatur wechsel, wie er bei Poa ermöglicht wird, scheint
viel weiter verbreitet und ließ sich beispielsweise auch bei Epilobium
94 I. Anzucht von Keimlingen.
hirsutum und Veronica longifolia feststellen. Nach Baar erwies sich
bei Amarantussamen die Keimungshemmung durch das Licht bei den
niedrigen Temperaturen von 5—10 ° C am größten und auch noch bei
15 ° beträchtlich, bei 20 ° dagegen bereits minimal, bei 25—30 ° keimen
die Samen im Licht und im Dunkeln gleich gut, bei 35 ° C vollzieht sich
eine Umstimmung der Lichtempfindlichkeit, die Zahl der im Lichte
auftretenden Keimungen überwog die der verdunkelten Kulturen, und
bei 90° © keimen dieselben Samen, welche bei 5° nur im Dunkeln
keimten, ausschließlich im Lichte. Gaßner hat festgestellt, daß
die Scheinfrüchte der südamerikanischen Graminee Chloris ciliata, deren
Keimung durch das Licht günstig beeinflußt wird, im dunkeln Keim-
bett bei höherer Temperatur gehalten, später auch im Lichte nicht
mehr auskeimen, daß aber die Dunkelheit ihren schädlichen Einfluß
verliert, wenn die Temperatur während des Aufenthaltes im Dunkeln
unter dem Keimungsminimum bleibt. Der Apparat, welcher für kon-
stanle Temperaturen und Tageslichteinfall benutzt wurde, bestand in
einem großen, heizbaren Wasserbehälter, der oben mit einem schräg-
stehenden Drahtgeflecht bedeckt war, auf dem sich in schräger Lage
gegen den Horizont die mit reinstem Filtrierpapier ausgekleideten Petri-
schalen befanden, in denen die Samen zum Keimen ausgelegt waren.
Der ganze Apparat war oben durch ein abnehmbares Glasfenster ver-
schließbar, so daß er äußerlich die Form eines Mistbeetkastens hatte.
Es ist wichtig, daß man nie mit direktem, sondern stets nur mit zer-
streutem Tageslicht (Schattenseite des Laboratoriums) beleuchtet. Dort,
wo konstante Lichtquellen angewendet werden, bedient man sich meist
des Inkandeszenzlichtes von Nernst oder der Bogenlampe: in beiden
Fällen ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Kerzenstärke der Licht-
quellen .durch den Gebrauch abnimmt; beim Nernstlicht werden den
Intensivbrennern ebenso wie bei der Quarzglasquecksilberlampe (bei
welcher aber die sehr großen Mengen Ozon berücksichtigt werden müssen,
die sich beim Gebrauche entwickeln) empirische Tabellen mit der ab-
fallenden Kurve der Lichtintensitäten beigegeben. Die Wärmewirkung
der Lichtquelle wird, natürlich auf Kosten der Intensität, durch Wasser-
filter ausgeschaltet.
Von großer Wichtigkeit ist Gaßners Entdeckung, daß die Samen-
spelzen bezüglich des Lichtbedürfnisses von Chloris eine entscheidende
tolle spielen, indem nicht entspelzte Körner fast nur im Lichte zur
Keimung zu bringen waren, entspelzte aber ebensogut im Lichte wie
im Dunkeln. Die Samen von Chloris ciliata keimen also an sich auch
im Dunkeln, durch die Spelzen werden sie zu obligaten Lichtkeimern.
Ebenso wie aber die unentspelzten Samen sofort dem Tageslicht
ausgesetzt werden müssen, um die Wirkung der Belichtung zu erfahren,
so liefert auch die Entspelzung nur dann maximale Keimprozente,
wenn die Samen sofort entspelzt ins dunkle Keimbett gelegt werden
und nicht erst einige Zeit unentspelzt im dunkeln Keimbett liegen. Die
Spelzenfunktion besteht höchstwahrscheinlich in einer Erschwerung des
Sauerstoffzutrittes zum inneren Korn, denn Behandlung mit reinem
Sauerstoff und Entspelzung haben den gleichen Erfolg. Die an sich
auch in Dunkelheit keimenden entspelzten Körner verwandeln sich
bei Erschwerung des Sauerstoffzutrittes in Lichtkeimer. Aber auch
ein vorausgehender Aufenthalt der nicht entspelzten Körner im dunkeln
Keimbett bei niederen Temperaturen (6—10 ®) machte die ursprünglich
I. Anzucht von Keimlingen. 35
auch in Dunkelheit keimenden entspelzten Körner zu Lichtkeimern.
Diesen Effekt hat aber nicht eine bestimmte niedere Temperatur, sondern
alle Temperaturen unter dem Keimungsoptimum, das heißt der Tem-
peratur des schnellsten Keimungsverlaufes, hier etwa von 30 ® abwärts,
soweit nicht eine dauernde Schädigung der Keimkraft des Samens
durch die niedrige Temperatur eingetreten ist. Übrigens keimen ent-
spelzte Körner im Dunkeln und im Licht gleich gut nur dann, wenn
sie gut nachgereift sind, dagegen zeigen sich auch die entspelzten Körner
durch das Licht in der Keimung befördert, wenn sie ungenügend nach-
gereift sind. Durch die Nachreife wird also eine gewisse erhöhte Keimungs-
energie hervorgerufen, welche bei entspelzten Körnern, also bei maxi-
malem Sauerstoffzutritt, die Wirkung des Lichtes entbehrlich macht.
Wenn demnach entspelzte Körner geringer Nachreife obligate Lichtkeimer
sind, so muß man daran denken, daß durch die chemische Wirkung
des Lichtes im Einvernehmen mit den mineralischen Reservestoffen
beschleunigter Abbau hochmolekularer Substanzen oder inaktiver En-
zymformen erfolgt, wodurch dann Material für die Prozesse des Keimungs-
stoffwechsels gegeben ist. Möglicherweise kommt es unter dem Einflusse
des Lichtes auch zur Beschleunigung von Synthesen, aber die Unent-
behrlichkeit des Sauerstoffs läßt eher auf Vorgänge der Zerspaltung
schließen, welche das Licht in hervorragendem Maße zu katalysieren
imstande ist, worüber wir durch die Forschungen von C. Neuberg!)
orientiert worden sind. Ungenügende Nachreife und ungenügende
Temperaturen summieren sich in ihren Wirkungen ebenso wie ungenügen-
der Sauerstoffzutritt. Auffallend ist die Verfärbung, welche bestimmte
Partien der Samenschale erfahren, wenn die Keimung aus irgendeinem
Grunde verzögert ist: diese Verfärbung, anfangs dunkelbraun, später
schwarz, betrifft jenen Teil der Samenschale, welcher den Embryo be-
deckt und die längere Zeit im Keimbett ungekeimt verbliebenen Körner
mit dem anscheinend schwarzen Embryo (der aber ebenso wie das Nähr-
gewebe sich niemals schwarz färbt) bieten ein charakteristisches Bild.
Dieses auffällige Eintreten von Veränderungen in der Färbung der
Samenschale weist stets auf Anomalien im Keimungsverlaufe hin. Da
die Keimung ein biochemischer Vorgang ist und eine Beschleunigung
der Keimung auf einer Beschleunigung der in Rede stehenden Prozesse
beruhen muß, chemische Vorgänge aber bei höherer Temperatur schneller
verlaufen, ist es begreiflich, daß eine Steigerung der Keimprozente durch
das Licht bei gleichzeitiger niederer Temperatur nicht hervorgerufen wird,
ja, daß sogar niedere Temperatur infolge gleichsinniger Wirkung mit der
Kälte eine Hemmung hervorruft. Die Lichteinwirkung zum Auslösen der
Keimung wird unnötig, die Keimung erfolgt also auch bei Dunkelheit,
wenn die Körner statt in destilliertem Wasser in Knopscher Nährlösung
oder auf Erde zum Keimen gebracht werden. Die beschriebenen Tat-
sachen sind zuerst durch Lehmann, dann von Gaßner beiden Körnern
von Chloris ciliata gefunden worden und eine Verallgemeinerung wäre sicher-
lich verfrüht, aber es macht doch den Eindruck, als ob die keimungsbeein-
flussenden Momente, Licht, Temperatur, Nachreife, Sauerstoff, qualitative
Beschaffenheit des Keimbettes, in ihrer Wechselwirkung bei jeder Samen-
keimung wirksam sind und daß jedenfalls beim Ankeimen in allen Fällen auf
diese Momente ein Augenmerk gelenkt werden müßte. Auf die Wichtig-
1) C. Neuberg, Die Beziehungen des Lebens zum Lichte, Berlin 1913.
6 I. Anzucht von Keimlingen.
keit des Substrates für die Lichtkeimung bei Samen hat schon früher
G. Lehmann aufmerksam gemacht, welcher zeigen konnte, daß
Samen von Ranunculus sceleratus, die auf Filtrierpapier im Dunkeln
nicht keimten, unter sonst gleichen Bedingungen auf Erde oder Knop-
scher Nährlösung bestimmter Konzentration leicht im Dunkeln zur
Keimung gebracht werden konnten. Einen wie großen Einfluß die
Wahl des Filtrierpapieres als Keimbett übt, zeigte EE Lehmann
an den Samen von Atropa Belladonna, die einmal auf gewöhnlichem
(ungereinistem) Filtrierpapier, das anderemal auf Filtrierpapier Nr. 400
von Drewerhoff, Dresden, zur Keimung ausgelegt, im ersteren Falle
zu 0 % keimten, im letzteren zu 40 %. Die Samen des französischen
Raygrases zeigen im Keimbette große Neigung, zu verschimmeln und zu
faulen. M. Heinrich!) brachte die Samen entspelzt ins Keimbett,
wodurch der Keimungsverlauf sehr beschleunigt wurde, einerseits infolge
Wirksamkeit des Sauerstoffs auf die Mobilisierung der Reservestoffe, ander-
seits auf die Zerstörung der Bakterien, denn die das Faulen verursachenden
Bakterien sitzen hauptsächlich zwischen den nackten Samen und den
ziemlich losen Spelzen. Statt des Filtrierpapieres haben sich übrigens
Baumwolläppchen bewährt. Sie haben den Vorteil vor Filtrierpapier,
abgesehen von dem etwas größeren Keimergebnis, sich bequemer hand-
haben zu lassen, da die Samen beim Befeuchten nicht so leicht zu-
sammengespült werden und beim Abheben der Keimlinge die Würzel-
chen weniger fest an der Unterlage haften.
Einen sehr zweckmäßigen Keimapparat, den Lehmann u. a. auch
für die Prüfung des Lichteinflusses auf die Keimung benutzt haben, hat
Rodewald?) angegeben; derselbe besteht aus einem Zinkblechkasten,
in welchem eine Drainage aus Glasröhren liegt (Fig. 6). Die offenen
Enden der Röhrenzweige, die vor der Ausmündung etwas verengt sind,
werden mit Asbest oder Watte lose verschlossen und darauf der ganze
Kasten ca. 4 cm hoch mit ausgeglühtem und mit Salzsäure gewaschenem
Seesand gleichmäßig angefüllt. Dann ist von der Drainage nur das
hochgebogene Rohrende zu sehen, das durch einen Kautschukschlauch
mit der abwärts gerichteten Glasröhre F verbunden werden kann.
Dieser Sandkasten wird in ein Wasserbad aus Zinkblech gestellt, das auf
dem Tische A befestigt ist. In dem Wasserbade liegt am Boden eine
ca. 21, cm dicke, mit Alkohol gefüllte Röhre, deren eines Ende rund
zugeschmolzen ist und deren anderes Ende in eine dünne Röhre übergeht,
die sich durch einige Biegungen der Gestalt des Wasserbades anpaßt
und sich dann in eine U-Röhre verwandelt, die bei T sichtbar ist. Der
u-förmige Teil der Röhre ist mit Quecksilber, der übrige Teil völlig mit
Alkohol ausgefüllt. Die Röhre dient als Thermoregulator, indem das
Quecksilber, wenn es sich durch die Ausdehnung des Alkohols verschiebt,
den Gaszufluß zum Brenner in bekannter Weise reguliert. Eine Tem-
peraturveränderung des Wasserbades um einen Grad verschiebt das
Quecksilber um ca. einen halben Zentimeter, was eine sehr empfind-
liche Temperaturregulierung gestattet. Der Sandkasten hat Füße, die
so hoch sind, daß die Röhre nicht gedrückt wird. Das zum Heizen ver-
!), M.Heinrich, Über die Erfahrungen bei den Keimprüfungen 1910/11,
Landw. Vers. stat. 78, 165 (1912).
®)H. Rodewald, Zur Methodik der Keimprüfungen, Landw. Vers.-
Stat. 49, 278 (1898).
I. Anzucht von Keimlingen. 97
wendete Gas geht bei K über gebrannten Kalk, von dort zum Thermo-
regulator und dann durch eine Bohrung im Tisch zum Brenner B, der
aus einem Messingrohr besteht, in welches vier Spitzen aus Speckstein
mit je einer feinen runden Öffnung eingesetzt sind. Über den Flämmchen
stehen auf Dreifüßen Messingbleche, die die Wärme verteilen. Der
Heizraum des Keimapparates, in dem der Brenner B liegt, kann durch
die Klappe V verschlossen werden. Durch verschiedene Öffnungen
können die Verbrennungsgase entweichen, resp. frische Luft zuströmen,
D
2
te
IE
7 ,G5
}
Fig. 6. Keimapparat von Rodewald.
die Wärme verteilt sich sehr gleichmäßig unter dem Wasserbade. Der
Sand im Sandkasten steht in keiner Verbindung mit dem Wasser im
Wasserbade. Vor Gebrauch wird der Sand zunächst mit Wasser über-
gossen, so daß es ca. 1 cm hoch über dem Sand steht. Dann wird die
Sandoberfläche mit einem Lineal geebnet und die Drainage durch An-
saugen des Hebers H in Tätigkeit gesetzt; das auf dem Sande stehende
Wasser fließt ab. Wenn die Oberfläche des Sandes nicht völlig hori-
zontal liegt, so werden die höheren Stellen zuerst aus der Wasserober-
28 I. Anzucht von Keimlingen.
fläche hervortreten und man kann dann während des Abtließens den
Sand völlig horizontal legen. Schließlich stellt man unter den Heber H
ein Glasgefäß R mit breiter Mündung, das mit Wasser gefüllt wird und
aus dem sich der Sand durch die Drainage selbsttätig befeuchtet. Der
Feuchtigkeitsgrad des Sandes hängt von der Höhe des Wasserspiegels
in R ab. Steht dieser mit der Oberfläche des Sandes in einer Ebene,
so steht auch das Wasser im Sande in der Oberflächenebene. Der Sand
saugt aber durch die in ihm wirksamen Kapillarkräfte auch dann noch
Wasser aus R, wenn die Wasseroberfläche in R sehr beträchtlich tiefer
liegt als die Oberfläche des Sandes; eine Niveaudifferenz von ca. 8 cm
zwischen Sand- und Wasseroberfläche gibt dem Sande gerade den richtigen
Feuchtigkeitsgehalt. Der Wasserspiegel sinkt, der Wassermenge ent-
sprechend, die aus dem Sande durch Verdunstung usw. verloren geht,
und muß täglich wieder auf die normale Höhe gebracht werden. Auf
den Sand, der nach und nach die Temperatur des Wasserbades annimmt,
werden Keimschälchen gestellt und leicht angedrückt. Es sind quadra-
tische poröse Tonschalen in den Dimensionen 5x6 cm und 1 cm hoch.
Sie sollen nach der jedesmaligen Reinigung unter Wasser aufbewahrt
werden, wodurch sie ihre Porosität bewahren ; sie lassen sich im Papinschen
Topf sehr gut sterilisieren, werden dann mit dem Blechgestell, auf dem
sie in den Autoklaven kommen, herausgehoben und unter Wasser ge-
setzt. In die herausgenommenen nassen Schälchen werden die Körner
geschüttet und mit dem Hornspatel gleichmäßig verteilt. Auf dem Wasser-
bade des Keimkastens ist ein Deckel F angeschlossen, der mit Zinkblech
ausgeschlagen und mit einer durch Kitt wasserdicht eingelegten Glas-
platte verschlossen ist. Bei geschlossenem Deckel kondensiert sich
der Wasserdampf, fließt in Tropfen nach hinten und wird durch einen
unter dem Deckel vorspringenden Blechrand dem Wasserbade zugeführt.
Am vorderen Ende des Apparates, wo die Glasröhren zum Vorschein
kommen, ist der Deckel etwas kürzer als das Wasserbad, dadurch ent-
steht Platz für die Röhren, die übrigens so gebogen sind, daß sie das
Schließen des Deckels nicht hindern. Das Sandbad wird durch den Deckel
völlig bedeckt, aber das Kondenswasser tropft stets in das Wasserbad.
Der Deckel muß zum Lüften und Abtrocknen der Proben täglich zwei
Stunden geöffnet werden. Mit der Zeit verstopfen sich die Filter der
Drainage, worauf diese umgelegt und mit neuen Filtern versehen werden
muß. Natürlich hängt die Zeit des Funktionierens von der Reinheit
des zugeleiteten Wassers ab, in der Regel ist die Funktionsdauer ein
halbes Jahr oder länger. In diesem Apparat ist z. B. die Beleuchtung
horizontal nebeneinander stehender Schälchen von oben durch die ab-
schließende Glasscheibe leicht möglich, was für Versuche mit licht-
keimenden Samen große Vorteile bietet, ferner ist die Temperatur-
regulierung und Durchlüftung des Apparates eine sehr gute. Wie sehr
es bei solchen Versuchen notwendig ist, sich einer künstlichen Licht-
quelle zu bedienen (der Inkandeszenzstrumpf einer Grätzinlampe liefert
drei Wochen hindurch fast dieselbe Lichtstärke, muß aber dann aus-
gewechselt werden; freilich treten hier die kurzwelligen Strahlen sehr
in den Vordergrund — 158 Kerzen im Grün, 63 Kerzen im Rot — während
bei Petroleumlicht die roten dominieren), liefern die Zahlen vonWeber,
der in der Natur in wenigen Sekunden Änderungen von 100 % in der
Lichtintensität konstatierte. So herrschten an derselben Stelle um
12 Uhr mittags an aufeinanderfolgenden Tagen folgende Intensitäten:
I. Anzucht von Keimlingen. 29
9. März 2700 H.K.
10. FF ADMO
Il, Er 5000775
76 di 18 400 ‚„,
See 10253000 5
und die dreijährigen Monatsmittel betrugen:
JanvarTAUREISRe rule 50 020 H.R. '
Februar 23000 „ | August 57190 „
März 34760 „, | September 38 080 „,
April 49 820 „, , Oktober. 4/26 770., »
Mai SUCH | November 9743 „,
Juni HU2S072 Dezember 5 469
Wie jeder physiologische Prozeß ist die Keimungan b estimmte
Temperaturen gebunden, deren Grenzen aber nicht allzu enge sind:
sie schwanken zwischen 0—15 0 C nach unten und 35—40 ° C nach oben,
wobei sich eine Verzögerung der Keimung bei Annäherung an die Tem-
peraturgrenzwerte ergibt. Das zwischen Minimum und Maximum ge-
legene Temperaturoptimum der Keimung ist aber kein Mittelwert zwischen
den Grenzzahlen, sondern liegt dem Maximum weit näher als dem Mini-
mum. F. Haberlandt ei jolsenee Werte an:
Min | Maxi- | Opti- Die Keimung erfolgt mit dem Hervor-
mum ; mum | mum brechen des Würzelchens in Tagen bei
in Graden Celsius 4,382.02171025 EC 715752.@27 1IIZE
Weizen . 3— 4,5 30—32 | 25 6 3,0 2,0 1,75
Roggen . 1— 2 30 25 4 2,5 1,0 1,0
Gerste 3— 4,5) 28—30 20 6 3,0 2,0 ea
Hafer 4-5 | 30 25 7 SE: 215 2,0
Mais f s-710 740448755 — 19525 3225 3,0
Moorhirse . . 8—10 40 32—35 — Mes 4,75 | 40
Reis . 10—12 | 36—38 | 30—32 — 1 | — 1.
Französisches |
Raygras. 3 I 28 9 1.5. 45 3,0
Lieschgras 3— 4 | 30 26 — 6,5 35 3,0
Raps. . 23— 3| ? ? — — 9,0 6,25
Weißer nf, 1 | ? ? 2 1,5 1,0 0,75
Leindotter. . 1 ? | ? 4 2,0 ae 1e5 1,0
Lein BR 2— 3| sr 25 8 4,5 2,0 2,0
Mona... 3— 4, 32 26 10 4,75 2) 2,0
Mabakı 2. 13—14 | 35 28 — 9,0 6,25
Banf ...'.. 2 45 35 3 2:0, 2 220 1,0
Kümmel .. s— 9 | 30 25 — 16,5 52645 5,25
Möhre E 4—-5| 30 | 25 — 6,75 Aa
Zuckerrübe 4— 5 | 28—30 25 22 9,0 an a
Sonnenblume 8s— 9 35 28 — 25,0 3,0 | 2,0
Rotklee . 1 37 30 7,9 3,0 1,75 | 1,0
Luzerne .. 1 37 30 6 Sa DD 520
Fisole SR 10 | a3 32 _ 3,0 3,0 I 29:75
irbsor ... . 1— 2 35 30 5 3,0 1975 1975
limse. . «4. 4-5 36 30 6 4,0 2,0 1,75
Wicke 1— 2| 35 30 6 5,0 2,0 2,0
Hopfenluzerne Denn 3a 35 28 10 75) 4,0 3,5
Lupine 4— 5 3738 | 28 a
Melone .. 12-15 40 | 35 — — | 15,0 KOTER
Gurke 12 40 | 35 — — | 4,5
Kürbis 12 40 | 33—34 — — K0779,, 2420
Paradiesapfel — — | — — 6,0 3215
Buchweizen . — | — — 8 As 348 3,0
Saubohne . — | — —— 7 6,5 4,75 4,25
Platterbse . — — — 7 3:5 ID 9,25
Esparsette = | — — — 7,25 3,5 3,0
30 I. Anzucht von Keimlingen.
Man ersieht aus dieser Zusammenstellung, daß die Fähigkeit, bei
einer Temperatur von + 4 ® Ü zu keimen, einer großen Reihe von Samen
eigen ist, wobei sich allerdings die Zeitdauer, die zur Keimung benötigt
wird, um so mehr erhöht, je näher die Temperatur Minimum liest;
Zuckerrübe braucht bei einer Temperatur von 9° C 22, bei 16 ° Wärme
nur 3%, Tage zur Keimung. Daß aber nicht allein die Mobilisierung der
en durch die Wärme bewirkt wird, geht daraus hervor, daß die
höhere Temperatur durchaus nicht durch eine längere Zeit einwirkende
niedrigere ersetzt werden kann. Bei 0° kamen in Haberlandts
Versuchen zur andauernden Entwicklung u. a. der Senf, der Leindotter,
der Rotklee und die Luzerne, während das Temperaturminimum für
die Keimung von Pflanzensamen aus wärmeren Klimaten wie Sorghum
saccharatum, Oryza sativa, Ricinus africanus, Gossypium herbaceum,
Sesamum orientale usw. zwischen 10—15 ° C liegt. Je größer die Differenz
zwischen Minimum und Maximum, um so größer die Verbreitung der
betreffenden Pflanzen; so ist beim Hanf die unterste Grenze 1°C, die
oberste 45 ® C, die Differenz also 44 °, während sie beim Ricinus nur
20 ® beträgt. Hier gilt etwas ganz ähnliches wie bezüglich des Licht-
genusses, von dem später die Rede sein soll. Die Minima sind, wie er-
wähnt, für die Pflanzen wärmerer Klimate höher. Die folgenden, durch
Haberlandts Versuche ermittelten Werte zeigen, wie bei einigen .
Pflanzen wärmerer Klimate sich mit der Temperatur die Keimdauer
verschiebt:
[19 o]|ızvo| 1°C]: | 20° © | 25° c | 30° c |35° © | 40° C | 45°
&
z n : m | A En N
se: E ek : E > ee
gel =] z = 2 ei B Sala Seel: ,|Je 3 ei 3
EIER FEIERIEFIERIFEIF FIEBER BIER ERIERIEFI RER
ES FRES ES EHESIEHE SERIES EHE EEG FRI
:"EFEFEFE FE
el EP EBEER IE BER Re) Ve")
Sorghum saccharat. |— | — | 14382] 27 1261 56 | 93| 37) 41| 2534| 1442| — — | — | —
Penicillaria spieata|— —| 4420| 9149| 10 1135| 13) 70] 1043] 7739] — — I—|—-
Oryza sativa. . . .|— —| 68470] 953 166] 96 1124| 97 77] 9754| 82)59| — —I— | —
Rieinus africanus . |— — | — —I 401227| 75 |125| 90) 81] 85/59 | 70165 | —| —I— | —
Hibiseus cannabinus |] — —| 2360| 14116| 12 66| 15 54| 10 38] 1137| — — | — | —
(Gossypium herbae.|— —| 3456| 54136| 74 | 89] 68) 58| 50/52] 65) 53 | 15] 70 | — | —
Chorehorus olitorius -—- 1 —| —| 54, 83] 40 | 77] 62] 68 82163] 46) 251 14 70] — | —
Sesamum orientale [— —| 5456| 95,144] 92 |109| 96) 42]100) 24 [100] 22] 92| 46 | — | —
Cueumis Melo. . .|— | — | —| —I 121302 78 151 54 67| 56 54 | 32] 41] 20) 48 | — | —
Phaseolus Mungo .|85 432[100 360[100| 561 86 47|100) 28[100| 24 [100 22 |100| 22 | — | —
Cajanus bicolor . . [— — | 50456| 44/200] 52 1145| 44 67| 46/58 | 34 70] — — I — | —
3öhmeria nivea . . I— | — | 39475| 48199] 50 1170| 51,159] 501 78] 6 70| — — I— | —
| |
Zahlreiche Gifte erhöhen in sehr geringen Mengen die
Intensität des Keimungsvorganges, wirken als Reizmittel und
beeinflussen gewissermaßen katalytisch den Prozeß des Stoffansatzes. Be-
sonders Mangan- und Aluminiumsalze wirken nach Stoklasa wachstum-
fördernd. 1% Bleinitrat, 0,01 % Borsäure in der Nährlösung wurden
von Bertrand bzw. Agulhon als günstig erkannt. Bokorny
stellte fest, daß 0,01% Cs,SO, die Gerstenkeimung, 0,05 % Li,SO,
die Erbsen- und Linsenkeimung, Rb,SO, zu 0,2% die Keimung von
Weizen, Erbse, Linse, Bohne, Kohl fördern; 0,005 % CS, haben den-
selben Erfolg bei Gerste, 0,01 %, K,CrO, bei Bohne und Linse, 0,0005 %
HgCl, bei Kresse, 0,0025 9%, CuSO, bei Gerste und 0,005 % CuSO, bei
I. Anzucht von Keimlingen. 3
Kresse, 0,0025 %, Phenylhydrazin schon nach zwei Tagen bei Kresse,
0,0025 % Anilin an Gerste und Kresse, salzsaures Hydroxylamin zu
0,01 % bei Gerste, 0,001 % HF bei Erbse, Linse, Gerste. Der letztge-
nannte Autor, der eine große Reihe von Stoffen auf ihr Verhalten zur
Keimung prüfte, zog die Samen direkt in der Giftlösung, welche auf
Fließpapier gegossen war und brachte sie hier zum Keimen. Es sei hier
eine tabellarische Übersicht der Keimungsversuche Bokornys!) ge-
geben. (Siehe die Tabellen auf Seite 32-35.)
Äthylalkohol ist zu2% nachteilig für Wurzeln bei Bohne, 1%, nurnoch
wenig, 0,5% ist förderlich, Propylalkohol im Betrage von 2 %, schädlich,
Isobutylalkohol schon von 0,5% an, Amylalkohol ebenso, von Schwefel-
kohlenstoff verzögern 0,02%, die Keimung bei Gerste, 0,01% sind
gleichgültig, 0,005 %, fördern das Wachstum, dasselbe gilt für Kresse.
Ebenso ging schon früher bei Behandlung des gleichen Problems W. Sig -
mund?) vor; er ließ die Samen 24 Stunden in der Auflösung der zu
prüfenden Substanzen in Wasser quellen und setzte sie dann zwischen
feuchtem Filtrierpapier auf einer ebenfalls feucht erhaltenen Unterlage
von Sägespänen in flachen Schalen zur Keimung aus. Eine gleichmäßige
Befeuchtung wurde teils durch Zufuhr gleicher Wassermengen erzielt,
teils dadurch, daß zu jeder Keimschale ein mit Wasser gefülltes Becher-
glas gestellt wurde, aus welchem ein wassersaugender Papierstreifen
ins Keimbett hineinragte. Die Wirkung fester, im Wasser nicht oder
schwerlöslicher Stoffe wurde derart untersucht, daß auf eine Unterlage
von Sägespänen ein Blatt Filtrierpapier gelegt wurde, auf welches der
feste Stoff in Pulverform gestreut war; die Versuchssamen wurden ohne
vorherige Quellung auf dem Filtrierpapier verteilt, mit dem gepulverten
festen Körper lose zugedeckt und dann mit Wasser befeuchtet. Der Ein-
fluß von Dämpfen auf die Keimung wird untersucht, indem die
Keimschalen unter Glasglocken gebracht werden, die mit einer Sperrflüssig-
keit abgeschlossen sind; ist die Sperrflüssigkeit Wasser, so ragen aus
ihr in die Keimschale saugende Papierstreifen, sonst muß durch Wasser-
näpfe unter der Glocke für Erhaltung des feuchten Luftraumes gesorgt
sein. Selbstredend ist immer darauf Rücksicht zu nehmen, ob die be-
treffenden Dämpfe oder Gase in Wasser löslich sind: ist dies der Fall,
dann kann die angewendete Menge des gasförmigen Mediums nicht als
voll zur Wirkung gelangend angesehen werden. Ist genügend Substanz
unter der Glocke, daß die Dämpfe unter den herrschenden Temperatur-
und Druckverhältnissen den Luftraum dauernd erfüllen, dann ist die
Menge des wirkenden Gases oder Dampfes aus dem Volumen der Glocke
zu bestimmen; ist das aber nicht der Fall, wünscht man eine geringere
als Vollsättigung des betreffenden Raumes mit dem gasförmigen Medium,
dann muß man zunächst die Tension der verdampfenden Flüssigkeit
kennen und danach mit Berücksichtigung des Glockenvolumens die
Dosis der verdampfenden Flüssigkeit bemessen. Handelt es sich um ein
Gas, so kann man, wenn Vollsättigung erwünscht ist, dasselbe mittels eines
gebogenen, durch den Kautschukstöpsel der Glocke, welche natürlich
auf einer Glasplatte luftdicht aufgeschliffen und mit Vaselin gedichtet
sein muß, bis zum Boden der Glocke reichenden Glasrohres hinein-
) Th. Biokorny, Über den Einfluß verschiedener Substanzen auf die
Keimung der Pflanzensamen, Biochem. Zeitschr. 50, 1 (1913).
») W. Sigmund, Über die Einwirkung chemischer Agenzien auf die
Keimung, Landw. Vers.-Stat. 47, 1 (1896).
I. Anzucht von Keimlingen.
al
ap)
0/70 Parma oT
-SUIBAIZIN MA
0/10 Jwuwmayo/oT
ıyawı Fyoru
“wın
‚pywessugploA |
|
“yaıpeyps
381 0/, [ “Sruom
ur Juuwor 0/, T‘O
"ıyour Jyoru
0/10 Puma o/g]
"Juno
% 10 oN
“ıqaw Jydıu
0/70 uuwat 0/oL
"yaıpayos
IST 9, I “Fruom
uro Juno 0,0 1°0
"SEM
| ypou Juwoy 0/9,
"yoıpeyps
981 0/0 L "you
yuwoy 0 10
ıyow
yydru 0/, [‘0 “Stu
-9M Jwwot 0/9 I
HOIDEN2E
AuoS o/y J "wuny
-SUDBNJOZIn A
sep Juwoy 0/, [0
“ıyaw Jypıu
0/10 ‘Jwuwou 0/ol
|
|
|
"JI9PUILIIA
0/,6 'ayowıJy9Lu
4887 0/, I 'Dıuom
u ywwau 0%
Opa 9B
ayas 0/,] yypıu
yopeyds 9% 10
"yaı
-peyosun 0/, 30
‘Jwwoy 00 1
yorpeyas 99%
"SBA
-43 pouU uwoy
|% 170 ‘yoy
"ZIU9M UT90,,]‘0
“yaesywwato/gL
-Peyds ıyos 0/5, I
‚ıyow Iyaru
0,70 ‘Zunw
-1ay op 424
-QPEJuID9q 0/9 I
Sauuwmayy 19p umy
-SUDB A SEP JoIoIydwuag 9% TO
"yıBIs JO1yoRBa}
-u1994 0% TO
| ‘yoru 188
0, C00 ayawuı
9ISI94) LAY
"Zunwio‘y
Hp AOpuıyıaAa
fo yoıayora
yes Junumoyy
Ip Open
"JS 0/, TO ISNYPBNuLD9A4 uoztaay TOq OL AM | -umoq %/ 10
I |
| "you "you Fjpıu "ıyouı Jypru |
' yyDru 3887 0/, [0 | 0% 600 "ypou \0/,]'0'Sunwoyy |
_- ywwoy 0/, GO | Jywwou %, TO | PIıp ywwuay 0/,C'Q —
"oz 'Sturogouu |
| 48.19 0/,G ypıu |
- | - — opeyds %oL| —
“gnpyummg 9uyo
SPIBEMAB 0/, 10
uoAa ‘ypıppeyas |
—_ | = "OSALT OL | ypou on 830) —
[yoyosnwox) osurg vuyog osqay u9zıo A
TE e— TTV
24 %06
-9M Jwuwou 0/,]
OSSOLY
Jy9LU JSBF 0/, TO
ywumg 0, €0
"npud uuo
9/0 “yorqey
-19 JulwmoUu 01
9IS100)
° + mnMDTE9IOLUg
yeıpuwnısauseN
° peapuunmfe)
yerumey
° yenluwndgeN
yes uoww V
eINtUUoWwuy
NrIUTES
" wnLIBUIOLyJ)
yeyd
-soydummeyouoW
WNIENIOIU,)
ap)
lan)
ingen.
l
em
Anzueht von R
L,
Osqıg AIM
“augogr 10q Or
"puoqroTq
-yonınz SEM
-19 0/0600 MN
Osqıy IM
Suyog 19q OLM
yDıpyPRyoq
419PA0F 0/9 CO
upozan A
any anu 0/8300
"OSqIT PLA
"pu9sıp
-BUdS yaıpygu
-1I8 9/30 T'O
"IyDIUAOgB'PIOF
Iypru 0/9 800
‚10 A'puomapaq
Su 8
"OITLOPIOF ay9Ss
%/06.0 yOHIpRy>s
SEAIO
gorpygw
-Ime 4Sıpeyds
80 SIq 0% T’O
-Sunads
u9oBL yavu |
‘PuTOp1gF 9/0 60°0
“yopeyos |
%/o T00°0 on
you]
"Sunwmo‘
0/9, EO PIP EPAQF 0/0
"wSRBL 8 yaeu
yaıpynap Ayos
JTOPAOF 0/9 100
PuopıQF
%/ 8000 “ya
| -pgyds 0/9 00
| "ıyouu
| yyaru 0 800
yepnsumıpıqny
yeypnsunmseeg)
yeypnswntygrr]
Te
SIINBSWOLUD S9JOY
ey] s91
— yarrpeq»s 0/,1‘0 | ‘yaıpeyas 0/, T'O | -PeyPs ıy9s0/%T'O | — — pıpeyos 0,7'0| -neswong sOALO%)
| “yorg "u9oBL ST yaeu | |
-peyosum0/,C0‘0 ‚ Suny. yPpuad |
| ‘u93®]L, SI yoeu -1pgyos 0/, 30 "ıyout
| Suny.ıL A9pu9S '10q ‘ypıpay9s you 0% 20
— -ıpgydS 0/ TO, "yoıpeyps 0/30 | Ypou %o EO| — == yaıpeyos 0/1 " yepjnsuwdugm
| -yoıpeyos | , Tpeyas "you | "yPITpeyds
= Iypou 0/0 30°0 — |pou 0% 800, = = you 0% 80'0| * * Yeypasunupe,)
| | | "Putop.XoF IyoTu
| "you | 19q8 "ITpeyosun
ı yppıppeyosun yyou 0/00 | "yarpeyosun | | 0/0800 N 9/0 TO'O
— %/ 00 Pun 0/9 T°O | 'MOSOZIOA 0/9 1°0 | 9/0. 30°0 PUn 9/0 TO = = ı yarıpegps u gQ| ° ° ° ° Tomyayuız
| 'gupurg ouyo |
| | 1/0 800 “urez "gngum
| -ın MA 91Pp (99909) | Puyo IST 0/, 0°0
= | == = | = = Fıpeyps 0/, TO, ‘yuuroy 0/5 TO " ° ToAUOSIY
| Zunwoy |
| ‚aıp runopyas |
-»qQ 9/ G000°0
ayowu yyoru "yıB)s
| | | 0/ [000 qıeIs | upszıny IP
ir | = | = er | == YSıpeyas 0/,10°0 Hıpeyos 0/9 T00| ° ° ° ° " yewipgng
"Dunu you
-[9Y Ip Jaopury "Zunu | 4yaru 0/0 CO0O
0/ T000 pun -T0yf eIp you 'SEMIO YOU ‘puswwoy Sem | "UHAONSNY SEP
yuwoy 0/,T000°0 | Fuwoy 0/ T00°0 a | yuuwoty 0/9 1000°0 — -79 PLA 0/9 700 | HOpuny0/,7000°0| ° ° " ToryrArogdny
1yoya9snwang osurg ouyog | osqay u9zıoM OSS9LyY 978199
rafe, Ernährungsphys. Praktikum
G
I. Anzucht von Keimlingen.
ap)
[yoyosnwosn)
719PAQF 9/, LO0°0
‘SB MIO y9ou
ywwoy 0% 100
OSUur’T
Symaypro]s
9/o T00°0 "SB
yuwoy 0/0 TOO
uyog
79}
-99,,1°0 wuney
Ppeups 90 [0°0
MOPAQF 0/0 100.0
"[pey»sun 0/y 10
yorpayps 0/9 CO
OSAQAIMT
m —
Opeyas 0/, CO
"Iydıu
yppreıps 00
| *0/o 100 199%
IyoAa ‘wney
ywwoy 0/9 CO00
"Iydıu
yuwwogu
| u9zıo A
|peyasun 0/10 |
% TO
“ıuow
'Apru 0% 10°0
yuuay 0/0 TO
‘Yyaıu 49PeyDS
0/0 1000 I
%/ 10 "yPray9Ss
yuway 9 T0°0
‚Sms
-YDLO]S 9/0 100
yıes 98
|
%/, [0 yPrayds
yuwoy 0/6200,
"ums
-y9ro]d 0/6 10°0
yuwoyg 0/9 10
‘ > an
ypıppayds os 0|
Y9pry9s 0/, CO
“Ipeyosun‘/oT'O |
| "Zıu9M ur
MOPIQF 9/0 C0°0
| -0SsU949 %o 1000
| MOPAQF9/ETO0 0
| "II9PIOF 0/HC00'0
you yypıu
|0/, 100 *swago
'ywway 09/9 E00
"Iydru
yuwau 05 TO
"y9ou
| yuwoy 0/, E00
'11950Z.1940/,10°0
"yQDou
| JI9IOZIOIA 0/, [0'O
OSSOLN
"19307 0/5 T’O
PPry2S 0/, 100
‘JASPA9F 0/9 T[00'0
‘
'Sıuna]yasaq
0/n go "rypıu
'SZULLIAA 0/, TO
Symdqora]s
0/9 T0°0 "Sea
ywwoy 0/0 10
‘Japeıps 0/, €0
"9pByDs 9%, C0
"ZıuaM U
JIOPIOF 09/, E00
ı gapgum vugo
0/ 1000 "OP
104 9/0 8200 0
“ayouu wney
yuwou 0/9 C00°0
"SEAILDO uoyds
MOPAOF 9% TO
O]IS.AIO x)
° geexoreyg
9ANBSguLT
WNILIBULON]T
9DNPJUOIEN
“... oönefeM
° Jeuoqıwyuowuy
pAxoıpAyum
-TUOWWB[ÄUIBENIOL
+ + wpuy
"wizeipAyjAuoyg
° 9° utwe[Ägggıill
UTWB[ANX
-OIpÄH SOAmBSZIeS
yPrIUuowwuv
35
I. Anzucht von Keimlingen.
"Zgsundun uos | | |
-BL 8 ydeu 3819 | |
‚adurumoyy oIp “yo | |
— | = uossnyuradägqo/„G | -XOpAQF IST 0/0 I Sr | BF == " TOyoyeTÄgoN
| | "yıB]S 2103
| -0ZWA 9% 100
| | ‘70993 9/0 LO ya]
— | —_ — —_ — -peyosun 0,100 = ‘ pÄyopjewıoF
“ıyouu Synd en
you 0/, C30°0 93 | -YDIO]2 0/6 C20°0
‘SZunwriayf 9Ip |‘Sunwmyg P1p | | -OZIHA 0/,CZ0'0 | Zununay] 91p
JIOPUTLIOA 0/, [0 | POPULTABA 0/9 [0 — — | — ‘aapuıyaaAo/,fo | yopuıy 0%, TO] ' " Samesussmwy
| "ıyow yyoru
%/ 100 ‘sen Gryrumey)
_ yuway 00 TO| = aıneg asıyodeg
| npum
| | | ‚duo 0/, T0'0 |
== | zZ | Zus — | nz ywwmoy 0% TO. — "HAnBS SsıpPAmyog
| | ums |
-Oro]3 0/0 100
| 30707 0/, 1 'qawls |
yuuoy 09% 10 - TE INREILOCH
Synaypıors
| | | 100 yarptoun |
= — | — | = — yuuoy vo T0| —_ - 9amgstoydsoyg
| | | SunFgdrod
| | | 9, 100 yueIs
S — — yuway 0/, 600 _ + 9mespoppmug
"ıyou Jyoru |
0/1000 Fun
— | = | — _ _ u Juway 0/00 | _ " yeugdugunodiıey
ypıu 13
| 0/, 1000 "Fruom
3° — u >3 Fi uroFwumoyo/oL00, TE mei poR
‘Zu |
| -9M U FWWoU "y[1e4S
© ur 2 = u % TOO Won yuwayg 0 T0f ° ° : "yeroryppıey
“Sumagora]s
F= = — — _ 0/,T0°0'IPI04%/01°0 | = ra SinReiBxe)
1yoydsnwan | asurg ouyog osqaq u9azıo Mm assoay 048194
36 I. Anzucht von Keimlingen.
und mittels eines zweiten, kurz unterhalb des Stöpsels endigenden
zweiten Glasrohres hinausleiten. Tritt das Gas bei diesem Rohre, durch
spezifische Reaktionen erkennbar, aus (CO, trübt Kalkwasser, O, läßt
einen glimmenden Span aufflammen, H, entzündet sich und brennt
mit heißer, nicht leuchtender Flamme, wobei natürlich mit dem Ent-
zünden gewartet werden muß, bis alle Luft bzw. deren Sauerstoff mit
Sicherheit verdrängt ist, N, bringt einen brennenden Span zum Er-
löschen usw.), so ist die Glocke mit dem betreffenden Gase erfüllt. Handelt
es sich auch hier um teilweise Sättigung oder Mischungen mehrerer
Gase, so mißt man die Menge des einströmenden Gases mit Hilfe des
einfachen Gasmessers, welcher in der Medizin zur genauen Dosierung
des Chloroforms in Gebrauch ist. Ich pflege in der Weise vorzugehen,
daß ich zunächst das Volumen abmesse, welches durch eine oder eine
Anzahl Blasen des betreffenden Gases gebildet wird. Aus einem Gas-
entwicklungsapparat wird ein langsamer Strom des betreffenden Gases
entwickelt und durch eine gewöhnliche Waschflasche bestimmter Röhren-
dimensionen geleitet, so daß die Blasengröße stets gleichmäßig ist (natür-
lich muß man sich vergewissern, daß aus der Waschflasche keine Luft
mehr, sondern nur das betreffende reine Gas austritt). Die gezählten
Gasblasen werden unter einer Sperrflüssigkeit in einem Eudiometer
aufgefangen und so das Volumen gemessen, welches eine bestimmte
Anzahl von Gasblasen einnimmt. Die Glocke wird zunächst mit einer
gut ziehenden Saugpumpe, eventuell mit einer Quecksilberpumpe luftleer
gemacht, wobei ein unter der Glocke befindliches oder vorgeschaltetes
Manometer den Grad der Luftverdünnung angibt. Das lange Glasrohr
der Glocke wird .nun durch einen diekwandigen Kautschukschlauch
mit der Waschflasche und diese mit dem Gasentwickler verbunden,
der Schlauch ist ebenso wie der am kurzen Glasrohr der Glocke befind-
liche mit einem starken Quetschhahn abgeklemmt. Man läßt nun den
Gasentwickler in Funktion treten, während der Schraubenquetschhahn
des längeren Rohres so vorsichtig aufgedreht wird, daß Gasblase um
Gasblase zählbar eintreten kann, wobei das unter der Glocke befindliche
Manometer eine wünschenswerte Kontrolle über die Menge des ein-
tretenden Gases liefert. Auf diese Weise ist es möglich, auch Mischungen
von Gasen unter die Glocke zu bringen, indem man fallweise den Gas-
entwickler auswechselt und durch Abklemmen des Quetschhahnes
für jeweiliges Absperren des Gasvolumens unter der Glocke sorgt. Natür-
lich muß die Gasentwicklung immer vorher in Gang gesetzt sein, bevor
man die Verbindung mit der Glocke herstellt. Hat man eine verdampfende
Flüssigkeit unter die Glocke gestellt, so kann man nach Abbruch des
Versuches durch quantitative Bestimmung des zurückgebliebenen Restes
der Flüssigkeit bestimmen, wieviel davon verschwunden ist, wobei
zweckmäßig neben die Versuchsglocke mit den Pflanzen eine genau
gleich große, genau ebenso adjustierte, nur ohne Pflanzen gestellt wird,
so daß man die Menge des jeweils im Luftvolumen der Glocke befindlichen
Gases als konstante Größe in Rechnung ziehen kann. Solche Versuche
habe ich mit Formaldehyd angestellt und beobachtet, daß aus einem
bestimmten Formaldehydquantum aus einer gleichen Flüssigkeitsmenge
stets ein mit der Temperatur in proportionalem Verhältnis stehendes
(Quantum Formaldehyddampf ins Glockenvolumen entweicht!). Aus
ı), V,Grafe undL.v. Portheim, Orientierende Untersuchungen über
I. Anzucht von Keimlingen. 3
5 cem 4 proz. Formaldehydlösung wurden in die Luft einer 8000 cem
fassenden Glocke abgegeben: 0,013018 g bei 12 ° C, 0,01324 g bei 15 0 C,
0,017305 g bei 20°C. Von Wichtigkeit bei solchen Versuchen ist auch,
daß weder Keimschalen noch sonstige Gefäße, ferner auch das Keimbett,
namentlich Erde nicht dampfabsorbierend wirken. Die Gefäße dürfen daher
nicht aus porösem, sondern müssen aus glasiertem Ton oder am besten
aus Glas bestehen, die Erde muß mit einem gasdichten Überzug, am
besten Paraffin überzogen sein, welches den Vorteil mangelnder Affinität
zu den meisten in Betracht kommenden Agenzien aufweist und in flüssigem,
sießbarem Zustand auch empfindlichere Pflanzenteile nicht schädigt.
In den Sigmundschen Versuchen wirkten die verwendeten Sub-
stanzen folgendermaßen auf die Keimung ein:
. & Keimprozent bei
0,5 Yoige Lösungen von I
Erbsen Korn Raps Gerste
BrOrgestilliert . . : . . . 100 90 | 100 —
Le 100 | 100 | 100 —
Naldl 00 100 90 100 —
Ber. ...... 100 100 “= ze
CaCl, + 2H,0 100 | 90 100 --
Bno...... 30 90 | =
Be ...... 40 90 Kr e
MeCl, +6H,0 . 100°. | 100 100 _
RHLON,. TSHo0 ... 100. ° \ 80 jo “=
BREeN),.. ... WIRT, 100 20 To =
eHloralbydrat ... .... 100 | 70 100 | E=
Schwefelblumen . .... 100 | = 70 40
Bed... ... Er 20 | —_ 100%, | 60
alas 16) ee 90 | — — | 60
Zid. 6.6, 0 100 | — — | 80
0.8 60 — 70 | 20
MsO 20 — | — 50
Boa. .... 90 = 100 60
El — = — | —
Zement...» . 10 — — 40
Es ist auffallend, daß ganz indifferente Stoffe, wie zerstoßener
Schwefel, meist die Entwicklung verzögern und das Keimprozent
herabsetzen; dies ist wohl auf Spuren schwefliger Säure zurückzuführen,
ebenso wie Kienruß durch feine teerige Beimengungen schädlich
wirkt. Dasselbe dürfte auch bei Tabakrauch der Fall sein. Die dele-
täre Wirkung von Zink und Eisen ist auf die sogenannte ‚oligo-
dynamische Wirkung‘ von Metallen zurückzuführen, während das an
der Luft kaum veränderliche Antimon nicht schädlich ist; die höheren
Metalloxyde sind schädlich, z. B. Pb,O, als Mennige, während die niedri-
geren wie PbO (Bleiglätte) unschädlich sind. Von den überaus schädlichen
Superoxyden ist Braunstein noch am wenigsten bedenklich. Während
in Schwefelkohlenstoff gelegene Samen nach 24 Stunden nicht wesentlich
geschädigt sind, verhindern Schwefelkohlenstoffdämpfe ein nachheriges
Keimen in reiner Luft vollständig. Ein ähnliches Verhalten zeigen die
meisten organischen Substanzen. Sigmund hat eine große Reihe von
Substanzen auf ihre Bedeutung für die Keimung untersucht, auf die
die Einwirkung von gasförmigem Formaldehyd auf die grüne Pflanze, Öst. bot.
Zeitschr. 1909.
38 I. Anzucht von Keimlingen.
Einzelheiten kann aber hier nicht eingegangen werden. Bei der Unter-
suchung der Giftwirkung wurden bisher hauptsächlich die niederen
Konzentrationen der Gifte untersucht, da man annahm, daß höhere
Konzentrationen derselben natürlich ebenso deletär wirken müßten
wie niedere. Die Kurve der Giftwirkungen ist aber keine so einfache:
in kleinsten Dosen häufig die Keimung
beschleunigend, schädigen die Gifte in
steigender Dosierung, bzw. hemmen die
Keimung bei bestimmter Konzentra-
tion vollständig. Behandelt man aber
Samen mit noch stärker konzentrierten
Giftlösungen, so sieht man die Be-
einflussung wieder abnehmen. V.
Arceichovskij!) zeigte, daß die
stärksten Konzentrationen von des-
infizierenden Stoffen für die Samen
weniger giftig sind als die schwächeren
Lösungen. Die ungequellten Samen
wurden der Einwirkung des Giftes (For-
malin, Silbernitrat, Schwefelsäure)
durch 1 bis 256 Stunden unterworfen,
dann in einem besonderen Apparat eine
Stunde lang mit ca. 6 Litern fließen-
den, sterilisierten Wassers gewaschen
und dann zum Keimen ausgelegt. Der
Waschapparat (Fig. 7) bestand aus
Fig. 7. Waschapparat nach Areichovskij. dem gläsernen Waschgefäß, das aus
einem trichterförmigen unteren Teile a
und einem Deckel geformt ist. Von a gehen die Röhren b für Zufluß und
p zum Ablaufen des Waschwassers aus. Die Chamberlandkerze b dient
zur Sterilisierung des Wassers mittels Filtration durch Ton; sie wird vom
Gefäß g aus mit Wasser beschickt. Der ganze Apparat samt Filterkerze
wird vor jeder Waschung im Autoklaven bei 120 sterilisiert und dann
das Waschgefäß in die Saatkamera gestellt.
Formalinlösungen
Dauer der K
Einwirkung | "/s0/0 | */s%/0 |1/2%/0 | 19/0 | 290 | 4lo | 80 | 16% |3200 | 4000 N
y - re ge — 7 Tan gene Fr ge Re ee ea Sr = T e
Stunden Es keimten Prozente Samen
1 100 100 | ı00 |ı00|s6 | s6 | 73 | ss! 2 | 100 100
7 100.188 47, 7 1 02a 791 26 | 36 | 75 | 87 | 961100
4 80|ı 4) 24A|ı — | —- | — | — 16) 84 (ee
8 16| 4a| — | || —7 — | 00 Ver
16 20), — | = | 2 202)
32 wg RR 6 3> —| ||. — || 32 (ee
64 ln | De Een 22 u iz
128 — — — nr —ı—|38 28 | —)5394
256 — | | 2 er GE
Die Fälle der Nichtkeimung nach einer Aufbewahrung von 128
oder gar 256 Stunden unter Wasser oder Formaldehyd haben nichts
mit einer Giftwirkung zu tun, sondern sind auf Mangel an Sauerstoff
!) V.Arcichovskij, Biochemische Wirkung höchst konzentrierter
Lösungen, Biochem. Zeitschr. 50, 233 (1913).
I. Anzucht von Keimlingen. 39
zurückzuführen, während fließendes, sauerstoffreiches Leitungswasser
nach dieser Zeit nicht nur nicht schädigend wirkt, sondern das Keimen
beschleunigt. Fließendes Wasser ist überhaupt ein ausgezeichnetes
Keimungsmittel für größere Samen. Eine Glasschale von 10 em Durch-
messer wird unter einen dünnen, aber ziemlich kräftigen Wasserstrahl
gestellt, der ins Zentrum der Schale gerichtet wird und die Samen gleich-
mäßig bis zum Rande der Schale zurückstößt, wo sie sich in ununter-
brochener Wirbelbewegung befinden. So geht die Keimung gut vor sich,
und die Samen sind überdies während relativ langer Zeit vor Fäulnis
geschützt, allerdings verbraucht diese Versuchsanstellung viel Wasser
(150 1 Wasser täglich für einen Versuch). Ganz analog wie unter der
Einwirkung von Formalin sind auch die Ergebnisse mit verschieden
konzentrierter Schwefelsäure.
Schwefelsäure nn nnnn
Be sationen vnJIS BE 23 n 2n 4n 8n 16n 32n spez. Gew. 1,84
Prozentsatz gekeimter
Samen . . . ....94 9276 48 24 49,5 24.5 92 100 100 96 100
Allerdings zeigt sich in allen diesen Fällen die Keimung mehr oder
weniger verzögert, die Resistenz gegen die Mikroorganismen herabgesetzt.
Fischer)! setzt auseinander, daß die gut gereiften Samen vieler Wasser-
pflanzen ohne äußeren Anstoß überhaupt nicht keimen, selbst wenn
die Keimungsbedingungen noch so günstig sind. Solche Erfahrungen
wurden gemacht mit Sagittaria sagittifolia, Alisma Plantago, Potamogeton
natans, lucens und pectinatus, Hippuris vulg., Polygonum amphibium,
Seirpus lacustris und maritimus. Wenn aber z. B. Bakterien die Keim-
flüssigkeit ansäuern, dann keimen diese Samen. Im weiteren Verlaufe
zeigte sich, daß die H-Ionen der Säuren und OH-Ionen der Basen kräftige
Keimungsreize bilden, und zwar ganz entsprechend dem lonisierungs-
grad der betreffenden Lösung. Die Wirkung der H- und OH-Ionen
wird durch das Kation bzw. Anion der angewendeten Verbindung mehr
oder weniger beeinflußt, wozu noch Temperatur und Dauer der Ein-
wirkung kommen. Wie explosiv Säure auf ruhendes Protoplasma wirkt,
zeigt folgende Tabelle. Die Samen wurden mit 10 Mol. HCl bei 20° ©
behandelt und nach guter Spülung mit Leitungswasser bei 25—27 ° Ü
zum Keimen aufgestellt.
Behandlung mit Säure
1/& Minute| 1 Minute |2 Minuten!4 Minuten|$ Minuten
10 Minut.
Zahl der Samen . - 357 312 | 331 376 382 400
Gekeimt nach 13 Tagen Cr IL 10 1 _
InrProzenten.. . . . .| 18 37 64 PT 03. —
’
Die Reizung durch H- oder OH-Ionen verändert aber auch den Cha-
rakter der Keimung. Bei letzterer bleiben die Keimlinge etwas länger
farblos und auf einer Größe von 2—5 mm stehen, bei H-Reizung wachsen
die Keime etwas schneller und ergrünen auch rascher. Läßt man der
ersten Ionenbehandlung eine Behandlung mit dem zweiten Ion folgen,
so findet wohl gewissermaßen eine Neutralisierung der ersten Behand-
!) A. Fischer, Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize.
Ber. d. d. bot. Ges. 25, 108 (1907).
40 I. Anzucht von Keimlingen.
lung statt, gleichzeitig wird aber auch der zweite Keimungsmodus ein-
geleitet und setzt sich durch.
Gut studiert ist auch die „oligodynamische“ Wirkung (Nägeli)
von Metallsalzspuren ; so wurde beobachtet, daß Keimwurzeln in Wasser,
welches aus Metallapparaten destilliert worden war, nicht weiterwuchsen,
wohl aber trat normale Entwicklung ein, wenn das Wasser aus Glas
umdestilliert worden war. Silber, Blei, Zinn erteilen übrigens dem Wasser
keine schädliche Wirkung, wohl aber Kupfer; schon 1—2 Zehnmillionstel
Kupfergehalt soll zur Hemmung des Wachstums ausreichen; das beruht
auf dem merkwürdigen Speicherungsvermögen, welches die Pflanzenzellen
für die Salze von Schwermetallen zeigen, welches Speicherungsvermögen
ja bei einigen Pflanzenarten (Galmeiveilchen für Zinksalze, Polycarpaea
spiriostylis enthält Kupfer bis zu 560 mg im Kilo Trockensubstanz und
wird in Nordqueensland ‚‚copperplant‘‘ genannt, weil aus ihrem Vor-
kommen auf die Anwesenheit von Kupferablagerungen im Boden ge-
schlossen wird; in neuerer Zeit konnte Molisch bei Wasserpflanzen
so intensive Eisen- und Manganspeicherung nachweisen, daß die be-
treffenden Pflanzen nicht grün, sondern braun erschienen) ganz be-
sonders ausgeprägt ist. Die große Empfindlichkeit der Pflanzen gegen
Quecksilberdämpfe wird gewöhnlich viel zu wenig beachtet, man sollte
dieses Metall nie zu Abschlüssen von Glocken wählen, unter denen
Pflanzen vegetieren, ohne mindestens für eine über das Quecksilber
gebreitete Flüssigkeitsdecke, am besten Glyzerin, zu sorgen. Über
die Wirksamkeit von Dämpfen wurde bereits gesprochen, Ammoniak-
dampf hemmt bereits in einer Verdünnung 1:24 000 die Keimung von
Vicia Faba, zu 1: 20 000 jene von Phaseolus vulg. und Zea Mais, 1: 5000
die von Liliaceenzwiebeln. Becker (l. c.) konnte zeigen, daß die Keimung
der Scheibenfrüchte von Dimorphotheca pluvialis durch Vorbehandlung
mit 0,3 Mol. HNO, verzögert, die der Randfrüchte ganz gehemmt wurde,
dagegen wirkte Knopsche Nährlösung beschleunigend und hob auch
die hemmende Wirkung der Salpetersäure bei den Randfrüchten fast
ganz auf; dagegen wirkt bei Atriplex hortensis Vorbehandlung mit
0,3 Mol. Salpetersäure keimungsfördernd.. Lehmann und Otten-
wälder!)haben gefunden, daß Salzsäure bei bestimmter Konzentration
und geeigneter Temperatur eine Keimung der Samen von Epilobium
hirsutum und Lythrum salicaria ermöglicht, wo die Keimung ohne Salz-
säure, also auf destilliertem Wasser, nicht ausgelöst wird. Die optimale
Säurekonzentration schwankt mit der Samenart und der Temperatur,
sie ist zumeist ziemlich niedrig zwischen 0,00625 und 0,05 Mol. Ob Salz-
säure als Keimungsreiz oder als Gift wirkt, hängt abgesehen von den
bereits erwähnten Umständen auch sehr von der Versuchspflanze ab,
so pflegen Kruziferen und Kompositen auch durch minimalste Salzsäure-
mengen schon getötet zu werden. Baar fand in 0,5—1 proz. Salzsäure
ein Mittel, um die Ruheperiode der Samen von Amarantus retroflexus
abzukürzen. Diese Samen werden im Herbst reif, keimen aber erst
im nächsten Frühjahr. Mit verdünnter Salzsäure oder Phosphorsäure
dagegen behandelt, keimen sie schon im Oktober, aber nur im Dunkeln,
ı) E. Lehmann und A. Ottenwälder, Über katalytische Wirkung
des Lichtes bei der Keimung lichtempfindlicher Samen. Zeitschr. f. Bot. 5, 337
(1913). — G. Lehmann, Über die Beeinflussung lichtempfindlicher Samen
durch die Temperatur. Zeitschr. f. Bot. 4, 465_(1912).
I. Anzucht von Keimlingen, 41
im Lichte sind sie auch dann nur zu äußerst geringem Prozentsatz zur
Keimung zu bringen.
Ohne Zutritt von Luft oder besser gesagt von Sauer-
stoff ist keine Keimung möglich. Wenn Samen unter Wasser
liegen, so keimen sie hauptsächlich deshalb nicht, weil sie an Sauerstoff-
mangel leiden, und nur solche Körner, welche etwa obenaufschwimmen,
vermögen zu keimen; ebensowenig findet eine Keimung bei Samen von
Wasserpflanzen in ausgekochtem (luftfreiem) Wasser statt oder aber wenn
das Wasser durch eineÖlschicht abgesperrt wird. Das ist auch nicht wunder-
zunehmen, da ja die Keimung ein Wachstumsprozeß ist, bei welchem große
Energiemengen aktiviert werden müssen, die durch intramolekulare Pro-
zesse nicht aufgebracht werden können. Natürlich kann auch in einem
indifferenten Gase wie Wasserstoff oder Kohlensäure keine Keimung
stattfinden und in eine Glasröhre eingeschmolzene, gequellte Samen
keimen gleichfalls nicht. Wir haben schon davon gesprochen, daß in
fließendem Wasser, also bei fortdauernder Sauerstoffzufuhr, sehr
lebhaft Keimung erfolgt; die Lufträume des Samengewebes vermögen
soviel Sauerstoff einzuschließen, daß die erste Anregung zur Keimung
des von der Samenhülle festumschlossenen Samens durch diesen Sauer-
stoff gegeben wird. Deshalb kann die Keimung verhindert werden,
wenn die Samen unter Wasser getaucht und unter der Luftpumpe von
Luft befreit werden, wobei die Lufträume durch Wasser erfüllt sind;
wenn dann auch das Keimprozent unter Umständen keine Beeinträchti-
gung erfährt, so wird doch die Keimzeit wesentlich verlängert. In einzelnen
Fällen kann aber auch hier eine Beschleunigung der Keimung
durch das Entfernen der Luft gegeben sein, wie bei der bespelzten Gerste,
der Sonnenblume, dem Roggen. Überhaupt kann ein Zuviel an Sauer-
stoff ebenso die Keimung beeinträchtigen wie ein Zuwenig. So keimen
Bohnen in reinem Sauerstoff nur langsam und erzeugen kränkliche Keim-
linge, die ein abnormes Aussehen zeigen. Bei Zea Mays, Ervum Lens,
Pisum sativum gelangte in Böhms Versuchen die Entwicklung der
Embryonen nicht über die ersten Stadien der Wurzel- und Stengel-
bildung hinaus und selbst Gasgemische mit einem hohen Prozentsatz
‚ an Sauerstoff wirken schädlich; erst wenn der normale atmosphärische
Partiärdruck des Sauerstoffes erreicht ist, treten normale Keimungs-
bedingungen ein: in diesem Falle schädigt auch rein dargebotener Sauer-
stoff nicht. Demnach wird die Keimung sowohl im luftverdünnten
Raume als auch bei atmosphärischem Überdruck gehemmt, das Mini-
mum des Luftdruckes, bei dem Keimung überhaupt noch erfolgt, ist
120mm Quecksilber für Kresse, 60 mm für Gerste. Praktische Bedeutung
hat dieser Umstand bei Keimungsversuchen bezüglich des mehr oder
minder tiefen Einbringens der Samen unter die Erde. Werden die Samen
zu tief gesteckt und bildet das Keimbett über ihnen eine allzu feste Kruste,
so kann die Sauerstoffzufuhr, besonders in einem festgestampften Boden
des Keimgefäßes, so gehemmt sein, daß aus diesem Grunde keine Keimung
erfolgt. Auch bei der Sauerstoffwirkung sind aber mehrere Momente maß-
gebend: so fand Becker!) beiden Früchten von Dimorphotheca pluvialis
eine ausgesprochene Förderung der Keimung im Sauerstoff gegenüber jener
in Luft, und zwar erschienen die Randfrüchte relativ mehr gefördert als
1) H. Becker, Über die Keimung verschiedenartiger Früchte und Samen
bei derselben Spezies, Beih. z. bot. Zentralbl. 29, 21 (1912).
42 I. Anzucht von Keimlingen.
die Scheibenfrüchte. Was die Einwirkung des elektrischen
Stromes auf die Keimung anlangt, so sind wohl nach dieser Rich-
tung zahlreiche Versuche gemacht worden, ohne daß aber — wenigstens in
den meisten Fällen — die nötige Exaktheit dabei zur Anwendung kam.
Vor allem hat man erst in neuester Zeit daran gedacht, die Stärke des
verwendeten Stromes zu beachten, wiewohl Versuche über Elektrokultur
schon seit zwei Jahrhunderten angestellt werden. Ferner hat man die
Nebenumstände, wie Temperatur, Feuchtigkeit, Substrat usw., niemals
in Rechnung gezogen und vor allem der Individualität der Pflanze
keine Beachtung geschenkt. Daß aber alle diese Momente berücksichtigt
werden müssen, beweist schon der Umstand, daß bald eine fördernde,
bald eine schädigende Wirkung des elektrischen Stromes gesehen wurde.
Gaßner!) ging in der Weise vor, daß er die zu behandeln-
den Samen in Blumentöpfen mit gut gemischter Gartenerde mög-
lichst gleichmäßig auslegte und kurz vor dem Auflaufen der Pflanzen
mit der elektrischen Behandlung begann. Hierzu wurden die Töpfe
in einzelne durch Glasplatten oder Pappe gebildete Zellen gestellt
und mit der Erde leitend verbunden. In verschiedenen Abständen
(8—-60 em) hingen über den Töpfen an Glasstäben isolierte Nadeln mit
der Spitze nach unten; da je nach der Form der Spitze die in die Luft
ausströmende Elektrizitätsmenge eine verschiedene ist, wurden die sehr
gleichmäßigen Grammophonnadeln für diesen Zweck verwendet. Der
eine Pol der betreibenden Influenzmaschine wurde mit der Erde, der
andere mit den über den Pflanzen aufgehängten Nadeln verbunden.
Die elektrische Behandlung (14 Stunden täglich) ließ bei Pisum sativum
und Helianthus annuus nach 14 Tagen keinen Unterschied mit der Kon-
trolle wahrnehmen, dagegen trat bei Gerste eine sichtliche Förderung
ein, was sich zunächst im früheren Durchstoßen des ersten Laubblattes
durch das Keimblatt zeigte; die Wachstumsförderung hält auch später
an und besteht nicht nur in einer Steigerung der Assimilationsfähigkeit
der Pflanze, denn sie zeigt sich auch im Dunkeln. Gaßner stellte fest,
daß in den elektrisierten Töpfen bedeutend mehr Wasser verdunstet wurde,
rund das Sechsfache von dem in den Kontrollgefäßen; die Transpira-
tion ist bedeutend erhöht und zwar auch rein physikalisch dadurch,
daß während der Elektrisierung ständig ein intensiver Luftstrom unmittel-
bar an der Oberfläche der Pflanze vorhanden ist. Eine Steigerung der
Transpiration bewirkt aber naturgemäß ein schnelleres Aufsaugen der
Nährsalze und wirkt somit als Reiz auf die Wachstumsintensität wie
überhaupt auf die physiologischen Prozesse in der Keimpflanze. Lem -
ström gibt übrigens auch den Rat, während der heißen Mittagsstunde
die elektrische Behandlung zu unterlassen, weil sie dann schädlich wirke
(der doppelte Wasserverlust durch starke Besonnung und „elektrischen
Wind“ muß zu Schädigungen der Pflanze führen) und teilt mit, daß
starke Erntesteigerungen durch elektrische Behandlung sich nur bei
gleichzeitiger, ausgiebiger Bewässerung erzielen lassen.
Wenn man einen elektrischen Strom durch den Boden leiten und
auf diese Weise die Pflanzen beeinflussen will, kann man in den Boden
Metall- oder Kohlenelektroden einsenken, so daß die zu behandelnde
Pflanze zwischen die beiden Platten zu liegen kommt; die in den Boden
1) G. Gaßner, Zur Frage der Elektrokultur. Ber. d. d. bot. Ges. 25,
26 (1907).
I. Anzucht von Keimlingen. 43
gesteckten Elektroden können auch gleichzeitig zur Stromerzeugung
benutzt werden, wenn man einerseits eine Zink-, anderseits eine Kupfer-
platte wählt und diese durch einen gegen den Boden isolierten Draht
oberirdisch verbindet. Der Stromkreis des Kupfer-Zinkpaares wird
durch den Draht geschlossen und ein schwacher Strom durchfließt den
Boden, welcher aber allerdings so schwach ist, daß er kaum nachgewiesen
werden kann; Pflanzen zeigen sich auch durch solche Ströme gewöhnlich
nicht im geringsten beeinflußt. Sehr ansehnliche Ströme erzeugt man
aber, wenn die Platten nur zur Einführung des Stromes, welcher von
einer Dynamomaschine erzeugt wird, in den Boden dienen oder wenn
man die Platten einfach mit der Lichtleitung verbindet. Je näher die
Elektroden gesteckt werden, je höher die Spannung ist, desto stärker
ist der Strom; gewöhnlich beobachtet man dann, daß sich die Wurzeln
dem positiven Pol zu krümmen, weil die dem positiven Pol, der Ein-
trittsstelle des Stromes zugewendete Wurzelhälfte geschädigt wird,
während die dem negativen Pol zugewendete zunächst weiterwächst
und normal bleibt. Sehr wichtig für elektrische Keimungsversuche
ist nach R. Löwenherz!) die Lage der in den Kulturtöpfen befind-
lichen Körner zum Strom. Liegen die Körner rechtwinkelig zur Strom-
richtung, dann pflegt häufig, auch bei Verwendung starker Gleichströme,
eine schädigende Wirkung auszubleiben, während im Falle die Samen
in der Stromrichtung liegen, also der Länge nach vom Strome durch-
flossen werden, gewöhnlich ein Auflaufen überhaupt unterbleibt. Man
kann aber auch in diesem Falle die schädigende Wirkung aufheben,
wenn man nicht Gleichstrom verwendet, sondern die Richtung des
elektrischen Stromes zweimal in der Minute umkehrt, während ein Wechsel
der Richtung 2—3 mal innerhalb 24 Stunden nicht genügt. In den Fällen,
wo nicht die Lichtleitung zur Verfügung stand, verwendete Löwen-
herz zwei hintereinander geschaltete Tauchbatterien von je 5 Chrom-
säure-Elementen und geringem inneren Widerstand. Die beiden Batterien
wurden hintereinander geschaltet, wodurch eine Batterie von 10 Elementen
mit einer Klemmenspannung von durchschnittlich 15 Volt erhalten wurde.
In die Gläser der Elemente wurden zunächst nur etwa 100 ccm der
Chromlösung getan, und wenn die Klemmenspannung anfing abzu-
nehmen, von Zeit zu Zeit neue Chromsäure aufgefüllt. Waren die Gläser
voll, so wurde mit der Pipette etwas von der alten Lösung weggenommen
und durch neue Chromsäurelösung ersetzt. Es genügte, zweimal täglich
je 50 ecem Lösung durch neue zu ersetzen, um die Klemmenspannung
der Batterien auf 15 Volt zu erhalten. Nach dem Begießen der Kulturen
steigt die Stromstärke bedeutend, ja sie kann gegenüber dem bei trockener
Erde erzielten den doppelten Wert erreichen. Versuchspflanze war
Gerste, die Töpfe waren 22 cm hoch und hatten oben einen inneren Durch-
messer von 23 cm, als Elektroden wurden ein Paar Kohlenplatten in
den Topf hineingesteckt, in den Klemmschrauben ‚derselben war ein
Stück blanken Kupferdrahtes festgeschraubt, das an den Leitungs-
drähten befestigt war. Obzwar die Stromstärke pro Topf im Maximum
nur ungefähr 0,015 Ampere betrug, wurde doch, wenn die Samen, die
vom Strom durchflossen waren, in der Stromrichtung lagen, das Auf-
laufen der Samen verhindert oder erschienen wenigstens die zur Ent-
1) R. Löwenherz, Versuche über Elektrokultur, Zeitschr. f. Pflanzen-
krankheiten 15, 137 (1905).
44 I. Anzucht von Keimlingen.
wicklung gelangten Keimlinge geschädigt. Die Kohlenplatten waren
13 cm lang und steckten ca. 6 cm tief in der Erde, die wirksame Elek-
trodenfläche war also 13x6 — 78 qcem groß; bei der Stromstärke von
0,015 Ampere pro Topf ist die Stromdichte höchstens 0,0002 Ampere
pro qem in der Nähe der Elektroden, in der Mitte des Topfes noch etwas
geringer; ein Strom von weniger als 0,0002 Ampere verhindert also
mehr minder das Wachstum der Gerste. Den Befund vonLöwenherz,
daß Wechselstrom genügender Intensität eine wachstumsfördernde
Wirkung ausübt, konnte Gaßn er nicht bestätigen und weist mit Recht
darauf hin, daß man beim Durchleiten des Stromes durch die Erde auch
dessen Wärmewirkung beachten muß, denn die elektrisierten Töpfe er-
hitzen sich bei größeren Stromstärken auf 10—20 ® über die Temperatur
der nichtelektrisierten, es ist aber nicht auf die Rechnung einer günstigen
Wirkung des elektrischen Stromes zu setzen, wenn Gerste bei 25 ° schneller
keimt als bei 10°. Ferner ist, wenigstens bei Verwendung von Metall-
elektroden, nicht genügend darauf geachtet worden, daß diese von der
feuchten Erde sehr rasch angegriffen werden und daß schon Spuren von
Metallverbindungen äußerst schädlich auf das Wurzelwachstum wirken.
Dagegen hebt Gaßner eine indirekte
günstige Wirkung des Stromes hervor:
Wechselströme wirken auf tierische Pflanzen-
schädlinge des Bodens, z. B. Engerlinge,
tötend ein, während sie für die Pflanze in-
different sind; es gelingt also, die Engerlinge
zu töten, ohne die Pflanze zu schädigen.
Über den Einfluß der Radium-
strahlung auf die Keimung liegen
erst wenige Erfahrungen vor, es scheint,
daß durch die Einwirkung der Radiumsalze
a uneahluns und die Emanation das Auflaufen sehr ge-
auf Samen. hemmt wird. Über die Abkürzung der Ruhe-
a innuchiem: 4 5er damen Periode und über den Einfluß auf Keim-
pflanzen wird später einiges gesagt werden.
Congdont) verwendete die Hälfte der Strahlung eines 8 mg
metallischen Radiums in Form des Chlorids enthaltenden Glasröhrchens
zur Erzeugung von Sekundärstrahlen, während die andere Hälfte direkt
auf die Samen wirken konnte. Das Glasröhrchen (Fig. 8) war hinreichend
dünnwandig, um den größten Teil der ß- und y-Strahlen durchzulassen,
während die’«-Strahlen nicht herausdringen konnten. Die einen Samen
waren l cm von dem Radiumröhrchen außerhalb des Bleirohres angebracht
und erhielten bloß die direkte primäre Strahlung des Radiums. Dagegen
waren die innerhalb des Bleirohres 1 cm vom Röhrchen befestigten
Samen sowohl der Einwirkung der Primärstrahlen (der schnellen Elek-
tronen) als auch der langsamen Elektronen von seiten der Sekundär-
strahlung ausgesetzt, welche beim Anprall der Primärstrahlung an die
Innenwand der Bleiröhre ausgelöst wird. Ein Schirm aus Aluminium,
Holz und Gummi schützte die Samen außerhalb des Bleirohres vor einer
merklichen Einwirkung zerstreuter Strahlung. Messungen der Ioni-
sation an den Punkten, an welchen die beiden Gestelle mit den Samen
!) E.D. Congdon, Die Beeinflussung des Wachstums von Samen durch
ß-Strahlen, Sitz. Ber. d. k. Akad.,d. Wiss.,„Wien 120, Abt. IIa (1911).
I. Anzucht von Keimlingen. 45
angebracht waren, zeigten, daß der Effekt innerhalb der Bleiröhre wegen
der hinzukommenden Sekundärstrahlung um 25 % größer war als außer-
halb. Die Samen wurden auf paraffiniertem Seidenpapier alle in der
Entfernung 1 cm vom Radiumpräparat befestigt. Es wurden stets
Samenkörner von mittlerem Durchmesser gewählt und in getrocknetem
Zustande exponiert. Ein Vergleich der Verzögerung der Keimung bei
Senfsamen und Hirse mit und ohne Samenhülle (11,6: 31,5 % bzw.
16,9: 32,7 %) zeigte, daß die Samenhülle die Strahlung hinlänglich
absorbiert, um den Effekt bedeutend herabzumindern, der aber immer
in einer beträchtlichen Verzögerung der Keimung besteht. Ein sehr
markanter Unterschied zeigte sich auch, je nachdem der Keim des
Samenkornes der Strahlungsquelle zugekehrt oder vor ihr durch den
vorstehenden Teil des Samens geschützt war. Die prozentualen Ver-
zögerungen betrugen: Sinapis ohne Hülle: Keim zugekehrt 36 %, Keim
abgewendet 25 %; Panicum ohne Hülle: Keim zugekehrt 36,8 %, Keim
abgewendet 28,6 %; Panicum mit Hülle: Keim zugekehrt 24,6 %, Keim
abgewendet 9,2%. Die Keimungsverzögerung ist ferner der Größe
des Samens verkehrt proportional; dagegen spielt die chemische Be-
schaffenheit der Reservestoffe scheinbar keine Rolle bei Bestimmung
der Samenempfindlichkeit den ß-Strahlen gegenüber, wie aus der fol-
genden Tabelle hervorgeht:
PR Durch- Dicke der | NT 1? B Prozentuale
messer | Samenhülle Stärke- Fett- Wachstums-
: : gehalt gehalt TEEN
in mm in mm verzögerung
Panicum ohne Samenhülle| 0,60 — 45% | — |
Sinapis ohne Samenhülle| 0,67 — 25°, | 25% | 2350
Beeı....... 0,26 0,003 — | 0% | 550
Bieoblanaı on. ...%. 0,26 0,003 — — 55,0
WErantus. > 20. 0,40 0,007 Rosastärke — | 19,0
Langsame Elektronen haben eine weitaus größere Wirkung als
schnelle Elektronen von gleicher ionisierender Wirkung. Körnicke!)
verwendete für seine Versuche 5 und 10 mg in Glasröhrchen eingeschlos-
senes Radiumbromid und Samen von Vicia Faba, die eben zu keimen
begonnen hatten und sich in einem mit feuchtem Sägemehl gefüllten
Blumentopf befanden. An jedem Samen war auf der Embryoseite ein
Radiumröhrchen (10 mg) angebracht, und zwar so, daß sich das untere
Ende, in dem das RaBr, lag, dicht neben der zunächst weiter wachsenden
Wurzelspitze befand. Vier Tage lang dauerte die Bestrahlung der Wurzel-
spitze, die Wurzeln zeigten Wachstumshemmung und Schädigung.
Ein trockener Samen von Vicia Faba war 24 Stunden mit 10 mg RaBr,
bestrahlt gewesen, kam dann zwei Tage in Wasser von 26° C und darauf
in Sägemehl. Nach einem Tage begann die Wurzel hervorzutreten,
blieb aber am zweiten Tage der Keimung auf einer Länge von 20 mm
stehen, verfärbte sich bräunlich und am 17. Tage nach diesem Wachs-
tumsstillstande brachen aus dem inzwischen 75 mm lang gewordenen
Epikotyl Adventivwurzeln hervor, während Hauptwurzel und später
!)M. Koernicke, Die Wirkung der Radiumstrahlen auf die Keimung
und das Wachstum. Ber. d. d. bot. Ges. 22, 155 (1904). — Weitere Unter-
suchungen über die Wirkung von Röntgen- und Radiumstrahlen auf die Pflanze.
Ebendas. 23, 324 (1905).
46 I. Anzucht von Keimlingen.
auch die Sproßspitze zu faulen begannen. Ähnliche Ergebnisse zeigten
auch Erbsen und Bohnen, selbst wenn die Bestrahlung nur neun Stunden
gedauert hatte; ferner wenn die Samen erst mehrere Tage nach erfolgter
Bestrahlung des trockenen Samens zum Quellen angesetzt oder in ge-
quollenem Zustand bestrahlt worden waren; Bestrahlung aus einer
Entfernung von 4 cm schien nicht mehr wirksam, wohl aber aus 2 cm.
Besonders resistent erwiesen sich die Samen von Brassica Napus, indem
hier eine dreitägige Bestrahlung mit 10 mg RaBr, die Keimung und
Weiterentwicklung nicht störte, ja gequollen bestrahlte Samen zeigten
sogar eine Beschleunigung in der Keimung; diese Resistenz
zeigte sich auch bei Samen, deren Schale teilweise entfernt war; die
Keimlinge der an der entblößten Stelle bestrahlten entwickelten sich
so wie die Keimlinge der Samen, welche an nicht entblößten Stellen
bestrahlt gewesen waren. Erst nach 10 tägiger Bestrahlung des trockenen
Samens erwies sich dieser in der Keimung zurückgehalten und in der
Weiterentwicklung gehemmt.
UÜberdie Einwirkung der Röntgenstrahlen aufdie Keimung liegen gleich-
falls Versuche von Koernicke!) vor. Gequollene Bohnensamen wurden
in feuchtem Sägemehl zum Keimen gebracht, nach drei Tagen Exemplare
mit gleich langen Wurzeln ausgesucht und in einen mit Sägemehl ge-
füllten Sachsschen Keimkasten Fig. 11 gebracht. Eine der beiden ge-
neigten Glasscheiben wurde durch eine Holzplatte ersetzt. In den Kasten
wurden nun, der Holzplatte genähert, zwei Reihen von je sechs Keimlingen
gepflanzt, und zwar so, daß die sechs rückwärtigen Exemplare hinter
den Räumen sich befanden, welche die sechs vorderen zwischen sich ließen.
Durch eine hölzerne Querwand wurde dann der Kasten in zwei Abtei-
lungen mit je sechs Keimlingen geteilt; der vor der einen Hälfte befind-
liche Teil der äußeren Holzplatte erhielt eine Bleibedeckung zur Ab-
sorption der auf diese Kastenhälfte wirkenden Röntgenstrahlen. Auf
den so vorgerichteten Kasten wirkten nun von der geneigten Holzplatte
her die Röntgenstrahlen. Die Bestrahlung wurde so lange fortgesetzt,
bis ein neben die Objekte der ersten, d. h. der Röntgenröhre näheren
Reihe vorher gebrachter Holzknechtscher Reagenzkörper das Bestrah-
lungsmaß von 24 H. Einheiten und ein in der zweiten Reihe befindlicher
die Farbenintensität aufwies, die 20 H. E. zukommt. Die Strahlen wirken
hemmend auf das Wachstum ein, aber auch hier zeigt sich zunächst keine
Schädigung, vielmehr sogar primär eine Wachstumsbeschleunigung und
erst nach einiger Zeit zeigt sich Stehenbleiben des Wachstums als physio-
logische Nachwirkung; der Zeitpunkt des Eintretens dieser Nachwirkung
ist abhängig vom Objekt und seinem physiologischen Zustande im
Momente der Bestrahlung. Besonders widerstandsfähig erwiesen sich
die Samen von Brassica Napus, die bei einer Strahlungsintensität,
welche bei Vicia Faba sehr schwer gewirkt hatte, noch keine Hemmung
erlitten. Bei genügend schwacher Einwirkung ist die Wachstumshemmung
eine vorübergehende, eine Aufhebung der Keimkraft von trockenem
wie gequollenem Samen wird selbst nach zweimaliger Bestrahlung mit
über 20 H. E. nicht erreicht. Wurden die trockenen Samen mit über
20 H.*E. bestrahlt und dann bei 26 ° C in Wasser zum Quellen gebracht,
so zeigte sich bei den Samen von Vicia Faba und Brassica Napus, be-
!) M. Koernicke, Über die Wirkung von Röntgen- und Radium-
strahlen auf den pflanzlichen Organismus. Ber. d. d. bot. Ges. 22, 148 (1904).
II. Die Keimptlanze. 47
sonders auffällig bei den letzteren, eine Wachstumsbeschleunigung
(von 100 Exemplaren war nach einem Tage schon die Hälfte gekeimt,
von den Kontrollsamen nach dieser Zeit erst einer und die Hälfte erst
nach drei Tagen), die aber mit der Zeit wieder ausgeglichen wurde.
Bei Bestrahlung von vorher gequollenen Samen ergab sich dagegen keine
Beschleunigung, dagegen nach zwei Tagen ein Stehenbleiben des Wachs-
tums bei Vicia Faba, während V. sativa und Brassica Napus weiter-
wuchsen.
Für orientierende Versuche über die Keimung eignen sich besonders
die Samen von Phaseolus vulg., Zea Mays, Helianthus annuus, Cucur-
bita Pepo. Um schöne Wurzelhaare zu erzielen, verwendet man mehrere
Getreidearten wie Gerste, ferner Mais, Raphanus sat. Zum Studium
der Etiolementerscheinungen eignen sich besonders die Gramineen, wie
Hafer; kräftige Hauptwurzeln erzielt man bei Vicia Faba und Cucurbita.
I. Die Keimpflanze.
Erscheint bei dem im Keimbett angekeimten Samen das Würzelchen
und ist dieses einige Millimeter lang geworden, so kann der Samen in das
Medium übertragen werden, in welchem die Pflanze ihre weitere Entwick-
lung durchmachen soll (Fig. 9), also entweder in ein festes oder flüssiges
Substrat. So wenig empfindlich der Samen im ruhenden Zustand gegen
Fig. 9. Vier aufeinanderfolgende Stadien der Entwicklung der Keimpflanzen von Helianthus annuus.
im ersten Topf sind die Keimblätter noch vom Perikarp umschlossen, das bei zunehmender Ent-
faltung immer mehr zur Spitze rückt, bis es schließlich abgeworfen wird. (Dieses Bild verdanke
ich der Freundlichkeit des Herrn L. v. Portheim, Leiters der Biologischen Versuchsanstalt in Wien.)
die Einwirkung äußerer Faktoren sich gezeigt hat, so sehr ist es die
junge Keimpflanze und sie muß deshalb mit der größten Vorsicht be-
handelt werden. Verwendet man ein festes Substrat, so wird ge-
wöhnliche Gartenerde gute Dienste leisten; die Erde wird in einem
groben Sieb von allzufesten Stücken befreit, locker in den unglasierten
48 II. Die Keimpflanze.
Blumentopf aufgeschüttet, dessen untere Öffnung eine Tonscherbe zum
Zwecke der Drainage trägt. Die Erde wird nun mittels einer Brause
angefeuchtet, wobei man zweckmäßig mit einem Holzstab in die all-
mählich zusammenklebende Erde Löcher stößt, welche ein schnelles
Eindringen des Wassers in die Tiefe bewirken; der Topf steht auf einem
Wasser enthaltenden Untersatz. Mit einem Holzstäbchen werden nun
kleine Öffnungen in die Oberfläche des Erdreichs gestoßen und das
Würzelchen so hineingesteckt, daß der Samen von Erde halb bedeckt
ist. Ebenso wie es zweckmäßig war, nicht zu viele Samen in einer Keim-
schale auszulegen, weil die gegenseitige Entwicklung dadurch gehemmt
ist, so ist es auch nicht empfehlenswert, besonders für länger dauernde
Versuche, allzu viele Pflanzen in einem Blumentopf unterzubringen,
der Abstand der einzelnen Samen voneinander soll mindestens 2 cm
betragen. Will man eine Kontrolle über die der Pflanze zur Verfügung
stehenden Mineralstoffe haben und dabei doch in festem Substrat arbeiten,
so empfiehlt es sich, feinen Seesand zu nehmen, der zum größten Teil
aus Quarz besteht und diesen mit Leitungs- oder Brunnenwasser oder
mit einer der später zu besprechenden Nährlösungen zu begießen. Für
genauere Versuche genügt aber der Seesand nicht, sondern man be-
dient sich reinsten Quarzsandes, der mit Königswasser gewaschen war;
ich habe übrigens gelegentlich die Erfahrung gemacht, daß ‚‚reinster‘‘ käuf-
licher Quarzsand noch immer Nährstoffe an die Pflanze abgeben kann, und
es empfiehlt sich daher, den käuflichen Quarzsand selbst in Porzellan-
gefäßen (unter gut ziehendem Abzug) mit einem Gemisch von Salz-
säure und Salpetersäure 3 : 1 mehrere Stunden auszukochen und den
abgepreßten Sand mit heißem Wasser so lange durchzurühren und
immer wieder abzupressen, bis ein Tropfen des Waschwassers mit Silber-
nitrat keinen Chlorsilberniederschlag mehr ergibt. Wie schon erwähnt,
ist es mitunter (bei der Einwirkung gasförmiger Agenzien auf die Keim-
pflanze) notwendig, die absorbierende Wirkung des Topfes und des
Substrates auszuschließen: man verwendet dann glasierte Töpfe ohne
Drainageöffnung oder Glasküvetten (beide haben sich in meinen Ver-
suchen sehr bewährt, und ich habe niemals mit Schwierigkeiten der
Bewässerung oder des Sauerstoffmangels zu kämpfen gehabt); die Erde
wird entweder mit Stanniol (mitunter ergibt bleihaltiges Stanniol Schädi-
gungen, in der Regel aber ist das käufliche Stanniol sehr verwendbar)
oder mit Aluminiumfolie überdeckt; am besten ist es, einen dünnen
Überguß von niedrig schmelzendem Paraffin zu verwenden; hoch-
schmelzendes hat den Nachteil, sich leicht von den Glas- oder Ton-
wänden des Gefäßes abzuheben und zu klaffen; auch darf man das
Paraffin nicht vollständig erstarren lassen, sondern muß noch während es
halbweich ist, mit der Nadel die Löcher zum Durchstecken des Würzelchens
einbohren, weil man sonst leicht beim Herausziehen der Nadel die ganze
Decke abhebt oder von Radialsprüngen durchsetzt sieht. Auch kann
man weiches Paraffin nach dem Durchstecken des Würzelchens leicht
um dieses festdrücken und so den Verschluß völlig abdichten. Diese
Methode hat auch den weiteren Vorteil, daß ein Bewässern unnötig
ist; im dunstgesättigten Raume halten sich solche Kulturen wochen-
lang und entwickeln sich ganz normal. Zur Erzielung des dunstgesättigten
%aumes ist es natürlich am zweckmäßigsten, wenn man die Pflanzen
in größeren, warmen, feuchtigkeitsgesättigten Räumen hält, denn unter
engen Glocken ist eine Schädigung der Pflanzen durch die sich an-
II. Die Keimptlanze. 49
sammelnde Kohlensäure nicht ausgeschlossen, was man auch daraus ersieht,
daß sich Pflanzen unter Glocken, als deren Abschlußflüssigkeit starke
Kalilauge gewählt wurde, wenigstens in der ersten Zeit, freudiger entwickeln
und größere Längen erreichen als solche unter wasserabgesperrten Ge-
fäßen. Die Kohlensäure wird in Liehtkulturen sicherlich vielfach, sowie sie
als Atmungsprodukt die Pflanze verlassen hat, sofort zur Assimilation
im Lichte herbeigezogen. Arbeitet man unter Glocken, so ist es not-
wendig, dieselben mindestens alle 24 Stunden abzuheben, gründlich
auszuschwenken und erst dann wieder die Kultur damit zu bedecken:
soll keine Abschlußflüssigkeit verwendet, sondern die Glocke mit Vaselin
an eine Glasplatte festgedichtet sein, so stellt man ein Gefäß mit Wasser
zur Erhaltung des feuchten Raumes mit unter die Glocke und sorgt
für einen den Tubus der Glocke verschließenden, doppelt durchbohrten
Stöpsel, durch dessen Glasröhren (eine nahe dem Glockenboden,
die andere unterhalb des Stöpsels endigend) man Luft durchleitet,
eventuell unter Vorlegung entsprechender Absorptionsgefäße, wenn es
sich darum handelt, gasförmige Stoffwechselprodukte nicht zu ver-
lieren. Um den Stöpsel luftdicht dem Tubus einzufügen (wenn man
nicht Kautschukpfropfen verwendet), kocht man zunächst den Kork-
stöpsel in Wasser gründlich aus, durchbohrt ihn entsprechend und
setzt ihn nach dem Zusammenquetschen in der Korkpresse gutsitzend
in den Tubus ein, dann übergießt man ihn langsam mit aufgeschmolzenem
Paraffin, welches seine Poren ausfüllt (man paraffiniere den Stöpsel
niemals vor dem Einsetzen in den Tubus). Dasselbe Ziel erreicht man
durch Bepinseln mit Kollodiumlösung, am besten aber, indem man
den Stöpsel in einer kaltgesättigten Auflösung von Ammoniumbichromat
badet, dann einsetzt und mehrere Stunden dem Lichte exponiert, die
braunschwarz gewordene Schicht ist dann absolut undurchlässig. Die
Glocke mit den Pflanzen stelle man nicht ins direkte Sonnenlicht,
sondern blende dieses durch Jalousien ab oder arbeite im diffusen Licht.
Will man mit ultraviolettem Lichte arbeiten, so ist darauf zu achten,
daß die ultravioletten Strahlen zu 50 % und mehr von gewöhnlichem
Glas absorbiert werden und man sich des Quarzglases bedienen muß.
Zur Ausschaltung der Wärmewirkung künstlicher Lichtquellen dienen
Küvetten, die, mit Wasser gefüllt, zwischen Lichtquelle und Pflanze ge-
schaltet werden, aber allerdings auch die Intensität des Lichtes dämpfen.
Mitunter wird man als Medium, in welchem die Pflanze wurzeln
soll, Gelatine verwenden, wie sie in der bakteriologischen Methodik
üblich ist: das wird namentlich dann der Fall sein, wenn man Diffusions-
gefälle herstellen will, um Chemotropismen zu untersuchen. In den
Versuchen von Porodko!) wurde als Diffusionsmedium eine erstarrte
I!/, prozentige Agarlösung, als Diffusionsgefäß eine rechtwinkelige Glas-
wanne benutzt. Die Glaswanne wird mit warmer Agarlösung gefüllt.
Nach dem Erstarren des Agars wird ein Teil desselben entfernt, und
zwar so, daß nur eine quergespannte Agarlamelle in der Mitte der Wanne
übrigbleibt. Die Lamelle stellt eigentlich einen Block, ein rechtwinkliges
Prisma vor, dessen Höhe und Breite die der Wanne sind. Der Agarblock
teilt somit das Innere der Wanne in zwei nicht kommunizierende Hälften,
von denen die eine mit der zu prüfenden Lösung, die andere mit Wasser
1) Th. Porodko, Über den Chemotropismus der Wurzel. Ber. d. d.
bot. Ges. 28, 50 (1910).
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 4
50 II. Die Keimpflanze.
gefüllt wird, so daß ein Diffusionsstrom den Block durchsetzt. Die
Pflanzen werden mit ihren Wurzeln nicht tiefer als 1 mm in den Agar-
block reihenweise in 2—3 Reihen eingeführt. Diese Methodik ist auch
sehr geeignet, die noch strittige Frage der Wurzelausscheidungen zu
behandeln, da man den Gallertblock oder die Gallertblöcke mit Indikatoren
tränken könnte, welche, wie Phenolphthalein, Neutralrot usw., empfind-
licher als der immer dazu verwendete Lackmusfarbstoff, vielleicht in
dieser Frage geeigneter sind als Filtrierpapier oder Marmor oder der-
gleichen. Freilich wäre es hier um so notwendiger, für vollkommenes
Sterilbleiben Sorge zu tragen, um so mehr, als wahrscheinlich gerade in
der Frage der Wurzelausscheidungen absterbende Wurzelteilchen eine
große, noch zu wenig berücksichtigte Rolle spielen. Dieses Sterilhalten
kann aber nach den später zu schildernden Erfahrungen der sterilen Me-
thodik bei höheren Pflanzen keine unüberwindliche Schwierigkeit bieten.
Übrigens hat Porodko!) gerade zur Untersuchung von Chemo-
tropismus noch eine einfachere Arbeitsweise angegeben. Das Versuchs-
gefäß setzt sich aus zwei Teilen zusammen: einem Glaszylinder und
einem Blumentopf. Der erstere ist mit Wasser halb gefüllt und dient
dem gut hineingepaßten Blumentopf als Stütze. Diesem wird vorher
der Boden abgesägt und über die untere Öffnung eine grobmaschige Gaze
gezogen; hierauf wird eine zirka 1 cm hohe Schicht feuchter Sägespäne
daraufgelegt, die gequollenen Samen eingepflanzt und wieder mit Säge-
spänen bedeckt. Die Versuchsgefäße bleiben dann in einem feuchten,
dunklen Raume stehen. Nach ein bis zwei Tagen wachsen die Wurzeln
in das feuchte Zylinderinnere hinaus. Haben sie eine Länge von zirka
10—15 mm erreicht, werden die Versuchsgefäße auf einen zitterfreien
Tisch getragen und dann mit dem chemotropischen Versuch begonnen.
Besser als mit festen oder halbweichen Medien arbeitet man in Nähr-
lösungen, wobei allerdings zweierlei Nachteile zu berücksichtigen sind:
Der Versuch kann nur beschränkte Zeit durchgeführt werden, weil die
absterbenden Teile der Wurzel zum Nährboden für Bakterien, niedere
Algen usw. werden und dadurch auch die oberirdischen Teile mittelbar
leiden und ferner fehlt in der Nährlösung die Möglichkeit für die Pflanze,
sich festzuklammern, mit der Wurzel festzuankern, und so muß für die
sich vergrößernden oberirdischen Teile eine künstliche Stütze geschaffen
werden. Verwendet man Glasgefäße, so ist es sowohl bei Sand- als
auch bei Wasserkultur ratsam, sie vorher gründlich auszukochen, damit
alle Stoffe, welche aus dem Glase an das Nährsubstrat abgegeben werden
könnten, vorher eliminiert seien; bei Sandkulturen kann man, um die
nötige Durchlüftung zu erreichen, den Boden statt mit Sand zunächst
mit gereinigten größeren Kieseln belegen, eventuell diese noch mit einer
Schicht Watte bedecken und dann erst Sand auffüllen oder auch enge
Glasröhren senkrecht vom Grunde des Gefäßes bis an die Oberfläche,
die Kulturerde durchsetzend, ziehen. Bei feinem Sand vermeidet man
ein Zusammenbacken, wenn man nicht die bereits eingefüllte Erde be-
sießt, sondern den Sand vor dem Einfüllen so mit der Nährflüssigkeit
durchtränkt, daß er kleine zusammenhängende Brocken bildet, die man
dann, durch sanften Druck zwischen den Händen zerreibend, einstreut.
Wichtig ist auch die Auswahl der gekeimten Samen. Man sieht schon
äußerlich an der Färbung des Samens, an der Länge des hervortretenden
ı) Th. Porodko, Vergleichende Untersuchungen über Tropismen, TI.
3er. d. d. bot. Ges. 30, 16 (1912).
If. Die Keimpflanze. 51
Würzelchens, an der Keimungsenergie überhaupt, welche Samen un-
gefähr gleichartig sind, und wähle für einen Versuch nur physiologisch
äquivalente Exemplare aus, also zunächst solche von gleicher Samen-
größe, d. h. annähernd gleichen Reservestoffgehaltes, und solche, deren
hervorbrechende Teile in gleichen Zeiten die gleiche Länge erreicht
haben. Niemals verwende man zum Vergleiche Keimlinge, deren hervor-
brechende Teile an verschiedenen Tagen zu gleicher Länge gelangt
sind, überhaupt nicht solche, deren Vorkeimung verschieden lange ge-
dauert hatte. Man wird die Erfahrung machen, daß kleinere Samen
zunächst niedrigere Pflanzen geben, weil in erster Linie die Reserve-
stoffe zum Aufbau der Pflanze Verwendung finden; wenn sich auch
die Größenunterschiede später, im Verlaufe der Assimilationstätigkeit,
wieder ausgleichen!), kann man doch, wenn man den Versuch früher ab-
bricht, zu Fehlschlüssen gelangen. Uberhaupt achte man darauf, daß
die Keimlinge, die man miteinander vergleichen will, unter völlig iden-
tischen Bedingungen, die Kulturgefäße am besten nebeneinanderstehend,
gezogen werden, gleich in bezug auf Substrat, Licht, Temperatur,
Feuchtigkeit. Hat man gleichzeitig annähernd gleichgroße Samen ver-
wendet, so kann man nach Wochen der Entwicklung die hervor-
gewachsenen Pflanzen soldatisch gleich und ebenmäßig sehen. Man
täuscht sich aber doch manchesmal in bezug auf die physiologische
Äquivalenz der angekeimten Samen. Wenn man also schon vorher
zum Ankeimen etwa die doppelte bis dreifache Anzahl von Samen,
als man Pflanzen benötigt, auslegen mußte, so muß man auch nach dem
Einsetzen noch vergleichend vorgehen. Die angekeimten Samen werden
mit dem Würzelchen in die Erde gesteckt und selbst noch mit einer
je nach der Samengröße 2—20 mm hohen Erdschicht überdeckt, welche
ganz locker sein muß, damit der Keimling die Schicht leicht durch-
brechen kann. Nach zwei bis drei Tagen sieht man dann schon, ob
einzelne im Wachstum zurückbleiben oder überhaupt schwächlich sind,
was ja mit den Einflüssen zusammenhängen kann, die den Samen oder
die Pflanze, die ihn hervorgebracht hatte, getroffen hatten, was äußer-
lich am Samen nicht beobachtet werden muß. Diese zurückgebliebenen
Exemplare entfernt man. Bei der Kultur ohne vorgängige besondere
Maßregeln der Asepsis kommt es vor, daß sich im Kulturgefäße an
einzelnen Samen ein Pilzbelag zeigt. Das mag schon in der Keimschale
der Fall gewesen sein und kann verschiedene Ursachen haben, sei es,
daß die Samen von vornherein geschwächt und den Angriffen der Pilz-
keime gegenüber weniger widerstandsfähig waren, sei es, daß das zum
Ankeimen verwendete Filtrierpapier verunreinigt ist (man verwende
deshalb auch womöglich zu diesem Zwecke niemals das gewöhnliche
graue, sehr verunreinigte Fließpapier) und dem Pilz schon Nährstoffe
bietet, sei es, daß durch allzu reichliches Befeuchten des Keimbettes
bei gleichzeitiger Warmhaustemperatur das Aufkommen des Pilzes be-
günstigt wurde, sei es endlich, daß der Keimraum selbst schon infiziert
ist. Man wählt naturgemäß für die Kultur nur ganz gesunde, nicht
befallene Samen, aber selbst dann kann es zu einer Verpilzung einzelner
kommen, die dann schleunigst entfernt werden müssen, sollen die bis
dahin gesunden Pflanzen nicht auch in Mitleidenschaft gezogen sein.
Da Bakterien und Pilze mit Vorliebe zwischen den fleischigen Teilen des
") A. Burgerstein, Verhandl. d. zool.-bot. Ges. Wien 1912, S. 17.
4*
52 II. Die Keimpflanze.
Samens und der Samenhaut vegetieren, ist es von Vorteil, die Samen-
haut sobald als irgend möglich zu entfernen; natürlich dürfen diese
abgenommenen Teile nicht am oder im Kulturgefäß belassen werden,
weil sie eine ständige Verpilzungsquelle bilden. Hat man die Kultur-
sefäße mit den Samen unter eine Glocke gebracht, welche nicht mehr
vor Beendigung des Versuches geöffnet werden darf, so ist im Falle der
Verpilzung eines Samens der Versuch natürlich unbrauchbar, weil ja
nicht nur der Pilz selbst durch seine Stoffwechselprozesse das Resultat
unsicher macht, sondern auch die Versuchspflanzen in unkontrollierbarer
Weise beeinflußt. Es ist ersichtlich, wie notwendig also auf alle Fälle eine
von vornherein eingeschlagene aseptische Versuchsmethodik
sich empfiehlt. In einzelnen Fällen, wo eine solche Kulturmethode
nicht verwendet worden war, habe ich mir in der Weise geholfen, daß
durch den Korkstöpsel der Glocke ein dünner Platindraht mit haken-
förmig umgebogener Spitze gezogen war, so daß man mit ihm im Not-
falle den angegriffenen Samen herausheben und in ein unter der Glocke
befindliches Gefäß mit konzentrierter Schwefelsäure stecken konnte,
eine Operation, die aber schon durch das notwendige Hin- und Herbiegen
des Drahtes sehr mühsam wird. Die Versuchstöpfe sollen möglichst
groß sein, damit das Wurzelsystem der Pflanze hinlänglichen Raum
zur Ausbreitung finde; die Töpfe, wie sie Sachs verwendet, bestehen
aus schwarzbraun gebranntem Ton, der sehr porös und von großer
Festigkeit ist; durch die große Porosität wird beim gleichmäßigen
Feuchterhalten der Erde einem Versumpfen des Bodens vorgebeugt.
Wenn man größere Reihen vergleichender Versuche anstellt, ist besonders
im Winter auf die Erhaltung des Bodens große Sorgfalt zu verwenden,
damit demselben der gleiche Grad von Frische, Feuchtigkeit und Locker-
heit gewahrt bleibe. Diese. drei Momente üben den größten Einfluß
auf das Eintreten und die Schnelligkeit der Keimung. Die zur Füllung
des Topfes bestimmte Erde wurde von Sachs!) jedesmal einer be-
sonderen Bearbeitung mit den Händen unterzogen; zwischen den locker
übereinander hinlaufenden Handflächen wurde sie in feuchtem Zustande
so lange zerrieben, bis die ganze Masse ein sehr lockeres und völlig gleich-
förmiges Aussehen angenommen hatte. Dieser Bearbeitung wurde die
Erde jedesmal von neuem unterworfen, wenn nach Beendigung des
Versuches dieselbe zur Keimung neuer Samen dienen sollte. In diesem
aufgelockerten Zustande wurde die Erde in die Töpfe eingefüllt und
dann stark eingerüttelt, aber niemals festgedrückt. In die Kulturerde
werden die größeren Samen immer so gelegt, daß die Keimwurzel senk-
recht in den Boden hinabwachsen kann, und die Samen dann, wie er-
wähnt, mit lockerer Erde bedeckt. Für kleine Samen werden in die
frisch eingefüllte feuchte Erde Furchen gezogen und dann die Samen mit
einer ganz dünnen Schicht Erde nach dem Hineinlegen bedeckt. Wo es auf
Konstanterhaltung der Temperatur ankommt, leistet der von Sachs
konstruierle Apparat (Fig. 10) gute Dienste: AA ist ein wasserdicht
angefertigtes Gefäß von Eisenblech, welches am oberen Rande drei
Haken trägt, von denen zwei (F F,) in der Abbildung angegeben sind;
diese Haken sind nach oben konkav und dienen dazu, den gläsernen
!) J. Sachs, Physiologische Untersuchungen über die Abhängigkeit der
Keimung von der Temperatur, Jahrb. f. wiss. Bot. 2 (1860); Physiologische Unter-
suchungen über die Keimung der Schminkbohne. Sitz.-Ber. d. k. Akademie d.
Wiss. Wien 87 (1859).
II. Die Keimpflanze. 53
Helm FH zu tragen, der etwas größer ist als das Gefäß A A; der Helm
hält die Luft über der Erde feucht, und indem er die ausstrahlende
Wärme zum Teil zurückwirft, erhöht er die Temperatur im Innern
des Apparates um mehrere Grade; auf der inneren Seite des Helmes
schlägt sich Wasser nieder, welches außerhalb des Apparates abtropft,
da der Helm übergreift; zugleich wird die Luft unter dem Helm noch
dadurch erwärmt, daß die um AA befindliche aufsteigende warme
Luft sich unter H ansammelt. Ein zweites eisernes Gefäß C C von der
Gestalt des vorigen, aber kleiner, trägt oben einen ausgebogenen Rand,
welcher auf den Rand von AA so über- H
greift, daß CC in AA hängt; der Boden
von CC bleibt auf diese Weise etwa
einen Zoll über dem Boden von AA
und ungefähr ebensoviel stehen die Seiten-
wandungen beider Gefäße ab. Der freie
Raum K zwischen AA und CC wird mit
Wasser gefüllt, damit die größte Wärme
zum oberen Rande des Topfes hingeleitet
werde, denn da der untere Teil des
Blumentopfes durch Ausstrahlung weni-
ger verliert und dem Luftwechsel weniger
ausgesetzt ist, so würde er sich viel stärker
erwärmen als der obere Teil; übrigens
nimmt die Wärme auch von der Wand
des Topfes zum Zentrum ein wenig ab.
Auf dem Boden von CC ragen Füße
aufwärts, auf welche der Blumentopf EE,
gestellt wird, in dem sich die Keim-
linge Kl entwickeln; dieser läßt zwischen
sich und dem Gefäße CC einen freien
Raum, so daß die Luft um den Topf un-
gehindert zirkulieren kann. Der ganze
Apparat steht auf einem starken, eisernen Fig. 10. Keimapparat nach Sachs zur
Dreifuß G G, unter den ein Mikrobrenner Erhaltung konstanter Temperatur.
gestellt wird, am besten ist ein gleichmäßig erwärmender Kranzbrenner.
Wie wichtig für manche Pflanzen die Erhaltung des feuchten Raumes ist,
zeigt Sachs in seinen Untersuchungen über die Keimung der Schmink-
bohne, indem trockene Luft wohl die Bildung der Blätter nicht hinderte,
aber bewirkte, daß die Blätter klein blieben; die trockene und durch
Heizung immerfort in Bewegung befindliche Luft eines im Winter geheizten
Zimmers genügte, um die Fläche des ersten Blattes auf 2—3 gem zu
reduzieren, während sie bei derselben Temperatur unter einer Glasglocke
in feuchter Luft 30—40 qem Fläche erreichten; die retardierende Wirkung
in der Entwicklung der Blattfläche macht sich sogleich nach dem Heraus-
treten der Keimblätter an die Luft bemerkbar und bei feuchtem, warmem
Boden und warmer, aber trockener Luft kann es durch den Mangel an Luft-
feuchtigkeit so weit kommen, daß die Primordialblätter völlig vertrocknen.
Die Forderung, daß die Kulturgefäße möglichst groß zu wählen sind,
mindestens mit einem bis zwei Litern Fassungsraum für etwa zehn Bohnen-
pflanzen, gilt in noch höherem Maße für die Wasserkultur als für die
Sandkultur. Es wurde vorhin davon gesprochen, daß ein großer Nachteil
dieser Kulturmethode darin bestehe, daß die Wurzel im Wasser sich
54 II. Die Keimpflanze.
noch empfindlicher gegen allerhand schädliche Einflüsse verhält, wie
Spuren von Schwermetallsalzen und Fäulnisprodukte, um so mehr, als die
Durchlüftung hier schwieriger ist; aber dafür kann man in dem durch-
sichtigen Glase jede Veränderung des Wurzelsystems sehen und überhaupt
dessen Entwicklung verfolgen (Fig. 12). Freilich gelingt das auch in der
Erdkultur durch den Sachsschen Keimkasten (Fig. 11), dessen schief-
stehende Wände, an welchen sich das Wurzelsystem ausbreitet, aus
Glas sind. Eine Unannehmlichkeit der Wasserkultur ist es ferner, daß
sich allerhand niedere Organismen, besonders Algen, leicht darin ent-
wickeln, welchen Übelstand man übrigens dadurch einschränken kann,
daß man das Kulturgefäß mit schwarzem Papier umgibt, wodurch
man auch für die Entwickelung der Wurzel natürlichere Bedingungen
schafft. Wegen der notwendigen größeren Widerstandsfähigkeit ist es
zweckmäßig, etwas ältere Entwicklungsstadien für die Wasserkultur zu
wählen, als sie für Sandkultur notwendig sind,
schon desalb, weil das Würzelchen ins Wasser
eintauchen muß, um der Pflanze Wasser zuzu-
führen. Von den Sägespänen, in denen die Samen
angekeimt wurden, bringen dieselben gewöhnlich
Spuren von Stoffen in die Wasserkultur mit,
wodurch dieselbe verunreinigt wird. Man muß
demnach weiche, möglichst harzfreie Sägespäne,
am besten Buchenholzspäne, als Keimbett wählen
und die angekeimten Samen vor dem Einbringen
in die Wasserkultur sorgfältig mit destilliertem
Wasser abspritzen. Zur Wasserkultur eignen sich
übrigens nicht alle Samen gleichmäßig, vor allem
wird man kleine Samen wegen der Unbequemlich-
N I keit der Manipulation ausschließen, aber auch von
Sachs. größeren Samen wird man mit Vorliebe die in
Wasserkultur sich gut entwickelnden der Bohne,
Lupine, Helianthus, Mais, Buchweizen usw. bevorzugen. Die Be-
festigung macht, wie erwähnt, ebenfalls Schwierigkeiten, denn nie-
mals darf ein Stengelorgan unters Wasser tauchen, weil dadurch Fäul-
nisvorgänge bedingt wären. Nun treten aus den Gramineen beispiels-
weise nach unten nur Wurzelorgane aus, sie können also unmittel-
bar über der Wasseroberfläche befestigt werden, dagegen entwickelt
sich beim Buchweizen, Helianthus, Phaseolus usw. zwischen Kotyledonen
und Wurzel das Stengelstück des Hypokotyls, das aus dem Wasser
herausragen muß, respektive, da es sich durch längere Zeit streckt, immer
wieder herausgezogen werden sollte; das ist aber von vornherein nicht
so schwierig, wenn man darauf Bedacht nimmt, daß überhaupt nur
die Spitze der Wurzel, nicht aber deren oberste Teile ganz ins Wasser
zu tauchen haben. Die Kulturgefäße sollen, wie bereits erwähnt, bei
der Wasserkultur sehr geräumig sein. Wortmann!) weist darauf hin,
daß die Wurzelatmung dann besser vor sich geht und die Kultur-
flüssigkeit niedrigere und gleichmäßigere Temperatur beibehält. Die
Pflanzen gedeihen weit besser als in schmalen Gefäßen und brauchen
mehr oder weniger keine weitere Fürsorge, wenn die Kultur einmal
eingestellt ist. Wortmann verwendet Glaszylinder, die 26%, 1 fassen
ı) Wortmann, Bot. Ztg. 1892, p. 643.
UI. Die Keimpflanze. BB)
(zum Preise von 5 Mark bei Ehrhardt & Metzger, Darmstadt). Nach
dem Auskochen des Gefäßes ist es zweckmäßig, dasselbe mit starker
Salpetersäure auszuwaschen, die Salpetersäure durch Wasser zu ver-
treiben, dann mit einer starken Sublimatlösung nachzuspülen und
schließlich mit destilliertem, ausgekochtem Wasser solange durch-
zuwaschen, bis ein Tropfen des Waschwassers mit Silbernitrat keine
Fällung mehr gibt. Will man größere Pflanzen ziehen, so empfiehlt es
sich, in den breiten Hals des Kulturgefäßes einen Kork mit breiter
Bohrung zu setzen, welche zur Aufnahme der Pflanze dient. Der Kork
erhält radial von der Bohrung
einen Schnitt, welcher einen
Sektor des Korkes entfernt,
der nachher wieder eingefügt
wird ; durch diese Öffnung kann
der Stengel der Pflanze auch
später noch seitlich eingeführt
werden. Ein Tränken des Kor-
kes mit Paraffin gewährt guten
Schutz vor Schimmelpilzen.
Verwendet man gläserne Zylin-
der als Kulturgefäße, so er-
halten diese einen Deckel, der
in der Mitte ein größeres Loch
zur Aufnahme der Pflanze und
seitlich davon ein kleineres Loch
zur Befestigung der Holzstütze
trägt, an welche die Pflanze
nach dem Heranwachsen an-
gebunden wird; besonders not-
wendig sind solche Stützen
natürlich für windende oder
schlingende Pflanzen. Pfeffer
verwendet als Deckel für daszy-
lindrische Kulturgefäß lackier-
tes Zinkblech oder Porzellan,
in dessen mittlere Durchboh-
rung die Pflanze mit Hilfe eines
halbierten und paraffinierten
Korkes angebracht ist; ein ra-
dialer Schlitz des Deckels ge-
stattet auch hier das Ein- und
Ausschieben des Pflanzen- 3
stengels. In der Durchbohrung
des Korkes wird der junge Keimling mit Watte so befestigt, daß
die Reservestoffbehälter sich oberhalb des Korkes, also außerhalb
der Flüssigkeit, befinden, eventuell befestigt man das Hypokotyl
mittels der Watte im Stöpsel. Diese Art der Kultur dient, wie
gesagt, nur für größere Pflanzen, bei denen man die Entwicklung eines
einzelnen Individuums und seiner Teile studieren will; für die gewöhn-
lichen Laboratoriumsversuche mit kleineren Keimpflanzen ist aber
dieses Verfahren schon deshalb höchst unpraktisch, weil man ja viele
Vergleichspflanzen, womöglich in einer Kultur, zu Vergleichszwecken
Fiz. 12. Weasserkultur von Hartwegla comosa
(nach ©. Richter.)
56 II. Die Keimpflanze.
zu halten wünscht, wofür bei dem eben geschilderten Verfahren ebenso-
viele Kulturzylinder nötig wären. In diesem Falle benutzt man zweck-
mäßig (nach dem Vorschlage von Portheims) mit Gaze über-
spannte Einsiedegläser, die in verschiedener Größe zu haben sind. Das
gründlich gereinigte Glas wird mit mehr oder weniger engmaschigem
Organtin überspannt, indem man die feuchte Gaze, welche sich so be-
quem spannen läßt, mit Zwirn an dem wulstigen Rande des Einsiedeglases
festbindet. Da der Organtin reichlich mit Stärke getränkt ist und von
der Appretur her gewöhnlich noch Reste von Mineralsalzen, haupt-
sächlich Kalk, enthält, muß man ihn vor der Verwendung in einprozentiger
Salzsäure oder Salpetersäure auskochen (nicht zu lange, weil sonst das
Gewebe zerfällt), worauf man ihn nach sehr sorgfältigem Auswaschen
mit destilliertem Wasser über das Einsiedeglas spannt. Der Organtin
wird so geschnitten, daß er sich
nachher gerade bequem binden
läßt, und die etwa herabhängen-
den Zipfel abgeschnitten; nie-
mals lasse man solche Zipfel in
eine Flüssigkeit, etwa eines Unter
satzes, hineintauchen, weil auf
diese Weise infolge der kapillaren
Saugung Flüssigkeiten in das über-
spannende Netz und so in die Kul-
turlösung hineingelangen könn-
ten. Zwischen die Maschen des
Organtins werden dann die Wür-
zelchen der angekeimten Samen
mit Beachtung der früher er-
wähnten Vorsichtsmaßregeln ge-
steckt, wobei es allerdings bei zu
weiten Maschen vorkommen kann,
daß Stengelteile in die Flüssig-
keit hineinrutschen. Ein weiterer
Nachteil der Einsiedegläser ist
die schwierige Befestigung von
i notwendig werdenden Stützen, da
Fig. 13. ’Wanserkultur eines Zeige ron Acseulus diese an der zylindrischen Wand
des Einsiedeglases nur schwierig
anzubinden sind und auch zwischen die Maschen des Organtins nicht
gesteckt werden können. Immerhin ist mit der Organtinmethode die
Möglichkeit geboten, zahlreiche Pflanzen, je nach der Größe des
Kulturgefäßes, in einem Gefäße unterzubringen. ATsZNschrz
lösung eignet sich gewöhnliches Brunnen- oder Leitungswasser (z. B.
das Wiener Hochquelleitungswasser ganz ausgezeichnet), aber es sind
von verschiedenen Autoren verschiedene Rezepte für Nährlösungen an-
gegeben worden, welche namentlich dort Verwendung finden werden, wo
es sich um genaue Kontrolle des der Pflanze zur Verfügung stehenden
Salzmaterials handelt. Die gebräuchlichste Nährlösung ist jene von
Knop, sie enthält auf einen Liter Wasser:
0,25 g MgSO, | 012g KCÜl
1,00 ,, Ca(NO,), Spur FeÜl,.
0,25 „, KH,PO, (Monokaliphosphat)
II.. Die Keimpflanze. 57
Wiesner ersetzt in dieser Nährlösung das KCl durch KNO,, es ist
noch strittig, ob das Cl-Ion für manche Pflanzen schädlich ist, während
es nach Nobbe für Buchweizen zur freudigen Entwicklung dieser
Pflanze geradezu notwendig erscheint. Birner und Lucenus
verwenden: 1000,0 g H,O | 0 & KH,POR
0,5 „ MgSO, | I. .„ Be,(PO09.
1,5 ” Ca(NO;), |
Sachs setzt seine Nährlösung folgendermaßen zusammen:
1000 g H,O | 0,5 g MsSO,
1,0, 5EN03 | 0:3,,> &a,(PO,):
0,5 „ NaCl | Spur FeÜl,.
0,5 „ CaSO, |
Mit Rücksicht darauf, daß die Nährlösung für höhere Pflanzen
schwach sauer sein soll, ist es wichtig, zu wissen, daß KH,PO, sauer,
das Dikaliphosphat K,HPO, alkalisch, das tertiäre Kaliphosphat K,PO,
schließlich physiologisch neutral ist; man verwendet aus dem angeführten
Grunde vornehmlich Monokaliphosphat. Tollens verwendet drei
Lösungen, welche den großen Vorteil bieten sollen, die Entwicklung von
niederen Algen in der Kulturlösung zu verhindern:
Bone CalNO,); :.B.: 28.8 KE,PO,. 10230, E!MES0O,
25 „ KNO, 1000 „, H,O. 1000 „, H,O.
15 ,. NaCl
1000 „, H,O.
Von diesen drei Lösungen gelangen je 100 ccm auf 10 Liter Wasser
zur Verwendung. Es ist zweckmäßig, sich bei jeder der genannten
Lösungen eine etwa zehnmal so hohe Konzentration in Bereitschaft
zu halten und vor der Verwendung entsprechend zu verdünnen. Die
größere Konzentration der Vorratslösung verhindert das Aufkommen
von Algen darin vor der Verwendung. Schließlich sei die Nährlösung
von van der Crone genamnt:
1,00 & KNO,
0,5 , CaSO,
0.55 ,.MeS0O,
0,25 ‚, Cas(PO,);
0,25 „, Fe,(PO,)..
Eine gute Nährlösung erhält man nach Pfeffer, wenn man
4,0 g Ca(NO,),
1,0 „ KNO,
1,0 „ MgSO, + 7 H,O
1,0 „ KH,PO,
0,5 „ KCl
zu 7 Litern (= 0,106 %, Salz) oder zu 3 Litern (= 0,25 %, Salz) löst
und noch 3—6 Tropfen der offizinellen FeCl,-Lösung binzufügt. Oder
aber, wenn man
a) 20,5 g MgSO, + 7 H,O
zu 350 cem auflöst; ferner
b) 40 g Ca(NO,),
10 „, KNO,
102. 28,20,
zu 350 g Wasser auflöst und von Lösung a und b je 100 cem zu 9,8 Litern
Wasser setzt, so daß man eine Lösung mit insgesamt 0,2 %, wasser-
freier Salze erhält, zu der man nötigenfalls noch etwas KÜl fügt. Die
58 Il. Die Keimpflanze.
Zusammensetzung der Nährlösung kann also in relativ weiten Grenzen
schwanken, die Sulfate und Phosphate sollen aber keinesfalls zu stark
überwiegen, auch soll das Magnesiasalz in geringerer Menge geboten
werden als Kalk- und Kalisalze; im ganzen sollen etwa 0,1—0,5 %
Salze im Liter enthalten sein; die Azidität muß immer gewahrt bleiben,
so daß man den zwar an sich schon sauer reagierenden Nährlösungen
noch etwas Phosphorsäure oder Spuren verdünnter Salpetersäure zu-
setzen kann. Wir glauben heute annehmen zu dürfen, daß die Salze der
Nährlösung nicht als Moleküle, sondern in Form ihrer Ionen aufgenommen
werden: daher kommt es auch, daß die Nährlösung mit der Zeit alkalisch
reagiert und durch Zufügung von Säure wieder zur sauer reagierenden
umgewandelt werden muß. Besonders bei der Assimilation gewinnt
die anfangs sauere Nährlösung, wie Molisch gezeigt hat, die Eigen-
schaft, Phenolphthalein zu röten, also alkalisch zu reagieren'), was ent-
weder darauf zurückgeführt werden kann, daß von der Pflanze Kationen
in die Nährlösung ausgeschieden werden, was durchaus möglich ist,
nachdem wir heute schon durch zahlreiche Untersuchungen über die
Rückwanderung der Salze aus dem Pflanzenkörper in das Substrat
orientiert sind, oder auf die schnellere Aufnahme der Anionen während
der Assimilationstätigkeit, vielleicht weil diese zur Formierung von
Kohlehydrat- und Eiweißkomplexen Verwendung finden, während die
Kationen in der Nährlösung sich anhäufen und das Ionengleichgewicht
erst bei Nacht durch Nachziehen der Kationen — die Nährlösung ver-
liert bei Nacht das Vermögen, Phenolphthalein zu röten — wiederhergestellt
wird. Im Einklange damit steht der Befund, daß der Aschengehalt der
Blätter bei Nacht größer ist als bei Tage. Immerhin ist die Pflanze in
der Lage, die Mineralstoffe auch aus weniger ionisierten Verbindungen
zu resorbieren, es ist z. B. möglich, sie durch Darbietung von Isäthion-
säure oder Taurin mit Schwefel zu versorgen. Versuche, der Pflanze
die notwendigen Aschenelemente durchaus in organischer Bindung zu
bieten, sind bisher wegen der leichten Verpilzung solcher ‚Nährlösungen“
noch nicht mit Erfolg durchgeführt worden, obwohl es hinlänglich
organische Verbindungen gäbe, welche nicht als Gifte wirken, z. B.
Athylnitrat, Phosphorsäureester der Alkoholradikale, Taurin usw. für
die Anionen, die Metallsalze schwach dissoziierter organischer Säuren
für die Kationen. Freilich wirkt doch jede von diesen Substanzen mehr
oder weniger spezifisch, es sind aber doch bestimmte allgemeine Er-
scheinungen, welche sich bei Verwendung solcher wenig oder nicht
dissoziierter Nährsubstrate abstrahieren ließen. Von wesentlicher Be-
deutung ist auch die Konzentration der Nährlösung, denn auch ohne
Giftwirkung macht eine Steigerung des osmotischen Wertes ein Ge-
deihen unmöglich, bei einer Steigerung des optimalen Salzgehaltes
von 0,2—0,5 %, auf 2,5—3 %, wird den meisten Pflanzen das Wachsen
unmöglich gemacht. Dasselbe gilt natürlich, wenn die normale Nähr-
lösung in ihrem osmotischen Druck durch Zusatz eines einzelnen Salzes
entsprechend gesteigert worden ist. Man darf also, ohne die Pflanzen
zu schädigen, die Konzentration der beschriebenen Nährlösungen nicht
auf das Doppelte erhöhen, wohl aber darf man sie auf das Doppelte
verdünnen, ohne eine Beeinträchtigung der normalen Entwicklung ein-
!) Auch Hassack und später O. Loew [Ber. d. d. chem.Ges. 22, 482 (1889)]
haben diese von Molisch [Sitz. Ber. d. k. Akad. Wien 18 (1909), 19 (1910)]
studierte Erscheinung beobachtet.
II. Die Keimpflanze. 59
treten zu sehen. Bei weiterer Verdünnung sieht man zunächst eine
Überverlängerung der Wurzel und auch der oberirdischen Teile eintreten,
ganz ähnlich, wie es sich bei Aufzucht der Pflanze bei Lichtmangel
zeigt. Dieses ‚Nährstoffetiolement‘“ beruht darauf, daß der in geringster
Menge vorhandene Nährstoff und die ihm entsprechenden Anteile der
übrigen im normalen Verhältnis vorhandenen Nährstoffe viel rascher
resorbiert werden als dies unter gewöhnlichen Verhältnissen der Fall
wäre. Später bleibt dann eine solche Pflanze natürlich gegen die nor-
malen Kontrollexemplare zurück. Ist nur einer von den Konstituenten
einer normalen Nährlösung in zu geringer Quantität vorhanden, so wirkt
dies so, als ob alle Bestandteile der Nährlösung in abnormal geringen
Mengen vorhanden wären, denn nach dem sogenannten Gesetze des
Minimums können die Nährstoffe nur in proportionalem Verhältnisse
zu dem in geringster Menge vorhandenen Nährstoff resorbiert werden).
Das Gesetz des Minimums ist übrigens nicht auf die Mineralstoffe allein
beschränkt, sondern gilt für alle Nährstoffe, wie Kohlensäure, Stickstoff-
verbindungen, Wasser; aber noch mehr, es erstreckt sich überhaupt
aufalleVerhältnisse, welche beim Gedeihen der Pflanze zusammen-
wirken, so daß bei einem Mangel an Licht ein Überschuß von Kohlen-
säure ungenutzt bleibt, und vice versa, daß infolgedessen auch die
Mineralstoffe nicht entsprechend ausgenutzt werden, daß ein Mangel
an Wärme auch wieder seinerseits die Verwertung der übrigen Vegetations-
faktoren beeinflußt, kurz, das für die Mineralstoffaufnahme gefundene
Gesetz des Minimums ist nur ein Spezialfall der das Pflanzengedeihen
bestimmenden Korrelation der Verhältnisse.
Aus den angeführten Gründen ist es zum bloßen Erziehen der Pflanze
ganz unnötig, die Salze der Nährlösung etwa auf einer feinen analytischen
Wage abzuwägen, sondern es genügt dazu vollauf die gewöhnliche Hand-
wage. Aus den Nährlösungen, welche Eisenphosphat enthalten, setzt
sich dieses schwer lösliche Salz gewöhnlich als Niederschlag zu Boden,
aber abgesehen davon, daß kein Mineralsalz praktisch vollkommen un-
löslich ist und für die Pflanzenwurzel Spuren genügen, welche durch
Wurzelausscheidungen sukzessive herausgelöst werden, reicht ein zu-
zeiten erfolgendes Aufwirbeln der Nährlösung, etwa bei der Durch-
lüftung, aus, um schwerlösliche Salze auch den kleinsten Pflanzenwurzeln
zugänglich zu machen. Wenn auch die Pflanzenzellen die Fähigkeit
der Speicherung von in Spuren vorhandenen Mineralsalzen besitzen,
kommt es doch schließlich bei weitgehender Verdünnung zu einem
Konzentrationsminimum, welches für ein dauerndes Gedeihen der
Pflanze nicht ausreicht. Das Eisen, wiewohl ein für die Ausbildung
des Chlorophylifarbstoffes höchst wichtiges Element, darf doch nur in
Spuren vorhanden sein (gleichgültig welcher Oxydationsstufe das ver-
wendete Salz entstammt) und Spuren genügen auch der Pflanze voll-
auf, ja es ist sogar schwer, eisenfreie Lösungen zu erhalten, denn die
gewöhnlichen Handelspräparate der für die Nährlösung dienenden
anderen Salze enthalten genügend Eisen, um das Gedeihen der Pflanze
zu ermöglichen, welche in den Samenkotyledonen einen genügenden
Vorrat an Eisenverbindungen besitzt, um wenigstens die ersten Triebe
!) Bezüglich der mathematischen Formulierung dieses Gesetzes sei auf dei
interessanten Abhandlungen von A. Mayer, Landw. Vers. stat. 78, 115 (1912),
R. Rodewald, ebendas. Seite 247, 389, E. A. Mitscherlich, 75. 23 (1911),
M. Th. Pfeiffer, E. Blanck, M. Flügel, 76, 169 (1912) verwiesen.
60 II. Die Keimpflanze.
ganz ohne von außen gebotenes Eisen zu erzwingen. Durch eine merk-
würdige Erscheinung gelangte van der CUrone zur Aufstellung
seiner Nährlösung. Knop hatte gefunden, daß Wurzeln in einer zirka
0,0125 prozentigen Phosphorsäurelösung absterben, in neutralen oder
schwach alkalischen Lösungen aber gut gedeihen; da nun die Ver-
wendung des primären Kaliphosphates eine mehr oder minder starke
Abweichung von der neutralen Reaktion bedingt, verwendete van
der Crone statt dieses eine Mischung des primären und sekundären
Kaliphosphates. Enthielten nun seine Nährlösungen außer 0,05 %
dieser Mischung und den anderen üblichen Nährsalzen noch 0,0005 %,
FeSO, als Eisenquelle, so wurden die Pflanzen chlorotisch, sie blieben
aber grün, wenn die Phosphatzufuhr unterblieb (natürlich blieben sie
dann infolge Phosphormangels klein). Auch andere und schon sehr
geringe Mengen von Phosphorsalzen und auch Eisenphosphat als Eisen-
auelle bewirkten diese Erkrankung, während alleinige Darreichung von
Ferrophosphat als Eisenquelle keine Chlorose hervorrief. van der
Crone bezog diese Wirkung auf die löslichen Phosphate und ermittelte,
daß eine Mischung des schwerlöslichen Ferrophosphates und tertiären
Kalziumphosphates besonders günstig sei. Die Nährlösung soll deshalb
so günstig wirken, weil 1. das Phosphat, 2. das Eisen sich in ungelöstem
Zustand finden, 3. beide, obwohl ungelöst, sich in gut resorbierbarem
Zustande befinden, 4. die angewandte Eisenverbindung, obwohl un-
gelöst, große Aktivität besitzt, 5. den Wurzeln infolge des Vorhanden-
seins ungelöster Stoffe Gelegenheit gegeben ist, ihre naturgemäße Funk-
tion möglichst vollkommen zu vollziehen, 6. weil die Reaktion neutral
ist und bleibt. Diese Nährlösung erfuhr günstige und auch abfällige
Beurteilung; während Noll in dieser Lösung ein ungleich besseres
Wachstum der Pflanzen eintreten sah als in der Knopschen und
Sachsschen und auch angibt, daß darin die Entwicklung kleiner
Algen sehr beschränkt ist, sieht Takeuchi in der Verwendung der
van der Üroneschen Lösung keinen besonderen Vorteil, sondern
erklärt, daß gesunde Pflanzen auch in Nährlösungen gedeihen, die ge-
löste Phosphate enthalten. Eine sehr wertvolle vergleichende Studie
verdanken wir Benecke!); dieser Forscher führte den Nachweis,
daß in allen Nährlösungen, in denen die Versuchsobjekte van der
Crones zur Chlorose neigten, eine verminderte Löslichkeit des Eisens
besteht, im Vergleich zu solchen Lösungen, in welchenvanderCrone
gesunde Pflanzen erzielen konnte. Besonders bedinge Zufuhr löslicher
Phosphate, auch des saueren Kaliphosphates zu Nährlösungen, welche
Eisenphosphat als Eisensalz führen, eine verminderte Löslichkeit des
Eisens, dagegen bedingen die löslichen Phosphate keine von der Eisen-
zufuhr unabhängige Chlorose. Ebenso wie Phosphate in der Nähr-
lösung die Aufnahme des Eisens verhindern oder erschweren, könne
auch reicher Phosphorgehalt der Pflanzenzellen, besonders im Ein-
vernehmen mit anderen die Löslichkeit des Eisens herabsetzenden
Momenten die Weiterleitung und Verarbeitung des Eisens in der Pflanze
erschweren und unmöglich machen und so Chlorose hervorrufen. —
Benecke!) verwendete zur vergleichenden Kultur die kleinkörnige
Sorte von Zea Mays (Zea praecox) und folgende Lösungen:
1) W. Benecke, Die van der Üronesche Nährsalzlösung. Zeitschr,
f, Bot. 1, 235 (1909).
II. Die Keimpflanze. 61
nach van der Crone nach Pefffer
1000 g H,O 10007 727750
1.00.02 R.N07 1,3 ,„ Ca(NO,), + aq
0,5 ,„CaSO,+aq 0,33 „ KNO,
05 ,„MsSO,-+aq 0,33... KEELOR
0.25%... C3,(P0,); 0,33 „ MgSO, + aq
0,25 „, Fe,(PO ,)s, 0,16 ,, KCl
Dazu Eisen: auf 7 Liter oder auf 3 Liter 3—6 Tropfen der offizinellen
FeCl,-Lösung. Benecke gab auf 11, Liter 2—3 Tropfen;
nach Sachs nach Mayer
10007 ıg H,O 1090 = € 1,0
2.075, KNO, 1,0 ,„ CaNO,), +aq
05 ,„CaSO,-+aq 0,25 „ KNO,
0,5 ,„MgSO,-+aq 025°, KH,PO;,
0.9 ,„€Ca,(PO,), 0,25 „,„ MgSO,-+ aq
0,2 „Fe(PO,),+aqg.
Als ‚„„Spuren‘“‘ Eisen wurde in der Lösung nach Sachs die von Pfeffer
vorgeschriebene Menge FeCl, verwendet, während van der Cronein
seinen Vergleichsbestimmungen 0,005 g FeSO, + aq im Liter benutzte.
Die Lösung nach Kreusler:
1000 g H,O
0,23 „, MgSO,
0,1 , Fe,(PO,), (in der Lösung selbst gefällt)
977. CalNO,);
0,24 „ KNO,
01... NaCl
024. KH,EO,
wurde nicht in den Bereich der Untersuchung gezogen.
Jede von den Versuchspflanzen wuchs in 11, Litern Nährlösung.
Der erste Versuch begann Ende März im geheizten Zimmer, Anfang
April gelangten die Pflanzen in das Gewächshaus. Gegen Ende April
waren die Pflanzen in der Pfefferschen Nährlösung weitaus am
besten entwickelt, die beiden anderen wohl auch nicht schlecht, aber
zur Chlorose neigend; gegen Mitte Mai wurde dieser Zustand so be-
denklich, daß durch Zusatz von 6 Tropfen Salpetersäure auf 1500 ccm
Abhilfe geschaffen werden mußte: daraufhin erholten sich die Pflanzen,
blieben aber kleiner als die in Pfefferscher Lösung wachsenden.
Ende Juni wurde der Versuch, nachdem die Pflanzen bis zur Blüte
gelangt waren, abgebrochen; das Frischgewicht betrug bei Pfeffer 55 g,
bei Sachs 37 g, bei van der Crone 35 g, die Höhe in Pfeffers Lösung
70 cm, in den beiden anderen 40 cm. Pfefters Nährlösung erwies sich
für Mais stets den beiden anderen überlegen. Besonders auffallend wurden
die Unterschiede im Warmhaus bei höherer Temperatur, während im Kalt-
haus die Unterschiede etwas ausgeglichen wurden. Säuerte man dagegen
die van der Cronesche Lösung zu geeigneter Zeit an, so ergab
sie schöne Pflanzen, erwies sich also die Kombination Fe,(PO,), als
Eisen- und Phosphorquelle vorzüglich geeignet. Die Überlegenheit der
Pfefferschen Nährlösung beruht also darauf, daß sie infolge ihres
Gehaltes an Ferrichlorid und Monokaliphosphat sauer reagiert. Da-
gegen ist das Wurzelsystem inderSachsschenundvanderCrone-
62 II. Die Keimpflanze.
schen Nährlösung besser entwickelt als in der Pfefferschen, da,
wie schon Knop gefunden hatte, ein neutraler oder auch schwach
alkalischer Nährboden für die Wurzeln besser dienlich ist als ein
saurer. Man wird aber doch immer schwach sauere Lösungen verwenden
müssen, da sonst die Löslichkeit des Eisens so stark herabgesetzt wird,
daß der Sproß zurückbleibt. Benecke empfiehlt daher, die Objekte
zunächst zur Heranziehung eines kräftigen Wurzelsystems in neutraler
Lösung zu halten und diese erst dann schwach anzusäuern. Da der
Gehalt an Ca ‚(PO ,), ferner den Gehalt der Lösung an Eisen, wie
Benecke gefunden hat, stark herabsetzt, wäre es zweckmäßig, durch
Weglassen des Kalkphosphates die van der Cronesche Lösung
auch für solche Pflanzen geeignet zu machen, die sonst in ihr chlorotisch
werden. Für Hafer wurden dieselben Erfahrungen gemacht wie mit
Mais. Aus der Diskrepanz der von verschiedenen Forschern für ver-
schiedene Nährlösungen gefundenen Erfahrungen geht hervor, daß
neben der Zusammensetzung der Nährlösung vor allem die Art der
darin gezüchteten Pflanzen und ferner auch die begleitenden Neben-
umstände in Betracht kommen, so daß es sicherlich nicht eine einzige,
sondern recht viele vollkommen entsprechende Nährlösungen gibt, wie
es überhaupt unmöglich sein dürfte, ein Universalrezept der Nähr-
lösung für höhere Pflanzen aufzustellen. Voraussetzung für die günstige
Wirkung der van der Öroneschen Nährlösung ist, daß dem Sproß ge-
nügend Eisen zugeführt wird. Diese Voraussetzung ist nach Benecke
durch die Lösung nach van der Crone gut erfüllt bei zahlreichen
Pflanzen, nach Benecke jedenfalls bei Hafer, dagegen nicht bei be-
stimmten Maissorten, welche in dieser Nährlösung ohne genügendes An-
säuern chlorotisch werden. Günstig erscheint für viele Pflanzen die Weg-
lassung des Ca,(PO ,), aus der van der Croneschen Lösung, weil
dieses die Löslichkeit des Fe,(PO,), herabsetzt. Nach Beneckes Ver-
suchen erscheint die Pfeffersche Nährlösung im allgemeinen den
anderen überlegen zu sein, aber es muß große Sorgfalt darauf verwendet
werden, sie nicht durch vorschriftsmäßig großen Zusatz von FeCl, zu
stark anzusäuern. Auch der Chlorose erregende Einfluß löslicher Phos-
phate ist vonvan der Ürone sehr überschätzt und dadurch hervor-
gerufen worden, daß statt des günstig wirkenden, die Lösung an-
säuernden KH,PO, eine Mischung des primären und sekundären ver-
wendet wurde, welche die Lösung neutral oder schwach alkalisch machen.
In diesen Versuchen zeigte sich auch deutlich der ungünstige Einfluß
zu kleiner Kulturgefäße, welche bei einem Fassungsraum von 250 ccm
mit vier Pflanzen beschickt waren; dieser ungünstige Einfluß machte
sich geltend, obwohl dadurch die Ansammlung von CO, im Wasser be-
günstigt und daher eine stärkere Auflösung des Ferrophosphates herbei-
geführt worden war.
Was die Entbehrlichkeit oder Unentbehrlichkeit der
Mineralstoffe!) für höhere Pflanzen anlangt, so kann man eigentlich
auch hier keine allgemeinen Regeln aufstellen. Wenn auch Kalk, Kali,
Magnesia, Eisen, Schwefel, Stickstoff, Phosphor für alle Pflanzen schlechter-
dings unentbehrlich sind, so gibt es doch Pflanzen, für die Silizium, Mangan,
ı) L. v. Portheim und M. Samec, Örientierende Untersuchungen
über die Atmung gesunder und infolge von Kalkmangel erkrankter Keimlinge
von Phaseolus vulgaris. Wiesner-Festschr. 1908 p. 113.
II. Die Keimpflanze. 63
Chlor einen für die normale Weiterentwicklung notwendigen Bestand-
teil ihrer Nährsubstrate darstellen; ja für die daran angepaßten Pflanzen
bedeuten selbst Zink und Aluminium notwendige Nährstoffe. Es kommt
also auch hier auf die Individualität an. Für die Anstellung von Wasser-
kulturversuchen ist es unbequem, daß das Wasser aus der Nährlösung
relativ rasch verdunstet und (wenn nicht unter einer Glocke gehalten)
das Kulturgefäß stets nachgefüllt werden muß. Gicklhorn ver-
meidet diesen Übelstand in der Weise, daß er die geschnittene Leinwand,
welche statt Organtins zur Bedeckung des Einsiedeglases verwendet
wird, in geschmolzenes Paraffin eintaucht, die Leinwand nach dem
Erstarren des Paraffins uhrglasförmig einwölbt und nun mit der Nadel
in dieselbe Löcher sticht, durch welche die Würzelchen der Pflanze ge-
steckt werden. Die Leinwand kann an den Rändern des Einsiedeglases
entweder mit Bindfaden festgebunden oder, da sie starr ist, mit Vaseline
auf dieselben aufgelegt und aufgedichtet werden. Der Wasserdampf
aus der Lösung kondensiert sich dann an dem Paraffin und das Wasser
tropft fortdauernd zurück. Übrigens ist es nicht zweckmäßig, die Pflanzen
allzulange in derselben Nährlösung zu belassen. Verwendet man breit-
halsige Zylinder und befestigt darin nur eine einzelne Pflanze mittels
Korkes, so ist es zweckmäßiger, frisch geglühten Asbest statt Watte
zu verwenden, keinesfalls darf aber Watte oder Asbest bis zum unteren
Rande des Stöpsels reichen und muß überhaupt völlig trocken gehalten
werden, denn ein solches Feuchtwerden, welches die Grundlage von
Pilzinfektion ist, bewirkte in 30 von 56 Fällen das Zugrundegehen der
Keimpflanzen infolge Pilzinvasion. Selbstredend muß aus demselben
Grund auf völlige Unversehrtheit der Pflanzen vor und während der
Befestigung hingewirkt werden. Will man die Pflanze in ein anderes
Kulturgefäß übertragen, ist es aus demselben Grunde vorzuziehen,
nicht die Pflanze allein, sondern mitsamt dem Kork zu übertragen;
aber ist aus irgendeinem Grunde der Asbest um die Befestigungsstelle
feucht geworden, ist es besser, einen frischen Kork zu nehmen und die
Pflanze frisch zu befestigen. Am Ende jeder Versuchswoche sollen die
Pflanzen in Kulturgefäße übertragen werden, die lediglich destilliertes
Wasser enthalten, und darin drei bis vier Tage belassen, worauf man
sie neuerdings in Gefäße übertragen kann, in die man inzwischen frische
Nährlösung hineingetan hat. Für ernährungsphysiologische Versuche
ist es natürlich um so besser, je länger die Kultur fortgesetzt werden
kann, immerhin ist eine dreiwochige Behandlung der Pflanzen für
die meisten Fragen ausreichend. Die genannte Auswechslung läßt
sich natürlich auch bei Kulturen durchführen, wo die Pflanzen in
organtin- oder leinwandüberspannten Einsiedegläsern gezogen werden;
zweckmäßig ist es dann, die Befestigung des Organtins so vorzunehmen,
daß er statt mit Bindfaden mit S-förmig gebogenen Nickeldrahtstiften
über dem Substrat auf den Schalen ausgespannt wird. Dadurch wird
auch das lästige kapillare Überfließen der Nährlösung vollkommen
vermieden und der Organtin kann besser gespannt werden. Stellt man
Versuche an, um die Erkrankungserscheinungen bei Fehlen eines oder
des anderen mineralischen Nährstoffes zu studieren, so empfiehlt es
sich nicht, wie das bei den meisten einschlägigen Versuchen gemacht
wurde, das betreffende Salz, z. B. Kalksalz, bei kalkfreien Lösungen
einfach wegzulassen, weil dadurch die Verhältnisse des osmotischen
Druckes in der Nährlösung geändert werden und kein reines Ergebnis
64 II. Die Keimpflanze.
des Mangels an dem betreffenden Salz gewonnen werden kann; ja mehr
als das, nach neueren Untersuchungen wissen wir, daß die Pflanze ein
gewisses osmotisches Gleichgewicht mit der Nährlösung dadurch her-
zustellen strebt, daß sie im Notfalle Ionen in die Lösung zurückschickt,
so daß also auch aus diesem Grunde eine Verarmung des Pflanzen-
körpers einträte. Es wird sich in solchen Fällen empfehlen, den Betrag
der übrigen Salze der Nährlösung, aber natürlich aller im gleichen Ver-
hältnis, so zu erhöhen, daß die Änderung in den osmotischen Verhält-
nissen, welche sich durch Weglassung irgendeines Nährlösungsfaktors
ergibt, ausgeglichen wird. Für Wasserkultur eignen sich die kräftigen
Keimlinge irgendwelcher gewöhnlicher Laboratoriumspflanzen. Neben
Phaseolus vulg. und multiflorus haben sich besonders von weniger ver-
wendeten Pflanzen Epilobium hirsutum und Cheiranthus cheiri als günstig
erwiesen. Zu Versuchen, die nicht viel Zeit beanspruchen sollen, kann
man auch Zweige verwenden, die mit dem abgeschnittenen Ende in
die Lösung tauchen (Siehe Fig. 13 auf S. 56.). Triebe von Alisma
plantago und Scrophularia aquatica sind für diese Zwecke brauchbar,
und wenn man holzige Stengel haben will, eignen sich besonders gut
Zweige von Acer pseudoplatanus oder Tilia europaea.
Von den Mineralsalzen ist die Notwendigkeit des Kalkes am
frühesten erkannt und am genauesten studiert, wobei auch die Notwendig-
keit eines bestimmten Verhältnisses zwischen Kalk und Magnesia, des
sogenannten Kalkfaktors erkannt wurde, welcher je nach der Pflanzen-
art ein verschiedener ist. Nach O. Loew ist das optimale Verhältnis
Ca0 :MgO =1:1 für Reis und junge Triticumpflanzen; Gerste ent-
wickelt sich am besten, wenn doppelt soviel Kalk geboten wird als
CO ebenso
Ms0O 3
für Allium, für Kohl 5 für Hafer > Die Krankheitserscheinungen, die
Magnesia, für Buchweizen ist das optimale Verhältnis
bei Phaseolus vulgaris durch Kalkmangel hervorgerufen werden (Fig. 14),
hat von Portheim!) genau studiert, dessen Beschreibung hier wieder-
gegeben sei: Die Krankheit beginnt bei den Keimlingen von Phaseolus
vulgaris am Hypokotyl (bei Ph. multiflorus am Epikotyl) mit dem Aus-
treten eines Tropfens unterhalb oder an der Krümmung, und zwar auf
der Innenseite derselben; manchmal kann man mehrere Tropfen be-
merken. Daß in einzelnen Fällen keine Tropfen zu bemerken sind, liegt
an dem schnellen Verdunsten der Flüssigkeit. Die Wurzeln hatten sich
schon früher gebräunt, an manchen Stellen wurden die Epidermis und ein
bis zwei darunterliegende Zellreihen sowie einige Wurzelhaare von der
Bräunung ergriffen, während an anderen Stellen die Epidermiszellen
kollabierten; später werden immer mehr und mehr Zellen gebräunt;
die Gefäßpartien färben sich intensiv braun und die Interzellularen
füllen sich mit einem Inhalte von gleicher Farbe. In manchen Fällen
erscheint allerdings zur Zeit des Tropfenaustrittes und weitgehender Er-
krankung des Hypokotyls die Bräunung der Wurzeln noch nicht so
weit fortgeschritten. An den Stellen, wo der Tropfen austritt, gleichen
die Zellen ganz denen einer gesunden Pflanze, nur sehen wir gegen die
ı) L.v. Portheim, Über die Notwendigkeit des Kalkes für Keimlinge,
insbesondere bei höheren Temperaturen, Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien
110 (1901). Hier auch ausführliche Literaturangaben.
II. Die Keimpflanze. 65
Krümmung hin eine Bräunung der Gefäßmembranen, einzelner Zellen
und ‚Interzellularen im Pericykel,. Im zweiten Stadium der Erkrankung
wird das Hypokotyl an der Stelle, wo der Tropfen zum Vorschein ge-
kommen war, glasig, doch bräunt sich diese Stelle schnell, so daß mit-
unter diese Erscheinung nicht mehr wahrzunehmen ist. Manchmal ist
das Hypokotyl an dieser Stelle seinem ganzen Umfange nach. glasig
und braun, mitunter ist die Bräunung auf der Innenseite ausgebreiteter
als an der Außenseite. Ein anderes Mal wieder bemerkt man auf der
Innenseite einen kleinen, fast schwarzen Fleck und Einschrumpfung des
Hypokotyls an dieser Stelle. Im Innern der Pflanze sieht man die Gerb-
stotfschläuche, die Gefäße
und die sie umgebenden Par-
tien erkrankt. Die Zellen
des Perycikels mit Ausnahme
derer, die an das Kambium
grenzen, sind mit braunem
Inhalte erfüllt und wimmeln
von Bakterien; die Inter-
cellularen dehnen sich so aus,
daß einige der Zellen wie iso-
liert erscheinen; der sie um-
gebende Raum ist verfärbt
und von Bakterien erfüllt.
Die Bräunung des Hypo-
kotyls schreitet gegen die
Krümmung zu fort, ein Ein-
fallen oder Vertrocknen ist
aber noch nicht zu beobach-
ten. Die Gerbstoffschläuche
färben sich immer dunkler,
und die sie begrenzenden
Zellen werden auseinander-
getrieben. Die Epidermiszel-
len an der erkrankten Stelle
sind gestreckter als die der
gesunden Pflanze und haben
ein glasiges Aussehen. Die
Gewebepartien der Wurzel
sind intensiv gebräunt, da-
gegen Primordialblätter und
Epikotyl, bis auf dessen
RR istuten Gefäße, ©s-14: Normale und KakGel kuuceene Warserkulter von
gesund. An der Stelle, wo
die Erkrankung zuerst aufgetreten ist, findet nun eine Einschnürung
statt, die ganz kurz oder auch länger sein kann; die eingeschnürte Partie
ist dunkelbraun und matt, sie hat das glasige Aussehen verloren und
läßt sich nur schwer mit dem Messer schneiden, da das Gewebe hier
ganz locker geworden ist. Die Epidermiszellen der angrenzenden Teile
nehmen ganz eigentümliche Formen an, sind aufgedunsen, viel größer
als bei den gesunden gleichaltrigen Bohnen, und jede Zelle dringt in
ihre Nachbarzelle durch einen schnabelförmigen Fortsatz vor. Gleich-
zeitig mit dem Vorrücken der Bräunung gegen die Kotyledonen zu
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. .)
66 II. Die Keimpflanze.
geht die Tinktion des Hypokotyls in der Richtung der Wurzel vor sich,
bis diese erreicht ist. Die meisten Zellen enthalten sehr viele Bakterien.
Wurzeln, die sich an der Ansatzstelle von Hauptwurzel und Hypokotyl
am untersten Teile desselben entwickelt haben, bleiben kurz und bräunen
sich alsbald. Die Pflanze klappt nun an der eingeschnürten Stelle zu-
sammen, und diese Partie vertrocknet. Querschnitte zeigen uns hier
eine zusammenhanglose, körnige, graue Masse, in der sich ein gelblicher
Streifen befindet, der die Gerbstoffschläuche mit rotbraunem Inhalt
und die Gefäße, die einzigen noch erhaltenen Elemente, enthält. An
Stellen, die von der Einschnürung etwas entfernter sind, bemerkt man,
daß die Epidermis und die äußersten Zellreihen abgestorben sind und
eine undurchsichtige Masse bilden; die anderen Zellen des Pericykels
sind zerknittert, zum Teil braun gefärbt oder gestreckt. Das Strang-
gewebe ist vollständig gebräunt, die inneren Markzellen zerfallen in
dunkelbraune Körnchen und Klümpchen, die Gefäße der Vegetations-
spitze und der neuen kleinen Blättchen, die sich trotz der Erkrankung
entwickeln, zeigen auch schon braune Färbung, die Primordialblätter
sind an den Spitzen geschwärzt. Das hypokotyle Glied wird schließlich
auch oberhalb der Einschnürung von der Krankheit ergriffen und hat
nur an der Ansatzstelle des Epikotyls noch nicht die tiefbraune Färbung
angenommen. Das Epikotyl und die schlaff gewordenen Primordial-
blätter sind dunkelgelb, die Gefäße derselben und der Blattstiel dunkel-
braun. Das Faulen des Hypokotyls breitet sich gegen Wurzel und Koty-
ledonen immer weiter aus, die Pflanze kann sich nicht mehr aufrecht
erhalten und fällt zusammen. Die Blätter werden dunkelgelb und
glasig, die Gefäße sind dunkelbraun. Schließlich beginnen auch die
Blätter und die Endknospe zu faulen, die Wurzeln stellen nach ganz
kurzer Zeit ihr Wachstum ein, und es entwickeln sich nur kleine oder
ganz rudimentäre Seitenwurzeln, die Wurzelspitze geht zugrunde und
ist von einer weißlichen Wolke, den Resten der Wurzelhaube, umgeben.
Die Erkrankung durch Kalkmangel macht sich also durch Bräunung
und Wachstumseinstellung der Wurzeln, braune Färbung der Gefäße
und durch den Tropfenaustritt am hypokotylen Gliede bemerkbar;
die anderen pathogenen Erscheinungen sind sekundärer Natur. Durch
erhöhte Temperatur wird die Erkrankung befördert. Ähnliche Krankheits-
erscheinungen ergaben sich auch an den zahlreichen anderen unter-
suchten Pflanzenarten; durch Bestreichen der eben erkrankten Pflanzen
mit geeigneten Kalksalzlösungen zeigte sich ein Zurückgehen der Krank-
heitssymptome, die beste Wirkung auf die Wurzelentwicklung übte Be-
streichen mit zehnprozentiger Kalknitratlösung oberhalb der erkrankten
Stelle. Das Bestreichen mit Kalklösung bewirkt, daß sich die Pflanzen bis
zum vollständigen Verbrauch der Reservestoffe erhalten. Die Erkrankung
der in kalkfreien Nährlösungen am Lichte kultivierten Keimlinge erfolgt um
so schneller, je günstiger die sonstigen Wachstumsbedingungen sind. Der
Kalkentzug hat eine bedeutende Veränderung in der Aschenzusammen-
setzung der Pflanzen zur Folge und äußert sich überhaupt durch einen
Komplex von Erscheinungen. Von physiologischen Erscheinungen ist die
bei Kalkmangel herabgesetzte Atmungsintensität am bemerkenswertesten.
Was die übrigen absolut oder relativ notwendigen!)
') Höchst interessante, im Laboratorium A. v. Liebenberg’s ausgeführte
Versuche verdanken wir K. Faack (Untersuchungen über die Rolle einzelner
Nährstoffe im Haushalte höherer Pflanzen, Mitt. d. landw. Lehrk. d. k. k.
II. Die Keimpflanze. 67
Nährstoffe anlangt (so entwickeln sich Gramineen wohl ohne
Silizium, aber ihre Epikotyle bleiben glasig, brüchig, die Pflanzen
sind nicht normal entwickelt), so ist bei ihrem Fehlen das Krankheits-
bild wohl kein so ausgesprochenes wie bei Kalkmangel, immerhin kann
man durch Zurückbleiben der Pflanzen in solchen Nährlösungen und
durch ein Minus an Trockensubstanz darin die Erkrankung wahrnehmen.
Wir können hier nicht auf die spezifische Bedeutung der einzelnen
Nährstoffe (Phosphate und Sulfate für die Eiweißformation, Kali für
die Neuanlage von Teilen usw.) eingehen. Schimper verwendet,
um den Mangel eines Elementes in seiner Wirkung auf die Pflanze zu
studieren, im Vergleich zu normalen, folgende Lösungen, wobei die-
selben, mit Wasser im Verhältnis 1: 4,8 verdünnt, zur Verwendung
kommen:
normale Lösungen:
1. 6,0 g Ca(NO,), 2. 7,0, KNO; 3..7,0:.8 KNO;
155,, KNO, 1,5 „, MgSO, 1,5 ‚, MgsSO,
1.5. MeSO, 1,5 „NaCl 155.5. Na@l
BarokK,PO, 600° =, 150 1,55; iR 2),
1,5 „ NaCl K,PO, im Überschuß 600,0 ,„„ H,O
600,0 ,„„ H,O Gips im Überschuß
kalkarm:
4. 6,0 g KNO, | we 1,5 g NaCl
2,0 „ Ca(NÖ,), | 15 „MesO, 600,0 „ H,O
kalkfrei: 5. Lösung 2 und 3 außer Kalksalz;
Balıtrei:
6. 7,0 g Ca(NO,), 7. dieselbe Lösung, aber anstatt Na,PO, Zu-
Lo, MoSO, satz von überschüssigem Ca,(PO ,)>;
1.3.2 NaCl
5. Na,PO,
600,0 „„ H30:
magnesiafrei:
8. 6,0 g Ca(NO,), 9. dieselbe, aber statt K,SO, Gips im Über-
0... KNO, schuß;
158..,, K,PO,
228,50,
600,0 ,„„ H,O;
Spickstofffrei: = phosph arfre::
weis co K,PO, 110,2: &ND,
1,5 „ MgSO, 1,0 ,„, Ca(NO;),
Ba. Kcl 0,5 ,„ Mg(NO,),
600,0 „, H,O: 0,5 „.K,SO,
1000,0 „, H,O
ohne weitere Verdünnung.
Hochsch. f. Bodenkultur, Wien 1, 443 (1913). Dieser Autor zwang die Pflanze
durch entsprechende Verteilung der Wurzeln, die zu ihrer Ernährung notwendigen
Stoffe aus zwei oder mehreren. an und für sich unvollkommen zusammengesetzten
Nährmedien aufzunehmen und sah die Pflanze sich trotzdem normal entwickeln;
dabei fand aber niemals ein direkter Übertritt der Mineralsalze von Wurzel zu
Wurzel statt, sondern die Aschensubstanzen wurden zuerst zu den assimilierenden
Organen geleitet, um von dort erst weiter verteilt zu werden. Von allen unent-
behrlichen Nährstoffen fand sich nur Kali und Kalk in solchen Wurzelpartien (in ioni-
sierter Form) vor, welche bei Ausschluß dieser Elemente kultiviert worden waren.
Si
68 II. Die Keimpflanze.
Als dritte Methode der Pflanzenanzucht sei neben der Sand- und
Wasserkultur auch Arcichovskijs „Luftkultur‘ erwähnt. Bei
der Wasserkultur der Pflanzen entwickeln sich unter anderem die
Knöllchen der Leguminosen unvollkommen oder gar nicht, und die
Assimilation des molekularen Stickstoffs geht nicht normal vor sich,
die Pflanzen gehen bald zugrunde, wenn man ihnen keinen gebundenen
Stickstoff in der Nährlösung bietet, während sie in Erdkultur bekannt-
lich infolge ihrer Symbiose mit stickstoffassimilierenden Bakterien den
Stickstoff der Luft als Nitratquelle auszuwerten vermögen. Die Luft-
kultur behebt diesen Mangel des flüssigen Substrates und ermöglicht
überdies, was sowohl in Wasser- als auch in Sandkultur ebenfalls nur
sehr schwierig beobachtet werden kann, eine Verfolgung des Gas-
austausches der Wurzeln. Das Wurzelsystem
der Pflanze befindet sich bei der Luftkultur
in feuchter Luft, die Rolle der feuchten
Kammer spielt ein umgestülpter Blumen-
topf, dessen Rand in eine Schale voll
Wasser getaucht ist. Die Wurzeln werden
sechs- bis zehnmal des Tags mit der not-
a Am »
} Yu |
ELIW EA 77
Bil
Fig. 15. Apparat von Arcichovskij zu Fig. 16. Pisum sat. nach 22 Tagen in Luftkultur.
Luftkulturversuchen. D = Drahtschlinge als Stütze für die Pflanze; P=
B — Reservoir für Nährlösung; A Glaszylin- Pflanze; «= Siebbehälter; A = Glaszylinder; 9 =
der; € — Röhrchen für den Samen; i = sieb- Glasgestell ; Bl = umgestürzter Blumentopf, der
förmiger Behälter; e = füllröhrchen; 7 = für das Wurzelsystem die Rolle der teuchten Kam-
Luftzuleitungsr.hr; f — Röhrchen für Ent- nen EZ, Kand tauchtin dieWasserschale 7.
nahme von Gasproben; h —= gläsernes Ge- Die Würzelchen werden 6—10 mal im Tage mit der
stell, auf dem die Wurzeln durch haarnadel- Nährlösung bespritzt. Um diese Spritzung beq uem
fürmig gebogene Glasstäbchen auseinander- durch führen zu können, ist der Topfvonobennach
gehalten werden, wodurch ihr Zusammen- unten in zwei ungleiche Teile zersägt, und durch
kleben unterbleibt. Entfernung des kleineren kann ohne Störung der
1 Pilanze das Wurzelsystem entblößt werden.
wendigen Nährlösung bespritzt. Um diese Bespritzung bequem durch-
führen zu können, ist der Blumentopf von unten nach oben in zwei
ungleiche Teile zersägt, durch Entfernen des kleineren Teiles kann
das Wurzelsystem bloßgelegt werden, ohne daß die Pflanze selbst
geschädigt wird. Um bei dieser Bespritzung das Zusammenkleben der
Wurzeln zu verhindern, wird ein gläsernes Gestell benutzt und die
Wurzeln auf diesem Gestell mittels haarnadelförmig gebogener Glas-
stäbchen auseinandergehalten. Als Nährlösung für diese Versuche
(stickstofffrei) wurde eine Kulturflüssigkeit folgender Zusammensetzung
gebraucht: 1 g KH,PO,, 1 g MgSO „2 g CaSO,, Spuren FeÜl,, 2000 g
III. Aschenanalyse. 69
Wasser. Die Leguminosen entwickelten in dieser Kultur Wurzel-
knöllchen und wuchsen freudig. Um die Untersuchung des Gaswechsels
zu ermöglichen, wird das Kulturgefäß zweckentsprechend abgeändert:
Ein mit Bromwasser sterilisierter Samen wird in ein bei 120° im
Autoklaven sterilisiertes Kulturgefäß folgender Einrichtung gebracht
(Fig 15). A ist ein gläserner Zylinder, durch dessen Korkpfropfen vier
Röhrchen laufen; ins Röhrchen C kommt der Samen, ein sackförmiges,
aus einigen Glasstäbchen gebildetes Gitter am Ende dieses Röhrchens i
unterstützt den Samen, ohne den Austritt der Wurzel zu hindern; das
Röhrchen e dient zum Füllen des Zylinders mit der Nährlösung aus
dem Reservebehälter 5. Das Röhrchen g dient für den Luftdurchtritt
beim Füllen und Ausleeren des Zylinders, f für die Entnahme der Gas-
proben. Der Pfropfen des Zylinders wurde vor dem Sterilisieren mit
Gips, nach demselben mit Paraffin gedichtet, ebenso wurden die Keim-
stengel im Glasröhrchen C in Gips eingeschlossen, um dem Apparat
einen luftdichten Verschluß zu geben. Auf Fig. 16 ist eine 22 Tage
alte Versuchspflanze von Pisum sat. abgebildet, die sich in Luftkultur
ganz normal entwickelt hat. Die Luftkultur Arcichovskijs!) ist
sicherlich für sehr viele ernährungsphysiologische Versuche sehr gut
brauchbar, vor allem auch aus dem Grunde, weil die Sterilhaltung des
Wurzelsystems, welche sonst die allergrößten Schwierigkeiten bietet,
hier leichter durchführbar zu sein scheint. Ferner wird es dadurch
möglich, ein Problem experimentell zu lösen, welches in der Tier-
physiologie schon vielfach bearbeitet, zu wertvollen Einsichten geführt hat,
das Problem des Hungerstoffwechsels, der Aufzucht von Pflanzen
ohne Nährmaterial, also auf Kosten der eigenen Körpersubstanz. Die
mit seinem Apparate ausgeführten Versuche sind noch zu wenig zahl-
reich, um ein sicheres Urteil zu gestatten; der Apparat und die Versuchs-
methodik seien Fier aber jedenfalls als vielversprechend verzeichnet.
II. Aschenanalyse.
Herstellung der Asche. Um die Aschenbestandteile einer
Pflanze festzustellen, bedient man sich der Veraschungauftrocke-
nem oder auf nassem Wege. Die trockene Veraschung wird
der Biochemiker meist der nassen Veraschung vorziehen, weil er dort
die Aschenbestandteile in einer seiner Analyse zugänglicheren Form
vorfindet. Wichtig ist, daß die zu analysierenden Pflanzenteile zu-
nächst mit Wasser gut abgespült und dann auf Glasplatten in einem
Trockenschrank bis zur Gewichtskonstanz getrocknet werden. Die
erhaltene Trockensubstanz wird dann gemahlen oder in der Reib-
schale zerstoßen. Handelt es sich nicht um die Bestimmung der
Asche einer festgesetzten Pflanzenquantität, sondern um Analyse der
einzelnen Bestandteile einer Asche, so tut man gut, die Veraschung
in den großen hessischen Tiegeln vorzunehmen, aus denen man dann
nach Belieben Asche für die Analyse entnimmt?). Am schnellsten geht
1) V. Arecichovskij, Über die „Luftkultur‘‘ der höheren Pflanzen.
Arbeiten aus d. bot. Lab. d. polyt. Inst. zu Nowotscherkassk, Russ. Journ. f.
experim. Landwirtsch. Nr. 1, 1911. R:
2) L. v. Portheim und M. Samec, Über die Verbreitung der un-
entbehrlichen anorganischen Nährstoffe in den Keimlingen von Phaseolus vulg.
Flora 94, 263 (1905), 99, 260 (1909). — W.Schimper, ZurFrage der Assimilation
der Mineralsalze durch die grüne Pflanze. Flora 73, 207 (1890).
70 III. Aschenanalyse.
die Veraschung in Platingefäßen vor sich, aber hier muß man besonders
Rücksicht darauf nehmen, daß die Veraschung bei nicht zu hoher Tem-
peratur vor sich gehe, da sonst leicht Chloride der Alkalimetalle, welche
bei höheren Hitzegraden flüchtig sind, verloren gehen. Die Platinschale
darf nur soweit erhitzt werden, daß gerade der Boden rotglühend ist.
Ferner hat die Veraschung in Platin den Nachteil, daß dieses Metall
mit Kohle Legierungen eingeht, die brüchig sind und mit der Zeit als
spröde Stücke aus dem Platingefäß herausfallen; deshalb muß man
sich auch hüten, die Platinschale mit rußender Bunsenflamme zu be-
spülen. Auch ein größerer Phosphorgehalt der Pflanzenteile, wie es
namentlich bei Samen der Fall ist, kann das Platingefäß angreifen.
Deshalb wird man im allgemeinen Pflanzenteile in Porzellantiegeln oder
Porzellanschalen veraschen, von denen die dünnen Meißner oder Berliner
Schalen auch recht schnelles Arbeiten ermöglichen und ganz gut über
dem Gebläse behandelt werden können. Die Operation wird sehr be-
schleunigt, wenn man knapp über die Schale oder den Tiegel einen ge-
wöhnlichen Lampenzylinder senkrecht befestigt, wodurch ein Luftzug
erzeugt wird; freilich muß man entsprechende Vorsicht üben, damit
nicht etwa Anteile der Asche dadurch verloren gehen. Niemals soll
eine größere Menge Pflanzensubstanz auf einmal zur Veraschung in
das Gefäß kommen, weil die an der Oberfläche verkohlenden Partien
die inneren Teile einschließen und deren Verbrennung hartnäckig ver-
hindern; hat man den Fehler einmal begangen, so ist es zweckmäßig,
nach dem Abkühlen des Gefäßes etwas Alkohol auf die Pflanzensubstanz
zu schütten und diesen zu entzünden, diese Operation eventuell (nach
jedesmaligem Auskühlen der Schale) mehrere Male zu wiederholen.
Überhaupt tut man gut, durch Bespülen mit dem Bunsenbrenner die
Randpartien der Trockensubstanz in Brand zu setzen, wodurch die
weiteren Partien durch die Flammen der eigenen Substanz verbrannt
werden. Immerhin kann, auch in Platingefäßen, eine Veraschung von
mehreren hundert Grammen Frischgewichtes einige Stunden in An-
spruch nehmen, und selbst dann ist es nicht immer ganz möglich, eine
völlig weißgebrannte Asche zu erhalten, der gar keine Kohlenteilchen
mehr anhaften, gewöhnlich ist die Pflanzenasche mehr oder weniger
grau, aber es bedeutet weniger, die Veraschung nicht bis zum aller-
letzten Rest durchgeführt zu haben, als durch allzustarkes Glühen
immerhin bedenkliche Verluste zu erleiden. Übrigens kann man die
Kohle separat bestimmen. Bei kleinen Samen gelingt es häufig nicht,
durch Bürsten den anhängenden Sand oder andere Fremdkörper zu
beseitigen, was dann natürlich zu Fehlern bei der Aschenbestimmung
führen könnte. Man übergießt in diesem Falle die Samen nach H. Rose
im Becherglase mit nicht zu viel destilliertem Wasser, rührt mit dem
Glasstabe gut durch und bringt sie dann auf ein entsprechend weit-
maschiges Sieb, das den aufgeschwemmten feinen Sand durchlaufen
läßt, die Samenkörner aber zurückhält. Dabei dürfen die Samen nie
lange mit dem Wasser in Berührung sein, weil sonst leichtlösliche Salze
herausgeschwemmt werden können. Nachdem man das Durchsieben
mit Wasser mehrmals wiederholt hat, bringt man die nassen Samen
in ein grobleinenes Tuch und reibt sie zwischen den Falten desselben,
wodurch auch der feine Sand entfernt wird. Zweckmäßig quetscht man
die Samen vorher etwas, damit ihr Umherspringen vermieden wird.
Bei sehr schwer verbrennlichen Substanzen geht man nach H. Rose
III. Aschenanalyse. 71
in der Weise vor, daß man zunächst zirka 100 g der getrockneten Sub-
stanz im Platin- oder Porzellantiegel auf einem Chamottedreieck bei
dunkler Rotglut verkohlt, die verkohlte Masse im Porzellanmörser fein
zerreibt, sie dann mit 20—30 g Platinschwamm innigst vermischt, das
ganze portionenweise in eine flache Platinschale bringt und über dem
Brenner unter Erzeugung eines Luftzuges erhitzt, indem man auf die
Schale ein Chamottedreieck legt und darauf mittels einer Klammer
einen Lampenzylinder senkrecht befestigt. Noch ehe der Inhalt der
Schale zum Glühen gelangt ist, fängt jedes Kohlenteilchen an zu ver-
glimmen, und die Oberfläche des schwarzen Gemenges überzieht sich
mit einer grauen Schicht. Durch wiederholtes vorsichtiges Umrühren
mit einem dicken Platindraht oder Glasstab befördert man die Ver-
brennung. Solange noch Kohle in der Masse vorhanden ist, erglüht
sie, sobald sie aber vollständig verbrannt ist, hört jedes sichtbare Er-
glühen der Masse auf, auch wenn man sie stärker erhitzt. Bei der Ana-
lyse der Aschen wird man wohl hauptsächlich auf die Kationen Kali,
Natron, Kalk, Magnesia, Eisen, Mangan, auf die Anionen Kieselsäure,
Phosphorsäure, Schwefelsäure, Kohlensäure, Chlor Rücksicht zu nehmen
haben, wenn auch natürlich in Einzelfällen Zink, Aluminium, Kupfer,
Arsen auftreten kann. Zunächst muß man sich nun vor Augen halten,
daß wohl alle diese Stoffe in den betreffenden Pflanzenteilen vorhanden
sein konnten, daß aber gewisse, in erster Linie Karbonate und Sulfate,
auch erst beim Verbrennungsprozeß der organischen Substanz ent-
standen sind; anderseits können durch den Prozeß des Einäscherns
andere Bestandteile verloren gegangen sein, wovon schon die Rede
war: aber nicht nur die Chloride der Alkalien können sich bei zu starker
Erhitzung verflüchtigen, sondern auch kohlensaure Alkalien und Phosphor-
säure können verloren gehen, indem sauere Phosphate der Alkalien mit
Kohle geglüht, unter Reduktion und Verflüchtigung eines Teiles des
Phosphors in neutrale Salze übergehen. Auf keinen Fall aber kann man
einen Verlust an Chlor verhindern, weil die saueren Produkte der trocknen
Destillation, welche das organische Material in den ersten Stadien der
Verkohlung erfährt, Chlorwasserstoff austreiben. Man kann sich aber
gegen solche Verluste an Phosphorsäure und Chlor schützen, indem man
die einzuäschernde Substanz im Glühgefäße mit Soda oder Kalkkarbonat
(gewogenen Mengen) vermischt, wodurch Phosphor und Chlor, statt zu
entweichen, an diese gebunden werden. Aber auch durch solche Zu-
sätze wird man niemals das Entweichen von Kohlensäure verhindern
können, und die Schlüsse auf das Vorhandengewesensein von Kar-
bonaten oder auch organisch-sauren Salzen in den Pflanzenteilen sind
somit höchst unsicher. Aber auch die Sulfatbestimmung ist ungenau,
weil man wohl die von vornherein vorhandenen Sulfate in der Asche
vollständig erhält, aber vermehrt um diejenigen, welche durch Ver-
brennung des organisch gebundenen Schwefels entstanden sind; der
Schluß auf den Schwefelgehalt des Pflanzenteils wird aber auch deshalb
unsicher, weil ein Teil des organisch gebundenen Schwefels als Schwefel-
dioxyd entweichen kann: hier leistet die Methode der Einäscherung
unter Zusatz von Platinmohr ersprießliches, weil durch diesen Kata-
lysator Schwefeldioxyd zu Schwefeltrioxyd oxydiert und dieses an die
beigemischten Basen gebunden wird. Da bei der Einäscherung ein
unkontrollierbarer Teil der durch die Verkohlung entstandenen Alkali-
und Erdalkalikarbonate in Oxyde übergeführt wird, ist es zweckmäßig,
72 III. Aschenanalyse.
die Asche mit einer genau bestimmten Lösung von Ammonkarbonat
am Wasserbade einzudampfen und so die Rückverwandlung in Kar-
bonate zu bewirken, worauf man wieder trocknet und so lange mäßig
erhitzt, bis alles Wasser ausgetrieben ist. Die Magnesia, wenn sie als
solche in der Asche vorhanden gewesen war, wird durch dieses Verfahren
nicht in kohlensaures Salz übergeführt. Infolgedessen ist es gut, die
Kohlensäure, welche in der Asche vorhanden ist, dadurch zunächst zu
bestimmen, daß man die Asche in einem kleinen Kölbchen, das mittels
Stöpsel und Glasrohr mit Natronkalkröhren oder mit Kalilauge ge-
füllten Absorptionsapparaten verbunden ist, mit Schwefelsäure über-
gießt und durch Absorption der unter gelindem Erwärmen des Kolbens
ausgetriebenen Kohlensäure und Wägung der Absorptionsgefäße den
Gehalt an Kohlensäure feststellt. Zieht man vom ursprünglichen Ge-
wichte der Asche das der darin vorhandenen Kohlensäure ab, so er-
hält man das Gewicht der Reinasche, nachdem man in einer
anderen Probe auch noch das Gewicht der unverbrannten Kohlenteilchen
festgestellt hat, indem man die Asche in Salpetersäure (1 : 1) löst und
die darin unlösliche Kohle auf einem bei 110 ® getrockneten, gewogenen
Filter sammelt. Die Aschen krautiger Pflanzen und Hölzer sind im
wesentlichen reich an Alkali- und Erdalkalikarbonaten, die der Samen
vorwiegend an Phosphaten und gewisse Kulturpflanzen, wie Gramineen,
Equisetaceen, Ericaceen, liefern stark kieselsäurehaltige Aschen. Man
führt nun folgende qualitative Proben durch: Die Asche wird
mit Wasser gekocht und mit Lackmuspapier ihre sauere oder alkalische
Reaktion festgestellt; einen anderen Teil der Asche übergießt man mit
verdünnter Salzsäure und beobachtet, ob ein auf Karbonate hinweisendes
Aufbrausen stattfindet; ist das der Fall, dann kann man sicher sein,
daß sich die Asche in konzentrierter Salzsäure vollkommen löst; übrigens
lösen sich hauptsächlich nur jene Aschen, welche viel Kieselsäure ent-
halten, nicht in Salzsäure. Daher kann man den Betrag einer Asche an
Kieselsäure am einfachsten so bestimmen, daß man die mit konzentrierter
Salzsäure gekochte Asche nach dem Verdünnen mit Wasser abfiltriert,
den Rückstand gründlich auswäscht, trocknet und nach dem Veraschen
des Filters und Glühen des Rückstandes wägt. Bei genaueren Analysen
ist der auf der Filterumhüllung ersichtliche Aschengehalt des Filters
zu berücksichtigen. Die salzsaure Lösung wird dann nach dem Erhitzen,
wodurch der größte Teil der Salzsäure ausgetrieben wird, mit Natrium-
azetat versetzt (man kann auch mit Ammoniak neutralisieren und dann
mit Essigsäure versetzen), wodurch bei fast allen Aschen ein gelblichweißer
Niederschlag von in Natriumazetat unlöslichem Eisenphosphat
der Asche entsteht. Nun kann aber außer dieser an Eisen gebundenen
Phosphorsäure noch andere in der Asche enthalten sein; um darüber
ins klare zu kommen, filtriert man den Niederschlag und versetzt das
Filtrat mit Ammoniak im Überschuß: entsteht kein Niederschlag oder
ein braunroter von Eisenhydroxyd, so ist keine weitere Phosphor-
säure vorhanden, wohl aber, wenn ein weißer Niederschlag von Kalk-
oder Magnesiaphosphat entsteht, welcher anzeigt, daß mehr Phosphor-
säure vorhanden ist, als sich an Eisen binden kann. Versetzt man die
salzsaure Lösung der Asche mit einer Auflösung von gelbem Blutlaugen-
salz, so zeigt die entstehende blaue Fällung oder Färbung die Gegenwart
von Eisen an. Auf Mangan prüft man, indem man einen Teil der
Asche nach dem Vermengen mit Soda und eventuell einigen Körnchen
III. Aschenanalyse. 73
Salpeter auf dem Platinblech oder Porzellantiegeldeckel über dem
Bunsenbrenner schmilzt, wobei im Falle der Anwesenheit von Mangan
eine grüne Schmelze entsteht, die sich in Wasser mit grüner Farbe
löst, welche Lösung an der Luft (momentan bei Zusatz eines Tropfens
Salzsäure) bald rot wird. Der organisch gebundene Schwefel kann
beim Veraschen mitunter an die Alkalien oder Erdalkalien in Form
eines Sulfids gebunden sein, wovon man beim vorsichtigen Übergießen
der Asche mit Salzsäure Kenntnis erhält. Es entwickelt sich nämlich
Schwefelwasserstoff, der sich durch seinen Geruch oder durch Schwärzung
eines über die Probe gehaltenen, mit Bleiazetat getränkten Filtrier-
papieres zu erkennen gibt. Nimmt man die Befeuchtung der Asche
mit Salzsäure auf einer Silbermünze oder einem Silberblech vor, so
schwärzt sich dieses infolge Bildung von Schwefelsilber (Heparreaktion).
Die Anwesenheit von Baryt oder Strontian in der Asche gibt sich durch
die sehr empfindliche Flammenreaktion zu erkennen. Man glüht einen
Platindraht in der nicht leuchtenden Bunsenflamme so aus, daß die
stets vorhandene gelbe Natriumfärbung verschwindet, taucht dann den
Draht in die mit Salzsäure befeuchtete Asche und hält ihn in den äußeren
Flammenmantel nahe der Flammenbasis, indem man von da allmählich
in die Höhe geht. Baryt zeigt sich durch gelbgrüne, Strontian durch
karminrote, Kalk durch gelbrote Flammenfärbung an. Übrigens sind
die beiden erstgenannten Erdalkalien höchstens in Spuren in Aschen
vorhanden, es wird sich also hauptsächlich um Kalk handeln. Behandelt
man die salzsaure Lösung der Asche nach dem Neutralisieren durch
Ammoniak mit einer Auflösung von oxalsaurem Ammon, so zeigt ein
weißer, in Essigsäure unlöslicher, dagegen in Mineralsäuren löslicher
weißer Niederschlag (oxalsaurer Kalk) die Gegenwart von Kalk an.
Auch Kali und Natron kann man durch Flammenfärbung erkennen,
wobei im Falle des Kali zu berücksichtigen ist, daß die fahlblaue Färbung
der Kaliflamme durch gleichzitig anwesendes Natron verdeckt wird,
daß man aber Kali an einer rosa gefärbten Flamme entdecken kann,
wenn man die Flamme durch ein blaues Glas (Kobaltglas) betrachtet,
und daß Natron durch seine Ubiquität leicht ein Vorhandensein in der
Asche vortäuscht. Man mache sich deshalb überhaupt zur Regel, die
bereitete Asche in gut schließenden Stöpselgläsern sofort nach ihrer
Herstellung aufzubewahren und den Platindraht vor der Probe auf
Natrium sorgfältig auszuglühen. Tritt dann mit der Asche intensive
Gelbfärbung der Flamme ein, so kann man auf das Vorhandensein
von Natronsalzen in der Asche schließen. Auf alle Fälle aber wird man
sich eine Erhärtung durch die feuchte Probe verschaffen, indem man
die möglichst konzentrierte Lösung der Asche mit einigen Tropfen
Platinchlorid versetzt, worauf, besonders bei Zusatz von Alkohol, sich
bei Anwesenheit von Kali ein schwerer goldgelber Niederschlag von
Kalichloroplatinat zeigt. Auch mit Weinsäure, unter Zusatz von etwas
Natriumazetat, läßt sich ein weißer Niederschlag von Weinstein ge-
winnen. Auf Natrium prüft man durch Fällen eines weißen Nieder-
schlages von Natriumpyroantimoniat durch Zusatz einer filtrierten,
konzentrierten Auflösung von pyroantimonsaurem Kali. Ein guter
Nachweis für Kali ist auch die gelbe Fällung, welche mit frisch bereitetem
Kobaltnatriumnitrit entsteht. Auf Magnesia prüft man, indem man die
salzsaure Lösung nach Neutralisieren mit Ammoniak mit Natrium-
phosphat versetzt, worauf bei Anwesenheit von Magnesia ein weißer,
74 III. Aschenanalyse.
kristallinischer Niederschlag entsteht; fällt längere Zeit kein Nieder-
schlag heraus, so kann man durch Reiben der inneren Eprouvetten-
wandung mit dem Glasstab oder auch durch 24 stündiges Stehen häufig
eine Fällung erzielen; es ist aber darauf Rücksicht zu nehmen, daß man
die Magnesia erst nachweisen kann, nachdem man den Kalk vollständig
mit Ammonoxalat entfernt hat, also im Filtrate der Kalkfällung. Den
Nachweis von Karbonaten, also des Anions Kohlensäure, führt
man, wie schon erwähnt, in der Weise, daß beim Übergießen der Asche
mit einer Mineralsäure oder Essigsäure, Weinsäure usw. Aufbrausen
erfolgt; das sich entwickelnde Gas ruft in Barytwasser Trübung hervor:
ein kleines Glühröhrchen ist mit einem durchbohrten Pfropfen ver-
sehen, durch dessen Bohrung ein knieförmig gebogenes Glasrohr zieht,
das in eine mit Barytwasser gefüllte Eprouvette taucht. Die Asche
in dem Glühröhrchen wird mit verdünnter Salzsäure versetzt, der
Stöpsel eingepaßt und das Gas, eventuell unter gelindem Erwärmen,
in das Barytwasser geführt. Die klare Lösung der Asche in Salzsäure
liefert (nach dem Filtrieren), mit einigen Tropfen Chlorbaryumlösung
versetzt, einen weißen, schweren, feinkörnigen Niederschlag von BaSO;.:
Nachweis der Sulfate. Auf Phosphate prüft man in der Weise, daß
man die Asche unter Erwärmen mit Salpetersäure extrahiert und mit
molybdänsaurem Ammon versetzt, worauf bei Anwesenheit von Phosphor-
säure ein gelber Niederschlag oder eine gelbe Färbung von Ammonium-
phosphomolybdat entsteht. Das Reagens, welches stets frisch bereitet
sein muß, stellt man sich durch Auflösen von molybdänsaurem Ammon
in starker Salpetersäure her, die Probe wird nach Versetzen mit dem
Reagens erwärmt (nicht gekocht). Die klare, salpetersaure Lösung, die
mit HNO, aus der Asche gewonnen wurde, wird zur Probe auf Chloride
mit einer Auflösung von Silbernitrat versetzt, es entsteht ein weißer,
käsiger, in Ammoniak löslicher und aus dieser Lösung durch Salpeter-
säure wieder fällbarer Niederschlag von Chlorsilber. Kieselsäure wird
schon dadurch nachgewiesen, daß beim Kochen der Asche mit Salz-
säure oder Salpetersäure ein unlöslicher Rückstand zurückbleibt. Dieser
wird aber beim Erhitzen mit Flußsäure in der Platinschale gelöst. Er-
zeugt man am Platindraht eine Borax- oder Phosphorsalzperle und
taucht diese heiß in den Kieselrückstand, so daß etwas daran haften
bleibt, und glüht von neuem, so zeigt die Perle nach dem Erkalten
eigenartige, nach allen Richtungen von einem Zentrum ausgehende
Sprünge, das sogenannte Kieselskelett.
Quantitative Analyse: Die verschiedenen Bestandteile
der Asche weist man am besten in zwei verschiedenen Partien der Asche
nach. In A bestimmt man durch Austreiben mit Schwefelsäure und
Auffangen in gewogenen geeigneten Absorptionsgefäßen die Kohlen-
säure, wiewohl ihre Ermittlung aus den schon erwähnten Gründen an
und für sich ohne große Bedeutung ist; ferner das Chlor, indem man
die wässerige Auskochung der Asche nach dem Filtrieren mit Silber-
nitrat fällt, den Niederschlag abfiltriert, bei 110 trocknet und dann
nach den Regeln der quantitativen Analyse (möglichste Befreiung des
trockenen Filters von dem Chlorsilber, vorherige Veraschung des Filters
in einem gewogenen Porzellantiegel unter Regeneration des reduzierten
Silbers mit einem Tropfen Salpetersäure und darauffolgendes Glühen
der Hauptmasse des Niederschlages im Tiegel über kleiner Flamme bis
zum beginnenden Schmelzen) glüht und wägt. In der Portion B be-
III. Aschenanalyse. 75
stimmt man dann alle übrigen Bestandteile, in erster Linie die Alkalien
und Erdalkalien. Zunächst müssen wir aber, wenn wir mit Reinasche
arbeiten wollen, Kieselsäure, Sand und Kohlenreste feststellen. Die
Asche wird in der Porzellanschale mit Wasser übergossen und nach und
nach Salzsäure zugefügt. Ist die Asche reich an Karbonaten, so kann
leicht beim Aufbrausen durch Verspritzen ein Verlust eintreten; daher
setzt man auf die Schale jedenfalls einen passenden größeren Trichter,
in dessen Rohr ein kleiner Trichter gesteckt wird, durch den der Salz-
säurezusatz erfolgt. Nach gelindem Erhitzen, wodurch der letzte Kohlen-
säurerest ausgetrieben wird, spritzt man den Trichter in die Schale ab,
verdampft am Wasserbad unter Umrühren bis zur Trockne, wobei
man mit dem Glasstab die Klümpchen zerteilt und auch etwa vor-
handenen Sand am Knirschen unter dem Glasstab erkennt. Nach dem
Erkalten befeuchtet man die trockene Asche mit konzentrierter Salz-
säure, erhitzt, nachdem man die Säure einige Zeit hat einwirken lassen,
am Wasserbade mit einer kleinen Menge Wassers und filtriert schließlich
nach dem Verdünnen der Flüssigkeit durch ein getrocknetes, gewogenes
Filter. Kohle, Sand, Kieselsäure bleiben am Filter zurück; man wäscht
gründlich mit heißem Wasser (bis ein Filtrattropfen mit Silbernitrat
keine Opaleszenz mehr gibt), trocknet bei 110 °, äschert das Filter ein
und erfährt so, da die Kohle verbrennt, aus der Differenz den Betrag
der Kohle und Kieselsäure. Diese letztere prüft man auf ihre Reinheit
durch Erhitzen mit Flußsäure und Schwefelsäure in der Platinschale.
Hat man im Filter neben Kohle und Kieselsäure noch Sand, so bringt
man den Niederschlag von Sand, Kohle und Kieselsäure ohne Filter
in eine Platinschale und erhitzt eine halbe Stunde mit verdünnter Natron-
lauge oder konzentrierter Sodalösung; dabei löst sich nach und nach
alle Kieselsäure auf, ohne daß Sand oder Kohle angegriffen werden.
Nachdem man durch dasselbe Filter filtriert hat, wäscht man das un-
gelöste gut aus, trocknet bei 110 ° und bringt es bei der Wägung als
Kohle und Sand in Rechnung. Die salzsaure Lösung, die von Kiesel-
säure, Kohle usw. abfiltriert worden ist, samt dem Waschwasser sammelt
man in einem 200 ccm fassenden Meßkolben, füllt bis zur Marke auf und mißt
nun mit der Pipette dreimal je 50 ccm ab, die man je zur Bestimmung der
Alkalien, der Schwefelsäure, der Erdalkalien und Eisenoxyds benutzt. Die
letzten 50 ccm werden für unvorhergesehene Fälle aufbewahrt.
Bestimmung des Eisens und der alkalischen
Erden: Die Flüssigkeit wird vorsichtig mit Ammoniak neutralisiert,
bis eben ein Niederschlag entsteht, dann konzentrierte Ammonium-
azetatlösung (zirka 30 ccm) und so viel freie Essigsäure dazu gegeben,
bis die Flüssigkeit schwach danach riecht, gelinde erwärmt und der
sich bildende gelblichweiße Niederschlag von Ferriphosphat sofort ab-
filtriert. Ist das Filtrat nicht rot, so wäscht man ihn mit heißem, etwas
Ammonnitrat enthaltendem Wasser aus, trocknet, glüht und wägt als
FePO,. Ist dagegen das Filtrat rot und die Niederschlagsmenge be-
deutend, so wäscht man ihn wiederholt, löst in möglichst wenig Salz-
säure, fügt Ammoniak hinzu, bis eben ein bleibender Niederschlag ent-
steht, dann Ammonazetat und etwas freie Essigsäure. Nun erst kann
man filtrieren und wie oben angegeben vorgehen. Enthält aber der
Niederschlag (was an der Rotfärbung des Filtrates zu sehen ist), basisch
phosphorsaures Eisenoxyd, so ist es genauer, den Niederschlag von
Ferriphosphat zu glühen und zu wägen, in Salzsäure zu lösen und in
76 III. Aschenanalyse.
der Lösung das Eisenoxyd nach Versetzen mit Salmiak und Ammoniak
durch Schwefelammonium zu fällen, zu glühen und zu wägen und aus
der Differenz die mit demselben verbunden gewesene Phosphorsäure
zu bestimmen. In der essigsauren Flüssigkeit, die vom Ferriphosphat
abfiltriert ist, fällt man nach Zusatz von Salmiak und einem geringen
Überschuß von Ammoniak durch oxalsaures Ammon den Kalk. Man
muß für einen reichlichen Überschuß von Ammonoxalat sorgen, damit
die vorhandene Magnesia vollkommen in Magnesiaoxalat verwandelt
wird, welches gelöst bleibt. Die Flüssigkeit wird jetzt 12 Stunden an
einem warmen Orte stehen gelassen, dann durch ein Filter gegossen,
der Niederschlag auf dem Filter in Salzsäure gelöst und nochmals in
gleicher Weise mit Ammoniak und Ammonoxalat gefällt, die Magnesia
befindet sich in den Filtraten und wird aus diesen durch Zusatz von
Ammoniak und Natriumphosphat gefällt. (Über die Kautelen bei dieser
Bestimmung siehe Fresenius, Anleitung zur quantitativen che-
mischen Analyse, 6. Auflage, 1903, I pag. 556.) Den noch feuchten
Kalkoxalatniederschlag, der ausgewaschen worden ist, bringt man
samt Filter in ein größeres Becherglas und löst ihn darin in sehr ver-
dünnter Schwefelsäure unter Erwärmen. Dadurch wird die Oxalsäure
ausgetrieben und der Kalk in Gips verwandelt. Man filtriert und >
stimmt die freigewordene Oxalsäure in der Hitze durch Titrieren mit r
Permanganatlösung, die man mit Oxalsäurelösung bestimmten Ge-
haltes genau eingestellt hat, bis zum Eintreten der bleibenden Rosa-
färbung. (6,303 g Oxalsäure werden in 1000 ccm Wasser gelöst;
von dieser Lösung entsprechen 25 cem = 24,3 ccm Permanganat.)
Von n r Permanganatlösung entspricht 1 ccm —= 2,8 mgCaO. Der Nieder-
schlag von Ammoniummagnesiaphosphat wird abfiltriert, getrocknet,
geglüht und als Magnesiumpyrophosphat gewogen.
Bestimmung der Alkalien: Die Flüssigkeit wird mit
etwas Eisenchlorid versetzt und zur Trockene verdampft, der Rück-
stand mit heißem Wasser, dem einige Tropfen Salzsäure zugesetzt
wurden, aufgenommen und filtriert. Die Lösung wird mit Chlorbarium
versetzt, so lange noch ein Niederschlag von Bariumsulfat entsteht,
dann mit Barytwasser stark alkalisch gemacht, filtriert und der Nieder-
schlag gut ausgewaschen. Auf diese Weise ist sämtliche Schwefelsäure,
die man in der dritten Probe für sich durch Fällen mit Bariumchlorid
bestimmt, ferner alle Phosphorsäure, Eisenoxyd, Manganoxydul und
Magnesia entfernt. Im Filtrat wird durch Kochen mit Ammoniak und
Ammonkarbonat der Rest der Erdalkalien gefällt, der Niederschlag
abfiltriert und mit heißem Wasser gewaschen. Filtrat und Wasch-
wasser werden in einer nicht zu großen Porzellanschale vereinigt, am
Wasserbade zur Trockene verdampft und die Ammonsalze über
ganz kleiner Bunsenflamme abgeraucht (die Ammonsalze haben die
Eigentümlichkeit, leicht über den Rand der Schale zu „kriechen‘“,
weshalb man beim Abrauchen dabeistehen und durch zweckmäßige
Verwendung der Flamme die Ränder gleichmäßig bespülen muß). Die
Fällung mit Ammoniak und Ammonkarbonat muß übrigens zur völligen
Entfernung der Erdalkalien mehrmals wiederholt werden, worauf man
schließlich in eine gewogene Platinschale hineinfiltriert, wieder auf dem
Wasserbade zur Trockene verdampft, die Ammonsalze neuerdings ab-
III. Aschenanalyse. 77
raucht, den Rückstand mit Salzsäure durchfeuchtet, trocknet, vor-
sichtig glüht, bis eben die Chloride zu sintern beginnen, und wägt. Dann
werden die Alkalichloride in heißem Wasser, dem einige Tropfen Salz-
säure zugesetzt sind, gelöst, dann ein Überschuß von Platinchlorid zu-
gesetzt, die Lösung der Platindoppelsalze bis zur Sirupkonsistenz ein-
gedampft, mit starkem Alkohol aufgenommen, durchgerührt und nach
zwei Stunden das in fester Form abgeschiedene Kalichloroplatinat
durch ein getrocknetes, gewogenes Filter abfiltriert, mit Alkohol gut
ausgewaschen, getrocknet und gewogen. 100 Teile K,PtCl, — 76,41 Teilen
KCl. Die Differenz wird auf Natrium berechnet. Zum Abfiltrieren der
Niederschläge benutzt man zweckmäßig die Goochtiegel, deren Be-
schickung wohl nicht ganz einfach ist, die aber, einmal instand gesetzt,
für eine Reihe von Analysen dienen und viel Mühe ersparen; vor allem
erspart man sich das Veraschen des Filters, welches immer durch seine
reduzierende Wirkung Ungenauigkeiten bei der
Analyse hervorruft; ferner geht das Filtrieren
viel rascher vor sich als über dem gewöhnlichen
Filter. Der Goochtiegel (Fig. 17) besteht aus
einem Porzellantiegel mit Siebboden, der mit
feinem Asbest belegt wird. Zu diesem Zwecke
verwendet man feingeschnittenen, mit Königs-
wasser gewaschenen, geglühten Asbest, der ein
für allemal in einem gut verschlossenen Pulver-
glas aufbewahrt wird. Man schlemmt nun eine
kleine Menge Asbest mit Wasser in einer Eprou-
vette auf und gießt die Aufschwemmung über
den Siebboden. Zuunterst soll gröberer Asbest
liegen, wie man ihn erhält, wenn man nach
dem Aufschütteln kürzere Zeit sedimentieren
läßt. Der Asbestbelag soll gerade so stark
sein, daß man, den Tiegel gegen das Licht ge-
halten, von der Tiegelöffnung durchblickend,
die Löcher nicht mehr sieht. Dann wird eine
kleine Siebplatte auf das Asbestpolster gelegt
und noch etwas feiner (durch längeres Sedimen- Fig. 17. Goochtiegel.
tieren erhaltener) Asbest darauf gelegt. Man Ten gelanusel; ER
wäscht nun so lange mit Wasser aus, bis keine
Asbestflöckchen mehr im Filtrat erscheinen. Alle diese Operationen
nimmt man an der Saugpumpe unter schwachem Druck vor, indem
man den Tiegel in einem passenden Kautschukschlauch befestigt, der
an einem in einem Absaugekolben steckenden Glasaufsatz montiert ist.
Den so vorbereiteten Tiegel stellt man in einen größeren Porzellantiegel,
trocknet ihn bei 120 ° und wägt ihn. Der Tiegel wird nun in seinem
Kautschukhalter an die Pumpe gebracht und der betreffende Nieder-
schlag abgesogen und gewaschen; nun bringt man den Goochtiegel in
seinen größeren Tiegel, in welchem er getrocknet, geglüht und gewogen
wird. Nunmehr kann man sofort eine zweite Bestimmung anschließen,
d. h. einen Niederschlag derselben Art sofort über dem Gooch-
tiegel filtrieren und bestimmen. Dies kann solange fortgesetzt werden,
bis (nach 20—25 Bestimmungen) die Niederschlagsdecke so stark wird,
daß das Filtrieren an der Pumpe nicht schneller vor sich geht als dies
bei gewöhnlichem Druck der Fall wäre. Dann wird das Asbestpolster
78 III. Aschenanalyse.
samt den daran haftenden Niederschlägen herausgekratzt und der
Tiegel von neuem beschickt. Beim Filtrieren darf natürlich der Asbest-
belag nicht aufgerührt werden, was man durch festes Legen des Asbestes
(Festdrücken mit einem Glasstab) und eben durch die Siebscheibe verhin-
dert. Vielfach wird statt der Glühasche eine feuchte Veraschung
vorgezogen, welche für Pflanzenaschen, wo es auf völlige Veraschung
und verlustlose Gewinnung der Alkalien größtenteils ankommt, Vor-
teile bietet. Die feuchte Veraschung erfolgt durch Oxydation der
Pflanzenteile mittels konzentrierter Schwefelsäure und Salpetersäure in
der Wärme; sie wird am besten in den Rundkolben aus Jenaer Geräte-
glas mit langem Hals vorgenommen, wie man sie auch für die Kjel-
dahlsche Stickstoffbestimmung verwendet (Fig. 18). Der Kolben wird etwas
schief in einer Klammer unter einem gut ziehenden Abzug befestigt
und auf einem mit Asbestscheibe versehenen Drahtnetz aufgestellt. In
den Hals des Kolbens kommt ein Trichter mit kurzem Rohr, durch das
5—10 cem eines Gemisches aus gleichen Teilen konzentrierter Salpeter-
säure und konzentrierter Schwefelsäure auf die zerkleinerte Pflanzen-
substanz gegossen werden, welche aber hier
nicht vorher getrocknet zu werden braucht.
Sehr wichtig ist eine anfänglich nicht zu
starke Erwärmung, obwohl man bei Pflanzen-
aschen in dieser Beziehung nach meinen
Erfahrungen nicht zu ängstlich zu sein braucht.
Es erheben sich braune Nitrosodämpfe, welche
allmählich schwächer werden, worauf man
neues (aber möglichst nicht über 10 cem auf
einmal) Säuregemisch zufügt. Um zu ent-
scheiden, ob die Veraschung beendet ist, läßt
man die Nitrosodämpfe völlig entweichen
und beobachtet, ob die Flüssigkeit sich beim
weiteren Erhitzen noch bräunt oder schwärzt,
worauf man von neuem für Zusatz des Säure-
a umehier gemisches sorgen müßte, oder hell bleibt. Ist
as Heraneran [eng a letzteres der Fall, dann ist die Veraschung
hindert. beendet, worauf man nach dem Erkalten
einen Überschuß von Wasser hinzufügt und
aufkocht, bis keine braunen Dämpfe mehr entweichen. Es soll nicht
mehr Säuregemisch zugesetzt worden sein, als eine Volumenvermehrung
um 100 ccm ausmachen würde; ist man an dieser Grenze angelangt,
setzt man statt des Gemisches bloße Salpetersäure zu, erhitzt
dann zur Konzentration der Schwefelsäure, bis sich die Flüssigkeit
wieder schwarz zu färben beginnt, und fährt dann mit dem Zutropfen
von höchstens 10 ccm Salpetersäure auf einmal fort. In der ‚feuchten
Asche‘ kann man natürlich den Betrag der Gesamtasche nicht er-
mitteln, ferner weder den Schwefelgehalt noch den Gehalt an Säuren,
welche durch Schwefelsäure ausgetrieben werden. Zur Bestimmung
des Eisens in der Säureasche gießt man nach R. Hanslian!) das
eisenhaltige Säuregemisch aus dem Rundkolben in ein Becherglas,
welches das dreifache Volumen destillierten Wassers enthält, und kocht
!) H. Aron, Aschenanalyse, Abderhaldens Handbuch d. biochem.
Arbeitsmeth. I, 414, R. Hanslian, ebendas. 6, 378.
III. Aschenanalyse. 79
etwa 10 Minuten lang bis zum Verschwinden der braunen Dämpfe.
Die Aschenlösung gibt man in den Rundkolben zurück und fügt aus
einer Pipette Zinkphosphatlösung hinzu, dann unter starker Kühlung
vorsichtig Ammoniak, bis der weiße Zinkphosphatniederschlag gerade
bestehen bleibt. Das Zinkphosphat wird in der Weise hergestellt, daß
man zirka 25 g ZnSO, und zirka 100 g Na,HPO, jedes für sich in
Wasser löst und die Lösungen in einem Litermeßkolben vereinigt. Der
ausfallende Zinkphosphatniederschlag wird durch Zusatz von ver-
dünnter Schwefelsäure gerade gelöst und die Lösung dann zum Liter
aufgefüllt. Zu dem Niederschlag in dem Rundkolben der Säureasche
fügt man dann noch so viel Ammoniak, bis sich der Niederschlag eben
gelöst hat, und erhitzt auf dem Asbestdrahtnetz in schief liegendem
Rundkolben mit starker Flamme 20 Minuten lang zu heftigem Sieden.
Es fällt wieder ein Niederschlag aus, den man einen Moment absitzen
läßt, worauf die noch heiße Flüssigkeit durch ein kleines, glattes Filter
gegossen wird, ohne daß man den Niederschlag aufrührt. Das Filtrat
darf mit dem Rhodanreagens keine Rötung geben; sollte dies der Fall
sein, so muß das Filtrat wieder in den Kolben gebracht, weitere 20 Minuten
erhitzt und neuerdings geprüft werden. Kolben und Filter wäscht man
mit destilliertem Wasser aus, bis 5 ccm des Filtrates mit einigen Jod-
kalikristallen und einem Tropfen HCl Stärke nicht bläuen, und gibt zu
dem im Rundkolben befindlichen Niederschlag 20 ccm konzentrierte
HCl mittels Pipette; durch vorsichtiges Schwenken des Kolbens bringt
man den Niederschlag in Lösung; den Filter samt Niederschlag löst
man quantitativ vom Trichter, bringt ihn in eine kleine Porzellanschale
und fügt die salzsaure Lösung aus dem Kolben hinzu. Das Ganze wird
auf dem Wasserbade 10 Minuten lang digeriert, mit dem gleichen Volumen
destillierten Wassers, mit dem man vorher den Rundkolben ausgespült
hat, verdünnt und durch ein glattes Filter in einen 250 ccm Meßkolben
filtriert. Kolben und Filter wird solange mit heißem, destilliertem
Wasser gewaschen, bis ein Tropfen des ablaufenden Filtrates mit Rhodan-
kali-Salzsäure keine Rötung mehr gibt. Sind 250 ccm im Meßkolben,
so befindet sich das gesamte Eisen darin; nun wird mit Natronlauge
neutralisiert, bis eben die erste Trübung durch den ausfallenden Eisen-
phosphatniederschlag auftritt, die man durch einige Tropfen Salzsäure
zum Verschwinden bringt; schließlich füllt man auf 250 ccm auf. Von
dieser Lösung pipettiert man je 50 ccm in einen weithalsigen Kolben
von zirka 100 ccm Inhalt, fügt 5 ccm Stärkelösung hinzu, verdrängt
durch längeres Einleiten von Kohlensäure die Luft völlig aus Kolben
und Flüssigkeit, setzt 3g Jodkali hinzu, verschließt den Kolben, schüttelt
und läßt 20 Minuten bei Zimmertemperatur stehen. Dadurch ist sämt-
liches Jod aus dem Jodkali ausgeschieden und wird nun mit Thiosulfat-
lösung zurücktitriert. Sobald die Blaufärbung über Rotviolett ver-
schwunden ist, leitet man wieder kurze Zeit Kohlensäure ein, verschließt
und beobachtet, ob nach 2—3 Minuten Nachbläuung eintritt. Ist dies
der Fall, so entfärbt man durch weiteren Zusatz von Thiosulfat. Tritt
wiederholt nach der Entfärbung Bläuung ein, so setzt man bei der
Titration eines nächsten Teiles von 50 ccm statt 3 g Kalijodid deren
5g zu, aber in den meisten Fällen wird man mit 3g das Auslangen finden
und die Bestimmung binnen 20 Minuten beendigen können. Das Prinzip
der Bestimmung beruht darauf, daß der Niederschlag von Zinkammonium-
phosphat quantitativ alles Eisen mitfällt, durch das nach dem Auf-
s0 III. Aschenanalyse,
lösen in HCl aus JK äquivalente Mengen Jod freigemacht werden,
die man mit einer auf zirka S50 eingestellten Na,S,O,-Lösung zurück-
titriert. Dieselbe wird so hergestellt, daß man 40 g Na,S,0, in zirka
1000 g H,O löst und die Lösung in einer Flasche aus dunklem Glase
aufbewahrt. Von dieser Stammlösung verdünnt man erst vor der Be-
stimmung einen aliquoten Teil und stellt ihn gegen Eisenchloridlösung
ein. Diese Eisenchloridlösung, gegen welche die auf das zirka 40 fache
verdünnte Stammlösung eingestellt wird, enthält 2 mg Fe in 10 ccm.
Sie wird bereitet, indem man genau 20 com Freseniusscher Eisen-
chloridlösung, welche 10 g Fe im Liter enthält und von Kahlbaum,
Berlin, bezogen werden kann, in einen Litermeßkolben fließen läßt,
mit zirka 20 ccm konzentrierter HCl versetzt und dann genau auf einen
Liter auffüllt. Diese Lösung ist, in brauner Flasche aufbewahrt, lange
haltbar. 10 ccm der Eisenlösung werden in einem Kolben mit etwas
Wasser, einigen Kubikzentimetern Stärkelösung (hergestellt durch
10 Minuten langes Kochen von 1 g löslicher Stärke in 500 ccm H,O)
und einigen Kristallen JK versetzt, auf zirka 50 ° erwärmt und mit
der verdünnten Thiosulfatlösung titriert, bis die blaue Färbung über
Rotviolett mindestens 5 Minuten lang verschwunden bleibt. Die ver-
brauchten Kubikzentimeter Thiosulfatlösung entsprechen bei An-
wendung von 10 ccm der Freseniusschen Lösung gerade 2 mg Fe.
Zur Trennung und Bestimmung von Ca, Mg und Phosphorsäure in der
Säuregemischasche geht man in der Weise vor, daß man den Inhalt
des Kolbens nach dem Erkalten in ein großes Becherglas schüttet, das
ein der Lösung gleich großes Volumen destillierten Wassers enthält.
Man gießt in dünnem Strahle ein und mindert die Heftigkeit der Ent-
wicklung von nitrosen Dämpfen durch Einstellen des Becherglases in
Eiswasser. Dann wird der Kolben mit dem gleichen Volumen Wasser
ausgespült und die Flüssigkeiten vereinigt. Um die nitrosen Dämpfe
völlig auszutreiben, erhitzt man schließlich das Becherglas einige Minuten
am Asbestdrahtnetz, läßt erkalten, filtriert von etwa ausgeschiedener
Kieselsäure ab und fügt unter Umrühren das vierfache Volumen 96-
prozentigen Alkohols zu. Nach 12stündigem Stehen in der Kälte fil-
triert man durch ein glattes Filter ab und wäscht mit verdünntem Alkohol
aus. Man trocknet Trichter und Inhalt im Trockenschrank, trennt
Niederschlag vom Filter, verascht letzteres im Platintiegel und fügt
die Hauptmenge des Niederschlages hinzu. Man löst nun in HCl auf,
spült in ein Becherglas und fällt daselbst nach Übersättigung mit
Ammoniak und Ammonoxalat, worauf man das Kalkoxalat, wie vorher
beschrieben, mit cs Kaliumpermanganatlösung bis zur eben bleibenden
Rosafärbung titriert. Man kann den Kalk auch das zweite Mal als Sulfat
statt als Oxalat fällen, die beiden alkoholhaltigen Filtrate vereinigen
und den Alkohol im luftverdünnten Raume abdestillieren. Dabei nimmt
die zurückbleibende Lösung dunkelbraune Farbe an, zu deren Ent-
fernung man etwas Säuregemisch in der Kälte zufügt, worauf die Flüssig-
keit zum Sieden erhitzt wird. Sobald die dunkle Färbung hellgelb ge-
worden ist, kühlt man in Eiswasser ab, versetzt bis zur schwach alkalischen
Reaktion mit Ammoniak, dann mit reichlichen Mengen Salmiak und
macht die Lösung durch Zusatz von HCl wieder deutlich sauer. Nun
bringt man dieselbe quantitativ in einen Meßkolben, füllt mit Wasser
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. si
auf ein bestimmtes Volumen auf und teilt die Flüssigkeit in zwei gleiche
Teile. In der einen Hälfte bestimmt man die Magnesia durch Fällen
mit Natriumphosphat und Glühen als Magnesiapyrophosphat, in der
anderen die Phosphorsäure durch Fällen mit Magnesiamixtur
und Glühen ebenfalls als Magnesiapyrophosphat. Zur Bestimmung
des Magnesiums gibt man zu einem Teile der Lösung einen Überschuß
von Natriumphosphat, erhitzt zum Sieden und versetzt die heiße Lösung
sofort mit einem Drittel ihres Volumens an 10 prozentigem Ammoniak.
Nach 2—3 stündigem Stehen in der Kälte wird filtriert, mit Ammoniak
ausgewaschen und getrocknet, dann nach Abtrennung des Nieder-
schlages vom Filter zuerst dieses und dann die Hauptmasse des Nieder-
schlages geglüht. Der andere Teil der Lösung wird mit einem Überschuß
von Magnesiamixtur (55 g krist. MgCl,, 105 g NH,Cl, 2 cem konz. HCl
und 1000 g H,O) bis zum beginnenden Sieden erhitzt, worauf man unter
Umrühren 21, prozentiges Ammoniak zufließen läßt, bis der Nieder-
schlag anfängt sich kristallinisch abzuscheiden , worauf man den
Ammoniakzufluß so reguliert, daß zirka 4 Tropfen pro Minute der
Lösung zufließen. Der zuerst ausfallende Niederschlag ist kristallinisch ;
zeigt sich eine milchige Trübung, so muß dieselbe wiederum in HCl
gelöst werden. Man gibt schließlich so viel Ammoniak zur siedenden
Lösung, daß diese schwach danach riecht, läßt dann erkalten, fügt ein
Fünftel des Flüssigkeitsvolumens an konzentriertem Ammoniak hinzu
und kann schon nach 10 Minuten abfiltrieren. Dann trocknet, verascht,
glüht und wägt man wie bei der Magnesiabestimmung. Ist die Menge
des gewogenen Mg,P,0, = p, so berechnet sich die Menge PO, nach
dem Ansatze 222 :95 =p:Xx
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.
Von den Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge sei zu-
nächst der Einfluß des elektrischen Stromes hervorgehoben.
Man kann die Elektrizität auf drei verschiedene Arten auf die Pflanze
direkt einwirken lassen, 1. indem man zwei Metallplatten in den Boden
versenkt und dieselben mit einer Stromquelle verbindet: dann geht der
Strom durch die Erde und wirkt auf die Pflanzen ein, welche sich im
elektrischen Felde befinden; 2. indem man den Strom durch die Pflanze
selbst gehen läßt. Eine Metallplatte, die mit dem einen Pol einer Strom-
quelle verbunden ist, wird in den Boden gesenkt und um den Stamm
der Versuchspflanze ein Draht gewunden, der mit dem andern Pol der
Stromquelle verbunden ist. Natürlich lassen sich solche Versuche nur
an stärkeren Pflanzen, vornehmlich an Holzgewächsen, durchführen;
3. indem man die Pflanzen der direkten elektrischen Entladung aussetzt,
also überhaupt nicht leitend mit der Stromquelle verbindet, sondern
etwa ein Netz von Drähten über die Versuchsparzelle spannt und gegen
den Erdboden isoliert; der eine Pol einer Elektrisiermaschine wird mit
dem Drahtnetz, der andere Pol mit dem Erdboden verbunden. Die
Pflanzen dienen bei dieser Versuchsanordnung gewissermaßen als Blitz-
ableiter für die Luftelektrizität, und durch sie wird vermittels der dunkeln
elektrischen Entladung ein Ausströmen der Elektrizität an den Spitzen,
z. B. den Grannen des Getreides, erfolgen, was sich mitunter als St. Elms-
feuer äußert. Diese dritte Art der Beeinflussung ist gleichzeitig die
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 6
82 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.
längst geübte und besonders durch Lemström!) ausgebildet worden.
Er spannte über die Pflanzen ein Metalldrahtnetz, das isoliert und mit
einer Reihe Messingspitzen versehen war; dieses Netz wurde mit dem
positiven Pol einer Holtzschen Influenzmaschine in Verbindung
gesetzt, während der negative Pol in die Erde mündete. Diese Maschine
wurde mit der Hand oder durch mechanischen bzw. elektrischen Antrieb
in Bewegung gesetzt. Die Samen wurden in nach der Südseite des Fensters
offenen Pappendeckelgehäusen in Töpfen plaziert, in jeden Topf wurde
unten ein Zinkstreifen gesteckt, der durch einen Metallfaden mit den
Gasrohren des Raumes in Verbindung stand, oberhalb der Töpfe wurden
die mit den Spitzen versehenen Netze aus Draht befestigt; in der einen
Abteilung ging der Strom von der Luft zur Pflanze, in der andern um-
gekehrt, während eine dritte als stromlose Kontrolle diente. Bei Frei-
landversuchen verwendete Lemström!) Drahtnetze, deren Drähte
2 mm Durchmesser hatten, an Porzellannäpfen als Isolatoren befestigt
waren, während die Drähte in einem gegenseitigen Abstand von 100 cm
standen und in je 50 cm Abstand eine Metallspitze trugen. Das Netz
stand wieder in Verbindung mit dem positiven Pol einer vierscheibigen
Influenzmaschine, der negative Pol derselben mit einer kleinen, in den
Boden eingelassenen Zinkplatte. Die Maschine war untertags acht Stunden
in Tätigkeit. Die Ernte des elektrisierten Feldes übertraf die der nicht elek-
trisierten (Gerste) um 35,5 %- Die Zahlen Lemströms beweisen aber,
daß die Resultate durchaus nicht für alle Pflanzen gleich günstig sind, und
daß mitunter auch negative Werte resultieren. Im allgemeinen sind in
Wachstum und Ernteergebnis gefördert und zwar qualitativ und quanti-
tativ und in bezug auf die Raschheit der Entwicklung (Erdbereen gelangen
in 24 statt in 56 Tagen zur Reife) die Zerealien, Wurzelgewächse wie
Rübe, Kartoffel usw., manche Leguminosen, Erdbeeren, Laucharten,
während in der Entwicklung unbeeinflußt gelassen oder gehemmt werden:
Erbse, Karotte, Weißkohl, Kohlrübe, weiße Rübe, Tabak. Namentlich
die Getreidearten zeigen in mittleren Böden unter dem Einfluß der Elektri-
zität einen Vorteil von 40 % gegenüber den unbehandelten und erst-
klassigen Böden, aber auch ein Überwiegen um 75 %, ist keine Seltenheit.
Die von Lemström erhaltenen Werte sind folgende:
Versuchsparzelle Kontrollparzelle Prozentuale
Pflanze Zahl der Gewicht Zahl der | Ernte- Ernte-
Pflanzen in kg Pflanzen |gewichtinkg| unterschiede
Weiße Rübe . 56 31,982 157 43,343 + 107,2
Kartoffel. . . 268 21,281 990 44,694 + 762
Rote Rübe . . 107 24,600 263 36,551 + 65,29
tadieschen . . 26 2,295 57 3,166 + 59,1
Pastinaca sat. 181 16,205 507 29,067 + 54,45
Kadoh > - .; 5l 7,705 98 10,425 + 42,11
Sellerie . . . 45 22,207 98 | 35,722 + 36,90
Karotte . . . 695 ı 27,201 1009 41,438 + 5,12
Kohlrübe . . 8 2,869 16 5,382 + 5,23
Weißkraut 13 14,025 15 28,684 + 43,58
Weißkohl .. 15 14,72 23 21,19 + 18
Weiße Rübe 91 4,356 163 7,459 + 2,58
'!) 8. Lemström, Experiences sur l!’influence d’electricit6 sur les vegetaux,
Helsingfors 1890. — S.Lemström , Elektrokultur (übersetzt von O.Prings.
heim). Berlin, W. Junk 1902.
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 55
Für exakte Laboratoriumsversuche eignet sich etwa folgende Elektro-
kulturanlage (Gaßner): die den hochgespannten Strom, mit dem
die Pflanzen bestrahlt werden, erzeugende Influenzmaschine befindet
sich in einem staubdichten Glaskasten und wird durch einen kleinen
Elektromotor mit konstanter Geschwindigkeit getrieben. Der eine Pol
der Influenzmaschine ist mit den Versuchspflanzen bzw. mit der Erde,
in der sie wurzeln, der andere mit dem über denselben an Glasröhren
isoliert aufgehängten Drahtnetz verbunden, das nach unten gerichtete
Spitzen zeigt. Wie man sich durch Hineinhalten der Hand in die zwischen
den Pflanzen und den Spitzen befindliche Luft überzeugen kann, findet
ein ständiger Elektrizitätsaustausch zwischen Drahtspitzen und Pflanzen
statt. Für Versuche im großen eignen sich Influenzmaschinen nicht,
weil sie gegen äußere Einflüsse, namentlich Staub, sehr empfindlich
sind und bald zu funktionieren aufhören. Für solche Zwecke bedient
man sich des gewöhnlichen Wechselstroms; dieser wird durch Transtor-
matoren zur gewünschten Spannung umgewandelt und der so erhaltene
hochgespannte Wechselstrom mittels sog. Gleichrichter in hochgespannten
Gleichstrom umgeformt. So kann man hochgespannte Gleichströme
ununterbrochen erzeugen. Oder man kann
die atmosphärische Elektrizität auswerten,
indem man durch Ballons oder Drachen
nach dem Vorgange von Höstermann-
Dahlem und eines von den Ballons zur Erde
gehenden Leitungsdrahtes hochgespannten
Strom aus den oberen Luftschichten her-
unterholt.
Höchst wertvoll sind die Versuche, in
welchen Molisch!) die Beeinflussung von
Keimpflanzen durch Radiumemanation fest-
Brellier Zur Einwirkung der Emanafion ig. 1%. Emanationsgefäß nach
auf die Pflanzen wurde ein zylindrisches r = Radiumraum; K— Keimpflanze:
Glasgefäß (Fig. 19) von 24 cm Höhe und Denn ‚zum Einführen der Emuna-
16,5 cm Breite, oben mit einem Glas-
deckel geschlossen, verwendet; der Deckel war mit Vaselin luftdicht auf
das Gefäß aufgesetzt und trug einen mit Kautschukpfropf versehenen
Hals, der von einem Glasrohr durchsetzt war; dieses führte nach unten
in den Kulturraum, gabelte sich oben und war so eingerichtet, daß die
mit der Kautschukbirne eingepreßte Luft bei dem einen Gabelast in
den Kulturraum hineinströmen und durch ein Loch in den andern
Gabelast abstreichen konnte. Durch Kautschukschläuche stand der
Kulturraum mit einer Waschflasche in Verbindung, die eine wässerige
Lösung von RaCl,, im ganzen 15,1 mg RaCl, = 11,5 mg Ra-Metall,
enthielt. Durch etwa zwanzigmaliges Zusammendrücken des Ballons
wird die gasförmige Emanation in den Kulturraum getrieben und dann
die Hähne des Erzeugungsgefäßes geschlossen. Wenn alle 24 Stunden
gequirlt und Emanation in den Versuchsraum geleitet wurde, so ge-
langten in den Versuchsraum ca. 16 % der Gleichgewichtsmenge, also
1,84 g Ra-Äquivalent — 1,84 Millicurie Emanation;; wenn alle 48 Stunden
1) H. Molisch, Über den Einfluß der Radiumemanation auf die höhere
Pflanze, Sitz.-Ber. d. k. Akad. Wien 121, Abt. I (1912). — Über Heliotropismus
im Radiumlichte, ebendas. 120 (1911).
6*
54 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.
Emanation durchgeleitet wurde, so traten 30% der Gleichgewichts-
menge, d. i. 3,45 Millieurie, über. Außer dieser ‚starken‘‘ Emanation
wurde noch eine mittelstarke mit 0,0009 Millicurie und eine (alle 24 Stun-
den in das Versuchsgefäß übergeleitete) ‚schwache‘ mit 0,000124 Milli-
curie verwendet. Eine Millicurie-Emanation in 1 1 Luft entspricht etwa
2,4 Million Macheeinheiten. Die Emanation wurde alle 24 oder48 Stunden
erneuert. Für die in dem Luftraum über der Lösung und in den Schlauch-
verbindungen zurückgebliebene Emanation sind etwa 7 % in Abzug zu
bringen. Die Emanation übt, wenn in genügender Stärke vorhanden,
einen hemmenden Einfluß auf die Entwicklung, die auch bei mittelstarker
und schwacher Emanation soweit gehen kann, daß Wachstum und Ent-
wicklung sistieren und die Pflanze abstirbt. Bei schwacher Emanation,
namentlich wenn die Samen vor der Keimung der Bestrahlung aus-
gesetzt wurden, zeigte sich jedoch bisweilen eine merkliche Förderung
der Entwicklung. Die tiefe Schädigung durch starke Emanation zeigt
sich aber nicht unmittelbar nach der Exposition, sondern die Keimlinge
erscheinen nicht besonders geschädigt, jedenfalls lebensfähig, dagegen
ist die völlige oder fast völlige Sistierung jeder Entwicklung ein Zeichen,
wie hochgradig die Pflanzen beeinflußt sind, und nach einiger Zeit er-
folgt dann ein rasches, oft plötzliches Absterben. Dieser Stillstand des
Wachstums wurde auch mit festen Radiumpräparaten erzielt und als
„Radiumstarre‘‘ bezeichnet. Bei Phaseolus und Pisum kann man deut-
lich sehen, daß die Reservestoffe aus den Kotyledonen nicht mobilisiert
werden, die Wirkung der Emanation setzt sich als physiologische Nach-
wirkung kürzere oder längere Zeit auch nach dem Aufhören der Bestrah-
lung fort. Keimlinge verschiedener Art, gleichgültig ob ihre Samen oder
sie selbst der Emanation ausgesetzt waren, bleiben im Wachstum zu-
rück und gehen nach einiger Zeit zugrunde. Aber auch, wenn nach
Einwirkung der Emanation noch gutes Wachstum der Keimblätter
eintritt, bleibt doch die Endknospe sitzen ebenso wie die Vegetations-
spitze der Wurzel: beide entwickeln sich nur langsam weiter. Die Keim-
linge lösen ferner ihre Nutation früher auf, strecken also die Spitze früher
gerade als normale, ergrünen langsamer und bilden weniger Anthokyan.
Manche, wie Secale Cereale und Avena sativa, scheiden an ihrer Spitze
eine weiße kristallinische Masse aus. Eine Förderung durch schwache
Emanation wurde bei den Keimlingen der Sommerlevkoje (Matthiola
incana), Cucurbita Pepo und Helianthus annuus beobachtet, wenn die
Emanation auf die Samen und nicht erst auf den Keimling gewirkt
hatte. Aber auch die bereits entwickelten Organe der Pflanze werden
durch Emanation geschädigt, die Blätter von Aucuba japonica miß-
farbig, die von Impatiens Sultani glasig durchscheinend. Robinia Pseud-
acacia, Caragana arborescens usw. werfen in der Emanationsluft ihre
Blätter viel früher, auch schon im Frühjahr und Sommer, ab, als in reiner
Luft. Der Vegetationspunkt der Pflanzen wird nicht bloß in der Ent-
wicklung zurückgehalten, sondern auch anderweitig beeinflußt. Die
Sprosse von Sedum Sieboldii bilden normalerweise dreigliedrige Blatt-
quirle; Sprosse, die in ganz jungen Entwicklungsstadien drei Tage
starker Emanation ausgesetzt wurden, entwickeln von da an keine
dreiblätterigen Wirtel, sondern nur dekussiert stehende Blattpaare.
In allen genannten Fällen betrug die Menge des Emanationsgiftes, die
schädigend oder tötend einwirkte, etwa 0,0000063 mg, also Quantitäten,
welche bei keinem anderen Gifte physiologische Wirkungen ausüben.
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 85
Schwache galvanische Ströme ließ Thouvenin!) auf junge Flachs-
keimlinge einwirken. Die in Töpfe versetzten Keimlinge neigten sich
ohne Strombehandlung sehr bald nach abwärts und welkten. Das
äußerste Ende der Stengel bei zwei solchen Pflanzen (Fig. 20) wurde
mittels einer Kupferklemme an den Faden eines Zeigerauxanometers be-
festigt und durch das Gewicht, das den Faden spannte, aufrecht gehalten.
Der Faden des einen Auxanometers bestand in einem geschmeidigen Lei-
tungsdraht, der mit seinem freien Ende an dem einen Pole einer elek-
trischen Batterie befestigt war. Eine blanke Kupferplatte wurde in Ver-
bindung mit dem andern Pole der Batterie, an dem der Pflanze mit dem
Leitungsdraht entgegengesetzten Ende in die Erde gestoßen und ermög-
lichte so, die Pflanze, sobald der Strom geschlossen war, dem Einflusse
eines kontinuierlichen elektrischen Stromes auszusetzen. Wurde nach
einigen Stunden der Faden am Ende des Stengels entfernt, so blieb die
elektrisierte Pflanze künftig aufrecht, während das nichtelektrisierte
Kontrollexemplar sich nach Abnahme des spannenden Fadens sofort
wieder krümmte. Während unter normalen Verhältnissen das Auf-
richten junger Keimpflanzen in die Vertikale mindestens 8 Tage in An-
spruch nahm,
brauchten die
elektrisierten
jungen Lein-
pflanzen dazu
nur einige
Stunden,
auch wenn sie
nicht im
feuchtenRau-
me gestanden
hatten. Der
Strom floß
während der Fig. 20. Thouvenins Versuchsanstellung.
17stündigen 4A, B= die belden Flachskeimlinge; E, El = Elektroden.
Versuchsdau-
er in der Richtung von der Wurzel zum Stamm; seine Stärke schwankte
zwischen 0,000823—0,004221 Mikroampere. Mercurialis musa und Euphor-
bia Peplus zeigten schon nach drei Stunden das günstige Ergebnis; da-
gegen versagte Senecio vulg.; bei Mercurialis annua mußte der Strom
vom Stamm gegen die Wurzel geleitet werden, um günstig zu wirken,
während in der umgekehrten Richtung Versuchspflanzen und Kontroll-
exemplare keinen Unterschied zeigten. Durch Wägung der stromdurch-
flossenen Pflanzen oder Blätter zeigte sich aber, daß die elektrisierten
Pflanzen oder Teile stets stärker transpiriert hatten, so daß durch die
schwachen galvanischen Ströme die Endosmose des Wassers in höherem
Maße gesteigert worden sein mußte als die gleichfalls gesteigerte Ab-
gabe. In jedem Fall ist die Permeabilität durch den Strom erhöht,
vielleicht übt derselbe auf die wasseraufnehmenden Zellen besonders
einen Reiz aus, und da auch die Kohlensäureassimilation sich ge-
!) M. Thouvenin, De Vinfluence des courants galvaniques faibles sur
l’endosmose chez les vegetaux. Revue gen. de bot. 19, 317 (1907), S, 433 (1896).
G. Pollacei, Atti Istituto bot. dell’ universitä di Pavia Vol. 11 (1905).
S6 iV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.
steigert zeigt, scheint der elektrische Strom alle Stoffwechselprozesse
zu stimulieren, unter denen die auf Gedeihen und Trockengewichts-
zunahme hinzielenden besonders gefördert sind.
Stoklasa!) und seine Mitarbeiter sahen durch Einwirkung des
Radiums ganz unglaubliche Förderung der Entwicklung bei Pflanzen
in verschiedenen Stadien. Die Förderung von Radiumemanation in
schwacher Aktivität ist zunächst eine indirekte infolge Förderung der
stickstoffassimilierenden Bakterien, wodurch sich eine Stickstoffanreiche-
rung des Bodens um 76 % ergeben kann. Gleichzeitig erweist sich die
Denitrifikation als gehemmt. Schon die Samenkeimung ist ferner bei
Tritieum vulg., Hordeum dist., Vieia Faba usw. gefördert, wenn die
Samen zum AÄnquellen in radioaktivem Wasser an Ort und Stelle des
Quellenursprunges gebracht und 24 Stunden in 50 ccm Wasser von
15—100 M. E. pro 100 Samen belassen wurden. Im Keimapparate
werden dann die keimenden Samen noch mit 5—10 ccm des Wassers
täglich begossen. 50 M. E. hemmen bereits die Entwicklung, weniger
stark radioaktive Wässer befördern die Keimungsenergie ungemein,
künstlich aus RaCl, hergestelltes Wasser erweist sich weniger günstig
als natürliches. Im günstigen Falle wurde die Keimungsenergie um
70—130 % erhöht, die Trockensubstanz vermehrt.
Trockensubstanz nach 46 Vegetationstagen in Wasser-
kultur:
Pflanzen 18 Tage unter der Ein- Pflanzen in nicht radio-
wirkung von im ganzen 384M.E. aktivem Wasser gezogen
Pesum arvense..) . ..-.. Wla.g 2,137 g
Yiea Babes 2 2:32.22 5875 6,009 „,
Lupinus angustifol. . . 3,793 „, 1,845 ,,
Hordeum distichum . . 9,085 ., 0,906 „,
Während 70 M. E. die Ernte um 62-—-164 % erhöhten, übten
300—600 M. E., jeden vierten Tag erneuert, sowohl in Wasserkultur
als in Sandkultur (5-——7 kg Erde) einen schädlichen Einfluß. Die Blätter
verfärbten sich rostbraun, das Chlorophyll wurde zersetzt, die Zellen
plasmolysiert. Dagegen findet bei richtiger schwacher Dosierung der
Radiumemanation rascheres und üppigeres Wachstum, schnellerer Blüten-
ansatz, höherer Ertrag statt.
Es wurde schon früher darauf hingewiesen, daß, so unempfindlich
sich ruhende Samen gegen schädigende Einflüsse der Außenwelt ver-
halten, der junge Keimling um so empfindlicher auf Reize reagiert.
Nach dieser Richtung ist die Empfindlichkeit gegen Gase am auf-
fallendsten, indem schon Spuren verschiedener Gase, aber selbst Exha-
lationen, wie sie vom Möbelanstrich oder von anderen Pflanzen her-
rühren, ferner gasförmige Verbrennungsprodukte von Flammen usw.
das normale Wachstum, die Wachstumsrichtung, die Turgeszenz, die
Art der Reaktion gegen Schwerkrafts- und Lichtreize, überhaupt den
ganzen Verlauf des Stoffwechsels aufs nachhaltigste zu beeinflussen
vermögen. Aus diesem Grunde, weil Spuren von Verunreinigungen in
der Luft sich nur selten ausschließen lassen und selbst in guten Gewächs-
häusern vorhanden sind, empfiehlt es sich, die Pflanzenkulturen. will
') J. Stoklasa, Vortrag, gehalten auf der 85. Vers. der Naturf. u. Ärzte.
Wien 1913.
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 87
man durchaus normale Entwicklung erzielen, vor das Fenster zu stellen.
Man braucht bloß im Gewächshaus gezogene Bohnen oder andere
Pflanzen mit denen des Freilandes zu vergleichen, um schon in der
äußeren Entwicklung die gewaltigen Unterschiede wahrzunehmen,
welche natürlich im Ablaufe des Stoffwechsels, in der Erzeugung von
Produkten qualitativ und quantitativ noch mehr ausgesprochen sind.
Es ist vielleicht nicht zu weit gegangen, wenn man mehr oder weniger
alle im Laboratorium erzogenen Pflanzen für abnormal und krank an-
sieht, und wenn man Schlüsse, welche von Laboratoriumsversuchen
auf die normale, frei wachsende Pflanze gezogen werden, für nicht
bindend erachtet. Ich wenigstens arbeite immer, wenn es sich um Probleme
des normalen Stoffwechsels handelt, mit Freilandpflanzen. Das Ge-
sagte gilt natürlich nicht nur vom Laboratorium im engeren Sinne
des Wortes, sondern auch von Gewächshäusern, welche etwa in wissen-
schaftlichen Instituten inmitten der Dunstatmosphäre einer Großstadt
angebracht sind, und das kümmerliche Gedeihen von Zimmerpflanzen
ist außer auf die mangelhaften Lichtverbältnisse hauptsächlich auf die
abnormale Luftzusammensetzung zurückzuführen. Übrigens macht
sich auch betreffs der Luft die Wohltat der großen Verteilung geltend,
so daß beispielsweise Pflanzen selbst im Dunstkreis der großstädtischen
Atmosphäre vor dem Fenster besser gedeihen als innerhalb eines Ge-
wächshausraumes. Ebenso wie die Pflanze ein ausgedehntes Substrat
für die Ausbreitung ihrer unterirdischen Teile braucht, und wie sie um
so besser gedeiht, ein je größerer Wurzelraum ihr zur Verfügung steht,
so entwickelt sie sich um so normaler, je größer ihr Luftreservoir ist,
wo sich etwaige schädigende Bestandteile besser verteilen können, die
in derselben Menge auf einem kleinen Raume schädlich wirken. Schon
daraus wird klar, wie wichtig ein öfteres Lüften von Glocken bei be-
deckten Kulturen als Minimum der für normale Entwicklung auf-
zuwendenden Sorgfalt ist. Eine normale Atmosphärenzusammensetzung
wird besonders dann wichtig, wenn man mit Wasserkulturen arbeitet,
denn Erde oder Sand haben in hohem Maße die Eigenschaft, etwa schäd-
liche gasförmige Beimengungen der Luft zu adsorbieren und die Luft
gewissermaßen zu reinigen. Aus alledem geht aber die absolute Not-
wendigkeit hervor, zum Studium physiologischer Prozesse ein Stück
Freiland, ein Feld oder einen Garten zur Verfügung zu haben; denn selbst
dort, wo man im Experiment eine oder die andere abnormale Bedingung
herstellen will, muß um so mehr für die Normalität der übrigen physio-
logischen Begleitumstände gesorgt sein; auch hier gilt ja das Gesetz
des Minimums. Ist eine oder die andere Vegetationsbedingung, Licht-
farbe, Temperatur usw. nicht oder in nicht ausreichendem Maße ge-
geben, so können auch die übrigen normalen Verhältnisse nicht in ent-
sprechendem Maße ausgenutzt werden, und ist noch dazu von anderer,
nicht beabsichtigter Seite ein solches Minus gegeben, so treten Ver-
änderungen ein, die nicht mehr vom Standpunkt des Versuches aus
kontrolliert werden können. Handelt es sich nun gar um reizphysiologische
Versuche, so üben die Verhältnisse der abnormalen Luftzusammensetzung
derart auf die Pflanzen ein, daß ganz falsche Schlüsse aus den Versuchen
abgeleitet werden können. Der Wert einer ganzen Reihe älterer Reiz-
versuche ist aus diesem Grunde in Frage gestellt, und manche Er-
scheinungen, die man als Reizerfolg angesprochen hatte, mußten nun
bei Wiederholung in reiner Luft als Wirkung der verunreinigten Atmo-
S IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.
je s)
sphäre erkannt werden. Aber auch anderweitige ernährungsphysio-
logische Daten sollten von diesem Standpunkte aus überprüft werden,
denn es zeigte sich, daß in verunreinigter Luft die Anthokyanbildung
bei Keimlingeı, die sich, besonders intensiv bei Gramineen, in den
ersten Entwicklungsstadien zeigt, ausbleibt, daß die Turgeszenz kolossal
erhöht wird, und daß sich eine Anhäufung von Monosacchariden und
Aminosäuren, die sich durch beschleunigten Abbau größerer Molekular-
komplexe oder gehinderten Aufbau oder beides ergibt. Alle diese Er-
scheinungen treten auch im Experiment bei Einwirkung von Narkoticis
oder bei Sauerstoffentzug ein und stehen offenbar mit einem unter
diesen abnormalen Verhältnissen bevorzugten intramolekularen Stoff-
abbau in Beziehung. Für die in unseren wissenschaftlichen Arbeits-
räumen vorhandene, auf Keimlinge in der oben beschriebenen Weise
wirkende Luft wurde der Name ‚Laboratoriumsluft“ geprägt; als wesent-
Fig.21. Typischer Laboratoriumsluft-Habitus bei Erbse. Links Pflanzen aus Laboratoriums-
lutt, stark verdickt, zurückgeblieben, auffallende horizontale Nutation; rechts gerade
schmächtige Keimlinge der reinen Luft, (0. Richter.)
lichst schädigender Bestandteil der Laboratoriumsluft dürfen wohl die
Spuren Leuchtgas gelten, die in jedem Raume vorhanden sind, in welchem
Gaslampen brennen, und im Leuchtgas wiederum sind als hauptsächlichste
hier in Betracht kommende Bestandteile Aethylen und Azetylen anzusehen.
Aber auch die gasförmigen Stoffwechselprodukte von Menschen und
Pflanzen selbst, also Ausdünstungen aller Art, Spuren von Schwefelwasser-
stoff, vornehmlich aber die Verbrennungs- und Atmungskohlensäure in
schlecht ventilierten Räumen haben wichtigen Anteil an den Schädigungen
durch „Laboratoriumsluft‘“ (Fig. 21—30). Von den Forschern,
welchen wir nach dieser Richtung wichtige Aufschlüsse verdanken, sei
D.Neljubow!), H.Molisch!) und in erster Linie Ö. Richter!)
1) D. Neljubow, Über die horizontale Nutation der Stengel von Pisum
sat. und einiger anderer Pflanzen. Beih. z. bot. Zentralbl. 10, H. 3 (1901); Ber. d:'0,
bot. Ges. 29, 97 (1911. H. Molisch, Über Heliotropismus im Bakterien-
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 89
genannt. Neljubow machte im Jahre 1901 darauf aufmerksam,
daß für eine abnorme, von Wiesner an Keimlingen entdeckte
Krümmungsbewegung die ‚in den Versuchsräumen unserer Laboratorien
in Anbetracht der derzeitigen Ausrüstung mit Gasleitungen, Reagenzien-
fläschehen usw. unvermeidlichen Spuren gasförmiger Verunreinigungen
der Luft‘‘ verantwortlich zu machen seien. Es ist dies die sogenannte
„horizontale Nutation‘“, die Erscheinung, daß Keimlinge beim Aus-
treiben im Dunkeln vielfach nicht negativ geotropisch nach aufwärts
wachsen, sondern mit dem Stengel mehr oder weniger auffallende
Krümmungen horizontal oder fast horizontal über der Erdschicht des
Blumentopfes ausführen. Gleichalte Pflanzen der Erbse z. B. im Labo-
ratorium und in der Orangerie gezogen, zeigten nNeljubows Ver-
suchen ganz auffal-
lende Unterschiede.
Während diese mäch-
tig und schlank in die
Höhe schossen , kro-
chen jene gedrückt
auf der Erde des Blu-
mentorfes nach den
verschiedensten Rich-
tungen hin und ver-
mochten sich kaum
über den Rand zu er-
heben. Ganz ähnliche
Resultate erzielte er,
wenn er Pflanzen ein-
mal unter mit Stra-
Benluft gefüllten, das
andere Mal in mit
Laboratoriumsluft be-
schickten Glocken un-
ter denselben Bedin-
gungen nebeneinan-
der wachsen ließ.
Wurde aber die La- Fig. 22. Cucurbita Pepo. Links Pflanzen, die unter Einwirkung
= E von je 10 cem Leuchtgas täglich durch 8—10 Tage gestanden hatten
boratoriumsluft gerel- (1v 1-Glocke); rechts Pflanzen der reinen Luft (0, Richter.)
nigt und die Pflanzen
dann in diese gereinigte Luft gebracht, so wuchsen sie völlig normal. In
der verunreinigten Luft bleiben überdies die Keimlinge im Längenwachs-
tum zurück, verdicken aber dabei ihre Stengel auffallend. Neljubow
stellte zahlreiche Versuche an, um die schädlichen Bestandteile der Luft
einzeln zu analysieren: er schaltete das Schwefeldioxyd aus, indem er die
Luft durch KOH und eine dicke Schicht von MnO, schickte, er leitete
die Luft durch rotglühende Platinröhren und darauf noch durch KOH.
Ein Resultat ergab sich erst, als die Luft über glühendes CuO geleitet
worden war. In drei festverschlossenen Glasglocken wurden in mit
Sand gefüllten Töpfen Erbsensamen zum Keimen gebracht, wobei
lichte. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. 111 (1902). ©. Richter, Über den Ein-
fluß verunreinigter Luft- auf Heliotropismus und Geotropismus. Ebendas. 115
(1906); Medizin. Klinik 1905, Nr. 19, 20, Naturw. Umschau 1913, Nr. 13 usw.
Y
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.
Fie. 23. Erhöhung des Turgors bis zum Zersprengen des Gewebes bei Bohnen.
Eine einprozentige Emulsion von Benzol und Wasser wurde auf ein Filtrierpapier,
Größe 7><4 em, getropft und dieses Papier unter die Glocke gebracht. Versuchs-
dauer 8 Tage. (0. Richter.)
Fir, 24. Zurückbleiben im Längenwachstum bei Bohnen, links Pflanzen der reinen
Luft, II Zusutz von 10 cem Leuchtgas zu reiner Luft unter einer 10 1 fassenden
Glocke, III Zusatz von 25 cem Leuchtgas. (O. Richter.)
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 91
durch die Glasglocke täglich drei Stunden lang ein Luftstrom geleitet
wurde, und zwar durch die erste Laboratoriumsluft, durch die zweite
Luft, die vorher durch KOH, Ba(OH),, CaCl,, rotglühendes CuO, wieder
Ba(OH), und schließlich H,O geleitet worden war, durch die dritte
ebenso gereinigte, aber nicht geglühte Luft. In 1 und 3 wuchsen die
Triebe kaum merklich von der Horizontalen abweichend, in 2 dagegen
fast völlig vertikal. In wie kleinen Mengen die Bestandteile des Leucht-
gases schon wirken, beweist die Tatsache, daß ein Zusatz von !/,g 000 000
Äthylen, d. i. auf 8 Liter Luft 0,5 ccm einer 0,1 prozentigen Mischung
von Äthylen mit Luft oder 0,005 cem Äthylen, schon horizontale Nutation
hervorruft und ein Zu-
satz von [160 eg!
auf 8 Liter 1, ccm einer
10 prozentigen Mischung
von Athylen mit Luft
oder 0,05 ccm Äthylen,
schon einige schwächere
Keimlinge tötet. Die in
reiner Luft vertikal ge-
wachsenen Triebe bil-
den bei Einwirkung von
Leuchtgas oder Labora-
toriumsluft an ihrer
Spitze fast unter rech-
tem Winkel eine Krüm-
mung, wobei der neuge-
bildete horizontale Teil
verdeckt wird. Nach O.
Richter zeigt übri-
sens schon Holzkohle,
durch welche die Luft
durchgesaugt wurde,
hinreichend reinigen-
den Einfluß. Verkür-
zung und Verdickung in
Leuchtgasatmosphäre
ist proportional der
Menge des Leuchtgases,
das auf die Pflanzen ein-
en a A ee
Länge der Zeit, welche rechts solche aus Buchenholzspänen. (0. Richter.)
hindurch die Pflanzen
der Laboratoriumsluft ausgesetzt waren; bringt man die Pflanzen ab-
wechselnd in reine und in Laboratoriumsluft, so kann man die für Labora-
toriumsluft charakteristischen Erscheinungen, Verdickung, Verkürzung,
Horizontalkrümmung, mit den normalen Wachstumserscheinungen an der-
selben Pflanze abwechseln sehen. Molisch hatte besonders Gelegenheit,
den Einfluß der Verunreinigungen der Laboratoriumsluft auf Geotropis-
mus und Heliotropismus zu studieren. Er sagt darüber: ‚Die Spuren von
Leuchtgas und anderen Verunreinigungen flüchtiger Natur, die sich in der
Luft des Laboratoriums vorfinden, genügen, um die Reizbarkeit des Plas-
mas so zu beeinflussen, daß die Stengel der genannten Keimlinge keinen
99 IV. Einwirkungen auf das Wachtum der Keimlinge.
negativen Geotropismus mehr zeigen. Mit dem Ausschalten des nega-
tiven Geotropismus stellt sich gleichzeitig eine so hochgradige helio-
tropische Empfindlichkeit ein, daß es unter diesen Umständen gelingt,
gewisse Pflanzen noch zu heliotropischen Bewegungen zu veranlassen,
die unter normalen Verhältnissen dazu nicht mehr befähigt sind.“ In
den Versuchen Richters hat sich gezeigt, daß Terpene und andere
flüchtige Stoffe auf die verschiedensten Keimlinge ebenso wirken wie
die Laboratoriumsluft, und zwar noch in unglaublicher Verdünnung.
Selbst Stoffe, die aus Holzklötzchen entströmen, mit denen der Glocken-
rand gestützt war, um die Laboratoriumsluft einzulassen, bewirken
die genannten Erscheinungen. Richter verwendet daher, um den
Glockenrand über die ab-
sperrende Wasserschicht
zu heben, dicke Glas-
röhren. Da es sich als
wahrscheinlich erwies,
daß jene Spur gasförmiger
Verunreinigungen, die mit
dem Abschließen eines
Quantums Luft im Labo-
ratorium durch Wasser in
ihm vorhanden war, stö-
rend wirken konnte, wur-
de das nötige Luftquan-
tum mit Wasserabschluß
aus dem Glashause ge-
holt. Nach jedem Ver-
suche werden die Glocken
unter Wasserabschluß ins
Glashaus getragen, dort
oder vor dem Fenster
die Glocken abgehoben,
gründlich ausgeschwenkt
und wieder daraufgesetzt.
Alle Vorbereitungen für
die Versuche sind in der
reineren Luft des Glas-
Fig. 26. Stachys bulbifera, unter Gahen von 25 cem Leucht- hauses zu treffen, ins La-
gas knollig a ee links normale, rechts boratorium dürfen die
Pflanzen überhaupt nur
von Glocken unter Wasserabschluß bedeckt gebracht werden. Der
Anstrich des Mobiliars, die flüchtigen Terpene, welche aus den Harzen
auch nicht angestrichener Hölzer ausströmen, können, besonders
in einem engen Raume, in welchem etwa noch zahlreiche Gasflammen
brennen und die Lüftung eine mangelhafte ist, Erscheinungen hervor-
rufen, welche eine Wirkung der Laboratoriumsluft sind, aber vielfach
auf andere, mit dem speziellen Versuch im Zusammenhang stehende
Ursachen zurückgeführt worden sind. Ich verweise diesbezüglich
auf die zahlreichen Hinweise in Richters beachtenswerten Aus-
führungen. Exakte Versuche können eben nur im Glashause, im Freien
oder doch wenigstens in großen, gut durchlüfteten, elektrisches Licht
usw. führenden Räumen angestellt werden. Aber Prianischnikow
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 95
und später Grafe und Richter haben gezeigt, daß Pflanzen aus
Laboratoriumsluft eine ganz andere Zusammensetzung zeigen als solche
aus reiner Luft. Das verschiedene Verhalten von Pflanzen in reiner
und unreiner Luft vor einer Lichtquelle weist eine gewisse Ähnlichkeit
mit den Erscheinungen auf, die durch typische Narkotika, wie Ather
oder Chloroform, hervorgerufen werden, nur daß Leuchtgas noch in
viel geringeren Quantitäten wirkt als diese. Natürlich verhalten sich
verschiedene Pflanzen gegen Laboratoriumsluft verschieden empfind-
lich, und Richter hat dieses Verhalten bei verschiedenen Wicken-
arten geprüft. Als
sehr empfindlich
erwies sich Vicia
calcarata, sativa,
tricolor, globosa,
als empfindlich Vi-
cia Gerardi, atro-
purpurea, fulgens,
ceracca,onobrychio-
ides, als minder
empfindlich Vicia
villosa, Narbon-
nensis, Faba, wäh-
rend Vicia pseudo-
cracca als für La-
boratoriumsluft-
einflüsse unemp-
findlich zu bezeich-
nen ist. Es zeigte
sich aber auch, daß
die verschiedenen
Pflanzenorganeun-
gleich empfindlich
sind, in der Regel
die Stengel stärker
als die Blätter. Fer-
ner daß die Pflan-
zen im Wachstum
fast doppelt so sehr
gehemmt sind,
wenn sie, in reiner
xe1 Fig. 27. Stachys-Pflanzen aus Laloratoriumsluft, knollig, verdickt,
Luft ausgekeimt, zurückgeblieben. Dunkelkultur. (0. Richter.)
aus dieser in die
verunreinigte übertragen werden, als wenn sie gleich in unreiner ausgekeimt
sind, man kann somit von einer Gewöhnung an die Laboratoriumsluft
sprechen. Will man die denkbar deutlichsten Unterschiede zwischen Rein-
luft- und Laboratoriumsluftpflanzen sehen, so müssen die Pflanzen im
Glashaus auskeimen. Keimen sie aber in Laboratoriumsluft aus, so findet
eine Gewöhnung der Pflanzen an diese Luft statt, so daß die Unterschiede
nicht so deutliche sind. Von anderen Versuchspflanzen als Wicke unter-
liegen Erbse, Linse, Phaseolus multiflorus, Helianthus annuus, Cucur-
bita Pepo, Callisia repens, Lathyrus odoratus, Polygonum Sieboldii, Zea
Mays der hemmenden Einwirkung der Laboratoriumsluft, von denen
94 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.
sich Erbse, Kartoffel und Bohne als die empfindlichsten erwiesen. Die
Turgordehnungen beim gesteigerten Dickenwachstum, wahrscheinlich
hervorgerufen durch die ungewöhnliche Anhäufung löslicher Kohlen-
hydrate und Aminosäuren sind mitunter so groß, daß sie ein Platzen
Fig. 28. Stachyspflanzen aus einem Lichtversuch, links aus Leuchtgasatmosphäre,
rechts aus reiner Luft. (©. Richter.)
und Zerreißen der Gewebe, ein Auseinanderfallen der Zellen bei der
Kartoffel, eine ‚„Mazeration bei lebendigem Leibe‘ hervorrufen können.
Die Tatsache, daß ‚schlechte Luft‘ die Irritationen im pflanzlichen
Stoffwechsel und damit weitgehende morphologische Änderungen hervor-
Fig. 29. Vieia sativa. I die Keimlinge waren unter abgeschlossener, mit reiner Luft gefüllten Glocke
gezogen; II in reiner Luft mit Kalilaugeabschluß zur Absorption der Atmungskohlensäure gezogen;
IIL. Keimlinge unter einer Glocke, die seitlich etwas gehoben war, um die Luft des Versuchsraumes
einzulassen;.IV. Versuchsanordnung wie Ill, Glocke mit feuchtem Filterpapier zur Verhinderung
der Transpiration ausgekleidet, (O. Richter.)
ruft, hat dazu geführt, daß man vornehmlich das Augenmerk auf Stoffe
gerichtet hat, welche auch unser Geruchsorgan affizieren, um so mehr,
als Richter tatsächlich eine ‚‚Laboratoriumsluft“beeinflussung durch
die Düfte von Blüten feststellte, welche mit den Keimlingen unter eine
-
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 95
Glocke gesperrt waren. In diesem Falle aber scheint es mir doch, ob-
wohl eine Beeinflussung der Keimlinge durch angehäufte Kohlensäure
von Richter ausdrücklich in Abrede gestellt wird, als ob die in diesem
Falle sicherlich in toxischen Mengen entwickelte Atmungskohlensäure
das Resultat stark beeinflußt hätte, um so mehr als ja immer nachdrück-
lich auf die schädigende Wirkung durch die Verbrennungsprodukte der
im Versuchsraume brennenden Flammen, also Kohlensäure, oder unver-
brannte Kohlenwasserstoffe hingewiesen wird. Meiner Ansicht nach
wird eben jeder gasförmige Stoff, der an sich oder durch seine Menge
als Pflanzengift wirkt, Laboratoriumslufterscheinungen hervorrufen,
ganz gleichgültig, ob er einen ‚‚Geruch‘ hat oder nicht, ob uns dieser
Geruch unangenehm ist oder nicht. Faktisch werden ja die meisten
Gase oder Dämpfe, welche
unangenehmriechen,auch
Gifte sein, aber das ist
nur ein zufälliges, nicht
immer zutreffendes Phä-
nomen, denn Athylen und
völlig gereinigtes Azety-
len, gerade jene Stoffe,
an denen zuerst die Er-
scheinungen der Labora-
toriumsluft aufgefunden
wurde und die schon in
fabelhaft geringen Spuren
wirken, sind völlig geruch-
los. Die Gase, welche La-
boratoriumslufterschei-
nungen hervorrufen, wir-
ken, wie alle Gifte, im all-
gemeinen und wie Narko-
tika im besonderen, in
kleinen, jenach der Quan-
tität und Qualität ver-
schiedenen Mengen zu-
nächst reizend und dann
hemmend auf die Stoff-
wechselvorgänge, sie set- Fig. 30. Erbsenkeimlinge mit Blüten von Robinia Pseudacacia
2 Sher noch, saperrtieneen. Dan Ahern OL a en Ense un dem
nicht zum Tode führen- Hemmung des Längenwachstums und Verdickung des Stengels.
P (0. Richter.)
den Mengen die Plasma-
regulation herab und befördern die enzymatischen Abbauvorgänge,
welche in der Anhäufung von Dissimilationsprodukten, die nicht
schnell genug verarbeitet werden können, gipfeln. Alle anderen
Erscheinungen, wie Turgeszenzsteigerung und die morphologischen
Änderungen, dürften sekundäre Folgen dieser physiologisch-chemischen
Primärwirkungen sein. Das enzymatische und plasmatische Gleich-
gewicht ist jedenfalls gestört und die Stoffwechselvorgänge in abnormale
Bahnen geleitet. Die umgebende Atmosphäre hat sich als hochwichtig
gezeigt, um die Lebenserscheinungen der Pflanze normal vor sich gehen
zu lassen, ebenso wichtig wie die angemessene Form des Substrates,
in welchem die Pflanze wurzelt. Die jungen, sich entwickelnden ober-
96 V. Kohlensäureassimilation.
irdischen Teile sind, was man früher allzusehr vernachlässigt hat, eben-
so empfindlich gegen Schädigung von außen wie die Wurzel, und somit
ist das, was uns die Versuche über Laboratoriumsluft lehren, zu einem
der beachtenswertesten Kapitel der Pflanzenphysiologie und im be-
sonderen der wissenschaftlichen Pflanzenzüchtung geworden.
V, Kohlensäureassimilation.
Die Tatsache, daß die grüne Pflanze den Kohlenstoff zum Aufbau
ihres Körpers in erster Linie der Luftkohlensäure entnimmt, gehört zu
den frühesten Erkenntnissen der Pflanzenphysiologie, immerhin hat
sich die Liebigsche Humustheorie, nach welcher der für die Pflanzen
notwendige Kohlenstoff aus dem Humus des Substrates stammt, ver-
hältnismäßig lange gehalten, und heute müssen wir zugeben, daß, wenn
auch natürlich die Assimilation der Luftkohlensäure feststeht, die höhere
Pflanze doch vielleicht in der Lage ist, auch dem Erdreich Kohlenstoff
in irgendeiner Form zum Aufbau ihres Körpers zu entziehen. Daß die
Luftkohlensäure die allgemeinste Kohlenstoffquelle für die grüne Pflanze
darstellt, ersehen wir schon aus den Erfolgen der Wasserkultur, in der
wir der Nährlösung keine kohlensauren Salze oder organische Substanzen
zuzufügen brauchen. Trotzdem beobachten wir mit der Zeit eine das
Vielfache des Samengewichtes betragende Zunahme der Pflanzentrocken-
substanz. Für die Keimlinge ist, solange sie noch kein Chlorophyll
gebildet haben, welches allein die Verwertung der Lichtenergie zur
Assimilation der Kohlensäure ermöglicht, der Reservevorrat der Kotyle-
donen oder sonstigen Reservespeicher die Quelle, aus der sie den Kohlen-
stoff, direkt in organischer Form, entnehmen, und auch nachher wird
diese Kohlenstoff- und Stickstoffquelle neben der Assimilation ausge-
wertet. Überhaupt erscheint das Reservemagazin, welches ja alle zum
Aufbau des Pflanzenkörpers notwendigen Stoife, Kohlenstoff und Stick-
stoff in organischer Bindung, aber auch die Mineralstoffe, Phosphor,
Eisen usw. teils in ionisierter, teils in organischer Form, enthält, als
notwendige Unterstützung der autotrophen Arbeit zu fungieren, bis
die Konstitution des Keimlings hinlänglich gefestigt ist, daß ihm die
eigene Arbeit zur Beschaffung von Bau- und Energiematerial genügt.
Deswegen muß, genau so wie es eine Korrelation der einzelnen Teile
des Pflanzenkörpers gibt, auch eine solche zwischen den einzelnen Nähr-
stoffquellen, also hier zwischen der aus den Reservestoffbehältern strö-
menden und der assimilierten Nahrung, herrschen. Wir ersahen das
außer durch andere Erscheinungen, welche später behandelt werden
sollen, auch daraus, daß ein Aufbrauch der kotyledonaren Stoffe nicht
oder nur sehr unvollkommen stattfindet, wenn man die Entwicklung
des Keimlings durch Gifte oder Narkotika oder durch Mangel an wichtigen
Mineralstoffen hemmt; obzwar die objektive Möglichkeit einer Nahrungs-
beschaffung durch Kohlensäureassimilation gegeben wäre, bleibt der
Keimling doch unentwickelt, während die Reservestoffbehälter prall
gefüllt sind. Die Zunahme an Trockensubstanz durch Assimilation
allein kann in den ersten Lebensstadien schon deshalb nicht genügen,
weil während der Entwicklung der Energiebedarf so groß ist, daß ein
großer Teil der erworbenen Nahrung der Verbrennung anheimfällt.
Einen Trockengewichtsansatz kann man deshalb z. B. bei Phaseolus
V. Kohlensäureassimilation. 97
vulg. trotz günstigster Ernährungsbedingungen erst nach dem zwanzigsten
Kulturtage beobachten. Die Verfolgung der Kohlensäureassimilation
gründet sich auf die Beobachtung des dabei stattfindenden Gaswechsels,
bei welchem Kohlensäure aufgenommen, Sauerstoff abgegeben wird,
und auf die Bestimmung der entstandenen Assimilationsprodukte, in
erster Linie Stärke und Zucker.
Zur Demonstration der Sauerstoffabgabe kann man Pyrogallol
oder Phosphor verwenden. Die Lösung des Pyrogallols wird bereitet,
indem man 5 g Pyrogallol, gelöst in 15 cem Wasser mit 120 g Ätzkali,
gelöst in 80 cem Wasser, miteinander mischt. Die Absorptionen dürfen
nicht bei niedrigeren Temperaturen als 15° C vorgenommen werden,
da das Pyrogallol bei einer niedrigeren Temperatur weit weniger wirk-
sam ist. Da die alkalische Pyrogallol-
lösung sich an der Luft fast momentan
durch den Sauerstoff der Luft bräunt,
ist es zweckmäßig, sie in dem nachfolgen-
den Apparat zu bereiten, aufzubewahren
und von da in die mit einem indiffe-
renten Gase gefüllten Absorptionsgefäße
fallweise abzulassen. Der Apparat!) be-
steht (Fig. 31) aus der Reservoirkugel A,
welche nach rechts in ein u-förmig ge-
bogenes Rohr übergeht; dieses hat bei /
einen kleinen Rohrstutzen und endet in
das kapillare Dreiwegstück g. An die
Reservoirkugel schließt sich auf der
andern Seite das gebogene Rohr I an,
welches bei {einen Glashahn besitzt. Bei
K kann ein kleiner Trichter mittels eines
Gummischlauches aufgesteckt werden.
An dem Rohrstutzen f findet sich ein
dünner Gummischlauch, an dessen an-
derem Ende ein Trichter eingesteckt ist, Tr "row en Ba
die Enden der Dreiwegkapillaren g sind
mit Gummistücken und Quetschhähnen verschließbar. Der Apparat wird
zum Gebrauche zunächst ganz mit Quecksilber gefüllt, dann steckt man
bei m einen Trichter oder ein Rohr an, schließt die Quetschhähne n
und den bei g, öffnet den Hahn { und gießt nun die wässerige Lösung
des zu verwendenden Pyrogallols in den Trichter. Bringt man hierauf das
EndeK der Röhre h mittels eines Gummischlauches mit einem Filtrierkolben
in Verbindung, den man mittels einer Wasserluftpumpe luftleer macht,
so fließt das Quecksilber durch h in den Filtrierkolben und saugt die
eingegossene Lösung des Pyrogallols nach; durch Schließen des Glas-
hahnes i kann man sofort das Einfließen abstellen. Ist das Pyrogallol
vollkommen eingesaugt, so gibt man die Lösung des Ätzkalis in den Trichter
und saugt diese in ganz gleicher Weise ein. Schließlich werden beide
Lösungen im Apparate gut durchgeschüttelt. Will man nun das Ab-
sorptionsgefäß mit dem Reagens füllen, so verbindet man das eine Rohr
en durch das Gummistück bei g mit dem Dreiwegrohr g. Das
1) W. seit Gasanalytische Methoden, 3. Aufl., p. 135, Braunschweig 1900.
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 7
98 V. Kohlensäureassimilation.
Absorptionsgefäß ist mit Quecksilber gefüllt, das durch eine kleine
Handpumpe bis g getrieben wird; man schließt m, n, g und öffnet i,
nachdem man in den Trichter KX etwas Quecksilber gegeben hat. Senkt
man hierauf den Trichter o, so kann man durch Öffnen des Quetsch-
hahnes n den linken Teil des Absorptionsröhrchens leicht mit dem Reagens
füllen, da das Quecksilber das Reagens aus der Kugel in das Absorptions-
gefäß treibt. Das verschlossene, mit der fast farblosen Pyrogallollösung
gefüllte Absorptionsgefäß wird nun durch einen Kautschukschlauch
mit dem kürzeren Glasrohr der Vegetationsglocke verbunden, deren
Tubus mit einem doppelt durchbohrten Stöpsel für die Aufnahme des
längeren, bis zum Boden der Glocke reichenden und des kürzeren, unter
dem Stöpsel endigenden versehen ist. Durch die Glocke wird unmittel-
bar vor der Bestimmung Wasserstoff durchgeleitet und dann das Ab-
sorptionsgefäß damit verbunden, worauf ein langsamer Wasserstoff-
strom wieder durch die Glocke geschickt wird. Eine Bräunung bis
Schwarzfärbung des Reagens zeigt Sauerstoff an. Zur Absorption
p
SER
Fig. 32. Winklerscher —
Kaliapparat, bestehend En
aus einer zw eckmäßig : zum
Aufstellen auf die Wage
umgeformten Petten- Fig. 33. Fig. 34. Apparat Von Cl. Winkler
koferschen Röhre. Peligotröhre. zur Absorption großer Gasmengen.
des Gases wendet man die gewöhnlichen, auch für Verbrennungsanalysen
dienenden modifizierten Liebigschen Kaliapparale an. Sehr zweck-
mäßig sind auch die durch Cl. Winkler in eine handlichere Form
gebrachten Pettenkoferschen Absorptionsröhren, welche man ebenso
auf die Wage stellen kann wie die Kaliapparate (Fig. 32). Zum vorherigen
Reinigen der durchzuleitenden Luft von den unerwünschten Bestand-
teilen, ferner auch von Staub u. dgl. sei es bei der Analyse eines Gases,
sei es für die Befreiung der Luft von Staub und anderen schädlichen
Bestandteilen dient am einfachsten eine lange senkrechte Röhre, die
mit Glassplittern gefüllt und mit einer Peligotröhre (Fig. 33) verbunden
wird. Die Glassplitter können mit dem absorbierenden Medium getränkt
sein, während die Pelig ot röhre gewöhnlich mit dem festen Adsorbens
(Ätzkalistücke, Chlorkalzium u. dgl.) beschickt wird. Zur Absorption
größerer Gasmengen, wenn es sich also darum handelt, stundenlang
durch ein Kulturgefäß ein Gas durchzuleiten, eignet sich am besten
der auf Fig. 34 abgebildete Apparat, in welchem dem Adsorbens durch
kleine Stücke des sehr porösen Bimssteins eine große Oberfläche ge-
V. Kohlensäureassimilation. 99
geben ist. Der Zylinder a endet oben in zwei Tubulaturen, unten in ein
Rohr, welches letztere luftdicht in den Hals einer kleinen W ulf schen
Flasche b eingeschliffen ist. Letztere soll die Absorptionsflüssigkeit
aufnehmen, während jene mit Bimssteinstücken gefüllt wird. Durch
Einblasen von Luft in die Flasche durch d bringt man die Flüssigkeit
zum Aufsteigen, wobei sich der Bimsstein mit derselben vollsaugt. Öffnet
man hierauf d wieder, so fließt der Flüssigkeitsüberschuß nach 5 zurück,
und das Gefäß ist zur Absorption vorbereitet. Man läßt das Gasgemenge
durch das Rohr c eintreten, welches in die Verjüngung von a hinein
und bis unter den Flüssigkeitsspiegel reicht; indem das Gas in Blasen
in der Absorptionsflüssigkeit aufsteigt, wird ihm der größte Teil seiner
absorbierbaren Bestandteile entzogen, der Rest aber wird von der durch-
feuchteten Bimssteinschicht zurückgehalten, welche er durchziehen muß,
bevor es bei e zum Austritt gelangt, und welche eine sehr große Be-
rührungsfläche darbietet. Um mit sehr großen Luflquanten (600 Liter)
zu arbeiten, verwendet man den Apparat (Fig. 35) von Reiset!). J ist
ein u-förmiges, mit durch konzentrierte H,SO, feucht erhaltenem
Bimsstein gefülltes Rohr, welches zur Sammlung der den Durchgang
der Luft erschwerenden verdünnten
Schwefelsäure am unteren Ende eine
Kugel angeschmolzen erhält. Diese
Röhre ./ funktioniert als Trocken-
röhre, sie hält die gesamte Feuch-
tigkeit der Luft zurück und gibt
durch ihre Gewichtszunahme den
jedesmaligen Wassergehalt derselben
an. Das getrocknete Gas passiert
nun durch die im Tubus der Wasch-
flasche F befestigte Röhre ! und
gelangt so in das eigentliche Ab-
sorptionsgefäß. Dieses bildet den
Hauptteil des Apparates: drei
schwach konische Platinkapseln
C, C’ und C’ aus dünnem Blech sind durch Reibung im Innern des
Glaszylinders T befestigt; jede Kapsel hat einen Durchmesser von
4 cm und ist von 120 etwa 0,5 mm weiten Löchern durchbohrt. T hat
eine Länge von 50 cm. Mit Hilfe eines dicht schließenden dieken Kaut-
schukringes läßt sich die Verbindung mit der Waschflasche F leicht her-
stellen. Vor Beginn des Durchsaugens, um z. B. die CO, zurückzu-
halten, bringt man 300 cem klaren Barytwassers von bestimmtem Ge-
halt in das Rohr und verbindet dasselbe luftdicht mit der U-Röhre II,
welche genau wie I vorbereitet ist und stellt die Vereinigung mit dem
Aspirator her. Nach Passieren von 600 Litern Lutt fand Reiset das
Barytwasser in der Waschflasche und der untersten Abteilung B des
Zylinders vollständig mit Karbonat beladen, in B, nur milchig getrübt,
in B,, noch völlig klar. Die CO, war also durch B + B, völlig absorbiert
worden.
Ein ausgezeichnetes Mittel zur Absorption von Sauerstoff ist Phos-
phor, der in folgender Weise in die Stangenform gebracht wird, welche
die Methode erfordert. Er wird im Wasserbade bei einer Temperatur
Fig. 35. Apparat von Reiset.
1) Nach W. Hempell. o.p. 97.
7*
100 V. Kohlensäureassimilation.
von ca. 50 0 C unter Wasser in einer Eprouvette geschmolzen, so daß er
darin eine 6 cm hohe Schicht bildet. Sodann taucht man eine möglichst
konische Röhre von 2—3. mm lichtem Durchmesser mit ihrem weiteren
Ende in den Phosphor, schließt hierauf die andere Seite mit dem Finger,
hebt die Röhre aus dem Phosphor und führt sie in ein bereit gehaltenes
Glas mit kaltem Wasser. Der Phosphor erstarrt und kann meist durch
leichtes Klopfen oder durch einen dünnen Draht aus der Röhre heraus-
geschoben werden. Die Phosphorstangen P werden zweckmäßig in das
abgebildete, von mir konstruierte Gefäß (Fig. 36) gebracht und halb mit
Wasser bedeckt. Durch eine Drehung des mit einem CaCl,-Rohr R
kommunizierenden durchbohrten Hahnes wird die Verbindung mit dem
Kulturraum hergestellt, und das Gas kann mittels eines Aspirators oder
einer Pumpe durchgesaugtwerden. Das Vorhandensein und Absorbiert-
werden von Sauerstoff erkennt man besonders im dunkeln Raume am
Leuchten der Phosphorstangen, aber auch bei Tageslicht sieht man bei
halbwegs größeren Sauerstoffmengen Rauchwolken vom Phosphor auf-
steigen oder die über das Wasser emporragenden Stücke sich entzünden.
Das angeschmolzene CaCl,-Rohr fängt die
Feuchtigkeit aus dem Absorptionsgefäß
auf, so daß man die Menge des absor-
bierten Sauerstoffs auch durch Wägung
des Absorbators, den man sehr gut auf
die Wage stellen kann, zu bestimmen
vermag. Ein Vorteil des Apparates be-
steht auch darin, daß er, lichtgeschützte
Aufbewahrung vorausgesetzt, zu einer
sroßen Reihe von Bestimmungen dienen
kann. Dort, wo es sich um Demon-
stration des bei der Assimilation -ent-
Eis. 88: Absorptisrufeiiß Dach Graf wickelten Sauerstoffs handelt, verwendet
= zur Kheorilion ven Baden 4 man am besten Wasserpflanzen und
fängt den von diesen im Lichte ent-
wickelten und aus dem Wasser in Blasen emporsteigenden Sauerstoff
in einem geeigneten Gefäße auf. Eine Anzahl von Stämmchen von
Elodea canadensis wird an der Basis mit einer scharfen Scheere durch-
schnitten, damit die oft durch Schleim und Bakterien verklebten Enden
der Gasentwicklung kein Hindernis bieten und mit den glatten Enden
nach oben unter einem geräumigen Trichter in Wasser gebracht (Fig. 37 b),
dem man zweckmäßig zur Erhöhung des CO,-Gehaltes noch eine kleine
Menge Sodawasser zufügt. Die Schnittfläche soll nicht zu dicht an einer
Verzweigungsstelle liegen. Das Wasser muß einige Zentimeter über das
Rohrende des Trichters ragen, welches mit einer wassergefüllten Eprou-
vette überdeckt wird. Stellt man nun die Apparatur in helles Licht,
(man kann Auerlicht verwenden) so kann man alsbald aus den offenen
Enden der Elodeastämmchen Gasblasen austreten sehen, welche sich,
das Wasser in der Eprouvette verdrängend, in dieser ansammeln. Hebt
man dann das Proberöhrchen vorsichtig, so daß keine Luft eindringen
kann, und unter Verschluß mit dem Daumen ab, so kann man mit Hilfe
eines glimmenden Spanes, der durch Sauerstoff zu lebhaftem Glühen an-
geregt wird, das Vorhandensein dieses Gases in der Eprouvette erkennen.
Man kann auch direkt in zwei mit Wasser gefüllte Zylinder je eine
Handvoll Cladophors geben und den einen Zylinder verdunkeln, den
V, Kohlensäureassimilation. } 101
andern belichten. In jenem sinken die Algenfäden zu Boden, in
diesem bleiben sie infolge der sich zwischen ihnen ansammelnden
Gasblasen oben schwimmen. L. und K. Linsbauer benutzen
statt der Eprouvette ein Rohr, welches durch ein enges, mittels Hahnes a
verschließbares Ansatzstück in einen etwas erweiterten Behälter 2
führt, der an seinem oberen Ende einen einfach durchbohrten Pfropfen
als Verschluß trägt. Durch dessen Bohrung geht ein Rohr mit Hahn 5,
welches oben in einen kleinen Trichter endigt. Vor Beginn des Ver-
suches wird bei geschlossenem Hahne a der Behälter 2 mit durch Natrium-
bisultit entfärbter Indigolösung vollgefüllt, sodann der Pfropfen mit dem
Trichterrohre bei geöffnetem Hahn b eingesetzt; es wird etwas Indigo-
lösung über den Hahn b emporsteigen, der sodann gesperrt wird. Das
Triehterrohr soll etwa bis zur Mitte von 2 hinabreichen. Jetzt dreht man
die Eprouvette um, füllt 1 mit Wasser und setzt es unter Wasser auf das
Rohr desmit Wasserpflanzen gefüllten großen
Trichters auf. Das ausgeschiedene Gas
sammelt sich zunächst im oberen Ende von 1.
Um es von hier nach 2 zu bringen, wird 1
unter Wasser mit dem Daumen verschlossen
und die ganze Vorrichtung in ein hohes
wassergefülltes Glas eingetaucht (Fig. 37a),
und hier erst wieder unter Wasserder Daumen
entfernt. Sodann öffnet man den Hahn a.
Da die Spannung des in 1 angesammelten
Gases wahrscheinlich noch nicht ausreicht,
um dieses aufsteigen zu machen taucht man
die Vorrichtung in dem Zylinderglase bis
zum Hahne b und öffnet jetzt auch diesen.
Nun steigen Blasen empor. Dadurch wird
Indigolösung aus 2 verdrängt und im klei-
nen Trichter aufsteigen, während sich 1 ganz
mit Wasser füllt. Jetzt schließen wir wieder
beide Hähne und ziehen die Eprouvette
heraus. Die entfärbte Indigolösung ist nun
wieder blau geworden. Die Indigolösung E
darf natürlich nur mit soviel der reduzieren- X re
den Lösung von Natriumbisulfit versetzt Fie.37. Apparatur nach L. u. K.Lins-
worden sein, daß sie eben entfärbt ist und "auch jur Nemonstration der Saner-
sich, in einer breiten Schale an der Luft 3
ausgegossen, sehr bald wieder blau färbt. Füllen wir eine 200—300 ccm
haltende, luftdicht schließende Flasche bis zum Rande voll mit Indigo-
lösung und entfärben sie durch Zusatz von wenigen Tropfen der Lösung
von Natriumbisulfit, so können wir, wenn vorher einige an einen Glas-
stab gebundene Stämmchen von Elodea in die Lösung gesteckt worden
sind, im Lichte blaue Schlieren von den grünen Pflanzenteilen aufsteigen
sehen, den Weg der Sauerstoffentwicklung anzeigend; im Dunkeln bleibt
natürlich die Lösung ungefärbt. Man kann durch die Blasenmethode
auch direkt zeigen, daß bei Kultur unter blauem Licht, entsprechend
der sistierenden Assimilation wenig, im gelben Licht ebenso wie unter
normalem weißen Licht viele Blasen aufsteigen.
Hoppe-Seyler verwendet zum Sauerstoffnachweis defibri-
niertes Blut. Elodeazweige werden mit verdünntem faulenden Blut
102 V. Kohlensäureassimilation.
in einer Glasröhre eingeschmolzen. Die zunächst sich zeigenden Ab-
sorptionsstreifen des Hämoglobins im Spektroskop verwandeln sich,
wenn durch die Assimilationstätigkeit der Elodea und den dabei ent-
wickelten Sauerstoff das Hämoglobin in Oxyhämoglobin umgewandelt ist,
in die Absorptionsstreifen des Oxyhämoglobins. Engelmann geht
folgendermaßen vor: Ein Gefäß mit defibriniertem Rinderblut wird
an die Wasserpumpe angeschaltet und von Sauerstoff befreit. Während
des Auspumpens, welches durch eine Temperatur von 35 ° © unterstützt
wird, schäumt das Blut, als ob es kochte. Das Blut soll in venösem Zu-
stand verwendet und überdies dadurch mit überschüssiger CO, versehen
werden, daß man es in ein mit CO, gefülltes, gut verkorktes Gefäß ein-
schließt. Für die mikroskopische Beobachtung eignet sich am besten
ein einzelnes Blatt von Elodea oder ein Blattstück von Hottonia. Es
wird in einen großen Tropfen Blut gebracht, welches in breiter Schicht
auf dem Objektträger ausgebreitet wurde. Nach 3—4 Minuten im direkten
oder 10 Minuten im diffusen Tageslicht wird das Blut in der Nähe des
Blattstückes bis auf 1,—2 mm hell arteriell rot, und
das arterielle hellrote Blut hebt sich scharf gegen das
dunkle venöse ab. Der Effekt ist am besten unter
schwacher Vergrößerung zu sehen, die hellrote Zone
rings um das Blatt erweckt den Eindruck, als ob eine
Lichtquelle hinter dem Blatt sich befände, welche es
durchleuchtet. Auch ohne mikroskopische Beobachtung
ist die Erscheinung zu sehen, besonders, wenn man das
Ganze über einen Streifen weißen Papieres hält. Man
kann durch abwechselnde Belichtung und Verdunke-
lung des Blattes die Farbenänderung des Blutes wieder-
holt beobachten. Vielleicht die allerbesten Methoden,
um fabelhaft geringe Spuren von Sauerstoff nachzuweisen,
beruhen auf der großen Reaktionsempfindlichkeit der Bak-
terien. Bacterium termo Cohn, das bei der Fäulnis einer
st. Erbse in Wasser auftritt, ist dazu besonders geeignet,
methodezumSauer- aber auch andere Bakterien, Infusorien usw. können ver-
wendet werden. Es empfiehlt sich, Reinkulturen des
betreffenden Organismus zu verwenden und anstatt eines Wassertropfens
eine verdünnte neutralisierte Lösung von Fleischextrakt zu benutzen,
in welcher die Bakterien beweglicher sind als in reinem Wasser. Der
Tropfen soll so stark mit Bakterien beschickt sein, daß er dem bloßen
Auge leicht getrübt erscheint. Ein besonders geringes Bedürfnis nach
Sauerstoff zeigt Spirillum rubrum Esmarch, das demnach zum Nach-
weis kleinster Spuren dieses Gases geeignet ist. Im Dunkeln mit einem
Spirogyrafaden unter dem Deckglas eingeschlossen (Fig. 38), verzehren
die Bakterien den in der Flüssigkeit vorhandenen Sauerstoff und werden
unbeweglich. In einem solchen Präparat sieht man die Mikroorganismen
diffus über den ganzen Raum des Präparates verteilt. Läßt man nun durch
einen Spalt Licht auf das Präparat fallen, das die Assimilationstätigkeit
des eingeschlossenen Algenfadens. und damit die Sauerstoffentwicklung
anregt, sieht man die Bakterien in lebhafte Bewegung geraten und sich
um den Faden drängen, von welchem der Sauerstoff ausgeht, also ihre
diffuse Situation aufgeben. Mit Hilfe der Engelmann schen Methode
kann man die assimilatorische Wirksamkeit der einzelnen Spektral-
farben feststellen, indem man ein mikroskopisches Spektrum in der Ebene
V,. Kohlensäureassimilation. 103
des Objektes entwirft. Das Mikroskop ist in einem Kasten postiert,
der das Seitenlicht abhält, oder man verwendet nach E. G. Prings-
heim eine photographische Plattenschachtel 6x 9, die oben und unten
eine runde Öffnung besitzt und so auf den Objekttisch gesetzt wird,
daß das darin befindliche Präparat von unten beleuchtet wird und von
oben beobachtet werden kann. Die Betrachtung findet in der Dunkel-
kammer mit Hilfe einer geeigneten künstlichen Lichtquelle statt. Engel-
mann verwendet entweder die Methode der simultanen oder die der
sukzedanen Beobachtung. Bei der ersteren wird ein zylindrisches, gleich-
mäßig gefärbtes Objekt, eine Fadenalge oder dergleichen senkrecht
zur Richtung der Fraunhoferschen Linien eingestellt, so daß es
mit sämtlichen Spektralfarben belichtet ist. Die Bakterien beginnen beim
allmählichen Öffnen des Spaltes zuerst da beweglich zu werden, wo am
meisten Sauerstoff produziert wird. Bei einer gewissen Spaltweite
liefert die räumliche Anordnung der Bakterien eine gewissermaßen gra-
phische Darstellung der Assimilationsenergie in den einzelnen Bezirken,
indem sie sich dort am meisten anhäufen und auf die größten Entfernungen
hin beweglich werden, wo am meisten Sauerstoff entwickelt wird. Bei
der sukzessiven Beobachtung wird das Objekt genau in der Richtung
der Fraunhofer schen Linien eingestellt, so daß es monochromatisch
beleuchtet ist. Für jede Wellenlänge muß die Spaltbreite gesucht werden,
bei der die Bewegung gerade anfängt oder aufhört. Auch der Nachweis,
daß nur durch die Chloroplasten Sauerstoff entwickelt wird, läßt sich
durch die Bakterienmethode führen, indem mit Hilfe eines statt des
Beleuchtungsapparates am Mikroskop angebrachten Objektives das
Bild eines hell beleuchteten kleinen Loches in einem undurchsichtigen
Schirm in die Ebene des mikroskopischen Objektes projiziert wird.
Finden sich an einem Objekt chlorophyllfreie Stellen und werden nur
diese beleuchtet, so tritt keine Wirkung auf die Bakterien ein, wohl aber,
wenn der helle Kreis die grünen Stellen trifft, an denen dann die Bak-
terien beweglich werden und sich sammeln. Eine ebenso scharfe Methode
zum Nachweise von Sauerstoff wie die durch Bewegung von Bacterium
iermo ist das Aufleuchten der Kulturen von Bacterium phosphoreum
(Cohn) Molisch , welche auf die geringsten Spuren des Gases reagieren,
unter dem Mikroskop. Molisch konnte mit seinen Leuchtbakterien
zeigen, daß im Exsikkator getrocknete, rauschdürr gewordene Blätter
von Lamium album noch Sauerstoff abgeben, also noch Assimilations-
tätigkeit zeigen, wenn auch natürlich diese Sauerstoffabgabe nichts
mit einer Lebenstätigkeit im engeren Sinne des Wortes (Plasmafunk-
tionen) zu tun hat. A
Gewissermaßen als Übergang zu den quantitativen Methoden sei
die Blasenzählmethode genannt. Die Blasenzählmethode
beruht darauf, daß abgeschnittene Blätter oder Zweige von Wasser-
pflanzen im Licht aus ihren Schnittflächen Gasblasen aufsteigen lassen,
denn der Sauerstoff ist viel weniger löslich in Wasser als die Kohlensäure,
er steigt also, wenn das Wasser an Sauerstoff gesättigt ist, in Form von
Blasen auf. Die Zahl der in einer bestimmten Zeit auftretenden Gas-
blasen kann ein Maß der Assimilationstätigkeit unter verschiedenen
Umständen abgeben, wobei aber die äußeren Bedingungen wie Licht,
Temperatur usw. sehr gleichmäßig gehalten sein müssen, da sich bei
ihrer Veränderung auch die Intensität der Assimilation leicht ändert.
Sind die Interzellularen entsprechend groß wie bei Elodea, Ceratophyllum
104 V. Kohlensäureassimilation.
u.a. Wasserpflanzen, so entweicht das Gas in gleichmäßigen großen Blasen
langsam genug, daß die Blasen gezählt werden können. Mitunter verklebt
sich die Schnittfläche teilweise, so daß die Blasen zahlreich und klein aus-
treten und nicht gezählt werden können, die Schnittfläche wird dann
erneuert. Die Pflanzenstücke werden auch hier, mit der Schnittfläche
nach oben, an einem Glasstab befestigt. Die Schnittfläche darf nicht zu
tief versenkt sein und muß einen konstanten Abstand vom Wasserspiegel
haben, da der Druck des Wassers der Blasenentwicklung entgegenwirkt.
Immerhin zeigt ein und derselbe Pflanzenteil unter denselben äußeren
Umständen durch Stunden eine recht konstante Blasenabscheidung.
Für annähernde Bestimmungen und Vorversuche ist die Blasenzähl-
methode wegen ihrer Einfachheit den volumetrischen Analysen vorzu-
ziehen. Ferner ist man wegen der kurzen Versuchsdauer in der Lage,
natürliches Tageslicht zu benutzen, das während kurzer Zeit als konstant
angenommen werden kann. Mit Recht betont Pringsheim, daß
trotzdem die Beleuchtung mit künstlicher Lichtquelle wird vorgezogen
werden müssen, wo es die Fragestellung erlaubt. Um das relativ schwache
Licht einer Auerlampe zu verstärken, kann man einen großen wasser-
gefüllten Glaszylinder als Linse benutzen und die Pflanze in dessen
Brennstreifen bringen. Man erreicht so gleichzeitig eine Ausschaltung
der ultraroten Strahlen, welche die Assimilation und die Eindeutigkeit
des Versuchserfolges beeinträchtigen. Die Zählung der Blasen wird mit
einer Sekundenstoppuhr oder mittels der akustischen Signale eines
Metronoms vorgenommen, wenn auch natürlich eine gewöhnliche Taschen-
uhr ebenfalls benutzt werden kann. Die Einleitung von Kohlensäure,
um eine gleichmäßige Kohlensäuretension zu bewirken, sollte lieber
vermieden werden, da eine Übersättigung der Kulturflüssigkeit mit Gas
einen von der Assimilation unabhängigen Gasstrom hervorrufen kann.
Das Wasser erschöpft sich, besonders wenn die Temperatur nicht zu
hoch ist, nicht so leicht an Kohlensäure, und eine Gleichmäßigkeit der
Tension wird besser durch längeres vorheriges Stehen im Versuchsraume
erzielt. Große Kulturgefäße, eventuelles öfteres Wechseln des Wassers
beugen diesem Nachteile vor und von Unregelmäßigkeiten überzeugt
man sich dadurch, daß man die Pflanze zeitweise ins Dunkel stellt, wo
normalerweise die Gasblasenentwicklung bald aufhören muß; ist das
nicht der Fall, dann vollziehen sich störende Nebenprozesse. Nach
Angelstein liefert destilliertes Wasser, selbst wenn es mit Kohlen-
säure angereichert ist, sehr geringe Blasenzahlen; besser ist Leitungs-
oder Brunnenwasser, deren Gehalt an Bikarbonaten einen größeren
Vorrat an verarbeitbarer Kohlensäure gewährleistet. Ein weiterer Nach-
teil der Methode ist, daß die Gasblasen wohl kaum jemals bloß aus Sauer-
stoff bestehen, sondern daß diesen immer auch Stickstoff und Kohlensäure
beigemengt ist, so daß unter ungünstigeren Assimilationsbedingungen,
z. B. im Winter, nur ein Viertel des Gasvolumens von Sauerstoff gebildet
wird, anderseits geht bei schwacher Assimilationstätigkeit Sauerstoff
durch Diffusion verloren, so daß mitunter die Gasblasenzählung kein
richtiges Bild der Assimilationsenergie hervorruft. Der größte Nachteil
der Methode ist aber der, daß sie nur bei Wasserpflanzen angewendet
werden kann. Sie leistet Brauchbares, wenn es sich darum handelt,
schnell über die Wirksamkeit verschiedenfarbigen Lichtes, die Brauch-
barkeit irgendwelcher Nährlösungen, die Temperatur- und Helligkeits-
einflüsse ein Bild zu bekommen. Bei Wechsel der Bedingungen hat
V. Kohlensäureassimilation. 105
man darauf zu achten, daß die Beobachtung erst nach einiger Zeit
erfolgen kann, wenn sich die Pflanze an die neuen Bedingungen
gewöhnt hat, daß die Pflanze beim Wechseln von Kulturflüssigkeiten
möglichst unverrückt an ihrem Platze bleibt. Daß die Assimilations-
energie nur im Frühling und Sommer stark genug ist, um die Blasen
zählung sicher zu gestalten, wurde bereits erwähnt. Kohl hat den
Fehler durch wechselnde Blasengröße mikrometrisch auszuschalten ge-
sucht, indem er das Volumen der Gasblase mikrometrisch bestimmte.
Ein Ausschnitt aus einem Elodeablatt samt Stengel wurde auf den
Boden eines kleinen flachen Schälchens gebracht und dort mittels
eines Glasplättehens unter Wasser festgehalten. Die austretende Gas-
blase, die assimilatorisch im Lichte ausgeschieden wird, nimmt annähernd
Kugelgestalt an und aus ihrem mikrometrisch festgestellten Durch-
messer läßt sich das Volumen berechnen.
Die Gasblasenzählmethode kann als Maß
für die Assimilation von Wasserpflanzen
nur bei durchschnittlich mittleren Luft-,
Temperatur-, Kohledioxydmengen aus-
reichen, sie versagt aber, wenn sie auf einen »
weiteren Umkreis von Umständen an-
Fig. 39. Apparat von Blackmann.
gewendet werden soll; ist die Assimilationsgröße gering, so kann
der ganze entbundene Sauerstoff im Wasser gelöst bleiben, es treten
also keine Blasen auf; ist die Temperatur höher, so bestehen die
Gasblasen größtenteils aus anderen Gasen, die physikalisch aus dem
Wasser entweichen, und ist die Kohlensäuremenge des Wassers groß,
so bestehen die Gasblasen größtenteils aus Kohlendioxyd. Diesen Un-
genauigkeiten trägt der allerdings etwas komplizierte Apparat von
Blackmann Rechnung (Fig. 39), in welchem ein kontinuierlicher Wasser-
strom, der Kohlensäure gelöst enthält, über die assimilierende Pflanze
tließt und wo die Differenz im Kohlensäuregehalt des Wassers vor und
nach Kontakt mit der Pflanze ein Maß für die Assimilation abgibt. Die
Pflanze ist in einer Glaskammer eingeschlossen und Temperatur, Luft,
Kohlensäurezufuhr lassen sich genau regeln. Der Strom des kohlensäure-
106 V, Kohlensäureassimilation.
gesättigten Wassers fließt durch seine Schwere aus dem Gefäß A nach der
Kammer mit der Pflanze B (diese erscheint hier nur schematisch im Quer-
schnitt und ist genau in Fig. 43 gezeichnet), die im Wasserbade C befindlich
ist und nach dem Durchströmen der Kammer von hier auf dem Wege
d, Y,n, K von unten in die eine oder andere der beiden 200 cem-Pipetten
D und E und schließlich durch Überfließen von hier in die Meßzylinder
F oder G. Die Wasserpflanze wird in einer flachen, senkrechtstehenden,
an der Stirnseite mit Glas versehenen Kammer von ovalem Umfange
18 cm lang, 11 cm breit untergebracht, deren Rand mit einem schmiede-
eisernen Band von 14 qmm Breite versehen ist; in dieses sind die rück-
wärtige und vordere Glasplatte, welche die Kammer bilden, durch
eine Wachs - Harz - Vaselinmischung fest eingekittet, die rückwärtige
dauernd, die vordere zum Herausnehmen eingerichtet. Die Kammer
enthält ein aus Silberdraht gefertigtes Netz mit 6 mm breiten Maschen,
welches gegen die Rückseite der Kammer lehnt und an welches die Ver-
suchspflanze mit Draht befestigt ist. Alle mit Wasser in Berührung
stehenden Metallteile sind aus Silber und überdies mit Wachs überzogen.
Der Eisenrand der Kammer ist durch das Einlaßrohr b an seinem untersten
und das Auslaßrohr d an seinem höchsten Punkte durchbrochen, nahe
dem letzteren ist eine Öffnung für ein Thermometer zur Messung der
Innentemperatur. Unmittelbar über dem Einlaßrohr befindet sich ein
Siebplättchen, welches die Einlaßöffnung überquert und bewirkt, daß
das einfließende Wasser nicht im Strahl herabfällt, sondern nach allen
Richtungen zerstäubt. Der tatsächliche Abfall des Wasserstromes bei
seinem Weg durch den Apparat ist durch die Niveaudifferenz zwischen
der Mündung des mittleren Rohres der Mariotteschen Flasche A
und der oberen Mündung der Pipetten E und D gegeben, wo das Wasser
überfließt; in der Stunde passieren ca. 300 ccm den Apparat; die Ge-
schwindigkeit des Stromes wird durch die Meßzylinder gemessen, welche
das überfließende Wasser aufnehmen; und jede Unregelmäßigkeit des
Stromes kann durch Heben oder Senken der Pipetten bzw. des Brettes,
an dem sie befestigt sind, bewirkt werden. Das kupferne Wasserbad
wird durch einen Thermoregulator auf konstanter Temperatur gehalten,
in der vorderen Wand des Bades ist ein breites Glasfenster J zur Er-
hellung der Assimilationskammer eingelassen und durch einen starken
Strom kalten Wassers vor der Erwärmung durch den Brenner des Bades
bewahrt. Dieses Kühlwasser befindet sich in dem Glasmantel J—N.
Das CO,-Gas war aus Marmor und Salzsäure entwickelt, gewaschen
und das Wasser durch andauerndes Schütteln mit dem Gas gesättigt.
Die entsprechend verdünnte CO,-Lösung wurde in die Flasche A ein-
gefüllt, von wo sie durch das Rohr b nach der Kammer B abfließt. Da-
durch wird durch die mittlere Röhre V Luft in die Flasche eingesogen
und nach dem Prinzip der Mariotteschen Flasche ist der Betrag
des ausfließenden Wassers konstant und unabhängig von dem Niveau
der Flüssigkeit in der Flasche. Um die eintretende Luft mit ebensoviel
Kohlensäure zu beladen, wie die Lösung in der Flasche enthält, passiert
diese vor dem Eintreten den Kohlensäureentwickler S, in welchem Salz-
säure bestimmter Stärke zu Marmor tropft, um den Entwickler bei T
als neutrale Flüssigkeit zu verlassen. Der größte Vorteil der ganzen
Methode beruht in der Bestimmung des Betrages der gelösten Kohlen-
säure in einer Probe der Flüssigkeit, die von A zur assimilierenden Pflanze
nach B fließt und in einer Probe der nach D oder E nach dem Kontakt
V. Kohlensäureassimilation. 107
mit der Pflanze abfließenden Flüssigkeit. Es werden immer Proben
von 200 cem benutzt und für die erste Prüfung aus der Zuflußflasche
durch die Röhre m in die 200 cem-Pipette W zu einer bestimmten Zeit
abgezogen, für die zweite Probe 200 ccm der Flüssigkeit in D oder E.
Der Dreiweghahn K und die Ausschaltung der Kautschukverbindung
bei h oder i gestattet den überfließenden Wasserstrom in die eine oder
andere Pipette zu lenken, um Proben zu entnehmen. Die Prüfung ge-
schieht maßanalytisch durch Zufügung einer bestimmten Menge titrierter
Barytlösung zur Absättigung der Kohlensäure und Rücktitrieren des
Überschusses durch gestellte Salzsäure. Die durch das Abziehen der
Flüssigkeit leer gewordene Pipette muß, damit die Zirkulation des Stromes
nicht gestört werde, mit einer anderen Flüssigkeitsmenge gefüllt werden,
das geschieht aus dem Flüssigkeitsreservoir X mit Wasser, welches
ca. 7%, Alkohol und etwas Methylenblau enthält. Das geringere spezi-
fische Gewicht dieser Flüssigkeit ermöglicht es, dieselbe in die Pipette
bis zum Rande des einfließenden Stromes der eigentlichen Flüssigkeit
einzufüllen, ohne sie damit zu mischen. Die verschiedene Farbe ermöglicht
es überdies, die beiden auseinander zu halten und zu beurteilen, wann
die Zusatzflüssigkeit abgeflossen ist, worauf eine neue Analyse ein-
setzen kann. Wenn der Inhalt beider Pipetten, sobald die blaue Flüssig-
keit völlig übergetrieben worden war, für die Analyse abgezogen wurde,
kann die Flüssigkeit der ganzen Kammer schließlich auf ihren CO,-Gehalt
untersucht werden. Wenn der Strom 300 ccm pro Stunde fördert und
jede Pipette 200 ccm faßt, kann alle 40 Minuten eine Analyse ausgeführt
sein. In der Praxis ist eine Analyse pro Stunde genügend, die restlichen
20 Minuten tropft die Lösung unbenutzt in die Meßzylinder. Sowohl bei
infolge höherer Temperatur starker Assimilation als bei Überschuß an
CO, entwickeln sich große Gasblasen, welche niemals allein aus Sauer-
stoff bestehen und demnach ein unrichtiges Bild von der Assimilations-
intensität geben würden; aber auch die Verminderung der Kohlensäure
würde kein richtiges Maß geben, weil Kohlensäure aus der Kulturlösung
physikalisch in die Blasen hineindiffundiert. Dieser physikalische Ver-
lust muß also in Rechnung gezogen und vom physiologischen Kohlen-
säureverbrauch abgezogen werden. Zu diesem Zweck werden die von der
Pflanze abgegebenen Gasblasen von der Flüssigkeit getrennt, gesammelt
und zu Zeiten mittels des Ventils bei Y und des GassammlersZ aufgefangen.
Der Wasserstrom geht nach Verlassen der Assimilationskammer bei d
unmittelbar durch die hohle Metalltrommel Y, welche auf dem Wege
nach dem Ausflußrohr n liegt. Diese Trommel enthält die Auslaßröhre e,
durch welche das über das Wasser aufsteigende Gas, und nur dieses
allein, nach dem Gassammelgefäß g abgezogen wird. Z ist mit einem
Quecksilbergefäß in Verbindung, das gesenkt wird, so daß durch / eine
starke Saugung geübt wird, die das Gas nach dem Ventil am oberen
Ende der Trommel treibt. In der Trommel befindet sich ein sehr leichter,
hohler Metallschwimmer; ist die Trommel voll Wasser, dann schwimmt
der Schwimmer so hoch als möglich empor und drückt eine kleine, an
einem geölten Seidenfaden beweglich aufgehängte Metallscheibe gegen
die Kante des Auslaßrohres und verhindert so irgendein Entweichen
von Wasser in der Richtung ef. Wenn eine bestimmte Gasmenge aus
der Kammer aufgefangen worden ist, sinkt der Schwimmer durch sein
eigenes Gewicht, und die Scheibe fällt und gestattet ein Aussaugen
des Gases durch e, bis das steigende Wasser Schwimmer und Scheibe
108 V, Kohlensäureassimilation.
wieder emportreibt. Vom Empfänger Z aus wird durch Drehen des
Hahnes f und Heben des Quecksilberreservoirs das Gas durch das
Seitenrohr in ein Eudiometer zur Analyse übergeführt, wo durch Be-
handeln mit KOH der absolute Betrag gasförmiger Kohlensäure, die
aus dem Wasserstrom physikalisch entwichen ist, bestimmt und zur
Korrektur benutzt wird.
Beispiel!): Die Assimilationsgröße von kräftigen Elodeazweigen
bei einer Belichtung —= 5,7, einer Temperatur von zirka 20 ° C und einer
Kohlensäurezufuhr von zirka 0,03 % (zirka t/,-Sättigung) wurde be-
stimmt. Auf das Silbernetz wurde ein dichter Belag der Elodeazweige
gelagert und mit Wollfäden daran befestigt. Das Glasfenster wurde
dann sorgfältig in die Metallfassung eingedichtet. Nachdem die Kammer
in dem vorher auf die Versuchstemperatur gebrachten Wasserbad schräg
befestigt ist, wird aus A die bereits vorbereitete Kohlensäurelösung
durchgeleitet, indem das Auslaßrohr e gerade oberhalb des Ventils Y
ausgeschaltet und gesaugt wird, bis die Lösung zuerst die Kammer,
dann das Ventil und die Röhren füllt. Sobald der zu einer der Pipetten
E oder D führende Hahn R gedreht wird, beginnt der Strom. Natürlich
enthält erst nach einiger Zeit, mindestens nach einer Stunde, die Pipette
die volle Menge des Versuchsendproduktes, so daß erst dann zur Analyse
geschritten wird. Die Pipette wird zuerst mit der blauen Flüssigkeit
gefüllt, und erst eine Stunde nach dem Abfließen dieser wird der Ver-
such angestellt. Die Kohlensäure in 200 ccm der von D ablaufenden
Flüssigkeit entspräche 22,18 ccm . HCl im Abfluß und 26,31 ccm im
Zufluß, so sind 4,13 cem en HCl für die verbrauchte Kohlensäure ent-
fallen. Als Mittel von sieben Versuchen ergab sich für den 200 cem
entsprechenden Zufluß 25,79 cem e HCl, der korrespondierende Be-
trag des Abflusses war 19 ccm. Daher beträgt der Durchschnittswert
n
der Kammer 11,20 ccm 10 HCl per 100 cem Flüssigkeit — 0,0279 % CO,
(l cem n HCl = 0,00 249 g CO,). Die Differenz zwischen Zu- und Ab-
fluß gibt das Maß an Kohlensäure, das aus der Kammer verschwunden ist
(durch Assimilation), d. i. 6,79 ccm m HCl = 0,01 693 g CO, pro 200 ccm
der Lösung, und diese Zahl muß pro Stunde berechnet und in bezug
auf die Gasblasen und die Atmungsgröße korrigiert werden. Das Ge-
wicht der in der Kammer pro Stunde verschwundenen Kohlensäure
M 216,5
ist 0,01 693
blasen aufgefangenen Gasmenge war 37,3 ccm, wovon 4,8 ccm sich als
CO, erwiesen, entsprechend 1,3 ccm CO, pro Stunde = 0,00 239 g CO,
(1 ccm CO, wiegt 0,00 184 g). Die Atmung wurde in einem parallelen
:0,02 679 g. Das Volumen der in Form von Gas-
ı)F. Blackmann and M. Smith, Experimental Research on
Vegetable Assimilation and Respiration VIII, A New Method for Estimating
the gaseous Exchanges of Submerged Plants. Proceed. of the royal Society,
B Vol. 83 (1911).
V. Kohlensäureassimilation. 109
Dunkelversuch durch Trockengewichtsabnahme bestimmt und pro 1 g
Elodea die Entwicklung von 0,00 125 g CO, pro Stunde, also für die
verwendeten 1,955 g Elodea die Entwicklung von 0,00 244 g CO, pro
Stunde gefunden. Wir haben jetzt alle Daten, um die wirkliche
Assimilationsgröße der verwendeten 137 ccm Elodea unter den genannten
Versuchsbedingungen zu bestimmen:
CO, in der Kammer pro Stunde verschwunden. . . . 2.2... 0,0268
eur m Form von Gasblasen entwichen .. . 2 ........%. 0,0024
Assimilation bestimmt zu 0,0244
Siaumoskohlensäure bei 200930... 2.2. 2 2 222 8% 0,0024
Wirkliche Assimilationsgröße 0,0268
Eine einfachere Versuchsanstellung (Fig. 40) beschreibt Kniep!): Die
Pflanze, ein Elodeasproß, wird in eine Kuvette gebracht, welche mit filtrier-
tem Wasser vom Standort der Pflanze gefüllt ist. Die Wasseroberfläche
in der Küvette X wird mit der 0,5 cm starken Schicht Olivenöl P be-
deckt. Darauf befindet sich der Korkschwimmer S, durch den ein kurzes
Glasrohr geführt ist, das einerseits in die
Luft, nach unten zu ins Wasser hineinragt.
Vor dem Versuch wird in eine Flasche
von bekanntem Inhalt mit Hilfe des Hebers
H Wasser abgefüllt und diese nach kurzem
Durchspülen mit eingeschliffenem Glas-
pfropfen gut verschlossen. Dasselbe ge-
schieht unmittelbar nach jedem Versuch,
wobei man vorher durch vorsichtiges Um-
rühren für eine gleichmäßige Verteilung
des im Wasser gelösten Sauerstoffs gesorgt
hat. Der im Wasser gelöste Sauerstoff
wird in beiden Flaschen nach dem Ver-
fahren von L. W. Winkler jodometrisch | |
Fig. 40.
Versuchsanstellung
von Kniep.
bestimmt: in die Flasche bringt man durch
eine bis auf den Boden derselben reichende
Pipette 1 ccm jodkalihaltige Natronlauge
(100 ccm reinster Natronlauge vom spe-
zifischen Gewicht 1,35 g werden mit
10 g Jodkali versetzt, die so erhaltene Flüssigkeit darf beim An-
säuern mit verdünnter Salzsäure Stärkelösung nicht sofort bläuen
und Karbonate nicht in größeren Mengen enthalten) und fügt sofort
l ccm Manganchlorürlösung hinzu, die man durch Auflösen von 400 g
MnCl, + 4H,O in 1000 ccm Wasser erhalten hat, verschließt, schüttelt
und läßt stehen, bis sich der entstandene Niederschlag von manganiger
Säure abgesetzt hat; dann trägt man mittels einer langgestielten Pipette
3 ccm rauchende Salzsäure ein, verschließt und schüttelt von neuem;
der Niederschlag löst sich unter Ausscheidung einer äquivalenten Menge
Jod, die mit - Natriumthiosulfatlösung gegen Stärkekleister titriert
wird. 1 ccm der Thiosulfatlösung entspricht 0,0 007 984 g — 1,11 955 ccm
Sauerstoff von 0° und 760 mm Barometerstand. Ferner muß das
1) H. Kniep, ‚Photosynthese‘ im Handwörterbuch der Naturwissenschaften,
Jena 1912.
110 V. Kohlensäureassimilation.
in Blasenform ausgeschiedene Gas analysiert werden. Bei konstantem
Licht bleibt der Blasenstrom und dessen Zusammensetzung konstant,
daher ist nur von Zeit zu Zeit eine Analyse durchzuführen; das
kann mit Hilfe des Mikroanalysators von Krogh geschen (Fig. 41). Der
untere Teil E des Apparates von Krogh wird in das Rohr des Schwimmers
eingeführt, nachdem hier mit einer Wasserstrahlpumpe die Olschicht abge-
saugt worden ist. Nachdem eine genügende Gasmenge aufgefangen ist, wird
der Apparat entfernt und das Gas sofort analysiert. Das in E aufgefangene
Gas wird durch Zurückdrehen der Schraube S in das Kapillarrohr gesaugt
und hier das Volumen abgelesen. Darauf wird das in E befindliche
Wasser durch alkalische Pyrogallollösung ersetzt und das Gas nach E
zurückgebracht; hier findet die Sauerstoffabsorption
statt, worauf im Kapillarrohr neuerdings das Volumen
bestimmt wird. War das Gas bloß Sauerstoff ‚so muß
jetzt das Gasvolumen völlig absorbiert sein, anderen-
falls ersetzt man das Pyrogallol in E durch Kalilauge
und läßt wieder absorbieren oder bezieht die Diffe-
renz direkt auf Kohlensäure. Die das Kapillarrohr
umgebende Hülle enthält Wasser zur Konstanterhal-
tung der Temperatur; die obere Öffnung des Appa-
rates dient zu dessen Reinigung. Das Kapillarrohr
s®% hat eine Länge von 20 mm, was einem Volumen von
l cem entspricht. Die Verschiebung der Gasblase
geschieht vermittels der
in Quecksilber tauchenden
Schraubvorrichtung, zur Er-
leichterung der Ablesung
kann man eine 6—8 fach
vergrößernde Linse benut-
zen, die in einem oben
zugeschärften rechteckigen
Holzklotz halb eingelassen
ist, um so immer bei hori-
zontalem Stand ablesen zu
können. Es kommt beson-
Fig. 41. Apparat von Fig. 42. Mikrorespirometer von ders darauf an, die Meß-
rogh. Be kapillare möglichst rein zu
erhalten. Zu diesem Zweck steckt man sie in die eine Bohrung eines
Kautschukstöpsels, welcher auf eine Flasche paßt, und in dessen
anderer Bohrung ein Glasrohr steckt, das zur Wasserstrahlpumpe
führt. Man läßt von oben starke Schwefelsäure oder ein Gemisch
von Kaliumbichromat und Schwefelsäure einfließen und saugt nach
unten durch; damit das seitliche Ansatzstück und das darin befindliche
Wasser und Quecksilber nicht mit der Säure in Berührung komme,
hat man zuvor ein Luftbläschen als Abschluß dazwischen geschaltet.
Ein Apparat zur Messung sehr kleiner Gasquantitäten ist durch
das ‚„‚Mikrorespirometer‘ (Fig. 42) repräsentiert (Thunberg). Zwei kleine
Gasflaschen von 2—3 cem Inhalt sitzen an den Seitenteilen des ver-
zweigten Kapillarrohres durch Schliff fest. An dem Rohr sind zwei
T-Hähne, der Mittelteil ist ungeteilt und führt einen Petroleumtropfen
von 3 mm Länge als Index, dessen Wanderungen Änderung im Druck
innerhalb der Flaschen anzeigen. Der Apparat steht zur Konstant-
V. Kohlensäureassimilation. 111
erhaltung der Temperatur bis über die Schliffe in Wasser. Um den
Sauerstoffverbrauch, z. B. beim Atmungsprozeß zu zeigen, wird der
Boden der Gefäße mit Kalilauge bedeckt und in eine Flasche das Organ
gebracht; ist keine Kalilauge darin, so zeigt die Wanderung des Tropfens
Steigen und Fallen des respiratorischen Koeffizienten an. Zur Be-
stimmung der Assimilation bringt man auf den Boden der Flasche
ebenso alkalische Pyrogallollösung. Bei allen diesen Versuchen ist zu
beachten, daß die starke Kalilauge des Pyrogallols natürlich auch
Kohlensäure absorbiert, was einen Fehler bedingt.
Schließlich kann man die Sachssche Blatthälftenmethode bei Land-
pflanzen anwenden, mit welcher man die durch Assimilation hervorgerufene
Zunahme des Trockengewichtes bestimmt. Die Blätter werden vor dem
Versuche von der Pflanze abgetrennt, damit kein Verlust durch Ableitung
der Assimilate geschehe, und dann aus einer Blatthälfte ein Stück heraus-
geschnitten, dessen Trockengewicht genau
bestimmt wird; nach dem Versuch wird
das Trockengewicht eines genau gleich großen
Stückes aus der anderen Blatthälfte fest-
gestellt und die Differenz auf die Pro-
duktion der Assimilate bezogen.
Um die Abhängigkeit der Kohlensäure-
assimilation von der Temperatur zu zeigen,
hat Blackmann!) einen Apparat kon-
struiert, der es ermöglicht, alle in Betracht
kommenden Verhältnisse sehr konstant zu
erhalten. Die abgeschnittenen Blätter wer-
den in eine flache Glaskammer (Fig. 43) ein-
gesetzt, durch deren rückwärtige Scheibe die
Drähte vom Thermoelement am Blatt zum
Galvanometer laufen. Die Kammer ist auf-
recht auf einem Holzrahmen montiert und
dieser wird in einen rechteckigen, mit
Wasser gefüllten Präparatenzylinder ein-
gesetzt, welcher oben mit einem passenden
Korkstück verschlossen ist. Durch ent-
sprechende Bohrungen des Korkes ziehen Fig. 43. Pflanzenkammer von Black-
die Luftstromröhren von dem CO,-Erzeuger Apparat Fig. 39 Verwendung findet.
nach der Kammer (A) und von der Kammer
nach den Pettenkoferröhren (B); die engen Schläuche E und F an
der Rückwand enthalten die elektrischen Drähte. Ferner ist die Röhre C
vorhanden, die von der Wasserleitung auf den Boden des Wasserbades
führt und breit genug ist, um eine lebhafte Wasserzirkulation zu er-
möglichen. Die Löcher DundG dienen zum Ausfließen des ins Wasserbad
einströmenden Wassers respektive für das die Badtemperatur messende
Thermometer. Der durch A einströmende Luftstrom zieht durch ein
Dreiwegglasrohr, damit er die Badtemperatur annehmen kann, das
Ende H dieses Systems von Glasröhren kann geöffnet werden, um
Wasser einzulassen, welches das Blatt benötigt. Der Luftstrom geht
ı) F.Blackmannand G.Matthaei, Quantitative Study of Carbon-
Dioxide Assimilation and Leaf-Temperature in Natural Illumination. Proceed.
of the Royal Soc. Vol. B. 76, 404 (1905).
112 V. Kohlensäureassimilation.
nach Verlassen der Kammer durch ein Chlorkalziumrohr, um hier ge-
trocknet zu werden. Das ganze Bad samt der Glaskammer kann an
einem Scharnier in einen innen geschwärzten Behälter horizontal oder
vertikal oder in jede beliebige Stellung umgelegt werden. Das Wasser-
bad wird infolge der Notwendigkeit, verschiedene Lagen einzunehmen,
nicht direkt durch einen Brenner, sondern mittels eines vorgewärmten
Wasserstromes geheizt, eventuell bei Sonnentemperatur durch kaltes
Wasser entsprechend abgekühlt. Die Temperatur, welche das Blatt
durch natürliche oder künstliche Beleuchtung während der Assimilation
erreicht, wird thermoelektrisch gemessen. Für die Versuche im Freien
war das abgeschnittene Blatt an seinen Rändern an einem kleinen,
dünnen, rechteckigen Brettchen befestigt, das mit seinem unteren Rande
drehbar an einem starken Horizontalbalken befestigt war. Das Brettchen
besaß eine ovale Öffnung, etwas kleiner als das Blatt, und über diese
war das Blatt gespannt. Der Blattstiel tauchte in ein kleines
Wassergefäß im Holzbalken und blieb im Wasser, welche
Stellung auch das Brettchen am Balken einnehmen mochte.
In die Mittelrippe des Blattes war ein Thermoelement eingesenkt,
und die freien Drahtenden hingen
in Quecksilbernäpfe herab, die sich
beiderseits des Wassergefäßes be-
fanden. Durch ein Loch des Bal-
kens war eine Röhre gezogen, die
ein Thermometer und das Kon-
trollthermoelement führteund mit
Wasser von beliebiger Temperatur
gefüllt werden konnte, dabei
sorgfältig vor direkter Sonnen-
bestrahlung geschützt war. Die
beiden Thermosäulen waren einer-
seits miteinander, anderseits mit
dem Galvanometer durch Drähte
verbunden, die zu den Queck-
silbernäpfen im Horizontalbalken
h £: führten.
Man kann aber auch, statt den
abgegebenen Sauerstoff zu be-
stimmen, die Aufnahme der Kohlensäure messen. Pfeffer führt das
in der Weise aus, daß in ein graduiertes, oben kolbig erweitertes Rohr
von 26 cm Länge und 40 ccm Volumen (der erweiterte Teil faßt noch
außerdem 45 ccm) ein Camelia-Blatt mittels eines Holzstäbchens ein-
geführt wurde, nachdem die Blattfläche vorsichtig zusammengerollt
worden war. Am Blattstiel ist ein Draht befestigt, der das Blatt
wieder aus der Röhre herauszuziehen gestattet. Das Rohr taucht unten
in Quecksilber, das zur Vermeidung der schädlichen Quecksilberdämpfe
mit einer Schicht Wasser überlagert ist. Nun wird das ganze System,
nachdem der Luftraum der Röhre mit Kohlensäure gefüllt ist, im Lichte
gehalten; ein Teil der Kohlensäure wird dabei durch Assimilation ver-
braucht. Zieht man nun das Blatt durch das Quecksilber heraus und
läßt statt dessen ein kleines Stück Atzkali aufsteigen, das sich im Wasser
zu Kalilauge löst, so findet eine Asorption der überschüssigen Kohlen-
säure statt. Vor dem Versuch war das Quecksilber durch Saugen an
rd
Fig. 44. Timirazeffs Mikro-Eudiometer.
V. Kohlensäureassimilation. 113
einem seitlichen Ansatz des Rohres auf eine bestimmte Marke eingestellt
worden. Nach Absorption der Restkohlensäure steigt nun das Quecksilber
um einen gewissen Betrag, und aus der Differenz läßt sich unter Berück-
sichtigung des Blattvolumens die Menge der assimilierten Kohlensäure be-
rechnen. Die Absorption sieht man nach 12stündigem Stehen als beendigt
an. Es ist klar, daß diese Methode nur Annäherungswerte geben kann.
Auf die quantitativen Methoden der Gasanalyse kommen wir bei
Behandlung der Atmungsmethodik zu sprechen; es ist selbstverständlich,
daß man diese Methoden auch zur Bestimmung des Gaswechsels bei
der Assimilation verwenden kann. Dort, wo es, wie bei Demonstrationen,
erwünscht ist, Baromelerablesungen, Rechnungen usw. zu vermeiden,
liefert der Apparat (Fig. 45)von Winkler-Hempel befriedigende Werte:
Das zylindrische Gefäß J, welches die assimilierenden Blätter enthält,
ist mit Luft gefüllt, die beiläufig 8 % CO, führt. Dieser Betrag, welcher
innerhalb gewisser Grenzen schwanken kann, muß vor Beginn des Ver-
suches genau festgestellt sein. Das gebogene Rohr ? dient dazu, um
eine Probe des Gases in dem Gefäß J zu entnehmen,
und wenn sie entnommen ist, fließt Wasser durch die
Röhre ! aus dem außerhalb stehenden Glas o in das
eprouvettenartige innen befindliche Behältnis 1. Die
Röhren ? und /! werden jetzt geschlossen und die
Versuchsanordnung 4—5 Stunden hellem Lichte aus-
gesetzt, worauf eine neue Gasprobe entnommen und
analysiert wird. Das eingeführte Wasser absorbiert
wohl etwas von der Kohlensäure und bewirkt einen
Fehler, welcher aber speziell für Demonstrations-
zwecke nicht schwer wiegt. Für die Bestimmung
kleiner Gasquantitäten, die von Wasserpflanzen ab-
gegeben werden, etwa 0,5 ccm und weniger, leistet
Timiriazeffs Mikro-Eudiometer (Fig. 44) gute
Dienste. Der Apparat besteht aus drei Teilen, dem
Eudiometer E, der Pipette P und dem Überträger-
rohr C. Das Eudiometer ist eine Röhre von 5mm wWinkier Hempen
innerem Durchmesser und in !/,.. ccm geteilt. Das
obere Ende ist durch ein 25 mm langes Stück Gummischlauch ver-
schlossen, durch welchen eine Glasstange R gesteckt ist, die als Kolben
dient. Das untere Ende von E ist zu einem kleinen Trichter F erweitert,
um das Eintreten des zu analysierenden Gases zu erleichtern. Der Über-
träger C besteht aus einem gleichmäßig zylindrischen Glasrohr von
10 mm Durchmessser, 20 mm Höhe und zirka 1 cem Volumen, welches
an die Glasstange X als Halter angeschmolzen ist. C wird mit Wasser
gefüllt und so befestigt, daß sich die von der Pflanze aufsteigenden
Gasblasen darin sammeln. Dieses Gas wird dann unter Verschluß mit
dem Daumen in ein Gefäß mit Wasser übertragen, in dem E aufgestellt
ist, worauf man es in den Trichter F am unteren Ende von E aufsteigen
läßt. Der Trichter steht mit dem graduierten Teil des Rohres durch
eine kapillare Einschnürung in Verbindung, so daß das übertragene
Gas in dem Trichter verbleibt. bis es durch Aufdrehen des Glaskolbens R
in das Eudiometer hineingezogen wird. Wenn das Gas an der Einteilung E
gemessen worden ist, wird der Stempel R wieder eingedrückt und die
Gasblasen so wieder in den Trichter F zurückgetrieben. Die Pipette P
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. fe)
114 V. Kohlensäureassimilation.
ist zu einer Birne bei B erweitert und endet in eine gebogene Kapillar-
röhre, die in den Trichter des Eudiometers eingeführt werden kann.
So läßt sich das Gas aus dem Trichter durch Ausziehen des Pipetten-
stempels S von Pin die Pipette hineinziehen (Fig. 47). Zur Bestimmung von
Sauerstoff enthält die Pipette frischbereitete Lösung von Pyrogallol.
Nach 2—3 Minuten wird das Gas in den Trichter zurückgebracht, durch
den Stempel des Eudiometers in dieses hineingezogen und sein Volumen
von neuem bestimmt. Der Unterschied zwischen der ersten und der
zweiten Eudiometerablesung ergibt den Betrag des durch Pyrogallol
absorbierten Sauerstoffs. Die ganze Operation kann so schnell durch-
geführt sein, daß keine Korrekturen für Anderung von Barometerstand
oder Temperatur anzubringen sind. Auf die Assimilation übt die Licht-
farbe einen Einfluß. Wir brauchen bloß einen Elodeasproß unter Glas-
glocken aus verschiedenfarbigem Glas zu setzen, um zu erkennen, daß
die Zahl der Gasblasen in gelbem Lichte größer ist als in blauem, daß
also die Assimilation im schwächer brechbaren Teil des Spektrums am
intensivsten vor sich geht (Fig. 46 und 47). Zur Erzeugung verschieden-
farbigen Lichtes können wir als Sturz im einfachsten Fall eine Kiste mit
herausgenommenen und durch’ Glasplatten ersetzten Holzboden und
-wänden benutzen, welche Glasplatten mit gefärbter Gelatinfolie beklebt
sind, wobei man aber durch schwarze Papierstreifen an den Rändern dafür
sorgen muß, daß die Einstrahlung weißen Lichtes unterbleibt. Oder
aber man stellt die Pflanzen geradezu unter Stürze aus gefärbtem Glas.
Sehr häufig gebraucht sind die Senebierschen Glocken mit Doppel-
wandung, deren Zwischenraum mit einer Lösung von Kaliumbichromat
zur Erzeugung schwächer brechbaren, hauptsächlich gelben Lichtes
oder mit einer Lösung von Kupferoxydammoniak gefüllt ist, das vor-
nehmlich blaue und violette Strahlen durchläßt. Um ultrarotes Licht
zu erzeugen, verwendet man eine gesättigte Auflösung von Jod in
Schwefelkohlenstoff. Aber abgesehen davon, daß die Glocken schwer,
gewöhnlich klein, unhandlich und relativ kostspielig sind, ist es bei
halbwegs unvollkommenem Verschluß der Glocke möglich, daß Dämpfe
des Lösungsmittels mit der Pflanze in Berührung kommen. Die Sene-
bierschen Glocken sind ferner naturgemäß sehr lichtschwach, da doch
eine verhältnismäßig dicke Schicht der absorbierenden Flüssigkeit ver-
wendet werden muß, aber der wesentlichste Nachteil der genannten, im
Laboratorium meistens verwandten Lösungen, beruht darauf,daß durch
sie nicht nur eine Strahlengattung, sondern mehrere, im Extrem
alle, nur mehr oder minder stark absorbiert, durchgelassen werden,
woraus bedeutende Beobachtungsfehler resultieren. Um monochromati-
sches Licht zu haben, verwendet man ‚Strahlenfilter‘, durchsichtige,
gefärbte Medien, welche von dem gemischten weißen Licht den größeren
Teil absorbieren, homogenes Licht von einer bestimmten Farbe aber
durchlassen. Für höhere Pflanzen ist die ideale Methode zur Erzeugung
monochromatischen Lichtes, die spektrale Zerlegung durch ein Prisma
oder die Verwendung monochromatischer Flammen ausgeschlossen, weil
es, abgesehen von der Schwäche des so erzeugten Lichtes, unmöglich
ist, eine größere Fläche damit zu bestrahlen. Ein absolut monochro-
matisches Licht ist aber freilich durch Strahlenfilter auch nicht zu
erhalten, es werden immer Lichtarten verschiedener Wellenlänge durch-
gelassen, daher können sie nur in solchen Fällen verwendet werden, wo
es nicht darauf ankommt, Licht einer einzigen Wellenlänge zu erzeugen,
V. Kohlensäureassimilation.
115
was übrigens auch bei der spektralen Zerlegung nicht vollkommen
realisiert und auch nicht nötig zu sein pflegt.
Für Rot wird zu diesem
Zweck gewöhnlich das rote Rubinglas verwendet, zur Erzeugung von
Blau, da es keine mono-
chromatischen blauen Glä-
ser gibt, die Lösung von
schwefelsaurem Kupfer-
oxydammoniak. Nagel!)
hat eine ganze Reihe von
Rezepten zur Herstellung
gefärbter Lichtabsorptions-
flüssigkeiten gegeben, Lö-
sungen, welche aus ge-
bräuchlichen Reagenzien
des Laboratoriums rasch
und bequem herzustellen
sind und sich, in ver-
schlossenen Flaschen auf-
bewahrt, mindestens wo-
chenlang halten. Die Far-
benkombinationen sind so
gewählt, daß die Sub-
stanzen sich in einem ein-
zigen Trog mischen lassen,
ohne Niederschläge zu
geben; sie können also mit
Sicherheit in doppelwan-
digen Glasglocken zur Ver-
wendung kommen.
unter Kontrolle mit
einem Spektroskop her,
was rascher und be-
quemer geht, als wenn
man die Substanzen
vorher genau abwägen
wollte. Die nun folgen-
de Beschreibung ist ge-
nau dem Original ent-
nommen:
BeRot:,- Die „roten
Überfanggläser (Rubin-
gläser), die in sehr ver-
schiedenen Nuancen her-
gestellt werden, verkür-
zen das rote Spektral-
ende wenig oder gar
nicht. Gegen die kürzer-
Dort,
stimmten einfarbigen Lichtes handelt,
TISE
/ & N
E . \
een
aM I
750 500 450
>77]
ne >. 600
Fig. 46. Assimilationskurve nach Reinke über dem Absorp-
tionsspektrum lebender Blätter. Das Maximum der ausgeschie-
denen Glasblasen liegt im schwächer brechbaren Spektralanteil
zwischen den Linien BC, während in der folgenden Fig. 47, der
Engelmannschen Kurve des aufgenommenen 002 (gestrie helt)
und. abgegebenen 0» (punktiert) unter diesem Maximum noch
ein zweites in der blauen Spektralhältte bei # liest.
wo es sich um Erzeugung eines genau be-
führt man die Mischung stets
Jr
WSt
70
420
wellige Seite erstreckt sich der durchgelassene Bezirk bei den helleren
Sorten bis nahe zur Linie D, bei den dunkleren bis in die Mitte zwischen
1) W.A.Nagel, Über flüssige Strahlenfilter, Biolog. Zentralbl. 18, 649 (1898).
8*
116 V. Kohlensäureassimilation.
C und D. Für photographische Zwecke wird eine Glassorte hergestellt,
die aus blaßblauem Kobaltglas mit rotem Überfang besteht; sie absorbiert
die orangefarbigen Strahlen ebenso wie das gewöhnliche Rubinglas,
welches aber merklich stärkere Nuance besitzt. Bei gleich großem durch-
gelassenem Spektralbezirk ist das Rot bei den genannten Gläsern etwas
lichtstärker als bei den gewöhnlichen, allerdings noch lange nicht so
lichtstark wie bei einigen flüssigen Strahlenfiltern. Es gibt rote Flüssig-
keiten, die bei gleichem Umfange des durchgelassenen Spektralbezirkes
heller erscheinen als die Rubinscheiben. Als besonders verwendbar sind
die Karmin- und Cochenillefarben bekannt; am besten eignet sich die
für mikroskopische Färbungen beliebte Lithionkarminlösung, die schon
in 1 mm dicker Schicht reines Rot liefert, in 1, mm dicker Schicht Rot
mit einem Teile des Orange. Stellt man eine Verdünnung dieser Lösung
her, welche nach dem bloßen Augenschein einer gewöhnlichen Rubin-
glasscheibe mittlerer Helligkeit vollkommen gleicht, so findet man
spektroskopisch nur Rot, kein Orange wie bei jener, das Rot aber dafür
ganz erheblich heller.
Orange: Eine Flüssigkeit einheitlicher Art, welche nur Orange
durchläßt, ist nicht bekannt. Die Lösung des Anilinfarbstoffes Orange
läßt auch Rot durch, die orangefarbige Lösung von Kaliumbichromat
bei 1 cm Schichtdicke Rot, Orange, Gelb, Gelbgrün. Ein mono-
chromatisches Orange läßt sich dagegen durch Mischung gewinnen.
Zu einer Flüssigkeit, die nur rote und orangefarbene Strahlen durch-
läßt, zu wässeriger Safraninlösung, setzt man Kupferazetat, welches
Rot absorbiert. Am besten bereitet man eine nicht ganz gesättigte
Lösung von Kupferazetat, setzt ein paar Tropfen Essigsäure zu und
alsdann tropfenweise so viel starke Saffraninlösung, bis das Spektroskop
das reine Gelb ausgelöscht zeigt. Der sichtbare Streifen beginnt dann
etwa bei der Linie C und endigt bei D, hell erscheint aber nur das
eigentliche Orange, etwa von der Wellenlänge 640—600 vu. Die Schicht-
dicke kann, wenn man das Kupfersalz konzentriert nimmt, ein wenig
unter 1 cm heruntergehen. Die Lichtstärke dieses Strahlenfilters ist
ein wenig geringer als die eines rein roten, durch Lithionkarmin ge-
bildeten.
Gelb: Ein Strahlenfilter herzustellen, das nur Gelb durchläßt,
ist deshalb ganz besonders schwer, weil das Gelb von allen Farben im
Spektrum weitaus den kleinsten Bezirk einnimmt und sogleich in Orange
und Gelbgrün übergeht. Es ist bis jetzt unmöglich, eine Kombination
zu finden, die das Gelb annähernd rein und doch in seiner Intensität
wenig abgeschwächt gibt. Will man dagegen einen schmalen orange-
gelben und einen ebensolchen grüngelben Saum mitnehmen, also etwa
die Region 620—570 un, so ist ein derartiges Strahlenfilter leicht her-
zustellen, auch ohne daß man, wie Landolt tut, drei Tröge hinter-
einanderschaltet. Man kommt mit einer einzigen Schicht von 1 cm
Dicke aus. Zu diesem Zweck löscht man wiederum durch gesättigte
saure Kupferazetatlösung das Rot und die rötere Hälfte des Orange aus,
alsdann durch Einträufeln gesättigter wässeriger (mit Essigsäure ver-
setzter) Lösung von Orange G (Grübler) die ganze stärker brech-
bare Seite bis auf einen Rest des Gelbgrün. Die so erhaltene Lösung
sieht braun aus und ist etwa ebenso hell wie die orangefarbene; sie hält
sich nicht lange.
Grüngelb undgelbgrün: Diese Farben lassen sich isoliert
V. Kohlensäureassimilation. 67
mit solcher Lichtstärke herstellen wie keine andere Farbe. Kombination
von Kupferazetat und Kaliumbichromat dabei wird verwendet. Am
besten kocht man in einer mit Essigsäure angesäuerten gesättigten
Lösung von Kaliumbichromat Kristalle des Kupfersalzes im Überschuß.
Nach dem Erkalten filtriert man. Das Kupferazetat absorbiert das
Rot und fast alles Orange, einen schmalen Teil des letzteren sowie das
reine Gelb sieht man ganz dunkel, dann aber das Grüngelb intensiv hell,
von 580 un an etwa bis 530, oder bei dickerer Schicht (1,2—1,5 cm)
bis 560 un. Statt des Bichromats kann man auch Pikrinsäure ver-
wenden und bei deren Kombination mit Kupferazetat den Spektral-
bezirk 580-520 sehr lichtstark erhalten (Schichtdicke 1 em). Ein halt-
bares Gelbfilter hat E. Pringsheim!) in Methylorange gefunden,
welches ein dem Kaliumbichromat sehr ähnliches Absorptionsspektrum
besitzt. Erprobt man unter spektroskopischer Prüfung die hellste,
bei der gewählten Schichtdicke gerade noch bis zum Grün absorbierende
Lösung, so erscheint das durchfallende Licht fürs Auge noch sehr hell.
Noch bequemer aber sind für die meisten Zwecke gelbgefärbte Gelatine-
platten: man reinigt möglichst weiße Glasplatten, z. B. von alten photo-
graphischen Platten, mit einer Lösung von Kaliumbichromat in kon-
zentrierter Schwefelsäure, spült sie unter der Wasserleitung und läßt
sie, mit der zu beschickenden Fläche nach unten schräg auf Fließpapier
gestellt, trocknen. Jedes Stäubchen ist auf der späteren Schichtseite
zu vermeiden, auch bedingt die gründliche Reinigung, besonders von
Fett, das Haften der Gelatineschicht. Nun löse man in’'einer beinahe
gesättigten, tiefrotbraunen, filtrierten Lösung des Farbstoffes in destil-
liertem Wasser etwa 20 %, Gelatine und filtriert die dicke Flüssigkeit
im Dampftopf oder Heißwassertrichter. Dazu kommt auf 100 ccm
ein Tropfen Glyzerin, um eine zu große Sprödigkeit der getrockneten
Schicht zu vermeiden, die sonst, besonders bei größerer Dicke, leicht
abspringt, und außerdem etwa 0,1 g Borsäure, um das Wachstum von
Schimmelpilzen zu verhindern, da Methylorange kaum giftig ist. Bor-
säure ist zu schwach sauer, um Rotfärbung zu bewirken, zu viel darf
es aber nicht sein, weil sie sonst beim Trocknen auskristallisiert. Andere
Antiseptica wie ZnSO, und HgÜl, bewirken schon in geringerer Kon-
zentration Trübung der Schicht. Die gereinigten Platten werden auf
eine größere, mit der Wasserwage horizontal gestellte Glasplatte ge-
lest und in einiger Entfernung darüber, zur Abhaltung von Staub
während des Erstarrens, eine große Glasplatte angebracht. Die Gelatine-
lösung wird auf die Mitte der Platten gegossen und durch Neigen oder
Nachhelfen mit einem Glasstabe für Bedeckung der Fläche gesorgt,
was sich unschwer bewirken läßt. Die Lösung muß heiß sein, damit
sie nicht vor der gleichmäßigen Ausbreitung auf der nun horizontal
gelegten Platte erstarrt. Sollte das nicht ganz gelungen sein, so läßt
sich durch vorsichtiges Anwärmen auf einer heißen Asbestplatte der
Fehler meist wieder gut machen. Ist die Gelatine erstarrt, so werden
die Platten wieder schräg mit der Schichtseite nach unten an einem
möglichst staubfreien Orte getrocknet und sind mit seltenen Ausnahmen
so klar und gleichmäßig, daß sie z. B. das Lesen von kleinen Buchstaben
ı)E. Pringsheim, Über die Herstellung von Gelbfiltern und ihre
Verwendung zu Versuchen mit lichtreizbaren Organismen. Ber. d. d. bot. Ges.
26 a, 558 (1908).
118 V. Kohlensäureassimilation.
durch sie hindurch nicht erschweren. Da dünne Schichten wesentlich
leichter herzustellen sind, ist es zweckmäßig, zwei solcher Platten mit
dünner Schicht aufeinandergelegt und mit schwarzem Rand zusammen-
geklebt oder auch mit Kanadabalsam auf der ganzen Fläche verkittet
zu verwenden. Die Absorptionsstärke ist abhängig von der Konzen-
tration der Farbstofflösung, dem Prozentgehalt an Gelatine und der
teilweise davon abhängenden Stärke des Aufgusses.
Grün: Läßt man in der Mischung von Kupferazetat mit Pikrin-
säure oder Kaliumbichromat die erstgenannte Substanz sich in möglichst
großer Menge auflösen, während der andere Mischungsbestandteil in
einer zur Sättigung nicht hinreichenden Menge vorhanden ist, so kann
man ein das gesamte Grün durchlassendes Strahlenfilter herstellen,
bzw. von diesem durch Hinzufügen von Pikrinsäure oder Kalium-
bichromat vom blaugrünen Ende her beliebige Stücke abschneiden.
Solche Strahlenfilter sind sehr lichtstark.
Reines Grün ohne Gelbgrün erhält man durch Kom-
bination der gesättigten Lösung von Kaliummonochromat mit Cupram-
moniumsulfat. Letzteres wird in gesättigter Lösung mit reichlichem
Ammoniaküberschuß verwendet und der Chromatlösung tropfenweise
zugefügt, bis das ganze Rot, Orange, Gelb und Gelbgrün ausgelöscht
ist. Das durchgelassene Licht ist etwa 535—495 vu. Die Mischung kann
schon in 0,7 cm dicker Schicht verwendet werden, ist aber nicht so
hell wie die Gelbgrün-Mischungen. Will man den blaugrünen Anteil
der Strahlen entfernen, also nur 535—510 durchlassen, so braucht man
nur zu der letztgenannten Mischung einige Tropfen einer schwach
alkalisch gemachten wässerigen Lösung von Fluoreszin zuzusetzen,
welche Blaugrün absorbiert.
Blaugrün und Cyanblau: Diese Farben werden von
Methylgrün und Jodgrün in dünnen Lösungen durchgelassen, daneben
auch noch das äußerste Rot. Dies entfernt man durch Kupferazetat.
Am besten tropft man starke Methylgrünlösung in die sauer gemachte
Kupferlösung. Der durchgelassene Bezirk ist etwa 500460 un.
Cyanblau: Ein reines und sehr lichtstarkes Blau, vorzugsweise
die weniger brechbaren Teile des gesamten Blau erhält man, wenn man
vor die letzterwähnte Mischung entweder einen zweiten Trog mit einer
schwachen Lösung von Kaliumpermanganat bringt oder ihr einige Tropfen
Gentianaviolett direkt zusetzt. Diese beiden Medien absorbieren das
Grün, lassen aber Blau durch. Bei Verwendung des übermangansauren
Kali hat man den Vorteil einer scharfen Grenze am Blaugrün, so daß
der durchgelassene Bezirk sich auf 486—460 un einengen läßt. Das
Gentianaviolett gibt am Blaugrün eine sehr unscharfe Grenze. Mit
dieser Mischung scheidet man daher besser den Bezirk 460—430 un
aus, der auch recht lichtstark gemacht werden kann, wenn auch nicht
so hell wie bei der Kombination mit dem Permanganat.
Blau und Violett: Cuprammoniumsulfat läßt bekanntlich
Blau und Violett durch. Den Bezirk 470—410 u». kann man dadurch
leicht ausscheiden. Hinzufügung eines zweiten Troges mit dünner
Lösung von Kaliumpermanganat gibt ein reines Violett.
Baar (l. ec.) verwendet zu seinen Versuchen über die Abhängigkeit
der Samenkeimung vom Lichte die Na gelschen Flüssigkeiten, welche
in nach dem Prinzip der Senebierschen Glocken konstruierte Petri-
schalen eingefüllt werden, welche Gefäße mit den Samen beschickt
V. Kohlensäureassimilation. 119
wurden. Eine Fehlerquelle besteht darin, daß die Lichtintensität in
den verschiedenen Spektralbezirken nicht gleich ist. Zur genauen Be-
stimmung der Intensität des verwendeten verschiedenfarbigen Lichtes
bedienten sich Kniep und Minder!) bei ihren wichtigen Unter-
suchungen der thermoelektrischen Methode, deren Prinzip folgendes
ist: Eine Thermosäule, welche mit einem empfindlichen Galvanometer
verbunden ist, wird mit dem auf seine assimilatorische Wirkung zu
untersuchenden Lichte bestrahlt und darauf der Ausschlag des Galvano-
meters abgelesen. Damit der Galvanometerausschlag wirklich als Maß
der Lichtenergie dienen kann, ist zweierlei nötig: erstens müssen natür-
lich die Wärmestrahlen ausgeschaltet sein. Das ist leicht erreichbar
durch Einschalten einer Wasserschicht zwischen Lichtquelle und Thermo-
säule.. Zweitens müssen die beleuchteten Lötstellen der Thermosäule
berußt sein. Ruß ist das ideale Absorptionsmittel für Lichtstrahlen,
d. h. der Verlust, also diejenige Energie, die nicht in Wärme umgesetzt
wird, ist prozentual so gering, daß sie praktisch völlig vernachlässigt
werden kann. Die verwendete Rubenssche Thermosäule erzeugt
bei Temperaturerhöhung um 1° C eine elektromotorische Kraft von
0,00 106 Volt. Die Größe der mit der Thermosäule gerade noch meß-
baren Temperaturerhöhung hängt auch mit der Empfindlichkeit des
Galvanometers zusammen. In Verbindung mit einem Panzergalvano-
meter von 5 Ohm innerem Widerstand, das für 1 Mikroampere einen
Ausschlag von 3600° gibt (Skala in 1 m Entfernung), sind mit der
Rubensschen Thermosäule noch Temperaturerhöhungen von weniger
als ein milliontel Grad zu messen. Zur Abhaltung von störenden Luft-
strömen wurde die vordere Öffnung des Trichters, durch welchen die
Strahlen eintreten, mit einer dünnen Glaslamelle bedeckt; die Draht-
verbindungen wurden da, wo sich zwei verschiedene Metalle berühren,
zur Verhinderung von Sekundärströmen dicht mit Wolle umwickelt.
Zur Unterbrechung des Stromes wird ein Quecksilberunterbrecher ver-
wendet. Die Leitungsdrähte müssen während der Beobachtung völlig
ruhig liegen, da schon geringe Bewegung derselben Induktionsströme
erzeugt, welche das Resultat der Ablesung trüben können. Das ver-
wendete Deprez-d’Arsonvalsche Drehspulengalvanometer bietet
den großen Vorteil, bei hoher Empfindlichkeit von äußeren magnetischen
Störungen sehr unabhängig zu sein. Es wurde der Galvanometerausschlag
bestimmt, der entsteht, wenn die Thermosäule von dem Lichte einer
in 1 m Entfernung stehenden Hefner-Normalkerze bestrahlt wurde,
und damit ein absolutes Maß für die Ablesungen gewonnen. Als Farben-
filter wurden die farbigen Gläser der Firma Schott & Co., Jena,
benutzt, welche die bestimmten Spektralbezirke in relativ großer Licht-
stärke durchlassen. Die Rotscheibe trägt die Fabriksbezeichnung f 4512,
die Blauscheibe f 3873, sie sind 2,5 mm dick und 9,2 x 9,2 cm groß.
Die qualitative Untersuchung der Lichtfilter auf ihre Farbendurchlässig-
keit führte zu folgenden Ergebnissen: Die Rotscheibe läßt durch: Licht
von A = 620 vu bis Ultrarot, Licht von A = 608 un bis 620 uu wird
ganz schwach durchgelassen. Die Blauscheibe läßt durch: Licht von
33H. Kniep und E. Minder, Über die Einfluß verschiedenfarbigen
Lichtes auf die Kohlensäureassimilation, Zeitschr. f. Bot. 1, 630 (1909). Die
Forscher messen die Intensität der Kohlensäureassimilation mit der Gasblasen-
zählmethode und ihre Erfahrungen mit derselben (S. 635) bieten manches
Interessante.
120 V. Kohlensäureassimilation.
) — 523,8 wu bis Ultraviolett; im intensiven Licht der Mittagsonne
sieht man im Spektrum noch ein schwaches Band im Hellgrün zwischen
D und E und ein sehr schwaches um Rot bei B. Die Nagelsche Grün-
lösung läßt durch: Licht von A = 512 uu bis 524 vu. Die quantitative
Untersuchung ergab: (D = Durchlässigkeitskoöffizient für Imm Glas-
dicke, d. h. das Verhältnis der durch eine Glasplatte von 1 mm Dicke
durchgelassenen Lichtenergie (Ed) zur auffallenden (Ea):
Rotfilter: A in pm. 644 578 546 509
D= 0,94 0,05 0,02 0,00
Blaufilter: ? in un 546 509 480 436 405 384 361 340 332
D= 0,00 0,18 0,50 0,73 089 0,59 0,36 7O.DZIERE
Da bei einer Glasdicke x nur noch D*-Bruchteile der Lichtenergie
durchgehen, müssen wir die Werte von D in die 2,5 te Potenz erheben
und gelangen so zu folgenden Durchlässigkeitskoeffizienten:
Rotscheibe: ?} in un. 644 578 546 509
D25 = 0,846 0,00056 0,000057 0,000
Blauscheibe: % in un 546 509 480 436 405 384 361 340 332
D25 = 0,00 0,0109 0,177 0,455 0,395 0,267 0,078 0,010 0,000
Es zeigte sich in den Versuchen, daß bei etwa auf das gleiche Niveau
abgeglichenen Lichtintensitäten die Assimilationsgröße im roten und
blauen Lichte keine erheblichen Verschiedenheiten aufweist, sie ist in
beiden Fällen ungefähr gleich groß, in Blau höchstens etwas geringer.
Im normalen Spektrum des direkten Sonnenlichtes findet aber die
stärkste Assimilation im Einklang mit früheren Befunden im lang-
welligen Teile statt; dort ist auch die Intensität stets größer als im
blauen Spektralanteil, während im diffusen Tageslicht die blauen Strahlen
ihrer absoluten Intensität nach vorwiegen.
Noch viel zu wenig berücksichtigt bei pflanzenphysiologischen
Arbeiten ist die Notwendigkeit, Lichtintensiläten genau zu bestimmen;
in der Regel begnügte man sich mit approximativen Helligkeits-
abschätzungen, wie Südfenster, Nordfenster, sehr hell, dunkel usw.,
ohne darauf Rücksicht zu nehmen, worauf schon Sachs hingewiesen
hat, daß unser Auge und die Pflanze zu verschiedenartige Reagenzien
dem Lichte gegenüber vorstellen, als daß man beide in Parallele setzen
dürfte. Wohl besitzen wir in den verschiedenen Photometern Meß-
instrumente, welche die Lichtstärke mit großer Genauigkeit zu be-
stimmen gestatten, aber einerseits sind es meist künstliche Lichtquellen,
mit denen man in diesen Fällen allein arbeiten kann, anderseits fehlt
die Einfachheit der Handhabung und die Notwendigkeit, ein Instru-
mentarium mit sich zu nehmen, stört vielfach, namentlich bei Be-
obachtungen im Freien. Das Verdienst, hier eine zweckmäßige Methodik
ausgearbeitet zu haben, gebührt J. Wiesner. Dieser Forscher bildete
die von Bunsen und Roscoe für lichtklimatische Untersuchungen
erfundene, allerdings sehr komplizierte und schwer zu handhabende
photographische, aber für unsere Zwecke sehr geeignete Methode zu
einem eleganten physiologischen Lichtmeßverfahren um. Die zahl-
reichen Kautelen der ursprünglichen Methode vonBunsen-Roscoe
und die zahlreichen hier notwendigen Operationen sind in der Hand
Mindergeübter ebenso viele Fehlerquellen, so daß die Wiesner sche
Methodik, wiewohl ungleich einfacher und, theoretisch gesprochen,
weniger exakt, doch sogar geringere Fehlergrenzen liefert als das ur-
sprüngliche Verfahren. Die Wiesnersche Methode dient natürlich.
V. Kohlensäureassimilation. 121
als photographische Methode nur dazu, die sogenannte chemische
Lichtintensität zu ermitteln, also jene Lichtstärke, welche von den
stark lichtbrechenden, den sogenannten chemischen Lichtstrahlen (blau,
violett, ultraviolett) ausgeht. Innerhalb gewisser Grenzen der Tages-
beleuchtung läßt sich aber die Methode auch zur Ermittlung der ge-
samten Lichtstärke verwenden. Das Bunsen-Roscoesche Ver-
fahren besteht darin, daß man auf ein in bestimmter Weise bereitetes
photographisches Papier (Normalpapier) Licht einwirken läßt, wobei
die eintretende Färbung des Papiers unter Berücksichtigung der er-
forderlichen Zeit mit einem konstanten Farbenton (Normalton, Normal-
schwärze) verglichen wurde. Die Intensitätsberechnung beruht auf
dem Gesetz, daß gleiche Schwärzungen des Normalpapiers gleichen
Produkten aus Beleuchtungsdauer (Zi, {) und chemischer Lichtintensität
(J, J') entsprechen, mathematisch ausgedrückt: Jt = JT bei gleicher
Schwärzung des Normalpapiers. Die Proportion J: J’ =Tf:t sagt
also, daß für gleiche Schwärzungen des Normalpapiers sich die zur
Geltung kommenden Lichtintensitäten umgekehrt wie die zur Hervor-
bringung dieser Schwärzung erforderlichen Zeiten verhalten. Für die
Herstellung des Normalpapiers wird für photographische Zwecke ver-
wendetes Papier (am besten das sogenannte 8-Kilo-Rivespapier) mit
einer dreiprozentigen Kochsalzlösung einige Minuten durchtränken ge-
lassen und das gesalzene, lufttrocken gewordene Papier bei möglichstem
Ausschluß chemisch wirkenden Lichtes auf einer zwölfprozentigen
Lösung von Silbernitrat zwei Minuten hindurch schwimmen gelassen,
worauf man es in der photographischen Dunkelkammer trocknet. Auch
in schwachem Gaslicht, das an chemischen Strahlen sehr arm ist, kann
das Trocknen vorgenommen werden. Die Empfindlichkeit des Papiers
bleibt ungeändert, mag es 15’’—18’ mit der Silberlösung in Berührung
gewesen sein; der Prozentgehalt des Silberbades darf nicht kleiner als 8
und nicht größer als 12 sein. Die Herstellung der Normalschwärze ist
nicht ganz leicht. Die Normalschwärze ist ein inniges Gemisch von
1000 Gewichtsteilen chemisch reinen Zinkoxyds mit einem Teil reinster
Rußkohle. Die Normalschwärze, ein graues, feines Pulver, wird durch
gelöste Gelatine gebunden und als Deckfarbe auf weißen, dünnen Karton
aufgetragen. Dieser so erhaltene Normalton wird auch als Einser-
ton bezeichnet. Die Lichtintensität, welche imstande ist, auf dem
Normalpapier die Farbe des Normaltones im Zeitraume einer Sekunde
hervorzurufen, wird — 1 gesetzt (in Wien ist die Intensität des ge-
samten Tageslichtes zur Mittagszeit bei unbedecktem Himmel in den
ersten Tagen des Mai = 1). Der Normalton, auf dessen sorgfältige Her-
stellung natürlich viel ankommt, hat eine bestimmte, beiläufig als Tauben-
grau zu bezeichnende Farbe. Mit den 900 Farbentönen der bekannten
internationalen Raddeschen Farbentafel verglichen, stimmt er mit
keinem einzigen dieser Farbentöne völlig überein, kommt aber jenem
Farbenton sehr nahe, der dort mit: ‚20 Blau, erster Übergang in
Violett u‘‘ bezeichnet ist; dieser Ton ist etwas tiefer als der Normal-
ton und entspricht dem Werte 1,3.
Zur Auffindung der Lichtstärke nach Wiesners Verfahren,
welches, wie erwähnt, nicht nur die höchste Bequemlichkeit der Hand-
habung bietet, sondern trotzdem sogar exaktere Werte liefert als das
umständliche, zahlreiche Versuchsfehlerquellen in sich schließende
Originalverfahren von Bunsen-Roscoe, welches also diesem
122 V. Kohlensäureassimilation.
gegenüber eigentlich eine ganz neue Methode vorstellt, benötigt man
außer dem Normalpapier und dem Normalton nur eines höchst einfachen,
aus einem Holzbrettchen hergestellten Handinsolators (Fig. 48) und einer
passend eingerichteten Sekundenstoppuhr. In den Insolator wird ein
Streifen des Normaltones hineingeschoben und daneben mit der nötigen
Vorsicht ein Streifen des Normalpapieres, das man so lange bedeckt
halten muß, bis die Bestimmung beginnt. Man bringt den Insolator
in die erforderliche Lage, stellt denselben z. B. bei Bestimmung des
gesamten Tageslichtes horizontal, setzt die Uhr in Gang und läßt das
Licht solange einwirken, bis auf dem Normalpapier die Farbe des Normal-
tones erreicht ist, worauf die Uhr abgestoppt wird. Aus der Zeit, welche
von Beginn bis Schluß der Bestimmung verflossen ist, ermittelt man
die Intensität, indem man die Zahl Eins durch die Zahl der zur Fär-
bung erforderlich gewesenen Sekunden dividiert. Waren z. B. 8’ er-
forderlich gewesen, um den Normalton zu erreichen,
so ist die Intensität J =1: 8 = 0,125 Bunsen-
sche Einheiten.
Sana +7 TE Man kann nun auch zwei Lichtstärken ohne
Zuhilfenahme des Normaltones miteinander ver-
gleichen und so’ zum Werte desrelativen Licht-
genusses gelangen. Statt des Chlorsilber-Normal-
papieres, welches, besonders in feuchten Klimaten, von
sehr beschränkter, oft nur stundenlanger Haltbarkeit
ist, so daß das ‚‚Silbern‘‘ zu oft vorgenommen werden
müßte, eignet sich sehr gut das bei zweckmäßiger,
trockener, dunkler Aufbewahrung fast unbegrenzt
haltbare RhodaminB-Papier. Übrigens hat J. M.
\
Fig.48. WiesnersIn- A
„ _ yglator Eder ein Verfahren angegeben, um das Bunsen-
NP=ZN alpapier; D D
S— Gelbscheite: 110 Sche Papier haltbar zu machen; dieses Verfahren
= Einserton undZeh- besteht darin, daß frisch gesilbertes Papier in de-
nerton.
stilliertem Wasser gewaschen und hierauf in einer
Lösung von Kalinitrit (1:20 H,O) fünf Minuten lang untergetaucht
gehalten wird. Schließlich wird dieses Papier getrocknet (alle Opera-
tionen in ‘der Dunkelkammer). Das Edersche Papier ist nicht
ganz so lichtempfindlich wie das Bunsensche, nämlich im Ver-
hältnis 1: 0,84, so daß man vorher die Relation des haltbar ge-
machten zum ÖOriginalpapier ein für allemal feststellen muß. Das
Rhodamin-B-Papier, welches das ganze leuchtende Spektrum, mit Aus-
nahme des äußersten Rot, photographisch wiedergibt, wird folgender-
maßen hergestellt: Man badet photographisches Rohpapier fünf Minuten
lang in einer Auflösung von 61 g Bromkali in 1000 g Wasser und trocknet
es an der Luft, indem man die einzelnen Stücke vertikal aufhängt.
Darauf sensibilisiert man bei rubinrotem Licht durch Schwimmenlassen
des trockenen Papiers auf einer zwölfprozentigen Silbernitratlösung
durch zwei Minuten. (In diesem Stadium liegt das Maximum der
Empfindlichkeit zwischen den Fraunhoferschen Linien F und G.)
Hierauf wässert man, ohne das Papier vorher zu trocknen, alle löslichen
Salze aus. Die gewässerten Papiere badet man nunmehr fünf Minuten
in einer Lösung aus 220 ccm Wasser, 6 g Natriumnitrat, 5 ccm einer
alkoholischen Lösung von Rhodamin-B im Verhältnis 1: 200 und
trocknet im Dunkeln, indem man die einzelnen Stücke in Klammern
wiederum vertikal aufhängt.
V. Kohlensäureassimilation. 193
Um nun den relativen Lichtgenuß zu bestimmen, geht man folgender-
maßen vor: Ein Streifen a des Normalpapiers wird in horizontaler Lage
der Einwirkung des gesamten Tageslichtes ausgesetzt, zu gleicher Zeit
wird ebensolange ein zweiter Streifen b an der Pflanze oder an
einer bestimmten Stelle der Pflanze in der für den Versuch erforder-
lichen Lage (z. B. an einem in fixer Lichtlage befindlichen Blatte auf
der Oberfläche desselben) befestigt. Man erhält auf diese Weise zwei
Streifen a, b von ungleicher Färbung, deren Nuancierung aber zu gleicher
Zeit erfolgt ist, so daß man aus ihren Färbungen das Verhältnis
der Lichtstärken an den Vergleichspunkten bestimmen kann. Man
bringt sie unter Ausschluß störenden Lichtes nebeneinander in den
Insolator und legt einen frischen Streifen Normalpapier daneben. Nun
stellt man den Insolator in diffusem Tageslicht in der Nähe eines Fensters
auf und wartet, bis das frische Normalpapier die Färbung der beiden
gefärbten Streifen angenommen hat. Da aber diese beiden Färbungen
während der im Licht vorgenommenen Bestimmung sich ändern, so
schiebt man nach und nach die unter der schwarzen Hülle des Insolators
befindlichen Streifen ins Licht, bis eine frisch hervorgezogene Partie
der Streifen genau die Färbung angenommen hat, die auf dem frischen
Streifen entstanden ist. Wenn z. B. 75’’ verfließen, bis der frische
Streifen die Farbe von a und 25’’, bis er die Farbe von b angenommen
hat, so verhält sich die Stärke des gesamten Tageslichtes zu der an der
betreffenden Stelle der Pflanze herrschenden wie 75:25 —=3:1. Die
Pflanze erhält also dann ein Drittel der gesamten chemischen Intensität
des vollen Tageslichtes, ihr relativer Lichtgenuß ist 3 Da sich aber
während der Bestimmung die Intensität des Lichtes ändern kann, wieder-
holt man die Bestimmung des Zeitwertes für b so lange, bis der Zeitwert
für a erreicht ist, und nimmt aus diesen Werten das Mittel. Erhält
man z. B. für a den Wert 75’, für b in aufeinanderfolgenden Be-
stimmungen die Werte 24’’, 26’’, 25°’ (Mittel 25°’), so ist dieser Mittel-
wert mit dem für a erhaltenen Werte in Vergleich zu setzen. Je höher
die Lichtintensität, desto schwerer ist es, mit Hilfe des bloßen Einser-
tons die Stärke des Lichtes zu bestimmen, schon für Intensität = 1
tritt bei Benutzung dieses Tons die Farbe auf dem Normalpapier schon
nach einer Sekunde ein; die Intensität des gesamten Tageslichtes steigt
aber meist weit über Eins. Wiesner stellt daher auch höhere Töne
ein. Belichtet man bei der Intensität 1 nicht eine, sondern n Sekunden,
so kann man aus der erhaltenen Färbung die Lichtstärke ableiten,
wenn man n durch die zur Erreichung dieser Färbung erforderliche
Zeit dividiert. Zum Kopieren dieser Farbentöne verwendet Wiesner
die lichtbeständigen Lefrancschen Farben. Durch Mischung von
Schwarz, Blau und etwas Kobalt werden auf Papier Färbungen erhalten,
die mit den auf Normalpapier photographisch entstehenden überein-
stimmen. Es ist sehr schwierig, Skalentöne zu erhalten, die in trockenem
Zustande genau einem Zweier-, Dreierton usw. entsprechen. Aber es
läßt sich durch Vergleich mit dem Einserton der Tonwert stets sicher
bestimmen. Wenn z. B. bei einer bestimmten Lichtintensität 5’’ er-
forderlich sind, damit auf dem Normalpapier der Einserton zum Vor-
schein kommt, und wenn 33’’ nötig sind, damit auf dem Normalpapier
ein seinem Wert nach zu bestimmender Farbenton entstehe, so ist dieser
Skalenton gleich 6,6. Um mit Zuhilfenahme dieses Skalentones die
124 V. Kohlensäureassimilation.
Lichtintensität zu erhalten, muß ich 6,6 durch die Zahl der Sekunden
dividieren, welche erforderlich waren, um auf dem Normalpapier diesen
Skalenton hervorzubringen, womit die Lichtintensität im Bunsen-
schen Maße ausgedrückt wird. Zur Bestimmung des direkten Sonnen-
lichtes geht Wiesner folgendermaßen vor: Man richtet bei Sonnen-
schein den ordnungsmäßig adjustierten Insolator so, daß er von der
vollen Sonne in horizontaler Lage getroffen wird. Nun bestimmt man
die Zeit, welche verfließen muß, damit auf dem Normalpapier der Einser-
ton oder ein bestimmter Skalenton erscheint. Nun wendet sich der
Beobachter um 180 °, so daß er die Sonne genau im Rücken hat und
der Insolator vom Schatten des Kopfes bedeckt ist. Dann wird die
Zeit bestimmt, welche nötig ist, damit auf dem beschatteten Normal-
papier der Normalton 1 oder ein bestimmter Skalenton erscheint. Die
hierbei erhaltenen Zeiten sind der Intensität des Gesamtlichtes Jg,
bzw. der Intensität des diffusen Lichtes Jd umgekehrt proportional.
Angenommen es wären 8 Sekunden erforderlich gewesen, damit bei
Sonnenbeleuchtung der Einserton erreicht wird, und 27 Sekunden,
damit dieser Ton im Kopfschatten erzeugt werde, so ist Jg=1:38
— 0,125, Jd=1 :27 = 0,037, mithin die Intensität des direkten Sonnen-
lichtes Js = Jg — Jd = 0,088. Die Wiesnersche Methode ist mit
einem mittleren Fehler von + 4% und einem wahrscheinlichen Fehler
von + 2,5% behaftet. Um die Übereinstimmung des Normaltones
mit der im Tichte eintretenden Färbung, namentlich im Umfang, deut-
lich wahrzunehmen, tut der Anfänger gut, bei der Bestimmung den
Insolator mit einem gelben Glase zu überdecken, welches chemisch .
wirksame Strahlen nicht in einem Maße durchläßt, daß der Farbenton
erhöht wird. Dieses UÜberdecken darf natürlich nur Bruchteile einer
Sekunde hindurch geschehen, da ja währenddessen die Bestimmung
unterbrochen ist. Ist der Ton noch nicht erreicht, so entfernt man das
Glas und fährt in der Bestimmung fort; das hat auch den weiteren
Vorteil, daß man keine Störung durch die Nuancenverschiedenheit
im Skalenton und erreichten Belichtungston zu befürchten braucht;
die Farbennuancen beider weichen nämlich trotz gleicher Farben-
höhe oft voneinander ab, durch Überdecken mit dem gelben Glase ver-
schwindet aber die Farbennuance, und es bleibt nur (bei beiden) ein
graubräunlicher Farbenton, die F arbenhöhe, zurück.
Außer den gesilberten Papieren kann man Kalibichromatpapier
(Kreußler) und Kalimonochromatpapier (Kießling) verwenden,
welches letztere in der Weise hergestellt wird, daß man das Papier durch
drei Minuten in einer Lösung von 50 g einfach chromsauren Kalis in
1000 g H,O untergetaucht hält und im Dunkeln trocknet. Es hat eine
sehr geringe Empfindlichkeit und kann mit Vorteil dort verwendet
werden, wo es sich um langdauernde Bestimmungen handelt, z. B. um
Bestimmung von Tageslichtsummen. Die Relation der Lichtempfindlich-
keit des Kalimonochromatpapiers zum Silberpapier ist beiläufig 1: 31,
d. h. die mit Chromatpapier erhaltenen Intensitätswerte sind mit 31
zu multiplizieren, wenn sie auf Bunsen sche Lichteinheiten gebracht
werden sollen. Da die wichtigsten physiologischen Prozesse, in erster
Linie Kohlensäureassimilation und Chlorophylibildung, durch die so-
genannten chemischen Strahlen, also den stärker brechbaren Anteil
des Spektrums weniger gefördert zu werden scheinen als durch die
roten Strahlen, so ist die Wiesnersche Methode für diese Prozesse
V. Kohlensäureassimilation. 125
nur indirekt von Wert, indem sie näherungsweise auch einen Schluß
auf die Stärke des Gesamtlichtes zuläßt, sie ist aber direkt verwendbar
beim Studium der Vorgänge der Wachstumsregulierung usw. Wenn
z. B. die chemische, mit Silberpapier gemessene Intensität des gesamten
Tageslichtes 1,225 betrüge und ich fände, daß eine Pflanze auf ihrem
Standort gleichzeitig einer Lichtstärke — 0,245 ausgesetzt ist, so gilt
dieses Verhältnis 0,245 : 1,225 = ; nicht nur für die chemischen Strahlen,
sondern angenähert auch für alle anderen Bezirke des Spektrums.
Während man z. B. mittels des Bolometers in der Lage ist, die Intensität
des Lichtes mit Berücksichtigung aller Strahlengattungen zu messen,
mißt man beispielsweise mit dem W eberschen Photometer für Tages-
licehtmessungen auch nur einen bestimmten Anteil von Rot und Grün,
um daraus auf die Gesamthelligkeit zu schließen. In ähnlicher Weise
mißt der Pflanzenphysiologe einen anderen Teil des Spektrums, nämlich
Blau-Violett-Ultraviolett, und schließt aus dem erhaltenen Intensitäts-
wert auf die gesamte Lichtstärke. Nach Hann gelingt es, auch den
Lichtgenuß einer bestimmten Pflanze aus den photometrischen Be-
stimmungen rechnungsmäßig in Kalorien auszudrücken. Das mittlere
Lichtgenuß-Minimum für Poa annua ist im März in Wien — 5, in Kairo
—. - Zur Zeit, wenn in Wien derselbe mittägliche Sonnenstand erreicht
ist wie in Kairo anfangs März, d. i. in Wien Mitte April, ist für diese
Pflanze hier das mittlere Liehtgenuß-Minimum = ’ Geht man von
den von Angot mit den Transmissionskoöffizienten 0,7 berechneten
relativen Werten der täglichen Wärmestrahlung aus, so erhält man
durch graphische Interpolation und Reduktion auf Langleys Solar-
konstante von 3 Kalorien pro Kubikzentimeter und Minute: Wärme-
menge, welche die Sonne an einem ganz heiteren Tage anfangs März
in Kairo zur Erde schickt: 586 Kalorien, in Wien gleichzeitig 326 Kalorien.
Für Mitte April ist diese Wärmemenge unter 48 ® n. Br. 676 Kalorien.
Daher ist für Poa anfangs März in Kairo das Lichtgenuß-Minimum
— 53,2 Kalorien, in Wien —= 108,6 Kalorien; anfangs April dagegen
in Wien 92,2 Kalorien, d. h. es muß in Wien zu einer Zeit, in welcher
der mittägliche Sonnenstand dem von Kairo gleicht, wegen der in unseren
Breiten herrschenden Temperatur, für das Gedeihen von Poa — und
das gilt natürlich für alle Pflanzen — eine höhere Lichtintensität
herrschen. Also je niedriger die umgebende Temperatur ist, desto mehr
Licht muß die betreffende Pflanze empfangen.
Um bei Verwendung von Bunsen-Ederpapier die damit er-
haltenen Werte auf Bunsen werte umzurechnen, geht man vonfolgender
Überlegung aus: Neben einen Skalenton legt man links einen Streifen
des Bunsen-Eder papieres, rechts einen von Bunsens Normal-
papier und exponiert zu gleicher Zeit dem diffusen Tageslicht. Zur
Erreichung des Normaltones sei bei Bunsen papier ein Zeitraum von
14 Sekunden, beim B- Eder papier ein solcher von 10 Sekunden not-
1
wendig. Die daraus berechneten Intensitäten sind dann JBN = 14
= 0,071 respektiv JBE = a 0,1; die berechneten Intensitäten ver-
10
126 V. Kohlensäureassimilation.
halten sich also 0,071:0,1=x: 1, daher ist x = 0,71 der Intensitäts-
faktor, der bei käuflichem Bunsen-Eder papier auf dem Umschlag
des betreffenden Paketes angegeben ist. Mit diesem Faktor muß man
jeden Intensitätswert multiplizieren. Es sei die Zeit, in welcher auf
Bunsen-Ederpapier der Skalenton 2,5 erreicht wird, 14’’, die
Intensität somit im Bunsenwert 2,5 : 14 = 0,178; ist der Relations-
faktor nun 0,7, so ist die Intensität n Bunsen-Ederschem Wert
0,178 - 0,7 = 0,125. Einige der Wiesnerschen Skalentöne (2,63,
5,53 und 12,22) sind ebenso wie der Einserton von der Firma R. Lechner,
Wien, unter Kontrolle hergestellt und käuflich zu haben; bei schwachem,
diffusem Licht empfiehlt sich der niedrige Skalenton 2,6, bei starkem
Sonnenlicht der hohe 12,5.
Den Nachteil des einfachen Wiesnerschen Insolators, welcher
infolge Kürze seiner Papierstreifen nur wenige Bestimmungen hinter-
einander durchzuführen gestattet, vermeidet der von V. Vouk kon-
struierte, mit dem ohne Unterbrechung auch 400 Bestimmungen durch-
geführt werden können (Fig. 49). Es ist ein schwarz adjustiertes Kästchen
(Länge 8cm, Breite 4cm,
Höhe 4 cm), in dem sich
zwei Spulen befinden,
wovon die eine mit zirka
4 m langem und 1 cm
breitem Bunsen-Eder-
papier versehen ist. Der
Schlüssel A besorgt beim
Linksdrehen die Einstel-
lung des Papieres und
beim Rechtsdrehen das
Einfüllen neuer Spulen.
3 ist eine Platte, die fest
und lichtdicht am Käst-
chen sitzt, und die beim
Einsetzen neuer Spulen
abgehoben wird. C ist
die Spule 1, auf der das
lichtempfindliche Papier aufgewickelt ist, D die Spule 2, auf die das be-
lichtete Papier durch Linksdrehen des Schlüssels auf gewickelt wird. E ist
ein kleiner Reiber, mit welchem die dünne Metallplatte, unter der die ent-
sprechenden Skalentöne links und rechts vom Papier eingelegt werden,
befestigt ist! F ist eine gelbe Glasscheibe, die sich in einem Geleise frei
bewegen kann. Man hält den Insolator in der linken Hand horizontal,
wobei das gelbe Glas auf den Skalentönen ruht, in der rechten Hand hält
man die Stoppuhr, die im Momente der Exposition in Gang gesetzt wird,
wobei gleichzeitig die Glasscheibe durch Schiefstellung des Insolators von
den Papieren abgleitet; dann stellt man sofort wieder horizontal, wobei
die Scheibe sich nicht bewegt, im Momente der Beendigung neigt man
zur anderen Seite, wodurch die Scheibe wieder über die Papiere gleitet;
gleichzeitig stoppt man den Chronometer. Gleichzeitig mit der Verzeich-
nung der Lichtintensität sollte man auch die Bewölkung registrieren.
5 „bedeutet, daß die Stelle, wo die Sonne am Himmel steht, nicht erkenn-
bar ist, bei $, bildet die Sonne am Himmel einen hellen Schein, S,, die
Sonne ist als helle Scheibe zu sehen; S,, Sonne leicht umflort; S, völlig
Fig. 49. Vouks Insolatorkästchen.
V. Kohlensäureassimilation. 197
unbedeckt. B, bedeutet völlig unbedeckten Himmel; B,, B,—B;., daß
der Himmel zu !/,» ”/ı, usw. völlig mit Wolken bedeckt ist. Bei der
Lichtbestimmung hat man also zu notieren: Datum, Stunde, Sonne, Be-
wölkung, Jg (Gesamtintensität), Jd (Intensität des diffusen Lichtes),
Js = Jg — Jd. Für kontinuierliche Lichtmessungen haben Samec und
Jencic ein selbstregistrierendes Photometer konstruiert. In einem Holz-
kasten der Dimensionen 16 x 11 x 7,2 cm befindet sich ein Laufwerk, das
mit Ankergang eine Achse treibt, auf welcher eine in 300 Teile geteilte
Scheibe steckt. Diese trägt beim Teilstrich 0 einen 0,15 cm langen
vorspringenden Zapfen und einen auf der Scheibenachse beliebig ver-
stellbaren, in einen Zapfen auslaufenden Zeiger. Die Umlaufzeit der
Scheibe beträgt zirka 5 Minuten und könnte bei Bedarf durch Be-
einflussung eines entsprechenden Mechanismus variiert werden. Bei
der Rotation der geteilten Scheibe wird durch den Zapfen ein Anker
ausgelöst, der durch eine Feder gegen ein vierzahniges Zahnrad gedrückt
wird. Jetzt rotiert dieses, getrieben durch eine im Gehäuse untergebrachte
Feder samt einer mit ihm auf der gleichen Achse sitzenden Trommel
um 90° und schiebt dabei das in der Trommel eingeklemmte licht-
empfindliche Papier um ein bestimmtes Maß fort, wodurch es exponiert
wird. Die Expositionszeit beträgt je nach der Einstellung 3 Sekunden
bis 5 Minuten. Der 7 m lange Papierstreifen ist auf einer Rolle auf-
gerollt und läuft über eine Brücke, die sich im Deckel des Apparates
in der Form eines Spaltes befindet. Der Papierstreifen zeigt nach der
Exposition zweierlei belichtete Felder, die durch unbelichtete schmale
Streifen voneinander getrennt sind. Die während der fast fünf Minuten
langen Expositionszeiten freiliegenden Papierteile bekommen bei ge-
wöhnlichen Lichtverhältnissen derartig starke Lichteindrücke, daß sie
für die Verarbeitung der Messungen wertlos sind. Die kurz belichteten
Felder zeigen die Eindrücke des Gesamtlichtes (Sonne und diffuses
Licht) und die des diffusen Lichtes allein in dem von den besonderen
am Rande des Deckelspaltes angebrachten Stifte erzeugten Schatten.
Für physiologische Bestimmungen ist die Kenntnis des Lichtgenusses
von Wichtigkeit. So hat Wiesner beispielsweise gezeigt, daß die
charakteristischen Erscheinungen des Etiolements nicht erst dann ein-
treten, wenn die Pflanze bei Ausschluß von Licht gezogen wird, sondern
sich auch dann schon zeigen, wenn sie unterhalb des Minimums ihres
Lichtgenusses zu wachsen gezwungen ist. Den Abweichungen der Ge-
stalt entsprechen natürlich Änderungen in der inneren Ausbildung.
Bei Pflanzen, die auf hohe Lichtintensitäten angewiesen sind, beginnen
auch die Erscheinungen des Etiolements bei relativ hohen Lichtstärken.
Als „Lichtgenuß‘ einer Pflanze bezeichnet Wiesner das Verhältnis
der Lichtmenge, welche einer Pflanze an ihrem natürlichen oder künst-
lichem Standorte zufließt, zur Stärke des gesamten Tageslichtes. Bedeutet
erstere I, letztere J, so ist L = I also der Lichtempfang der Pflanze
(denn von dem empfangenen Lichte wird ja ein beträchtlicher
Teil nicht ausgenutzt). Wenn in dem Ausdrucke 7 der Wert für
i=1 eingesetzt wird, so ist das Resultat - der relative Licht-
genuß, das Verhältnis der Lichtstärke, welche auf die Pflanze einwirkt,
zur Lichtstärke des Himmels. Die Lichtstärke in einheitlichem Maße
128 V. Kohlensäureassimilation.
(im Tönen des Normalpapieres) ausgedrückt, gibt den absoluten
Lichtgenuß. Der relative Lichtgenuß ist eine veränderliche Größe,
schon der unmittelbare Anblick lehrt beispielsweise, daß Bellis perennis
im Frühling einen viel größeren Anteil des gesamten Tageslichtes für
sich in Anspruch nimmt (sie blüht auf frei exponierten Stellen) als im
Sommer (sie sucht beschattete Stellen auf). Je größer die Spannungs-
weite zwischen Maximum und Minimum des Lichtgenusses ist, je mehr
Licht also die Pflanze verträgt und mit je weniger sie auskommt, desto
weiter sind ihre vom Lichte beeinflußten Existenzmöglichkeiten. So
ir des Gesamtlichtes
kommen Gräser noch bei n in den Tropen bei 100
fort, Dactylis glomerata besitzt einen Lichtgenuß von 1 _ Tara-
u 1
xacum offieinale 1 — 19’ Capsella bursa pastoris 1 — en: Buche 1 —
Eiche 1 — = Lärche 1 — z Bezüglich ganzer Reihen solcher Be-
85’
stimmungen und Verwertungen des Lichtmessungsverfahrens in der
pflanzenphysiologischen Analyse muß auf Wiesners!) Buch ver-
wiesen werden.
Für manche Versuche ist es auch von Interesse, nicht nur die In-
tensität, sondern auch die Richtung des stärksten diffusen Lichtes zu kennen.
Dazu dientdasWiesner-
sche Skioklisimeter (Fig.
50), mittels welchen aus
der Lage des Schattens
die Richtung des stärksten
diffusen Lichtes in einem
bestimmten Lichtareal
festgestellt werden kann.
Das Skioklisimeter be-
steht aus einer 6,5 cm
langen, 6 cm breiten Me-
talltafel, welehe oben mit
einem rein- und matt-
weißen, dünnen Karton
bedeckt ist, der am Rande der Tafel der Länge nach, rechts und links
von je einem 1 cm breiten Metallstreifen festgehalten wird. An diesen
beiden Metallstreifen befindet sich eine Millimeterteilung. Über dem Null-
punkte der Teilung befindet sich in einer bestimmten Höhe ein matt-
geschwärzter Draht, der genau parallel zur Tafelfläche zu liegen kommt.
Durch rechtwinklige Abbiegung der beiden Metallenden und Einfügung
derselben in die Metallplatte wird die Fixierung des schattenwerfenden
Drahtteiles besorgt. Dieser gebogene Draht ist so am Apparat an-
gebracht, daß seine Achse genau 1 cm über die Fläche des Kartons zu
liegen kommt, und die abgebogenen Drahtteile sind so gestellt, daß
ihre Achsen in die beiden Nullpunkte der Teilung einschneiden. Bei
der Ablesung der Höhe hat man die Mitte des Schattens, entsprechend
der Achse des schattenwerfenden Drahtes, zu wählen.
Dem Millimeterstrich entspricht ein bestimmter Höhenwinkel, der
Fig. 50. Wiesners Skioklisimeter. (V. Vouk).
') J. Wiesner, Der Lichtgenuß der Pflanze. Leipzig 1907.
V. Kohlensäureassimilation. 129
sich leicht aus der Höhe des Drahtes über der Projektionsfläche und
aus der Entfernung des Schattens vom Anfangspunkte der Teilung
durch die Tangentenformel logarithmisch berechnen läßt. Die folgende
Tabelle gibt eine Reihe solcher Werte, zwischen die sich auch noch
die für halbe Millimeter interpolieren ließen:
En. Approxi- es | “on. | R
Milli- DD Milli- | poöhe in | Milli- | ; Milli- j
meter- Seh meter- | meter- Höhe meter- Höhe
strich Höhe in strich Graden strich | strich
Graden | |
| |
0 | 90 7 | 55 | 14 | 35 | 20 26
1 84 8 | 5l 15 | 33 25 al
Bun 78 N Ka I 38 30 18
3 | 73 10 | 45 17 | 30 35 | 16
4 68 I 29 a0 40 14
5 | 63 12 40 19 | 27 45 2
6 | 8 13 7 N 50 11
Beim Gebrauche des Skioklisimeters wird der schattenwerfende
Draht quer zur Lichtfläche gestellt und die Entfernung der Mittellinie
des Schattens vom Nullpunkt der Millimeterteilung festgestellt. Fällt
beispielsweise die Schattenmitte zwischen die Teilstriche 14 und 15,
so wird die Höhe, in welcher die intensivsten Strahlen sich befinden,
approximativ 34 betragen. Die Bestimmung des stärksten diffusen
Lichtes ist um so sicherer, je kleiner das zu prüfende Lichtareal ist.
Durch das Skioklisimeter kann beispielsweise der euphotometrische
Charakter der Blätter in bequemer Weise ermittelt werden. Man sucht
den Schatten im diffusen Lichte auf, welcher die Höhe der stärksten
diffusen Beleuchtung angibt und dreht an der Vorderkante des Apparates
dessen Projektionsfläche, d. i. jene Fläche, welche den Schatten auf-
zunehmen bestimmt ist, so lange empor, bis der dreiteilige, schatten-
werfende Stab des Apparates mit dem Schatten in eine Ebene fällt.
Die Neigung dieser Fläche steht senkrecht auf der Richtung des stärksten
diffusen Lichtes und die Lage des Blattes muß, wenn es euphotometrisch
ist, mit jener der gesuchten Neigung übereinstimmen.
Die Kohlensäureassimilation erfolgt bekanntlich nur im Lichte, und
zwar bei hinreichender Lichtstärke ebenso wie die Chlorophyllbildung (nur
wenige Pflanzenarten ergrünen, wie die Koniferen, auch im Dunkeln). Das
ist auch der Grund, weshalb man bei allzu geringer Lichtintensität, z. B.
des Winters, bei Elodea auch im Lichte keine Gasblasen aufsteigen sieht.
Ob die Assimilation, wie Stoklasa will, mit Hilfe von in Entstehung
begriffenem Kalikarbonat erfolgt, ist bisher noch strittig, Tatsache
aber ist, daß während der Assimilation von Wasserpflanzen im
Lichte Phenolphthaleinlösung, die der Nährlösung zugesetzt wird, sich
rötet, während die Rötung im Dunkeln ausbleibt, bzw. verschwindet.
Diese Erscheinung kann ebensogut darauf bezogen werden, daß das
während der Assimilation wirksame Kalikarbonat nach seiner Fertig-
stellung, nachdem es also unwirksam geworden ist, ausgestoßen wird
und so jene Rötung verursacht, wie darauf, daß während der Assimilation
vornehmlich Anionen der Nährlösung entnommen werden, während die
Phenolphthalein rötenden Kationen zurückbleiben. Die Nichtausbildung
des Chlorophylifarbstoffes im Dunkeln und die damit im Zusammen-
hang stehende Unverwertbarkeit ‚der Kohlensäure bringen eine der
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. b)
130 V. Kohlensäureassimilation.
heterotrophen Lebensweise analoge Ernährungsweise der Pflanze aus
ihren Reservestoffen und damit eine von der Norm der im Lichte
wachsenden Pflanze völlig verschiedene Ausbildungsform ihrer Teile
hervor, welchen Gesamtkomplex wir als „Etiolement“ bezeichnen.
Er ist im wesentlichen, abgesehen von der wachsgelben oder schwach-
grünen (bei nicht vollständigem Dunkel) Farbe der Pflanze durch die
Überverlängerung des Sprosses und abnormes Kleinbleiben der Blätter
charakterisiert (Fig.51u.52). Da die Pflanze in diesem Stadium ausschließ-
lich von den Reservestoffen lebt, hat es also den Anschein, als ob diese
wesentlich dem Stengel und nur in unbedeutendem Maße den Blättern zu-
gute kämen, während im Lichte umgekehrt eine Hemmung im Wachstum
des Stammes und eine
Förderung im Wachs-
tum der Blätter sich
einstellt, sowie die
Assimilation eintritt.
Schneidet man die
Vegetationsspitze des
Stengels ab und ver-
schmiert sie etwa mit
Gips, so kann man,
Kultur im Lichte vor-
ausgesetzt, ein abnor-
mes Großwerden der
Blattflächen bei der
Bohne beobachten,
während im Dunkeln
die Blätter trotzdem
zurückbleiben. UÜbri-
gens muß das Wachs-
tum und die Organ-
bildung im Dunkeln
durchaus nicht so
lange vor sich gehen,
als noch Reservestoffe
vorhanden sind, wie
sich das bei der Bohne
Fig. 51. Bohnenkeimlinge, links normale Hehtpflaute, sechia. _ vollzieht, rauen
Pflanze kann, wie das
beim Kürbis der Fall ist, zugrunde gehen, auch wenn die Kotyledonen
noch beträchtliche Mengen Reservesubstanz enthalten, ein Beweis, daß die
Ausschaltung des Lichtes nicht nur einfach eine Ausschaltung der Kohlen-
säureassimilation zur Folge hat, sondern überhaupt tiefgreifende Störungen
im Stoffwechsel der Pflanze bewirkt. Es kommt eben nicht nur auf Zu-
fuhr von Nahrung überhaupt, sondern auf geeignete Bildungsstoffe
an. Sachs führte folgenden Versuch durch. Statt Keimpflanzen
aus Samen im Finstern erwachsen zu lassen, wurden die Knospen reich-
belaubter Pflanzen derart in einen finsteren Raum eingeführt, daß die
daraus hervorgehenden Sprosse sich in diesem entwickeln mußten, während
ihnen von den zahlreichen großen, vom Lichte getroffenen Laubblättern
Assimilationsprodukte zuflossen. Aus der in den lichtdichten Kasten
eingeführten Gipfelknospe von Kürbis entwickelten sich nicht nur
V. Kohlensäureassimilation. rot
zahlreiche Blätter, Ranken, neue Sprosse. sondern auch eine große
Frucht. Schließlich wurde der Raum für den wachsenden Sproß im
Kasten zu eng und die kräftige Endknospe durch ein im Dach des
Kastens hergestelltes Loch aus diesem wieder hinausgeschoben. Die
reichlich gebildeten Blätter innerhalb des Kastens waren rein gelb,
unbedeutend kleiner als die grünen, normal außerhalb des Kastens im
Licht gebildeten; die den etiolierten von außen durch Assimilation zu-
geführten Bildungsstoffe haben für die normale Entwicklung der unter
Lichtabschluß sich entwickelnden Blätter gesorgt. Die Laubblätter
sind, wie es scheint, in ihrem Wachstum immer vom Lichte abhängig,
indem dieses ein übermäßiges Längenwachstum zurückhält, die Breiten-
ausdehnung begünstigt. Die Internodien dagegen werden vom Lichte
in ihrer Streckung entweder fast vollständig gehindert (Kartoffel)
oder doch in ihrem Längenwachstum stark zurückgehalten oder schließ-
lich übt das Licht einen un-
merklichen Einfluß auf ihre
Verlängerung aus. Es gibt
Blätter, welche im normalen
Verlauf sich im Dunkeln,
unter der Umhüllung älterer
Blätter stark verlängern;
bei solchen Blättern bewirkt
das Etiolement eine starke
Verlängerung und das Licht
eine Hemmung des Wachs-
tums. Bei Zea, Triticum,
Crocus, Iris, Hyacinthus,
Tulipa, Allium Cepa sind
die Blätter schon weit heran-
gewachsen, wenn ihre Spit-
ze aus den umhüllenden
Scheiden hervor an das
Tageslicht zu treten beginnt,
die weitere Streckung findet
dann vorzugsweise an den
= = Fig. 52. Etiolement bei Zea Mays, links normal ergrünte,
unteren, noch verhüllten Tei- rechts etiolierte, wachsgelb gebliebene, verlängerte Pflanze.
Ö. Richter.)
len statt, so daß also das eva
Längenwachstum, auch wenn die Pflanze im Freien steht, im Finstern sich
vollzieht; erst die an das Licht gebrachten oberen Teile breiten sich voll-
ständig aus; die definitive Breite und Flächenentfaltung wird durch das
Licht bestimmt. Läßt man die Blätter dieser Pflanzen im Finstern wachsen,
so wird dadurch die Längenstreckung der Blätter befördert, die Aus-
breitung der hervorgeschobenen Lamina gehindert, die Blätter sind also
einerseits zu lang, anderseits fehlt ihnen die definitive Form; die Crocus-
blätter werden im Finstern bis 30 cm lang, im Lichte nur 10 cm, dagegen
im Finstern nur !/, so breit, ein Unterschied, der sich aber bei ans Licht
gestellten etiolierten Blättern in wenigen Tagen ausgleicht. Die Blätter
von Phaseolus, Tropaeolum, Humulus, Bryonia, Solanum sind noch
sehr klein und zart, wenn sie an die Oberfläche der Knospe hervor-
treten und dem Lichte ausgesetzt werden. Die Blätter von Humulus
Lupulus kommen mit 10—15 mm ans Licht und unter dessen Einfluß
wird der Mittelnerv 80—90 mm lang: im Finstern erwachsene Sprosse
9*
132 V. Kohlensäureassimilation.
entwickeln ihre gelben Blätter bis 10—12 mm Länge und hören dann
auf, sich zu vergrößern, während eine bedeutende Vergrößerung gleich-
zeitig mit Ergrünen sich am Lichte einstellt. Bei Phaseolus multiflorus
hatte die Lamina der über den Boden emportretenden Primordialblätter
15—16 mm Länge, im Dunkeln, während im Lichte der Mittelnerv der
Blätter 62—64 mm maß; die größte Breite der grünen betrug 55—65 mm,
die der etiolierten 23—34 mm. Eine verhältnismäßig bedeutende Größe
erreichen die Blätter von im Finstern austreibenden Rüben bei Beta
vulgaris. Umgekehrt liegen die Verhältnisse bei der Streckung der
Internodien. Das hypokotyle Stengelglied der etiolierten Keimpflanzen
von Polygonum fagopyrum kann eine Höhe von 35—40 cm erreichen,
während es im Freien, wo der obere Teil bald ans Licht gelangt,
2—3 em hoch wird. Das Hypokotyl von Cucurbita Pepo erreicht bei
etiolierenden Keimpflanzen eine Länge von 40—50 cm über dem Boden,
bei genügendem Lichte nur 3—4 cm. Bei Brassica Napus sind diese
Verhältnisse 16 cm respektiv 2—3 cm. Bei der Bohne bleiben die Koty-
ledonen bis zur völligen Ausnutzung der Reservestoffe am Stengel,
indem sie dabei immer mehr verrunzeln. Dann fallen sie ab und erst
jetzt erhalten die Primordialblätter ihre letzte Dehnung. Die Keimung
der Bohne bietet äußerlich folgendes Bild dar: zuerst vorwiegend Wurzel-
bildung, dann vorwiegend Streckung und Ausbildung der schon vor-
handenen Stengelteile des Keimes, endlich der Übergang zur selbständigen
Vegetation durch Vollendung des Wurzelsystems und völligen Ver-
brauch der Reservenahrung. Das Ende des Keimstadiums ist physio-
logisch durch den Moment bezeichnet, in welchem die Kotyledonen
völlig entleert sind. Das Minimum der Keimungstemperatur liegt bei
der Bohne gewiß unterhalb 8 °, aber wahrscheinlich oberhalb 7°. Hält
aber eine solche Temperatur länger an, dann verdirbt der schon hervor-
getretene Keim, er wird abnorm, indem die Hauptwurzel sich nicht
weiter verlängert und Nebenwurzeln zu einer Zeit ausbrechen, wo die
Plumula noch lange nicht die für dieses Stadium normale Größe er-
reicht hat. Das Maximum der Keimungstemperatur liegt bei 35° R,
aber hier findet keine normale Keimung mehr statt; das Optimum liegt
bei 21°. Im Dunkeln erreicht das erste, vollständig gestreckte Stengel-
glied die Länge von 15—20 cm, bei einer Temperatur von 20—25 °
aber bis zu 40-—45 cm, während es sich im Lichte nur bis zu 10 cm er-
hebt. Der Oberteil dieses Gliedes behält lange Zeit sein embryonales
Aussehen im Dunkeln und die Nutation, die Primordialblätter bleiben
klein und zusammengefaltet, die Streckung des Blattstieles findet nur
in äußerst geringem Ausmaße statt; zu einer Zeit, wo das zweite Stengel-
glied sich schon zu einer Länge von 5—6 cm gestreckt hat, bleiben die
Primordialblätter noch zusammengefaltet. Dieses Unterbleiben von
Entfaltung und Streckung ist übrigens nicht bei allen etiolierten Pflanzen-
arten zu beobachten: beim Mais z. B. findet die Entwicklung der Blätter
im Dunkeln in gleicher Weise statt wie im Lichte und nur die gelbe
Farbe unterscheidet die Dunkelblätter von den im Lichte erwachsenen.
ötiolierte Keime von Phaseolus, dem Lichte ausgesetzt, werden je nach
der Intensität des Lichtes und der Höhe der Temperatur in 2—3 Tagen
grün, und zwar erfolgt das Grünwerden zuerst in der Nähe der großen
Nerven; allzu langes Verweilen im Dunkeln kann auch bewirken, daß
Partien der etiolierten Blätter im Licht nicht mehr ergrünen, sondern
gelb bleiben und absterben, respektive es kann längere Zeit dauern,
V. Kohlensäureassimilation. 133
bis das Ergrünen eintritt. Zuerst werden jedenfalls bei jeder Pflanze
die jüngsten Teile grün, was besonders deutlich bei Maiskeimen
zu sehen ist, wo die Spitzen der zu lange im Dunkeln gehaltenen Blätter
zu ergrünen nicht mehr imstande sind, während die jüngeren Teile des-
selben Blattes ebenso wie die später entstandenen noch gerollten Blätter
schnell grün werden.
Bricht man einem trockenen Keim der Bohne beide Kotyledonen
ab und steckt solche Keime in feuchte Erde, so wachsen sie nur sehr
wenig, etwa 2 cm, heran, die Primordialblätter werden wohl grün, ent-
falten sich aber nicht. Ganz anders ist es, wenn man nur einen Kotyledo
abbricht: dann keimt die Pflanze schnell und wächst so wie eine normale,
aber sie bleibt schwächlich und alle Teile kleiner. Halbiert man die
Kotyledonen ohne die Keimwurzel zu beschädigen, so keimt sie normal
und liefert eine zwar kleine, aber doch gesunde und wachstumsfähige
Pflanze. Läßt man mehrere Bohnen gleicher Größe in demselben Boden
keimen und schneidet zur selben Zeit, ohne den zarten Stengel zu ver-
letzen, beide Kotyledonen ab, so bemerkt man schon am nächsten
Tage Verlangsamung bis Wachstumsstillstand bei den operierten Keim-
lingen, was mehrere Tage anhält; dann erholen sie sich wieder und
wachsen gesund weiter; aber die Pflanzen behalten längere Zeit ein
zwergartiges sehr zierliches Aussehen, alle Teile sind kleiner, aber sonst
normal. Je jünger die Keimlinge der Operation unterzogen werden,
desto störender macht sich deren Einfluß geltend, desto längere Zeit
brauchen sie zur Erholung. Im Freiland findet die Erholung rascher
und gründlicher statt als in Topfkultur.
Wie sehr die Keimpflanze von der Menge der ihr zur Verfügung
stehenden Reservestoffe abhängig ist, zeigen die interessanten Messungen
von Marek, welcher zeigte, daß die Zahlengrößen für sämtliche
Pflanzenteile, Stengelhöhe, Wurzellänge, Zahl der Seitenwurzel, Zahl
der Internodien, Entwicklung der Blätter, durch die belassenen Reserve-
stoffe an den Körnern bestimmt ist und daß die Entwicklung der Keim-
pflanze von der Menge der Reservestoffe abhängt, respektive im genauen
Verhältnis zur Größe der Körner steht. Werden große Erbsen an ihren
Kotyledonen soweit reduziert, daß sie dem Gewichte von mittelgroßen
und kleinen gleichkommen, so erzeugen sie Keimpflanzen von der Höhe
und dem Stengeldurchmesser, welcher der Höhe und dem Stengeldurch-
messer der aus mittelgroßen und kleinen Körnern erwachsenen Keim-
pflanzen gleich ist. In diesen Versuchen wurden auch aus großen Körnern
entwickelte Keimpflanzen mit solchen aus kleinen Körnern entstandenen
verglichen. Nach einer Entwicklung von achtzehn Tagen vom Tage des
Auskeimens an gerechnet, maß die Hauptwurzel von aus großen
Körnern entwickelten Pferdebohnen 150,8 mm, aus kleinen Körnern
130,7 mm; die Stengelhöhen waren 125,5 mm und 119,6 mm, die Differenz
also zugunsten der großen Körner 20,1 mm und 5,9 mm. Erbsen aus
großen Körnern hatten Wurzeln von 144,1 mm, Stengel von 144,6 mm,
die aus kleinen Samen Wurzeln von 118,2 mm, Stengel von 148,6 mm.
Der Mehrzuwachs betrug also hier 25,9 mm zugunsten der großen bei der
Wurzel, dagegen 4,3 mm zugunsten der kleinen Samen beim Stengel.
Das ist aber auch der einzige Fall, in dem der Mehrzuwachs zugunsten
der geringeren Reservesubstanzmenge ausfiel, in allen anderen Fällen
erscheinen die aus größeren Körnern erwachsenen Keimpflanzen in der
Ausbildung ihrer Teile bevorzugt. Das sicherste äußere Kennzeichen
134 V. Kohlensäureassimilation.
für die wertvollsten Stoffeinlagerungen bei Samen dürfte die Größe
und Form sein. Die größten Körner enthalten die größte Menge der
wertvollen Bestandteile und volle, bauchige Körner sind die besten
Zeugen einer abgeschlossenen Entwicklung und erreichten Reife
(Marek!). Große Körner produzieren denn auch namhaft bessere
Qualität und Erntemengen an Pflanzen und die Keimpflanzen eilen
in der Entwicklung denen aus kleinen Samen voran. Aber die größeren
Samen liefern nicht nur größere Pflanzen, sondern diese sind auch
widerstandsfähiger gegen äußere Schädigung, ihr größeres, ausgebreiteteres
Wurzelsystem setzt sie in die Lage, die Nährstoffe des Bodens, ihre
größere Assimilationsfläche die Kohlensäure der Luft besser auszunutzen.
Es wurde schon davon gesprochen, daß in den Anfangsstadien der Ent-
wicklung die atıs großen Samen entwickelten Pflanzen hinter den anderen
etwas zurückgeblieben erscheinen, denn die in der Minderzahl vorhandenen
Nährstoffe bedingen einen rascheren Verbrauch durch die Keimpflanze,
woraus wieder ihr schnelleres Wachstum resultiert, aber bald werden
sie durch die aus größeren Samen entwickelten Keimpflanzen weit über-
holt, bis sich unter günstigen Vegetationsverhältnissen die Unterschiede
wieder ausgleichen. Interessant sind die Daten der Versuche an Erbsen,
in denen die Kotyledonen oder Teile derselben den Pflanzen weg-
genommen worden waren:
l
Pa | Länge d. Breite d.
hi we8gan| ag | Blatt att-
Benennung des Versuches Sen en BE Ba SI - | spreite | spreite
DB.E ch E 5.2 am dritten Stengel-
| iz Ra | knoten gemessen
Mit ganzen Körnern oder |
Radieula und Plumula
mit 2 ganzen Kotyle- |
denen . ... ul. zul 47.5 Internad.) 124 N 292] 218 13 12
Erbsen mit 2 halben | |
Kotyledonen. . . . .[119(5 Te! 24 13 8 7
Erbsen mit 2 viertel | | |
Kotyledonen . . . .| 95 (4 a a ce 117 B) 4
Erbsen mit 2 sechstel |
Kotyledonen . . . .| 78(3 ee! 7! 7 4 3
Erbsen mit Resten von
Kotyledonen . . . .| 17(2 »» )I| 34 | — — — —
Erbsen ohne Kotyledoner 7.08 ea |, — — —
median halbierte Radic.
u. Plum. Ay 4 (1 by 10 — — . —
In ausgedehnterem Maßstabe hat solche Versuche in neuerer Zeit
L. v. Portheim ?) durchgeführt und vor allem die einzelnen Teile
des Stengels vergleichend bei größerem oder geringerem Betrage der
teservestoffe untersucht. Er fand bei Phaseolus vulgaris am achten
Tage nach der Aufstellung die erreichte Länge der Hypokotyle der
den Keimlingen zur Zeit des Versuchsbeginnes zur Verfügung stehen-
den Reservestoffmenge entsprechend und stellte die Reihe auf: Keim-
1) G. Marek, Das Saatgut und dessen Einfluß auf Menge und Güte der
Ernte. Wien 1875. m
:) L.v.Portheim, Über Formveränderungen durch Ernährungsstörungen
bei Keimlingen mit Bezug auf das Etiolement. Sitz,-Ber. d, k. Akad, d. Wiss.,
Wien 116 (1907).
V. Kohlensäureassimilation. 155
linge mit 2 Kotyledonen — 11, Kotyledonen — 1 Kotyledo — 1, Koty-
ledo — 0 Kotyledonen. Berechnet man die Gesamtlänge der Pflanzen,
d. h. die Länge der Hypokotyle und jene der Epikotyle, so wird dadurch
eine Verschiebung der für Hypokotyle allein geltenden Resultate be-
dingt. Der größte Unterschied ist bei den normalen Keimlingen und
bei denen mit einem halben Keimblatt am vierten Tage wahrzunehmen.
Am siebenten Tage sind unter den längsten Pflanzen 50 %, der Keimlinge
mit 2 Kotyledonen und 16,95% der Keimlinge mit 1 Kotyledo, während die
entsprechenden Werte bei den Hypokotylen 33,3 % und 32,8 %, betrugen.
In gewissen Entwicklungsstadien waren die Keimlinge, denen ein Teil
der Kotyledonen abgeschnitten worden war, länger als die normalen
Keimlinge; sie hatten auch schwächere Hypokotyle und kleinere Pri-
mordialblätter als diese, machten also, abgesehen von ihrer grünen
Farbe, den Eindruck etiolierter Keimlinge, indem sie die für das Etio-
lement charakteristischen Erscheinungen der Streckung der Internodien
des Stengels bei gleichzeitiger Verminderung des Durchmessers und
Verkleinerung der Blattlamina aufwiesen; am deutlichsten ist diese Er-
scheinung zu einer Zeit zu beobachten, wo die Keimlinge bereits längere
Hypokotyle, aber noch kleine Epikotyle entwickelt hatten. Bald nach
Aufstellung des Versuches sind jene Keimlinge, denen ein Teil der Koty-
ledonen fehlt, länger als die normalen (besonders deutlich bei jenen
mit der Hälfte des ursprünglichen Reservestoffvorrates).. Am vierten
und fünften Tage sind die Keimlinge mit 1 und die mit 4, Kotyledo
am längsten, dann werden sie von den Keimlingen mit 2 Kotyledonen
überholt und schließlich sind nur wenige Keimlinge mit 11, und 1 Koty-
ledo unter den längsten zu finden, von denen mit 4, Kotyledo gar keine.
Die Gesamtlänge der Keimlinge (Hypokotyl und Epikotyl) betrachtet,
ergibt sich folgendes: Von den Keimlingen, welche die längsten Stengel
gebildet hatten, entfielen
am 4. Tage | am5. Tage am 7. Tage | am 9. Tage
auf Keimlinge mit
0,00% | 25,33 9, 49,18 %, 61,29 %, | 2 Kotyledonen
100,00% | 74,67% | 50,82% 38,71%, | 1%, 1 und % Kotyledonen
73,33 %, 69,33 9, 24,59 9, 9,68 %, | 1 und % Kotyledo
26,67 %, 46,67 %, 16,39 ©, 9,68%, 1 Kotyledo.
Am vierten Tage erreichen also nur Keimlinge mit geringeren
Reservestoffmengen die größten Längen, am fünften Tage verhält es
sich ungefähr so wie bei den Hypokotylen und später ist ein starker
Rückgang der eines Teiles ihrer Reserven beraubten Keimlinge bemerk-
bar. Während also entsprechend den angeführten Versuchen von Sachs
verdunkelte Pflanzenteile durch kräftige Ernährung seitens der nicht
verdunkelten Organe der Pflanze zur normalen Ausbildung gelangen
können, tritt umgekehrt durch Verringerung der Reservestoffzufuhr
im Lichte bei Phaseoluskeimlingen Verlängerung, Schmächtigwerden
der Stengelteile und Verkleinerung der Blattlamina ein.
Wenden wir uns nun zum Nachweis der entstehenden Assimilations-
produkte, so ist das sehr schnell nach Beginn der Chloroplastenarbeit im
Lichte auftretende und nachzuweisende Produkt die Stärke. Mittels
der gleich zu beschreibenden Sachsschen Jodprobe läßt sich dann Stärke
im Chloroplasten nachweisen. Aber schon der Umstand, daß die Pflanzen-
stärke bekanntlich organoide Formen zeigt, verschieden in der Struktur,
136 V. Kohlensäureassimilation.
je nach der Pflanzenart, in der sie entstanden ist, auftritt, beweist,
daß die Stärke nicht unmittelbar durch einen einfachen chemischen
Prozeß entsteht, sondern daß die Komponenten, aus denen sie gebildet
wird, durch die formende Kraft des Protoplasten zu Stärke syntheti-
siert werden. Vielleicht ist die Stärkebildung auch hier eine Art Gleich-
gewichtsprozeß, durch den infolge Überschusses von löslichem, osmotisch
wirksamem Bildungsmaterial, etwa Zucker, die osmotisch nicht wirk-
same Stärke gebildet wird, also ähnlich wie bei Polymerisation in den
Reservestoffbehältern. Bisher ist übrigens bei höheren Pflanzen nie-
mals ein anderer Stoff als direktes Assimilationsprodukt aufgefunden
worden als ein Kohlehydrat (das Auftreten von Öl bei Algen, ferner
bei Musa, Strelitzia ist überdies nicht unbestritten geblieben), aber unter
den Kohlehydraten ist die Stärke nicht das einzige, sondern viele
Pflanzen (Liliaceen, Amaryllideen usw.) bilden bei der Assimilation
überhaupt keine Stärke sondern nur reduzierende Zuckerarten. Manche
Pflanzenarten, wie namentlich die Kompositen, aber auch Campanu-
laceen und einige andere, bilden wohl ein
Polysaccharid, aber niemals Stärke son-
dern das Inulin (Fig. 53), welches als
Polysaccharid der Lävulose zu gelten hat.
Bei der Assimilation bildet es sich in den
Blättern von Kompositen z. B. von Zicho-
rium Intybus, Helianthus tuberosus, Dahlia
var. im Betrage von 4—5 %, aus, so daß
man es durch die gebräuchliche mikro-
skopische Methode — Bildung von Sphäro-
kristallen beim Einlegen in starken Alko-
hol — nachweisen kann. Dabei treten
um die Gefäßbündelscheide herum eigen-
artige, winzige, kugelige Aggregate auf,
die sich mit Jodtinktur bräunlichrot färben
und entweder Inulin oder dextrinartige
Fig. 53. Sphärokristalle sph von Inulin
im Gewebe, entstanden durch Einlegen Zwischenprodukte zwischen Lävulose und
der i inf arıc Schnitte in starke
r a a a in starken Inulin oder Übergangsprodukte zur Stärke
bilden (Lävulose geht überaus leicht in
Dextrose über). Alle diese Kohlehydrate zeigen wechselweisen Über-
gang in Fett, respektive Öl. Aber auch der Zucker ist zu kompli-
zierter Zusammensetzung, als daß man an seine primäre Bildung bei
der Assimilation denken könnte. Als solches primäres Assimilations-
produkt kommt heute wohl mit großer Wahrscheinlichkeit der Formal-
dehyd in Betracht, aus welchem auch extra vitam durch Bestrahlung
mit ultraviolettem Licht Glykolaldehyd, respektive Zucker entsteht und
aus dem durch einfaches Stehenlassen mit Kalklösung schon vor längerer
Zeit eine Zuckerart durch OÖ. Loew dargestellt wurde. Nun ist Kalk
ein Agens, dessen Wirksamkeit in der lebenden Pflanze nicht nur an-
genommen werden kann, sondern angenommen werden muß, da der
Kalk einen unentbehrlichen Nährstoff der Pflanze vorstellt und auch
nachweislich beim Zuckertransport eine große Rolle spielt. Bekanntlich
ist das Auftreten von Formaldehyd als erstes Assimilationsprodukt
von A.v. Baeyer zuerst ausgesprochen worden und diejenigen Forscher,
welche sich seiner Hypothese anschlossen, suchten das Vorkommen von
Formaldehyd in assimilierenden Blättern zu erweisen. Nun ist es tat-
V. Kohlensäureassimilation. 137
sächlich möglich, in assimilierenden Organen das Formaldehyd-Vor-
kommen nachzuweisen, wie zuerst Pollacci gezeigt hat, dessen Be-
funde ich durch das einzige bisher gefundene spezifische und auf kleinste
Mengen Formaldehyd wirksame Reagens, eine Auflösung von 3%
Diphenylamin in konzentrierter Schwefelsäure, das mit Formaldehyd
Smaragdgrünfärbung liefert, bestätigen konnte; aber das Auffinden
des für die Pflanze sehr giftigen Formaldehyds kann kaum dem nor-
malen Gang der Assimilation entsprechen, sondern die aufgefundenen
Mengen Formaldehyd sind wohl der Ausdruck einer parallel laufenden
Nebenreaktion. Man muß sich vielmehr vorstellen, daß normalerweise gar
nicht Formaldehyd in Substanz gebildet wird, sondern labile Gruppen,
welche in ihrer stabilen Form den Formaldehyd bilden, unter der Ein-
wirkung von Kondensationen sofort zu höheren, ungiftigen Komplexen
zusammentreten. Übrigens erweist sich Formaldehyd als wenig giftig
für die höhere grüne Pflanze, wenn er ihr vom Luftraume aus in Gas-
form geboten wird. Offenbar ist in dieser Form der Zerfall in labile
Gruppen gefördert, während das Formaldehydmolekul in wässeriger
Lösung durch Hydratation stabilisiert erscheint, wodurch er als Gift
wirken muß. Ich habe zahlreiche ernährungsphysiologische Versuche
mit Formaldehyd in dieser Weise der Darbietung angestellt und immer
eine auffallende Förderung der Versuchspflanzen durch gasförmigen
Formaldehyd wahrgenommen, selbst wenn das Gas in einer Konzen-
tration geboten wurde, welche der zehnfachen des normalen Kohlen-
säuregehaltes der Luft (0,033 Vol. proz.) entsprach. Phaseolus vulg.
und Lupine wuchsen bei diesen Mengen, welche natürlich durch den
Geruch wahrgenommen werden können, nicht nur, sondern sie ziehen
den Formaldehyd dabei in Bereich ihres Stoffwechsels und können mit
diesem Gas an Stelle von Kohlensäure ihr Auslangen finden, während
Kohlenoxyd, das ja auch als Reduktionsprodukt der Kohlensäure be-
trachtet werden kann, stets als Gift wirkt. Von einer Reizwirkung durch
Formaldehyd, wodurch das Wachstum beschleunigt worden sein könnte,
kann nicht die Rede sein, da zahlreiche andere organische Substanzen,
die ich geprüft habe und die dem Formaldehyd als Homologe oder
Derivate nahestehen, stets auch in ungleich kleineren Mengen toxisch,
keinesfalls aber wachstumsfördernd wirken. Bedingung für das Ge-
lingen dieser Versuche ist ein sorgfältiger Abschluß des Kultursubstrates
vor dem Einflusse des Formaldehyds, denn es hat sich gezeigt, daß
dieser Aldehyd, welcher ja eines unserer besten Desinfizientien vor-
stellt, auf nichtgrüne Organismen und Pflanzenorgane als Gift wirkt,
während durch das Chlorophyll auf irgendeine uns noch unbekannte
Weise eine Entgiftung desselben stattfindet. Im Dunkeln wird kein
Formaldehyd aufgenommen, vielleicht deshalb, weil er im Finstern
in eine nichtflüchtige polymere Modifikation übergeht. Uber die Methoden
zum Nachweis des von den Pflanzen verbrauchten und zurückgelassenen
Formaldehyds muß auf meine diesbezüglichen Abhandlungen verwiesen
werden.
Der qualitative Nachweis von reduzierendem Zucker wird in der
Weise geführt, daß man den mit heißem Wasser gewonnenen Extrakt
aus den betreffenden Pflanzenteilen mit einigen Kubikzentimetern
Fehlingscher Lösung versetzt und zum Kochen erhitzt. Die an-
fänglich grüne Farbe des Extraktes macht bald einer gelblichröt-
lichen Färbung Platz, worauf in der weiteren Folge ein ziegelroter
V. Kohlensäureassimilation.
[o 0)
13
Niederschlag sich zu Boden setzt (Kupferoxydul); bei Vorhandensein
sehr kleiner Zuckerquantitäten fällt der Niederschlag nicht sofort,
sondern es braucht längere Zeit, eventuell 24 Stunden, nach welcher
Zeit sich der Niederschlag entweder abgesetzt hat oder die Flüssigkeit
wenigstens in der Aufsicht gelbrot erscheint.
Der qualitative Nachweis von Stärke kann direkt im Blatte geführt
werden und ist bei ausreichender Assimilation schon makrochemisch,
sicher aber bei mikroskopischer Prüfung zu erkennen. Die Prüfung
auf Stärke, die Sachssche Jodprobe, wird folgendermaßen geführt:
Das zu untersuchende Blatt wird zunächst mit Wasser gekocht, bis
seine ursprüngliche Straffheit verschwunden ist. Nach der Abtötung
des Blattes wird es in starkem Alkohol gekocht, wodurch das Chloro-
phyll entfernt wird; das Blatt erscheint jetzt weißlich oder gelblich
und ganz weich. Nun legt man es in eine dunkelbraune Jodlösung
(eine alkoholische Jodlösung wird mit so viel Wasser versetzt, bis sie
die Farbe sehr dunklen Bieres angenommen hat) und läßt es so lange
darinnen, bis sich die Färbung des Blattes nicht mehr ändert. In auf-
fallendem Lichte, auf einer weißen Porzellanschale oder im durch-
fallenden Lichte betrachtet, zeigt das Blatt entweder dunkle Flecken
der Jod-Stärkeverbindung, die unter dem Mikroskop schwarzblau aus-
sehen, oder ist in seiner ganzen Fläche
samtartig braunschwarz, bei wenig Stärke
bräunlich. Oder aber man legt das Blatt,
ohne es vorher in Wasser zu kochen, nach
dem Extrahieren des Chlorophylis mit
Alkohol in eine Lösung von Jod in Chloral-
hydrat, wobei man den Vorteil hat, das
Präparat schön aufgehellt und unter dem
Mikroskop die einzelnen blau gefärbten
Stärkekörner zu sehen, während nach dem
Fig. 54. Sachssche Jodprobe. Kochen mit Wasser natürlich der ganze
Stärkegehalt verkleistertt wird. Daß
Stärkebildung nur in den belichteten Blattstellen stattfinden kana, kann
man zu Demonstrationszwecken in der Weise zeigen, daß man das
Blatt mit einem Stanniol- oder Zinkblechstreifen überdeckt, aus dem
etwa das Wort ‚Stärke‘ ausgeschnitten ist, und es nun dem Lichte
aussetzt. Nur an den ausgestanzten Stellen vollzieht sich Stärkebildung,
so daß nach Vornahme der Jodprobe das genannte Wort in schwarz-
brauner Farbe auf dem Blatte erscheint (Fig. 54). Wenn man mit einem
3latte die Stärkeprobe vornimmt, das mehrere Tage im dunklen Raume
verweilt hatte, so findet man das Blatt stärkeleer; die Entstärkung kann
auch durch niedere Temperatur und andere Umstände bewirkt werden.
Die Notwendigkeit des Chlorophyllifarbstoffes für die Stärkebildung
kann man an den weißen Stellen eines panaschierten Blattes von Acer
Negundo beobachten: an den weißen Stellen hat sich keine Stärke ge-
bildet. Die Notwendigkeit freier Kohlensäure erkennt man daran, daß
ein Blatt, dessen Spaltöffnungen etwa durch Kakaobutter oder Vaseline
verlegt worden sind, sich auch nach entsprechender Exposition am
Lichte als stärkefrei erweist, da die Spaltöffnungen, die Eingangspforten
für die Kohlensäure, nicht funktionieren. Die Kohlensäure kann man
auch ausschließen, wenn man die Versuchspflanze unter eine Glocke G
bringt (Fig. 55), in deren Tubus sich ein Natronkalkrohr R befindet, welches
V, Kohlensäureassimilation. 139
wohl der Luft Eintritt gestattet, jedoch die Kohlensäure derselben absor-
biert. Zweckmäßig stellt man den Pflanzentopf in eine Schale C mit starker
Kalilauge unter die Glocke (erhöht, etwa auf einen Glasblock, damit
die Kalilauge nicht den Tontopf benetzt und eindringt), damit die
Kohlensäure mit Sicherheit absorbiert wird. Die Glocke muß luftdicht
auf einer Glasplatte aufsitzen und mit Vaseline darauf abgedichtet
sein oder man stellt den Verschluß der Glocke in einer Schale direkt
durch Natronlauge (sie ist wohlfeiler als Kalilauge) her. Lauge ist zweck-
mäßiger als feste Ätznatronstücke. Die Pflanze wird in stärkefreiem
Zustande, also nach mehrtägigem Dunkelstehen, unter die Glocke ge-
bracht und die Glocke in helles Licht gestellt. Trotzdem wird man
auch nach längerer Zeit mit der Jodprobe keine Stärke nachweisen
können, da die Kohlensäure mangelt. Trotzdem wird man aber auf
diese Weise die Assimilation niemals mit absoluter Sicherheit aus-
schließen können, da die Möglichkeit vorliegt, daß die im Atmungsprozeß
abgegebene Kohlensäure direkt, eventuell ohne erst die Pflanze
1. Autochthone Stärke in 2. Transitorische Stärke in 3. Reservestärke bei Phaseolus.
den Zellen von Mnium ($S). den Zellen von Phaseolus. St = Stärkekörner; A = Aleuron.
Fig. 55. Typen von autochthoner, transitorischer und Reservestärke.
verlassen zu haben, bei der Assimilation Verwendung findet. Versuche,
welche bei Ausschluß der Assimilation vorgenommen werden sollen,
können daher nur im Dunkeln angestellt werden, wobei man aber aller-
dings die Korrelation der normalen Stoffwechselvorgänge empfindlich
stört. Daß die Stärkebildung kein direkter, sondern ein Magazinierungs-
prozeß ist, erkennt man, wenn man stärkefreie Blätter (seien es aus-
gehungerte oder normal stärkefreie, wie die von Iris germanica) auf
konzentrierter Zuckerlösung schwimmen läßt, wobei sie sich mit Stärke-
körnern füllen, indem der aufgenommene Zucker sofort in Stärke ver-
wandelt wird. Das beweist übrigens auch, daß die grünen Pflanzen
nicht so ausschließlich autotroph sind wie es den Anschein hat, sondern
daß sie bei Darbietung organischer Substanzen diese ebenfalls als Nahrung
verwenden können, also fakultativ heterotroph sind. Es wurde von
Molliard, Lefe&vre u. a. gezeigt, daß Keimlinge von Senf, Kresse
usw. imstande sind, sogar durch die Wurzeln Aminosäuren aufzunehmen,
ich habe dasselbe bezüglich der Aufnahme von Mono- und Disacchariden
bei Phaseolus vulgaris nachgewiesen und auch die von mir festgestellte
140 V. Kohlensäureassimilation.
Aufnahme gasförmigen Formaldehyds durch oberirdische Pflanzen-
organe gehört hierher. Es muß hier übrigens darauf hingewiesen werden,
daß Phaseolus vulgaris, der normalerweise bei der Assimilation Stärke
bildet und, wie erwähnt, bei Formaldehyddarreichung mindestens so
gut oder besser gedeiht als die normal ernährte Pflanze, auffallender-
weise bei Formaldehydernährung nur wenig Stärke bildet, daß aber
seine Organe mit reduzierendem Zucker überfüllt sind. Durch diese
abnormale Art der Ernährung wird die Stärkepflanze Phaseolus zu einer
Zuckerpflanze, wie es die Liliaceen und Amaryllideen sind, Frühlings-
pflanzen, deren infolgedessen stärkeres Wachstum einen biologischen
Zweck erfüllt. Seit altersher wurde von der neueren Physiologie die
Anschauung übernommen, daß bei Tage, im Licht die Bildung der
Assimilate, in der Nacht, im Dunkeln deren Ableitung aus den Blättern
stattfinde (Fig. 56). Man schloß das vor allem daraus, daß im Blatte einer as-
similierenden Pflanze am Morgen keine oder nur wenig mit der JJodprobe
nachweisbare Stärke vorhanden ist. Meine Unter-
suchungen an der Inulinpflanze Ciehorium Inty-
bus haben ergeben, daß hier der Inulingehalt der
Morgen- und Abendblätter nur wenig schwankt,
und daß also offenbar eine fortwährende Ab-
leitung dieses löslichen Kohlehydrates statt-
findet, daß aber vielleicht dessen Verarbeitung
im Stoffwechsel durch die Dunkelheit verlangs-
amt wird, so daß am Morgen der Inulingehalt
der Blätter nur unwesentlich abgenommen hat,
obwohl ja in der Nacht kein neues gebildet wird.
Meine auf Stärkepflanzen ausgedehnten Unter-
suchungen haben ergeben, daß sich bei Phaseolus
vulgaris ein ähnlicher Vorgang vollzieht: wohl
ist am Morgen die Stärke verschwunden und im
Blatte mit der Jodprobe nicht auffindbar, aber
das Blatt ist am Morgen ungleich zuckerreicher
als am Tage; es ist also nicht die Ableitung
der Assimilate, welche ausschließlich bei Nacht
Kig. 56. Fur Demonstration des stattfindet, sondern die Hydrolyse der Stärke,
bei Kohlensäuremangel. was ja um so verständlicher ist, als, wie oben
erwähnt, deren Bildung der Ausdruck eines Auf-
stapelungsprozesses ist, ein chemischer Vorgang, der untertags, also
bei fortwährender Neubildung von Assimilaten, nach einer Richtung,
nach der Richtung der Stärkebildung hin sich vollzieht, während bei
Nacht, wenn die Assimilation sistiert ist, der reversible Vorgang, Wieder-
umwandlung von Stärke in lösliche Kohlehydrate statthat, die nun
ihrerseits wandern können. Die Diffusion des Zuckers ist aber offenbar
durch das Licht stark beeinflußt, hat doch Tröndle gezeigt, wie sehr
sich die Permeabilität des Plasmas durch das Licht verändert, und so
dürfte die Ableitung der Assimilate in den ersten Morgenstunden vor
sich gehen. Vielleicht vollzieht sie sich auch — und das ist die wahr-
scheinlichste Annahme — ebenso wie die des Inulins, unausgesetzt bei
Tag und bei Nacht, vielleicht ist sie sogar nach dem Dargelegten bei
Nacht überhaupt gehemmt und vollzieht sich in stärkerem Ausmaße
überhaupt untertags. Ma. kann zeigen, daß Blätter von Landpflanzen
nicht so wie die von Wasserpflanzen unter Wasser Stärke bilden, wenn
V. Kohlensäureassimilation. 141
man solche Blätter derart unter Wasser taucht, daß sie zum Teil vom
Wasser bedeckt sind: der unter Wasser befindliche wird bei der Unter-
suchung am Abend stärkefrei befunden. Für den Nachweis, daß Stärke
nur bei voller Funktion der Spaltöffnungen gebildet wird, verwendet
man am besten solche Blätter, deren Spaltöffnungen sich alle auf der
Unterseite befinden; Stahl empfiehlt dafür Prunus padus, nach
Darwin und Acton ist auch Sparmannia africana geeignet; man
geht am besten so vor, daß man die Unterseite einer Blatthälfte mit
einem gasdichten Überzug versieht.
Ebenso wie eine allzu geringe Quantität CO, oder deren Fehlen die
Stärkebildung verhindert, so auch ein Überschuß "dieses Gases. Übrigens
stellt der normale Kohlensäuregehalt der Atmosphäre nicht das Optimum
der Assimilation dar, sondern etwa das Zehnfache desselben. Am ge-
eignetsten sind für Versuche mit Kohlensäureüberschuß Callitriche und
Lemna, welche allerdings sehr lange Zeit vorher in der Dunkelheit ge-
halten werden müssen, um entstärkt zu sein. Zwei Meßzylinder von
zirka 200 cem Inhalt werden dann, mit
Wasser gefüllt, verkehrt in Wasser auf-
gestellt und entstärkte Callitriche-
pflanzen in die Zylinder hineingetan,
so daß sie bis zu dem in die Luft
ragenden Boden des Gefäßes hinauf-
schwimmen. In den einen Zylinder läßt
man nun ein Gemenge von gleichen
Teilen CO, und Luft einströmen, in
den anderen ein Gemisch von 12 Teilen
Luft und 1 Teil CO,. Dieses Verhält-
nis bleibt allerdings nicht ungeändert,
da ja das Wasser Gas absorbiert, aber
während der 24 stündigen Dauer des
Versuches ist sicherlich in dem einen
Gefäß ein weit höherer ÜO,-Betrag
vorhanden als das Optimum ausmacht;
in dem anderen sinkt dieser Betrag
nicht unwesentlich unter das Optimum.
Die das Optimum an CO, genießen-
den Pflanzen sind am Abend vollgepfropft von Stärke, die anderen
ganz stärkefrei. Um Wasser kohlensäurefrei zu machen, ist folgen-
des Verfahren angemessen. Ein Kolben (Fig. 57) wird mit Leitungs-
wasser gefüllt, das vorher gerade gekocht worden ist, so daß es
als gasfrei gelten kann, und von dem gewöhnlich sich bildenden
Niederschlag von CaCO, durch Filtrieren getrennt worden ist. Das
Wasser in A wird 20 Minuten gekocht, während die Verbindung mit 5,
das eine starke Kalilösung enthält, gelöst ist. Wenn die Flamme unter
A entfernt wird, stellt man durch Aufsetzen des Stopfens C die Ver-
bindung mit der Kalilauge her. Während das Wasser im Kolben er-
kaltet, wird Luft bei D eingelassen, welche, durch die Kalilauge strei-
chend, von CO, befreit wird. Das so vorbereitete Wasser wird für die
kohlensäurefreie Kultur von Wasserpflanzen verwendet; das Kultur-
gefäß muß mit einem Kautschukstöpsel verschlossen sein, durch dessen
Bohrung ein gefülltes Natronkalkrohr gesteckt ist. Ein genau so ad-
justiertes Gefäß, in dessen Wasser man aber durch Hineinblasen mittels
Fig .„ Darwins Methode zur Her-
ee kohlensäurefreien Wassers.
142 V. Kohlensäureassimilation.
eines Glasrohres aus den Lungen Kohlensäure hat einströmen lassen
und dessen verschließendes Rohr statt mit Natronkalk mit grobem
Sand gefüllt ist, kann für die normale Kontrollkultur Verwendung
finden. Sachs hat aber auch gezeigt, daß eine gegebene Blattfläche
am Abend schwerer ist als am Morgen, entsprechend der Menge der
gebildeten Assimilate. Von breitbeblätterten Pflanzen, wie Helianthus,
Cucurbita, Rheum, wird aus dem Blatte mit Schablonen, die ein Quadrat
mit 10 cm Seitenlänge, bzw. ein rechtwinkliges Stück 10 x 5 cm dar-
stellen, ein Stück herausgeschnitten. Diese Schablonen dienen dazu,
um Stücke von 100 ccm respektive 50 gem herauszuschneiden. Das
Experiment muß, obzwar die ganze Pflanze am vorhergehenden Abend
ins Dunkle gestellt worden war, bald nach Sonnenaufgang beginnen.
Fünf bis sechs gesunde Blätter werden gesammelt und jedes der Länge
nach eng an der Mittelrippe halbiert; die von der Pflanze abgetrennte
Blatthälfte wird sofort untersucht, die andere Hälfte wird bis zum Abend
on der Pflanze belassen. Jede Blatthälfte wird folgendermaßen weiter-
behandelt: sie wird auf eine flache Porzellanschale gelegt, wobei die
Unterseite des Blattes nach aufwärts gewendet ist, so daß die hervor-
tretenden Gefäßstränge deutlich zu sehen sind. Die Schablonen werden
nun zwischen die breiteren Nerven gelegt, daß man möglichst nerven-
freie Blattstücke erhält. Die rechteckigen Blattstücke werden darauf
rasch durch strömenden Dampf abgetötet; nachdem sie lufttrocken ge-
worden sind, werden sie gepulvert, getrocknet und gewogen. Am Ahend
wird derselbe Prozeß mit den Kontrollhälften durchgeführt. 100 gem
werden aus den Hälften von sieben Blättern von Helianthus annuus
herausgeschnitten; in einem Versuche von Acton war das Trocken-
gewicht von 700gem um 5" a. m. 3,054 g, um 3" p. m. 3,693 g, Differenz
0,639 g; das entspricht 0,9 g pro Quadratzentimeter der Blattoberfläche
und pro Stunde. Die Wägungsmethode wird von Sachs auch umgekehrt
für Demonstration der Stärketranslokation bei Nacht angewendet. Wenn
man am Abend die Hälften verschiedener Blätter abschneidet und nach
Prüfung von kleinen Stücken die abgeschnittenen Hälften auf feuchtem
Filtrierpapier unter eine Glocke in einen kühlen, dunklen Raum und
daneben die Pflanze in denselben Raum stellt, kann man beobachten,
daß am Morgen die an der Pflanze verbliebenen Blatthälften weit mehr
Stärke verloren haben als die weggenommenen Hälften. Sparmannia
gibt nach Acton ein gutes Ergebnis, wenn sie von 5" p. m. bis 10h
30 a. m. verdunkelt wird, worauf die an der Pflanze verbliebenen Blatt-
hälften stärkefrei sind und gut mit den abgenommenen Blatteilen kon-
trastieren.
Um die Assimilation von Zucker zu zeigen, werden Wasserpflanzen,
wie Elodea, Potamogeton, Lemna, Callitriche, in 500 ccm fassende
Gefäße mit Leitungswasser gesetzt, von denen eines mit 3% Rohr-
zucker, das andere mit 5%, Glyzerin, das dritte mit keiner orga-
nischen Substanz versetzt wird. Es ist wichtig, daß ungefähr gleich
große und gleich kräftige Exemplare gewählt werden und daß die Ob-
jekte im Verhältnis zu der Wassermenge in den Gefäßen klein seien.
Die Gefäße werden 8—10 Tage (für Lemna genügen im Sommer 6 Tage)
im Dunkeln belassen, worauf die Prüfung in bezug auf Aussehen, Wachs-
tum und Stärkegehalt erfolgt. Die Kontrollexemplare sind stärkefrei und
tot oder sehr geschädigt, während die mit Zucker oder Glyzerin ge-
nährten Pflanzen sichtlich besser stehen und mehr oder weniger Stärke
V. Kohlensäureassimilatıon. 143
enthalten. Dabei gedeihen die Glyzerinkulturen gewöhnlich nicht so
vorzüglich wie die Zuckerkulturen. Die bald eintretende Verpilzung
in solchen Versuchen kann man ein wenig zurückdrängen, wenn man
die Gefäße vorher mit W%, prozentiger Sublimatlösung und nachher mit
kochendem Wasser auswäscht. Auch die Kulturflüssigkeiten müssen
sterilisiert und in den mit Wattestöpseln versehenen Sterilisierkolbken ab-
kühlen gelassen werden. Für diese Form der Stärkebildung aus dar-
gebotenem organischen Material ist also kein Chlorophyll, ebensowenig
wie der ganze Assimilationsapparat nötig, auch farblose Pflanzenteile
bilden reichlich unter diesen Umständen Stärke. Sehr gut eignen sich
für diesen Versuch die weißen Blüten von Phlox paniculata. Man läßt
sie einfach auf den vorhergenannten Zucker- oder Glyzerinlösungen
schwimmen, während Kontrollpflanzen in reinem Wasser gezogen werden.
In einigen Tagen füllen sich die organisch ernährten Blüten mit Stärke,
während die Kontrollkulturen stärkefrei bleiben. Die Verwendung farb-
loser Organe, wie weißer Blüten, ist auch deswegen vorteilhaft, weil
das Auskochen mit Alkohol als Entfärbungsmittel unterbleiben kann
und die Blätter nur durch bloßen Wasserdampf vor Anstellung der
Jodprobe abgetötet zu werden brauchen.
Zum Nachweis von Zucker !) dient am besten die Reaktion mit
Fehlings Lösung, aber es gibt auch eine Reihe schöner Farben-
reaktionen, die, wenn auch nicht eindeutig, doch zum vorläufigen Nach-
weise dienen können. Zum Nachweis von Pentosen dient die Farben-
reaktion mit Phlorogluzin-Salzsäure, mit Arabinose oder Xylose, respektive
mit Materialien, welche wie Gummiarten diese Pentosen bei der Hydro-
lyse entstehen lassen, gibt das Reagens eine schöne rotviolette Färbung:
man bringt in die zu prüfende Lösung eine erbsengroße Menge Phloro-
gluzin, setzt die gleiche Quantität konzentrierter Salzsäure hinzu und
erwärmt sehr langsam bis zum beginnenden Kochen. Die rotviolette
Färbung tritt sehr bald auf und verstärkt sich beträchtlich, um nach
einiger Zeit einer braunen Trübung durch Abscheidung von Humin-
stoffen Platz zu machen; verwendet man eine Mischung von Alkohol
und Ather statt des Wassers (wobei die Erwärmung im Wasserbad
vorgenommen wird), so bleibt die Färbung dauernd erhalten. Die
Flüssigkeit gibt im Spektralapparat ein scharfes, schwarzes Absorptions-
band im Gelb zwischen den Linien D und E rechts von der Natriumlinie.
Beim Erhitzen mit Salzsäure liefern Pentosen und Pentosane (die Re-
aktion geht z. B. sehr gut mit Stroh) Furfurol, welches mit den Dämpfen
der wässerigen Salzsäure flüchtig ist und im Destillat durch essigsaures
Anilin nachgewiesen werden kann, mit dem es selbst in Spuren intensive
kirschrote Färbung liefert. Die Lösung von Anilinazetat stellt man
her, indem man gleiche Volumina von Anilin und Wasser in der Eprouvette
unter starkem Schütteln so lange mit Eisessig tropfenweise versetzt,
bis die vorher milchig getrübte Flüssigkeit plötzlich klar wird. Von
dieser Lösung wird ein Tropfen auf Filtrierpapier getropft und das
Reagenzpapier vor das Rohr des Destillationsapparates gehalten: jeder
Tropfen des Destillates liefert die rote Färbung. Allerdings hetern auch
Hexosen und Hexosane merkliche Mengen Furfurol, man kann aber
!) Näheres über Zuckernachweis in der ausgezeichneten Abhandlung von
B. Tollens im 2. Bande von Abderhaldens biochemischen Arbeits-
methoden
144 V, Kohlensäureassimilation.
im großen ganzen diese Reaktion doch als typische Pentosenreaktion
gelten lassen. Man kann die rohen Pflanzenteile oder auch den Extrakt
daraus zur Furfuroldestillation verwenden. Methylpentosen (Rhamnose,
Fukose usw.) geben bei der Destillation mit Salzsäure Methylfurfurol,
welches mit Anilinazetat nur Gelbfärbung gibt, die durch die Rot-
färbung ganz verdeckt wird; erwärmt man aber einige Kubikzentimeter
des Destillates mit ihrem gleichen Volumen konzentrierter Salzsäure
gelinde, so färbt es sich gelb, Alkohol und Schwefelsäure färben das
Destillat grün. Zum Nachweis von Hexosen oder Hexosegruppen, ferner
zum Nachweis aller Polysaccharide, welche Hexosen bei der Hydrolyse
liefern, dient die Entstehung von Lävulinsäure beim Kochen mit kon-
zentrierter Salzsäure; die Bestimmung der Lävulinsäure geschieht durch
deren Extraktion aus der Flüssigkeit mittels Äthers und Überführung
in das gut charakterisierte, unter dem Mikroskop zahlreiche sechsseitige
Täfelchen, Sechsecke oder auch (in weniger reinem Zustand) federartige
Kristalle zeigende Silbersalz. 5—10 g der betreffenden Substanz werden
im Kolben am Rückflußkühler mit 20—50 ccm Salzsäure von 18—20 %
im kochenden Wasserbade 5—20 Stunden lang gekocht, bis starke Humin-
abscheidung eingetreten ist; dann filtriert man die braune Flüssigkeit
vom Niederschlag ab, schüttelt sie viermal mit Ather aus, trennt die
ätherische Lösung im Scheidetrichter von der ausgeschüttelten Flüssig-
keit, destilliert den Ather ab und bewahrt den in ein Schälchen gegossenen
Rückstand bei gelinder Wärme auf. Ein in Wasser gegossener Tropfen
des Sirups gibt auf Zusatz von Natronlauge und Jod in der Kälte Jodo-
formgeruch oder mehr oder weniger starke Ausscheidung von Jodoform.
Man löst nun, um das Silbersalz darzustellen, den Sirup in Wasser,
kocht mit etwas Zinkweiß und nachher mit Blutkohle, filtriert und dunstet
ein; das nun auskristallisierende lävulinsaure Zink wird abfiltriert, wenig
absoluter Alkohol und Ather darauf gebracht, wieder abfiltriert, worauf
der Niederschlag meistens hell geworden ist. Nun löst man ihn in 5 bis
10 ccm Wasser unter Erwärmen, setzt eine Lösung von Silbernitrat
zu, erwärmt zum Kochen, bis das anfänglich ausgeschiedene Salz sich
wieder gelöst hat, setzt etwas Blutkohle zu und filtriert, worauf sich
im Filtrat bald das Silbersalz ausscheidet. Als Farbenreaktion auf
Dextrose kann man ein Zusammenbringen des Extraktes mit Diazo-
benzolsulfosäure, etwas Alkali und Natriumamalgam verwenden, worauf
sich nach zehn Minuten eine rotviolette Färbung zeigt. Zur Ausführung
der sehr sicheren (natürlich auch Lävulose usw. anzeigenden) Phenyl-
hydrazinprobe setzt man zum Extrakt eine kleine Menge (0,2—0,3 g)
salzsauren Phenylhydrazins und ebenso viel Natriumazetat, worauf man
die Eprouvette im siedenden Wasserbad 30 Minuten erhitzt (nachdem
man vorher eventuell zur völligen Auflösung der zugesetzten Salze
etwas Wasser hinzugefügt hat). Darauf wird die Eprouvette sofort
in kaltes Wasser getaucht, wobei das Osazon in gelben, unter dem
Mikroskop charakteristisch zu Sternen vereinigten Nadeln ausfällt.
Das Glukososazon ist durch seinen Schmelzpunkt weiter zu charakte-
risieren. Eine Reaktion, welche Dextrose, was besonders ins Gewicht
fällt, von Lävulose zu unterscheiden gestattet, ist die Entstehung von
Zuckersäure beim Abdampfen von Glukose oder auch von Stärke mit
Salpetersäure von 1,15 spezifischem Gewicht. 5 g Substanz werden mit
30 com HNO, in einer Porzellanschale unter Umrühren auf kochendem
Wasserbad zu einem Sirup eingedampft, bis die Entwicklung von braunen
V. Kohlensäureassimilation. 145
Dämpfen aufhört und der anfangs farblose Sirup deutlich und dauernd
gelb zu werden beginnt. Dann wird er in wenig Wasser gelöst und unter
Erhitzen über kleiner Flamme solange mit gepulverter Pottasche ver-
rührt, bis eine Probe der braungewordenen Masse auf befeuchtetem
rotem Lackmuspapier deutliche Blaufärbung hervorruft, worauf man
Eisessig zusetzt, bis die Masse stark danach riecht; nach gelindem Ver-
dunsten der Flüssigkeit wird die Masse von ausgeschiedenem zucker-
saurem Kali dick, man preßt den Niederschlag auf Ton ab, löst ihn in
möglichst wenig heißem Wasser und kristallisiert ihn nach eventueller
Reinigung mit Blutkohle um. Das getrocknete Salz wird gewogen,
in wenig Wasser unter sehr vorsichtigem Zusatz von Ammoniak zum
Neutralisieren gelöst und in eine kalte Lösung aus dem 11, fachen Ge-
wichte des Kalisalzes an Silbernitrat gegossen; es fällt zuckersaures
Silber, das nach gutem Zerrühren und Stehen abfiltriert, gewaschen,
über Schwefelsäure im Exsikkator getrocknet und im Porzellantiegel
stark geglüht wird; es enthält 50,94 %, Ag.
Um auf Fruktose (Lävulose) zu prüfen, erwärmt man die zu
prüfende Lösung mit Resorzin und Salzsäure, worauf bei Gegenwart
von Fruktose oder Fruktose abspaltenden Polysacchariden oder Rohr-
zucker eine schöne lebhaft rote Färbung eintritt. Die Zuckerlösung wird
mit Y, ihres Volumens konzentrierter HCl vermischt und eine Messer-
spitze voll Resorzin dazugefügt; die Erwärmung muß sehr allmählich
erfolgen. Die nach einigen Minuten sich entwickelnde Färbung ist
charakteristisch feuerrot und wird mit der Zeit durch Absetzen von
Huminstoffen grau und undurchsichtig; die rote Flüssigkeit liefert im
Spektralapparat im roten und violetten Teil des Spektrums zwischen
Grün und Blau dunkle Bande. Diese Reaktion ist übrigens für Keto-
hexosen überhaupt charakteristisch. Nimmt man zu konzentrierte
Säure oder kocht man zu intensiv, so kann auch Glukose allein die
Reaktion geben; am sichersten ist es, den HCl-Gehalt der zu prüfenden
Flüssigkeit auf 121, % zu halten (spezifisches Gewicht 1,06), bei Aus-
schütteln der rotgefärbten Probe mit Essigäther färbt dieser sich gelb.
Statt Salzsäure verwendet man zweckmäßig ein Gemisch von 750 ccm
Alkohol von 96 ®° B. und 200 g konzentrierter Schwefelsäure. Erhitzt
man eine Probe mit 0,05 g Fruktose, 5 ccm des Alkohol-Schwefelsäure-
gemisches, 5 ccm Alkohol und 0,2 ccm einer 5 prozentigen Resorzin-
lösung, so tritt nach Einsetzen der Eprouvette in das heiße Wasserbad
binnen einer Minute die Rotfärbung ein ebenso wie mit Fruktose ent-
haltenden Polyosen, während mit Dextrose oder Dextrosanen erst nach
35 Minuten eine Färbung auftritt. Noch schöner fällt die Färbung mit
Naphthoresorzin statt Resorzin aus. Sehr charakteristisch ist das mit
Methylphenylhydrazin in schwach alkoholischer Lösung nach 5 bis
10 Minuten langem Erwärmen auf dem Wasserbade nur mit Fruktose,
nicht aber mit Dextrose entstehende, bei 158—160° schmelzende, in
Nadeln kristallisierende Osazon.
Der Nachweis von Inosit gelingt am besten in der Weise, daß man
die Substanz mit einigen Tropfen CaCl,-Lösung zur Trockene verdampft,
den Rückstand mit Salpetersäure befeuchtet und wieder verdampft,
wobei eine rosenrote Färbung auftritt.
Rohrzucker liefert die Proben auf die ihn konstituierenden Monosen,
Dextrose und Lävulose, nicht direkt, sondern erst nach der Hydrolyse,
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 10
146 V. Kohlensäureassimilation.
die man durch Kochen mit einigen Tropfen Salzsäure vornimmt, worauf
abgekühlt und mit Soda neutralisiert wird.
Maltose kann am besten durch die Entstehung ihres Osazons
bei 11, stündigem Erhitzen mit Phenylhydrazin im Wasserbade er-
kannt werden; dasselbe fällt jedoch nicht schon beim Erhitzen, sondern
erst während des nachfolgenden Erkaltens aus, kristallisiert in gelben
Nadeln und schmilzt bei raschem Erhitzen bei 206°. Man kann das
Maltosazon, das in Azeton leichter löslich ist als andere Osazone, durch
Ausschütteln mit 50 prozentigem Azeton aus einem Osazongemisch
isolieren. Am bequemsten zum Nachweis aller Zuckerarten ist wohl
ihr Drehungsvermögen im Polarisationsapparat, es soll aber auf diese
Methode hier nicht eingegangen werden, da in pflanzenphysiologischen
Laboratorien nur selten gute Polarimeter vorhanden sind, und es sei
diesbezüglich auf die Spezialwerke verwiesen.
Rohrzucker und Fruktose kann man von Glukose schnell unter-
scheiden, indem man in die kalten Lösungen dieser Zuckerarten in der
Eprouvette einige Kubikzentimeter konzentrierter Schwefelsäure am
Rande so langsam einfließen läßt, daß die Flüssigkeiten zwei über-
einanderstehende Schichten bilden. Bei Gegenwart von Fruktose und
Rohrzucker färbt sich die Berührungszone braun, bei Traubenzucker
nicht. Ganz ähnlich ist Fruktose auch gegen Alkalien viel empfind-
licher, färbt sich mit Natronlauge sofort braun, während Trauben-
zucker während dieser Zeit bloß Gelbfärbung zeigt, wird mit Ba(OH),
sofort gelb, während Dextrose längere Zeit nicht verändert wird.
Auf der Bildung von Furfurol beruht die Reaktion von Molisch,
bei welcher zur Probelösung einige Tropfen einer 10—20 prozentigen
alkoholischen «-Naphthollösung und dann vorsichtig einige Kubik-
zentimeter konzentrierte Schwefelsäure hinzugefügt werden, die sich
am Boden der Eprouvette ansammelt. Bei Gegenwart von Lävulose,
Rohrzucker bildet sich sogleich eine violette Zone in der Kälte,
bei anderen Zuckern tritt diese Färbung beim vorsichtigen Mischen oder
leichten Erwärmen in der ganzen Flüssigkeit auf; bei Verwendung von
Thymol statt Naphthol ist die auftretende Färbung zinnoberrot. Beim
Kochen mit Naphthoresorzin, Salzsäure und Wasser geben die Aldosen
Glukose, Mannose, Galaktose nach Rorive und Tollens dunkle
Absätze, welche nach dem Abfiltrieren und Auswaschen mit Wasser
sich in Alkohol zu mißfarbigen, bei Galaktose zu lilafarbigen Flüssig-
keiten lösen, die eine grüne Fluoreszenz zeigen. Im Spektralapparat
erscheint im Grün ein Band und, von der Galaktose herrührend, daneben
ein Band in Gelb, dessen Mitte auf der D-Linie liegt. Wenn Lävulose
gleichzeitig zugegen ist, zeigt sich dieses Band nicht, wohl aber, wenn
man vor dem Zusatz von Naphthoresorzin mit HCl 1:1 eine halbe
Stunde im Wasserbade gekocht und die Flüssigkeit dann unter Zusatz
von etwas Blutkohle filtriert hat.
Um Fruktose durch die Phenylhydrazinmethode von den übrigen
Zuckerarten zu Irennen, läßt man die mit Methyl-Phenylhydrazin ver-
setzte Flüssigkeit ohne Essigsäure zunächst 24 Stunden stehen, saugt
das etwa ausgeschiedene Mannose- oder Galaktose-Methylphenylhydrazon
ab und versetzt dann mit Essigsäure, worauf das Methylphenyl-Osazon
der Fruktose beim Erhitzen ausfällt. Wenn sich Fruklose neben Glukose
findet, kann man sie nach der Methode von Sieben in der Weise be-
stimmen, daß man zunächst in einer Probe, etwa mit Fehling scher
V. Kohlensäureassimilation. 147
Lösung beide Hexosen bestimmt, dann eine andere Menge der Flüssig-
keit mit 20 ccm conc. HCl auf 100 ccm der betreffenden Flüssigkeit
150 Minuten auf dem kochenden Wasserbade erhitzt, wobei die Fruktose
zerstört, die Dextrose aber nur sehr wenig angegriffen wird. Nach dem
Neutralisieren bestimmt man wieder den Zuckergehalt und rechnet die
Differenz auf Fruktose. Wird die Kochdauer und die Konzentration
der Säure genau eingehalten, so gibt die Methode, wie ich aus eigener
Erfahrung weiß, befriedigende Resultate. Durch Kombination der
Fällungsmethoden mit der Polarisation kann man bisweilen ebenfalls
die Bestimmung vornehmen.
Zur quantitativen Analyse der’ Zuckerarten sind die
maßanalytischen Kupfermethoden und die jodometrische Bestimmung
am zweckmäßigsten.
I. Maßanalytische Methoden nach J. Bang: Bei Gegenwart
von Rhodankali wird alles in einer Lösung vorhandene Kupfersalz als
Kupferrhodanür ausgeschieden, wenn die Lösung nur Alkalikarbo-
nate, keine Alkalihydroxyde enthält. Es bildet sich also, wenn man
zu einer Kupfersalz enthaltenden Lösung, die Alkalikarbonat im
Überschuß führt, eine Rhodankali enthaltende Lösung fügt, eine
quantitative Ausfällung von Kupferrhodanür. Nun hat der Zucker
die Eigenschaft, das Kupfersalz zu reduzieren, so daß die blaue
Lösung farblos wird. Nach Bang verwendet man aber nur so viel
Zuckerlösung, daß die Flüssigkeit überschüssiges Kupfersalz ent-
hält, also blaugefärbt bleibt, worauf man den Überschuß, das
nicht verbrauchte Kupfer, durch Hydroxylaminlösung bis zur Ent-
färbung zurücktitriert. 1 ccm Hydroxylaminsulfat entspricht genau
l cem Kupferlösung, wenn genau 6,55 g des Hydroxylaminsulfats in
2000 ccm Wasser gelöst sind. Die Lösung I enthält 12,5 g chemisch reines
Kupfersulfat, 250 g Kaliumkarbonat, 200 g Rhodankali, 50 g Kali-
bikarbonat und 1000 ccm Wasser. Man löst die Salze bis auf das Kupfer-
vitriol unter Erwärmen in zirka 600 cem Wasser und läßt nachdem
Abkühlen das in zirka 75 cem Wasser gelöste Kupfervitriol langsam
in dünnem Strahle zufließen, wobei man fortwährend umrührt. Man
füllt auf 1000 ccm auf und filtriert nach 24 Stunden von dem gewöhnlich
reichlich ausgeschiedenen kristallinischen Niederschlag ab. Die Maße und
Reihenfolge der Operationen sind genau einzuhalten. Die Lösung ist
höchstens vier Wochen haltbar; ferner ist sorgfältig darauf zu achten,
daß die Lösungen beim Zusammenschütten nicht über Zimmertemperatur
warm sind. Lösung II enthält 6,55 g Hydroxylaminsulfat (auf der
analytischen Wage gewogen), 200 g Rhodankali und 2000 ccm Wasser.
Es ist zweckmäßig, die beiden Lösungen vor dem Gebrauch gegen-
einander einzustellen. Die genau mit der Pipette entnommene Zucker-
lösung (sie muß so verdünnt werden, daß die reagierende Quantität
die Kupferlösung beim Kochen nicht zur Entfärbung bringt, was man
im Vorversuch feststellt, um eventuell die Zuckerlösung vorher zu ver-
dünnen) wird in einem kleinen, breithalsigen Kölbehen mit 50 ccm der
Lösung I vermischt, die man aus der Bürette entnimmt, und die Mischung
genau 3 Minuten (vom Beginn des Siedens) am Drahtnetz gekocht, dann
sofort unter der Wasserleitung auf Zimmertemperatur abgekühlt und
mit Lösung Il auf Entfärbung oder die ursprüngliche Färbung des
zuckerhaltigen Extraktes titriert. Enthält die Zuckerlösung mehr als
10 *
148 V. Kohlensäureassimilation.
60 mg in 10 ccm, so werden 50 cem von Lösung I vollkommen redu-
ziert; man muß daher weniger als 10 ccm verwenden.
Tabelle zur Berechnung der Zuckermenge.
Hydro- | L Hydro- | B cem | IR Hydro-
en | Zu xylamin | Bu Hydro- | Zucker = min | Zucker
cem IE cem | 2 xylamin | 5 cem »&
1 |
|
— | — 32,45 16 19,35 31 8,20 46
== | — 31,50 | 17 18,55 | 32 7,65 47
De 30,55 18 17.754 93.93 7,05 48
— — 29,60 | 19 16,95 34 6,50 49
43,85 | 5 28,65 20 16,155 | 35 5,90 50
42,75 6 27,75 21 15,35 | 36 5,35 Sl
41,65 7 26,85 22 14,60 .37 4,75 52
40,60 8 26,00 23 13,80 38 4,20 53
39,50 ) 25,10 | 24 13,05 39 3,60 54
38,40 10 24,20 | 25 12,30 40 3,05 55
47,40 11 23,40 26 11,50 -| 41 2,60 56
36,40 12 22,60 27 10,90 42 2,15 57
35,40 13 21,75 28 10,20 | 43 1,65 58
34,40 14 21,00 29 9,50 44 1,20 | ..89
33,40 15 20,15 30 8,80 45 0,75 60
Die eben beschriebene Bang sche !) Methode hat vor allem den
großen Vorteil, sehr expeditiv zu sein und eine durchgreifende vor-
gängige Enteiweißung des Extraktes unnötig zu machen; indessen zeigt
sie mehrere große Nachteile, vor allem, daß die Reagenzien, von denen
ja ziemlich. viel verbraucht wird (50 ccm Kupferlösung für eine Be-
stimmung), teuer sind; ferner daß die Kupferlösung im Verlauf von
drei Monaten ihren Titer völlig ändert und unbrauchbar wird, und
schließlich, daß die Vorschriften für die Bereitung der Lösungen ziem-
lich genau eingehalten werden müssen, will man zu richtigen Werten ge-
langen. Setzt man z. B. die Kupfersulfatlösung vor Auflösung der
Salze dem Rhodankali zu, so wird der Titer falsch, das Kupfersulfat muß
exakt auf der analytischen Präzisionswage gewogen werden und genau
in 75 ccm aufgelöst sein (ein Auflösen in 100 ccm bedingt schon beim
folgenden Zusatz die Rhodanlösung einen falschen Titer). Schließlich
ist der Umschlag von Blau zu farblos bei reinen, farblosen Zucker-
lösungen wohl äußerst prägnant, nun haben wir es aber fast immer mit
mehr oder weniger braun gefärbten Säften zu tun, bei denen Misch-
farben eine Rolle spielen können. Die Bangsche Methode ist aber
durch neue Vorschriften und durch Ausarbeitung eines anderen Analysen-
ganges wesentlich verbessert worden ?). Zunächst läßt sich das kost-
spieligere Rhodankali durch Chlorkali ersetzen, mit dem das Kupfer-
oxydul ebenfalls eine farblose Verbindung liefert, wodurch auch die
Haltbarkeit der Kupferlösung eine unbegrenzte wird, der Titer bleibt
unverändert. Allerdings ist folgendes zu bedenken: KCl vermag nur
relativ geringe Kupferoxydulmengen in Lösung zu halten, nämlich eine
höchstens 20 mg Zucker entsprechende (gegen 60 mg bei KCNS), so
daß man die Zuckerlösung, welche man zu bestimmen wünscht, so
ı J. Bang, Zur Methodik der Zuckerbestimmung Biochem. Zeitschr. 2,
271 (1906).
®) J. Bang, Zur Methodik der Zuckerbestimmung II. Biochem. Zeitschr.
49, 1 (1913).
V. Kohlensäureassimilation. 149
weit verdünnen muß. Ein großer Vorteil der neuen Methode besteht
aber darin, daß man nicht wie früher das nicht reduzierte Kupfer-
oxydul bestimmt und daraus das vom Zucker reduzierte indirekt be-
rechnet, sondern direkt das vom Zucker reduzierte titriert; das bedeutet
soviel, daß man nun nicht mehr nötig hat, den Titer der Kupferlösung
genau einzustellen, sondern bei Bereitung der Kupferlösung die Salze
auf der Handwage grob abzuwägen braucht. Die Titrierflüssigkeit be-
6 bzw... oder 5 Jodlösung. Man braucht folgende
Lösungen: 1. Die Kupferlösung. 160 g KHCO,, 100 g K,CO,
und 66 g KCl werden mit 700 ccm Wasser in einem Literkolben gelöst;
das Bikarbonat muß zu diesem Zwecke fein gepulvert und zuerst
unter Erhöhung der Temperatur auf zirka 30° C in Lösung gebracht
werden, dann wird das KCl und schließlich (unter schwacher Abkühlung;
das Karbonat gelöst. Jetzt fügt man 100 ccm einer 4,4 prozentigen
Lösung von CuSO,+ 5H,0 hinzu und füllt, bis die schwache
CO,-Entwicklung vorüber ist, bis zur Marke auf. Die Lösung darf
nur leise geschüttelt werden, weil sie sonst zuviel Luft absorbiert,
und erst nach 24 stündigem Stehen verwendet werden. Diese Lösung
ist de Kupferstammlösung, von ihr werden 300 ccm mit
gesättigter KCl-Lösung auf 1000 cem verdünnt; auch hier darf man
nur leise schütteln und die Lösung für exakte Bestimmungen erst
nach mehrstündigem Stehen verwenden. 2. Die zum Titrieren be-
stimmte Jodlösung. Eine Kupferoxydlösung wird durch JK unter
Bildung von freiem J reduziert: CuCl;, + KJ = CuCl + KC1-+J;
diese Reduktion findet aber nur in saurer Lösung statt, inalka-
lischer Lösung wirkt das freigewordene Jod oxydierend unter
Bildung von Kupferoxyd: CuCl + J + K,CO, = CuCO, + KC1l + JK.
Eine durch Verdünnung einer m Jodlösung hergestellte 5 ö Jodlösung
steht in einer
hält sich, in einer dunkelgefärbten Flasche aufbewahrt, unverändert
monatelang; man kann sie aber auch für den täglichen Gebrauch her-
stellen, indem man zirka 1 ccm einer 2prozentigen Kaliumbijodatlösung
in ein 100 ccm-Meßkölbchen gießt, 2—2,5g JK und genau 10 ccm „Ha
zusetzt, wodurch eine der Salzsäure äquivalente Jodmenge frei wird
und sich in dem überschüssigen Jodkali auflöst, worauf man mit Wasser
bis zur Marke auffüllt. 3. Stärkelösung als Indikator. Allerdings
wird die sich oxydierende farblose Kupferoxydullösung auch blau, ebenso
wie die Jodstärke blau ist, aber bei den 50 ccm der 10 mg Zucker ent-
sprechenden verdünnten Kupferlösung ist die Farbe himmelblau, während
die Farbe der Jodstärke tiefschwarzblau ist, wodurch beide auffallend
kontrastieren. Das ist schon bei einer n
stärkt sich mit steigender Konzentration der angewendeten Jodtiter-
ö Jodlösung der Fall und ver-
n
100 Jodlösung entsprechen 10 mg Zucker
oder durchschnittlich 2,67 cem einem Milligramm Zucker. Der größte
Vorteil der beschriebenen Methode ist, abgesehen von der größeren
Genauigkeit der Jodometrie, daß hier Störungen durch Extraktfarben
nicht vorkommen können, da man ja nicht auf ‚farblos‘ titriert. Be-
flüssigkeit. 26,5 ccm einer
150 V. Kohlensäureassimilation.
sondere Sorgfalt muß auf die Verhinderung der Luftoxydation (Blau-
färbung) während des Abkühlens verwendet werden. Man benutzt
ein Jenaerkölbcehen von 100 cem Inhalt mit geradem Hals ohne Rand.
Die Zuckerlösung (0,1—2 cem oder mehr, je nach der Konzentration)
und später die Kupferlösung (55 cem) werden in das Kölbchen eingeführt
(55 ccm Kupferlösung entsprechen bei vollständiger Entfärbung 10 mg
Zucker). Jetzt zieht man einen Gummischlauch von 4—5 cm Länge
über den Kolbenhals, so daß der Kautschuk fest anliegt und noch etwa
2 cm überragt. Man kocht drei Minuten, setzt aber, wenn noch einige
Sekunden fehlen, einen stark federnden Quetschhahn nach Mohr
über den Schlauch, klemmt nach vollen drei Minuten zu und nimmt
augenblicklich das Kölbchen von der Flamme, kühlt unter der Wasser-
leitung bis auf Zimmertemperatur, nimmt den Gummischlauch ab,
setzt Y,—1 cem Stärkelösung zu (1 g lösliche Stärke in 100 cem ge-
sättigter KCI-Lösung, unbegrenzt haltbar) und titriert mit der Jod-
lösung bis zum Umschlag in Tiefblau. Anfangs wird das Jod momentan
verbraucht; die Schnelligkeit der Färbung bietet ein
ungefähres Maß dafür, wieviel Jodlösung man im Strahl
zufließen lassen kann. Wenn die Jodstärkefärbung er-
scheint, muß man das Kölbehen einmal leise um-
schütteln und ruhig einige Augenblicke abwarten; in
der Nähe des Umschlagpunktes hält die Färbung 2 bis
3 Sekunden an und geht dann zurück: der Endpunkt
ist erreicht, wenn die Jodstärkefärbung mindestens
5—10 Sekunden andauert. Das Wichtigste ist die Ver-
hinderung der Luftoxydation beim Abkühlen. Zu
diesem Zweck bedient man sich folgender Vorrichtung
(Fig. 58): Nach Befestigung des Gummischlauches $
am Kölbchen K wird der abgebildete Apparat daran an-
A gebracht. Ein Metallbügel, der oben einen Keil B trägt,
wird am Kolbenhals befestigt, und nach beendigtem
Kochen wird der Bügel von den beiden Korkplatten C
Fig. 58, Bangsches AUS einen Moment zugedrückt, der Keil springt dann
Kölbehen zur Zucker- sofort herunter und der Gummischlauch schließt
luftdicht; nach der Abkühlung hebt man den Keil
wieder, indem man zugleich bei B zudrückt. Die Korkplatten dienen
zugleich zum Halten des heißen Kölbchens. Einfacher ist es, sich
eines breiten Federquetschhahnes zu bedienen, der im Moment
der Beendigung des Kochens über den Schlauch geschoben und vor
dem Titrieren soweit geöffnet wird, daß die ausgezogene Spitze der
Bürette in den Schlauch und Kolbenhals eingeführt werden kann; der
Quetscher liegt am Bürettenhals eng an und verschließt den Kolben
bis auf den schmalen Büretteneingang, gleichzeitig wird durch diese
Vorrichtung ein energischeres Schütteln des Kölbchens unmöglich.
Wichtig ist auch die Intensität der Erwärmung, welche so geleitet sein
soll, daß die Kupferlösung in zirka 34, Minuten zum Kochen gelangt,
von welchem Moment an sie genau 3 Minuten im Kochen erhalten werden
muß. Nach Abklemmen des Schlauches setzt sich das Kochen wegen
der Luftdruckverminderung auch beim Abkühlen noch 1, Minute fort.
Der Umschlag der Färbung erfolgt bei dü Jodlösung auf 2—4 Tropfen,
V. Kohlensäureassimilation. 151
bei 35 Jodlösung schon auf einen Tropfen hin, der Fehler übersteigt
nicht + 0,2 mg Zucker; die Reduktion verläuft, wie die folgende Tabelle
zeigt, bis auf die beiden letzten Werte proportional mit der Zuckermenge,
bei 10 mg Zucker wird alles Kupferoxyd verbraucht, die Flüssigkeit
also ganz entfärbt. Für praktische Zwecke, wo es nicht auf sehr große
Genauigkeit ankommt, ist eine Indextabelle überflüssig, man braucht
nur die gefundenen Kubikzentimeter Jodlösung durch den Faktor 2,7
zu dividieren, um den Zucker in Milligrammen zu bestimmen. Man kann
mit der beschriebenen Methode sehr genau Zuckermengen von 0,1—10 mg
bestimmen. Will man in Jodlösung benutzen, so ist es zweckmäßig,
N. e LE? n
sich einer in !/,, eem geteilten Bürette zu bedienen. Die mittels 10 Jod-
lösung gefundenen Werte sind fast genau zehnmal kleiner als die mit
160 Jodlösung gefundenen, der Divisionsfaktor ist in dem ersteren Falle
0,285, im letzteren 2,70, bei 55 Jodlösung 0,28 » 2,5 = 0,7. Die Kupfer-
lösung bietet ferner den Vorteil, daß sie in kaum nennenswertem Grade
von anderen Stoffen als Zucker reduziert wird, wichtig ist aber, daß die
zu prüfende Lösung kein Eiweiß enthalten darf, also vorher, etwa
mit Bleiazetat, enteiweißt und das Blei mit Na,SO, entfernt werden
muß. Andere jodbindenden Stoffe kommen bei Pflanzenextrakten
kaum in Betracht, sie stören aber auch die Titration nicht, wenn man
darauf Rücksicht nimmt, daß die Titration als beendigt anzusehen ist,
wenn die Jodstärkefärbung 10—20 Sekunden andauert, eine langsame,
nachschleppende, auf jodbindende Stoffe zu beziehende Entfärbung
aber nicht beachtet.
|
| N |
Dextrose mg | 100 | 55 | jg gem Jodlösung
| | |
1 2,60 0,73 | 0,30
2 5,25 | 1,45 | 0,58
3 8,10 | 2,20 | 0,86
4 10,85 | 2,95 1,15
5 13,55 3,65 1,46
6 16,25 4,15 1,73
2 18,85 4,85 2,01
8 21,40 5,50 2,31
9 23,60 6,20 2,51
10 25,65 6,95 2,80
Ir
Mitunter kommt es darauf an, in Pflanzensäften neben Dextrose
auch Fruktose zu bestimmen. Selbstredend kann die B an g sche Methode
ebenso wie zum quantitativen Nachweis von Dextrose auch für den der
Fruktose Anwendung finden; liegen aber beide vor — und es gibt wohl
keinen zuckerhaltigen Pflanzenextrakt, in welchem nicht beide vor-
lägen, und selbst bei der Hydrolyse von Inulin, dem Polysaccharid der
Fruktose, entsteht neben dieser Monose Dextrose im Verhältnis 11:1,
offenbar wegen der überaus leichten Überführung der einen in die andere
durch hydrolysierende Agenzien —, dann bestimmt man natürlich auf
152 V. Kohlensäureassimilation.
diese Weise beide zusammen. Eine Möglichkeit, Fruktose neben Glu-
kose zu bestimmen — zu absolut exakten Werten gelangt man wegen
der genannten leichten Umwandelbarkeit niemals —, gibt die Methyl-
phenylhydrazinmethode von Neuberg, mit welcher es mir mikro-
chemisch oft gelungen ist, beide Monosen wenigstens nebeneinander
sichtbar zu machen. 10—11 ccm der ziemlich konzentrierten Zucker-
lösung bringt man mit überschüssigem Methylphenylhydrazinchlor-
hydrat, das in Alkohol gelöst ist, und einer gleichen Quantität kon-
zentrierter Natriumazetatlösung eine halbe Stunde aufs Wasserbad,
läßt dann erkalten, wäscht am nächsten Tag mit Wasser aus, trocknet nach
dem Abfiltrieren das gebildete schwer lösliche Fruktose-Methylphenyl-
osazon C,H ,00,; (nl
(nicht zu langes Erwärmen und nicht zu langes Stehen) gibt nur die
Fruktose, nicht aber die Dextrose ein schwerlösliches Osazon.
Sehr gute Resultate bei Einhaltung der Bedingungen erhielt ich
mit der Methode von Sieben, Zerstörung der Fruktose durch Kochen
mit konzentrierter Salzsäure. Man verwendet eine Salzsäure vom spezi-
fischen Gewicht 1'12, versetzt je 100 cem der Flüssigkeit mit 20 ccm
derselben und kocht drei Stunden lang am siedenden Wasserbad. Glu-
kose wird durch dieses Verfahren kaum angegriffen. Hat man vorher
die Summe der Monosen bestimmt und wiederholt man (nach Abfiltrieren
der gebildeten Huminsubstanzen) die Bestimmung, so kann man aus
der Differenz die vorhanden gewesene Fruktose berechnen. Die Zer-
störung der Fruktose beginnt sehr bald, aber die Geschwindigkeit der
Zerstörung verringert sich später ungemein, so daß sie praktisch tat-
sächlich erst nach dreistündiger Kochdauer beendigt ist; durch längeres
Kochen wurde auch die Glukose merkbar angegriffen. Auf diese Ver-
hältnisse muß man auch beispielsweise bei der Hydrolyse von Inulin
Rücksicht nehmen; bei einiger Übung kann man diese über Asbestnetz
auf offener, mäßiger Bunsenflamme vornehmen, was bei der Sieben-
schen Zerstörung absolut vermieden werden muß; aber auch hier beginnt
schon nach einer Kochdauer von zehn Minuten (bei 100 ccm einer zirka
einprozentigen Lösung) die Zerstörung der Lävulose, nachdem die
Hydrolyse innerhalb dieser Zeit vollkommen beendigt ist.
Einigermaßen genauere Resultate, wenn auch auf recht umständ-
lichem Wege, der übrigens auch nicht immer zu exakten Werten führt,
gibt eine Kombination der maßanalytisch gefundenen Werte mit der
Polarisationsmethode, worauf ich aber hier nicht eingehen kann.
Zu der quantitativen Bestimmung mehrerer Zuckerarten neben-
einander übergehend, möchte ich als Beispiel eine Analyse vonBoysen-
Jensen!) anführen: ‚Die keimenden Samen (in Portionen von 20 g)
wurden unter Zusatz von 2 g Bariumkarbonat (zur Neutralisation der
Hydrolyse bewirkenden Pflanzensäuren) im Mörser fein zerrieben und
in einem gewogenen 250 cem fassenden Erlenmeyerkölbehen mit 200 g
70 prozentigen Alkohols übergossen. Nachdem die Kölbchen im Wasser-
bade aufgekocht waren, wurden sie zirka acht Tage bei Zimmertemperatur
hingestellt und dann wieder gekocht, womit die Extraktion als beendet
zu betrachten ist. Das Gewicht der Flüssigkeitsmenge kann mit
en 5), und wägt. Unter diesen Bedingungen
3
' P. Boysen-Jensen, Über die synthetischen Vorgänge im pflanzlichen
Organismus I. Die Rohrzuckersynthese, Bioch. Zschr. 40, 424 (1912).
V. Kohlensäureassimilation. 153
215 g (Alkohol + Wassergehalt + alkohollösliche Verbindungen des
Materials) hinlänglich genau angenommen, im übrigen jeder dieser
Werte für das verwendete Material durch vorgängige Bestimmungen
festgestellt werden. Nach erneuter Wägung und Ersatz des verdunsteten
Alkohols werden 150 g vom Extrakt abfiltriert, auf dem Wasserbade
zur Trockene eingedampft und der Rückstand in 45 ccm Wasser ge-
löst. Dazu 5 ccm einer 10 prozentigen, schwach essigsauren Bleiazetat-
lösung zugesetzt, um die Eiweißstoffe zu fällen, von dem jetzt 50 ccm
betragenden Volumen der Flüssigkeit 40 ccm abfiltriert und zum Ent-
bleien 10 ccm einer 10 prozentigen Na,SO ‚-Lösung zugesetzt. Es werden
wieder 40 ccm (zweckmäßig über doppeltem quantitativen Filter) ab-
filtriert, das Filtrat neutralisiert (mit Soda) und auf ein Volumen von
50 cem gebracht. Von dieser Flüssigkeit werden je 10 cem für die
einzelnen Bestimmungen verwendet und die gewonnenen Zahlen mit
215 -5+5-5
dem Faktor een
menge des Materials umzurechnen. Die Flüssigkeit enthält nun alle
in 70 prozentigem Alkohol löslichen Zuckerarten, von denen in Keim-
pflanzen wohl nur Dextrose, Lävulose, Saccharose, Maltose eine Rolle
spielen.
MaßanalytischeMethodevonFehling-Soxhlet. Lösung:
Chemisch reines Kupfervitriol wird zur vollständigen Reinigung einmal
aus verdünnter Salpetersäure und dreimal aus Wasser umkristallisiert.
Man sorgt durch Rühren mit dem Glasstab dafür, daß sich keine großen
Kristalle bilden, saugt dieselben ab und trocknet sie zwischen Filtrier-
papier; von den lufttrockenen Kristallen werden 34,639 g in destilliertem
Wasser aufgelöst und in einem 500 cem-Meßkolben bis zur Marke auf-
gefüllt.
Lösung II: Seignettesalz (Kali-Natrontartrat) wird ebenso dreimal
aus Wasser umkristallisiert, dann in 400 ccm Wasser gelöst und 100 ccm
NaOH dazugefügt, in welcher 516 g Natriumhydroxyd auf den Liter
gelöst sind. Wenn man sich Lösung II nicht zu jedem Versuch frisch
herstellen will, muß man Seignettesalz und Natronlösung in getrennten
Gefäßen aufbewahren, letztere in einer dunkeln Flasche, deren Kork-
stöpsel in einer Bohrung ein Natronkalkrohr zum Abhalten der Luft-
kohlensäure trägt.
Man stellt zunächst einen Vorversuch an, indem man 25 ecm der
Lösung I und 25 ccm der Lösung II, die man mit Pipetten entnommen hat,
in der Porzellanschale mischt, zum Kochen erhitzt und nun aus einer Meß-
bürette, welche oberhalb der Porzellanschale angebracht ist, nach und
nach so viel von der Zuckerlösung zusetzt, bis die Flüssigkeit nicht
mehr blau erscheint. 50 ccm Fehlingscher Lösung reduzieren 23,75 ccm
einer einprozentigen Traubenzuckerlösung, 24,7 ccm einer einprozentigen
Invertzuckerlösung, 33,8 cem einer einprozentigen Milchzuckerlösung,
25,5 ccm einer einprozentigen Galaktoselösung, 25,7 ccm einer ein-
prozentigen Lävuloselösung, 38,9 ccm einer einprozentigen Maltoselösung.
Daher kann man aus der Menge der gebrauchten Zuckerlösung an-
nähernd ihren Gehalt berechnen. Darauf verdünnt man die Lösung
so weit, daß sie nur 1% Zucker enthält, und führt dann die eigent-
liche Probe durch:
Zu 50 com Fehlingscher Lösung setzt man zirka 23 ccm der
ungefähr einprozentigen Zuckerlösung, welche Traubenzucker enthält,
— 11,2 multipliziert, um auf die Gesamt-
154 V. Kohlensäureassimilation.
respektive eine entsprechend größere Menge bei anderen Zuckerarten
zu und kocht 2—6 Minuten, worauf man die ganze Flüssigkeit durch
ein doppeltes Faltenfilter gießt. Sobald 3—5 ccm des Filtrates durch-
gegangen sind, säuert man dasselbe mit Essigsäure an und versetzt mit
einem Tropfen gelben Blutlaugensalzes; tritt dunkle Rotfärbung ein, so
sind noch größere Mengen Kupfers zugegen. Blaßrosafärbung deutet auf
Spuren von Kupfer, und tritt keine Verfärbung ein, so ist alles Kupfer
aus der Lösung ausgeschieden. In letzterem Falle nimmt man zum
nächsten Versuch 1 cem weniger, in den ersteren Fällen 1 ccm Zucker-
lösung mehr. Man macht so viele Bestimmungen, bis zwei Bestimmungen
nur um 0,1 ccm der zugesetzten Zuckerlösung differieren und das eine
Filtrat eben noch kupferhaltig, das andere kupferfrei ist; zwischen
beiden Zahlen liegt dann die zur Reduktion von 50 ccm Fehling hin-
reichende Zuckermenge. Man löst z. B. 100 g käuflichen Traubenzuckers
in soviel Wasser, daß die Lösung 250 ccm ausmacht, und sind von
dieser Lösung im Vorversuch 10 ccm erforderlich, um 50 ccm Fehling
zu entfärben. Da, wie erwähnt, 50 ccm der Fehlingschen Lösung
23,75 ccm einprozentiger Traubenzuckerlösung entsprechen, so müßten
10 ecem unserer Lösung auf zirka 24 ccm oder 104,1 ccm auf 250 ccm
aufgefüllt werden, um eine zirka einprozentige Lösung zu geben.
Von dieser Lösung werden zu 50 cem Fehling zugesetzt:
1. 23,0 ccm, wobei das Filtrat schon durch seine grünliche Farbe
das noch vorhandene Kupfer anzeigt;
2. 24,0 ,, , auch hier ist das Filtrat noch grünlich ;
3. 25,0 ,, , worauf das Filtrat gelb ist und mit Ferrozyankali
keine Reaktion gibt, zum Beweis, daß alles Kupfer
ausgefällt, demnach im nächsten Versuch die Menge
der Zuckerlösung vermindert werden muß;
4. 24,5 „, , Filtrat ist gelb, gibt aber mit Blutlaugensalz intensiv
rote Ferrozyankupferreaktion;
5. 24,7 ,, , geben ein gelbes Filtrat und blaßrosa Kupferreaktion ;
6. 24,8 ,, , gelbes Filtrat, keine Kupferreaktion mit Blutlaugen-
salz;
demnach liegt die exakte, gerade 50 ccm Fehling reduzierende Zucker-
menge bei 24,75 ccm meiner Lösung; diese enthalten, da 50 ccm Fehling
durch 23,75 ccm einer einprozentigen Traubenzuckerlösung reduziert
werden, 237,5 mg Dextrose, und von dieser Zahl kann man durch ein-
fache Proportionen auf die Menge des im verwendeten käuflichen Pro-
dukt vorhandenen Traubenzuckers schließen. Eventuell nimmt man
bei sehr kleinem Zuckergehalt statt 50 cem Fehling nur 20 ccm dieser,
durch Mischung von je 10 ccm der beiden Titerlösungen hergestellten
Titerflüssigkeit. Bei Pflanzenextrakten hat man es nicht selten mit ge-
färbten Lösungen zu tun und es ist dann oft schwierig, die Rotfärbung mit
Blutlaugensalz deutlich zu erkennen. Man geht dann in der Weise vor,
daß man das Filtrat in der Porzellanschale mit einigen Tropfen Zucker-
lösung kocht, einige Minuten stehen läßt, die Flüssigkeit abgießt und
nun den Boden der Schale mit einem Stückchen Filtrierpapier aus-
wischt. War durch die zugesetzte Zuckerlösung etwa noch im Filtrat
vorhandenes Kupfer reduziert worden, so ist das Papier durch Kupfer-
oxydul rotbraun gefärbt.
Maßanalytische Methode nach Bertrand: Man
V. Kohlensäureassimilation. 155
titriert mit Kaliumpermanganatlösung bestimmten Gehaltes das Ferro-
salz, welches sich bei der Auflösung des beim Kochen mit Fehling ge-
bildeten Kupferoxyduls in einer Lösung von Ferrisulfat in Schwefel-
säure gebildet hat. Die vier Lösungen, welche hier notwendig sind,
werden folgendermaßen bereitet:
I. 40 g umkristallisiertes Kupfervitriol in 1000 ccm Wasser gelöst;
II. 200 ‚, umkristallisiertes Seignettesalz, 150 g gereinigtes Atznatron
in Stangen, 1000 ccm Wasser;
III. 50 ‚, reines Ferrisulfat, 200 ccm konzentrierte Schwefelsäure,
1000 cem Wasser;
IV. 5 „ Kaliumpermanganat in 1000 cem Wasser.
Zunächst muß der Titer der Permanganatlösung durch Einstellen
auf Ammonoxalat bestimmt werden, indem man zirka 0,250 g
(COO), - (NH ,), mit 100 cem Wasser und 2 ccm konzentrierter H,SO,
auf zirka 80 ® erwärmt. Von der Permanganatlösung läßt man zu der
heißen Lösung tropfenweise zulaufen, bis eben bleibende Rosafärbung
eintritt; für 250 mg Ammonoxalat braucht man annähernd 22 ccm.
Nach den Reaktionsgleichungen ist ein Molekül Ammoniumoxalat 2 Fe
respektive 2 Cu äquivalent. Multipliziert man die Menge des verwendeten
oxalsauren Ammons, also hier 0,25 g mit dem Faktor 0,8951, so erhält
man die Kupfermenge, welche der bis zur Rosafärbung gebrauchten
Permanganatlösung entspricht. 1 Liter der Lösung entspricht rund
10 g Kupfer. Man multipliziert die bei der Analyse erhaltenen Kubik-
zentimeter Permanganat mit rund 10,17, um den Kupferwert in Milli-
grammen zu finden, vorausgesetzt, daß man zur Titerstellung 250 mg
Ammonoxalat verwendet hat. In ein Erlenmeyerkölbcehen von zirka
150 ccm Inhalt läßt man 20 ccm der Zuckerlösung aus der Bürette ein-
fließen, fügt dazu je 20 cem von Lösung I und II, erhitzt zum Kochen
und läßt unter zeitweiligem Umschwenken drei Minuten lang kochen;
das Kupferoxydul, welches sich dabei bildet, läßt man absitzen und
bringt die Flüssigkeit, welche nach dem Kochen noch blau gefärbt sein
muß (ist sie es nicht, so nimmt man im nächsten Versuch weniger von
der Zuckerlösung), auf ein Asbestfilterröhrchen nach Soxhlet, ein zylin-
drisches, unten eingeschnürtes Röhrchen, das oberhalb der Einschnürung
mit einer dünnen Lage aufgeschwemmten Asbests belegt ist und mit
dem verschmälerten Teil in den Pfropfen eines Absaugekolbens gesteckt
werden kann, wobei man darauf achtet, daß möglichst wenig von dem
Oxydulniederschlag mit auf das Filter gelange. Nachdem man die
Flüssigkeit abgesaugt hat, wird der Niederschlag mit destilliertem Wasser
gewaschen und auch das Waschwasser über das Filter gegossen. Das
Filter wird dann vom Absaugekolben entfernt und dieser mit destilliertem
Wasser gewaschen, so daß keine Spur Kupfersulfat darin zurückbleibt.
Zu dem im Erlenmeyerkolben verbliebenen Kupferniederschlag bringt
man 20 cem Ferrisulfatlösung, worauf sich der Niederschlag mit schön
grüner Farbe auflöst. Diese Lösung schüttet man über das in der Saug-
flasche wieder befestigte Asbestfilter und saugt langsam durch, dabei
löst sich auch der auf dem Asbestfilter befindliche geringe Rest von
Kupferoxydul, eventuell läßt man, falls sich nicht alles gelöst hätte,
noch etwas mehr von Lösung III durchlaufen. Durch Nachwaschen
von Kölbchen und Filter bekommt man den letzten Rest der Lösung
in die Saugflasche, die man nun unter die Bürette mit der Permanganat-
156 V. Kohlensäureassimilation.
lösung bringt, und titriert bis zum scharfen Umschlag von Grün in Rosa.
Die verwendeten Kubikzentimeter Permanganatlösung werden mit dem
Faktor multipliziert, wobei das dem Permanganat entsprechende Kupfer
resultiert, aus dem man beim Eingehen in die Tabelle die Zuckermenge
bestimmt. Die Konzentration der Zuckerlösung soll 0,5 % nicht über-
steigen.
Tabelle zur Bestimmung der Zuckermenge aus den
Kupferwerten.
5 0 Ei 580 | Ei 5 &n Ei © &0 g = Ei
Sr si > g SE g 93 s: ch e
| |
10 20,4 9 | 572 48 91,8 67 124,7 86 155,6
11 22,4 30 | 59,1 49 93,6 68 126,4 87 157,2
12 24,3 31 | 60,9 50 95,4 69 128,1 88 158,8
13 26,3 322 | 62,8 51 97,1 70 129,8 89 160,4
14 28,3 3 | 64,6 52 98,9 71 131,4 90 162,0
15 30,2 34 | 665 53 | 100,6 72 133;1. 1,292 163,6
16 32,2 35 68,3 534 | 102,3 73 134,7 92 165,2
17 34,2 36 70,1 55 | 104,1 74 136,3 93 166,7
18 36,2 37.010720 56 105,8 75 137,9 94 168,3
19 38,1 38 |. 73,8 57 | »107.6 76 139,6 95 169,9
20 40,1 39. 75.7 58 | 109,3 77 141,2 96 171,4
21 42,0 40 | 775 59 | 111,1 78 142,8 97 173.1
22 43,9 41 | .793 60 112,8 79 144,5 98 174,6
23 45,8 42 81,1 61-1 1145 80 146,1 | 9 176,2
24 47,7 43 | 82,9 62 | 116,2 81 147,7.°1 100 177,8
25 49,6 4 | 847 Ba... 117.9 82 149,3
26 51,5 45 86,4 64 | 119,6 83 150,9
27 53,4 46 88,2 65 | 121,3 | 84 | 152,5
28 55,3 47 90,0 66 | 123,0 85 | 154,0 |
Zur Vervollständigung möge auch die gravimetrische Methode
der Zuckerbestimmung nach Pflüger Platz finden, welche eine
Verbesserung der Fehling-Allihnschen vorstellt. Man verwendet
zwei Lösungen, die getrennt aufzubewahren sind:
Lösung I: 34,639 g CuSO, + 5 H,O in 500 ccm Wasser. Das Kupfer-
salz wird so, wie das für die maßanalytischen Methoden beschrieben wurde,
umkristallisiert und getrocknet.
Lösung II: 173 g Seignettesalz und 125g KOH in 500 ccm Wasser.
Die Lösung wird in der Weise hergestellt, daß man in einem Becher-
glas 150 ccm Wasser zum Sieden erhitzt, vom Feuer entfernt, 173 g
Seignettesalz hineinbringt und umrührt, bis Lösung erfolgt ist. Nach
der Abkühlung gießt man die Lösung in einen 500 cem-Kolben und
fügt 280 ccm der 60 prozentigen Lauge hinzu. Das Waschwasser, mit
dem man das Becherglas ausspült, wird zur Lösung hinzugefügt. Nach
völliger Abkühlung bringt man genau auf 500 cem, gießt in ein Becher-
glas und filtriert durch dichte Glaswolle in den Kolben zurück. Die
Asbestfilterröhrehen werden folgendermaßen hergestellt: ein vertikales
Glasrohr von 10 cm Länge und 1,7 cm lichter Weite läuft nach unten
in eine Verjüngung und darauffolgende birnenförmige Erweiterung von
l cm äußerem Durchmesser aus. An diese Erweiterung schließt sich
nach einer abermaligen Verjüngung das 6 cm lange Abflußrohr. Die
kleine Birne enthält den Asbest, der die Gestalt und Form einer dicken
V. Kohlensäureassimilation. 157
Erbse hat. Die Füllung wird in folgender Weise hergestellt: langfaseriger,
weicher Asbest wird mehrere Tage in roter rauchender Salpetersäure
gehalten, dann sehr oft mit destilliertem Wasser gewaschen, bis das
Wasser beim Umrühren des Asbests keine Spur von Trübung zeigt.
Nach dem Trocknen werden weiche, langfaserige Stränge des Asbests
mit der Präpariernadel auf einer Glasplatte in einzelne Fäden zerpflückt;
eine größere Anzahl dieser Fäden wird zu einem Haufen zusammen-
geschoben und mit der Pinzette in das weite Ende des Filterröhrchens
geschoben. Mit einem dickeren Draht drückt man die Fäden in die
Birne hinein, ohne jedoch so fest zu drücken, daß die lockere Lagerung
der Fäden verloren geht; die Birne wird so vollkommen mit Asbest
ausgefüllt. Die richtige Beschickung des Röhrchens prüft man in folgen-
der Weise: Die heiße Allihnsche Lauge wird, nachdem man sie mit
kaltem Wasser auf die Hälfte verdünnt hat, an der Saugpumpe filtriert,
mit 100 ccm Wasser gewaschen und dann Salpetersäure von 1,2 spezi-
fischem Gewicht langsam über den Asbest gegossen. Darauf wird der
Asbest gewaschen und schließlich mit absolutem Alkohol und Ather
getrocknet. Nach dem Trocknen im Trockenschrank bei 100 ° darf das
Gewicht bei zwei aufeinanderfolgenden Wägungen nicht mehr als
0,3 mg verloren haben.
Man führt nun zunächst wieder einen Vorversuch durch, indem man
30 ccm der Lösung II aus einer Bürette in ein Becherglas fließen läßt
: und dazu, ebenfalls aus einer Bürette, 30 ccm von Lösung I fügt; dazu
85 cem der vorher genau neutralisierten und filtrierten Zuckerlösung,
so daß das Gesamtvolumen 145 ccm beträgt; dieses kocht man nun zwei
Minuten am Drahtnetz. Dann gießt man 130 cem Wasser dazu und
wartet, bis alles ausgeschiedene Kupferoxydul sich abgesetzt hat. Die
Flüssigkeit muß dann noch blau sein, sonst muß man in einer zweiten
Probe nur halb soviel Zuckerlösung verwenden. Dann wird der eigent-
liche Versuch durchgeführt. Dieser wird in zwei Parallelproben gemacht.
Zwei Bechergläser aus Jenaer Glas werden mit je 30 cem von Lösung I
und Lösung II sowie mit 85 cem Zuckerlösung beschickt. Man mischt
die Flüssigkeiten durch öfteres Umschwenken, deckt mit Uhrgläsern zu
und bringt sie in zwei an einem Stativ angebrachte Kupferringe, in
welche die Bechergläser hängend gerade hineinpassen, worauf man beide
gleichzeitig bis über die Mitte in ein siedendes Wasserbad taucht, wo sie
genau 30 Minuten kochen. Nach dem gleichzeitigen Herausheben gießt
man in jedes 130 ccm kaltes Wasser. Inzwischen sind die Filterröhrchen
gewogen, auf die Absaugekolben gebracht und diese mit der Pumpe
verbunden worden; sie werden nun aus den Bechergläsern gefüllt und
die Pumpe jeweils erst in Tätigkeit gesetzt, wenn die Filterröhrchen
gefüllt sind. Sie dürfen nie trocken werden, und ferner ist darauf zu
achten, daß möglichst wenig Niederschlag aus dem Becherglas auf das
Asbestfilter gelangt. Nachdem die Flüssigkeit fast abfiltriert ist, gießt
man 100 ccm Wasser in das Becherglas, wobei man es an einem Glas-
stabe entlang einlaufen läßt, dessen unteres Ende gegen den Boden des
Becherglases gestemmt ist, der Niederschlag wird dann nicht aufgerührt.
Nachdem auch dieses Wasser durchs Röhrchen filtriert worden ist,
bringt man den Niederschlag quantitativ durch Abspritzen mit dem
zu einer feinen Spitze ausgezogenen Röhrchen einer Spritzflasche aufs
Filter und spült zweimal mit absolutem Alkohol und zweimal mit Ather
nach. Dann werden die Röhrchen in den Trockenschrank gebracht,
158 V. Kohlensäureassimilation.
eine halbe Stunde bei 110 ® getrocknet, im Exsikkator abkühlen gelassen
und gewogen. Dann befestigt man sie über zwei Kölbchen, gießt kon-
zentrierte Salpetersäure bis oben auf und deckt mit einem Uhrglas zu.
Die Salpetersäure löst das gesamte Kupfer auf, das sich jetzt als Kupfer-
nitrat im Kolben befindet. Die Röhrchen werden dann an der Pumpe
zweimal mit Wasser, zweimal mit Alkohol und Ather gewaschen und
schließlich im Trockenschrank getrocknet. Die Wägung nach dem
Erkalten im Exsikkator darf nur ganz unbedeutende Differenzen im
Gewichte ergeben, worauf das Röhrchen zum nächsten Versuche fertig
ist und so behandelt, unendlich lange Dienste leisten kann. Die Ge-
wichte in den beiden Parallelröhrchen dürfen ebenfalls nicht um mehr
als 1 mg untereinander differieren.
Tabelle zur Bestimmung von Zucker aus Kupfer-
oxydulin Milligrammen:
88|8|88 | 8 88|8|32 | s | seem
ı ll ale BI: | 18 2381| 3 |
Si | a a ee
1 36,8 52 129,4 92 '220,8 | 132 | 309,6 | 172 | 391,5 1 212 7 7465,7
ı3 | 392 | 53 !ısı,z] 93 |223,1 | 133 | 311,8 | 173 | 393,5 | 213 | 467,4
14 | 41.6 | 54 |134,0| 94 ‚225,4 | 134 | 313,9| 174 | 395,5 | 214 |469,2
15 |-43.9 | 55 |ı36,3| 95 |227,6 | 135 | 316,0| 175 | 397,5 1 215 471,0
16 46,3 56 138,6 96 |229,9 | 136 | 318,1| 176 399,3 | 216 |472,8
17 | 48,7 | 57 |140,9| 97 232,2 | 137 | 320,2| 177 | 401,2|217 |474,6
18 | 51.0 | 58 |ı143,2| 98 |234,5 | 138 | 322,4| 178 | 403,1 | 218 | 466,3
19 53,4 59 | 145,1 99 | 236,7 139 | 324,5! 179 | 404,9 | 219 |478,1
20 558 | 60 |147,8| 100 |239,0 | 140 | 326,6 | 180 | 406,8 | 220 |479,9
21 | 58,1 | 6ı [150,1| 101 [241,2 | 141 | 328,7 | 181 | 408,7 |221 |481,7
2 60,5 62 152,4 | 102 |243,5 | 142 | 330,8 | 182 |! 410,6 | 222 |483,5
23 62,9 63 154,7 | 103 | 245,7 143 | 333,0 | 183 412,4 | 223 |485,2
24 | 652 | 64 |157.0| 104 |247,9 | 144 | 335,1 | 184 414,3 | 224 | 487,0
25 | 67,6 | 65 |159,3| 105 |250,2 | 145 | 337,2 | 185 416,2 | 225 |488,8
26 | 699 | 66 |161,6| 106 |252,4 | 146 | 339,3 | 186 418,1 | 226 |490,4
27 | 72,2 | 67 | 163,9 | 107 |254,6 | 147 | 341,4 | 187 419,9 | 227 |492,1
28 , 75.5 | 68 |166,2| 108 |256,8 | 148 | 343,6 | 188 421,8 | 228 |493,7
29 | 76.8 | 69 |168,5| 109 |259,1 | 149 | 345,7 | 189 423,7 | 229 |453,3
30 | 7911| 70 170,8 | 110 |263,3 | 150 | 347,8 | 190 425,6 | 230 | 497,0
3ı 8131| 71 |1730| ı11 |263,6 | 151 | 349,8 | 191 | 427,4 | 231 |498,6
22 8336| 72 1753| 112 |265,8 | 152 | 351,8 | 192 429,3 | 232 | 500,3
33 8591| 73 1776| 113 |268,0 | 153 | 353,0 | 193 431,2] 233 |501,9
34 ı 882 | 74 1799| 114 |270,2 | 154 | 355,7 | 194 | 433,1 1234 |503,5
35 | 90,51 75 ı182,2| 115 |272,5 | 155 | 357,7 | 195 | 434,9 | 235 | 505,2
36 | 92.8| 76 ‚184,5| 116 |274,7 | 156 | 359,7 | 196 | 436,8 | 236 | 506,8
37 | 95.1| 77 |186,7| 117 |276.9 | 157 | 361,7 | 197 | 438,7 | 237 |508,4
38 | 974| 78 |ı89,0| 118 |279,2 | 158 | 363,7 | 198 | 440,6 | 238 |510,1
39 | 99,7| 79 |191,3| 119 |285,4 | 159 | 365,7 | 199 | 442,4 | 239 |511,7
40 | 101,9| 80 | 193,6 | 120 | 283,6 | 160 | 367,7 | 200 | 444,3 | 240 | 172,3
41 | 1042| sı |195,8| ı2ı |285,9 | 161 | 369,6 | 201 | 446,1 | 241 |515,0
42 | 106,5| 82 | 198,1] 122 288,1 | 162 | 371,6 | 202 | 447,9 |242 |516,6
43 ' 108,8| 83 | 200,4| 123 |290,3 | 163 373,6 | 203 | 449,6 | 243 |518,2
44 | 111,1] 84 |202,6| 124 | 292,6 | 164 | 375,6| 204 | 451,4 |244 |519,9
45 | 1134| 85 |204,9| 125 294,8 | 165 | 377,6| 205 | 453,2 |245 |521,5
46 | 115.7| 86 | 207.2| 126 |296,9 | 166 | 379,6 | 206 | 455,0 | 246 | 523,6
47 \ 118.0| 87 | 209,5 | 127 |299,0 | 167 | 381,6 | 207 | 456,8 | 247 | 524,8
48 | 120,2| 88 211,7| 128 |301,2 | 168 | 383,5 | 208 | 458,5 | 248 | 526,4
49 1225| 89 | 214.0| 129 |303,3 | 169 | 385,5 | 209 | 460,3 | 249 |528,1
50 1248| 90 |216,3| 130 |305,4 | 170 | 387,5 | 210 | 462,1 | 250 | 529,7
51 127.11 91: |218,6| 131 |307,5 1 171 | 389,5 | 211 |463,9
V. Kohlensäureassimilation. 159
Um eine Zuckerbestimmung in einem Pflanzenextrakt durch-
zuführen, ist es zweckmäßig, zunächst eine Reinigung der Extrakte vor-
zunehmen. Eine Befreiung von in der Hitze koagulabeln Eiweißstoffen
wird durch Aufkochen bewirkt, wobei man aber, um Inversion zu ver-
hindern, zweckmäßig die etwa vorhandenen Pflanzensäuren vorher
durch eine Messerspitze gepulverten Kalziumkarbonates abstumpft.
Durch Aufkochen mit Kalk unter Einleiten von CO, und SO, bewirkt
man außer einer Fällung der Eiweißstoffe auch das Niederschlagen von
organischen Säuren und anderen Verunreinigungen, die man durch
Filtrieren entfernen kann. Um suspendierte Trübungen zu vermeiden,
die beim Filtrieren durch Papier mitgerissen werden, filtriert man durch
poröse Tonfilter. Bedenklicher ist schon das Schütteln mit Tonerde
oder mit Blutkohle oder Kaolin, weil diese Agenzien mit den Ver-
unreinigungen auch Zucker mitreißen können. Vielfach gelangt man
durch Schütteln der Flüssigkeit mit zerfasertem Filtrierpapier zum Ziele,
welches durch Kochen in Wasser fein verteilt wurde. Die gebräuchlichste
Methode der Reinigung ist jene mit Bleizucker oder Bleiessig (Blei-
azetat durch Kochen in Wasser unter Zusatz von etwas Essigsäure
gelöst), welcher mit den zu vermeidenden Verunreinigungen dicke,
kolloidale, weißlichgraue Fällungen liefert. Die Filtrate werden durch
Einleiten von Schwefelwasserstoff oder Versetzen mit Natriumsulfat-
lösung entbleit. Man stellt sich zweckmäßig molare Lösungen her, so
daß man die zuzusetzenden Flüssigkeitsmengen ungefähr abmessen
kann. Man achte auch hier darauf, gerade nur soviel von dem Fällungs-
mittel zuzusetzen, daß nachher beim Filtrieren eine klare Lösung ent-
steht; die Eiweißfüllung mit Bleiazetat kann man, am besten über doppel-
tem Filter, an der Wasserstrahlpumpe absaugen; der beim Entbleien ge-
fällte Bleisulfatniederschlag geht aber regelmäßig durchs Filter mansoll
ihn durch gewöhnliches doppeltes, glattes Filter abfiltrieren.
Die Hydrolyse von zusammengesetzten Zuckerarten bewirkt man
entweder durch Enzyme, wie Invertin, Diastase, Inulase, oder meist
durch Kochen mit verdünnter (1—5 prozentiger) Schwefel- oder Salz-
säure. Sehr schwache Säure ist beispielsweise zur Zerlegung von Inulin
in Fruktose nötig (ich verwende einprozentige Salzsäure bei nicht länger
als höchstens 10 Minuten währender Kochdauer), ebenso zur Inversion
von Rohrzucker, man muß Konzentration und Kochdauer so wählen,
daß sich noch keine braungefärbten Nebenprodukte bilden. Dagegen
muß man 5—8 prozentige Salzsäure und mehrstündige Kochdauer an-
wenden, um Hemizellulosen und Pentosane zu hydrolysieren. Dabei
ist zu beachten, daß Salzsäure bei gleicher prozentischer Konzentration
stärker wirkt als Schwefelsäure, die aber wiederum den Vorteil bietet,
als unlösliches Sulfat leichter aus dem Hydrolysengemisch entfernt
werden zu können. Salzsäure entfernt man durch Fällung mit Silber-
karbonat oder Bleikarbonat.
Zur quantitativen Bestimmung von Pentosen und Pen-
tosanen bedient man sich der Bildung von Furfurol aus diesen Zucker-
arten beim Destillieren mit Salzsäure, Auffangen des überdestillierenden
Furfurols in Phlorogluzin und Wägen des so entstandenen Phlorogluzids.
Die Kochflasche, aus welcher destilliert wird, faßt zirka 300 ccm, ist weit-
halsig und trägt in ihrem doppelt durchbohrten Stöpsel das mit an-
geschmolzener, das UÜberspritzen verhindernder Kugel versehene, in
den Kühler mündende Ableitungsrohr für die Dämpfe und ein mit
160 V- Kohlensäureassimilation.
Hahn versehenes Aufsatzrohr zum Nachfüllen der Flüssigkeit, das bis
tief in den Hals des Kochkolbens hineinreicht. Man bringt die zu unter-
suchende, abgewogene Probe von Stroh, Gummi, Holz u. dgl. in den
Kolben, setzt 100 ccm zirka 12 prozentiger Salzsäure zu und erhitzt
in einem Metallbad aus leicht schmelzbarem Metall, das den Kolben
etwas über 100 ° erhitzt. Der Inhalt der eintauchenden Kochflasche
gelangt in lebhaftes Sieden, und das gebildete Furfurol destilliert über.
Man fängt es in kleinen, zirka 40 ccm fassenden Zylindern mit einer
Marke bei 30 ccm auf und gießt, wenn 30 cem übergangen sind, diese
in ein Becherglas mit Marke bei 400 ccm, worauf man das ursprüngliche
Volumen im Kolben durch Nachfließenlassen von 30 ccm Salzsäure
wiederherstellt. Man wiederholt Abdestillieren und Nachfließenlassen
so lange, bis kein Furfurol mehr übergeht, was nach rund einem Dutzend,
je 10 Minuten dauernden Operationen erreicht ist. Daß alles Furfurol
überdestilliert ist, erkennt man daran, daß ein Tropfen des Destillates
mit Anilinazetat keine Reaktion mehr gibt. Die im Becherglase ver-
einigten Destillate versetzt man mit einem Überschuß von in 12 prozen-
tiger HCl gelöstem reinstem Phlorogluzin und füllt mit 12 prozentiger
Salzsäure auf 400 ccm auf. Die Flüssigkeit färbt sich zuerst gelb, dann
grünlich, trübt sich und am nächsten Morgen hat sich das gebildete
Furfurol-Phlorogluzid zu Boden gesetzt; man prüft die obenstehende
klare Flüssigkeit mit Anilinazetatpapier auf etwa noch vorhandenes,
ungebundenes Furfurol und filtriert dann den Niederschlag über einem
Goochtiegel, wäscht ihn gründlich mit Wasser nach und trocknet ihn
vier Stunden bei einer 97 ° nicht übersteigenden Temperatur, läßt im
Exsikkator erkalten und wägt. Den Niederschlag kann man später
durch Ausglühen entfernen, worauf der Tiegel für die folgende Be-
stimmung fertig ist. Aus der Menge des Phlorogluzids ergibt sich die
Menge des Furfurols und der Pentose aus der empirischen Tabelle von
E. Kröber (Journal für Landwirtschaft, Jahrgang 1900, S. 379—384).
In dieser Tabelle sind die Werte für Arabinose, Araban, Xylose und
Xylan und auch für Pentose und Pentosan im allgemeinen, welche aus
den Mittelzahlen für Arabinose und Xylose gerechnet sind, angegeben. Die
Tabelle enthält die Zahlen von 0,03—0,3 g Furfurol-Phlorogluzid. Be-
trägt dessen Menge weniger als 0,03 g, so rechnet man nach folgendem
Schema, in welchem a die Menge des Phlorogluzids bedeutet:
Furfurol — (a + 0,0052) - 0,5170
Pentose im allgemeinen — (a + 0,0052) - 1,0170
Pentosan im allgemeinen = (a + 0,0052) - 0,8949.
Beträgt es mehr als 0,3 g, so rechnet man:
Furfurol = (a + 0,0052) - 0,518
Pentose im allgemeinen = (a + 0,0052) - 1,00026
Pentosan im allgemeinen = (a + 0,0052) - 0,8824.
Allerdings ist bei dieser Methode störend, daß in den meisten Natur- .
produkten neben Pentosen auch Methylpentosen auftreten und daß
Furfurol neben Methylfurol durch Phlorogluzin gefällt wird und daß
auch andere Kohlehydrate, wenn auch in sehr geringen Mengen, Fur-
furol bei der Destillation mit Salzsäure liefern. Man kann übrigens
Furfurol-Phlorogluzid und Methyl£furol-Phlorogluzid trennen, indem man
das Gemenge mit 95 prozentigem Alkohol nach dem Trocknen und Wägen
übergießt und dann zum Kochen erhitzt. Dabei lösen sich nur die Methyl-
furol-Phlorogluzide; aus der Differenz bestimmt man dann den Anteil,
V. Kohlensäureassimilation. 161
welchen die einen und die anderen an dem Gesamtgewicht genommen
haben. Bezüglich der Details muß auf die vorzügliche Darstellung
von B. Tollens im zweiten Bande von Abderhaldens ‚„Bio-
chemische Arbeitsmethoden‘ verwiesen werden.
Bezüglich des Nachweisesvon Stärke wurde schon darauf
hingewiesen daß die einzige qualitative Reaktion auf Stärke in der Indigo-
blaufärbung mit Jodlösung besteht, welche Färbung bei kurzem Kochen
verschwindet, um, vorausgesetzt, daß nicht zu lange gekocht worden
war, beim Erkalten wiederzukehren. Verschiedene Substanzen, wie Al-
kalien, arsenige und schweflige Säure, Alkohol, Chloroform, Natrium-
thiosulfat, Chloralhydrat in größerer Menge, Tannin, manche Phenole,
arabisches Gummi, Proteine, stören mehr oder weniger die Reaktion.
Quantitative Bestimmungsmelhoden der Stärke sind noch nicht
bekannt, d. h. wir können noch nicht in allen Fällen die genaue Menge
der vorliegenden Stärke feststellen, und die einzelnen Methoden geben
untereinander differierende Resultate. Diese Ungenauigk>iten rühren
größtenteils von den bei den verschiedenen Aufschließverfahren in diffe-
renten Mengen entstehenden und in Lösung gehenden Pentosanen her.
Die Bestimmungsmethoden sind entweder indirekte, d. h. die Stärke
wird zu Dextrose hydrolysiert, diese nach einer der geschilderten Methoden
bestimmt und dann auf Stärke umgerechnet oder die Stärke wird direkt
auf Grund ihrer Unlöslichkeit in 60 prozentigem Alkohol bestimmt, nach-
dem sie zuvor in lösliche Stärke umgewandelt worden und im Filtrat
die Stärke durch Alkohol ausgefällt worden ist.
Sehr gute Resultate gibt nach G. Zemplen bei genauer Ein-
haltung der Vorschrift das Stärkebestimmungsverfahren von Baumert
und Bode in der Modifikation von Witte. Die zu untersuchende
Substanz wird durch ein feines Haarsieb getrieben, dann werden zwei-
mal je 1 g im Porzellanbecher mit wenig Wasser fein angerührt. Der
zum Anrühren benutzte Glasstab wird mit Asbest abgerieben und mit
Wasser abgespritzt. Die etwa 100 ccm fassenden Becher werden jetzt
zu drei Vierteln gefüllt und mit einem Deckel mit übergreifendem
Rand verschlossen, im Autoklaven 2 Stunden bei 4 Atmosphären,
Stärke von Reis und Mais bei 41, Atmosphären, erhitzt. Nach dem
Abkühlen unter 100 °, was nach etwa einer halben Stunde erfolgt, und
Öffnen des Autoklaven wird der Inhalt des Bechers unter gutem Nach-
spülen und Auswaschen mit heißem Wasser durch eine Federfahne
in einen geräumigen Kochkolben gebracht, in dem sich einige Zink-
stücke befinden, und 10 Minuten lang gekocht. Das Zink verhindert
das Stoßen und Herausgeschleudertwerden der Flüssigkeit. Durch
Durchführen eines langsamen Luftstromes durch die siedende Flüssigkeit
mittels eines Kapillarrohres unter Anschaltung an die Luftpumpe wird
ein starkes Schäumen hintangehalter. Die Lösung wird dann unter
sorgfältigem Nachspülen mit heißem Wasser in einen Kolben von 500 ccm
gebracht, nahezu aufgefüllt und durch Einstellen in kaltes Wasser unter
Umschwenken abgekühlt, dann mit kaltem Wasser zur Marke auf-
gefüllt und durchgeschüttelt.
Dann wird die Lösung über ein dünnes Asbestfilter an der Saug-
pumpe filtriert, die ersten Anteile des Filtrates weggegossen und 50 cem
des mittleren Filtratanteiles in ein Becherglas gebracht, mit je 5 cem
10 prozentiger NaOH und etwa 1 g feinflockigen Asbests versetzt,
die Mischung mit 100 ccm 96 prozentigen Alkohols gefällt und mit dem
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 11
162 V. Kohlensäureassimilation.
Glasstabe gut verrührt. Man läßt kurze Zeit absetzen und filtriert das
Überstehende durch ein 20—22 mm weites Asbestfilterrohr an der Saug-
pumpe ab. Den Rückstand bringt man mit 40 ccm 60 prozentigen
Alkohols in das Röhrchen und wäscht unter Auswischen des Glases mit
einer Federfahne nacheinander mit 40 ccm 60 prozentigen Alkohols,
dann mit 25 cem Alkohol + 10 ccm Wasser, dem 5 ccm 10 prozentige
Salzsäure zugefügt sind. Man wäscht zuerst das Becherglas mit der
Salzsäure, der man 10 ccm Wasser zufügt, mittels einer Federfahne
gut aus, wischt den benutzten Glasstab ab und setzt dann erst den
Alkohol zu. Nur auf diese Weise kann man die hartnäckig dem Glase
anhaftenden feinen Stärketeilchen entfernen. Man wäscht jetzt wieder
mit 40 ccm 60 prozentigem, dann mit 25 cem 96 prozentigem Alkohol,
zuletzt mit Ather aus, wobei man mit dem Glasstabe den Niederschlag
im Röhrchen oft aufrührt und zum Schluß den Glasstab, nachdem der
Niederschlag leicht zusammengedrückt ist, mit der Federfahne im
Alkohol abwischt. Nach scharfem Absaugen wird das Röhrchen im
Trockenschrank bei etwa 120° am besten unter Durchsaugen eines
langsamen, durch Schwefelsäure geführten Luftstromes 20 Minuten
lang getrocknet, im Exsikkator erkalten gelassen, dann sofort gewogen,
die Stärke im Luftstrome verbrannt und das Röhrchen nach dem Er-
kalten im Exsikkator wieder gewogen. Das Verbrennen geschieht unter
Saugen an der Wasserstrahlpumpe, wobei das Röhrchen durch einen fächeln-
den Brenner zuvor gleichmäßig angewärmt wird; dann erhitzt man den
verjüngten Teil, damit sich in demselben nicht zuviel kohlelieferndes
Destillat ansammelt, und dann erst stark den Asbestpfropfen. Die Kohle
setzt sich dann nur im äußersten, durch einen Stöpsel mit der Zuleitung
zur Saugpumpe verbundenen Ende an und wird, nachdem die Stärke
vollkommen verbrannt ist, im durchgesaugten Luftstrom ebenfalls zum
vollkommenen Verbrennen gebracht.
Eine andere Methode, die vnMayrhofer, wird am besten ein-
geschlagen, wenn die Substanz viel Proteinstoffe oder Zellulose neben
der Stärke enthält. Die Substanz wird auf dem Wasserbade mit
8 prozentiger alkoholischer Kalilauge erwärmt, wobei die Proteine und
Fette gelöst werden, die Stärke aber ungelöst bleibt. Die Fette verwandeln
sich dabei in Seifen und man verdünnt, um das Gelatinieren der Seife
zu verhindern, mit heißem Alkohol, sammelt den unlöslichen Rückstand,
in welchem sich jetzt nur Kohleydrate befinden, auf einem Asbest-
filter, wäscht ihn mit Alkohol bis zum Verschwinden der alkalischen
Reaktion und behandelt ihn schließlich mit wässeriger Kalilauge, welche
die Stärke auflöst. Man säuert jetzt mit Essigsäure an und fällt die Stärke
mit Alkohol aus, filtriert, trocknet und wägt. Man kann auch nach
O0. Lietz, nachdem man Proteine und Fette nach Mayrhofer
entfernt hat, die Stärke durch Kochen mit Säure hydrolysieren und die
gebildete Glukose bestimmen. Hier wird man aber besondere Rücksicht
auf den Zellulosegehalt nehmen müssen. Enthält die Substanz wenig
Zellulose, so erwärmt man, je nach dem Stärkegehalt, 2—10 g in einem
zirka 500 ccm fassenden Kolben mit 75 ccm alkoholischer Kalilauge, die
aus 5 prozentiger Kalilauge und 90 prozentigem Alkohol hergestellt ist,
etwa 20 Minuten auf dem Wasserbade. Dann filtriert man das ganze Ge-
misch über ein Asbestfilter an der Saugpumpe ab, wäscht mit 70 prozen-
tigem heißen Alkohol nach und bringt den Rückstand auf das Asbest-
filter. Denselben bringt man dann samt dem Asbestfilter, das sich mit
V. Kohlensäureassimilation. 163
der Pinzette leicht abheben läßt, in den Kolben zurück; man ist also
nicht gezwungen, den Rückstand quantitativ aufs Filter zu bringen,
was sich nicht so leicht bewerkstelligen ließe, da der Niederschlag stark
an den Glaswandungen haftet. Man füllt auf 200 ccm auf und hydro-
lysiert unter Zusatz von 20 ccm konzentrierter Salzsäure 21, Stunden
im siedenden Wasserbad. Darauf kühlt man schnell ab, neutralisiert
annähernd mit Kalilauge, so daß die Flüssigkeit noch schwach sauer
reagiert, füllt das ganze auf 300 ccm auf, bestimmt die gebildete Dex-
trose und rechnet sie auf Stärke um wie bei allen indirekten Be-
stimmungsmethoden. Ist viel Zellulose vorhanden, so muß man auch
die aus ihr bei der Hydrolyse entstehende Glukose mit in Rechnung
ziehen, indem man den Rückstand zunächst mit 30—60 ccm einer
3—5 prozentigen wässerigen Kalilauge auf dem Wasserbade behandelt,
wobei sich die Stärke löst. Darauf füllt man den Inhalt auf 400 ccm
auf und filtriert durch ein Faltenfilter 200 ccm davon ab. Man neutrali-
siert mit Salzsäure, fügt noch 20 cem HCl mehr hinzu, als zur Neutrali-
sation notwendig ist, und kocht 21, Stunden im Wasserbad. Schließ-
lich bestimmt man in 20 ccm oder 50 cem der Flüssigkeit wieder die
gebildete Dextrose.
Nach der Methode von Maercker wird die Stärke statt durch
Hydrolysieren mit Säuren durch Diastase aufgeschlossen. 3 g der luft-
trockenen Substanz werden mit 100 cem Wasser 30 Minuten gekocht,
auf 65 ° abgekühlt und mit 10 ccm Normal-Malzextrakt versetzt. Dazu
werden 100 g käufliches Malz 2 Stunden mit 1 Liter Wasser geschüttelt
und dann filtriert. Man hält das Gemisch des Extraktes und der Sub-
stanz 2 Stunden bei 65 °, kocht dann nochmals 1, Stunde, kühlt wieder
auf 65° ab und behandelt mit 10 ccm Normal-Malzextrakt 2 Stunden
bei 65 °, kocht auf und füllt auf 250 ccm auf. 200 ccm des Filtrates
werden jetzt mit 15 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,125
im Erlenmeyerkolben mit aufgesetztem Kapillarrohr in kochendem
Wasserbad 21, Stunden erhitzt, nach dem Erkalten mit Natronlauge
nahezu neutralisiert und auf 500 ccm aufgefüllt. Dann wird in 25 ccm
dieser Lösung die Dextrose bestimmt. Bei der Bestimmung nach Allihn,
bei welcher man durch Glühen des Filterröhrchens im Wasserstoffstrom
das gefällte Kupferoxydul in Kupfer verwandelt und dieses wägt, er-
gibt sich der dem gewogenen De entsprechende Stärkegehalt aus
folgender Tabelle. (Siehe Tabelle S. 164 u. 165.) Bei weniger exakten
Bestimmungen kann man auch aus den Pflügerschen Werten für
Kupferoxydul das dem Oxydul entsprechende Kupfer berechnen.
Das Pentosanverfahren von Lintner besteht darin,
daß man in der hydrolysierten Stärke nach dem Tollensschen
Phlorogluzidverfahren eine Pentosanbestimmung ausführt und die
Pentosane abzieht. Zur Bestimmung der Pentosane werden die Filtrate
(je 200 ccm) in den Destillierkolben gebracht, 133 ccm Wasser abdestilliert
und 33 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,18 zugesetzt, so
daß die Lösung 12 %, Salzsäure enthält und nun, wie vorher beschrieben,
das Furfurol abdestilliert. Lintner gibt folgende Beleganalysen (zitiert
nach G. Zemplen): I. 3 g Substanz wurden 3 Stunden bei 31, Atmo-
sphären im Dampftopf erhitzt, das Filtrat (200 ccm) mit 15 ccm Salz-
säure vom spezifischen Gewicht 1 ‚125 3 Stunden im kochenden Wasser-
bad hydrolysiert, neutralisiert, zu 50 ccm aufgefüllt und vom Filtrat
25 ccm zur Reduktion nach Allihn verwendet. Die Stärke wurde
RS
164 V. Kohlensäureassimilation.
ce N ei N ga : e- Rei
8. | SE Seesen er
Ba I zEs| ea ARalse Jane Se Sal Se |ERE
“= 33 IE |e2 2 22 |8 23 .|4M 85
un 17" In ke? 07
10 5,5 69 | 31,8 | 128 | 58,7 | 187 | 86,2] 246 | 114,4
11 5,9 70 | 32,2 | 129 | 59,1 | 188 | 86,7] 247 | 114,8
12 6,4 71 | 323,7 | 130-| 59,6 | 189 | 87,1| 248) 115,3
13 6,8 72 | 33,1 131 | 60,0 | 190 87,7| 249 115,8
14 7,3 73 | 33,6 | 132 | 60,5 | 191 | 88,1| 250 | 116,3
15 23 74 | 34,0 133 | 60,9 | 192 88,6| 251 | 116,8
16 8,1 75 | 34,5 | 134 | 61,4 | 193 | 89,1| 252 117,3
17 8,6 76 | 34,9 | 135 | 61,9 | 194 | 89,5| 253 | 117,7
18 9,0 77 | 35,4 | 136 | 62,4 | 195 | 90,0| 254 | 118,2
19 9,5 78 | 35,8 | 137 | 62,8 | 196 | 90,5| 255 | 118,7
20 9,9 79 | 36,2 | 138 | 63,3 | 197 | 91,0| 256 |119,2
21 10,4 80 | 36,7 | 139 | 63,7 | 198 | 91,4| 257 |119,7
22 10,8 81 | 37,2 | 140 | 64,2 | 199 | 91,8] 258 | 120,2
23 11,3 82 | 37,6 141 64,6 | 200 92,3| 259 | 120,7
24 11,7 83 | 38,1 142 65,1 | 201 92,8| 260 | 121,2
25 12,2 84 , 38,6 | 143 | 65,6 | 202 | 93,3] 261 | 121,6
26 12,6 85 | 39,1 | 144 | 66,1 | 203 | 93,8| 262 | 122,1
27 13,1 86 39,5 | 145 66,5 | 204 | 94,3] 263 | 122,6
28 13,5 87 | 40,0 | 146 | 67,0 | 205 | 94,8| 264 | 123,1
29 14,0 88 | 40,4 | 147 | 67,4 | 206 | 95,2| 265 | 123,6
30 14,4 89 | 40,9 | 148 | 67,9 | 207 | 95,7| 266 | 124,0
31 14,9 90 |, 41,3 | 149 | 68,4 | 208 | 96,2] 267 |124,5
32 15,3 91 | 41,8 | 150 | 68,9 | 209 | 96,7| 268 | 124,9
33 15,8 92 | 42,2 | 151 | 69,3 | 210 | 97,1| 269 | 125,5
34 16,2 93 | 42,6 | 152 | 69,8 | 211 | 97,6| 270 | 126,0
35 16,7 94 | 43,1 | 153 | 70,3 | 212 | 98,1| 271 |126,5
36 17,0 95 | 43,6 | 154 | 70,7 | 213 | 98,6| 272 | 127,0
37 17,5 96 | 44,0 | 155 | 71,2 | 214 | 99,0| 273 | 127,5
38 17,9 97 | 44,5 | 156 | 71,6 | 215 | 99,5| 274 | 128,0
39 18,4 98 | 44,9 157 1,,72,1-1 216) 100,0]7275 | 12855
40 18,8 99 | 45,4 158 | 72,6 | 217 | 100,41. 276 | 129,0
41 19,3 100 45,8 159 | 73,1 | 218 | 100,9| 277 |129,5
42 197 101 | 46,3 160 | 73,5 I 219 | 101,4] 278 |130,0
43 | 20,2 | 102 | 47,7 | 161 | 74,0 | 220 | 101,9| 279 | 130,5
44 20,6 | 103 | 47,2 | 162 | 74,5 | 221 | 102,4| 280 | 131,0
45 21,1 104 | 47,6 163 | 75,0 | 222 | 102,9| 281 |131,5
46 21,5 105 , 48,1 164 | 75,4 | 223 | 103,3| 282 | 132,0
47 22,0 | 106 | 48,6 | 165 | 75,9 | 224 | 103,8] 283 132,5
48 | 22,4 | 107 | 49,1 | 166 | 76,3 | 225 | 104,3| 284 | 133,0
49 22,9 108 |; 49,5 167 | 76,8 | 226 | 104,8] 285 | 133,5
50 23,3 109 | 50,0 168 | 77,3 | 227 | 105,2] 286 | 134,0
al 23,8 110 | 50,4 169 | 77,8 1 228 | 105,7] 287 | 134,5
52 24,2 111 | 50,9 170 | 78,2 | 229 | 106,2] 288 | 135,0
53 24,7 112 | 51,3 171 | 78,7 | 230 | 106,7| 289 |135,5
54 25,1 113 | 51,8 172 | 79,1 | 231 | 107,11 290 |135,9
55 25,5 114 | 52,2 173 | 79,6 | 232 | 107,6| 291 | 136,4
56 25,9 115 | 52,7 174 | 80,1 233 | 108,1| 292 136,9
57 26,4 116 | 53,2 175 ı 80,6 | 234 | 108,6| 293 | 137,4
58 26,8 117 | 53,6 176 | 81,0 | 235 | 109,1] 294 | 137,9
59 27,3 118 | 54,1 177 81,5 | 236 | 109,6| 295 | 138,4
60 ZA) 119 | 54,5 178 | 82,0 | 237 | 110,1| 296 | 138,9
61 | 28,2 | 120 | 55,0 | 179 | 82,4 | 238 | 110,6| 297 | 139,4
62 28,6 12] 55,4 180 | 82,9 | 239 | 111,11 293 | 139,9
63 29,1 122 | 55,9 181 | 83,4 | 240 | 111,5| 299 | 140,4
64 29,5 123 | 56,3 182 | 83,8 | 241 | 112,0| 300 | 140,9
65 30,0 124 | 56,8 183 | 84,3 | 242 | 112,5| 301 | 141,4
66 30,4 125 | 57,3 184 | 84,8 | 243 | 113,0| 302 | 141,9
67 30,9 126 | 57,8 185 | 85,2 | 244 | 113,4] 303 | 142,4
68 , 31,3 | 127 | 58,2 | 186 , 85,7 | 245 | 113,9 | 1304 | 142,9
DIE
Kupfer
Stärkeod.
Dextrin
V. Kohlensäureassimilation. 165
|
|
ee. ee ee =
= u © De Dre np |voR De oa a: on
2 Se arg Se ae ee) Be) ee
BE RER =) ey =} SoOH ar zo # SA Ron -u- Bior-
- oe EN En Bera eran en
364 | 173,1 | 381 | 181,8 | 398 | 190,5 | 415 |199,4 | 432 | 208,5 | 448 | 216,9
365 | 173,6 | 382 | 182,3 | 399 | 191,1 | 416 200,0 | 433 209,0 | 449 | 217,5
366 | 174,1 | 383 | 182,8 | 400 | 191,6 | 417 |200,5 | 434 | 209,5 | 450 | 218,0
367 174,6 | 384 | 183,3 | 401 | 192,2 | 418 201,0 | 435 | 210,0 | 451 | 218,5
175,1 | 385 | 183,8 | 402 192,7 | 419 201,5 | 436 | 210,5 | 452 | 219,1
ı 193,2 | 420 | 202,1, 437 | 211,0 | 453 219,6
370 | 176,1 | 387 | 184,9 | 404 | 193,7 | 421 | 202,6 | 438 | 211,6 | 454 | 220,1
371 176,6 | 388 | 185,4 | 405 | 194,2 | 422 | 203,1 | 439 | 212,1 | 455 | 220,6
372 177,1 ı 389 | 185,9 | 406 | 194,8 | 423 |203,7 | 440 | 212,7 | 456 | 221,1
373 | 177,7 | 390 | 186,4 | 407 | 195,3 | 424 |204,2 | 441 | 213,1| 457 | 221,7
374 | 178,2 | 391 | 186,9 | 408 | 195,8 | 425 204,7 | 442 213,7 | 458 | 222,2
375 | 178,7 | 392 | 187,5 | 409 | 196,3 | 426 | 205,2 | 443 | 214,3 | 459 | 222,7
376 | 179,2 | 393 | 188,0 | 410 | 196,8 | 427 205,7 | 444 | 214,8 | 460 | 223,3
377 | 179,7 | 394 | 188,5 | 411 | 197,4 | 428 206,3 | 445 | 215,3 | 461 | 223,8
378 180,2 | 395 | 189,0 | 412 | 197,9 | 429 206,8 | 446 | 215,9 | 462 | 224,4
379 | 180,7 | 396 | 189,5 | 413 | 198,4 | 430 | 207,4 | 447 | 216,4| 463 | 224,9
380 | 181,3 | 397 | 190,0 | 414 | 198,9 | 431 | 207,9 |
aus der Dextrosemenge durch Multiplikation mit dem Faktor 0,9 er-
halten. Gefunden 66,8 %, Stärke, berechnet auf Trockensubstanz. Im
Filtrate der Stärkeaufschließung wurden nach der Phlorogluzidmethode
5,19 %, Pentosane gefunden, der korrigierte Stärkewert ist demnach
60.8. 5,19 61,619.
II. 3g der Substanz wurden mit Äther entfettet, nach dem Trocknen
eine halbe Stunde mit 100 ccm Wasser gekocht, auf 65 abgekühlt,
10 ccm Malzextrakt zugesetzt und eine halbe Stunde bei 65 ® digeriert,
aufgekocht und eine Viertelstunde im Kochen gehalten, abgekühlt,
wieder eine halbe Stunde mit 10 cem Malzextrakt bei 65 ° digeriert,
abgekühlt, auf 250 cem aufgefüllt, filtriert, vom Filtrat 200 cem hydro-
lysiert und die Reduktion nach Allihn ermittelt. Gefunden 63,66 %
Stärke. Bestimmung der Pentosane in dem hydrolysierten Filtrat nach
Abzug der aus dem Malz stammenden Pentosane: 2,84 %, der korrigierte
Stärkewert demnach 60,82 %.
III. 3 g Substanz werden mit 200 cem Wasser und 15 cem Salz-
säure vom spezifischen Gewicht 1,125 direkt im kochenden Wasserbad
invertiert, neutralisiert, abgekühlt, zu 50 cem aufgefüllt, filtriert und die
Reduktion ermittelt. Gefunden 70,81 % Stärke. Die Bestimmung der
Pentosane im invertierten Filtrat ergab 9,81 %, Pentosan, somit der
korrigierte Stärkewert 61 %.
Die Bestimmung des Inulins führe ich immer unter Verwandlung
desselben in Fruktose durch und Umrechnung derselben auf Inulin
durch Multiplikation mit dem Faktor 0,9. Das Material, z. B. fein-
gemahlene Zichorienwurzel, wird mit einer bestimmten Menge Wasser
eine Stunde am Wasserbade unter Zusatz von einer Messerspitze CaCO;
zur Neutralisierung der Pflanzensäuren extrahiert, abgenutscht, was
häufig wegen der mitextrahierten Schleime längere Zeit dauert, und
das braungefärbte Filtrat im Meßkolben auf ein bestimmtes Volumen
aufgefüllt. Eine abpipettierte Menge desselben wird mit 100 ccm
n-Bleiazetatlösung versetzt, die ausgefallenen Verunreinigungen ab-
filtriert und das nun bedeutend hellere Filtrat mit 100 ccm n-Natrium-
166 V. Kohlensäureassimilation.
sulfatlösung zur Ausfällung des Bleis versetzt, das Bleisulfat über
doppeltes Filter abfiltriert, das Filtrat unter Zusatz von höchstens 5 ccm
Salzsäure auf 100 cem der Lösung nicht länger als 10 Minuten am
kochenden Wasserbad hydrolysiert und in einem aliquoten Teil der
wieder in einem Meßkolben aufgefüllten, vorher abgekühlten, mit fester
Soda neutralisierten Lösung die Lävulose bestimmt, aus der dann unter
Multiplikation mit dem Faktor 0,9 die Inulinmenge berechnet wird.
Zellulose: Das einzige Lösungsmittel, welches Zellulose un-
verändert löst, ist Kupferoxydammoniak (Schweizers Reagens).
Eine zweckmäßige Bereitung einer wirksamen Lösung von Kupfer-
oxydammon (s. auch S. 174) ist das Übergießen von oxydierten Kupfer-
drehspänen mit Ammoniak. Zwei lange, unten ausgezogene und mit Hahn
versehene Röhren werden mit Kupferdrehspänen locker gefüllt und
senkrecht in einem Stativ befestigt. Die eine wird mit konzentriertem
Ammoniak übergossen, in die andere Luft eingeleitet, um die Oxydation
des Kupfers zu beschleunigen. Nach einer halben Stunde läßt man die
Lösung abfließen und gießt sie in die andere Röhre ein. Kühlt man
während der Behandlung mit Ammoniak die Masse, so geht mehr Kupfer
in Lösung. Die Lösungsfähigkeit des Reagens gegen Zellulose ist ver-
schieden, je nach der Vorbehandlung, der man die Zellulose unter-
worfen hat. Unbehandelte Zellulose liefert höchstens 4—5 prozentige
Lösungen, nach Vorbehandlung mit 3 prozentiger Soda oder 4 bis
5 prozentiger Natronlauge aber 8S—10 prozentige Lösungen von Zellulose.
Die Abscheidung der Zellulose aus diesen Lösungen kann durch Säuren,
Alkalien oder Salze geschehen, ferner durch Alkohol. Für quantitative
Zwecke ist es wünschenswert, eine Kupferoxydammonlösung bestimmten
Gehaltes, eine ‚„Normalkupferoxydammoniaklösung‘“ zu besitzen. Man
erhält eine solche durch Auflösen des basischen Kupfersulfates, das
aus Kupfervitriollösungen mit Ammoniak gefällt wird, in Ammoniak
von 0,9 spezitischen Gewichtes bis zur Sättigung. 59 g Kupfersulfat,
entsprechend 15 g Kupfer, werden in etwa 3 Liter heißen Wassers
gelöst und mit Ammoniak gefällt, so daß kein Kupfer in Lösung bleibt;
ein etwaiger kleiner Überschuß wird mit Schwefelsäure neutralisiert.
Der hellgrüne, kochbeständige Niederschlag wird dekantiert und durch
ein Faltenfilter mit heißem Wasser ausgewaschen bis das Filtrat schwefel-
säurefrei ist (mit BaCl, keine Fällung gibt), dann mit dem Filter auf
Papier etwas abgetrocknet, als dicke Paste in eine Literflasche gebracht
und mit gekühltem Ammoniakwasser von 0,9 spezifischen Gewichts
unter öfterem Durchschütteln zum Liter gelöst. Ein wenig Kupfersalz
bleibt ungelöst, und vom Kupferoxydammoniak scheiden sich nach
einiger Zeit tiefblaue Nädelchen ab. Die nach 24 Stunden bei Zimmer-
temperatur durch Asbest filtrierte Lösung enthält 13—14 g Kupfer
und rund 200 g Ammoniak im Liter. Man bestimmt das Ammoniak
und Kupferoxyd zusammen durch Titrieren mit n-Schwefelsäure und
Methylorange als Indikator und das Kupfer allein durch Fällung mit
Schwefelwasserstoff. Diese ‚normale‘ Kupferoxydammoniaklösung löst
bis 2 g Zellulose in 100 ccm auf. Das hellgrüne basische Kupfersulfat,
welches bei 120° bis zum konstanten Gewicht getrocknet 66—69 %
Cuß und 17—20% SO, enthält, löst sich trocken in Ammoniak
schwieriger auf als die frische Paste. Ein anderes ausgezeichnetes, ja
noch besseres Lösungsmittel als Kupferoxydammoniak ist Athylen-
diaminlösung in Verbindung mit Kupferoxyd. Die Zellulose
V. Kohlensäureassimilation. 167
wird vorerst mit der Diaminlösung durchtränkt und dann erst das
nötige Kupferoxyd hinzugefügt. Aus den Lösungen wird die Zellulose
durch Säuren und Alkalien wieder gefällt.
Qualitativer Nachweis: Chlorzinkjodlösung färbt Zel-
lulose momentan blau bis blauviolett. Zu 9 Teilen einer ZnCl,-Lösung
(spezifisches Gewicht 2,0) wird 1 Teil einer 60 prozentigen Jodkali-
lösung hiızugefügt und im Gemisch Jod bis zur Sättigung aufgelöst.
In einer einprozentigen Jodkalilösung wird Jod bis zur Sättigung
aufgelöst, der Überschuß des Reagens, mit dem man die Zellulose be-
feuchtet hat, ausgewaschen und dann einige Tropfen konzentrierter
Schwefelsäure zugesetzt. Es tritt Blaufärbung ein. Diese Reaktionen
fallen bei Pflanzenteilen nur dann positiv aus, wenn die Zellulose frei,
d. h. nicht verholzt ist.
Quantitative Methoden zur Bestimmung der Zellulose existieren
nicht, man begnügt sich, die übrigen in Naturprodukten mit der eigent-
lichen Zellulose verbundenen oder gemengten Substanzen zu entfernen,
wobei die Zellulose unverändert bleiben soll. Da dies einerseits, nicht
durchführbar ist, anderseits die Verunreinigungen nicht ganz zu ent-
fernen sind, ergeben die Zellulosebestimmungsmethoden stark von-
einander abweichende Werte. Für technische Zwecke begnügt man sich
häufig mit der Feststellung der „‚Kupferzahl“, des Reduktions-
vermögens gegenüber Fehlings Lösung, ferner der „Hydroly-
sierzahl“ und des Hydratationsgrades, ferner mit der Bestimmung
der Viskosität. Bezüglich dieser Verfahren sei auf das vollständige
Referat von G. Zemplen im Abderhaldenschen Handbuch der
biochemischen Arbeitsmethoden hingewiesen.
Die Zellmembran besteht nach dem heutigen Stande unserer Kennt-
nisse aus der eigentlichen Zellulose als Grundsubstanz, den Hemi-
zellulosen und den inkrustierenden Bestandteilen. Die Zellulose ist der-
jenige Bestandteil, der weder durch verdünnte Säuren oder Alkalien
gelöst, noch durch schwache Oxydationsmittel angegriffen wird. Die
Hydrolyse der Zellulose liefert bekanntlich ausschließlich Dextrose.
Unter dem, was durch Kupferoxydammoniak gelöst wird, was also
unter dem Namen ‚‚Zellulose‘“ zusammengefaßt wird, pflegt man ge-
wöhnlich einen einheitlichen Stoff zu verstehen; es ist aber im Begriff
„Zellulose‘‘ ebensowenig ein einheitlicher Stoff, sondern vielmehr ein
Stoffgemenge zusammengefaßt, wie das „Lignin“, d. h. der leicht
oxydable Rückstand, der nach Behandlung der Zellmembran mit ver-
dünnten Säuren und verdünnten Alkalien hinterbleibt, ein einheitlicher
Körper ist.
Die Hemizellulosen sind Anhydride von Kohlehydraten, die,
zum Unterschied von der eigentlichen Zellulose (die sich nur in konzen-
trierter H,SO , glatt löst und beim nachfolgenden Verdünnen erst hydro-
lysiert wird), schon durch kürzeres Kochen mit verdünnter Schwefel-
säure hydrolysiert werden. Die Hemizellulosen, welche auch die Rolle
im Stoffwechsel wieder verwendbarer Reservestoffe spielen, bestehen
ferner auch noch aus anderen Monosen als aus Dextrose, sie sind An-
hydride von Hexosen und Pentosen. E. Schulze bestimmte die
Hemizellulosen in verschiedenen Pflanzenteilen durch erschöpfendes
Extrahieren mit Wasser, Alkohol und Äther nacheinander, worauf nach
Entfernung der Stärke mit Diastase behandelt und die Hemizellulosen
durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure in Lösung gebracht wurden.
168 V. Kohlensäureassimilation.
Zu den Inkrusten, die sich in den späteren Entwicklungsstadien der
anfänglich reinen Zellulose einlagern, sind Gerbstoffe, Farbstoffe, Pektin-
substanzen und bei den verholzten Membranen die sogenannten aro-
matischen ‚‚Leitsubstanzen‘“ Vanillin, Furfurol, Brenzkatechin, Koniferin
zu rechnen, welche letzteren zwar in relativ sehr geringen Mengen auf-
treten, aber durch ihre äußerst empfindlichen Farbenreaktionen mit
Anilinsulfat, Phlorogluzin + HCl usw. die ‚„Verholzung‘ der be-
treffenden Membran anzeigen.
Unter Lignin, der Menge nach die wichtigste inkrustierende
Substanz der Zellmembran, verstehen wir diejenigen Bestandteile,
welche einen höheren Kohlenstoffgehalt besitzen als die Zellulose, mit
dieser eng verbunden sind und sie einhüllen oder durchdringen. Die
chemischen Eigenschaften (Löslichkeit, Reaktionen) der Zellulose treten
erst hervor, wenn das Lignin durch oxydierende Mittel beseitigt ist;
es wird von der Zellulose zum Unterschied von den übrigen Inkrusten
nicht durch Behandeln mit Säure oder Alkali, sondern durch Oxydations-
mittel getrennt. Als Rohfaser bezeichnet man den in verdünnten
Säuren und Alkalien unlöslichen Anteil pflanzlicher Stoffe. Die Roh-
faser hat daher eine sehr wechselnde Zusammensetzung und enthält
neben der Zellulose auch noch das Lignin, Hemizellulosen, Pentosane usw.
Von den Verfahren, die Rohfaser zu bestimmen, sei hier nur das
Glyzerin-Schwefelsäure- Verfahren von J. Köni g angeführt, mit dem
ich selbst gute Erfahrungen gemacht habe. 3 g lufttrockene Substanz
werden in einem Kolben oder in einer Porzellanschale mit 200 ccm
Glyzerin von 1,23 spezifischem Gewicht, welches 20 g konzentrierter
Schwefelsäure in einem Liter enthält, versetzt, durch häufiges Schütteln
oder Rühren mit einem Glasstabe gut verteilt und entweder am Rück-
flußkühler im Ölbade bei 133—135 ° eine Stunde gekocht oder in einem
Autoklaven bei 137 0 (= 3 Atmosphären) eine Stunde lang gedämpft.
Ich ziehe mit Tollens das Kochen vor. Das spezifische Gewicht
des Glyzerins ist von Wichtigkeit und sollte bei käuflichem Glyzerin
stets mit dem Aräometer nachgeprüft werden, da bei zu hohem spezi-
fischem Gewicht die Temperatur beim nachfolgenden Erhitzen zu hoch
steigt und dann durch die Schwefelsäure Akroleinbildung und Ver-
kohlung bewirkt wird. Die Substanz muß fein gemahlen verwendet
werden. Darauf läßt man erkalten, verdünnt den Inhalt des Kolbens
oder der Schale auf ungefähr 400-500 ccm, kocht nochmals auf und
filtriert heiß durch ein Asbestfilter eines Goochtiegels an der Luftpumpe.
Den Rückstand auf dem Filter wäscht man mit ungefähr 400 ccm
siedendheißen Wassers, darauf mit erwärmtem Alkohol, dann mit einem
Gemisch von Alkohol und Äther, schließlich mit Äther allein, bis das
Filtrat vollkommen farblos abläuft. Darauf wird das Asbestfilter oder
der Goochtiegel bei 105 ® getrocknet und gewogen, der Rückstand über
freier Flamme vollkommen verascht und der Tiegel mit der Asche zurück-
gewogen. Die Differenz zwischen beiden Wägungen gibt den Betrag
der aschefreien Rohfaser. Wichtig ist sorgfältige Bereitung der Glyzerin-
Schwefelsäure, gute Zerkleinerung der Substanz und sorgfältige Ein-
haltung der Kochzeit. Unter diesen Bedingungen liefert die Methode
recht verläßliche Resultate.
Bestimmung der Zellulose, des Lignins und
Kutinsnach J. König: 3 g lufttrockener Substanz werden ab-
gewogen und genau so behandelt wie vorher, der Rückstand im Gooch-
V. Kohlensäureassimilation. 169
tiegel aber nicht getrocknet, sondern nach dem Absaugen des zuletzt
zum Auswaschen verwendeten Athers und Verdunstenlassen desselben
an der Luft nebst dem Asbestfilter quantitativ in ein etwa 800 ccm
fassendes Becherglas gebracht und unter Bedecken mit einem Uhrglas
oder einer Glasplatte mit 100—150 ccm chemisch reinen 3 prozentigen
Wasserstoffsuperoxyds sowie 10 ccm 24 prozentigen Ammoniaks ver-
setzt und etwa 12 Stunden stehen gelassen; dann werden 10 ccm 30 pro-
zentigen chemisch reinen Wasserstoffsuperoxyds zugesetzt und diese,
wenn die Sauerstoffentwicklung aufgehört hat, noch zwei- bis sechsmal,
d. h. so oft wiederholt, bis die Rohfaser völlig weiß geworden ist. Beim
dritten und fünften Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd fügt man auch
noch je 10 cem des 24 prozentigen Ammoniaks hinzu. Man kann
Wasserstoffsuperoxyd und Ammoniak in graduierten Zylindern mit
eingeriebenem Glasstöpsel vorrätig halten und aus diesen die jedesmalige
Menge Flüssigkeit zusetzen. Wenn die Substanz völlig weiß geworden
ist, erwärmt man 1-2 Stunden im Wasserbad und kann dann, wenn
das Wasserstoffsuperoxyd rein war, d.h. mit Ammoniak keinerlei Nieder-
schlag oder Trübung gab, sofort und glatt durch ein zweites Asbestfilter
filtrieren. Will man bloß das Lignin in der Rohfaser bestimmen, so
kann der weißoxydierte Rückstand wie bei der Rohfaserbestimmung
getrocknet, gewogen, geglüht und wiedergewogen werden: der Glüh-
verlust stellt die Rohzellulose dar und diese, von der Rohfaser abgezogen,
gibt das Lignin. Der durch das zweite Asbestfilter filtrierte Rückstand
wird samt Asbestfilter zwei Stunden mit 75 ccm Kupferoxydammoniak
unter öfterem Umrühren, zuletzt kurze Zeit bei ganz geringer Wärme
auf dem Wasserbade behandelt und die Flüssigkeit durch einen Gooch-
tiegel mit schwacher Asbestmasse filtriert. War von der ersten Rohfaser-
filtration ziemlich viel Asbest in der Flüssigkeit, so kann man auch
ohne eine zweite Asbestlage ein genügend dichtes Filter dadurch erhalten,
daß man die Flüssigkeit umrührt und das erste Filtrat so oft zurück-
gießt, bis es völlig klar geworden ist. Die letzten Reste der ammonia-
kalischen Lösung werden unter Zufügung von etwas frischem Kupfer-
oxydammoniak behufs Auswaschens abgesaugt, das Filtrat beiseite
gestellt, der Rückstand im Tiegel dagegen unter Anwendung einer neuen
Absaugeflasche genügend mit Wasser nachgewaschen, darauf bei 105
bis 110 ° getrocknet, gewogen, geglüht und wieder gewogen. Der Glüh-
verlust ergibt die Menge des nicht oxydierbaren, in Kupferoxydammoniak
unlöslichen Teiles der Rohfaser, das Kutin. Das Filtrat von diesem
Rückstand, d. h. die Lösung der Zellulose in Kupferoxydammoniak,
wird mit 300 ccm 80 prozentigen Alkohols versetzt und stark gerührt;
hierdurch scheidet sich die Zellulose in großen Flocken quantitativ
wieder aus. Sie wird in üblicher Weise im Goochtiegel gesammelt, zu-
erst mit warmer, verdünnter Salzsäure, dann genügend mit Wasser,
zuletzt mit Alkoholäther ausgewaschen, bei 105—110 ® getrocknet,
gewogen und verascht. Der Gewichtsunterschied zwischen dem Ge-
wichte des Tiegelinhaltes vor und nach dem Glühen gibt die Menge
Reinzellulose. Der Unterschied von Gesamtrohfaser minus
Zellulose + Kutin ergibt die Menge des oxydierbaren Anteiles der
Rohfaser, das Lignin.
Verwendungvon Chlorzur Oxydation des Lig-
ninsnachCrossundBevan: Diese Methode liefert die höchsten
Zahlen bei der Zellulosebestimmung und zeichnet sich durch große
170 V. Kohlensäureassimilation.
Schnelligkeit und Einfachheit aus. Die Substanzen dürfen nicht länger,
als absolut nötig ist, der Einwirkung des Chlorgases ausgesetzt sein,
da sich sonst der zerstörende Einfluß von Chlor auch auf die Zellulose
selbst geltend macht. Man führt deshalb am besten einen Vorversuch
aus, um die Zeiten zu ermitteln.
Man befeuchtet die Substanz vorsichtig mit so viel Wasser, daß
sie gerade davon durchdrungen wird, und setzt sie darauf in einem
durch Eis gekühlten, bedeckten Becherglase der Einwirkung eines lang-
samen, gewaschenen Chlorstromes aus, die Dauer der Behandlung wechselt
je nach der Art des Ausgangsmaterials. Man übergießt jetzt die Masse
mit wässeriger schwefliger Säure bis zum Verschwinden des Chlorgeruches,
filtriert durch einen gewogenen Goochtiegel, wäscht ein- bis zweimal mit
Wasser, bringt die Zellulose mittels Pinzette in das Becherglas zurück
und erwärmt mit 100 ccm einer 2 prozentigen Natriumsulfatlösung
1—2 Stunden auf dem Wasserbade. Darauf wird wiederum filtriert,
mit heißem Wasser gewaschen und die Behandlung mit Chlor, wenn
nötig, wiederholt, wobei man das Gas bei jedem Mal Einwirkenlassen
kürzer zur Aktion kommen läßt. Darauf folgt ein kurzes Bleichen mit
0,1 prozentiger Kaliumpermanganatlösung, Entfärben mit schwefliger
Säure, gründliches Auswaschen der erhaltenen reinen Fasern mit kaltem
und heißem Wasser, Trocknen und Wägen. Die so dargestellten Präparate
sind sehr rein.
Statt des gasförmigen Chlors kann man auch das viel schwächer
wirkende Bromwasser verwenden. 2 g der vorbehandelten Substanz
werden in einer Stöpselflasche mit 100 ccm Wasser übergossen und
5—10 cem einer verdünnten Bromlösung (4 com Brom im Liter) zu-
gegeben. Wenn die gelbe Farbe und der Geruch des Broms verschwunden
ist, erneuert man den Zusatz und fährt in dieser Weise fort, bis die
Flüssigkeit nach 12—24 Stunden noch ihre gelbe Farbe behält und
unverbrauchtes Brom durch den Geruch wahrzunehmen ist. Die ab-
filtrierte Substanz wird dann gewaschen und mit verdünntem Ammoniak
(4 cem im Liter) auf dem Wasserbade erhitzt. Die bromierten Lignin-
substanzen lösen sich darin mit brauner Farbe, man filtriert, wäscht
mit heißem Wasser und wiederholt, falls die Zellulose noch nicht weiß
ist, die Behandlung so oft, bis das Gewebe zu einem blendend weißen
Faserbrei zerfallen ist. Als Beweis der Reinheit dient, daß die erhaltene
Zellulose bei weiterem Stehen mit Bromwasser und darauffolgendem
Behandeln mit Ammoniak keine Spur einer Färbung zeigt. Ein großer
Nachteil dieser Methode, bei welcher die Ausbeuten übrigens niedriger
sind als bei der Chlorierung, ist, daß sie verhältnismäßig lange dauert,
und daß zahlreiche Filtrationen durchzuführen sind; ein großer Vorteil,
daß man die lästige Entwicklung von Chlorgas erspart.
Sehr häufig benutzt man bei wissenschaftlichen Bestimmungen
das Verfahren von Fr. Schulze, Mazeration mit Kalichlorat +
Salpetersäure. Henneberg hat dieses Verfahren modifiziert:
I Teil des Rohproduktes wird mit 0,8 Teilen KCIO, und 12 Teilen HNO,
(spezifisches Gewicht 1,1) 12—14 Tage in geschlossenem Gefäß bei einer
15 nicht übersteigenden Temperatur digeriert. Dann wird mit Wasser
verdünnt, filtriert und ausgewaschen, der Rückstand %, Stunden lang
mit verdünntem Ammoniak (1: 60) bei zirka 60 ° behandelt, abfiltriert
und so lange mit verdünntem kaltem Ammoniak gewaschen,®bis die
Flüssigkeit farblos abläuft; zum Schluß wird mit heißem Wasser aus-
V. Kohlensäureassimilation. 171.
gewaschen. Hier wird die oxydierende Wirkung von Chlor durch jene
der niederen Stickoxyde verstärkt. Durch dieses Verfahren wird wohl
das Lignin ziemlich vollständig entfernt, aber die gegenüber den anderen
Verfahren niedriger ausfallenden Zahlen deuten darauf hin, daß die
Zellulose ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird.
Ganz ähnlich, aber weniger zeitraubend, ist die Mazeralion der
Rohfaser mit Kaliumchlorat-Salzsäure nach W. Hoffmeister. Das
Rohprodukt wird mit Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,05 be-
handelt, dann so viel festes Kalichlorat hinzugefügt, als sich während
der Reaktion löst. Man läßt dann unter öfterem Umschütteln bei ge-
wöhnlicher Temperatur stehen, bis alle Teile der Faser hellgelb geworden
sind, was nach 24-36 Stunden erreicht ist. Die Temperatur darf 17,5 °
nicht übersteigen, weil sonst die Zellulose in nennenswertem Ausmaße
angegriffen wird. Die Masse wird jetzt mit Wasser verdünnt und dann
auf dem Wasserbad 1—-2 Stunden mit Ammoniak digeriert, abgesaugt
und dann mit kaltem, schließlich mit heißem Wasser gewaschen. Die
Präparate, welche nach dieser Methode erhalten werden, sind stark
braun, wohl ligninfrei, aber oxyzellulosehaltig. Der Farbstoff kann durch
Oxydationsmittel, wie Kaliumpermanganat oder Natriumhypochlorit
leicht entfernt werden. Der größte Nachteil dieser Methoden ist, daß
der Endpunkt der Ligninzerstörung nicht zu erkennen und man daher
gezwungen ist, eine Reihe von Bestimmungen vorzunehmen und aus
ihnen das Mittel zu ziehen. Denn nach Zerstörung der Ligninsubstanzen
beginnt gewöhnlich der Angriff auf die eigentliche Zellulose, welcher
sich am besten durch das Auftreten von Oxyzellulosen zu erkennen
gibt. Immerhin stimmen die einzelnen Bestimmungsmethoden in ihren
Werten untereinander recht befriedigend überein. Quantitative Methoden
-im Sinne des Chemikers gibt es eben bei der Zellulosebestimmung nicht,
da wir über die chemischen Eigenschaften und die Konstitution der
Zellulose noch sehr mangelhaft orientiert sind und fast gar nichts über
die Art des Zusammenhanges zwischen Zellulose und den sie begleitenden
Hemizellulosen und Inkrusten wissen. Deshalb können alle Bestimmungs-
methoden der sogenannten Rohfaser kaum jemals brauchbare abso-
lute Werte geben, sondern immer nur relative, im Vergleich zu ver-
wendende Zahlen. Die Verholzung kann durch eine Reihe von Farben-
reaktionen nachgewiesen werden, von denen die gebräuchlichsten die
mit Anilinsulfat (Goldgelbfärbung) und die mit Phlorogluzin + Salzsäure
(Violettrotfärbung) sind. Eine grüne Färbung mit der Holzsubstanz
liefert Thymol, eine kirschrote Indol und Pyrrol. Wenn man ver-
holzte Zellen eine Minute in eine Auflösung von Amylalkohol oder
Isobutylalkohol in konzentrierter Schwefelsäure legt, so bereitet, daß
man unter Kühlung gleiche Teile des Alkohols und der Schwefel-
säure vermischt, so daß sich die Flüssigkeit nur wenig braun färbt, und
dann die Schnitte oder Gewebeteile, nachdem man sie 1 bis 5 Minuten
mit dem Reagens geschüttelt hat, in Glyzerin überträgt, so zeigen
sich, besonders unter dem Mikroskop, die verholzten Zellen rot, grün
oder blau, je nach dem Grade der Verholzung, gefärbt. Wenn man die
zu untersuchende Substanz nach dem Befeuchten mit Chlorgas be-
handelt, auswäscht und sie dann in verdünnte Natriumsulfitlösung
einlegt, so färben sich die verholzten Stellen himbeer- bis bordeauxrot.
Wenn man Schnitte verholzter Substanz einige Minuten mit verdünnter
Kaliumpermanganatlösung in Berührung läßt, dann auswäscht und in
172 V, Kohlensäureassimilation.
verdünnte Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,06 bringt, so löst sich
der in den Zellwänden abgesetzte Braunstein, und es entwickelt sich
Chlor, welches die verholzenden Substanzen chloriert. Betupft man
nun nach dem Auswaschen mit Ammoniak (oder hält die Schnitte über
den Hals einer Flasche mit Ammoniak), so zeigt sich eine tiefrote
Färbung.
Man kann nach Cross, Bevan und Briggs das Lignin folgender-
maßen bestimmen: Bei der Kondensationsverbindung, welche das Phloro-
gluzin in der Wiesnerschen Reaktion mit der Holzsubstanz eingeht,
und bei welcher die schon deutlich sichtbare rote Färbung entsteht,
wenn auch nur Spuren der reagierenden Substanzen zugegen sind, handelt
es sich um eine Vereinigung dieser Substanz mit Phlorogluzin, welche
beim Waschen mit Wasser nicht zerlegt wird. Mit Hilfe dieser Be-
obachtung wurde ein Titrationsverfahren gefunden, welches darauf
basiert, daß in zwei genau unter denselben Bedingungen ausgeführten
Phlorogluzinbestimmungen und aus der Differenz, welche diese beiden
Bestimmungen ergeben, die Phlorogluzinmenge ausfindig gemacht wird,
welche die Lignozellulose bindet, so daß deren Quantität festgestellt
werden kann. Man verwendet 1. eine Lösung aus 2,5 g reinen Phloro-
gluzins in 500 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,06; 2. eine
Lösung von 2 g Furfurol in 500 ccm Salzsäure desselben spezifischen
Gewichts oder eine Lösung von 2 ccm 40 prozentigen Formaldehyds
in einer solchen Salzsäure. 2g fein zerkleinerter Lignozellulose, deren
Wassergehalt in einer Parallelprobe ermittelt wird, werden auf der
analytischen Wage abgewogen, die Substanz in einen trockenen Kolben
getan und sofort mit 40 ccm der Phlorogluzinlösung übergossen. Der
Kolben wird verstöpselt, geschüttelt und über Nacht stehen gelassen.
Am Morgen wird die Flüssigkeit durch einen sehr kleinen, im Trichter-
hals befindlichen Baumwollenpfropfen abfiltriert, vom Filtrate 10 ccm
mit einer Pipette entnommen und in den Titrationskolben gegeben.
Nachdem man mit 10 cem Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,06
verdünnt und auf ungefähr 70 0 C erwärmt hat, wird die Furfurol- oder
Formaldehydlösung aus einer Bürette zutropfen gelassen. Nach jedes-
maligem Zufließen von 1 ccm läßt man die Flüssigkeit 2 Minuten stehen,
ehe man sie prüft, wobei die Temperatur konstant auf 70° C gehalten
wird. Diese Prüfung besteht darin, daß man einen Tropfen der Flüssig-
keit ohne Filtration auf ein Stück ordinäres Zeitungspapier bringt. Ein
Tropfen Phlorogluzinlösung in der Verdünnung 1: 30000 ruft auf
solehem ungeleimtem Papier in einer Minute einen roten Fleck hervor.
Nachdem man hier den Prüfungstropfen 10 Sekunden auf das Zeitungs-
papier hat einwirken lassen, schleudert man ihn ab und beobachtet,
im Falle noch unausgefälltes (ungebundenes) Phlorogluzin vorhanden
ist, einen roten Fleck. Gegen Ende der Titration wird die Phlorogluzin-
lösung in Mengen von nur je 0,25 cem hinzugegeben, indem man nach
jeder Zugabe eine Pause von 2 Minuten vor der Prüfung eintreten läßt.
Nahe dem Schluß der Reaktion erscheint der rote Fleck auf dem Indikator-
papier immer später, schließlich erkennt man einen solchen auf dem
feuchten Papier gar nicht, sondern muß, bevor man ihn hervortreten
sieht, das Papier trocknen, indem man es in angemessener Entfernung
von einer Bunsenflamme hält. Tritt kein roter Fleck mehr auf, so ist
die Titration beendigt. Nach der Bestimmung werden 10 cem der ur-
sprünglichen Phlorogluzinlösung in genau derselben Weise titriert und
V. Kohlensäureassimilation. Ita
so die Menge des von der Lignozellulose absorbierten Phlorogluzins
durch die Differenz der Bestimmungen festgestellt. Dieser Absorptions-
wert des Phlorogluzins wird dann in Prozenten des vorher bestimmten
Trockengewichts der Lignozellulose ausgedrückt. Diese Bestimmung
ergibt also natürlich keine absoluten Werte, was ja auch schon deshalb
nicht möglich ist, weil man die chemische Natur des ‚„Lignins‘“ nicht
kennt und demnach nicht darüber orientiert ist, in welcher Relation
die Phlorogluzinabsorption zur Menge dieser Stoffe stehen kann. Man
ist aber in der Lage, diese Zahlen als Vergleichswerte zu brauchen und,
wenn eine Reihe Titrationszahlen bekannt sind, aus diesen eine gewisse
Normalzahl anzunehmen, auf die man die anderen bezieht. Die Stoffe
der Holzsubstanz, welche die genannten Farbenreaktionen geben, lassen
sich entweder durch Kochen von Holzpulver mit Zinnchlorür nach der
Methode von Czapek oder durch die weniger in das chemische Ge-
füge der Holzsubstanz eingreifende von mir: Kochen des Holzes mit
Wasser unter Druck bei 180° im Autoklaven herstellen, worauf man
die Substanzen durch Extrahieren mit Ather gewinnt. Es macht den
Eindruck, als wären sie in chemischer (etwa esterartiger) Bindung mit
der Zellulose vorgelegen und diese Bindung wäre durch die genannten
Prozeduren gelöst worden. Nach meinen Untersuchungen besteht die Holz-
substanz aus einem Gemenge von Vanillin, Methylfurfurol, Furfuralkohol
und Brenzkatechin, ferner von Koniferin. Mit konzentrierter Salzsäure
allein behandelt, färbt sich Holz grün, eine Färbung, die höchstwahr-
scheinlich dem Methylfurfurol in Verbindung mit dem Koniferin zu-
zuschreiben ist. Die Intensität der Färbungen mit den Holzreagenzien,
auch wenn nur die geringsten Spuren der Holzsubstanz vorhanden sind,
erklärt sich einerseits aus der Empfindlichkeit der Phenolfarbstoffe
überhaupt, anderseits aus der außerordentlich feinen Verteilung dieser
Substanzen durch Harze, Schleime, Pektine, Hemizellulosen, kurz kol-
loidale Substanzen, auf deren Einlagerung nach Wislicenus die
Holzbildung beruht; schließlich aus der Fähigkeit der Zellulose, ein-
gedrungene Stoffe festzuhalten. Es ist übrigens durch meine Unter-
suchungen wahrscheinlich geworden, daß die farbengebenden Substanzen
Vanillin, Methylfurol, Brenzkatechin durch einen Sekundärprozeß aus
der vorgebildeten Zellulose, respektive deren Kohlehydrateinlagerungen,
selbst entstehen und daß die entstehenden Kohlenstoffringe mit den
Gerbstoffen und durch diese auch mit dem rotblauen Blütenfarbstoff,
Anthokyan, in genetischer Beziehung stehen!).
Zur quantitativen Trennung von Hemizellulose, Zellulose, Lignin
und Pentosanen hat W.Hoffmeister?)ein Verfahren ausgearbeitet.
Die Agenzien, welche zur Reindarstellung dieser Polysaccharide ange-
wendet werden wie starke Säuren (Salzsäure, Salpetersäure, Schwefel-
säure, Essigsäure) und Alkalien oder Gemische der Säuren mit Kali-
chlorat, aber selbst Kochen mit Wasser unter Druck greifen Zellulose,
Hemizellulosen usw. an oder zerstören sie. Ein für Hemizellulosen und
Zellulosen geeignetes, wenig angreifendes Lösungsmittel ist 5 prozentige
!) Die einschlägigen Verhältnisse, die hier nur angedeutet werden können,
finden in meiner im gleichen Verlage erscheinenden Pflanzenphysiologie ausführ-
liche Behandlung.
®») W. Hoffmeister, Die quantitative Trennung von Hemicellulose,
Cellulose und Lignin und das Vorkommen der Pentosane in diesen. Landw.
Jahrb. 50, 347 (1898).
174 V. Kohlensäureassimilation.
NaOH, in welcher ein großer Teil der Pentosane, allerdings nicht alle,
und Teile von Hexosanen löslich sind. Die zerkleinerten Pflanzenstoffe
werden zunächst durch Äther von Fett befreit und nacheinander mit
verdünnter Salzsäure und Ammoniak in der Kälte extrahiert. Der
Rückstand wird mit 5 prozentiger NaOH unter Umschütteln während
einiger Tage behandelt, soweit es möglich, die klare Lösung dekantiert,
nochmals, wenn nötig, mit NaOH oder mit Wasser übergossen und so-
lange extrahiert, als sich noch etwas löst. Die vereinigten Flüssigkeiten
werden mit Salzsäure neutralisiert und mit Alkohol versetzt, um ein
schnelleres Absetzen zu ermöglichen. Unter Dekantieren wird schließ-
lich die Hemizellulose auf ein Faltenfilter gebracht, mit alkoholhaltigem,
zuletzt mit ammoniakalischem Wasser ausgewaschen, getrocknet und
gewogen. Zur vollkommenen Reingewinnung kann die Auflösung und
Fällung wiederholt werden. In der Tollensschen Methode ist das ge-
eignete Mittel gegeben, die vorhandenen Pentosane zu bestimmen. Das
zweite Lösungsmittel isst Schweizers Reagens: Eine beliebige
Menge Kupfersulfat wird in heißem Wasser gelöst, noch heiß mit Am-
moniak möglichst genau ausgefällt, der Niederschlag durch Dekantieren
ausgewaschen, mit kaltem Wasser übergossen und mit so viel verdünnter
Natronlauge geschüttelt, bis die anfangs grüne Farbe in eine hellblaue
übergegangen ist, und dann wieder durch Dekantieren ausgewaschen.
Den in wenig Wasser aufgeschwemmten Niederschlag löst man ent-
weder direkt in Ammoniak auf oder bewahrt ihn in der Kälte, um ihn
erst vor dem Gebrauch zu lösen. Das Reagens wird nach Erschöpfung
der Substanzen mit NaOH und Auswaschen der Lauge angewendet
und löst die Hexosane und Pentosane auf, soweit das nicht durch In-
krusten verhindert wird. Die Substanz wird, wie bei der Behandlung
mit Natronlauge, mit dem Kupferoxydammoniak während einiger
Tage wiederholt geschüttelt, dann wird dekantiert und so oft mit ver-
dünntem Ammoniak behandelt, als sich noch etwas löst. Das Filtrieren
erfolgt an der Nutsche mit Hilfe der Pumpe. Die durch Dekantieren und
Filtrieren gewonnenen Lösungen der Zellulose in Schweizers Re-
agens werden auf der Porzellanschale bei gelinder Wärme am Wasser-
bad zur Trockene eingedampft, mit Salzsäure und Salpetersäure ent-
haltendem kaltem Wasser aufgenommen, unter Umrühren das Kupfer
in Lösung gebracht, die blaue nach dem Absetzen obenstehende Kupfer-
lösung über ein Filter abdekantiert und das Auswaschen mit angesäuertem
Wasser solange wiederholt, als sich noch Kupfer in der Lösung nach-
weisen läßt. Die rückständige Zellulose wird mit ammoniakalischem
Wasser gewaschen und dies so lange fortgesetzt, als das Wasser noch
gefärbt ist, schließlich am Filter mit Alkohol gewaschen, worauf die
Zellulose als gequollene rein weiße oder auch mehr oder weniger gefärbte
Substanz zurückbleibt. Erneutes Auflösen nSchweizers Reagens
und Fällen führt schließlich völlige Reinigung herbei. Diese aus
Schweizers Reagens erhaltene Zellulose wird nach Tollens
auf Pentosane untersucht. Der mit NaOH und Sch weizers Reagens
erschöpfte Rückstand wird durch Erwärmen von Ammoniak befreit,
zuerst mit Salzsäure und Wasser, dann mit Ammoniak und Wasser
ausgezogen, gewaschen und getrocknet. Er enthält das Lignin, welches
entweder für sich bestimmt oder zur Untersuchung respektive Trennung
der Zellulose von den inkrustierenden Substanzen weiter verarbeitet
und auf Pentosane untersucht wird. Das Lignin wird in den Tollens-
V. Kohlensäureassimilation. 175
schen, mit Kühlvorrichtung versehenen Extraktionsapparat eingeführt
und derselbe mittels Kautschukstöpsels in einen hinreichend großen
Kolben eingefügt, der zu drei Viertel mit verdünntem Ammoniak ge-
füllt ist, dessen Stärke so bemessen wird, daß beim Sieden des Ammoniak-
wassers nur wenig Ammoniak entweicht, das in einem geeigneten Gefäß
mit Wasser aufgefangen wird. Die Birne, welche das Lignin enthält,
wird durch das siedende Ammoniak erwärmt, während der Kühler auch
ohne stetig fließendes Wasser, falls nur die Birne hinreichend groß ist,
kalt bleibt. Die Stärke der Flamme wird dementsprechend reguliert.
Die Flüssigkeit im Kolben färbt sich nach einiger Zeit braun und immer
dunkler von den extrahierten inkrustierenden Substanzen; von Zeit
zu Zeit muß Ammoniak nachgefüllt werden. Da die frei werdende
Zellulose hartnäckig Lignin einschließt und es vor der Einwirkung des
Ammoniaks schützt, ist es zweckmäßig, Ammoniakextraktion und
Extraktion mit Schweizers Reagens abwechseln zu lassen, wobei
der im Kupferoxydammoniak unlösliche Rest des Lignins wieder in die
Birne gebracht wird, und so wird in stetem Wechsel von Neuauflösen
der Zellulose und weiterem Extrahieren des Restes mit Ammoniak so
lange fortgefahren, bis letzteres nichts mehr löst; der Rest besteht aus
einem braunen Körper, der, kurze Zeit mit verdünnter Natronlauge
gekocht, noch darauf mit Ammoniak behandelt, die letzten Reste in-
krustierender Substanz zu gewinnen gestattet, die mit Säure ausgefällt
werden; diese abfiltrierte und getrocknete Ausfällung wird zusammen
mit dem Trockenrückstand der vereinigten ammoniakalischen Auszüge
als ‚„inkrustierende Substanzen“ gewogen. Die Untersuchung von
Samenschalen der Sonnenblume ergab z. B. folgendes: 150 g der trockenen
Schale ergaben nach Extraktion mit Ather, verdünnter Salzsäure und
Ammoniak 102,2 g Rückstand — 68,1 %, verloren an Natronlauge
4,18 g = 2,78%, Hemizellulose, an Schweizers Reagens 10,08 g
— 6,7% Zellulose, unlöslicher Rest 8 g = 56,7 % Lignin. In der
Hemizellulose (Natronlaugeextrakt) wurden gefunden: 1 g Hemizellu-
lose — 0,814 Pentosan = 81,4%; in der Zellulose (Schweizers
Reagens): 2 g Zellulose = 1,090 Pentosan — 54,5%. Es bestehen
somit die mit den beiden Lösungsmitteln erhaltenen Kohlehydrate
zum bei weitem größten Teil aus Pentosan. 50 g des nicht löslichen
Restes (Lignin) wurden im FExtraktionsapparat während 6 x 24
Stunden mit verdünntem Ammoniak extrahiert. Der Inhalt der Birne
wurde dann getrocknet, gewogen und mit Natronlauge ausgezogen.
Es wurden 1,91 g Hemizellulose gewonnen, welche enthielten: 1,91
— 0,7257 Pentosan — 36%. Der trockene Inhalt der Birne betrug
37,18 g; Hemizellulose daraus extrahiert ergab 1,91 g, die darauffolgende
Extraktion mit Schweizers Reagens 20,16 g (Zellulose) und fast
1 g inkrustierender Substanz. Mithin wurden erhalten 22,07 Kohle-
hydrat und der Ligninrest sowie die bis dahin ausgezogene inkrustierende
Substanz. Die durch Extraktion mit Schweizers Reagens erhaltenen
20,16 g enthielten noch erhebliche Mengen Pentosan: 2 g gaben 0,0436
Pentosan — 2,18%. Als aber diese aus Scehweizers Reagens er-
haltene Zellulose mit Natronlauge extrahiert wurde, ließ sich wieder
ein, also lediglich durch Behandlung mit Schweizers Reagens ver-
änderter, in der Kälte wiedergewonnener Teil ausziehen, und dieser
ergab 1,1724 g — 0,1310 g Pentosan = 11,1%. Aus dem ammonia-
kalischen Auszug des Lignins sowie aus den ammoniakalischen Wasch-
176 VI. Fette, Öle und Wachse.
wässern der Hemizellulose und Zellulose sowohl wie des unlöslichen
Ligninrestes ließen sich 13,26 g inkrustierender Substanz gewinnen,
und es blieb ein Rest von 14,21 Lignin: 22,07 + 13,26 + 14,21 = 49,54;
es war somit nur 0,46 g von den in Arbeit genommenen 50 g verloren-
gegangen. Die bis dahin in Schweizers Reagens unlösliche Menge
— 14,21 wurde weiter in zweimaliger Behandlung von je 6 Tagen mit
Ammoniak und ebenso mit Schweizers Reagens extrahiert und
nach der ersten, respektive zweiten Extraktion 2,045, nach der zweiten,
respektive dritten 0,26 g Zellulose erhalten. Das in Schweizers
Reagens Unlösliche enthielt keine Zellulose mehr und ließ sich leicht
durch Kochen mit Natronlauge und Extrahieren mit Ammoniak in
Lösung bringen. Auch hier wurden die inkrustierenden Substanzen
gewonnen und ihr Gewicht bestimmt. Der Verlust ist auch hier nicht
sehr bedeutend. Somit bestanden die 50 g des Lignins aus 24,37 extrahier-
barer Zellulose, respektive Hemizellulose — Pentosan und Hexosan —
und aus dem Rest: inkrustierende Substanzen und Aschebestandteile.
Die Methode ist natürlich ebensowenig wie andere Rohfaserbestimmungen
streng genommen quantitativ, aber sie ermöglicht doch annähernd eine
Bestimmung der zelluloseartigen Kohlehydrate und der inkrustierenden
Substanzen und vor allem die Feststellung des Verhältnisses dieser
beiden. Ein großer Nachteil dieser Bestimmungen ist der häufige Wechsel
der verschiedenartigen Operationen, die langwierigen Extraktionen,
Dekantierungen und Filtrationen, welche selbst bei Anwendung nicht
zu großer Mengen der Analysensubstanz die Erledigung aller Operationen
doch erst binnen einigen Wochen möglich machen. Immerhin war es
beispielsweise möglich, zu ermitteln, daß der Klee im ersten Vegetations-
jahr bis zum Schlusse eine Zunahme sowohl an Zellulose als an Lignin
zeigte, während im zweiten lediglich eine Zunahme an Lignin erfolgte.
Der Gehalt an Pentosanen in Schweizers Extrakt entwickelt sich
beim Klee im zweiten Vegetationsjahr relativ höher als im ersten, er
nimmt dagegen umgekehrt an Lignin im zweiten Vegetationsjahr mehr
ab als im ersten, was allerdings noch der Bestätigung bedarf.
VI. Fette, Öle und Wachse.
Um Pflanzenteile auf das Vorhandensein von Fetten zu prüfen,
muß man diese aus den Pflanzenteilen mit geeigneten Lösungsmitteln
extrahieren. Die Extraktion erfolgt am einfachsten im Soxhletschen
Apparat, in dem eine Pergamentpapierhülse eingesetzt ist (Fig. 59 und 60).
Im Notfalle kann man sich eine Extraktionshülse auch selbst aus Filtrier-
papier herstellen, indem man dieses mehrfach um einen Glaszylinder
herumwickelt, der einen etwas kleineren Durchmesser besitzt als der
Extraktionsapparat, den Papierzylinder dann herunterschiebt und an
einem Ende dütenförmig zusammenlegt. Bei sehr wasserreichen Pflanzen-
teilen ist es zweckmäßig, die Pflanzenteile vorher von der Hauptmenge
des Wassers zu befreien, indem man sie mit Alkohol extrahiert; ein
Trocknen des ganzen oder zerkleinerten Materials im Trockenschrank
ist nicht ratsam, weil die Fette, welche ja bekanntlich Ester des Glyzerins
und der höheren Fettsäuren, Stearinsäure, Palmitinsäure, Olsäure usw.,
sind, beim Trocknen leicht eine Spaltung in ihre Komponenten erleiden,
von denen die Fettsäuren durch Zerspaltung in niedrigere Fettsäuren
VI. Fette, Öle und Wachse. MT
und Oxydation, das Glyzerin bei unvorsichtigem Trocknen durch Wasser-
entzug verändert werden können. Man kocht also mit Alkohol aus,
läßt das Material dann bei sehr niedriger Temperatur, am besten unter
Darüberstreichen eines Luftstromes, trocknen, vermahlt es dann in einer
Mühle fein und extrahiert es dann im Extraktionsapparat mit einem
der Fettlösungsmittel, Schwefelkohlenstoff (Siedepunkt 46,2° C), Tetra-
chlorkohlenstoff (Siedepunkt 76,75° C), Äther (Siedepunkt 36 ° C) oder
Petroläther. Am besten verwendet man ein Gemisch von Petroläther
und Äther. Der zum Wegnehmen des Wassers verwendete Alkohol löst
auch etwas vom Fett, ferner Lezithin und andere Stoffe,
die sich in Alkohol, in Fett oder Lezithin auflösen. In-
folgedessen darf man den Alkohol nicht wegschütten, son-
dern man dampft ihn im luftverdünnten Raum bis auf
ein kleines Volumen des Extraktes ab und schüttelt die
wässerig- alkoholische Lösung
mit Petroläther aus, wobei
man sich bildende Emulsionen
durch tropfenweisen Zusatz
von Alkohol zum Verschwin-
den bringt. Man kann auch,
statt im Schütteltrichter zu
schütteln, die Extraktion der
alkoholischen Flüssigkeit im
Aronschen!) Apparat vor-
nehmen. Der Apparat besteht
aus einem Kolben (Fig. 61)
mit weitem Hals und einem
auf diesen Kolben mit Hilfe
eines Schliffes aufsetzbaren A
Mantelrohr, das sich nach _ i
b Imäl di . Fig. 59. Soxhletscher Ex- Fig. 60. R. Frühling.
oben verschmälert und ın ein % traktor. \ scheModifikation as
= 1 _ Das Rohr B wird in den mit let-Apparates mit Hülse-
Glasrohr ausläuft, das die Ver dem Extraktionsmittel be- Be s Handhaben
bindung mit einem Rückfluß-
kühler ermöglicht. Sollen
feste Stoffe extrahiert
werden, so wirdein Glaseinsatz
mit seitlicher Heberschleife
(genau so wie beim Soxhlet-
schickten Kolben eingesetzt,
A mitdem Rückflußkühler ver-
bunden, die Dämpfe des Ex-
traktionsmittelssteigen durch
B und (€ aufwärts, werden
kondensiert, fließen durch A
in die Hülse, die Flüssigkeit
steigt bis zum Niveau A, wo-
rauf sie automatisch durch D
in den Kolben zurückgehebert
wird.
beim Füllen und genaues
Wägen der Substanz vor
und nach der Entfaltung.
Der Heber ist ins Innere
des Gefäßes verlegt. B
und b entsprechen genau
den Teilen C und D in
Fig. 61. € ist ein in den
eingeschliffenen Deckel
eingelassener Rückfluß-
kühler.
extraktor) verwendet, in den
die mit dem Extraktionsgut gefüllte Extraktionshülse (Schleicher-
Schüllsche Pergamenthülse) eingesetzt wird. Dieser Glaseinsatz wird
in das Mantelrohr von der unteren breiten Schlifföffnung her eingeführt
und mittels zweier an seinem oberen Rand befindlicher Glasnuten in
dem Mantelrohr aufgehängt, das innen zwei Glaslager zum Einhängen
des Einsatzes trägt. Das obere Glasrohr des Mantels wird durch einen
Schlauch eng mit dem Rohre eines Rückflußkühlers verbunden. Der
Vorteil dieses Extraktors ist vor allem, daß die Dämpfe des Extraktions-
mittels nur einen kurzen Weg haben und den Glaseinsatz ständig um-
spülen, so daß das Extraktionsmittel in der Hülse fortdauernd im
!) H. Aron, Ein einfacher Extraktionsapparat zur Extraktion von festen
und flüssigen. Stoffen. Bioch. Zsch. 50, 386 (1913).
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 12
178 V1. Fette, Öle und Wachse.
Sieden erhalten wird, ein großer Vorteil vor der kalten Extraktion im
originalen Soxhlet-Apparat, besonders bei hochsiedenden Extraktions-
flüssigkeiten. Dadurch arbeitet der Apparat sehr rasch und infolge
der einzigen vorhandenen Öffnung, des breiten Schlitzes, sind die Ver-
luste an Extraktionsmittel auf ein Minimum reduziert. Will man
Flüssigkeiten mit Äther oder dergleichen extrahieren, so verwendet
man einen anderen Glaseinsatz (Fig. 62), der auch von unten in das
Mantelrohr eingeführt und darin mittels zweier Glasnuten aufgehängt
wird. Dieser Apparat ist den bewährten Vorrichtungen zur Extraktion
von Flüssigkeiten nachgebildet; die im Kühler kondensierten Dämpfe
des Lösungsmittels fallen aus dem Kühler in das trichterförmig er-
weiterte Rohr, das bis auf den Grund des Glaseinsatzes reicht, steigen
von unten nach oben durch die ganze im Glaseinsatz befindliche, zu
extrahierende Flüssigkeit durch und fließen
ständig durch das Heberrohr, mit der ex-
trahierten Substanz gesättigt, in den Ent-
wicklungskolben ab. Die zu extrahierende
Flüssigkeit wird bis knapp unter das Heber-
rohr eingefüllt, so daß die Schichte des
Lösungsmittels, welche ständig über dem
Flüssigkeitsnivesu steht, äußerst schmal ist.
Auch hier besteht ein großer Vorteil darin,
daß der Glaseinsatz fortwährend von den
Dämpfen des Extraktionsmittels umspült ist
und demnach die Extraktion in der Wärme
verläuft. Der Apparat wird in zwei Größen,
für die gebräuchlichen Extraktionshülsen
(30 x 80 mm) passend und in größerer Form
(Einsatz 70 mm breit, 220 mm hoch, Mantel-
rohr 80 mm breit und 300 mm hoch, Ex-
traktionskolben mit einem Fassungsraum von
1500 ccm, kann also mit 800—1000 ccm
Flüssigkeit beschickt werden) hergestellt. Ab-
- gesehen davon, daß er für Ausziehen von
Fig. 61. Apparat Fig. 62. Modifika- Alkaloiden u. dgl. aus Pflanzenextrakten sehr
von Aron. tion des A
ron . . .
Kolben; E — Ex. schen Extraktors geeignet ist, wird er auch besonders zur
aktionshülse;k z Ausziehe 2 1 1
-Rückfiußkühler. Plüssiekeiten BXtraktion von Fetten, Eiweißstoffen u. dgl.
Verwendung finden. Will man die Fette nicht
gleich analysieren, sondern einige Zeit aufbewahren, so muß man dafür
sorgen, daß dieselben in sorgfältigst getrocknetem Zustande verharren.
Man läßt den Petrolätherextrakt, nachdem man im Vakuum den größten
Teil des Petroläthers abdestilliert hat, zwei Tage im Vakuumexsikkator
über konzentrierter Schwefelsäure stehen, wirft dann noch ein Stück
geschmolzenen Chlorkalziums hinein und bewahrt ihn in mit eingeriebenem
Stöpsel verschlossenen kleinen und möglichst bis zum Rande gefüllten
Gläsern vor Luft geschützt auf. Häufig sind in den Extrakten noch
Lipasen, fettspaltende Enzyme, vorhanden, welche bei längerer Auf-
bewahrung eine Zersetzung des Fettes in seine Komponenten ver-
anlassen; man kann sie nur durch Erhitzen der gereinigten Fette auf
höhere Temperatur unwirksam machen, wobei aber die Erwärmung
in einer Atmosphäre trockener Kohlensäure vorgenommen werden
muß, um Zersetzungen und Oxydationen zu vermeiden. Im alko-
VI. Fette, Öle und Wachse. 179
holischen Extrakt können außer Fetten auch Lezithine vorliegen, die
man durch ihren Phosphorgehalt erkennt. Man kann den vom Alkohol
befreiten Extrakt mit rauchender Salpetersäure oder mit Atzkali und
Salpeter erhitzen, wodurch der Phosphor unter Zerstörung der organi-
schen Substanz zu Phosphorsäure oxydiert wird. Diese erkennt man
dann durch die Niederschläge, welche die Probe mit Magnesiamixtur,
bzw. mit molybdänsaurem Ammon liefert. Man kann die fremden
Bestandteile aber auch beim Fett lassen; man geht dann am besten
in der Weise vor, daß man die fein zermahlene, trockene (z. B. Samen-)
Substanz mit der 4—6fachen Menge fein gemahlenen, gebrannten Gips-
mehles mischt und dann im Extraktionsapparat mit Petroläther
extrahiert. Dieses Verfahren hat nicht nur den Vorteil, daß das noch
vorhandene Wasser gebunden wird, sondern daß schleimige, pektinöse
Substanzen durch den Gips adsorptiv zurückgehalten werden.
Von den so gewonnenen Fetten müssen zunächst die wichtigsten
physikalischen Konstanten wie spezifisches Gewicht, Schmelz- und Er-
starrungspunkt, Löslichkeit, Konsistenz und Viskosität ermittelt werden.
Es wird in einer Vorprobe die Reaktion des auf dem Wasserbade ge-
schmolzenen Fettes oder des flüssigen Öles direkt gegen Indikatoren wie
Lackmus und Phenolphthalein festgestellt, wobei man auch
auf die Reaktion der beim Erwärmen entweichenden Dämpfe
achtet, welche flüchtige Fettsäuren enthalten können. Die
Gegenwart von Glyzeriden der Ölsäure erkennt man durch
die Elaidinreaktion, indem man das Olin der Eprouvette mit
der gleichen Menge Salpetersäure und einigen Stückchen
Kupferdraht zusammenbringt: Das Öl erstarrt hierbei binnen
kurzer Zeit zu einer festen Masse, indem das flüssige Glyzerid
der Ölsäure in das feste Glyzerid der stereoisomeren Elaidin- in
säure übergeht. Die Bestimmung des spezifischen Gewichtes _ Fie. 63
findet in Pyknometern statt, von denen Röhmann das von Frometer
Upbbelohde!) empfiehlt: Das Instrument (Fig. 63) besitzt bei 15° C
einen Inhalt von 10 cem und wird mit Wasser von 15° C gefüllt.
Das Taragewicht ist gleich dem Gewichte des mit Wasser von 15° ge-
füllten Apparates. Der Ansatz des Kapillarröhrchens ist nahe dem
Boden, damit die schwimmenden Fettstückehen die Röhre nicht ver-
stopfen. Man fügt nun eine gewogene Menge m des in Stücke ge-
schnittenen Fettes durch den Hals des mit Wasser von 15° gefüllten
Pyknometers ein, setzt den Stopfen auf und ermittelt das Zusatz-
gewicht m,, welches notwendig ist, um die Wage wieder in Gleich-
gewicht zu bringen. Dieses Zusatzgewicht plus dem Gewicht m er-
gibt das Volumen V des Fettes, folglich ist das spezifische Gewicht bei
15%, bezogen auf Wasser von 15°, für Stoffe leichter als Wasser
m: (m + m,), für Stoffe schwerer als Wasser m : (m— m,). In der
folgenden Tabelle, S. 180, seien die spezifischen Gewichte einiger Fette
nach J. Lewkowitsch angegeben.
Gute Dienste bei der Erkennung eines Öles leistet bisweilen die
Kapillaranalyse von Goppelsröder, bei welcher die Steighöhen
der Fette oder Öle in Filtrierpapierstreifen von je 24 zu 24 Stunden
bestimmt werden. Unter den Pflanzenölen steigt das Rizinusöl am
1) F. Röhmann im II. Bande der Biochemischen Arbeitsmethoden von
Abderhalden.
12*
180 VI. Fette, Öle und Wachse
Spez. Gewicht bei Spez. Gewicht bei
Fett 100° ©, bezogen Fett 100° C, bezogen
auf Wasser von | auf Wasser von
15° C | 15°
Kakaobutter . . . . .| 0,857 Butterfett . . . | 0,865—0,868
Psalmol rn 2 er sl 0,857 Olivenöl‘ 4.02 0,9168
Japanwachs .. ...| 0,8755 Rubol ro re 0,9168
Kokosnußöl . .. . .| 0,8736 Arachisöl . . . .| 0,9209
Palmkernölt „2... 2.2, 0,8731 Baumwollsamenöl: 0,9225
Schweinefett . . 0,861 Beinöl’. «u ee] 0,9325
Rinds- u. Hammeltalg. 0,860 Rızinusolz.2.22. 0,9679
wenigsten, das Leinöl am höchsten. Das unbewaffnete Auge findet
keine charakteristischen Unterschiede in der meist weißlichen oder
gelblichen Farbe der Fette und Ole. Analysiert man aber diese Färbungen
mit Hilfe des Spektroskopes, so findet man oft charakteristische Spektren,
herrührend von Bestandteilen, welche das Fett konstant begleiten und
so zur Feststellung der Natur des Fettes beitragen können. Doumer
teilt die Öle nach ihrem spektroskopischen Verhalten ein in solche, welche,
wie Olivenöl, Hanföl, Nußöl, das Chlorophylispektrum aufweisen, und
solche, die, — Rizinusöl, Mandelöl, kein charakteristisches Spektrum
geben; ferner solche, welche die chemisch wirksamen Strahlen des
Spektrums absorbieren, z. B. Rüböl, Leinöl, Senföl, und solche mit ver-
schiedenen Spektren, wie Sesamöl, Mohnöl, Arachisöl, Baumwollsamenöl.
Schmelzpunkt und Erstarrungspunkt des Fettes können in sehr mannig-
faltiger Weise bestimmt werden, wobei man sich immer gegenwärtig
zu halten hat, daß das Schmelzen bei den Fetten nicht in so scharfer
Weise gekennzeichnet ist, wie bei anderen chemischen Stoffen, sondern
daß meistens während eines größeren Temperaturintervalles Verflüssi-
gung und Aufhellung der Fettmasse erfolgt. Der am deutlichsten wahr-
nehmbare Endpunkt dieses Prozesses, die erreichte vollkommene
Durchsichtigkeit des Fettes wird als Schmelzpunkt angesprochen.
Sehr verbreitet ist die Schmelzpunktsbestimmung nach Pohl, bei
der die Temperatur ermittelt wird, bei welcher das Fett flüssig wird,
wobei aber noch feste Teilchen darin herumschwimmen können. Man
taucht die Thermometerkugel einen Augenblick in das ein wenig über
seinen Schmelzpunkt erhitzte Fett, so daß dieses nach dem Heraus-
nehmen einen dünnen Überzug auf der Thermometerkugel bildet, läßt
das Thermometer längere Zeit liegen und befestigt es dann mittels eines
Korkes in einer weiten und langen Eprouvette in der Art, daß die Kugel
noch etwa 1 cm vom Boden entfernt ist. Die Eprouvette hält man
mittels einer Klammer 2—3 cm über einer Asbestplatte, die man mit
dem Brenner erwärmt, und beobachtet den Punkt, bei welchem sich
am unteren Ende der Kugel ein Tropfen des geschmolzenen klaren
Fettes zeigt.
Ferner nimmt man die Schmelzpunktbestimmung im Kapillar-
röhrchen vor, welches sehr dünnwandig und nicht zu eng sein soll.
Man saugt 1—2 ccm des Fettes in das Röhrchen ein und befestigt es
mittels eines Kautschukfadens so an dem verlängerten Quecksilber-
behälter des Thermometers, daß die Fettschicht in einer Höhe mit
dem unteren Rande des Quecksilbers steht. Erst wenn die Substanz
im Röhrchen vollständig erstarrt ist, bringt man das Thermometer in
eine 3 cm weite, lange Eprouvette, in welchem sich das zur Erwärmung
VI. Fette, Öle und Wachse. 181
dienende Glyzerin befindet. Der Moment, in dem das Fettsäulchen
vollkommen klar und durchsichtig geworden ist, dient als Schmelz-
punkt. Über den Erstarrungspunkt der Fette hat Rüdorff Be-
obachtungen angestellt. Wenn man Fette schmelzt und das ge-
schmolzene Fett beständig mit dem Thermometer umrührt, so zeigt
sich entsprechend der Tatsache, daß beim Erstarren der geschmolzenen
Fette die ‚Schmelzwärme“ frei wird, daß die Temperatur beim Abkühlen
bis zu einem bestimmten Punkte sinkt, dort eine Zeitlang konstant
bleibt und dann wieder sinkt. Während des Erstarrens bleibt die
Temperatur konstant, diese Temperatur ist also der Erstarrungspunkt,
oder die Temperatur sinkt zunächst und steigt sodann auf ein Maximum,
den Erstarrungspunkt, auf welchem sie sich bis zum völligen Fest-
werden erhält. Zur Bestimmung des Erstarrungspunktes bringt man
die Fette in ein entsprechend weites Reagenzglas und schmelzt sie mit
eingesetztem, in Zehntelgrad geteiltem Thermometer. Dieses Reagenz-
glas befestigt man mit einem Kork in einem weiten Rohr, auf dessen
Boden sich einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure befinden, welche
das Beschlagen der Wände mit Kondenswasser verhindern, wenn die
Erstarrungstemperatur unter Zimmertemperatur sinkt. Nun wird der
ganze Apparat in ein nicht zu kleines Becherglas mit Wasser getaucht,
dessen Temperatur zirka 10 ° C über dem Erstarrungspunkt des Fettes
liegt, und man beobachtet den Erstarrungspunkt des Fettes, indem
man gleichzeitig das Wasser als auch das geschmolzene Fett beständig
mit Glas oder Platindraht durchrührt.
Von qualitativen Reaktionen, die als Vorprobe bei der Unter-
suchung der Fette durchgeführt werden, sei zunächst die schon ge-
nannte Elaidinprobe erwähnt. Bei Gegenwart von salpetriger Säure-
verwandeln sich flüssige Öle in das feste Elaidin. 10 g Öl, 5g HNO,
von 40—42 ® Be, 1 g metallisches Quecksilber werden in eine Eprouvette
gebracht und das Quecksilber durch 3 Minuten andauerndes, starkes
Schütteln gelöst, dann wird stehen gelassen und nach 20 Minuten wieder
1 Minute lang geschüttelt. Von diesem Zeitpunkte an zeigen die Ole
folgendes Verhalten: Olivenöl ist nach 1 Stunde fest, Erdnußöl nach
1h 20’, Sesamöl nach 3" 5’, Leinöl bildet einen roten teigigen Schaum,
Hanföl bleibt unverändert. Man darf also bei der Elaidinprobe nicht
erwarten, daß das Öl sofort oder überhaupt fest oder gar hart werden
muB. Olivenöl, Erdnußöl, Mandelöl geben die härtesten Elaidinproben,
während die sogenannten trocknenden Öle flüssige Elaidinprodukte liefern.
Statt des Quecksilbers wird, wie vorhin erwähnt, auch Kupfer in Spänen
verwendet. Übrigens steht die Elaidinprobe in Abhängigkeit von der
Temperatur. So braucht Arachisöl bei 14° C 13 Minuten zum Er-
starren, bei 18—19° C dagegen 152 Minuten, Olivenöl bei 14° C
15 Minuten, bei 18—19° C 67 Minuten. Auch das Eintrocknungs-
vermögen gibt uns einige Anhaltspunkte zur Identifikation. Ein
Tropfen Öl wird auf eine Glasplatte getropft und hier bei Zimmer-
temperatur oder bei 50 ° © liegen gelassen. 0,1 g Leinöl erfordern bei
50°C 12 Stunden, Maisöl 18 Stunden, Baumwollsamenöl 21 Stunden,
Rüböl 48 Stunden, Olivenöl über 13 Tage. Alle fetten Öle nehmen
freiwillig Sauerstoff aus der Luft auf und die Schnelligkeit der Auf-
nahme steht in Zusammenhang mit der chemischen Natur des Öles
und kann beschleunigt werden durch Hinzufügen von Mangan-, Kupfer-
oder Bleiverbindungen. Durch die Sauerstoffaufnahme werden die
182 VT. Fette, Öle und Wachse.
Öle schließlich fest, gehen in eine elastische, durchsichtige Masse über,
die sogenannten trocknenden Öle, Leinöl, Mohnöl usw., tun dies
schon bei gewöhnlicher Temperatur, besonders schnell bei Gegenwart
eines Sauerstoffüberträgers, de nicht trocknenden Öle, Rüböl,
Olivenöl usw., nur bei höherer Temperatur oder bei Gegenwart eines
Sauerstoffüberträgers. So trocknet Olivenöl, das bei 50 ° C über 13 Tage
dazu braucht, mit Bleiglätte und Manganborat versetzt und in dünner
Schicht ausgebreitet, bei 130 ° schon in einer halben Stunde. Livache
hat ein Verfahren ausgearbeitet, um die Gewichtszunahme von Ölen
bei der Sauerstoffaufnahme festzustellen, wobei diese durch molekulares
Blei, welches aus einem Bleisalz durch Zink ausgefällt worden war, be-
schleunigt wird. Das abfiltrierte, mit Wasser, Alkohol, Äther ge-
waschene und getrocknete Bleipulver wird auf einem größeren Uhr-
glase in der Quantität von 1g ausgebreitet, gewogen und dazu höchstens
0,6—0,7 g Öl aus einer Pipette so auftropfen gelassen, daß jeder Tropfen
für sich auffällt und zwischen den einzelnen Tropfen ein Zwischenraum
bleibt. Man läßt nun bei mittlerer Temperatur in einem sehr hellen
Raume stehen und bestimmt dann die Gewichtszunahme, welche bei
den trocknenden Ölen meist nach 18 Stunden beginnt und nach 3 bis
4 Tagen beendet ist, bei den nicht trocknenden Ölen erst nach 4-5 Tagen
anfängt. Die Gewichtszunahme einiger Öle in Prozenten beträgt:
Nanerdes @lss Gewiehtszunahme nach
2 Tagen 7 Tagen
|
EC ER er 1 ae a I: | 14,3 | —
Nußöl . EA a ER ET EISE 7,9 | —
MohndlsE Kr ER FENEN LEEE 6,8 —
Cottonöl Baar? 5,9 —
Bucheckernöl . 4,3 —
Kolzaöl . — 2,9
Sesamöl De VE — 2,4
ArSchtBolar se FE AA. — 1,8
Rüböl = | 2,9
Olivenöl — | ri
-
Von Spezialreaktionen auf einzelne Öle seien folgende angeführt '):
Baumwollsamenöl: Das Öl mit dem gleichen Volumen
Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 1,375 geschüttelt, erzeugt
kaffeebraune Färbung.
Nach Halphen werden gleiche Volumteile des Öles, Amyl-
alkohol und Schwefelkohlenstoff, welcher 1%, Schwefel gelöst enthält,
in siedender, konzentrierter Kochsalzlösung durch 10—15 Minuten
erhitzt; es tritt orange bis rote Färbung ein.
Nach Becechi wird eine Reaktion mit folgenden Lösungen er-
zielt: 1. 1 g AgNO,, gelöst in 200 cem 98prozentigen Alkohols und
versetzt mit 40 com Äther und 0,1 g HNO,; 2. 15 cem Kolzaöl, gelöst
in 100 cem Amylalkohol. 10 ccm des zu "untersuchenden Öls werden
mit 1 ccm von Lösung 1 gemischt und dann 10 ccm von Lösung 2
hinzugefügt. Nach tüchtigem Durchschütteln wird die Mischung in
zwei Teile geteilt und die eine Hälfte Y, Stunde lang in kochendem
1) Näheres findet man in dem Werke von Benedikt-Ulzer: Analyse der
Fette und Wachsarten, Berlin 1903.
VI. Fette, Öle und Wachse. 183
Wasser erhitzt; die erwärmte Probe wird bei Gegenwart von Cottonöl
und nur durch dieses braun. Nach Hirschsohn mischt man 5 cem
des zu prüfenden Öls mit 10 Tropfen einer Lösung von 1 g Goldchlorid
in 200 ccm Chloroform und stellt 20 Minuten in kochendes Wasser ein;
es zeigt sich eine schöne, rote Färbung.
Für Sesamöl besonders charakteristisch ist die Probe von
Baudouin: Man übergießt zirka 0,1 g Zucker mit Salzsäure vom
spezifischen Gewicht 1,18 und schüttelt mit dem doppelten Volumen
Ol; die kleinsten Mengen Sesamöl geben eine tiefrote Färbung, nach
dem Absetzen ist die wässerige Schicht rot gefärbt. Diese Probe, welche
auf der Entstehung von Furfurol aus dem Zucker beruht, kann ebenso
gut mit einer 2prozentigen alkoholischen Lösung von Furfurol unter
Zufügung von Salzsäure ausgeführt werden.
Soltsien verfährt zum Nachweis von Sesamöl folgendermaßen:
Zu 2-3 Volumteilen des Öles wird ein Volumteil mit Salzsäure ver-
setzter Zinnchlorürlösung gefügt und das Öl damit kräftig durch-
geschüttelt, bis eine Emulsion entsteht. Die Eprouvette wird dann
in ein heißes Wasserbad gestellt, wo sich die Zinnchlorürlösung schnell
absetzt; sie ist je nach dem Vorhandensein von Sesamöl hellhimberrot
bis dunkelweinrot gefärbt; diese Reaktion gehört zu den prägnantesten
und zuverlässigsten Farbenreaktionen auf Fette. Bei der Analyse des
Fettes sucht man zunächst die Natur der mit dem Glyzerin verbundenen
Fettsäure festzustellen, man ‚‚verseift‘‘ das Fett, indem man es am
Rückflußkühler mit alkoholischer Natronlauge erhitzt, bis sich das
Reaktionsprodukt klar mit Wasser mischt. Sehr häufig gelingt das
aber nicht, nämlich dann, wenn unverseifbare, wasserunlösliche Stoffe,
wie Phytosterine oder freie, höhere Fettalkohole, zugegen sind. Diese
unverseifbaren Bestandteile fallen beim Verdünnen mit Wasser aus
und können mit Äther ausgeschüttelt werden. Die Phytosterine geben
— auf ihre nähere Charakterisierung wollen wir hier nicht eingehen —
eine Reihe von Farbenreaktionen, welche übrigens nicht bei allen
Phytosterinen in der gleichen Weise auftreten. Diese Farbenreaktionen
sind: 1. Wenn man Phytosterin in Chloroform löst und konzentrierte
Schwefelsäure zusetzt, so färbt sich das Chloroform blutrot (Hesses
Reaktion); 2. Übergießt man Phytosterin mit einer Mischung von einem
Teil Wasser und fünf Teilen Schwefelsäure, so treten rote bis violette
Färbungen ein, die sich bei Zusatz von Jodlösung verändern (Mole-
schotts Reaktion); 3. Löst man Phytosterin in heißem Essigsäure-
anhydrid und gibt zu der erkalteten Flüssigkeit einige Tropfen Schwefel-
säure, so tritt Blaufärbung ein (Liebermanns Reaktion); 4. Eine
Mischung von neun Teilen Trichloressigsäure und einem Teil Wasser
gibt, mit Phytosterin bis zum Aufkochen erhitzt, rote bis violette
Färbung (Hirschsohns Reaktion); 5. Eindampfen mit kon-
zentrierter Salzsäure und Eisenchlorid liefert nach dem Auswaschen
mit Wasser rote oder blaue Färbung (Machsche Reaktion).
Quantitative Reaktionen: Es werden dabei die ver-
schiedenen Konstituenten des Fettes quantitativ festgestellt und
folgende Zahlen bestimmt: 1. die Säurezahl als Maß für den
Gehalt an freien Fettsäuren; 2. die Verseifungszahl als Maß
für die Sättigungskapazität der gesamten Fettsäuren; 3. dieAther-
zahlals Maß für den Gehalt an Triglyzeriden und anderen Fettsäure-
estern; 4. die Reichert-Meißlsche Zahl für den Gehalt an
184 VI. Fette, Öle und Wachse.
flüchtigen Fettsäuren; 5. die Hehnersche Zahl, das ist die in Pro-
zenten ausgedrückte Menge der unlöslichen Fettsäuren; 6.dieAzetyl-
zahl als Maß für den Gehalt von Oxyfettsäuren oder freien Alkoholen;
7.dieJodzahl als Maß für den Gehalt an ungesättigten Fettsäuren.
1. Die Säurezahl gibt die Menge Kalihydrat in Zehntelprozenten
oder in Anzahl Milligrammen KOH für 1 g Fett an, welche zur Neu-
tralisation der in einem Fett befindlichen, freien Fettsäuren notwendig
ist und bildet daher ein Maß für den Gehalt des Fettes an freien Fett-
säuren. Das Öl wird zu diesem Zweck in einer Mischung von Äthyl-
und Amylalkohol 1 : 2 oder in einer Mischung von Alkohol und Äther
gelöst und mit alkoholischer oder wässeriger Lauge unter Verwendung
von Phenolphthalein als Indikator titriert. Die zur Lösung des Fettes
verwendete Flüssigkeit muß natürlich säurefrei sein; die Titration ist
beendigt, wenn die Lösung einige Minuten rot bleibt , nach einiger
Zeit tritt Entfärbung ein, welche aber nicht mehr beachtet werden
darf. Beis DB jel: Für 25cem Olivenöl von 0, . spezifischem Gewicht
sind 94 com „Lauge verbraucht worden; 1 com 7 1, auge enthält 0,0056 g
: 0,0056 x ;: A
KHO, somit ist die Säurezahl S=- ErXTm -1000 = 2.3, da 25ccm
des Öles 25 x 0,971 = 22,925 g wiegen.
2. Die Verseifungszahl oder Köttsdorferzahl gibt
an, wieviel Milligramm KOH zur vollständigen Verseifung von 1 g
des Fettes erforderlich sind, d. i. die zur Verseifung des Fettes not-
wendige Kalihydratmenge in Zehntelprozenten. Zu ihrer Bestimmung
: - n 5 > -
hält man eine sehr genaue, zirka 9 Salzsäure und eine alkoholische
Kalilauge (nicht Natronlauge) vorrätig, indem man zirka 30 g aus
Alkohol gereinigten, gepulverten Atzkalis durch Kochen am Rückfluß-
kühler in 1000 ccm fuselfreien 95 prozentigen Alkohols auflöst, einen
Tag stehen läßt und in eine Flasche filtriert, welche mit einem durch-
bohrten Kautschukstopfen verschlossen ist. In diese Bohrung wird
eine 25 cem-Pipette eingesetzt, welche oben ein Stück Schlauch mit
Quetschhahn trägt. Die Bestimmung der Verseifungszahl wird folgender-
maßen ausgeführt: 2—2,25 g des filtrierten Fettes werden in einem
weithalsigen Kolben von 150—200 cem Inhalt abgewogen. Dann hebt
man mit der Pipette 25 com Kalilauge heraus und läßt dieselben in den
Kolben fließen; man läßt jedesmal genau gleichviel zufließen, wobei
es aber nichts ausmacht, ob etwas mehr oder weniger als 25 ccm
der Kalilauge verwendet werden. Nun fügt man 25 ccm genau neu-
tralisierten Alkohols zu, versieht das Kölbcehen mit einem Glasrohr,
welches als Rückflußkühler dient, erwärmt auf dem schon vorher an-
geheizten Wasserbad unter öfterem Umschwenken zum schwachen
Sieden, erhält 15—30 Minuten im Kochen und titriert nach Zusatz
von 1 cem alkoholischer Phenolphthaleinlösung die heiße Seifenlösung
27 TE £ N RER ;.
mit — Salzsäure zurück. Bei dunkler Färbung des Öles ist es zweck-
7
mäßig, statt des Phenolphthaleins Alkaliblau 6B als Indikator zu
benutzen, dessen alkalische Lösung rot und dessen saure Lösung blau
gefärbt ist. Von diesem Farbstoff werden zirka 2—3 ccm einer zwei-
prozentigen alkoholischen Lösung verwendet und der abzutitrierenden
VI. Fette, Öle und Wachse. 185
Flüssigkeit vorher zirka 50 ccm neutralisierten Alkohols zugesetzt. Die
Differenz zwischen der angewendeten und der durch Zurücktitrieren
gefundenen Anzahl Milligramm KOH wird auf 1 g Fett umgerechnet.
Das Resultat ist die Verseifungszahl. Beispiel: 2,012 g Olivenöl
werden mit 25 ccm alkoholischer Kalilauge verseift und zum Zurück-
titrieren 9,65 ccm Salzsäure verbraucht; 25 ccm alkoholischer Kali-
lauge = 22,5 ccm Salzsäure, 1 ccm Salzsäure — 0,0301 g KOH. Somit
wurden zur Verseifung verbraucht die 22,5 — 9,65 — 12,85 ccm Salz-
säure äquivalente Menge KOH, d. i. 12, 85 x 0,0301 — — 386,8 mg für
2,012 g Öl oder 386,8 : 2,012 = 192,24 mg KOH für 1 g Öl. Somit
hat das untersuchte Öl die Verseifungszahl 192,24. Es gibt Fette,
welche beim Kochen mit Kalilauge sehr dunkle Lösungen geben, die
sich nicht titrieren lassen, weil der Indikator keine Färbung erkennen
läßt. Für solche Fälle dient die kalte Verseifung von Hen-
riques, bei der 3—4 g der Substanz in einem Kolben in der Kälte
in 25 ccm Petroläther gelöst werden, mit 25 ccm alkoholischer n-Kali-
lösung versetzt und nach dem Umschwenken 12 Stunden bei Zimmer-
temperatur verschlossen stehen gelassen. Dann wird der Überschuß
des Alkalis wie früher zurücktitriert. Bei der Bestimmung der Ver-
seifungszahl erhält man aber auch neben der bei der Verseifung ge-
bundenen Atzkalimenge auch die Menge Kalihydrat, welche von den
im Fett etwa vorhandenen freien Fettsäuren gebunden wird. Will
man dies zum Ausdruck bringen, so subtrahiertt man von der Ver-
seifungszahl die Säurezahl und erhält so die
3. Ätherzahl: diese gibt also die Anzahl Milligramme Ätzkali
an, welche zur Verseifung der neutralen Ester in 1 g Fett nötig sind.
4.DieReichert-MeißlscheZahl gibt die AnzahlKubikzentimeter 1 e
Kalilauge, welche zur Neutralisation der leicht flüchtigen Fettsäuren von
5 g eines Fettes erforderlich sind. 5 8, Fett werden in einem Kölbchen
von zirka 200 cem Inhalt mit zirka 2 g festem Ätzkali und 50 cem
70prozentigen Alkohols unter Schütteln am Wasserbade verseift,
bis zur vollständigen Verflüchtigung des Alkohols eingedampft, der
dicke Brei in 100 ccm Wasser gelöst, mit 40 cem Schwefelsäure 1: 10
versetzt und nach Zugabe einiger kleiner Bimssteinstücke durch ein
mit angeschmolzener Kugel (zur Verhinderung des Überspritzens) ver-
sehenes und mit einem Kühler in Verbindung stehendes Rohr abdestilliert.
Man fängt 110 ccm des Destillates in einem kubizierten Kolben auf,
mischt, filtriert davon 100 ccm in einem anderen kubizierten Kolben
Ir ei
ab und titriert mit 10 Kalilauge unter Verwendung von Lackmus oder
Phenolphthalein als Indikator. Man vergrößert die verbrauchte Anzahl
Kubikzentimeter um ein Zehntel und bezieht das Resultat auf 5 g
Substanz.
Bestıimmungs der in Wasser löslichen .Fett-
säuren: 1,5—2 g des Fettes werden in einem Erlenmeyerkolben
mit 25 cem „ alkoholischer Kalilauge verseift und das überschüssige
Kali mit Salzsäure gegen Phenolphthalein genau neutralisiert. Es hat
sich Kaliseife gebildet, welche nach Abdampfen des Alkohols in 40 cem
Wasser gelöst wird. Zu dieser Seifenlösung setzt man von neuem genau
186 VI. Fette, Öle und Wachse.
soviel Salzsäure, als der bei der Verseifung verbrauchten Menge KOH
entspricht. Dadurch sind die Fettsäuren in Freiheit gesetzt worden,
der Kolben wird mit einem Stöpsel verschlossen, in dessen Bohrung
ein mit Wasser gefülltes U-Rohr steckt und nun am Wasserbade vor-
sichtig erwärmt, bis sich die unlöslichen Fettsäuren an der Oberfläche
angesammelt haben. Nach dem Erkalten filtriert man durch ein nasses
Filter und wäscht solange mit Wasser, bis das Waschwasser empfind-
liches blaues Lackmuspapier nicht mehr rötet, wozu zirka 100 ccm
Wasser verbraucht werden. Empfindlichen Lackmusfarbstoff stellt
man her, indem man den käuflichen Farbstoff wiederholt mit heißem,
destilliertem Wasser behandelt. Die wässerigen Auszüge werden zur
Zersetzung vorhandener Karbonate mit Essigsäure gelinde übersättigt
und am Wasserbade bis zur Konsistenz eines dicken Extraktes,
aber nicht zur Trockene eingedampft; der Rückstand wird allmählich
mit 90prozentigem Alkohol verdünnt, das Gemisch in einen Kolben
gebracht und reichlich 90prozentiger Alkohol dazugefügt. Dadurch
wird der gegen Säuren und Basen sehr empfindliche Farbstoff gefällt,
während ein weniger empfindlicher Farbstoff nebst Kaliazetat in Lösung
bleiben. Man filtriert und wäscht mit Alkohol aus, der Farbstoff wird
unter Erwärmen in destilliertem Wasser gelöst und die Lösung filtriert.
Wenn man durch die in einer Schale befindliche Lösung des Farb-
stoffes Streifen feinen ungeleimten Papiers zieht, erhält man das Reagenz-
papier; bevor das Papier getränkt wird, taucht man einen Glasstab
in sehr verdünnte Schwefelsäure oder Natronlauge und rührt damit
in der Farbstofflösung, wodurch diese rot oder blau gefärbt wird. Phenol-
phthaleinindikator bereitet man in der Weise, daß man 1 g Phenol-
phthalein in 100 ccm 96prozentigen Alkohols löst, bei Methylorange
0,1 g in 100 cem Wasser auflöst.
Zum Filtrat fügt man die im U-Rohr befindliche Flüssigkeit, dann
werden Filtrat und Waschwasser mit Phenolphthalein versetzt und
mit Zehntelnormallauge titriert. Die verbrauchten Milligramme KOH
geben uns die in der verwendeten Fettmenge vorhandenen löslichen
Fettsäuren an; man berechnet auf 1 g Fett und zieht die gefundene
Zahl von der Verseifungszahl ab, wodurch man die Azidität der in
Wasser unlöslichen Fettsäuren angibt.
Um die in Wasser unlöslichen Fettsäuren direkt zu bestimmen,
wägt man das Ol in einem kleinen Becherglas mit Glasstab zusammen,
gießt davon 3—4 g in eine größere Porzellanschale ab, worauf das
genaue Gewicht durch Zurückwägen des Becherglases festgestellt
wird. Das Öl in der Porzellanschale wird dann mit 1—2 g Atzkali und
50 cem Alkohol versetzt und am Wasserbad unter öfterem Um-
schütteln erwärmt, bis alles Ol verseift ist, die Seifenlösung bis zum
dicken Sirup eingedampft, der Rückstand in 100—150 ccm Wasser
gelöst und mit Salzsäure oder Schwefelsäure angesäuert. Durch Er-
hitzen bewirkt man, daß sich die Fettsäuren als klares Ol auf der Ober-
fläche sammeln, und filtriert durch ein vorher bei 100 ® getrocknetes
und gewogenes quantitatives Filter; das Papier wird zunächst zur Hälfte
mit heißem Wasser gefüllt und dann erst die Fettsäuren darauf ge-
gossen: dadurch wird ein trübes Durchlaufen vermieden. Man wäscht
mit siedendem Wasser, bis blaues Lackmuspapier vom Filtrat nicht
mehr gerötet wird, und gießt immer so auf, daß ein neuer Aufguß erfolgt,
bevor noch der Filter ganz entleert war. Darauf wird der Trichter
VI. Fette, Öle und Wachse. 187
samt Filter in ein mit kaltem Wasser beschicktes Becherglas gestellt,
so daß die Fettsäuren erstarren; das Wasser läßt man vorsichtig ab-
laufen, so daß nichts von der Fettsäurekruste mitgeschwemmt wird,
bringt Filter nebst Fettsäuren in das Wägegläschen zurück, trocknet
bei 100 0 C durch zwei Stunden, wägt dann, trocknet noch einmal zwei
Stunden und wägt wieder: das Gewicht, auf 100 g Fett bezogen, ist
5. die Sn Zahl. Das Fett wird unter Erwärmen in Alkohol
gelöst und mit 7 „ KOH bis zur Rotfärbung von Phenolphthalein titriert,
worauf man en Vergleich mit der Verseifungszahl feststellen kann,
wieviel von den Säuren des Fettes sich in Wasser gelöst hat. Die
Hehnersche Zahl gibt also die Menge der unlöslichen Fettsäuren an,
welche 100 Teile Fett (Öl) liefern können.
6. Die Azetylzahl der Fettsäuren gibt die Anzahl der Milli-
gramme Ätzkali an, welche zur Neutralisation der aus 1 g der aze-
tylierten Fettsäuren durch Verseifung erhaltenen Essigsäure notwendig
ist. Sie ist ein Maß für die in einem Fett in freiem Zustande vor-
handenen Hydroxylgruppen und gibt demnach die Menge der im Fette
vorliegenden Oxysäuren und hochmolekularen Alkohole an. Nach
Lewkowitsch geht man in der Weise vor, daß man 5 g Fett mit
5 g doppeltgeschmolzenen Natriumazetats und 15—20 g Essigsäure-
anhydrid in einem Erlenmeyerkolben am Rückflußkühler 1—2 Stunden
zum schwachen Sieden erhitzt. Dann gießt man das azetylierte Produkt
in ein Becherglas mit Wasser und erhitzt bis fast zum Sieden. Bei
Gegenwart von Lezithin pflegt sich das azetylierte Produkt nicht gut
abzuscheiden; man erhitzt dann nach Zusatz von etwas Kochsalz im
Kohlensäurestrom. Das abgeschiedene Öl gießt man durch ein nasses
Filter und wäscht mit warmem Wasser, löst das gewaschene Öl in Äther,
schüttelt einigemal mit Wasser, um die letzten Reste der Essigsäure
zu entfernen, und filtriert die ätherische Fettlösung durch ein trockenes
Filter in ein gewogenes Kölbchen, aus dem der Ather abdestilliert wird.
Der Rückstand wird im Kohlensäurestrom getrocknet; einen Teil des
Fettes (1,5—2 g) bringt man in ein anderes Kölbchen, bestimmt das
Gewicht des Abgefüllten durch Zurückwägen und bestimmt in dieser
Probe: 1. die Azidität, 2. die Ätherzahl, 3. die Menge der löslichen Fett-
säuren. Die Azidität des Filtrates oder Destillates nach Lewko-
witsch’ Filtrationsverfahren, das vorhin geschildert wurde, aus-
gedrückt in Milligrammen KOH und bezogen auf 1 g Fett, ist die Azetyl-
zahl. Statt des Fettes kann man auch das Fettsäuregemisch, nach der
Verseifung aus dem Fett gewonnen, zum Azetylieren benutzen. Beispiel:
3,379 g azetylierter Fettsäure aus Rizinusöl verbrauchten zur Absättigung
17,2 ccm 5 Kalilauge = 17,2 x 0,02805 g= 0,4825 g KOH, woraus
sich die Azetylsäurezahl 482,5 : 3,379 — 142,5 ergibt. Zu der neu-
tralisierten Probe wurden noch 32,8 ccm, im ganzen also 50 ccm KOÖH
zufließen lassen. Nach dem Kochen wurde mit 14,3 ccm — HCl zurück-
titriert. Daher verbleiben zur Absättigung der abgespaltenen Essig-
säure 32,8 — 14,3 = 18,5 cem — KOH oder 18,5 x 0,02805 = 0,5189 g
KOH, woraus sich die Azetylzahl 518,9 : 3,379 — 153,5 ergibt.
188 VI. Fette, Öle und Wachse.
7. Die Jodzahl gibt an, wieviel Prozent Jod ein Fett aufzunehmen
vermag und bildet demnach, da nur ungesättigte Verbindungen Halogene
addieren, ein Maß für den Gehalt eines Fettes an ungesättigten Fett-
säuren, an Olsäure, Linolsäure, Linolensäure, Cholesterin u. a. Die
Methode beruht auf der Messung des durch die Fette gebundenen und
so zum Verschwinden gebrachten Jodes. Dieses Halogen wirkt bei
gewöhnlicher Temperatur nur sehr träge auf die Fette ein, in der Wärme
ist seine Wirkung sehr ungleichmäßig. Dagegen reagiert eine alkoholische
Jodlösung bei Gegenwart von Quecksilberchlorid schon bei gewöhn-
licher Temperatur sehr gleichmäßig mit den ungesättigten Fettsäuren
und deren Glyzeriden. Folgende Lösungen sind notwendig: 1. Die
‚Jodlösung. Man löst einerseits 25 g Jod, andererseits 30 g Quecksilber-
chlorid in je 500 ccm 95 prozentigen fuselfreien Alkohols, filtriert, wenn
nötig, die letztere Lösung und vereinigt beide. Die Flüssigkeit darf
erst nach 24stündigem Stehen in Gebrauch genommen werden, da sich
der Titer anfangs rasch ändert; überhaupt sollte der Titer vor jeder
Versuchsreihe neu gestellt werden. Eine beständigere Jodlösung re-
sultiert nach Waller, wenn man zu je einem Liter der Mischflüssig-
keit 50 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,19 zusetzt. 2. Natrium-
thiosulfatlösung: Sie enthält im Liter zirka 24 g des Salzes und man stellt
den Titer am besten mit Kaliumbichromat oder Kaliumbijodat. 3,8707 g
reinsten gepulverten K,Cr,O, werden in einem Liter Wasser gelöst und
man läßt davon 20 cem in eine Stöpselflasche fließen, in welche man
vorher 15 ccm 10 prozentiger Jodkalilösung und 5 cem Salzsäure gebracht
hat. ‚Jeder Kubikzentimeter reinster Bichromatlösung macht genau
10 mg Jod frei, so daß 20 ccm 200 mg Jod ausscheiden, welche dann
mit der zu stellenden Thiosulfatlösung titriert werden, indem man von
dieser aus einer Bürette zufließen läßt, bis ein Tropfen mit etwas Jod-
zinkstärkelösung oder Stärkekleister gerade Blaufärbung hervorruft.
Oder man löst 1,6254 g reinsten Kalibijodats in Wasser und füllt auf
500 ccm auf. Dann bringt man 1—2 g reinsten Jodkalis in ein Becher-
glas, löst das Salz in möglichst wenig Wasser, fügt 5 ccm Salzsäure
1:5 hinzu und dann erst 20 ccm der Kalibijodatlösung. Es scheiden
sich 20 x 12,68 mg Jod ab. Man verdünnt mit 200 ccm Wasser und
läßt aus der Bürette unter Umrühren Thiosulfatlösung zufließen, bis
die Lösung nur noch schwach gelb gefärbt ist, setzt jetzt etwas Stärke-
lösung dazu und läßt weiter tropfenweise Thiosulfatlösung zufließen,
bis die Blaufärbung beim energischen Schütteln eben verschwindet.
Man erfährt so die Anzahl der Kubikzentimeter Natriumthiosulfat-
lösung, die erforderlich sind, um 0,2536 g Jod zu reduzieren und be-
rechnet hieraus den Titer für 1 ccm der Thiosulfatlösung. 3. Chloro-
form, das in der Weise auf seine Reinheit geprüft wird, daß man 10 cem
desselben mit 10 cem Jodlösung versetzt und nach 2—3 Stunden die
Jodmenge sowohl in dieser Mischung, als in 10 ccm der Vorratslösung
maßanalytisch bestimmt; stimmen die erhaltenen Zahlen überein, so
ist das Chloroform brauchbar. 4. Jodkalilösung, die auf zehn Teile
Wasser einen Teil Jodkali enthält. 5. Stärkelösung, indem man 0,5 g
pulverisierter Stärke in 100 ccm Wasser kocht, bis eine dünnflüssige,
opaleszierende Flüssigkeit resultiert; zweckmäßiger ist es, eine halt-
bare- Jodzinkstärkelösung folgendermaßen herzustellen: 5 g Stärke-
mehl werden mit 20 g ZnCl, und mit 100 ccm destillierten Wassers unter
Ergänzung des verdampfenden Wassers mehrere Stunden solange ge-
VI. Fette, Öle und Wachse. 189
kocht, bis die Stärkehäutchen völlig gelöst sind, dann werden 2 8
trockenen ZnJ, zugesetzt, auf einen Liter verdünnt und filtriert. Die
Filtration geht langsam vor sich, man erhält aber eine klare Flüssigkeit,
die wohl nach einigen Wochen einige Flocken absetzt, aber, in wohl-
verschlossenen Gefäßen im Dunkeln aufbewahrt, dauernd farblos bleibt.
Außerdem kann auch wasserlösliche Stärke, in destilliertem Wasser
gelöst, verwendet werden.
Die Bestimmung wird folgendermaßen vorgenommen: man bringt
von trocknenden Ölen 0,1—0,12 g, von nicht trocknenden Ölen 0,2—0,3 8,
von festen Fetten zirka 0,5 g, von Kokosöl und Palmkernöl 1 g in eine
500-800 ccm fassende, trockene, mit gut eingeriebenem Stöpsel ver-
sehene Glasflasche, löst in zirka 15 cem Chloroform und läßt mittels
der in die Vorratsflasche eingesetzten Pipette 25 cem Jodlösung zu-
fließen, wobei man die Pipette bei jedem Versuch in genau gleicher
Weise entleert, d. h. stets dieselbe Tropfenzahl zufließen läßt. Zieht
man es vor, größere, z. B. die doppelte Fettmenge abzuwägen, so läßt
man 50 ccm Jodlösung zufließen. Sollte die Flüssigkeit nach dem
Umschwenken nicht völlig klar sein, so wird noch etwas Chloroform
hinzugefügt. Tritt binnen kurzer Zeit fast vollständige Entfärbung
der Flüssigkeit ein, so muß man noch 25 ccm Jodlösung zufließen lassen;
die Flüssigkeit muß nach zwei Stunden jedenfalls noch stark braun
gefärbt erscheinen. Obwohl die Reaktion nach dieser Zeit beendet
ist, läßt man noch vier Stunden stehen, versetzt dann mit 20 ccm
Jodkalilösung 1: 10, schwenkt um und fügt 150 cem Wasser hinzu.
Scheidet sich dabei rotes Quecksilberjodid aus, so war die zugesetzte
Jodkalimenge ungenügend; man muß dann nachträglich noch Jodkali
dazugeben. Nun läßt man unter oftmaligem Umschwenken solange
Thiosulfatlösung zufließen, bis die wässerige Flüssigkeit und die Chloro-
formlösung nur mehr schwach gefärbt erscheinen. Nun wird der Stärke-
indikator zugesetzt und zu Ende titriertt. Unmittelbar vor oder nach
der Operation wird in einer blinden Probe der Titer von 25 ccm der
Jodlösung in ebenderselben Weise mit Thiosulfatlösung bestimmt. Aus
der Differenz beider Bestimmungen berechnet man die Menge Jod
und bezieht sie auf 100 Teile Fett. Die Jodlösung soll nur solange
benutzt werden, als 25 cem derselben noch mindestens 35 ccm der
ns Thiosulfatlösung beanspruchen. Die Zahlen sind ganz konstant, wenn
die Jodlösung in genügendem Überschuß vorhanden war; der Überschuß
soll 100—160 %, nach sechs Stunden betragen.
Quantitative Bestimmungeinzelner Bestand-
teile der Fette: man bestimmt freie Fettsäuren und Glyzerin.
Zur gewichtsanalytischen Bestimmung des Fettsäuregehaltes übergießt
man einige Gramme der Probe mit heißem Alkohol, setzt Phenol-
phthalein zu und neutralisiert die freie Säure genau mit verdünnter
Lauge, die man aus einer Bürette zufließen läßt, wobei man gleich-
zeitig mit der titrierten Lauge die Säurezahl ermittelt. Nach dem
Erkalten wird die Flüssigkeit mit dem gleichen Volumen Wasser ver-
dünnt und mit Petroläther extrahiert. Die Petrolätherschicht schüttelt
man wiederholt mit Wasser, ohne jedoch dieses mit der abgezogenen
Flüssigkeit zu vereinigen. Der Petroläther wird dann zuerst in einen
trockenen Kolben gegossen, an dessen Wände sich noch Wassertropfen
ansetzen, und dann erst in einen gewogenen Kolben umgeleert. Nach-
190 VI. Fette, Öle und Wachse.
dem man die Flüssigkeit in dieser Weise wiederholt mit Petroläther
extrahiert hat, wird dieser abdestilliert, der Rückstand getrocknet
und als Neutralfett gewogen. Aus der Differenz ergibt sich der
Gehalt an Fettsäuren. Oder man bringt die Seifenlösung samt
den Waschwässern in den Scheidetrichter, fügt verdünnte Schwefel-
säure bis zur stark sauren Reaktion hinzu, schüttelt mit Petroläther
wiederholt aus und verfährt mit den Auszügen so wie oben angegeben
wurde.
Ist die Jodzahl gleich Null, so sind keine flüssigen, ungesättigten
Fettsäuren vorhanden; erhält man eine Jodzahl, so führt man eine
Trennung von festen und flüssigen Fettsäuren durch; zum qualitativen
Nachweis von festen Fettsäuren (Palmitinsäure, Stearinsäure) in einem
Ol verseift man mit alkoholischer Kalilauge, fügt Phenolphthalein hinzu,
neutralisiert mit Essigsäure, filtriert und vermischt das Filtrat mit zwei
Gewichtsteilen Ather und alkoholischer Bleiazetatlösung. Sind feste
Fettsäuren zugegen, so entsteht ein weißer Niederschlag. Zur quanti-
tativen Trennung flüssiger und fester Fettsäuren benutzt man die Eigen-
schaft der Bleisalze der unlöslichen, flüssigen Fettsäuren (Ölsäure, Linol-
säure usw.), sich in Äther sufzulösen, während die Bleisalze der festen
Fettsäuren (Palmitinsäure, Stearinsäure usw.) darin nur in äußerst
geringen Mengen löslich sind. Nach Kremel wägt man 2-3 g der
Probe in einem weithalsigen Kolben von 100—150 cem Inhalt ab und
verseift mit beiläufig derselben Menge Ätzkali und 10 ccm 95prozentigen
Alkohols auf dem Wasserbad. Hierauf setzt man etwas Wasser und
1—2 Tropfen Phenolphthaleinlösung hinzu und neutralisiert genau
mit Essigsäure. Der Alkohol wird auf dem Wasserbade verdampft,
der Rückstand in zirka 80 ccm heißen Wassers gelöst und mit Blei-
zucker gefällt; die Bleiseifen legen sich beim Umschwenken vollkommen
an die Kolbenwandung an. Nach dem Erkalten gießt man die Flüssig-
keit durch ein mittleres Filter ab und wäscht einigemal mit heißem
Wasser. Nun schmelzt man den Kolbeninhalt auf dem Wasserbad,
läßt erkalten, gießt das Wasser, welches sich angesammelt hat, gleich-
falls durch das Filter und trocknet die Kolben samt Inhalt und Filter
bei gelinder Wärme. Nun behandelt man den Kolbeninhalt mit Ather
und filtriert die Flüssigkeit, welche die Bleisalze der flüssigen Fett-
säuren gelöst enthält, durch das vorher benutzte Filter in ein gewogenes
Porzellanschälchen ab, wobei man das Filter gut bedeckt hält. Man
spült Kolben und Filter gut mit Äther nach, läßt die Ätherlösung in der
Schale verdunsten, trocknet den Rückstand 'erst bei gelinder Wasserbad-
wärme, dann über Schwefelsäure und wägt. In einem gewogenen Teil
bestimmt man den Bleioxydgehalt, indem man ihn in der gewogenen
Porzellanschale vorsichtig verbrennt und den Rückstand, der nach dem
Glühen ein Gemenge von Bleioxyd und Blei ist, wägt. Man behandelt
ihn dann mit warmer Essigsäure, bis alles Oxyd vollständig gelöst ist,
und wäscht das metallische Blei durch Dekantation. Nachdem man
das Waschwasser möglichst vollständig abgegossen hat, trocknet man
den Tiegel samt dem darin enthaltenen Blei und wägt. Die Differenz
der beiden Wägungen gibt die Menge des im Glührückstand enthalten
gewesenen Bleioxyds, das man auf Blei umrechnet und zu dem Ge-
wichte des direkt erhaltenen Bleis addiert. Den erhaltenen Bleioxyd-
gehalt zieht man vom Gewichte des Rückstandes der Atherlösung ab.
Die Differenz gibt das Gewicht der Anhydride der flüssigen Fettsäuren.
VI. Fette, Öle und Wachse. 191
Um daraus das Gewicht der flüssigen Fettsäuren selbst zu erfahren,
muß man noch das der gefundenen Bleioxydmenge A äquivalente Wasser-
quantum hinzuaddieren, welches man erhält, wenn man A mit ne =
0,0807 multipliziert. Das Filter wird nun ausgebreitet, damit sich der
Ather verflüchtigen kann, worauf sich die Bleiverbindungen der festen
Fettsäuren leicht vom Filter ablösen und vollständig in den Kolben
zurückbringen lassen. Man zersetzt sie durch Kochen mit verdünnter
Salzsäure und schüttelt nach dem Erkalten mit Ather aus, läßt die
Atherlösung verdunsten und wägt den Rückstand.
Glyzerinbestimmung: Wollen wir in einem fettähnlichen
Gemisch den Anteil an wirklichem Fett bestimmen, so müssen wir
eine Glyzerinbestimmung durchführen. Zum qualitativen Nachweis
des Glyzerins kann schon der unangenehme, charakteristische Akrolein-
geruch (Geruch nach ‚angebranntem‘“ Fett) dienen, der beim raschen
Erhitzen des Glyzerins oder Fettes für sich oder besser beim Erhitzen
der Mischung von Glyzerin und saurem schwefelsaurem Kali auftritt.
Ferner färbt eine mit Glyzerin oder glyzerinhaltiger Flüssigkeit be-
feuchtete Boraxperle die Flamme des Bunsenbrenners grün. Glyzerin
treibt Borsäure aus Boraxlösungen aus: die zu prüfende Flüssigkeit
und eine Boraxlösung werden mit einigen Tropfen Lackmustinktur
blau gefärbt und miteinander vermischt. Bei Gegenwart von Glyzerin
tritt dabei durch die freigewordene Borsäure Rotfärbung ein. Beim
Erwärmen wird die Flüssigkeit blau, beim Erkalten neuerdings rot.
Beim Erhitzen von Glyzerin mit Phenolen und Schwefelsäure auf 120 °
entstehen Farbstoffe: in einer Eprouvette werden zwei Tropfen Glyzerin,
zwei Tropfen geschmolzenes Phenol und ebensoviel konzentrierte
Schwefelsäure sehr vorsichtig etwas über 120° © erhitzt, wobei sich
in der harzartigen Schmelze bald eine braune, feste Masse bildet, die
sich nach dem Abkühlen mit prachtvoll karmoisinroter Farbe in
Ammoniak löst. Kocht man eine kleine Menge Glyzerin oder der auf
Glyzerin zu prüfenden Substanz mit wenig Pyrogallol und mehreren
Tropfen einer mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnten Schwefel-
säure, so färbt sich die Flüssigkeit bei Gegenwart von Glyzerin deutlich
rot, nach Zusatz von Zinnchlorid violettrot. Kohlehydrate und einige
Alkohole geben ähnliche Färbungen; die Möglichkeit ihrer Anwesenheit
muß also ausgeschlossen sein.
Zum quantitativen Nachweis des Glyzerins kann man die Oxydation
mit Kaliumpermanganat verwenden. Ein Molekül Glyzerin liefert
quantitativ genau je ein Molekül Oxalsäure und Kohlensäure, wenn
man Glyzerin in stark alkalischer Lösung bei gewöhnlicher Temperatur
mit Permanganat oxydiert. Darauf beruht das Glyzerinbestimmungs-
verfahren von Benedict und Zsigmondy. 2-3 g Fett werden
mit Kalilauge und reinem Methylalkohol verseift, der Alkohol auf dem
Wasserbad verjagt, der Rückstand in heißem Wasser gelöst und die Seife
unter Erwärmen mit verdünnter Salzsäure zerlegt. Dann erwärmt
man, bis sich die Fettsäuren klar abgeschieden haben, bei flüssigen
Fetten setzt man zweckmäßig etwas hartes Paraffin zu, um die obenauf
schwimmenden Fettsäuren bei dem nun folgenden Abkühlen, welches
durch Einstellen der Schale in kaltes Wasser bewirkt wird, zum Er-
starren zu bringen. Man läßt erkalten, filtriert in einen geräumigen
Kolben, wäscht gut nach, neutralisiert nach Zusatz eines Tropfens
192 VI. Fette, Öle und Wachse.
Methylorange mit Kalilauge und setzt noch 10 g Ätzkali hinzu. Dann
läßt man bei gewöhnlicher Temperatur soviel einer zirka 5prozentigen
Kaliumpermanganatlösung zufließen, bis die Flüssigkeit nicht mehr
srün, sondern blau oder schwärzlich gefärbt ist. Statt dessen kann
man auch fein gepulvertes Permanganat eintragen. Auf einen Teil
Glyzerin entfallen rund sieben Teile Permanganat. Man läßt eine
halbe Stunde bei gewöhnlicher Temperatur stehen und setzt dann nach
Mangold unter Vermeidung eines größeren Überschusses Wasserstoff-
superoxyd hinzu, bis die über dem Niederschlag stehende Flüssigkeit
farblos geworden ist. Man füllt dann auf 1000 ccm auf, schüttelt um
und filtriert 500 cem durch ein trockenes Filter. Das Filtrat wird in
einem Kochkolben eine halbe Stunde lang erhitzt, um alles Wasserstoff-
superoxyd zu zerstören, auf etwa 60° C abkühlen gelassen und nach
Zusatz von Schwefelsäure mit gestellter Kaliumpermanganatlösung
titriert. Oder man säuert mit Essigsäure an, erhitzt bis zum Sieden
und fällt mit 10 ccm einer 10prozentigen Kalziumchlorid- oder Kalzium-
azetatlösung zunächst die Oxalsäure aus. Der Niederschlag wird ab-
filtriert, aber das Kalziumoxalat nicht gravimetrisch
bestimmt, da es mit Kieselsäure verunreinigt sein
kann, sondern maßanalytisch. Man glüht, löst den
Rückstand in einer überschüssigen Menge titrierter
Salzsäure und titriert den Überschuß mit gestellter
Kalilauge unter Anwendung von Methylorange als
Indikator zurück. 112,2 Teile Kalihydrat entsprechen
92 Teilen Glyzerin.
Bestimmung des Glyzerins nach Zeisel-Fanto
durch Überführen in Isopropyljodid: Diese Methode
beruht auf der Umwandlung in flüchtiges Alkyl-
jodid unter der Einwirkung kochender, wässeriger
‚Jodwasserstoffsäure vom spezifischen Gewicht 1,7,
dessen Dampf, von begleitendem Jod und Jodwasser-
stoff befreit, in alkoholischer Silbernitratlösung auf-
gefangen wird. Mit dieser setzt es sich zur äquiva-
ar lenten Menge Silberjodid um, das gravimetrisch oder
maßanalytisch bestimmt werden kann. Durch Er-
hitzen von Glyzerin mit überschüssiger Jodwasserstoffsäure entsteht
Isopropyljodid. Der dazu notwendige Apparat (Fig. 64) besteht aus
einem Siedekolben A mit Steigrohr B, Waschapparat und Stopfen,
dem Vorstoß und den beiden Vorlagen C und D. Das Siede-
kölbchen, das ungefähr 40 cem faßt, trägt am Halse ein gebogenes,
nahe der Insertionsstelle auf mindestens 1 mm lichte Weite verengtes
Rohr a zum Einleiten von Kohlensäuregas. Der Waschapparat besteht
aus dem die Fortsetzung des 10 em langen und 7—8 mm weiten Steig-
rohres einschließenden Mantel mit seitlichem Ansatzrohr und dem
bis knapp auf den Boden des Mantelgefäßes reichenden, dort etwas
eingezogenen Rohrstopfen. Der Apparat muß so weit sein, daß er mit
mindestens 5 ccm Waschflüssigkeit gefüllt werden kann. Das untere
Ende des ersten Einleitungsrohres beim Vorstoß ist etwas erweitert,
um Verstopfung durch angesetztes Jodsilber zu verhindern. Die erste
Vorlage, ein Erlenmeyerkolben mit weitem Hals, faßt bis zu einer etwa
in halber Höhe angebrachten Marke 45 ccm; die zweite Vorlage braucht
nicht mehr als 5 ccm zu fassen. Die einzelnen Teile des Apparates müssen
Fig. 64. a nach
Zeisel-
VII. Stiekstoffassimilation. 193
sehr gut aufeinandergeschliffen sein und halten überdies durch Draht-
spiralen aneinander, die an Glashörnchen des Apparates angebracht
sind. Zur Bestimmung benötigt man Jodwasserstoff vom spezifischen
Gewicht 1,9, ferner eine Auflösung von 40 g geschmolzenen Silbernitrats
in 100 ccm Wasser, aufgefüllt auf einen Liter mit reinem Alkohol, die nach
24 Stunden zu filtrieren ist, ferner roten Phosphor, der mit Schwefel-
kohlenstoff, Ather, Alkohol und Wasser gut gewaschen ist. In dem Wasch-
apparat wird 0,5g davon, aufgeschwemmt in 5 ccm einer 10prozentigen
Natriumarseniklösung eingebracht. Zur Bestimmung selbst werden 5 cem
der zu untersuchenden wässerigen Glyzerinlösung mit höchstens 5%
Glyzeringehalt mit 15 cem Jodwasserstoffsäure versetzt und sofort
darauf mit einem Splitter von gebranntem Ton in das Siedekölbchen
gebracht. Nachdem in den Waschapparat die Phosphoremulsion, in
die erste Vorlage 45 ccm, in die zweite 5 ccm der Silberlösung gebracht
worden und die einzelnen Teile des Apparats sorgfältig dicht miteinander
verbunden worden sind, wird durch das Seitenrohr des Siedekölbchens
durch Wasser bzw. Natriumbikarbonat gewaschene Kohlensäure lang-
sam durchgeleitet und das Kölbchen vorsichtig zum Sieden erhitzt.
Der Siedering der Jodwasserstoffsäure soll sich bis etwa zur halben
Höhe des Steigrohres erheben. Die Silberlösung in der ersten Vorlage
wird sich bald trüben und ein kristallinisches, weißgelbes Gemisch von
Jodsilber und Silbernitrat sich ausscheiden, die Flüssigkeit oberhalb
des Niederschlages klärt sich, sobald die Fällung vollkommen beendigt
ist. Nach 1—-3 Stunden ist die Operation beendigt, der Niederschlag
kommt samt Mutterlauge in ein zirka 600 ccm fassendes Becherglas.
Man gießt mit dem Spülwasser auf etwa 450 ccm auf, setzt 10—15 Tropfen
verdünnter Salpetersäure zu und läßt eine halbe Stunde auf einem
kochenden Wasserbad stehen. Die Doppelverbindung von Silbernitrat
und Silberjodid wird dabei zersetzt, der Niederschlag auf einen mit
Asbest adjustierten Goochtiegel gebracht, mit Wasser und Alkohol
gewaschen, bei 120—130 ® getrocknet und dann gewogen. Ein Molekül
Jodsilber entspricht einem Molekül Glyzerin, daher ein Teil des ge-
wogenen Jodsilbers 0,3915 Teilen Glyzerin.
VI. Stickstoffaffimilation.
Daß keine Pflanze ohne Stickstoffnahrung auskommen kann,
ergibt schon der Umstand, daß die Eiweißstoffe, welche ja zur Bildung
des Protoplasmas notwendig sind, Stickstoff enthalten. Die Stickstoff-
quellen der Pflanzen sind einerseits das wässerige oder feste Substrat,
in welchem sich der Stickstoff in chemisch gebundener Form vorfindet,
anderseits der freie atmosphärische Stickstoff. Von anorganisch gebunde-
nem Stickstoff vermag die höhere Pflanze außer Ammoniak nur Nitrate
auszuwerten, während Nitrite oder Hyponitrite als Gifte wirken, ebenso-
wenig können Oxyde des Stickstoffs als Nahrung dienen. In welcher
Weise die Umwandlung der Nitrate in organische Komplexe erfolgt,
wissen wir nicht, sicher ist nur, daß dabei eine Reduktion erfolgen muß,
und es ist möglich, daß diese über Nitrit etwa so geht wie die Reduktion
der Kohlensäure über Formaldehyd. Daß hierbei das Licht eine große
Rolle spielt, scheint sicherzustehen, wenn auch die von Schimper
und anderen vertretene Anschauung, die Stickstoffassimilation sei ein
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum, 13
194 VII. Stickstoffassimilation.
lichtehemischer Prozeß, nicht durchaus stichhaltig ist, weil sie, wenn
auch im Lichte bedeutend beschleunigt, sich doch auch im Dunkeln
vollzieht. Freilich ist es in Analogie mit anderen Vorgängen nicht aus-
geschlossen, daß im Dunkeln statt der Lichtenergie die aus chemischen
Umsetzungen stammenden Energiewerte zur Stickstoffassimilation heran-
gezogen werden. Sehr beachtenswert scheint die aus Versuchen extra
vitam geschöpfte Hypothese von OÖ. Baudisch, nach welcher das
Reduktionsprodukt der Nitrate, welches im Lichte gebildet worden ist,
mit Formaldehyd zu Formhydroxamsäure zusammentritt, wobei Kohlen-
säureassimilation mit Stickstoffassimilation genetisch verknüpft ist.
Schon Berthelot sah, als er dunkle elektrische Entladung in einem
Gasraum von Kohlensäure und Wasserdampf bei Gegenwart stickstoff-
haltiger Substanzen einleitete, komplexe Stoffe entstehen, welche die
Eiweißreaktionen gaben. Während, wie gesagt, niedrige Oxyde des
Stickstoffs nicht verwertet werden können, wie ja überhaupt die höhere
Pflanze in ihrer Stoffaufnahme auf die Verwertung nur derhöchsten
Oxyde (Kohlendioxyd, nicht aber Kohlenoxyd,
Stickstoffpentoxyd (Nitrate), nicht aber Stick-
stofftrioxyd (Nitrite), Phosphorpentoxyd (Phos-
phate), nicht aber Phosphortrioxyd (Phosphite),
Schwefeltrioxyd (Sulfate), nicht aber Schwefel-
dioxyd (Sulfite)) angepaßt ist, können die meisten
Pflanzen statt der Nitrate auch mit Ammoniak
oder Ammon- salzen (vorausgesetzt, daß diese
nicht infolge ihrer physiologischen Alkaleszenz
wie das Ammonkarbonat die Wurzeln schädigen,
also nur Ammonsalze starker Säuren wie
Ammonnitrat, Ammonchlorid usw.) vegetieren,
ja manche Pflanzen gedeihen besser mit Am-
moniak als mit Nitraten, so daß wir geradezu
Nitratpflanzen (Buchweizen, Geranien, Tabak,
Brennessel) einerseits, Ammoniakpflanzen (Mais,
Gramineen überhaupt) unterscheiden können.
Fie. 65. Wurzelknöllchen der Aw alle Fälle aber brauchen diese Pflanzen
” " Leguminosen. Stickstoff in gebundener Form, selbst organisch
gebundener dtickstoff in Form von Aminosäuren
oder Säureamiden kann dazu Sienen, und es ist durchaus wahrscheinlich,
daß die Pflanzen auch in Naturböden wenigstens einen Teil ihres Stickstoffs
der organischen Masse des Bodens direkt entnehmen, womit die Liebig-
sche Humustheorie doch wenigstens teilweise in ihre Rechte wieder ein-
gesetzt zu sein scheint. Im Experiment ist es nicht leicht zu entscheiden,
ob die organischen Stickstoffverbindungen vor ihrer Aufnahme durch die
höhere Pflanze bis zu Ammoniak reduziert oder ob sie direkt aufgenommen
werden, da solche Versuche bisher nicht mit steriler Methodik ausgeführt
wurden und somit immer mit der Möglichkeit einer Intervention durch
Mikroorganismen gerechnet werden muß. Daß organische Stickstoff-
verbindungen gleichzeitig als Stickstoff- wie als Kohlenstoffquelle
dienen und höhere Pflanzen demnach mit Aminosäuren bei Ausschluß
von Kohlensäure ihr Auslangen finden können, wie das Lefevre
behauptet hat, ist jedenfalls sehr unwahrscheinlich. Den molekularen
Stickstoff der Luft vermögen die grünen Pflanzen für sich nicht aus-
zunutzen, dies gelingt aber solchen, welche in Symbiose mit stickstoff-
VII. Stickstoffassimilation. 195
- bindenden Bakterien oder anderen stickstoffbindenden Organismen
leben wie die Leguminosen oder jene Pflanzen, welche an ihren Wurzeln
mit stickstoffbindenden Pilzen, der sogenannten Mykorrhiza, versehen
sind. Während die übrigen Kulturpflanzen gebundenen Stickstoff im
Substrat zum Gedeihen unbedingt brauchen, vermögen die Leguminosen
auch in Quarzsand oder an Stickstoff verarmten Böden zu gedeihen
und reichern sogar den Boden an Stickstoffverbindungen an. In der
praktischen Landwirtschaft ist es schon eine alte Erfahrung, daß
Leguminosen auch in sterilen Böden fortkommen und als Zwischen-
frucht gebaut, einen durch Getreide u. dgl. erschöpften Boden wieder
zum Anbau von nicht stickstoffsammelnden Pflanzen geeignet machen.
Im Experiment bewirkt auch Nitratdarreichung bei Lupinen keine
wesentlich bessere Entwicklung, als wenn die Stickstoffdüngung weg-
bleibt. Die Leguminosen sind dadurch ausgezeichnet, den atmo-
sphärischen Stickstoff verwerten zu können und ihre Symbiose mit dem
vermittelnden Bakterium ist durch die Ausbildung von eigenartigen,
schon mit freiem Auge sichtbaren Anschwellungen an der Wurzel, den
sogenannten Wurzelknöllchen (Fig. 65), zu konstatieren. Die Leguminosen
kommen in sterilisierten Böden nicht fort, es sei denn, daß man mit einer
Spur Ackererde den Boden nach dem Sterilisieren impft. Dabei ist zu
beachten, daß die stickstoffbindenden Bakterien offenbar boden- und
artspezifisch sind, denn die Bakterien von Wicke infizieren nicht Robinia
pseudacacia usw., und die japanische Soja hispida gedieh in unserem
Ackerboden erst, nachdem dieser mit etwas Erde aus dem japanischen
Heimatlande geimpft worden war. Übrigens möge bei dieser Gelegen-
heit darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Sterilisation eines
Bodens durch Erhitzen für die Pflanze, welche nachher dahin versetzt
ist, überhaupt nicht gleichgültig ist. Wie durch längere Kultur der-
selben Pflanzenart in einem Boden derselbe für Pflanzen derselben
Art giftig wird, indem diese Pflanzenart in solchen Böden die Er-
scheinung der Bodenmüdigkeit zeigt, so entstehen auch beim Sterili-
sieren von Böden giftige Substanzen, welche dem Gedeihen der Pflanzen
Eintrag tun. Nach ©. Schulze!) scheinen in sterilisiertem Boden
wachsende Pflanzen im wesentlichen unter der Einwirkung zweier ent-
gegengesetzt wirkender Faktoren zu stehen. Je nach der allgemeinen
Beschaffenheit des Bodens entstehen beim Sterilisieren mehr oder
weniger schädlich wirkende Zersetzungsprodukte, welche die Versuchs-
pflanze je nach dem Grade ihrer individuellen und ihrer durch die Art
bedingten Empfindlichkeit mehr oder weniger stark beeinflussen. Dem
entgegen wirkt der das Wachstum der Pflanzen befördernde Einfluß
der Nährstoffaufschließung im Boden, insbesondere seines unlöslichen,
nicht ohne weiteres zugänglichen Stickstoffvorrates. Je nachdem nun
der eine oder andere dieser beiden Faktoren im einzelnen Falle über-
wiegt, kommt eine Erhöhung oder Verminderung der Ernte an Pflanzen-
substanz zustande. Durch eine Kalkgabe läßt sich die Wirkung der
Zersetzungsprodukte des Bodens stets ganz oder fast ganz aufheben.
Die Bedeutung dieser Tatsachen für die Anstellung von Vegetations-
versuchen in durch Hitze sterilisiertem Boden liegt auf der Hand und,
da sich nicht alle Pflanzenarten gleich empfindlich verhalten, die Not-
!)C. Sehulze, Einige Beobachtungen über die Einwirkung der Boden-
sterilisation auf die Entwicklung der Pflanzen, Landw. Vers.-Stat. 65, 137 (1907).
152
196 VI. Stickstoffassimilation.
wendigkeit, bei solchen Versuchen Boden und Pflanze entsprechend
auszuwählen, damit nicht die fast unvermeidlichen Störungen das
Resultat des Versuches verschleiern. Am typischsten treten die
schädigenden Einflüsse der Bodensterilisation beim Senf hervor, auch bei
Hafer in Wiesenboden (Fig. 66) blieben die Pflanzen im sterilisierten
Boden wesentlich gegen die in nicht sterilisiertem Boden zurück, überall
tritt in mehr oder weniger hohem Maße Gelbwerden der Blätter ein.
Haferpflanzen in Ackerboden (Fig. 67) zeigten dagegen keine Krank-
heitserscheinungen, aber auch hier blieben die Pflanzen zurück, wenn es
da auch später infolge der Bodenaufschließung zu einer erheblichen
Erhöhung der Produktion an Pflanzensubstanz kam; bei Hafer in
Gartenboden (Fig. 68) zeigte sich sogar im sterilisierten Boden von
: r Per a %
Br 2 Ai H 2
7 \ B f
BR AT.
29
[Yes
vu HER ra ;
" 5.
STER. 125° ıhı
D.(VORHER
vornherein eine Förderung der Pflanzenentwicklung. In den untersuchten
drei Bodenarten entstehen also beim Sterilisieren in ganz verschiedenem
Maße Giftstoffe. Beim Senf, der, wie gesagt, gegen Bodensterilisation
ganz besonders empfindlich ist, zeigt sich dieselbe Abstufung. Die
Krankheitserscheinungen sind hier sehr intensiv und bestehen in Gelb-
werden und Abwerfen der Blätter, aber hier verwischen oft individuelle
Differenzen die typische Abstufung in den einzelnen Bodenarten. Viel
weniger als Senf, aber noch immer sehr empfindlich zeigen sich Erbsen,
noch weniger Buchweizen, und bei diesen Gräsern erscheint eine Gift-
wirkung überhaupt nicht. Bei den leidenden Pflanzen ist die Gesamt-
ernte immer kleiner, während die Stickstoffaufnahme relativ groß ist
infolge Aufschließung der anorganischen Stickstoffquellen des Bodens
durch Erhitzung. Will man eine üppige Entwicklung der Pflanzen hervor-
VII. Stickstoffassimilation. 197
rufen, so muß man für Düngung des Bodens, für künstliche Bereicherung
der natürlichen Nährstoffquellen sorgen, und zwar sind es außer Stickstoff-
verbindungen haupt-
sächlich die Verbin-
dungen von Kali und | Er
Phosphor, welche dm Mr 7 95
Boden zugeführt wer-
den. Auf die Methoden Pr TAGE ALT
und Erfolge der Dün- | I
gung kann hier nicht
eingegangen werden, es
muß diesbezüglich auf
die sehr ausgedehnte
landwirtschaftliche Li-
teratur hingewiesen
werden. Bemerkt sei
zur, dab durch. S.
Strakosch!) die
merkwürdigen Bezie-
hungen zwischen Pro-
duktion von organi-
scher Substanz durch
Assimilation und Ent-
nahme von minerali-
schen Bodennährstof-
fen, was dieser Autor
mit dem jetzt in der wissenschaftlichen Terminologie bereits eingebür-
gerten Ausdruck ‚‚assimilatorischer Effekt‘ bezeichnet, aufgedeckt wurden,
indem bei verschie-
denen Pflanzen-
arten die Ernte-
werte bei gleichzei-
tigem Bedarf an
Nährsalzen als sehr
ungleich erkannt
wurden. Über den
Wert der verschie-
denen Düngemittel
im wissenschaft-
lichen Experiment
führen K. und L.
Linsbauer in
ihrer ‚Vorschule
der Pflanzenphysi-
ologie‘‘ S. 108 fol-
genden instrukti-
ven Versuch an:
Fig. 67.
I TS.Strakosch,
Das Problem der un-
gleichen Arbeitsleis-
tung unserer Kultur-
pflanzen, Berlin 1907. Fir. 68,
198 VII. Stickstoffassimilation.
Auf je 10 Liter Wasser lösen wir 10 g Doppelsuperphosphat (im
wesentlichen ein Gemenge von MsHPO,„ Ca(H,PO,), und 2 CaSO,),
10 g KCl und 30 g NaNO,. Damit begießen wir statt mit gewöhn-
lichem Wasser eine Topfpflanze, deren Erde vorher nicht aus-
getrocknet sein darf, sondern eventuell früher mit gewöhnlichem
Wasser begossen wird. Sollten auch die Blätter mit dieser Nährlösung
besprengt worden sein — was zu vermeiden ist —, so werden sie mit
Wasser abgespült. Pelargonien, Fuchsien, Veilchen, Reseden oder
Chrysanthemen begießt man im Beginn der Entwicklung wöchentlich
einmal, später zur Zeit des lebhaften Treibens sogar zweimal in der
Woche (Primeln, Zyklamen, Knollenbegonien behandelt man mit der
obigen Lösung, nachdem man sie vorher mit Wasser verdünnt hat,
und zwar in der größten Wachstumsperiode nur etwa alle s—10 Tage).
Wir suchen nun drei möglichst gleichentwickelte Topfpflanzen derselben
Art aus und begießen den ersten Topf nur mit gewöhnlichem Wasser,
den zweiten mit der obigen Lösung, aus der wir den Chilesalpeter weg-
gelassen haben, endlich den dritten Topf mit der vollständigen Lösung.
Bei richtiger Kultur zeigt sich meist, daß nur bei gleichzeitiger Stickstoff-
Fig. 69. Erdteilchen E umspinnende Fig. 70. Relief des Wurzelsystems, in eine
Wurzelhaare W (vergr.). Marmorplatte eingeätzt.
darbietung die Kaliphosphatdüngung einen, dann allerdings sehr deut-
lichen Erfolg hat. Bekanntlich vermögen die Pflanzen selbst schwer-
lösliche Bodenbestandteile löslich zu machen, ‚aufzuschließen‘“, indem
ihre Wurzelhaare die Bodenpartikelehen innig umspinnen und durch-
dringen (Fig. 69), worauf das Löslichmachen durch die Wurzelaus-
scheidungen beruht. Läßt man z. B. eine Pflanze ihr Wurzelsystem
in gut befeuchteter Erde auf einer glattpolierten Marmorplatte aus-
breiten, so zeigt sich nach einigen Wochen das ganze Wurzelsystem mit
allen feinsten Details in der korrodierten Platte eingeätzt (Fig. 70).
Bei vielen Pflanzen können wir den Stickstoff in Ionenform nicht nur
erst in der Asche nachweisen, sondern schon in der frischen lebenden Pflanze
sind Nitrate n: achweisbar, wenn man den Saft nitratreicher Pflanzen,
wie Zuckerrübe, Sonne ‚nblumen, Kartoffel, Brennessel, Gänsefuß, Fuchs-
schwanz (welcher letztere 15 % Salpeter in der Trockensubstanz ent-
hält), mit Diphenylamin und konzentrierter Schwefelsäure zusammen-
bringt. Nitrate liefern mit Diphenylamin Blaufärbung, mit Brucin und
Schwefelsäure Rotfärbung. Dagegen zeigen grüne Blätter von Pelar-
gonium normalerweise keinen oder nur sehr geringen Nitratgehalt;
VII. Stickstoffassimilation. 199
erst nach 4—6tägigem Stehen im Dunkeln ergibt sich eine Anreicherung
an Nitrat entsprechend der Tatsache, daß das Licht die Eiweißbildung
begünstigt. Daß sie auch in Relation mit der Kohlensäureassimilation
steht, wird durch den Umstand wahrscheinlich, daß panaschierte Blätter
dieser Topfpflanzen ihren im Dunkeln angehäuften Nitratgehalt im
Lichte nur aus den grünen Partien verlieren, nicht aber aus den weißen.
Daß Eiweißbildung nur bei gleichzeitiger Anwesenheit von Kohlen-
hydraten vor sich geht, ist eine schon längere Zeit bekannte Tatsache,
so daß sich bei Zuführung von Kohlenhydraten auch im Dunkeln rasch
Eiweiß bildet. Sehr reich an Nitraten fand R. Klein!) auch den
Guttationstropfen von Zea Mays und Caladium antiquorum. Zum
Nachweis von Nitriten geht derselbe Autor in der Weise vor, daß er
Azofarbstoffe zur Identifikation heranzieht, da die Reaktion mit Jod-
kalistärkekleister nicht auf Nitrite allein hinweist. Übrigens kann
hinzugefügt werden, daß auch die Diphenylaminprobe nicht für Nitrate
allein charakteristisch ist, sondern auch von Nitriten und überhaupt
vielen oxydierenden Stoffen geliefert wird. Hier leistet eine 10prozentige
Lösung von Nitron (Diphenylanilodihydrotriazol C,,H,,N,) in Sprozentiger
Essigsäure viel bessere Dienste, da dieses Reagens ein sehr schwer lös-
liches Nitrat liefert. Eine sehr empfindliche Reaktion auf Nitrite, selbst
in äußerst verdünnten Lösungen, liefert Metaphenylendiamin, nämlich
eine in überschüssiger, verdünnter Schwefelsäure sich bildende gelbe
bis braune Färbung. Spuren salpetrigsaurer Salze werden nach Grieß
nachgewiesen, indem man die zu untersuchende Flüssigkeit mit einer
wässerigen Sulfanilsäurelösung versetzt und einige Tropfen Schwefel-
säure, sowie wässerige «-Naphthylaminlösung hinzufügt. Noch bei
überaus starker Verdünnung tritt deutliche Rosafärbung ein, die er-
halten bleibt; nitritreiche Lösungen geben intensive Rotfärbung, die,
unter gleichzeitiger Bildung eines Niederschlages, bald in Gelb übergeht.
Bei der Prüfung auf Nitrite mit so empfindlichen Reaktionen — das
Vorkommen von Nitriten in lebenden Pflanzen ist noch strittig — muß
man übrigens auch darauf Rücksicht nehmen, daß die Luft eines Arbeits-
raumes, in dem elektrische Bogenlampen, Quarzglasquecksilberlampen
oder Gasflammen brennen, fast stets Nitrit enthält, und daß die Säfte,
wenn sie längere Zeit aufbewahrt werden sollen, sehr sorgfältig vor
Infektion zu schützen sind. Klein hat noch folgende schöne Reaktionen
für Nitrite angegeben: 1. Man versetzt die zu prüfende Lösung mit
wässeriger Sulfanilsäure und 2—3 Tropfen konzentrierter Salzsäure. Auf
Zusatz von alkoholischer Diphenylaminlösung färbt sich die Flüssigkeit
leuchtend rot. Noch schöner tritt die Reaktion ein, wenn man mit der
Diphenylaminlösung sorgfältig überschichtet. Es bildet sich an der
Berührungsstelle ein roter Ring, der auch bei sehr starker Verdünnung
gut zu sehen ist. 2. Nitrite geben mit alkoholischer «-Naphthylamin-
lösung und etwas verdünnter Salzsäure eine tiefdunkle Violettfärbung.
Bei längerem Stehen von nicht zu stark verdünnten Lösungen fällt ein
Niederschlag aus.
Zu methodischen Zwecken können wir die stickstoffhaltigen Bestand-
teile der Pflanzen einteilen inProteine, Peptone und Albumosen,
Aminosäuren und anorganische Stickstoffverbindungen
1!) R. Klein, Über Nachweis und Vorkommen von Nitraten und Nitriten
in Pflanzen, Beih. z. bot. Zentralbl. 30, 141 (1913).
200 VII. Stickstoffassimilation.
(Nitrate, Nitrite, Ammonsalze). Unter den Proteinen sind die einen in
Wasser unlöslich, dagegen öslich in 1—2prozentigen Alkalien; die in
Wasser löslichen sind durch Essigsäure, Kupferazetat und essigsaures
Blei fällbar, bisweilen, aber nicht immer, durch überschüssigen Alkohol.
Osborne teilt die Samenproteine ein 1. in Globuline, welche in
Wasser unlöslich, aber in neutralen Salzlösungen, z. B. Ammonsulfat
löslich sind. 2. Prolamine, welche durch 50—80 prozentigen Alkohol
extrahiert werden können und bei der Zerlegung durch Säuren viel
Prolin und Amidstickstoff liefern. 3. Gluteline, unlöslich in allen
neutralen Lösungsmitteln, extrahierbar nur mit verdünnten Säuren
oder Alkalien. 4. Albumine, wasserlöslich, in der Hitze koagu-
lierbar, bei Halbsättigung mit Ammonsulfat fällbar. 5. Proteosen.
Die Peptone und Albumosen sind in Wasser löslich, aber nicht fällbar
durch eines der vorgenannten Reagenzien ; sie geben mit der Biuretreaktion
eine charakteristische rötliche Färbung, sind vollkommen fällbar aus
neutraler Lösung durch alkoholische Sublimatlösung und aus schwach
saurer Lösung durch Phosphorwolframsäure, sie diffundieren langsam
durch tierische Membran.
Zur Prüfung auf die wasserunlöslichen, in verdünnten Alkalien
löslichen Proteine wird die alkalische Lösung sorgfältig mit verdünnter
Säure neutralisiert, wobei sich ein Niederschlag bildet, der im Über-
schuß der Säure löslich ist. Dieser Niederschlag wird abfiltriert, gewaschen
und durch die gewöhnlichen Eiweißreagenzien geprüft. Zur Prüfung
auf die wasserlöslichen Proteide wird die Lösung nach Zugabe einiger
Tropfen Essigsäure und unter Zufügung von 90 prozentigem Alkohol
gekocht, der eventuell ausfallende Niederschlag filtriert, gewaschen und
auf Eiweiß geprüft. Ob ein Niederschlag entstanden ist oder nicht,
fügt man zu einer frischen Probe der Lösung je 1. gelbes Blutlaugensalz
und einen Tropfen Essigsäure, 2. eine wässerige Lösung von Trichlor-
essigsäure. Diese beiden Reagenzien liefern mit Proteiden Niederschläge,
und diese entstehen häufig, wenn die Lösung auch beim Kochen oder
beim Versetzen mit Alkohol keine Reaktion gibt. Bei Anwesenheit von
Proteiden wird eine wässerige Lösung von Kupferazetat so lange zu-
gefügt, als noch ein Niederschlag entsteht, und filtriert. Im Filtrat
wird das Kupfer mit Schwefelwasserstoff ausgefällt, der Überschuß von
Schwefelwasserstoff durch Erwärmen ausgetrieben und auf Peptone
und Albumosen folgendermaßen geprüft: 1. Biuretreaktion (gleiche
Volumina starker Natronlauge und Zufügen von 1—2 Tropfen ver-
dünnter Kupfervitriollösung, Rotfärbung). 2. Mit Natriumphosphat
und verdünnter Schwefelsäure geben Peptone und Albumosen eine
weiße Fällung. 3. Gesättigte alkoholische Sublimatlösung gibt eine
im Wasser unlösliche weiße Fällung. Wenn Peptone und Albumosen
zugegen sind, werden sie durch Zugabe der Sublimatlösung vollkommen
ausgefällt, filtriert, das Filtrat durch Abdampfen von Alkohol und
durch Schwefelwasserstoff von Quecksilber, durch Erhitzen von über-
schüssigem Schwefelwasserstoff befreit. Die so behandelte Lösung wird
sorgfältig mit verdünnter Natronlauge neutralisiert und auf Amino-
säuren geprüft 1. durch Hinzusetzen von frisch gefälltem und gut ge-
waschenem Kupferhydroxyd. Aminosäuren geben eine tiefblaue Lösung,
nach sorgfältigem Verdampfen und Stehenlassen über Schwefelsäure
im luftverdünnten Raume erscheinen charakteristische Kristalle der
Aminosäure -Kupferverbindung. 2. Eine abgekühlte Mischung von
VII. Stiekstoffassimilation. 201
Natriumnitrit und verdünnter Schwefelsäure wird zugetropft, die Amino-
säuren entwickeln Stickstoff. 3. Beim Kochen mit verdünnten Säuren
liefern die Aminosäuren Ammoniak, welches entweder durch Austreiben
mit Magnesia oder Kalk und Nachweis mit Lackmuspapier oder einen
in Salzsäure getauchten Glasstab oder mit Neßlerschem Reagens nach-
gewiesen wird.
Von Fällungsreaktionen der Proteine sind anzuführen: 1. Die
Fällung durch Alkohol. Alle Proteine werden gefällt, die fällende
Alkoholkonzentration schwankt mit der Natur des Proteins, Eiweißsalze
sind bisweilen leichter alkohollöslich, die höheren Glieder der Alkohol-
reihe besitzen ein stärkeres Fällungsvermögen; aromatische Alkohole
fällen in geringerer, lösen in starker Konzentration. Wie Alkohol wirken
auch Azeton und Chloroform. 2. Koagulation durch Hitze: die meisten
Proteine werden durch Erwärmen irreversibel denaturiert, die dazu
notwendige Temperatur steht in Abhängigkeit von der Reaktion der
Lösung, der Eiweißkonzentration, dem Salzgehalt, der Geschwindigkeit
des Erwärmens. 3. Fällung durch die Salze von Eisen, Kupfer, Queck-
silber, Zink, deren Überschuß bisweilen lösend wirkt. 4. Fällung durch
die Alkaloidreagenzien Phosphorwolframsäure, Phosphormolybdansäure,
Gerbsäure, Ferrozyanwasserstoffsäure, Trichloressigsäure, Pikrinsäure.
Von den Farbenreaktionen sind folgende zu nennen: 1. Biuret-
reaktion. Zusatz einiger Tropfen sehr stark verdünnter Kupfer-
vitriollösung zu einer stark alkalischen Eiweißlösung erzeugt bei Pro-
teinen Blauviolettfärbung, bei Albumosen und Peptonen, wie schon
erwähnt, rote Färbung (ebenso bei Vitellinen). Nickelsalze statt der
Kupfersalze geben orangerote Verbindungen. Überschuß des Reagens
und zu starkes Erhitzen sind zu vermeiden. 2. Xanthoprotein-
reaktion: Zusatz von konzentrierter Salpetersäure zu wässerigen
Eiweißlösungen oder zu festem Eiweiß gibt in der Kälte, meist aber erst
beim Erwärmen Gelbfärbung, die auf Zusatz von Alkali rotbraun, auf
Zusatz von Ammoniak orange wird. Sie ist an die Anwesenheit von
aromatischen Radikalen gebunden, mit denen sie Nitroderivate erzeugt.
3. Millonsche Reaktion: Ein Teil metallischen Quecksilbers
wird in zwei Teilen konzentrierter HNO,, spezifisches Gewicht 1,42,
in der Kälte gelöst, dann zum Sieden erhitzt, nach erfolgter Lösung mit
dem doppelten Volumen Wasser verdünnt und hierauf filtriert. Wenige
Tropfen dieses Reagens zu einer Eiweißlösung bilden einen Niederschlag,
der sich ebenso wie die überstehende Lösung beim Erwärmen rot färbt.
Gebunden an die Tyrosin- oder Tryptophangruppe der Proteine.
4. Schwefelbleireaktion: Proteinlösungen mit Bleisalzen in
alkalischer Lösung gekocht liefern schwarzes Bleisulfid. Gebunden an
die Cysteingruppe im Eiweiß. 5. Reaktion von Molisch: Zu-
satz einiger Tropfen einer alkoholischen Lösung von «-Naphthol (15
bis 20 %) und darauf Unterschichten mit 1—2 Volumen konzentrierter
Schwefelsäure bewirkt rubinrote bis violette Färbung, durch Äther, Alko-
hol oder Sodalösung Farbenumschlag in Gelb. Verwendung von Thymol
statt «-Naphthol gibt karminrote Färbung, die durch Wasserzusatz
einen grünlichen bis gelbbraunen Niederschlag ausfallen läßt. _Ge-
bunden an eine Kohlehydratgruppe, die durch die Säure Alkohol ab-
spaltet. 6. Reaktion von Adamkiewicz: Trockenes, vorher
mit Äther entfettetes Eiweiß in Eisessig gelöst und mit konzentrierter
Schwefelsäure unterschichtet, gibt an der Berührungsfläche rote, grüne
202 VII. Stickstoffassimilation.
und violette Färbungen. Nach Hopkins und Cole fügt man eine
Spur Glyoxylsäure zu der Proteinlösung, fügt nach dem Umschütteln
konzentrierte Schwefelsäure hinzu, worauf blauviolette Färbung auf-
tritt. 7. Mit Alkohol und Äther entfettete Proteine geben nach Lieber-
mann, mit rauchender Salpetersäure gekocht, tiefe Blaufärbung. Ge-
bunden an das durch die Salzsäure abgespaltene Tryptophan und die
aus dem Äther stammende Glyoxylsäure. 8. Nach Neubauer und
Rohde geben infolge Anwesenheit von Tryptophan Eiweißlösungen
mit 5—10 Tropfen 5prozentigen Dimethylaminobenzaldehyds in 10 pro-
zentiger H,SO, und Zusatz von konzentrierter H,SO, unter Umschütteln
ieiolehte Färbung mit Übergang in Dunkelviolett.
Zur quantitativen Bestimmung werden die Proteine naß verbrannt
und das gebildete Ammoniak überdestilliert, in Schwefelsäure von be-
stimmtem Gehalte aufgefangen und der Überschuß der Säure durch
gestellte Natronlauge zurücktitriert. Auf diese Weise erhält man natür-
lich den Gesamtstickstoff; durch besondere, später zu schildernde Be-
stimmungen stellt man den Amid- und Ammoniakstickstoff fest, wo-
durch eine Aufteilung der verschiedenen Verbindungsformen des Stick-
stoffs möglich wird. Zur Ausführung der Gesamtstickstoffermittlung
wird heute allgemein die Kjeldahlsche Methode verwendet. Zur
Kjeldahl-Bestimmung nimmt man am besten die frischen, grob zer-
kleinerten Pflanzenteile oder das lufttrockene Pflanzenmaterial. Will
man mit Extrakten arbeiten, so ist es zweckmäßig, die staubtrockenen
Pflanzenteile in einer Mühle fein zu zermahlen, wobei man die gröberen
Anteile durch ein feines Sieb zurückhält und von neuem die Mühle pas-
sieren läßt. Fettreiche Samen lassen sich auch nach dem Trocknen
schwer pulvern, man entfettet sie daher zunächst mit Ather oder Petrol-
äther. Frische Pflanzen oder Pflanzenteile werden mit Hilfe eines Mörsers
oder einer Reibschale, am leichtesten unter Zufügung von Quarzsand
oder Glasstaub zerrieben (dort, wo es darauf ankommt, die native Re-
aktion des Saftes festzustellen, darf man nicht mit Glaspulver arbeiten,
welches beträchtliche Mengen Alkali an den Saft abgibt). Stellt man
Extrakte aus den frischen oder getrockneten Pflanzen her, so ist die
Substanz mit Wasser auf 50 zu erwärmen, bei stärkemehlfreien oder-
stärkemehlarmen Substanzen kann man die Erwärmung höher treiben;
längeres Kochen ist aber jedenfalls zu vermeiden, da leichter zersetz-
liche Substanzen dadurch schon Veränderungen erleiden können. Die
Löslichkeitsverhältnisse der in Pflanzenorganen gemischt vorliegenden
Substanzen pflegen übrigens sowohl gegenüber Wasser als auch gegen
siedenden Alkohol ganz andere zu sein als die Löslichkeitsverhältnisse der
reinen Stoffe, indem in der Pflanzenzelle die einzelnen Stoffe die Löslich-
keit der anderen befördern, so daß man wohl annehmen kann, daß unter
diesen Verhältnissen schon bei 50 ° in Wasser die meisten Substanzen
sich lösen. Zur Abtrennung des extrahierten Rückstandes vom Extrakt
bedient man sich zunächst des Absaugens an der Nutsche und dann
des Abpressens mit einer starken Hebelpresse; ich bediene mich einer
starken Differentialhebelpresse, an welcher ich durch entsprechendes
Drehen ein völliges Trockenpressen erziele, während an der Nutsche
mindestens die Hälfte der Flüssigkeit im Rückstande verbleibt. Das
Trocknen der frischen Pflanzenteile geschieht am besten bei einer Tem-
peratur von 60—70 °, weil bei höheren Temperaturen schon weitgehende
Zersetzungsvorgänge statthaben können, während bei niedrigerer Er-
VII. Stickstoffassimilation. 203
wärmung, etwa bei 40 ° wohl diese Gefahr noch mehr vermindert ist
als bei 60 °, aber anderseits wieder hier die Möglichkeit vorliegt, daß
bei der länger dauernden Trocknung enzymatische, eventuell sogar
bakterielle Zersetzungen Platz greifen. Eine gute Trocknungsmethode
besteht auch im Einlegen in 95 prozentigen oder absoluten Alkohol
durch mehrere Wochen und nachheriges Trocknen des vom Alkohol
abfiltrierten festen Materials im Vakuumexsikkator. Die Lebens-
tätigkeit der Pflanzen erlischt da sehr bald, und auch die enzymatische
Tätigkeit ist meistens unterbunden; natürlich muß man aber dann nicht
nur das getrocknete Pflanzenmaterial auf seine Bestandteile unter-
suchen, sondern berücksichtigen, daß auch in den Alkohol ziemlich viel
davon übergegangen ist, zumal dieser durch das Gewebewasser ver-
dünnt worden ist. Eine andere Methode zum Trocknen ist das Ver-
mischen des feinzerhackten Materials mit gebranntem Gips oder ent-
wässertem Natriumsulfat, zumal für die nachfolgende Extraktion mit
Alkohol oder Ather.
Zur Kjeldahlschen Bestimmung von Gesamltstickstoff bringt
man 5—10 g, von Flüssigkeiten 10—20 ccm in einen langhalsigen Rund-
kolben von Jenenser Glas, der, für Stickstoffbestimmungen besonders
gearbeitet, im Handel zu haben ist; der Kolben
soll 750—800 ccm fassen. Dann fügt man 10 ccm
konzentrierter Schwefelsäure und 0,2—0,5 g
Kupfervitriol, fest oder in Lösung, hinzu und
erwärmt den Kolben in schiefer (Fig. 71) Lage
unter einem gut ziehenden Abzug am Drahtnetz;
die Erwärmung erfolgt zuerst mit kleiner, dann
mit größerer Flamme, bis weiße Schwefelsäure-
dämpfe entweichen, worauf man die Erhitzung
für kurze Zeit unterbricht, um noch zirka 5 g
Kaliumsulfat in die Flüssigkeit zu geben. Dann
erhitzt man wieder und erhält so lange in hef- pi. 71. K'jeldahlkolben, fertig
tigem Sieden, bis die Flüssigkeit schwach blau- zum Erhitzen. f
grün geworden ist und keine dunklen Teile
mehr enthält. Die Zeit, welche dazu notwendig ist, variiert je nach
der Art und Menge der analysierten Substanz und kann von einer
Viertelstunde bis zu 20 Stunden dauern. Mitunter tritt bei der Zer-
setzung heftiges Schäumen ein, und schon aus diesem Grunde sollte
das Erhitzen anfangs mit kleiner Flamme vorgenommen werden, ferner
setzen sich bisweilen im oberen Teile des langhalsigen Kolbens halb-
verkohlte Partikeln an, die hartnäckig an der Kolbenwandung haften,
durch Umschütteln nicht zu lösen sind und auch der Verbrennung wider-
stehen. Dann muß man den Kolben erkalten lassen, die anhängenden
Massen mit Wasser aus der Spritzflasche herunterspülen und von neuem
erhitzen. Die Schwefelsäure, welche bei so langer Erhitzung ebenfalls
verdampft, muß öfters erneuert oder statt ihrer Schwefelsäure ver-
wendet werden, die mit Phosphorsäureanhydrid (200 g P,O, auf 1000 cem
konzentrierter Schwefelsäure) versetzt ist. Als Katalysator besonders
wirksam ist auch Quecksilber oder Quecksilberoxyd. Zu der mit 10
bis 20 ccm Schwefelsäure versetzten Substanz wird ein Tropfen metal-
lisches Quecksilber oder 0,3—0,4 g vorher gut verriebenes rotes Prä-
zipitat gesetzt. Statt des letzteren verwendet man besser eine Lösung
von Merkuriazetat. Wendet man Quecksilber an, so ist es zweckmäßig,
I
204 | VII. Stickstoffassimilation.
die Bestimmung in einem zu Ende zu führen, da sich sonst feste, am
Glas haftende Niederschläge ansetzen, die auch durch Kochen mit Wasser
nur sehr schwer aufzulösen sind. Ferner bilden sich Merkuroammonium-
verbindungen, welche beim nachherigen Abdestillieren des Ammoniaks
durch Natronlauge nicht zerlegt werden; man erreicht ihre Zerstörung
am besten durch Zusatz von 1 g für 0,4 g HgO oder 2,7 gauf 1g Hg
an gepulvertem Natriumthiosulfat, das man mit der Lauge der abzu-
destillierenden Flüssigkeit zusetzt, oder man hält eine zirka 20 prozentige
Lösung dieses Salzes vorrätig und mischt 40 cem der Natronlauge vom
spezifischen Gewicht 1,34 mit 10 ccm der Lösung. Auf alle Fälle ver-
säume man nicht, noch 1—2 Stunden weiter zu erhitzen, auch nach-
dem die Lösung im Kjeldahl-Kolben vollkommen klar geworden ist.
Bedeutend schneller erfolgt das Aufschließen der Substanz, wenn man
statt eines Katalysators deren mehrere benutzt, also z. B. Quecksilber oder
ein Quecksilbersalz zugleich mit Kupfersulfat oder Kaliumsulfat, welches
letztere übrigens in jedem Falle zur Anwendung kommt, da es eigentlich
nicht als Katalysator wirkt, sondern dadurch, daß es die Siedetemperatur
der Schwefelsäure erhöht und damit die Möglichkeit bietet, die Reaktions-
temperatur und damit die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen. Für
1 g Eiweiß trat nach der Zusammenstellung von Wedekind und
Arnold bei Anwendung verschiedener Katalysatoren die vollständige
Entfärbung bzw. Blaufärbung des Gemisches nach folgenden Zeiten
ein: mit 40 g H,SO,+ 208 K,SO, in 50 Minuten (nach Gunning),
mit 40 g H,SO, + 1gCuSO, + 18 HgO in 40 Minuten (nach Arnold),
mit 40 g H,SO, + 208 K,S0O, + 1gHgO + 1g CuSO, in 18 Minuten
(nach Gunning-Arnold). Tritt beim Verkohlen starkes Schäumen
ein, so empfiehlt es sich, zuerst nur mit Schwefelsäure und dem vierten
Teil ihres Gewichtes an Kalisulfat zu kochen und erst nach 10—15 Minuten
Kochdauer den Rest des Kalisulfates hinzuzufügen. Das Klarwerden
der Lösung ist, wie gesagt, niemals ein Zeichen, daß der gesamte Stick-
stoff schon in Ammoniak übergeführt ist, denn die Verkohlung und Ver-
brennung des Kohlenstoffs kann bei kohlenstoffarmen Substanzen vell-
endet sein, bevor noch die Stickstoffkomplexe zerstört sind; bei solchen
Substanzen empfiehlt es sich, um ein äußeres Zeichen der Beendigung
des Prozesses zu haben, irgendeine stark verkohlende, stickstofffreie
Substanz, z. B. Rohrzucker der Analysenmasse von vornherein zu-
zusetzen; am sichersten aber ist es, das Erhitzen auch nach eingetretener
Farblosigkeit noch einige Zeit fortzusetzen. Bei schäumenden Flüssig-
keiten empfiehlt es sich, als Siedeverzug ein Stückchen Paraffin in den
Kolben zu werfen. Öfteres Schütteln des erhitzten Kolbens ist in manchen
Fällen zweckmäßig, ferner bei sehr schwer verbrennlichen Substanzen
der Zusatz eines Oxydationsmittels: der Kolben wird dann vom Feuer
weggenommen, auf einem Stück Filtrierpapier auf eine Porzellanschale
gestellt und sogleich der Inhalt mit trockenem, grobgepulvertem Kalium-
permanganat oxydiert, welches mit einem Spatel in kleineren Portionen
in den Kolben gestreut wird, bis die Masse nach wiederholtem Um-
schütteln von den ausgeschiedenen Manganverbindungen eine dunkel-
grüne Farbe angenommen hat. Nach Stehenlassen, bis Abkühlung ein-
getretetn ist, wird destilliertes Wasser zugesetzt und neuerdings ab-
kühlen gelassen, bevor die Destillation mit Natronlauge vorgenommen
wird. Der Zusatz von Permanganat ist überhaupt bei schwer aufschließ-
baren Substanzen kaum zu umgehen, er darf aber nicht bei stark halogen-
VII. Stiekstoffassimilation. 205
haltigen Substanzen oder bei Vorhandensein von viel Chloriden vor-
genommen werden, da durch das freiwerdende Chlor ein erheblicher
Verlust an Ammoniak eintreten kann. Um ein Verspritzen oder reich-
liches Entweichen der Schwefelsäure zu vermeiden, bedient man sich
einer langgestielten Kugel, welche in den Hals des schiefliegenden Kolbens
eingelegt wird. Beim Entweichen der Dämpfe wird die Kugel fortdauernd
etwas gelüftet und sinkt durch den dabei geschaffenen Spannungs-
ausgleich wieder zurück, so daß während der Operation ein rhythmisches
Klappern zu hören ist; die Säure kondensiert sich fortdauernd an dem
langen Kugelstiel und fließt fortwährend in den Kolben zurück. Ver-
fügt man nicht über einen guten Abzug, der für die Entfernung der ge-
bildeten Schwefeldioxyddämpfe sorgt, so bedient man sich zweckmäßig
des Vogtherrschen Apparate. Der Jenenser Kolben trägt hier
eine luftdicht eingeschliffene Glocke, die in eine Destillationsröhre aus-
läuft. Diese ist nochmals senkrecht nach abwärts gebogen und mündet
in ein kreisförmig erweitertes Absorptionsrohr, dessen unteres offenes
Ende in die Natronlauge enthaltende Vorlage eintaucht. Das Schwefel-
dioxyd wird von der Lauge zu
Natriumsulfit gelöst, und in den
Arbeitsraum gelangt fast nichts da-
von. Man kann statt dessen auch
den Apparat benutzen, in dem
später das Ammoniak destilliert
werden soll, nur daß man eben
statt Schwefelsäure Natronlauge
vorlegt. Nach Ablauf der Koch-
zeit, wenn man also annehmen
kann, daß die gesamten Stickstoff-
verbindungen zerlegt worden sind,
läßt man erkalten, fügt vorsichtig
250—300 ccm destilliertes Wasser Yig. 72. Kjeldahl- Destillation.
hinzu. läßt wieder erkalten (nicht A = Destillieraufsatz; D — Destillierkolben; V =
2 = Kühlvorrichtung; K — Kolben mit vorgelegter
etwa unter der Wasserleitung ab- Schwefelsäure.
kühlen, weil die Jenenser Rund-
kolben, so widerstandsfähig sie gegen Erhitzung sind, bei jähem Tempe-
raturwechsel leicht springen), gibt dann eine ziemliche Menge (etwa 15 g)
feingepulverten Talk hinzu und reinigt den oberen Teil des Kolben-
halses bis auf etwa 8 cm sorgfältig von hängengebliebenem Pulver.
Bevor man nun Natronlauge zuschüttet, bereitet man alles für die nach-
folgende Destillation vor; man füllt in ein Erlenmeyerkölbchen mit
der Pipette 50 ccm 2 Schwefelsäure und stellt das Kölbchen so als
Vorlage an den Destillationsapparat, daß das aus dem Kühlgefäß heraus-
ragende Glasrohr in die vorgelegte Schwefelsäure eintaucht (Fig. 72). Dort,
wo das Glasrohr aus dem Destillierapparat hervorkommt, hat es zur
vollständigen Kondensation der Dämpfe eine Glaskugel angeblasen.
Die Flüssigkeit im Kjeldahl-Kolben enthält nun die gesamte Stick-
stoffmenge der zerstörten organischen Substanz als Ammoniak an
Schwefelsäure gebunden, also in Form von Ammonsulfat, aus dem durch
Lauge das Ammoniak freigemacht werden muß. Zu diesem Zwecke
fügt man in die Flüssigkeit ohne Umschütteln 33 prozentige Natron-
lauge, die man mittels eines Trichters, so daß die Kolbenhalswand nicht
206 VII. Stiekstoffassimilation.
benetzt wird, in dünnem Strahle einfließen läßt. Da die schwere Natron-
lauge zu Boden sinkt und die Neutralitätsgrenze mittels eines Indikator-
papiers nicht bestimmt werden kann, da man nicht umschütteln soll,
bestimmt man zweckmäßig nach Maßgabe der zur Zerstörung der
organischen Substanz verwendeten Schwefelsäure die Menge der Natron-
lauge, welche zu deren Neutralisierung notwendig ist; hat man 10 cem
Schwefelsäure angewendet, so genügen 40—50 ccm der 33 prozentigen
Lauge. Im Notfalle kann man ein Lackmuspapier in den Kjeldahl-
kolben einwerfen und unmittelbar, bevor man mit dem Destillierkühler
verbindet, umschütteln, wobei allerdings, namentlich wenn man Queck-
silber als Katalysator verwendet hat, infolge Ausfallens der dunkel-
gefärbten Merkuroammoniumverbindungen das Lackmuspapier schwer
zu sehen ist. Man verbindet jedenfalls sofort nach Zufließenlassen der
Lauge den Kolben mit dem Kolbenaufsatze, der aus einem gebogenen
Kühlrohr mit angeschmolzener Kugel und Vorrichtung besteht, die das
Überspritzen verhindert; dieser Kolbenaufsatz ist zweckmäßig dauernd
mit dem durch den Kühlapparat ziehenden Destillationsrohr durch
Kautschukschlauch Glas an Glas verbunden, so daß der Kautschuk-
stöpsel des Destillationsaufsatzes einfach nur fest im Kjeldahlkolben
befestigt zu werden braucht. Da der Stöpsel nicht luftdicht sitzt, wenn
der Kolbenhals mit Natronlauge benetzt ist und beim Destillieren durch
die Dämpfe leicht herausgeschoben wird, muß dafür gesorgt sein, daß
der Kolbenhals bis zur Destillation vollkommen trocken bleibt. Nach-
dem der Kolben mit dem Destillationsrohr und damit mit der vor-
gelegten Schwefelsäure verbunden ist, schüttelt man um und zündet
sofort den Brenner unter dem Kolben an; die Destillation beginnt so-
fort, sobald die Flüssigkeit warm geworden ist, doch ist es zweckmäßig,
zunächst mit kleinerer und erst später mit voller Flamme zu erhitzen,
weil mitunter bei zuviel Merkuroammoniumverbindung oder zuviel
Talk ein lästiges Stoßen anhebt. Bei ordnungsgemäßer Arbeit ist das
Ammoniak überdestilliert, bevor das Stoßen beginnt, und eine kräftige
Erschütterung des Destillierkolbens durch Stoßen zeigt in der Regel
die Beendigung der Reaktion an, und man kann darauf rechnen, daß
nach halbstündiger Destillation das gesamte Ammoniak übergetrieben
ist. Nach einer halben Stunde löst man daher probeweise die Verbindung
zwischen Glasrohr und Kühler und fängt einen Tropfen des Destillates
auf rotem Lackmuspapier auf und stellt, wenn es noch blau gefärbt
werden sollte, die Verbindung wieder her und destilliert weiter. Wenn
endlich eine solche Prüfung die Abwesenheit von Ammoniak im über-
gehenden Destillat anzeigt, löst man die Verbindung von Glasrohr und
Kühler, die durch einen einfachen, gut sitzenden Kautschukschlauch her-
gestellt ist, und spritzt die am Glasrohre sitzenden Flüssigkeitstropfen außen
und innen mit der Spritzflasche gründlich ab, fügt einige Tropfen Methyl-
1% a a N ar Pi .
orange hinzu und titriert die überschüssige Schwefelsäure mit 10 Kali-
lauge zurück. Die Anzahl der verbrauchten Kubikzentimeter Kalilauge
werden von 50, respektive wenn eine größere Menge Schwefelsäure vor-
gelegt werden mußte, was man an der Färbung des Indikators erkennt,
den man zu diesem Zweck von vornherein der vorzulegenden Schwefel-
säure zufügen kann, von dieser größeren Menge abgezogen und mit dem
Faktor 1,401 multipliziert, was die Menge des in der analysierten Sub-
stanz vorhandenen Gesamtstickstoffs angibt. Eine Kühlung durch
VII. Stickstoffassimilation. 207
Wasser während des Destillierens ist nicht unbedingt erforderlich, ja,
die vorgelegte Säure kann sogar zum Sieden gelangen, ohne daß ein Ver-
lust an Ammoniak zu befürchten ist, jedoch ist immerhin eine schwache
Kühlung mit Wasser doch zweckmäßig, weil so Verluste vermieden
werden, die eintreten könnten, wenn die Menge der vorgelegten Säure
nicht genügte. Die Titration kann auch mit der warmen Flüssigkeit
ausgeführt werden; es ist sogar vorteilhaft, gegen Schluß der Destillation,
die man 15 Minuten unter Wasserkühlung hat vor sich gehen lassen,
das Wasser aus dem Kühlgefäß ablaufen und das Kühlrohr heiß werden
zu lassen ; dann werden die letzten Spuren Ammoniak in wenigen Minuten
übergetrieben. Ferner tut man gut, durch öfteres Schütteln des Erlen-
meyerkolbens mit der Schwefelsäure dafür zu sorgen, daß stets frische
unverbrauchte Säure das Ammoniak empfängt. Nach beendeter Destil-
lation wird zuerst die Verbindung der in die Schwefelsäure eintauchenden
Glasröhre mit dem Kühler gelöst und dann erst die Flamme abgedreht,
weil sonst durch Druckverminderung im Destillierkolben leicht ein
Zurücksteigen der vorgelegten Schwefelsäure stattfinden könnte. Über-
haupt muß man Druckschwankungen auch während des Destillierens,
also beispielsweise ein Kleinerdrehen der Flamme während der De-
stillation aus diesem Grunde vermeiden.
Will man denjenigen Betrag des Stickstoffs bestimmen, der in Form
von Eiweiß allein gebunden ist, so kann man die Pflanzenteile direkt
mit 10 prozentiger Kochsalzlösung extrahieren und im Extrakt den
Stickstoff nach Kjeldahl bestimmen, oder man fällt im Extrakt
das Eiweißmaterial mit Kupferhydroxyd nach der Vorschrift von
Stutzer:1g Substanz wird durch ein feines Sieb gebracht, in einem
Becherglase mit 100 cem Wasser zum Sieden erhitzt, bei stärkehaltigen
Substanzen wird 10 Minuten im Wasserbade erwärmt, sodann 0,3—0,4 g
aufgeschlämmtes Cu(OH), zugesetzt. Zur Herstellung des Cu(OH),
löst man 100 g CuSO, in 5 Litern Wasser, setzt 2,5 ccm Glyzerin zu,
fällt mit 50,5 g NaOH, welche man auf 1,5 Liter verdünnt hat;
man läßt auf dem Filter abtropfen, verreibt in einer Schale mit
Wasser (1 Liter Wasser und 5 cem Glyzerin) und wäscht das Alkali
gänzlich aus. Nach dem Erkalten wird filtriert und im ausgewaschenen
Rückstande der Stickstoff nach Kjeldahl bestimmt. Enthielt das
Material viel Phosphor, so hat man vor dem Kupferzusatz einige Kubik-
zentimeter Alaunlösung zuzufügen. Der gefundene Stickstoff gibt mit
dem Faktor 6,25 multipliziert den Betrag an Eiweiß an, aber dieser
Faktor fußt auf der nicht immer zutreffenden Annahme, daß die Pro-
teine der Samen usw. gerade 16 %, Stickstoff enthalten. Ritthausen
schlug auf Grund besserer Erfahrungen vor, bei der Analyse von Ge-
treide und Hülsenfrüchten mit 18,2% Stickstoff den Faktor 5,7 zu
benutzen und bei ölreichen Samen den Faktor 5,5.
Die in Keimpflanzen am häufigsten zur Bestimmung gelangenden
Amide sind Asparagin und Glutamin. Um Arginin, Lysin, Histidin usw.
in Pflanzenextrakten zu bestimmen, besitzen wir noch keine Methoden,
denn man muß hier die betreffenden Aminosäuren rein darzustellen
suchen, wobei natürlich immer Verluste unterlaufen. Am verhältnis-
mäßig besten sind wir diesbezüglich noch beim Arginin daran, welches,
nachdem die Pflanzenextrakte von den durch Bleiessig fällbaren Stoffen
befreit worden sind, durch Merkurinitrat ausgefällt werden kann. Will
man aber wenigstens approximativ über den Arginingehalt orientiert
208 VII. Stickstoffassimilation.
sein, geht man in der Weise vor, daß man den Pflanzenextrakt mit
Bleiessig in schwachem Überschusse versetzt, das Filtrat vom Blei-
niederschlag bei neutraler oder schwach saurer Reaktion im Wasser-
bade stark einengt, dann mit Schwefelsäure stark ansäuert, filtriert
und nun mit einer konzentrierten Lösung von Phosphorwolframsäure
vermischt; der entstehende Niederschlag wird von der Flüssigkeit ab-
genutscht und nach dem Ablaufen des Filtrates in einer Schale mit
5 prozentiger Schwefelsäure angerührt, darauf wieder aufs Filter ge-
bracht. Dann übergießt man ihn mit Wasser und fügt unter Umrühren
so viel zerriebenes Bariumhydroxyd hinzu, daß es im Überschuß vor-
handen ist, so daß sich beim Einleiten von Kohlensäure in das Filtrat
ein Niederschlag bilden muß. Man entfernt nun das in der Flüssigkeit
vorhandene Ammoniak ohne Erwärmen. Denn durch das Erhitzen
würde das Kali, welches sich fast immer in den durch Phosphorwolfram-
säure erzeugten Niederschlägen befindet, durch den Baryt freigemacht
und das Arginin zersetzt. Man bringt also das Gemisch des Niederschlags
mit Wasser und Bariumhydroxyd in eine flache Glasschale und rührt
es solange mit der Hand oder maschinell, bis das Ammoniak ver-
schwunden ist, oder man bläst längere Zeit mittels Aspirators einen
Luftstrom durch. Nach dem Austreiben des Ammoniaks entfernt man
die unlöslichen Bariumverbindungen durch Filtration und Ausfällung
des überschüssigen Baryts aus dem Filtrat durch Einleiten von Kohlen-
säure. Die barytfreie Flüssigkeit neutralisiert man mit Salpetersäure
und dampft sie am Wasserbade stark ein, wobei man sie durch Zusatz
von Salpetersäure immer schwach sauer erhält. Aus dem Filtrate des
Niederschlages mit Silbernitrat erhält man zuerst das Histidin, dann
das Arginin; es ist aber zweckmäßiger den Rückstand der Salpetersäure-
verdampfung als Histidinnitrat zu wägen; die Zahlen sind, wie gesagt,
nur approximativ. Dagegen ist es ganz unmöglich, den Gehalt an Tyrosin
oder anderen Aminosäuren auch nur angenähert festzustellen, es bleibt
nichts übrig, als die betreffenden Substanzen (am besten aus den
alkoholischen, mit Bleiessig gefällten und mit Schwefelwasserstoff ent-
bleiten) aus den Pflanzenextrakten darzustellen.
Die quantitative Bestimmung des Asparagins und Glutamins oder
besser des Amidstickstoffs nach dem Verfahren von R. Sachsse
gründet sich auf die Beobachtung, daß diese beiden Amide beim Kochen
mit verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure unter Wasseraufnahme in
Asparaginsäure respektive Glutaminsäure und Ammoniak zerfallen, wobei
nach der Bildungsgleichung 132 Teile wasserfreies Asparagin 17 Teile
Ammoniak, 146 Teile Glutamin 17 Teile Ammoniak liefern. Zu dem
asparagin- oder glutaminhaltigen Extrakt werden pro 100 ccm 8—10 cem
konzentrierte Salzsäure oder 2,5—3 cem konzentrierte Schwefelsäure zu-
gesetzt und sodann zirka 2 Stunden am Rückflußkühler gekocht. Nach
dem Erkalten wird die Flüssigkeit mit Natronlauge annähernd neutrali-
siert, gebrannte Magnesia zugesetzt, um das Ammoniak frei zu machen,
und überdestilliert. Das übergehende Ammoniak wird so wie bei der
Kjeldahlbestimmung in titrierter Schwefelsäure aufgefangen (Fig. 73).
Der Unterschied bei der Bestimmung des Amidstickstoffs gegenüber
der Bestimmung des aus dem Eiweiß stammenden Gesamtstickstoffs
ist also der, daß hier eine durchgreifende Behandlung mit konzentrierter
Schwefelsäure unter Zusatz eines Katalysators, eventuell noch eines
Oxydationsmittels notwendig ist, um die Zersetzung herbeizuführen,
VII. Stiekstoffassimilation. 209
dort Kochen mit sehr verdünnter Mineralsäure. Bei Berechnung des
Asparagin- oder Glutamingehaltes muß man das vor dem Erhitzen mit
Säure schon vorhandene Ammoniak in Abrechnung bringen. Immerhin
müssen aber auch sonstige Substanzen, welche beim Erwärmen mit
Säure Ammoniak abspalten, entfernt werden und auch die Proteine
selbst sind in dieser Hinsicht nicht unbedenklich, sondern müssen
durch Zusatz von reinem Tannin, unter Beifügung von etwas Blei-
azetat, oder mit Phosphorwolframsäure ausgefällt werden. Ist das
mit Phosphorwolframsäure geschehen, so muß man diese aus dem
Filtrat erst entfernen, was durch Zusatz von Bleiazetat geschehen kann.
Man kann auf diese Weise — auch das Vorhandensein von Allantoin
und anderen, noch nicht isolierten Stickstoffverbindungen bedingt einen
Fehler — also eigentlich nur approximativ den Gesamtgehalt an Asparagin
und Glutamin oder besser an dem aus diesen Amiden abspaltbaren
Ammoniak bestimmen; in der Regel finden sich allerdings in ein und der-
Fig. 73. Destillation des aus Asparagin oder Glutamin in Freiheit gesetzten
Ammoniaks,
a — Waschflasche zum Eintreten von Luft durch die Kapillare k, damit das
Stoßen verhindert wird; b = Wasserbad; a = Kühler; f = Vorstoß; d =
Schlauch; e= zur Pumpe führendes Absaugrohr.
selben Pflanze die beiden Amide Asparagin und Glutamin nicht in
gleicher Menge vor, sondern, überwiegt das eine, so ist das andere nur
in Spuren vorhanden, so daß man also im großen ganzen doch von
einer Asparagin-, respektive Glutaminbestimmung sprechen kann.
Um vorher im Extrakte das Ammoniak zu bestimmen, verwendet
man 2—3 9 der Substanz, übergießt sie mit zirka 100 ccm Wasser in
einem Fraktionierkolben, füllt mittels eines breiten, bis auf den Boden
des Kolbens reichenden Trichters gut gewaschene Magnesia ein und
destilliert im Vakuum an der Pumpe zirka 80 ccm Flüssigkeit ab. Um
das Aufschäumen zu verhindern, fügt man 1—2 Tropfen filtriertes
Butterfett oder ein Stückchen Paraffin hinzu ; übrigens ist die abgebildete
Form des Fraktionskolbens schon hinreichend, um ein Überspritzen zu
verhindern. Die übergehende Flüssigkeit wird in einer mit 10 com 5
Schwefelsäure beschickten Vorlage aufgefangen. Sind die Extrakte
stark sauer, so neutralisiert man sie vorher mit Soda.
Zur quantitativen Bestimmung der Nitrate geht man am besten
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 14
210 VII. Stickstoffassimilation.
nach der volumetrischen Methode vor, welche wohl etwas langwierig,
aber bei einiger Übung nicht schwierig und sehr genau ist. Diese von
Schulze-Tiemann ausgearbeitete Methode beruht auf der Über-
führung von Salpetersäure in Stickoxyde durch Reduktion mit Ferrosalzen,
Eisenvitriol oder besser Ferrochlorid und der volumetrischen Messung
der gebildeten Stickoxyde. 100—300 cem der zu prüfenden Flüssigkeit
werden in einer Schale vorsichtig auf 50 ccm eingedampft und in einen
zirka 150 cem fassenden Rundkolben, am besten in einen solchen, wie
man ihn zur Kjeldahlbestimmung verwendet, gebracht (der Kolben darf
nicht dünnwandig sein, da er sonst durch den äußeren Luftdruck zusammen-
gepreßt wird), ohne etwa ausgeschiedene feste Körnchen zu beachten
(Fig. 74). Der Zersetzungskolben A ist mit einem doppelt durchbohrten
Kautschukstöpsel verschlossen, in dessen Bohrungen sich die beiden
gebogenen Röhren abc und eg befinden. Die erstere ist bei a zu einer
nicht zu feinen Spitze ausgezogen und ragt etwa 2 cm unter dem Stöpsel
hervor, während die zweite
Röhre genau mit dem Stöp-
sel abschneidet. An die bei-
den Röhren sind die beiden
Glasrohre cd und gh durch
Kautschukschläuche ange-
fügt und durch an diesen
Stellen angebrachte Quetsch-
hähne von ihnen absperr-
bar. Über das untere Ende
von gh ist ein Kautschuk-
schlauch gezogen, damit die
Röhre, welche während der
Gasentwicklung oftheftigge-
gen das Eudiometer schlägt,
nicht zerbricht. Die Glas-
wanne B ist mit 10 prozen-
tiger Natronlauge gefüllt,
welche vor dem Gebrauch
ausgekocht worden ist und
mit der auch das möglichst enge, in !/,, ccm geteilte Eudiometer C ge-
füllt ist. Man kocht bei offenen Quetschhähnen die Flüssigkeit in dem
Zersetzungskolben noch weiter ein und bringt nach einiger Zeit das untere
Ende des Entwicklungsrohres e/gh in die Natronlauge, so daß die aus dem
Glasrohre entweichenden Dämpfe durch die Lauge streichen. Nach
einigen Minuten drückt man den Kautschukschlauch bei g mit den
Fingern zusammen; sobald durch Kochen die Luft vollständig entfernt
worden ist, steigt die Natronlauge infolge des Vakuums schnell ins
tohr zurück und man fühlt am Finger einen kleinen Stoß. In diesem
Falle setzt man bei g den Quetschhahn auf und läßt die Wasserdämpfe
durch abced entweichen, bis nur noch zirka 10 ccm Flüssigkeit in dem
Zersetzungskolben vorhanden sind. Dann entfernt man die Flamme,
schließt den Quetschhahn bei ce und spritzt die Röhre cd mit Wasser
voll. In dem Kautschukschlauch bei c bleibt leicht eine Luftblase zurück,
die man durch Drücken mit den Fingern entfernt. Man schiebt die Meß-
röhre C über das Ende des Entwicklungsrohres e/gh, so daß dieses 2
bis 3 cm hineinragt, und wartet einige Minuten, bis sich im Innern des
Fig. 74. Nitratbestimmungs-Apparat.
VII. Stickstoffassimilation. Anl
Kolbens A ein Vakuum durch Zusammenziehen der Schläuche bei c
und g zu erkennen gibt. Inzwischen gießt man eine nahezu gesättigte,
frischbereitete Ferrochloridlösung in ein kleines Becherglas, welches
in seinem oberen Teile, dort wo der Raum von 20 ccm bezeichnet ist,
eine Marke trägt, zwei andere Gläser stellt man, mit konzentrierter
Salzsäure teilweise gefüllt, beiseite. Man taucht die Röhre cd in die
Eisenlösung, öffnet den Quetschhahn bei c und läßt vorsichtig 15 bis
20 cem der Lösung einsaugen, worauf man zweimal in die Röhre abed
etwas Salzsäure nachsteigen läßt. Nun erwärmt man den Kolben ge-
linde, bis die Kautschukschläuche bei c und g anfangen, sich aufzublähen.
Nun ersetzt man den Quetschhahn bei g durch Daumen und Zeigefinger
und wartet, bis hier der Druck des Gases etwas stärker wird, worauf
man das entwickelte Stickoxyd ins Eudiometer hinüberströmen läßt.
Gegen Ende der Operation verstärkt man die Flamme und erhitzt, bis
sich der Gasstand im Eudiometer nicht mehr vermehrt. Dann schließt
man den Quetschhahn bei g, entfernt die Flamme, um sie nach einiger
Zeit wieder, unter Öffnen des Quetschhahnes g, unter den Kolben zu
setzen. Dadurch treibt man die letzten Reste des Gases nach C; man
muß aber, um Vollständigkeit zu erzielen, diese Operation öfters wieder-
holen. Die Meßröhre wird nach Beendigung der Operation unter Ver-
schluß mit dem Daumen in einen hohen, mit Wasser von 15° C ge-
füllten Glaszylinder gebracht und vollkommen in Wasser untergetaucht.
Nach 15—20 Minuten ergreift man die Röhre mit einer Klammer und
hebt sie soweit aus dem Wasser empor, daß die Flüssigkeit außen und
innen gleich hoch steht und liest das Volumen des Gases, die Temperatur
des Wassers und den Barometerstand ab. Nach der Formel
N N a
2760 (273.4 5
reduziert man das Gasvolumen auf 0° und 760 mm Barometerstand,
wobei V das abgelesene Volumen, B der Barometerstand, ?! die Tem-
peratur und / die der Temperatur entsprechende, in den gewöhnlichen
physikalischen Tabellen angegebene Tension des Wasserdampfes be-
deutet. Die durch V, ausgedrückten Kubikzentimeter Stickoxyd, mit
dem Faktor 2,417 multipliziert, geben die entsprechenden Milligramme
2:0;:
Ammoniak kann, wie vorhin dargelegt, durch Destillation mit
Magnesia und Auffangen in gestellter Schwefelsäure bestimmt werden,
deren Überschuß mit titrierter Lauge zurückgemessen wird. Sind aber
die vorhandenen Ammoniakmengen so gering, daß sie maßanalytisch
nicht festgestellt werden können, so bedient man sich zweckmäßig der
kolorimetrischen Methode. Die Flüssigkeit (150 ccm) wird mit 1 ccm
Natronlauge und 2 cem Sodalösung versetzt, man läßt den Niederschlag
(von Erdalkalien und Eisen) absetzen und gießt die klare Lösung
(100 cem) in einen Meßzylinder. Gleichzeitig stellt man Vergleichs-
flüssigkeiten von bestimmtem Ammoniakgehalt (z. B. !/,» '/» Y» 1;
2 cem einer Salmiaklösung, wovon jeder Kubikzentimeter 0,05 mg
Ammoniak enthält), ebenfalls auf 100 cem verdünnt, her. Jedem der
Zylinder fügt man 1 ccm frisch bereitetes Neßlersches Reagens
zu. Entsteht ein Niederschlag, so ist das Wasser zu verdünnen, es darf
jedenfalls nur eine Färbung entstehen. (Neßlersche Lösung ist eine
alkalische Auflösung von Merkurikaliumjodid und wird folgendermaßen
14*
212 VII. Stickstoffassimilation.
bereitet: Man löst 6 g Quecksilbersublimat in 50 ccm ammoniakfreien
Wassers, wie man es durch Destillation von bereits destilliertem Wasser
unter Zusatz von Soda erhält, wobei man das erste Viertel des über-
gehenden Wassers wegschüttet und die Destillation sistiert, wenn fünf
Sechstel des ursprünglichen Wasserquantums abdestilliert sind. Das
Wasser wird auf 80 ° © erwärmt und das Sublimat in einer Porzellan-
schale darin gelöst, dann 7,4 g Jodkali, in 50 ccm Wasser gelöst, hinzu-
gegeben, erkalten gelassen, die überstehende Flüssigkeit abgegossen,
dreimal durch Dekantation mit je 20 ccm kalten Wassers gewaschen,
um alles Chlorid möglichst zu entfernen. Nun fügt man 5 g Jodkali
hinzu, wobei auf Zusatz von wenig Wasser das Merkurijodid in Lösung
geht. Die so erhaltene Lösung spült man in einen 100-cem-Kolbea,
fügt 20 g NaOH in wenig Wasser gelöst hinzu und verdünnt nach dem
Erkalten der Lösung mit Wasser auf 100 ccm. Hat sich die Flüssigkeit
völlig geklärt, so hebert man sie sorgfältig in eine reine Flasche ab und
bewahrt im Dunkeln auf.) Durch Vergleich mit den Probezylindern,
eventuell nach Ablassen aus denselben, ermittelt man die vorhandene
Ammoniakmenge. Sehr verdünnte Ammoniaklösungen werden durch
Neßlersches Reagens gelb gefärbt; statt des Versuchszylinders hat
man, wie das im Königschen Kolorimeter der Fall ist, Skalen aus
gefärbten Papieren oder Gläsern. Bei gefärbten Säften ist dieses Ver-
fahren nicht direkt anwendbar, sondern man läßt eine Destillation
unter Zugabe von Magnesiumoxyd oder Bleioxyd vorhergehen und füllt
das Destillat auf das ursprüngliche oder ein bestimmtes Volumen auf
und bezieht den im Vergleich bestimmten Ammoniakgehalt auf dieses
Volumen.
Bei Darstellung der Proteine, welche hier nur mit wenigen Worten
berührt sei — bezüglich der Details muß auf die Arbeiten von Os-
borne verwiesen werden —, z. B. aus Samen, muß zunächst für weit-
gehende Zerkleinerung des Materials, etwa mit einer Mühle, gesorgt
werden. Die Menge des erforderlichen Lösungsmittels muß so groß sein,
daß mindestens drei Viertel des verwendeten Quantums in filtrierbarer
Form vorliegen; die Lösungen sind durch öfters zu erneuernden Zusatz
von Toluol vor der Invasion durch Mikroorganismen zu sichern; die
Extraktion soll, da sich feinzerteilte Proteine sehr schnell in geeigneten
Lösungsmitteln lösen, nicht über allzulange Zeit ausgedehnt werden,
es genügt kurz dauerndes, aber tüchtiges Umrühren. Der erhaltene
Brei wird auf ein feinmaschiges Koliertuch gebracht, das auf einem
Holzrahmen an vier auf den Kreuzenden eingeschlagenen Nägeln aus-
gebreitet wird, worauf die Hauptmasse der Flüssigkeit aus dem auf
das Tuch geschütteten Brei in eine darunterstehende Schale abläuft.
Der Rückstand wird dann in einer starken Presse ausgequetscht und
die Extraktflüssigkeiten vereinigt über ein Papierbreifilter an der Pumpe
abgesaugt. Man mischt in einem großen Gefäß Filtrierpapierstücke
und Wasser und zerteilt dann das nasse Papier mit der Hand zu einem
feinen Brei; man wendet soviel Papier an, daß man nachher eine halb-
feste Masse bekommt. Nun wird dieser Brei in einen Büchnertrichter
gefüllt, so daß er die Nutsche ganz anfüllt, der Nutschenkolben dann
mit der Saugpumpe verbunden und fest angesaugt, wobei der Papier-
brei mit der Hand festgedrückt wird. Wenn alles Wasser abgesaugt ist,
bildet das Papier eine leicht konkave Oberfläche, so daß es an den Seiten
dicker liegt; vor der Filtration des Extraktes wird das Papierfilter mit
VII. Stickstoffassimilation. Dil
einer Quantität des Proteinlösungsmittels ausgewaschen. Mittels eines
solchen Filters lassen sich Eiweißextrakte meistens leicht und klar
filtrieren, wobei man, wenn sich nach einiger Zeit der Durchgang ver-
zögern sollte, durch leichtes Aufkratzen der obersten Lage für eine Be-
seitigung der Hemmung sorgt. Vorher läßt man die festen suspendierten
Teilchen gut absetzen, dekantiert und bringt ganz zum Schluß auch die
festen Anteile aufs Filter, besonders muß man dafür sorgen, daß die
Stärke gut abgesetzt ist, weil die kleinen Stärkekörnchen besonders
leicht durchs Koliertuch gehen. Die Samenextrakte, die viel Gummi-
stoffe, Schleimsubstanzen und andere die Filter verstopfende Körper
führen, werden in solcher Weise von ihnen befreit, daß man zum Extrakte
eine große Menge in kleine Stückchen zerrissenen Filtrierpapiers gibt
und das Papier mit dem Glasstab zu einem Brei zerkleinert, bis die
Papiermenge einen halbfesten Brei bildet, der dann mit einer starken
Presse ausgepreßt wird. Während die verstopfenden Substanzen vom
Papier gut zurückgehalten werden, läßt sich die Proteinlösung durch
entsprechend starken Druck sehr vollständig aus dem Papier entfernen
und kann dann leicht an der Nutsche abgesaugt werden. Um die
Proteine aus der Lösung zu fällen, säuert man an, wodurch das
Proteinsalz der Säure gefällt wird, Alkohol oder Ammonsulfat wird
angewendet, um kleine Quantitäten von Proteinen von großen Flüssig-
keitsmengen zu trennen. Durch fraktionierte Fällung mit Ammon-
sulfat kann man auch die Trennung einzelner Proteine voneinander
erzielen. Zur Trennung der Proteine von begleitenden Salzen wendet man
am besten die Dialyse an. Ein großes Stück gänzlich durchfeuchteten
Pergamentpapiers wird auf den Boden einer Porzellanschale gebreitet
und die zu Jialysierende Lösung daraufgegossen. Natürlich darf das
verwendete Pergamentpapier, wie das häufig bei länger lagerndem
Papier der Fall ist, keine Risse oder kleinen Löcher enthalten, man ver-
wendet in diesem Falle besser die Pergamenthülsen von Schleicher &
Schüll, welche allerdings nur in verhältnismäßig geringer Größe im
Handel zu haben sind; auch die langen Dialysierschläuche, welche,
u-förmig aufgewickelt, röhrenartig in das Dialysiergefäß hineinzuhängen
sind, pflegen nicht immer rißfrei zu sein. Die Papierränder des Pergament-
papiers werden dann um ein Stück Glasrohr von zirka 10 cm Länge
und 1 cm Weite vereinigt und als Sack daran befestigt, indem man
eine starke Schnur mehrmals außen um das Papier herumwickelt. Dieser
Dialysierbeutel muß groß genug sein, um über der Oberfläche der ein-
geschlossenen Flüssigkeit noch hinlänglich Raum zu lassen, so daß er
das durch Einströmen des Wassers vermehrte Volumen tragen kann.
Das Glasrohr an der Mündung des Beutels kann auch dazu dienen, um
von Zeit zu Zeit Toluol zur Sterilisierung der Flüssigkeit einfließen zu
lassen. Ein Stück Pergamentpapier im Ausmaße 70 x 100 cm liefert
einen Beutel von 3—4 Litern Inhalt. Der Beutel wird nun in einem
Trog aufgehängt und aus einer Wasserleitung ein ganz langsamer Wasser-
strom durchströmen gelassen. Ein mit 10 prozentiger Kochsalzlösung
erhaltener Extrakt wird so binnen fünf Tagen chlorfrei. Man kann die
wässerige Lösung auch in ungefähr demselben Volumen Alkohol im
Pergamentbeutel suspendieren; da das Wasser rasch in den Alkohol
hineindiffundiert, wird die Proteinlösung konzentriert und die nach-
herige Fällung gelingt mit relativ geringen Mengen Alkohol,
214 VIII. Phosphatide.
VII. Phosphatide.
Unter diesem Namen bezeichnet man phosphor- und stickstoff-
haltige Substanzen, welche in manchen physikalischen Eigenschaften
den Fetten nahestehen, jedoch mit Wasser kolloidale Lösungen geben,
aus denen sie durch Säuren ausgeflockt werden, halbfeste, wachsartige,
gelbliche oder weißliche Massen, die mit Wasser aufquellen und eigen-
artige, als Myelinformen bezeichnete Gebilde liefern; das bekannteste
der Phosphatide ist das Lezithin. Die Phosphatide sind meist leicht
löslich in Äther, Chloroform, Benzol, schwer löslich in Azeton, sehr
leicht an der Luft unter Absorption von Sauerstoff veränderlich, ver-
mögen andere Substanzen in Lösung zu halten, durch Alkalien sind sie
ebenso wie durch gewisse Fermente spaltbar, Lezithin kann durch
Platinchlorid in alkoholischer Lösung unter Veränderung gefällt werden.
Zur Darstellung der Phosphatide aus Pflanzensamen zieht man die fein
zerriebenen Samen mit Äther aus und extrahiert den verbliebenen Rück-
stand mit Alkohol bei 50—60 °, wobei die Phosphatide in Lösung gehen
und aus dem Verdampfungsrückstand des Alkoholextraktes durch Äther
ausgezogen werden können. Abwechselnd extrahiert man mit Wasser
und bringt sowohl die alkoholischen als die wässerigen Lösungen in
einen Scheidetrichter, worauf man die wässerige Schicht, ohne daß man
zu viel umgeschüttelt hat, entfernt. Die zurückgebliebene ätherische
Schicht, welche die Phosphatide enthält, wird durch wiederholtes
Schütteln mit Wasser gereinigt. Dabei bilden sich Emulsionen, die man
durch Eintragen von Kochsalz oder Natriumsulfatkristallen beseitigen
kann. Den mit geschmolzenem Natriumsulfat getrockneten Rückstand
destilliert man und behandelt den festen Destillationsrückstand mit
Azeton, welcher den Rest des Fettes herauslöst, oder aber man schüttet
direkt den alkoholischen Extrakt in möglichst viel destilliertes Wasser,
wobei eine stark opalisierende Lösung entsteht und fügt verdünnte
Schwefelsäure dazu bis die Ausflockung beginnt, bringt durch Um-
rühren zum Zusammenballen, gießt die Flüssigkeit ab und schüttet
verdünnte Schwefelsäure über den Niederschlag, den man dann ab-
dekantiert. Schließlich bringt man die feuchte Masse in den Scheide-
trichter und schüttelt mit so viel Ather durch, daß zwei deutliche
Schichten entstehen, trennt die ätherische Lösung von der wässerigen,
trocknet sie mit geschmolzenem Natriumsulfat, destilliert den Ather
ab und behält die wachsartige Phosphatidmasse zurück. Aus Blättern
und anderen chlorophyllhaltigen Pflanzenteilen ist es bisher noch nicht
gelungen, Phosphatide darzustellen. Neben den Phosphatiden findet
sich in Pflanzen eine in Alkohol und Äther unlösliche Substanz, die
bei Spaltung mit starken Säuren oder Laugen unter Druck Phosphor-
säure und Inosit liefert, das Phytin. Es ist vielleicht das erste Stadium
des Phosphorstoffwechsels der Pflanze und hat jedenfalls eine äußerst
komplizierte Struktur, in welcher der Phosphorsäurerest wahrscheinlich
als Pyrophosphorsäure gebunden ist. Bei seiner Verwertung im Organis-
mus ist wahrscheinlich nicht der organische, sondern der Phosphorsäure-
rest maßgebend. Keimenden Samen kommt jedenfalls die Fähigkeit zu,
Phytin zu spalten und die Phosphorsäure daraus zu assimilieren. In
fruchtbaren Böden, besonders bei reichlicher Düngung mit Stallmist
und Superphosphat ist das Phosphorsäureanhydrid nach Stoklasa
VIII. Phosphatide. 215
meist in organischer Verbindung vertreten, die Phosphatide, Phytine,
Nukleoproteide spielen hier die Hauptrolle, in 1 g Wiesen-, Wald- oder
Torfboden sind 18—34 mg Phosphatide enthalten. Bezüglich der ana-
lytischen Bestimmung des Phytins begnügt man sich mit der Bestimmung
des organisch gebundenen und anorganischen Phosphors im alkoholischen
oder ätherischen Extrakt. Auf die Unsicherheiten bezüglich der Unter-
scheidung von anorganischem und organischem Phosphor im Phytin
hat kürzlich Egorof (Zur Kenntnis der Eigenschaften des Phytins,
Biochemische Zeitschrift 42, 432, 1912) aufmerksam gemacht.
Um zu prüfen, ob Samen und Keimpflanzen anorganische Phosphate
zum Unterschied von jenem Phosphor, der in organischer Bindung vor-
liegt, enthalten, schlagen Schulze und Castoro!) folgenden Weg
ein: Das Verfahren gründet sich auf die Tatsache, daß Di- und Tri-
kalziumphosphat in einer neutralen Lösung von Ammoniumzitrat lös-
lich sind, und daß man die Phosphorsäure aus dieser Lösung durch
Magnesiamixtur (Mischung von Chlormagnesium, Chlorammonium und
Ammoniak) ausfällen kann. Ein abgewogenes Quantum der Samen
(9—10 g) oder feingepulverten, lufttrockenen Keimpflanzen wird mit
zirka 100 ccm 1 prozentiger Salzsäure 2 Stunden bei Zimmertemperatur
behandelt, abfiltriert und das Filtrat mit Ammoniak und Chlorkalzium
versetzt; der Niederschlag wird abfiltriert, ausgewaschen und dann mit
50 ccm Ammoniumzitratlösung übergossen. Das Gemisch wird 24 Stunden
bei Zimmertemperatur stehen gelassen, filtriert und das Filtrat mit
Magnesiamixtur versetzt, um die von dem Zitrat gelöste Phosphor-
säure als Ammoniummagnesiumphosphat zu fällen. Die mit Magnesia-
mixtur bewirkte Fällung muß zur vollständigen Ausfällung mindestens
zwei Tage stehen. Die Samen von Lupinus angustifolius, Lens esculenta,
Vicia Faba, Zea Mays, Picea excelsa usw. lieferten nach diesem Verfahren
keine Fällungen, nur bei Pinus Strobus wurde eine solche erhalten; in
allen diesen Objekten findet sich also kein anorganischer Phosphor vor.
Anders in etiolierten Keimpflanzen, wie in zwölftägigen Keimpflanzen
von Lens esculenta, Vicia Faba und Zea Mays, die nach der Kultur bei
60 ® getrocknet oder nach dem 24 stündigen Liegen an der Luft in ab-
soluten Alkohol geworfen und dann über Schwefelsäure stehen gelassen
waren. Vierwöchentliche Keimpflanzen von Vicia sativa lieferten so
0,49% P,O,, zwölftägige von Lens esculenta 0,32 % P,O,; der daraus
berechnete Phosphorsäuregehalt beträgt für die Samen der Wicke 1,17 %,
für die der Lupinensamen 1,64 %, für die Samen der Ackerbohne 1,39 %.
Wenn also bei der Aschenanalyse beträchtliche Mengen Phosphor sich
in den grünen Keimpflanzen vorfinden, so sind diese auf phosphorhaltige
Proteinstoffe, auf Phosphatide, Nukleoproteide usw. zu beziehen.
Für die Phosphorsäurebestimmung in naß gewonnenen Aschen ist
in erster Linie de Neumann sche Bestimmung wegen ihrer Einfach-
heit und Genauigkeit auch bei geringen Mengen an Phosphor zu emp-
fehlen. Die Phosphorsäure wird hier als Ammoniumphosphormolybdat
gefällt und der ausgewaschene Niederschlag in überschüssiger > Natron-
lauge gelöst, nach dem Wegkochen des Ammoniaks und völligem Er-
1) E. Schulze und N. Castoro, Findet man in Pflanzensamen und
in Keimpflanzen anorganische Phosphate ? Zeitschr. f. physiol. Chem. 41, 477 (1904).
916 VIII. Phosphatide.
kalten wird mit = Schwefelsäure zurücktitriert. Da ein Molekül Phosphor-
säure des gelben Niederschlages bei dieser Behandlung zu seiner Neu-
tralisation unter Anwendung von Phenolphthalein 56 Moleküle Natron-
lauge erfordert, so entsprechen jedem verbrauchten Kubikzentimeter
5 Natronlauge 1,268 mg P,O,. Wir brauchen also 50 prozentige Ammon-
nitratlösung, 10 prozentige kalt gelöste und filtrierte Ammonmolybdat-
lösung, z Natronlauge und . Schwefelsäure. Die Substanz wird im
Säuregemisch verascht, wobei man darauf Rücksicht nimmt, daß nicht
mehr als 40 ccm Säuregemisch verwendet werden. Nachdem die Ver-
aschung beendet ist, werden 50 cem Ammonnitrat zugesetzt und auf
70-80 ® erhitzt, bis eben Blasen aufsteigen, dann fügt man 40 ccm
Ammonmolybdat dazu, schüttelt den entstandenen Niederschlag von
phosphormolybdänsaurem Ammon etwa eine halbe Minute gründlich
durcheinander, wodurch er sich körniger abscheidet, und läßt 15 Minuten
stehen. Man dekantiert und filtriert durch ein kleines aschefreies Falten-
filter, das mit eiskaltem Wasser benetzt wird, damit die Filterporen sich
zusammenziehen und die Lösung klar filtriert. Man filtriert die klare
Flüssigkeit durch entsprechendes Neigen des Kolbens, ohne den Nieder-
schlag aufzurühren, so daß das Filter nur bis zu zwei Dritteln seines
Volumens gefüllt ist, in einem Zuge durch. Man wäscht dann in eben-
derselben Weise drei- bis viermal mit eiskaltem Wasser, indem man
auch das Filterinnere vorher mit eiskaltem Wasser bespült. Das aus-
gewaschene Filter gibt man zur Hauptmenge des Niederschlages in den
Kolben zurück, fügt 150 ccm Wasser hinzu, zerteilt durch heftiges
Schütteln das Filter durch die ganze Flüssigkeit und löst den gelben
= . 5 R n
Niederschlag, indem man aus einer Bürette gemessene Mengen „ Natron-
lauge hinzufügt, unter beständigem Schütteln und ohne zu erwärmen
eben zu einer farblosen Flüssigkeit auf. Dann wird noch ein Überschuß
von 5—6 ccm 5 Natronlauge hinzugefügt und die Flüssigkeit etwa
15 Minuten gekocht, bis mit den Wasserdämpfen kein feuchtes Lackmus-
papier bläuendes Gas mehr entweicht. Nach Abkühlen unter der Wasser-
leitung und eventuellem Auffüllen auf 150 cem wird die Flüssigkeit
durch einige Tropfen Phenolphthalein stark gerötet und der Überschuß
an Alkali mit „ Säure zurücktitriert. Die Anzahl der zugefügten Kubik-
n ! 3 }
zentimeter 5 Natronlauge abzüglich der verbrauchten Kubikzentimeter
& Säure liefert, mit dem Faktor 1,268 multipliziert, die Menge P,O, in
Milligrammen.
Will man Phosphorsäure in der Glühasche bestimmen, so übergießt
man diese in der Porzellanschale mit Salpetersäure, verdampft zur
Trockene und wiederholt diesen Prozeß, um alle Kieselsäure unlöslich
zu machen. Zum Filtrat wird in der Hitze unter Umrühren ein Über-
schuß einer Lösung von molybdänsaurem Ammon in Salpetersäure
IX. Die Enzyme. 21%
gefügt, dann zirka ein Fünftel des Volumens an kalt gesättigter Ammon-
nitratlösung und die Mischung 12 Stunden bei 70 ° gehalten. Die Flüssig-
keit über dem Niederschlag wird durch ein mit Ammonnitrat befeuchtetes
Filter gegossen, und wenn sie sich mit Molybdänlösung (80 g Ammonium-
molybdat in 640 ccm H,O und 160 com NH, vom spezifischen Gewicht
0,92 gelöst und unter Kühlung in 960 cem HNO, vom spezifischen Ge-
wicht 1,2 und 240 ccm Wasser eingetragen, die Mischung nach 24 Stunden
filtriert und in nur leicht verschlossenen Flaschen aufbewahrt) noch
trübt, wieder zurückgegossen und mit mehr Molybdänlösung gefällt.
Der Niederschlag aus dem Becherglase wird, möglichst ohne ihn aufs
Filter zu bringen, ebenso wie der auf dem Filter befindliche Anteil, mit
verdünnter Salpetersäure gewaschen, der ca. 5% Ammoniumnitrat
zugesetzt ist, dann wird das Becherglas mit dem Niederschlag unter
das Filter gestellt und der Niederschlag mit verdünntem, warmem
Ammoniak quantitativ vom Filter gelöst, die ablaufende Flüssig-
keit bringt auch den Niederschlag im Becherglas zur Lösung. Die
Lösung wird jetzt, nach Neutralisieren des Ammoniaküberschusses durch
Salzsäure, mit Magnesiamixtur versetzt (110g kristallisierten Magnesium-
chlorids und 140 g Ammonchlorid werden in 1300 ccm Wasser gelöst,
700 8 10 prozentiger Ammoniakflüssigkeit dazugefügt, einige Tage stehen-
gelassen und von einem etwa entstandenen Niederschlag abfiltriert).
Nach Fällen des Niederschlages setzt man noch ein Viertel des Volumens
Ammoniak vom spezifischen Gewicht 0,96 hinzu und läßt 24 Stunden
stehen. Der entstandene kristallinische Niederschlag besteht aus
Magnesiumammoniumphosphat und ist derselbe, wie er bei der Be-
stimmung der Magnesia durch Natriumammoniumphosphat entsteht.
Er wird abfiltriert, gewaschen, getrocknet, geglüht und als Magnesia-
pyrophosphat gewogen. 100 Teile Mg,P,;O, entsprechen 27,93 Teilen
Phosphor, respektive 63,96 Teilen P,O,. Auf diese Weise bestimmt
man also den Phosphor in der Asche und bezieht ihn, soweit es grüne
Teile oder Samen anlangt, auf organische Phosphorverbindungen, da
nach Schulze und Öastoro anorganische Phosphate in diesen
Pflanzenteilen nicht vorhanden sind.
IX. Die Enzyme.
Die Enzyme oder Fermente spielen bei den Umsetzungen im
Pflanzenkörper eine große Rolle, sie wirken als organische Katalysatoren,
indem sie Vorgänge, welche sonst unendlich langsam vor sich gingen,
zu beschleunigtem Ablauf bringen. Rein dargestellt ist bis heute noch
kein Enzym, und so sind wir über die chemische Natur der Fermente
gar nicht orientiert, wir können sie nur nach ihrer Wirkung beurteilen,
und so handelt es sich beim Studium des Fermentes immer nur um
Herstellung von Präparaten, welche die Wirkung des Fermentes be-
sitzen. Wir müssen heute annehmen, daß die Organenzyme, sei es,
daß sie extrazellulär an Orten wirken, die von ihrem Entstehungsort in
der Zelle entfernt liegen, sei es, daß wir es mit intrazellulären Endo-
enzymen zu tun haben, nicht jederzeit in aktiver Form vorliegen, sondern
aus einer inaktiven Vorstufe durch ein anderes Ferment oder überhaupt
irgendein Stoffwechselprodukt in Freiheit und Aktion gesetzt und nach
Vollendung ihrer Wirksamkeit wieder in die inaktive Form übergeführt
218 IX. Die Enzyme.
werden. In der Fermentarbeit äußert sich die Lebenskraft des Proto-
plasten, denn wiewohl die Enzyme an sich leblose Stoffwechselprodukte
vorstellen, so überraschend intensiv und mannigfaltig sich auch ihre
Wirkungsweise gestalten mag, so werden sie doch offenbar sinn- und
zweckmäßig durch die Lebenskraft des Protoplasmas hervorgebracht
und zur rechten Zeit in Aktivität versetzt. Diese ‚Lebenskraft‘ mag
wohl nur in dem komplizierten Verwobensein von Permeabilitäts-
verhältnissen der Plasmahaut, Oberflächenspannungsänderungen, Ver-
teilung und Adsorption von Stoffen in dem komplexen System von
Lipoiden, Eiweißkörpern, Wasser in der Plasmamembran beruhen, die
sich fortwährend ändern und so die wechselnde Mannigfaltigkeit der
untereinander zur Reaktion kommenden Stoffe bestimmen, wobei sich
die Natur der Plasmamembran unter dem Einfluß äußerer und innerer
Korrelationsverhältnisse fortwährend ändert, sie ist uns heute aber
in ihren Details gänzlich unbekannt, tritt uns als einheitliche, und zwaı
zwecktätige Kraftänderung jedes Organismus entgegen und wir können
nur als mit einem gegebenen Faktor mit ihr rechnen. Daß die Lebens-
kraft des Protoplasten nicht als Summe der Fermentwirkungen auf-
gefaßt werden kann, zeigen uns die Erscheinungen in der Autolyse.
Wenn wir das Leben eines pflanzlichen Organismus durch Mittel ab-
töten, welche die ziemlich resistenten Enzyme intakt lassen, also etwa
durch Plasmagifte, wie Chloroform, Toluol, Ather, oder am besten nach
der Methode Palladins durch Abkühlen auf tiefe Temperaturen und
Wiederauftauen, so macht sich die Fermentarbeit in ganz anderer Weise
geltend als im lebenden Organismus. Während hier die Fermente har-
monisch nacheinander arbeiten, so daß die Wirkung eines Fermentes
an der Grenze seiner Wirkungssphäre durch die Arbeit eines nächsten
abgelöst wird und das Endresultat uns als die Arbeitssumme einer
Reihe von Enzymen erscheint, so daß sich also normalerweise kein
Produkt anhäufen kann, sondern die Endprodukte schließlich den
Körper in irgendeiner Form verlassen oder in ihm in inaktiver Form
deponiert werden können, beginnt im Autolysengemisch des abgetöteten
Organismus ein ‚„unkoordiniertes“ Spiel (Palladin) der Enzyme, in
welchem alles abgebaut, alles niedergerissen wird; jedes Enzym sucht
gewissermaßen möglichst viel seiner Wirkung zugänglichen Stoffes an
sich zu reißen, um ihn zu zerstören. Demnach ist auch wohl zwischen
„abgetötet‘ und ‚gestorben‘ zu unterscheiden: im ersteren Falle setzt
nach Vernichtung der die Enzymarbeit regulierenden Lebenskraft des
Protoplasten die unkoordinierte Arbeit der Enzyme ein, im letzteren ist
diese mit jener erloschen. In einem anschaulichen Bilde vergleicht
Palladin die Enzyme mit untergeordnetem Dienstpersonal, welches
vom Protoplasten zur richtigen Zeit mit Arbeiten betraut und nach
Beendigung der Arbeit wieder eingesperrt, in den inaktiven Zustand ver-
setzt wird. Das koordinierte Zusammenarbeiten der Fermente ist nur
als Ausschnitt eines das Leben der Organismen überhaupt beherrschen-
den Gesetzes, der Metabiose, aufzufassen. So wie im Leben kein Stoff
übrig bleiben darf, sondern jedes Endprodukt eines Stoffwechsel-
vorganges von einem anderen Organismus >ls Arbeitsmaterial über-
nommen werden muß, so daß jeder Stoff sich unablässig im Kreise be-
wegt, bewegt durch eine aneinanderschließende Reihe differenter Orga-
nismen, so bewegen auch im Einzelindividuum die vom Protoplasten
aktivierten und regulierten Enzyme jeden in den Organismus ein-
IX. Die Enzyme. 219
gehenden ‘Stoff in Teilstadien des Auf- und Abbaues, bis er als End-
produkt des Individualstoffwechsels den Körper verläßt, um im Orga-
nismus eines anderen Lebewesens seine weitere Verwandlung zu er-
fahren.
Je nach ihrer Wirkung unterscheiden wir kohlehydratspaltende
Fermente, wie Diastase, Invertase, Zymase, Emulsin, eiweißspaltende
(proteolytische) Fermente, wie Pepsin, Trypsin, Lab, Papayotin, fett-
spaltende Lipasen und Oxydationsfermente, welche, wie Oxygenase,
Oxydase, Peroxydase, Katalase, zweifellos bei den oxybiotischen Vor-
gängen eine große Rolle spielen.
Zur Darstellung von Fermenten aus den sie produzierenden Organen
kann man in zweierlei Weise vorgehen: entweder man extrahiert die
Fermente aus den fein zerkleinerten Pflanzenteilen durch geeignete
Lösungsmittel, oder man zertrümmert die Zellen vollständig, wie das
zuerst Buchner bei der Hefe praktiziert hat, um die Zymase dar-
zustellen, wobei die Hefezellen durch Kieselguhr vollkommen zerrieben
und der Saft unter großem hydraulischem Druck durch Filter abgepreßt
wurde. Es gibt Enzyme, die ohne Schwierigkeit durch Wasser, dem man
nötigenfalls geeignete, das Ferment nicht schädigende Antiseptika, wie
Chloroform oder Toluol, zufügt, extrahiert werden können, nämlich
jene, die von den Zellen auch im natürlichen Zustande nach außen
sezerniert werden, die Ektoenzyme, andere, die Endoenzyme, welche
auch normalerweise nur innerhalb der Zelle wirken, niemals von dieser
ausgeschieden werden, können auf diese Weise nicht, sondern nur durch
vollständiges Zerreißen und Auspressen der Zellen gewonnen werden.
Indessen handelt es sich bei höheren Pflanzen vornehmlich um Ekto-
enzyme. Der Preßsaft wird am geeignetsten durch sterile Filter von
porösem Ton, Asbest, Kieselguhr filtriert, wodurch auch gleichzeitig
eine Scheidung von fremden festen Bestandteilen erreicht wird; in-
dessen kann es auch vorkommen, daß einzelne Enzyme im Filter zurück-
bleiben. Es ist vielfach beobachtet worden, daß nach dem Durchfiltrieren
die enzymatische Kraft des Saftes geschwächt oder aufgehoben war.
Bisweilen wendet man diese Methode mit Vorteil zur Trennung zweier
Enzyme an, doch lassen sich hier bestimmte Vorschriften nicht geben.
Die aus gebranntem Ton hergestellten Filterkerzen nach Chamber-
land und die Ballonfilter nach Pukall müssen vor dem Gebrauch
einer genauen Revision unterzogen werden, da sie oft kleinste Sprünge
und Undichtigkeiten besitzen, die ein keimfreies Filtrieren ausschließen ;
man taucht sie unter Wasser und verbindet sie mit einer Druckluft-
pumpe, der kleinste Riß ist daran zu erkennen, daß beim Anblasen an
der betreffenden Stelle Luftblasen auftreten. Man erhält diese Porzellan-
filter im Handel in beliebiger Größe und kann den Preßsaft natürlich
auch in graduierten. Gefäßen auffangen. Will man ein festes Enzym-
präparat gewinnen, so fängt man den Preßsaft beim Filtrieren direkt
in Litergefäßen auf, die zu drei Vierteln mit starkem Alkohol gefüllt
sind, und saugt den weißen Niederschlag, der sich bildet, ab; die Nieder-
schläge sammelt man auf einem Filter, wäscht sie mit Alkohol und Ather
und trocknet sie im Exsikkator über Schwefelsäure. In trockenem
Zustande sind die Fermentpräparate durchaus haltbar, besonders wenn
sie, in evakuierte Gefäße eingeschlossen, vor Luft dauernd geschützt, in
kühlem Raume aufbewahrt werden. In Lösungen ist die Haltbarkeit
viel beschränkter und eine Aufbewahrung des unveränderten Prä-
220 IX. Die Enzyme.
parates ist nicht länger als vier Tage, bei Beachtung aller Kautelen
höchstens drei Wochen möglich. Diese Kautelen bestehen vor allem in
der genauen Beachtung der von dem betreffenden Enzym beanspruchten
Reaktion des Mediums, im allgemeinen ist neutrale Reaktion am besten,
eine leicht sauere jedenfalls viel eher angängig als eine alkalische, etwa
derart, daß sehr empfindliches Lackmuspapier leicht gerötet wird, wie
es das destillierte Wasser des Laboratoriums gewöhnlich von selbst
tut. Ferner muß für Aufbewahrung im Eisschrank und für ein geeignetes
Desinfektionsmittel gesorgt werden. Die besten sind Toluol oder Xylol,
Chloroform und Thymol. Zu je 100 ccm der Lösung wird zirka 1 ccm
Toluol zugegeben, einigemal umgeschüttelt und die Lösung bei Bedarf
mit Pipetten entnommen. Von Chloroform nimmt man ebenfalls im
Verhältnis 1: 100, bewahre aber in sehr gut verschlossener Flasche
auf, weil sonst die oberen Schichten leicht an Chloroform verarmen ;
Trübungen, welche sich mit der Zeit um die am Boden liegenden
Chloroformtropfen bilden, bewirken keinen Verlust an wirksamen Stoffen;
bei Entnahme von Flüssigkeit rühre man nicht auf, sondern schüttle
erst nach Abpipettierung der gewünschten Menge wieder um. Thymol
trägt man zerrieben in fester Form in die Flüssigkeit ein.
Zur Isolierung der glykolytischen Enzyme, deren Ubiquität im
Gewebe höherer Pflanzen Stoklasa wahrscheinlich gemacht hat,
geht der genannte Autor folgendermaßen vor!): 5—6 kg junge, frische,
keine Zersetzung durch Fäulnis aufweisende Pflanzensubstanz wird
zerkleinert und der Saft daraus unter einem Drucke von 300—400 Atmo-
sphären ausgepreßt. Dem so gewonnenen Safte wird ein Gemisch von
Alkohol und Äther zugesetzt, worauf ein an Eiweißstoffen reicher Nieder-
schlag zu Boden fällt. Diese Operation geschieht in einem hohen, steri-
lisierten Zylinder. Auf 500 ccm des zellfreien Saftes kommen 600 ccm
eines Gemisches von 400 cem Alkohol und 200 cem Äther. Nach einem
Augenblicke setzt man Äther im Überschuß zu und hebert die oberhalb
des Niederschlages aus Alkohol und Äther bestehende Flüssigkeit sofort
ab. Nun wird neuerdings Äther aufgegossen und sodann sofort die
überstehende Flüssigkeit abgehebert. Der ganze Vorgang der Fällung
des Pflanzensaftes muß möglichst rasch vorgenommen werden, weil
Alkohol und Äther bei längerer Berührung mit dem gefällten Enzym
dessen Aktivität schwächen würden. Die Flüssigkeit wird daher nach
dem Abhebern oder Abgießen sofort vollständig filtriert, was man durch
Verwendung von feiner Kolierleinwand und Abpressen durch dieselbe
am besten zustandebringt. Das so gewonnene Rohenzym wird in luft-
verdünntem Raume über Schwefelsäure getrocknet. Mit 6—10 g dieses
Enzyms wurden dann zur Prüfung seiner Wirksamkeit 50 ccm einer
15 prozentigen Traubenzuckerlösung unter Zusatz von 0,5 K,PO, mit
aseptischen Kautelen und unter Zusatz von Thymol zusammengebracht
und dann der Verlust an Zucker sowie die gebildeten Produkte be-
stimmt.
Von den lipolytischen Enzymen der Pflanzen sind die Methoden
der Darstellung und die Prüfungsverfahren für das fettspaltende Enzym
der Rizinussamen ausgearbeitet, welches bekanntlich in der Technik
der Seifenfabrikation Verwendung findet. Der geschälte oder auch
!) J. Stoklasa, A. Ernest, K. Chocensky, Über die glykolytischen
Enzyme im Pflanzenorganismus, Ztschr. f. phyeiol. Chem. 50, 303 (1907).
IX. Die Enzyme. 221
ungeschälte Rizinussamen wird in einer Mühle mit Wasser fein ver-
mahlen; nachdem die Samenmilch eine Zentrifuge passiert hat, welche
alle lipolytisch nicht wirksamen Bestandteile des Samens zurückhält,
verläßt das Enzym als Emulsion den Apparat; die Emulsion ent-
hält neben dem größten Teil des Rizinusöls, fein damit emulsioniert,
die unlöslichen Eiweißstoffe des Plasmas, darunter auch die Lipase,
während das Emulsionswasser alle wasserlöslichen Bestandteile, dar-
unter auch das säurebildende Enzym, aufgenommen hat. Diese zentri-
fugierte Fermentmilch wird nun bei zirka 24 ° C der Gärung überlassen,
wobei sich die fermenthaltige Emulsion als dicker Schaum an der Ober-
fläche des sauren Unterwassers absetzt und so leicht gewonnen werden
kann. Die Lösung enthält außer der Lipase noch 38 %, Rizinusölsäure,
4%, Eiweißkörper und andere feste Substanzen und 58 % Wasser!). Das
Enzym wird am besten durch Essigsäure, Milchsäure oder Buttersäure
aktiviert, wenn diese in nicht zu starkem Überschuß vorliegen; in diesem
Falle sind hinlänglich Säuren zugegen, und zur Aktivierung braucht
man nur für kleine Zusätze von Manganoxydulsulfat (0,15—0,5 g
per 100 g Samenöl) zu sorgen. Das Ferment ist bei steriler, kühler Auf-
bewahrung einige Zeit haltbar, indessen nimmt seine Wirksamkeit be-
ständig ab: so wurde von der Rizinuslipase Leinöl noch nach 5 Tagen
im Betrage von 75 % innerhalb 20 Stunden gespalten, nach 13 Tagen
zu 74%, nach 26 zu 72%, nach 56 Tagen zu 67 %, nach 107 Tagen
zu 55 % und nach 15 Monaten noch zu 44 %, also immerhin eine lang-
dauernde Wirksamkeit. Iwanow?) zerrieb zur Gewinnung von Lipase
trockene, unreife Ölsamen mit Sand und Glyzerin. Der dabei entstehende
dieke Brei wurde während 24 Stunden digeriert, um die Fermente voll-
kommen in Lösung zu bringen. Dann wurde der Glyzerinauszug ab-
gepreßt und mit dem gleichen Volumen reiner Olsäure vermischt. Waren
die Samen frisch und saftig, so war ein Zusatz von Wasser unnötig,
sonst wurden stets I—2 ccm Wasser zu dem Sand-Glyzeringemisch
zugefügt, wobei aber der Wassergehalt der Olsäure-Glyzerinmischung
nie höher als auf S—-10 % stieg. Die Samen wurden stets im Stadium
intensivster Olbildung gewählt. Die Mischung wurde nur umgerührt
und nach Zusatz von 2—3 Tropfen 10 prozentigen Thymols ruhig stehen
gelassen.
Die in der Pflanzenzelle tätigen proteolytischen Fermente hat man
sowohl im ruhenden Keim wie in gekeimten Samen untersucht.
Aron und Klempin?°) schlugen folgenden Weg ein, um die Fermente
aus Hafer zu isolieren: Geschroteter Hafer wurde 10—12 Stunden in
der Kugelmühle in einem Gemisch gleicher Teile Wasser und Glyzerin
gründlich zermahlen, der feste Rückstand in einer Filterpresse ab-
gepreßt und das ablaufende Filtrat in hohen Zylindern durch Sedi-
mentieren geklärt. Die darauf abgeheberte braungelbe Flüssigkeit
wurde schließlich noch mehrmals filtriert. Der Glyzerinextrakt, welcher
sich auch nach wochenlangem Aufbewahren im Eiskasten proteolytisch
ı) E. Hoyer, Über fermentative Heuirpaluu Ztschr. f. physiol. Chem.
50, 414 (1907).
2) S. Iwanow, Über den Stoffwechsel beim Reifen ölhaltiger Samen usw.,
Beih. z. bot. Centr.-Bl. 28, 159 (1911).
3) H. Aron und P. Klempin, Studien über die proteolytischen Enzyme
usw., Bioch. Ztschr. 9, 163 (1908), nach M. Jacoby, in Abderhaldens
Biochem. Arbeitsmethoden III, 1, 413.
399 IX. Die Enzyme.
wirksam erwies, wird am besten bei saurer, weniger gut bei neutraler,
am schwächsten bei alkalischer Reaktion wirksam erhalten.
Für die Fragen des Eiweißstoffwechsels bei höheren Pflanzen,
bei deren Keimungsentwicklung proteolytische Enzyme an ‚der Arbeit
sind, um aus den hochmolekularen Reserveproteinen die Bausteine zu
schaffen und diese an Ort und Stelle wieder zu synthetisieren, schuf
E. Schulze!) indirekte Fermentbestimmungsmethoden, bei denen nicht
das Enzym, sondern das Produkt seiner Arbeit untersucht wurde, in-
dem in Keimpflanzen oder Teilen von Keimpflanzen mit oder ohne
Kotyledonen, nach dem Zerkleinern und Trocknen bei 60° auf die
Menge der in ihnen enthaltenen Stiekstoffverbindungen geprüft und
die Menge des Gesamt- und Eiweißstickstoffs, der mit Phosphorwolfram-
säure fällbare Stickstoff und der Amidstickstoff bestimmt wurden.
Auf diese Weise kann man die Art und Schnelligkeit des proteolytischen
Zerfalles messen, wie aus folgender Tabelle Schulzes ersichtlich ist.
Vom Gesamtstickstoff entfallen in Prozenten auf:
Protein- Nichtproteinartige
stoffe Verbindungen
Lupinus luteus.
Ungekeimte Samen . . . . .. 93,36 |
6tägige Keimpflanzen . . . . 58,89 41,20 schneller
1% 5 Ede) 81,61 ee
DA 5; 2 5 RE 21S2IG 81,04
Lupinus angustifolius.
Ungekeimte Samen ee 492,89 zahl)
3tägige Keimpflanzen . . . . 84,13 15,87 |
4 = ” BERN ee se schneller
12 > > ar 98.67 71.33 Eiweißzerfall
1% = ee 228 77,67
182% = NE: 712,22
ZeaMays.
Ungekeimte Samen 0 97895 2,05
Stägige Keimpflanzen . . . . 95,82 4,18 1
angsamer
9 , „ . . . . 91,62 8,3 Ei ”
12 : N 2 ag 14,70 | Fiweißzerfall
672% Sn 2. ro 33,33
In ungekeimten Samen wurden keine Aminosäuren, in 6—-7 tägigen
Keimpflanzen 0,6% Aminosäuren gefunden. Butkewitsch?) geht
so vor, daß er die gekeimten Samen bei 35—40 ® vortrocknet und die
Trocknung mit Ätber vollendet; dann wird das Pulver mit Wasser und
Thymol einige Zeit bei Brutschranktemperatur gehalten, während in
einem Kontrollversuch die Wasseraufschwemmung des Pulvers gleich
zum Sieden erhitzt wird. Die Produkte der Fermentspaltung werden
dann nach Schulze untersucht. Weis?) isolierte das proteolytische
Enzym aus gekeimter Gerste in folgender Weise: Das Material wurde
zu einem dieken Brei zusammengequetscht und drei Teile des Malzes
mit vier Teilen Wasser angerührt. Nach einigem Stehen und wieder-
holtem Umrühren wird solange durch ein Faltenfilter gegossen, bis die
') E. Schulze, Über den Umsatz der Eiweißstoffe in der lebenden Pflanze,
Ztschr. f. physiol. Chem. 24, 18 (1898), 30, 241 (1900).
:) W. Butkewitsch, Über das Vorkommen eines proteolytischen Enzyms
in gekeimten Samen, Ztschr. f. physiol. Chem. 32, 1 (1901).
») F. Weis, Über das proteolytische und ein eiweißkoagulierendes Enzym
in keimender Gerste, Ztschr. f. physiol. Chem. 31, 79 (1900).
IX. Die Enzyme. 223
Flüssigkeit klar ist. Das Enzym ist in Lösung bei 0 ° eine Woche halt-
bar. Seine Wirkung kann dadurch gezeigt werden, daß nach seiner
Einwirkung auf Weizenglutin die mit Tannin nicht fällbaren Substanzen
zunehmen. Vineshatals Reaktion auf proteolytische Pflanzenfermente
die Eigentümlichkeit dieser benutzt, aus Eiweiß Tryptophan abzuspalten.
Abderhalden!) hat mit Schittenhelm undDammhahn
peptolytische Fermente in keimenden Samen nachgewiesen: Der Preß-
saft des ungekeimten Samens erweist sich unwirksam und wird erst
nach längerem Stehen bei 37 0 C aktiv. Die Lupinen-, Weizen-, Mais-
und Gerstensamen wurden vor ihrer Verwendung mit 4 prozentiger
Borsäurelösung gewaschen, mit Quarzsand zu einem feinen Brei zerrieben
und dann so viel Quarzsand dazugefügt, bis das Ganze einen dicken
Kuchen bildete, der nun im Koliertuch zunächst bei einem Drucke
von 150, später unter einem solchen von 300 Atmosphären ausgepreßt
wurde.
Zum qualitativen Nachweis der Diastase:) geht man in folgender
Weise vor: Eine etwa 1 prozentige Lösung von Stärke, welche durch
Kochen hergestellt ist, wird bei angenähert neutraler Reaktion mit
etwas von der Fermentlösung bei Zimmertemperatur oder, wenn man
die Reaktion beschleunigen will, bei 37 ° C versetzt. Entnimmt man in
Abständen von einigen Minuten Proben, so färben sie sich, mit einigen
Tropfen 50 fach verdünnter Lu golscher Lösung versetzt, nicht mehr
rein blau, sondern der Reihe nach die zunächst entnommene Probe
violett, die späteren rot, gelbbraun, schließlich gar nicht mehr bis auf die
ursprüngliche hellgelbe Jodfarbe, während die Reduktion gegenüber
Fehlings Lösung sofort beim Aufkochen mit derselben eintritt.
Invertase: Die Fermentlösung wird bei neutraler oder ganz schwach
saurer Reaktion mit einer 5 prozentigen Lösung von Rohrzucker ver-
setzt und nach ganz kurzer oder bei etwas längerer Einwirkung, wenn
nur sehr verdünnte Fermentlösungen vorliegen, die unmittelbare Re-
duktion von Fehlings Lösung wahrgenommen. Bei langem Stehen
oder langem Kochen verwandelt sich, besonders in alkalischer Lösung,
der Rohrzucker von selbst zum kleinen Teil in Invertzucker, daher
können nur kräftige Reduktionswirkungen nach kurzem Kochen als
Resultat der Enzymwirkung betrachtet werden. Zymase läßt sich
am besten durch ihre Einwirkung auf Traubenzucker erkennen. Man
füllt den längeren Schenkel eines Gärkölbehens mit einem Gemisch
von einem Teil 50 prozentiger Traubenzuckerlösung und zwei Teilen
der Fermentlösung, so daß keine Luftblase mit eingeschlossen ist
und beobachtet kürzere oder längere Zeit, daß der Schenkel sich
mit Kohlendioyxd füllt. Nur ganz frische Preßsäfte sind gärkräftig,
ältere lassen sich aber, nachdem sie inaktiv geworden sind, leicht durch
Zusatz von frischem, gekochtem Preßsaft reaktivieren. Emulsin
wird durch Eintragen in eine frische Aufschwemmung von Amygdalin
erkannt, in der es Blausäuregeruch hervorruft. Pepsin läßt sich am
1) E. Abderhalden und A. Schitttenhelm, Die Wirkung der proteo-
lytischen Fermente keimender Samen des Weizens und der Lupinen, Ztschr. f.
physiol. Chem. 49, 26 (1906); E. Abderhalden und Dammhahn, Uber den
Gehalt ungekeimter und gekeimter Samen verschiedener Pflanzenarten an pepto-
lytischen Fermenten, ebendas. 57, 332 (1908).
®) Nach L. Michaelis in Abderhaldens Biochem. Arbeitsmethoden III,
1, Seite 16.
224 IX. Die Enzyme.
besten mittels der M. Jacobyschen Probe erkennen, welche darauf
beruht, daß ein in den Rizinussamen enthaltener Eiweißkörper bei der
für die Pepsinverdauung erforderlichen sauren Reaktion unlöslich ist,
und daß die feinen Flocken, welche er bildet, durch Pepsin rasch gelöst
werden. Das bekannte Toxin der Rizinussamen, das Rizin, steht in
keiner Beziehung zu diesem Eiweißkörper, weshalb die reinen, fast eiweiß-
freien Merckschen Rizinpräparate für diese Probe nicht zu brauchen
sind, sondern nur das bei der A.-G. Chemische Werke, Charlottenburg,
käufliche ‚„‚Rizin nach Jacoby“. 2 g dieses Pulvers werden in 50 cem
3 prozentiger Kochsalzlösung getan, einige Minuten stark durchgeschüttelt,
das Gemisch für eine Stunde in ein lauwarmes Wasserbad cn und
dann abfiltriert. Von =“ völlig klaren Filtrat wird je 1 Volumteil
mit 1, bis 1% Volumteil 7, . Salzsäure versetzt; die entstehende Trübung
setzt sich bald in feinen Flocken ab; es muß solange Salzsäure zugegeben
werden, bis eine kräftige Trübung entstanden ist, ein Salzsäureüberschuß
ist aber zu vermeiden, da sich die Trübung darin wieder löst. Dieses
Reagens hält sich mehrere Tage. Nun versetzt man 5 ccm der gut durch-
geschüttelten Rizinaufschwemmung mit 1 ccm der Pepsinlösung; schon
bei Zimmertemperatur, noch schneller bei 37 °, tritt eine Aufhellung und
schließlich vollständige Klärung der Flüssigkeit ein und mit dieser sehr
empfindlichen Probe, bei welcher nur sorgfältig auf die Zugabe der
eben richtigen Salzsäuremenge geachtet werden muß, können auch die
geringsten Spuren Pepsin nachgewiesen werden.
Huld und Levison weisen Pepsin mittels Edestins nach,
welches in saurer Lösung löslich, in alkalischer unlöslich ist. Man kann
es aus der sauren Lösung durch Alkalien oder besser durch festes Koch-
salz ausfällen. Man stellt eine 1 promillige Edestinlösung in 55 Salz-
säure her und verfährt im übrigen wie bei der Rizinmethode. Nachdem
das Gläschen etwa eine halbe Stunde mit Pepsin versetzt im Wasser-
bade gestanden hat, versetzt man eine entnommene Probe mit festem
Kochsalz; noch vorhandenes Edestin wird ausgefällt; die Pepsinwirkung
äußert sich also im Ausbleiben der Fällung durch Chlornatrium. Lab -
ferment erkennt man durch seine Kasein ausfällende Wirkung.
Gewöhnliche rohe oder gekochte Milch wird mit 9 Teilen Wasser ver-
dünnt und mit 1 cem 10 prozentiger CaCl,-Lösung auf 100 ccm der
verdünnten Milch versetzt, wobei keine Ausfällung entstehen darf.
Die Fermentlösung wird bei saurer Reaktion durch Soda, bei alkalischer
durch verdünnte Essigsäure genauestens neutralisiert und dann mit
der Milchverdünnung zusammengebracht. Es entsteht nach kürzerer
oder längerer Zeit (Minuten bis Stunden) plötzlich eine Ausfällung des
Milchkaseins, welches das emulgierte Fett mitreißt, so daß die ganze
Flüssigkeit klar ist. Man muß sich sehr hüten, auch nur Spuren freier
Säure in das Reaktionsgemisch zu bringen, weil diese durch Kasein-
fällung Täuschungen herbeiführen können.
Zum Nachweis von TrypsineignetsichdeKaseinmethode
von L. Michaelis: 0,1g Kasein wird in wenig Wasser mit 10 Tropfen
10 prozentiger Sodalösung unter Erwärmen gelöst und mit destilliertem
Wasser auf 200 ccm aufgefüllt. Hiervon werden etwa 5 ccm mit 1 cem
der Fermentlösung, welche möglichst klar sein muß, versetzt, ins Wasser-
bad von 37 ° gestellt und von fünf zu fünf Minuten Proben mit einer
IX. Die Enzyme. 225
kleinen Pipette entnommen. Diese werden mit Essigsäure versetzt:
fällt kein Kasein mehr aus, so hat das Trypsin gewirkt, es kommt aber
auch hier sehr darauf an, daß man die richtige Menge Essigsäure zu-
setzt, weil Kasein in einem Überschuß der Säure wieder löslich ist.
Mit einer hergestellten Y, prozentigen Essigsäure ermittelt man, wie-
viel Tropfen man zu dem frisch bereiteten Kasein-Fermentgemisch,
in dem das Trypsin noch nicht gewirkt hat, zugeben muß, um eine
gute Fällung zu erreichen, und gibt dann im eigentlichen Versuch die
Säure diesem Vorversuch entsprechend zu. Die Methode ist äußerst
empfindlich und so rasch durchzuführen, daß der Zusatz eines Des-
infektionsmittels unnötig ist. Allerdings kann man hier Trypsin nicht
von Erepsin unterscheiden, welches Kasein ebenfalls verdaut. Nach
E. Abderhalden führt man den Nachweis tryptischer Fermente
sehr scharf durch Spaltung geeigrieter Polypeptide, wobei der Eintritt der
Spaltung durch das Auskristallisieren schwer löslicher Aminosäuren oder
durch Drehungsänderung im Polarisationsrohr angezeigt wird. Glyzyl-l-
tyrosin ist bei Beobachtung der Aminosäuren-Ausscheidung sehr ge-
eignet: 5 ccm der auf Ferment zu prüfenden Lösung bringt man mit
0,2 g Glyzyl-l-tyrosin und 2 Tropfen Toluol für mehrere Stunden in
den Brutschrank; es tritt eine Trübung auf, die nach einiger Zeit zur
Abscheidung der charakteristischen, unter dem Mikroskop leicht er-
kennbaren Kristalle von Tyrosin führt. Papayotin kann durch
seine Wirkung auf Serum oder Eieralbumin nachgewiesen werden. Zu
der Fermentlösung wird ein wenig dreifach verdünntes Blutserum oder
Eieralbumin bei schwach essigsaurer Reaktion in eine Eprouvette ge-
tan und das Ganze sofort aufgekocht, vom koagulierten Eiweiß ab-
filtriert und mit dem Filtrat die Biuretreaktion angestellt. Bei Gegen-
wart von Papayotin gibt das Filtrat noch in starker Verdünnung eine
sehr intensive rote Biuretreaktion.e Lipase wird auf die Emulsion
eines Neutralfettes einwirken gelassen und an dem Auftreten freier
Fettsäuren erkannt. Es gibt Lipasen, die nur bei sehr deutlich saurer
Reaktion (2% Essigsäure) wirken, andere nur bei neutraler oder al-
kalischer Reaktion. Zur Sicherheit wird man drei entsprechende Parallel-
proben anstellen. Besonders geeignet statt des Neutralfettes ist Lezithin,
welches ebenfalls von den Lipasen zerlegt wird, deswegen, weil es mit
den Lipasen sehr gleichmäßige, haltbare Emulsionen gibt, wenn eine
abgewogene Menge des käuflichen Lezithins mit der 50 fachen Menge
destillierten Wassers einige Stunden geschüttelt worden ist. Eine ab-
gemessene Probe der Mischung wird zunächst mit dem gleichen Volumen
absoluten Alkohols versetzt, um die von vornherein darin befindlichen
n
10
gegen Phenolphthalein bis zur Neutralität titriert. Nach der Versuchs-
zeit wird diese Titration nach Alkoholzusatz wiederholt und so die
Bildung freier Fettsäuren durch die Lipase festgestellt. Eventuell kann
ein unwirksam gewordenes Präparat durch Zusatz von Manganosulfat
aktiviert werden (man verwendet auf zirka 10 ccm Ölemulsion 5 ccm
einer Lösung von MnSO, 4: 1000). Als Desinfiziens kann Chloralhydrat
dienen.
QuantitativeBestimmung: Es kann sich bei der quan-
titativen Bestimmung von Fermenten niemals um absolute, sondern
immer nur um relative Werte von Vergleichsproben handeln, ferner
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 15
freien Fettsäuren in Lösung zu bringen, und dann mit Kalilauge
296 IX. Die Enzyme.
niemals um die Feststellung von Quantitäten, sondern immer nur um
Bestimmung der Wirkungsgeschwindigkeit. Nun ist die
Geschwindigkeit der Reaktion bei einzelnen Fermenten, z. B. beim
Invertin, die einer monomolekularen Reaktion entsprechende, d. h. in
jedem Zeitteilchen wird vom Substrat eine der Fermentkonzentration
proportionale Menge umgesetzt, ohne daß sie mit der Konzentration
des Substrates variiert; hier wird, vorausgesetzt, daß die Konzentration
der Rohrzuckerlösung nicht allzusehr von einem Mittelwert abweicht, im
Anfang der Reaktion bis zur Erreichung etwa des fünften Teiles des
Umsatzes, pro Minute eine Zuckermenge umgesetzt, die der Ferment-
menge einfach proportional und von der Rohrzuckermenge fast unab-
hängig ist. Eine Fermentlösung, die pro Minute bei 18 ° im Anfang der
Reaktion 2 x Millimole Zucker invertiert, ist dann doppelt so stark wie
eine, welche unter denselben Bedingungen nur x Millimole umsetzt.
Dasselbe gilt auch für die Maltase. In den meisten Fällen aber sind die
Beziehungen zwischen Fermentmenge und Reaktionsgeschwindigkeit
viel komplizierter, die Umsatzgeschwindigkeit auch zu Beginn des Ver-
suches schon ungleichförmig, so daß eine so einfache Proportionalität
hier nicht gilt. Man kann nun hier so vorgehen, daß man die Zeiten mit-
einander vergleicht, die zur Erreichung eines bestimmten Umsatzes
erforderlich sind. Wenn eine bestimmte Fermentlösung in einer ganz
bestimmten Substratlösung in 10 Minuten die Menge a des Substrates
spaltet, wobei eine zweite Fermentlösung dazu 20 Minuten braucht,
so schließen wir daraus, daß die erste Fermentlösung eine doppelt so
große Konzentration des Katalysators enthält wie die zweite; vermag
aber die zweite Fermentlösung in 10 Minuten 2 a Substrat umzusetzen,
die erste in derselben Zeit nur a, so folgt daraus nicht, daß die zweite
Lösung doppelt so viel Ferment enthält. Wir können ferner selbst die
Fermentlösung in Serien so verdünnen, daß die verdünnten Proben
in einer passend gewählten Versuchszeit denselben Effekt hervorbringen
wie eine als Standardlösung zu verwendende Fermentlösung. Ist eine
solche Lösung der Serie z. B. gegenüber der Testlösung zehnfach ver-
dünnt und bewirkt sie zu jeder beliebigen Zeit denselben Effekt wie
diese, so enthält die zu prüfende Lösung zehnmal so viel Ferment wie
die Testlösung. Ausdenverschiedenen Umsätzen zweier Ferment-
lösungen in einer gegebenen Zeit können wir keine quantitativen
Schlüsse auf die Fermentmenge ziehen, wir können nur sagen, daß die
langsamer wirkende Lösung weniger Ferment enthält als die schneller
wirkende.
Um die quantitative Wirkung eines Enzyms festzustellen, wird man
folgendermaßen vorgehen: Als Einheit wird irgendeine Konzentration
des betreffenden Fermentes als Testlösung hergestellt und die zu unter-
suchende Fermentlösung durch Probieren soweit verdünnt, daß sie
genau die Wirksamkeit der Standardlösung besitzt. Dann muß die
Fermentmenge, vorausgesetzt, daß die gleiche Wirkung auch in einem
sonst in bezug auf Temperatur, Reaktion des Substrates usw. völlig
gleichen Medium erzielt wurde, in beiden Lösungen dieselbe sein, und
sie läßt sich in Relation zu dem gespaltenen Stoff stellen. Es muß nur
der Punkt genau festgestellt werden können, bei dem sich irgendein
beliebiges, aber bestimmtes Maß des Umsatzes vollzogen hat, so wenn
2. B. bei Invertin in einer 5 prozentigen Rohrzuckerlösung gerade eine
Verminderung des Drehungswinkels im Polarisationsrohr um 1° ein-
IX. Die Enzyme. 227
getreten ist oder wenn bei Zymase gerade eine bestimmte Menge Kohlen-
dioxyd gebildet ist, das man durch Auffangen in einem mit dem Gär-
kölbehen verbundenen Natronkalkrohr bestimmt, bei Pepsin gerade
eine vollständige Aufhellung des Rizins oder Edestins eingetreten ist,
bei Trypsin, wenn das Kasein gerade verschwunden ist, usw.
Es sei als Beispiel die quantitative Bestimmung des diastatischen
Ferments nach J. Wohlgemuth!) vorangestellt: Die dazu notwendigen
Reagenzlösungen sind 1. eine 1 prozentige Stärkelösung aus löslicher
n
10
fortlaufend numerierten Reagenzgläsern wird mit absteigenden Mengen
der zu untersuchenden Fermentlösung beschickt, so daß in das erste
Gläschen 1 ccm, in das zweite 0,5 cem, in das dritte 0,25 ccm, in das
vierte 0,125 ccm usw. kommen, und zu jedem Gläschen 5 ccm 1 prozentige
Stärkelösung dazugefügt. Jedes Röhrchen wird sofort, nachdem es die
Stärkelösung erhalten hat, in ein Gefäß mit Eiswasser gebracht, in dem
sich ein Drahtkorb zur Aufnahme der Gläschen befindet. Diese Ab-
kühlung bezweckt, vorläufig jede Fermentwirkung hintanzuhalten. Dann
wird der Drahtkorb mit sämtlichen Gläsern in ein Wasserbad von 38
bis 40 ° übertragen und 30 Minuten bis 1 Stunde bei dieser Temperatur
belassen. Darauf kommen sämtliche Gläschen wieder für kurze Zeit
in das Eiswasser, damit die Fermentwirkung in allen gleichzeitig unter-
brochen werde; sie werden dann etwa bis fingerbreit vom Rande mit
Stärke in destilliertem Wasser, 2. eine
Jodlösung. Eine Reihe von
gewöhnlichem Wasser aufgefüllt und schließlich mit . Jodlösung in
geringem Überschuß versetzt. Dabei treten verschiedene Färbungen
auf, wie dunkelblau, blauviolett, rotgelb und gelb. Diejenigen Gläschen
welche eine gelbe oder rotgelbe Farbe aufweisen, enthalten kein höheres
Abbauprodukt der Stärke als Erythrodextrin oder Achroodextrin; die
mit blauvioletter Farbe enthalten ein Gemisch von Stärke und
Erythrodextrin, die mit dunkelblauer Farbe vorwiegend unveränderte
Stärke.
Als unterste Grenze der Wirksamkeit (limes) gilt dasjenige Gläschen,
in welchem zuerst die blaue Farbe erkennbar ist; meist hat dieses Gläschen
eine violette Farbe. mitunter begegnet man aber auch Röhrchen, bei
denen neben einem starken roten Ton ein blauer kaum oder äußerst
schwach zu erkennen ist. In diesen Fällen, in welchen man also schwankt,
welches Röhrchen als limes anzusetzen wäre, fügt man am besten noch
einen Tropfen Jodlösung hinzu und beobachtet nun beim Umschütteln.
ob der blaue Farbenton bestehen bleibt oder in Rotbraun übergeht.
Im ersteren Falle wird dieses Röhrchen schon als unterste Grenze an-
zusehen sein, im anderen dagegen erst das nächstfolgende. Aus der
vor dem limes-Röhrchen stehenden Portion wird dann die Ferment-
wirkung so berechnet, daß man die Anzahl Kubikzentimeter einer
l prozentigen Stärkelösung bestimmt, die durch 1 ccm der untersuchten
Fermentlösung in der gleichen Zeit bis zum Dextrin abgebaut wird.
Hat man beispielsweise den Versuch auf 30 Minuten bei einer Temperatur
von 38 ° ausgedehnt und gefunden, daß 0,05 ccm der Fermentlösung
gerade noch genügten, um 5 cem Stärkelösung vollkommen bis zu Dextrin
1) J. Wohlgemuth, Über eine neue Methode zur quantitativen Bestimmung
des diastatischen Ferments Bioch. Ztschr. 9, 1 (1908).
19*
298 IX. Die Enzyme.
x 38 1
abzubauen, so würde sich daraus für 1 ccm berechnen D mE 5
30 }
— 100, wobei unter D die diastatische Kraft für 1 ccm der Enzymlösung
verstanden wird. Dauert der Versuch längere Zeit, so muß man einen
Tropfen Toluol als Desinfiziens zufügen. Indessen hat Wohlgemuth
die Methode so verfeinert, daß man auch bei sehr geringen Diastasen-
mengen mit einer Versuchsdauer von 30—60 Minuten auskommt; man
verwendet dann statt der 1 prozentigen Stärkelösung eine nur 1 promillige
und setzt von dieser nur 2 ccm zu jedem Gläschen hinzu; dann kommen
die Gläschen in ein Wasserbad von 38—40 °, werden nach 30, respektive
60 Minuten herausgenommen, abgekühlt und nun nicht mit Wasser
aufgefüllt, sondern sofort mit Jod versetzt, wozu man sich hier ebenfalls
n { n 2
nicht einer 10° sondern einer 50 Jodlösung bedient. Man verwendet
am besten Preßsäfte des betreffenden Organs.
Wollen wir eine bestimmte Lösung auf ihren Gehalt an Pepsin
untersuchen, gehen wir folgendermaßen vor!): Man stellt in der vor-
her beschriebenen Weise eine saure Rizinaufschwemmung her. Ferner
werden 0,2 g käufliches Pepsin in 100 ccm Wasser gelöst und in einem
Vorversuch ausprobiert, wieviel Kubikzentimeter nötig sind, um 5 cem
der Rizinaufschwemmung im Wasserbad von 38 °in einer zur Beobachtung
geeigneten Zeit aufzuhellen. Angenommen, daß 1 ccm unserer Pepsin-
lösung diese Aufhellung gerade in 25 Minuten zustande bringe, während
0,9 cem dies nicht vollkommen tun. Darauf stellt man von der zu
untersuchenden Pepsinlösung Verdünnungen in folgender Weise her:
8 Eprouvetten werden mit je 1 ccm destillierten Wassers gefüllt; man
nimmt eine trockene Pipette von 1 cem Inhalt, entnimmt der un-
bekannten Fermentlösung 1 cem und gibt ihn in das erste Röhrchen,
wobei man gut vermischt, indem man mit derselben Pipette einigemal
aufzieht und wieder ausbläst. Dann entnimmt man mit derselben
Pipette 1 ccm der Mischung und überträgt ihn in die zweite Eprouvette;
man mischt wieder, überträgt von der Mischung wieder 1 cem in das
dritte Röhrchen, und fährt so mit derselben Pipette bis zum achten
Röhrchen fort. Nun setzt man zu jedem der Röhrchen je 5 cem der
Rizinaufschwemmung mit einer die entsprechende Menge enthaltenden
Meßpipette, indem man sukzessive aus ihr je 5 ccm abläßt; dieses Ein-
füllen soll möglichst rasch und in einem mit Eiswasser gefüllten Topf
vorgenommen werden. Man notiert dann die Zeit und setzt alle Röhrchen
auf einem Gestell in ein Wasserbad, dessen Temperatur möglichst genau
auf 38 ° C gehalten wird. Die Zeit, innerhalb welcher sich die einzelnen
Rizinproben gerade aufhellen, wird notiert, dasjenige Röhrchen, welches
dazu 25 Minuten braucht, ist von derselben Enzymkonzentration wie
die Testlösung, die als willkürliche Einheit angenommen war. Es sei
in unserem Versuche z. B. das dritte Röhrchen der Reihe mit der Ver-
dünnung 1:8. Dann ist die ursprünglich zu prüfende Fermentlösung
achtmal so stark wie eine Lösung von 0,2 g des angewendeten Test-
präparates in 100 ccm Wasser, entspricht also einer Lösung von 1,6 g
des Testpepsins in 100 ccm Wasser. Hier erkennt man den gewünschten
Endpunkt der Enzymreaktion, die Aufhellung, direkt, bei anderen
Methoden, z. B. der Trypsinbestimmung mittels der Kaolinmethode,
1) Nach L. Michaelis, ]. c. Seite 28,
IX. Die Enzyme. 229
entnimmt man mit einer Pipette von Zeit zu Zeit kleine Proben und
setzt das geeignete Reagens, in diesem Falle also stark verdünnte Essig-
säure, zu. Das wichtige Postulat, das Volumen der einzelnen Röhrchen
stets gleichzuhalten, ist hier erfüllt. Die einzelnen Röhrchen der Ver-
suchsreihe unterscheiden sich derart, daß jedes folgende die Hälfte des
Enzyms im Vergleich zum vorhergehenden enthält. Ein Irrtum um
ein Röhrchen ergibt also einen Fehler um die Hälfte des Gesamtwertes;
nimmt man z. B. das Röhrchen 3 mit der Testlösung als identisch an,
so ergibt sich ein Fermentgehalt von einem Achtel der Testlösung, nimmt
man das 4. Röhrchen als identisch an, eine solcher von !/,, der Test-
lösung. Will man feinere Abstufungen machen, so ist auch das möglich,
nur muß auch dann die Reihe in geometrischer Progression geordnet
sein, wenn der Abstand zwischen zwei Röhrchen die gleiche Bedeutung
haben soll. Michaelis ordnet beispielsweise die Verdünnung nach
folgenden Potenzen:
nach
Potenzen
von
1/9, erhält man die Reihe: n „ie in HER See nee
2/3, a n4 R „2 1, 28, %, . 3/er, 81... . zesp. 1, 0,67, 044702307.0202
2/4, 3 A a te 27/94, FE en 0,75, 0,56, 0.42, 0,32 .
In Ausführung der letzten Reihe z. B. gibt man in das erste Röhrchen
von der Fermentlösung 1 ccm, kein Wasser; ins zweite 0,75 ccm Ferment-
lösung + 0,25 ccm Wasser; ins dritte 0,56 ccm Fermentlösung +
0,44 ccm Wasser usf.
Man beginnt zunächst mit einer gröberen Reihe und schreitet dann
zu immer feineren Abstufungen fort, solange es die Empfindlichkeit der
Methode, d. h. die scharfe Erkennung des Endproduktes der Reaktion
gestattet. Ich entnehme aus der Abhandlung von Michaelis ferner
die folgende Tabelle, welche die ersten Glieder verschiedener geometrischer
Reihen enthält. Jede Horizontalreihe ist eine solche geometrische Reihe,
welche die verschiedenen Potenzen der dazu gehörigen Zahl der linken
Kolonnen enthält.
| Ote | 1te | 2te | 3te | 4te | Ste | 6te | Tte |StePotenz
1,00 | 0,500 | 0,250 | 0,125 | 0,0625 | 0,0312 | 0,0156 _0,00786
0,5 | 0,00393
0,6 | 1,00 | 0,600 | 0,360 | 0,216 | 0,130 0,0778 0,0467 | 0,0280 | 0,0170
0,7] 1,00 | 0,700 | 0,490 | 0,343 | 0,240 0,168 |0,118 | 0,0824 | 0,0576
> 1,00 | 0,800 | 0,640 | 0,512 | 0,410 | 0,328 | 0,262 , 0,210 | 0,168
1,00 | 0,900 | 0,810 | 0,729 | 0,656 0.590 0,531 | 0,478 | 0,430
Runde Zahlen erhält man, wenn man jedes Glied mit einem be-
stimmten Faktor multipliziert; so wird aus der ersten Horizontalreihe
durch Multiplikation mit 5 die Reihe 5,000, 2,500, 1,2500 usw., der
relative Abstand der einzelnen Glieder bleibt dabei natürlich derselbe;
gewöhnlich wird man nur zweistellige Zahlen verwenden. Fuld geht
nun von dem Prinzip aus, wenn man die stärkste Verdünnung mit 1
bezeichnet, in der Reihe so aufzusteigen, daß man auf jeden Fall zu
dem zehnfachen Multiplum gelangt, und zwar ebenfalls mit Hilfe der
geometrischen Reihen. Will man die Reihe von der Verdünnung 10
bis 1 in zehn Glieder teilen, so benutzt man eine geometrische Reihe
mit dem Exponenten Yıo, will man sie in vier Glieder teilen, eine solche
mit dem Exponenten /10 usw. Folgende Tabelle von Fuld gibt eine
solche Reihe, berechnet auf eine Dezimale, wieder:
230 IX. Die Enzyme.
10 Glieder 9 Glieder 8 Glieder 7 Glieder 6 Glieder 5 Glieder 4 Glieder 3 Glieder 2 Glieder
1,0 1,0 1,0 1,0 1,0 1,055
2,1 32 10,0
4,6 10,0
0,0
“
-
wo
SPD»
SOWOoOouUno
“
w
w
1
“
SNOSOPVDDHH
SION X m -1U ©
w
w
“
je
“
“
“
w
SUuUnmwm m ©
“
SOInPWD ee
jr
w
“
ei
w
Will man eine Fermentwirkung im Ablauf ständig kontrollieren,
so kann man die chemische Methode benutzen, indem man dem Ge-
misch von Substanz und Fermentlösung in bestimmten Zeitintervallen
Proben entnimmt und diese analysiert, oder man stellt eine ganze Reihe
der Gemische her und entnimmt nach Ablauf der Intervallszeiten der
Reihe je eine Röhrchen, indem man den Ablauf der Fermentwirkung
unterbricht. Ein solcher Versuch sei hier bezüglich der Katalasewirkung,
die später erst besprochen werden soll, nach Grafe und Lins-
bauer angeführt: Zahl der benutzten Keimlinge 3, Länge derselben
S em, Länge der extrahierten Hypokotylteile 5 cm. Die Pflanzenteile
wurden in der Achatreibschale unter Zufügung von Chloroformwasser
zerrieben und dem filtrierten Extrakt 50 ccm entsprechend verdünnten
Perhydrols zugefügt, von dem Filtrat in bestimmten Zeitintervallen
je 10 cem abpipettiert und hier erst die Katalase durch Zusatz einer
bestimmten Menge konzentrierter Salzsäure vernichtet. Dem Stengel-
brei, dessen Herstellung !/, Minute erforderte, wurden nach dieser
Zeit 5 cam Chloroformwasser zugefügt und die Substanz filtriert. Zum
Filtrat wurden nach weiteren 2 Minuten 50ccm H,O, (5cem H,O, ver-
brauchten 7,2 ccm Na,S,0,) zugesetzt. Alle fünf Minuten wurden je
10 ccm abpipettiert, die Katalasewirkung durch 10 ccm konzentrierter
HCl unterbrochen, 10 ccm 10 prozentiger JK-Lösung zugesetzt und
sofort titriert.
Zei 7 erinn € ir .
Zeit vom Beg der Katalasewirkung Titer
in Minuten
0 14,4
5 9,1
10 7,8
15 6,25
20 Dal
25 | 4,15
Die Quantität der in aufeinanderfolgenden gleichen Zeiten von der
Katalase verarbeiteten Perhydrolmengen nimmt also ganz beträchtlich
ab. Berechnet man die Geschwindigkeitskonstanten nach W. Ost-
wald für die aufeinanderfolgenden gleichen Zeitintervalle K,, K,.
IC —IgC,
0,4343 D
monomolekularen Reaktion, so ergibt sich eine ziemlich beträchtliche
Abnahme von K. So ergab ein Versuch für die ersten 3 Intervalle von
je 5 Minuten K, = 0,0365, K, = 0,0267, K, = 0,0206.
Volhard hat zur Verfolgung der quantitativen Pepsinbestimmung
folgende Methode ausgearbeitet: 100 g Kasein werden in 1 Liter Wasser
K, usw. nach der Formel K = unter der Annahme einer
us
IX. Die Enzyme. 931
unter Schütteln eingeweicht, dann gibt man 80 ccm n-NaOH dazu und
füllt auf 2 Liter auf. Man erwärmt auf 90 °, um das Kasein in Lösung
zu bringen, und versetzt nach dem Abkühlen mit etwas Toluol. In eine
langhalsige Flasche mit zwei Marken bei 300 cem und 400 cem läßt man
zuerst zur Ansäuerung genau 11 ccm n-H(Cl einfließen, füllt auf 150 ccm
auf und gibt 100 ccm der Kaseinlösung zu. Dann wird auf 40 ° erwärmt,
eine gemessene Menge der Pepsinlösung zufließen gelassen und auf 300 ccm
aufgefüllt. Solcher Kolben stellt man eine ganze Reihe auf und unter-
brieht in bestimmten Intervallen die Verdauung, indem man 100 cem
20 prozentiger Natriumsulfatlösung zusetzt, wobei das unverdaute Kasein
ausfällt; es wird abfiltriert und je 100 oder 200 ccm des Filtrates mit
. NaOH unter Verwendung von Phenolphthalein titriert. Von der be-
stimmten Säuremenge zieht man die vorher bestimmte Azidität der
Kaseinlösung und der Pepsinlösung ab. Der Zuwachs an Säure beruht
dann auf der Bildung der salzsauren Peptone. Das ausfallende Kasein
bindet nämlich einen Teil der Salzsäure, bei Gegenwart von Peptonen
jedoch tritt zwischen Pepton und Kasein ein Wettstreit um die Salz-
säure ein, und es findet sich um so mehr HCl in Lösung, je mehr
Pepton im Vergleich zum Kasein vorhanden ist. Das Plus an ver-
brauchter Säure gibt also einen Maßstab für die Verarbeitung des
Kaseins. Den Fortgang der Reaktion kann man mittels physika-
lischer (optischer) Methoden an einer einzigen Probe verfolgen, wo-
rauf hier nicht eingegangen werden kann. (Über die diesbezügliche
von Abderhalden angegebene Methodik sei auf das Referat von
L. Michaelis im III. Band der ‚„Biochemischen Arbeitsmethoden‘“
verwiesen.) Sehr wichtig ist das Konstanthalten der Temperatur bei
quantitativer Verfolgung der Fermentwirkung, was am besten in einem
durch Thermoregulator auf konstanter Temperatur erhaltenen Wasser-
bade erreicht wird, in welchem die Röhrchen stecken; dagegen ist es
illusorisch, in einem Luftthermostaten zu arbeiten, da die Röhrchen
nur sehr schwer und langsam die Temperatur des Luftraumes annehmen.
Bei manchen Enzymen ist auch Bestrahlung von Einfluß und es ist
wohl am besten, nach dem Vorgange von Grafe und Linsbauer
die Fermentwirkung in der Dunkelkammer bei rotem Lichte zu ver-
folgen.
Um die Wirkungsstärke von diastatischen wasserlöslichen Malz-
präparaten des Handels zu bestimmen, kann man die Methode von
Egloffstein, welche von J. Pollak modifiziert worden ist,
verwenden. Zur Bereitung des Stärkekleisters werden 9 g Arow-root-
Stärke des Handels und zirka 20 ccm Wasser in einer Reibschale bei
gewöhnlicher Temperatur verrieben und dann in 250 ccm heißen Wassers
unter allmählichem Umrühren eingetragen. Das Gefäß mit dem Stärke-
kleister wird in ein Wasserbad gestellt und eine halbe Stunde im Sieden
erhalten. Hierauf wird der Kleister möglichst quantitativ in einen
300 cem enthaltenden kubizierten Kolben gegossen, erkalten gelassen
und bis zur Marke aufgefüllt. 6 g des zu untersuchenden diastatischen
Produkts werden in einen 300 ccm fassenden kubizierten Kolben absolut
quantitativ gespült und bis zur Marke aufgefüllt. 50 ccm des
Stärkekleisters werden mit einer Pipette in ein 100 ccm fassendes, mit
Thermometer versehenes Kölbchen gebracht, auf 37,5° C erwärmt
und 20 cem der 2 prozentigen zu untersuchenden Diastaselösung hinzu-
239 IX. Die Enzyme.
gefügt; im Momente der Zugabe der Diastaselösung setzt man eine
Stoppuhr in Gang und trachtet, die Temperatur möglichst konstant
zu erhalten. Nach 6—8 Minuten beginnt man von Minute zu Minute
im Gemisch mittels der Jodprobe auf Stärke zu prüfen, der Endpunkt
der Verzuckerung ist mit dem Momente des Verschwindens der blauen
Farbe und Hervortreten des gelben Farbentones auf Zusatz von Jod
deutlich erkennbar. Ist dieser Punkt erreicht, dann wird die Einwirkungs-
dauer in Minuten an der Stoppuhr abgelesen und stets die doppelte
Menge der ursprünglichen 2 prozentigen Diastaselösung in Kubikzenti-
metern zum eigentlichen Versuche verwendet, als dies das Chronometer
in Minuten anzeigt. Hat z. B. der Vorversuch 15 Minuten gedauert,
so werden 30 ccm der Diastaselösung zu den restlichen 250 ccm 3 prozen-
tiger Arrow-root-Stärke zugesetzt und im temperierten Wasserbade
genau eine halbe Stunde bei 37,5 °C gehalten. Sodann werden zirka 3 ccm
einer 10 prozentigen KOÖH-Lösung zur Zerstörung der weiteren enzy-
matischen Wirkung zugesetzt, erkalten gelassen und bis zur Marke bei
300 cem aufgefüllt. Diese Lösung wird nun in eine Bürette gegossen
und in 25 ccm (12,5 + 12,5) Fehlingscher Lösung in der Kochhitze so-
lange eingetropft, bis die blaue Farbe verschwunden ist und im Filtrat
nach dem Ansäuern mit Essigsäure und Zusatz von gelbem Blutlaugen-
salz keine Kupferreaktion mehr erscheint. Man erkennt diesen Punkt
auch ohne Probe mit Blutlaugensalz schon daran, daß die Flüssigkeit
oberhalb des reduzierten Kupferoxyduls nicht mehr bräunlich oder
srünlich gefärbt, sondern gelblich ist. Die Siededauer ist 4 Minuten;
die Beobachtung wird wiederholt. Wurden z. B. 30 ccm der Diastase-
lösung (0,6 g auf 300 ccm) verwendet, und wurden zur Titration von
25 ccm Fehlings Lösung, welche 0,193 g Maltose entsprechen, 16 ccm
der verzuckeıten Lösung verbraucht, so ergibt sich der diastatische
Wert des Produkts aus folgendem: in 300 ccm sind 0,6 g Diastasepräparat,
in 16 ccm daher 0,032 g enthalten. Diese entsprechen aber 25 ccm Feh-
lings Lösung, welche 0,193 g Maltose äquivalent sind; daher gilt die
Proportion: 0,032 Diastase : 0,193 Maltose = 1 g Diastase : x Maltose,
woraus x — 6,034 g Maltose. Somit entspricht 1 g des Präparates 6,034 g
Maltose, und wenn man die darin bereits vorgebildete, separat zu be-
stimmende Maltose von diesem Werte abzieht, so ergibt sich die Maltose-
menge, welche das Diastasepräparat aus der Stärke gebildet hat. Die
Fehlergrenze zwischen Parallelbestimmungen ist ziemlich klein und
man ist mit dieser Methode in der Lage, sich eine ziemlich genaue Vor-
stellung von der Wirksamkeit des betreffenden Diastasepräparates, sei
es, daß man ein käufliches verwendet, sei es, daß man es aus Malzauszug
selber herstellt, zu bilden.
Von oxydierenden Enzymen wollen wir nach dem Vorgange von
R. Chodat unterscheiden: 1. Oxygenasen, stickstoffhaltige
Körper, welche den molekularen Sauerstoff unter Peroxydbildung auf-
nehmen. 2. Peroxydasen, welche das Oxydationsvermögen der
Peroxyde außerordentlich erhöhen (das, was man Oxydase nennt, ist
als ein Gemisch von Peroxydase und Oxygenase aufzufassen). 3. Kata -
lasen, welche Peroxyde, z. B. Wasserstoffsuperoxyd, katalytisch
unter Sauerstoffentwicklung zerlegen.
Zum ÖOxygenasennachweis kann man sich des Jodstärkepapiers
bedienen, mit dem man durch Pflanzenschnitte, die man auf das Papier
abdrückt, direkt die Jodreaktion erhält, wobei man aber gleichzeitig
IX. Die Enzyme. 233
die Bismarckbraunreaktion anstellen muß, um die Abwesenheit von
Nitriten zu konstatieren, die ja ebenfalls die Jodreaktion zeigen.
Ferner kann man eine Probe mit Barytwasser anstellen, indem man
beispielsweise den frisch ausgepreßten, stark oxydasehaltigen Saft
von Lathraea squamaria mit einem Luftstrom unter tropfenweisem
Zusatz von l prozentigem Barytwasser behandelt, wobei man einen
Niederschlag von Bariumsuperoxyd erhält, der nach Auswaschen
und Zersetzen mit verdünnter Essigsäure die Bläuung von Jodkali-
stärkepapier sofort und sehr intensiv liefert. Sehr gute Oxydase-
reaktion erhält man mit jungen Kartoffeln, welche in der Peripherie
Oxydationsfermente führen. Keiner höheren Pflanze fehlt Peroxydase,,
während sie bei den meisten Pilzen vergeblich gesucht wird; sie ist aber
in den nichtgrünen Teilen reichlicher vorhanden als in den grünen.
Am besten erhält man Peroxydase aus fein zerhackten Meerrettigwurzeln,
die man in zerhacktem Zustande einige Stunden sich selbst überläßt,
um die Glykosidspaltung zu vollenden, und dann einige Tage mit
96 prozentigem Alkohol extrahiert, welcher die ätherischen Ole auf-
löst. Die rote, alkoholische Flüssigkeit wird abgegossen, der Rückstand
wiederholt mit 80 prozentigem Alkohol gewaschen, abgepreßt und schließ-
lich der Rückstand mit 40 prozentigem Alkohol versetzt und 5 Tage
stehen gelassen; die abgepreßte Flüssigkeit wird hierauf filtriert und mit
weniger als dem doppelten Volumen starken Alkohols versetzt, d. h.
solange eine starke Trübung entsteht. Der grauweiße Niederschlag
wird in wenig destilliertem Wasser gelöst, die Fällung mit starkem
Alkohol wiederholt und im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet.
Oder man überläßt die fein zerkleinerten Meerrettichwurzeln in einem
geschlossenen Gefäß eine Stunde sich selbst und preßt dann ab;
der Kuchen wird nun mit Wasser versetzt, so daß die Flüssigkeit
gerade die Wurzelmasse bedeckt, und so 10—20 Stunden stehen
gelassen; dann wird ein zweites Mal abgepreßt, der Rückstand
nochmals mit Wasser digeriert und nach der gleichen Zeit abgepreßt.
Die drei Flüssigkeiten werden miteinander gemischt und nach und
nach mit starkem Alkohol versetzt, bis sich der erste Niederschlag
zeigt, welcher sich leicht absetzt; dann wird mittels eines Hebers die
darüberstehende Flüssigkeit abgehoben und diese nochmals mit 96 pro-
zentigem Alkohol versetzt. Der erste Niederschlag ist sehr wenig wirk-
sam, der zweite setzt sich langsam ab und haftet als gummiartiger Be-
schlag an den Wandungen des Becherglases. Die klare Flüssigkeit wird
abgegossen, der weiße, gummiartige Niederschlag mit 40 prozentigem
Alkohol digeriert und nochmals abgeschieden. Die Ausbeute beträgt
1—2 %; im trockenem Zustand, im Dunkeln, womöglich im Exsikkator
über Schwefelsäure aufbewahrt, hält sich das Präparat jahrelang. Die
durch mehrmalige Wiederholung des obi&en Verfahrens von Zucker-
arten und Mineralsubstanzen gereinigtem Peroxydase ist ein amorpher
brauner Körper von starker Aktivität. Durch sie wird die Oxydation
von Jodwasserstoff mittels Wasserstoffsuperoxyds außerordentlich be-
schleunigt, Hydrochinon wird zu Chinon oxydiert, Pyrogallol zu rotem,
kristallisiertem Purpurogallin. Guajakol zu Tetraguajakol, Orthophenylen-
diamin zu Diaminophenazin kondensiert. Eines der besten Reagenzien
auf Peroxydase sind nach Chodat Kresole. Mit einer verdünnten
Lösung von Orthokresol gibt Peroxydase in Gegenwart von Wasserstoff-
superoxyd eine grüne, bei konzentrierter Lösung schmutzigbraune, mit
234 IX. Die Enzyme.
Metakresol eine fleischfarbene, mit Parakresol eine milchigtrübe, opali-
sierende Reaktion. Man verwendet immer möglichst verdünnte Per-
hydrollösungen (hundertfünfzigstelmolar) und 1 promillige Kresol-
lösungen, da starke Lösungen (über 0,1 % Perhydrol) schon stark lähmend
auf die Fermentarbeit wirken. Bei einer Verdünnung von 1 °/y, ist die
hellgrüne Farbe bei Orthokresol noch sehr stark, ebenso die milchweiße
Trübung bei Parakresol, bei !/,o oo0 Sind beide Reaktionen noch sehr
deutlich, erst gegen !/,oo o0oo liegt die Grenze der Sichtbarkeit. Die
sehr empfindliche Guajakprobe ist nur bei gleichzeitig positivem
Ausfall der Kresolprobe beweisend. Die verwendeten Reagenzien bei
der Guajakprobe, das Harz selbst, ferner der zur Lösung verwendete
Alkohol müssen peinlich peroxydfrei gehalten werden. Die Guajak-
probe besteht in einer intensiven Bläuung von Guajaktinktur, einer
Auflösung von Guajakharz in Alkohol; dabei ist darauf zu achten, daß
die Lösung für jeden Versuch frisch bereitet werden muß und daß man
nicht gepulvertes Guajakharz verwendet, sondern die von der gewöhnlich
oxydierten Oberfläche befreiten größeren Stücke aufzulösen hat. Man
kann sich zu Vorversuchen ein Bild von der Menge der vorhandenen
Peroxydase machen, wenn man mit der Stoppuhr die Zeiten bestimmt,
in welchen gerade Bläuung eintritt und diese mit der Bläuung einer
beliebig verdünnten Testlösung aus Meerrettichperoxydase vergleicht.
Die Aktivität der Peroxydase mißt man am besten durch die Oxydation
von Pyrogallol. Es wird 1 g reines Pyrogallol in 35 ccm Wasser auf-
gelöst und zu je zehn solcher Lösungen wachsende Mengen von Per-
oxydase oder ein bestimmtes Volumen Wasserstoffsuperoxyd zugesetzt,
etwa in folgender Weise!): je 1 g Pyrogallol und Zusatz von 10 cem
l prozentiger H,O;:
Peroxydase Purpurogallin
0,02 0,042
0,03 0,066
0,04 0,086
0,05 0,102
0,06 0,123
0,07 0,145
0,08 0,166
0,09 0,162
0,010 0,162
Die Mischung soll 50 ccm betragen; gleich nach dem Zusatz von
Peroxydase bräunt sich die Flüssigkeit, bald nachher trübt sie sich,
und Purpurogallin fängt an sich abzuscheiden. Man lasse die Versuchs-
flaschen 12 Stunden stehen, der Bodensatz wird auf gewogenem Filter
abfiltriert, mit 50 ccm destillierten Wassers gewaschen, bei 100 ° ge-
trocknet und gewogen. Oder man variiert die Quantität des Wasser-
stoffsuperoxyds von 1—10 eem in 1 prozentiger Lösung und läßt die
Menge der Peroxydase 0,10 g unverändert. Man erhält dann aus I g
Pyrogallol entsprechend der Menge des zugesetzten Wasserstoffsuper-
oxyds: Purpurogallin 0,0205, 0,042, 0,060, 0,078, 0,099, 0,121, 0,141,
0,168, 0,168, 0,163. Die Wirkung der Peroxydase steht also in einem
konstanten Verhältnis zum Wasserstoffsuperoxyd, eine Quantität n
Peroxydase aktiviert eine Quantität m Wasserstoffsuperoxyd; das
!) Entnommen aus dem Referate von R. Chodat im III, Bande der
Biochem. Arbeitsmeth. von Abderhalden.
IX. Die Enzyme. 235
Oxydationsprodukt Purpurogallin steht zu dem System Peroxydase-
Wasserstoffsuperoxyd in direktem Verhältnis bis zu einer Grenze, über
welche hinaus die Masse des Oxydationsproduktes konstant bleibt.
Diese obere Grenze hängt aber auch von der Masse des vorhandenen,
zu oxydierenden Stoffes ab; wenn man nämlich statt 1 g Pyrogallol
2 g nimmt, so bleibt das Verhältnis zwischen Peroxydase und Wasser-
stoffsuperoxyd konstant, aber die Quantität des Oxydationsproduktes
steigt. Nach Bach kann man das Aktivierungsvermögen eines Per-
oxydasepräparates folgendermaßen definieren: Von dem im Exsikkator
aufbewahrten Präparate werden zirka 0,3g genau abgewogen und in 30cem
Wasser gelöst; von dieser Lösung werden 5ccm mit 20 ccm 1 prozentiger
Wasserstoffsuperoxydlösung und 1,5 g Pyrogallol zusammengebracht; das
entstandene Purpurogallol wird nach 12 Stunden auf ein tariertes Filter
gebracht, mit 200 cem Wasser gewaschen, bei 105 ° bis zur Gewichts-
konstanz getrocknet und gewogen. Anderseits läßt man 10 cem 1 pro-
zentige Wasserstoffsuperoxydlösung mit 25 cem der Peroxydaselösung
auf 1,5 g Pyrogallol einwirken und verfährt wie früher. Ist a die mit
Wasserstoffsuperoxydüberschuß angewendete Peroxydasemenge und m
das entstandene Purpurogallin, b die mit Peroxydaseüberschuß an-
gewendete Wasserstoffsuperoxydmenge und n die dabei entstehende
Quantität Purpurogallin, so ist = die Wasserstoffsuperoxydmenge,
: Ä bm ich
die mit a Peroxydase in Reaktion trat, und ge das Aktivierungs-
vermögen des untersuchten Peroxydasepräparates.
Viele Pflanzensäfte färben sich an der Luft, die Färbung bleibt aber
aus, wenn die Säfte vorher gekocht worden waren. Die entstehenden Fär-
bungen sind Pigmente, welche durch Oxydasen entweder direkt aus vor-
handenen Chromogenen oder nach vorhergegangener Spaltung von Prochro-
mogenen aktiviert worden sind. Rot, violett, später schwarz, färben sich von
Phanerogamen die Säfte der Weizenkeimlinge, Weizenkleie, Kartoffel-
knollen, Äpfel, Fruchtfleisch der Nuß, viele Stengel und Blätter, z. B.
die von Vicia Faba, Lathyrus niger, Silphium sp. usw., braun, dann
schwarz, der Milchsaft von Rhus vernicifera und Rhus succedana, die
zur Bereitung des schwarzen Lackes verwendet werden. Das betreffende
Ferment ist die Lakkase, auf die wir später noch zu sprechen kommen.
Die Durchforschung des äußerst komplizierten Gebietes der Atmungs-
pigmente und ihrer Beziehungen zur Atmung der Samenpflanzen ver-
danken wir J. Palladin und seinen Mitarbeitern. Zum Nachweis
der pflanzlichen Atmungspigmente werden größere Pflanzenstücke in
kochendes Wasser geworfen; die vom Wasser gelösten Chromogene
werden sodann durch Peroxydase mit Wasserstoffsuperoxyd oxydiert
und liefern dabei verschieden gefärbte Pigmente. In einigen Fällen
gelingt es aber nicht, die Atmungspigmente auf diese Weise nach-
zuweisen, nämlich dann nicht, wenn ihre inaktive Form kein Chromogen,
sondern ein Prochromogen ist; in diesem Falle ist es notwendig, das
Prochromogen zunächst in das Chromogen überzuführen, was durch
Autolyse unter einer Glasglocke in Chloroformdämpfen nach der Methode
von Molisch erreicht wird; das dabei entstehende Chromogen wird
dann durch die in der Pflanze enthaltene Peroxydase zum Pigment
oxydiert. Zu den Objekten, deren durch kochendes Wasser gewonnene
Extrakte bei der Oxydation durch Peroxydase und Wasserstoffsuper-
236 IX. Die Enzyme.
oxyd direkt keine Pigmente liefern, gehören die Weizenkeime, was um
so auffallender war, als diese gleichzeitig größere Mengen Peroxydase
enthalten. Zum Zwecke der Spaltung des Prochromogens wird folgender
Versuch angestellt: Der mit kochendem Wasser aus Weizenkeimen er-
haltene Auszug wurde in drei Portionen geteilt, zur ersten wurde Per-
oxydase, zur zweiten Emulsin, zur dritten Emulsin + Peroxydase
hinzugefügt. Am zweiten Tage bildet sich in der dritten Probe ein rotes
Pigment, dessen Menge allmählich zunimmt ebenso wie seine Intensität.
Ebenso wie durch Wasser wird das Prochromogen auch durch Athyl- und
Methylalkohol aus den Keimlingen ausgezogen und kann im Extrakt
durch Azeton gefällt werden; wird die wässerige Lösung mit einer Schicht
Olivenöl bedeckt, so findet keine Pigmentbildung statt, diese ist also
an die Absorption des Luftsauerstoffs gebunden. Ebenso wie Emulsin
bildet auch Takadiastase, nicht aber Pepsin ein durch Peroxydase
oxydierbares Chromogen. Die Autoxydation und Bildung des Pigmentes
wird durch ein alkalisches Medium begünstigt, das bisweilen für
diesen Prozeß ganz unerläßlich erscheint. Deshalb werden auf 100 ccm
Chromogenlösung 5 cem oder mehr einer 50 prozentigen Kalilauge oder
100 ccm einer gesättigten Lösung von Barytwasser hinzugefügt. Die
Lösungen werden in einen flachen Glaskolben mit breitem Boden ge-
gossen, der ein Volumen von zirka 420 cem besitzt und dessen Öffnung
mit einem doppeltgebohrten Gummistöpsel verschlossen ist. In der
einen Öffnung steckt ein kurzes Glasrohr mit Hahn, in der anderen ein
enges, zweimal gebogenes Rohr, dessen mittlerer horizontaler Teil von
50 em Länge mit einer Millimeterskala versehen ist. Das äußere, nach
unten eingebogene Ende dieser Röhre wird in ein Gefäß mit gefärbtem
Wasser versenkt. Die Sauerstoffabsorption im Innern des Kolbens ist
von einer Fortbewegung des gefärbten Wassers in dem horizontalen
Abschnitte des langen Rohres begleitet. Es ist noch besser, dem hori-
zontalen Rohre eine kaum merkliche Neigung in der Richtung nach
dem Gefäß mit der Flüssigkeit zu geben, weil dann das Wasser, nach-
dem das Röhrchen sich mit gefärbtem Wasser angefüllt hat, nach
Öffnen des Hahnes wieder in das Gefäß zurückfließt, um nach Schließen
des Hahnes wieder in dem Röhrchen aufzusteigen. Um die Sauerstoff-
absorption zu beschleunigen, wird der Kolben mit der Flüssigkeit ge-
schüttelt. Das mit Holzgeist aus alten etiolierten Bohnenstengeln aus-
gezogene, mit Azeton gereinigte Atmungspigment ergibt mit Eisenchlorür
eine prächtige, intensiv grüne, nach Hinzufügung von Natriumbikarbonat
in Violett und Lila übergehende Färbung, mit essigsaurem Blei einen
weißen Niederschlag und scheint demnach der Reihe der ortho-disub-
stituierten Benzolderivate anzugehören. Nur für wenige Pflanzen läßt
sich der Nachweis des Chromogens direkt dadurch erbringen, daß der
ausgepreßte Saft sich bei Luftzutritt oxydiert und ein Pigment bildet
wie bei der weißen Zuckerrübe, Kartoffelknollen, Keimlingen von Vicia
Faba. Hier pigmentiert sich stets nur die obere Schicht des Extraktes,
wo Sauerstoff Zutritt hat; durch Umrühren wird die Färbung zum Ver-
schwinden gebracht, ein Beweis, daß der Saft reduzierende Elemente
enthält. Die Reduktion kann auch durch Zufügen von Schwefelammonium
Zinnchlorür oder anderen Reduktionsmitteln hervorgerufen werden. Bei
anderen Pflanzen, z. B. Weizenkeimen, kann das Chromogen, wie erwähnt,
erst nach erfolgter Autolyse unter sterilen Verhältnissen (Zugabe von
Toluol) nachgewiesen werden. Die zu untersuchenden Pflanzenteile
IX. Die Enzyme. 237
werden zerkleinert, mit Wasser ausgekocht, man erhält so, da die Oxy-
dase durch das Kochen zerstört worden ist, eine mehr oder weniger farb-
lose Chromogenlösung. Man setzt dann eine geringe Menge der aus
Meerrettich dargestellten Peroxydase und ein paar Tropfen 0,5 bis
l prozentiger Wasserstoffsuperoxydlösung zu, die zuerst erscheinende
rote Färbung geht schnell in eine dunkelbraune über; seltener be-
obachtet man eine lilaviolette Färbung, die dann ebenfalls über rot in
dunkelbraun übergeht. Durch Zusatz von 1—3 Tropfen verdünnter
Essigsäure wird das Erscheinen der Rotfärbung befördert, ein Überschuß
der Säure dagegen wirkt schädlich, Zusatz von Soda beschleunigt die
Reaktion. Viel Pigment, zunächst violett, dann rot bis braun, führen
Biota orientalis und Thuja occidentalis unter den Gymnospermen,
während Abies und Araucaria wenig enthalten, unter den Monokotylen
Allium Cepa wenig. Der Saft von Aloe soccotrina nimmt beim Kochen
rote Färbung an, in Gegenwart von Peroxydase und Wasserstoffsuper-
oxyd färbt er sich intensiv dunkelrot. Molisch wies nach, daß sich
der Saft in Ather oder Chloroformdampf durch Oxydation des Aloins
rot färbt, und gegenwärtig wird Aloin auch als Reagens auf Peroxydase
verwendet. Unter den Dikotylen enthält Helleborus viridis in jungen
Stengeln und Blüten, der Apfel, junge Stengel von Rheum palmatum,
junge Blätter von Rumex Patientia viel Pigment, Brassica oleracea
wenig. Besonders interessant verhält sich Schenckia Blumenaviana,
von welcher Molisch zeigte, daß sie bei Autolyse in Chloroform-
dampf eine hochrote Färbung annimmt. Das nach dem Kochen er-
haltene Filtrat ist zwar farblos, hat aber eine schöne hellblaue Fluoreszenz.
Bei Cortex Chinae ruber färbt sich das farblose Filtrat nach Zusatz von
Peroxydase und Wasserstoffsuperoxyd intensiv rot, nach dem Stehen
bildet sich eine beträchtliche Menge eines ziegelroten Niederschlags,
aber auch bei Zusatz von Peroxydase allein, ohne Wasserstoffsuperoxyd,
erfolgt hier die Färbung; bei Herba Ephedrae ist das Pigment schon rot-
violett. Für Vorlesungsversuche empfehlen sich nach Palladin beson-
ders Keimlinge von Vicia Faba, grüne, oberirdische Rhizome von Poly-
podium nervifolium und P. leiorhizon, Radix filicis maris, Zweige von Biota
orientalis oder von Thuja occidentalis und Cortex Chinae ruber. Diese
Objekte liefern nach dem Kochen mit Wasser schwachgefärbte Filtrate,
die sich auf Zusatz von Peroxydase und Wasserstoffsuperoxyd schnell
(mit Ausnahme von Vicia Faba) violett oder rot färben. Für die Pigment-
bildung nach ein- bis zweitägigem Verweilen im Chloroformdampf eignet
sich besonders Aloe soccotrina und Schenckia Blumenaviana. Bei Cicho-
rum Intybus beobachtete ich bei Autolyse eine schöne rotviolette Färbung.
Weizenkeime erzeugen ein schönes Pigment nach 10—15 tägiger Autolyse
bei Luftabschluß; das farblose Filtrat nimmt bei Filtration unter Luft-
zutritt hochrote Färbung an. Nur im Spargel wurde bisher kein Atmungs-
pigment entdeckt. Wenn man eine Blumenzwiebel oder sonst ein Organ
von Amaryllis vittata in Stücke zerschneidet und liegen läßt, so trocknen
sie aus, ohne auch nur eine Spur von Pigment zu bilden; wenn man da-
gegen die in kleine Stücke zerschnittene Zwiebel auf 1—2 Stunden
in Wasser legt und dann bei reichlichem Luftzutritt in eine feuchte
Atmosphäre bringt, so beginnen die Wundstellen sich mit zunehmender
Intensität zu pigmentieren; die Färbung wird schließlich scharlach-
oder zinnoberrot. In ruhenden oder im Beginn des Keimens begriffenen
Zwiebeln entsteht mehr Pigment als in Zwiebeln während der Blüte.
238 IX. Die Enzyme.
Kratzt man auf einem Stück Zwiebel mit einem spitzen Messer irgendein
Wort oder dergleichen ein und bringt das Stück nach Verweilen in
einer wässerigen Emulsinlösung in eine feuchte Atmosphäre, so treten
die eingegrabenen Zeichen nach kurzer Zeit rot auf weißem Grunde
hervor. Man kann diese Schicht konstant erhalten, wenn man das
Stück in konzentriertes Glyzerin einlegt, welches dem Objekte Wasser
entzieht, und nach Auspressen des Glyzerins zwischen Filtrierpapier das
Objekt in Benzin einlest. Die Bildung des Farbstoffes erfolgt unter
Beteiligung der lebenden Zellen: Zwiebeln, welche im Mörser zerrieben,
eingefroren oder mit Toluol oder Blausäure getötet oder in verdünnter
Lösung von salzsaurem Chinin eingeweicht waren, bilden in der Auto-
lyse kein Pigment. Der Farbstoff von Amaryllis vittata ist in Chloroform
löslich und kann aus diesem als amorphe Masse gewonnen werden.
Zur Darstellung der Lakkase geht man vom Milchsaft von Rhus
vernicifera oder Rhus succedanea aus, dem das vier- bis fünffache Vo-
lumen starken Alkohols zugesetzt wird, worauf ein Niederschlag ent-
steht, der abkoliert und mit starkem Alkohol so lange gewaschen wird,
bis sich die abfließende Flüssigkeit mit Wasser nicht mehr trübt; die
Fällung wird mit kaltem Wasser ausgelaugt und löst sich bis auf einen
kleinen Rückstand, der abfiltriert wird. Die Flüssigkeit wird in dem
zehnfachen Volumen Alkohol aufgefangen und der entstandene Nieder-
schlag von der Flüssigkeit getrennt, gesammelt und im Vakuum über
Schwefelsäure getrocknet. Ihre Oxydationskraft kann gravimetrisch
durch die Menge des ausgeschiedenen Purpurogallins und volumetrisch
durch Messung des Volumens Sauerstoff bestimmt werden, der in der
Zeiteinheit und in Gegenwart einer bestimmten Menge des zu oxydieren-
den Körpers aufgenommen wird. Für die gravimetrische Bestimmung
werden nach Chodat vier Erlenmeyerkolben mit je 1 g Pyrogallol
und wachsenden Mengen Lakkaselösung beschickt. Die Lakkaselösung
variiert von 10 bis 40 ccm um je 10 cem, wobei immer die auf 40 ccm
fehlende Menge Wassers zugesetzt wird. Nach 24—48 Stunden wird,
wie bereits geschildert, die Menge der bereits gebildeten Purpurogallins
bestimmt; ist a dessen Quantität bei der Konzentration 1, ferner x
die betreffende Konzentration der Lakkaselösung und b eine Konstante,
so läßt sich der Wirkungswert der Lakkase nach der Gleichung ax + b
bestimmen. Ebensowohl läßt sich statt Pyrogallol auch p-Kresol ver-
wenden. Nach der volumetrischen Methode werden zu 10—40 ccm
der Fermentlösung 50 cem Wasser gegeben und je 1 g Pyrogallol
hinzugefügt. Die Mischung wird mit einem Eudiometer in Verbindung
gesetzt und sowohl der aufgenommene Sauerstoff als die abgegebene
Kohlensäure bestimmt. Als Behälter benutzt man eine mit Glashähnen
versehene zugeschmolzene Glasflasche bekannten Inhaltes, die nach
Füllen mit kohlensäurefreier Luft durch ein bis auf den Boden reichendes
Zuleitungsrohr mit den Reagentien beschickt und mit einem Meßapparat
verbunden wird, der ebenfalls kohlensäurefreie Luft enthält. Der Apparat
besteht aus einem graduierten Meßrohr und einem Niveauhalter und ist
mit Quecksilber beschickt. Nach Ablauf des Versuches wird das absor-
bierte Sauerstoffvolumen unter Berücksichtigung von Temperatur und
Barometerstand bestimmt und das Gas durch Heben des Niveaurohres in
den Behälter übergeführt, wo man die vorhandene Kohlensäure gravi-
metrisch mißt. Lakkase oxydiert Guajakemulsion direkt an der Luft
und übt auch sonst dieselben Wirkungen aus wie das System Oxygenase-
IX. Die Enzyme. 239
Peroxydase. Die Lakkase ist meistens mit Tyrosinase vereinigt, von
der sie sich durch Erwärmen auf 60—65 ° trennen läßt. Um die Rein-
heit des Lakkasepräparates zu prüfen, setzt man zu einer 0,5—1 prozen-
tigen p-Kresollösung einige Kubikzentimeter der Lakkaselösung und
verteilt die Mischung in vier Eprouvetten. A enthält die genannte
Mischung, B dieselbe mit Zusatz einer Spur Essigsäure bis zur schwach
sauren Reaktion, C ist mit ganz wenig Sodalösung alkalisch gemacht,
D mit Spuren von Glykokoll alkalisch. Ist nur Lakkase, aber keine
Spur Tyrosinase zugegen, so wird A milchigweiß, B ebenfalls mit
stärkerer Trübung, C und D reagieren viel schwächer. Ist Tyrosinase
zugegen, so färben sich C und D gelb, respektive rot.
Von Tyrosinase rührt die Schwarzfärbung der Säfte von Kar-
toffel, Vicia Faba usw. her. Setzt man von solchen Säften etwas zu einer
l promilligen bis 1 prozentigen p-Kresollösung zu, nachdem man den
Saft durch Sodazusatz ganz schwach alkalisch gemacht hat, so geht
die farblose Lösung in Gelb, Orangegelb und schließlich in Rot über,
bei anfänglichem Zusatz von einer Spur Glykokoll tritt sofort Rot-
färbung auf. Zur Darstellung kann man von Kartoffelschalen ausgehen,
von denen einige Kilo nach Befeuchten mit Alkohol mittels einer Hack-
maschine zu einem dicken Brei zerrieben und so rasch als möglich ab-
gepreßt werden. Man läßt den bräunlich gefärbten Saft direkt in ein
Glasgefäß fließen, das zur Hälfte mit starkem Alkohol gefüllt ist. Den
voluminösen Niederschlag läßt man absetzen, die klare alkoholische
Flüssigkeit wird mittels eines Hebers entfernt, der Bodensatz auf ein
Filter gebracht und noch feucht mit der nötigen Menge destillierten
Wassers unter Zusatz von Toluol einen Tag stehen gelassen; hierauf
wird filtriert.und die klare Flüssigkeit mit starkem Alkohol versetzt,
der Niederschlag, der sich zu Boden setzt, durch Dekantieren von der
Flüssigkeit befreit, der Rückstand auf ein kleines Faltenfilter ge-
bracht, mit Alkohol gewaschen und noch feucht auf porösen Tontellern
über Schwefelsäure im Vakuum rasch getrocknet. Dieser trockene
Rückstand löst sich vollkommen in Wasser, oxydiert sich nicht an der
Luft, enthält keine Lakkase, bläut also Guajakemulsion nicht, wohl
aber Peroxydase, da er Guajak auf Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd
sofort bläut. Wässerige Lösungen von Tyrosinase halten sich selbst bei
Zusatz von Toluol nur einige Tage mit unveränderter Wirksamkeit.
Die Messung der oxydativen Kraft der Tyrosinase geschieht nach
Bach!) folgendermaßen: In eine Reihe von acht Bechergläsern gibt man
je 10 cem 0,05 prozentiger Tyrosinlösung und 0,04 %, Natriumkarbonat
hinzu, ferner je steigende Mengen Fermentlösung und Wasser bis zu
50 ccm. Die Reaktionsgemische werden 24 Stunden bei Zimmertemperatur
stehen gelassen, dann mit je 1 ccm 10 prozentiger Schwefelsäure an-
gesäuert und mit E00 Permanganatlösung bis zur Entfärbung titriert;
gleichzeitig wird in einer zweiten Reihe von Gläsern die Wirkung nach
48 Stunden bestimmt.
Fermentkonzentration 0,5 1,0 155 2,0 5,0 10,0 15,0 20,0
A 24 Stunden 10,8 14,2 1 19,8 25,1 30,4 33,6 35,8
B 48 Stunden 13.222 16,0 17,8 20,4 25,6 31,2 34,4 35,4
1) A. Bach, Über die Wirkung der Tyrosinase Ber. d. d. chem. Ges. 41,
221 (1908).
240 IX. Die Enzyme.
Aus diesen Zahlen läßt sich eine logarithmische Kurve konstruieren, die
Menge des Reaktionsproduktes steigt proportional mit der Ferment-
menge. wenn auch langsamer als letztere. Die Reaktion kommt um
so schneller zustande, je größer die Fermentkonzentration ist. Nach
Chodat und Staub bestimmt man die Wirkungsweise kolorimetrisch.
Es werden 0,5 g Bismarckbraun, 0,5 g Korallin in 250 cem absoluten
Alkohols gelöst (P). Da bei dieser Methode die Rötung der Tyrosinlösung
bestimmt werden muß und es sich gezeigt hat, daß andere Farben-
nuancen am Anfang und später zu beobachten sind, haben die ge-
nannten Autoren zwei Skalen hergestellt:
I. Skala für Spätreaktionen.
Von der alkoholischen
Farbstofflösung P: cem 1 1,5 2.077725 3,0 35 4,0 4,5 5,0
Absoluter Alkohol „» 9 185 17,0 17,5 17,07 1655 16.027552
Il. Skelafür Anfangsreaktionen:
Von der alkoholischen a P: cem 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
Absoluter Alkohol. . . . . EN ER NN 19,8 19,7 19,6 19,5
Die Lakkasewirkung kann durch die eines Systems Peroxydase-
Wasserstoffsuperoxyd ersetzt werden, nicht aber Tyrosinase; wohl aber
kann man aus der Wurzel von Vicia Faba und aus dem Stengel von
Philodendron monsteroides eine Peroxydase extrahieren, die in Ver-
bindung mit Wasserstoffsuperoxyd die charakteristische Rötung des
Tyrosins und die Tyrosinasereaktion auf Parakresol liefert.
Katalase: Zum Nachweis dieses in allen Pflanzengeweben vor-
handenen Fermentes kann man nach Chodat folgendermaßen vorgehen:
Ein Elodeablatt wird in 5 prozentige Salpeterlösung gebracht, der 1%, H,O,
zugesetzt worden ist; unter dem Mikroskop sieht man, wie aus den Zellen,
deren Protoplasma sich im Innern der Zelle zu einer Kugel zusammen-
geballt hat, Gasblasen strömen, bisweilen kann diese Gasausscheidung,
noch während das Protoplasma strömt, stattfinden. Die Katalase zer-
setzt Wasserstoffsuperoxyd unter Entwicklung von molekularem Sauer-
stoff, während andere Peroxyde nicht angegriffen werden; ihre Wirkung,
die keine oxydierende ist, ist in erster Annäherung proportional der
Konzentration des Wasserstoffsuperoxyds, insofern die Konzentration
m m N
desselben zwischen 300 und 1000 variiert. Die Reaktion verläuft dagegen
in stärkeren Lösungen relativ langsamer; die Konstanten der Reaktions-
geschwindigkeit sind nach Senter:
at 1/99 0 molar Konstante 0,0120
des H20s2 1/1100 ” 3 0,0122
1126 e 5 0,175
1/460 x n 0,188
1 /106 R , 0,192
1/440 an . 0,225
Einen wesentlichen Einfluß neben der Wasserstoffsuperoxyd-
Konzentration spielt auch die Temperatur; zwischen 0—10 ° ist die
zerstörende Wirkung einer mäßig konzentrierten Peroxydlösung auf
das Enzym. sehr schwach.
Die Wirkung der Katalase kann quantitativ durch Bestimmung
des Wasserstoffsuperoxyds ermittelt werden, welches von einer ge-
wissen, genau eingestellten Menge desselben nach der eine bestimmte
IX. Die Enzyme. 241
Zeit hindurch andauernden perhydrolzerstörenden Wirkung des Enzyms
zurückgeblieben war. Die Bestimmung des nach unterbrochener Katalase-
arbeit zurückgebliebenen Wasserstoffsuperoxyds kann z. B. mit Kalium-
permanganat in saurer Lösung vorgenommen werden. Ich zitiere diese
Bestimmung nach den Angaben von Grafe und Linsbauer: Der
in der Achatreibschale ohne Zusatz eines zerreibenden Mediums be-
reitete Organbrei wurde mit einer bestimmten Menge Chloroformwassers
vermischt, über ein möglichst kleines Filter in eine Schüttelflasche
filtriert und über dasselbe Filter die abpipettierte Menge Wasserstoff-
superoxyd gegossen. Das verwendete Wasserstoffsuperoxyd war auf
en eingestellt und aus reinem Merckschen Perhydrol durch Ver-
dünnung hergestellt. Nach einer bestimmten Zeit wurde im Filtrat
die Arbeit der Katalase durch Zugabe einer bestimmten Menge kon-
zentrierter Schwefelsäure unterbrochen und darauf sofort die Titration
vorgenommen. Je nach Bedarf wurde auch das Filtrat in aliquote Teile
geteilt und diese in bestimmten Zeitintervallen titriert, um die Wirkungs-
weise des Fermentes durch eine längere Zeitperiode hindurch verfolgen
zu können. Die Permanganatlösung wurde mit reiner Oxalsäure in der
gewöhnlichen Weise eingestellt, in der Stärke 500 verwendet und beide
Lösungen in angemessenen Intervallen gegeneinander nachgeprüft. Der
erste Tropfen, welcher etwa eine halbe Minute bleibende Rosafärbung
in der titrierten Lösung verursachte, wurde als Kriterium für Be-
endigung der Titration genommen. Diesem Verfahren haften insofern
Ungenauigkeiten an, als einerseits der Pflanzenpreßsaft von vornherein
nicht farblos, sondern mehr oder weniger gelblich erhalten wird, ander-
seits die anfängliche Rosafärbung nach scheinbarer Beendigung der
Titration bei energischem Umschütteln verschwindet, nachdem sie
mehrere Sekunden angehalten hat, da ja die zahlreichen organischen
Komponenten des Saftes die Maßflüssigkeit erst nach und nach redu-
zieren, so daß bisweilen eine wirklich bleibende Rosafärbung erst nach
mehreren Stunden Schüttelns und Weitertitrierens erhalten wird. Es
müßte also auf den ersten sichtbaren, durch ganz bestimmte Zeit
bleibenden Umschlag gearbeitet werden.
Diese Unsicherheit ist durch Verwendung der von A. Jolles
vorgeschlagenen Jodaklimethode zum Teil vermieden. Das Wasserstoff-
superoxyd vermag aus Jodkalilösungen in salzsaurer Lösung die äqui-
valente Menge Jod frei zu machen, welches dann mit Natriumthiosulfat
unter Verwendung von Stärkekleister als Indikator zurücktitriert werden
kann. Zu dem mit Chloroformwasser filtrierten Preßsaft, in welchem
die Katalase eine bestimmte Zeit auf die zugefügte Perhydrolmenge
gewirkt hatte, wurde zur Beendigung der Reaktion konzentrierte Salz-
säure, hierauf 10 ccm einer 10 prozentigen, jederzeit frisch bereiteten
Jodkalilösung hinzugegeben und das ausgeschiedene Jod mit Thio-
sulfatlösung titriert. Die letztere war in üblicher Weise mit Kalibijodat
so eingestellt, daß 10 ccm der verwendeten Wasserstoffsuperoxydlösung
ungefähr so viel Jod aus einer 10 prozentigen Jodkalilösung in Freiheit
setzten, daß von demselben etwa 15 ccm verbraucht wurden, und wurde
von Zeit zu Zeit kontrolliert. Die verwendeten Büretten waren eng
und gestatteten die Ablesung von !/,, cem. Die verwendeten Keimlinge
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 16
242 IX. Die Enzyme.
wurden im Glashause unter Deckelsturz aufgezogen und alle notwendigen
Operationen bis zur Titration in der Dunkelkammer ausgeführt. Die
Pflanzenteile wurden in einer kleinen Achatreibschale mit Chloroform-
wasser zerrieben und mit einer entsprechenden Menge der Perhydrol-
lösung über ein kleines Filter in eine Schüttelflasche filtriert. Nach
einer bestimmten Zeit wurde die Katalasearbeit durch Eingießen von
10 ccm konzentrierter Salzsäure zum Stillstande gebracht, 10 ccm der
Jodkalilösung hinzugefügt und nach einer Minute fortgesetzten Um-
schüttelns titriert. Das sofortige Titrieren hatte sich als notwendig er-
wiesen, da wir beobachten konnten, daß der gelbe Farbenton der Probe
mit der Zeit nachdunkelte, also offenbar neben der Katalase, welche
ja durch die Salzsäure in ihrer Tätigkeit unterbunden war, noch Stoffe
im Extrakt der Reibmasse vorhanden sein mußten, welche diese suk-
zessive Jodausscheidung bewirken.
Man kann die Stärke einer Katalaselösung genauer
durch Messung des entwickelten Sauerstoffs bestimmen.
In ein mit Mohr scher Bürette versebenes Gefäß mit
doppelten Hähnen und Röhren gießt man 5 bis 10 ccm
der Katalaselösung; dann läßt man durch Öffnen eines
Hahnes 30 ccm einer 1 prozentigen Wasserstoffsuperoxyd-
lösung zufließen. Die sich entwickelnde Sauerstoffmenge
wird mittels Eudiometers nach 1, 2, 5, 10 Minuten ge-
messen. Ist die bestimmte Zeit verflossen, so wird der
zum Eudiometer führende Hahn geschlossen und durch
Senken der Quecksilberkugel das Niveau äquilibriert.
Der hier gut verwendbare Apparat von Liebermann!)
hat folgende Einrichtung (Fig. 75): In die Abteilung A
(Fassungsraum zirka 25 ccm) kommen mit Hilfe einer
Pipette nach Entfernung des bei E eingeschliffenen
Manometerrohres D und bei geschlossenen Hähnen a, c
und d 5 cem einer verdünnten Fermentlösung; hierauf
wird der Hahn auch bei b geschlossen und der Apparat
umgekehrt. Dann werden bei geschlossenen Hähnen e
und / bei F 5 ccm einer 1 prozentigen Wasserstoffsuper-
oxydlösung in die Abteilung B gebracht (Fassungsraum
Fig. 75. Lieber- zirka 25 ccm), worauf Hahn g geschlossen wird. In die
a Abteilung C (Fassungsraum zirka 25 ccm) kommen nun
5 ccm einer gesättigten Kochsalzlösung, worauf auch Hahn h geschlossen,
der Apparat wieder umgekehrt und auf passende Art in ein Stativ ge-
klemmt wird. Nun wird das sowohl nach aufwärts wie nach abwärts
von Null in Millimeter geteilte, bis Null mit Quecksilber gefüllte Mano-
meterrohr D aufgesetzt. Die Hähne i und b werden zum Druckausgleich
geöffnet, dann wird i wieder geschlossen; die Hähne b, a, g und h sind
mit 1 cm weiten Bohrungen versehen, um den Flüssigkeiten raschen
Durchfluß zu gestatten. Das Manometerrohr ist, soweit die Millimeter-
teilung (100 mm nach auf- und abwärts) reicht, genau kalibriert, so
daß das Volumen in Kubikzentimetern für jeden Millimeter aus der
Kalibrierungstabelle abgelesen werden kann. Mischen sich die beiden
Flüssigkeiten bei geöffnetem Hahn a in der Abteilung B und findet
') L. Liebermann, Beiträge zur Kenntnis der Fermentwirkungen, Pflügers
Archiv 104, 179 (1904).
IX. Die Enzyme. 243
Gasentwicklung statt, so steigt das Quecksilber im Manometer, und es
kann nun für jede beliebige Zeitdauer des Versuches das Volumen des
entwickelten Gases bestimmt werden, wenn man es auf gleiche Tem-
peratur und gleichen Druck reduziert. Die Abteilung C dient dazu,
einer Übersättigung mit Gas vorzubeugen, und wird mit gesättigter
Kochsalzlösung beschickt. Durch Öffnen von g wird die Flüssigkeit
aus B hereinfließen gelassen, wodurch eine vollkommenere Mischung
und ein Entfernen der an den Wänden haftenden Gasblasen bewirkt
wird. Aber die volumetrische Methode hat den Nachteil, eine Über-
sättigung mit Sauerstoff zu bewirken, da das Gefäß nicht geschüttelt
werden kann, ohne durch den Einfluß der Gefäßwandungen einen un-
berechenbaren Faktor in die Versuchsmethodik einzubringen. So kann
man auch hier keine absoluten, sondern nur Vergleichswerte erhalten.
Bessere Erfolge erzielt man nach Chodat mit der Titration durch
verdünnte Kaliumpermanganatlösung, aber auch nur dann, wenn man
die Katalase selbst darstellt, z. B. durch Extraktion von Tabakblättern
mit chloroformhaltigem Wasser und Fällen durch Zusatz von über-
schüssigem Ammoniumsulfat; der Niederschlag wird von der darüber-
stehenden Flüssigkeit abfiltriert und durch Dialyse von dem vor-
handenen Ammoniumsulfat befreit; er erweist sich nach OÖ. Loew
als stark katalasehaltig. Solche Katalasepräparate enthalten in ihrer
verdünnten Lösung nur so geringe Spuren organischer Substanz, daß
>05 KMnO -Lösung
messen läßt, da die Reaktionsgeschwindigkeiten der Zerlegung von
sehr verdünnten (5) Lösungen von Wasserstoffsuperoxyd der Ferment-
konzentration nach Senter proportional ist. Zur Probe müssen die
verwendeten 100—400 ccm der Fermentlösung in großen (Liter) Flaschen
mit Glasstöpsel einige Stunden in schmelzendem Eis vorgekühlt und
darauf 100—400 ccm vorgekühlte Wasserstoffsuperoxydlösung dazu-
gegossen werden. Von der peinlich auf O0 ° gehaltenen Flüssigkeit werden
zeitweise je 23>—100 ccm zur Probe entnommen, zur Unterbrechung der
Reaktion in verdünnte Schwefelsäure gegossen und darauf mit der
sich ihre katalytische Kraft durch Titration mit
m a Mt
500 Permanganatlösung titriert. Ich habe schon darauf hingewiesen,
daß man sich von der viel langsamer als das Peroxyd auf Permanganat
wirkenden organischen Substanz des Zellsaftes emanzipieren kann,
wenn man nicht die dauernde, sondern die eine halbe Minute beständige
Rosafärbung als Ende der Reaktion betrachtet.
. Die kolorimetrischen Methoden, z. B. Intensität der Bläuung von
Guajakemulsion, wie sie bisweilen zur Messung der katalytischen Kraft
bei Peroxydasen verwendet werden, sind höchst unzuverlässig. Vor
allem muß die Intensität der Färbung durchaus nicht der Intensität
in der Oxydation der farblosen Verbindung parallel gehen, so nimmt
z. B. Guajakharz bei der Oxydation eine blaue Färbung ar, die aber
bei weitergehender Oxydation von einem gewissen Punkt an wieder
abnimmt; die Färbungen der einzelnen Substanzen, wie Guajak, Kresol
usw., sind in ihrer Intensität nicht untereinander vergleichbar, ferner
sind die Pflanzensäfte nur selten klar und farblos, meistens trüb und
mißfarbig, so daß die oxydierende Fällung nicht gleichmäßig vor sich
16*
D44 IX. Die Enzyme.
geht und die Färbung nicht deutlich zu erkennen ist. Der Vergleich
mit künstlich hergestellten, von Suspensionen freien Farblösungen ist
aber höchst unexakt. Was also ein Postulat für solche Bestimmungen
wäre, ist eine Methode, welche mit frischen Säften, wie sie aus den
Pflanzengeweben eben bereitet werden, zu arbeiten gestattet und bei
welchen die Genauigkeit auch mit größeren Extraktmengen hinlänglich
ist. Die von Bach und Chodat beschriebene, auf der Wägung
des entstandenen Purpurogallins basierende Arbeitsweise ist wohl ver-
läßlich, aber etwas langwierig; nach Foä ist die befriedigendste Methode
der Messung der Reaktionen, welche Absorption von Sauerstoff bewirken,
die, in welcher die Menge des absorbierten Sauerstoffs durch Messung
der Druckänderung im Reaktionsgefäß bestimmt wird. Da die Oxydasen
katalytisch wirken, d.h. eine Reaktion beschleunigen, ohne selbst dabei
verbraucht zu werden und dabei eine in keinem Verhältnis zu ihrer
Menge stehende Stoffquantität umsetzen, kann man bei ihnen am besten
den Grad messen, in welchem sie gewisse
Oxydationen beschleunigen, um ihre Wir-
kungsintensität kennen zu lernen. H.
Bunzel!) hat eine solche Methode aus-
gearbeitet, in welcher die Arbeit des Enzyms
unter sorgfältig konstant gehaltenen Außen-
bedingungen vor sich geht, und bei welcher
die Menge des absorbierten Sauerstoffs ge-
messen wird; immerhin mußte zunächst,
da die Peroxydase nicht beliebige, sondern
in bestimmter Quantität nur ganz be-
stimmte und nicht allzugroße Mengen Pyro-
gallol oxydiert, die Beziehungen zwischen
Stärke des Oxydasepräparates, dem Betrage
der Sauerstoffabsorption und der Art und
Weise derselben festgestellt werden. Bei
einer solchen Manometermethode muß na-
türlich die Temperatur vollkommen kon-
Fig. 76. Bunzels Peroxydaseapparat. Stant gehalten werden, d.h. sie darf nicht
um mehr als um Zehntelgrade schwanken,
und diese Bedingungen müssen schon eine Zeitlang vor Beginn des
Versuches herrschen und zwar sowohl wegen des Verlaufes der Enzym-
arbeit selbst als wegen der Manometerablesung, die Manometer-
schwankungen dürfen nur durch den absorbierten Sauerstoff, nicht aber
durch die Differenzen zwischen diesem und der ausgegebenen Kohlen-
säure hervorgerufen sein, die Kohlensäure muß also sofort aus dem
Reaktionsraume entfernt werden, und ihr Betrag ist zu messen, da er
auch Anhaltspunkte für die Aufnahme von Sauerstoff geben kann.
Diesen Forderungen entspricht der von Bunzel konstruierte
und mit besonderen elektrischen, der Heizung, der Luftbewegung und
der Kühlung dienenden Vorrichtungen versehene Thermostat. Indem be-
züglich dieser Einzelheiten auf die Originalabhandlung verwiesen sein
mag, soll hier nur der Peroxydaseapparat und die Methode beschrieben
werden. Der Apparat (Fig. 76) besitzt einen Fassungsraum von 150 cem.
) H. Bunzel, The measurement of the oxidase content of plant juices.
U. S. Department of Agriculture Bull. No. 238 (1912).
IX. Die Enzyme. 245
Die Einschnürung bei D teilt den unteren Teil in zwei Räume, A und B.
In den Raum A kann aus der 2-cem-Bürette F vermittels des Hahnes C
Flüssigkeit eingefüllt werden. Der Raum B kann aus der Birne G,
mit einem Inhalt von 8 cem durch den Hahn und die Röhre E oder
durch Abheben des eingeriebenen Teiles bei X gefüllt werden. Die
Röhre trägt ein kleines, etwa 10 ccm fassendes Glaskörbcehen H,
welches einen ausgebauchten Rand besitzt, damit beim Schütteln keine
Flüssigkeit herausspritzen kann; es ist auch hinlänglich weit vom Boden
des Gefäßes entfernt, daß kein Wasser hineingelangen kann. Diese Vor-
sicht ist sehr wesentlich, da eine durch Mischung von Pyrogallol und
Alkali hervorgerufene Sauerstoffabsorption die Manometerablesung un-
zuverlässig machte. Das Manometer M ist in Millimeter ein-
geteilt; durch Schließen des Hahnes J kann es außer Verbin-
dung mit dem Apparat gesetzt werden. Dieser Apparat ist
standfest geblasen. Um den Inhalt des Körbchens zu titrieren,
wurde ein Titrationsgefäß (Fig. 77) benützt, in welchem alle
Titrationen in einer kohlensäurefreien Atmosphäre ausgeführt
wurden, zu welchem Zweck der Boden des Gefäßes mit einer
30prozentigen Kalilauge bedeckt war. Der
den Korb tragende Schliff wird durch den breiten
Kautschukstöpsel R ersetzt. Die in Zehntel ge-
teilte Bürette B kann in den Schliff bei G ein-
gesetzt werden, so daß ihre Mündung sich gerade
oberhalb des Körbchens befindet. Die kleine Birne
C ist durch einen Schliff mit der Bürette verbun-
den und mit einem Wattestöpsel zur Abhaltung
von Verunreinigungen versehen. Als Peroxydase
wurde die aus Kartoffelschalenpreßsaft und als
oxydable Substanz Pyrogallol verwendet. Nach-
dem der Oxydaseapparat im Thermostaten auf-
gestellt ist, werden 8 ccm 0,1—1 prozentiger
Pyrogallollösung in die Abteilung 5 aus der
Birne G gebracht. 2 ccm des Pflanzensaftes
werden aus der Bürette F in die Abteilung A ab-
gemessen. Das Körbchen H wird mit 1 ccm
n-Natronlauge beschickt. Der Hahn E am Oxy-
daseapparat wird geschlossen, während C und J
geöffnet sind. Der Thermostat wird geschlossen
und die Schüttelmaschine, welche den Oxy- Fig. 77. Titrationsapparat.
daseapparat sanft rüttelt, in Bewegung ge-
setzt, worauf die Reaktion gleich einsetzt. Nach 10 bis 20 Minuten
langem Schütteln wird immer behufs Manometerablesung das Schüt-
teln unterbrochen, und die Reaktion wird so lange vor sich gehen
gelassen, bis kein Sauerstoff mehr absorbiert wird, was beiläufig
zwei Stunden dauert. Nun wird der Behälter geöffnet, der Oxydase-
apparat aus den Klammern, die ihn während des Schüttelns festgehalten
hatten, befreit und die Hähne C und E geöffnet. Der innere Teil des
eingeschliffenen Satzes mit dem Körbchen wird sorgfältig heraus-
genommen, das Glaskörbchen wird rasch an der Außenseite abgetrocknet,
2 Tropfen Phenolphthalein zu der Lauge hineingegeben und dann der
Korb sofort in den weiten Hals des Titrierapparates befestigt. Die
Kali-
stücke
Bürette wird mit . Ö Schwefelsäure gefüllt und die Flüssigkeit im Körbchen
246 IX. Die Enzyme.
Leim- u. Blei- - . Baryt- Kalk-
Reagens | Fiweiß | FeOls azetat | KOH Ammoniak wa | wasser
|
Gallus- |
säure. . keine blau | Fällung — — gelbe —
Fällung | | | Fällung
a-Digallus- |
säure . |Fällung| blau | Fällung —_— | — hellblaue | —
Fällung
Tannin . | Fällung blaugrün Fällung — — dunkelgrüne —
| ' Fällung
Sumach . | Fällung 'blaugrün | Fällung — |. — | hellgrüne |hellgrüne
| ı Fällung | Fällung
Quebracho | Fällung grün |Fällung rot rot ‚ violette violette
' Fällung | Fällung
Maletto . |Fällung | grün |Fällung rot rot violette violette
Fällung | Fällung
Tee. . .. | Fällung blaugrün| Fällung | rot rot | braune | braune
| ' Fällung | Fällung
Mate . . |Fällung grün |Fällung | gelb, gelb, | gelbe gelbe
dann dann Fällung | Fällung
grün grün |
Kaffee. . [|Fällung grün |Fällung gelb, gelb, | gelbe gelbe
' dann dann | Fällung | Fällung
grün grün |
unter sanfter Bewegung bis zum Verschwinden der Rotfärbung titriert.
Der Stand der Bürette wird dann abgelesen, 3 Tropfen Kongorotlösung
ins Körbehen getropft und die Titration fortgesetzt, bis die dunkle,
rote Farbe verschwindet. Aus der Differenz zwischen den zwei End-
punkten kann die Quantität der absorbierten Kohlensäure berechnet
werden. Naturgemäß sind die aus den Manometerablesungen hervor-
gehenden Beträge des absorbierten Sauerstoffs keine für die Wirkungs-
stärke der Peroxydase geltenden absoluten Werte, sondern nur relative
Vergleichszahlen. Die Zahlen variieren auch mit der Stärke der Pyrogallol-
lösung, mit der Temperatur, mit der Menge der zur Absorption der
Kohlensäure verwendeten Lauge, deren Relation zum Sauerstoff
eine Rolle spielt, so daß alle diese Momente, will man vergleichbare
Werte erhalten, berücksichtigt und gleich gehalten werden müssen.
Das gilt auch von der Stärke des Schüttelns, so daß alle Operationen
durch Maschinenkraft, am besten durch den elektrischen Strom be-
wirkt werden.
Zum Nachweis der oxydierenden Enzyme läßt sich, namentlich
wenn nur kleine Mengen zur Verfügung stehen, die Kapillarisations-
methode von J. Grüss'!) verwenden, welche auf der verschiedenen
Absorption der einzelnen Bestandteile einer Mischung in Filtrierpapier
beruht, kombiniert mit einer Farbstoffreaktion. Um Filtrierpapier in
passender Größe auszuspannen, hält man sich Messingreifen von 4 cm
Höhe und 10, 15, 20 und 25 cm Durchmesser vorrätig. Ein solcher
Ring wird mit einem kreisförmig ausgeschnittenen Filtrierpapier über-
deckt, ein zweiter, etwas größerer Messingstreifen wird dann darüber-
gestreift, so daß der Kapillarisator wie eine Trommel aussieht. Die
ı) J. Grüss, Kapillaranalyse einiger Enzyme, Ber, d, d. bot. Ges. 26a, 191,
620 (1908), 27, 313 1909.
IX. Die Enzyme. 247
CuSOı | Fehlings Sibernitrat-| Brom- | Uranyl- |rauchend.| Molybdäns. N
sauer Fösane Be Ammoniak | wasser | Kreiit | HNOs | Ammon |KaFe(CN)
schwache gelbe rote gelbrote | gelb bis Wärme
grün [Reduktion Reduktion| Fällung | Fällung | Fällung rot rotbraun,
| | dann
| | dunkelgr.
grün schwache |Reduktion gelbe rote gelbrote | rötlich braun,
Reduktion ı Fällung | Fällung | Fällung dann
grün
== = = a — — — Hitze
| | grün
gelbgrün. — erst gelb- rote braune | blutrot | blutrot Hitze
Nieder- weiß, dann, Fällung Fällung | grün
schlag Reduktion |
gelbgrün. schwache erst gelb- rote braune | blutrot | blutrot Hitzegrün,
Nieder- Reduktion weiß dann) Fällung | Fällung | dann
schlag ‚Reduktion blaugrün
Kapillarisatoren werden in einer Kristallisierschale übereinandergestellt,
in welche ein Tropfen Toluol oder sonst eines Antiseptikums hinein-
getan wird; die Kristallisierschale kommt in eine größere, deren Boden
mit Wasser bedeckt ist und in welche eine bedeckende Glasglocke ge-
stellt wird; durch den Tubus der Glocke leitet man, wenn es sich um
ein oxydierendes Enzym handelt, Wasserstoff ein. Man kann z. B. in
der Aleuronschicht von Gerstenkörnern, die man mit Quarzsand zer-
rieben hat, den Nachweis von Diastase, Oxydase und Antioxydase neben-
einander führen. Das zur Kapillarisation benutzte Filter tränken wir
mit einer halbprozentigen Lösung von löslicher Stärke und lassen es
trocknen. Auf dem im Kapillarisator ausgespannten Stärkepapier
stellt man zunächst durch Auftropfen eines Tropfens Wasser einen
Wasserring her: Dazu bewegen wir eine kleine Pipette mit 0,2 ccm
Wasser im Kreise herum, während wir dasselbe langsam ausfließen lassen,
so daß eine wasserhaltige ringförmige Zone entsteht, deren inneres,
trockenes Mittelfeld 1—2 em Durchmesser besitzt. Auf dieses bringen
wir die mit etwas Thymol versetzte, zerriebene Masse der Aleuronzellen ;
nach 24 Stunden hat sich das Kapillarisationsfeld ausgebreitet, aus
dem man einen Sektor herausschneidet, den man zum Nachweis der
Diastase über Joddämpfe hält: die Jodfärbung der Stärke wird dort
ausbleiben, wo die Stärke durch die Diastase verändert worden ist.
Ein zweiter Sektor wird in eine alkoholische Guajaklösung getaucht
und nach Abdunsten des Alkohols auf eine Unterlage von Fließpapier
aufgedrückt, welches mit einer verdünnten Lösung von Wasserstoff-
superoxyd angefeuchtet ist. Die dadurch entstehende dunkelblaue Fär-
bung reicht so weit, als Stärke gelöst ist; eine zweite hellblaue Randzone
greift darüber hinaus, in der die Oxydase zu suchen ist. Ein dritter
Sektor wird auf Filtrierpapier gebracht, das mit einer Lösung von Tetra-
methylparaphenylendiamin (Violaminlösung) getränkt ist, wie sie auch
248 X. Gerbstoffe.
zum Nachweis geringer Sauerstoffspuren im sogenannten Wurster-
schen Reagenzpapier vorliegt; die Randzone färbt sich an der Luft
violett, enthält mithin Oxydase. Ein vierter Sektor wird mit einer
mit etwas Wasserstoffsuperoxyd versetzten Lösung von Paraphenylen-
diamintartrat (Ursoltartrat) angefeuchtet. Die dadurch hervorgerufene
schiefergraue Färbung stimmt im allgemeinen mit der Guajakfärbung
überein, nur da, wo Antioxydase ist, bleibt das Papier weiß und färbt
sich außerhalb des Kapillarisationsfeldes langsam gelbbraun. Wenn
man einen anderen Sektor mit einer Lösung von Karminsäure anfeuchtet,
die man mit Soda oder Lithiumkarbonat schwach übersättigt und ihn
auf ein mit Wasserstoffsuperoxyd angefeuchtetes Filtrierpapier legt
(die Wasserstoffsuperoxydlösung ist gegen die Karminlösung so ein-
gestellt, daß deren Entfärbung allmählich in einer bestimmten Zeit er-
folgt), so muß diejenige Zone des Kapillarisationsfeldes, welche die
Antioxydase enthält, die rote Färbung am längsten bewahren. Auf
diese Weise kann man auch Oxydase und Antioxydase in jungen Trieben
von Pteris aquilina aufsuchen und findet ihre hauptsächlichste Wirksam-
keit in der Rinde, wo der Sauerstoff am besten hinkann, während im
Leptom die Antioxydase lokalisiert ist.
X. Gerbstoffe.
Für den Nachweis von Gerbstoffen sind eine Reihe von Reagenzien
in Gebrauch, welche ich tabellarisch nach Nierenstein!) wieder-
gebe, und welche auf Seite 246 und 247 oben, ebenso auf S. 249—254
abgedruckt sind.
Während früher für die Einteilung der Gerbstoffe lediglich die
Färbung maßgebend war, welche auf Zusatz von Ferrichlorid entsteht,
weiß man heute wenigstens, daß diejenigen Gerbstoffe, welche mit
Ferrisalzen eine tiefblaue Färbung geben, Pyrogallolgerbstoffe sind,
die sich damit grünfärbenden oder grünblaue Reaktion gebenden Pyro-
katecholgerbstoffe. Mit Bromwasser geben die ersteren eine Färbung,
die letzteren nicht, bei der Kalischmelze liefern die Pyrogallolgerbstoffe
Gallussäure, die Pyrokatecholgerbstoffe Protokatechusäure, Resorzin,
Phlorogluzin und aliphatische Säuren.
Für den Nachweis der Gerbstoffe von besonderer Bedeutung ist
die Gelatinefällung. Man verwendet eine halbprozentige Lösung, die
durch Erwärmen auf dem Wasserbade bei 60-70 ® dargestellt
wird. Zur Extraktion der Gerbstoffe empfiehlt Nierenstein die
von Procter modifizierte Kochsche Methode. Die Apparatur (Fig. 78)
besteht aus einem heberförmig zweimal rechtwinklig gebogenen Trichter-
rohr, das am Trichterende mit Seidengaze überzogen und am anderen
Ende mit einem Gummischlauch, Schraubenquetschhahn und einem
dünnen Glasrohre versehen ist. Der Trichter wird in ein Becherglas
eingesetzt und dort mit einer Klemme festgehalten. In das Becherglas
kommt das mit Sand vermischte, zu extrahierende Material. Man über-
gießt mit Wasser und erwärmt auf dem Wasserbade zuerst auf 30—40
und läßt innerhalb einer Stunde zirka 80 ccm ablaufen, erwärmt dann
im Wasserbad auf 100 °, läßt ab und konzentriert durch Abdampfen,
') M. Nierenstein, Darstellung, Untersuchung, Nachweis und Analyse
der Gerbstoffe, VI. Abderhaldens Biochem. Arb. meth. Seite 165.
249
Gerbstoffe.
X.
_ _— | — — | — _ Sungnas, dOygesissH
Seyos |
-I9P9IN A9q[e3 Se'yos SepyosaopeiN Jepyasıop | Zejyasaopoın
— -gToM dedurIes | JOpeın Jouneiqg AoNNsJoTAneıs. — | ON dogjesgyam aoumeaqgyam | ° * ° " aoygy
| | | uneıg
uneaq | ı Sunsor] 'Iqfe8 | 'ösog ‘Sejyos
-301 uogo0 ‘god | Sunpieyossny | | | sung | “Sejyasaop | -Aopsın Adodıy
-y9eMyos '3soT vUneIgfeyunp | — | _ | -nıL JYaıgJIom | -OIN Joqjedgtem | -J0]F AOqJ93I0A1 ULIOFJOIOTYJ)
| SejydsaopsıN Seyas | yorısoL yoIsoT 9sIoM
950[93 901 | doypaısopun | -A8peIN days gmyosaoqN wm |-TeI “yosaoqN
Zepyosaopaın |gmyosaoqy) wr | gnyosaoqn wer -sopgmyosasqN | ı “Sepyosaopsin | wı “Feyosaop
a9uneıgjseyunp | ‘Fepyasaopeın “Tounergjoyunp | wI “401499J01A | Sungnıfs, daogjodfeyunp | -eIN doumemg | ° yeruowuy
| | | Sey9sIop
— — _ — | — — | -9IN doqfedgjem | * oanesdtssy
| SunsoT
'3soT ouneaq SunsoT pun | Sumeagogunp
-304 ‘ZE[y9SIOp SE[Y9SAIOPSIN Se]y9sIopaIN | “SelyasIopaIN
-SIN Aodurıe | IOSTY00]F doqJo3 JOUNeIgIoA1 "op | q193 ‘op asqppdunesrg °ONH
Sunso] pun |
| Sefy9SI9PaIN
| ı Zsoj opyump “aurz 9901 |
Sunso] ‘Sejypsıop -yOSIy] UOgO SunsoT uneag
Sunso 7 |pun Zejyasıop | Zunsor] ouneag | -eIN Jeunemg ‘Zepyasaopsın 'aq “Zerypsıop | -9501 Sunso]
ouneagqjeyunp -eIN Adeuneag -4801J9Junp | -9801 AOduLIed "qfezumeagqyydm | -OIN dagfedggem im Sepyasaopaın | * ' ' ?os’H
SefyasIop Sunsof pın | | u0Z 0901UE801 | "ZsoT ounerg
|-9IN A0d1M00JF SefyasaopeIN | 3ely9saop “Zejydsaopaın Suns
‘op doqJosgoayyat umeagjoyunp 'op -9IN dogqfodggom aogqjoduneag | -OT 990UnBAAq 2 79H:
SelyasIop | . Zefyos Sunsof pun | |
-SIN JodIm90]JF -AopeIN Aodıy SejyosaopaıN | \ JefypsaopoıN
aoqjosuneag |-0]F “TOgfosggten JouneIgyyarT ‘op | aounas[ojde ‘op ‘op roklen
Sepyas | "Zsorf aumesrg | | yoroa ostom |
Sung | -dopeIN Ao9oı Sejy9sIopaIN Sung | -TIog‘Zepydsaop | Sungnıf,
JungnIL | -NIL Sgqfesyyar |; -umeagfeyunp aogfesgtem | -NIL AgTeMUnad | -OIN A9qjedggtem | EUSAABTOSURLO - gosseM
zj0yoydeigend) zjoqyuoyorT OpuLıy2oJwog] SpuLızsowmm] apuLıuapro M SpuıusyaıT | SpurıuayyorLg suadeay
erbstoffe.
EN
r'
C
X.
0
2
ZejyasıopaIN
A940 TUNBIgFyoTT
Zejy9saopaıN
daousqzrejqfeF
ZunsorT 9904
-uneagjfeyunp
‘Ze]y9SI9P9IN
aogjoduneag
:op
‘op
Zunsor]
ouneagqfoyunp
3ejy9saop
-OIN AOd1m00]F
aoqjodunnag |
Zunso]
ouneaqpoyunp.
SB[Y9SI9POIN
douneıgqgqfoed
ı-@IN
|
3eyas
-IOpsıN AorIem
‘op
Zejy2saopaIN
dOq[odgTom
gefy9asaop
-OIN Jod12[00]7
daoqjesgjom
"qNIL 9y9BAyas
‘3so 7 opjunp
Se]y9SIop9IN
d9uUNBıgqqgToes
Sejyosaop
aounBag
-1901 d02UL10d
|
|
|
|
Se]y9sI9opSIN
dOuneıgIo.«
Ze]yasIopsıIN
‘Iqdızynwy9s
ZeypsaopeIN
"Iqg901 JOY1BIS
Sefy9saopoIN
aouneaqq]ad
Sefyasaop
Jouneig
“urumfoA
‘op
-OIN
-304
Sey9sIopeIN
d9UNBIAIOL
ZejydsaopeıN
aOdTy00]J 19904
JOoAy9Bmyos |
uopog we
Jydıyag ouneaq
3efydsIopsIN Sefyasıop
I9I0IYOSIO]F | -9LNAEUNISTTOM
"yog sunaazory
Zejydsaopsın | go *‘Zefyasıop
19401440J0TA | -OTNIENBIFgTTOEM
ZejyasaopeIN | SefyosIopaIN
"uneaq aodufl3 | aeqjedyprun.ezs
‚op u
Sp ‚op
SejyasIopeIN | uoy
aogjoduneag | -YOLTPoqIEdunad
| Zefyasıop
-9IN JOFTN00JF
— J9UMISTgTToM
| Sunso’f 9901
Suns | -uneagfpyunp
-oT 'n Seyas ‘Se]y9sIop
-I9POINAOUNBAG | -HIN JOunddq]oes
qrodyoemuyps | unıd
uopogl
we gyoryag
OIOAZIBMUYOS u
|
Sefy9sIop
-9IN J9qJedgrem |
Se]yasıop
-9IN dogqfednead
SefydsIop
-9IN JODTY90]F
oggeägten
ösof ouneaq
‘3ejyasaop
-9IN doyoıqyod
:op
-op
Seyas
-I9P9IN JoqJes
-JIOM AJOSULIEF
Suns
-o7T 'n Fepyas
-IOPOIN JOUNBAIA
q[93
qesypemyos
SBTYISIOPOIN
-SIN00]J I0unBIA
ZejyasIop
-OIN JOqfodg]Tam
ZejyasIopeIN
daousqrejqfer
SefyasIopeIN
AOUNBIgqyFyaT
Sunso’f
pun Sejyosaop
-OIN deyorqfed
‘op
‘op
Sung
-NI]L Sq[EITTOAM
SefyasIopaIN
A9ITY90]F doqJo3
Sunso’T
pun Fepyasaop
-SIN JounelIg
Iq18J05 q]99
yqaejosum
zyesuop
-Og] AOUMRBIGIOL
(NOT M
uUIOISUI9AMUYD9AgT
amespÄzıes
jousydoayruLL],
° oMespexOQ
SINBSUSUOLINMZ
OINBSUIO AM
urI9zÄ]9
joygyden
1704suoJ
-VONJPPPAUYOS
AOUFR]OAIOI
jozuogg
z70yoypRBagend)
zj0yuoydIz
OPuLIS[poJwoH
OPULIBSOWIM OPULIUPPIO AA
|
ı
puLıuoydLT
opurıuogyoLy
suasvay
uoy94S
wIOIodUuR] yoeu
ZefyasaopaIN
"agSPEJoNOy9S
251
‚SqnaL oPTUNP
Zefy9sIopaIN
aoumergfeyunp |
[oyunp Suns
OT *401999J0TA
SepyosaopaıNn
‘op
puszue]d
-opefoyoy9s
go ‘neadgom
Gerbstoffe.
X.
uneıg
-Joyunp uego
“uneigq449J0TA
SejyasaopaIN.
Sunsof
9901UBIBUIB
‘3elydsaop
-9IN A0duLıed
Sepy9sIopaIN
Zejy9SIOP9IN
aoqfpaneıd sıq
doumeIg uuep
‘19401[9991Z
Seydsıop
-OIN JOdT[007F
“aoqosgtom
Zefy9sIopsIN
| 'uneaq aoyeds
‘ssunaönefg,
SejyasIopaIN
aoq[odgan
| 'aq4yOrN UUBPD
“nefq uego
‘om uoyun
Sefy9sdopaIN
| uneaq
\-301 puozug]d
"go ‘“Sepyoszop
-OIN douneagq
aoyeds "yornerq
geaMm uoyun
‘uneaqg uuBp
‘nejgq uago
Zepyosaopern.
gqredggomn usgo
‘uneag uoyun
ZefydsIopaIN
Suns
-oT oqesygoN
“3e]y9SIOPAIN
aoqjedggam
uogqTeFpIe
uuep ‘901UN®IgQ
Sefyas1op
-9IN AdOIoAmIg
Sepydsaop
-9IN doumeıag
Seiyas
-I9POIN 19904
‘op
‘op
uneagpıo
puszuej3 uogo
Zey9sIopaIN
A9UNBIAIIJOTA
‘op
Sejyas
-IOpaIN JOUOT]
Sof SUIEAMN"P
ur ‘Ioumelg4ol
Se]yasaop
Jaouneag
-SIzynwyoSs
“IN
| Zejy9saopaIN
. gomepqgyor
Seyasaop
| -oIN AdounelIg
| Seyas
-I9PoIN AONBILd
Selyas
-I9poın Joneq
-SIZINnUUYOS
Seydsıop
-9IN Jouneag
usgo ‘“unasnerq
ZefydsaopaIN |
JouneIq u9ogO
| ‘a099PJ0TANEIq
|
|
|
| Se]yasıop |
\ SIN Jounerg
| -HPB[oyoydas |
Se[y9SIOP9IN
aoq[o331z4
-nuUOSUHUA4S
weıaodug] Y9Ru
Seryas
-I9P9IN JogJIom |
Zepydsaopaın
aogfpdwoayD |
unıd Sunsort
3efydsaopaIN
19201449J0TA
‘op
‘op |
3ey9sIopaIN
gpPspPAyasS
Srzynunyas
“ZunsorT 9493
-op
SefydsaopeIN
aounadgyerq
SE[y9SIOPSIN
-aqneıd uuep
“rsqposyomggd
Sung
-NIL SqTedgTomM
3efy9saopaIN
asungıgg]oes
Zejy9sIopsIN
"IOMITZINULUIS
‘op
:op
ZunsorT 9qfa3
‘3ejy9sIop9IN
dOusqLeJope]
-OYNOYDS U9IO
‘ssqppsunerg
SungnaL
sunergyyat
Sefyasaop
-9INT AOSTN90JF
aoqpoduneag |
Sepydsaop
|-oIN douneag
-nB13sızynwyos
ZepyosıopeiN
, J9uNeIgg014yOTT
| Sefy9saopaIN
a9UNBIgPp.Io
ZefydsaopaIN
d9UMBagyyal
‘op
Suns
| -OT OqpsgTom
SeTy9SIOP9IN
-qssstzynuryas
"pzur[d OYORL
290 Rp ur
3epy9SIOP9IN
| goypıgpodumeag
Sunqnaz,
ouneagyyaT
yo
| "BOT ULB M °P
ur ‘Sepypsaop
-OIN AOO1M00]F
aoyprgjpsuneag
®ON3H
®naH
’OAIJM
BISOUSEN
ueryuoag
yAaeg
ars
NOM
MSND
GE ek BEE BR VERERREEE B BNERE E E | aen nn N TE a E —
zjoyorpeEIgand
zjoyuaydıy
SpurLıy9ojwog
Bpu1Lıesowmm
OPULIUOPIO AA
opu1ıuoydıT
opurıuoyyaL A
su9seoy
Gerbstoffe.
X.
Zefyasaop
-aIN doyorqfed
20du13 uoyoIg
— | — weasdug] yoeu — | — — AOyFBsIssH
-[yosaopoIN A001 | Zefyasaop |
-yosroj} uouur ındg | -OIN Jouneaqneıs — — | — =: “ aoygy
ZejydsaopaIN Ze[y9SIopaIN USN9OLT |
aoumeagq AoduLled | IOqJodgTTem IONLBIS _ | ouneıqydrgqfod UEN9OLT EnBadgqjes | UNO] T eneadgjed | * wLIOFJOIOTYY
| uneag
uoys4g urog JOAYOSAITH
yon “yaısop ostem | [sop gmyaszqn) uoye4s wueq
-sop gmuyosaoqN pujoyunpyoeu | -TI04 emuyosaoqn wı ‘ZejypsıopsıN ‘yoIfsof HsToafLof
ur ‘“Sefyposaopein | 901 ‘Zepyosaopaın | Zunpioyos | wır “ZepyosaopsıN Jouneig Adoyeds 3efydsaopsıN
A940AYOSTOJF[ENUNP | EgTomneıd Ioyaıp | -sny oumıd oduLıed AaOgTOMydTTgq[o3 “TOgTaanyogled. aogIem-yargfes | * Heruowury
| Zepyosaoporn | Rue Ki
' gunISsızynwyoS | I : :
| Zejyasaop | uuep ‘aojfoyy 4810 Sung sung |, =
E= -OIN Joumeaqgjed -nz “ounadjoyunp -nı]L vuneaqyyatf | -nıL Jqjedfeyunp | Sungagg oyargpes | * amesäissq
|
| | | Sunsorf
ZunsoT | | opyunp ‘Sefyas
pun Zejyasıop | SelyasIop Zefy9sIopaIN Sungana]L Zungae T | -IQOpeIN Jounwag
-9IN Joumeıgqgsod | -9IN Jogjosjfoyunp JAOUNISZIBMUIS | VUNBIGSTZINUYOS | goasızymmuyas -Jyorf AOduLIed ®ONH
Zunsof opmunp | Zunso’T ayyaıJ
“Zeiyasaopaın Selyas Sunsof vunıd Zey9saopaıN SungnuLf, “SejyasaopsıN
JOUNBIAIOI ION LBIS | -I9P9I N dagqfodneas | ‘zyeg AEUNISYyOT A9401I1Z24NWYOS | "unBagqgqfoed odurLısd | Teyarqjos aodurıed ’os’H
| | Sunsor]
Sey9sIop Sefyasaop | ouUneagqyoa ‘“depyas Zung Sung
-9IN Joumwaqq[ed ‘op | -9IN Jounasjoyunp | -AopsıNn Iogfesgtem | -nıJ ounBagqyyaı | -nıT Puneagqyyor OH
ZefyasIop m Selyas Seyas
-9IN JOUNBIYIOA op "[yOSIOPOLN JOUNAIS | -IOPOINT dOyoıqjed | -dEpeın doyoıqyod "op Eos
| euoz afyunp
Se]yos Se[y9SIOPAIN Sungnıf, Sungnıf, usgo ‘DungnzızL
"dqnaf oqjoduneag | -a0poıN doqjadgtem | aeumadsızynuryos | ouUmBIgg[es osıeIs | oqjesstzynuyps eqedstzynuryas IOSSB AA
usoddouy UOUBTLIOLKN BOUOIRA suadvoy
OPULIUONLIEL
wpweung
TAIPIALC
Zeryas
-I9p9IN Aouneıg
-35014yOI] JONLEIS
253
ZefydsaopeıN
-uUneIgqIsoI I9Y1BIS
-op
‘op
-op
SefydSIOPaIN
Gerbstoffe.
SungnaL
Zunso”] 9901[2Junp
X.
Seyasıop
-9IN APunergqfoed
a9UMEIqISOAFYa
Ze]y9sIopsIN
asqjedyprundd
Ze]yds
-IOP9IN JOdIsR 4
JOIOMSTZINULYIS
Zeiyas
-J9paın aoqfosnead |
‘op
Op |
3ejyasIopeIN |
aogposypmunas |
Oy9emyds
3e]yas
-I9psıN Aoneıd
A9dULI98 UOY9IS
wododue] ydeu
"SAnEL
unadq[os |
unıdq[os
uoy
Jod eqrosyamyga
Seydsaop
-OIN dounısyyor
"[y0sIOPpeIN Aadıs
-99 goqjodyprundd
"[yOSIOPAIN Jounad
Ze[yasıop
-9IN Joumadjoryde
-op
"op
"[yosaopaıN dounıd
Ze[y9saop9IN
"UNISZIBMUYIS UOy
-999 wIoZSueL yoeu
Zeydsap |
-9IN Aoumemqunıd
umad
|
oduLıod ayos uoy |
|
SejydsiopaIN |
IOUAAIBFODUBIO
3ejypsıopaın 198
-ISe] “I9Q[9319N90
Seyds |
-Jopaın doyoıqrod
-ANILLSqPFIJUBL0
asyeds “uneagsol
SunsoT ouneag
-yyaıg ‘Sepyoszop |
-9IN douneagqqfed
‘op
Seyas |
-I9paIN doyoıyqpod
SungnzL
-998 wESUeL yoeu
SeydsaopaN
ıqqps3 aoduLıed
uoypoLT 9q]93
PUOZZUAIN) A9p Ue |
Sepyasıop
AOUMBAIAISON |
"IN |
‘op
3ey9sIopaIN
a9dıqaefowsdoryatT
uoyP0] T aneadq[as |
Seyas |
-I9psIN Jdoumeagq
doyarsoT gNyY9S
\-aoqn wı aoyeds
“IOgJIOMyaILqTad |
‘op
:op
Seyas
-J9paın doypıqpos
usa
ouneag uayaIs |
weIdue] ydeu
Jefy9SI9P9IN
aoyoıqjad doduLıed
usy90L T 9qI93
9UOZZUuUaıyd) A9Op Ue
UO9OLT Sqesyyaıf |
Sefy9saopsıIN
aaggtomgodryor
| "Ty9SA9PaIN AOUaIT
-n8a3 AOAqJESIya1T
Seryds
-I9PSI N doneadq[ad
Se]y9SIOP9IN
A9ATOFUHUOLNZ
aoyeds ‘“aounesg
-g[P331z4nwuyDS
ZefyasaopaıN
a9q[93[9F9My9S
-op
Selyds
-I9PaIN Ioneadqjad
Se]ydsIopaIN
aoyoırqjod uoya4g
weaodur] yaeu
ZefydsaopaıN
"aqgqpp3 aoduLıad
U9N9OLT
aqfp3 aYydıp
AUOZZUAIK) IOp uw
Sepydsaop
-9IN AOZAeMyaS
uuep ‘Toro M
-q[P331zynuy9S
K(NOTM
UISISUTOMYOAIEL
9ınes[Äzıeg
j[ousydoagrurLs,
° OMESTEXO
OMBSUSUOLHZ
amesurm MM
UNIIZÄIH
- oygyden
37048u9]
yozle7>2425
aayyefotIod
jozuog
a ———————————————————————————————————————————
opurıuayııg
uroddoay
yeung
FATprAIGT
u9ug[egotAW
BIUOTRA
su9deay
En —_,— — — —< << a
Gerbstoffe.
x.
-[ydSAop9LN Aoneıd
Zefyas
-19poın doqfosgoL
-I9PoIN dOuoq.LeF
-op8[oyoyds uuep
FejyasaopııNn |
AOUMBLAUITUBISBN
ZefydsaopaIN
A9IOAYOSITOTFFUDTT |
Sepy9saopaIN
A9402190UUIZ
usgo ‘woneadgom
Sefyds
-I9poIN doumeag
uogo ‘aonwadgjon
Zepy9sIop9ıN
19J0L1I9GOUUIZ
uogqo *A8FOAYOSIOTF
puozur]s
pun uneaq
-pa9 uago ‘Fe]yds
-I9P9T N AOqJaFgTI Om
SungnaL
ZejydsaopsıN
daopuspIoMm neıLd
A9UHYLBTODUBIO
Seryas
-19paIN Sunadqfod
Seryas
‘19499J0TAJEJUNnPp
Sey9sIopaIN
aogroayorrqfod |
:op
unesqneıd
yyoeNn 'qn ‘Sepyas |
-I9pOIN dounıd
Se]yasaop
-OIN JSoumBaqunıd
Seryas
-19poIN Adopujoy
-unpypeu dogoMm
-yoryga Aodısyı |
Sepydsaop
-9IN dOqjesoduRıdo |
Zeyas
-Jopaıy dounıd
-Ane[ISpUuOT[eFsn®
qfod uoyarg unoq
‘a9ydıjsof 9SI9AM
-[04 gAYPS1oq[) U
SejyasaopaIN
AoNeıIsdTzynwyds
ZefydsIopaIN
AOUMEAIGSTZINUIUOS
OSSe N
sunadstzynurgds
‘op
ZefyasaopeIN
aoqjadjfoppmyas
uuep ‘ounad 9810 |
Seryas
-I9paIN AIoqfed
uuep ‘WwunId 4819
'op
"[yOSIOPOIN AOUNALS
l
I}
Sepy9asIopaIN |
aodızynumyas Ao4
-gds ‘roqjadodueıo
yorsor smor
-U9IgJ018 enyas
-g9qn wı ‘Seyas
-I9P9IN aounerg
Sejy9asaopaıN
asouneagfpyunp,
SefydsaopaIN
"neıqneıs ‘aoneıd
-Sızmuryos uogo
Se]y9SIOp9IN
AOYOTTJOIYIBMYIS
‘op
SefyosaopaıN
aopujoyunpyoeu
AOUHALEFTTOAEST |
Sefydsıop
-OIN dOqjesferunp
ZefyasIop
-aIN Tgpöneıs |
uuep‘1sq[odsdue.uo |
| Bor gayasaeqr]
um Zejyosıop
-9IN JouneIgg[oed
SejypsaopaIN
A9UNBIGSTZINUUUOS
Seryas
-g9poIn doyorqfoß
' Iepyosıoporn ou
-NBIg uuep ‘IouNId
‘op
Sumsor]
osopqıeF ‘DeIyas
-I9poIN AdOqfeFTo
"op
neısdızynuryas
aoyeds ‘Sefyasıop
-3IN TOqjosodueıo
yansor -SBIaATIa}
“SejydsIopaIN
a9qjo3stzynunyas
SefydsIop
-9IN TOUMBIggq]od
Sefyas
-aopaın Joyorqfod
zıemyos AJoyeds
3epyasaopaIN
"unBIgspe[oyoyds
-op
Sefyas
-I9P9IN Jouneıg
-Hpe[oyoyosIydt]
-op
Sefyas
UENPOLT SqrPsyygarf -TOPOIN aonBıdq[oes
- £0N5H
°19°H
’OJM
eısoudeN
uerJuoIls
jA.1eg]
SIE
| |
9PULLUOSLIIET
unoddouyg
young
LAIPLAICT
UOUBTRAOLÄN
BOUOIBA
nn
>
X, Gerbstoffe. 255
worauf man die beiden Extrakte vereinigt, die aber zusammen nicht
ganz einen Liter ausmachen dürfen; man filtriert, pipettiert einen Teil
(je nach dem Gerbstoffgehalt 50-200 ccm) ab "und bestimmt durch
Abdampfen bis zur Trockene den ‚„Gesamtrückstand‘“. Die wichtigste
Operation besteht nun in der Entgerbung zur Feststellung der ‚‚Nicht-
gerbstoffe“, deren Differenz gegenüber dem Gesamtrückstand die ",Gerb-
stoffe‘“ angibt.
1. Hautpulvermethode. Zur Ausfällung des Gerbstoffes
(ein ausgezeichnetes Extraktionsmittel für Gerbstoffe ist Azeton, aus
dem Azetonextrakt läßt sich der Gerbstoff durch Äther fällen) benutzt
man das käufliche Hautpulver im Procterschen Glockenfilter (Fig. 79).
Es besteht aus einer Glasglocke, deren Verjüngung einen durchbohrten
Korkstöpsel trägt, durch dessen Öffnung ein doppelt gebogenes Heber-
Hie: 78. Apparat zur Gerbstoffextraktion. Fig. 79. Procters Glockenfilter.
—= Kolben; HA = Quetschhahn; YM = @ = Glasglocke; H = Heberkapillar-
neekerelan, @d = Seidengaze; $S= Extrak- rohr; B= Baumwolle; — Haut
tionsmaterial und Sand. pulver.
kapillarrohr zieht. Das Ende des Rohres schneidet mit dem Stöpsel
ab. In die Glocke wird ein kleiner Bausch trockener, gut gewaschener
Baumwolle gesteckt, der das Eindringen des Hautpulvers in die Kapillare
verhindert. Nun wird die Glocke mit Hautpulver gefüllt, so daß dieses
stark gestopft ist, namentlich an den Rändern muß stärker gestopft
werden, damit sich die Gerbstofflösung nicht an den Glaswandungen
hinaufzieht. 7—8 g Hautpulver genügen für eine Glocke. Dann wird
die offene Basis der Glocke mit einem Stück trockener, sorgfältig ge-
waschener, nicht zu feinmaschiger Gaze mit Hilfe eines Gummiringes
verschlossen. Man spannt nun das Heberrohr in eine Klemme ein, senkt
die Glocke bis fast auf den Boden eines 200 ccm fassenden Becherglases
und gießt in dieses eine kleine Menge der gerbstoffhaltigen Lösung,
damit zunächst das Hautpulver durch Kapillarwirkung gleichmäßig
benetzt werde. Dann wird das Becherglas vollgegossen und am Heber-
rohr gesaugt, bis die Lösung langsam abtließt; es sollen in der Minute
256 XI. Glukoside.
5—8 Tropfen austreten. Die ersten Anteile des Filtrates enthalten noch
lösliche Bestandteile des Hautpulvers, können also zur Bestimmung
der Nichtgerbstoffe nicht dienen. Das Filtrat ist solange nicht zu ver-
wenden, als einige Tropfen noch mit einigen Tropfen Tanninlösung
Niederschlag oder Trübung hervorrufen, was bei gutem (schwach-
chromiertem) Hautpulver nach 30 abgelaufenen Kubikzentimetern ein-
zutreten pflegt. Das weitere Filtrat fängt man in einem 60 ccm fassenden
Kölbchen auf, das man bis zu der bei 60 ccm angebrachten Marke auf-
füllen läßt. Das Filtrat muß völlig wasserhell sein und darf mit essig-
saurem Eisen keine Gerbstoffreaktion geben (Färbungen, welche mit
diesem Reagens in dem Filtrat der Nichtgerbstoffe fast immer eintreten,
sind nach Nierenstein gewöhnlich auf Gallussäure zu beziehen).
Von dem gerbstoffreien Filtrat wird ein Teil abpipettiert und auf dem
Wasserbade verdampft. Willman das Hautpulver auf seine Wirksamkeit
prüfen, so filtriert man in der eben beschriebenen Weise destilliertes
Wasser durch das Hautpulver, nachdem 30 ccm des Filtrates verworfen
wurden, dürfen die folgenden 50 ccm, am Wasserbade eingedampft,
einen Rückstand von höchstens 5 mg ergeben. Statt des Hautpulvers
verwendet Nierenstein sorgfältig durch Äther entfettetes Kasein.
100 ccm des Gerbstoffextraktes werden mit 6 g Kasein 10 Minuten ge-
schüttelt und hierauf mit weiteren 6 g Kasein behandelt und durch ein
Barytfilter filtriert, worauf man wie bei der Hautpulveranalyse ver-
fährt.
2. Die Löwenthalsche Permanganatmethode.
Wir brauchen dazu eine Lösung von 10 g KMnO, in 6000 ccm destillierten
Wassers. Ferner eine Lösung von 10 g indigoschwefelsaurem Natron
in 1000 ccm Wasser. 20 ccm dieser Lösung mit 750 cem Wasser verdünnt,
dürfen nicht mehr als 10—11 cem KMnO ‚-Lösung verbrauchen. Ferner
eine Lösung von 2 g reinsten Tannins in 1000 ccm Wasser, welche Lösung
zur Titerstellung dient; schließlich weißes Hautpulver, das an kaltes
Wasser (3 g Hautpulver auf 50 ccm Wasser) keine Permanganatlösung
reduzierenden Bestandteile abgibt. In eine flache weiße Porzellanschale
von zirka 1500 cem Fassungsraum bringt man 750 ccm destilliertes
Wasser, 20 cem Indigolösung und 10 ccm des auf zirka 0,1% ver-
dünnten Gerbmaterialauszuges. In diese Mischung läßt man aus einer
Bürette je 1 ccm Permanganatlösung auf einmal einfließen und rührt
nach jedem Zusatz mit dem Glasstab kurz und gleichmäßig um. Wird
endlich die Flüssigkeit bei weiterem Zusatz der Titerlösung nur hell-
grün, so setzt man nur je 2—3 Tropfen zu, bis die Flüssigkeit rein gelb
wird, womit der Endpunkt der Reaktion erreicht ist. In weiteren
50 ccm der Gerbstofflösung werden mit Hautpulver oder Kasein die
Gerbstoffe durch Schütteln ausgefällt und 10 ccm der durch ein Leinwand-
filter filtrierten Lösung in gleicher Weise mit Permanganat titriert. Die
Differenz gibt den Gerbstoffgehalt.
XI. Glukoside.
Bei der Darstellung dieser Pflanzenstoffe ist auf ihre überaus
leichte Zersetzlichkeit durch chemische Agenzien und Enzyme zu achten,
so daß man am besten tut, nur frische, möglichst unzerkleinerte Pflanzen-
teile mit kochendem Alkohol rasch zu extrahieren. Allgemeine Vor-
XI. Glukoside. 957
schriften für die Darstellung von Glukosiden lassen sich aber nicht geben,
sondern es kommt sehr wesentlich auf den speziellen Fall an. Ein aus-
gezeichnetes Reagens auf Glukoside ist Emulsin, welches alle bisher be-
kannten linksdrehenden Glukoside spaltet. Durch die enzymolytische
Wirkung entsteht aus dem linksdrehenden Ausgangsmaterial neben einem
optisch inaktiven Produkt die rechtsdrehende und überdies als redu-
zierender Zucker durch Fehlings Lösung erkennbare Dextrose.
Man fügt also nach E. Bourquelot der auf Glukoside zu unter-
suchenden wässerigen Lösung Emulsin zu und erkennt nach Ablauf der
Reaktionszeit an der Umkehrung der Drehungsrichtung und an der
Kupferreduktion das Vorhandensein eines durch Emulsin spaltbaren
(von der «-Glukose ableitbaren, linksdrehenden) Glykosids; da der
Betrag der jetzt umgekehrten Drehung und die Menge der gebildeten
Dextrose dem ursprünglich vorhandenen Glykosid an Quantität an-
nähernd proportional ist, kann man durch Emulsinspaltung auch die
Menge des vorhandenen Glykosids annähernd bestimmen. Da die
Drehungskonstanten für eine ganze Reihe Glykoside feststehen, kann
man auch erkennen, ob das Glykosid, das man zu bestimmen wünscht,
bereits bekannt ist oder nicht, und man kann auch eventuell das Vor-
handensein eines zweiten Glykosids an der Menge der abgespaltenen
Dextrose erkennen. Wenn ein bekanntes Glykosid in einer bestimmten
Menge Lösungsmittel gelöst und der Betrag der Drehung im Polarisations-
rohre bestimmt und darauf eine Spaltung durch Emulsin vorgenommen
wird, so ist die gebildete Glukosemenge und der Betrag der nun ein-
getretenen Rechtsdrehung in ihrem gegenseitigen Verhältnis konstant
und die in 100 ecem gebildete Dextrosemenge, welche einer Drehungs-
änderung um 1° entspricht, ist für jedes Glykosid eine leicht zu be-
rechnende Größe, deren Bestimmung eine Identifizierung des Glykosids
im Pflanzenextrakt selbst ohne Isolierung des Glykosids ermöglicht.
Man muß also zunächst feststellen, ob ein durch Emulsin spaltbares
Glykosid vorliegt und bestimmt dann jene Verhältniszahl zwischen
Drehungsänderung und Menge der gebildeten Glykose, worauf man
einfach nachsieht, ob die gefundene Zahl mit einem der bereits bekannten
Glykoside übereinstimmt, oder ob es sich um ein noch unbekanntes
Glykosid handelt. Natürlich ist Voraussetzung, daß nicht mehrere
durch Emulsin spaltbare Glykoside gleichzeitig vorliegen und daß die
Verhältniszahlen über die Fehlergrenzen sich voneinander unterscheiden.
Diese Verhältniszahl, der enzymolytische Reduktionskoeffizient
Bourquelots, bedeutet die Glukosenmenge q in Milligrammen, die
in 100 ccm der Lösung frei wird, während das Drehungsvermögen der
Lösung in einem Polarisationsrohr von 2 dem Länge um 1 ° nach rechts
umschlägt. Dieser enzymolytische Reduktionskoeffizient ist für eine
Reihe von Glykosiden bestimmt worden (Siehe die Tabelle S. 258.).
Für die Berechnung des enzymolytischen Reduktionskoeffizienten
gibt Zemplen folgendes Beispiel. Salizin wird durch Emulsin nach
der Gleichung
C,5H10,+ H,0 = CH 50; + C,H50,
Molekulargewichte 286 18 180 124
zu Saligenin und d-Glukose hydrolysiert. Es seien in 100 ccm der
wässerigen Salizinlösung 2,86 g des Glukosids enthalten, wobei eine
Linksdrehung von — 3,71 ° auftritt. Nach der enzymolytischen Hydro-
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 17
958 XI. Glukoside.
Glukosid Drehungsvermögen Koeffizient
Verbenaln. 71 2er... Aare — 180,5 ° 19
Bakankosın“: "7.9.2073 os — 205,7 108
Gentiopikenn 2. ee — 200,9 ® 111
Aukubmr??::2. 7 Wo ar — 174,4 ° 144
Meliatin } — 81,9° 240
Picein — 84° 261
Koniferin . — 66,9 278
Bamhbunipein! 2 I I FIT — 76,3 281
Dasıkatinv nr ae re — 72,9 296
Salızin . . PR — 64,9 321
Methylarbutin — 63,4 326
Prulaurasin . — 53° 359
Isoamygdalin . — 51,4 425
Amygdalin — 39° 490
Syringin BE ı 3 — 17,1° 570
Amygdonitrilglukosid. TER — 26,9 ° 517
Arbutin. Ä RITTER — 63,8 700
Erytaurin ne A ME. — 134,4 —
Glanrapem. 7 sn nr a NE, — 153 117
Insenttların Al, 2: I — 145 ° —
lyse enthalten die 100 ccm nach der Gleichung 1,80 g Glukose und 1,24 g
Saligenin. Diese Glukosemenge besitzt ein Drehungsvermögen von
+ 1,89°, der ganze Drehungsrückgang beträgt also 3,710 + 1,89
— 5,60 ®, da jetzt statt einer Linksdrehung von — 3,71 ° eine Rechts-
drehung von + 1,89 ° zu sehen ist. Das gesamte Reduktionsvermögen
gegenüber Fehlings Lösung beruht auf der Gegenwart der 1,80 g
Glukose in 100 ccm. Auf 1° Drehungsrückgang entfallen daher 0,321 g
Glukose — der Reduktionskoeffizient. Treten neben Glukose bei der
enzymatischen Spaltung eines Glukosids außer dem Zucker noch andere
reduzierende Stoffe auf, deren Reduktionsvermögen bekannt ist, so
muß dieses vom Gesamtreduktionsbetrage abgezogen werden. Ist das
Glykosid unbekannt, so kann der Koeffizient nur dann experimentell
bestimmt werden, wenn das Glykosid isoliert, dessen Drehungsvermögen
und nach der Enzymhydrolyse dessen Reduktionswert bestimmt wird.
So konnte das Taxikatin in den Blättern von Taxus baccata als
neues Glykosid im Extrakte erkannt werden, denn nach der Behand-
lung mit Emulsin resultiert eine Verschiebung des Drehungsvermögens
von links nach rechts, und einer Drehungsänderung von 1° ent-
spricht die Bildung von 0,624 g Glukose, eine Zahl, die bis dahin noch
nirgends festgestellt worden war. Auch in vielen.anderen Pflanzen und
Pflanzenteilen konnten mittels der biochemischen Methode Glykoside
entdeckt werden.
Wie bereits erwähnt, muß man die möglichst wenig zerkleinerten
frischen Pflanzenteile direkt in siedenden Alkohol werfen und mit Alkohol
extrahieren. Die alkoholische Lösung wird durch Abdestillieren unter
vermindertem Druck von Alkohol befreit, wobei man zur Abstumpfung
der hydrolysierend wirkenden Pflanzensäuren eine Spur Kalziumkarbonat
zusetzt; der Rückstand wird mit so viel Thymolwasser aufgenommen,
daß die Anzahl der Kubikzentimeter der erhaltenen Lösung dieselbe ist
wie die Anzahl der Gramme, die man mit siedendem Alkohol extrahiert
hat. Nun kommt in allen Pflanzenteilen Rohrzucker vor, auf den das
immer in Emulsin enthaltene Invertin in der Weise einwirkt, daß der
XT. Glukoside. 259
linksdrehende Invertzucker entsteht, so daß die Originalwirkung des
Emulsins verschleiert wird. Man hydrolysiert demnach zweckmäßig
zuerst den Rohrzucker mittels Invertins aus Hefe und kann gleichzeitig
eine quantitative Bestimmung des Rohrzuckers damit verbinden. In-
vertin ist zwar ein Handelspräparat, doch ist es gut, sich dasselbe immer
frisch herzustellen. Bäckerhefe wird mit sterilisiertem Wasser angerührt,
abgesogen, mit dem zehnfachen Gewicht 95 prozentigen Alkohols an-
gerührt und 12 Stunden absitzen gelassen. Dann wird die Hefe an der
Pumpe abgesogen und zuerst mit Alkohol, dann mit wenig Ather ge-
waschen und bei 30—35 ° getrocknet, worauf sich das Präparat, in einer
trockenen, wohlverschlossenen Flasche aufbewahrt, gut hält. Man muß
stets frische, unverdorbene Hefe verwenden. Zum Gebrauche reibt
man 1 g des Präparates mit thymolgesättigtem Wasser an, nach dem
Filtrieren erhält man eine klare, sehr haltbare Invertinlösung. Nun
teilt man die zu prüfende Lösung in einen Teil A von 50 ccm und einen
Teil B von 200 ccm, zu welch letzterem man 1 g des Hefepulvers fügt,
worauf man beide in kleinen, wohlverschlossenen Fläschchen in den
auf 25—30 ° erhaltenen Brutschrank stellt. Nach zwei Tagen entnimmt
man jeder Flasche 20 cem und fügt 4 cem Bleiessig hinzu, worauf die
nunmehr geklärte Flüssigkeit polarisiert wird. Ist Rohrzucker vor-
handen, so ist er durch das Invertin gespalten worden, und das Polari-
meter zeigt gegenüber der unveränderten Vergleichslösung in A einen
Drehungsumschlag nach links infolge Bildung des Invertzuckers an.
Bestimmt man die Menge des reduzierenden Zuckers in beiden Proben
A und B, so gibt die Differenz den aus dem Rohrzucker gebildeten
Invertzucker (man kann nun zur Probe umgekehrt berechnen, welche
Drehung diesem Invertzucker entsprechen muß: beide Werte, der be-
obachtete und der berechnete, müssen übereinstimmen, wenn Rohr-
zucker und nicht Raffinade, Stachyose oder Gentianose vorgelegen hatte).
Man wiederholt die Proben an aufeinanderfolgenden Tagen so lange,
bis zwei Proben dieselben Zahlen liefern, worauf man die Invertinarbeit
als beendigt betrachten und den gefundenen Invertzucker auf Rohrzucker
umrechnen kann. So ist es also möglich, den Rohrzucker quantitativ
zu bestimmen.
Wenn nun die Invertinhydrolyse beendigt ist, erhitzt man die
Lösung 10 Minuten lang auf 100 °, läßt erkalten und fügt Emulsin hinzu.
Die Darstellung des Emulsins erfolgt aus Mandeln. 100 g süße Mandeln
werden eine Minute lang in kochendes Wasser getaucht, nach dem Ab-
tropfen geschält, im Mörser fein zerstoßen und das erhaltene Produkt
mit 200 cem eines Gemisches aus gleichen Teilen destillierten Wassers
und mit Chloroform gesättigten Wassers 24 Stunden bei gewöhnlicher
Temperatur mazeriert, dann durch ein feuchtes Tuch koliert und zu je
150—160 cem Flüssigkeit 10 cem Eisessig zur Fällung des Kaseins zu-
gefügt. Die Fällung wird abfiltriert, zu dem klaren Filtrat die vierfache
Menge 95 prozentigen Alkohols gefügt, der Niederschlag auf einem
Filter gesammelt und nach dem Abtropfen mit einem Gemisch von
gleichen Teilen Alkohol und Äther gewaschen, das Produkt im Vakuum
über Schwefelsäure getrocknet und die erhaltenen hornartigen Blättchen
zu einem nahezu weißen Pulver zerrieben, das sich, trocken und luft-
dicht aufbewahrt, sehr lange hält.
=
260 XI. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.
XI. Nachweis der wichtigften organifchen Säuren,
Alkohole und Aldehyde.
Oxalsäure: Diese findet sich in Pflanzengeweben häufig als
oxalsaurer Kalk und kristallisiert in farblosen säulen- oder nadelförmigen
Kristallen, welche in Wasser und Alkohol leicht löslich sind und beim
Erwärmen ihr Kristallwasser vollständig verlieren. Durch vorsichtiges
Erhitzen auf 150—160 ® läßt sich die entwässerte Säure sublimieren.
Die Säure und ihre Salze zerfallen beim stärkeren Erhitzen für sich
oder mit konzentrierter Schwefelsäure oder mit Schwefelsäure und
Oxydationsmitteln, wie KMnO, oder MnÖ,, in Kohlenoxyd und Kohlen-
dioxyd. Von den Salzen sind die der Alkalien in Wasser löslich, die
unlöslichen Oxalate der Erdalkalien können durch Kochen mit Soda-
lösung in Lösung übergeführt werden. Oxalsäure oder lösliche Oxalate
werden durch Kalisalze nicht gefällt (Unterschied gegenüber der Wein-
säure), Kalkwasser oder lösliche Kalksalze fällen weißes Kalziumoxalat,
in Essigsäure unlöslich. Man extrahiert die Gewebe mit verdünnter
Salzsäure, versetzt die filtrierten Extrakte mit einer Mischung von
Chlorkalziumlösung und Ammoniak und übersättigt mit Essigsäure;
dann löst man nochmals in Salzsäure und versetzt wieder mit Ammoniak,
hierauf mit Essigsäure im Überschuß.
Weinsäure: Die neutralen Tartrate sind in Wasser leicht, die
sauren Tartrate schwer löslich, wohl aber lösen sie sich nach Behandlung
mit Natronlauge. Chlorkalzium fällt aus der Lösung neutraler Tartrate
weißes, in Lauge lösliches Kalziumtartrat. Beim Kochen dieser alkalischen
Lösung scheidet sich das Kalziumtartrat ab und verschwindet beim
Erkalten der Flüssigkeit wieder (Kalziumoxalat ist in Lauge unlöslich.).
Kalkwasser bewirkt in der Lösung normaler Tartrate in der Kälte einen
weißen Niederschlag (Unterschied gegenüber Zitronensäure), Silber-
nitrat erzeugt eine weiße, flockige Fällung, die beim Kochen sich unter
Abscheidung metallischen Silbers schwärzt. Versetzt man die Lösung
freier Weinsäure oder eines Tartrats mit wenig Ferrosulfatlösung, fügt
einige Tropfen Wasserstoffsuperoxyd und dann Natronlauge im Über-
schuß hinzu, so entsteht eine violette Färbung. Dadurch unterscheidet
sich die Weinsäure von der Zitronensäure und Bernsteinsäure. Zur
Trennung der Weinsäure von der Oxalsäure versetzt man die Lösung
mit Kalkwasser, wodurch beide Säuren gefällt werden; behandelt man
nun den Niederschlag mit Chlorammonium, so geht nur das Kalzium-
tartrat in Lösung.
Zitronensäure: Chlorkalzium erzeugt in der Lösung der freien
Säure keine Fällung, Zitrate werden als weißer, in Lauge unlöslicher,
in Chlorammonium löslicher Niederschlag gefällt. Wird diese Lösung
bis zum Kochen erhitzt, so scheidet sich das Salz wieder aus und ist
nun in Chlorammonium unlöslich (Unterschied gegenüber Weinsäure).
Bleiazetat im Überschuß fällt weißes Bleizitrat, in Ammoniak löslich
(Unterschied gegenüber Äpfelsäure). Besonders charakteristisch ist
das Verhalten gegen Bariumazetat. Mit diesem Reagens entsteht mit
Zitraten ein amorpher Niederschlag, der, mit einem Überschuß des
Fällungsmittels mehrere Stunden am Wasserbad gekocht, von seinem
ursprünglich bedeutenden Volumen ganz zusammensinkt und kristal-
linisch wird. Dieses Verhalten gestattet den Nachweis von Zitronen-
XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 961
säure neben allen denjenigen Fruchtsäuren, welche, wie Weinsäure usw.,
gegen Bariumazetat sich indifferent verhalten. Der Nachweis sehr
kleiner Mengen Zitronensäure erfolgt so, daß man in einem kleinen
Glühröhrchen die zu prüfende Substanz, die nicht weniger als 5 mg
Zitronensäure enthalten darf, mit der sechsfachen Menge Ammoniak
übergießt, das Röhrchen zuschmelzt und in einen auf 110—120 ® er-
hitzten Trockenschrank legt. Bei Gegenwart von Zitronensäure färbt
sich die Flüssigkeit gelblich, mitunter zeigen sich einzelne Kristalle
darin; nach dem Erkalten bringt man den Inhalt des Röhrchens in eine
Porzellanschale und beobachtet beim Stehen eine immer intensiver
werdende Blaufärbung der Flüssigkeit; nach einigen Tagen geht die
blaue Farbe in grün über, das immer mißfarbiger wird, bis schließlich
Entfärbung eintritt. Die Reaktion tritt auch bei Gegenwart von Wein-
säure, Apfelsäure, Oxalsäure, von diesen unbeeinflußt, ein. Eine gute
Unterscheidung von Weinsäure und Zitronensäure gibt auch eine Lösung
von Kaliumbichromat: 10 ccm einer gesättigten Bichromatlösung werden
in eine Eprouvette gegeben, zirka 1 g der zu prüfenden Substanz dazu-
getan und geschüttelt; ist bloß Zitronensäure zugegen, so ist die Flüssig-
keit nach 10 Minuten noch unverändert, bei Gegenwart von Weinsäure
färbt sie sich braun bis schwarz.
Apfelsäure: Chlorkalzium erzeugt weder in der Lösung der
freien Säure, noch nach dem Übersättigen mit Ammoniak oder Natron-
lauge eine Fällung; kocht man aber die Flüssigkeit, so scheidet sich ein
weißer Niederschlag von Kalziumoxalat aus; dagegen entsteht der
Niederschlag sofort, wenn man 1—2 Volumina Alkohol zur Flüssigkeit
hinzufügt; beim vorsichtigen Erwärmen der Flüssigkeit ballt sich der
Niederschlag harzartig zusammen und setzt sich in Form weißer Klümp-
chen an den Glaswandungen ab, was der unter ähnlichen Umständen
entstehende Niederschlag der Bernsteinsäure nicht tut. Nach dem Er-
kalten der Flüssigkeit erhärten die Klümpchen und lassen sich zu einer
kristallinischen Masse zusammendrücken.
Bleiazetat fällt weißes Bleimalat, welches in kochendem Wasser
schmilzt und zu einer durchscheinenden, harzartigen Masse wird, die
sich nach längerem Stehen kristallinisch zusammensetzt (Unterschied
gegenüber Weinsäure, Oxalsäure, Zitronensäure). Um Apfelsäure und
Zitronensäure zu trennen, versetzt man mit Kalkwasser und kocht:
es scheidet sich zitronensaurer Kalk aus, im Filtrat fällt auf Zusatz
von Alkohol apfelsaurer Kalk. Oder man versetzt die Lösung beider
Säuren mit Chlorkalzium und fügt nach und nach unter Umschütteln
Alkohol hinzu, bis eben ein Niederschlag von Kalziumzitrat auftritt.
Filtriert man nun ab, so entsteht im Filtrat auf reichlichen Zusatz von
Alkohol ein Niederschlag von Kalziummalat. Ist aber neben Apfelsäure
gleichzeitig Oxalsäure, Weinsäure und Zitronensäure vorhanden, so
können die beiden Säuren nicht durch Kalkwasser vorher ausgefällt
werden, da die Zitronensäure die vollständige Abscheidung dieser Säuren
verhindert. Zur Trennung führt man die Säuren in die Ammonsalze über,
konzentriert durch Eindampfen, neutralisiert den Rückstand nochmals
mit Ammoniak und fügt 7—8 Volumteile starken Alkohols hinzu. Da-
durch werden oxalsaures, weinsaures und zitronensaures Ammon ausge-
schieden, während das apfelsaure Ammon in Lösung bleibt ; nach 24 Stunden
wird filtriert und das Filtrat mit Bleiazetat gefällt, worauf man das
Bleimalat durch das oben angegebene Verhalten charakterisiteren kann.
262 NL. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.
Bernsteinsäure: Eine Mischung von Chlorbarium, Ammoniak
und Alkohol erzeugt in den Lösungen der freien Säure und ihrer Salze
einen weißen amorphen Niederschlag, dasselbe ist bei Zusatz von Blei-
azetat zu den Lösungen von Bernsteinsäure oder Sukzinaten der Fall;
dieser Niederschlag ist aber in überschüssigem Reagens sowie in Bern-
steinsäure und bernsteinsauren Alkalien löslich. Heiße Lösungen bleiben
auf Zusatz des Reagens zunächst klar, nach einiger Zeit, besonders beim
Schütteln, scheidet sich der Niederschlag kristallinisch aus.
Benzoä&säure: Silbernitrat fällt weißes Silberbenzoat, in
heißem Wasser löslich, und aus dieser Lösung beim Erkalten sich in
Schuppen ausscheidend. Durch Eisenchlorid wird Benzoesäure aus
ihren Salzen als fleischfarbener Niederschlag von basischem Eisen-
benzoat gefällt; dieser Niederschlag wird durch Ammoniak aufgelöst,
auf Zusatz von Salzsäure aber unter Abscheidung von Benzoesäure zer-
setzt. Will man die Trennung von Benzoesäure und Bernsteinsäure
herbeiführen, so versetzt man mit Ferrichlorid, das beide Verbindungen
fällt, und löst die Fällung in Ammoniak. Den einen Teil der ammoni-
akalischen Lösung prüft man nun mit Salzsäure auf Benzoesäure, den
anderen mit einer Mischung von Chlorbarium, Alkohol und Ammoniak
auf Bernsteinsäure. h
Bestimmung von Weinsäure, Zitronensäure, Apfelsäure, Bernstein-
säure, nebeneinander nach Jörgensen!): Die Lösung wird mit Soda
neutralisiert, mit Bleiazetat und Alkohol versetzt, es entsteht ein Nieder-
schlag, der durch Schwefelwasserstoff entbleit wird; das Filtrat vom
Bleisulfid wird dann auf ein kleines Volumen eingedampft, mit Kali-
lauge neutralisiert und mit Alkohol die Gerbsäure und ein Teil der
Schwefel- und Phosphorsäure ausgefällt. Aus dem alkoholischen Fil-
trat wird die Weinsäure durch Eisessig als saures Kalitartrat gefällt,
worauf die Bernsteinsäure aus dem von Alkohol durch Abdampfen
befreiten Filtrat durch reinen, alkoholfreien Ather im Extraktions-
apparat ausgezogen wird. Kann man auf Weinsäure und Apfelsäure
verzichten und kommt es nur auf die Bestimmung der Bernsteinsäure
an, so werden zirka 150 cem der zu untersuchenden Flüssigkeit, nach
dem Eindampfen auf 100 cem am Wasserbade, nach dem Erkalten
mit 4-5 g gepulverten Bariumhydroxyds versetzt und dieses durch
Umrühren möglichst in Lösung gebracht, worauf man noch 3 ccm
Chlorbariumlösung (1: 9) hinzufügt, die Flüssigkeit samt Niederschlag
in einen Meßkolben bringt, auffüllt und den Niederschlag abfiltriert.
100 cem des Filtrates werden im Glaskolben am Rückflußkühler
10 Minuten lang erhitzt, wobei anfangs starkes Schäumen eintritt. Der
Inhalt des Kolbens wird in eine Porzellanschale gebracht, der Kolben-
wand anhaftende feste Teilchen mit einigen Tropfen Salzsäure gelöst
und das Ganze am Wasserbad zur Sirupdicke eingedampft. Der Sirup
wird mit 20 cem Wasser und 80 ccm 95 prozentigen Alkohols unter
Umrühren versetzt, der Niederschlag nach mehrstündigem Stehen an
der Pumpe abgesaugt und (mit Hilfe von etwas heißem Wasser) vom
Filter herunter wieder in die Porzellanschale gebracht, mit 50 ccm
Wasser angerührt und mit 15 cem Schwefelsäure 1: 4 am Wasserbad
') Jörgensen, Über die Bestimmung einiger in den Pflanzen vorkommen-
ns 5 5
der organischer Säuren. Ztschr. f. d. Unters. v. Nahrungs- u. Genußm. 13,
[4
241 (1907).
XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 263
erhitzt. In die heiße Flüssigkeit bringt man solange 5 prozentige
Permanganatlösung ein, bis sie auch bei weiterem Erhitzen und Um-
rühren am Wasserbad dauernd dunkelrot gefärbt erscheint, zersetzt
dann den Überschuß von Permanganat durch Eisenvitriol und dampft
die Flüssigkeit samt dem bei der Oxydation entstandenen Braunstein
auf zirka 50 cem ein. Die ganze Flüssigkeit samt dem Braunstein wird
dann mit reinem Äther extrahiert, dem man zweckmäßig einige Tropfen
Essigsäure zufügt. Nach mehrstündiger Extraktion wird der Äther ab-
destilliert, der Rückstand in wenig heißem Wasser gelöst, nach dem
Erkalten durch ein kleines, angefeuchtetes Filter filtriert und am Wasser-
bad zur Trockene eingedampft. Wein- und Apfelsäure sind durch die
saure Permanganatlösung völlig zerstört worden, während die Bernstein-
säure quantitativ in den Atherextrakt übergegangen ist. Der Abdampf-
rückstand wird nunmehr in Wasser gelöst und gegen Phenolphthalein
mit m Natronlauge austitriert. Will man ganz genaue Resultate er-
zielen, so empfiehlt es sich, da Spuren von Essigsäure und Schwefelsäure
vorhanden sein können, welche die Titrationswerte etwas zu hoch aus-
fallen lassen, die Bernsteinsäure in das Silbersalz überzuführen und
durch Titration mit Rhodanammoniumlösung die Menge des verbrauchten
Silbernitrates zu bestimmen.
Die nach dem Extrahieren der Bernsteinsäure zurückbleibende
wässerige Lösung der übrigen Säuren wird neutralisiert und mit Barium-
chlorid versetzt, wodurch Schwefelsäure, Phosphorsäure und Gallus-
gerbsäure gefällt werden. Aus dem Filtrat scheidet sich beim Versetzen
mit wenig Alkohol das Bariumzitrat ab, während die zurückgebliebene
Äpfelsäure aus dem Filtrat von Bariumzitrat durch größere Alkohol-
mengen niedergeschlagen wird. Die quantitative Bestimmung des in
den isolierten Salzen vorhandenen Baryts (durch Verbrennen und
Glühen) gestattet eine Beurteilung der vorhanden gewesenen Menge
dieser Säuren. Aus dem alkoholischen Filtrat war früher die Wein-
säure durch Eisessig als saures Kalitartrat gefällt worden, die aus-
geschiedenen Kristalle werden nach Abfiltrieren der Flüssigkeit ge-
waschen, samt dem Filter in den Fällungskolben zurückgebracht und
gegen Phenolphthalein heiß mit m Natronlauge titriert, von der 1 ccm
— 15 mg Weinsäure entspricht.
Die Trennung von Zitronensäure und Äpfelsäure wird, wie erwähnt,
so durchgeführt, daß man nach der Extraktion der Bernsteinsäure
mit Natronlauge neutralisiert und die Lösung mit etwa 10 ccm einer
10 prozentigen Chlorbariumlösung fällt. Ist der Niederschlag dicht und
schwer, so enthält er vornehmlich die Bariumsalze der Schwefelsäure,
Phosphorsäure und der Gerbsäuren; in diesem Falle wird durch ein
kleines Filter unter Nachwaschen mit Wasser filtriert und das Filtrat
mit Alkohol versetzt und gut durchgeschüttelt. Ist der Barytniederschlag
voluminös, so spült man ihn in einen größeren Meßkolben, fügt noch
mehr Chlorbarium hinzu, füllt bis zur Marke auf und arbeitet nur mit
einem Teile des Filtrates. Das Verfahren zur Trennung von Apfelsäure
und Zitronensäure richtet sich nach dem gegenseitigen Mengenverhältnis
dieser beiden Säuren. Sind größere Quantitäten beider vorhanden,
so genügt das einmalige Fällen mit Alkohol nicht, denn man muß auf
964 XI. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.
eine geringe Löslichkeit des Bariumzitrats in 28 volumprozentigem
Alkohol Rücksicht nehmen, während anderseits die gewöhnlich ver-
wendete Alkoholmenge (72 cem des Filtrates werden mit Alkohol auf
100 cem ergänzt) nicht immer ausreicht, um das gesamte Bariummalat
zu lösen, welches überdies leicht zum Teil mit gefällt wird, wenn der
Bariumzitratniederschlag sehr voluminös ist, so daß man dann wieder
in Wasser auflösen und nochmals mit Alkohol fällen muß. Von den
100 ccm der 28 Volumprozente Alkohol enthaltenden Flüssigkeit wird der
Niederschlag abfiltriert, der Rückstand wieder in den Kolben zurück-
gebracht, mit Wasser auf 72 cem gelöst und nochmals mit 28 ccm Alkohol
gefällt. Die Filtrate werden getrennt auf 5 ccm eingedampft, filtriert,
in einen Meßzylinder gebracht, mit Wasser bis auf zirka 17 ccm gewaschen
und mit dem doppelten Volumen Alkohol gefällt. Die Barytsalze der
beiden Säuren werden folgendermaßen weiter behandelt: das Barium-
malat wird nach dem Stehen über Nacht und Auswaschen mit einem
Gemisch von Wasser und Alkohol in schwach salpetersäurehaltigem
Wasser gelöst und kochendheiß mit einem geringen Überschuß von ver-
dünnter Schwefelsäure als Bariumsulfat gefällt, das sich bald körnig
absetzt, abfiltriert, getrocknet, geglüht und gewogen wird. 1 g Barium-
sulfat entspricht 548 mg wasserfreier Zitronensäure und 574 mg Apfel-
säure.
Zur Bestimmung der flüchtigen Säuren, wie Ameisensäure, Essig-
säure, Buttersäure, Valeriansäure, muß eine Gewinnung dieser organischen
Säuren durch Destillation und deren Identifizierung im Destillate voraus-
gehen. Da diese flüchtigen Säuren im Stoffwechsel der höheren Pflanzen
nur eine untergeordnete Rolle spielen, sei hier auf ihre Bestimmung
nicht weiter eingegangen.
Aldehyde: Hier kommt nur der Formaldehyd in Betracht.
Fügt man zu einer aldehydhaltigen Flüssigkeit Silbernitratlösung und
einige Tropfen Ammoniak, so wird der Aldehyd unter Reduktion des
Silbers oxydiert; das Silber bildet dabei einen grünschwarzen Nieder-
schlag oder setzt sich in Form eines glänzenden Spiegels an den Eprou-
vettenwandungen an. Versetzt man die aldehydhaltige Lösung mit
einem Tropfen Fuchsinlösung, die durch schweflige Säure aber ent-
färbt ist (Scehiffsches Reagens), so tritt Rotfärbung ein. Fügt man
die mit verdünntem Alkali und einigen Körnchen Natriumamalgam
versetzte Aldehydlösung zu einer frisch bereiteten Auflösung von Diazo-
benzolsulfosäure in etwa 60 Teilen kalten, mit Natronlauge versetzten
Wassers, so tritt nach kurzer Zeit rotviolette Färbung ein. Diese Re-
aktionen sind aber nicht für Aldehyde allein charakteristisch, sondern
mehr oder weniger für alle leicht oxydablen organischen Substanzen;
so wird die Silberreduktion durch Traubenzucker und einige Ketone
hervorgerufen, die genannten Färbungen durch Aldehydgruppen ent-
haltende Säuren, einige Ketone usw.
Der Nachweis des Formaldehyds in Lösungen, welche noch andere
Substanzen enthalten, gelingt am besten durch Destillation und Ver-
wandlung des Aldehyds im Destillate durch Oxydation in Ameisensäure,
die dann leicht an der raschen Schwärzung ihres Silberniederschlages,
an der Ausscheidung von Kalomel aus Sublimatlösungen qualitativ
und auch quantitativ durch Bestimmung des Silbers, respektive Queck-
silbers aus den betreffenden Salzen festgestellt werden kann. Von
Farbenreaktionen seien folgende erwähnt: mit salzsaurem Phenyl-
XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 265
hydrazin, einigen Tropfen Ferrichlorid versetzt und mit Schwefelsäure
übersättigt, geben Formaldehydlösungen allmähliche Rotfärbung. Natron-
lauge und Resorzin gibt mit Formaldehyd in der Siedehitze Rotfärbung.
Man benutzt eine Lösung mit 40—50%, NaOH und 5%, Resorzin. Gleiche
Volumina der zu untersuchenden Lösung und der Resorzinlauge werden
eine halbe Minute im Sieden erhalten, selbst Spuren von !/,, Milliontel
lassen sich so durch Rotfärbung nachweisen. Kodein und Schwefelsäure
erzeugen mit Formaldehyd Violettfärbung, Morphinchlorhydrat und ver-
dünnte Schwefelsäure Purpurfärbung, die nach Indigoblau übergeht.
Durch verdünnte Merkurioxyd-Natriumsulfitlösung wird Formaldehyd im
Gegensatz zu Azetaldehyd nicht gefällt. Die charakteristische Farben-
reaktion, welche nur mit Formaldehyd und sonst mit keinem anderen
Aldehyd oder einer anderen in Betracht kommenden organischen Sub-
stanz eintritt, ist die Diphenylaminprobe. Versetzt man die zu prüfende
Lösung mit 2 ccm einer 3 prozentigen Auflösung von Diphenylamin in
konzentrierter Schwefelsäure, indem man das Reagens an der Eprouvetten-
wand herabfließen läßt, so daß es die wässerige Lösung unterschichtet,
so entsteht an der Berührungsstelle beider Schichten, wenn Formal-
dehyd auch nur in minimalen Spuren zugegen ist, eine Smaragdgrün-
färbung in Form eines Ringes. Beim Schütteln färbt sich die ganze
Flüssigkeit schmutziggrün, da ausfallendes Diphenylamin die Lösung
trübt. Man kann das Ausfallen des Niederschlages verhindern, wenn
man das Diphenylamin in Alkohol auflöst oder eine alkoholische Formal-
dehydlösung verwendet und zu der mit dem Reagens versetzten Lösung
am Rande der Eprouvette konzentrierte Schwefelsäure zufließen läßt:
die ganze Flüssigkeit färbt sich dann smaragdgrün.
Von den quantitativen Methoden zur Bestimmung des Form-
aldehyds sei zunächst die von Legler genannt, welche sich auf die
Fähigkeit des Formaldehyds stützt, mit Ammoniak und Aminen rasch
und quantitativ Verbindungen einzugehen. Man fügt eine abgemessene
Menge titrierter Ammoniakflüssigkeit zu der Formaldehydlösung hinzu
und titriert nach einiger Zeit das unverbrauchte Ammoniak mit ge-
stellter Säure zurück. Das Ammoniak reagiert mit dem Formaldehyd
glatt unter Bildung des schwer löslichen Hexamethylentetramin. In
meiner kritisch-vergleichenden Nachprüfung der verschiedenen Methoden
habe ich die Leglersche Methode in der Abänderung von Smith
verwendet: 2 g reines, neutrales NH,Cl wurden in einer Stöpselflasche
in 25 ccm Wasser gelöst und 2,5 g des zu untersuchenden Aldehyds
in 2 prozentiger Lösung, respektive ein Pflanzenextrakt hinzugefügt.
Dann wurden 25 ccm n-NaOH zufließen gelassen und nach einer halben
Stunde der Ammoniaküberschuß durch n-Schwefelsäure gegen Rosol-
säure als Indikator zurücktitriert. Der Farbenumschlag ist nicht sehr
scharf und die Bestimmungsmethode nur dort verwendbar, wo größere
Formaldehydmengen zugegen sind; dasselbe gilt von der Methode von
Vanino und Seitter, bei welcher durch Kaliumpermanganat die
Oxydation des Aldehyds zur Ameisensäure bewirkt und der Permanganat-
überschuß mit Wasserstoffsuperoxyd zurücktitriert wird. Für so kleine
Mengen Formaldehyd, wie sie allenfalls in assimilierenden grünen Pflanzen-
organen vorgefunden werden können, ist allein die jodometrische Methode
von Romijin brauchbar, welche die Eigenschaft des Formaldehyd
benutzt, durch Jod in alkalischer Lösung zu Ameisensäure oxydiert
zu werden, worauf man nach beendeter Einwirkung mit Salzsäure oder
966 XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.
Schwefelsäure ansäuert und das in Freiheit gesetzte Jod in gewöhnlicher
Weise durch Natriumthiosulfatlösung bestimmten Gehaltes bis zur
Entfärbung von Stärkekleister zurücktitriert. 1 cem n-Jodlösung ent-
spricht 15 mg Formaldehyd. Die Meßgefäße müssen besonders sorg-
fältig geeicht sein. Die n, Thiosulfatlösung wurde mit Kaliumbichromat
gestellt; dieselbe enthielt 3,874 g K,Cr,O, im Liter gelöst, für 20 cem
derselben wurden 17 ccm Thiosulfatlösung verbraucht, welche 0,2 g
Jod äquivalent sind (12,7 g resublimiertes Jod waren in Jodkali-
lösung gelöst worden und die Lösung zu einem Liter aufgefüllt).
l cem der verwendeten Thiosulfatlösung entspricht 0,00139 g Formal-
dehyd. Diese Methode konnte mit Vorteil für die Bestimmung
auch von Lösungen, respektive Extrakten verwendet werden, die nur
0,002 %, Formaldehyd enthielten, nur daß man dann Jodlösung und
Thiosulfatlösung entsprechend verdünnter wählte. Wird nun grünen
Keimpflanzen in einer hermetisch abgeschlossenen Kulturglocke eine
bestimmte Quantität Formollösung nebst der notwendigen Feuchtig-
keit geboten, wobei das feste Kultursubstrat sorgfältig vor Eindringen
des Formaldehyds geschützt ist, so kann man nach Beendigung des
Versuches, während welches aus der Formollösung Formaldehyd in das
Luftvolumen der Glocke verdampft war und von den assimilierenden
Organen aufgenommen werden konnte, den zurückgebliebenen und den
im Wassergefäß gelösten zuzüglich des in der Feuchtigkeit der Pflanzen
und der Glockenwände haftenden Formaldehyds bestimmen und durch
Vergleich mit der gebotenen Formaldehydmenge den Verbrauch durch
die Pflanzen erkennen. Es ist aber zweckmäßig, einen unter denselben
Bedingungen verlaufenden Parallelversuch ohne Pflanzen aufzustellen,
da die in ein gleichgroßes Luftvolumen unter denselben physikalischen
Bedingungen übergehende Formaldehydmenge eine konstante Größe
darstellt. Bei dieser Gelegenheit sei eines sehr gut funktionierenden
Bewässerungsapparates Erwähnung getan, den S. Baker bei der Be-
stätigung meiner mit Formaldehyd gewonnenen Erfahrungen (Baker,
Effect of formaldehyde on living plants, Annals of Botany 27, 411 [1913])
benützt hat und der sich überhaupt bei längerdauernden Kulturen in
hermetisch abgeschlossenen Räumen empfiehlt. Das Glasreservoir W
(Fig. 80a) ist in einen schmalen Auslauf ausgezogen und trägt einer-
seits das zur feinen Spitze ausgezogene Rohr F, das fallweise zu-
geschmolzen und aufgebrochen werden kann, anderseits das lange,
in eine Kapillare C endigende Rohr G, das in einer für die Standfestig-
keit des Apparates zweckmäßigen Weise gebogen ist. Durch Einsenken
des Auslaufes in Wasser und Saugen am kurzen Kapillarrohr wird das
Reservoir gefüllt, worauf das Rohr zugeschmolzen wird. Nun kann so-
lange kein Wasser das Reservoir verlassen, bis wieder Luft eingedrungen
ist. Je nach der Länge und Bohrung der langen Röhre kann die Luft
durch die Glaswollekugel Wa bei bestimmter Temperatur früher oder
später eindringen, so daß man diese Länge je nach der Dauer des Ver-
suches verschieden wählen muß. Um in 14 Tagen 10 ccm zu entlassen,
genügt eine Länge von 50 cm und ein Röhrenlumen von 0,05 mm. Die
Glaswolle verhindert das Eindringen von Kondenswasser in die Kapillare,
wodurch ihre Funktionsdauer verlängert wird. Immerhin ist es zweck-
mäßiger, den andern Weg der Wasserzufuhr zu wählen, nämlich den durch
die Wassersäule. Bei der abendlichen Abkühlung werden nämlich Luft-
XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 967
blasen durch das Wasser eingesaugt und am nächsten Morgen, wenn
sich die Luft erwärmt, wird Wasser ausgetrieben; so reguliert sich die
Wasserzufuhr automatisch nach den Bedürfnissen der Pflanze: an heißen
Tagen fließt ihr mehr Wasser zu als an kalten; immerhin kommt auch
so nicht mehr Wasser als 15 ccm wöchentlich den Pflanzen bei einer
Höhe des Reservoirs von 15 cm und 4cm Weite zu. Die Zufuhr von
Gasen erfolgt am besten durch den Apparat Fig. SOb, durch den kleine
Mengen Gas, z. B. CS,, der Luft beigemischt werden können, die zu
den Pflanzen gelangt. Der Kolben wird mit der betreffenden Flüssig-
keit gefüllt (durch Erwärmen und Abkühlen) und dann der Luftstrom
in der Richtung der Pfeile der T-förmigen Glasröhre und Kapillare C
entlang geführt; die Luft beladet sich im Kolben mit Dampf, der sich
aber in der Kapillare verteilt, so daß der Dampfdruck am Ende der-
selben stets Null ist, wodurch auch die relative der Luft beigemengte
Dampfmenge stets gleich bleibt.
Bei Anwesenheit anderer Aldehyde
außer Formaldehyd versetzt man den
Extrakt (Destillat) mit Zyankalilösung
1 :150, gießt das Gemisch in Rn Silber-
nitratlösung, die mit wenig HNO, an-
gesäuert ist, und titriert den Überschuß
mit gestellter Rhodanammonlösung
zurück: 1 Molekül Formaldehyd bindet
l Molekül Zyankali.
Fig. 80a. Automatischer Bewässerungs- Fig.80b. Apparat nach Miss Baker zur gleichmäßigen
apparat nach Miss Baker. Diffusionsverteilung von Dämpfen im Luftstrom.
Von qualitativen und quantitativen Methoden sei schließlich noch
die Kondensation von Formaldehyd mit p-Dihydrazin-o-diphenyl ge-
nannt, welche selbst mit sehr verdünnten Formollösungen (1 : 5000)
eintritt; erst bei einer Verdünnung von 1: 8000 wird die Probe un-
sicher. Mit Formollösungen 1 : 5000 tritt beim Vermischen mit einigen
Tropfens salzsauren Diphenyldihydrazins beim Erwärmen sofort hell-
gelbe Färbung ein, der nach einigen Minuten eine kristallinische Ab-
scheidung folgt, während bei anderen Aldehyden oder Ketonen keine
Reaktion eintritt. Zum mindesten sind die mit anderen Aldehyden
entstehenden Produkte in Alkohol leicht löslich; wenn also die Anwesen-
heit solcher zu vermuten ist, setzt man der zu prüfenden Lösung das
doppelte Volumen Alkohol zu. Zur Prüfung fügt man zur vollkommen
farblosen (eventuell durch Tierkohle filtrierten) Lösung des Reagens
bei 60 ° langsam unter Rühren die zu untersuchende Flüssigkeit zu.
Bei Gegenwart von Formaldehyd fällt alsbald ein voluminöser hell-
968 XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.
gelber Niederschlag, der sich rasch absetzt, an der Pumpe abgesaugt
und nacheinander mit viel heißem Wasser, Alkohol, Azeton, absolutem
Alkohol und wasserfreiem Äther gewaschen wird. Nach dem Trocknen
im Vakuum über Schwefelsäure kann man den Niederschlag zur Wägung
bringen und so den Formaldehyd quantitativ bei Gegenwart anderer
Aldehyde und Ketone bestimmen. Für den bloßen qualitativen Nach-
weis ist die Verwendung von reinem, kristallisiertem Hydrazinreagens,
wie es Neuberg, dem diese ausgezeichnete Methode zu danken ist,
für quantitative Bestimmungen vorschreibt, unnötig. Man löst für
solche Fälle eine Messerspitze Benzidin in Salzsäure, versetzt nach dem
Abkühlen unter der Wasserleitung mit Kalinitrit und fügt das entstandene
Diazochlorid zu einer Lösung von Zinnchlorür in rauchender Salzsäure.
Nach kurzem Stehen kocht man mit Tierkohle auf. Das klare Filtrat
enthält genügend Hydrazinchlorhydrat zum Gelingen der Probe, doch
muß man im Auge behalten, daß mit solchen nicht aus ganz reinem
Reagens bereiteten Lösungen die Formaldehydverbindung manchmal
eine orangegelbe Färbung annimmt.
Äthylalkohol: Von den Alkoholen ist dieser der einzige,
dessen Bestimmung allenfalls beim Arbeiten mit höheren Pflanzen
als Produkt der intramolekularen Atmung derselben unter Luftausschluß
in Betracht kommt. Zum qualitativen Nachweis des Alkohols destilliert
man die zu untersuchende Flüssigkeit und verwendet das Destillat zum
Alkoholnachweis; man darf annehmen, daß nach Abdestillieren von
zwei Dritteln der Lösung sämtlicher Alkohol ins Destillat übergegangen
ist. Wenn nur sehr wenig Alkohol zu erwarten ist, wiederholt man mit
dem Destillat die Destillation noch einmal, indem man wieder zwei Drittel
abdestilliert. Mit dem schließlich erhaltenen kleinen Flüssigkeitsvolumen
führt man am besten die Verwandlung des Alkohols in den Äthylester der
Nitrobenzoesäure nach Abscheidung des Alkohols aus dem Destillat mit
entwässertem Kalikarbonat aus. Man fängt beim Destillieren des durch
Zusatz von Kalikarbonat erhaltenen Oles die zwischen 65—85 ° über-
gehende Fraktion gesondert auf oder verwendet das letzte Destillat selbst
zur Überführung in den Ester. Man erwärmt mit Nitrobenzoylchlorid und
kühlt dann ab. Bei Anwesenheit von Alkohol scheiden sich nach einiger
Zeit Kristalle des Nitrobenzoesäure-Athylesters ab, die nach dem Um-
kristallisieren aus Methylalkohol den Schmelzpunkt 57 ° zeigen. Kleine
Mengen von Alkohol (bis zur Verdünnung 1: 2000) können durch die
Liebensche ‚Jodoformprobe erkannt werden, die allerdings nicht
eindeutig ist, sondern auch mit Azeton, Azetaldehyd und anderen orga-
nischen Verbindungen positiv ausfällt. Man erwärmt die Flüssigkeit
in einer Eprouvette und trägt einige Körnchen Jod ein, versetzt dann
tropfenweise mit so viel verdünnter Natronlauge, bis die Flüssigkeit
farblos geworden ist; bei nicht zu großer Verdünnung findet nun sofort
eine Trübung statt, das Jodoform fällt in zitronengelben Kristallen aus.
Die Reaktion findet langsamer auch in der Kälte statt, ein Überschuß
von Kali ist zu vermeiden. Nach dem Jodoformgeruch allein darf man
nicht urteilen, da schon Lauge und ‚Jod einen eigenartigen Geruch er-
zeugen, der schwachen ‚Jodoformgeruch verdecken oder vortäuschen
kann. Am zweckmäßigsten verfährt man so, daß man die zu prüfende
Flüssigkeit mit 5 Tropfen 10 prozentiger Lauge versetzt, auf 40—50
erwärmt (nicht höher, weil sonst Alkohol verdampft), und nun so lange
unter Umrühren eine mit Jod gesättigte Lösung von Jodkali hinzufügt,
XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 269
bis die Flüssigkeit gelbbraun gefärbt ist. Der Überschuß von Jod wird
durch Kalilauge, die man mit dem Glasstabe tropfenweise hinzufügt,
entfernt. Beim Stehen (bisweilen erst nach 24 Stunden, mitunter nicht
am Boden der Eprouvette, sondern auf der Flüssigkeit schwimmend)
setzt sich das Jodoform in sechsstrahligen, unter dem Mikroskop deut-
lich erkennbaren Sternen ab. Eine weitere Methode, Alkohol nach-
zuweisen, besteht darin, daß man in die zu prüfende Lösung etwas
Platinschwarz einträgt und unter Erwärmen auf 40 ® einige Zeit schüttelt.
Dann wird filtriert und die jetzt Essigsäure enthaltende Flüssigkeit
mit einem Tropfen Kalilauge versetzt, auf dem Wasserbade eingedampft
und der trockene Rückstand mit etwas Arsentrioxyd in einem Glas-
röhrchen erhitzt, wobei der ekelerregende Geruch nach Kakodyloxyd
auftritt. Eine sehr empfindliche Probe ist ferner das Zufügen von etwas
Benzoylchlorid zu der zu untersuchenden Flüssigkeit und Schütteln
damit. Es entsteht Athylbenzoat, das sich im überschüssigen Benzoyl-
chlorid auflöst. Schüttelt man jetzt mit einer Lösung von Pottasche,
so wird das Benzoylchlorid sofort. gelöst, das Athylbenzoat aber nur
wenig angegriffen, und gibt sich durch seinen charakteristischen an-
genehmen Geruch zu erkennen; noch 1 Teil Alkohol in 2500 Teilen
Wasser ist so zu erkennen. Charakteristisch ist auch bei Gegenwart von
Alkohol die karminrote Färbung, mit der sich ein hineingeworfenes
Körnchen Fuchsin auflöst.
Für die quantitative Bestimmung des Alkohols kommt hauptsächlich
die Ermittelung des spezifischen Gewichts des Destillates in Betracht,
das mit dem Aräometer oder Pyknometer oder bei kleinen in Betracht
kommenden Alkoholmengen am besten durch vergleichende Wägung
bestimmt werden kann. Palladin und Kostytschew gehen
in der Weise vor, daß sie das Versuchsmaterial in einen geräumigen Rund-
kolben bringen, mit noch zirka 500 ccm destillierten Wassers versetzen
und mehrfacher Destillation unterwerfen, wobei jedesmal nicht weniger
als die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage übergehen muß. Bei der
ersten Destillation wurde immer eine gewisse Menge Toluol aus dem
Versuchsrezipienten im Destillate gefunden, welches zum Sterilerhalten
des Versuches hineingegeben worden war; das Toluol läßt sich aber
von der übrigen Flüssigkeit leicht im Scheidetrichter abtrennen. Die
zweite Destillation erfolgt aus schwach saurer, die dritte aus schwach
alkalischer Lösung. Zur Ansäuerung des ersten Destillates wurde Wein-
säure, zur Alkalisierung des zweiten Natronkarbonat verwendet. Ohne
Berücksichtigung dieser Vorsichtsmaßregeln erhält man kaum ein neu-
trales Destillat, meistens enthält es dann eine auf Kongorot alkalisch
reagierende und durch Phosphorwolframsäure fällbare Substanz. Die
Menge des gebildeten Alkohols wurde aus dem spezifischen Gewichte
des vierten oder fünften Destillates ermittelt. Das spezifische Gewicht
wurde mit Hilfe eines genauen, mehr als 30 ccm fassenden Pyknometers
bestimmt. Sämtliche Füllungen des Pyknometers wurden bei 15,5 ° C
ausgeführt. Gegen das UÜbergehen von flüchtigen, bei physiologischen
Prozessen, die zur Alkoholbildung führen, immer gleichzeitig mit-
gebildeten organischen Säuren in das Destillat muß man sich deswegen
schützen, weil diese das spezifische Gewicht des Destillates verändern
würden, während das durch die höheren, eventuell in Spuren gebildeten
Homologen des Äthylalkohols nicht der Fall ist. Zur Eichung des Pykno-
meters kann man in der Weise vorgehen, daß man ein 50 ccm von 15 0 C
270 X. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.
fassendes Kölbchen mit genau gewogenen 50 g Wassers beschickt und
den Flüssigkeitsmeniskus genau mit einer Feile markiert. Sowohl zur
Markierung als auch zur Bestimmung stellt man das Kölbchen in Wasser
von genau 15 ° C bis zum Halse so lange ein, daß man annehmen kann,
die Flüssigkeit im Kölbcehen habe diese Temperatur angenommen. Die
genaue Einhaltung der Temperatur ist conditio sine qua non für die
Richtigkeit der Ermittlung des spezifischen Gewichts. Stehen größere
Mengen der Flüssigkeit zur Verfügung, so füllt man davon 150 ccm
in den Destillationskolben, setzt etwas Tannin zu, um das Schäumen
zu verhindern, leitet die Dämpfe am besten zur vollkommenen Kon-
densation durch eine gläserne Kühlschlange und fängt 100 ccm in einem
Vorlagekölbcehen auf, das bei 100 ccm eine Marke besitzt. Von dieser
Flüssigkeit, deren Gewicht man kennt, wenn man das leere und das ge-
füllte Vorlagekölbehen wägt, füllt man nach gutem Durchmischen
25—60 cem in das Pyknometer, das man vorher geeicht hat. Von
diesem ist bekannt: 1. das Gewicht, 2. die Menge destillierten. Wassers
von 15,5 ° C, die es bis zur Marke faßt. Das Pyknometer wird mit dem
Destillat durch einen in ein feines Röhrchen ausgezogenen Trichter bis
etwas über die Marke gefüllt, dann in das temperierte Wasser eingestellt,
worauf man, ohne das Pyknometer aus dem Wasser zu nehmen, mit
einem Streifen Filtrierpapier so viel Flüssigkeit herausnimmt, daß sie
gerade nur bis zur Marke reicht, nimmt das Pyknometer heraus, trocknet
esab und wägt es. Das Gewicht des darin enthaltenen Destillates, dividiert
durch das Gewicht des gleichen Volumens reinen Wassers gibt das
spezifische Gewicht, aus dem man in den nachstehenden Windisch-
schen Tabellen den Alkoholgehalt erfährt. Steht nur eine kleine Menge
Flüssigkeit zu Gebote, so destilliert man nur 50 cem und fängt diese
in einem Kölbchen mit Marke bei 35 cem und wählt ein Pyknometer
von 25—30 cem Inhalt. Hätte man aus 150 ccm Flüssigkeit 102 g eines
Destillates vom spezifischen Gewicht 0,9809 bei 15,5 ° C erhalten, so
enthalten nach den Tabellen 100 g Destillat 12,36 g absoluten Alkohol,
demnach 102 g soviel wie 12,609 g. Diese Alkoholmenge entspricht
der in 150 cem Flüssigkeit enthalten gewesenen; demnach enthalten
diese 8,4 %, Alkohol. Ist a das Gewicht des leeren, b das Gewicht des
bis zur Marke mit Wasser gefüllten Pyknometers, c das Gewicht des
mit Destillat gefüllten, so ist dessen spezifisches Gewicht, bezogen auf
c—a
b—d e
Aus sehr verdünnten Lösungen kann man nach Nieloux den
Alkohol folgendermaßen bestimmen: In eine Eprouvette bringt man
5 ccm der zu untersuchenden alkoholischen Lösung, die im Maximum
1: 500 stark sein darf, fügt dazu 0,1—0,2 ccm einer 1,9 prozentigen
Lösung von Kaliumbichromat und reine Schwefelsäure von 60° Be
(4,5—6 cem); die Lösung erwärmt sich stark, es tritt Farbenumschlag
ein und das Bichromat wird entfärbt. Man läßt aus der Bürette Bichromat
zufließen, schüttelt um und kocht, bis die Färbung von Grünblau in
Gelbgrün umschlägt, und notiert die Anzahl der verbrauchten Kubik-
zentimeter Bichromat. Hat man mehr als 2 cem Bichromat gebraucht,
so enthält die Lösung mehr als 2 0/,, Alkohol und muß entsprechend
verdünnt werden, damit der Farbenumschlag scharf ist. Die Anzahl
der verbrauchten Kubikzentimeter Bichromat zeigt schon genau den
Alkoholgehalt an; zur Bestätigung setzt man zu einer Parallelprobe
Wasser von 15,5 °C, s
XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 271
Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol
wicht des || Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.- | wicht des | Gew.- | Vol.-
Destillates | Proz. | Proz. | Destillates | Proz. | Proz. | Destillates | Proz. | Proz.
1,0000 0,00 0,00 0,9940 3,31 4,14 0,9880 7,08 8,81
0,9999 0,05 0,07 0,9939 3,37 4,22 0,9879 ||. 7,15 8,89
0,9998 0,11 | 0,13 0,9938 3,43 | 4,29 0,9878 || 7,22 8,98
0,9997 0,16 0,20 0,9937 3,49 4,36 0,9877 7,29 9,06
0,9996 0,21 0,27 0,9936 3,55 4,43 0,9876 tea. || EN
0,9995 0,26 0,33 0,9935 3,60 4,51 0,9875 7,42 9,23
0,9994 0,32 | 0,40 0,9934 3,66 4,58 0,9874 || 7,49 9,32
0,9993 0,37 0,47 0,9933 3,72 4,65 0,9873 || 7,56 9,40
0,9992 0,42 0,53 0,9932 3,78 4,713 0,9872 7,63 9,88
0,9991 0,48 0,60 0,9931 3,34 4,80 0,9871 1,10 9,57
0,9990 0,53 0,67 0,9930 3,90 4,88 0,9870 TR 9,66
0,9989 0,53 | 0,73 0,9929 3,96 4,95 0,9869 7,84 9,74
0,9988 0,64 | 0,80 0,9928 4,02 5,03 0,9868 1,91 9,83,
0,9987 0,69 0,87 0,9927 4,08 5,10 0,9867 71,985. 391
0,9986 0,74 0,93 0,9926 4,14 5,18 0,9866 8,05 , 10,00
0,9985 0,80 1,00 0,9925 4,20 5,25 0,9865 8,12 | 10,09
0,9984 0,85 1,07 0,9924 4,26 5,33 0,9864 8,19 | 10,17
0,9983 0,90 1,14 0,9923 4,32 5,40 0,9863 8,26 | 10,26
0,9982 0,96 1,20 0,9922 4,39 5,48 0,9862 8,33 | 10,35
0,9981 1,01 1927 0,9921 4,45 5,55 0,9861 8,41 10,43
0,9980 1,06 1,34 0,9920 4,51 5,63 0,9860 8,48 10,52
0,9979 1,12 1,41 0,9919 4,57 5,70 0,9859 8,55 10,61
0,9978 1,17 | 1,48 0,9918 4,63 5,78 0,9858 8,62 10,70
0,9977 1,23 1,54 0,9917 4,69 5,86 0,9857 8,69 | 10,79
0,9976 1,28 1,01 0,9916 4,75 5,93 0,9856 8,76 | 10,88
0,9975 1,34 1,68 0,9915 4,81 6,01 0,9855 8,84 | 10,96
0 9974 1,39 1,75 0,9914 4,88 6,09 0,9854 8,91 11,06
0,9973 1,45 1,82 0,9913 4,94 6,16 0,9853 | 8,98 | 11,14
0,9972 1,50 | 1,88 0,9912 5,00 6,24 0,9852 0,06 | 11,23
0,9971 1,56 1,95 0,9911 5,06 6,32 0,9851 9,13 | 11,32
0,9970 1,617 172,02 0,9910 5,13 6,40 0,9850 | 9,20 | 11,41
0,9969 || 1,67 | 2,09 0,9909 5,19 6,47 0,9849 | 9,28 | 11,50
0,9968 | 1,72 | 2,16 0,9908 5,25 6,55 0,9848 || 9,35 | 11,59
0,9967 1,18 2,28 0,9907 5,32 6,63 0,9847 | 9,42 11,68
0,9966 1,83 | 2,30 0,9906 5,38 6,71 0,9846 || 9,50 | 11,77
0,9965 1,89717.25347 0,9905 5,44 6,79 0,9845 9,57 | 11,86
0,9964 1,94 | 2,44 0,9904 5,51 6,86 0,9844 || 9,65 | 11,95
0,9963 2,00 2,51 0,9903 5,57 6,94 0,9843 9,72 | 12,05
0,9962 2,05 2,58 0,9902 5,63 7,02 0,9842 9,80 | 12,14
0,9961 | 2,11 2,65 0,9901 5,70 7,10 0,9841 | 9,87 | 12,23
0,9960 Dal 22 0,9900 | 5,76 7,18 0,9840 9,94 | 12,32
0,9959 2,22 | 2,79 0,9899 | 5,83 | 7,26 0,9839 | 10,02 | 12,41
0,9958 2,28 | 2,86 0,9898 5,89 | 7,34 0,9838 | 10,10 | 12,50
0,9957 2,34 2,93 0,9897 5,96 7,42 0,9837 || 10,17 | 12,59
0,9956 2,39 3,00 0,9896 6,02 7,50 0,9836 || 10,25 | 12,69
0,9955 2,45 | 3,07 0,9895 | 6,09 7,58 0,9835 || 10,32 | 12,78
0,9954 2,50 | 3,14 0,9894 | 6,15 7,66 0,9834 | 10,40 | 12,88
0,9953 2,56 3,21 0,9893 || 6,22 7,74 0,9833 | 10,48 | 12,97
0,9952 2,62 3,28 0,9892 || 6,28 | 7,82 0,9832 || 10,55 | 13,06
0,9951 2,69 3,35 0,9891 || 6,35 | 7,90 0,9831 | 10,63 | 13,16
0,9950 2,13 | 3,42 0,9890 | 6,41 | 7,99 0,9830 | 10,212 213,25
0,9949 2,79 | 3,49 0,9889 | 6,48 | 8,07 0,9829 | 10,78 | 13,34
0,9948 | 2,84 | 3,56 0,9888 6,55 8,15 0,9828 || 10,86 | 13,44
0,9947 | 2,90 | 3,64 0,9887 6,61 8,23 0,9827 | 10,94 | 13,53
0,9946 || 2,96 | 3,71 0,9886 | 6,68 8,31 0,9826 | 11,01 | 13,63
0,9945 || 3,02 3,78 0,9885 6,75 8,40 0,9825 | 11,09 | 13,72
0,9944 | 3,08 | 3,85 0,9884 | 6,81 8,48 0,9824 | 11,17 | 13,82
0,9943 3,14 | 3,93 0,9883 | 6,88 8,56 0,9823 11,25 | 13,91
0,9942 || 3,19 4,00 0,9882 | 6,95 8,64 0,9822 11,33 | 14,01
0,9941 || 3,25 4,07 0,9881 || 7,02 8,73 0,9821 11,40 | 14,10
972 XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren. Alkohole und Aldehyde,
Spez. Ge-| Alkohol | Spez. Ge- | Alkohol Spez. Ge- | Alkohol
wicht des | Gew.- | Vol.- | wicht des Destilates| Pros Proz |Desüllntes | Pros, Pros |Destilites | Pros | Pros. Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.-
Destillates | Proz. Proz. | Destillates | Proz. | Proz. | Destillates | Proz, | Proz.
0,9820 11,48 | 14,20 0,9760 | 16,40 | 20,15
0,9819 11,56 | 14,29 0,9759 16,48 | 20,25
0,9818 11,64 | 14,39 0,9758 16,57 | 20,35
0,9817 11,72 1 12248 0,9757 || 16,65 | 20,45
0,9816 11,80 | 14,58 0,9756 16,73 | 20,55
0,9815 11,88 | 14,68 0,9755 | 16,82 | 20,65
0,9814 11,96 | 14,77 0,9754 16,90 | 20,75
0,9813 12,04 | 14,87 0,9753 || 16,98 | 20,86
0,9812 12,12 | 14,97 0,9752 17,07 | 20,96
0,9811 12.20 15,07 0,9751 || 17,15 | 21,06
0,9810 12,28 | 15,16 0,9750 | 17,23 | 21,16
0,9809 12,36 | 15,26 0,9749 || 17,32 | 21,26
0,9808 12,44 | 15,36 0,9748 | 17,40 | 21,36
0,9807 12,52 | 15,46 0,9747 || 17,49 | 21,46
0,9806 12,60 | 15,55 0,9746 || 17,57 | 21,56
0,9805 12,68 | 15,65 9,0745 || 17,65 | 21,66
0,9804 12.76 1 10:75 0,9744 | 17,73 | 21,76
0,9803 12,84 | 15,85 0,9743 || 17,82 | 21,86
0,9802 || 12,92 | 15,95 0,9742 || 17,90 | 21,96
0,9801 || 13,00 | 16,04 | 0,9741 || 17,98 | 22,06
0,9800 13,08 | 16,14 0,9740 || 18,07 | 22,16
0,9799 13,16 | 16,24 | 0,9739 38,19. 22:36
0,9798 || 13,25 | 16,34 09738 1118,23. 22:35
0,9797 || 13,33 | 16,44 | 0,9737 || 18,32 | 22,45
0,9796 13,41 | 16,54 | 0,9736 || 18,40 | 22,55
0,9795 | 13,49 | 16,64 0,9735 || 18,48 | 22,65
0,9794 || 13,57 | 16,74 0,9734 || 18,56 | 22,75
0,9793 13,66 | 16,84 0,9733 || 18,65 | 22,85
0,9792 13,74 | 16,94 | 0,9732 || 18,73 | 22,95
0,9791 || 13,82 | 17,04 0,9731 || 18,81 | 23,05
0,9790 || 13,90 | 17,14 | 0,9730 || 18,89 | 23,14
0,9789 | 13,98 | 17,24 | 0,9729 | 18,98 | 23,24
0,9788 || 14,07 |, 17,34 0,9728 || 19,06 | 23,34
0,9787 14,15 | 17,44 | 0,9727 | 19,14 | 23,44
0,9786 || 14,23 | 17,54 0,9726 || 19,22 | 23,54
0,9785 | 14,32 | 17,64 0,9725 || 19,30 | 23,63 0,9665 24,00 | 29,20
0,9784 || 14,40 | 17,74 0,9724 || 19,39 | 23,73 0,9664 24,07 | 29,29
0,9783 || 14,48 | 17,84 ; 19,47 | 23,83 0,9663 24,15 | 29,36
0,9700 21, 32, 26,03
0,9699 21,40 | 26,13
0,9698 | 21,47 | 26,22
0.9697 | 21,55 | 26,31
0,9696 || 21,63 | 26,41
0,9695 21,71 | 26,50
0,9694 || 21,79 | 26,59
0,9693 || 21,87 26, 69
0,9692 | 21,94 | 26,78
0,9691 22,02 | 26,87
0,9690 22,10 | 26,96
0, 9689 22,18 27,05
0,9688 22,25 | 27,14
7,9687 22,33 | 27,24
0, 9686 22,41 | 27,33
0,9685 22,49 27,42
0,9684 22,56 | 27,51
0,9683 22,64 | 27,60
0,9682 22,72 | 27,69
0,9681 22,79 | 27,78
0,9680 22,87 | 27,87
0,9679 22,95 | 27,95
0,9678 23,02 | 28,05
0,9677 23,10 | 28,14
0,9676 23,17 | 28,23
0,9675 23,25 | 28,32
0,9674 23,32 | 28,41
0,9673 23,40 | 28,50
0, 9672 23,47 | 28,59
0,9671 23,55 | 28,67
0,9670 23,63 | 28,76
0,9669 23,70 | 28,85
0,9668 23,77 | 28,94
0,9667 23,85 | 29,03
0,9666 23,92 | 29,11
ee)
oo
u
Do
LOZUN
0,9782 || 14,56 | 17,94 ‚97 19,55 | 23,93 0,9662 24,22 | 29,46
0,9781 14,65 | 18,04 0,9721 19,63 | 24,02 0,9661 24,29 | 29,55
0,9780 14,73 | 18,14 0,9720 19,71 | 24,12 0, 9660 24,37 | 29,64
0,9779 14,81 | 18,24 0,9719 19,79 | 24,22 0,9659 24,44 | 29,72
0,9778 14,90 | 18,34 0,9718 19,87 | 24,32 0,9658 24,51 | 29,81
0,9777 14,98 | 18,44 0,9717 19,95 | 24,41 0,9657 24,59 | 29,89
0,9776 || 15,06 18,54 0,9716 20,04 | 24,51 0,9656 24,66 | 29,98
0,9775 15,15 | 18,64 0,9715 20,12 | 24,60 0,9655 24,73 | 30,06
0,9774 15,23 | 18,74 0,9714 || 20,20 | 24,70 0,9654 24,80 | 30,15
0,9773 15,31 | 18,84 0,9713 20,28 | 24,80 0,9653 24,88 | 30,23
0,9772 15,40 | 18,94 0,9712 20,36 24,89 0,9652 24,95 | 30,32
0,9771 15,48 | 19,04 0,9711 20,44 | 24,99 0,9651 25,02 | 30,40
0,9770 15,56 | 19,14 0,9710 || 20,52 | 25,08 0,9650 25,09 | 30,49
0,9769 15,65 | 19,24 0,9709 || 20,60 | 24,18 0,9649 25,17 | 30,57
0,9768 15,73 |, 19,34 0,9708 |, 20,68 | 25,27 0,9648 25,24 | 30,66
0,9767 15,81 | 19, e 0,9707 || 20,76 | 25,37 0,9647 25,31 | 30,74
0,9766 15,90 | 19,5 0,9706 20,84 | 25,47 0,9646 25,38 | 30,82
0,9765 15,98 | 19, 65 0,9705 20,92 | 25,56 0,9645 25,45 | 30,91
0,9764 | 16,06 | 19,75 0,9704 21,00 | 25,66 0,9644 25,52 | 30,99
0,9763 || 16,15 | 19,85 0,9703 || 21,08 | 25,75 0,9643 25,59 | 31,07
0,9762 16,23 | 19,95 0,9702 || 21,16 | 25,84 0,9642 25,66 | 31,16
0,9761 16,32 ‚ 20,05 0,9701 || 21,24 | 25,94 0,9641 25,74 | 31,24
XIII. Alkaloide. 273
Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol
wieht des | Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.-
Destillates| Proz. | Proz. | Destillates| Proz. | Proz. | Destillates|| Proz. | Proz.
| | |
0,9640 25,81 | 31,32 0,9633 | 26,30 , 31,89 0,9626 || 26,78 | 32,45
0,9639 25,838 | 31,41 0,9632 26,37 | 31,98 0,9625 26,35 | 323,54
0,9638 25,95 | 31,49 0,9631 | 26,44 | 32,06 0,9624 26,92 | 32,62
0,9637 26,02 31,57 0,9630 |; 26,57 | 32,14 0,9623 26,99 _ 32,70
0,9636 |, 26,09 | 31,65 0,9629 | 26,57 | 32,22 0,9622 | 27,05 | 32,78
0,9635 | 26,16 | 31,73 0,9628 || 26,64 32,30 0,9621 | 27,12 | 32,85
0,9634 | 26,23 | 31,81 0,9627 || 26,71 | 32,38 0,9620 || 27,19 | 32,93
von 5 ccm der Probelösung um 0,1 ccm Bichromat weniger, setzt Schwefel-
säure zu und kocht auf. Die Lösung müßte nun noch. blaugrün gefärbt
sein; in einer dritten Probe nimmt man 0,1 ccm Biehromat mehr, kocht
auf, und die Lösung muß gelbgrün gefärbt sein. Dann ist die zuerst
gefundene Zahl richtig. Ist aber die Probe bei 0,1 ccm Bichromat mehr
noch blaugrün, so fügt man noch 0,1 ccm Bichromat hinzu, worauf der
Umschlag eintritt. Ist n die Zahl der abgelesenen Kubikzentimeter
Bichromat, so ist der Alkohol in Kubikzentimetern pro Kubikzentimeter
der untersuchten Lösung — Ist die Alkoholmenge unter 1/90
n
1000°
so bedient man sich einer Bichromatlösung von 0,95%. Zur Sicher-
heit stellt man sechs Paar Vergleichsröhrchen her, in denen man
2. B. Alkohollösungen von 2, 1,5, 1, 0,8, 0,5, 0,2 °/,, verwendet, die 2,
1,5, 1, 0,8, 0,5, 0,2 ccm der 1,9 prozentigen Bichromatlösung bis zur
Gelbgrünfärbung verbrauchen. Bei unter 1°/,„igen Lösungen von Alkohol
nimmt man die halbverdünnte Bichromatlösung, von der man doppelt
soviel Kubikzentimeter verbraucht. Man nimmt um 0,1 cem Bichromat
weniger, um die gelbgrüne Farbe noch bestehen zu lassen. Bei der Probe
vergleicht man dann die Färbung der zu untersuchenden Lösung nach
dem Umschlag in Gelbgrün mit der am nächsten liegenden Färbung
der Vergleichslösung. Die Anzahl der verbrauchten Kubikzentimeter
Bichromat gibt sofort den Alkoholprozentgehalt, die Fehlergrenze be-
trägt weniger als 8 %, der absolute Fehler liegt bei 0,0001 cem Alkohol
bei Lösungen von 1—2 °/,, und bei 0,0002 ccm bei schwächeren Lösungen.
H. Pringsheim empfiehlt die Methode nach seinen Erfahrungen
ebenfalls, da auch der Farbenumschlag leicht zu erkennen: ist.
XII. Alkaloide’).
Zum Nachweis der Alkaloide dienen 1. gewisse Reagenzien, welche
durch das Hervorrufen ven Niederschlägen die Anwesenheit
von Alkaloiden anzeigen und 2. solche, welche durch die Entstehung
bestimmter Färbungen mitunter auch die Individualität des vor-
handenen Alkaloids erkennen lassen. Solche Fällungsreagenzien, welche
zumeist schon mit sehr verdünnten Alkaloidlösungen reagieren, sind:
| Phosphormolybdänsäure, deren Fällungen weiß bis
gelb sind und bei manchen Alkaloiden auf Zusatz von Ammoniak blau
werden. Die Niederschläge sind flockig, voluminös und werden manch-
!) Entnommen aus meinem gleichnamigen Beitrage im 6. Bande der Abder-
haldenschen Biochem. Arbeitsmethoden.
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 18
974 XIII. Alkaloide.
mal im Laufe der Zeit kristallinisch; in verdünnten Säuren unlöslich,
werden sie bei Zusatz von Alkalien zersetzt. Zur Herstellung der
Phosphormolybdänsäure geht man folgendermaßen vor: 150 g kristalli-
siertes molybdänsaures Ammon (NH,),M0,.0,;, + 4H,0 werden in
1 Liter Wasser gelöst und die Auflösung allmählich in 1 Liter Salpeter-
säure (spezifisches Gewicht 1,2) gegossen. Zu dieser Mischung wird
eine Lösung von Natriumphosphat so lange hinzugegeben, bis kein
Niederschlag mehr entsteht (unter schwachem Erwärmen), dann filtriert
man den hellgelben, schweren, pulverigen Niederschlag von Ammonium-
Phosphormolybdat (NH,);PO, : 12MoO, ab, wäscht mit Wasser nach
und suspendiert in einer Sodalösung. Nachdem Lösung eingetreten
ist, wird am Wasserbad eingedampft und die Ammonsalze durch ge-
lindes Glühen verjagt. Zweckmäßig befeuchtet man wiederholt mit
Salpetersäure und glüht wieder. Schließlich wird der Glührückstand
in Wasser, dem ein wenig Salpetersäure zugefügt wurde, gelöst, so daß
auf einen Teil Rückstand zehn Teile Wasser kommen; nach dem
Filtrieren ist das Reagens fertig.
Wismutjodidjodkalium: Die mit Schwefelsäure ange-
säuerten Alkaloidlösungen liefern orangerote, amorphe Niederschläge
(Solanin, Digitalin, Veratrin, Narcein werden nicht gefällt).
Wismutjodid BiJ, wird in einer gesättigten Jodkalilösung in ge-
linder Wärme gelöst und noch soviel Jodkalilösung hinzugefügt, als
zur Lösung des BiJ, verwendet wurde.
Da nicht alle Alkaloide mit jedem der genannten Reagenzien gleich
empfindlich reagieren, ist es zweckmäßig, mit beiden die Probe an-
zustellen.
Perchlorsäure hat sich bei der Fällung von Alkaloiden,
und besonders auch bei der Trennung von Strychnin, Bruzin einerseits,
Berberin, Hydrastin andrerseits bewährt !).
Pikrolonsäure, 4-Nitro-1-p-nitrophenyl-3-methylpyrazolon
N-CH.-NO liefert schwer lösliche Salze und kann auch zur
6774 2 4 .. D .
NIC: OH Isolierung und näheren Bestimmung der Alkaloide
II dienen. Die Darstellung der Pikrolonsäure, welche
H,C:07—0 NO, mit Vorteil auch zur quantitativen Alkaloid-
bestimmung verwendet wird, erfolgt nach Knorr und Bran (Disser-
tation, Jena 1899) und Knorr und Zeine (Dissertation, Jena 1906)
folgendermaßen: 90 ccm reiner Salpetersäure von 99,5 % werden mit
Wasser unter Kühlung auf 100 ccm zu einer 90prozentigen Säure vom
spezifischen Gewicht 1,495 verdünnt; 600 ccm dieser Säure werden in
einen großen Erlenmeyerkolben von 2—3 Liter Inhalt gefüllt und von
außen gut durch Eiswasser gekühlt. In diese Säure gibt man 200 g Phenyl-
methylpyrazolon nach und nach in Portionen von zirka 1 ghinein. Das
Phenylmethylpyrazolon löst sich in der Säure mit dunkelbrauner Farbe
und das jedesmalige Eingeben von Substanz ist von einer kräftigen
teaktion begleitet, deren Verlauf man unter tüchtigem Umschütteln
abwartet, bevor man frische Substanz zugibt. Auf diese Weise kann
man die Temperatur leicht zwischen 10 und 15 ° halten. Ist die Säure
(nach Zusatz von etwa 100 g) mit Phenylmethylpyrazolon gesättigt,
ı) Gomberg und Gone, Liebigs Annalen 376, 194 (1910); K. A. Hof-
mann und Mitarbeiter, Ber. d. d. chem. Ges. 43, 2624 (1910); 44, 1766 (1911);
s. a. Alkaloidchemie in den Jahren 1907—1911 von J.Schmidt, Stuttgart 1911.
XII. Alkaloide. 375
so beginnt eine reichliche Kristallisation. Doch kann man bei häufigem
Umschütteln unbeschadet weiter Phenylmethylpyrazolon zugeben und
so mit 600 com HNO, von 90 % zirka 200 g Phenylmethylpyrazolon
nitrieren. Die Kristallmasse wird von der Mutterlauge durch Absaugen
über Glaswolle befreit, zuerst mit schwächerer Salpetersäure und
dann mit Wasser nachgewaschen, bis das Waschwasser keine saure
Reaktion mehr zeigt. Man erhält so das Trinitrophenylmethylpyrazolon
in groben, würfelartigen Kristallen von gelbbrauner Farbe. Das fein
zerriebene Rohprodukt wird zum Zwecke der Verseifung mit der sechs-
fachen Menge 33prozentiger Essigsäure auf dem Wasserbade unter fort-
währendem Umschütteln bis auf 60 ° erwärmt. Die in der Flüssigkeit
suspendierten gelbbraunen Kristalle färben sich nach und nach gelb-
grünlich und das Rohprodukt verschwindet, während eine flockige
Kristallmasse die ganze Flüssigkeit erfüllt. Nach 20—-40 Minuten ist
die Verseifung vollendet. Man läßt die Reaktionsmasse erkalten,
filtriert und wäscht mit Wasser aus. Die Reinigung der erhaltenen
rohen Pikrolonsäure geschieht durch das Natriumsalz. Das Ver-
seifungsprodukt wird in Sodalösung zerrieben. Die Pikrolonsäure
wandelt sich unter Entwicklung von Kohlensäure sofort in das gelbe
Natriumsalz um; ist alles umgesetzt, so preßt man die Mutterlauge
von den Kristallen ab. Aus verdünntem Alkohol 1:3 läßt sich das
Salz gut umkristallisieren. Man erhält es in feinen gelben Nädelchen,
die konzentrisch gruppiert sind. Das Natriumsalz läßt sich leicht zer-
legen, wenn man es mit 20prozentiger HCl erwärmt. Die Pikrolon-
säure scheidet sich als gelbes, mehliges Pulver ab, das man nach dem
Absaugen tüchtig mit Wasser nachwäscht.
Kaliumquecksilberjodid (Mayers Reagens) gibt mit
den meisten Alkaloiden weiße oder gelbliche, meist amorphe Nieder-
schläge, die nach 24 Stunden deutlich kristallinisch werden. Besonders
zum Nachweis von Nikotin und Koniin geeignet. 13,5 g HgJ und
49,8 g JK werden zu 1 Liter Wasser gelöst. Die für quantitative
& . > N *
Zwecke verwendete Mayersche Lösung ist eine 50 Lösung und enthält
6,775 g HgCl, und 25 g KJ auf 1 Liter.
Aromatische Nitroverbindungen!), besonders Nitro-
phenole, haben sich als Alkaloidfällungsmittel bewährt und geben
manchmal so charakteristische Niederschläge, daß sie zur Identifizierung
des Alkaloids dienen können. In den weitaus meisten Fällen erfolgen
die Niederschläge sofort. In der folgenden der genannten Arbeit ent-
nommenen Tabelle sind die Fällungsgrenzen durch zwei Zahlenwerte
bestimmt, von welchen die kleinere den Verdünnungsgrad anzeigt,
bei welchem innerhalb einer Minute noch eine deutlich sichtbare Fällung
eintrat, während die größere Zahl die Verdünnung anzeigt, bei welcher
keine Reaktion mehr erfolgt. Eintretende Kristallbildung ist durch
einen Stern bezeichnet (S. 276, 277) 2).
Zur Identifizierung eines Alkaloids können die Farben-
resktionen mitunter viel beitragen, da manche von ihnen für
bestimmte Alkaloide charakteristisch sind. Sie sind ferner ebenso
1) Rosenthaler und Görner, Zeitschr. f. analyt. Chemie 49, 340 (1910).
®) Indessen treten mit Trinitrophenol und Hexanitrodiphenylamin auch bei
Strychnin und Bruzin (die nicht mit Sternchen bezeichnetsind) Kristallbildungen ein.
18
XIII. Alkaloide.
000 8008 5 008 T-00F I 006008 = FI a 007 T-00€ I 008 E-000 & “ unmgeIo
000 01-000 6 008 € - 000€ 006008 OST 001 »0GT001 OST 001 008 1007 IT | 008 37000 8 uruyoKuls
006 1001 I 008 T—00# I Dr XT = zz OET—001 087008 UIBAOIS
008002 00° 057 = = a a = == ° urdıeyojtd
001 T--000 1 0035 T 006 008 7067 IF Fr Fr = — ° ulaolo]]og
»00G T—007 I 008004 a > 2a == = = "UIBMOAON
»000 7000 & 000 1006 == = = = — = unoyIN
08008 0852008 Rz = = = | = — “ urydıom
er *000 TI-000 6 = 77 = Sr | — S= ° ulluo‘
m = FE = 2: =” 00T I—000 I 003 T-00L 1 "urzıypJoy
008 T=00# I 008 T-00# I Es = > 7 | 0987008 008004 "umwyoy
2: 3 Ei Be — — _ "ulagoy
002009 00° 067 2; = — Ex | = = " ulapoy
*002—009 »008—004 — — == 2 008—083 008-067 urugstıpÄH
000 IT—000 O1 000 6006 F | 00T T-000 I SE = = | = = ulseIpäH
000 8006 I 000 T—006 005061 T; = = = = " ulo41oH
000 2—000 9 00€ 30008 | 008 I-00L I = En. — 000 T—006 008 3000 3 urydıodny
065005 »006-008 = = =: = — > unpkung
00% 8000 & 00% &-000 5 07-007 - = = ı 088-006 | 009-008 "uleyay
000 83-000 T3 000 60087 | 0085-0008 = 009—00€ = ı 0008-0088 | 00001 0006 "unoWwg
000 T006 008 067 Ze Te == == = am ° utuoll]
000 EG — 000 04 000 2000 9 | 000 8006 I 057-007 008085 06T 001 008 3000 8 008 E-000 € uruoqdut)
000 SC—000 08 000 20009 | 004% - 0008 009008 009008 0°°-008 00° 3000 & 00% 37000 3 - wu)
000 67 000 07 000 20009 | 006 8000 6 009 = 008 08008 0ST—001 009 T—-008 I 0119 T-006 I " urpliuug,)
000 9000 € 005 1=-00F I | 000 2000 9 =, a ug 000 8006 I 000 8008 & " wiznig
00003 00061 009 T-00% T | 000 1006 = 088008 008-002 | 000 IE—000 08 | 000 85-000 Ig "- uuloquogf
007-008 008— 083 = = er 7 | = = udonyy
u: ar = == a — | SE —= ° ujoyaly
066008 = == = — — 003—08I 087 —007 unkdyuy
*000 9000 € 000 8008 8 06GT—001 = 5 ua 00% T-00F I 006 T-008 I wdäy
000 8006 I 008-007 0E1T—001 = 27 I 008 T-00F I 00% E7000 8 " unuoyV
|
ouoyd ie | SITBERHUB yyydeu osaA uoyd ouayd ouoyd
; -oJjnsıpuosAuud -[oyyydeu ie en IN an I I
-OAIUlLL -oayuuıd -OAJIUrC] -OAJLUIC] our -oayın-d -OIN-W
-BAUFUBOALJIUCT
27T
Alkaloide.
ATIT.
000 07-000 6
000 IT000 OL
»000 ET 000 FI
000 SE000 08
000 sE—000 08
000 CET000 O8
000 «E 000 08
000 6EF 000 OF
000 11-000 OL
000 87008 6
000 13-000 06
000 63000 F6
000 08000 &5
000 FI—000 EI
000 08000 &&
000 9000 &l
000 3000 #6
000 07000 SE
000 IT—000 OL
000 18-000 08
000 CE 000 08
000 08000 &G
000 &F 000 OF
000 137-000 06
000 9900 €
000 «7000 07
00€ 9 000 9
001 8000 8
000 008 9
000 8000 L
000 T—006
000 #000 &
000 1006
006-008
008 I=001 I
008 T—005 I
000 51000 II
00°—08%F
006008
00€ T-00# I
006 T—-00L I
009—00%
000 6000 9
000 8008 3
000 E-000 F
OET—001
000 EE-00N 08
000 01000 6
006008
000 11000 OI
000 06000 61
000 E3000 FG
000 9000 €
000 835000 86
000 T-006
006 = 08T
000 T006
000 87006 I
002 1009 I
0ET—001
000 I 006
009008
007 008
000 T 006
000 9000 €
006 008
007008
009008
000 27-000 9
000 8006 I
000 2000 9
06T OL
000 1000 21
098008
000 8000 L
000 85-100 08
000 83000 F3
000 9000 €
000 ST 000 FL
008 OST
008 1—00# I
009 700°
008 8000 &
0080" 6
*000 7000 &
»006 008
x008 00L
*008 = 004
»00% 1001 I
000 01000 6
008 °-000 8
002009
»O0LI 0091
000 6 - 000 8
000 8006 I
000 8000 Z
08008
000 008 F
00) 03 000 61
0021009
*000 05000 €G
000 05 000 €E
000 07 000 €&
000 9000 €
000 08000 61
007088
»00G ® I
»067 007
00€ 7000 F
008 87-000 5
00% 000 8
000 2000 9
000 T=-006
008002
001 T—-000 I
009067
*000 800€ 6
068008
»004 8000 8
»009 007
005067
000 6000 8
008 T-00# I
000 9000 €
OST = 001
000 E7-008 8
000 03000 61
00° 007
000 EE-000 08
000 <& - 000 08
000 07 =000 68
000 9000 €
000 08 00061
»00E 085
008 : I
000 8008 I
008 T-00# I
000 87-008 6
000 TT—000 01
*00% T00L 1
008-004
00T 1000 I
008 1—00F I
000 9000 €
008085
000 8006 I
009 008
#008 004
000 31-000 IL
000 8006 I
000 2—000 9
005081
000 6 - 008 7
000 84000 FG
*006-008
000 sG—000 08
000 EE—000 08
000 08 —000 &F
000 TT—000 O1
000 05° 000 61
001.009
CE 008
004 7000 7
008 8000 6
00N E-0NE%
000 6000 8
000 T 006
008 — 004
0011000 I
00° =0%F
006 1008 I
04006
002009
0098—06F
008085
000 1—006
008 T—-OUF I
000 E-000 F
008 87-000 &
000 Ts = 000 06
009008
000 «S 00008
000 EG = 000.08
000 €F 000 OF
000 97000 4
000 81000 ZT.
007 068
+06 006
000 8008 &
0uE T=-0OUF I
.
.
- une‘
urumpÄugg
" UIBAO}S
urdaeyoglf
un191J0][91
uUIBYOAON
ZZUNDSIN
- umydıow
BAU
a BH
° "ulwyoy4
" -uroyoy
x zuopoy
urunseipÄH
ulseipÄH
° * u1010H
urmgdıodurf
unpÄung
- - uieyurf
- -uyowg
° * atuolC]
uuoy»ur/)
ig,
GEIDELLNR
Zuzug
- unoqıag
“ - urdonyy
ujoyaıy
unAdıyguy
" urdAıy
PEUELLUNSIN?
—————————————————————————————————————— ne een
urmwep<kuoydıp
-O1}1UBX9H
urajeygyd
-jouoyd
-OAPIUBAIOL
oyyydeu
-OIJIULLT],
uronj30107yd
OR EELLE,
UIZIOSOI
-OAMULL],
jow£y4
-OAMULLL,
josd1y
-OSIULE],
ze EEE
978 XIII. Alkaloide.
empfindlich wie die Fällungsreaktionen, können also mit Vorteil auch zur
ersten orientierenden Untersuchung auf die Anwesenheit von Alkaloiden
verwendet werden. Diese Reagenzien bestehen entweder aus reiner
konzentrierter Schwefelsäure oder einer Schwefelsäure, der etwas Salpeter-
säure (Erdmanns Reagens), Molybdänsäure (Fröhdes Reagens),
Kaliumbichromat heiß gelöst (Luchinis Reagens) oder Kalium-
permanganat 1:200 (Wenzells Reagens) zugefügt worden ist.
Häufig muß die Reaktion bei Wasserbadwärme ausgeführt werden;
man nimmt sie dann in einem flachen Porzellanschälchen vor; ist das
nicht der Fall, so kann man Porzellanplatten mit seichten Vertiefungen
verwenden, wie sie zum Anreiben von Malerfarben dienen. Hier ist
es ebenso wie bei den Fällungsreaktionen wichtig, daß man mit kleinen
Quantitäten und bei reichlichem Luftzutritt, also in flachen Schalen
oder Uhrgläschen arbeitet.
Um eine Fällungsreaktion durchzuführen, versetzt man
den Verdampfungsrückstand der auf Alkaloide zu prüfenden Flüssig-
keit oder des Extraktes mit einigen Tropfen Schwefelsäure 1:50!)
und bringt durch gelindes Erwärmen zur Lösung. Ein Tröpfchen dieser
Lösung wird mittels Glasstabes auf ein flaches Uhrglas gebracht, das
auf schwarzes Glanzpapier gestellt wurde. Nun bringt man gleichfalls
mit einem Glasstab einen Tropfen des Fällungsreagens an den Rand
der Uhrschale und läßt durch vorsichtiges Neigen zusammentließen.
An der Berührungsstelle der Flüssigkeiten entsteht bei Anwesenheit
des Alkaloids eine Fällung.
Zur Ausführung der Farbenreaktion wird die gepulverte Substanz
oder eine (alkoholische oder ätherische) Lösung derselben in die Uhr-
schale gebracht; in letzterem Fall das Lösungsmittel völlig zum Ver-
dunsten gebracht und nun mit dem Glasstab ein Tropfen des Reagens
dazugebracht. Sofort oder nach einiger Zeit, eventuell beim Erwärmen,
entsteht die Farbe, deren Nuance natürlich, abgesehen von subjektiven
Momenten, von der Menge des Alkaloids abhängig ist, so daß ein genaues
Festhalten der Zeit und der begleitenden Momente, eventuell Parallel-
reaktionen mit dem reinen Alkaloid und schließlich die Prüfung des
Absorptionsspektrums zur größeren Sicherheit notwendig ist. Die
folgende Tabelle (S. 279—281) gibt die entstehenden Färbungen wieder.
Fröhdes Reagens wird zweckmäßig zuerst angewendet, denn wenn
hier sich ein negatives Resultat ergibt, reagieren auch Erdmanns Reagens
und reine Schwefelsäure nicht. Mit Fröhdes, Erdmanns Reagens und
mit Schwefelsäure reagieren nicht: Atropin, Chinin, Cinchonin, Kokain,
Koffein, Koniin, Hyosceyamin, Nikotin, Pilokarpin, Piperidin, Pyridin,
Sc ‚opolamin, Spartein, Strychnin, Theobromin. Beim Betupfen mit
konzentrierter HNO, wird Berberin rotbraun, Bruzin rot, orange, gelb,
Colchiein violett, braungelb, Curarin purpurrot, Emetin orange, gelb,
Hydrastin rötlich, gelb, braungelb, Morphin blutrot, braun, gelb,
Papaverin rot, gelb, orange, Akonitin, Codein, Hydrastinin, Narcein,
Narkotin, Nikotin, Strychnin, Thebain, Veratrin, Yohimbin gelb,
Atropin, Chinin, Cinchonin, Kokain, Koffein, Cytisin, Hyoscyamin,
Solanin, Spartein, Theobromin bleiben farblos.
Um ein Objekt auf die enthaltenen Alkaloide zu prüfen, muß man
!) S.a. J. Gadamer, Lehrbuch d. chemischen Toxikologie und Anleitung
zur Ausmittelung der Gifte. Göttingen 1909,
279
Alkaloide.
XI.
q]93 [euyds ‘499]01A
weg
Yoyygue
unaıdnejq “unıdqjas
q793 yorygwpe '404
unıduneıg
nBIg MONgEUL
-[e *unısdızynwyas
q193
4123
yon
-ngIq “yaıggrypenyds
‘unıdqjos | uawagmagy 'q 'sofq.Le}
7J9[J01A ‘Joayasım
‘yaıyunzaq *qrasyaı]
-uUNId :d9pusuloydeu
sopqıe}
gqI93 pjeq "unısaro
sojq.eF
43
q723 9uyos ‘aToıA
nejq UOULIBM
-ı7 wıoq ‘sofq.ie
unıd
puosseiq
-qe yorıyygwpe ‘Yoamıq
uneiq
-qQ93 uuep ‘unıdaıo
sojq.1e}
4193
uFz yaeu qfasfoyunp
unısjoyunp yFz ypeu
qaFyoas
unıS uuep ‘Joafoy
sorqıe} ‘q]98
“unıdqjas (urwaey ‘01
:PU9SJOJTEPUBULIFNE
plım uneIg y Fz yoeu
a9p ‘Fejy9sıopaıN
A9J0INJq ‘II9JOTA
-[9yunp "qıeysiyJowe
aapyunp 74187 SONH
usydor], weulm uOA
zyesnz '499]01IA ypou
uFz wpeu ‘puopıam
yoıjoy qıejJsAyyauy
SOTq.1REF
yzyonz yorummıey
aoyeds ‘Sıqaejgsiyg
-9JuUB UUBP 40119801
"[y9SA9POIN "FOAOFO1Z
yaıgaıyas °3349J01A
aaygds ‘aqauygsAypwvy
FEITPSIHPIIN JOUnBIg
yargaıpyos yonyng
uuep ‘Sıqrejgsiygoug
“ umıy>Jog)
" u1poN
ulspod
ururgg)
"uıuopıayg)
urmnag
urIaq.1togl
umgdıowody
- urdonyy
“ uuoyy
su9dgay SOpygQLT
9ıngs[pfPAypg aury
su93eay suugwpim
suadeayy sıuryanrT
suaseay sjjpzuoM
Alkaloide.
XIH.
280
nejq »puwey 'AJoynq
"Iqydı}oL UOWIBMAT
unoq “unız ‘aıfofpyunp
uneıqunıd
Zızjnuyds ]jPuyds
aaqe ‘779J01A uoyDs
wsoige]q
‘qj93 “unısdızynuyas
'nejq uuep °379[01A
unıs uuep ‘uneıq
uneıgfoyunp uoulgm
-ıq °q ‘qjed Aısuoyur
angıgq yaıygwje 'unıs
unı5joyunp
unıdnajq uuep ‘4041
sogar
J0.1199qwıy Fızjnuntds
jzjopnz "unısjoyunp
uu®p
yo17n7q
uowıgaag wıoq *q]93
unıduneıq Zızynunyds
U9WwIBmaT °q ‘SOJq1BF
88501 YIBAUS
yoga ‘yaıqpod
yıpungaıq
U9WIBAIT 'q Pusıdız
-SIIONK nBiq “yaılqlaa
799J01A
U9UIBMIT °'Q ‘SOJA.I1EF
unıdane.ıq
uoungAaan °q ‘Sofqae}
unısuneıq
SOJq.A1BF
unvıg Fızynuyds
uoqLe
-gtuu J[EUUOS “yoıpyq.
‘unıdqjod | uowaganaz 'q ‘ydılqlpaa
401 SIZJnWUYDS ‘449J01A
apuey woA *‘uneıig
yorunyad
u9wagaag °q 'sofq.Le}
qraFgargg«
uawIgmag °q 'Sojqu1eF
yo uuep ‘yoırqjaz
yaıyungıq
us9wagAaag wıoq ‘qj98
493
unıduneıg
J9J01AFLıZzInwyOS
a9qn UAULIEM
-I7] wıogq 'SoJqLeF 48%
unıS
uneıq
-q[99 uuep ‘qfosoduwıo
yo JIızynwuyds
uowıgAalg wog 'q]93
neIg y Fz ypeu
pun unız “unısga3
aaygds ‘uolyyeayy auıay
unı3ı[oy
uuep ‘unıdqJS u #3
ydeu ‘uolyyeay 9uroy
PIOYySISSH]JOqPFUunıS
pun KIALBEAGHEINN
OBAMA u Fz ypru
‘Zunpioyassny 9q[93
uspuey1oA yDou
u 75 yosu ‘yoılqıad
uosanag 'q ‘Yoauqnı
puapurmyos1aA
uopunygFz u‘ysıgjos
usdonag 'q ‘Yoauıqnı
Sanı
-[e I SqP>Fızynuyds
yzjopnz pun 9»dıqıey
-SydR] uuRp "Dunelg}ol
u RDIEN
Ö
ETF SURROGAIORT
wre > ale ee urgdıow
“ungogor
urunseıpÄH
" ugseıp{f
urydıodnq
uyawg
umepaig
usmÄg
ULIEIN
ULUIBIOQ
a T ————————————————————————————————————————————————————————————
SUAFBIY SOPyQLT
9mBspPpALg Buy
suadvay suuwwpıig
SU9IBOIY SturgonT
suadwoy SjIezua A
A 5
281
Alkaloide.
SIT.
unıd
opuey 'A'neiq Arsuoyul
J0oAulwıeN ‘101
yoaqjp3
yayygwpe Yoagnıq
A9UIOA IM
qrasydıyoıt yaeAMyas
unı3
ugtos nejqgon ‘unı3
'139]01A pu9y9FL1ogqnIoA
unısnefgq '499]014401
neg
U9WIBAIT wIoq *unıs
379[0TA uuep 'nerq
q123
“yoıyoaunad ‘unıdnejq
sua3eay SOpyQLT
soJq.ı1}
pus1aızsaıong unıd
yoıqjod
yaıyeupe “oaynıq
I9ULIOA IM
sofqae}
7J9[0TAneIq
yorunviq uowıgA
-ı7 wnoq *qfosyormoa
3395[0TAne]q
YIBALOS UOULIBAIH
weısdueg] 19q ‘sofqıe}
sojqıey
9UBıo UOULIgAMAT
wog ‘19>9J01A ud
POrorangıq opuey '
ydı7oıt yoıygwe
9du8.ıo pjvq ‘god
yo1qjo3
yoıygwuppe ‘Yoaynjq
yoıuneigq
‘199J01A ‚Sızpnugos
uowigaig 'q Ouw.ıo
qrasgdıoı ya9emy9s
unı3 ıay opuey
woA ‘9JoIA ‘PduR.ıo
yor UOULIgM
-ı7 wıoq ‘qradyaıpyga
yoappyunp
uneıg ‘j01unvIq
30Ay9SAY
uaugMag °qQ "AOAIS
7019[03 dann -uayur yaıpygwppe ‘01
sangs[fpppmypg 9ulay
suaseay suugwpar
ö
SefydsaopaıN 19pu1au
-wIN9S HUPRHAOIO A9p
me ‘aoqjpdusLıguey
u9UI9IS
-IIe}S11 4 "A SunpIayas
-snYy ‘ga 3UuR10 y FZ
yaeu *uolyyeay 9ulay
suadeay Sıuryon]
--FHBE
Sejy9sIop9IN 9IuRıo
u Fa weu ‚Stqre}
-a2J9y uuep ‘301Joy
sIe[yISIHPaIN uaglaMm
sauTd zyesqy Aoyun
Sungaepgugy yaııygu
-je SıqıepsAypue
Se ee | Ssiemier Kammer. | Senebkog aemon- Bo sppzusM
.
urquiyor
"ULIBIO A
uwgay
uiupÄyg
uruejog
urwusısosÄyf
urdojo1g
" uruo1od
" urıaaedeg
umydıouupAxQ
- unoyıeN
GT TTTTTTTTTTTTTTTTTLLL—TTT zzzZzZz— — — — — — — — — ———————
989 XIIT. Alkaloide.
diese erst extrahieren. Man zieht auf schwach siedendem Wasserbad
nach Dragendorff wiederholt mit Wasser aus, dem auf je
100 ccm 10 cem verdünnte Schwefelsäure 1:5 zugesetzt wurde.
Colehiein, Solanin und Digitalin können auch schon durch gelinde
Wärme zersetzt werden, in diesem Falle ist die Extraktion in der Kälte
vorzunehmen.
Die Auszüge werden filtriert, die freie Säure bis zur schwachsauren
Reaktion mit Magnesia neutralisiert und dann im luftverdünnten Raum
am Wasserbad bis zum Sirup eingedampft. Der Rückstand wird mit
dem vierfachen Volumen Alkohol und etwas verdünnte Schwefelsäure
24h bei 30—40 ® unter öfterem Digerieren gehalten. Nach dem Erkalten
wird filtriert, der Rückstand mit Alkohol gewaschen, der Alkohol der
Extrakte verdunstet und der wässerige Rückstand im Kolben bei
30—40 ° mit Petroläther unter häufigem Schütteln digeriert, um
färbende Bestandteile zu entfernen. Ist Piperin anwesend, welches
vom Petroläther aufgenommen wird, dann muß die petrolätherische
Lösung im Scheideltrichter abgehoben und das Alkaloid durch Ver-
dunsten des Petroläthers gewonnen werden. Die entfärbte wässerige
Alkaloidlösung wird nun längere Zeit bei 40 ® mit Benzol digeriert, was
mit frischen Mengen Benzol einigemal wiederholt werden muß. Dann
werden die Benzolauszüge vereinigt, das Benzol verdunstet. Im Rück-
stand kann vorhanden sein: Colchicin, Digitalin, Spuren von Veratrin,
farblose Nadeln deuten auf Koffein, ein gelb gefärbter Rückstand zeigt
Colchiein an. Schüttelt man den Rückstand mit Amylalkohol aus, so
gehen Pikrotoxin, Salizin und Narkotin (teilweise) in Lösung. Die
saure wässerige Lösung wird nach dem Ausschütteln mit Amylalkohol
mit Chloroform ausgeschüttelt; dabei gehen Papaverin, Thebain und
ein Teil von Bruzin und Narcein in Lösung. Ein kristallinischer Rück-
stand nach Verdunsten des Chloroforms deutet auf Papaverin oder
Bruzin. Nach dem Extrahieren mit Chloroform wird die wässerige
Lösung nach Erwärmen auf 40 ° mit Petroläther überschichtet, dann
mit Ammoniak im Überschuß behandelt. Strychnin, Bruzin, Chinin,
Koniin, Nikotin, Papaverin werden dadurch extrahiert und! plaben
nach dem Verdunsten des Lösungsmittels zurück. Koniin und Nikotin,
welche einen charakteristischen Geruch besitzen, gehen mit Wasser in
Lösung. Beim Erkalten der warmen Petrolätherlösung scheidet sich
Chinin in Kristallen aus, ebenso Strychnin und Papaverin, wenn sie
in größerer Quantität zugegen sind, amorph Bruzin und Veratrin.
Wenn der trockene Alkaloidrückstand mit absolutem Äther behandelt
wird, gehen Chinin, Papaverin und Veratrin in Lösung. Behandelt
man mit absolutem Alkohol, so bleiben Strychnin und Bruzin zurück,
welche in demselben schwer löslich sind.
Die ammoniakalische, wässerige Alkaloidlösung bei 40—50 ° mit
3enzol behandelt, läßt Chinidin, Cinchonin, Atropin, Akonitin und
Kodein in Lösung gehen.
Beim Verdunsten des 'Lösungsmittels scheiden sich Cinchonin,
Atropin, Chinidin, Kodein kristallinisch, Akonitin amorph aus.
Nach der Extraktion mit Benzol wird die wässerige ammoniakalische
Lösung mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert, auf 50—60 ° erwärmt,
mit Amylalkohol überschichtet, mit Ammoniak wieder alkalisch ge-
macht und mit dem Amylalkohol durchgeschüttelt. Morphin, Solanin
XIII. Alkaloide. 283
und Narzein (teilweise) werden gelöst und scheiden sich beim Verdunsten
der Lösung aus, und zwar Morphin kristallinisch, Solanin schon beim
Erkalten als Gallerte. Der Rest des Narzeins scheidet sich ab, wenn
die Lösung zur Trockene gebracht wird, und kann aus Alkohol oder
Wasser umkristallisiert werden.
Qualitative Bestimmung der einzelnen Alkaloide.
Atropin: Die Erkennung erfolgt am sichersten durch den
physiologischen Versuch. Die aus dem betreffenden Objekt isolierte
und sorgfältig gereinigte Base wird in schwach angesäuertem Wasser
gelöst, so daß die Lösung kaum sauer ist und ein Tropfen davon in
den Konjunktivalsack des gesunden Menschen- oder Katzenauges ge-
bracht; noch 0,0002 mg Atropin wirken deutlich mydriatisch (die Pupille
erweiternd). Eine kleine Quantität, etwa 1 mg, wird in einer trockenen
Eprouvette erhitzt, bis weiße Dämpfe aufsteigen und mit 1,5 cem kon-
zentrierter H,SO, versetzt; beim Erwärmen tritt Bräunung ein, nun
werden sehr allmählich unter Umschütteln 2 ccm Wasser zugesetzt,
wobei ein angenehmer Geruch auftritt, der an den Duft von Orangen-
blüten erinnert; wirft man nun ein Kriställchen von Kaliumpermanganat
hinein, so geht der Geruch in Bittermandelölgeruch über. Nach Vitali
entsteht sofort eine Rotviolettfärbung, wenn man die kleine Quantität
Atropin mit fünf Tropfen rauchender Salpetersäure verrührt, auf dem
Wasserbad zur Trockne bringt und den gelben Rückstand nach dem
Erkalten mit einem Tropfen einer alkoholischen Atzkalilösung 1: 10
betupft.
Goldcehlorid erzeugt in der wässerigen Lösung eines Atropinsalzes
einen gelben Niederschlag, der sehr schwer löslich und gut kristallisier-
bar ist. Mit Hilfe der Goldsalze lassen sich auch die mydriatischen
Basen Atropin, Hyoscyamin, Skopolamin voneinander unterscheiden.
Der mit einem geringen Überschuß von Goldchlorid entstandene
Niederschlag löst sich beim Erwärmen auf und scheidet sich beim Er-
kalten wieder aus, und zwar bei
Atropin ölig, allmählich erstarrend, Schmelzpunkt der glanz-
losen Kristalle 135—137 °,
Hyoscyamin sofort kristallinische Blättchen, stark glänzend,
Schmelzpunkt 160—162 ®,
Skopolamin sofort kristallinisch, mikroskopische, federbart-
artige Kristalle, Schmelzpunkt 210— 214°.
Chinin: Die wässerige Lösung reagiert sauer und zeigt im auf-
fallenden Lichte blaue Fluoreszenz, die nur in saurer Lösung auftritt
und sich in neutraler Lösung zeigt, wenn man Weinsäure, Phosphor-
säure usw., nicht aber Halogenwasserstoffsäuren zusetzt, die vielmehr
die Fluoreszenz aufheben.
Versetzt man eine alkoholische Chininlösung mit einer Mischung
aus einem Teil ‚Jod, gelöst in 1 Teil 50prozentiger Jodwasserstoffsäure
und 50 Teilen 70 prozentigen Alkohols, und 0,8 Teilen Schwefelsäure
und läßt kurze Zeit stehen, so entsteht eine in metallglänzenden Blätt-
chen kristallisierende Substanz, die im durchfallenden Lichte blaß
olivgrün, im auffallenden schön dunkelgrün aussieht und das Licht
stark polarisiert Herapathitreaktion).
I84 XIII. Alkaloide.
Gibt man zu fünf Teilen der Chininlösung (zirka 1: 200) einen
Teil Chlorwasser und unmittelbar darauf Ammoniak bis zur alkalischen
Reaktion, so wird die Lösung smaragdgrün, bei eben eingetretener
Neutralisation blau und beim Übersättigen mit Säuren violett bis feuer-
rot (Thalleiochinreaktion).
Zu 10 cem der schwach angesäuerten Chininlösung wird je ein
Tropfen Bromwasser, Ferrozyankali 1 : 10 und lO0prozentiges Ammoniak
hinzugefügt. Schüttelt man nunmehr mit Chloroform, so tritt noch
bei einer Verdünnung 1 : 1 Million deutliche Rotfärbungein (Erythro-
chininreaktion). |
Beim Chinchonin treten die genannten Reaktionen nicht ein, mit
Chlorwasser und Ammoniak entsteht ein weißer Niederschlag. In
Äther ist es zum Unterschied von Chinin schwer löslich, worauf eine
Methode beruht, die beiden zu trennen.
Morphin: Versetzt man eine Lösung des Alkaloids in kon-
zentrierter H,SO, mit einem Körnchen KNO, und erwärmt, bis weiße
Dämpfe auftreten, so entsteht eine rötliche Färbung. Läßt man nun
erkalten und fügt noch ein Körnchen KNO, hinzu, so entsteht eine
rotviolette Färbung, die schnell in Blutrot übergeht und sehr bald ver-
blaßt (Husemanns Reaktion).
Dampft man die trockene Substanz mit trockener Salzsäure unter
Zufügung von wenig konzentrierter H,SO, bei 100—120 ® ein, so erhält
man einen roten Rückstand; wird nun wieder etwas HCl hinzugefügt,
mit NaHCO, neutralisiert, so erhält man eine violette Färbung. Gibt
man dann zu dieser Flüssigkeit einige Tropfen einer konzentrierten
Lösung von ‚Jod in ‚JJodwasserstoffsäure unter Vermeidung eines Über-
schusses, so geht das Rot in Smaragdgrün über und beim Schütteln
mit Äther wird der Äther rot, während die wässerige Flüssigkeit grün
bleibt (Pellagris Reaktion).
Versetzt man eine kleine Menge Morphin in der Porzellanschale
mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure, der etwas Salpeter-
säure zugefügt wurde, so entsteht eine schwach rosarote Lösung, die
beim Erwärmen auf dem Wasserbade nach dem Erkalten blutrot wird.
Koniin: Einige Tropfen einer Lösung von 1 g KMnO, in 200 g
konzentrierter H,SO, mit Coniin verrührt, liefern eine beständige violette
Färbung, die sich von der anfänglichen grünen Lösung gut unterscheidet.
Nikotin: Mit Pikrolonsäure charakteristische, zu Büscheln ver-
einigte Nadeln, die bei 213 schmelzen. Eine ätherische Nikotinlösung
mit dem gleichen Quantum ätherischer ‚Jodlösung versetzt, gibt eine
Trübung oder einen Niederschlag und nach einiger Zeit lange rote
Kristallnadeln, die das Licht mit blauer Farbe reflektieren (Roussins
Kristalle). Auch hier ist das physiologische Experiment den rein
chemischen vorzuziehen. Ein Frosch, dem eine minimale Menge Nikotin
injiziert wird, schlägt unter Muskelzuckungen die vorderen Extremi-
täten nach rückwärts, so daß sich die Fußwurzeln am Becken berühren,
während die Oberschenkel rechtwinklig vom Körper wegstehen.
Stryehnin: erzeugt in minimalen Dosen beim Frosch oder
einer weißen Maus, unter die Haut gespritzt, tetanische Krämpfe. Löst
man zirka 0,1 g unter Aufkochen in 5 ccm Wasser und setzt einige Tropfen
K,Cr,O ,- Lösung zu, bis die Lösung orangegelb ist, und läßt abkühlen,
so fällt ein feiner goldge :lber Niederschlag. Dieser wird abfiltriert und
XIII. Alkaloide. 285
davon mit einem Glasstab etwas auf ein Uhrglas gebracht, auf das
früher wenig konzentrierte H,SO, getropft worden war. Streicht man
mit der am Glasstab befindlichen Strychninverbindung durch die
Schwefelsäure, so entstehen violette Wegspuren. Man kann auch die
auf Strychnin zu prüfende Substanz auf der Uhrschale in Schwefel-
säure lösen und ein Körnchen Kaliumbichromat mit dem Glasstab
durch die Lösung schieben, wobei sich die blauvioletten Wegspuren
zeigen, die aber bald abblassen.
Quantitative Bestimmung.
Bestimmung mit Kaliumquecksilberjodid nach
Heikel!). Dieses sogenannte Mayersche Reagens hat sich für die
quantitative Alkaloidermittlung bewährt und wird zu diesem Zweck
als = Normallösung mit 6,775 g HgCl, und 25 g K.J auf einen Liter
verwendet. Aus der Menge des Reagens, welche zu der Alkaloidlösung
zufließen gelassen werden muß, bis vollständige Fällung erfolgt ist,
kann die Menge des Alkaloids berechnet werden. Um diesen Zeit-
punkt zu bestimmen, muß man von der Fällung abfiltrieren und von
neuem fällen; tritt kein Niederschlag mehr ein, dann ist die Titration
beendigt. Natürlich ist diese Methode sehr ungenau und es bietet
wesentliche Vorteile, einen Überschuß des Reagens hinzuzufügen und
das in der Lösung gebliebene Quecksilber zurückzutitrieren. Dadurch
wird nicht nur die mit dem Alkaloid in Verbindung getretene Queck-
silbermenge genauer bestimmt, sondern es fällt auch das Filtrieren
fort, wodurch erheblich Zeit gespart wird. Heikel hat mittels dieser
Restmethode die Anzahl Kubikzentimeter des Mayerschen Reagens
bestimmt, die mit 0,1 g eines Alkaloids reagieren. Zu diesem Zweck
wird das überschüssige Quecksilber des Reagens durch eine Zyankali-
lösung bestimmten Gehaltes in das undissoziierte und daher reaktions-
unfähige Quecksilberzyanid übergeführt und der Überschuß dieser
Zyankalilösung durch Silbernitrat festgestellt. Die Zyankalilösung ist
so eingestellt, daß ein bestimmtes Volumen derselben mit 10 ccm
10 prozentigen Ammoniaks und einigen Tropfen Jodkalilösung als
Indikator das gleiche Volumen 55 AgNO ,-Lösung erfordert, um die erste
bleibende Trübung von ae zu erzielen.
Wird die zugefügte Anzahl 5 „ KON- Lösung mit K, die verbrauch-
ten Kubikzentimeter I AgNO,-Lösung mit A und die Anzahl von
20
Kubikzentimeter des Mayerschen Reagens mit M rg so be-
steht zwischen den drei Lösungen die Beziehung M —=2 (K — A). An-
genommen, es wären von dem Alkaloid 0,1 g in ie 10 ccm Wasser
gelöst, 10 cem n-H,SO, zugefügt; man setzt einen Überschuß des
Mayerschen Reagens (nicht unter 15 ccm) zu der abgemessenen Menge
der Alkaloidlösung (5—20 ccm), verdünnt auf 100 ccm, schüttelt
env durch (ein reichliches Durchschütteln ist nötig, weil besonders bei
1 G. Heikel, Chemiker-Zeitung 32, 1149, 1162, 1186, 1212 (1908).
DETE XIII. Alkaloide.
größerer Verdünnung der Niederschlag häufig kolloidal ausfällt und
durchs Filter geht, bei gründlicher Koagulation erhält man aber
klare Filtrate) und filtriert durch ein trockenes Filter in ein
trockenes Gefäß. Zu 80 cem der filtrierten Lösung gibt man 10 ccm
10 prozentigen Ammoniaks und eine bestimmte Menge (meist 10 ccm)
- I en $ R
genau eingestellter 0 KCN-Lösung. Unter Umrühren werden dann
5 AgNO;- Lösung bis zur bleibenden Trübung zugelassen. Die nach-
ld Tabelle zeigt das Verhalten der einzelnen geprüften Alkaloide:
ee |
255 w2|1 ccm Reagens R
s SEPEF entspricht 4 Bemerkungen
zuasz|ı 8
Akonitin 6,3 0:0159 22 72225
Atropin . 10,8 0,0093 | 22,
| bei starken Verdünnungen
Berberin 10,9 0,0092 + 10 Be 10 ccm Reagens
Bruein. 8,9 0,0112 + | auf 0,1 g nahezu genaue
Resultate
Chinn . 1152 0,00895 EE02:
Chinidin . 19,5 0,00514 10)
Cinchonin 11:5 0,0087 +5
'\bei starken Verdünnungen
Cinchonidin 19,5 0,00514 + 10 Meeyen 13,2 cem Reagens
Cocain 12592 0,0082 +7 |\fauf 0,1 g fast genaue
Resultate
Colchicin. 6,95 0,00144 +2
Heroin - 8,2 0,00122 Se 7
Hydrastin . 8,6 0,00116 +2 Die Endverdünnung darf
Hyoscyamin . ; 10,8 0,0008 | +2 hi 1000 nicht überschreiten
Ipecac. Alkaloide 11,2 0,00895 ae | a '
i Die Endverdünnun dar
Morphin . 9,6 0,0104 = u : 1000 nicht übersentn
'\bei starker Verdünnung er-
ee ( geben 7 ccm Reagens auf
buy al Nur an | an, = 5 ‚(0,100 g fast genaue Resultate.
Pe ’ | i = Großer Überschuß an Rea-
gens erforderlich.
Brartein . .: 34,2 | 0,00293 a8)
Strychnin ., 7 ze, 12,0 0,00835 +2,
Veran. . 0.4 5,2 0,0192 a al
Bezüglich der Einzeldurchführungen muß auf die Originalarbeit
verwiesen werden.
Warren und Weiß!) teilen mit, daß die Pikrolonsäure infolge
Erzielung der schön kristallisierenden Pikrolonate, welche sehr schwer
löslich sind, zur Charakterisierung der Alkaloide sehr geeignet sind,
und die Pikrate, mit denen sie sonst Ähnlichkeit besitzen, an Schwer-
löslichkeit übertreffen. Die Verwendung des Fällungsmittels geschieht
am besten in Form der gesättigten alhoholischen Lösung, in manchen
Fällen der Lösung in Wasser, Benzol, Äther, Chloroform. Aus den
Pikrolonaten lassen sich leicht die reinen Alkaloide gewinnen, indem
')W.H.WarrenundR.S. Weiß, Journ. of Biol. Chem. 3, 327 (1907).
XIII. Alkaloide. 287
man die Niederschläge mit verdünnter Schwefelsäure erwärmt und die
Pikrolonsäure durch Essigäther entfernt. Die Pikrolonate von Coniin,
Nikotin, Strychnin, Bruzin, Morphin, Kodein, Atropin, Chinin, Hydrastin
sind von den genannten Autoren studiert, beschrieben und in Mikro-
photogrammen abgebildet worden. Das Alkaloid wird zweckmäßig
durch Umkristallisieren der aus den wässerigen Lösungen erhaltenen
Niederschläge aus Alkohol gereinigt. Kokain, Akonitin, Koffein geben
keine typischen Niederschläge, für Bruzin und Kodein ist Pikrinsäure
das schärfere Reagens, für Nikotin, Chinin, Atropin, Hydrastin ist die
Empfindlichkeit gegen beide Fällungsmittel, Pikrinsäure und Pikrolon-
säure, gleich, für Koniin. Strychnin und Morphin ist Pikrolonsäure das
empfindlichere Reagens. Die meisten der wichtigeren Alkaloide lassen
sich sehr genau auf alkalimetrischem Wege unter Verwendung von
Jodeosin als Indikator bestimmen (Gadamer, ]l. c. 498).
Ausführung: Der die Alkaloide enthaltende Organextrakt
wird nach sorgfältiger Reinigung im tarierten Wägegläschen eingedunstet
und über Schwefelsäure im Exsikkator bis zum konstanten Gewicht
getrocknet und der Rückstand, respektive, wenn es sich um flüchtige
Basen handelt, dessen salzsaures Salz (über Atzkali getrocknet) zur
Wägung gebracht. Dieser Rückstand wird in einer bestimmten über-
n me R
schüssigen Menge 10 oder 100 Salz- oder Schwefelsäure gelöst und der
Überschuß mit r 0 der 1 55 KOH zurücktitriert. Zu diesem Zweck wird
eine etwa 250 ccm fassende Flasche mit eingeriebenem Stöpsel aus weißem,
alkaliarmem Glas mit zirka 50 cem Wasser und soviel Äther versetzt,
daß die ätherische Schichte nach dem Umschütteln 1—1,5 ccm hoch
ist; dann wird nach Zusatz von fünf Tropfen ätherischer Jodeosin-
lösung umgeschüttelt. Ist nach Trennung der Schichten die wässerige
Lösung rosa gefärbt, so reagiert die Flüssigkeit alkalisch; in diesem
150 H,SO, in zehntel Kubikzentimetern solange hinzu,
bis die wässerige Lösung nach dem Umschütteln farblos ist und auch
nach längerem Schütteln keine Rosafärbung auftritt, welche sich ergeben
kann, wenn das Glas Alkali abgibt, was die Bestimmung unbrauchbar
Falle gibt man
macht. Bleibt die Lösung farblos, dann gibt man 0,1 ccm 00 KOH
hinzu. Die ursprüngliche Mischung ist gewöhnlich von vornherein sauer,
da der ee. Äther sauer ist; in diesem Falle neutralisiert man
zunächst durch 90 0 KOH und macht dann erst, wie vorher angegeben,
mit 06 Säure sauer. Nun wird zu dem Inhalt der Schüttelflasche die
sauere Alkaloidlösung zugegeben und Nachdem die
Rosafärbung verschwunden ist, fügt man Lauge in Portionen zu
Am
zirka 1 ccm hinzu, bis die wässerige Schichte nach kräftigem Umschütteln
wieder deutlich rosa gefärbt ist. Jetzt ist natürlich ein Überschuß
BERN. 7
von Lauge bis zu 1 ccm vorhanden; man gibt jetzt 1 ccm 100 Säure
988 XIII. Alkaloide.
hinzu und dann in Portionen zu 10 ccm KOH, bis die wässerige
vr
Schichte dauernd schwach rosa gefärbt bleibt.
Die Berechnung der vorhandenen Alkaloidmenge erfolgt nach der
Gleichung: Alk + HCl = AlkHCl, wonach 1 Molekül HCl zur Neu-
tralisation von 1 Molekül Alkaloid erforderlich ist. Es ist daher nur
2 2 n "Tee i
die Konzentration einer 100 Alkaloidlösung zu ermitteln: 1/90 Gramm-
äquivalent a einem Liter aufgelöst. 1 ccm zur Neutralisation ver-
brauchter 1 , 100 Säure Lösung entspricht daher- 1/00 Milligrammäquivalent.
Die Gesamtmenge der angewendeten Säure, vermindert um die zur Rück-
titration erforderlichen Kubikzentimeter Lauge gibt, mit diesem
n
100
Faktor multipliziert, die vorhandene Menge Alkaloid.
Beispiel: Das isolierte Alkaloid sei Atropin gewesen und die
gewichtsanalytische Bestimmung habe 0,04 g ergeben, so würden nach
der Gleichung C,,H,,;NO ,(Mol.-Gew. 289) + HCl = H,,H,;NO, : HCl
289 g Atropin 36,5 g HCl entsprechen, somit 2,89 g Atropin einem Liter
00 Säure, welche ja im Liter 0,365 g HCl aufgelöst enthält. Von
dieser entsprach also 1 ccm = 0,00289 g Atropin. Demnach würden
20 cem dieser Salzsäure bereits 0,0578 g Atropin neutralisieren und zur
Auflösung der vorhandenen DE g reichlich genügen. Zum Zurück-
titrieren seien zunächst 7 cem 18 KOH verbraucht worden, dann nach
einem Zusatz von l ccm- 100 r Säure nochmals 0,5 ccm der Lauge. Dann
sind im ganzen 21 ccm Säure und 7,5 cem Lauge verwendet worden.
Die Differenz von 13,5 cem wurde zur Neutralisation des Alkaloids
verbraucht. Daher sind 13,5 x 0,00289 g = 0,0390 g Atropin vor-
handen. Zur richtigen Ausmittelung des Alkaloids muß dieses in
freier Form und nicht teilweise als Salz vorliegen. Letzteres
kann sich besonders dann ergeben, wenn zur Ausschüttelung des
Alkaloids Chloroform verwendet und dieses durch Erwärmen entfernt
wurde. Durch stärkere Basen wird nämlich aus Chloroform Salzsäure
abgespalten, welche das Alkaloid zum Teil in das Chlorhydrat über-
führen kann. Chloroform sollte also bei der Ausschüttelung für die
quantitative Bestimmung nicht verwendet oder wenigstens in der Kälte
abgedunstet werden.
Folgende Alkaloide sind nach dieser Methode bestimmt und der Faktor
festgestellt worden, mit dem die verbrauchten Kubikzentimeter Säure zu
multiplizieren sind, um die Menge des Alkaloids in Grammen zu ergeben:
Akoniin .. . -*2.. 2... 0,006847 eg | dern: . . + 0,00411 g
Atropiar 3. 22 ul. 2 10025 Bam (wasserfrei) . .- + 0002857
Hyoscyamin . . EN, Nikotin .. eh 0.00162 r
Bruein (wasserfrei) 2 W003DARE Piloearpin . : . . „,. . OBERE:
Kokamın Bene, ya, 2 0,00508% Protoveratrin . .:. . . . 205006253;
Komm Bea ee 9 0,0027 Pseudojervin . ......„ »WDBBlTEE
Emetin . . . 0,00254 Rubijervin . . . .... =» KLUDANNEE
Granatwurzelalkaloide Btiryelmın 0 „L ani . 0,00334 ‚,
(Mittelwert) . -. . . . . 0,001475 „,
XIII, Alkaloide. 289
Quantitative Bestimmung des Chinins nach
J. Katz!): Der Kern dieser Methode besteht darin, daß das freie
Chinin durch Eindampfen in alkoholischer Lösung unter Zusatz von
Salzsäure in das zweisäurige Salz verwandelt wird, daß die überschüssige
Säure durch das zugefügte Kochsalz verflüchtigt wird und daß in dem
erhaltenen zweisäurigen Salz die Säure in alkoholischer Lösung mit
alkoholischer "7 Kalilauge und Poirriers Blau als Indikator
titriert wird.
Ausführung: Die Methode ist für Extrakte, Tinkturen, Rinde
usw. anwendbar. 6 g getrocknete und gepulverte Chinarinde werden mit
15 g Chloroform und 5 g einer 5prozentigen Natronlauge \, Stunde
lang geschüttelt. Darauf setzt man 45 g Ather und zirka 1 g Magnesia
usta zu, schüttelt kräftig um und filtriert 40 g der klaren Chloroform-
ätherlösung ab. Der Chloroformäther wird bis auf etwa 1 cem ab-
destilliert, der Rückstand wird mit 3.3 ccm Alkohol in ein Schälchen
gespült, mit zehn Tropfen Salzsäure und zirka 0,25 g Kochsalz versetzt
und auf dem Wasserbade zur Trockene eingedampft. Gegen Ende des
Verdampfens sorgt man durch fleißiges Schwenken des Schälchens
dafür, daß sich das Kochsalz als feines Kristallmehl und nicht in großen
Kristallen absetzt und daß die Masse sich möglichst dünn auf dem
Boden des Schälchens verteilt. Darauf spült man die an den Wänden
des Schälchens befindliche Masse mit Hilfe der Spritzflasche mit Alkohol
auf den Boden der Schale und dampft unter fleißigem Umschwenken
wiederum ein. Der eingetrocknete Rückstand bleibt noch Y, Stunde
auf dem Wasserbade oder besser im Wassertrockenschrank stehen.
Darauf löst man die Masse in Alkohol etwas und spritzt sie mitsamt
dem ungelösten Kochsalz in einen kleinen Erlenmeyerkolben, ergänzt
die Flüssigkeit mit Alkohol auf etwa 25 ccm, setzt fünf Tropfen einer
0,2 prozentigen Lösung von Poirriers Blau zu und titriert mit einer
alkoholischen 5 Kalilauge, die man durch Mischen von 10 ccm
Normalkalilauge mit absolutem Alkohol zu 100 ccm hergestellt hat.
Die verbrauchten Kubikzentimeter . Kalilauge werden mit 1,62 (das
halbe Molekulargewicht des Chinins beträgt 162) multipliziert und er-
geben durch 4 dividiert den Prozentgehalt der Chinarinde an Alkaloid.
Der Umschlag des Indikators ist in diesem Falle scharf von himmelblau
in zwiebelrot.
A. D. Thorburn hat folgende titrimetrische Morphinbestim-
mungsmethode ausgearbeitet 2): Die wässerige Lösung der Morphin-
salze wird ammoniakalisch gemacht und mit einer Mischung von drei
Teilen Phenyläthylalkohol (das etwas mehr als !/,, seines Gewichtes
Morphin bei Zimmertemperatur löst und selbst in Wasser sehr wenig
löslich ist) und einem Teil Benzol ausgeschüttelt, bis eine Probe mit
Mayers Reagens die vollständige Extraktion des Morphins aus der
wässerigen Lösung anzeigt, was gewöhnlich nach zwei Extraktionen
der Fall ist. Die Lösung wird eine Stunde auf dem Wasserbade er-
1) J. Katz, Ber. d. d. pharmazeut. Ges. 20, 316 (1910).
®) A. D. Thorburn, Journ. of Inv. and Engin. Chem. 3, 754 (1910).
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 19
290 XIII. Alkaloide.
Ri . er Re @ , x
wärmt, eine bekannte Menge 10 Schwefelsäure zugefügt und die wässe-
. Kalilauge unter Verwendung von Hämatoxylin
als Indikator titriert; 1 ccm der Säure entspricht 0,03 g kristallisierten
oder 0,0283 g wasserfreien Morphins oder 0,0376 g kristallisierten Morphin-
sulfats. Es können auf diese Weise Mengen von weniger als 0,175 g be-
stimmt werden und die Bestimmung in vier Stunden durchgeführt sein.
Nikotinbestimmung nach Bertrand und Javillier!),
modifiziert von R.M. Chapin: Soviel Substanz, als I—2 g Nikotin
entspricht (von Extrakten mit viel fremden Substanzen nicht mehr
als 30 g), wird in einen Rundkolben gespült und 1—1,5 g Paraffin
nebst ein wenig Bimsstein und 5—10 cem starker Natronlauge 1: 2
hinzugefügt. Nunmehr wird das freie Nikotin mittels eines starken
Wasserdampfstromes abgeblasen, bis einige Kubikzentimeter des Destil-
lates sich mit Silikowolframsäure nicht mehr trüben. Als Vorlage
dienen 10 cem Salzsäure 1:4. Das im Destillationskolben zurück-
bleibende Flüssigkeitsvolumen soll bei Beendigung der Destillation so
klein als möglich sein. Das Destillat wird auf ein bestimmtes Volumen
aufgefüllt, durch ein trockenes Filter filtriert und in einem Teil durch
Methylorange die sauere Reaktion festgestellt. Nun wird eine be-
stimmte, ungefähr 0,1 g Nikotin entsprechende Menge des Destillates
mit der Pipette abgehoben und auf je 100 ccm Flüssigkeit 3 cem Salz-
säure 1:4 und auf zirka 0,01 g Nikotin 1 ccm einer l2prozentigen
Lösung Silikowolframsäure hinzugefügt. Der entstehende Niederschlag
wird gut umgerührt, elf Stunden stehen gelassen und dann über ein
quantitatives Filter abfiltriert, mit kaltem Wasser, das auf einen Liter
l ccm konzentrierte HCl enthält, gewaschen. Die ersten Anteile des
Filtrates sind mit einigen Tropfen des Destillates auf einen UÜberschuß
von Silikowolframsäure zu prüfen. Filter und Niederschlag werden
noch feucht in einem Platintiegel vorsichtig verascht und zuletzt geglüht.
Das Gewicht des Rückstandes mit 0,114 multipliziert, gibt die Menge
des gefällten Nikotins an. Zur Erzielung noch größerer Genauigkeit
kann der Niederschlag in einem gewogenen Goochtiegel gesammelt,
bei 125° getrocknet und als wasserfreies Nikotin-Silikowolframat
2C,0Hı4N,; : 2H,0 - SiO, - 12 W,O, gewogen werden. Man kann
den Silikowolfram-Niederschlag auch in Wasser verteilen, das Salz-
säure und Reagens enthält, denselben nach dem Zentrifugieren durch
MgO + H,O zersetzen, das abgespaltene Nikotin durch Wasserdampf
übertreiben und mit Schwefelsäure, die im Liter 3,024 g H,SO, ent-
hält, unter Verwendung von Alizarinsulfosäure als Indikator titrieren.
l ccm dieser Säure entspricht 10 mg Nikotin.
In frischen Pflanzen kann man den Nikotingehalt nach Mellet?) be-
stimmen. Etwa 250 g der fein zerschnittenen Pflanzensubstanz werden im
verschlossenen Kolben mit siedendem Wasser übergossen, stehen gelassen
und nach 24h mit Kalkmilch versetzt und im verschlossenen Kolben
unter häufigem Umschütteln wieder 24h stehen gelassen. Das in Frei-
heit gesetzte Nikotin wird mit Wasserdampf abdestilliert, wobei sich
rige Lösung mit
1) Bertrand und Javillier, Bull. de la Science Pharmakol. (4), 5,
241 (1909); 16, 7 (1909).
®) R. Mellet, Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharmac. 49, 117 (1911).
XIII. Alkaloide. 291
das Volumen im Destillationskolben verringern muß. ‘Die Destillation
ist beendigt, wenn das dreifache der ursprünglichen Flüssigkeit über-
destilliert ist. Nun wird das Destillat mit Schwefelsäure angesäuert,
unter möglichster Vermeidung von Luftzutritt eingeengt, Kaliumhydroxyd
zugefügt und mit Äther extrahiert. Die ätherische Lösung wird ein-
gedunstet, wobei das in der Lösung enthaltene Ammoniak entweicht.
Der Ather wird, nachdem die Dämpfe kein Ammoniak mehr enthalten,
bei gewöhnlicher Temperatur zur Trockene gebracht, der Rückstand in
Wasser gelöst und mit 1 Schwefelsäure titriert. Der Gesamtverlust
an Nikotin bei diesen Operationen beträgt im Mittel 0,06 g, die also den
gefundenen Werten zuzurechnen sind.
Verfahren vonW.Koenig [Chemikerzeitung 35, 521 (1911)]:
20 g Tabakextrakt werden mit Seesand, dem 4 ccm einer Natron-
lauge 1:1 hinzugefügt wurden, verrieben und soviel Gips beigegeben,
bis ein fast trockenes Pulver entsteht. Dieses wird mit 100 cem Xylol
(nach der Modifikation von Töth) 2—3 Stunden digeriert, nach dem
Absitzen, das sehr schön und schnell vonstatten geht, 30—40 ccm
abfiltriert und polarisiert. Zur Are Bestimmung werden
25 ccm des Filtrates mit 25—50 ccm n Salzsäure und 50—75 cem
Wasser versetzt und nach Zugabe von 25 ccm Äther, dem vier Tropfen
einer alkoholischen Auflösung von Jodeosin 1: 500 zugesetzt wurden,
kräftig geschüttelt und unter fortwährendem Schütteln mit 0 Natron-
ES n
lauge bis zur Blaßrosafärbung zurücktitriert. 1 cem 10 Salzsäure —
0,0162 g Nikotin. Die Art des Indikators ist für alle Nikotinbestimmungen
von großer Wichtigkeit, je nach dem Indikator kann das Resultat auch
bei gleich konzentrierten Lösungen sehr wesentlich differieren. Es ist
deshalb nicht nur wichtig, stets ein und denselben Indikator zu be-
nutzen, sondern auch das Auge mit dem betreffenden Umschlag genau
vertraut zu machen. Es empfiehlt sich vielleicht auch, statt Jodeosin
Cochenille (stets frisch bereitet) anzuwenden, dessen Umschlag von
Blaßrot nach Farblos recht gut zu beobachten ist.
Von den Fällungsverfahren ist das zuverlässigste das nach Ber-
trand-Javillier, von den maßanalytischen das nach König und
das gleich zu beschreibendenach Töth. Das eleganteste, in kürzester Zeit
auszuführende Verfahren, welches auch bei einiger Übung genaue Zahlen
liefert, ist das von J. Töth: Man zerreibt den lufttrockenen Tabak
möglichst fein (es ist eine wesentliche Bedingung für die genauen Resultate
nach dieser Methode, daß das Pulver äußerst fein zerrieben ist und von
den Blattrippen keine größeren unzerriebenen Stücke zurückbleiben,
die bei der Extraktion Nikotin zurückhalten könnten), verrührt 6 g in
einer Porzellanschale mit 10 ccm Natronlauge von 20 %, und gibt soviel
Gips zu, bis die Masse pulverig geworden ist. Auch hier ist es sehr
wesentlich, daß das Durcharbeiten mit der Natronlauge sorgfältig erfolgt
und eine völlig durchtränkte Masse resultiert, in der aber keine zu-
sammengebackenen Klumpen erscheinen dürfen. Das Durcharbeiten
geschieht zweckmäßig mit zwei Nickelspateln, welche am Schlusse des
Durchmischens mit Filtrierpapier quantitativ abgewischt werden, das
19*
292 XIIT. Alkaloide.
dann beim präparierten Tabakpulver verbleibt. Das ganze wird quanti-
tativ mit zirka 100 ccm eines aus gleichen Teilen Petroläther-Äther
hergestellten Gemisches in einen Kolben gespült und einige Zeit ge-
schüttelt. Dann wird eine Stunde absitzen gelassen und möglichst
schnell 25 ccm herauspipettiert. Zu dieser Menge gibt man 40—50 ccm
Wasser und emen Tropfen Jodeosin (respektive Cochenille) und einen
Überschuß von 5, Schwefelsäure; den Überschuß titriert man dann
mit n n Natronlauge zurück. Von Tabaksaucen nimmt man 10 g in
Arbeit. Von dem vorhandenen Ammoniak geht im Höchstfalle 0,0005 g
in die 25 ccm der Petroläther-Ätherlösung über.
KoffeinbestimmungnachK. Gorter!): Das Koffein
ist im Kaffee größtenteils in Form der Doppelverbindung chlorogen-
saures Kalikoffein enthalten, welcher das Koffein durch trockenes
Chloroform nicht entzogen werden kann. Aus trockenem Kaffeepulver
nimmt Chloroform auch bei neunstündiger Extraktionsdauer nur ein
Zehntel der totalen Koffeinmenge auf. Wird aber das Kaffeepulver
vorher mit Wasser durchfeuchtet, so gelingt es leicht, das gesamte
Koffein innerhalb drei Stunden mit Chloroform zu extrahieren. 11 g
sehr fein gepulverten Kaffees werden mit 3 ccm Wassers durchfeuchtet.
Nach einer halben Stunde ist das Wasser genügend absorbiert; nun
wird während drei Stunden im Soxhletschen Apparat mit Chloroform
extrahiert. Man destilliert dann das Chloroform ab und zieht den aus
Fett und Koffein bestehenden Rückstand mit heißem Wasser aus. Das
Fett wird über einen dichten Wattepfropf abfiltriert und mit heißem]
Wasser nachgewaschen, so daß alles Koffein in das Filtrat gelangt.
Dieses wird nach dem Erkalten mit Wasser bis zu 55 ccm aufgefüllt
und hiervon 50 ccm abpipettiert. Man führt nun durch viermal wieder-
holtes Ausschütteln mit Chloroform das Koffein in dieses über und
destilliert dann aus einem tarierten Kölbchen ab. Das rückständige
Koffein ist von fast weißer Farbe und wird nach dem Trocknen bei
100 ° gewogen. Eine Hauptbedingung für die exakte Bestimmung ist
feinstes Pulverisieren des Kaffees.
Koffeinbestimmung nach Lendrich und Nott-
bohm ’?): 20 g feingemahlener Kaffee werden mit 10 ccm Wasser ver-
setzt und damit 1—2 Stunden stehen gelassen; dann wird das Pulver
3 Stunden mit Tetrachlorkohlenstoff extrahiert, dem Auszug 1 g
Paraffin zugesetzt, der Tetrachlorkohlenstoff verdunstet und der Rück-
stand mit siedendem Wasser ausgezogen. Das abgekühlte Filtrat
(200 ccm) wird bei Rohkaffee mit 10—15 ccm, bei geröstetem Kaffee
mit 30 cem Ilprozentiger Lösung vom Kaliumpermanganat versetzt,
nach Y,stündigem Einwirken das Mangan durch 3prozentiges Wasser-
stoffsuperoxyd, dem 3%, Essigsäure zugesetzt wurden (100 : 1), als
Superoxyd gefällt, gekocht und abfiltriert. Das Filtrat wird zur
Trockene verdampft, kurze Zeit bei 100° © getrocknet und mit
wässerigem Chloroform erschöpft. Nach Verdunsten des Extraktions-
ı) K. Gorter, Liebigs Annalen d. Chem. 358, 339 (1908).
®) K. Lendrich und E. Nottbohm, Zeitschr. f. d. Unters v.
Nahrungs- u. Genußmitteln 17, 241 (1909). -
XIII. Alkaloide. 293
mittels wird das Koffein, das bei Rohkaffee rein weiß, bei geröstetem
leicht gelbstichig ist, Y, Stunde bei 100 ° C getrocknet und gewogen.
Quantitativer Nachweis von Solanin nach
v. Morgenstern: 100—200 g Kartoffeln werden zu einem feinen
Brei zerrieben und unter Wasserzusatz mehrfach ausgepreßt; zwei-
malige Wiederholung genügt in der Regel. Aus den vereinigten Lösungen
wird durch Zusatz von 0,5 cem Eisessig und einstündiges Erwärmen auf
dem Wasserbade das Eiweiß ausgefällt. Das Filtrat vom Eiweißnieder-
schlag wird zum Sirup eingedampft und mit 96prozentigem Alkohol
unter Umrühren solange versetzt, bis ein weiterer Zusatz keine Trübung
mehr hervorruft; nach zwölfstündigem Stehen wird die Lösung abgegossen.
Der Rückstand wird zweimal mit heißem Alkohol ausgeknetet. Die
alkoholischen Lösungen werden auf dem Wasserbad vom Alkohol befreit,
mit essigsaurem Wasser aufgenommen, erwärmt, filtriert, zum Sieden
erhitzt und tropfenweise mit Ammoniak gefällt. Nach fünf Minuten
langem Stehen auf dem Wasserbade wird der entstandene Niederschlag
gesammelt, mit ammoniakhaltigem Wasser ausgewaschen und in sieden-
dem Alkohol gelöst. Diese Lösung wird dann nach dem Verdampfen
des Alkohols in der gleichen Weise noch einmal behandelt. Das Solanin
kann auf einem bei 90 ° getrockneten Filter gesammelt und bei der-
selben Temperatur getrocknet, oder nach dem Lösen in heißem
Alkohol in einem tarierten Schälchen zur Trockne verdampft werden.
Andere Pflanzenteile werden vor dem Extrahieren bei 100 ® getrocknet,
fein gemahlen und dann mehrmals bei Siedehitze mit essigsäurehaltigem
Wasser ausgezogen.
Bei manchen kolloidalen Medien, z. B. in Farbstofflösungen wie
Nachtblau, Nilblau, Wollviolett usw., erfährt die Oberflächenspannung
und damit die Tropfengröße eine oft bedeutende Anderung, falls Stoffe
zugesetzt werden, die als Kolloidgifte bezeichnet werden können, wozu
auch die Alkaloide gehören. Die Kolloidgifte sind identisch mit Blut-
giften, indifferente Stoffe dagegen ändern die Tropfengröße nicht, so
daß solche ‚‚kolloidgiftige‘“ Stoffe auch im Gemenge mit indifferenten
Stoffen und in verschiedenen Lösungsmitteln nachgewiesen werden
können. Für die Alkaloidbestimmung scheint Traubes kapillar-
titrimetrische Methode!) recht verwendbar zu sein. Wenn man eine
mit einigen Tropfen Quecksilberchlorid geimpfte Nachtblaulösung
tropfenweise mit entsprechend äquivalenter Jodkalilösung versetzt, so
nähert sich das Medium in dem Maße, als es ‚entgiftet‘‘ wird, wieder
dem normalen Gleichgewichtszustande.
10 ccm einer 0,2prozentigen Nachtblaulösung (Tropfenzahl = 58,2)
wurden mit zehn Tropfen t/,, äquivalenter HgCl,-Lösung mit dem
Tropfglas versetzt. Die Tropfenzahl betrug jetzt 45,5. Die folgende
Reihe zeigt den Einfluß eines tropfenweisen Zusatzes von !/,, äquiva-
lenter Jodkalilösung zu 10 ccm Nachtblau:
Tropfen JK: 1 2 3 4 5 6 7 8 10
Tropfenzahl: 46,2 46,1 4825 52,05 542 543 51,05 502 49,9
Ein Tropfen äquivalenter HgCl,-Lösung wie !/,, äquivalenter
JK-Lösung entspricht sehr angenähert 0,09 ccm. An Stelle der be-
!) s. a. Berichte d. d. chem. Ges., Bd. 20, 2644, 2824, 2829, 2831 (1887);
Biochem, Zeitschr. 24, 341 (1910).
294 XIV. Kautschuk.
quemeren Tropfgläser kann man natürlich auch feinere Tropfpipetten
verwenden.
Ein Maximum der ‚Entgiftung‘ in obiger Reihe ist bei Zusatz
von 5—6 Tropfen JK-Lösung zu sehen, dann macht sich der ver-
giftende Einfluß des überschüssigen Jodkalis geltend.
Bei Alkaloidtitrationen benutzt man Wollviolett und Tannin; bei
hinreichender Verdünnung bleibt die Lösung vollkommen durchsichtig.
10 ccm 0,2 prozentiges Wollviolett . . . . . Tropfenzahl 55,65
dazu 1 Tropfen — —= (0,075 ccm 2 prozentiges Kokainchlorhydrat nr 64,8
Sat 7 = 0,09 04 nr Tann. Wa = 63,7
= 2 ” — 0,09 5: 70,4 = 5 a re a. 63,2
BT P: = 0,09 „ -0,4 * » RE ADS EN hr 61,9
= 10 0,097, 04 55 AR 2 r 60,6
noch weitere 5 Tropfen 2 prozentiges Tannin IR ER LEER & 58,2
” 10 Er Er) Er} ae 1 cin 40 ” 55,4
10 en Wollviolett . . . e Er 55,65
+ - Tropfen = 0,09 cem Bl proz. Aconitinchlorhydrat : Y 55,95
2 Er) = —=(, 09 Er ” Er ° ” 56,2
+%# » —= 0,09 EE ” „ . ” 56,65
a) „ — 0,09 EZ ” ” . ” 58,0
+ 20 » = 0,09 2 ” „> . ER 60,2
dazu 2 Tropfen !/,. prozentiges Tannin . ........ = —
+ 5 An 3 - EU BIN RE ER 59,9
u 3 = ENTER FRE u ” 59,55
m 2 BR n. ae ea re We > 58,4
TO nn = B ne Er ae re rs 56,95
XIV. Kautfchuk.
Für die Analyse von Kautschukarten haben C. Harries,
C. 0. Weber und Th. Budde Methoden ausgearbeitet, die mehr-
fach modifiziert worden sind. Gelegentlich einer Untersuchung !) habe
ich Veranlassung gehabt, diese Methoden vergleichend zu überprüfen
und sie als in befriedigender Übereinstimmung untereinander befunden.
Der Gang dieser Untersuchung sei hier beschrieben. Die etwa manns-
hohen Pflanzen von Lactuca viminea wurden zunächst mehrere Tage
neben dem geheizten Ofen stehen gelassen, bis sich die Stammruten
im Mörser zerstoßen ließen und dann möglichst fein gemahlen. Das
Material wurde dann im Soxhletapparat bis zur Erschöpfung mit Petrol-
äther behandelt, wobei ein klebriger, harzartiger Rückstand und eine
gelbbraun gefärbte Flüssigkeit von schwach narkotischem Geruch er-
halten wurden. Nach Abdestillieren des Lösungsmittels hinterblieb
schon in der Wärme ein körniger, gelblicher Rückstand mit allen Eigen-
schaften des Laktukons. Der harzige Rückstand nebst der gelbbraunen
Flüssigkeit wurde nun mit 10%, alkoholischem Kali 24 Stunden am
sückflußkühler gekocht, wobei ein Teil der Substanz verseift wurde,
von dem Ungelösten abfiltriert, mit Wasser und hierauf mit Alkohol
nachgewaschen, getrocknet und gewogen. Der Rückstand wurde dann
mit Schwefelkohlenstoff behandelt, wobei eine tiefbraune Lösung
resultierte; nach Abdestillieren des Schwefelkohlenstoffs und Trocknen
der Masse im Ölbade resultierte eine gelbgraue, beim leichten Erwärmen
1) V. Grafe und K. Linsbauer, Über den Kautschukgehalt, von
Lactuca viminea. Presl., Zeitschr, für das landwirtschaftl, Versuchswesen in Oster-
reich 1909, 126,
XIV. Kautschuk. 295
elastische Substanz, die, angezündet, intensiv nach angebranntem
Kautschuk roch. Dieser ‚„Rohkautschuk‘ wurde in einem Kolben
gesammelt, am Wasserbad mit frisch destilliertem Azeton solange
behandelt, bis nichts mehr in Lösung ging, worauf die graue Masse
nicht mehr klebrig war. Die zusammengeballten, mehr oder weniger
elastischen Stückchen wurden der Kautschukanalyse unterworfen.
Zunächst wurden sie in Schwefelkohlenstoff gelöst, durch Eingießen
in Alkohol wieder gefällt, abfiltriert und im luftverdünnten Raum über
Schwefelsäure getrocknet.
Die Methoden von Harries und Weber beruhen auf der Be-
stimmung der Produkte, die beim Einleiten von nitrosen Gasen in die
benzolische Lösung des Kautschuks entstehen, die von Budde auf
der Bildung des Tetrabromkautschuks durch Anwendung einer be-
stimmten Bromierungsflüssigkeit. |
Bei der Behandlung einer wasserhaltigen benzolischen Kautschuk-
lösung mit feuchter salpetrigen Säure erhielt Harries!) ein gelbes
Produkt von der Zusammensetzung C,9H30Ng0,, — sein Nitrosit C —.
das er für die quantitative Bestimmung von Kautschuk in Gemengen
vorschlug. Die Nitrositmethode hat sich, von Fendler?) und Diet-
rich?) modifiziert, tatsächlich bewährt und in die Technik Eingang
gefunden ?).
1,5 g des gereinigten, mit Azeton extrahierten und getrockneten
Produktes wurden mit 75 cem Benzol übergossen und bis zur Lösung
in der Kälte stehen gelassen (zirka drei Stunden). Zur Darstellung
der salpetrigen Säure wurde Kartoffelstärke verwendet; 20 g gepulverte
Stärke wurden mit HNO, (spezifisches Gewicht 1,3) übergossen und
am Wasserbade bis zur Auflösung stehen gelassen. Sobald die ersten
roten Dämpfe entweichen, muß der Kolben vom Wasserbad entfernt
und die erste heftige Reaktion abgewartet werden. Nach fünf Minuten
ist das erreicht und der Kolben wird mit dem Trockenturm verbunden,
der mit glasiger Phosphorsäure in Stangen gefüllt ist, und nun mit dem
Einleiten begonnen. Die Einleitung dauerte zwei Stunden. Das Benzol
wurde dann vorsichtig durch ein Filter abgegossen, mit Benzol nach-
gewaschen und der Kolben samt dem gebildeten Nitrosit im Vakuum-
exsikkator getrocknet und gewogen. Dann wurden 50 ccm Azeton
hinzugefügt, am Wasserbad einige Zeit erwärmt, durch ein gewogenes
Filter durchgegossen und mit Azeton nachgewaschen. Das Becher-
glas wurde nach dem Trocknen zurückgewogen, das Filter getrocknet
und dessen Inhalt — die eingelösten Anteile (Mineralsubstanzen) —
vom Gewichte abgezogen. Die Gewichtsdifferenz zuzüglich dem Abzug
für das Ungelöste ergibt die Menge des erhaltenen Nitrosits, aus welchem
nach der Proportion:
289 : 136 = gefälltes Nitrosit : x
die Menge des enthaltenen Reinkautschuks berechnet werden kann.
Diese quantitative Bestimmungsmethode wurde von Harries zwar
zunächst nur für Parakautschuk durchgeführt, es zeigte sich aber später,
!)C. Harries, Zur Kenntnis der Kautschukarten. III.. Ber. d. d. chem.
Ges. 36, 2, 1937 (1903).
®) Fendler, Ber. d. d. pharmak. Ges., Heft 5 (1904).
®) Dietrich, Chemiker-Zeitung 38, 82, 974 (1903).
*) OÖ. Gottlob, Über Einwirkung der salpetrigen Säure auf Kautschuk-
arten, Zeitschr, f. angew,. Chemie 20, Heft 51, p. 2213 (1907).
296 XIV. Kautschuk.
daß auch aus ganz harzigen, schmierigen Produkten, wie aus dem
mexikanischen Quagulekautschuk u. a., das Nitrosit C ebenso wie aus
reinem Parakautschuk gewonnen und zur quantitativen Bestimmung
des Reinkautschuks verwendet werden kann.
Die Methode von ©.O. Weber!) beruht ebenfalls auf der Fähigkeit
des Kautschuks, sehr leicht mit nitrosen Gasen zusammenzutreten.
Das erforderliche Stickstoffdioxyd wurde durch allmähliches Erhitzen
von Bleinitrat im schwer schmelzbaren Rohre gewonnen, das Gas wurde
in die Benzollösung des entharzten Produktes geleitet, bis die Lösung
eine tiefrotbraune Farbe angenommen hatte, das gelbbraune Reaktions-
produkt dann eine Stunde stehen gelassen und das Benzol durch ein
Filter abgegossen. Die Masse, welche bei 50 ° getrocknet worden war,
wurde mit warmem Azeton behandelt und zum Fällen der Mineral-
substanzen einige Zeit stehen gelassen. Es schied sich tatsächlich
eine kleine Menge anorganischer Substanz ab, die von der Azeton-
lösung abfiltriertt und mit Azeton gewaschen wurde. Dann wird die
Lösung in die zirka achtfache Menge gegossen, der Kolben dabei un-
ablässig geschwenkt, der verschlossene Kolben dann noch zehn Minuten
geschwenkt und vor dem Filtrieren 24 Stunden stehen gelassen. Das gelbe
Reaktionsprodukt hat sich nach dieser Zeit zu Boden gesetzt und wird
durch ein gewogenes Filter abdekantiert. Das Filtrieren an der Saug-
pumpe nimmt relativ lange Zeit in Anspruch. Die Trocknung des
Filters samt Inhalt wird bei einer Temperatur von 60—65 ° durch-
geführt, bei welcher Temperatur eine Zersetzung des Produktes nicht
stattfindet. Man erhält nach Weber die Menge des Reinkautschuks
durch Multiplikation des Gewichtes des Nitroproduktes mit 0,6.
Schließlich hat Th. Budde?) eine Methode angegeben, die auf
der Unlöslichkeit des Tetrabromkautschuks in Tetrachlorkohlenstoff
beruht. Der zu untersuchende Rohkautschuk wird in Tetrachlorkohlen-
stoff durch längeres Stehenlassen gelöst (1 g Substanz in 100 ccm
Tetrachlorkohlenstoff, davon 10 ccm zur Analyse verwendet und mit
Tetrachlorkohlenstoff auf 50 cem aufgefüllt) und nun die gleiche Volum-
menge der Bromierungsflüssigkeit, nämlich 16 g Br+1 g J, gelöst
in 1000 cem Tetrachlorkohlenstoff, zufließen gelassen, wobei sich eine
gallertartige Substanz abscheidet, welche nach Hinzufügung von ab-
solutem Alkohol in eine beständige weiße Form übergeht. Die filtrierte
und gewaschene Masse wird bei 60° getrocknet; 456 g Tetrabrom-
kautschuk entsprechen 136 g Reinkautschuk. Zu diesem Verfahren
existieren Modifikationen von S. Axelrod?), der den Faktor mit
314 angibt, und von G. Fendler und OÖ. Kühn) Nach diesem
wird der Kautschuk mit ToJuol in einem mit Glasstöpsel verschließ-
baren 100 ccm fassenden Kolben übergossen, offen in ein Wasserbad
gestellt und solange wiederholt geschüttelt, bis Lösung eingetreten
1), 0.0. Weber, Zur Analyse des Kautschuks und der Kautschukwaren.
Ber. d. d. chem. Ges. 36, 3, p. 3103 (1903).
:) Veröffentl. aus d. Gebiete d. Milit.-Sanit.-Wesens 1905, Heft 29; Chem.
Centralbl. 1905, II, 175, ferner ebd. 1908, I, 2175.
°) Methode zur direkten Bestimmung des Kautschukgehaltes in Kautschuk-
mischungen. Gummi-Zeitung 21, 1229 (1908).
‘) G.Fendlerund OÖ. Kühn, Neue Studien über Kautschuk und Kaut-
schukuntersuchung. Gummi-Zeitung Dresden 22, 132, 160, 215, 249 (1907). Aus
dem pharmaz, Inst. d, Univers, Berlin, Chem, Centralbl, 1908, I, 491,
XV. Gesamtanalyse. 297
ist. Die Lösung wird über Glaswolle filtriert und davon 10 ccm unter
Nachspülen mit Tetrachlorkohlenstoff in ein Becherglas gebracht und
dieses in die Dämpfe eines siedenden Wasserbades gestellt. Nach
Abdunsten des Lösungsmittels wird unter Umrühren mit 50 ccm
Tetrachlorkohlenstoff aufgenommen und 50 cem des Bromierungs-
gemisches hinzugegeben, dann 24 Stunden bedeckt stehengelassen.
Nun werden unter Umrühren 50 ccm absoluten Alkohols hinzugefügt,
das Tetrabromid abfiltriert, mit Tetrachlorkohlenstoff + Alkohol, dann
mit Alkohol allein gewaschen, bei 50—60 ° getrocknet und gewogen.
Erwähnt sei schließlich noch das für technische Zwecke ausreichende
Alkaliverfahren, welches im wesentlichen darauf beruht, daß die Zell-
membran durch Erhitzen mit starker Kalilauge aufgeschlossen wird,
wobei der im getrockneten Ausgangsmateriale bereits koagulierte
Kautschuk freiwillig austritt und sich schließlich auf der spezifisch
schwereren Kalilauge ansammelt !).
XV. Gefamtanalyse.
In der Regel stellt man einen ernährungsphysiologischen Versuch
in der Absicht an, die Veränderungen eines einzelnen Stoffes oder
einer Stoffgruppe zu verfolgen, indessen ändern sich bei Veränderung
einer Bedingung oder eines Bedingungskomplexes nicht nur die Ver-
hältnisse, welche zu der gewünschten Abänderung führen, sondern
infolge des bedingten Zusammenhanges aller Stoffwechselprozesse auch
andere, nicht in den Bereich des Experimentes gezogene, was dann in Ver-
änderung der Form oder Wachstumsverhältnisse zum Ausdruck kommt
und sich häufig bei der Analyse auch durch Bildung von abweichenden
Stoffwechselprodukten zeigt. So bringt eine Veränderung der Mineral-
stoffernährung eine Veränderung des Kohlehydratstoffwechsels mit
sich; die osmotischen Verhältnisse der Nährlösung bedingen, wie wir
heute wissen, Aufnahme oder Rückwanderung von Mineralstoffen in
oder aus der Pflanze, die Darbietung von gasförmigem Formaldehyd
hat ein Unterbleiben der Stärkeformation und eine vermehrte Bildung
löslicher Zuckerarten zur Folge, Temperaturverschiebungen bewirken
gegenseitige Umwandlungen von Fett und Stärke und schließlich verändert
sich je nach den äußeren Bedingungen die Enzymarbeit. Daß die Enzym-
prozesse qualitativ und quantitativ mit dem Alter und Ernährungs-
zustand der Pflanze wechseln, ist selbstverständlich und man sollte
schon aus diesem Grunde für vergleichende Versuche nur nach allen
Richtungen physiologisch gleiche Pflanzen verwenden. Infolgedessen
wäre es richtig, nach Ablauf jedes Stoffwechselversuches nicht nur die
Veränderungen jener Stoffgruppen zu studieren, auf deren Veränderung
man hingearbeitet hat, oder nicht nur, wie das von den Pflanzen-
physiologen in der Regel gemacht wird, sich auf die Messung der
Pflanzenteile zu beschränken, also den Wachstumsverlauf zu verfolgen,
sondern eine Gesamtanalyse der Pflanzen durchzuführen. Wenn ich
1) Alexander und Bing, Über die Gewinnung von Kautschuk aus
getrockneten Kautschukpflanzen. Der Tropenpflanzer, 12. Jahrgang, Nr. 2. —
Siehe ferner R. Ditmar, Die Analyse des Kautschuksusw., Wien 1908, und
desselben Autors Sammelreferat inE.Abderhaldens Biochemischem Hand-
lexikon VII,2, Berlin 1912,
298 XV. Gesamtanalyse.
z. B. finde, daß nach Einwirkung der ‚„Laboratoriumsluft‘‘ das Längen-
wachstum der Keimpflanze gehemmt ist, dagegen eine starke Ver-
diekung eintritt, so sagt mir der ungewöhnliche Habitus zunächst noch
nichts über die veränderten Stoffwechselvorgänge; wenn ich aber finde,
daß der Turgor solcher Pflanzen stark erhöht ist und weiter eine An-
häufung von löslichen Kohlehydraten und Aminosäuren, von Fett-
säuren, von Glyzerin konstatiere, so habe ich nicht nur eine plausible
Erklärung für die Erhöhung des Turgors gefunden, sondern ich kann
auch darauf schließen, daß durch die Laboratoriumsluft die abbauenden
Enzyme ihre Arbeit ungehindert oder in verstärktem Maße durchführten,
etwa so, wie das beim Unterbinden der regulierenden Plasmatätigkeit
der Fall ist, die synthetisierenden Enzyme vielleicht in ihrer Wirksam-
keit gestört waren. Vielleicht kann ich durch weitere Analyse das
Auftreten solcher Enzymaktivatoren, respektive Enzymgifte feststellen ;
wollte ich nun weiter die Verhältnisse der Oberflächenspannung studieren,
so könnte ich in deren Veränderungen einen Schritt näher zur Er-
kenntnis der Plasmatätigkeit machen und würde vielleicht in der Ver-
änderung des Dispersionsmittels der Plasmamembran die Ursache
finden, warum gewissen Stoffen der Eintritt und Austritt durch die
Plasmahaut ermöglicht oder verwehrt wird und warum also diese oder
jene Stoffwechselprodukte entstehen müssen. Die schönen Arbeiten
von Lepeschkin, Tröndle, Czapek u. a. zeigen, daß wir
durch derartige Feststellungen die Fragen des Stoffwechsels in den
Sitz der Plasmatätigkeit selbst verlegen können und daß auf diese
Weise auch Reizeffekte, die ja im Grunde natürlich auch nur auf Stoff-
wechselveränderungen zurückzuführen sind, ernährungsphysiologisch im
weiteren Sinn des Wortes werden erklärt werden können. Wenn ich
weiter durch Darbietung von gasförmigem Formaldehyd ein freudigeres
Wachstum der Versuchspflanzen beobachte als unter gewöhnlichen
Verhältnissen, so gibt mir eine Wachstumsmessung nur eine stärkere
Verlängerung der Pflanzenteile innerhalb derselben Zeiten an, aber die
chemische Analyse erst zeigt uns, daß die Bildung von löslichen Kohle-
hydraten statt der Stärke die normalstärkeführenden Pflanzen ebenso
zu rascherem Wachstum veranlaßt, wie das biologisch bei vielen Pflanzen
unserer Frühlingsflora, den sogenannten ‚Zuckerpflanzen‘“, schon längst
erkannt war, welche die Assimilate auch nicht in Form von Stärke
aufstapeln, sondern gleich den Verbrauchsstätten zuführen und welche
aus diesem Grunde in schnellerem Wachstum die Erde durchbrechen
können. Die weitere Analyse zeigt dann eine Förderung der amylolyti-
schen Wirkung durch den Formaldehyd. Die Untersuchung des Mineral-
stoffwechsels würde wahrscheinlich auch einige Beiträge zur Erkenntnis
des Vorganges liefern und so möchte ich empfehlen, den Ablauf eines
jeden Stoffwechselversuchs auf breitester physikalisch-chemischer Basis
zu kontrollieren. Man ist heute mit Recht zur Überzeugung gelangt,
daß alle Vorgänge im Pflanzenkörper unter gegenseitiger Korrelation
verlaufen, daß nicht nur die Nahrung im engeren Sinne wie Mineral-
stoffe, Kohlensäure, Stickstoffquelle in gegenseitiger Abhängigkeits-
beziehung stehen, sondern daß auch Licht, Feuchtigkeit, Temperatur
den Ablauf und die gegenseitigen Beziehungen aller Stoffwechsel-
vorgänge bei Veränderung dieser Einflüsse verschieben müssen. Es ist
daher folgerichtig ‚”'’daß man sich nur durch die Untersuchung aller
in Betracht kommenden Bestandteile des Pflanzenkörpers,@ also nicht
XV. Gesamtanalyse. 299
etwa allein durch Wachstumsmessungen ein Bild von den eingetretenen
Veränderungen wird machen können. Ein fernerer Fehler besteht darin,
daß man die individuellen Verschiedenheiten zu wenig berücksichtigt,
d.h. daß man gewöhnlich — woran freilich der Platzmangel und Material-
mangel in unseren pflanzenphysiologischen Laboratorien schuld trägt —
viel zu wenige Individuen für eine Serie von Vergleichsversuchen wählt.
Nur durch sehr zahlreiche Pflanzen kann man die Fehler einengen,
welche durch individuelle Schwankungen selbst dann eintreten, wenn
man für Auswahl von Samen der gleichen Ernte, für Auswahl gleich
großer und gleich gesunder Samen gesorgt hat. Das gilt natürlich nicht
nur für die Wachstumsmessungen, sondern auch für die chemische
Analyse, bei der es ebenfalls auf Mittelwerte ankommt. Hier noch
eine Bemerkung. Bei der Wiedergabe der Versuchsresultate sollten
die Zahlen immer solche Mittelwerte aus einer Reihe von Parallel-
versuchen darstellen und man sollte ein Ergebnis nicht für ein solches
halten, wenn es nicht mit mindestens 500-—-600 untereinander ver-
gleichbaren Pflanzen gewonnen ist. Wenn man sich dies zur Regel
macht, wird auch die für den Leser höchst lästige Wiedergabe
von Versuchsprotokollen wegfallen, welche ja nur für den Autor ein
Mittel sind, das Ergebnis zu gewinnen, das allein den Leser interessiert.
Man könnte durch Wiedergabe einer Zahl statt hunderter dem Leser
viel Zeit und Mühe ersparen und überdies die Lektüre viel verständ-
licher und übersichtlicher gestalten.
Bei der Gesamtanalyse wird man zunächst darauf zu achten haben,
daß zahlreiche Verbindungen sehr leicht zersetzlich sind, daß sie schon,
wie die Eiweißstoffe, vielfach beim Trocknen im Trockenschrank zer-
fallen, daß also das Trocknen keinesfalls bei allzuhoher Temperatur
erfolgen darf. Anderseits muß der Trocknungsprozeß doch wieder bei
einer Temperatur erfolgen, die oberhalb des Wirkungsbereiches der
Enzyme liegt, weil sonst leicht Enzymhydrolysen während des Trocknens
stattfinden könnten. Deshalb ist es z. B. bei der Bestimmung von
Glykosiden überhaupt nicht ratsam, das getrocknete Material zu ver-
arbeiten, sondern man nimmt die frischen Pflanzenteile und unter-
bindet die Arbeit der glykosidspaltenden Enzyme, indem man sie in
kochenden Alkohol wirft. Auch bei der Bestimmung der Fette geht
man ähnlich vor, indem man die vorher eventuell ausgequetschten
oder abgepreßten Samen zuerst mit Alkohol mehrmals auskocht, die
ausgekochte Masse gut abpreßt und bei gelinder Temperatur trocknet,
dann in einer Mühle fein zermahlt und im Extraktionsapparat mit
Petroläther völlig extrahiert. Stehen nur kleine Mengen von Samen
oder dergleichen zur Verfügung, so umgibt man sie mit mehreren Lagen
Filtrierpapier und preßt sie so in der Presse aus; das Fließpapier saugt
dann das herausgepreßte Fett auf und kann später zusammen mit den
Samen extrahiert werden. Das Trocknen soll keinesfalls bei höherer
Temperatur als bei 110 0 C erfolgen, aber auch bei dieser Temperatur
erfolgen häufig Zersetzung organischer Substanz und unkontrollierbare
Veränderungen. Die Oxydationsfermente, welche noch bei sehr hohen
Temperaturen wirksam sind, färben die Pflanzen meist braun infolge
Bildung von Phlobaphenen aus Gerbstoffen, die Extrakte sind dann
immer mehr oder weniger gefärbt, aus den Kohlehydraten entstehen
schon bei relativ niederer Temperatur Karamelprodukte unter dem
Einflusse anderer Stoffe. Deshalb ist es in allen diesen Fällen not-
300 XV. Gesamtanalyse.
wendig, bei einer niedrigeren Temperatur als bei 100° zu trocknen,
aber im Interesse der rascheren Trocknung ist es geboten, im Vakuum
zu erwärmen. Solche Vakuumtrockenschränke und Exsikkatoren sind
heute in ziemlich vollendeter Konstruktion bekannt. Am zweck-
mäßigsten erscheint mir der von A. Skita beschriebene Vakuum-
exsikkator, der in feinem helmartig gewölbten Deckel zwei Glühlampen
aus Rubinglas trägt, die durch Steckkontakt an jede elektrische Leitung
angeschaltet werden können und den Exsikkatorraum heizen, während
er an die Luftpumpe angeschaltet ist, welche den Luftdruck vermindert.
So konnten bei 40 ° C in der Stunde 25 ccm abgedampft werden. Solche
Trocknungsapparate lassen sich aber auch direkt aufs geheizte Wasser-
bad stellen oder besitzen einen Doppelmantel, in den Wasser ein-
gefüllt und auf beliebige Temperatur erwärmt werden kann. Die
wasserentziehenden Medien innerhalb des Exsikkators bestehen meistens
aus konzentrierter Schwefelsäure, Atzkalistangen, Chlorkalzium, ge-
branntem Gips. Will man überhaupt das Erhitzen auf höhere Temperatur
vermeiden, so kann man auch chemische Trocknungsverfahren anwenden,
indem man das zerkleinerte Material mit feingemahlenem, gebranntem
Gips innig vermengt; man kann dann die Masse, aus der der Gips das
Wasser an sich gezogen hat, mit irgendeinem mit Wasser nicht misch-
baren Lösungsmittel extrahieren. Mit entwässertem Natriumsulfat als
Trocknungsmittel habe ich bei anthokyanführenden Organen wie Rosen-
blättern u. dgl., gute Erfahrungen gemacht, deren Farbstoff schon beim
Trocknen an der Sonne braun und mißfarbig wird. Auch hier ist es
übrigens zweckmäßig, die Enzymtätigkeit durch siedenden Ather zu
unterbinden. Sehr gute Resultate liefert das Trocknen durch Ein-
werfen des Materials in flüssige Luft. Die Pflanzenteile sind nach dem
Herausnehmen staubtrocken und können mit Leichtigkeit im Mörser
gepulvert werden. Das getrocknete Material muß dann für die Extraktion
oder Aschenbestimmung oder für die Sublimation weitgehend zer-
kleinert werden, was in Mörsern, Mühlen, Reibschalen mit oder ohne
Zufügung eines zerreibenden, scharfkantigen Mediums, wie Quarzsand
oder Glaspulver, geschehen kann.
Eine sehr rationelle und elegante Reindarstellungsmethode orga-
nischer Substanzen ist de Sublimation, welche durchaus nicht
nur auf einige besonders flüchtige Substanzen beschränkt ist, sondern
beinahe alle Körperklassen der organischen Chemie umfaßt, wenn man
von den Kohlehydraten und Eiweißstoffen absieht. Aber auch viele
hochmolekulare Verbindungen sublimieren unzersetzt, wenn man die
Operation bei vermindertem Druck ausübt. Sehr zu beachten bei der
Sublimation, die man am gewöhnlichsten in kleinen Porzellantiegeln
ausführt, die oben mit einem durch Wasserfüllung gekühlten Uhrglas
bedeckt sind, ist die Art und der Grad der Erhitzung. Manche Sub-
stanzen sublimieren am besten bei sehr rascher Erhitzung, manche
besser bei allmählicher. Einen einfachen Sublimationsapparat mit
Wasserkühlung kann man sich aus einem Becherglas und einer Eprouvette
selbst herstellen, indem die Eprouvette mittels eines Korkes, der auch
noch ein Thermometer trägt, in das Becherglas eingesetzt und in die
Eprouvette durch ein langes Glasrohr Wasser eingeführt wird, das durch
ein kurzes Rohr dieselbe wieder verläßt, so daß die Eprouvette wie ein
Kühler wirkt. Auf den Boden des Becherglases kommt die Substanz,
welche durch die Heizfläche, auf welche der Apparat gestellt ist, bis
XV. Gesamtanalyse. 301
zu ihrer Sublimationstemperatur erhitzt wird, wobei sich die subli-
mierenden Teile an die gekühlten Wandungen der Eprouvette anlegen.
Für Sublimation unter Minderdruck verwendet man einen aus drei Teilen
zusammengeschliffenen Apparat, bestehend aus einer Birne zur Auf-
nahme des Sublimationsgutes, einem längeren Rohr, in dem die Birne
durch Schliff festsitzt, zur Aufnahme des Sublimates und einer ab-
schließenden Haube zur Verbindung mit der Luftpumpe. Die Er-
hitzung der Birne erfolgt am besten im Luftbade eines Trockenschrankes.
Wollen wir uns über den Mineralstoffgehalt der Pflanzenteile ein Bild
machen, so darf man natürlich nicht die Analyse der Asche zugrunde
legen, denn sie enthält nicht nur die ursprünglich in ionisierter Form
vorgelegenen Mineralbestandteile, sondern auch die in den zerstörten,
organischen Komplexen vorhanden gewesenen Aschenelemente, die also
im Pflanzensaft oder im Gewebe direkt durch lonenreagenzien
nicht nachgewiesen werden konnten. Namentlich Eisen, Phosphor,
Stickstoff, also die mit Eiweißstoffen in Verbindung stehenden Elemente,
aber auch andere Mineralstoffe liegen in solcher organisch gebundenen,
„maskierten‘‘ Form vor und ihr Nachweis mit Ionenreaktionen kann
erst gelingen, wenn die organische Bindung zerstört ist. Ja, es ist sogar
wahrscheinlich, daß kein einziger Mineralstoff im Pflanzenkörper in
Ionenform wandert, sondern daß er, in den Bereich der Stoffwechsel-
prozesse gezogen, sofort in organische Bindung übergeführt wird, und
wenn er doch in lonenform auftritt, als Stoffwechselexkret zu gelten hat.
Will man sich ein möglichst genaues Bild von dem Vorkommen und
der Bindungsweise der anorganischen Bestandteile machen, so muß
man mit Wasser und ganz verdünnter (2prozentiger) Salzsäure Extrakte
herstellen, welche man nach den für die qualitative und quantitative
chemische Analyse geltenden Regeln [Einleiten von H,S, Fällung mit
(NH,):S, (NH ,),CO,, also den ‚‚Gruppenreagenzien‘ der analytischen
Chemie] untersucht. In solche Extrakte gehen wohl hauptsächlich
oder ausschließlich die in anorganischer Form im Gewebe vorhandenen
Mineralstoffe hinein, während die Bindung an organische Komplexe
intakt bleibt. Nach sorgfältigem Trocknen kann man dann den Pflanzen-
rückstand der Veraschung unterwerfen und findet in der Asche die
organisch gebunden gewesenen Mineralsubstanzen; oder man führt die
Verbrennung der organischen Substanz auf feuchtem Wege durch,
wobei allerdings ein Teil der Säurebestandteile (Chloride, Nitrate, Sulfate)
der Bestimmung entgeht.
Zu den in der Regel zunächst mit der Pflanzensubstanz vor-
genommenen Bestimmungen gehört die Bestimmung der Feuchtigkeit,
der allerdings infolge der immer vor sich gehenden Zersetzungen Un-
sicherheiten anhaften. Man bestimmt das Wasser der ‚lufttrockenen“
Substanz, d. h. die Feuchtigkeit, welche die zerkleinerten Pflanzenteile
beim Lagern im Exsikkator über wasserentziehenden Agenzien bis zum
konstanten Gewicht abgeben, und das Wasser des im Trockenschrank
bei 110 ® getrockneten und ebenfalls bis zur Gewichtskonstanz daselbst
belassenen Materials. (Das Auskühlen nach Herausnehmen aus dem
Trockenschrank bis zur Wägung muß ebenfalls im Exsikkator erfolgen.
Bei genaueren Bestimmungen wägt man die Substanz zwischen auf-
einandergeschliffenen, mit Spange zusammengehaltenen Uhrgläsern;
beim Erwärmen und Abkühlen im Exsikkator muß natürlich das eine
Uhrglas entfernt werden. Man trocknet entweder im Dampftrocken-
302 XV. Gesamtanalyse.
schrank oder im thermoregulierten Kasten, aber immer im Luftbade,
also nie so, daß das Uhrglas direkt auf der erhitzten Metall- oder Asbest-
fläche aufruht.)
Über die Art der trockenen und nassen Veraschung sind bereits
oben ausreichende Angaben gemacht worden; es sei hier nur auf den
sehr zweckmäßigen und dabei einfachen Apparat von E. J. Aps auf-
merksam gemacht, der von der Firma Dr. Hodes & Göbel modifiziert
und in den Handel gebracht wurde (Fig. 81). Auf einem Dreifuß, dessen
Ring R ein rinnenförmiges Kugellager enthält, wird eine die Stützen
für die Tiegelhalter tragende Ringscheibe S mit schräger Seitenfläche
mittels eines Keilantriebes X in Bewegung gesetzt; die kleine Voll-
scheibe s verhindert das Hochkippen von S. Die Träger T sind an
der Spitze eingekerbt, um Dreiecke von verschiedener Seitenlänge auf-
nehmen zu können. Die Flamme des mit gebogenem Aufsatze ver-
sehenen Brenners bespült den Tiegel { von der Seite, so daß auf der
Gegenseite stets wieder Sauerstoff zutreten kann. Es lassen sich mehrere
Dreifüße dieser Konstruktion nebeneinander aufstellen, ohne daß eine
weitere Antriebsvorrichtung nötig ist, da dann die Ring-
schichten $ sich gegenseitig in Bewegung setzen, so daß die
Scheibe s dann wegfällt. Bei diesem Apparat läßt sich die
Fig. 831. Apparat von Ap.s. Fig. 82. Fig.83. Lockemanns
Zerstäubungsapparat.
Veraschungstemperatur durch Änderung der Drehungsgeschwindigkeit und
durch Verstellung der Flammengröße beliebig regulieren. Hochsiedende
Flüssigkeiten, wie konzentrierte Schwefelsäure, Glyzerin, lassen sich so
leicht abrauchen und eine Überhitzung einzelner Tiegelstellen läßt sich
leicht vermeiden. Das Verflüchtigen von Alkalisalzen und das lästige Ver-
spritzen beim Entfernen des Kristallwassers kann vollkommen vermieden
werden. Die angekohlte Substanz kann bisweilen durch Zufügung
von wenig 3prozentiger Wasserstoffsuperoxydlösung oder reinem (voll-
kommen flüchtigen) Ammoniumnitrits zur völligen Verbrennung gebracht
werden.
Zum qualitativen Nachweis der Alkalien und Erdalkalien bedient
man sich, namentlich wo es sich um sehr geringe Substanzmengen
handelt, der Spektralanalyse. Statt die zu prüfende Substanz mit dem
Platindraht in die Flamme einzubringen, bedient man sich zweckmäßig
der von E. Beekmann angegebenen Methode, welche darin besteht,
daß man die Probelösung durch die Bläschen eines entwickelten Gases
zum feinen Zersprühen bringt und der Sprühnebel des Salzes mit dem
XV. Gesamtanalyse. 303
zur Unterhaltung der Flamme notwendigen Luftstrom in diese bringt.
Dadurch erreicht man eine andauernde Färbung der ganzen Flamme
und nicht nur eine flüchtige eines einzelnen Flammenteiles wie durch
Platindraht, der sich überdies mitunter schwer vollkommen ausgleichen
läßt. Zur Gasentwicklung wird Zink und Salzsäure verwendet, wobei
man vorher die kleinen Zinkgranula /f durch Schütteln mit einer 1,pro-
zentigen Kupfersulfatlösung und nachheriges Abwaschen mit Wasser
aktiviert. Für die Zerstäubung sind eigene, am Bunsenbrenner anzu-
bringende Gaszerstäuber konstruiert (Fig. 82), die Luftzuführungsöffnung
liest dann innerhalb der kugeligen Erweiterung c des Apparates cbdef.
Bringt man in den U-förmigen Teil e des Zerstäubers die zu unter-
suchende, mit Salzsäure (nicht Salpetersäure oder Schwefelsäure) an-
gesäuerte Salzlösung und einige Stückchen verkupfertes Zink, so zeigt
die Bunsenflamme bei a bald die Färbung des zerstäubten Salzes. Der
Säurezusatz darf nicht größer sein, als daß die entwickelten Gasbläschen
gerade eine Trübung der Flüssigkeit, aber keine Schaumblasen bilden;
wäre das der Fall, dann müßte durch Zusatz von Wasser, durch Ein-
stellen des Zerstäubers in Eiswasser oder vorsichtigen Zusatz von
Ammoniak für Herabsetzung der Gasentwicklung gesorgt werden.
Man kann schon mit ganz kleinen Lösungstropfen auf diese Weise
Färbungen erzielen, verwendet aber in der Regel zirka 5 cem Flüssig-
keit. Sehr bequem erscheint mir die einfache Anordnung von G.Locke-
mann, durch die man den Sprühnebel der Salzlösung von außen der
Flamme zuführt (Fig. 83). Die angesäuerte Salzlösung bringt man mit
einigen Stückchen verkupferten Zinks in ein gewöhnliches Glühröhrchen E
und befestigt dieses mit der Klammer K an _ den schiefgestellten Bunsen-
brenner; die Öffnung des Glühröhrchens befindet sich etwas ober-
halb der Mündung des Brenners, damit dieser durch verspritzte Säure-
tröpfchen nicht leidet. Das Spektroskop wird so eingestellt, daß man
oberhalb des inneren Flammenkegels in die Flamme blickt. Zweck-
mäßig stellt man, um sich die Spektrallinien der einzelnen Metalle
einzuprägen, Vergleichslösungen von Salzen her und entwirft deren
Spektra parallel in einem Vergleichsprisma. Zum Nachweis von Eisen
bedient man sich der Blaufärbung von Ferrosalzen mit Ferrizyankali
und der Ferrisalze mit Ferrozyankali oder der Rotfärbung mit Rhodan-
salzen. Meist führt man Ferrosalze durch Kochen mit Salpetersäure
oder mit Bromwasser in Ferrisalze über; man darf aber nicht die mit
Salpetersäure gekochten Lösungen in der Hitze mit gelbem Blutlaugen-
salz versetzen, da auch ohne Anwesenheit von Eisensalzen durch die
oxydierende Wirkung der heißen Salpetersäure auf das gelbe Blutlaugen-
salz Blaufärbung eintreten kann. Auch die Rhodanreaktion kann, in
der Hitze ausgeführt, ohne Vorhandensein von Eisen rotbraune Färbungen
erzeugen, anderseits kann bei zu großem Salpetersäureüberschuß eine
anfänglich infolge Gegenwart von Eisensalzen sich ergebende Rot-
färbung wieder zerstört werden. In der Asche, namentlich in der an-
dauernd stark geglühten, scheidet sich bisweilen das Eisen als braunes,
in Wasser und Säuren unlösliches Oxyd ab, das nach Auflösung der
Asche in verdünnter Säure abfiltriert und zur Bestimmung durch Er-
hitzen mit konzentrierter Salzsäure oder Schmelzen mit Kaliumbisulfat
in Lösung übergeführt werden muß. Bei sehr geringen Eisenmengen
kann man zur quantitativen Bestimmung die kolorimetrische Methode
verwenden, indem man eine gewogene Menge der Asche in einem be-
304 XV. Gesamtanalyse.
stimmten Volumen verdünnter Säure löst oder das Säuregemisch der
nassen Veraschung auf ein bestimmtes Volumen bringt und nun 1 cem
einer lOprozentigen Rhodankalilösung zusetzt, wodurch die charakteristi-
sche, je nach der Eisenmenge mehr oder weniger intensive rotbraune
Färbung erzielt wird. Durch passende Verdünnung von Ferrisalzlösungen
bekannten Gehaltes stellt man eine Farbenstufenleiter her, indem
man zu jeder der Vergleichslösungen die gleiche Menge Rhodanlösung
zusetzt und nun die erzielten Färbungen mit der Färbung der Probe-
lösung vergleicht. Mit dieser Methode habe ich die Erfahrung gemacht,
daß ihre Fehlergrenze unter 1 % liegt; man kann noch 5 mg Eisen im
Liter damit quantitativ genau feststellen. Weniger genau, aber immer-
hin noch befriedigend kann man auch das Mangan in den mit Salpeter-
säure durch Kochen oxydierten Lösungen bestimmen, die man bis zur
Trockene verdampft und wieder mit starker Salpetersäure aufnimmt,
indem man die stark salpetersaure Lösung mit einer Messerspitze voll Blei-
superoxyd kocht; man läßt absitzen und filtriert die durch Bildung
von Übermangansäure violettrot gefärbte Lösung durch Asbest in einen
kolorimetrischen Vergleichszylinder, neben welchen man solche stellt, die
% n R
mit entsprechenden Verdünnungen von -— Kaliumpermanganatlösung
10
n
beschickt sind. 1 ccm 10 KMnO, entspricht 1,1 mg Mangan. Sind
größere Mengen Mangan in der Probe, so versetzt man die ursprüng-
liche Lösung der Asche mit Ammoniumpersulfat, erhitzt einige Minuten
zum Kochen, filtriert das abgeschiedene Mangansuperoxyd über Asbest
und bringt den Asbest samt Niederschlag in ein Becherglas, setzt eine
n R 4 R
abgemessene Menge 10 Oxalsäure und verdünnte Schwefelsäure zu,
erhitzt und verdünnt mit kochendem Wasser, worauf man die unzersetzte
Oxalsäure mit gestellter Permanganatlösung zurücktitriert. Jeder Kubik-
zentimeter der verbrauchten Oxalsäure entspricht 2,75 mg Mangan.
Zur Gewinnung und Bestimmung der in Pflanzenteilen vorhandenen
organischen Stoffe wird die Sublimation oder (bei flüchtigen Sub-
stanzen) die Destillation, schließlich und hauptsächlich die Extrak-
tion verwendet. Zum Ausziehen in der Kälte benutzt man entweder das
Ausschütteln im Schütteltrichter mit der Hand oder auf der Schüttel-
maschine oder bei der Bewältigung größerer Mengen das Perkolieren,
namentlich beim Arbeiten mit Alkaloiden. Man wird bei der Extraktion
im allgemeinen immer bis zur völligen Erschöpfung des Materials arbeiten,
d.h. solange, bis einige Tropfen des Perkolates keine Reaktion auf den zu
gewinnenden Stoff mehr erkennen lassen. Man kann diesen Moment häufig
daran erkennen, daß eine anfangs gefärbte Flüssigkeit farblos abläuft.
Sind die Extrakte von vornherein farblos, so verdunstet man von
Zeit zu Zeit eine kleine Menge des Extraktes auf einem Uhrglas, wo-
bei kein Rückstand hinterbleibt, wenn die Extraktion beendigt ist.
Fettlösungen kann man auf Papier tropfen lassen und einen Fett-
fleck entstehen sehen, wenn noch Fett in Lösung ist. Will-
stätter verwendet zur Extraktion von Chlorophylifarbstoff aus
getrockneten Pflanzenteilen gläserne Perkolatoren von %—l1 Liter
bis 15 Liter Inhalt. Große Perkolatoren aus Steinzeug sind weniger
zerbrechlich und billiger, aber wegen ihres größeren Gewichtes schwer
XV. Gesamtanalyse. 305
zu handhaben. Vor dem Einfüllen des Pflanzenpulvers wurde das
trockene Mehl mit 0,3 Liter per Kilogramm durchfeuchtet und in
hölzernen Bottichen 3—4 Stunden stehengelassen. Dann wurde es
gesiebt und in die Perkolatoren eingefüllt, deren Boden zunächst mit
einer dünnen Schicht Watte versehen wurde, die als Filter wirkt. Das
Material muß ziemlich lose, aber doch gleichmäßig eingefüllt und leicht
gestampft werden. Ist es zu fest gedrückt, so verstopft sich das System
leicht; ist die Füllung zu locker und ungleichmäßig, dann findet das
Lösungsmittel Kanäle, durch die es abläuft, ohne zu extrahieren; die
untere Grenze des herabsickernden Lösungsmittels soll einen fast hori-
zontalen Kreis bilden. Bei den Perkolatoren mit 3 Liter Inhalt wurde
einfach eine 6-Literflasche mit Alkohol umgestülpt und auf den oberen
Rand des Perkolators gesetzt; sie entleert sich in dem Maße, als der
Alkohol unten abfließt. Für die großen Perkolatoren (mit 9 kg Pflanzen-
pulver gefüllt) wurden Flaschen mit je 17 Liter Alkohol hochgestellt,
welche aufgeschliffene Helme tragen; eine Glasröhre geht durch den
Halm bis fast auf den Boden der Flasche, eine zweite Röhre mündet
im Helme, beide führen in den Perkolator bis dicht über die Füllung;
dadurch wird der Zufluß des Alkohols automatisch reguliert, der Perko-
lator selbst ist oben zur Abhaltung von Feuchtigkeit mit einer ge-
schliffenen, mit Schlitz für den Durchzug der Glasröhren versehenen
Platte bedeckt. Wann man das Extraktionsmittel ablaufen lassen kann,
d. h. wann es gesättigt ist, hängt natürlich von der Menge des zu
extrahierenden Materials ab, hier bei den großen Perkolatoren dauerte
die Erschöpfung 25 Stunden. Das Ablaufrohr des Perkolators trägt
einen Gummischlauch, an dem ein längs des Perkolators aufrechtstehendes
Glasrohr befestigt ist, welches als Steigrohr dient.
Die perkolierte oder in der Wärme extrahierte Lösung muß nun
vom ausgezogenen Material getrennt werden. Am besten geschieht
das durch Zentrifugieren. Wo Zentrifugen nicht zur Verfügung stehen,
filtriert man durch Papier- oder Asbestfilter am Büchner schen
Nutschtrichter an der Wasserstrahlpumpe. Das Filtrieren geht häufig,
wenn schleimige oder die Filterporen verstopfende Substanzen zugegen
sind, sehr langsam vor sich. Besser läßt man die Lösung mehrere Stunden
ruhig stehen und zieht die oberhalb des Niederschlags befindliche klare
Flüssigkeit, ohne diese aufzurühren, mit Pipette oder Heber ab und
bringt nur den Rest auf die Nutsche. Jedenfalls presse man diesen Rest
ebenso wie auch das Ausgangsmaterial nach dem Perkolieren oder
Extrahieren in einer starken Presse ab, da es immer noch erhebliche
Flüssigkeitsmengen einschließt. Die Extrakte müssen dann gewöhnlich
weiter gereinigt und geklärt werden, sei es durch Filtrieren mittels eines
Pukallfilters, sei es durch mechanisches Niederreißen der Trübungs-
stoffe durch Kaolin, Bolus oder Kieselguhr, sei es durch Schütteln mit
Holzkohlenpulver oder durch Fällen mittels Schwermetallsalze wie
Bleiazetat. Bei allen diesen Verfahren muß man sich bewußt bleiben,
daß ein verlustloses Arbeiten mit denselben möglich ist. Zum Ab-
dampfen des Lösungsmittels bedient man sich am besten der Destillation
unter vermindertem Druck.
Die zurückbleibende organische Substanz wird man zunächst auf das
Vorhandensein von anorganischen Bestandteilen prüfen, welche zurück-
gelassen werden, wenn man die Substanz am Platinblech verbrennt.
Um eine Substanz aschefrei zu erhalten, vorausgesetzt, daß es sich
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 20
306 XV. Gesamtanalyse.
um mechanische Beimengungen, nicht um konstitutive Bestandteile
handelt, kann man sie fraktioniert lösen oder fällen, bei nicht dialy-
sierenden wasserlöslichen Körpern kann man sich der Dialyse bedienen,
wobei man zur Erleichterung der Dialyse etwas freie Säure zusetzen
kann, falls die Substanz nicht darunter leidet. Man prüft ferner, ob
die Substanz Stickstoff, Phosphor oder Schwefel enthält. Zur Prüfung
auf Stickstoff erhitzt man 0,05—0,1 g der Substanz in einer trockenen
Eprouvette mit einem Stückchen metallischen Natriums, taucht die
heiße Eprouvette in Wasser, so daß sie zerspringt und das überschüssige
Natrium sich zersetzt und weist in der filtrierten Flüssigkeit nach dem
Ansäuren mit Salzsäure das aus der Verbindung der Stickstoffsubstanz
mit Natrium hervorgegangene Zyannatrium als Berlinerblau nach,
indem man die Lösung mit einigen Tropfen Eisenvitriol und Ferrichlorid
kocht. Nicht immer, so bei manchen Enzymen, läßt sich nach Tschirch
der Stickstoff auf diese Weise erkennen, sondern man erhitzt die Sub-
stanz mit einem Stückchen Atzkali und prüft, ob ein mit Salzsäure
befeuchteter Fichtenspan durch die sich entwickelnden Dämpfe gerötet
wird (Pyrrolreaktion). Durch Erhitzen mit Natrium läßt sich auch der
Schwefel nachweisen; das gebildete Schwefelnatrium erzeugt, mit Wasser
befeuchtet, auf einer blanken Silbermünze einen schwarzen Fleck. Durch
Erhitzen mit Atzkali und Salpeter wird der Schwefel zu Schwefelsäure
(die sich dann mit Bariumchlorid nachweisen läßt), der Phosphor zu
Phosphorsäure oxydiert, welche mit molybdänsaurem Ammon oder
mit Magnesiamixtur erkannt werden kann.
Die Extraktion des Pflanzenmaterials wird nicht wahllos mit irgend-
einem Extraktionsmittel, sondern in Form eines systematischen Ganges
nacheinander mit verschiedenen Lösungsmitteln vorgenommen, wobei
man mit dem betreffenden Lösungsmittel je 50 g Substanz warm
extrahiert und kalt perkoliert. Man extrahiert 1. mit Petroläther
(Siedepunkt 35—40 °) oder Äther. Der Auszug enthält Fette, Wachse,
Phosphatide, Säureester, Harze, Terpene, Chlorophyll und färbende
Substanzen, eventuell Alkaloide und Glykoside. Die letzteren kann
man aus dem Petroläther durch Ausschütteln mit angesäuertem Wasser
entziehen. Macht man das Wasser alkalisch und schüttelt es wieder
mit Petroläther, so geht das in Freiheit gesetzte Glykosid oder Alkaloid
in den Petroläther über und kann durch Verdunsten des Lösungsmittels
aufgefunden werden. Man wägt das Pflanzenmaterial vor und nach
der Extraktion in getrocknetem Zustand und erfährt so die Menge der
durch Petroläther extrahierbaren Bestandteile. Von der mit Wasser
ausgeschüttelten petrolätherischen Lösung destilliert man den Petrol-
äther ab und nimmt den Rückstand mit siedendem 90prozentigem
Alkohol auf, in dem sich alle noch vorhandenen Stoffe mit Ausnahme
der Hauptmenge des Fettes auflösen. Immerhin geht in den Alkohol
auch ein Teil des Fettes über, den man aber durch Abdampfen des
Alkohols und Anwendung von Äther, Benzol, verdünntem Alkohol usw,
von den übrigen Bestandteilen trennen kann. Man dampft den Alkohol
ab und versucht durch fraktionierte Fällung mit Wasser, Äther, Benzol
die einzelnen Stoffe voneinander zu trennen, was mit Hilfe von Spezial-
reaktionen gelingt.
Den Rückstand von der Extraktion mit Petroläther behandelt
man, nachdem man den Petroläther durch Ausbreiten des Materials
an der Luft und Erwärmen vollkommen vertrieben hat, mit absolutem
XV. Gesamtanalyse. 307
Äther, der eventuell andere Alkaloide, Glykoside usw. aufnimmt, die
man auch wieder, wie vorher, aus dem Rückstand durch Aufnehmen
desselben mit Alkohol, angesäuertem Wasser usw. isoliert. Zuletzt
zieht man das Pflanzenmaterial mit Chloroform aus, wodurch man für
vollkommene Entfernung aller der genannten Substanzen aus den
Pflanzenteilen Sorge getragen hat, denn Petroläther, Äther, Chloroform
wirken im wesentlichen gleichsinnig. Als nächstes Extraktionsmittel
wird 2. 5öprozentiger Alkohol angewendet, der Extrakt enthält Gerb-
stoffe, Glykoside, Salze organischer Säuren, einen Teil der Zucker-
arten, was man auch wieder mit Hilfe von Spezialreaktionen unter-
sucht. Man befreit den Extrakt durch Destillation vom größten Teil
des Alkohols und fällt die verbleibende Flüssigkeit mit Äther. Es
fallen Gerbstoffe und Alkaloidsalze, die man in Wasser auflösen kann;
in Wasser ungelöst bleiben die färbenden Phlobaphene, Zersetzungs-
produkte von Gerbstoffen, die in Alkalien löslich sind und aus dieser
Lösung durch Säuren wieder ausgefällt werden können. Den Rück-
stand von der Alkoholextraktion extrahiert man 3. mit kaltem destil-
liertem Wasser, welches die Zuckerarten, Salze, Gummi, Schleim und
Eiweißstoffe enthält, soweit sie nicht durch die vorangegangene Be-
handlung unlöslich gemacht, bzw. bereits extrahiert worden waren.
Man versetzt mit dem gleichen Volumen Alkohol: dadurch fallen Schleim,
Eiweiß und ein Teil der Salze aus; man löst wieder in Wasser und trennt
die Salze durch Dialyse von Schleim und Eiweiß und durch Erhitzen
mit Essigsäure das Eiweiß von Schleim. Durch Kochen mit Wasser
wird die Stärke dextriniert, schwerlösliche Schleime, ferner Inulin,
Hemizellulosen usw. gehen in Lösung und können durch Alkohol aus-
gefällt werden. Schließlich extrahiert man das Pflanzenmaterial 4. mit
sehr verdünnter (lprozentiger) Salzsäure oder Schwefelsäure zuerst in
der Kälte durch mehrtägiges Schütteln. Schwerlösliche organische
Salze, schwerlösliche Alkaloide und Eiweißstoffe gehen jetzt in Lösung.
Erhitzen mit verdünnten Säuren erzeugt aus Stärke und Hemizellulosen
reduzierende Zucker, welche sich nun im Extrakt vorfinden. Durch
Erwärmen mit 5prozentiger Natronlauge zieht man außer Eiweißstoffen
Hemizellulosen, Pentosane und andere Membranstoffe aus, auch Phlo-
baphene gehen in Lösung. Diese sukzessive Extraktion wird also über
die wichtigsten Inhaltskörper Aufschluß geben.
Solche Gesamtanalysenwerte auf Grund von ernährungsphysio-
logischen Versuchen wurden von F. Darwin und H. Acton durch-
geführt. Man muß sich aber bei solchen Schulversuchen vor Augen
halten, daß die Pflanzen sehr große Unterschiede bieten und daß unter
denselben Verhältnissen gezogene Pflanzen durchaus nicht immer die-
selben oder auch nur ähnliche Ergebnisse bieten müssen. So enthielten
einmal die Keimlinge von Onobrychis sativa, welche einige Zeit ins
Dunkle gestellt worden waren, kaum Spuren von Amiden und ein
andermal konnte nicht eine Spur Weinsäure im Safte von Beta ge-
funden werden, welche gewöhnlich hinreichende, leicht auffindbare
Mengen dieser Säure enthält. Die qualitative Prüfung des Natronlauge-
extraktes von 8S—10 Wochen alten Keimlingen von Onobrychis sativa
ergibt größere Mengen von in Wasser unlöslichem Eiweiß und der
Extrakt gibt beim Neutralisieren eine reichliche Fällung; die wässerige
Lösung enthält ebenfalls einige Eiweißstoffe und bisweilen in wechselnden
Quantitäten Peptone und Albumosen, dagegen stets beträchtliche Mengen
20 *
308 XV. Gesamtanalyse.
von Amiden, während Ammoniak, Nitrate und Nitrite gewöhnlich fehlen.
Die quantitative, vergleichende Analyse von Samen und Keimlingen
bei Onobrychis ergab, auf lufttrockenes Material bezogen:
Rasen Keimlinge
normale etiolierte
Wasserunlösliches Eiweiß .. 64,3% 17,38 % 3,07%
Wasserlösliches Eiweiß . . . . 235% 441495 4,2%
Peptone und Albumosen . . . — 0,7% 0,5%
Aminosäuren . . ; Spuren 0,5% 58,9%
|
Ammoniak, Nitrate, Nitrite. ;
Die Keimlinge enthielten, wenn sie verdunkelt und bei Sauerstoff-
ausschluß gezogen worden waren, 2,8°/, Ammoniak, solche, welche in
Sandkultur, begossen mit einer !/,prozentigen Lösung von Ammonium-
nitrat, gezogen worden waren, 1,3°/, Ammoniak, 1,7 °/, Nitrate und
0,8 °/, Nitrite.
Keimlinge von 15—20 Tage alten Lepidium sativum-Pflanzen
liefern ein Öl, welches durch wässeriges oder alkoholisches Alkali un-
verseifbare Bestandteile enthält; nach der Verseifung ergaben sich
beträchtliche Quantitäten Glyzerin. Die auf Trockensubstanz (ge-
trocknet bei 100° C) bezogenen quantitativen Werte sind:
Samen mit einige Keimlinge
Samen |mm hervortretenden| mit Samen-
Würzelchen resten
Gnnd Net, 30,2 %/0 23,7 %o 9,2 0/0
Glyzerin aus der Verseifung von 100 g
des bei 100°C getrockneten Materials 3,1 1,8 0,5
Der alkoholische Extrakt der Rinde von Salix viminalis gibt, nach-
dem die Rinde vorher mit Benzol extrahiert worden war, um die Harze,
färbenden Substanzen usw. zu entfernen, viel Tannin, welches am besten
mit Hautpulver gefällt werden kann, ebenso durch mehrmaliges Be-
handeln mit Bleiazetat. Von Glukosiden ist gewöhnlich Salizin in
leicht auffindbaren Mengen und von löslichen Zuckerarten etwas Dextrose
vorhanden. In den jungen, noch unreifen Früchten von Musa sapientum
findet man reichlich Gerbstoffe und wenig Zucker, in den reifen beide
Verbindungen in großen Quantitäten.
Die Blätter von Tropaeolum majus werden zur Prüfung auf Zucker-
arten zunächst mit Benzol, dann mit Alkohol und Wasser ausgezogen.
Nach Ausfällung der Gerbstoffe kann Dextrose, Rohrzucker und Maltose
(mit Barfoedschem Reagens, 4%, kristallisiertes Kupferazetat und
1% Essigsäure) nachgewiesen werden. Für die quantitative Analyse
wählt man Blätter von Beta vulg.. die durch Chloroformdampf getötet
und dann getrocknet worden sind. Sie liefern nur wenig oder keinen
Zucker. 3—4%, reduzierendem Zucker (Laevulose) aus Inulin findet
man dagegen in den Blättern von Cichorium Intybus. In den Wurzeln
von Beta, die am Ende des Sommers geerntet wurden, findet man Un-
mengen von reduzierenden und Rohrzucker, so daß aus den gereinigten
Säften direkt Kristallisation erhalten werden kann, aber wenig oder keine
Maltose. Die quantitativen Werte, auf bei 100° C getrocknetes Material
XV. Gesamtanalyse. 309
bezogen, sind: Gesamtzucker (als Glykose berechnet) in den Blättern
0,2%, in den Wurzeln 6,8 %.
Die Bestimmung der Stärke in Kartoffeln ergibt 57%, bezogen
auf Trockengewicht, in den Blättern von Acer pseudoplatanus, die
am Abend geerntet wurden, im Mittel 4%, in den am frühen Morgen
geernteten 2,4%. Die Zahlen wechseln bei den Blättern ziemlich
stark, die größten Unterschiede zwischen Tag- und Nachtblättern treten
dann ein, wenn auf eine warme, feuchte Nacht ein sonniger, klarer Tag
gefolgt ist. Der Betrag an Stärke in Weizenkörnern ist 59,6 %, in
Keimlingen, die drei Tage im Dunkeln gehalten worden waren, 3 %.
Zur Prüfung auf freie oder gebundene organische Säuren eignet
sich der Preßsaft im Vergleich von jungen und alten Rhabarberblättern
oder der von jungen und reifen Äpfeln und am besten Zucker-
rübenwurzeln, welche wechselnde Mengen von Essigsäure, Glykolsäure,
Äpfelsäure, Zitronensäure, Weinsäure, Oxalsäure, Bernsteinsäure und
Akonitsäure enthalten. Die Gesamtazidität des Saftes kann durch
3: mt 5
Titration mit — Barytwasser gegen Phenolphthalein und Beziehen auf
eine dieser Säuren bestimmt werden.
Azidität, berechnet als Oxalsäure bei
jungen Blattstielen von Rheum ra-
DE TTT eE u 0,6 %, bei alten Blattstielen 2,2% \ „2
Azidität, berechnet als Oxalsäure bei " =2
reRrRl Antenne. als ee 1,2% „ reifen Apfeln 0,3% | 5%
reduzierender Zucker bei unreifen 3
Bplolaı ... un a,ue Basta EYE ce ” En 46 I 85
Rohrzucker bei unreifen Äpfeln... — , ax w es
Maltose ” Er ” LET ET 2 ” ” ” vr
Was die Asche anlangt, so wurde die Gesamtasche bei normalen
Kartoffelblättern (4,7%) und bei etiolierten (2,5%) bestimmt. Die
vergleichende Bestimmung der Asche von jungen Blättern und Samen
bei Weizen ergab 4% P,O, in Blättern, 48,5% in Samen und
21,4%, Alkalien (Na,0, K,0) in Blättern und 7,9% in Samen, be-
zogen auf das Gewicht der Gesamtasche. Die Asche von jungen und
alten Blättern von Sempervivum ergab 1,3 %, respektive 4,1%, Kalium-
oxalat, bezogen auf das Lebendgewicht der Blätter. Zur Bestimmung
des Einflusses der allgemeinen Vegetationsbedingungen werden je
15—20 g kräftiger Spirogyra-Fäden A bei 30° C getrocknet und das
Trockengewicht bestimmt, die andere Portion B wird in gewöhnlichem
Wasser bei hellem Sonnenlicht gehalten. Nach 24 Stunden wird eine
Zunahme des Trockengewichtes bei B um 2,6 g gefunden; die Zunahme
an Eiweiß (Stickstoff x 6,3) beträgt nach 24 Stunden bei einem
Anfangsgewicht von 21,5 g 0,8 g, die Zunahme an Zellulose 1,3 g.
Der Einfluß von Mineralstoffdarreichung auf die Stärkebildung kann
gezeigt werden, wenn man junge Blätter von Sparganium natans A
in destilliertem Wasser, B in einer Nährlösung am Licht bei freiem
Luftzutritt mehrere Tage vegetieren läßt. In A ist 0,4 % Stärke, in B
6,5%, in A 1,1% Asche, in B 4,8%, bezogen auf bei 100 C getrocknetes
Material. Die Veränderungen, die sich während der Keimung im Reserve-
material eines Fettsamens unter verschiedenen Bedingungen geltend
machen, lassen sich folgendermaßen veranschaulichen: Es werden drei
Portionen zu zirka 10g, A, B,C, von lufttrockenen Hanfsamen genommen,
310 XV. Gesamtanalyse.
Vergleich der Trockensubstanzen bei in H,CO
E In In
De
wu
or
—]
10
11
ei
[SW
ee
es
15
Ela | 3 [Se
x N er H,C0O = H,CO = RB, 1 38 =
E Kulturbedingungen ne = Eine = ohne = , =
CO, z CO, zZ CO, | 2 CO, z
Datum 3. Mai | 14. Mai | 19. Mai | 24. Mai
1] Trockengewicht von zehn | |
Samen. Bei den Formal-
dehydpflanzen sind alle
Werte aus 20 Exemplaren |
für 10 berechnet. . . .| 3,379 13,39 | 3,489 3,0993 | 2,7018 |2,7947 | 2,6972 | 2,565
Trockengewicht der Testa| 0,602 0,5045 | 0,3662 ‚0,5846 0,199 0,2142 | 0,236 | 0,29
Trockengewicht der Samen
ohne Testa demnach . .| 2,777 12,8855 3,1228 [2,5147 | 2,5028 12,5805] 2,4612 | 2,275
Trockengewicht der Ko-
tyledonen nach dreitägi- |
ger Kultur der Pflanzen| 1,442 0,8655 | 1,8517 /1,5886 | 0,9018 |1,1146 | 1,699 | 2,036
Gewicht des Embryo dem- |
BR, 1,335 2,02 1,3058 0,9261 | 1,601 1,4659 | 0,7622 | 0,239
Trockengewicht d.Wurzeln| 0,2669 0,2206 | 0,322 0,2832 | 0,5016 0,378 | 0,457 | 0,3459
Trockengewicht der ober- | |
irdischen Organe. . . .| 0,5948 0.5488 | 0,43 0,5445 | 0,5576 |0,51 0,3493 | 0,3055
Trockengewicht der ganzen
Pflanzen demnach . . .| 0,8617 |0,7694
0,752 ‚0,8277 | 1,0592 0,888 | 0,3063 | 0,6514
In Prozenten des testalosen
Samens ausgedrückt ea.| 31% 26,6%] 24% | 3290 42% | 3490 | 32,8%0 | 28,6°/o
In Prozenten des Embryo] 64,3%/o | 380 | 57,6% | 89% | 66% | 60% | 106% | 273%/0
Bei normaler Kultur hätten
die Samen nach ihrem
Gewicht entsprechend |
den normalen Pflanzen | |
ausbilden müssen . . .| 0,7669 0,7694 | 0,9317 | 0,8277| 0,8585 0,888 0,685 | 0,6514
Tatsächlich haben sie aus- |
gebildet er nn her 0,8617 0,7694 | 0,752 | 0,8277| 1,0592 | 0,888 | 0,8063 | 0,6514
Differenz ........ ..[40,09488| — [-0,179°7| — [+0,2007]| — |+0,1213] —
Entsprechend dem Embryo- |
nalgewicht der normalen |
Pflanzen hätten sie aus- |
bilden müssen ... .. . .| 0,5085 '0,7694| 1,166 0,8277 | 0,968 |0,888 | 2,0774 | 0,6514
Differenz . 2.2.2.2... .|#0,85321 — [04141 — |+ 90912 _ em 2
B und € auf feuchten Asbestplatten keimen gelassen und, wenn die
Plumula eine Länge von 2—3 cm erreicht haben, wird B in eine Kultur-
glocke bei Ausschluß von Kohlensäure gebracht, C unter dieselben
Bedingungen, jedoch bei wngehindertem Zutritt von Kohlensäure,
XV. Gesamtanalyse. 311
ohne CO, und normal gezogenen Pflanzen.
In | In gr In In = In In = In In =
H,CO | H,CO Ss H,CO | H,C0O S H;CO | H,CO Ss H;CO | H,CO | =
ohne | ohne a ohne | ohne 5 ohne | ohne 3 ohne , ohne 5
CO, CO, zZ CO, CO, zZ [0/07 CO, zZ CO, 00,21%
30. Mai | 7. Juni | 1l. Juni 25. Juni
2,5667 | 2,7111 12,7778| 2,9118 | 2,9948 |2,6772]| 2,8754 | 3,005 2,9329 | 2,55646| 2,3739 | 2,6067
’
0,2937 | 0,2341 0,2415 | 0,361 | 0,4831 0,22 0,2285 | 0,5142 0,2919 | 0,4243 | 0,371 | 0,217
D
D&D
I]
w
2,477 2,5363 2,13216| 2,0029
[)
wo
16°)
Io)
[I
, I
2,5508 | 2,5117 En 2,6469 | 2,4908 12,461
1,133 | 1,6288 11,425 | 2,248 |2,1047 [2,0878 | 1,8656 | 1,8578 2,0293 | 0,20316| 0,2339 | 0,
[03
=
»>
Sr
1,14 | 0,849 us] 0,3028 | 0,407 osso« | 0,7813 | 0,633 osı97| 0020 1,269 2,1152
0,2081 | 0,543 0,4732] 0,085 | 0,1073 0,068 | 0,2132 | 0,1843 /0,143 |0,59 | 0,5822 | 0,4705
0,4031 | 0,169 10,221 | 0,1245 0,1 0,1295 | 0,4298 | 0,1518 0,1745 | 1,18 1,1643 | 0,9412
0,6112 | 0,712 0,6942 | 0,2095 | 0,2073 | 0,1975| 0,643 | 0,3361 0,3175 | 1,77 1,7465 | 1,4117
00
©
SS
o
26,90 | 29% | 27%0 | 9%o 80/0 24%/0 | 13,5%0 | 12% | 83%o | 87%, | 5990
54% | 83,9%0 | 62%/0 | 69% |50,6%0 | 53% | 82,5%0 | 53,30/0 | 51%/o | 92%0 | 99% | 66,6°/0
0,6414 | 0,677 0,6942] 0,2144 | 0,2209 0,1975 | 0,3182 | 0,3235 |0,3175 | 1,3044 | 1,2853 | 1,4117
0,6112 | 0,712 0,6942] 0,2095 0,2073 0,1975 | 0,643 | 0,3361 10,3175| 1,77 | 1,246 | 1,4117
- 0,0302] +0,035| — |-0,0049j+0,0136| — |+0,3248/+0,0126| — |+0,3856|+0,4607] —
0,7121 | 0,5303 |0,6942| 0,162 0,2176 0,1975 | 0,4003 | 0,3243 0,3175 | 1,2874 1,1806 | 1,4117
—0,1009|+0,1817| — |+9,0475-0,0103 — 1|+0,2427|+0,0118| — Fe #0] %
B und C werden 14 Tage bei günstigem Licht und zusagender Tempe-
ratur gehalten, dann durch Chloroformdampf getötet und bei 25 bis
30° getrocknet. Die Trockengewichte der drei Proben nach dem
Versuch sind:
312 XV. Gesamtanalyse.
Trockengewicht 1 0% > £ en g |
Eiweiß (Gesamtstickstoff 6 ae R 21,2% „ 14,6 % | 28,4% bezogen auf
Öl und Fett... u NY a 6,2% | aus bei 30° €
Stärke . TEE ENTE: — — 7)1,3% getrocknete
Zellulasg, «is - :» Kane alt: 18,6 % | 63,1 % | 25,5 % Material
Kuckor - . - zus Berne u Spuren | Spuren |
Über die Beziehungen zwischen Eiweiß, Fett, reduzierendem Zucker
und Inulin bei Samen und im Licht, respektive Dunkeln gewachsenen
Keimlingen von Cichorium Intybus geben folgende Zahlen ein Bild:
Dunkelkeimung:
| 28 | 88 | ä „S id B)
“13 Größe der ER 22 S 3 ES Er = 2
K l ar eo > r De Pe} ®
en Keimlinge | 53 | 85 & 3 se je) 2
%o | % %o %o 0/0
| | |
Samen | 3,49 | 1,4 17,8 1,2 | 0,84 | 0,98 | 7,01
nach 2 Tagen |
Würzelchen . . 0,5—1 cm | 3,74 | 0,71 | 10,0 | 1,2 | 0,42 | 0,84 | —
nach 4 Tagen Stengel| 0,5—1 cm | 3,32 0,7 92! 6,8| 2,03 | 0,95 | —
KT REN Es 1—2 cm 3,36 | 0,6 7,4| 3,2! 3,34 | 1,82 | —
a = 2,5—3,5em. 3,5 0,6 6,5 5,8 | 2,86 | 2,00 | —
"1012 2555 de 3,5—5 cm | 3,2 0,6 5,8 6,3 | 2,12 | 2,86 | —
Lichtkeimung:
nach 3 Tagen . . höchstens
l cm 3,0 1,7 10,8| 39| 2,57 0222
ra) mar .„. 12m |36 |18 | 67| —| 15 | — |—
X 2 RR 2—3 cm 2 STE E50 — 750 | 0,5 —
12 Ar Er 3—4 cm —| — 4,9 2,8 2,1
ie
Es zeigt sich also schon nach zweitägiger Keimung eine rapide
Verminderung von Fett und Monosen, während das Inulin relativ wenig
abnimmt. Schon nach vier Tagen ist auf Kosten des Fettes das Drei-
fache des ursprünglichen Samenzuckers gebildet. Bei der Lichtkeimung
vermindert sich der Fettgehalt schneller als bei der Dunkelkeimung,
der reduzierende Zucker hat auch hier nach dreitägiger Keimung stark
zugenommen, aber die Kondensation zu Inulin erscheint im Lichte ge-
hemmt; nach sechs Tagen ist überhaupt kein Inulin vorhanden, da
das Reserveinulin bei der Keimung verbraucht, neues aber noch nicht
gebildet wurde. Wir sehen also Fett in reduzierenden Zucker über-
gehen, dieser wird aber nicht wie bei der Dunkelkeimung neben dem
Aufbau von Zellsubstanz zu Inulin kondensiert, sondern offenbar gleich
im Baustoffwechsel weiter verarbeitet, in den auch das vorhandene
Inulin eingeht. Was die Beträge an reduzierendem Zucker und Inulin
in den einzelnen Pflanzenorganen anlangt, so sind in der Mittelrippe
von im Freien kräftig erwachsenen Zichorienpflanzenblättern durch-
schnittlich 9,5 % Lävulose und 3,5 % Inulin enthalten, in der Blatt-
spreite 2,8 0, Lävulose und 3 % Inulin, in der Wurzel 1% Lävulose
und 52%, Inulin. Bei Blättern, welche des Morgens und Abends unter-
ah wurden, fand sich im Gegensatz zu den Stärkeblättern (in welchen
XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 313
am Morgen die Stärke zum größten Teil zu Zucker hydrolysiert ist,
so daß am Morgen keine Stärke vorgefunden wird) kaum ein Unter-
schied im Betrage von Lävulose und Inulin, bei der Wurzel geht mit
dem Verlaufe der Vegetationsperiode eine sukzessive Anreicherung an
Inulin vor sich, während der Lävulosebetrag gleichzeitig bis zu einem
Minimum abnimmt, um von da, entsprechend einem Gleichgewichts-
vorgang zwischen Inulin und Lävulose wieder zuzunehmen:
In Prozent der | Blattspreite ie Wurzel Tage alt
n attstie
BerEensnbstanz morgens] abends morgens | abends b5) | 62 | 74 | 3 | 120
Lävulose 2,64 | 2,9 9,8 9,4 4,3 3,4 | 2 0,9 4,94
Tinlin. .... 2,9 2,9 3,7 4,24 21, 30,6 | 48,9 | 52,29 | 60,85
Bee... 2,2 3991 207° 723,93, 22 , 12 Iha! 0,971,.031
Über die Verhältnisse, die sich im Trockengewicht der einzelnen
Pflanzenteile ausdrücken, nachdem die Pflanzen unter abnormalen Be-
dingungen erzogen worden sind, gibt die Tabelle auf p. 310, 311 Aufschluß.
Die Pflanzen waren hier je 14 Tage in Formaldehyddampf von zirka
0,05 Vol.-Proz. bei Ausschluß von Kohlensäure gezogen worden, die
aus dem Kulturraum durch konzentrierte Atzkalilösung entfernt worden
war. Es war schon früher davon die Rede, daß bei Phaseolus vulgaris
die Verluste an Trockensubstanz durch Atmung so groß sind, daß eine
Vermehrung der Trockensubstanz gegenüber dem Samengewicht vor
dem 20. Kulturtage nicht eintritt. Daher ist auch in den genannten
Versuchen stets ein Minus zu konstatieren, welches aber bei den Form-
aldehydpflanzen in der Regel kleiner ist als bei den normalen oder gar
kohlensäurefrei gezogenen. Wenn man nicht an eine Depression der
Atmung durch Formaldehyd und damit eine dauernde Instandhaltung
des Trockengewichtes denken will, was mit den Erfahrungen mit Ather
und anderen Stimulantien nicht in Einklang stünde, kann man aus dieser
Beobachtung wohl auf eine Trockensubstanzvermehrung auf Kosten
des Formaldehyds schließen. Durch Vergleich der Daten für die Ge-
wichte von Samen- und Pflanzentrockensubstanz sind die Proportionen
gegeben, welche zu berechnen gestatten, was die einzelnen Serien bei
normaler Kultur gebildet haben müßten und was sie mit Formaldehyd
ohne Kohlensäure tatsächlich an Trockensubstanz ergeben haben.
XVI Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.
Keine ernährungsphysiologische Arbeit dürfte mit höheren Pflanzen
ausgeführt werden können, wenigstens soweit es sich um organisches
Nährsubstrat handelt, solange es nicht möglich ist, die Kulturen steril
zu halten. Aber selbst in anorganischen Nährlösungen ist es auf die
Dauer schwer, Infektion hintanzuhalten, da abgestoßene Wurzelanteile
oder abgestorbene Pflanzenteile die Veranlassung zur Ansiedelung von
Mikroorganismen geben.
Gerade die Aufzucht von normal autotrophen Pflanzen in Nähr-
lösungen, denen organische Substanzen beigegeben sind, ist ein Problem,
dem viele neue Beobachtungen und Fragestellungen erwachsen dürften.
So habe ich es mit Rücksicht darauf, daß die Wurzeln der höheren
Pflanzen ihre Nährstoffe dem Substrat in Ionenform entnehmen, und
314 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.
mit Rücksicht auf die starke Herabsetzung der Giftwirkung von sonst
toxischen Elementen in wenig dissoziierten Verbindungen versucht,
die Bestandteile der normalen Nährlösung bei höheren Pflanzen durch
wenig oder gar nicht dissoziierte organische Verbindungen zu ersetzen,
also z. B. KNO, durch Kaliumstereat und Äthylnitrat usw., aber wie-
wohl höchst interessante Erscheinungen auftreten (Bohnen wachsen
z. B. ausgezeichnet in Schmierseife und bilden ein ganz merkwürdiges
Wurzelsystem aus), konnten doch keine publikationsfähigen Resultate
erhalten werden, da trotz aller Vorsichtsmaßregeln sehr bald Pilz-
infektion und damit eine unkontrollierbare Veränderung der Nährlösung
eintrat. Zu welchen Irrtümern mangelnde Sterilität der Pflanzenkulturen
führt, beweist eine ausgedehnte Untersuchung von Lef&vre, welche
die Lösung der Frage bezweckte, ob die Pflanzen auch bei vollständigem
Mangel an Luftkohlensäure ihren ganzen Kohlenstoffbedarf aus
Aminosäuren, wenn diese ihrem Nährsubstrat hinzugefügt werden, zu
entnehmen imstande sind und ihre Gewebe damit aufbauen können.
Auf Sterilhaltung der Kulturen wurde kein Gewicht gelegt, weil, wie
Lef&vre ausführt, die verwendeten Aminosäuren und Säureamide
bei Gärung und Fäulnis als letzte Produkte der Bakterientätigkeit
auftreten, demnach kein Substrat ihres Stoffwechsels bilden könnten.
Meine Nachprüfung dieser Untersuchungen !), aus welchen Lefevre
den Schluß gezogen hatte, daß höhere Pflanzen bei Ausschluß von CO,
ihren gesamten Kohlenstoff- und Stickstoffbedarf dem Aminosäuren-
substrat entnehmen können, ergab, daß höhere Pflanzen in kohlensäure-
freier Atmosphäre auch bei Vorhandensein von Aminosäuren zugrunde
gehen, sobald ihre Reservestoffe aufgebraucht sind, vorausgesetzt, daß
für möglichst sterile Kulturen gesorgt wird. In den Versuchen des
französischen Forschers aber hatte das Moos, welches als Substrat
benutzt wurde, in seiner Atmung Kohlensäure abgegeben und Boden-
bakterien hatten aus den Aminosäuren Ammoniak freigemacht, welche
beiden dann von den grünen Keimlingen zum Aufbau ihrer Körper-
substanz verwendet worden waren.
In meinen Versuchen wurden die lufttrockenen Samen mit einer
1 0/,o. Sublimatlösung mit der Bürste gerieben, dann in sterilisiertem,
destilliertem Wasser sorgfältig abgespült und dann in der bekannten
Hansenschen Kammer auf Filtrierpapier keimen gelassen, das vorher
im strömenden Dampf sterilisiert, steril in die Kammer gebracht und
mit sterilisierttem Wasser befeuchtet worden war. Die Kulturgläser
wurden im Dampftopf sterilisiert, mit Filtrierpapier umwickelt zur
Kammer gebracht, von der Hülle befreit und rasch hineingeschoben.
Drinnen wurden sie mit Organtin bespannt und mit der vorher bereiteten
und sterilisierten organischen Lösung beschickt. Dann wurden nach
Entfernung der Testa die Bohnen durch die Maschen gesteckt und nun
möglichst rasch in die mit Sublimat gewaschene, völlig adjustierte und
neben die Kammer aufgestellte Glocke gebracht. Nach jeder Sublimat-
waschung muß natürlich sorgfältig mit sterilisiertem Wasser nach-
gespült werden. Zwischen Testa und Samen sitzen die Bakterienkeime
besonders hartnäckig fest; es ist deshalb zweckmäßig, die abgezogenen
I) V, Grafe, Untersuchungen über die Aufnahme von stickstoffhaltigen
organischen Substanzen durch die Wurzel von Phanerogamen bei Ausschluß der
Kohlensäure, Sitz,-Ber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien 118, (1909).
XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 315
Samenschalen sofort in ein innerhalb der Kammer befindliches Gefäß
mit Sublimatiösung zu werfen und die angekeimten, von der Testa
befreiten Samen vor dem Hineinstecken in den Organtin noch einmal
kurz in sterilisiertes Wasser zu tauchen und dort leicht mit Filtrier-
papier abzureiben. Das Hantieren innerhalb der Hansen schen
Kammer wird leicht und völlig steril durch eng an den Armen anliegende
ziehharmonikaartige Kautschukmanschetten ermöglicht, die an den
beiden seitlichen Fenstern der Kammer befestigt sind und durch welche
die nackten Arme durchgesteckt werden, nachdem alles (Arme, Man-
schetten, Fenster usw.) gründlich mit Sublimatlösung und Bürste ab-
gerieben wurde. Durch den paraffinierten Kork der Kulturglocke
ragt ein geräumiger Tropftrichter, der mit der sterilisierten Nährlösung
beschickt wurde und statt des Glasstöpsels oben einen gedrehten,
abgeflammten Wattepfropf trägt, wie er für die in der bakteriologischen
Technik verwendeten Eprouvetten gebraucht wird. Statt der 1 °/‚igen
Sublimatlösung bewährt sich besser eine 1 prozentige Bromlösung wegen
ihrer stärkeren Desinfektionskraft und wegen des Umstandes, daß das
verdunstende Bromgas auch den Luftraum der Hansenschen Kammer
sterilisiert. Eine ähnliche Methodik wurde auch von Grafe und von
Portheim!) mit Erfolg angewendet.
In neuerer Zeit hat sich Iw. Schulow der Frage angenommen,
wie es möglich wäre. Kulturen steril zu erhalten, bei denen die Sprosse
aus den Behältern normalerweise in der freien Luft sich entwickeln,
wobei die Infektion des Substrates sehr leicht geschehen kann. Ich
gebe im folgenden Schulows Schilderung der Methode wieder ?):
Hohe Glaszylinder enthielten je sieben Liter recht verdünnter
Nährlösung. In jedes Gefäß wurde oben dicht auf Watte ein Holz-
deckel miteingebohrten (zu zwei großen und zwei kleineren) Öffnungen
hineingedrängt. Diese Rundplatte adhärierte an den Gefäßwandungen
vermittels dreier daselbst eingeschraubter Häkchen. In die breiten
Öffnungen wurden alsdann auf Watte (zu je zwei auf ein Gefäß)
zylindrisch kegelförmige Röhrchen r (Fig. 84) hineingesteckt, während
in die eine der engen Öffnungen ein langes Glasröhrchen eingeführt
wurde, das fast bis an den Boden des Gefäßes reichte und von
außen mit einem großen Pfropfen aus Watte und Abzweigungen
versehen war, während die andere Öffnung ein kurzes Röhrchen
trägt. Das lange Rohr dient zum Ausblasen der Luft, seine Ab-
zweigung zur Entnahme von Proben des Substrates vor Abbruch
des Versuches, um die Sterilität festzustellen. Das kurze Röhrchen
läßt die Verbindung mit dem kleinen Kolben herstellen, in dem sterili-
siertes Wasser oder Nährlösung sich befindet, die so steril in das Kultur-
gefäß gebracht werden können. In das zylindrisch kegelförmige oben
durch Schlauch k und Quetschhahn v verschlossene Röhrchen, das unten
mit einem Netz n umbunden wurde, trat bis zu letzterem ein etwas
längeres, zylindrisches Glasröhrchen, um das sterilisierte und gequollene
Samenkorn aufzunehmen. In den unteren Teil des äußeren Rohres
bis zur Höhe von 7—8 cm vom Netz wurde Watte w, in kleinen Bäusch-
!) V.GrafeundL.v. Portheim, Untersuchungen über die Rolle des
Kalkes in der Pflanze. Sitz.-Ber. d. kais. Akad. d. Wiss., Wien 115 (1906).
:2) J. Schulow, Zur Methodik steriler Kultur höherer Pflanzen, Ber. d.
deutschen bot. Ges. 29, 504 (1911).
316 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.
chen untergebracht, welche nicht allzustark zusammengedrückt wurde.
Oberhalb dieses Vorrates von Watte wurde ein (zirka 1 cm) Zwischen-
raum zw belassen, durch den das innere Rohr sichtbar wurde, und noch
höher, bis zum Ende des breiten Rohres K, befand sich ein kompakter
Pfropfen aus Watte w, in welchen bis zur unteren Watte drei Glasstäbeg
eingelassen wurden, die nach oben so weit hervorragen, daß man nach-
träglich mit ihnen möglichst gut die untere Watte verdichten konnte.
Die dergestalt montierten Behälter (überdies noch von oben mit
einer genügenden Schicht Watte bedeckt) wurden dreimal jedesmal
zwei Stunden lang vermittels Dampfes bei 100 ® sterilisiert, alsdann mit
speziellen Samensterilisatoren verbunden, mit deren Hilfe die Körner
mittels Bromwasser 20 Minuten sterilisiert, ausgewaschen und gequollen,
in das innere zylindrische Röhrchen eingeführt wurden. Am achten
bis zehnten Tage vom Beginn des
Hervortreibens der oberirdischen Teile
des Keimlings sp an erheben sich
dieselben innerhalb dieses Röhrchens
und gelangen in den Zwischenraum
inmitten des Vorrates von sterili-
sierter Watte ober- und unterhalb
des breiten äußeren Rohres. In
diesem Moment fand die Befreiung
des Keimlings statt, und zwar folgen-
dermaßen: Allmählich, zu %, cm auf
einmal, wurde das innere
zylindrische Röhrchen em-
porgehoben und nach je-
weiligem Emporheben die
untere Watte möglichst
stark mit den Glasstäben
festgedrückt. Der große
Vorrat an Watte des zylin-
drischen Teiles im breiten
Rohr wurdeaufdieseWeise
in’ die’ sich verengende
halbkugelförmige Abtei-
lung gedrängt und mög-
Fig. 84. Schulows Sterilzucht. lichst vollkommen zur
Ausfüllung derselben, so-
wie als Hülle für Samen und Sproß ausgenützt. Diese Manipulation
kann bequem und gründlich durchgeführt werden, da ja oberhalb
sowohl die Stäbchen als auch die obere Watte allezeit sterilisiert ver-
blieben. Durch den Zwischenraum konnte bequem der Gang des Ein-
pressens beobachtet werden. Sobald die Schicht der unteren Watte
nicht gehörig hoch erschien, konnte man sie aus dem oberen Vorrat
ergänzen (mit dem Stäbchen wurden Flocken aus dem letzteren los-
gerissen und an die untere Watte gezwängt). Sobald sämtliche Be-
obachtungen, die man durch den Zwischenraum vornehmen kann, da-
für sprachen, daß der Keimling zuverlässig mit Watte umhüllt sei,
wird das innere Röhrchen sowie der Rest; des oberen Wattevorrates
entfernt. Auf der beigefügten schematischen Abbildung sind einige
Stadien dieser Operation skizziert. Zeichnung 1 zeigt die integrierenden
ENTE Mc Tim WE 2 CT ERETRT ST
REIRSIE SIE SEFTTY
SIE I SEHR
ER ERSTEN EEE
> RE
XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 317
Details der Geräte und auch, daß der Keimling durch den Zwischen-
raum nach Befreiung verlangt. Zeichnung 4 zeigt den völlig befreiten
Keimling, während 2 und 3 verschiedene Übergangsstadien darstellend,
die Entfernung des innern zylindrischen Röhrchens neben gleichzeitiger
allmählicher Verdichtung der unteren Watte veranschaulichen, wobei
die Stäbchen zum Einhüllen des Keimlings in Watte benutzt werden.
Das Resultat der Sterilität beträgt 75 %.
Eine andere Methode ist für Wasserpflanzen von G. Pollacei
ausgearbeitet und beruht auf der relativen Unempfindlichkeit grüner
Pflanzen gegenüber H,O,, welches niedere Organismen stark schädigt.
Bevor die Beschreibung der einfachen Apparatur vorgenommen wird,
sei darauf hingewiesen, daß sich auch gasförmiger Formaldehyd zur
Sterilisierung grüner Pflanzen eignen dürfte, da derselbe bei intensiv
bakteriziden Eigenschaften von höheren Pflanzen in Konzentrationen
von 0,1 Volumprozenten vertragen wird !), wofern absolut reiner Form-
aldehyd angewendet und für sorgfältigen Abschluß der Kulturerde oder
Nährlösung vor dem Eindringen des Gases gesorgt wird. Freilich er-
scheinen die enzymatischen Leistungen so behandelter Pflanzen nicht
ungeändert), die Pflanzen also, obwohl nicht geschädigt, doch nicht
mehr normal.
Bach und Chodat machten die Beobachtung ?), daß entgegen
der Anschauung von O0. Loew, reines Wasserstoffsuperoxyd,
wenn es nicht allzustark konzentriert ist, für das lebende Protoplasma
kein Gift vorstellt. Setzt man eine höchstens lprozentige H,O,-Lösung
einer Salpeterlösung zu, so erzeugt diese normale Plasmolyse. Dagegen
übt Wasserstoffsuperoxyd auf Mikroorganismen noch in großer Ver-
dünnung sehr schnell vernichtende Wirkung aus. Untersucht wurden
Wasserpflanzen wie Lemna, Salvinia, Azolla, Nymphaea usw., die zum
Teil sehr zarte Wurzeln besitzen. Die Pflanzen können für kurze Zeit
ganz untergetaucht und dann mit sterilisiertem Wasser nachgewaschen
werden. Bei den Versuchen wurde je eine der gebadeten Pflanzen in
eine entsprechende Nährlösung, die andere in sterile Gelatine gebracht,
wobei einerseits die vollkommene Sterilisation, andrerseits die voll
erhaltene Lebensfähigkeit der Pflanze sich zeigte. Der Grad der Kon-
zentration des zu verwendenden H,O, und die Dauer der Sterilisation
hängen natürlich von der Art der Pflanze ab. Der verwendete ein-
fache Apparat ist folgender (Fig. 85):
Ein Gefäß Fl von sterilisiertem Glas mit einigen Litern Fassungs-
raum mit einem oberen und einem unteren Tubus ist mit sterilisiertem
Wasser gefüllt, mit dem die erste Waschung vorgenommen wird. Der
obere Tubus trägt sterilisierte Watte, der andere vermittelt die Ver-
bindung mit einem andern Gefäß w, durch eine bis auf den Boden
von mw, reichende Röhre, die den Zulauf besorgt, während der Ablauf
in die nächsten Gefäße w, und w, auf dieselbe Weise geschieht. Jedes
1) V. Grafe und L. v. Portheim, Orientierende Untersuchungen
über die Einwirkung von gasförmigem Formaldehyd auf die grüne Pflanze. Ost.
bot. Zeitschr. 1909. — V. Grafe und Emmy Vieser, Untersuchungen über
das Verhalten grüner Pflanzen zu gasförmigem Formaldehyd I. Ber. d. d. bot. Ges.
27, 431 (1909). — V. Grafe, Untersuchungen über das Verhalten usw. II. Ebd. 29,
19 (1911). — V. Grafe, Die biochemische Seite der Kohlensäureassimilation
durch die grüne Pflanze. Biochem. Zeitschr. 32, 114 (1911).
®) BachundChodat, Ber. d. deutschen chem. Ges. 35, 1275, 2466 (1902).
318 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.
dieser Gefäße trägt in einer dritten Bohrung ein Glasrohr, das auch
wieder sterilisierte Watte trägt, so daß die Luft, ohne Keime mitzuführen,
die Gefäße passieren kann. In das zweite Gefäß — die Gefäße sind,
wie man sieht, stufenförmig angeordnet — kommt das zu sterilisierende
Pflanzenmaterial. Man läßt nun den Strom des sterilisierten Wassers
durch Offnen des Hahnes aus dem großen Gefäß durch die übrigen
laufen, die Pflanzen können so hinlänglich gewaschen werden, ohne
mit der äußeren Luft in Berührung zu kommen. Unter Benutzung
eines genügend weiten Abflußrohres kann man die kleinen Pflanzen,
welche gut gewaschen worden sind, direkt aus w,, ohne dieses Gefäß
zu öffnen, herausspülen. Das Material kann so nach w, gebracht werden,
welches Gefäß zum eigentlichen Wa-
schen mit H,O, bestimmt ist. Vorher
wird durch den Schlauch am unte-
ren Tubus von ı, das Wasser heraus-
gelassen und statt dessen durch ein
mit Hahn versehenes Trichterrohr
von obon die Wasserstoffsuperoxyd-
lösung zufließen gelassen, mit dem
Pflanzenmaterial eine bestimmte
Zeit in Kontakt gelassen, um dann,
ebenso wie früher das Wasser, durch
den unteren Tubus entfernt zu wer-
den. Nun wird wieder aus Fl mit
reichlichen Mengen - sterilisierten
Wassers nachgewaschen. Aus Fl
gelangen die Pflanzen auf dieselbe
Weise wie früher nach w,, wo das
Wasser abgelassen und wie früher
das Wasserstoffsuperoxyd nach ı,,
so hier die Nährlösung eingefüllt
wird. w, wird dann steril abgelöst
und dient direkt als Kulturgefäß.
Salvinia verträgt eine 45 Minuten
| dauernde Behandlung mit 3prozen-
Fig. 85. Sterilisierapparat nach Pollaci. tigem H,O, und noch 30 Minuten
mit 3,6prozentigem, Lemna major
45 Minuten mit 1,8prozentigem und 5 Minuten mit 3,3 prozentigem,
aber nicht mehr mit 3,6prozentigem H,0,.
Die große Widerstandskraft ungequollener Samen gegen trockene
Wärme bringt es mit sich, daß man sie, z. B. Erbsen, ohne weiteres
im Dampfdrucktopf sterilisieren kann (mit überhitztem Wasserdampf
von 120° C durch zehn Minuten). Bei seinen Versuchen mit Giften,
deren Einwirkung auf die Keimung untersucht wurde, fand Arcichovskij,
daß die Resistenz der Samen gegen Entwicklung von Mikroorganismen
durch die Gifte herabgesetzt wird, was die Verunreinigung der Samen
erleichtert. Man muß in diesem Falle die Samen einzeln in be-
sonderen Gefäßen aseptisch auskeimen lassen. Ein kleines kupfernes
Stativ mit 24 Eprouvetten wird für jeden Versuch im Autoklaven
sterilisiert. Jedes Stativ besitzt ein Scharnier, welches Auf- und Zu-
klappen ermöglicht. Am Boden jeder Eprouvette befindet sich eine
2cm hohe Flocke hygroskopischer Watte, die mit 2 cem sterilisierten
XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 319
Wassers angefeuchtet wird. Um das Herauspressen der Watte durch
kochendes Wasser zu verhindern, wird in die Eprouvetten ein dünnes
Röhrchen gestellt, dessen oberes Ende etwas über die Watte heraus-
ragt. Das sterilisierte Stativ mit den Probiergläsern wird in die Saat-
kamera eingestellt und die nach der Behandlung mit der Giftlösung
in fließendem Wasser gewaschenen Samen mit sterilen Pinzetten in die
Probiergläser gelegt. Die Keimungen verlaufen völlig aseptisch.
R. Combes (Comptes rendus de l’acad&mie des sciences, T. 154,
891, 1912) gibt folgende Methode an, die der von Schulow ähnelt:
Die Samen werden in 1°/,igem Sublimat gewaschen und nach dem
Abspülen mit Wasser in sterilisierten Eprouvetten auf feuchter Watte
zum Keimen ausgelegt. Sowie das Keimen begonnen hat, wird je ein
Samen in das im folgenden zu beschreibende Gefäß gebracht: Ein Glas-
gefäß mit abgerundeten Ecken (Fig. 86) besitzt einen seitlichen Tubus /u
und endigt mit dem ausgebauchten Tubus r, der bei e, und e, eingeschnürt
ist. Die eingeschnürte Partie bei e, ist von dem übrigen Gefäß durch
die Ausbauchung r abgetrennt. In den Hals des
Tubus bei e, wird ein zylindrisches Glasrohr / ein-
geführt, das vorher in einen Wattebausch co ein-
gehüllt worden ist, so daß es gerade noch in den
Tubus eingedreht werden kann. Die untere Öff-
nung des in den Tubus eingeführten Glasrohres ist
vorher mit einem weitmaschigen Organtin über-
spannt worden. Auch in die Einschnürung e, wird
sterilisierte Watte eingeführt. Die obere Öffnung
der Glocke cl, welche jetzt über den Tubus so ge-
stülpt wird, daß sie vermittels der bei e, eingeführten
Watte eng aufsitzt, wird ebenso wie die obere Öff-
nung des seitlichen Tubus mit sterilisierter Watte
versehen, wie das bei den Kultureprouvetten
der bakteriologischen Technik üblich ist. Darüber
wird dann noch das Glas ca gestülpt. Jeder solche Fis- 8%. Steriler Apparat
kleine Apparat wird nach seiner Montierung eine
halbe Stunde bei 150° C sterilisiert. Das vorher sterilisierte
flüssige Kulturmedium der höheren Pflanze wird nun steril beim
seitlichen Tubus so eingefüllt, daß der die untere Öffnung von {
verschließende Organtin benetzt ist. Nachdem man sich durch mehr-
tägiges Stehen des adjustierten Apparates und eventuell entnommene
Probe zur bakteriellen Prüfung überzeugt hat, daß alles steril ist, wird
der angekeimte Samen g aseptisch auf die Organtinunterlage des
Apparates gebracht, wo nun die weitere Entwicklung erfolgt. Die
junge Wurzel dringt in die sterile Nährlösung, der Sproß in den Luft-
raum von {. Nachdem der Sproß hinreichende Länge erreicht hat,
wird die Röhre / mit einer abgeflammten Pinzette langsam heraus-
gezogen und in dem Maße, als sie sich heraushebt, sinkt die umgebende
Watte tiefer und umgibt schließlich von selbst den sich erhebenden
Sproß. Man muß nur rings um denselben die Watte mit der ab-
geflammten Pinzette zurechtdrücken und ausbreiten. Auf diese Weise
kommt die Wurzel im sterilen Nährmedium, der oberirdische Teil der
Pflanze in freier Luft zur Entwicklung.
Die bisher üblichen Methoden der sterilen Aufzucht höherer Pflanzen
geben doch immerhin, wie Schulow bemerkt, nicht immer die ge-
390 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.
wünschte absolute Sterilität. Diesem Übelstande sucht der einfache,
von J. Gieklhorn konstruierte Apparat abzuhelfen, welcher den
Prozentsatz der sterilen Pflanzen bedeutend erhöht und ebenfalls von
dem Prinzip ausgeht, daß peinlichste Sorgfalt in erster Linie auf den
vollkommen sterilen Abschluß des Wurzelsystems zu legen ist, während
die oberirdischen Teile sich von frühester Jugend auf in einem sterilen
Luftraum frei erheben, dessen steriler Abfluß aber, wenn die oberirdischen
Organe erstarkt sind, nicht mehr strikte eingehalten werden muß. Das
Verfahren ist dem einfachen Impfverfahren der Bakteriologie nachgebildet.
Als Kulturgefäß wird eine ungefähr 5000 ccm fassende weithalsige
Flasche @ benutzt (Fig. 87), über die einmal im Kreise herum eine un-
gefähr vier Finger breite Lage Watte W gewickelt wird. Die Watte ragt
über die Mündung der Flasche noch etwa zwei Finger breit hinüber.
Der Wattestreifen wird an seinem heraus-
ragenden Ende mit den Fingern erfaßt
und leicht in die Mündung der Flasche
deren Rande angedrückt. Uber diese
Watte wird ein mäßig feuchtes Perga-
mentpapier P locker darüber gespannt
und mit einem in die Mündung der
Flasche passenden Glas- oder Holz-
Fig. 87. Fig. 88.
Apparate zur sterilen Aufzucht von J. Gicklhorn.,
stopfen P ungefähr zwei Finger tief hineingedrückt. Der überragende
Teil des Papiers wird über die Watte geglättet und mit einem Kautschuk-
band w (Fig. 88) locker festgehalten. Über das so montierte Kultur
gefäß wird ein passender Zylinder K gesetzt, für dessen Einpassung auf
die beginnende Wölbung G der Flasche noch ein einfacher Wattestreifen
zwischen Zylinder und Flaschenhals gewunden wird, welcher Wattestreifen
den Zylinder festklemmt. Bevor man das Festklemmen vornimmt, kommt
in die durch den Stöpsel bewirkte Vertiefung ein lockerer, die Ver-
tiefung ganz ausfüllender Wattepfropf Wa. Watte und Pergamentpapier
werden mittels eines Trichters durchbohrt und durch den Trichter die
(etwa organische) Kulturflüssigkeit eingefüllt. Dann wird der Aufsatz-
zylinder, dessen oberes Ende mit einem Glasboden verschlossen ist
(man verwendet am besten ein umgekehrtes, nicht gerandeltes Becher-
glas) und der ein seitliches, schief angesetztes Zuführrohr R trägt, mittels
des Watteringes fest aufgesetzt und der ganze so adjustierte Apparat
in den Sterilisator gestellt.
Ein birnenförmiges (Fig. 89) Gefäß Ra mit breiter Mündung K,, an
dessen Verschmälerung unten ein dickwandiger, mit Klemmschraube ver-
sehener Gummischlauch angebracht ist, wird oben mit einem passenden.
XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. apa
‚doppelt durchbohrten Pfropfen verschlossen. Die eine Bohrung trägt ein
engeres, mit sterilisierter Watte verschlossenes, die andere ein so weites
'Glasrohr, daß z. B. Erbsen bequem durchfallen können. Dieses breite
Glasrohr trägt einen Kautschukschlauch S, der unmittelbar über dem Rohr-
ende einen Quetschhahn H, angesetzt hat. Das andere Ende des etwa
Y, m langen Schlauches ist über ein erweitertes Glasrohr gezogen (un-
mittelbar vorher ist wieder ein Quetschhahn FH, vorgesehen), dessen
schmälerer Teil in der Bohrung eines Stöpsels sitzt, mit dem ein wasser-
gefüllter Erlenmeyerkolben E verschlossen ist. Die ganze Apparatur
wird heiß sterilisiert, der Stöpsel des birnenförmigen Behälters danach
einen Moment abgehoben und die Samen Sa eingeschüttet und mit
10/,niger Bromlösung bedeckt,
der Stöpsel wieder eingesetzt
und nun wiederholt geschüttelt,
so daß Samen und das breite
Rohr samt dem Stück Kaut-
schukschlauch bis zum Quetsch-
hahn gründlich desinfiziert wer-
den; das Bromwasser wird nun
unten aus der Birne abgelassen
und aus dem Kolben unter
entsprechendem Öffnen der
Quetschhähne das sterilisierte
Wasser in die Birne eingeführt
und die Samen zwei- bis drei-
mal damit geschüttelt, so daß
das Bromwasser vollständig aus-
gewaschen wird. Zuletzt wird
der ganze Rest des Wassers aus
dem Kolben in die Birne ein-
gelassen und die Samen darin
zur Quellung gebracht. Darauf
wird die Birne umgekehrt und
unter Öffnen des der Birne be-
nachbarten und Verschluß des
dem Erlenmeyerkolben benach-
barten Quetschhahnes die Samen
durch sanftes Schütteln in den Fig. &9.
weiten Kautschukschlauch ge- Apparat zur sterilen Aufzucht von J. Gieklhorn.
bracht, so daß sie nun in diesem
sterilisierten Behälter wie in einem langen Beutel ruhen. Die ganze Appe-
ratur ist an den Stativen Si, und St, fixiert. Eine mit Filtrierpapier
ausgekleidete Petrischale wird in der gewöhnlichen Weise sterilisiert,
auf einen Tisch gestellt und, nachdem die nun nicht mehr sterilen
Enden des Gummischlauches jenseits der Quetschhähne in heißes Wasser
gesteckt und so wieder steril geworden sind, die Samen in die sterilisierte
Petrischale ausgeschüttet, wo sie also steril ankeimen. Dann wird der
Keimapparat und die Petrischale nebeneinander auf den Tisch zur
Seite einer Flamme gestellt, der Samen mittels einer langarmigen, ab-
geflammten Pinzette mit breiten Schuhen gefaßt, zwischen welchen
der Samen bequem ruht. Inzwischen ist, wie beim bakteriologischen
Arbeiten, der Wattebausch aus dem seitlichen Ansatzrohr des Zylinders
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 21
322 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.
herausgezogen worden, der Samen wird mit der Pinzette eingeführt
und in den Wattebausch der Flaschenmündung eingedrückt, so daß
er genau in das vorher für das Durchführen des Trichters in die Watte
und das Pergamentpapier gebohrte Loch zu liegen kommt. Die Watte
des Ansatzrohres wird abgeflammt und wieder hineingesteckt. Der
Samen ist also völlig steril hineingebracht, die Möglichkeit der In-
fektion ist nicht größer als beim gewöhnlichen bakteriologischen Arbeiten.
Nachdem der Samen Wurzel und etwa 2 cm hoch seinen Stengel aus-
getrieben hat, wird durch den seitlichen Ansatz eine steril vorrätig
gehaltene Mischung von Vaselin, Paraffin und Wachs einfließen gelassen,
die nicht härter ist, als daß in ihr das Wachstum der Keimpflanze leicht
vor sich gehen kann und beim Einfließen nicht heißer, als daß sie gerade
dünnflüssig ist. Die Mischung durchtränkt Watte und Pergament
vollkommen, so daß eine spätere Infektion der Nährlösung von oben
ausgeschlossen ist. Nachdem die Pflanze noch etwas größer geworden
ist, wird der Aufsatzzylinder abgenommen, der Wattering, der ihn
abgedichtet hatte, entfernt und der Keimling entwickelt sich im freien
Luftraum mit vollkommen steril gehaltenem Wurzelsystem
und Nährlösung. Es ist klar, daß nur mit Hilfe derartiger
minutiöser Versuchsanstellungen Stoffwechselfragen mit or-
ganischer Lösung, Wurzelausscheidungsfragen u. dgl. einwand-
frei zu lösen sind.
W. Schmidt!) verwendet in einfacher Weise Gasglüh-
lichtzylinder b (Fig. 90), die mit dem einen Ende in Becher-
gläser d gestellt wurden, wo sie mit einem Wattering c fest-
gehalten werden. In die Röhre sowohl wie in das Becherglas
war zuvor gut ausgeglühter Sand f gegossen worden, in be-
liebiger Höhe, je nach den zu verwendenden Pflanzen und
der Weite der Röhren. Auf die Sandschicht, die die Röhre
außen e im Becherglase umgibt, wird soviel Knopsche Nähr-
Fig. 9. Sterile lösung gegossen, bis in dem Zylinder die ganze Sandsäule
weormns®® schwach durchfeuchtet ist. Der Zylinder wird oben mit einem
Wattebausch a verschlossen und nunmehr das ganze im Dampf-
topf dreimal je Y, Stunde sterilisiert. Um nun das Austrocknen zu
verhindern, andrerseits die mögliche Infektion bei Lüften der Zylinder-
bedeckung zu vermeiden, wird die untere Öffnung des Zylinders mit
einer Zelloidinschichte g verschlossen, durch die die Nährlösung durch-
diffundiert, wenn der Zylinder in die Lösung gestellt wird, während die
Pilzkeime zurückgehalten werden. Um die Zelloidinplatte in dem
Zylinder anzubringen, stellt man diesen zweckmäßig mit dem zu ver-
schließenden Ende auf Quecksilber, gibt zirka 3—4 mm hoch Zelloidin
in das Rohr und läßt das Alkoholäthergemisch abdunsten. In bezug
auf späteres Sterilisieren ist zu bemerken, daß das fertig montierte
Kulturgefäß mit trockenem, ausgeglühtem Sande in den Dampftopf zu
bringen ist, nicht schon mit Knop scher Nährlösung wie vorher be-
feuchtet. Es gelang auf diese Art speziell Rübenpflänzchen vollkommen
steril aufzuziehen. Eine andere Methode besteht in der Verwendung von
sterilem 2prozentigem Agar zur Anzucht höherer Pflanzen in weit-
lumigen Reagenzröhren. Der Agar wird gut gekocht und heiß zweimal
1) W, Schmidt, Zur Methodik von Infektionsversuchen an höheren
Pflanzen. Centralbl. f. Bakt. II, 25, 426 (1910).
XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 39233
durch Filtrierpapier und Watte mittels der Wasserstrahlpumpe filtriert.
Das Filtrat wird in weite Glasschalen gegossen und nach dem Erstarren
über die zirka 2 em starre Schichte destilliertes Wasser gegossen und
das Ganze sich selbst überlassen. Nach einigen Tagen wird das Wasser,
das einen leichten Fäulnisgeruch angenommen hat, abgegossen, durch
frisches Wasser ersetzt usf. Nach etwa zwei Wochen wird der Agar
neu aufgekocht, mit 20prozentiger Knop scher Nährlösung versetzt
und in große Reagenzrohre (20 mm innere Weite) in 3—4 cm hoher
Schichte gefüllt. Die Röhren werden dreimal je 4, Stunde im Dampf-
topf sterilisiert; der Agar muß dann so durchsichtig sein, daß man
Druckschrift durch ihn hindurch lesen kann. Ungeschälte Rüben-
samen keimten allerdings in solchem Substrate schlecht und wuchsen
schlecht, geschälte schon etwas besser; daher wurden später junge in
Erdkästen im Freien herangezogene Rübenpflänz-
chen gewissermaßen als Stecklinge verwendet, in-
dem die Wurzeln abgeschnitten und das Hypo-
kotyl mit der Pinzette in die Agarmasse einge-
schoben wurde. Die Rübenpflänzchen waren zuvor
in stark strömendem Leitungswasser, dann in destil-
liertem, schließlich in sterilem Wasser gewaschen
worden, die Wurzel wurde mit alkoholsterilisiertem
Messer entfernt und das Hypokotyl schnell mit
steriler Pinzette in das bereitgehaltene Röhrchen
eingeführt. Die Pflänzchen trieben in wenigen
|
Fig. 91a. Fig. 91b.
Anordnung von Petri zur sterilen Kultur.
Tagen kräftige Wurzeln, welche bald die ganze Kuppe des Reagenzrohres
durchzogen hatten. Der Blattapparat war üppig grün, Pilze traten selbst
nach Wochen nicht auf. Die Gläser standen in großen Reagenzrohr-
gestellen direkt am Fenster und wurden von der Sonne voll getroffen;
etwas mehr dunkel gehaltene Kulturen gingen zugrunde, die Wurzeln
wurden schwach oder gar nicht gebildet. Der Blattapparat muß also
lebhaft assimilieren können, um die Regeneration der Wurzel zu unter-
stützen.
Zur sterilen Kultur von aus Samen stammenden Weinreben hat
L. Petri einen Apparat konstruiert. Zunächst wurden die Samen
!) L. Petri, Nodositätenbildung auf den Rebwurzeln durch die Reblaus
in sterilisiertem Mittel. Centralbl. f. Bakt. II, 24, 146 (1909).
21*
324 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.
in einem geeigneten Gefäß mittels Durchleitens eines Stromes von lprozen-
tiger Sublimatlösung durch 2—3 Minuten desinfiziert, dann mit sterilem
Wasser nachgewaschen und dasselbe Wasser zum Anquellen der Samen
benutzt. Der Apparat (Fig. 91a und b) besteht aus einem mit drei-
röhrigem Kautschukpfropfen und einem Hahn T versehenen Glas-
trichter. Der zylindrische Teil des Trichters ist unten durch das Sieb r
aus Tüll oder Porzellan geschlossen, über welchem die zu sterilisierenden
Weinbeerkerne V sich befinden. Der Trichter ist an dem Absauge-
kolben b durch einen Kautschukstöpsel befestigt, der seitliche Ansatz
des Kolbens ist durch sterilisierte Watte verschlossen. Die beiden
seitlichen Röhren des oberen Pfropfens des Trichters befinden sich in
Verbindung mit den beiden Flaschen A und B, welche die Sublimat-
lösung, respektive das sterilisierte Wasser enthalten. Die beiden Flaschen
sind mit einem zweiten Rohre versehen, damit Luft durch das Filter F
ziehen kann. Das mittlere Rohr des Trichterpfropfens ist in Verbindung
mit zwei Schwefelsäure enthaltenden Kolben. Ein Dreiweghahn T,
verbindet abwechselnd die beiden Kolben mit dem Trichter. Wenn
man einen Strom Sublimatlösung in den Trichter einlassen will, setzt
man das Rohr eines Aspirators an das Rohr a des linken Kolbens, indem
man die Hähne T, und T geschlossen hält und 7, und T, öffnet.
Die Wirkung des Aspirators soll aufhören, sobald der Trichter ganz voll
ist. Dann schließt man den Hahn T, und öffnet T und 7, (des rechten
Kolbens). In dieser Weise wird das Sublimat abgezogen; dann muß
man, um mit Wasser nachzuwaschen, den Hahn 7 schließen und den
Hahn T, und T „öffnen (beim linken Kolben). Dann läßt man den Aspirator
wirken. Das Wasser wird 4—5mal gewechselt und die Samen dann
zirka neun Tage bei einer Temperatur von 20—22 ° C unter Wasser
gehalten. Für manche Samen ist zweimaliges Desinfizieren notwendig,
weil sich sonst doch ein Pilzmyzel bilden kann, das den Embryo zer-
stört. Dagegen werden die erwachsenden jungen Pflänzchen nicht
mehr angegriffen. Die Keimfähigkeit leidet unter der Desinfektion
gar nicht, selbst wenn sie vier Minuten gedauert haben sollte. Die
Glasröhren, in welche die desinfizierten Samen eingesät werden, zeigt
Fig. 91b. Die Bohrung, welche die beiden weitesten Teile des Rohres
verbindet, zeigt, entsprechend der Verengerung, einen Durchmesser
von höchstens 3 mm, so daß es unmöglich ist, den Samen durchzuziehen.
Der Samen wird vielmehr, wenn er ausgesät werden soll, in den oberen
Teil a des Rohres hineingeworfen, indem man die Watte c ein
wenig hochhebt. In den unteren Teil b wird ein wenig mit Bruch-
stücken von Granit vermengter Sand gelegt, damit die untere Schicht
sehr porös wird und die Ausbreitung der Wurzeln ermöglicht. Ein
wenig Glaswolle !v verhindert das Durchfallen von Erde durch das
den Pfropfen m durchziehende Rohr, das zum Abgießen des Wassers
dient; dieses Rohr wird durch das Glasstäbchen n mit dem dazu-
gehörigen Kautschuktubus geschlossen. Der mit Erde gefüllte Teil b
ist mit einem kurzen seitlichen Rohre versehen, welches sich in Ver-
bindung mit dem durch den Stopfen o geschlossenen Glasrohre e be-
findet. Die Erde sowie die Granitbruchstücke in dem Glasrohr, mit
Ausnahme der Teile aus Kautschuk, werden im Trockenschrank bei
130° © eine Stunde lang sterilisiert. Die Abgießungsröhre mit dem
dazugehörigen Deckel und die Röhrchen e mit dem Kautschuktubus
werden im Dampftopf sterilisiert. Diese Teile werden dann dem
XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 325
Apparat angefügt, die Erde mit einem Strom sterilisierten Wassers
begossen, welcher durch das Rohr e ziehend, durch das untere Rohr
schließlich abläuft. Darauf werden die Kulturapparate von neuem
sterilisiert, indem man sie durch 20 Minuten feuchter Wärme von
105 0 C aussetzt. In den oberen Teil des Apparates a wird dann ein
Kern getan und durch ein geeignetes Reagenzglas sofort ein wenig
feinen sterilisierten Sandes s darauf gegossen, sowie eine ungefähr 3—4mm
dicke Schicht von Specksteinpulver r. Indem der Sand die nasse Erde
des Teiles b des Apparates berührt, feuchtet er sich durch Kapillarität
nach und nach an, während die Specksteinpulverschichte trocken bleibt;
sie läßt daher den zur Keimung des Samens notwendigen Sauerstoff
durch. Gleichzeitig dient diese Schichte als ein Filter für die Luft,
gleichsam wie ein Wattepfropfen, indem sie das Durchdringen der in
der Luft vorhandenen Keime verhindert. In den Entwicklungsapparaten
kann man ferner dem Wurzelsystem die nötige Luft zuführen, indem
man einen Luftstrom durch das Rohr e in das untere ziehen läßt oder
indem man dieses letztere einfach offen stehen läßt; dann muß man aber
das untere Ende des Apparates in ein langes sterilisiertes Reagenzglas
einführen, nachdem das Stäbchen n entfernt worden ist.
XVII. Bestimmung der Oberflächenfpannung, der
Permeabilität und des osmotifchen Druckes durch
Plasmolyse '.
Durch eine Reihe neuer Untersuchungen, die sich, von De Vries
ausgehend, namentlich an die Namen Czapek, Lepeschkin,
Dohkland, van Rysselberghe, Tröndle knüpfen, ist
die große Bedeutung der Plasmaoberfläche für den Stoffwechsel der
Zelle in das rechte Licht gerückt worden, so daß heute beim Studium
der Lebenserscheinungen die Beachtung der physikalisch-chemischen
Momente des Zellebens ausschlaggebend werden dürfte.
Von F. Czapek wurde eine Methode zur direkten Bestimmung der
Oberflächenspannung der Plasmahaut von Pflanzenzellen ausgearbeitet,
welche in der Feststellung der Grenzkonzentration von Lösungen ober-
flächenaktiver Stoffe von bekannterOÖberflächenspannung, z. B. Athyl-
alkohol, besteht, welche Konzentration eben imstande ist, aus Pflanzen
zellen die Exosmose von leicht nachweisbaren Stoffen des Zellinhaltes
zu erregen. Der Apparat, welcher hier für die Bestimmung der Ober-
flächenspannung verschiedener Substanzen zweckmäßig benutzt wird,
beruht auf dem Prinzip, nach welchem die Oberflächenspannung durch
die Druckhöhe einer Flüssigkeitssäule gemessen werden kann, durch
welche eben eine Luftblase durch die zu prüfende Lösung hindurchgepreßt
werden kann. Czapek nennt seinen Apparat (Fig. 92), der im wesent-
lichen ein Wassermanometer ist, dessen kürzerer Schenkel, nochmals
U-förmig nach abwärts gebogen, mit einem Kapillarrohre endigt,
Kapillarmanometer. Seine Kapillarweite beträgt 1 mm ; um durch
eine Kapillare von solchen Dimensionen eine Luftblase durchzupressen,
ist ein Druck notwendig, der einer Wassersäule von etwas über 50 mm
1) Unter Zugrundelegung meines gleichnamigen Beitrages im VI. Bande der
„Biochemischen Arbeitsmethoden‘; ebenso der vorhergehende Abschnitt.
326 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.
entspricht. Die Gleichmäßigkeit der Kapillarmündung ist für den Erfolg
der Bestimmung sehr maßgebend: als Kapillare wird eine Thermometer-
kapillare gewählt, die genau halbkugelig abgeschliffen ist und deren
Mündung Hochpolitur erhalten hat, die Lupe muß möglichste Dünne und
Glätte der Mündung zeigen; die Länge ist hier 2 mm. Von der abgelesenen
Druckhöhe muß man die Höhe der Flüssigkeitssäule von der Mündung der
eingetauchten Kapillare k bis zum äußeren Flüssigkeitsniveau abziehen. Zu
diesem Zweck ist auf der Wand des die Flüssigkeit enthaltendenGläschensE
eine Millimeterteilung eingeritzt, das Gläschen wird unter Beobachtung
mit einer starken Lupe in den federnden Haltern solange verschoben,
bis die gewünschte Einstellung genau erreicht ist. Zum Einfüllen des
Wassers in das Wassermanometer wird ein kleines Gläschen mit genau-
gearbeitetem Glashahn benutzt, welches
über dem offenen Manometerschenkel in
Klammern angebracht ist. So kann das
Wasser mit gut regulierbarer Tropf-
geschwindigkeit zufließen gelassen wer-
den; das Zufließen soll nicht schneller
erfolgen, als man die Steighöheder Flüssig-
keit im Manometer M an der Porzellan-
Millimeterskala bis auf halbe Millimeter
ablesen kann. Die Tropfen müssen an der
Wand des Rohres herabfließen, weil eine
Erschütterung durch freies Herabfallen
ein frühzeitiges Losreißen der Luftblase
an der Mündung der Kapillare bewirkte.
Die Luft wird also langsam aus dem
kürzeren Manometerschenkel und der
Kapillare verdrängt, die Luftblase wölbt
sich an der Kapillarmündung, um bei
einem bestimmten Überdruck loszureißen,
worauf das Wasser im kürzeren Mano-
meterschenkel eine Strecke weit empor-
steigt. Der Stand des Niveaus im kürze-
ren Schenkel wird abgelesen, dann wartet
man, indem man das Wasser im offenen
Fig. 92. Kapillarmanometer von Schenkel langsam nachfließen läßt, bis
Eu DEDBER- ein neuerliches Abreißen einer Blase er-
folgt, die Differenz wird notiert und gleich eine nächste Bestimmung
angeschlossen, wobei die Ablesungen um nicht mehr als \, Millimeter
differieren dürfen, aus mehreren Bestimmungen schließlich das Mittel
genommen.
Am Schlusse der Beobachtung wird zunächst das Gläschen mit
der zu untersuchenden Flüssigkeit so weit gesenkt, daß die Kapillare
nicht mehr eintaucht. Dann wird der in der Biegung des Manometers
angebrachte Hahn geöffnet, worauf das Wasser aus dem Manometer
abfließt. Nun befestigt man an dem Glasrohre des Hahnes einen
Kautschukschlauch, schließt den offenen Manometerschenkel mit dem
Finger und bläst den in der Kapillare festgehaltenen Flüssigkeitsrest
heraus. Nun muß die Kapillare sofort zunächst mit destilliertem
Wasser, dann mit heißer Chromsäuremischung sorgfältig wiederholte
XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 397
Male ausgespült werden. Die Waschflüssigkeit wird durch Ansaugen
in die Kapillare gebracht. Schließlich wird mit vollkommen fettfreiem
Wasser nachgewaschen, worauf sofort eine neue Bestimmung an-
geschlossen werden kann. Das graduierte, etwa 10 ccm fassende Gläs-
chen wird ebenfalls sorgfältigst gereinigt und dann die zu untersuchende
Flüssigkeit hineingefüllt, von der 2—3 ccm im Notfalle genügen. Durch
Ansaugen der Untersuchungsflüssigkeit und wieder Zurückdrücken in
das Gläschen wird der Fehler vermindert, der gegeben ist, wenn die
Kapillare noch feucht geblieben war. Hat man etwa verschiedene
Konzentrationen einer und derselben Flüssigkeit zu untersuchen, so
genügt das Ausspülen mit Wasser und das genannte An- und Absaugen
der neuen Quantität. Das Wasser für die Manometerfüllung muß
gleichfalls staub- und fettfrei sein, gewöhnliches destilliertes Wasser
muß jedenfalls nochmals destilliert werden. Sehr bedeutend ist der
Einfluß der Temperatur; am Stative des Apparates ist deswegen mög-
lichst nahe der zu untersuchenden Probe ein Thermometer f angebracht,
die Temperatur zu Beginn und am Ende des Versuches wird abgelesen,
die Resultate werden unter Zugrundelegung der Gleichung o- = % (I-+yl)
umgerechnet, wobei für y = 0,002 angenommen wird, was dem Wasser
und den stark verdünnten organischen Lösungen, die hier in Betracht
kommen, annähernd gleich entspricht. Die Resultate werden ferner
auf Wasser (s) — 1,00 berechnet, welches den Vorteil einer sehr hohen
Oberflächenspannung besitzt, so daß die Differenzen zwischen den
untersuchten Werten entsprechend groß ausfallen, wogegen freilich der
Nachteil steht, daß minimale Fettspuren die Oberflächenspannungs-
werte sehr beträchtlich ändern.
Die zahlreichen, von Czapek durchgeführten Bestimmungen des
Wasserwertes ergaben für das benutzte Kapillarmanometer die besten
Resultate bei einer Niveaudifferenz von 51,5 mm. Die Fehlergrenze
der vorgenommenen Bestimmungen liegt bei 1 %, die Genauigkeit ist
also bemerkenswert groß. Czapek hatte schon früher gefunden,
daß die Gerbstoffexosmose aus den subepidermalen Blattzellen von
Echeveria unter der Einwirkung verschiedener Alkohole bei Kon-
zentrationen beginnt, welche dieselbe Oberflächenspannung haben.
Solche Lösungen werden äquikapillar genannt. Die Unter-
suchungsobjekte sind die gerbstoffreichen, unter der Oberhaut liegenden
Blattzellen verschiedener Echeveriaarten. Mit Ammoniak, Koffein,
Antipyrin, Pyridin, Ca(OH),, Ba(OH),, aliphatischen Aminen usw.
sind hier Gerbstoffniederschläge zu erhalten. Befindet sich in der
Pflanzenzelle der normale Gerbstoffgehalt (bei absterbenden oder ge-
töteten Zellen diffundiert eine größere Menge des Gerbstoffes durch
die veränderte Plasmamembran heraus, so daß in diesem Falle keine
deutlichen Niederschläge zu erhalten sind), so treten mit Koffein ganz
charakteristische, zu Ballen vereinigte Niederschlagstropfen, die Ag-
gregationen auf; durch Zusammenfließen solcher Flüssigkeitstropfen
entstehen eigenartige, schaumige Myelinformen. Mit Tannin treten
die Fällungen um so leichter ein, je konzentrierter die Gerbstofflösung
ist, und werden mit abnehmender Konzentration immer kleinertropfig,
bis sie schließlich nur mehr als weiße (im auffallenden Licht) oder braune
(im durchfallenden Licht) Trübung zu erkennen sind.
Von den verwendeten Echeveriablättern (besonders geeignet ist
die diekblätterige Echeveria Scheideckerii) trennt man mit mehreren
398 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.
großen Schnitten von der Unterseite des Blattes mit dem Rasiermesser
die Epidermis mit den anhaftenden Lagen von Mesophyll ab und dreht
dann die Schnitte um, so daß die Mesophylizellen nach oben zu liegen
kommen. Außer den Crassulaceen sind aber zur Untersuchung der
Oberflächenspannung der Plasmahaut auch geeignet: Rosa, Oxalis,
Paeonia (Blumenblätter), Fragaria (Blattepidermis), Pelargonium zonale
(Haare und Epidermis), Primula sinensis (Blattepidermis), Taraxacum
offiecinale (Wurzeln) usw. Bei Saxifraga sarmentosa, Tentakeln von
Drosera, Epidermis von Acer bietet außer dem Gerbstoff auch noch
der Anthokyanfarbstoff Vorteile der Beobachtung, der die Gerbstoff-
ballen tiefrot färbt und so leicht unterscheidbar macht. Aber nicht
nur Gerbstoffexosmose, sondern auch Exosmose von gelösten Zellsaft-
pigmenten kann zur Beurteilung der Oberflächenspannung der Plasma-
haut herangezogen werden, wobei man schon, wie bei der roten Rübe,
in der Färbung des umgebenden verdünnten Alkohols ein Kriterium
der eintretenden Exosmose besitzt, oder man beobachtet mikroskopisch
den Zeitpunkt der Zellenentfärbung. Solche anthokyanführende Schnitte
dürfen nicht allzulange in verdünntem Alkohol liegen, weil das zu
sekundären Störungen Veranlassung geben kann; Schnitte aus roter
Rübe werden in fließendem Wasser sorgfältig ausgewaschen und der
Versuch der Abhängigkeit der Exosmose von der Oberflächenspannung
wässeriger Alkohollösungen etwa zwölf Stunden nach der Aufstellung
vorgeführt.
Schnitte von Echeveriablättern läßt man in wohlverschlossenen
Glasfläschehen in zirka 50 ccm der Lösung an lichtgeschütztem Orte
mehrere Stunden stehen, bevor man die Bestimmung des Exosmose-
grenzwertes vornimmt. Soll auf Koffeinreaktion z. B. bei Spirogyra
geprüft werden, so können die Schnitte aus dem Alkohol nach kurzem
Auswaschen in destilliertem Wasser in die Lösung (2,12 auf einen
m
100
Liter) des Koffeins gebracht werden, und die Prüfung wird nach mindestens
einstündigem Verweilen in dieser Lösung vorgenommen. Am genauesten
arbeitet man, soweit Alkohole in Betracht kommen, mit den beiden
Propylalkoholen, welche von Prozent zu Prozent der Konzentration
deutliche Tensionsdifferenzen aufweisen. Der kritische 'Tensionswert
der Alkohole schwankt für die von Üzapek untersuchten Pflanzen-
zellen zwischen 0,68 und 0,69 der Oberflächenspannung des Wassers.
Bei Verwendung von wässerigen Atherlösungen, wie überhaupt bei
Flüssigkeiten niederen Siedepunktes ergibt sich in den Sommermonaten
bei der Bestimmung der Oberflächenspannung die Schwierigkeit, daß
infolge des großen Dampfdruckes eine Verzögerung des Durchpressens
der Luftblase durch die Kapillare eintritt, so daß die Druckwerte zu
hoch ausfallen. Durch leise Erschütterung des Manometers, wodurch
die Luftblase zum Austreten gebracht wird, vermeidet man diese Fehler-
quelle.
Nach den Untersuchungen von Czapek beginnen alle wasser-
löslichen und oberflächenaktiven Stoffe auf die Exosmose von Inhalt-
stoffen lebender Pflanzenzellen in jenen Konzentrationen zu wirken,
welche dem Tensionswerte 0,685, bezogen auf die Oberflächenspannung
des Wassers, entspricht. Nach dem Gibbsschen Theorem finden sich
diejenigen Stoffe, welche die Oberflächenspannung am meisten er-
niedrigen, am reichlichsten in der äußersten Plasmaschichte. Wenn
XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 329
— dies ein Resultat der Üzapekschen Versuche — unabhängig
von der chemischen Natur der betreffenden oberflächenaktiven Substanz
jedesmal bei einer bestimmten Oberflächenspannung die abnorme Durch-
lässigkeit der Plasmahaut auftritt, so muß die eingedrungene Flüssig-
keit die obertlächenaktiven Stoffe der Plasmamembran verdrängt haben,
d. h. die eingedrungene Substanz muß selbst stärker oberflächenaktiv
sein als zum Bestandteile der Plasmahaut. Auf diese Weise
kann man aus der kritischen Tension der betreffenden
oberflächenaktiven Substanz, welche gerade eine
Störung des diosmotischen Verhaltens der Plasma-
membran hervorruft, auf die Oberflächenspannung
der Plasmahaut schließen, ganz ebenso wie der Turgor-
druck der lebenden Zelle durch die Konzentration der Salzlösungen
bestimmt wird, welche auf diesen Turgordruck einwirken. Auch der
Turgordruck ist ebenso wie die Oberflächenspannung von der chemischen
Natur der betreffenden Stoffe weitgehend unabhängig. Die Ober-
flächentension der Plasmahaut muß also nach den ausgeführten
Untersuchungen sehr nahe dem Werte 0,685 der Grenzspannung des
Wassers gegen Luft oder bei 52,37 Dynen liegen. Zur Bestimmung
der Oberflächenspannung ist zweckmäßig eine Flüssigkeit zu wählen,
welche wie der leicht rein erhältliche Normalpropylalkohol deutliche
Differenzen der Oberflächenspannung bei Konzentrationsintervallen
von 1% deutlich zeigt, ohne daß kleine Fehler in der Genauigkeit der
hergestellten Konzentrationen allzusehr ins Gewicht fielen. Besonders
günstige Resultate liefert auch das Äthylurethan. Die Oberflächen-
tension des Plasmas ist ein viel konstanterer Wert als der osmotische
Druck des Zellinnern, welcher sich durch erhebliche Änderung den
geänderten Außenverhältnissen anzupassen imstande ist, während die
plasmatische Oberflächenspannung sich vielmehr unter verschiedenen
anderen Bedingungen ziemlich auf gleicher Höhe hält.
Dieo-plasmolytische Methode ,von W. W. Le-
pescehkin!t): Es seien zunächst die hier in Betracht kommenden
Termini definiert. Turgor und Turgeszenz nennt man die
Erscheinung der Straffheit der Zellen, hervorgerufen durch den inneren
Zelldruck. Der gesamte Druck, welcher vom Zellinhalt auf die Mem-
branen der Zelle (Zellwand oder Plasmamembranen) ausgeübt wird,
ist als Turgordruck zu bezeichnen und wird in Atmosphären
(1033 g auf 1 gem) ausgedrückt. Der Turgordruck ist wenigstens aus
vier Kräften zusammengesetzt, aus dem osmotischen Druck,
dem Zentraldruck (entstehend aus der Kohäsion der Moleküle
des zähflüssigen Plasmas), dm QuellungsdruckdesPlasmas
und dem osmotischen Druck der im Plasma gelösten
Stoffe. Die beiden letzteren üben aber keinen Einfluß auf den
Turgordruck vakuolisierter Zellen aus, weil sie gegen Zellwand und
gegen Vakuole mit gleicher Kraft einwirken. Der Turgordruck der
Zelle ist demnach P= p; — Pa — Pe, wobei p; = osmotischer Druck des
Zellsaftes, p. = Druck der die Zellhaut durchtränkenden gelösten Stoffe,
nn - Zentraldruck irgendeiner Vakuole bedeutet. Für die direkte
1) W.W.Lepeschkin, Über den Turgordruck der vakuolisierten Zellen.
Ber. d. deutschen bot. Ges. 26 2, 198 (1908); ders., Uber die Permeabilitätsbe-
stimmung der Plasmamembran für gelöste Stoffe, ebenda 27, 129 (1909).
330 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.
Bestimmung des Turgordruckes gibt es bisher keine genaue Methode,
man muß ihn also aus den Komponenten berechnen. Der osmotische
Druck der das Plasma umgebenden Flüssigkeit und auch der des Zell-
saftes wird durch die Permeabilität der Plasmamembran für gelöste
Stoffe beeinflußt. Nun ist die Permeabilität des Plasmas gerade für
Salpeter, dessen plasmolysierende Wirkung am häufigsten für die Be-
stimmung des Turgordruckes herangezogen wird, ziemlich groß, daher
mußten die erhaltenen Werte des osmotischen Druckes immer mit
Berücksichtigung dieser Permeabilität korrigiert werden. Wenn, wie
das in der Natur meistens der Fall ist, die im Zellsatz gelösten Stoffe
die Plasmamembran nicht so leicht durchdringen wie Salpeter, so müßte
sich der tatsächliche osmotische Druck des Zellsaftes bei entsprechender
Permeabilitätsänderung gerade da vermehrt haben, wo man durch
Salpeterplasmolyse seine Verminderung feststellt.
Der osmotische Druck ist eine Funktion der diosmotischen Eigen-
schaften einer Membran. Wenn wir mit P den beobachteten osmotischen
Druck einer Lösung, mit P, den osmotischen Druck derselben Lösung,
aber in Voraussetzung der Impermeabilität der Membran für gelöste
Stoffe, mit u eine der Permeabilität der Membran proportionale Größe
(Permeabilitätsfaktor) bezeichnen, so ist P=P, (l—yu). Denken
wir uns in einem Zylinder über eine Zuckerlösung reines Wasser geschichtet
und von dieser durch eine feste, verschiebbare, absolut semipermeable
Wand getrennt und verschieben wir diese um eine sehr kleine Strecke
nach unten, so beträgt, wenn das Volumen, um welches der Stempel 2
senkt wurde, mit A, bezeichnet wird, der dazu nötige Arbeitsaufwand 25
Wäre aber die Wand für Zucker permeabel, so wäre der Lösung 2
den Stempel nicht reines Wasser, sondern eine Zuckerlösung geringerer
Konzentration entzogen worden, weil Zucker nach der Seite des Wassers
hin diosmiert. Der Arbeitsaufwand wäre also in diesem Falle P le ;);
v
worin p den osmotischen Druck dieser entzogenen, verdünnteren Lösung
bedeutet. Nun ist aber die Diffusionsgeschwindigkeit proportional der
Konzentration der Lösung, von welcher aus die Diffusion stattfindet,
also p proportional P, daher der Arbeitsaufwand P A,‘ 1 — k), wobei k
eine Konstante bedeutet, die von der Permeabilität abhängig ist. Die
Kraft wird dann ausgedrückt durch P, = P(1—.k). Der beobachtete
osmotische Druck wird also wie früher durch den theoretischen Druck
und die Permeabilität der Membran ausgedrückt. Nach der Regel
von Arrhenius-Van t’Hoff ist der Druck von der Kon-
zentration der Lösung, der elektrolytischen Dissoziation der gelösten
Stoffe und der Temperatur abhängig: P = RGT[1 + (n— 1)«], worin
R die Gaskonstante 0,0821, G die Konzentration in Grammolekülen
pro Liter, T die absolute Temperatur, n die Ionenzahl und « der
Dissoziationsgrad ist. Demnach ist
P=P,(— u) = REIT + (n— 1Je](1—u).
Die Abhängigkeit des tatsächlichen osmotischen Druckes von der
Permeabilität der Membran für gelöste Stoffe muß sich auch am
osmotischen Drucke des Zellsaftes und der die Zellwand durchtränkenden
Flüssigkeit äußern, weil ja der Plasmaschlauch wohl für alle Stoffe
mehr oder weniger permeabel ist.
XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. sol
Wenn man die isotonischen Koeffizienten der mittels Plasmolyse
erhaltenen Werte mit den theoretisch berechneten vergleicht, so kann
man den Einfluß der Plasmapermeabilität auf den osmotischen Druck
am besten bei jenen Stoffen einschätzen, welche, wie Glyzerin, Harn-
stoff, Salpeter, den Plasmaschlauch am leichtesten passieren. De Vries
fand bei Glyzerin für den isotonischen Koeffizienten die Zahl 1,78,
während der theoretische, auf Grund der Dampfspannungen von Glyzerin-
und Zuckerlösungen berechnete Koeffizient 1,86 ist. De Vries be-
nutzte eine Zuckerlösung von der Konzentration 0,2 Grammoleküle im
Liter, welche eine Dampfspannungserniedrigung von 0,0168 mm zeigt.
Die molekulare Dampfspannungserniedrigung der Glyzerinlösung
mit der gleichen Dampfspannungserniedrigung ist 0,083 mm, daher die
0,0168
isotonische Konzentration der Glyzerinlösung 0.083 0,2024 Gramm-
moleküle im Liter. Als isotonischer Koeffizient von Glyzerin ergibt
sich, den von Zucker — 1,88 gesetzt, nach der Formel von Arrhenius
0,2. 1,88
0,2024
gefundene Wert 1,7, der theoretische 1,81, für Salpeter 3, respektive
3,38, immer werden infolge der Permeabilität der Plasmamembran die
isotonischen Koeffizienten zu niedrig gefunden. Ist C, die Kon-
zentration eines bestimmten plasmolysierenden Stoffes, C, die isotonische
Konzentration eines andern, P, der gemeinsame osmotische Druck
beider Lösungen, Impermeabilität des Plasmas vorausgesetzt. so sind
die molekularen, osmotischen Drucke der beiden Lösungen:
— 1,86, also derselbe wie für Zucker. Für Harnstoff ist der
Po
Prag =
Cı
P%
Pma = 6: .
Daher Pmı ar C,
Pms Cr
Bezeichnen X, und K, die theoretischen isotonischen Koeffizienten,
5 eK
so ist: — =, daher
FB j
Pmy 2 Bı
Pm Ka
Im Falle der Permeabilität der Plasmamembran für die beiden
plasmolysierenden Stoffe werden andere isotonische Konzentrationen
erhalten. Bezeichnen wir diese durch C!, und C!, und den gemeinsamen
osmotischen Druck mit P, so ist wieder:
Pr'ı = z
el
I Pr
Pm 3 e>
1 @] ce! Kı
ä 2 IA:
Pe: — n und nn — u wobei K!, und K!.
die wirklichen isoto- Pm!;, Kt,
nischen Koeffizienten p„!, Kt,’
sind
3393 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.
Nach der früher abgeleiteten Formel ist
Pm'ı = Pmı{l— v1);
Pm'g = Pm; (1 — p2).
wobei u, und u, die Permeabilitätsfaktoren sind
RK, (l—u)
Be nk ee
Ist einer der ee einranden Stoffe Zucker, der nicht permeiert,
1
so wird u; =o undK, = Kt, = 1,88. In diesem Falle ist u, = 1— K
Die Größe u, ist der Permeabilität proportional. Unter Permeabilität
der Membran für einen bestimmten Stoff verstehen wir mit Lepeschkin
das Verhältnis der Anzahl Grammoleküle dieses Stoffes, die in einer
Stunde durch die Membran passieren zum Konzentrationsabfall, aus-
gedrückt in Grammolekülen pro Liter. Wenn yu,>o ist, so ist
1,88
Mu I M, wobei M = K, (1—u,); K, ist der isotonische Ko-
effizient von Zucker, vorausgesetzt, daß die Membran für diesen Stoff
permeabel ist, der Permeabilitätsfaktor ist durch u, ausgedrückt. M wäre
nahe dem Wert 1, z. B. 0,97, wenn die osmotischen Eigenschaften von
Zucker denen des Glyzerins gleich wären. Mit Hilfe dieses Ausdrackes
ist eine experimentelle Prüfung der Abhängigkeit des osmotischen
Druckes von der Permeabilität des Plasmaschlauches für den plasmoly-
sierenden Stoff möglich.
Die Versuche wurden mit der Alge Spirogyra und Glyzerin an-
gestellt. Die isotonischen Koeffizienten K, können für Glyzerin mit
einer Genauigkeit von 0,002—0,005 bestimmt werden, der theoretische
Koeffizient K läßt sich natürlich ebenso genau berechnen. Ein Spirogyra-
faden wird durch ein Glashärchen mittels eines Gemisches von Terpentin
und Wachs auf einem großen Deckgläschen befestigt und dasselbe über
einen niedrigen (11, em hohen und 21, cm breiten), auf den Objekt-
träger geklebten Glaszylinder umgekippt. Das Deckgläschen wurde
mit dem Gemisch von Wachs und Terpentin gedichtet. In den Zylinder,
der seitwärts einen mit Pfropfen abgeschlossenen Tubus hatte, wurde
zunächst die Zuckerlösung bestimmter Konzentration gebracht, in der
die Alge eine Stunde verblieb; nachdem die plasmolysierten Zellen
gezeichnet worden waren, wurde die Zuckerlösung durch die isotonische
Glyzerinlösung ersetzt, worin die Zellen nach 30 Minuten und nach
2 Stunden wiederum gezeichnet wurden.
V, = erstes Volumen
V, = zweites %
V, = drittes 5
C, = Konzentration der Zuckerlösung
( . ‚„„ Gilyzerinlösung, demnach Cx,
d.i. die Konzentration der Glyzerinlösung, die der Zuckerkonzentration C,
vr FI V
V ZUR 3 i) a
( 2 4 ar
Vi
Caisse
Cx
isotonisch ist, gleich Cz und der isotonische Ko-
effizient von Glyzerin K, Die Permeabilität des Glyze-
XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 333
rins ist folgende: (Va =] ee & Grammolekül ist die Menge Glyzerin,
die während zwei Stunden eindringt, dann ist die Permeabilität ß, die
mittlere Oberfläche des Protoplasten mit Pq : c berechnet,
oz 1000 P(1 & (V3 — V, (V3 + 4 = Aus den Versuchen wurde
8 V, . v5;
der Proportionalitätskoeffizient h aus der Gleichung h ß= u berechnet,
wo ß die Permeabilität, „ der Permeabilitätsfaktor ist. Die Größe u
kann aus den isotonischen Koeffizienten nach der oben angegebenen
Formel bestimmt und aus ihr ß berechnet werden. Noch mehr als bei
Glyzerin, wo u = 0,08 ist, beeinflußt die Permeabilität den osmotischen
Druck der Außenlösung bei Salpeter und Kochsalz; da im Ausdruck
h ß = u. die Größe h bei diesen beiden Stoffen größer ist als bei Glyzerin,
lassen sich hier die isotonischen Koeffizienten noch genauer bestimmen.
Zunächst wurde die Länge eines Spirogyrafadens in einer Zucker-
lösung von der Konzentration 0,118 Grammoleküle im Liter und darauf
in einer solchen von 0,16 Grammoleküle bestimmt (0,16—0,118 —
0,042 Grammoleküle, entsprechend einer Atmosphäre), die Längenzunahme
des Fadens pro Stunde bestimmt und die Zuckerlösung durch eine bei-
nahe isotonische Glyzerinlösung von der Konzentration 0,19 Gramm-
moleküle ersetzt, die Längenzunahme des Fadens infolge Glyzerin-
endosmose und Wachstum wiederum bestimmt. Darauf die Glyzerin-
lösung durch eine Zuckerlösung von der Konzentration 0,181 Gramm-
moleküle ersetzt und die Längenzunahme wieder gemessen. Die Länge /
des Fadens vergrößert sich in Glyzerin um 0,052 Teilungen des Objekt-
trägers pro Stunde, nach den mittleren Zahlen der Versuche, das Faden-
wachstum macht gleichzeitig 0,018 Teilungen aus, daher die Vergrößerung
durch Glyzerinendosmose allein 0,034 Teile pro Stunde. Beim Über-
tragen des Fadens aus der Zuckerlösung von 0,118 Grammolekülen in
die von 0,16 Grammolekülen, also bei einer Verkleinerung des Zell-
turgordruckes um eine Atmosphäre (s. oben), verkleinert sich derselbe
um 0,25 Teilungen. Infolge Glyzerinendosmose vergrößert sich also
0,25
entspricht einer Vergrößerung der Glyzerinkonzentration in den Zellen
um 0,0063 Grammoleküle pro Stunde. Da das Verbleiben des Fadens
im Glyzerin fünf Stunden dauerte, so war das Konzentrationsgefälle
bei der ersten Beobachtung c, — c, = 0,19 — 0,006 — 0,184 Gramm-
moleküle und nach dem Verbleiben des Fadens im Glyzerin c, — (5, =
0,19 — 0,0063 x 5 = 0,159 Grammoleküle. Das Fadenvolumen ist,
da der innere Fadendurchmesser D — 0,28 Teilungen, die Fadenlänge —
der Zellturgordruck um — 0,14 Atmosphäre pro Stunde: das
2
47,98 Teilungen beträgt, (=, !) 2.9544 kubische Teilungen des Objekt-
trägers, d. i. 72909 - 10-19 ccm, da eine Teilung = !/,, cem ist. In
: i 2 ; , 72909 - 10-19 - 0,0063
einer Stunde diosmierte also in das Zellinnere — 1000.03 —
45932 - 10-"° Grammoleküle Glyzerin, und da die Fadenoberfläche
(r DI) 42,205 quadratische Teilungen = 77 074 * 10-7 cem ist, so ist
334 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.
2 45 932 ° 10 F r
die Permeabilität ß = 2 P 2 — 35 ° 10°, wobei p die
777798072 ° 0,17
endosmierte Glyzerinmenge, c, die Glyzerinkonzentration außerhalb,
C, jene innerhalb der Zelle ist, und das Konzentrationsgefälle c, — C,
nach obiger Berechnung im Mittel 0,17 Grammoleküle beträgt.
Methode von A. Tröndle: Tröndle!) machte die Be-
obachtung, daß Palisaden- und Schwammparenchymzellen von Schnitten
eines Lindenblattes und anderer Objekte, die in Kochsalzlösungen von
0,2—5 Moleküle lagen, nach zwölf Stunden noch nicht plasmolysiert,
also für NaCl in hohem Grade permeabel waren. Während die Plasmo-
lyse durch Kochsalz dergestalt schon nach 21,—5 Stunden völlig zurück-
gegangen war, dauerte derselbe Vorgang bei einer annähernd gleich-
starken Plasmolyse in Saccharose mehr als 11, Tage. Während also
diese Zellen für Kochsalz relativ stark permeabel sind, dringt Rohrzucker
kaum ein; diese beiden Stoffe können daher dazu dienen, eine allfällige
Veränderung der Permeabilität für Kochsalz unter dem Einfluß der
Belichtung festzustellen, von welchem Moment die Undurchlässigkeit
für Saccharose unabhängig ist.
Die Überlegung, von der Tröndle ausgeht, ist folgende: Legen
wir einen Schnitt, in dessen Zellen der osmotische Druck P herrscht,
in eine Kochsalzlösung, deren osmotischer Druck ebenfalls P ist, so
tritt keine Plasmolyse ein, denn während der Versuchszeit dringt eine
gewisse Menge NaCl in die Zellen ein, wodurch ein Teil des Außendruckes
aufgehoben wird. Der Druck einer osmotisch höherwertigen Lösung,
die gerade Plasmolyse bewirkt, sei P,, sie hält also, da sie eben
Plasmolyse bewirkt, dem Zelldruck P das Gleichgewicht, übt also
nur den Druck P aus, obwohl sie theoretisch den höheren Druck P,
erzeugen müßte, sie hat also einen Druckverlust P,— P erlitten.
Dieser Druckverlust, den die permeirende Lösung erleidet, ist ein Mittel
zur Messung der Permeabilität, ein doppelt so hoher Druckverlust
bedeutet eine doppelt so hohe Permeabilität. Nun ist der Druck P
der Zellen nicht konstant, daher auch nicht der Druckverlust und
wir müssen den relativen Druckverlust einführen: den wievielten
Teil ihres theoretischen Druckes hat die NaCl-Lösung verloren, also
den Wert PR— P =yP,, wobei P, der theoretische Druck der Koch-
salzlösung, P,Ä,— P ihr Druckverlust und u der Druck-, respektive
Permeabilitätskoeffizient ist. u = 1 En (1). Um u experimentell
1
zu bestimmen, muß der theoretische Druck P, der eben plasmolysierenden
Kochsalzlösung und der osmotische Druck P der Zellen bekannt sein,
der gleich ist dem Druck der eben plasmolysierenden, nicht eindringenden
tohrzuckerlösung. Man kann aber auch, statt mit NaCl und Saccharose
parallel zu plasmolysieren, den Permeabilitätskoeffizienten anders be-
rechnen. Es werden die plasmolytischen Grenzkonzentrationen von
tohrzucker und Kochsalz ermittelt. Da die beiden Lösungen isotonisch
sind, so ist das Verhältnis der Rohrzuckerkonzentration zu der des
Kochsalzes, wenn Kochsalz nicht eindringt, gleich dem Dissoziations-
C-Rohrzucker
faktor ! des Kochsalzes, also - — 1.%..'(2)\r ADeeenee
; C-Kochsalz (2) :
!) A.Tröndle, Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasma-
haut. Jahrb. f. wissensch. Botanik 48, 175 (1910).
XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. ” raB,
wie wir gehört haben, das Plasma für NaCl permeabel ist, so tritt bei der
Konzentration C-Kochsalz nieht Plasmolyse ein, sondern erst bei der
höheren Konzentration C,, d. h. die Konzentration C,— NaCl übt
nicht ihren wirklichen Druck P,, sondern nur den Druck P aus. Die
Lösung von der Konzentration C,-NaCl hat also einen Druck-
verlust „P, oder, mit anderen Worten, den Konzentrationsverlust
wC,— NaCl erlitten, da Druck und Konzentration parallel gehen.
C,-NaCl — C-NaCl = uC,-NaCl
C -NaCl = C,-NaCl (1 —.e).
Dieser Wert in (2) eingesetzt, ergibt:
G-Rohrzucker . ie C-Rohrzucker
Ber.) > Mae Na
d. h. wenn die Plasmamembran für NaCl durchlässig ist, so ist der aus
den plasmolytischen Grenzkonzentrationen von Rohrzucker und Koch-
salz für NaCl ermittelte Dissoziationsfaktor i, identisch mit dem
theoretischen Dissoziationsfaktor multipliziert mit 1—y. Aus (8)
ergibt sich für den Permeabilitätskoeffizienten der Wert u — 1 SAN:
In Tröndles Versuchen schwankte die NaCl-Konzentration zwischen
0,6—1.1 Molekülen. Nach der FormelvonArrheniusi = 1+(k—l)a
berechnet sich { für 0,5 Moleküle NaCl zu 1,742, für 1 Molekül zu 1,681,
deren mittlerer Wert 1,70 für u eingesetzt wird.
Die experimentelle Berechnung von u geschieht folgendermaßen:
Frisch hergestellte Schnitte von derselben Stelle des gleichen Blattes
werden in kleine Näpfe gebracht, die einerseits Kochsalz-, anderseits
Rohrzuckerlösung enthalten, und 25 Minuten darin belassen, hierauf
die Schnitte auf Objektträger in die gleichen Lösungen übertragen
und die Plasmolyse mikroskopisch in der Weise verfolgt, daß zunächst
die Kochsalzpräparate von der schwächsten bis zur stärksten Kon-
zentration und dann ebenso die Zuckerpräparate durchmustert werden.
Für jede Messung werden die Näpfe aus den Stammflaschen frisch
gefüllt, nachdem sie vorher mit Wasser ausgewaschen wurden. Es
gelangten fünf aufeinanderfolgende Kochsalz- und Zuckerkonzentrationen
zur Verwendung, deren Differenz beim Rohrzucker 0,075 Moleküle —
2,565 %, beim Kochsalz 0,044 Moleküle = 0,257 %, betrug, welche beiden
Differenzen isotonisch sind, da i = 1,7 genommen wurde. Bei diesen
Konzentrationen ist die Plasmolyse in der nächstunteren Lösung deut-
lich schwächer, in der nächsthöheren deutlich stärker zu beobachten.
Die Zuckerlösung muß alle 4-5 Tage, die Kochsalzlösung in entsprechend
längeren Zeitabschnitten frisch hergestellt werden. Bei dem angewendeten
Konzentrationsunterschied der plasmolysierenden Lösungen reagieren
die Zellen sehr deutlich und lassen die geringste Abhebung des Proto-
plasten erkennen, so daß die Grenzkonzentrationen sich genau fest-
stellen lassen, welche dann angenommen werden, wenn bei den meisten
Zellen eben leichte Plasmolyse eintritt, die bei der nächstunteren Kon-
zentration nicht mehr, bei der nächsthöheren deutlich stärker sichtbar
ist. Die angewendeten plasmolysierenden Lösungen gestatten die Be-
stimmung der Grenzkonzentration mit einer Genauigkeit von 0,037 Mol.
Saccharose — 1,282 %, und von 0,022 Molekülen NaCl = 0,128 % (= 0,22%
Salpeter).
336 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.
Beispiel:
Buxus sempervirens:
NaCl Saccharose
Molekül 0,75 keine Plasmolyse Molekül 1,05 keine Plasmolyse
„ 0,794 2 » 4,125 ss
Y 0,838 schwache „, * 1,2 :schwache ‚,
Re 0,882 etwas stärkere 1 1,275 etwas stärkere
Plasmolyse. Plasmolyse.
Plasmolytische Grenzkonzentration:
NaCl 0,838 Molekül
Saccharose 1,125 5
I, = 1,1250,838' = 1,43
wn—=1— nn — 0.139 — 0160
Ka ana. a
Um den Permeabilitätskoeffizienten „u in Salpeterwerten aus-
zudrücken, wird die Änderung von u bestimmt, wenn während des
Versuches nur die plasmolytische Grenzkonzentration des NaCl sich um
einen bestimmten Betrag änderte, die des Rohrzuckers dagegen gleich
blieb. So wurde z. B. gefunden, daß eine Änderung von 0,022 Molekülen
NaCl eine mittlere Anderung von u — 0,0236 entspricht. Da wir 0,022
Moleküle NaCl isotonisch setzen dürfen mit 0,022 Molekülen Salpeter
(= 0,22 %), so entspricht einem Wert von u = 0,0236 ein Salpeter-
wert von 0,22%. Daraus berechnet sich für u = 0,010 ein Salpeter-
wert von 0,093 % = zirka !/,, %. Das heißt also, wenn sich bei gleich-
bleibendem osmotischen Druck der Permeabilitätskoeffizient für NaCl
während des Versuches um den Wert 0,01 erhöht hat, so muß man,
um mit NaCl Plasmolyse zu bekommen, eine Konzentration nehmen,
deren osmotischer Wert den der anfänglichen Grenzkonzentration des
NaCl um !/,., % Nalpeter übersteigt.
Neben den plasmolytischen Methoden gründen sich andere auf der
Turgorspannung eines lebenden Gewebes, wobei man die Geschwindig-
keit der Verlängerung, bzw. Verkürzung eines elastischen Gewebes in
den betreffenden Lösungen mißt. Zur Bestimmung der Permeabilität
eines gelösten Körpers bringt man das zweckentsprechend geformte
Gewebestück in eine mit dem Zellinhalt isotonische oder hypertonische
Lösung eines nicht permeierenden Körpers, z. B. Rohrzucker, wartet,
bis er sich nicht weiter verkürzt, wechselt dann die Lösung gegen eine
mit derselben isotonische Lösung des zu untersuchenden Stoffes aus
und mißt die Geschwindigkeit der nun eventuell eintretenden Ver-
längerung. Die Geschwindigkeit der Volumzunahme der Zellen ist jeden
Moment der Beobachtung zugänglich und kann graphisch dargestellt
werden; dabei verläuft bei Verwendung ganzer Gewebestücke Ver-
kürzung und Ausdehnung langsam genug, um auch die Permeabilität
schnell endosmierender Stoffe zu messen.
H. Lundegärdh!) hat eine bei Wurzeln mit Vorteil zu ver-
wendende Methodik ausgearbeitet. Verwendet wurden Nebenwurzeln
von Vicia faba. Die Keimpflanzen wurden vor der Untersuchung in
Gefäße mit Wasser gebracht und dort einige Tage belassen; dann wurde
die Spitze mit einem Rasiermesser 10 mm hinter dem Scheitel ab-
!) H. Lundegärdh, Kungl. Svenska ventenskapsakademiens Hand-
lingar 47, Nr. 3, Upsala 1911.
XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 337
geschnitten und in den Apparat gebracht, welcher die Vorteile bietet,
das Objekt mikroskopisch beobachten, die Ablesungen mikrometrisch
machen und die Flüssigkeiten um das Objekt schnell wechseln zu können,
ohne dieses selbst aus dem Gesichtsfeld zu verlieren. Zur Aufnahme
des Objektes dient ein mit Zu- und Abflußrohr versehenes Glas-
schälchen (Fig. 93). Dieses hat 3 cm Durchmesser, 1 cm Höhe, ist
oben am Rande mattgeschliffen und mit zwei seitlichen Röhren
(Z und A) am Boden versehen. In den Boden ist ein Platindraht ein-
geschmolzen. Auf diesen Draht wird ein
Korkstück K von 6—8 mm Höhe be-
festigt und mit Paraffin getränkt. In
6 mm Abstand von diesem Korkstück
wird ein Bänkchen B von Paraffin,
ebenfalls 6-8 mm hoch, am Boden
am er festgeschmolzen und außerdem wird,
a en ee um den. freien Inhalt. der Schale;mae,
lichst zu verkleinern, ringsherum etwas
Paraffin P gegossen. Zur genauen Temperaturbestimmung wird ein
besonders konstruiertes Thermometer benutzt, dessen ringförmig ange-
ordnetes Quecksilbergefäß in die Schale eingesenkt wird. Oben ist in das
Korkstück mit einer Nadel ein enges Loch gebohrt, und hier wird das
Objekt mittels einer eingestochenen dünnen Platinnadel befestigt, so daß
seine Spitze auf dem Paraffinbänkchen W ruht. Während der Untersuchung
Fig. 9%. Lundegärdhs Anordnung zur Bestimmung der plasmolytischen
Veränderungen an Gewebestücken.
wird ein großes Deckgläschen (24 x 32 mm) aufgelegt, jedoch so, daß
an jeder Seite eine freie Spalte entsteht (D — Deckglas), was für das
richtige Funktionieren beim Durchströmen der Flüssigkeit wichtig ist.
Die Schale steht auf dem ÖObjekttische des Mikroskops und wird hier
durch zwei Klemmen, die auf den seitlichen Röhren a liegen (Fig. 94), fest-
gehalten. Die Röhren sind etwa 6 cm lang, die eine rechtwinklig ge-
bogen, mit einem dreigeteilten Geißlerschen Glashahn versehen. Das
eine Zuflußrohr desselben steht mit einem Glasbehälter für destilliertes
Wasser in steter Verbindung (d), das andere kann mit den Behältern
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 22
338 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.
oder Trichtern für die plasmolysierenden Agenzien und die zu unter-
suchenden Flüssigkeiten verbunden werden (b). Das Ableitungsrohr
der Objektschale a ist am Ende etwas aufwärts gebogen und hier
durch eine Ligatur mit einem Glasrohre folgenden Aussehens ver-
bunden. Das Rohr besitzt eine seitliche Ausbuchtung und am
Scheitel dieser Ausbuchtung ein Loch von zirka 3 mm Durchmesser;
das Loch c ist nach unten gerichtet und liegt etwas niedriger als
der Rand des Objektschälchens; unter dem Loch ist ein Trichterrohr
befestigt, das zu einem am Fußboden befindlichen Ableitungsgefäß
führt. Wird die Öffnung mit dem Finger oder mit Kautschuk ver-
schlossen, so geht die Ableitung durch das Rohr f zum Gefäße e, das
mit f Juftdicht verbunden und mit Glashahn versehen ist; ist dieser
geöffnet, dann entleert sich a sehr schnell. Das Röhrchen c dient dazu,
die Flüssigkeiten zu wechseln, ohne daß das Objekt der Luft ausgesetzt
wird. Wenn nämlich durch den Hahn 9 Flüssigkeit langsam nach a
strömt, wird sie, sobald die Schale voll ist, bei c hinaustropfen. Bei
richtiger Niveauregulierung dieser Öffnung kann man es so einrichten,
daß a immer voll ist, ob Flüssigkeit durchströmt oder nicht; das Be-
wirkende sind dabei Verhältnisse der Öberflächenspannung und aus
diesem Grunde darf das Deckglas die Öffnung der Schale nicht voll-
ständig bedecken. Man kann dadurch die Flüssigkeit in a schnell und
doch sanft wechseln lassen und auch ein kontinuierliches Durchströmen
bewirken, dessen Schnelligkeit an der Anzahl der in der Minute fallenden
Tropfen gemessen werden kann. Bevor die Wurzelstücke in den Apparat
kommen, werden sie mit Marken versehen, damit die Volumveränderungen
bequem abgelesen werden können. Dazu kann man durch Glühen von
Eisenoxalat hergestelltes, fein verteiltes Eisenoxyd oder auch Kienruß
verwenden.
Die abgeschnittenen Wurzelenden bieten den Vorteil einer kleinen
Wurzelfläche, deren besondere Permeabilität man bei vergleichenden
Versuchen mit demselben Objekt vernachlässigen kann. Beim An-
bringen der Marken läßt man 1 mm Länge an der Spitze und 2 mm
am Basalteil außer Betracht. Die Ergebnisse fallen wesentlich ver-
schieden aus, je nachdem die Permeabilität, z. B. für Wasser, erhöht
oder erniedrigt wird. Eine Erniedrigung der Permeabilität der äußersten,
Zellschichten verlangsamt nämlich die Wasserbewegung ungemein,
während eine entsprechende Erhöhung der Permeabilität in derselben
Schicht nur einen geringen Einfluß auf das Resultat hat. Bei nur
kurzer Einwirkung der permeabilitätsändernden Substanz kann man
also eine geringe Erhöhung der Durchlässigkeit kaum, eine Er-
niedrigung dagegen sofort nachweisen. Ein weiterer Übelstand
liegt in den individuellen Schwankungen, die quantitative Unterschiede
setzen, so daß aus einer unter denselben Bedingungen ausgeführten
Bestimmung ein Mittelwert gezogen werden muß, mit dem die übrigen
Versuchsergebnisse derselben Reihe zu vergleichen sind.
Die Permeabilität wird nun so bestimmt, daß man die Volumver-
änderung mikrometrisch abliest, d. h. den Abstand zwischen den künst-
lichen Marken (oder der Marke an der Spitze und der Platinnadel) von
Zeit zu Zeit bestimmt. Die in Mikrometerwerten ausgedrückten Volum-
änderungen können nicht ohne weiteres für die graphische Darstellung
benutzt werden, da ja der Initialabstand der Marken nicht immer gleich
ist, sondern man drückt etwa die Volumänderungen in Prozenten der
XVIIL. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 339
beobachteten Turgordehnung (bei hypotonischen Lösungen) aus und
hat so ein vergleichbares Maß, das auf die Ordinate aufgetragen wird,
während die Zeitintervalle auf der Abszisse Platz finden.
Da die Permeabilität proportional ist der Kontraktionsgeschwindig-
keit, so verhält sich die Permeabilität der Kontraktionszeit gegenüber
umgekehrt proportional. Stellen wir alle Versuche einer Reihe unter
denselben Bedingungen an, vergleichen wir also übereinstimmende oder
analoge Vorgänge, so sind die Volumveränderungen gleich groß den
durchtretenden Flüssigkeitsmengen. Betrachten wir die Durchtritts-
geschwindigkeit reinen Wassers. Wir haben also das Objekt in ein
wasserentziehendes Medium gebracht. Die Verkürzung des Objektes
geht anfangs am schnellsten vor sich, denn die elastische Dehnung der
Zellwände ist anfangs groß, um bei fortschreitender Kontraktion immer
kleiner zu werden, während die Konzentration des Zellsaftes fortgesetzt
steigt. Die treibenden Kräfte für den Wasserdurchtritt werden also
allmählich kleiner, die Volumänderung in der Zeiteinheit verringert
sich und wird bei völliger Entspannung der Zellwand gleich Null. Die
Kurve verläuft also anfangs steil und verflacht sich dann. Da die Zeit
des Beginnes und des Endpunktes der Verkürzung schwieriger zu be-
stimmen sind als dazwischenliegende Zeiten, empfiehlt es sich, beim
zahlenmäßigen Darstellen nicht jene, sondern diese ins Auge zu fassen;
denn der Wechsel der Flüssigkeiten in der Objektschale kann niemals
augenblicklich geschehen, die Objekte sind von einer ungleichmäßig
dicken Schleimschichte überzogen, der Abstand zwischen den Marken
kann verschoben werden und endlich werden die Volumveränderungen
gegen Ende des Versuches sehr klein. Würden also nur Anfangs- und
Endpunkte bestimmt, so würde die Sicherheit der Ergebnisse leiden,
und zwar desto mehr, je größer die Permeabilität und je kürzer die
Versuchsdauer ist. Zweckmäßig wählt man nicht die Dauer der ganzen
Verkürzung zum Vergleich, sondern die zwischen 25 und 75% der
Turgordehnung verstrichene Zeit, welcher Mittelzeit die Permeabilität
indirekt proportional ist. Die Ablesungen sollen nicht zu schnell auf-
einanderfolgend gemacht werden, denn Verkürzung oder Verlängerung
verlaufen nicht völlig regelmäßig. Immerhin muß man, wenn es sich
um Permeabilität von Wasser handelt, Ablesungen nach Sekunden,
jedenfalls Bruchteilen von Minuten machen, da hier die Volumver-
änderungen sehr rasch vonstatten gehen. Im allgemeinen ist es zu
empfehlen, entweder ganze Mikrometerintervalle oder ganze Zeitintervalle
zu wählen und danach die Zeit- oder Mikrometerablesungen anzupassen !).
XVII. Anwendung von Adsorption und Kapillarität
zur biochemifchen Analyse.
Adsorptionsmethode von A. Tswett?): Viele Farb-
stoffe und farblosen Verbindungen, die in Petroläther, Benzol, Xylol,
Tetrachlorkohlenstoff, Schwefelkohlenstoff löslich sind, werden aus den
entsprechenden Lösungen durch pulverförmige Körper physikalisch
1) Den Abschnitten XVI, XVII, XVIII sind meine gleichnamigen Beiträge
aus Abderhaldens ‚„Biochemische Arbeitsmethoden‘ zugrunde gelegt.
:) A. Tswett, Ber. d. d. bot. Ges. 24, 316, 384 (1906).
22 *
340 XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse.
niedergeschlagen, indem eine Menge des gelösten Körpers an der Ober-
fläche der festen Partikelchen adsorbiert, d. h. kondensiert wird. Die
Verteilung des Stoffes zwischen dem Lösungsmittel und dem Adsorbator
gehorcht nicht dem Henryschen Gesetz und der Verteilungskoeffizient
ist von der Konzentration abhängig; für einige gelöste Stoffe und
Lösungsmittel wird dieser Koeffizient unendlich klein und der gelöste
Stoff wird dann vollständig niedergerissen, kann durch das reine Lösungs-
mittel nicht ausgewaschen werden. Aus ihren Adsorptionsverbindungen
lassen sich die Stoffe durch Alkohol, Äther, Azeton, Chloroform be-
freien. Ein Adsorbator, welcher mit einem Körper gesättigt ist, ver-
mag noch von einem zweiten eine kleine Menge aufzunehmen, wobei
Substitutionen eintreten können. EsgibteineAdsorptionsreihe,
welche vom Lösungsmittel abhängig ist. So wird z. B. aus petrol-
ätherischer Lösung Chlorophyll festgehalten durch: einfache Körper
(S, Si, Zn, Fe, Al, Pb, Sb), Oxyde (SiO,, MgO, MnO,, PbO, Sb,O,,
Fe,0,, Ag,0. HgO, U,0,), Hydroxyde (B(OH),, NaOH, Ba(OH),,
AI(OH),), anorganische Chloride (NaCl, KCl, NH,Cl, CaCl,, MgCl,,
AIC1,, FeCl,, CoCl,, CuCl,, HgCl,), Chlorate (KC1O,), KBr, KJO,,
KNO,, Ca(NO,),, Ba (NO,),, Phosphate, Sulfide, Sulfite, Sulfate, Kar-
bonate, Silikate, ferner KMnO,, K,Fe(CN),, K,Fe(CN),,, Oxalsäure, Wein-
säure, Zitronensäure, Chinasäure, Gerbsäure, Harnsäure, Pikrinsäure,
Phenolphthalein, Oxalate, Azetate, Harnstoff, Asparagin, höhere Alko-
hole und Kohlehydrate (Mannit, Dulzit, Saccharose, Galaktose, Inulin,
Dextrin, Amylose), Ovalbumin, Pepton, Hämoglobin, Chloralhydrat,
Hydrochinon, Resorzin, Pyrogallol, Anilinfarbstoffe, Knochenkohle,
Ackererde, Kieselguhr usw.
Wird eine Chlorophylllösung durch eine Säule eines Adsorptions-
mittels durchgeschickt (am besten verwendet man im Trockenschrank
getrocknetes CaCO,, das in Filterröhrehen möglichst gleichmäßig fest-
gestampft wird, wie man sie bei der gravimetrischen Zuckerbestimmung
verwendet), so werden die Farbstoffe, gemäß der Adsorptionsreihe von
oben nach unten in verschieden gefärbten Zonen auseinandergelegt,
indem die stärker adsorbierten Farbstoffe die anderen weiter nach unten
verdrängen, die weniger intensiv zurückgehalten werden. Die Zonen
grenzen sich viel schärfer gegeneinander ab, wenn man nach beendeter
Filtration einen Strom des reinen Lösungsmittels durch den Adsorbator
gehen läßt. Die Komponenten eines Farbstoffgemisches werden der-
gestalt auseinandergelegt und lassen sich nachher qualitativ und quan-
titativ bestimmen. Ein solches Präparat heißt Chromatogramm
und die Methode die chromatographische. Außer Petroläther eignen
sich auch Benzol, Xylol, Toluol und besonders Schwefelkohlenstoff
als Lösungsmittel. Außer Chlorophyllösungen wurden chromatographisch
schon Lezithin, Alkannin, Prodigiosin, Sudan, Cyanin, Solanorubin
untersucht.
Sehr wichtig ist, daß das Lösungsmittel nicht durch Wasser, Alkohol
und dergleichen verunreinigt sei. Nehmen wir das Beispiel des Chloro-
phylis, so löst sich dieses Farbstoffgemisch wohl in Alkohol oder Ather
mit tiefgrüner Farbe, Petroläther, Schwefelkohlenstoff usw. aber liefern
immer mehr oder weniger gelbliche Extrakte. Wenn aber das Blatt-
material vorher mit Alkohol durchtränkt wurde, liefern auch die eben
genannten Lösungsmittel sattgrüne Auszüge. Der Petroläther soll etwa
10 %, Alkohol enthalten. Nun wird die grüne Lösung mehrmals mit
X VIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 341
dem doppelten Volumen Wasser im Scheidetrichter unter fortwährendem
Umschütteln ausgewaschen. Der Alkohol geht vollständig ins Wasser
und wird aus dem Petroläther so entfernt. Nachdem eine Trocknung
des Extraktes über CaCl, vorgenommen wurde, filtriert man über dem
Adsorbator, wobei man das Chromatogramm erhält, während Karotin
als gelbe (aus Schwefelkohlenstoff als rosa gefärbte) Lösung durch-
geht.
Die mit dem Manometer M (Fig. 95) versehene Dreiliterflasche R
dient als Druckreservoir, in welchem durch die Röhre D mittels der
Gummibirne P ein gewisser Luftdruck hergestellt werden kann. P
ist mittels des Quetschhahnes Q von dem Rest des Apparates luftdicht
abschließbar. Die Röhre D dient als Druckverteiler; sie ist mit einer
Anzahl röhrenförmiger Ansätze versehen, an welche die eigentlichen
Filtrationsvorrichtungen zu befestigen sind. Dazu verwende ich zylin-
drische Filterröhrchen, wie sie bei der gravimetrischen Zucker-
bestimmung angewandt werden, welche wie diese in einen schmäleren Teil
auslaufen. Ein ausgebauchtes Filtrationsreservoir r dazu zu verwenden,
wie es Tswett tut, hat sich bei meinen Untersuchungen wegen des
Fig. 95. Chromatographische Anordnung nach Tswett.
schweren Hinausschiebens des Adsorbators zwecks Analyse der einzelnen
Farbstoffkomponenten als weniger zweckmäßig erwiesen. Das Fil-
trationstrichterchen wird mit dem Druckverteiler D mittels eines fest-
schließenden Pfropfens in Verbindung gesetzt, durch den eine Glas-
röhre mit Gummiansatz zieht, wodurch das Filterröhrchen mittels
Quetschhahnes beliebig vom Druckreservoir abgetrennt oder mit diesem
in Verbindung gesetzt werden kann. Bequemer ist es, für größere Farb-
stoffmengen das größer gewählte Filterrohr in den Hals einer Saug-
flasche zu montieren und mittels der Luftpumpe durchzusaugen. Frisch
gefälltes, äußerst feinpulveriges Kalziumkarbonat ist als Adsorbens
besonders zu empfehlen, ebenso Saccharose. Es wird zwei Stunden bei
150 ° getrocknet, dann auf den Grund der Adsorptionsröhre ein dichter _
Wattepfropf eingepreßt, dann in dünnen Schichten das Pulver auf-
gestreut und mit einem genau passenden Glaspistill sorgfältig fest-
gestampft. Je homogener die Schicht des Adsorbens ausgefallen ist,
desto schöner wird das Chromatogramm; die Höhe soll etwa 5—6 cm
betragen. Dann wird eine Durchtränkung der Säule mit dem reinen
Lösungsmittel vorgenommen; wird das unterlassen, so kommt es beim
Filtrieren vor, daß sich die oberen Schichten des Adsorbens abheben
und Luftblasen die regelmäßige Textur des Chromatogramms_ be-
einträchtigen. Das Filtrieren im kleinen wird unter einem Über-
342 XVILI. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse.
druck von 250 bis 300 mm, das der größeren Röhren bei voller Kraft
der Wasserstrahlpumpe vorgenommen.
Nach Aufgießen der Farbstofflösung läßt man einen Strom des
reinen Lösungsmittels folgen, wodurch das Chromatogramm sich aus-
breitet und verschärft. Nicht adsorbirte Stoffe werden herausgeschwemmt.
Andere wieder wandern ringförmig durch und können für sich auf-
gefangen werden. Nach beendeter Filtration wird durch Absaugen der
Überschuß des Lösungsmittels entfernt und die Farbsäule sorgfältig
hinausgeschoben, um dann durch das Messer vorsichtig in feine Be-
standteile getrennt zu werden.
Chromogramm-Methode von J. Grüß zur Analyse von
Enzymen!t): Auf ausgespanntes schwedisches Filtrierpapier bringt man
zunächst einen Wasserring, d. h. man feuchtet eine ringförmige Zone
gleichmäßig an (durch Aufdrücken von angefeuchtetem, um eine Glas-
röhre gelegtem Filtrierpapier). In das Zentrum bringt man z. B. zwei
Tropfen einer mit HgCl, und NiCl, gesättigten Lösung, die alsbald mit
dem Wasserring in Berührung kommen und denselben nach außen drängen.
Der Vorgang, der im dampfgesättigten Raume stattfinden muß und bei
veränderlichen Körpern noch unter Wasserstoff, kommt schließlich zur
Ruhe. Alsdann zerschneidet man das Kapillarisationsfeld in Sektoren,
die man auf Fließpapier bringt, welches man mit den verschiedenen
Reagenzlösungen getränkt hat. Nach der Einwirkung fügt man die
Sektoren zum Chromogramm wieder zusammen, auf welchem dann
verschiedene Zonen sichtbar geworden sind. Als Indikatoren kann man
K,Fe(CN), und JK verwenden. Auf dem Chromogramm erscheinen
dann zwei Zonen: die äußere ist blaugrün, enthält das Nickelsalz und
hat eine Breite von 8 mm; die innere, zentrale Zone ist rot. enthält das
Quecksilbersalz und hat einen Durchmesser von 7—-7,5 cm, die Breite
der äußeren Zone ist ohne Wasserring nur 2 mm.
Die mit ein wenig Toluolwasser verdünnte Masse einer obergärigen
Hefe, die mit Glaspulver und Glyzerin zerrieben worden war, wurde in
der Weise in das Zentrum des Wasserringes gegeben, daß die einzelnen
Tropfen nacheinander auffielen. Nachdem unter Wasserstoff sich
ein Kapillarisationsfeld ausgebildet hatte, wurde auf demselben die
Oxydasereaktion mit Guajak und H,O, hervorgerufen, wodurch ein
weißes Feld mit violetten Ringen entstand. Die Hefe enthielt demnach
Oxydase und Hydrogenase, welche H,O, spalten. Die violetten Ringe
entsprechen den einzelnen Tropfen. Ein ähnliches Feld, aber mit ein-
facher Ringbildung, wurde mit Schwefelblumen gleichmäßig bestäubt
und dann halbiert. Die eine Hälfte wurde mit Toluolwasser, das zirka
10 % Glukose enthielt, das andere ohne Glukose angefeuchtet. Beide
wurden mit in Bleizuckerlösung getränktem Papier, das auf einer Glas-
platte haftete, in 1 mm Entfernung zum Auffangen des H,S überdeckt
und kamen in Wasserstoff. Nach 24 Stunden war die Glukosehälfte
des Bleipapiers weit mehr geschwärzt, hier war daher durch die Hydro-
genase viel mehr H,S geliefert worden. Das vollständige Chromogramm,
das man vom Zellsaft obergäriger Hefen erhalten kann, zeigt von außen
nach innen die in den einzelnen Zonen bestehende Enzymwirkung an: Per-
1) J. Grüß, Ber. d. deutschen bot. Ges. 26a, 191, 620 (1908), 27, 313
(1909).
XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 343
oxydase, Hydrogenase, Oxydase, Invertase, Zymase, welche letztere
auch stark reduzierende Eigenschaften besitzt. Die Enzyme können
also durch gleichzeitige Kapillaritäts- und Diffusionswirkung von-
einander getrennt, nebeneinander in ihrer Wirkung beobachtet und
verglichen werden.
Beispiel der Cytase: Die herauspräparierten und sogleich
unter Wasserstoff aufbewahrten Endosperme von Gramineen werden
mit einigen Tropfen Glyzerin zerrieben und die Masse auf ausgespanntes
Filtrierpapier in einem Wasserring unter Wasserstoff gegeben. Wenn
sich das Kapillarisationsfeld nicht mehr ausbreitet, sucht man mittels
einer mit Guajak und H,O, befeuchteten Rolle Filtrierpapier die Rand-
linie zu markieren, die jedoch meistens ohnedies hervortritt. Man schneidet
diese Randlinie in einer Breite von zirka 1 mm aus und schichtet Stücke
derselben auf einem großen Deckglas spaltförmig zusammen. In den
schmalen Zwischenraum bringt man die Testobjekte, also ausgewaschene
dünne Schnitte aus den Kotyledonen der Lupine und Stärkekörner.
Man läßt nun von der äußeren Seite der Papierstreifen ber je 1—2 Tropfen
Thymolwasser hinzufließen und kittet dann das so beschickte Deck-
gläschen mittels Vaseline auf den hohlen Glasklotz, der einige Tropfen
Wasser mit Thymol oder Toluol enthält. Nach 48 Stunden kann man
unter dem Mikroskop sowohl die Lösung der Hemizellulose als auch die
Korrosion der Stärkekörner beobachten.
Beispiel der Oxydase: Die zerschnittenen Endknospen
der jungen Triebe von Pteris aquilina werden mit Wasser ausgepreßt.
Man bringt einige Tropfen des unter Druck filtrierten, mit Thymolwasser
verdünnten Preßsaftes auf den Kapillarisator und behandelt das Feld
mit Guajak und H,0,; es wird blau mit einer stärker gefärbten Mittel-
fläche, umgeben von einer weißen Zone, die von einer intensiv blauen
Randlinie begrenzt wird. Diese ungefärbte, weißbleibende Randzone
enthält eine Antioxydase; dann untersucht man ein Kapillarisations-
feld mit Ursoltartratlösung und H,O,, so erhält man eine weiße Kreis-
fläche mit schwach dunkler, schieferfarbiger Randlinie, während unter-
halb derselben die gelbbraune Färbung infolge Autoxydation erscheint.
Verwendet man zur Kapillarisation einen an der Luft dunkel gewordenen
Extrakt, so kann man sehen, daß der braune Farbstoff gleichfalls bis
in die äußerste Randlinie vorgerückt ist, woraus man schließen kann,
daß sich die Oxydase durch Autoxydation selbst verfärbt oder aber,
daß sich Oxydase und Farbstoff in einer Bindung vorfinden, die durch
Kapillarisation nicht getrennt werden kann.
Bringt man den alkalisch gemachten, braun gewordenen Extrakt
auf den Kapillarisator und das sich bildende Feld, bevor es seine end-
gültige Ausdehnung erlangt hat, in Essigsäuredampf, so tritt eine Fällung
des Farbstoffes ein und die oxydierenden Enzyme kristallisieren über
die Farbstoffgrenze hinaus. Nimmt man dann die Essigsäure durch
Ammoniakdampf weg, so kann man durch entsprechende Reaktionen
Oxydase und Peroxydase nachweisen.
Quantitative Bestimmungvon Säurenund Al-
kalien durch Kapillarität:!) Zieht man auf einem Fließ-
1) J. Holmgren, Zeitschr. f. Kolloide IV, 219; Biochem. Zeitschr.,
Heft 3, 4 (1908); Zd. H. Skraup, Sitz.-Ber. d. kaiserl. Akad. d. Wissensch.
Wien, 118,(1909).
344 XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse;
papier Striche mit Kongolösung, läßt dann in der Mitte aus einer kapil-
laren Pipette die zu untersuchende Säure ausfließen und mißt den
Durchmesser der zwei Kreise, die sich nach einiger Zeit bleibend ein-
stellen, nämlich des durch das Reagens gefärbten und des anderen
farblosen, durch reines, kapillar aufgezogenes Wasser gebildeten Kreises,
so hat der innere Kreis den Kongostrich gebläut, der feuchte Ring um
diesen jedoch nicht und dessen äußere Begrenzung gibt die Strecke an,
bis zu der das Wasser gedrungen ist, während der innere Ring angibt,
bis wohin die Säure gedrungen ist. Holmgren hat für die quantitative
2
Bestimmung die Formel aufgestellt: P=K. en, wo P der Prozent-
gehalt der untersuchten Säure, r der Halbmesser des ‚sauren‘, R jener
des ‚feuchten‘ Kreises und K die Konstante der benutzten Papier-
sorte ist, welche man durch einen Versuch mit einer Säure bekannter
Konzentration ermittelt. Man kann ebensogut die Adsorption in Längs-
streifen von Indikatorpapier verwenden, die man in die zu untersuchende
Lösung taucht, wobei man nicht die Steighöhen, sondern deren Quadrate
in Rechnung zieht, also die Holmgrensche Formel auch hier verwendet.
Die Konstante für das Holmgrensche Papier ist bei . . 5 HCl 0,20,
0,30, 0,32, bei der Absorption in Streifen 0,37, 0,30, 0,44. Läßt man
HCl, HNO,, H,SO , in äquivalenten Konzentrationen aufsteigen, so findet
man gar keinen Unterschied bei diesen stark dissoziierten Säuren.
Die Steighöhe, bis zu welcher bei Lackmus- oder Kongopapier
Farbenänderung eingetreten war, betrug, wenn das Wasser 100 mm auf-
gestiegen war:
re N n n N
5 10 20 100
Balzsaurer. 95 sl 70 55 19
Bromwasserstoffsäure . . . . . _— — 75 St 21
Jodwasserstoffsäure . . . .. . — — 67 54 21
Salpetersäure . .. . 2» .... % | — 68 54 21
Schwelsläure. “0 srmalie, ar 97 | — 65 56 19
Nabronlauee.; "ne ee. Mike 94 — 75 66 50
IEEHRUGON een SE 97 — 73 63 48
Auktumiprualen. 0. al en ur — — 78 85 50
Aihrlamm, sa Fran — — 87 83 59
RC. 94 — 70 b3 18
Ameischsäute 7... Ha A ne — — — — —
En EN _ _ 87 75 39
Peothörsanter. Wr A. ee — —, hu.’ BB 37
Valetiausäure ehr 2 a — — 85 | B—
Berusteinsäure. „e.. . „00“ — _— 90 87 53
ZIETONENEATTE N er ee or pie — _ 839 712 39
Wemsaurer Sm TE _— — 79 65 23
Starke Alkalielektrolyten verhalten sich also bei größerer Kon-
zentration wie starke Mineralsäuren, bei verdünnten sind die Steig-
höhen größer; bei schwachen Elektrolyten sind die Steighöhen auch
wieder größer als bei äquivalenten Lösungen starker Elektrolyte.
Bei Salzen läßt sich auch die mit fortschreitender Verdünnung
steigende Hydrolyse erkennen.
Biologische Methoden von J. Szücs zur quan-
XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 345
titativen Bestimmung basischer und sauerer Farbstoffel):
Szücs hat gefunden, daß bei Gegenwart von sauren Farbstoffen
die Aufnahme von basischen Farbstoffen in das Plasma gehemmt wird,
indem sich saure und basische Farbstoffe zu salzartigen Verbindungen
vereinigen, für welche die Plasmahaut impermeabel ist. Als Versuchs-
objekt dienten Spirogyrafäden und die Würzelchen von Lemna minor,
als diffundierende Farbstoffe Neutralrot, Methylviolett und Kongo-
rot. Es sei eine Tabelle wiedergegeben (Tabelle XIII der Original-
abhandlung):
Die letzte experimentell bestimmte
Konzentration des Konzentration des Kon gorots, Konzentration
Methylvioletts | die noch nicht hinreicht, den Ein- des Kongorots
in % tritt des Methylvioletts bis auf in %
10 Minuten herauszuschieben
0,00025 0,0001 0,00012
0,0005 0,00024 0,00028
0,001 0,00052 0,00056
0,002 0,00108 0,00112
0,004 0,00212 0,00224
Die hemmende Konzentration des sauren Farbstoffes steigt also
streng proportional mit der Konzentration des basischen Farbstoffes,
Kongorots
en
in Prozent
Konzentration des
Konzentration des Methylvioletts in Prozenten
0,0005 0,002
Be ER ea je = ii rer ren ERENEES |
5 Ag a Br a are ENSE Tag UT MR: RUN KEN ae rag Wang zer hear 0
0,00025 0,001
was aus obiger Zeichnung noch deutlicher wird. Die verwendeten
Spirogyrafäden müssen, sollen die Versuche untereinander vergleichbar
sein, von derselben Art sein und von demselben Fundort stammen.
Die Fäden werden in destilliertem Wasser sorgfältig abgewaschen und
je nach der Empfindlichkeit der Art 5 Minuten bis eine Stunde darin
belassen, die ausgewaschenen Fäden mittels eines am Ende gebogenen
Platindrahtes in die betreffende Farbstofflösung gehängt und die Farbstoff-
lösung während des Versuches beständig in Bewegung gehalten. Nach
einer bestimmten Zeit werden die Fäden aus der Farbstofflösung heraus-
1) J. Szücs, Studien über Protoplasmapermeabilität, Sitz.-Ber. d. kais.
Akademie d. Wiss. Wien, 119 (1910).
346 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
gehoben und in eine hypertonische Ca(NO,),-Lösung übertragen: da-
durch wird der in der Zellulosemembran gespeicherte Farbstoff ent-
fernt, die weitere Farbstoffdiffusion verhindert. Im Unterlassungsfalle
bleibt in der Zellulosemembran eine bestimmte Menge des Farbstoffes,
die nach dem Herausheben des Fadens aus der Farblösung noch eine
unbestimmte Zeit hindurch weiter in die Zelle diffundiert. Durch das
Eintauchen in die Elektrolytlösung kann man aber den Diffusionsprozeß
nach beliebiger Versuchszeit praktisch momentan abbrechen. Die
Versuchszeit wird mit der Stoppuhr gemessen. Bei Lemna wurden die
Wurzeln abgeschnitten, die entwurzelten Exemplare auf nasse Garten-
erde in Glaswannen gelegt. Die Kalyptrazellen der regenerierten jungen
Wurzeln dienten als Versuchsobjekte.
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
Daß die grüne Pflanze atmet, d. h. wie jeder andere höhere Orga-
nismus durch Oxydation von Körperstoffen die für ihren Lebensbetrieb
erforderliche Energie gewinnt, ist für den Physiologen selbstverständlich,
und doch können wir namentlich in ausgezeichneten Lehrbüchern der
Chemie, auch in ganz modernen, Bemerkungen wie die folgende finden:
„Auch die Pflanzen nehmen Luft auf; während aber die Tiere aus letzterer
einen Teil ihres Sauerstoffs aufnehmen und für die Zwecke ihres Lebens
verwenden und dafür Kohlenoxyd an die Luft abgeben, ist das Ver-
hältnis bei den im Sonnenlichte atmenden Pflanzen ein umgekehrtes;
sie nehmen nämlich aus der Luft vornehmlich Kohlensäure auf und
geben Sauerstoff ab. Sie geben also gewissermaßen der Luft denjenigen
Sauerstoff, welchen ihr die Tiere und die brennenden Körper entziehen,
wieder zurück. Dies gilt aber nur von den grünen Pflanzenteilen im
Lichte, die Atmung der Blüten ist der tierischen Atmung analog, und
im Dunkeln nehmen sogar die grünen Pflanzenteile Sauerstoff aus der
Luft auf, aber so langsam, daß nur ein Bruchteil der am Tage von einer
Pflanze produzierten Sauerstoffmenge in der Nacht wieder von ihr
verzehrt wird.‘‘ı) Wie man sieht, liegt hier eine und, wie gesagt, selbst
unter Naturhistorikern anderer Disziplinen sehr verbreitete Verwechslung
von Sauerstoffatmung und Kohlensäureassimilation vor. Während die
Assimilation nur im Lichte vor sich geht und ihr Gaswechsel in der
Absorption von Kohlensäure und Abgabe eines der Formation von
Kohlehydraten entsprechenden gleichgroßen Sauerstoffvolumens be-
steht, wird bei der Atmung bei Tag und bei Nacht Sauerstoff auf-
genommen und Kohlensäure dafür abgegeben. Das Verhältnis der ab-
gegebenen Kohlensäure zum aufgenommenen Sauerstoff ist natürlich von
der Art des Verbrennungsmaterials abhängig; so ist der Atmungs-
koeffizient n bei der Verbrennung von Kohlehydraten gleich 1,
2
bei der Atmung keimender Fettsamen, also bei der Verbrennung eines
Materials, welches viel sauerstoffärmer ist als die Kohlehydrate, bleibt
er stark unterhalb 1, da relativ viel mehr Sauerstoff aufgenommen
werden muß; werden aber Fettsamen auf Rohrzuckerlösungen kultiviert,
')H. Erdmann, Lehrbuch der anorganischen Chemie. Braunschweig
1910, S. 95.
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 347
wie das in den Versuchen von Pol wzow geschah, so wird der Zucker
als Atmungsmaterial dem Fett vorgezogen und der Atmungskoeffizient
nähert sich 1. Umgekehrt ist es beim Reifen von Früchten mit fett-
haltigen Samen, also bei der Ablagerung des Reservefettes, das sich
aus den Kohlehydraten der Assimilation bildet, wobei der überschüssige
Sauerstoff abgegeben werden muß; es tritt also eine vermehrte Kohlen-
dioxydabgabe ohne entsprechende Sauerstoffaufnahme ein und 2 >12;
(0)
so wurden von reifenden Mohnfrüchten in Versuchen Godle — skis
23,72 cem Sauerstoff absorbiert und 32,62 cem Kohlendioxyd dafür
i 8) e
abgeschieden, daher 0,” 1,5 > 1. Übrigens bleibt das Verhältnis es
2 2
während der Entwicklung der Pflanze überhaupt nicht konstant, ist
auch bei Stärkepflanzen nur in den ersten Keimungsstadien 1, wird
aber mit steigender Wachstumsgeschwindigkeit immer kleiner; auch
Palladin fand bei herausgeschnittenen wachsenden Internodien ver-
schiedener Pflanzen ne 1, wachsende Organe absorbieren also einen
>
ÜberschußvonSauer-
stoff; je kräftiger die
Pflanze wächst, desto
ausgiebiger ist ihre
Sauerstoffabsorption
und Kohlensäureaus-
scheidung. Ebenso
wie es eine Wachs-
tumskurve gibt, in
welcher sich das an- :
fangs langsame, dann ne a ER A a z ee ae IE
g. 6. Atmung: ac au: : anzenphysiol.
immer schneller wer- Praktikum p. 137.
dend bi . Kohlendioxydabgabe pro 100 g Lupinus luteus in der Stunde
ende, bI1S zu einem bei der normalen, —.—.—. bei der intramolekularen Atmung.
Maximum emporstei-
gende und dann wieder langsam abfallende Tempo des Wachstums aus-
drückt, so läßt sich auch eine der großen Wachstumskurve fast parallel
laufende Atmungskurve (Fig. 96) ziehen, indem beide zu Beginn
gering sind, dann immer rascher ansteigen, um von einem Maximum
an wieder zu sinken. Diese Atmungskurve wird zuerst von A. Mayer
mittels Sauerstoffbestimmungen und später vonBorodinundRischavi
(Fig. 97) durch Messung der abgegebenen Kohlensäure aufgezeigt.
Wiewohl die beiden Prozesse der Atmung und Kohlensäureassimi-
lation einander parallel laufen und offenbar von verschiedenen Stellen
des Plastids ausgehen, auch durch verschiedene Momente stimuliert
oder geschädigt werden können (so sistierten BonnierundMangin
durch Narkose wohl die Assimilation, bewirkten aber dadurch doch
kein Stillstehen der Atmung), so ist damit aber durchaus nicht gesagt,
daß diese beiden Vorgänge nicht in physiologischer Korrelation stehen,
und man kann natürlich nicht die plasmatische Grundlage der Zelle
alterieren, ohne auch die Atmung in Mitleidenschaft zu ziehen, wie
namentlich Palladin zeigen konnte, der die Abhängigkeit der Atmung
von den Zellipoiden, dem ‚Kitt‘‘ des Protoplasmas, nachwies. Aller-
dings ist die Atmung als solche, nämlich als Gaswechsel, viel wider-
34 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
[e 0)
standsfähiger gegen äußere Einflüsse als andere Stoffwechselprozesse,
denn sie wird zum Teil durch Enzymtätigkeit repräsentiert. Wiewohl
der gesamte Atmungsvorgang nicht als Summe von Fermentwirkungen
aufzufassen ist, sondern die regulierende Plasmatätigkeit die Haupt-
rolle dabei spielt, kann man doch neben der plasmatischen die rein
enzymatische, auch nach dem Tode des Plasmas (besser gesagt, um
mich des Palladinschen Ausdruckes zu bedienen, nach ‚Abtötung“
des Plasmas, wobei die Enzyme intakt bleiben, also nicht nach dem
„Absterben‘‘) vor sich gehende Atmung, d. h. Aufnahme von Sauer-
stoff und Abgabe von Kohlendioxyd beobachten. Aber auch wenn die
enzymatische Atmung sistiert, findet noch durch katalytische Vorgänge
ein wenn auch bedeutend herabgesetzter gleichsinniger Gaswechsel
statt den ich als ‚tote Oxydation‘ bezeichnet habe. Nach der Pal-
ladinschen Gefriermethode abgetötete Keimlinge gaben noch reich-
liche Mengen Kohlendioxyd ab. Molisch konnte an im Exsikkator rausch-
dürr gewordenen Blättern, von Lamium album mit der Leuchtbakterien-
methode nachweisbare Sauerstoffabsorption zeigen, und ich habe nach-
gewiesen, daß Blätter von Eupa-
torium adenophorum nach der Er-
hitzung auf 120°, also nachdem
sicherlich jede Enzymtätigkeit auf-
gehört hatte, unter aseptischen Be-
dingungen Kohlensäure abgaben.
Ob alle drei Formen des Gasaus-
tausches während des Lebens der
Zelle vereinigt sind oder ob sie ein-
ander an der Wirkungsgrenze ab-
= lösen, läßt sich schwer sagen, aber
Tage 236 8 WDRWRBRBM ZEHN (das erstere ist durchaus wahrschein-
Fig. 97. Kurve nach Rischavi (aus Jost, Vor- lich. Es ist auch die Vermutung
Iofüngen Ober, Plan zenph rel 2 Gon micht von der Hand zu weisen, daß
bei 210 C. die Prozesse der Assimilation und
Atmung auch insofern miteinander
verknüpft sind, daß die Kohlensäure als Endprodukt der Atmung unter
geeigneten Verhältnissen gleich Verwendung als Ausgangsmaterial für die
Assimilation Verwendung findet und umgekehıt der Sauerstoff aus der
Assimilationstätigkeit gleich in den Atmungsgaswechsel eingeht.
Ein Unterschied in der Atmung der höheren Pflanzen und Tiere
liegt aber darin, daß die Pflanze längere Zeit ihr Leben ohne freien
Sauerstoff fristen kann und in diesem Falle ihren Energiebedarf durch
intramolekulare Spaltung höherer Kohlenstoffkomplexe deckt, während
das Tier mit dieser Art des Energiegewinnes nicht ausreicht, sondern
der oxybiotischen Verbrennungen bedarf (freilich sind von Pflüger
Schildkröten und Frösche unter vollkommenem Sauerstoffabschluß tage-
lang lebend erhalten worden). Diese intramolekulare Atmung ist wesens-
gleich mit der Pilzgärung und führt auch zu denselben Produkten wie
diese. Die Forschungen, namentlich der russischen Schule, haben ge-
zeigt, daß auch die erste Phase der regulären Sauerstoffatmung die
intramolekulare Zerspaltung ist, daß es aber nicht zur Stabilisierung
der Endprodukte der Gärung, wie des Äthylalkohols, kommt, sondern
daß schon die Vorstufen der normalen Gärungsprodukte der Ver-
brennung anheimfallen. Nichtsdestoweniger hat Iwanoff gezeigt,
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 349
daß Phosphate, welche die Alkoholgärung stark stimulieren, auch auf
die Atmung der Samenpflanzen dieselbe Wirkung ausüben, und Za-
leskiund Reinhardt wiesen nach, daß durch Phosphate nicht nur
die ana&robe, sondern auch die Oxydationsphase der Atmung stimuliert
wird.
Sauerstoff ist schon für die ersten Keimungsstadien des Samens
notwendig, ohne Zutritt von Luft ist keine Keimung möglich, was ja
nicht wundernehmen kann, da die Keimung den Beginn des Wachs-
tums darstellt, wozu natürlich Energieaufwand nötig ist. Werden
Samen in Wasser versenkt, das nicht erneuert wird, so keimen nur die
obenauf schwimmenden, mit der Luft in Berührung stehenden Samen.
Bohnensamen oder Samen von Wasserpflanzen in ausgekochtes Wasser
in ein gut verschlossenes Gefäß gebracht oder vor dem Zutritt von
Luft durch eine Ölschicht geschützt, keimen nicht, ebensowenig wenn
sie in sauerstoffreier Luft, in Stickstoff, Kohlensäure, Wasserstof.
eingeschlossen sind, oder auch nicht, wenn sie sich in sehr engem Raume
eingesperrt finden; deshalb gelingt es nie, angequellte, in eine Glas-
röhre eingeschmolzene Samen zu weilerem Keimen zu bringen. Nach
Osterhout (zitiert nach L. und K. Linsbauer) füllt man fünf
gleich große Flaschen mit Wasser und wirft dann so viel trockenen Sand
hinein, daß er die erste Flasche zu einem Sechstel, die zweite zu zwei
Sechsteln usw., die letzte zu fünf Sechsteln ihrer Höhe anfüllt, wodurch
ein Teil des Wassers verdrängt wird und akfließt. Nach dem Absetzen
des Sandes gießt man auch das übrige Wasser fort, so daß in den Gefäßen
nur luftfieier nasser Sand zurückbleibt. Nun setzt man überall eine
gleiche Menge gequollener Samen oder gleichentwickelter Keimlinge
hinein, verkorkt und versiegelt die Flaschen luftdicht. Den einzelnen
Samen- oder Keimlingsportionen stehen also verschiedene Luftmengen
zur Verfügung und man kann nun beobachten, daß diejenigen Samen,
denen am meisten Sauerstoff geboten ist, sich am längsten entwickeln,
die anderen je nach dem zur Verfügung stehenden Luftquantum früher
oder später die Entwicklung einstellen. Kann zwischen das Sand- oder
Sägespänesubstrat Luft eindringen, dann geht die Entwicklung normal
vor sich. Besonders die Wurzeln haben ein großes Sauerstoffbedürfnis,
und das ist auch der Grund, weshalb bei’ Wasserkulturen stets Luft
eingeleitet werden soll. Unter Wasser versenkte Samen genießen aber
genügend Luftzutritt, wenn das sie in nicht zu hoher Schicht bedeckende
Wasser bewegt wird, ihre Keimung geht dann lebhaft vor sich. Eine
kleine Menge Sauerstoff enthält ohnehin jeder Samen in seinem luft
führenden Gewebe und je lockerer dieses ist und ein je geringeres spe-
zifisches Gewicht es hat, desto mehr Luft schließt es ein, 7—50 % seines
Volumens. Dieser Sauerstoff gibt den ersten Anstoß zur Keimung,
so daß mit Wasser ganz injizierte, unter der Luftpumpe sauerstofffrei
gemachte Samen aus diesem Grunde nicht keimen. Indessen ist umgekehrt
auch eine überreichliche Sauerstoffdarbietung durchaus nicht keimungs-
befördernd. In reinem Sauerstoff tritt keine Keimung ein oder zeigen
doch die Keimlinge ein kränkliches Aussehen und gehen nachher auch
in normaler Luft ein. Zea Mays, Ervum lens u. a. kommen nicht über
die ersten Stadien der Wurzel- und Stengelbildung hinaus, Keime von
Lepidium sat., Helianthus annuus bleiben in Sauerstoff durchschnittlich
kleiner als normale und Triticum vulgaris usw. zeigen wohl größere
Blätter als Normalpflanzen, die Blätter sind aber gelb und kränklich.
350 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
Die Keimung der Samen vollzieht sich auf Kosten des Reservematerials,
welches dabei aufgebraucht wird. Aus diesem Grunde ist das Trocken-
gewicht der Dunkelkeimlinge bedeutend kleiner als das Trockengewicht
der Samen, aus denen sie sich entwickelt haben, und selbst bei im Lichte
vegetierenden Keimlingen übertrifft der Verlust durch Verbrennung
bei der Atmung die Ansatzgröße so bedeutend, daß gewöhnlich während
der ersten Wochen kein nennenswerter Substanzgewinn gegenüber dem
Samengewicht zu verzeichnen ist.
Bei der Keimung von Stärkesamen ist der Verlust auf Kohlenstoff,
Wasserstoff und Sauerstoff der organischen Substanz zu beziehen,
während die Stickstoff- und Aschensubstanz ungeändert bleibt. Die
Stärke wird zum großen Teil durch Diastase gespalten, so daß noch ein
Überschuß von Zucker bleibt, auch der Betrag der Zellulose wird be-
trächtlich vermehrt. Bei der Keimung von Leguminosensamen, die
Eiweiß als Reservestoff führen, wird auch dieses unter Bildung von
Asparagin und anderen Aminosäuren gespalten, als Nebenprodukt der
Eiweißspaltung tritt Schwetelsäure in Form von Sulfaten in zunehmender
Menge auf. Die Fettspaltung bei der Keimung ven Fettsamen hat eine
Steigerung der Menge der Fettsäuren zur Folge, und zwar entstehen
zuerst gesättigte und erst aus diesen ungesättigte Fettsäuren. Folgende
‘der Physiologie von Palladin entnommenen) Zahlen sollen diese
Verhältnisse illustrieren:
Gsem-| c | ı ) N Asche
gewicht g | ee | g | g
| |
46 Weizensamen. 1,665 | 0,758 0,095 | 0,718 0,057 0,038
46 Weizenkeimlinge . 0,722 0,293 0,043 0,282 | 0,057 0,038
Differenz in Grammen. | — 0,943 |— 0,465 | — 0,052 —0,436 — | —
Trocken- | Stärke + One W Kr >
substanz | Dextrine | Saecharose zZ Aellalage
| |
22 Maissamen ... | 8,6368 | 6,3868 | —....) OA | 0,516
22 Maiskeimlinge 4,5295 | 0,7778 0,953 | 0,150 g 1,316 g
Differenz in Grammen | — 4,107 | — 5,609 + 0,953 | — 0,313 | + 0,800
—— — —
Mrockan- | 2 andere | | elL
| TEcE Eiweiß | area Nhaltige Glukose | Zellulose Se
von - BL] 8 | g g
Samen \ 100,00 | 45,07 | — 11,66 _ 3,24 | 0,385
Keim- Lupinus | |
pflanzen ) luteus 81,70 11,06 18,22 23,97 | 2,10 6,47 0,610
Differenz in Proz. | 18,30 |—33,41 |+18,22|+12,31| +2,10| +3,23| + 0,225
Zwanzig Mohnsamen enthielten 8,915 g Fett und 0,975 g freie
Fettsäuren; nach viertägiger Keimung wurden 3,770 g freie Fettsäuren
und nur 3,900 g Fett gefunden. Glyzerin war jedoch in den Keimpflanzen
nicht vorhanden. Indessen habe ich bei Keimlingen von Cucurbita Pepo
und anderen Keimlingen aus Fettsamen, die in einer mit Leuchtgas
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 351
oder Azetylen verunreinigten Atmosphäre zur Entwicklung gebracht
worden waren, nicht nur eine Vermehrung von Fettsäuren, sondern auch
Glyzerin nachweisen können, offenbar weil das letztere nicht wie sonst
schnell in Zucker übergeführt und veratmet wurde.
Daß die Entwicklung des Embryo mit einer starken Sauerstoff-
aufnahme verbunden ist, hat auch Laskovsky in Versuchen mit
Kürbissamen konstatiert, bei welchen er folgende Zahlen fand:
Prozent Verlust
Trockensubst. Trockensubst.
A FE Gewinn
Temperatur| vor d. Keimung | nach d.Keimun Trockens. SIT
pP Ing 5 mg 5 Weklıst CmgH ÖO in mg
16 ® | 7081 6997 98,22 Sa) — 320
16—25 ° 6947 6794 97,07 3385 —43 + 265
16 ° 6838 6416 92,23 600 881 263
16—22 6361 6081 94,59 533 61 316
25 9 6011 5892 97,28 239 39 159
25—32 7060 6646 95.32 601 76 249
25—28 9 5909 5575 93,67 554 94 319
Peters untersuchte Kürbissamen in vier verschiedenen Perioden:
1. im ruhenden Zustand vor der Keimung, 2. nachdem das Würzelchen
eine Länge von 2 bis 4 ccm erreicht hatte, 3. als die ersten 5 bis
6 Nebenwurzeln 2—3 cm lang und die Kotyledonen grün geworden
waren, 4. als die Primordialblätter in ausgebreitetem Zustand schon
eine beträchtliche Größe erreicht hatten. Für jeden Versuch wurden
1000 Objekte verwendet:
Ruhender Keimpflanzen
Bestandteile Keim 1. Periode | 2. Periode | 3. Periode
5 8 | 3 | 8
Bee, ..,.,... 136,65 103,51 |. 56.4222) 12,98
ZurelREi 10.08 Spuren 3,81 | 9,48 12,98
een Spuren 2,56 | 3,55 6,13
Si Tuer 2 ER Er — 8,389 | 17,50 6,63
Be een 8,34 9,33 | 12,23 | 21,20
Bmabsintle . .. .. +... 110,07 109,60 98,33 94,62
Be... en: 14,08 14,14 | 14,57 | 18,08
Extraktivstoffe, Pektine, Bitter-
Bw. 6,86 22,96 33,01 | 43,48
Der Ölgehalt nimmt also fortwährend ab, der Zuckergehalt zu,
weil er in den letzten drei Perioden in größerer Menge gebildet als ver-
braucht wird; der Stärkeanteil nimmt bis zur zweiten Periode zu, von
wo an sich die Zellwandbildung besonders stark geltend macht, was
auch in der Vermehrung der Zellulose zum Ausdruck kommt. Infolge
der Verbrennungsvorgänge hat sich ein Materialverlust von 21,7 % er-
geben. Vergleichen wir damit die Keimung der Erbse, welche ohne
Zwischenbildung von Zucker erfolgt, und zwar in dem ersten Stadium
nach 114 Stunden, wo das Würzelchen noch zwischen den Keimblättern
eingeschlossen ist, und nach 184 Stunden, wo schon eine Entwicklung
der Primordialblätter und Würzelchen zweiter Ordnung beginnt, so
gelangen wir zu folgenden Zahlen, welche allerdings mit den vorher-
gehenden nicht direkt vergleichbar sind, da die Untersuchung in anderen
Keimungsstadien vorgenommen wurde, was sich schon in dem ge-
ringeren Materialverlust ausdrückt:
352 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
In je 1000 Gewichtsteilen der
Keimungsperiode
bei 100° getrockneten Substanz Ruhezustand Erste j - Zweite
Bebt Een SO RER 2327 22,4 | 20,3
Dextrin A 65,0 50,3 54,1
Zucker... 2 512 ar — — —
Stärke’... 22 ve fe 421,1 377,8 330,0
Zellulose . . . re dig.» 3 ze: 78,7 81,0
Unbestimmbares N 137,6 153,6 157,4
Biıweißstoffe *- Ir wen; 238,4 233,4 237,1
INSCHB> we. 1: far: k Arab sr 40,8 40,8 40,8
Verlusb ‚ % ze Eee — 34,9 76,2
Die Stoffumwandlung bei der Keimung der Sonnenblume wird
durch folgende Zahlen erläutert, wobei 100 Gewichtsteile der Samen
88,98 Gewichtsteile der Keimpflanzen lieferten.
In 100 Gewichtsteilen | In 88,98 Gewichtsteilen
Samen Keimpflanzen
Eiweißstoffe . . BR 24,06 13,34
Nuklein und Plastin N 0,96 4,05
Asparagin und Glutamin .. — 3,60
Lezithin . . . DEINEN 0,44 0,71
Beltz ... EEE 55,32 21,82
Rohrzucker u. del. TER 3,78 13,12
Lösliche organische Säuren . . 0,56 2,16
Zelluloser u: a ee 2,54 10,25
Hemizellulosen . . . .... — 3,41
Daß bei der Atmung Wärme entwickelt wird, ist aus dem Gesagten
klar; wie Molisch mit Hilfe der Dewar gefäße gezeigt hat, ist die
Wärmeproduktion bei der Atmung dicht zusammengelegter Blätter
so hoch, daß sie auf 50 0 C über die Temperatur der Umgebung steigen
und Äther mit Leichtigkeit zum Sieden gebracht werden kann. Nach
den Versuchen von Bonnier wurden bei der Keimung von 1 kg
Erbsensamen in der Minute folgende Wärmemengen in Kalorien pro-
duziert:
l. Gequollene Samen . . i ee
2. Junge Keimpflanzen (Wurzellänge 5 mm) Be ee
3. ws; > ( ir 50—60 nm). RAN 0 al A
A Nahen “ (ein grüner Stengel von 20 mm) . 22
2 (die Kotyledonen schrumpfen ein) . . . .... 22
. Die Pflanze erhält nichts von den Kotyledonen. . . . „2 WER er
Hier zeigt sich, daß die Produktion von Wärme der Wachstums-
kurve nicht parallel geht, sondern gerade dort einen beträchtlichen
Abfall zeigt, wo man infolge starker Neubildungen einen besonders
großen Aufwand von Energie erwarten sollte, ein Fingerzeig dafür, daß
ein Teil der durch Verbrennungen erzeugten Energie nicht als Wärme,
sondern in der mechanischen Arbeit des Zuwachses zum Ausdruck
kommt. Die maximale Wärmemenge wird zu Beginn der Keimung
erzeugt; die auf Grund des Gaswechsels berechneten Wärmemengen
bleiben aber anderseits unter den wirklich gefundenen zurück, es wird
also in bestimmten Keimungsstadien wieder bedeutend mehr: Wärme
produziert, namentlich in den ersten Keimungsstadien, wo exotherme
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 353
Vorgänge, Hydrolyse von Stärke und Eiweißstoffen in großem Maß-
stabe stattfinden. Die größte Wärmeproduktion erfolgt in derjenigen
Keimungsperiode, wo der Atmungsquotient ein Minimum erreicht, die
Sauerstoffaufnahme also ein Maximum.
Wärmeproduktion - von 1 > Gerste Wärmemenge| in Kalorien CO»
in 1 Minute gefunden berechnet Os
1. Gequollene Samen . . . ..... 5 3 1,00
2. Attlage von Wurzeln... .:.. 62 45 0,65
3. Hauptwurzel von 3 mm ..... 40 31 0,80
4. Ende der Keimung. . . 15 12 0,95
5. Erwachsene, beblätterte Stengelteile 0 3 1,00
Bei der Verbrennung des organischen Materials entsteht nicht nur
CO, sondern auch H,O. Wasserbestimmungen bei der Atmung wurden
von Laskovsky ausgeführt, der fand, daß im ersten Keimungs-
stadium sehr wenig, vielleicht gar kein Wasser gebildet wird, und zwar
um so weniger, je höher die Temperatur ist. Diese auffallende Tatsache,
welche sich mit der gerade in den ersten Keimungsstadien höchsten
Intensität der Verbrennungsvorgänge nur schwer in Einklang bringen
ließ, wurde erst durch den von Palladin geführten Nachweis er-
klärlich, daß bei der Atmung eine Assimilation von Wasser stattfindet,
worauf aber hier nicht näher eingegangen werden kann. Natürlich wird
auch zu den gerade im Anfang in besonders ausgedehntem Maßstabe
stattfindenden Hydrolysen Wasser verbraucht. Demnach stehen auch
die abgeschiedenen Wasserstoff- und Kohlenstoffmengen in keinem
konstanten Verhältnis zueinander. Sehr eingehend ist der Einfluß der
Außentemperatur auf die Atmung studiert. Im wesentlichen ist die
Atmungsenergie den Wärmegraden beinahe proportional (Wolkoff
und Mayer maßen die Sauerstoffaufnahme der Keimpflanzen). Inner-
halb der Grenzen des Lebens entspricht die Zunahme der Atmungs-
intensität mit Zunahme der Temperatur der RGT-Regel, nach welcher
- bei Steigerung der Temperatur um je 10 ° sich die Intensität des Vor-
ganges verdoppelt bis verdreifacht. Die folgende Tabelle gibt nach den
Versuchen von Clausen die Kohlensäuremengen in Milligrammen,
welche bei verschiedenen Temperaturen von 100 g Lupinenkeimlingen,
Weizenkeimlingen und Syringablüten in einer Stunde abgegeben werden,
und die Quotienten der Mengen, die einem Temperaturintervall von
10 ® entsprechen:
Temperatur Lupinenkeime | Weizenkeime | Syringablüten | Koeffizienten
0° 7,27 10,14 11,60 2,5, 2,8, 2,5
10.8 18,11 28,95 30,00
20 43,55 61,80 78,85 2,4, 2,1, 2,6
30 85,00 100,76 108,00
40 ° 115,90 109,90 176,10
50 46,20 63,90 152,80 Fl le
Im Mittel findet also hier eine Steigerung des Stoffwechsels um
das 2,5 fache statt, wobei man noch zu bedenken hat, daß es sich hier
um ein kompliziertes System von ineinandergreifenden Vorgängen handelt.
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 23
354 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
co
Ähnliche Werte erhalten wir in den folgenden von Wolkoff und
Mayer ermittelten Zahlen mit Keimpflanzen von Tropaeolum majus,
welche folgende Atmungsintensitäten aufwiesen:
ee lume Abnahme ;
an) ß | absolut in der Stunde Temperatur Zeit
cem cecm
a } 0,74 0,53 16,2 0° C a
55,62 = 2,10
55,36 } 20 re 2,30
55,11 0,25 0,75 25,4 0 2,50
54,85 0,26 0,76 3,10
|) 0m | 200 iM
52,99 0,32 0,96 32,8 5,00
52,22 0,77 1,03 5,45
122 } De sn \ 17,80 3:10
51,06 0,16 0,48 J 8,30
Ein Versuch mit fünf unverletzten Keimpflanzen von Tropaeolum
majus lieferte folgende Resultate:
Sauerstoff i in der Stunde
Temperatur aufgenommen
cem
22,4°C 0,60
DI.B2 5 0,77
30,5 „ 0,76
30,00 5; 0,77
35,00 „ 1,04
38,20 0,91
Dieses Verhältnis bleibt aber mit weitergehender Steigerung der
Temperatur nicht konstant, sondern nimmt immer mehr ab, bis schließ-
lich bei 40 0° C ein Maximum erreicht ist, über welches hinaus die In-
tensität der Atmung bis zum Tode der Pflanze nicht mehr gesteigert
wird. Folgende, von Rischavi ermittelte Zahlen zeigen dies an etio-
lierten Weizenkeimlingen:
COs abgegeben
CO: abgegeben
pro Stunde mg
Temperatur pro Stunde mg
Temperatur
5°C 3,3 300 C | 22,04
100% „ 5,28 350 „ 28,38
150 „ 9,90 409% „ 37,60
200 „ 12,54 450. 37,80
250 . 17,82
L)
00 A A $
Das Verhältnis Ö ° erreicht ein Minimum bei 10—15° und steigt
sowohl bei höherer als auch bei niedrigerer Temperatur, und zwar ist
in ersterem Falle die Zunahme nach Puriewitsch eine stärkere:
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 355
| Temperatur |
2— 4.0 0,45
Beybridum . 2. 2 2 ae 10—12 | 0,37
25—26 | 0,48
ac 0,75
Pelsssonium zonale . . .: 2.20... | 12—14° | 0,54
34—35 0,95
Auch Temperaturschwankungen üben großen Einfluß auf die In-
tensität der Atmung. Palladin ließ etiolierte Keimsprosse der
Bohne bei drei verschiedenen Temperaturen atmen; die eine Portion
wurde bei 17—20 °, die andere bei 7—12 ° und die dritte bei 36—37 °
belassen. Es ergab sich aus der Bestimmung der Atmungsintensität,
welche nach einiger Zeit bei mittlerer Temperatur vorgenommen wurde,
daß die fortwährend bei mittlerer Temperatur belassene Portion die
geringste CO,-Menge bildete, während die vorher bei hoher und niedriger
Temperatur belassenen Portionen eine intensivere Atmung zeigten.
Vorhergegangene N, = 49 . Über-
Temperatur CO2-Menge bei 18—22° Mittel SEhER
mittlere (17—20 °) 54,5, 53,5, 55,0, 44,9, 58,1, 65,3, 59,8 55,8 —
niedrige (712°) | 89,8, 73,6, 80,2, 53,9, 78,9, 87,4, 829 | 781 | 0%
0) |; 31,4, — — : 94. — — -. —- | 841 | 8%
Dagegen bleibt die Menge der abgegebenen Kohlensäure im wesent-
lichen ungeändert, wenn man die Keimlinge abwechselnd in kohlensäure-
freier Luft, dann in einem Strome reinen Sauerstoffs, in normaler Luft
und so fort im Turnus atmen läßt. Nach Kosinskiund Palladin
zeigt ferner die Konzentration der Nährlösung großen Einfluß auf die
Atmungsenergie; die Übertragung aus konzentrierterer in verdünntere
Nährlösung bewirkt einen Aufschwung der Atmung, umgekehrt das Ver-
setzen in konzentriertere eine Abschwächung; 100 g etiolierte Bohnen-
blätter produzierten pro Stunde folgende Kohlensäuremengen:
mer: a en
auf der Zuckerlösung
Konzentration
: -
2 in mg
von Rohrzucker co 5
Differenz in °/o
15% 3 Tage 122,7 u
IEy 3 Ri 79,4 — 32,5
50 9, 1 Tag 69,7 —.1,2
0% (Wasser) Ir 154,0 + 120,9
Kurzdauerndes Versenken der Zwiebeln von Gladiolus in Wasser
steigert nach Zaleski die Atmungsenergie bedeutend. Durch Ver-
wundung und durch Gifte findet eine starke Stimulierung der Atmungs-
größe statt und Zaleski hat gezeigt, daß dies sogar bei ruhenden
Gladioluszwiebeln der Fall ist. Alkaloide, Glykoside, Äther, höhere
Alkohole steigern in geringen Dosen die Intensität der Atmung, während
größere Mengen lähmend wirken. 300 g Kartoffelknollen schieden
1,2—2 mg CO, pro Stunde aus; nachdem jede Kartoffel in vier Teile
zerschnitten war, wurden bei derselben Temperatur in der 2. Stunde
9 mg, in der 5. Stunde 14,4 mg, in der 10. Stunde 16,8 mg, in der
23 *
356 NIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
28. Stunde 18,6 mg CO, produziert; nach 5l Stunden 13,6 mg, nach
4 Tagen 3,2 mg, nach 6 Tagen 1,6 mg. Nach der anfänglichen durch
den traumatischen Reiz hervorgerufenen Steigerung der Atmung wurde
also ein Abfall konstatiert, bis am 6. Tage die Atmung der zerschnittenen
Knollen das Stadium der ursprünglich unzerschnittenen erreichte.
Zur Erkennung der von den Pflanzen (z. B. keimenden Samen) aus-
geschiedenen Kohlensäure haben L. und K. Linsbauer einen höchst
einfachen, sich sehr gut zur Demonstration eignenden Apparat kon-
struiert (Fig. 98). Inden nahe dem Fuße verengerten Glaszylinder werden
auskeimende Samen Sa einer Pflanze gebracht. Das trockenturmartige
Gefäß ist mit einem Pfropf luftdicht verschließbar, durch dessen Bohrung
ein langes, bis fast auf den Grund N des Turmes reichen-
des Glasrohr führt. Man steckt das unterste Ende des-
selben durch ein Stück Papier und setzt den Pfropf in
den Hals des Gefäßes, so daß zwischen Kork und Hals
noch Raum zum Einwerfen der angekeimten Samen
bleibt. Beim Auffallen der Samen auf das Papier ver-
schließt dieses die Einschnürung, welche zwischen dem
oberen und dem unteren Teile des Trockenturmes vor-
handen ist, so daß die Samen nicht in diese untere
Partie hineingelangen können. Sollte dies doch ge-
schehen sein, so kann man sie mittels eines spitzen
Drahtes bei der seitlichen Öffnung des Trockenturmes,
welche während des Versuches luftdicht verschlossen
bleiben muß, entfernen. Ist der obere zylindrische Raum
etwa zu drei Vierteln mit den Samen gefüllt, so setzt
man nun den Pfropf fest in den Hals ein. Die Samen
produzieren Kohlensäure, welches sich als spezifisch
schweres Gas im unteren Teile des Zylinders ansammelt;
zu seinem Nachweise bedient man sich der Nilblaubase.
Man gießt in die Glaskugel K bei verschlossenem Hahn
die Lösung der Niblaubase ein und steckt in die obere
Kugelöffnung ein Natronkalkrohr, welches die Kohlen-
säure der durchstreifenden Außenluft absorpiert. Läßt
man nach 6 Stunden oder später Nilblaubase in den
unteren Teil des Gefäßes abfließen, wobei der untere
Fig.98.Linsbauers Ftropfen gelüftet wird, so färbt sie sich sofort blau, da der
Aupkzer zum Nalı Farbstoff die Eigenschaft hat, in wässeriger Lösung,
weıse der ‚mungs > . , = . ..
kohlensäure. in welcher wir ihn in den Apparat einfüllen, rot zu
sein und sich bei Zutritt von Kohlensäure blau
zu färben. Mit Topfpflanzen arbeitet man unter einer auf einer
Glasplatte aufgeschliffenen und mit Vaseline gut gedichteten Glocke,
unter welche nebst der Pflanze ein Schälchen mit klarem Baryt-
wasser gestellt wird, während sich in einem Parallelversuch dieselbe
Versuchsanstellung ohne Pflanze befindet. Das Barytwasser trübt sich
in der Glocke mit der Pflanze infolge Bildung von BaCO, viel schneller
als im Parallelversuch; natürlich muß durch Verdunkelung der Glocke
eine Wiederverwendung der Atmungskohlensäure im Assimilationswege
ausgeschlossen werden. Man kann übrigens die ausgeschiedene Kohlen-
säure schon erkennen, wenn man einen Halbliterkolben zu einem Drittel
seiner Höhe mit Askulusknospen oder mit angekeimten Samen füllt
und in den verschlossenen Kolben, der 24 Stunden in einem warmen Raum
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 357
gestanden hat, nach dem Öffnen des Stöpsels einen brennenden Holzspan
durch den Hals einführt, welcher sofort verlöschen wird. Man nimmt
einen gewöhnlichen Absaugekolben nach Büchner und befestigt an
das Ansatzrohr desselben mittels eines dicken Stückchens Kautschuk-
schlauch eine enge, gebogene Glasröhre, welche mit ihrem senkrechten
Schenkel in Quecksilber taucht. Auf den Boden des Kolbens, dessen
Mündung später luftdicht mit einem Stöpsel verschlossen wird, wird
ein feuchtes Filtrierpapier ausgebreitet und dieses mit Weizenkörnern
bedeckt. Getreide keimt nach 24 stündigem Anquellen und 24 stündigem
Aufbewahren in einem warmen, feuchten Raum vor dem Versuch auch
im Winter befriedigend. In den Kolben kommt ferner eine Eprouvette
oder besser ein kleiner flacher Napf mit konzentrierter (2? KOH : 3 H,O)
Kalilauge. Die entwickelte Kohlensäure wird von der Lauge absorbiert,
der zur Kohlensäureproduktion verbrauchte Sauerstoff ist aus der
Kolbenluft verschwunden und so wird das Quecksilber im Glasrohre
emporsteigen. Es ist jedoch notwendig, vor Beginn des Versuches die
Luft im Kolben zu erwärmen, bevor das offene Ende der Glasröhre in
das Quecksilber eingetaucht wird, so daß das Quecksilber, wenn die
Luft wieder erkaltet, im Glasrohr ein wenig emporgezogen wird, so
daß ein bestimmter Stand des Quecksilbers als Nullpunkt für die Be-
stimmung dient. Man kann zu diesem Zweck den Kolben einige Minuten
in 40 warmes Wasser einstellen oder einfach die Handwärme dazu
benutzen. Sollte das Quecksilber innerhalb sechs Stunden nicht steigen,
so ist die Einpassung des Stöpsels daran schuld, welcher dort, wo er ins
Glas eingepreßt ist, zweckmäßig mit einer Mischung von 15 Teilen Harz,
35 Teilen Bienenwachs und 50 Teilen Vaseline (Wachs und Vaseline
werden gut vermischt und das feingepulverte Harz allmählich unter
starkem Rühren zugefügt) gedichtet wird. Wird die Kohlensäure nicht
durch Kalilauge absorbieren gelassen, so bleibt der Stand der Queck-
silbersäule im großen ganzen ungeändert, entsprechend der Tatsache,
daß einem aufgenommenen Volumen Sauerstoff ein gleich großes Volumen
ausgeschiedener Kohlensäure entspricht.
Zum Zwecke der quantitativen Bestimmung der ausgeschiedenen
Kohlensäure läßt man die Kohlensäure von Kalk- oder Barytwasser
absorbieren und wägt nach dem Abfiltrieren entweder das gebildete
Erdalkalikarbonat oder man mißt besser (da durch Kohlensäureüberschuß
wieder ein Teil des Karbonates aufgelöst werden kann, wenn das Kalk-
oder Barytwasser nicht in starkem Überschuß vorhanden ist) die Ge-
wichtszunahme der in einem Geißlerschen oder Liebigschen
Apparat befindlichen Kalilauge (von diesen Apparaten, welche bekannt-
lich bei der organischen Elementaranalyse zu demselben Zweck Ver-
wendung finden, existieren zahlreiche, sehr praktische Modifikationen;
das Prinzip ist stets, die durchfließende Kohlensäure einen möglichst
langen Weg durchlaufen zu lassen, um ihre Absorption möglichst vo!l-
ständig zu gestalten). Gute Dienste leisten die Pettenkoferschen Röhren,
denen Cl. Winkler eine handlichere Form gegeben hat (Fig. 99). Es sind
ziemlich weite, diekwandige, in einem Winkel von 130 Grad gebogene,
130 cm lange Glasröhren, deren kürzerer Schenkel 10 cm, deren längerer
120 cm mißt, die Breite der Röhren beträgt 14 mm. Man füllt die Röhren
mit titriertem Barytwasser und befestigt sie in geneigter Lage; ist die
Röhre genügend lang und etwa zur Hälfte gefüllt, so kann man einer-
seits der vollkommenen Absorption der Kohlensäure, anderseits der
358 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
nr
Vermeidung des Überfließens der Lauge bei noch so schnellem Durch-
gang von Gas sicher sein. Die mittels einer Wasserstrahlluftpumpe
durchgesaugte Luft passiert ein Natronkalkgefäß, wo die Kohlensäure
der Luft zurückgehalten wird, und gelangt nun in das mit den Pflanzen
beschickte Kulturgefäß, respektive in die Glocken, unter welchen sich
die Pflanzen befinden, respektive wird durch eine bis auf den Boden
der Glocke reichende Glasröhre eingeführt, um dieselbe durch ein kurzes,
Fig. 99. Pettenkofersche Röhren.
knapp unterhalb des Glockenverschlusses endigendes Rohr zu verlassen.
Damit das Gas die Pettenkoferschen Röhren in möglichst kleinen
Bläschen durchzieht, bringt man an das Ende des Zuleitungsrohres,
mittels welchen durch einen Kautschukstöpsel die Röhren mit dem
Pflanzenrezipienten verbunden sind, mit Hilfe eines Gummischlauches
eine ausgezogene Glasröhre an. Da behufs vollkommener Absorption
das Durchstreichen des Gases langsam erfolgen soll,
kann man an dem Kautschukschlauch noch eine
Klemmschraube anbringen, durch deren festere oder
lockerere Stellung die Gaszuleitung reguliert werden
kann. Die Pettenkoferschen Röhren R mon-
tiert man auf einem Holzgestell, das aus zwei senk-
rechten, miteinander verbundenen Platten besteht.
Die vordere Platte ist 15 cm, die hintere 24 cm
hoch. Beide Platten sind mit Rinnen versehen,
die mit Tuch belegt sind; in diese Rinnen legt man
die Röhren und befestigt sie mit hölzernen Schrauben-
haltern., Jedes Holzgestell ist für sechs Röhren be-
rechnet ; dasrückwärtige Ende jeder Pettenkofer-
schen Röhre verbindet man mit einer der Ansatz-
Pig. 100. Druckregulator Jöhren eines weiteren Glasrohres: dieses Sammel-
nach Palladin. rohr hat sechs Zuleitungsröhren und ein Ableitungs-
rohr, das direkt zur Luftpumpe geführt werden
kann. Da aber durch eine gutziehende Pumpe viel mehr Luft heraus-
gezogen wurde, als in Form von Kohlensäure durch die Petten-
koferschen Röhren geliefert wird, mußte sich im Apparate bald
eine Luftverdünnung ergeben, die man mit Hilfe eines von Palladin
angegebenen Regulators D vermeidet. Man gießt in eine dreihalsige
Wulffsche Flasche (Fig. 100) eine zirka 2 em hohe Quecksilberschicht,
darauf eine ebenso hohe Wasserschicht hinein. In die eine der beiden
äußeren Öffnungen der Flasche führt man mittels eines durchbohrten
Kautschukstöpsels das aus den Pettenkoferschen Röhren heraus-
Yen
Bl
Il
UT
\
4
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 359
führende Glasrohr ein und versenkt es 1 cm in das Wasser; in die andere
äußere Öffnung der Flasche steckt man das Ableitungsrohr, in die mittlere
Öffnung ein gerades Glasrohr, dessen unteres Ende 1 cm weit in die
Quecksilberschicht gesteckt ist. Bei Anwendung dieser Einrichtung
kann die Luftverdünnung im Apparat höchstens 1 cm Quecksilberdruck
betragen, denn wird die Gasdurchleitung verlangsamt oder vollständig
eingestellt, so wird die der Luftpumpe fehlende Luft von außen durch
das mittlere Rohr des Regulators zugeführt. Eine jede der Petten-
koferschen Röhren beschickt man mit 100 cem Barytwasser. Zu-
nächst wird im kurzen Schenkel das Gaszuleitungsrohr befestigt das
man an einem durch Schraubenquetschhahn fest verschlossenen Kaut-
schukschlauch anschließt; dann gießt man in eine größere Flasche die
Barytlösung und läßt aus dieser mittels einer Bürette eine abgemessene
Menge in das offene Ende der Pettenkoferschen Röhre ein-
fließen, wobei man die Röhre geneigt hält. Dann wird das gefüllte Rohr
auf dem Gestell befestigt und möglichst rasch durch den Kautschuk-
stöpsel mit dem Sammelrohr verbunden, an dem sich schon der
Kautschukschlauch samt Glasröhre zum Anschluß an- den Stöpsel be-
findet. Zur Herstellung des Barytwassers löst man 7 g kristallisiertes
Bariumhydroxyd in 1000 ccm destillierten Wassers; wird aber der Ver-
such auf längere Zeit ausgedehnt, sind also die aufzufangenden Mengen
Kohlensäure groß, so können auch 14 g oder 21 g genommen und auf
je 1 Liter Barytwasser 1 g Bariumchlorid zugefügt werden. Nachdem
der Apparat instand gesetzt worden ist, werden die Pflanzen in die
Rezipienten oder Kulturglocken eingeführt. Verwendet man große
Glocken, so ist es zweckmäßig, entweder die Luft vorher auszupumpen,
was aber wegen des durch Saugung veranlaßten Zurücksteigens des
Barytwassers beim Verbinden der Glocken mit diesem, wenn man
nicht rechtzeitig die Pumpe in Tätigkeit setzt, Unannehmlichkeiten
veranlassen kann, oder genügend lange kohlensäurefreie Luft durch-
zuleiten, welche man ja ohnehin zur Ausführung der Bestimmung
durch das System durchleiten muß. Die Luft passiert zu diesem
Zweck zunächst, bevor sie zu den Pflanzen gelangt, einen Turm
oder U-Röhren w, teils mit Natronkalk, teils mit Atzkali gefüllt.
An je einem Rezipienten T sind zwei Pettenkofersche Röhren an-
geschaltet. Der Apparat wird folgendermaßen in Tätigkeit gesetzt:
Zunächst läßt man die Wasserstrahlpumpe laufen das Luftsaugen er-
folgt durch das mittlere Rohr des Regulators.. Dann öffnet man den
Quetschhahn am Pettenkoferschen Rohr an dem der Pumpe
zugekehrten Ende und lockert dann auch den Quetschhahn des dem
Pflanzenrezipienten benachbarten Endes der Röhre; mit Hilfe dieses
Quetschhahnes wird, wie schon erwähnt, die Gasdurchleitung geregelt.
Nach einiger Zeit stellt man die Absaugung ein und setzt die andere
der beiden Parallelröhren in Betrieb. Zu diesem Zweck sperrt man erst
den rückwärtigen, dann den vorderen Quetschhahn des ersten Rohres
und zieht den das Rohr mit dem Rezipienten verbindenden Gummi-
schlauch aus der Ableitungsröhre des Rezipienten heraus; letztere wird
dann in den Gummischlauch des zweiten Pettenkofer schen Rohres
eingeführt und das Rohr wieder auf dieselbe Weise wie früher in Betrieb
gesetzt. Das ausgeschaltete Rohr ersetzt man durch ein anderes, das
man frisch mit Barytwasser beschickt hat, und kann so unter be-
ständigem Röhrenwechsel unbegrenzt lange Zeit arbeiten. Das aus-
360 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
geschaltete Pettenkofersche Rohr entleert man nach Umschütteln
ohne zu viel Luftzutritt in eine 150 cem fassende Flasche mit ein-
geschliffenem und mit Vaseline gedichtetem Stöpsel. Die Röhre wird
dabei quantitativ mit Wasser abgespült und der Niederschlag in der
Flasche mehrere Stunden sich selbst überlassen, damit er sich ordent-
lich absetzt. Seine Menge kann nun in üblicher Weise gravimetrisch
oder besser maßanalytisch mit Oxalsäure bestimmt werden. Man stellt
eine Lösung von 2,8636 g reiner, umkristallisierter Oxalsäure in
1000 ccm Wasser her; 1 ccm dieser Lösung entspricht 1 mg Kohlen-
säure. Für die Titration mißt man 25 ccm vollkommen klar gewordener
Barytwasserlösung mit einer Pipette ab und titriert mit der Oxalsäure
gegen Phenolphthalein. Nachdem man die Menge der vom Baryt ge-
bundenen Oxalsäure ermittelt hat, multipliziert man die Anzahl der
gefundenen Kubikzentimeter mit 4, womit man direkt die Menge der
während der Versuchszeit gebildeten Kohlensäure in Milligrammen be-
stimmt hat. Für eine größere Zahl hintereinander
durchzuführender Titrationen leistet Maximows
. automatische Pipette (Fig. 101) gute Dienste. Eine
dreihalsige, unten mit einem Tubus für den Ablauf
versehene, 2—3 Liter fassende Flasche M wird mit
verdünnter Natronlauge gefüllt, die eine der beiden
oberen Öffnungen trägt ein doppelt gebogenes Glas-
rohr, an das mittels eines Kautschukschlauches mit
Quetschhahn eine Pipette P angesetzt ist, in die
andere führt man ein mit Quetschhahn versehenes
Rohr, in die mittlere einen zum Eingießen der Lösung
dienenden, mit eingeschliffenem Hahn versehenen
Trichter Tr. Beim Öffnen des Ablaufes des bis zum
obersten Rande mit der Lauge gefüllten Gefäßes fließt
die Flüssigkeit heraus und durch die Luftverdünnung
| wird von außen Barytlösung in die Pipette auf-
gezogen. Man schließt dann den Ablauf und öffnet
ee eine der oberen Röhren, worauf die Barytlösung in den
automatische Pipette. Jitrationskolben abläuft. Die in der Flasche und der
Pipette befindliche Luft ist infolge der Lauge in der
Flasche vollkommen kohlensäurefrei und die Bestimmung jedenfalls
einwandfreier, als wenn man mit dem Munde angesaugt hätte. Bei
keimenden Samen ist ein vorheriges Durchleiten kohlensäurefreier Luft
unnötig, wenn man dafür sorgt, daß der Rezipient fast vollkommen
mit dem Pflanzenmaterial gefüllt ist; man bedient sich da der U-Röhren
oder Chlorkalziumzylinder. Für die Bestimmung der Almung von Ober-
und Unterseite eines Blalles hat F. Blackmann eine Atmungs-
kammer (Fig. 102 und 103) konstruiert, die aus zwei Messingringen K
besteht, denen an der einen Seite Glasplatten angeklebt, seitlich
aber je zwei Kupferröbren aufgepaßt sind. Eine jede Kammer ist
5 mm tief, ihr Durchmesser beträgt 36 mm. Zwischen den Kammern
wird das zu untersuchende Blatt B befestigt und mit Wachs fest-
gemacht. Die Luft dringt durch das eine Rohr R ein und verläßt das
System durch das andere Rohr R,; für schmale Blätter werden ent-
sprechende längliche Kammern verwendet. Die Kohlensäure wird
ebenso absorbiert wie oben.
Die Pettenkoferschen Röhren, mittels deren sehr genaue
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 361
Resultate erzielt werden, können dort, wo es sich um Bewältigung
großer Kohlensäuremengen handelt, und wo ein rascher Wechsel der
Absorptionsgefäße nicht tunlich ist, durch Kaliapparate ersetzt werden,
die zu zwei Dritteln mit starker Kalilauge beschickt und mit einem
angeschmolzenen, mit Chlorkalzium gefüllten Rohre versehen werden,
um das aus dem Kaliapparat verdunstende Wasser aufzunehmen; zweck-
mäßig ist es, die Hälfte des Rohres statt mit CaCl, noch mit festen
Kalistücken zu füllen, um einem Verluste an Kohlensäure absolut vor-
zubeugen. Die Kalilauge im Apparat ist solange zu benutzen, bis in-
folge übermäßiger Bildung von Kalikarbonat durch sehr lange Zeit
fortgesetzte Versuche Verstopfung der Röhren eintreten kann. Vor
den Kaliapparat, also in diesem Fall zwischen Pflanzenrezipienten
und Absorptionsgefäß, wird noch ein mit Chlorkalzium gefüllter
Trockenturm und eine mit Schwefelsäure gefüllte Waschflasche
geschaltet, weil das vom Wasser befreite Kohlendioxyd von den Ab-
sorbentien viel vollkommener aufgenommen wird. Chlorkalzium allein
ist als Trocknungsmittel in
der Regel unzulänglich;
durch das Chlorkalzium
muß vorher einige Zeit ein
Strom von Kohlendioxyd
durchgeleitet werden, um
den immer beigemischten
Natronkalk zu sättigen.
Sämtliche Teile des Appa-
rates verbindet man durch
dickwandige Gummi-
schläuche. Durch die an-
gebrachten Quetschhähne
ist auch hier einerseits eine
leichte Regulierung des
Gasstromes, anderseits die Fig. 102. Fig. 103.
Möglichkeit gegeben, die Atmungskammer nach Blackmann.
Kaliapparate ohne Verlust
an Kohlensäure auszutauschen, wobei man durch den Druckregulator den
Vorteil genießt, die Pumpe beim Wechseln nicht abstellen zu müssen (wo-
durch sonst leicht ein Zurücksaugen von Wasser aus der Pumpe in den
Apparat sich ergeben könnte), da während der Inaktivität der Kaliapparate
Außenluft durch den Druckregulator eingesaugt wird, die Pumpe also einen
Angriffspunkt hat. Ebenso wie man nach dem Durchleiten der Sättigungs-
kohlensäure durch den Chlorkalziumturm die Kohlensäure vor dem Ver-
such mittels Durchleitens von Luft verdrängen muß, so leitet man, um die
Absorption der Kohlensäure, welche nach dem Versuch noch in dem Ap-
parat steht, zu verhindern, einen Strom von trockenem Wasserstoff durch,
der aber vor der Wägung durch Luft verdrängt werden muß, damit die
Wägung beide Male unter den gleichen Bedingungen vor sich gehe.
Sachs benutzt folgenden einfachen Apparat (Fig. 104). Die beiden
Flaschen f und g dienen als Aspirator, indem das Wasser von / nach g
durch x hinabfließt, wobei natürlich die Luft, welche rechts bei z eintritt,
durch die verschiedenen Gefäße des Apparates strömen muß. Sie wird
zunächst in dem Gefäß a, welches mit Kalilauge getränkten Bimsstein
enthält, von der kleinen Menge atmosphärischer Kohlensäure befreit: daß
362 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
dies vollständig geschehen ist, beweist das Klarbleiben des Kalkwassers
in der Flasche b. Die Luft kommt also völlig kohlensäurefrei in den
Rezipienten C. In diesem befindet sich eine mit weitmaschigem Organtin
überzogene Kristallisierschale, auf dem sich die angekeimten Samen
befinden, deren Atmung bestimmt werden soll und die ihre Würzelchen
in die Nährlösung in der Kristallisierschale einsenken. Die Glocke C
ist Juftdicht auf der Glasplatte K befestigt. Die mit Atmungskohlensäure
beladene Luft strömt durch die beiden Flaschen d und e, in denen Kalk-
wasser enthalten ist; die Kohlensäure wird schon in d fast vollständig
absorbiert, d. h. es bildet sich ein weißer Niederschlag von CaCO, und
in der zweiten Flasche e entsteht, wenn die Luft vorschriftsmäßig lang-
sam durchströmt, kaum noch eine Fällung. Sollte dies trotzdem der
Fall sein, so muß noch eine dritte Flasche angeschaltet werden. Man
kann natürlich auch hier sowohl die beiden Gefäße a, b, als auch die
Flaschen d, e durch Kaliapparate ersetzen; Hauptsache ist, daß den
Pflanzen beständig neue sauerstoff-
haltige Luft zugeführt und die ge-
bildete Kohlensäure entfernt wird,
so daß die Pflanzen in einer nor-
malen Atmosphäre atmen können,
unddaß mandurch Wägung, respek-
tive maßanalytische Bestimmung
des abfiltrierten oder abgesetzten
Kalziumkarbonates und Umrech-
nung auf Kohlensäure in der Lage
ist, die Atmungsgröße zeitweise zu
bestimmen, ohne daß die Pflanze
selbst dabei gestört wird. Was
nun die Quantität der von einer
bestimmten Menge Pflanzensub-
stanz in bestimmten Zeiten ab-
gegebenen Kohlensäure anlangt, so
geben zwölf Knospen von Syringa
vulgaris (Trockensubstanz 2 g) in
K ee: 24 Stunden 70 cem CO, ab, fünf
Fig. 104. AÜDBEeN ann CB Ern Bone Knospen von Aesculus makro-
. stachya (Trockensubstanz 0,85 g)
45 ccm, Keimpflanzen von Papaver somniferum (Trockensubstanz 0,45 g)
55cem, Keimpflanzen von Sinapisnigra (Trockensubstanz 0,55g) 32ccmab.
Die Mengen der ausgeatmeten Kohlensäure sind also relativ groß im Ver-
gleich zu dem Trockengewicht. Oberflächliche quantitative Schätzungen
können folgendermaßen rasch durchgeführt werden. 21 g kristallisiertes
Bariumhydroxyd werden mit 1000 cem destillierten Wassers geschüttelt
und 12 Stunden in verschlossener Flasche stehengelassen oder so lange,
bis es größtenteils gelöst ist. Dann wird in eine gut verschließbare
Flasche abfiltriert. Vor dem Versuch werden 50 cem dieser Lösung
in die unmittelbar hinter dem Rezipienten mit den Pflanzenteilen an-
geschaltete Waschflasche und eine weitere Quantität in den darauf
folgenden Absaugekolben getan. Wenn am Schluß des Versuches eine
beträchtliche Menge von BaCO,-Niederschlag in der Waschflasche sich
gebildet hat, werden 20 ccm der Flüssigkeit aus der Waschflasche ab-
pipettiert (die Flüssigkeit muß für diese Bestimmung nicht ganz klar
nd
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 363
sein, da sehr verdünnte Salzsäure auf BaCO, kaum einwirkt) und rasch
mit . HCl gegen Phenolphthalein titriert und 20 ccm der Original-
barytlösung mit den erhaltenen Zahlen titrimetrisch verglichen. Die
Differenz zwischen den in den beiden Proben verbrauchten Salzsäure-
mengen gibt ein Maß für die Barytquantität, die aus je 20 ccm der
Flüssigkeit durch die eingeleitete Kohlensäure zum Verschwinden ge-
bracht worden ist; der ganze Betrag der während des Versuches ge-
bildeten CO, ist natürlich 21, mal größer und kann schnell aus folgender
5 n
Relation berechnet werden: 1 ccm 10 HE = 2,2 mg CO, =71.197ecm
woher 15°C.
Durch den Apparat von Winkler-Hempel kann das Kohlen-
säurevolumen, welches in einer bestimmten Zeit durch Atmung ab-
gegeben wurde, ebenfalls grob bestimmt werden. Um verläßliche Werte
zu erhalten, ist es hier immerhin not-
wendig, mit größeren Mengen Pflanzen-
substanz zu arbeiten, z. B. mit 200
Fig. 105. Hempelsche Gasbürette. Fig. 106. Timiriazeffs Eudiometer.
keimenden Erbsen; dieselben werden in einen Kolben von 400 bis
500 cem Inhalt gebracht, der durch einen Stöpsel gut ver-
schlossen wird. Nach 1—2 Stunden wird eine Probe des Gases ab-
gezogen, etwa durch die Apparatur in Fig. 45 auf pag. 113 in
welcher in dem Maßstabe, als das Gas abgezogen wird, Wasser aus o
nach i strömt. Der hier angegebene Apparat ist ursprünglich für
Assimilationsversuche gemacht, wo mehrere Bestimmungen der CO,
in dem Gefäße J zu machen sind. Für den hier besprochenen Fall der
Atmungsbestimmung wird die Eprouvette i weggelassen und das Wasser
fließt direkt auf den Boden des Zylinders. So kann nur eine Gasprobe
genau bestimmt werden, da das in den Zylinder eingedrungene Wasser
Kohlensäure absorbiert, aber man kann, wenn zwei Bestimmungen
sehr schnell aufeinanderfolgen, auch noch eine zweite Gasprobe messen.
Da die Eprouvette i herausgenommen ist, kann man den Zylinder vor
der Bestimmung schütteln und so eine Anhäufung von Kohlensäure am
Grunde des Gefäßes verhindern. In die Kugel a der Gasbürette (Fig. 105)
wird die starke Kalilösung gebracht, bis ihr Stand 5b erreicht und dann
364 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
mittels Hineinblasens bei f die Lauge die enge Röhre e aufwärts gedrückt
bis in den diekwandigen Kautschukschlauch, der mit ihr in Verbindung
steht. Sobald die Lösung an dem offenen Ende der Röhre erscheint,
wird der Quetschhahn e geschlossen. Die Röhren G und F der Meß-
bürette (Fig. 106) werden dann etwas über die Hälfte mit destilliertem
Wasser gefüllt, wobei keine Luftblasen in dem verbindenden Kautschuk-
schlauch bleiben dürfen. F wird dann gehoben, bis Wasser aus H heraus-
dringt, dann wird der Hahn Z geschlossen und H durch einen Kautschuk-
schlauch mit dem Zylinder verbunden, der das zu analysierende Gas
enthält. F, nunmehr wieder leer, wird
gesenkt und L geöffnet, so daß eine
Gasprobe in die Hempelsche Bürette
hineingezogen wird. L wird jetzt ge-
schlossen und die Verbindung von H
ausgeschaltet. Das eingezogene Gas-
volumen wird dann durch die Teilung
in G zurückgemessen, nachdem das
Wasser in beiden Röhren auf dasselbe
Niveau gebracht ist. Um CO, zu ab-
sorbieren, wird FH mit dem Kaut-
schukschlauch e der Absorptionspipette
verbunden, F wird gehoben und L so-
wie der Quetschhahn bei e geöffnet.
Das Gas wird so nach D hinüber-
gepreßt, wo es beiläufig eine Minute
lang gehalten und in Berührung mit
der Lauge sanft durchgeschüttelt wird,
wobei die Klemme e und der Hahn L
geschlossen bleiben. Wenn man an-
nehmen kann, daß die Absorption des
Gases vollendet ist, wird das Gas
nach @ durch Senken von F zurück-
gezogen, während eund L geöffnetsind.
L wird dann geschlossen und G und
F wieder zur Niveaugleiche gebracht,
worauf die Verminderung des Gases
abgelesen werden kann. Die Differenz
gibt die ursprünglich vorhanden ge-
A ' wesene Kohlensäuremenge. Will man
N indung mit einer Gaspipette ums, Sicher sein, ob die Absorption voll-
kommen ist, kann man das Gas wieder
nach b führen, schütteln und wieder zurückgehen lassen, wobei keine
weitere Volumverminderung eintreten darf. Wenn eine Spur Lauge mit
dem Gas nach G@ gekommen ist, müssen die Röhren vor einem nächsten
Versuch sorgfältig gewaschen werden.
Für die genaue Analyse kleiner Gasmengen kann man die Petter-
son schen Instrumente!) benutzen, bei denen gleichzeitig der Fehler
kompensiert ist, welchen die Druck- und Temperaturschwankungen
der Atmosphäre mit sich bringen. Jenach der Größe der Gasquantitäten,
die gemessen werden sollen, bedient man sich dreier verschiedener
1) Nach W. Hempel, |. c. p. 49.
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 365
Formen von Gasbüretten mit Temperatur- und Barometerkorrektion ;
in Fig. 107 und 108 zeigt / eine Bürette zur Messung von Gasquantitäten,
deren Volumen zwischen 0,5—100 ccm schwankt; /I gibt die Einrichtung,
die man zweckmäßig benutzt, wenn das Gasvolumen etwa 150 ccm
beträgt; /II wird benutzt wenn das Gasquantum 10 ccm nicht über-
steigt. Die Instrumente bestehen aus den graduierten Meßröhren A,
den Korrektionsröhren B, den Manometerröhren F und den Niveau-
kugeln G. Meßröhren und Korrektionsrohre
stecken in einem Glaszylinder C von passender
Weite, der mit Wasser zur Erhaltung der gleichen
Temperatur gefüllt ist. Die Meßröhren sind durch
doppelt gebohrte Glashähne geschlossen. Die
Korrektionsrohre B bilden mit den Manometer-
röhren F ein Stück, g ist eine Ansatzkapillare.
Die Manometerröhren sind u-förmige Glasröhren,
die sich bei k und { etwas erweitern. An diesen
Erweiterungen befinden sich in gleicher Höhe
angebrachte Marken. Mittels des etwa 11, bis
2 mm weiten Rohres / sind sie durch Gummi-
stücke mit den Meßröhren verbunden. Ist die
Bürette verunreinigt, dann nimmt man das Mano-
meterrohr einfach ab und kann das übrige In-
strument reinigen, ohne daß an dem im Korrek-
tionsrohr abgeschlossenen Gasvolumen sich etwas
verändern kann. Um die Apparate für den Ge- 1. 108. Pett
5 2 e ig. Ä ettersons Gas-
brauch herzurichten, saugt man durch die Röhre g büretten (oberer Teil).
etwas destilliertes Wasser in die Korrektionsröhren
B und befeuchtet die Wände der Meßröhren A. Man füllt ferner die Niveau-
kugelG mit Quecksilber und treibt durch Heben derselben, nachdem man
die Glashähne in die Stellung / gebracht hat (Fig. 109), so viel Quecksilber
in die Manometerröhren, daß dasselbe den Raum zwischen den Marken
bei k und i erfüllt. Zur Normierung des Apparates müssen zunächst
die Inhalte der Manometerröhren von Marke k bis a ermittelt werden.
Das geschieht, indem man das in den Manometern befindliche Queck-
silber bis nach a saugt, dann die Hähne D schließt I Stellung I
und dann, nachdem die Hähne D in Stellung 2 ge-
bracht sind, beliebig große Luftvolumina in die
Büretten bringt. Man liest dann bei offenem Hahn
die Größe dieser Volumina an den Skalen der Bü-
retten ab. Hierauf dreht man die Hähne D so,
daß die Büretten mit den Manometerröhren kom- D, D,
munizieren, und treibt so viel von der eingeschlosse-
nen Luft in die Manometerröhren über, bis das „Fig. 100. Gashähne der
Quecksilber an den Marken k und i auf beiden Bu
Seiten gleich hoch steht. Die Differenz aus der ersten und der zweiten
Ablesung ergibt dann die Größe der Räume von der Marke k
bis a in den Manometerröhren. Das Korrektionsrohr kann nun ent-
weder in der Weise benutzt werden, daß man durch Abschmelzen des
Rohres g ein beliebiges Luftvolumen zum Einschluß bringt, wie es
dem gerade herrschenden Barometerstand entspricht, oder man kann
den Inhalt von B mit gerade so viel Luft füllen, daß der Apparat immer
direkt die auf 0° und 760 mm Druck reduzierten Gasvolumina angibt. Um
LI
a b a b
366 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
nun die Apparate so einzurichten, daß den Beobachtungen an den Skalen
. der Meßröhren A Volumina von 0 ° C und 760 mm Druck entsprechen,
befestigt man am Ende der Kapillaren g ein Stück Gummischlauch
mit Drahtligaturen. Durch Senken der Niveaukugeln saugt man das
Quecksilber in den Manometerröhren bis in die Röhre /! und stellt dann
die Büretten zwei Stunden in einen gleichmäßig temperierten Raum
neben Barometer und Thermometer. Die Hähne D werden geöffnet,
so daß die Inhalte der Büretten frei mit der atmosphärischen Luft kom-
munizieren können.
Sobald ein Temperaturausgleich eingetreten ist, liest man ganz
genau die Größe der Gasvolumina, der Temperatur und des Barometer-
standes an den Instrumenten ab und schließt die Hähne D, worauf man
die vorhandenen Gasvolumina reduziert. Das Gasvolumen betrage z.B.
97 ccm, der Barometerstand 753,3 mm, die Temperatur 8,75 0°C. Die
Größe des Raumes von k bis a im Manometerrohr sei vorher mit 1,8 ccm
ermittelt. Die Tension des Wasserdampfes ist 8,4 mm. Ist b = Barometer-
stand, { = Temperatur, e — Tension, V — beobachtetes Volumen, so
b—e
760 (1 + 0,00367 1)’
Beispiel 92,1 ccm. Da bei der Messung mit dem Korrektionsrohr das
Gas den Raum von k bis a ausfüllt, muß man noch die Größe desselben
— 1,8ccm davon abziehen, daher ist V,= 90,3ccm. Um das Korrektionsrohr
zu normieren, stellt man den Hahn D so, daß das Meßrohr mit dem Mano-
meterrohr kommuniziert, und drückt dann das abgemessene Gasvolumen
auf die für 0 und 760 mm berechnete Größe zusammen. Das dadurch
aus dem Gleichgewicht gebrachte Quecksilber bringt man so in die
Ruhelage, daß man durch den Gummischlauch bei g so viel Luft in das
Korrektionsrohr einbläst, daß das Quecksilber ins Gleichgewicht kommt,
worauf dann der Schlauch g durch einen starken Quetschhahn zusammen-
gepreßt wird; zur vollkommenen Dichtigkeit muß dann noch das Rohr g
abgeschmolzen werden zu welchem Zweck man die Kautschukverbindung
des Manometerrohres mit der Bürette bei a löst, hierauf das Korrektions-
rohr B in eine Kältemischung von Kochsalz und Eis stellt und es so
lange darin läßt, bis das Quecksilber im Manometerrohr anzeigt, daß
im Innern des Korrektionsrohres ein geringerer Druck herrscht als in
der äußeren Atmosphäre: dann erst erhitzt man das Rohr g, welches
man zum Schutze vor Zerspringen, mit Ausnahme der Stelle, wo sie
abgeschmolzen werden soll, mit wassergerührtem Gips überstreicht,
dicht vor dem angesetzten Gummischlauch mit dem Gebläse und schmilzt
es durch Ausziehen zu. Wird das so hergerichtete Korrektionsrohr
dann wieder mit dem Meßrohr verbunden, so geben die Ablesungen
direkt auf 0 und 760 mm reduzierte Gasvolumina, unbekümmert um
die Temperatur- und Druckschwankungen, wenn man nur bei den
Messungen dem Hahn D die Stellung 7 gibt und das Quecksilber im
Manometerrohr durch Ausdehnen oder Zusammendrücken des im Meß-
rohre befindlichen Gases zur Einstellung auf die Marken in k und i
bringt. Die genaue Einstellung des Instrumentes erreicht man dadurch,
daß man zunächst durch Heben oder Senken der Niveaukugel G@ die
beiden Quecksilbermenisken k und i ungefähr in gleiche Höhe bringt,
hierauf den Hahn n (Fig. 107) schließt und nun durch Drehen der Druck-
scheibe o ein Stück Gummischlauch, welches sich zwischen dem Hahn n und
dem Endstück der Bürette befindet, so in seinem Volumeninhalt ver-
ist das reduzierte Volumen V,=V also für unser
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 367
ändert, bis sich die beiden Menisken in gleicher Höhe befinden. Diese
Art der Einstellung gestattet sehr schnell und bequem kleine Änderungen
an der Größe eines Gasvolumens vorzunehmen. Beim Zurücksaugen
des gemessenen Gases aus dem Manometer in das Meßrohr läßt man
zweckmäßig etwas Quecksilber mit übertreten; man führt dann das
Gas in die Pipetten und läßt, sobald das Meßrohr ganz mit Quecksilber
erfüllt ist, nachdem man den Zweighahn in die entsprechende Stellung
gebracht hat, wieder so viel Quecksilber in das Barometerrohr zurück-
treten, daß es genau sein ursprüngliches Volumen hat. Um dies ganz
genau machen zu können, befestigt man am Barometerrohr ein schwaches
Eisenblech als Marke, an deren unterer Kante man den Quecksilber-
meniskus einvisiert.
Zur Demonstration der Sauerstoffaufnahme durch die Atmungs-
chromogene gießt Palladin die Lösungen, welche die Chromogene
enthalten, mit recht beträchtlichen Mengen wässeriger Alkalilösungen
(auf 100 cem Chromogenlösung werden 5 ccm oder mehr einer 50 pro-
zentigen Lösung von KOH oder 100 ccm einer gesättigten Lösung von
Ba(OH), hinzugefügt) in einen flachen Glaskolben mit breitem Boden,
der ein Volumen von 420 ccm besitzt und dessen Öffnung durch einen
doppelt gebohrten Gummistöpsel verschlossen ist. In der einen Öffnung
steckt ein kurzes Glasrohr mit Hahn, in der andern ein enges, zweimal
gebogenes Rohr, dessen mittlerer horizontaler Teil von 50 ccm Länge
mit einer Millimeterskala versehen ist. Das äußere, nach unten um-
gebogene Ende dieser Röhre taucht in ein Gefäß mit gefärbtem Wasser
und die Sauerstoffabsorption im Innern des Kolbens ist von einer Fort-
bewegung des gefärbten Wassers im horizontalen Abschnitt des langen
Rohres begleitet. Es ist noch besser, dem horizontalen Rohre eine kaum
merkliche Neigung in der Richtung nach dem Gefäße mit der Flüssig-
keit zu geben: in diesem Falle strömt, nachdem das Röhrchen sich mit
gefärbtem Wasser gefüllt hat, dieses letztere beim Öffnen des Hahnes
wieder in das Gefäß zurück, um nach Schließen des Hahnes von neuem
in dem Röhrchen aufzusteigen. Um die Sauerstoffabsorption zu be-
schleunigen, wird der Kolben mit der Flüssigkeit geschüttelt.
WolkoffundMayer benutzten zur Bestimmung der Sauerstoff-
absorption einen Apparat, der im wesentlichen aus einem U-Rohr be-
steht, in dessen weites Gelenk die zu untersuchende Pflanze eingeführt
wird; in diesem Gefäß befindet sich ein kleines Gefäß mit Kalilauge,
das Ende des Rohres ist mit einem eingeschliffenen Stöpsel verschlossen,
das andere, engere Rohr sperrt man mit Quecksilber. Das von der
Pflanze gebildete Kohlendioxyd wird durch die Kalilauge absorbiert,
und die Menge des aufgenommenen Sauerstoffs ergibt sich aus der
Veränderung des Quecksilberniveaus im engeren graduierten Gelenk
des Apparates.
Für die Bestimmung des absorbierten Sauerstoffs kann der einfache
Apparat von Godlewski!) dienen (Fig. 110), welcher gleichzeitig die
ausgeschiedene Kohlensäure zu bestimmen gestattet. Ein einfacher dick-
wandiger Kolben A auf dem Tische T trägt dort, wo das Volumen von
400 cem mittels Wassers aus einer Bürette genau eingestellt ist, die Marke a.
In diesen Kolben werden die zu untersuchenden Samen S oder anderen
1) E. Godlewski, Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenatmung, Jahrb. f.
wiss. Bot. 15, 491 (1882).
368 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
Pflanzenteile auf feuchtes Filtrierpapier gebracht und der Kolben mit
einem gut schließenden, doppelt durchbohrten Stöpsel verschlossen, durch
dessen Bohrungen einerseits die kürzere, rechtwinklig gebogene Röhre b
zieht, welche an ihrem äußeren Ende ausgezogen und zugeschmolzen
ist, während die andere Röhre e doppelt rechtwinklig gebogen ist und
in das Quecksilber im Gefäße n taucht. Der äußere Schenkel dieser
Röhre ist kalibriert und mit einer Millimeterskala versehen. b besitzt
im Innern des Kolbens ein Häkchen zur Aufnahme einer kleinen Eprou-
vette g, in der sich eine abgemessene Menge starker Kalilauge befindet.
Für das Gelingen des Versuches ist ein absolut luftdichter Abschluß
des Apparates erforderlich. Der Kork muß gut, aber nur 13—15 mm
hoch sein, er wird bis zur Marke a in den Hals des Kolbens eingepreßt,
so daß der Glashals desselben noch etwa 10 mm über die Oberfläche des
Korkes hinausragt, und in diesen Teil des Kolbenhalses gießt man eine
6—8 mm hohe Schicht Quecksilber und auf diese noch etwas Wasser.
Um das richtige Luftvolumen für die atmenden
Pflanzenteile zu erhalten, muß man zu dem Volumen
des Kolbens A den Inhalt der Röhre b bis zum
Strich a und der Röhre e bis zum Quecksilber-
niveau addieren, dagegen das Volumen sämtlicher
im Apparate enthaltenen Objekte subtrahieren. Eine
genaue Ablesung des Quecksilberstandes in der
Röhre e ist nur dann möglich, wenn derselbe höher
liegt als das Quecksilberniveau im Gefäße n; man
erreicht ein Steigen der Quecksilbersäule, indem
man den Kolben vor dem Eintauchen des Rohres
erwärmt, ins Quecksilber versenkt und nun ab-
kühlen läßt; es entsteht eine kleine Luftverdünnung,
die das Quecksilber emportreibt, worauf sein Stand
vor Beginn des Versuches markiert wird. Das
korrigierte Luftvolumen berechnet man nach der
Formel: gv=lgv!+lg(b —b’ — b’), — ig
> (1 + 0 00366 f), worin die Reduktion auf Tempe-
DB: u ea ratur, Barometerstand und Trockensubstanz ent-
halten ist. Man wartet nun vor der Volumenablesung
eine halbe Stunde, damit der Apparat die Temperatur der Umgebung an-
nehmen kann. Sobald von den Samen Sauerstoff aufgenommen und
Kohlensäure abgegeben wird, findet die Absorption der letzteren durch
die Lauge statt, das Volumen der Luft im Apparat wird daher vermindert,
und das Quecksilber fängt an, in der Röhre e zu steigen, und sein Stand
wird zuzeiten unter Berücksichtigung von Temperatur und Barometer-
stand abgelesen und aus der Luftverminderung der Betrag des ein-
geatmeten Sauerstoffs bestimmt. Die absorbierte Kohlensäure ist in
der Eprouvette als kohlensaures Kali in Lösung. Zu ihrer Bestimmung
wird die ausgezogene, zugeschmolzene Spitze der Röhre b abgebrochen,
der Apparat geöffnet und der Inhalt von g in einen kleinen Kolben ge-
gossen, mit Wasser verdünnt und die Kohlensäure mit BaCl, ausgefällt.
Der Niederschlag wird normalerweise gravimetrisch weiter behandelt,
also abfiltriert, mit ammoniakalischem, von Ammonkarbonat freiem
Wasser gewaschen, getrocknet, geglüht und aus dem Gewichte des
BaCO, die Menge der Kohlensäure berechnet, die man schließlich auf
Druck und Temperatur reduziert. Da das käufliche Kali stets etwas
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 369
Kalikarbonat enthält, wird dessen Menge vorher im Reagens gravi-
metrisch festgestellt und das in die Eprouvette gefüllte Kali genau ab-
gewogen.
Der von Polowzow!) konstruierte Apparat (Fig. 111) hat den
Zweck, die Atmung von auf verschiedenen Nährlösungen und unter ver-
schiedenen Verhältnissen keimenden Samen zu bestimmen. Für die
Anfangsstadien der Keimung dient ein wagrechtes, zirka 250 ccm
fassendes, beiderseits zugeschmolzenes Glasrohr A als Rezipient. Die
eingeschmolzenen und mit Watte gefüllten Kugeln versehenen
Röhrchen a und b ermöglichen die Luftdurchleitung. Die Samen
werden in das mit Kautschukstöpsel verschlossene weite Rohr e ge-
bracht, der Stöpsel kann mittels des Glasstabes i bequem bewegt werden.
Durch c wird die zum sterilisierenden Auswaschen der Samen dienende
Flüssigkeit (Bromwasser) eingegossen, die durch
das Röhrchen d wieder entfernt werden kann.
Der mit dem Apparat durch einen dickwan-
digen Gummischlauch verbundene Kolben B
enthält die zur Ernährung der Samen be-
3
A
Fig. 111. Fig. 112.
Apparat von Polowzow zur sterilen Aufzucht der im Atmungsversuch verwendeten Pflanzen,
stimmte Flüssigkeit. Apparat und Kolben werden im Autoklaven steri-
lisiert und die mit Bromwasser gewaschenen Samen in den Apparat
eingefült, wo sie dreimal mit der Lösung aus dem Kolben B nach-
gewaschen werden; der Untersuchung vorgeschrittener Keimungsstadien
dient der aufrechtstehende Apparat (Fig. 112).
Der Apparat von Bonnier und Mangin zur Untersuchung des
Atmungsgaswechsels höherer Pflanzen (Fig. 113) besteht aus einer Glocke,
unter welcher sich die Pflanzen befinden. Die Luft wird durch die Kali-
lauge in der Flasche F von Kohlensäure befreit und durch die Röhre a
der Glocke zugeleitet und durch das Rohr b dem Aspirator zugeführt,
welcher das Absaugen der Luft bewirkt. Nachdem die Glocke mit
kohlensäurefreier Luft gefüllt ist, werden die Hähne 1 und 2 geschlossen.
1) Nach W. Palladin und 8. Kostytschew, „Methoden zur Bestimmung
der Atmung der Pflanzen“, Abderhaldens Biochem. Arbeitsmeth. Bd. III, p. 485.
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 24
370 XIN. Die Vorgänge bei der Atmung.
Unter der Glocke befindet sich ein Gefäß mit Wasser, das den Raum
feucht erhält. Von Zeit zu Zeit entnimmt man dem Apparat Gasproben,
die man analysiert. Der Dreiweghahn R wird zur Entnahme so gestellt,
daß die Röhre b mit der einen Gaspipette kommuniziert; durch
Senken dieses Gefäßes führt man eine entsprechende Gasmenge aus der
Glocke in die linke Pipette; dann stellt man den Hahn R so ein, daß sie
mit der Röhre d kommuniziert, und verdrängt das Gas durch Heben
des Gefäßes f in die Eprouvette, welche mit Quecksilber gefüllt und
auf die Mündung der Röhre d aufgesetzt ist. Die entnommene Gas-
probe analysiert man am besten mit Hilfe eines der im nachfolgenden
beschriebenen Apparate. Das Volumen der Glocke bestimmt man auf
folgende Art: man entnimmt aus der Glocke die Gasportion v, die man
beim atmosphärischen Druck FH mißt. Das Manometer M gibt uns die
Verminderung des Gasdruckes unter der Glocke an; bezeichnet h den
Gasdruck in der Glocke vor Entnahme der Portion v, h! nach deren Ent-
vH
h—h"Y
nahme, so ist das gesuchte Gasvolumen x unter der Glocke =
Fig. 113. Atmungsapparat von Bonnier und Mangin.
Um bei der Entnahme des Gases eine Durchschnittsprobe zu erhalten,
treibt man das Gas mehrmals in die linke Gaspipette und wieder zurück,
wodurch ein gründliches Mischen des Gases bewerkstelligt wird. Für
kleinere Mengen Versuchsmaterial kommt man mit der einfacheren, von
Palladin angegebenen Versuchsanordnung (Fig. 114) aus. Wenn man für
Keimpflanzen wohl die Bonnierschen Glocken nicht entbehren kann,
ist es handlicher, für Samen die 200—500 cem fassenden, mit doppelt
durchbohrtem Kautschukstöpsel und doppelt gebogenem Zu- und Ab-
leitungsrohr versehenen konischen Kolben Palladins zu benutzen.
Die Erweiterung c oberhalb des Stöpsels füllt man mit Quecksilber,
um einen vollkommen luftdichten Abschluß zu erzielen. Nachdem man
genügend lange Zeit kohlensäurefreie Luft durch den Kolben geleitet
hat, versenkt man den rechten Schenkel des Ableitungsrohres b in
Quecksilber, dieses Rohr dient als Manometer; das Zuleitungsrohr a
verbindet man durch einen mit dem Schraubenquetschhahn d ver-
sehenen dickwandigen Kautschukschlauch mit einer zur Entnahme der
(asproben bestimmten Gaspipette. Durch Entnahme einer entsprechen-
den Gasmenge stellt man das Quecksilberniveau im Manometerrohr
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 371
auf beliebige Höhe ein und füllt alsdann den Gummischlauch und den
linken Schenkel des Rohres a mit Quecksilber; dadurch wird ein voll-
kommen luftdichter Verschluß bewirkt, da die innere Atmosphäre des
Kolbens von der äußeren Luft durch Glas und Quecksilber getrennt
bleibt. Die Entnahme der Gasproben und die Ermittlung des Kolben-
volumens führt man auf dieselbe Weise aus wie beim Bonnierapparat,
nur daß man die dortige Gaspipette durch folgende zweckmäßige Modi-
fikation ersetzen kann (Fig. 115). Außer dem Dreiweghahn R ist an der
Pipette noch der einfache Glashahn S zwischen den beiden Gefäßen /! und !’
angebracht; durch entsprechende Drehung des Dreiweghahnes stellt
man die Kugel ! je nach Bedürfnis entweder mit dem Rohr b oder mit
dem Rohr d in Kommunikation. Der einfache Hahn $ dient zur Regu-
lierurg des Quecksilberstromes. Handelt es
sich darum, den Atmungskoeffizienten sehr
geringer Mengen von Pflanzensubstanz zu be-
stimmen, so sperrt man die zu untersuchen-
den Objekte mit Quecksilber in sehr dick-
wandige Reagenzgläser ein, wo die Pflanzen
im oberen Teile durch Glaswolle festgehalten
‚Fig. 114. Kulturkolben nach Palladin für Samen Fig. }15. Gaspipette zur Entnahme
oder Blätter. von Gasproben.
sind. Die Entnahme von Gasproben erfolgt mit der Gasbürette und
die Messung in einem der üblichen Eudiometer.
Der genaueste der für die Pflanzenatlmung verwendeten Apparate,
allerdings etwas komplizierter in der Handhabung ist der von Polowzow-
Richter (Fig. 116), den ich in der Beschreibung Palladins vorführe.
Der wichtigste Teil des Apparates ist das Meßrohr AA’A’’A’’; der kali-
brierte Teil des Rohres befindet sich in dem mit Wasser gefüllten Glas-
zylinder B, das äußere Ende A’’ in der Quecksilberwanne c, in welche
auch die Enden der Gaspipetten D und E hineinragen. Das andere
Ende des Meßrohres ist mittels eines diekwandigen Gummischlauches
mit der Birne H verbunden, die mit Quecksilber gefüllt ist. Mittels
dieser Birne und des Glashahnes e kann man das Quecksilberniveau im
Meßrohr auf beliebige Höhe einstellen. Der nicht graduierte Teil des
Meßrohres 000 A’’ A’’’ ist ein enges Kapillarrohr; dadurch wird eine
bequemere und genauere Einstellung des Quecksilberniveaus auf dem
Strich O erzielt; für feinere Verschiebungen des Quecksilbers dient die
in einem Ansatzrohr in Quecksilber versenkte Stahlschraube e.
Die Quecksilberwanne c und die beiden Gaspipetten D und E
sind durch diekwandige Gummischläuche und durch ein T-Rohr mit
24*
372 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
der Birne g verbunden. Wenn man die beiden Glashähne n und p
schließt und den Quetschhahn M öffnet, so kann man die Wanne c
mit Hilfe der Birne entleeren oder mit Quecksilber füllen. Wenn man
den Quetschhahn M schließt und einen der beiden Glashähne n und’ p
öffnet, so kann man durch die entsprechende Gaspipette Quecksilber,
je nach Lage der Birne, in beliebiger Richtung fließen lassen. Für feinere
Verschiebungen der Quecksilbersäule im oberen Rohre der Pipette D
dient die Stahlschraube /; die Pipette D ist für Kalilauge bestimmt,
die Pipette E ist eine Explosionspipette, in deren obere Räume Platin-
drähte eingeschmolzen
sind, die aufwärts gerich-
tet sind und an ihren
Enden 1—2 mm von-
einander abstehen ; außer-
halb der Kugel sind die
Platindrähte mit den Pol-
drähten eines Ruhm -
korffschen Funken-
induktors in Verbindung
gebracht, der seinerseits
einem Zink - Kohle - Ele-
ment angeschlossen ist,
das mit einer Chromsäure-
lösung aus 92 g K,Cr,O,,
93,5 ccm konzentrierter
Schwefelsäure und 900 g
Wasser beschickt ist.
Durch das Überspringen
des Induktionsfunkens in
der Kugel E ist das Ver-
puffen minimalster Gas-
quantitäten ermöglicht.
Das Ablesen des Meß-
rohres führt man mit Hilfe
eines Horizontalmikro-
skopes aus, das durch
Auszug und Zahntrieb
= vertikal und horizontal
= ver verstellbar ist. Man stellt
Fig. 116. Apparat nach Polowzow-Richter, das Instrument so ein, daß
jeder Millimeterabstand
des Meßrohres durch das Mikrometer im Okular des Mikroskopes in
20 Teile geteilt wird. Für die Analyse sind kleine Eprouvetten von
6—7 em Länge mit angeschmolzenem Glashalter notwendig.
Mittels der beiden Birnen g und H füllt man das Meßrohr, die
beiden Gaspipetten D und E und die Wanne c mit reinem, trockenem
Quecksilber. Nach dem Füllen der Gaspipetten und der Wanne c bis
zum Strich Im dürfen nur 2—3 cem Quecksilber in der Birne g bleiben.
Den Glaszylinder B füllt man mit destilliertem Wasser und deckt ihn
mit einer Glasplatte zu. Von Zeit zu Zeit wird das Wasser abgehebert
und durch frisches ersetzt. Die Kugel der Gaspipette D füllt man zu
einem Drittel mit verdünnter Kalilauge (7 prozentiges KOH verändert
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 37a
die Tension des Wasserdampfes nicht, man braucht also in diesem Fall
nach Absorption der Kohlensäure das Gas nicht wieder anzufeuchten,
während man es bei Verwendung stärkerer Kalilauge vor der Messung
in die Pipette E überzuführen hat, wo es durch das den Wänden der
Pipette anhaftende Wasser angefeuchtet wird). Das Füllen der Ab-
sorptionsgefäße mit Kalilauge geschieht auf folgende Weise: Eine Eprou-
vette wird mit etwa 3—4 ccm Kalilauge beschickt und die Lauge mit
Quecksilber abgesperrt; die Eprouvette überträgt man mittels eines
eisernen Löffels in die Quecksilberwanne c und setzt sie unter Queck-
silber auf die Mündung der Absorptionspipette so tief auf, daß das
Ende der Pipette in Kalilauge taucht. Jetzt saugt man mit Hilfe der
Birne g eine entsprechende Menge der Kalilösung in die Pipette ein,
wonach man durch Aufheben der Eprouvette das obere Ende der Pipette
in Quecksilber versenkt; dann saugt man eine Zeitlang Quecksilber
in die Pipette ein, um die Lauge, welche den Wandungen des oberen
Rohres anhaftet, zu entfernen. Nach dem Füllen der Pipette ist also
die in der Kugel enthaltene Kalilauge durch das im oberen Rohr be-
findliche Quecksilber gesperrt; die Bestimmung des Sauerstoffs ge-
schieht durch Verpuffung mit Wasserstoff als Knallgas, den man sich
durch Elektrolyse von Wasser bereitet und in den durch Quecksilber
gesperrten Eprouvetten aufbewahrt.
Vor dem Gebrauche muß der Apparat sorgfältig kalibriert werden.
Der linke Schenkel des im Glaszylinder B befindlichen Teiles des Meß-
rohres ist in Millimeter geteilt, am rechten engeren Schenkel des Rohres
ist aber nur eine Marke OÖ auf dem Niveau des Striches /Im der Queck-
silberwanne aufgetragen. Bei der Analyse stellt man die Kuppe des
Quecksilbermeniskus im rechten Schenkel des Rohres genau auf den
Strich O ein; die Messung des Gases findet also bei Atmosphärendruck
statt. Nun muß noch das Volumen des Raumes 0°0 ermittelt werden.
Man sperrt in eine Eprouvette einige Kubikzentimeter Luft mit Queck-
silber, überträgt die Eprouvette in die Wanne c, setzt sie unter Queck-
silber auf das Ende der Meßrohres auf und saugt mittels der Birne H
und des Hahnes a zuerst etwas Luft, dann eine geringe Menge Queck-
silber, schließlich wieder Luft in das Meßrohr ein; das Volumen des
eingeführten Quecksilbers hält man möglichst annähernd so groß wie
der Raum 0 0’ ist, entfernt eventuell einen Quecksilberüberschuß durch
die Schraube e. Die eingeführte Quecksilbersäule stellt man so ein.
daß die Kuppe des unteren Meniskus mit dem Striche O zusammen-
fällt, und notiert unter Ablesung mit dem Horizontalmikroskop die
Lage des höchsten Punktes beim anderen Meniskus im linken Schenkel
des Rohres; dann verschiebt man die Quecksilbersäule so, daß der
rückwärtige Meniskus die Lage des vorderen einnimmt, und nofiert die
neue Lage; so mißt man das ganze graduierte Rohr mit derselben
Quecksilbersäule und kann die entsprechenden Korrekturen anbringen.
zu denen noch die für den Raum 0° O ermittelte Zahl addiert werden muß.
DieAnalyse: Das zu analysierende Gas muß in einer Eprouvette
wit Quecksilber abgesperrt sein, die Eprouvette wird in die Wanne c
übertragen, unter Quecksilber auf das Ende des Meßrohres aufgesetzt
und eine entsprechende Gasmenge in das Meßrohr eingesaugt und dieses
dann durch Aufheben der Eprouvette mit Quecksilber gesperrt. Dann
entfernt man die den Gasüberschuß enthaltende Eprouvette aus der
Wanne und ersetzt sie durch eine andere, die völlig mit reinem, trockenem
374 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
Quecksilber gefüllt ist; diese Eprouvette läßt man im Quecksilber
schwimmen, indem man den Glashalter an dem Haken Ah aufhängt. Nun
stellt man das Quecksilberniveau in der Wanne c genau auf den Strich
Im ein, den Quecksilbermeniskus im rechten engeren Schenkel des Rohres
stellt man mit Hilfe der Schraube e und einer Lupe auf den Strich O
ein, notiert nach Ablesung mit dem Horizontalmikroskop die Lage des
höchsten Punktes des Quecksilbermeniskus im linken Schenkel des
Meßrohres und berechnet nach der Korrektionstabelle das korrigierte
Gasvolumen. ‚Jetzt führt man das Gas aus dem Meßrohr in die mit
Quecksilber gefüllte Eprouvette über, die man hierbei unter dem Queck-
silber auf das Ende des Meßrohres so tief aufsetzt, daß das Ende des
Rohres die Wölbung der Eprouvette berührt. Diese überträgt man dann
unter Quecksilber auf das Ende der Absorptionspipette D und saugt
das Gas mittels der Birne g und des Hahnes n in die Pipette ein. Bei
Anwendung einer verdünnten Kalilösung muß das Gas etwa 10 Minuten
in der Pipette bleiben, während dieser Zeit läßt man durch Senken der
Birne g und eine entsprechende Drehung des Hahnes n Quecksilber
tropfenweise aus der Wanne in die Pipette fließen; nach Ablauf von
10 Minuten treibt man das Gas aus der Pipette in die auf das obere Rohr
aufgesetzte Eprouvette zurück; der größte Teil des Gases wird mit
Hilfe der Birne g ausgetrieben; zuletzt schließt man den Hahn und ent-
fernt den Rest des Gases mittels der Schraube /, wobei man das Queck-
silberniveau in der Wanne c so niedrig einstellt, daß man das Ende des
oberen Rohres mit der daraufgesetzten Eprouvette sehen kann. Beim
Verdrängen des Gases aus der Absorptionspipette hat man dafür zu
sorgen, daß keine Spur Lauge in die Eprouvette eindringt; sollte das
geschehen sein, so führt man das Gas in die Pipette über und ersetzt
die verunreinigte Eprouvette durch eine mit reinem Quecksilber ge-
füllte, weil sonst beträchtliche Fehler bei der nachfolgenden Ablesung
geschehen können. Nach Absorption der Kohlensäure wird das Gas
wieder in das Meßrohr übergeführt und neuerdings das Volumen ab-
gelesen; die Differenz beider Ablesungen ist die Menge der Kohlensäure.
‚Jetzt treibt man das Gas in die Eprouvette zurück, in die Wanne c führt
man eine mit Wasserstoff gefüllte Eprouvette ein, setzt sie auf das Ende
des Meßrohres auf und saugt in das Meßrohr ein Quantum Wasserstoff
ein, das man nach dem mutmaßlichen Sauerstoffgehalt des zu messenden
Gasgemisches wählt. War die Menge der Kohlensäure geringer als 8 %,
so muß die aufgesogene Wasserstoffmenge etwa zwei Fünftel des ur-
sprünglichen Volumens des zu analysierenden Gases betragen; man
ermittelt das Volumen des Wasserstoffes und führt ihn dann in die
Eprouvette über, welche das zu analysierende Gas enthält; der Inhalt
der Eprouvette wird dann in die Explosionspipette eingesogen und ver-
pufft. Die Explosion wird dadurch hervorgerufen, daß man das Zink-
Kohle-Element einen Moment in Betrieb setzt. Dabei senkt man die
Birne g möglichst tief und öffnet gleichzeitig den Hahn p, wodurch ein
Quecksilberstrom von der Wanne c in die Pipette hergestellt wird.
Nach der Verpuffung treibt man das Gas durch Heben der Birne g
in die Eprouvette zurück, die Eprouvette überträgt man auf das Ende
des Meßrohres, saugt das Gas in das Meßrohr ein und ermittelt das
Volumen des Gases. War a das Volumen des zu analysierenden Gases
nach erfolgter Kohlensäureabsorption, b das Volumen des Wasserstoffs
und c das Volumen der Gasmischung nach der Explosion, so ist das
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 37
Volumen des Sauerstoffs — a Der Stickstoff wird aus der
Differenz berechnet. Ist der Sauerstoffgehalt des zu analysierenden
Gases sehr gering, so ist es möglich, daß beim Überspringen des Funkens
gar keine Explosion stattfindet; in diesem Falle fügt man eine gemessene
Menge von etwa einem Drittel vom Volumen des zu analysierenden
Gases an Knallgas hinzu und wiederholt die Verpuffung. Man kann
mit dem Polowzow schen Apparat selbstredend nicht nur ein Gas-
gemisch von Kohlensäure, Sauerstoff und Stickstoff analysieren, sondern
auch Wasserstoff, Kohlenoxyd, Methan und anderer Gase mit Hilfe
geeigneter Absorptionsflüssigkeiten bestimmen. Zur Analyse eines Ge-
misches von Kohlensäure, Wasserstoif, Sauerstoff und Stickstoff bringt
man das Gas nach Bestimmung des Gesamtvolumens zunächst in Kali-
lauge, wo die Kohlensäure absorbiert wird, dann verpufft man es zur
Bestimmung des Wasserstoffs in der Explosionspipette, wobei man
bei Zuführung von Knallgas dessen Menge nicht zu hoch wählen darf,
da sonst ein Teil des Stickstoffs zu Stickoxyden oxydiert werden kann.
Hat nach der Explosion eine Volumenverminderung stattgefunden, so
setzt man dem Gase eine im Meßrohr genau abgemessene Menge kohlen-
säurefreier Luft zu und bringt wieder zur Verpuffung, wiederholt diesen
Vorgang eventuell bei nochmaliger Volumverminderung; bleibt das
Volumen des Gases nach der zweiten Explosion unverändert, so be-
rechnet man das Volumen des Wasserstoffs folgendermaßen: war a
das Volumen des Gases nach der Absorption der Kohlensäure und b
2
nach der Explosion, so ist das Volumen des Wasserstoffs 3 (a—b).
War das mit Sauerstoff verbrennbare Gas reiner Wasserstoff, so darf
bei der Explosion keine Spur Kohlensäure gebildet worden sein, wovon
man sich durch nochmalige Absorption in Kalilauge überzeugt. Für die
Bestimmung des Sauerstoffs nimmt man besser eine neue Gasprobe
und zieht bei der Zufügung von Wasserstoff zur Explosion die im Gas-
gemisch bereits vorhandene Wasserstoffmenge in Rechnung.
Die Kohlensäurebestimmungen mit dem Polowzow schen Ap-
parat haben eine Fehlergrenze von 0,15 % die Sauerstoffbestimmungen
von 0,1 %. Für die Genauigkeit der Bestimmungen ist vor allem exaktes
Kalibrieren des Meßrohres von Belang, ferner die Reinheit des Queck-
silbers. Wenn man bemerkt, daß das Quecksilber sich nicht sehr leicht
im Meßrohr bewegt oder gar an der Wand haften bleibt, muß das Rohr
gereinigt werden. Man setzt unter dem Quecksilber eine mit 15 pro-
zentiger Salpetersäure gefüllte Eprouvette auf das Ende des Meßrohres
auf und führt die Flüssigkeit in das Rohr ein; nach einigen Minuten
treibt man die Flüssigkeit in die Eprouvette zurück und wäscht das
Rohr ebenso einigemal mit destilliertem Wasser. Dann entleert man
das Meßrohr, den Gummischlauch P und die Birne H und trocknet
das Rohr mittels Durchblasens erwärmter Luft. Die Einstellung der
Quecksilbersäule auf den Strich O im Meßrohr muß immer durch eine
Bewegung in der Richtung des Pfeiles erfolgen. Die Ablesungen während
einer Analyse müssen bei konstanter Temperatur vorgenommen werden,
die Temperaturschwankungen kontrolliert man mittels eines im Zylinder
B in das Wasser getauchten Thermometers und gleicht durch Zugießen
wärmeren oder kälteren Wassers aus. Man kann mit Hilfe dieses Apparates
während kurzer Zeit (eine Analyse nimmt höchstens eine halbe Stunde
376 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
in Anspruch) eine ganze Reihe exakter Gasmessungen durchführen, für
jede Analyse genügen sehr geringe Gasmengen; der Apparat erfordert
wenig Quecksilber und seine Handhabung ist, einmal eingeübt, nicht
schwierig. Die Art der Gasbestimmung durch Explosion ermöglicht
nicht nur eine sicherere und elegantere Sauerstoffbestimmung als durch
Absorption mit alkalischer Pyrogallollösung, sondern auch die Be-
stimmung von Wasserstoff, Kohlenoxyd und anderer Gase.
Einfacher ist der Apparat von Bonnier und Mangin, von
welchem zunächst die Modifikation von Baranetzky beschrieben sei
(Fig. 117). Auf einem Holzbrettchen ist das etwa 0,7 mm weite mit der
Kugel e und dem Glashahn A versehene Glasrohr montiert. Der etwa 70 bis
100 em lange Teil cd des Rohres ist in Millimeter geteilt und kalibriert.
Ein an die Kugel angeschalteter Kautschukschlauch verbindet das Rohr
mit der Birne /, die in einem auf einem Stativ verstellbaren Messingring
liegt. Der Teil a des Rohres ist in eine (auf der Abbildung nicht dar-
gestellte) mit Quecksilber gefüllte Glaswanne eingeführt. Das ganze
Rohr, die Kugel e, der Gummischlauch und die Birne f sind mit Queck-
silber gefüllt. Die Eprouvette,
welche das zu analysierende Gas
enthält, wird nun in die Queck-
silberwanne eingeführt und unter
Quecksilber auf das Ende des
Rohres a aufgesetzt. Durch
Senken der Birne / und gleich-
zeitiges Öffnen des Hahnes h
fängt man eine entsprechende
Gasmenge in dem Teil ab des
Rohres ein und sperrt das Gas
durch Heben der Eprouvette
r mit Quecksilber. Sobald das
ci: sehn re a ir eingeführte Gas den graduierten
Raum des Rohres eingenommen
hat, schließt man den Hahn h und legt die Birne f in den Messing-
ring. Jetzt senkt man die Nadel 9, bis sie die Oberfläche des
Quecksilbers in der Birne berührt, und schraubt sie in dieser Lage
fest; diese Lage der Nadel bleibt während der ganzen Dauer der
Analyse unverändert. Nachdem man die Länge der Gassäule er-
mittelt hat, entfernt man aus der Wanne die den Überschuß des Gases
enthaltende Eprouvette und ersetzt sie durch eine andere Eprouvette,
welche mit konzentrierter Kalilauge gefüllt ist. Durch Senken der
Birne f und Öffnen des Hahnes h führt man die Lauge in den Teil ab
des Rohres ein. Durch Heben der Birne treibt man die Lauge sofort
in die Eprouvette zurück und führt gleichzeitig das Gas in den Teil ab
des Rohres über, wobei man darauf achtet, daß die Gassäule den Hahn Ah
nicht erreicht. Die den Wandungen des Rohres anhaftende Kalilauge
absorbiert die Kohlensäure aus dem Gasgemisch. Jetzt öffnet man
wieder den Hahn h und treibt das Gas in den graduierten Teil des Rohres,
wonach man die Birne f so einstellt, daß die Nadel g die Oberfläche
des Quecksilbers berührt. Dann schließt man den Hahn und liest die
Länge der Gassäule ab, die Differenz der beiden Ablesungen gibt die
Menge der Kohlensäure. Jetzt führt man ebenso alkalische Pyrogallol-
lösung in das Rohr ein und bestimmt durch dieselbe Manipulation die
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. SEE
Menge des enthaltenen Sauerstoffs. Nach Beendigung der Analyse
entfernt man die Quecksilberwanne, verbindet das Ende a des Rohres
durch einen Gummischlauch mit einem kleinen Trichter, füllt den Trichter
mit verdünnter Salpetersäure, saugt die Säure in das Rohr ein und treibt
sie in die Eprouvette zurück, welche Operation man zwei- bis dreimal
wiederholt, um schließlich das Rohr in derselben Weise mehrmals mit
destillierttem Wasser zu waschen. Dann entfernt man den Trichter,
entleert durch Senken der Birne das Rohr und die Kugel e und trocknet
das Rohr mittels Durchsaugens von Luft, wobei man den das Rohr
mit der Birne verbindenden Gummischlauch entfernt. Der graduierte
Teil des Rohres ist mit einer Glasplatte bedeckt, wodurch ein durch den
Experimentator mögliches Erwärmen des Rohres verhütet wird. Auf
diese Weise wird der Prozentgehalt an den einzelnen Bestandteilen
eines Gasgemisches ermittelt. Ist auch die Kenntnis der absoluten Menge
des absorbierten Sauerstoffs und der gebildeten Kohlensäure erwünscht,
so muß nicht nur die prozentische Zusammensetzung, sondern auch
das Gesamtvolumen des Gases im Rezipienten sowohl zu Beginn als
am Ende des Versuches ermittelt werden. Handelt es sich aber nur
um den Koeffizienten nn so ist der Inhalt des mit den Pflanzen be-
2
schickten Rezipienten nicht von Belang; in diesem Falle genügt eine
Bestimmung der einzelnen Bestandteile des Gasgemisches am Ende
des Versuches. Es seien a, b und c die am Ende des Versuches für
Kohlensäure, Sauerstoff und Stickstoff (welcher physiologisch nicht in
Aktion tritt) gefundenen Prozentzahlen. Die Zusammensetzung der
Luft im Rezipienten zu Beginn des Versuches sei O, = 20,9%, N; =
79,1%. Ist ce nicht — 79,1 %, so bedarf die für den absorbierten Sauer-
stoff gefundene Zahl einer Korrektur in folgender Weise: ist die Menge
des Stickstoffs c, so war die dem Stickstoff äquivalente Sauerstoff-
B [6 e : - z
menge gleich 20,9 - 97 danach ist die Menge des absorbierten Sauer-
20,9 -c ir: CO, a
’ Kae, y a A ee Be-
stoffs gleich 79,1 b und der Koeffizient Ö, 20,9 e
79,1
ich ir den Quotienten __ mit q, so ist SE an
zeichnen wir den Quotienten „, | mi Q, so is Wr Br
ermittelt durch eine Reihe von Analysen den von 20,96 % bis 20,80 %
schwankenden Sauerstoffgehalt der umgebenden Luft und berechnet
danach die Größe von q.
Der Apparat von Bonnier und Mangin!), der eine sehr genaue
Analyse von Gasgemischen auf einfachem Wege gestattet (Fig. 118), be-
steht aus dem Pumpenkörper AB, der prismatisch oder zylindrisch geformt
ist und nach rückwärts durch einen zylindrischen Teil RR, aus Bronze
fortgesetzt wird und dort mit einer Schraubenmutter versehen ist, in welche
durch Reibung der Stempel des Schraubenstückes T eingepaßt ist. Dieses
ist an einer Seite durch den Pumpenstempel P begrenzt und auf der
andern durch eine runde Scheibe mit dem Handgriff M, welcher den
Stempel mehr oder weniger tief in den Pumpenkörper hineinzutreiben
1) Aubert, Nouvel appareil deM.M.Bonnier et Mangin pour l’analyse
des gaz, Revue generale de botanique E39 ABI):
[0 0)
378 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
WW)
gestattet. Dieser letztere liegt mit einer seiner Flächen auf dem Brett
X Y aufmontiert. Die entgegengesetzte Fläche besitzt zwei Öffnungen,
die eine, O ist kapillar und ganz am Rande des Pumpenkörpers an-
gebracht und kann hermetisch durch die Schraube V geschlossen werden;
in der anderen, O,, ist eine Röhre C angebracht, die durch eine Art
Trichterrohr mit dem langen Kapillarrohr DEFGH verbunden ist,
welches eine Innenweite von zirka 1 mm besitzt. Am Beginn dieser
Röhre ist eine Erweiterung von 1—2 ccm Fassungsraum angeblasen,
die Röhre ist bei D rechtwinklig gebogen. Der horizontale Teil DE
von 70 cem Länge ist fein kalibriert und gleichmäßig der Länge nach
graduiert. Die 600 Teilgrade umfassen beiläufig 60 em. Die Röhre be-
sitzt überdies noch drei rechtwinklige Biegungen bei E FG. Der aufrecht-
stehende Teil GH ist am Ende ausgezogen und bildet die senkrechte
Achse der dickwandigen Glaswanne L. Das Ende H ist außerhalb der
Ebene gelegen, in welcher die horizontale Achse des Rohres DE lieg!.
Die Wanne L ist an ihrem Grunde durch eiserne Schrauben an der
Metallstütze N angeschraubt, die ihrerseits an dem Brett XY befestigt
ist. Diese Metallfläche bildet in ihrem oberen Teile den Boden der
Fig. 118. Bonnier-Mangins Atmungsapparat.
Küvette, die überdies mit einer schmalen Rinne versehen ist, deren
Lichte sich nach außen bei N erstreckt und durch einen Metallstöpsel
verschlossen ist. Der Apparat wird folgendermaßen mit Quecksilber
gefüllt. Der Schraubenstempel wird völlig nach rechts mittels der
Handhabe M zurückgezogen, die Stütze XY wird von der Seite X
gehoben und zirka 30 Grad geneigt. Nachdem die Schraube V gelüftet
ist, gießt man mittels eines kapillar ausgezogenen Trichters durch die
3ohrung O vollkommen reines, trockenes Quecksilber. Nachdem der
Pumpenkörper voll ist, klopft man ihn an seiner Oberfläche leicht, um
eventuell hineingeratene Luftblasen bei O0 herauszutreiben, welche an
den Wänden haften könnten. Man setzt die Schraube V wieder auf
und bringt den Apparat in die Horizontallage. Die Wanne L wird darauf
mit reinem trockenem Quecksilber so gefüllt, daß die freie Quecksilber-
oberfläche über der Horizontalachse der Röhre DE liegt. Dann dreht man
den Pumpenkolben in den Pumpenkörper ein. Das Quecksilber er-
füllt allmählich die Erweiterung und alle Teile der Röhre DEFGH.
So vorbereitet kann aber der Apparat noch nicht zur Analyse verwendet
werden, da das Kapillarrohr immer noch Staubkörnchen enthält, welche
an den Wandungen haften, so daß das Quecksilber sich nicht gleich-
mäßig ausdehnen kann und Luftbläschen einschließt. Man wäscht also
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 379
die Kapillarröhre mit reiner verdünnter Salzsäure und darauf einigemal
mit destilliertem Wasser.
Die Salzsäure befindet sich in einer Glasröhre, welche eng genug
ist, um in den weniger breiten Teil der Wanne L eingeführt zu werden.
Man kehrt die mit dem Daumen verschlossene Röhre T unter Queck-
silber um und taucht sie soweit ein, daß der äußerste Teil der Röhre H
in die Säure taucht. Sie sitzt jetzt fest und währenddes wird der Pumpen-
kolben ein wenig nach rechts zurückgezogen, so daß die Säure bis gegen
D eindringt, bis zum Beginn der Erweiterung, aber noch nicht in diese
selbst hinein. Die Säure wird dann wieder durch vorsichtige Drehung
des Kolbens nach links hinausgedrängt. Eventuell führt man noch eine
Ausspülung mit der Säure durch. Wichtig ist, daß die Flüssigkeiten —
man wäscht dann auf dieselbe Weise mit Wasser nach — nur ganz lang-
sam hinausgetrieben werden. Dann trocknet man das Kapillarrohr:
man nimmt eine völlig reine trockene Eprouvette, taucht sie mit der
Mündung verkehrt in das Quecksilber oberhalb H. Man bewirkt
eine heftige Vertikalschwingung der Eprouvette, so daß das Ende
von H abwechselnd in Luft und Quecksilber ragt, und dreht unter-
des den Kolben P nach rechts. Dadurch dringt in das Kapillarrohr
abwechselnd eine Luftblase und etwas Quecksilber, das man langsam
wieder hinaustreibt. Das an den Wänden der Röhre DE anhaftende
Wasser wird durch den Quecksilbertropfen herausgezogen. Man tupft
es vorsichtig mit Josephspapier ab, so daß die Quecksilberfläche in der
Wanne trocken ist. Durch Wiederholung dieser Operation pflegt man
eine vollkommene Austrocknung der Röhre bewirken zu können, und
der Apparat ist zur Analyse fertig. Es sei eine Gasmischung von Sauer-
stoff, Stickstoff und Kohlendioxyd zu analysieren. Man bereitet vor-
her zur Absorption der Kohlensäure die Kalilauge und zur Absorption
des Sauerstoffs die alkalische Pyrogallollösung vor. Über ein mit
Quecksilber gefülltes sauberes Gefäß wird eine 7—8 cm hohe, 1 cm
breite, mit dem Daumen verschließbare Eprouvette gestülpt. Man gibt
ein kleines Stückchen Atzkali hinein und füllt den übrigen Raum mit
Quecksilber. Mittels einer umgebogenen Pipette führt man 3—4 cem
destilliertes Wasser ein und hat so eine Kalilösung bei Ausschluß von
Luft hergestellt. Ebenso verfährt man behufs Herstellung des Pyro-
gallats, nur daß man jetzt in die mit etwas festem Atzkali beschickte,
mit Quecksilber verschlossene Eprouvette statt des Wassers 3—4 cem
einer gesättigten, frisch in der Kälte bereiteten wässerigen Auflösung
von Pyrogallol aufsteigen läßt. Man muß den Eintritt von Luft in
diese Röhren verhindern und die Pyrogallollösung durch Umhüllung
mit schwarzem Papier vor Belichtung schützen. So hergestellte Lösungen
können für mindestens zwanzig Analysen dienen.
Für die Analyse des genannten Gasgemisches, das sich in einer
kleinen Eprouvette befindet, kehrt man diese, mit dem Daumen ver-
schlossen, um und überträgt sie über Quecksilber in die Wanne L. Man
schiebt sie darin so weit, bis das Ende des Kapillarrohres 7 mit dem
Gas kommuniziert. Man zieht den Kolben P nach rechts, bis die auf-
genommene Gassäule den Teil aFGH erfüllt. Die Gaseprouvette wird
gehoben, das Quecksilber in L mit Josephspapier getrocknet und die
Gassäule durch Rechtsdrehung des Kolbens mitgezogen und gelangt
in den graduierten Teil der Röhre. wo das Gesamtvolumen V bestimmt
wird. Wenn das Kapillarrohr nicht genau kalibrieıt ist, muß man die
380 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
Gassäule beiläufig immer in dieselbe Partie der graduierten Kapillar-
röhre hineinziehen, um den Fehler, welchen die ungenau kalibrierte
Röhre bieten würde, zu verringern.
Man bringt die Gassäule in den Raum bE aF zurück und appliziert
über dem Quecksilber in L die kleine Eprouvette mit der Kalilösung.
Durch Zurückziehen des Kolbens nach rechts wird eine kleine Menge
der Lauge nach bDEFGH gezogen. Man treibt die Lauge wieder in ihre
Eprouvette zurück und gleichzeitig trifft die Gassäule, welche sich in
der Erweiterung K und dem vorderen Teile des Kapillarrohres aus-
breiten konnte, welcher von der Laugensäule durch einen Quecksilber-
index von mehr als 10 cm Länge getrennt ist, an der Innenwandung
der Röhre, in bF, eine hinreichende Kalimenge, um das Kohlendioxyd
aus dem Gasvolumen V vollkommen zu absorbieren.
Wenn die ganze Laugensäule aus der Kapillarröhre entfernt ist,
verhindert ein Index von einigen Zentimetern Quecksilber das Ent-
weichen des Gases. Man entfernt die Laugeneprouvette, dann wird die
Oberfläche des Quecksilbers in L und die Spitze des Rohres H mit
Josephspapier abgetrocknet und die Gaskolonne im graduierten Teil
des Kapillarrohres angeordnet. Das neue Gasvolumen sei VÄ,<V,
dann repräsentiert V — V, das Volumen des Kohlendioxyds, welches
in einem Volumen V der Gasmischung vorhanden war. Man läßt dann
den Sauerstoff absorbieren, indem man von neuem die Gaskolonne
nach b/’ im Kapillarrohr bringt und aus der kleinen Eprouvette Pyro-
gallol einfließen läßt, das in derselben Weise wie früher die Kalilauge
behandelt wird. Man bringt die Gaskolonne in jenen Teil der Röhre,
die mit der Lösung benetzt ist, die Absorption des Sauerstoffs erkennt
man an der mehr oder weniger großen Braunfärbung des Innenraumes
der Röhre. Nachdem die Pyrogallollösung zurückgetrieben und das
Quecksilber der Küvette sorgfältig abgetrocknet worden ist, liest man
das Volumen V, des restlichen Gases ab. V, — V,ist dann das Volumen
des Sauerstoffs in der Gasmischung. V, ist schließlich die Menge des
Stickstoffs. Aus den gefundenen Zahlen kann man leicht das prozentuale
Verhältnis der Gasmischung feststellen. Nach der Analyse wäscht man
das Kapillarrohr mit verdünnter Salzsäure, mit destilliertem Wasser
und trocknet schließlich so wie früher mit Luft. Zuzeiten ist es gut.
das Quecksilber in L durch neues, trocken und sauber gehaltenes zu
ersetzen. Man kann den Apparat auch an ein Quecksilbereudiometer
anschließen, welches als Explosionspipette dient.
Bringt man Pflanzen in sauerstoffreie Atmosphäre, so findet natür-
lich keine Oxydation, aber doch Weitervegetieren auf Kosten einer
intramolekularen Spaltung des Energiemateriales statt. Dabei wird
neben Kohlensäure Alkohol gebildet; die Kohlensäureproduktion ist
in der Regel bei Sauerstoffabschluß bedeutend geringer als bei Sauerstoff-
zutritt. Wenn wir durch J die Menge des bei Sauerstoffabschluß, mit
N die Menge des unter normalen Verhältnissen produzierten Kohlen-
dioxyds bezeichnen, so finden wir bei verschiedenen Pflanzen nach
Palladin bei einigen Pflanzen folgende Werte von „;: junge Keim-
N‘
linge von Vicia Faba 1,197, Triticum vulgare 0,490, Zweige von Abies
excelsa 0,077, von Ligustrum vulgare 0,816. Die Menge der gebildeten
Kohlensäure ist vor allem von dem Kohlehydratgehalt der betreffenden
Pflanze abhängig. Etiolierte, kohlehydratfreie Bohnenblätter erzeugen
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 3s1
bei Sauerstoffabschluß nur geringe Mengen Kohlensäure und sterben
bald ab, nach dargebotener Zuckernahrung dagegen produzieren sie
große Mengen Kohlensäure und bleiben länger am Leben und ergrünen
am Lichte. Auf Kosten der Kohlehydrate entsteht auch der Alkohol,
etiolierte Stengelspitzen von Vicia Faba bildeten in der Anaerobiose
CO, :C,H,OH im Verhältnis 100 : 92,6, während dieses Verhältnis bei
nicht mit Zucker ernährten Exemplaren derselben Pflanze wie 100 : 26,5
war. Nach sauerstoffreier Behandlung pflegt die CO,- Entwicklung
bei Wiedereintreten normaler Verhältnisse einen starken Aufschwung
zu zeigen, da die Produkte der intramolekularen Zerspaltung nunmehr
oxydiert werden. Da die intramolekulare Verarbeitung eine geringere
Energiemenge produziert als die Oxybiose, ist im ersteren Falle eine
größere Quantität Betriebsmaterial notwendig als im letzteren.
Die Atmung, d. h. der Gaswechsel der Atmung, hält ferner auch
an, wenn die Pflanzen durch Mittel abgetötet würden, welche der Enzym-
arbeit keinen Eintrag tun; solche abgetötete Pflanzen scheiden große
Mengen Kohlensäure ab. Dieses Abtöten kann auf folgende Weise aus-
geführt werden: 1. Autolyse unter Zusatz eines von den
Giften, welche das Protoplasma abtöten, auf die Fermente aber kaum
einwirken, wie Chloroform, Nitrobenzol, Toluol; 2. Trocknen bei
niederer Temperatur und darauffolgendes Zerreiben. Das erhaltene
Pulver veranlaßt unter sterilen Bedingungen (in Gegenwart eines Giftes)
fermertative Reaktionen; 3. Behandlung mit Azeton; 4. die von Pal-
ladin ersonnene Methode der Abtötung durch niedere Tem-
peratur. Diese letztere Methode soll später geschildert werden. Durch
Erfrieren getötete Bohnenblätter wurden im Wasserstoffstrom bis zum
Aufhören der CO,-Produktion belassen, dann wurde der Wasserstoffstrom
durch einen Luftstrom ersetzt. Die Blätter erzeugten auch hier wieder
beträchtliche Mengen Kohlensäure und nahmen eine schwarze Färbung
an. Nachdem die Kohlensäureproduktion aufgehört hatte, wurden die
Blätter zerrieben und mit Pyrogallollösung versetzt, wodurch wieder
Kohlendioxydabscheidung eingeleitet wurde. Schließlich wurde Wasser-
stoffsuperoxyd zugegeben und auch die hier gebildete Kohlensäure-
quantität bestimmt. Von den im ganzen gebildeten 1183 mg CO, ent-
fielen auf den Wasserstoffstrom 100 mg, auf den Luftstrom 142 mg,
nach Zusatz von Pyrogallol entstanden 648 mg und nach Zusatz von
Wasserstoffsuperoxyd 293 mg. Als Atmungsmaterial kommen in erster
Linie Kohlehydrate und Fette in Betracht, sie nehmen ab, während
die Quantität der stickstoffhaltigen Anteile konstant bleibt, solange
jene nicht erschöpft sind. Die Anwesenheit von Kohlehydraten ist
für eine normale Atmung auch bei Überschuß an Eiweißstoffen not-
wendig, die Atmungsenergie sinkt aber auch bei Gegenwart von viel
Eiweiß sehr beträchtlich, wenn Kohlehydratmangel eintritt. Etiolierte
Bohnenblätter, die sehr eiweißreich sind, scheiden trotzdem nur ge-
ringe Mengen Kohlensäure aus, da sie nur sehr wenig Kohlehydrate
führen; ihre Atmungsenergie steigt fast ums Doppelte, wenn sie einige
Zeit auf Rohrzuckerlösung schwimmen gelassen wurden; doch besteht
kein konstantes Verhältnis zwischen Kohlehydratmenge und Atmungs-
energie.
Die Tatsache der intramolekularen Atmung läßt sich übrigens sehr
einfach demonstrieren. Sechs Bohnen werden 12 Stunden eingeweicht
und dann die Samenschale abgezogen, ohne daß der Embryo verletzt
3892 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
wird. Ein Rest der Testa muß aber übrigbleiben, um die Kotyledonen
zusammenzuhalten und das Eindringen von Luft zu verhindern, so
daß gezeigt werden kann, daß Kohlensäure auch ohne Zutritt von
freiem Sauerstoff entwickelt wird. Eine Eprouvette wird mit Queck-
silber gefüllt und in einer Glaswanne unter Quecksilber umgekehrt
(Nebenbei gesagt, soll man in allen Versuchen, in denen Queck-
silber zur Anwendung kommt, das betreffende Gefäß in eine starke
Holzfassung stecken, damit das Quecksilber, wenn irgend etwas passiert,
nicht auf den Fußboden rollen kann.). Die geschälten Bohnen werden
nun unter die Mündung der Eprouvette gebracht, so daß sie durch das
Quecksilber in die Eprouvette eindringen und auf dem Quecksilber
schwimmen. Am folgenden Tag ist die Eprouvette halb mit Gas ge-
füllt und die Bohnen nicht mehr halb von Quecksilber bedeckt sondern
deutlich sichtbar. Einige mit einer gebogenen Pipette eingebrachte
Kubikzentimeter Wasser und ein Stückchen Atzkali bilden eine starke
Kalilösung, welche das Gas
absorbiert, so daß das Queck-
silber fast biszur Kuppe steigt,
ein Beweis, daß das von den
Kohlen gebildete Gas Kohlen-
säure ist. Nimmt man eine
Röhre, die länger ist als
760 mm, füllt sie mit Queck-
silber, dreht sie ebenso unter
Quecksilber um und läßt in
ihr die Bohnen aufsteigen, so
befinden sich diese in einem
luftleeren Raum, da das
Quecksilber auf 760 mm, ent-
sprechend dem äußeren Luft-
druck herabgesunken ist und
Fig. 119. Bardelebens Apparat für intramolekulare in der BELTEIEI Toricelli-
TR ; Atmung hahere Pflanzen. ; ; sches Vakuum freigelassen
hat. Nach einiger Zeit wird
das Niveau des Quecksilbers um einige Zentimeter herabgedrückt sein,
und hinaufsteigen gelassene Kalilauge wird uns auch hier wieder durch
Absorption des Gases zeigen, daß dasselbe aus Kohlensäure bestand.
Um intramolekulare Atmung bei Pflanzen oder Pflanzenteilen ein-
zuleiten, muß man ihnen entweder die Sauerstoffzufuhr absperren oder
durch das Kulturgefäß ein anderes, nicht atembares Gas durchleiten.
Am geeignetsten ist für diesen Zweck Wasserstoff. In dem von Barde-
leben angegebenen Apparate (Fig. 119) wird das Gas aus chemisch reinem
(elektrolytisch gewonnenen) Zink z und fünffach verdünnter, reinster
Schwefelsäure entwickelt; da aber chemisch reines Zink mit chemisch
reiner Säure keinen Wasserstoff entstehen läßt, wird als Kontaktsubstanz
etwas Platinchlorid hinzugefügt. Der entwickelte Wasserstoff wird aus s
zunächst durch einen konischen, mit einer konzentrierten Lösung von
alkalischem Pyrogallol beschickten Kolben L durchgeleitet, um ihn von
jeder Spur Sauerstoff und Kohlensäure zu befreien. Der Kolben ist
mit einem dreibohrigen Kautschukstöpsel verschlossen ; dieser ist durch-
setzt von einem bis auf den Boden des Kolbens reichenden, rechtwinklig
gebogenen Glasrohr, durch welches das Gas zugeführt wird, in der
jaja]
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 383
mittleren Bohrung steckt ein mit zwei Hähnen versehenes T-Rohr T,,
in der dritten Bohrung ein Einfülltrichter mit Glashahn Tr. Alle Glas-
verbindungen des Apparates, welche durch Kautschukschlauch her-
gestellt sind, werden durch diekwandige Schläuche bewirkt und stehen
Glas an Glas. Der konische Kolben wird mit Kalilauge gefüllt, der
Apparat mit dem Wasserstoffentwickler verbunden und nunmehr Wasser-
stoff eingeleitet, wodurch der Sauerstoff vollkommen verdrängt wird;
jetzt schüttet man durch den Trichter die Pyrogallollösung hinzu, welche
in dem sauerstofffreien Kolben auch nach monatelangem Gebrauch
nur ganz schwach gefärbt bleibt. Auch der Bardeleben sche
Wasserstoffentwickler kann sehr lange Zeit benutzt werden, wenn man
dafür sorgt, daß die gebildete konzentrierte und darum zu Boden sinkende
Lösung vom Zinksulfat abgehebert und neue Schwefelsäure zugegossen
wird. Der so gereinigte Wasserstoff gelangt nun in die mit Pflanzen
bestandene Glocke, aus der er in einen Kohlensäureabsorbator, also
eine Pettenkofersche Röhre oder einen Kaliapparat eintritt, um
die in der intramolekularen Atmung entwickelte Kohlensäure abzugeben.
Den so montierten Entwicklungsapparat kann man mittels des T-Rohres
mit zwei Pflanzenglocken re-
spektive, wenn man an jedem
Arm des T-Rohres noch je ein
T-Rohr anschaltet, mit vier
solchen verbinden.
Statt des Wasserstoffs
kann man auch Sticksteff als
neutrales Gas verwenden, den
man durch Salmiaklösung aus
Kalinitritentwickelt. Die von
Kostytschew dazu kon-
struierte Einrichtung(Fig.120)
besteht aus dem 500. ccm fas- Fig. 12%. Kostytschews Einrichtung zur Entwicklung
senden Rundkolben A, der va Stickstoff als Medium der intramolekularen Atmung.
mit einem Gemisch von 85 g
reinstem Kalinitrit, 53,5 g Chlorammonium und 180 ccm Wasser
beschickt ist; das Gemisch ist zweckmäßig vor dem Gebrauch eine
Nacht über stehen zu lassen, weil dann die Entwicklung gleichmäßiger
vor sich geht. Der Kolben wird durch direkte Bunsenflamme erhitzt,
wobei aber der Flammenkegel selbst den Kolben nicht berühren darf;
der Inhalt des Kolbens löst sich bald auf und es beginnt die Gas-
entwicklung, deren Lebhaftigkeit durch geringere Erwärmung oder
Unterbrechen derselben abgeschwächt werden muß. Das Gas passiert
dann zunächst das Waschgefäß B, welches mit konzentrierter Schwefel-
säure getränkte Bimssteinstücke enthält, wo mitgerissenes Ammoniak,
das während des Prozesses entstanden ist, zurückgehalten wird; das
U-Rohr C ist mit Natronkalkstücken beschickt, um das entwickelte
Chlor zurückzuhalten, und die Waschflasche D, welche konzentrierte
Schwefelsäure enthält, dient hauptsächlich zur Kontrolle der Gas-
blasengeschwindigkeit, welche man durch Erwärmen, bzw. Abkühlen
des Entwicklungskolbens erzielt. Ein Quecksilberventil am Kolben
dient zur Entfernung eines eventuellen Gasüberschusses, wenn die
Entwicklung zu stürmisch werden sollte. Der Gasstrom wird mit der
Wasserstrahlpumpe in Gang gehalten. Immerhin erfordert der Apparat
384 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
beständige Aufsicht und man wird ihn, obwohl dadurch sehr reiner Stick-
stoff zur Entwicklung kommt, bei länger dauernden Versuchen durch eine
Stickstoffbombe ersetzen, aus der das Gas zunächst in einen Gasometer
geführt wird. Das Ableitungsrohr der Waschflasche D verbindet man
durch einen mit Schraubenquetschhahn versehenen Vakuumschlauch
mit dem zur Pflanzenglocke führenden Zuleitungsrohr. Das Ableitungs-
rohr der Glocke senkt man in Quecksilber oder in Ol ein und entwickelt
nun Stickstoff. Wenn aller Sauerstoff aus der Glocke verdrängt ist,
sperrt man den Schraubenquetschhahn, zieht den Schlauch vom Ab-
leitungsrohr der Waschflasche D ab und füllt ihn mittels eines Trichters
mit ausgezogener Spitze mit Quecksilber und setzt ihn auf das Ende des
Rohres C der Absorptionsröhre auf. Mit Hilfe der Gaspipette werden nun
von Zeit zu Zeit Gasproben entnommen, um die Kohlensäureausscheidung
der Pflanze zu kontrollieren. Selbstredend muß für luftdichten Verschluß
des Apparates und für die Abwesenheit jeder Spur Sauerstoff gesorgt
sein, wovon man sich durch eine Gasprobe zu Beginn des Versuches
überzeugt. Will man untersuchen, ob bei der intermolekularen Atmung
Fig. 12]. Apparat von Nabokich für intramolekulare Atmung im luftleeren Raum.
e, du. c1, dı—= Absorptionsgefäße: e u. eı—= Vorstoß, um Schwefelsäure, bzw. Phosphorsäureanhydrid
zurückzuhalten; ! u. A—= Quecksilberreservoir; # = Manometer.
neben Kohlensäure noch geringe Mengen anderer Gase entwickelt werden,
so kann man im Kohlensäurestrom arbeiten (wodurch allerdings die
Pflanzen wieder doppelt abnormalen Einflüssen ausgesetzt sind), indem
mandieses Gas im Bardelebenschen Apparat aus Marmor und Salz-
säure erzeugt, reinigt und durch die Pflanzenglocke leitet, worauf es in
einem mit konzentrierter Kalilauge gefüllten Eudiometer aufgefangen
wird; da die Kohlensäure hier zur Absorption gelangt, sammeln sich die
nicht absorbierten Gase über der Lauge an und können analytisch be-
stimmt werden. Statt ein neutrales Gas durchzuleilen, bedient sich
Nabokich für Versuche über intramolekulare Atmung des Iuftleeren
Raumes). Der diekwandige, beliebig große Rundkolben A (Fig. 121) wird
mit den zu untersuchenden Pflanzenteilen beschickt, sein Hals dann
am Gebläse zugeschmolzen und sämtliche Kolben mittels eines Sammel-
rohres F mit einer Vakuumpumpe verbunden. In unmittelbarer Ver-
bindung mit dem Kolben befindet sich der in ein Gemisch von Schnee
und Kochsalz versenkte Kühlapparat b, auf welchen die Trockensysteme
C und D folgen ; € ist mit konzentrierter Schwefelsäure, D mit trockenem
Phosphorsäureanhydrid beschickt; das Kühlrohr a dient zur Schonung
der Absorptionsmittel. Die Pumpe liefert infolge der vollkommenen
1) Nach W. Palladin und 8. Kostytscher |. c.
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 3835
Absorption des Wasserdampfes durch die Trockenröhren eine Luft-
verdünnung bis auf 0,25 mm Quecksilber, welche durch das Mano-
meter E kontrolliert wird und in längstens einer halben Stunde erreicht
ist. Nachdem die Luft vollkommen aus dem Kolben verdrängt ist,
wird sein Ableitungsrohr am Gebläse zugeschmolzen und die intra-
molekulare Atmung kann vor sich gehen. Zur Bestimmung der ge-
bildeten Atmungskohlensäure schaltet man zwischen die Röhren C und
D das große U-Rohr B ein, das zwei Glashähne besitzt; dieses Rohr
ist mit grobgepulvertem Natronkalk gefüllt, der mit gepulvertem Ätz-
natron bedeckt ist (am besten verwendet man, vorausgesetzt, daß
die analytische Wage eine solche Belastung zu wägen gestattet, 300 g
schwere Rohre, deren Füllung imstande ist, 25 g Kohlensäure zu ab-
sorbieren), ein zweites Rohr ist dann überflüssig, einem Wasserverlust
ist durch den Überschuß an Atznatron vorgebeugt. Nach dem Füllen
wird das Rohr zwei- bis dreimal evakuiert und sodann genau gewogen.
Das Rohr muß, da es an die Vakuumpumpe angeschaltet wird, dick-
wandig sein und wird nach Beendigung des Versuches wieder im
evakuierten Zustande gewogen, die vollkommene Absorption der Kohlen-
säure wird durch das Manometer kontrolliert. Um nun die Kohlen-
säure aus dem Kolben in das Rohr überzuführen, verbindet man das
ganze System samt dem abgeschmolzenen Kolben mit der Luftpumpe
durch F, evakuiert zunächst die Absorptionsgefäße, was fünf Minuten in
Anspruch nimmt, schließt dann den rückwärtigen Hahn des Rohres B
und bricht dann das innerhalb des Kautschukschlauches befindliche,
schon früher angefeilte Ende des Kolbenableitungsrohres innerhalb des
Schlauches ab; der Schraubenquetschhahn p gestattet ein Regulieren
des aus dem Kolben entweichenden Gases, Alkoholdampf wird im
Kühler a zurückgehalten. Nachdem die Hauptmasse der Kohlensäure
absorbiert ist, wird die Pumpe wieder in Tätigkeit gesetzt und so der
letzte Rest des Gases in die Absorptionsgefäße übergeführt. Zur Aus-
führung einer Alkoholbestimmung geht man verschieden vor, je nachdem
während des Versuches ein konstanter Gasstrom durchgeleitet oder das
Experiment im luftleeren Raume vorgenommen wurde. Im ersteren
Falle schaltet man zwischen Pflanzenglocke und die zur Absorption
der Kohlensäure bestimmten Röhren eine in schmelzendes Eis ver-
senkte, mit Wasser gefüllte Waschflasche, deren Ableitungsrohr auf-
wärts gerichtet und schlangenförmig gewunden ist. Nach Beendigung
des Versuches (von da an ist die Behandlung des Versuchsmaterials die-
selbe, wenn das Experiment im luftleeren Raume vor sich gegangen
war) wird der Inhalt der Versuchsglocke oder des Versuchskolbens
und der Waschflasche in einen geräumigen Destillationskolben hinein-
gebracht, Glocke und Flasche mit Wasser nachgespült, der Kolben mit
einer beträchtlichen Menge destillierten Wassers versetzt und nun so
lange destilliert, bis etwa die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage über-
gegangen ist. Das erhaltene Destillat wird von neuem destilliert, bis
etwa die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage übergegangen ist. Das
erhaltene Destillat wird von neuem destilliert usf., bis man schließlich
bei 50 ccm Destillat angelangt ist, welche man in einem gewogenen
Kölbchen auffängt, so daß man das Gewicht der überdestillierten Flüssig-
keit bestimmen kann, deren spezifisches Gewicht man pyknometrisch
ermittelt. Ist das erste Destillat sauer, so setzt man, um schließlich eine
neutrale Flüssigkeit zu erhalten, vor der zweiten Destillation etwas
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 25
386 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
Kalilauge oder Bleihydroxyd zu; ist die Reaktion alkalisch, so fügt
man etwas Weinsäure hinzu; völlige Klarheit des Destillates erhält
man, wenn man vor der zweiten Destillation den Destillierkolben etwas
schief stellt, zur Verhinderung des Schäumens etwas Tannin zusetzt
und schließlich eventuell das Destillat durch ein trockenes Filter filtriert.
Das Destillat kann man natürlich nach den angegebenen Methoden
qualitativ auf Alkohol prüfen, bevor man seine Menge ermittelt.
Da Palladin und Kostytschew das Auftreten kleiner
Mengen von Azeton neben Alkohol bei der intramolekularen Atmung
konstatiert haben, dieses Keton aber mit der Jodoformprobe reagiert,
so muß man zunächst die Abwesenheit von Azeton etwa durch die
Reaktion mit fuchsinschwefliger Säure prüfen, und erst wenn diese
negativ ausfällt, kann man zum Nachweis von Alkohol die Jodoform-
probe anwenden. Fällt sie aber positiv aus, so kann man die entstandenen
Aldehyde, respektive das Azeton in der Weise entfernen. daß man die
Flüssigkeit mit einem Überschuß von Natriumbisultit versetzt und bei
gelinder Wärme so lange destilliert, bis die Hälfte der Flüssigkeit in die
Vorlage übergegangen ist. Das Destillat versetzt man mit einem ge-
ringen Überschuß von Barytwasser und destilliert nochmals, worauf
das Destillat aldehyd- und ketonfrei ist, da diese Verbindungen in Form
von nicht flüchtigen additionellen Körpern zurückbleiben.
Zum Studium des Gaswechsels abgetöteter Pflanzen, in denen die
Enzymarbeit fortwirkt, wird heute zumeist das Abtötungsverfahren
Palladins!) durch niedere Temperaturen angewendet. Große,
etwa 100 ccm fassende Reagenzgläser werden mit unversehrten oder
zerstückten Pflanzen vollgefüllt und mit Kautschukstopfen gut ver-
schlossen. Damit die Salzlösung in die Reagenzgläser nicht eindringt,
beschmiert man die Pfropfen mit etwas Vaseline. Die Reagenzgläser
werden in einen mit Filz bezogenen Eimer gebracht und mit einem
Gemisch von Schnee oder feinzerkleinertem Eis, Natriumchlorid und
Ammoniumnitrat umgeben. Man tut zuerst eine Schneeschicht von
etwa 2—3 cm in den Eimer hinein, den Schnee bedeckt man mit einer
Schicht des Salzgemisches und legt darauf die Reagenzgläser, wobei
man die Zwischenräume zwischen den Reagenzgläsern mit Schnee füllt.
Die Reagenzgläser deckt man mit einer Schneeschicht, dann mit einer
Schicht des Salzgemisches, legt darauf wiederum Reagenzgläser usf.
Die oberste Reihe der Reagenszgläser deckt man erst mit einer Schnee-
schicht, dann mit einer Schicht des Salzgemisches, schließlich mit Filz
und stellt auf den Filz eine mit Schnee gefüllte Schale. Nach einer
Stunde sinkt die Temperatur im Innern der Reagenzgläser bis auf —20 °C.
Der mit den Reagenzgläsern versetzte Eimer wird in einem kalten Raume
für 24 Stunden in aller Ruhe belassen. Nach Ablauf dieser Zeit steigt
die Temperatur der Mischung, je nach den Temperaturverhältnissen
des Raumes, auf — 10 ° bis — 3 °. Für die Abtötung von in der Periode
starker Lebenstätigkeit begriffenen Samenpflanzen ist eine Temperatur
von — 20° bis — 25° nötig. Nabokich verwendete für die Er-
frierung der Pflanzen flüssige Kohlensäure; diese verflüchtigt sich aber
sehr schnell; für eine vollkommene Abtötung der Pflanzen ist jedoch
nicht so sehr der Grad als die Dauer der Temperaturerniedrigung von
1) W. Palladin, Zur Physiologie der Lipoide. Ber. d. d. bot. Ges. 28,
120 (1910).
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 387
Belang. Auch ist es wichtig, daß die Reagenzgläser möglichst dicht
gefüllt sind; eine Erfrierung der Pflanzen in denselben Rezipienten,
die dann für den Versuch selbst dienen sollen, ist zu vermeiden; ist
dies jedoch unvermeidlich, so muß man ein Thermometer in das Innere
des Gefäßes einführen, da die Temperatur der Kältemischung mit der-
jenigen der zu erfrierenden Pflanzen nicht immer übereinstimmt. Für
die Bestimmung der von den erfrorenen Pflanzen produzierten Kohlen-
säure tut man das Versuchsmaterial in ein U-Rohr hinein und legt in
das vordere Ende des U-Rohres etwas mit 4 cem Toluol getränkte
Watte. Das die U-Röhre passierende Gas ist auf diese Weise mit Toluol-
dampf gesättigt, wodurch eine Entwicklung von Bakterien verhindert
wird. Toluoldampf hat keinen Einfluß auf den Titer des zur Absorption
der Kohlensäure bestimmten Barytwassers. So abgetötete Pflanzen
erzeugen viel größere Mengen Kohlensäure als bloße Preßsäfte oder als
Pflanzen, die nach Buchner durch Azetonäther abgetötet wurden,
wofür sich die saftreichen Samenpflanzen überhaupt nicht eignen, die
Pflanzen sind ferner in ihrer Zellstruktur unversehrt, was sehr wichtig
ist, da Zerstörung der Zellstruktur oder Zerkleinerung der lebenden
Pflanzen die Enzymarbeit beeinträchtigt; dagegen liefern trockene
Pflanzenteile sehr wirksame Azetondauerpräparate.. Wenn Weizen-
keime mit verschiedenen Extraktionsmitteln in der Kälte behandelt
und dann ihre Atmungsenergie bestimmt wurde, zeigte sich ein enger
Zusammenhang derselben mit der Art des Extraktionsmittels, indem
das betreffende Extraktionsmittel (Toluol, Azeton, Benzol, Äther, Chloro-
form usw.) um so schädlicher auf die Kohlensäureabscheidung der be-
treffenden Pflanzen wirkte, je mehr Phosphor es denselben entzieht,
je mehr es also die Lipoide angreift.
Eine eigenartige Atmung zeigen auch bei normalem Luftzutritt die
Sukkulenten, bei denen sich in der Nacht eine Erhöhung der Azidität
des Zellsaftes unter Absorption von Sauerstoff zeigt, es wird hier nicht
Kohlensäure und Wasser als Atmungsprodukt gebildet, sondern eine
organische Säure als weniger hoch oxydiertes Zwischenprodukt der
Atmung, entsprechend dem Alkohol bei der intramolekularen Zerspaltung.
Ein Blatt von Rochea falcata oder von Bryophytum calicinum oder
crenatum wird am Abend eines warmen Sommertages von der Pflanze
abgeschnitten, in Stücke geteilt und in einer maßgeteilten Eprouvette
mit Glaswolle befestigt; die Eprouvette wird umgekehrt in Wasser ge-
stellt. Uber Nacht zeigt sich ein beträchtliches Aufsteigen von Wasser
in der Eprouvette als Beweis, daß Sauerstoff absorbiert, aber dafür nicht
entsprechend Kohlensäure gebildet wurde; zugleich kann man durch
Titration mit Sodalösung die Azidität bedeutend erhöht finden.
Für die Bestimmung der oberen oder unteren Temperaturgrenze,
welche die Blätter von Pflanzen aushalten, ohne zugrunde zu gehen, sind
am besten Pflanzen zu verwenden, welche durch Anderung ihrer Farbe die
Beschädigung anzeigen, so z. B. Oxalis acetosella, welche sich dabei in
Braun verfärbt. Man taucht Blätter von Oxalis in Wasser ein, dasauf 250 C
erwärmt ist, senkt ein Thermometer hinein und erwärmt nun allmählich:
die Verfärbung tritt bei 52 °C ein. Die Verfärbung ergibt sich aber schon
einige Grade früher, wenn die Blätter mittels der Pumpe mit Wasser
injiziert wurden; sie vermögen also in der Luft höhere Temperaturen
zu ertragen als im Wasser, denn die mit Wasser erfüllten Gewebe nehmen
offenbar die Temperatur des umgebenden Wassers schneller an als jene,
25*
388 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.
deren Interzellularen noch mit Luft erfüllt sind. Wenn der Zellsaft, z. B.
durch Anthokyan, gefärbt ist, dringt der gefärbte Saft erst in dem
Moment heraus, in welchem die Zelle getötet und das Protoplasma für
den Farbstoff durchlässig geworden ist. Man kann also dieses Verhalten
als Indikator für die Tötungstemperatur benutzen. Schnitte von roter
Rübe, etwa 3—4 mm stark, werden vollkommen von aus angeschnittenen
Zellen stammendem Safte freigewaschen und nun in das 25 grädige
Wasser eingelegt, das nunmehr sehr langsam erwärmt wird; bei 55—57 °
tritt eine Färbung des Wassers ein; noch genauer kann man die Er-
scheinung mittels eines heizbaren Objekttisches mikroskopisch ver-
folgen. Daß der Zellsait auch bei Abkühlen auf niedere Temperatur eine
Rolle spielt, haben namentlich die eingehenden Untersuchungen. von
Molisch und von Maximow gezeigt. Nach Molisch kann der
Zellsaft einer Pflanze zu Eis gefrieren, es zeigen sich Eisnadeln
im Gewebe, ohne daß die Pflanze stirbt, wobei im extremen Fall aller-
dings ein Zerreißen des Gewebes durch die Eisbildung sich einstellt,
welches den Tod der Pflanze bewirken kann; dagegen kann schon ohne
Gefrieren Schädigung und Tod der Pflanze durch Erfrieren ober-
halb des Eispunktes stattfinden; ein solches Erfrieren beruht auf Ver-
welken, indem die Wurzeln bei dieser Temperatur zu wenig Wasser
aufnehmen, um die fortdauernde Transpiration der Blätter zu decken;
aber zahlreiche Gewächse warmer Gegenden erfrieren bei Wärmegraden
über Null auch bei Ausschluß der Transpiration: in diesem Falle be-
ruht das Erfrieren auf einer irreversiblen Verschiebung des kolloidalen
Plasmagefüges. Wenn wir eine Gelatine erfrieren lassen, so beobachten
wir an allen Stellen des Kolloids das Auskristallisieren von reinem Eis,
zwischen welchem die ursprünglich homogene Gelatine nunmehr ein
kompliziertes Maschenwerk bildet; man kann nach dem Verfahren von
Molisch so die schönsten Eisblumen dauernd konservieren, indem
man einen Kolben mit Gelatine an den Wänden ausgießt, diese gefrieren
läßt und nun den Kolben innen mit absolutem Alkohol benetzt. Nach
dem Auftauen des Eises ist die Form der Eisblumen in dem Gelatine-
netzwerk ausgeprägt. Beim Gefrieren wird also Wasser aus dem Kolloid
herausgepreßt und ganz ähnlich verhalten sich die Kolloide der Zellen.
Durch den Wasserentzug schrumpfen die Zellen, indem der Turgordruck
abnimmt und die Zellgrenzen kollabieren. Sehr häufig zeigt sich das
Phänomen der Unterkühlung, d.h. die Tatsache, daß Lösungen von Salzen
in Wasser nicht bei ihrem Gefrierpunkt sich in Eis verwandeln, sondern
auf mehrere Grade unter Null abgekühlt werden können ohne zu erstarren.
Die geringste Erschütterung bewirkt dann unter rapider Erwärmung auf
den Eispunkt das Erstarren. Eine solche Verzögerung des Gefrierens
findet auch bei der Verteilung der Flüssigkeit in kapillaren Räumen
statt, wie das ja beim Plasma ebenfalls der Fall ist. Filtrierpapier mit
destilliertem Wasser angesogen, läßt sich auf —4° © unterkühlen, eine
wassergetränkte Tonkugel auf — 7°, Wasser in dünnen Kapillaren
ist bei — 10° noch flüssig. Deshalb gefriert das Wasser auch nicht
zunächst in den Zellen, sondern in den Interzellularen, welche relativ
weitlumige Kanäle vorstellen, wobei freilich durch die spitzigen Eis-
kristalle ein Zerreißea der Gewebe stattfinden kann. Haben sich aber
in den Interzellularen Eisklumpen gebildet, dann ist die Gefahr des
Gefrierens für den Plasmainhalt der Zelle selbst vermindert, denn das
könnte nur unter Volumvergrößerung geschehen, die aber durch die
XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 389
Eisschollen in den Interzellularen behindert wird. Der Tod der Pflanze
tritt schon bei der Eisbildung, nicht wie man früher vielfach glaubte, beim
schnellen Auftauen ein. Im Zustande der Unterkühlung können Pflanzen
lange lebend erhalten werden, auch wenn die Temperatur tief unter
den Todespunkt herabgeht, sterben aber dann sofort bei der Eisbildung,
während also die Temperatur steigt.
Ganz ähnlich wie beim Tier wirken auch bei der Pflanze die Fette
als Wärmespeicher. Wenn die Pflanze dem Winter entgegengeht, häuft
sie eine große Menge Reservestoffe in ihren Depots auf; diese Reserve-
stoffe werden nun durch ihre Lokalisierung gegen die Gefahr des Ge-
frierens möglichst geschützt, indem bei Bäumen die Stärke in den ge-
schützten Zentralzylinder der Achse geleitet oder zum Teil in Zucker,
zum Teil in Ol verwandelt wird. Das letztere hat Lidforß für alle
wintergrünen Gewächse festgestellt; die fetten Öle verwandeln sich vor
der Frühlingsmobilisierung wieder in Stärke. Nach der Theorie von
Mez sind nämlich flüssige Stoffe ‚thermisch aktiv“, d. h. bei ihrem
Gefrieren tritt Wärmeentbindung ein, während die festen Stoffe ‚‚ther-
misch passiv‘ sind; eine große Menge fester Stotfe bedeutet also für die
Pflanze beim Gefrieren eine Gefahr, der Besitz von flüssigen einen ge-
wissen Schutz. Es wurde aber schon eingangs für die Inulinpflanze
Cichorium Intybus gezeigt, daß mitunter die thermische Aktivität des
Zellsaftes doch eine Gefahr für die Pflanze bedeuten kann, indem die
Lösung wohl Wasser zurückhält und dadurch ein Schutz vor Erfrieren
gegeben ist, daß aber gerade dadurch das Wasser für die Hydrolyse
des Inulins erhalten bleibt, wodurch eine fortdauernde Verarbeitung
des Reservekohlehydrates und dadurch ein Verarmen der Pflanze an
Reservestoff gegeben ist. Fett und Zucker wirken gewissermaßen für
den Fall der Kristallisation als Wärmespeicher und erschweren überdies
die Unterkühlung. Bei den meisten Laubbäumen bleibt ein Teil der
Stärke im Zentralzylinder zurück und nur ein Teil wird in der Rinde
in Zucker umgesetzt; sie sind daher weniger beständig gegen Frost als die
Nadeln der Nadelbäume, deren Zellinhalt während des Winters reichlich
mit Fettröpfchen erfüllt ist; auch die Birke ist ein Fettbaum unter
den Laubhölzern. Eine Anderung der Stoffwechselvorgänge besteht
im Süßwerden der Kartoffeln, welches im letzten Grunde auf eine
Enzymverschiebung zurückzuführen ist, welche in Zusammenhang mit
den geänderten Wasserverhältnissen steht. Da (physiologische) Trocken-
heit die Kondensationsvorgänge, Feuchtigkeit die Hydrolysen begünstigt,
so wird durch die Kälte die Kondensation von Zucker zu Stärke ge-
hemmt sein und überdies dürfte sich die vitale Zuckerverbrennung
verlangsamen, so daß sich Zucker anhäuft. In demselben Sinn wirken
Narko’ika, wie Chloroform, Leuchtgas und, wie wir bereits gesehen
haben, auch Formaldehyd. Entsprechend der Mezschen Regel ge-
frieren süß gewordene Kartoffeln erst bei niedrigeren Temperaturen als
normale. Ebenso wie trockene Samen eine viel höhere Temperatur
aushalten als gequollene, so auch lufttrockene Blätter und andere
Pflanzenteile. Eine sehr merkwürdige Erscheinung ist die „Erkältung“
von Topfpflanzen, die Schädigung von Pflanzen oder Pflanzenteilen,
die nur ganz kurze Zeit, etwa eine Minute, der Einwirkung der Kälte
ausgesetzt waren. Wird ein Exemplar von Begonia metallica, Trades-
cantia zebrina, Fittonia usw. bei —5° C nur quer über die Straße
getragen, so zeigt es noch am selben Tage im Warmhaus braune
390 XX. Treiben und Wachstumsförderung.
Flecken, die Blätter werden braun und gehen unter den Erscheinungen
des Erfrierens, also durch Vertrocknen, zugrunde. Ein Zweig von
Fittonia, der bei dieser Temperatur nur einmal in der Luft geschwenkt
und dann im Warmhaus ins Wasser gestellt wurde, sah am Nach-
mittag welk, wie abgestorben aus, war aber am nächsten Tag wieder
frisch; er hatte sich also ‚erkältet‘‘, konnte aber die Schädigung, welche
vielleicht auf der durch Austritt von Wasser aus den Zellen in die
Interzellularen geschaffenen Spannungsänderungen beruht, wieder über-
winden.
XX. Treiben und Wachstumsförderung.
Die wenigsten Gewächse vermögen, wie Stellaria media, ununter-
brochen zu vegetieren und der Samen kann in der Regel nicht, sowie er
der Frucht entfallen ist, sofort wieder keimen; nicht nur die Ungunst der
äußeren Verhältnisse hält den Vegetationsprozeß zurück, sondern die
meisten Pflanzen, z. B. die Holzgewächse unseres Klimas stellen gegen den
Herbst zu ihr Wachstum ein, die Blätter der Laubbäume werden abgeworfen
und die Pflanzen machen eine sogenannte ‚‚Ruheperiode‘ durch, d.h. eine
Zeit, in welcher sie meistens auch bei Versetzen in die günstigsten Vegeta-
tionsbedingungen nicht ohne weiteres zum Weitervegetieren zu bewegen
sind. Erst bis die Ruheperiode abgeklungen hat, tritt wieder unter normalen
Außenbedingungen Weiterentwicklung ein. So treiben Zweige der Linde,
welche Anfang Oktober, unmittelbar nach dem herbstlichen Laubfall,
abgeschnitten und im Warmhaus in ein Glas Wasser gestellt werden,
selbst zu Beginn des März noch nicht aus; die Knospen desselben
Zweiges treiben aber auch bei viel niedrigerer Temperatur, als sie das
Warmhaus bietet, sobald die Ruheperiode beendigt ist). Eine solche
Ruheperiode, welche nicht nur bei oberirdischen Pflanzenteilen, sondern
auch bei Zwiebeln, Knollen, Samen zu beobachten ist, kann nicht als Ruhe
im eigentlichen Sinne des Wortes bezeichnet werden, wir müssen uns
vielmehr vorstellen, daß unterdes tiefgehende chemische Veränderungen
in der Ptlanze sich vollziehen, als deren Resultat sich ein Zustand er-
gibt, aus dem heraus erst die Mobilisierung geeigneter Baustoffe einer-
seits und die Möglichkeit der Anlage neuer Teile anderseits mit Hilfe
dieser Stoffe gegeben ist. Man darf sich aber nicht vorstellen, daß es
sich beim Frühtreiben bloß um Entstehung von Stoffen handelt, daß
also dabei nur Enzyme aktiviert werden, die aus höheren Komplexen wie
Stärke, Eiweißstoffen usw. niedrigermolekulare, direkt verwendbare Bau-
stoffe schaffen ; die Treibverfahren sind also nicht nur als Reizprozesse oder
Aktivatoren von Hydrolysenwasser aufzufassen, sondern der dispönibel
werdende Stoff muß auch in ganz bestimmter Weise zur Anlage neuer Teile
verwendet werden. Das Sistieren der Vegetation bei Eintritt der kalten
Jahreszeit und das ‚Wiedererwachen“ im Frühling wiederholt sich in
unseren Klimaten regelmäßig an den betreffenden Pflanzen und erscheint
uns als Vegetationsrhythmus; die Ruhezeit ist aber nicht notwendig auf
den Winter beschränkt, sondern kann auch bei vielen Knollen und
Zwiebelgewächsen im Sommer eintreten und der Vegetationsrhythmus
fällt namentlich bei den Pflanzen tropischer Gegenden mit dem Wechsel
der Trocken- und Regenperioden zusammen. Die Ruheperiode der
unterirdischen Pflanzenteile, um zunächst von diesen zu sprechen, kann
1) H.Molisch, Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen. Jena 1909.
XX. Treiben und Wachstumsförderung. 391
verschiedene Dauer aufweisen. So keimen manche Kartoftelsorten,
wenn sie im Herbst aus der Erde genommen und ins Treibhaus gebracht
werden, nicht sofort, sondern erst im Februar; die Samen. der Mistel
keimen von selbst im Herbst und in den Wintermonaten nicht, wohl aber
leicht im April; die Samen der Esche keimen in dem Jahre, in welchem sie
entstanden sind und in dem darauffolgenden überhaupt nicht sondern
erst im zweitnächsten Jahre. Die Ruheperiode ist in allen diesen Fällen
so fest, daß sie durch Schaffung günstiger Wachstumsbedingungen,
wie sie im Warmhaus gegeben sind, nicht überwunden werden kann.
Diese Art von Ruheperiode nennt Molischdiefreiwillige. Eine
andere Art der Ruhe ist eine aufgezwungene, wenn nämlich die Pflanzen
durch ungünstige Wachstumsverhältnisse, z. B. durch Kälte, in der
Entwicklung zurückgehalten werden, wenn man beispielsweise Mai-
glöckchenkeimlinge im Winter in einen Kühlraum bringt und sie hier
bis zum nächsten Herbst beläßt: sie treiben nicht, obwohl das unter
normalen Verhältnissen im Frühling geschehen wäre. Diese von außen
aufgezwungene Ruhe ist eine unfreiwillige. Die Ruheperiode
der Kätzchen der Haselnuß oder der Blütenknospen von Forsythia
klingt schon Ende Dezember aus. Wenn diese Pflanzen trotzdem sich
nach Neujahr im Freien noch nicht entwickeln, so trägt die niedrige
Außentemperatur daran die Schuld. Die Ruhe der Pflanzen zeigt ferner
zu verschiedenen Zeiten verschiedene Grade der Tiefe. Johannsen
unterscheidet drei Phasen der Ruheperiode, nämlich Vorruhe, Mittel-
ruhe und Nachruhe. Nach ihm ist die „ganze Periode der Ausdruck
einer Schwingung: abnehmende Austreibfähigkeit — gänzliche Ruhe —
zunehmende Austreibfähigkeit.“‘ Beim Flieder z. B. sind die Winter-
knospen von ihrer ersten Anlage bis etwa zum Hochsommer gewisser-
maßen in Vorruhe, dann folgt bis etwa Ende Oktober die Mittelruhe und
schließlich die Nachruhe, aus welcher die Knospen Ende Dezember oder
Anfangs Januar heraustreten, um von da an nur mehr ‚unfreiwillig‘
durch Kälte an der Entwicklung gehindert zu werden. Während bei
manchen Zweigen, wie bei Syringa, Forsythia, das Ausklingen der Ruhe
sehr bald eintritt, stellt sich dieser Zeitpunkt beı der Linde und Rotbuche
relativ spät ein, ja, die Ruheperiode kann bei verschiedenen Knospen
eines und desselben Zweiges zu verschiedenen Zeiten abklingen, so die
der männlichen Haselnußkätzchen schon im November, der weiblichen
etwas später und der Laubknospen erst im März.
Man kann nun durch verschiedene Mittel die Ruheperiode ab-
kürzen. Bei vielen Holzgewächsen können die jungen, noch gar nicht
fertig ausgebildeten Knospen zum vorzeitigen Austreiben veranlaßt
werden, wenn man ihre Sprosse entblätter!. Molisch hat solche
systematische Entblätterungsversuche mit Zweigen vom Flieder und von
der Hainbuche angestellt. Von Ende Mai bis Anfang Juni treiben vollends
entlaubte Exemplare wieder aus und belauben sich reichlich, wenn
auch mit kleineren Blättern; vom halben Juli an aber unterbleibt das
Treiben fast ganz, vom 1. August völlig. Werden nur einzelne, 20 bis
100 cm lange Äste entblättert, während die übrige Hauptmenge der
Äste belaubt bleibt, so findet, wenn die Entlaubung Ende Mai durch-
geführt wird, ein Wiederaustreiben der inzwischen schon angelegten
Winterknospen statt; das Austreiben erfolgt langsamer als bei total
entlaubten Exemplaren, aber schon um Mitte Juni bewirkt eine teil-
weise Entblätterung kein oder fast kein Austreiben mehr.
392 NX, Treiben und Wachstumsförderung.
Abkürzend auf die Ruheperiode wirkt ferner niedrige Temperatur.
Kartoffelknollen, die von Müller, Thurgau, unmittelbar nach der
Ernte in den Eiskeller gebracht wurden und hier 14 Tage bei einer Tem-
peratur knapp über Null lagerten, waren imstande, sofort auszutreiben;
Howard brachte die Zweige verschiedener Pflanzen 7—21 Tage in
eine Temperatur von — 6 bis 8° und sah dieselben früher austreiben als
die normal gehaltenen Kontrollzweige; dagegen wirkt nach Molisch
ein täglich erfolgender Wechsel zwischen Wärme und Kälte, selbst
durch mehrere Monate fortgesetzt, auf das Austreiben ruhender Knospen
nicht nur nicht begünstigend, sondern häufig schädlich ein. Nach
Johannsen werden Sträucher oder Zweige während der Ruheperiode
K-- TEICHE -—1
N \ 1I 11T
Fig. 122. Ätherisierungskasten nach Johannsen.!)
der Einwirkung von Ätherdampf ausgesetzt. Als Atherisierungsraum
dienen luftdicht verschlossene Glas- oder Metallgefäße. Burger-
stein?) verwendet Glaszylinder von 28 cdem Rauminhalt zu Treib-
versuchen. Zur Bedeckung dient dann eine am Rande abgeschliffene und
hier mit Talg bestrichene Scheibe aus dickem Glase, die fest angepreßt
wird; außerdem wurde über den Glasdeckel ein Wachstuch in doppelter
Lage gebunden und auf dieses zum Beschweren ein Gewicht gelegt.
Für Versuche in größerem Maßstabe empfehlen sich große, festgefügte
Holzkasten (Fig. 122 [/, II, III]), deren Innenwände mit Blech oder
Stanniol ausgekleidet oder mit Chromleim glasiert sind; auch ein Wasser-
glasinnenanstrich ist zweckmäßig. In eine
Seitenwand des Kastens ist eine Tür ein-
geschnitten, die herausgeschnittene Holz-
; platteruht in einem Falz, der gut eingedichtet
ist, und wird nach dem Einsetzen des Ob-
jektes in den Kasten durch Flügelschrauben
möglichst luftdicht angepreßt (I). Die Di-
mensionen zeigt /J. Man kann in die Öffnung auch eine Glasscheibe
einkitten, damit die Versuche bei gleichzeitiger Belichtung ausgeführt
Fig. 123. Aymards Sandverschluß.
') W. Johannsen, Das Ätherverfahren beim Frühtreiben usw. 2. Aufl,
Jena 1900. %
®) A. Burgerstein, Über die Wirkung anästhesierender Substanzen
auf einige Lebenserscheinungen der Pflanzen. Verh. d. zool.-bot. Ges. Wien, 56
(1906); s. auch das Referat dieses Forschers „Fortschritte in der Technik des
Treibens der Pflanzen‘‘ im Progressus rei botanicae 4 (1911).
XX, Treiben und Wachstumsförderung. 393
werden können. J. Aymard, Montpellier, hat für an der Oberseite D
zu schließende Atherisierungskasten einen Sandverschluß S (Fig. 123) emp-
iohlen. In der Mitte der oberen Kastenwand ist ein Loch angebracht,
durch das der Trichter Tr gestreckt ist, unter dem im Innern des Kastens
das zur Aufnahme des Athers bestimmte Gefäß hängt (die Manipulation mit
Ather darf wegen der Explosionsgefahr natürlich niemals in der Nähe einer
Flamme vorgenommen werden). Da der Atherdampf infolge seines größeren
spezifischen Gewichtes nach unten sinkt, muß das Äthergefäß stets im
oberen Teil des Kastens angebracht sein. Das Loch im Kastendeckel ist
mit einem Stöpsel verschließbar, in die Atherschale wird ein Stück Watte
oder ein Tuch gelegt, wodurch die Verdunstungsoberfläche vergrößert
wird. Nachdem alle Öffnungen des Kastens gut verschlossen, eventuell
mit Gips verschmiert sind, wird durch das obere Loch mittels des
Triehters der Ather eingegossen und das Loch dann verstöpselt. Die
Einwirkung des Athers soll möglichst nur auf die oberirdischen Teile
stattfinden, deshalb werden die dicht nebeneinander gestellten Töpfe
ganz oder wenigstens zur halben Höhe mit trockenem Sand E bedeckt;
abgesehen davon, daß der Sand die Wurzeln schützt, verstärkt er noch
die Dichtigkeit des Kastens und absorbiert den Ätherüberschuß; er muß
aber ganz trocken sein, weil sonst zu viel Äther eingesaugt wird. Beim
Atherisieren von Pflanzen aus dem Fieiland werden die Wurzeln samt den
Erdballen ganz mit Sand zugedeckt; die Erdballen müssen wohl feucht,
aber nicht zu naß sein. Die Zweige können, wenn sie für den Kasten
zu hoch sind, auch gebeugt, doch dürfen die Knospen nicht angestoßen
werden. Die Äste der Topfpflanzen können auch zusamme ıgebunden
sein, um die Knospen beim späteren Herausnehmen aus dem Kasten
besser zu schützen. Die Erde der Töpfe darf nicht zu kalt sein, die
Töpfe müssen also vor dem Atherisieren einen Tag in einem warmen
Raum gestanden haben. Der Einfluß des Atherdampfes ist um so ge-
waltsamer, je höher die Temperatur gehalten wird. Eine Ätherdosis,
welche in 24 Stunden bei 0° C fast keine Wirkung ausübt, kann in
derselben Zeit bei 30 °C die Pflanzen ernstlich schädigen ; die Temperatur-
intervalle beim Atherisieren liegen zwischen 14 ° C bis 21 °C, am besten
wirkt eine Mitteltemperatur von 17 bis 19° C, bei 25 bis 30 0 C wirkt
eine kleine Äthermenge vorteilhaft. Die Dauer der Atherisierung und
die Menge des Narkotikums hängen von der Pflanzenart oder Sorte,
von der Phase der Ruheperiode, in welcher das Treiben vorgenommen
wird, und von der Temperatur ab. Gegen Ende der Ruheperiode zu
sind die Pflanzen auch gegen kleine Atherdosen viel empfindlicher als
vorher. Die Ätherdosis wird am besten nach dem inneren Raume des
Kastens berechnet, wenn Sand benutzt wird, muß man die halbe Höhe
der Sand- und Erdschicht (respektive der Sand- und Torfschicht) in
Abzug bringen. Wenn also diese Schicht z. B. 14 cm hoch ist, werden
von der inneren Höhe des Kastens 7 cm abgezogen, bevor man den
Raum berechnet. Die Dosen variieren dann zwischen 30—45 g flüssigen
Äthers für einen Hektoliter Luftraum; die Anzahl der Gramme mit
14 multipliziert ergibt die Anzahl der zu verwendenden Kubikzentimeter.
Stehen die zu ätherisierenden Zweige in Wasser, so ist die große Ab-
sorptionsfähigkeit des Wassers gegenüber dem Ather zu berücksichtigen.
Das Wasser nimmt pro Liter etwa 22 mal soviel Äther auf als die
Luft. Will man also z. B. ein 10 Liter fassendes Zylinderglas als
Ätherisierungsgefäß benutzen, so verwendet man 4 g Äther, also 0,4 g
394 XX. Treiben und Wachstumsförderung.
pro Liter Luft für trocken zu ätherisierende Zweige. Soll aber
Wasser dazukommen, so muß die Menge Wasser abgemessen und be-
rücksichtigt werden, daß dem Wasser die 22fache Äthermenge zu-
zusetzen ist, damit das Äthergleichgewicht Luft-Wasser hergestellt
sei. Dem Wasser (es sei ein Liter verwendet) wird also vorher 22 x 0,4
— 8,8 g Äther zugesetzt, das Wasser mit dem Äther gut durchgeschüttelt
Bee dann noch überdies für die übrigen neun Liter Luftraum des Ge-
fäßes 9 x 0,4 — 3,6 g flüssigen Athers genommen, die, auf ein Schwämm-
chen aufgetropft, im Luftraum aufgehängt werden. Bei Zimmer-
temperatur bedürfen im gut geschlossenen Kasten pro 100 Liter Luftraum
Syringa im allgemeinen 35—40 g, Azalea mollis desgleichen, Viburnum
Apulus 38—42 g, Tulpen (diese dürfen erst nach Beendigung der Wurzel-
entwicklung ätherisiert werden) 20—25 g Ather. Immergrüne Sträucher
verlieren beim Ätherisieren ihre Blätter. Nach dem Herausnehmen aus
dem Ätherkasten müssen die Pflanzen gut begossen und bespritzt und
sofort in einen warmen Raum zum Treiben gebracht werden; ein zu
langer Intervall zwischen Ätherisieren und Treiben kann bewirken,
daß der durch den Äther bedingte Reizprozeß wieder abklingt. Indessen
kann gute Ätherisierung mitunter eine Nachwirkung von einem Monat
haben, indem in der Nachruhe narkotisierte Sträucher einen Monat
treibfähig bleiben. In der Mittelruhe ist das Treiben selbst bei An-
wendung der stärksten Ätherdosen resultatlos. Um die Verwendung von
Wasser zu vermeiden, die Zweige aber doch feucht zu erhalten, kann
man nach Burgerstein die frisch abgeschnittenen Zweige in kleine
Bündel binden, das Schnittflächenende des Bündels mit feuchtem Moos
umhüllen, dieses in Wachsleinwand einschlagen, dann verbinden und
so ins Ätherisierungsgefäß stellen. Durchschnittlich läßt man den Äther-
dampf 48 Stunden einwirken, im Anfang der Nachruhe und in der Vor-
ruhe läßt man 72 Stunden, am Ende der Ruheperiode 24—30 Stunden
einwirken; bisweilen kann man zweimalige je 48 stündige Atherisierung
mit 48 stündiger Unterbrechung anwenden; doch wirkt dieses Verfahren
nur bei manchen Pflanzen, wie Platanus orientalis und Staphylea pinnata
(nach Howard), günstig, bei anderen, wie Acer campestre, Tilia grandi-
folia und anderen, ungünstig. Ein 100-140 Stunden dauernder Auf-
enthalt in der Ätheratmosphäre schädigt die meisten Pflanzen empfind-
lich, ein fünf- bis sechstägiger tötet ausnahmslos. Gewöhnlich bilden
bei ätherisierten Pflanzen die Blätter weniger Farbe aus. Die Äther-
wirkung ist eine lokale, so daß man einzelne Zweige der Pflanze, die
man vom Ätherisiertwerden ausschloß, am Frühtreiben verhindern kann,
die Knospenentwicklung der Pflanze fällt dann natürlich höchst un-
gleich aus. Beim Treiben von Zwiebeln erzielte Aymard sehr
gute Erfolge mit einem Gemisch von 20 g Äther und 5 g Chloroform
pro 100 Liter Luft, wie überhaupt Chloroform dem Äther analog, nur
viel stärker wirkt, so daß 6—9 g Chloroform für eine 48 stündige Chloro-
formierung in Betracht kommen, d. i. 4-6 cem. Die Zwiebeln werden
in Töpfe gesetzt und in frostfreiem Grunde belassen, bis sie angewurzelt
sind und Triebe von 15 bis 20 mm Länge gebildet haben, und dann erst
in den Ätherisierungsraum überführt.
Ein weiteres Treibverfahren besteht in der Verwendung des Warm-
bades (Fig. 124 und 125), welches in russischen und deutschen Gärtnereien
schon längere Zeit mit Erfolg verwendet wird (siehe Molisch, ‚Das
Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen‘, Jena 1909); die wissen-
XX, Treiben und Wachstumsförderung. 395
schaftliche Analyse des Verfahrens verdanken wir H. Molisch. Frisch
abgeschnittene Zweige der Haselnuß und Forsythia suspensa wurden
in Wasser von 30 ° Ö untergetaucht und hier 9—12 Stunden belassen.
Nach Ablauf dieser Zeit werden sie aus dem Bade herausgenommen,
mit ihrer Basis in mit Wasser gefüllte Gläser gestellt und sodann im
Warmhaus am Lichte bei einer Temperatur von 15—18° C weiter-
kultiviert. Nach 8 Tagen zeigen sich die Kätzchen der gebadeten Zweige
von 2,5 cm auf 5,5—7 cm verlängert und in voller Blüte, während die
nicht gebadeten Kontrollexemplare unverändert sind; auch die Forsythia-
zweige stehen nach 11 Tagen in voller Blüte, während sich die ungebadeten
erst 14 Tage später öffnen. Dieses Verfahren gelingt bei den meisten
Holzgewächsen, doch verhalten sich nicht alle gleich, manche werden
durch das Warmbad schnell und ausgiebig, andere mäßig und noch
andere, wie Linde und Rotbuche, gar nicht oder erst gegen Ende der
Ruheperiode beeinflußt. Der Erfolg hängt aber auch von der Dauer
und Temperatur des Bades und der Tiefe der Ruhe ab; am besten wirkt
ein 9—12stündiges Bad, im Herbst und zu Beginn des Winters muß
Fig. 124. Warmwasserbad nach Molisch. Fig. 125. Warmwasserbad nach
R = Dampfzohr;, W= Wasser; P —= Topt- Molisch.
pflanzen; St = Strohmatte. h = Hahn; r = Dampfrohr.
man länger baden als im Winter oder gar gegen Ausklingen der Ruhe;
so genügen im Winter bei Corylus schon 6 oder nur 3 Stunden, und
endlich kann das Bad sogar hemmend wirken. Dasselbe gilt für die
Temperatur des Bades, die noch wirksame Minimaltemperatur ist 25 0 C,
die Maximalgrenze 40 0° C. Auch hier ist der Einfluß ein ganz lokaler.
Zur Durchführung des Warmbades benutzt man am besten kleine,
zementierte, durch Dampfrohre heizbare Behälter, in welche, nachdem
sie auf die gewünschte Temperatur gebracht sind, die zu treibenden
Topfpflanzen, nachdem sie genügend begossen wurden, so hineinhängt,
daß die Krone ganz unter Wasser taucht und der Blumentopf mit dem
Wurzelballen in die Luft ragt. Zur Konstanterhaltung der Temperatur
wird der Behälter mit schlechten Wärmeleitern umgeben. Die Wurzeln
dürfen nicht mit untergetaucht werden, weil sie in der Regel viel emp-
findlicher gegen höhere Temperaturen sind als die resistenten ober-
irdischen Teile. Nach dem Bade kann man die Pflanzen sofort im Warm-
haus zum Treiben aufstellen, aber auch hier pflegt die Reizwirkung des
Bades mehrere Wochen latent erhalten zu bleiben. Von großer Be-
deutung ist die Vorkultur; so kann die Dauer des Bades bei Syringa
um so kürzer, seine Temperatur um so niedriger sein, je länger die
396 XX. Treiben und Wachstumsförderung.
Pflanzen vorher in der Kälte verweilt hatten. In seinem Buche (l. c.)
gibt Molisch die Resultate von Treibversuchen. Einen ähnlichen
Erfolg gestattet auch die Verwendung von Wasserdämpfen zu er-
zielen, dagegen läßt sich das Warmbad in den meisten Fällen nicht durch
ein entsprechendes Luftbad ersetzen; es ist also nicht die Wärme allein,
sondern der Komplex von Umständen beim Warmbad: Erschwerung
der Atmung unter Wasser, vielstündige Berührung mit dem warmen
Wasser, Aufnahme von Wasser und dadurch hervorgerufene Quellung
von Zellwänden und gewissen Zellinhaltsstoffen im Einvernehmen mit
der höheren Temperatur, welche den Treiberfolg bewirken.
Ein weiteres Mittel, die Pflanzen zu treiben, ist, sie vorher niederer
Temperatur auszusetzen. Man beläßt die betreffenden Pflanzen durch
eine Woche in einem Raume, dessen Temperatur zwischen 3—5 ° ©
schwankt. Einige Stunden vor dem Herausnehmen wird die Temperatur,
um das Auftauen zu begünstigen, gesteigert. Solche gekühlte Pflanzen
lassen sich bei niedrigerer Temperatur schneller und besser treiben als
die nicht behandelten. Auch Kombinationen von Frost und Ätherisieren
wurden mit Erfolg versucht. Dagegen hat eine dreiwöchige Frost-
wirkung keinen günstigeren Effekt als eine einwöchige. Außer durch
Frost kann man die Ruheperiode auch durch langsames Austrocknen
in einem warmen, trockenen Raume abkürzen und die so behandelten
Pflanzen oder ruhenden Organe zum schnelleren Austreiben veran-
lassen.
Molisch studierte den Einfluß des Radiums!) auf das Frühtreiben
von Pflanzen, wie Winterknospen von Syringa, Aesculus Hippocastanum
und anderen. Es wurden dreierlei Radiumpräparate verwendet; eines
enthielt 46,2 mg reines Radiumchlorid, ein anderes 29,5 mg. Diese
beiden waren in Glasröhrchen eingeschlossen, so daß nur die ß- und
y-Strahlen zur Wirkung gelangten, während das dritte Präparat aus
einem Lackscheibehen bestand, in dem das Radiumpräparat gleich-
mäßig ohne Glasbedeckung verteilt lag, so daß hier die «-Strahlen
zur Wirkung kamen, welche einen Sättigungsstrom von 123,5 elektro-
statischen Einheiten lieferten. Die Knospen der zusammengebundenen
Zweige lagen in einer Ebene nebeneinander und wurden den Röhrchen
direkt so aufgelegt, daß das Röhrchen in die Rinne zu liegen kam,
welche durch die parallel stehenden Knospenpaare gebildet war. Nach
der zirka 24 Stunden dauernden Bestrahlung wurden die Zweige direkt
ins Warmhaus zum Austreiben im Lichte gebracht. Der Einfluß der
Bestrahlung macht sich im Vorherbst nicht geltend, wohl aber zu einer
Zeit, wo die Ruhe nicht mehr allzu fest ist; die Bestrahlung darf nicht
zu kurz, aber auch nicht zu lang (nicht über 48 Stunden) dauern. Auch
die Emanation hebt in einem gewissen Stadium der Ruhe (Dezember)
die Wachstumshemmung auf, und veranlaßt ein frühzeitiges Austreiben,
doch hört ihr Einfluß auf, sowie die Ruheperiode ausklingt, und kann
in den entgegengesetzten umschlagen, das Wachstum also hemmen.
Diese Förderung des Treibens durch Radiumpräparate und Emanation
ist um so merkwürdiger, als ebenso starke Präparate auf Keim-
pflanzen gewöhnlich ganz anders wirken. Wiewohl Falta und
ı) H. Molisch, Über den Einfluß der Radiumemanation auf die höhere
Pflanze. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien, 121 (1912); Über das Treiben von
Pflanzen mittelst Radium, ebendas.
XX, Treiben und Wachstumsförderung. 397
Schwarz einen intensiv fördernden Einfluß auf das Wachstum von
Haferkeimlingen beobachtet hatten, die täglich erneuerter Emanation
von 31 000—270000 Macheeinheiten ausgesetzt waren, konnte Molisch
im Gegensatz zu diesen Autoren bei keiner Konzentration einen
günstigen Einfluß auf Wachstum und Entwicklung weder bei Hafer
noch bei anderen Pflanzen beobachten, vielmehr war bei allen Pflanzen
eine Schädigung wahrzunehmen, die sich entweder unmittelbar nach
der Bestrahlung oder kurze Zeit danach durch gehemmtes Wachstum
oder durch Absterben äußerte. Durch die Emanation wird ferner das
Abwerfen des Laubes in hohem Grade gefördert, selbst im Frühling,
also zu einer Zeit, wo normalerweise vom Laubfall keine Rede ist;
die Emanation wirkt hier wie Lichtabschluß oder Unterdrückung der
Transpiration als Reiz auf die Anlage und die Ausbildung der Trennungs-
schicht, veranlaßt also ganz lokal Gewebe zum Wachstum.
Von F. Weber!) stammt die Verletzungsmethode:
Bei dieser ist die Tatsache, daß es sich beim Treiben um lokalisierte
Wirkung handelt, bis ins Extrem verfolgt, denn da es nicht der Pflanzen-
organismus als Ganzes ist, welcher bei der Treiberei Veränderungen
erfährt, sondern nur die jeweils am Pflanzenkörper gereizten Partien,
ging F. Weber von dem Gedanken aus, daß es genügen müßte, auch
die einzelnen, in der Winterruhe verharrenden Knospen für sich allein
zu reizen, um sie zur Entwicklung anzuregen.
An der Basis der zu behandelnden Knospe, dort, wo sich die Narbe
des abgefallenen Blattes befindet, in dessen Achsel die Knospe zur
Anlage kam, wird in dieselbe mit der Nadel der zu Injektionen in der
Medizin gebräuchlichen Pravazschen Spritze ein Stich versetzt und
15 ccm Wasser, welche sich in der Spritze befinden, der Wunde injiziert.
Ist die Knospe ziemlich groß, dann kann die Nadel horizontal durch
die Mitte der Basis gestochen werden; ist sie aber sehr schmal, so würde
die Spitze der Nadel an der anderen Seite der Knospe wieder nach außen
dringen, und das Wasser könnte nicht in die Knospe gelangen; in diesem
Falle ist es zweckmäßig, die Nadel ein wenig schräg nach aufwärts zu
richten. Da die feine Nadelspitze sehr leicht durch Gewebeteile verstopft
wird, empfiehlt es sich, vorher mit einer feinen Nadel den Einstich aus-
zuführen und in diesen Stichkanal erst die Nadel der Spritze einzu-
bringen. In allen Fällen macht sich durch den Turgor der Knospen-
zellen ein mehr oder weniger starker Widerstand gegen das Einpressen
der Flüssigkeit fühlbar, der z. B. bei Acer platanoides oft fast un-
überwindlich, bei Syringa vulgaris und Tilia platyphyllos relativ gering
ist. Beim raschen Einpressen spritzt das Wasser an der Spitze der
Knospe, dort, wo die Deckschuppen zusammenneigen, in feinem Strahle
kräftig hervor, und man darf sich dadurch, daß die eingepreßte Flüssig-
keit ein leichtes Auseinanderweichen der Deckblätter bedingt, nicht
täuschen lassen und annehmen, daß unmittelbar nach der Injektion
sich bereits ein Entwicklungserfolg geltend macht. Es wurde gewöhn-
liches Leitungswasser verwendet und festgestellt, daß ein Teil der ein-
gepreßten Flüssigkeit tatsächlich von der Knospe aufgenommen wurde, mit
dem Erfolg, daß so behandelte Knospen von Syringa vulgaris und Tilia
platyphyllos in der Phase der Nachruhe zum Frühtreiben gebracht werden
2) E.Weber, Über die Abkürzung der Ruheperiode der Holzgewächse durch
Verletzung der Knospen usw. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss., Wien 120 (1911).
398 NX. Treiben und Wachstumsförderung.
konnten und den unbehandelten Knospen um durchschnittlich drei
Wochen in der Entwicklung vorauseilten. Für die Knospen von Tilia
wurde festgestellt, daß die Verletzung durch den Stich allein, ohne nach-
folgendes Einpressen von Wasser, den Frühtreiberfolg mit sich bringt,
daß also die Verletzung an sich die Mobilisierung der Reserven bewirkt
und dadurch in eine Parallele mit der Entblätterung zu stellen ist. Da-
gegen bleibt die bloße Verletzung durch Stich ohne Einpressen von
Wasser bei Acer platanoides unwirksam; es dürfte also neben der Ver-
letzung auch dem eingepreßten Wasser eine gewisse Rolle zukommen,
und es dürfte sich hier ebenso wie beim Warmbad eben nicht um einen
einzigen verursachenden Faktor, sondern um einen ganzen Komplex
von Faktoren handeln. Nach Bos wirkt auch der galvanische Strom
auf die Abkürzung der Ruheperiode hin.
F. Jesenko!) verwendet als Mittel zum Frühtreiben die Injektion
verschiedener Flüssigkeiten, wie verdünnten
Alkohol, Äther, Säuren usw., in die Knospen.
Die Zweige werden in die betreffenden Lösungen
entweder eingelegt oder mit denselben injiziert.
Die Injektion geschieht an der Schnittfläche
mit Hilfe eines zur Einpressung von Flüssig-
keiten in abgeschnittene Sprosse eigens von
Jesenko konstruierten Luftkessels (Fig. 126).
Mit der Handluftpumpe P wurde bei geschlosse-
nen Hähnen der Druck im Kessel K auf eine
Atmosphäre gebracht, die mit dem Kessel in
Verbindung stehenden Glasröhren T wurden
mit der Lösung von Alkohol oder Äther, bzw.
Wasser gefüllt, an ihr freies Ende mittels
eines kurzen Vakuumschlauches der zu injizie-
rende Zweig Z angesetzt und mit Drahtklam-
mern befestigt. Luftblasen. die sich zwischen
Zweigende und Flüssigkeit einschieben, werden
durch Klopfen an dem Glasrohr heraus-
getrieben. Nun öffnet man die Hähne, worauf
Fig. 126. Jesenkos Luftkesse. die komprimierte Luft die Lösungen unter kon-
stantem Druck von einer Atmosphäre, durch
das Manometer M meßbar, in die Zweige hineintreibt. Durch Abbrechen
der Terminalknospe wurde ein rasches Durchdringen der Zweige mit den
Lösungen (Alkohol wurde in den Konzentrationen 20 %, 10%, 5%, 1%»
0,1% Äther in den Konzentrationen 10 Y% 5% 1: 9 GERNE
verwendet) erreicht. Nach der Injektion wurden die Zweige mit dem
unteren Ende in Wassergläser gestellt und in ein lichtes Warmhaus
gebracht. Zur Zeit der Ruhe, wenn die Entwicklungsprozesse in den
Knospen erst eingeleitet werden, ist die Wirkung der Lösungen eine
günstige und beschleunigt die Knospenentfaltungen, während die
Knospenentwicklung verzögert oder ganz unterbunden wird, wenn die
Knospen bereits aus der Ruhe getreten sind. Bessere Wirkung als
die Injektion hat das Baden der betreffenden 20-30 cm langen Zweige,
die mit 6—10 Stück zu einem Bündel zusammengebunden werden,
!) F, Jesenko, Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse
abzukürzen. Ber. d. d. bot. Ges. 29, 273 (1911), 30, 81 (1912).
XXI. Wachstumsmessung. 399
in den betreffenden Lösungen, schon deshalb, weil so gleichzeitig eine
größere Anzahl Knospen denselben Bedingungen ausgesetzt werden
kann. Salzsäure und Schwefelsäure wurden dabei in Verdünnungen
von 0,5 % bis 5 % verwendet. Die Zweigbündel wurden mit dem apikalen
Ende nach abwärts in die Lösungen getaucht (während die Temperatur
des Bades konstant auf 12—14 ° C gehalten wurde), so daß ein kurzes
Stück des basalen Endes und die Schnittfläche aus dem Bade hervor-
ragten; die Lösung konnte demnach nicht im Holzkörper aufsteigen,
sondern nur von außen her in die Knospen eindringen. Die Dauer des
Bades variierte zwischen 3 und 12 Stunden. Nach dem Bade wurden
die Zweigbündel mit der Basis in Wasser gestellt und ins Warmhaus
gebracht. Es zeigte sich auch hier wieder eine günstige Wirkung an-
organischer und organischer Säuren (Weinsäure) während der tiefen
Ruhe in bezug auf Frühentwicklung, während am Ausgange der Ruhe-
periode nur ganz verdünnte Lösungen die Entwicklung beschleunigen,
stärkere aber schaden. Eine höher konzentrierte Alkohol- oder Säure-
lösung, kürzere Zeit angewendet, wirkt bis zu einem gewissen Grade
ähnlich wie eine schwache bei längerer Dauer der Einwirkung.
XXI. Wachstumsmessung.
Die Messung des Wachstums erfolgt bei schnell wachsenden Pflanzen
durch Beobachtung der Verlängerung der Pflanze an einem neben dieser
senkrecht aufgestellten Maßstab. Für die Demonstration des Wachs-
tums verwendet Pfeffer als Objekt das 25-30 mm hohe erste Laub-
blatt des Keimlings von Avena oder Hordeum, das in eine kleine Küvette
gebracht und kurz vor dem Versuche ganz unter Wasser gesetzt wird.
Als fixe Marke dient der Schatten eines Stabes, den man so richtet,
daß die fortwachsende Spitze diese Marke in kurzer Zeit erreicht. Die
Spitze rückt bei zirka 4000 facher Vergrößerung in einer Minute um
60 mm vor, wenn der reale Zuwachs in dieser Zeit 0,015 mm beträgt.
Zur bequemen Beobachtung aufrecht wachsender Pflanzen dient das
Horizontalmikroskop, welches in vertikaler Richtung an einer Säule
verschiebbar ist, während die feine Einstellung mittels Mikrometer-
schraube geschieht. Der Zuwachs kann an dem Okularmikrometer
abgelesen werden.
Zur Messung des Dickenwachstums wird um die Pflanze ein feiner
Draht geschlungen, dessen eines Ende unverrückbar fest ist, während
das andere Ende sich bewegt, wobei die Bewegung direkt oder vergrößert
an einem Hebelwerk verfolgt werden kann. Man kann es auch mit dem
Horizontalmikroskop beobachten, indem man die Pflanze an einer Seite
einer Widerlage unverrückbar anlegt und an der entgegengesetzten Seite
eine Marke oder Metallspitze anbringt, deren Fortrücken man im Mikro-
skop verfolgt. Man kann ferner zwei Marken an der Peripherie anbringen
und durch deren Auseinanderrücken das tangentiale Wachstum verfolgen.
Wenn man die Marken derart wählt, daß der Unterschied zwischen
Bogen und Sehne vernachlässigt werden kann, so ist es auch möglich,
exakte Bestimmungen des Partialzuwachses auch an den sich krümmen-
den Pflanzenteilen zu erzielen. Biegsame Maßstäbe oder Benutzung
von geteilten Kreisbogen gleicher Krümmung können ferner ebenfalls
diesem Zwecke dienen. Tuschmarken werden entweder mit einem
400 XXI. Wachstumsmessung.
feinen Pinsel oder mit Hilfe eines Systems von parallelen, über einen
Kork gespannten Roßhaaren oder bei massiven Objekten mittels des
Wiesnerschen Teilrädchens (Fig. 127) aufgetragen, dessen Zähne genau
im Abstande von Imm voneinander angebracht sind. Als Farbstoff kann
der eines gewöhnlichen Stempelkissens verwendet werden, der für die
Pflanzen ganz unschädlich ist und der sehr distinkte und distinkt bleibende
Marken aufzutragen gestattet, während die mit Tusche in 1 mm Abstand
angebrachten Marken leicht bis zur Undeutlichkeit verfließen.
Die Instrumente zur Wachstumsmessung sind entweder solche,
bei denen der Beobachter fortwährend zugegen sein muß, oder es sind
selbstregistrierende Auxanometer. Wenn eine Saite an der Spitze eines
Pflanzenstengels angebracht und über eine senkrecht oberhalb der
Pflanze angebrachte Rolle geleitet wird und am anderen Ende der Saite
ein Gewicht hängt, so zeigt das Herabsinken des Gewichtes in einer
bestimmten Zeit die Verlängerung des Pflanzenstengels an. Die Saite
muß aus fein geflochtener und nicht aus gedrehter
Seide bestehen, weil die letztere durch die Luftfeuchtigkeit
bedeutende Längenänderungen erfährt. Solche Änderungen
können übrigens durch Einfetten derselben oder Bestreichen
mit Wachs vermieden werden. Das Gewicht
darf nicht schwerer sein als notwendig ist,
um die Saite vollkommen straff anzuspannen,
weil sonst das Wachstum beeinflußt werden
könnte. An der Pflanze kann die Saite durch
einen einfachen Knoten oder eine Schlinge be-
festigt werden ; die Gefahr, daß durch die Schnur
ein Einschnitt in den Stengel gemacht werden
könnte, mag durch Anbringung eines Streifens
von gummiertem Papier zwischen Schlinge und
Stengel vermieden werden. Jede Schwellung
oder Schrumpfung der Erde muß natürlich
Fehler verursachen, daher muß die Pflanze
vor dem Versuch gründlich gewässert werden,
Kie.128. Mikrometer. Um dann während des ganzen Versuches un-
„Wien. ‚schraube zur Waohe- "bagossen zur! Bleiben; selbst wenn über die
rädchen. Darwin. Topferde keine wasserzurückhaltende Schicht
gebreitet wird, bleibt der Zustand des
Bodens den Versuch hindurch erhalten. Der gefährlichste Irrtum
wird durch spontane oder heliotropische Krümmung hervorgerufen,
so daß eine Beleuchtung der Pflanze mit Oberlicht am vorteilhaftesten
wirkt; ist das nicht möglich, so kann durch einen unmittelbar hinter
der Pflanze angebrachten Spiegel die Wirkung des Vorderlichtes ver-
mieden werden; durch Seitenlicht sehr wenig beeinflußt wird der Blüten-
schaft von Nareissus. Die einfachste Art, den Weg des sinkenden Ge-
wichtes zu verfolgen, ist, längs des Gewichtes eine Maßskala anzubringen.
Ein Stück einer Bleiplatte, 15 x 20 mm, in der Mitte gefaltet, kann
als Gewicht dienen und eine feine Nähnadel, die in die Falte horizontal
gelegt wird und dort durch leichtes Hämmern festgefügt ist, dient als
Zeiger, der das Wachstum auf 0,1 mm genau bestimmen läßt. Statt
der horizontalen kann das Gewicht auch eine vertikale Nadel tragen,
und ihr Abwärtssinken bringt die Nadel in Berührung mit Öl oder
Quecksilber in einen Napf Q, der durch eine Mikrometerschraube $
XXI. Wachstumsmessung. 401
gehoben oder gesenkt werden kann (H. Dar win) (Fig. 128). Der Moment
des Kontakts ist genau zu erkennen und man kann leicht 0,01 mm an M
ablesen. Wenn Ol verwendet wird, muß das Gefäß zunächst so weit ge-
senkt werden, bis die Nadelspitze deutlich zu sehen ist, die Schraube wird
dann vorsichtig gehoben, bis die blanke Öloberfläche am Berührungs-
punkt eingesenkt erscheint. Wenn Quecksilber verwendet wird, muß
zwischen dasselbe und die Lichtquelle, ein vertikaler Faden oder Draht
nahe am Mikrometer aufgehängt werden und der Moment der Berührung
der Nadelspitze und des Quecksilbers ist durch Verschiebung des Faden-
bildes gekennzeichnet, das durch Reflexion des Lichtes im Quecksilber
entsteht. Der Apparat muß auf einer standfesten Platte stehen. Das
Mikrometer trägt am unteren Ende eine Nadel, welche für verschiedene
Messungen dienlich ist. Der Haken an der Kante der Tube kennzeichnet
die Vertikalstellung der Schraube; wenn dies der Fall ist, bleibt die
Spitze des Hakens in einer zur Oberfläche relativ konstanten Stellung,
wenn die Schraube gedreht wird. Wenn die Tube gefüllt ist, so daß die
Spitze gerade in die Oberfläche taucht,
bleibt dieser Stand während der Dre-
hung konstant erhalten.
Das selbstregistrierende Auxano-
meter von. Wiesner (Fig. 129)
funktioniert folgendermaßen: ein mas-
siver Ständer aus Gußeisen trägt auf
einer genau vertikalen Stahlsäule S
einen mittels Schraube verstellbaren
horizontalen Metallbalken, an welchem
eine kleine aus Hartkautschuk ver-
fertigte Rolle r drehbar befestigt ist,
die mit einer gleichfalls aus Hart-
kautschuk hergestellten größeren
Rolle R fix verbunden ist. Beide r
Rollen drehen sich konzentrisch um Fig. 129. Wiesners Auxanometer.
dieselbe Achse, welche aus Stahl
verfertigt ist und in einem passenden soliden Lager läuft. Jede der
beiden Rollen hat im Umfang eine rinnenförmige Vertiefung, welche
zur Führung je eines Fadens dient. Einer der Fäden läuft um die kleine
Rolle. Einfache Aufrollung genügt; größerer Sicherheit wegen kann man
den Faden doppelt aufrollen, es ist dann aber selbstverständlich ein
größeres spannendes Gewicht anzuwenden. Eines der beiden Enden dieses
Fadens ist mit der Pflanze verbunden, das zweite trägt ein zur Spannung
des Fadens dienendes Gewicht G. Auf der großen Rolle wickelt sich
ein dieselbe in einem Halbkreis berührender zweiter Faden ab,
welcher auf der einen Seite durch das Gewicht G, auf der anderen Seite
durch das Zeigergewicht @’ gespannt ist. Dieses Zeigergewicht ist T-förmig
gestaltet, aus Hartkautschuk verfertigt und besitzt eine besondere
vertikale Führung. Dieselbe besteht aus zwei genau vertikal gestellten,
sorgfältig geglätteten zylindrischen Metallstäben, welche an prismatischen
Hartkautschukstücken befestigt sind; diese selbst stehen wieder mit
dem Balken so in Verbindung, daß er der Rolle möglichst nahe steht,
ohne sie doch zu berühren. Das Zeigergewicht ist an vier Stellen durch-
bohrt behufs Durchlaß der zur Führung dienenden Metallstäbe. Die
vordere breite Fläche des Zeigergewichtes steht senkrecht zur Fläche
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 26
402 XXI. Wachstumsmessung.
der Rollen. Von der Mitte des Zeigergewichtes geht ein zur Rollenfläche
paralleler, horizontal gestellter, gegen den Zylinder in einer Horizontal-
ebene vorgebogener, zugespitzter, 10 cm langer, als Zeiger dienender Platin-
draht Z aus. Zur Aufschreibung dient der Zylinder C, welcher exzentrisch
auf dem Stundengehwerke W statt des Minutenzeigers mit hoher Führung
aufgesetzt ist und sich innerhalb einer Stunde genau einmal umdreht.
Der Halbmesser der kleinen Rolle beträgt 1,5 cm, jener der großen
Rolle 12 em. Da nun beim Aufwärtswachsen der Pflanze die große
Rolle proportional der Höhenzunahme der Pflanze sich bewegt, so ist
ersichtlich, daß das Auxanometer nur achtmalige Vergrößerung gibt,
welche sich aber auch noch steigern läßt. Zur Spannung der Fäden
dienen Gewichtehen von 7—-10 g, welche Belastungen völlig ausreichen.
Die Gewichte müssen sorgfältig gewählt sein, G muß @G’ völlig das
Gleichgewicht halten und das andere Gewicht einen möglichst geringen
Zug auf die Pflanze ausüben. Ist g, = z,
so lastet auf der Pflanze bloß g. Das Zeiger-
gewicht bewegt sich parallel zur vertikal
wachsenden Pflanze, an deren Stengel der
Faden angebracht ist, der über die kleine
Rolle r gespannt ist, deren Bewegung die
Zeigerrolle R sich bewegen läßt, so daß der
Zeiger vertikal übereinanderliegende Marken
schreibt, deren Abstände die stündlichen Zu-
wachse im Verhältnis von r: R vergrößert
angeben. Das Zeigergewicht legt einen Weg
zurück, der achtmal so groß ist als der Zu-
wachs. Je nachdem man das eine oder andere
Ende des Fadens der kleinen Rolle mit der
Pflanze in Verbindung bringt, bewegt sich
das Zeigergewicht nach aufwärts oder nach
abwärts. Man umhüllt den auf W aufzu-
setzenden Zylinder mit einem dicht anliegen-
den Papier, welches an der Vorderseite be-
TR rußt ist, zeichnet mit Nadel und Lineal die
Ei er Vorderkante und stellt den ganzen Apparat
so, daß der Zeiger an dieselbe leicht an-
gedrückt ist. Nach je einer Stunde markiert der Zeiger an der Zylinder-
kante durch einen genau horizontalen Strich den vergrößerten Zuwachs.
Das selbstregistrierende Auxanometer von Sachs besteht aus
zwei Hauptteilen, von denen der erste im Prinzip den Sachsschen
später zu betrachtenden ‚Zeiger am Bogen“ darstellt, der andere ein
durch ein Uhrwerk langsam rotierender Zylinder ist, der ein berußtes
Papier trägt, an welchem eine Zeigerspitze anliegt und so, ihrem
jeweiligen Stande entsprechend, eine weiße Linie markiert. Die
Drehungszeit des Zylinders läßt sich durch Verschiebung des Gewichtes
am Pendel des Uhrwerkes regulieren. Der Bau und die Funktion
des Apparates ist sehr einfach. Da der Apparat zahlreiche, z. T. schon
von Sachs hervorgehobene Fehler zeigt und die Zuwachslinien keine
richtigen proportionalen Werte geben, sei auf ein näheres Eingehen
verzichtet. Der wichtigste (im Wiesnerschen Apparat vermiedene)
Fehler ist, daß der Zeiger einen Kreisbogen (nicht eine vertikale, dem
Zuwachs parallele Linie) beschreibt, daß der Zeiger nur bei horizontaler
XXI. Wachstumsmessung. 4083
Stellung mit dem exzentrisch rotierenden Zylinder Horizontallinien, in
allen anderen Lagen aber selbst bei fixem Stande eigentümliche
Reibungskurven verzeichnet, daß zur Vermeidung dieser Fehler ein
großer, 90 cm im Umfang messender Zylinder und ein 60 cm langer
Zeiger, ferner ein sehr großes Gewicht (20 g) verwendet werden muß,
dessen Zug auf die Pflanze überdies nicht gleichmäßig ist, weil hier
ein Zeiger und nicht, wie beim Wiesnerschen Apparat, durch die
Rolle wieder eine Rolle bewegt wird. Die Messungen sind also hier nicht
exakt quantitative.
Der von Pfeffer (Fig. 130) nach dem von Baranetzky ange-
wendeten Prinzip konstruierte Apparat zeichnet mit dem Schreibzeiger
dadurch eine Treppenkurve, daß der mit Papier überzogene berußte
Zylinder T, je nach der Stellung des auslösenden Uhrwerkes, jede t/,, 1,
1, 2 Stunden usw. eine kleine Drehung macht. Die so markierten Strecken
Fig. 131. Bovies Auxanometer.
geben also den realen Zuwachs im Verhältnis der kleineren Rolle zur Rolle R
vergrößert an. Wenn der durch ein Uhrwerk betriebene Zylinder, sich
kontinuierlich drehend, in der Stunde eine Umdrehung macht, so ent-
steht an seiner Peripherie eine Spirallinie, bei welcher der vertikale Ab-
stand je zweier übereinanderliegender Linien den vergrößerten stünd-
lichen Zuwachs angibt. Statt auf berußtem Papier kann man eine
Schreibfeder mit Glyzerin-Anilinblautinte direkt auf Koordinatenpapier
die Wachstumskurve schreiben lassen. Durch elektrische Übertragung
kann man auch den registrierenden Apparat entfernt von der zu
prüfenden Pflanze aufstellen, wie dies ja auch bei den Transpirations-
messungen geschieht. Das Uhrwerk, welches elektrisch betrieben ist,
dreht den Zylinder T, auf dem der Zeiger schreibt. Im übrigen ist
der von der Pflanze kommende Faden F oder Draht ebenso wie beim
Wiesnerschen Auxanometer um die kleine Rolle geschlungen, welche
ihrerseits das große Rad R in Bewegung setzt, während ein Gewicht dem
Zeiger das Gleichgewicht hält.
26*
404 XXI. Wachstumsmessung.
Ein Auxanometer, welches vor allem die Fehlerquelle vermeidet, die
durch Verlängerung oder Verkürzung des übertragenden Fadens gegeben
ist, hat T. Boviet) konstruiert, welches Instrument gleichzeitig den
Vorteil bietet, auch den kleinsten Zuwachs zu registrieren. Der Apparat,
dessen Gesamtansicht Fig. 131 darstellt, besteht im wesentlichen aus einer
Vorrichtung, welche aufwärtsgedrückt wird, wenn die Pflanze wächst.
Wenn diese Vorrichtung eine kleine Strecke aufwärts gegangen ist, schließt
sie einen elektrischen Strom, der die Schreibfeder des Chronographen in
Tätigkeit setzt. Da die Verbindung der Pflanze mit der stromschließenden
Vorrichtung aus einem Metall hergestellt ist, das einen außerordentlich
kleinen Ausdehnungskoeffizienten besitzt, kann das Wachstum auf wenige
Mikra genau gemessen werden. Die Pflanze wird (Fig. 132) mittels des
Metallfadens a an der kleinen Feder b befestigt, welche ein wenig stärker
aufwärts schnellt als notwendig ist, um das Gewicht des Drahtes zu
tragen, so daß der Faden immer straff gespannt ist
| Ei N (man kann den notwendigen Zug durch eine Schraube
er N regulieren), aber doch dem Wachstum der Pflanze
(et | keinen Eintrag tut. Wenn die Feder nach auf-
Rs) | wärtszieht, gelangt sie mit dem Block c an der
| Spitze c’ in Berührung. Dadurch wird ein elek-
trischer Strom geschlossen, der bis dahin offen war,
da beim Klaffen nämlich die Feder b von c an ihrem
„ anderen Ende isoliert ist. Der Strom, welcher jetzt
durch das System fließt, aktiviert die Spule d,
N welche den Unterbrecherhebel aufwärts zieht. Der
wu : Block c ist an der Schraube / befestigt, die durch
ı ein Rädersystem bei /’' mit einer Uhrfeder ver-
bunden ist, welche die Schraube so zu drehen strebt,
daß der Block c aufwärtsgehoben wird. Die Schraube
wird aber an der Drehung durch den Unterbrecher-
hebel e gehindert, außer wenn derselbe durch den
% Elektromagneten d aufwärts gezogen wird, worauf
' sich die Schraube um einen Teil ihres Umfanges
Kig. 132, Schematischh drehen kann. Dadurch wird der Block c eine be-
Skizze des Bovieschen B e 3 =
Auxanometers. stimmte Strecke erhoben und der Strom geöffnet.
Die Pflanze muß also dann gerade um dieses Stück
wachsen, damit der Strom wieder geschlossen werde. Die Aufwärtsbewegung
von Block c ist durch die Ganghöhe der Windungen der Schraube f und
die Anzahl der Windungen begrenzt. Durch Veränderung der Zahl der
Zähne im Unterbrecherrade an der Spitze der Schraube / kann die Größe
ihrer Umdrehungen bei jedem Kontakt kontrolliert werden. Sind 20 Zähne
an dem Rade vorhanden, so kann die Schraube !/,, Umdrehung machen,
respektive mehr, wenn einige Zähne entfernt werden bis zur vollständigen
Umdrehung. Ist die Ganghöhe der Schraube 0,5 mm, so repräsentiert
jede Bewegung 25 u. Um kleine Abstände zu messen, ist; eine Mikrometer-
schraube höchst geeignet, wenn sie exakt gearbeitet ist (so leisten z. B.
Phonographenschrauben gute Dienste). Der Unterbrecher muß so
funktionieren, daß lediglich ein Zahn des Rades vorbeigehen kann,
!), W.T.Bovie, A precision Auxanometer, Botan. Gazette 53, 504 (1912).
Herrn Bovie bin ich für die Zusendung der Photographie seines Apparates zu
großem Danke verpflichtet.
XXI. Wachstumsmessung. 405
wenn der Strom einmal geschlossen wird. Die Trommel des Chrono-
graphen dreht sich einmal in sechs Stunden um sich selbst, 1 mm ihres
Umfanges entspricht einer Zeitminute; sie kann die Aufschreibungen
von sechs Auxanometern gleichzeitig aufnehmen und ihr Uhrwerk
funktioniert ununterbrochen eine Woche. Die Federn sind unbeweglich,
die Trommel rotiert unter ihnen in der Richtung ihrer eigenen Achse,
so daß jede Feder auf dem Registrierstreifen eine Spirale zeichnet. Bei
jeder Stromschließung markiert die Feder auf der gezogenen Linie
einen Punkt. Wenn der Streifen abgenommen wird, zeigt er eine Serie
paralleler Linien, von denen jede sechs Stunden entspricht. Durch
Zählung der Punkte in einem bestimmten Zeitintervall oder durch
Messung von deren Abständen kann das Maß des Wachstums bestimmt
werden. Mittels eines kleinen Schaltbrettes kann eine elektrische Glocke
oder Glühlampe in den Stromkreis eingeschaltet werden, so daß immer
ein Zuwachs durch Aufleuchten der Lampe oder Glockenton registriert
werden kann. Ist der Abstand so kurz, daß eine gewöhnliche Glühlampe
nicht aufleuchtet, muß eine Wolframlampe verwendet werden. Ein
wachsender Hyazinthensproß, der aus dem feuchten Warmhaus in die
trockene Luft des Laboratoriums übertragen wurde, ließ die Lampe etwas
öfter als einmal in der Minute aufleuchten, dagegen viel öfter, wenn die
Pflanze im Warmhause belassen und nur der Registrierapparat, mit ihr in
elektrischer Verbindung, im Laboratorium aufgestellt worden war. Ein
junger Helianthuskeimling gab alle 18 Sekunden eine Markierung; in
solchen Fällen, also bei sehr schnell wachsenden Pflanzen, wären bei
Experimenten längerer Dauer die markierten Punkte zu zahlreich, um
bequem gezählt zu werden, man entfernt dann also entsprechend viele
Zähne des Rades. Das Prinzip, durch die wachsende Pflanze automatisch
einen elektrischen Strom öffnen und schließen zu lassen, ermöglicht,
die Messung des Längenwachstums mit großer Genauigkeit vorzunehmen.
Die einzige Schwierigkeit ist, daß leicht zwischen der Feder b und dem
Block c ein Funke überspringt. Um das zu verhindern, muß der Draht a
nahe dem fixierten Ende der Feder b angebracht sein, so daß die Spalte
länger ist als die Funkendistanz, oder es wird um die Spalte herum eine
Kühlung angebracht, wodurch auch ein Abbrennen der Enden ver-
mieden wird. Elektroden von Gold oder Platin geben die besten
Resultate.
Um die Unbequemlichkeiten zu vermeiden, welche beim Arbeiten
mit berußten Papieren Regel sind, ferner um ein Versagen der Schreib-
vorriehtung, wie sie bei den gewöhnlichen Auxanometern durch kleine
Unebenheiten des Papiers, durch Luftströmungen gegeben sind, welche
den Tragfaden der Feder in leichte Schwingung bringen oder die Feder
abheben, bedient sich F. G. Kohl!) folgender Konstruktion. Die durch
Uhrwerk U (Fig.133) in beliebig rasche kontinuierliche oder intermittierende
Umdrehung versetzte Trommel wird mit Zelluloidfilm überzogen, natür-
lich bei rotem Licht. Uber die Trommel T stülpt man einen viereckigen
Kasten K, der auf einem von der Trommelachse durchsetzten Tragbrett
ruht. Damit das Aufsetzen dieses Kastens lichtdicht und immer in
richtiger Stellung vor sich gehe, sind auf dem Tragbrett vier Leisten
1) F. G. Kohl, Ein neuer Apparat zur Demonstration von Wachstums-
und Plasmolyse-Erscheinungen. Ein photographisches Auxanometer. Ber. d.
d. bot. Ges. 20, 208 (1902).
406 XXI. Wachstumsmessung.
angebracht, an welche sich die unteren Ränder der Kastenseiten an-
legen. In der einen Seitenwand des Kastens gleitet in einem Ausschnitt
ein Schieber S aus dünnem Aluminiumblech oder aus Hartgummi,
der etwa in der Mitte ein Loch von 1 mm Durchmesser trägt und diesem
gegenüber in einiger Entfernung ein sehr kleines elektrisches Glüh-
lämpchen L, welches sich mit dem Schieber, in fester Verbindung mit
diesem, bewegt. Die lichtempfindliche Schicht des Films gleitet bei
der Rotation der Trommel dicht hinter dem Schieber vorbei, denselben
fast berührend. Der Schieber hängt an dem Faden oder Draht f (Fig. 133),
welcher entweder nur über eine Nutenrolle läuft und dessen anderes Ende
am Scheitel der wachsenden Pflanze befestigt ist, oder es ist eine Rollen-
übersetzung zur Vergrößerung des Ausschlages eingeschaltet, wobei
der Schieber durch ein Gewicht balaneiert wird. Die Anfangseinstellung
des Schiebers wird so gewählt, daß das Loch eben unter dem oberen
No
s°
h Iqmnanananmancncıo.
SA x
S
. ur
„nhlngee nn
NY u Te, 4
x
SSER
x
Fig. 133. Kohls Auxanometer. Fig. 134. Apparat zur Demonstration von Wachtums-
verlängerung und Verkürzung durch Plasmalyse.
Rande der Trommel steht, die Rotation läßt man dann sofort einsetzen.
Bei Streckung der Versuchspflanze senkt sich der Schieber und das
durch das Loch einfallende Tageslicht oder das Licht des Glühlämpchens
malt die Wachstumskurve auf die empfindliche Filmschicht. Nach
Beendigung des Versuches entwickelt und fixiert man die abgenommenen
Films; sie zeigen auf glasklarem Grunde die schwarze Kurve und können
nun auf Koordinatenpapier aufgesteckt werden, wo dann mit Hilfe
der von den Quadraten auftretenden durchscheinenden Linien die Ab-
lesung vorgenommen wird. Fig. 135 zeigt den Apparat aus Fig. 133
in der Aufsicht. Ein einfacher Apparat von Kohl (Fig. 134, 136) dient
auch zur Demonstration nicht nur von Wachstumsverlängerung, sondern
auch von Verkürzung durch Plasmolyse. Der Apparat besteht aus dem
Brettchen B mit Ausschnitt, in welchem die Glasskala G eingelegt
und befestigt werden kann. Das Brettchen trägt an jedem Ende eine
Nutenrolle an horizontaler Achse, von denen die eine, n, einfach, die
andere, n, n,, zusammengesetzt ist und aus zwei fest miteinander ver-
XXI Wachstumsmessung. 407
bundenen Rollen besteht, deren Durchmesser in einem einfachen kon-
stanten Verhältnis zueinander stehen. Über die linke kleine Rolle n
und über die rechte größere n, läuft ein horizontaler Faden oder feiner
Draht f, dessen linkes Ende das kleine Spanngewicht g trägt, dessen
rechtes Ende an einem Punkte der Peripherie der großen Rolle n, be-
festigt ist. Die Rollen sind leicht drehbar so angebracht, daß der Faden
genau in der Mitte der Vorderseite des Brettchens, also auch genau in
der hier liegenden Skala verläuft. Über die kleinere der zusammen-
gesetzten Rollen wird ein zweiter, durch das Gewicht g, gespannter
Faden gelegt (f,), dessen zweites Ende am Gipfel des wachsenden Pflanzen-
organs oder am oberen Ende des zu plasmolysierenden Pflanzenteils
befestigt ist. Die geringste Verschiebung dieses Endes ruft eine Drehung
der Rolle n, und der mit ihr fest vereinigten Rolle n, und eine Bewegung
des horizontalen Fadens von rechts nach links oder umgekehrt hervor.
An diesem Faden ist ein kleiner Zeiger angebracht, der mit der Spitze
der Glasschale anliegt und auf ihr hingleitet, wenn der tragende Faden
durch die Drehung der Doppelrolle,
”n welche von der Pflanze veranlaßt wird,
eine Bewegung macht. Das Brettehen B
trägt auf seiner Rückseite den Rohr-
OHIIMAIZZZ y satz R, den man unmittelbar über
x
die Beleuchtungslinsen des Projektions-
FT
Fig. 155. Kohls Auxanometer in der Auf- Fig. 136. Meßbrücke des Kohlschen Apparates
sicht, 7= Trommel; SS = Spalt; ZI = Fig. 134.
Liektkegel; NN = Befestigungsrinne. ;
apparates schiebt, oder es ist an der einen Seite verlängert. Die
Verlängerung V endigt mit einem Rohre f, welches auf dem Stab S
eines Stativs gleitet und in beliebiger Höhe fixiert werden kann. Das
Skioptikon projiziert die Skala scharf auf den Schirm, auf welchem
demonstriert werden kann, wie der Zeiger über die Skala gleitet. In
Fig. 134 wird die Anordnung zur plasmolytischen Verkürzung eines Mark-
zylinders wiedergegeben. Der Faden f, ist am oberen Ende des Mark-
zylinders m durch die Nadel na und eine Schlinge befestigt; am unteren
Ende wird der Markzylinder durch die seitlich in den Zylinder € ein-
geführte Nadel na, fixiert. Das den Zylinder ausfüllende Wasser kann
durch das Rohr ru abgelassen, die plasmolysierende Lösung durch das
Rohr ro zugeführt werden; man läßt die plasmolysierende Lösung zu-
fließen, wenn die Verkürzung gezeigt werden soll, und nach Ablassen der
Lösung Wasser, wenn man die Wiederverlängerung demonstrieren will.
Für Demonstration der Zuwachsbewegung wird der Faden /, am Scheitel
des wachsenden Stengels befestigt. Auch der Verbrauch an Wasser durch
Transpiration läßt sich zeigen, indem das Saugrohr ss des Transpirations-
apparates (Fig. 136), dessen Wasser zur besseren Anschaulichkeit gefärbt
wird, durch zwei Klammern KK am Brettchen B oberhalb der Nutenrollen
über die Skala gelegt und das Rohr solange verschoben wird, bis der
Meniskus der gefärbten Flüssigkeitssäule auf den Nullpunkt der Skala
408
zu liegen kommt.
XXI. Wachstumsmessung.
Kohl führt folgendes Beispiel an: ein aus einer
Kartoffelknolle ausgebohrter Gewebezylinder von 100 mm Länge ver-
kürzte sich in 16 prozentiger Zuckerlösung bei 20° C in einer Stunde
Fig. 137. „Zeiger am Bogen.
240 mm über die Skala.
um 4 mm; stehen nun die beiden
Rollendurchmesser n, :n, im Ver-
hältnis 1: 3, so wird der Zeiger
auf der Skala um 12 mm ver-
schoben;; bei einer Entfernung des
Projektionsschirmes vom Skiopti-
kon von 4m betrug auf jenem der
Weg des Zeigerbildes 480 mm, also
fast einen halben Meter. Bei der
Demonstration von Verlängerung
durchWachstum empfiehlt es sich,
die Durchmesser der beiden Nu-
tenrollen mehr voneinander ab-
weichen zu lassen. Wählt man
z. B. das Verhältnis der Durch-
messer 1:6 und wächst das
Versuchsobjekt innerhalb einer
Stunde nur 1 mm, so bewegt sich
unser Zeigerbild immer noch um
Hat dieselbe in Wirklichkeit eine Zweimilli-
meterteilung, so erscheinen die Teilstriche auf der Projektionsfläche
o
Fig. 138.
Die Samen A und B sind an
ihren Kotyledonen durch
die Nadeln n befestigt und
von den Spitzen angefangen
mit Marken (A) in gleich-
mäßigen Abständen ver-
sehen, die in B, entsprechend
der großen Periode des
Wachstums, auseinander-
rücken.
um 8 cm voneinander entfernt, bei Imm Teilung
um 4cm und in letzterem Falle streicht der Zeiger
auf dem Projektionsschirm über sechs Teilstriche
der Skala innerhalb einer Stunde hinweg. Durch
die Wahl der Übersetzungsgröße zwischen den beiden
Nutenrollen n,n, kann man den Ausschlag auf
der Skala den jeweiligen Umständen beliebig an-
passen. Einige Vorversuche klären darüber auf
und man braucht nur das Rollenpaar ein für
allemal für jeden Apparat (Transpirationsapparat,
Wurzeldruckapparat usw.) zu bezeichnen, um bei
Anwendung annähernd gleicher Objekte dieselben
Erfolge zu erzielen.
Das einfachste Auxanometer ist der Sachs-
sche Zeiger am Bogen (Fig. 137): Ein von der
Pflanzenspitze ausgehender Seidenfaden f geht über
eine kleine Rolle r und wird durch ein kleines Ge-
wicht gespannt gehalten. An einer leicht drehbaren
Achse ist außer der Rolle noch ein langer Zeiger Z
angebracht, der an einer Skala B spielt. Jede Ver-
längerung der Pflanze bewirkt eine Drehung der
tolle und damit eine Bewegung des Zeigers längs
der Skala, welche die Verlängerung zu Demon-
strationszwecken anzeigen kann.
Für die Messung des Wachstums von Wurzeln
(Fig. 138) ist noch heute die Methode von Sachs vorbildlich, deren
Schilderung der genannte Forscher folgendermaßen gibt: Die Samen (von
Vieia Faba oder Phaseolus multiflorus) werden zunächst 24—30 Stunden
XXI. Wachstumsmessung. 409
in Leitungswasser liegen gelassen, das man während dieser Zeit zwei- bis
dreimal erneuert, wobei durch Bürsten den Samen anhaftende Fäulnisstoffe
usw. entfernt werden. Noch vor dem Hervortreten der Hauptwurzel werden
die Samen in feuchte Sägespäne gelegt, die vorher jedesmal zwischen
den Handflächen zerrieben und zu einem möglichst lockeren Keimlager
in großen Holzkasten zubereitet werden; dadurch werden einerseits
gerade Wurzeln, andererseits genügende Durchlüftung erzielt und so
Schimmelbildung vermieden. Die großen Samen, wie die von Faba,
Phaseolus, Aesculus, Quercus, Cucurbita, werden immer einzeln aus-
gelegt; die von Faba so mit der Mikropyle abwärts, daß die austretende
Hauptwurzel keine Krümmung zu machen braucht, um senkrecht hinab-
zuwachsen; die anderen legt man horizontal, so daß die Wurzel nach
ihrem Austritt einen rechten Winkel mit der Längsachse des Samens
bildet; kleine Samen werden einfach ausgestreut und gleich jenen mit
Sägespänen bedeckt. Beim Herausnehmen aus den
Sägespänen werden die Keimpflanzen sofort in reines
Brunnenwasser gelegt und sorgfältig gewaschen, sie
dürfen aber nicht zu lange mit dem Wasser in Be-
rührung bleiben, weil sonst die Wurzelspitze leicht er-
krankt; man kann beobachten, daß Wurzeln, deren
Haube zu einer gummiähnlichen, gelatinösen Masse
aufquillt, bald zu wachsen aufhören und erkranken.
Um die Wurzeln in feuchter Luft oder in Wasser
wachsen zu lassen, werden große Präparatenzylinder
mit eingeriebenem Deckel verwendet, deren Deckel-
hohlraum mit Kork ausgekleidet ist; die Korkplatte
ist während des Versuches stets feucht zu halten
und kann, wenn sich Schimmel ansetzen sollte, durch
Abflammen leicht gereinigt werden. An dieser Kork-
scheibe werden nun die Keimpflanzen mit langen,
reinen, nicht verrosteten Stecknadeln befestigt. Sollen
die Wurzeln in Wasser wachsen, so werden zwei Drittel
des Zylinderraumes mit Wasser angefüllt, während
noch 1 Liter Luft frei bleibt (Fig. 139); die Samen gie. 139. Sachsscher
müssen, wenn die Wurzeln gesund bleiben sollen, so Zylinder für Erzielung
angesteckt werden, daß die Kotyledonen sich über Wasser.
dem Wasser in der Luft befinden. Kommt es darauf
an, die Wurzeln in feuchter Luft wachsen zu lassen, so wird nur der
Boden des Zylinders mit Wasser bedeckt und die Wände mit feuchtem
Filtrierpapier ausgekleidet. Innerhalb des Zylinders ist noch ein in
Zehntel geteiltes Thermometer aufzuhängen. Das Wasser wird, um
sich in seiner Temperatur mit der Umgebung auszugleichen, einen Tag
vor dem Versuch in den Zylinder gebracht.
Um das Wachstum der Wurzeln aber auch in ihrem eigentlichen
Element, der Erde, verfolgen zu können, dient der Sachssche Keim-
kasten (Fig. 11 auf pag. 54), dessen Seitenwände aus Glas oder dünnen
Glimmerplatten nicht senkrecht stehen, sondern unter einem Winkel von
10° gegen den Horizont geneigt sind. Das Gestell des Kastens, in den die
durchsichtigen Platten eingelassen sind, besteht aus starkem Zinkblech,
ebenso wie der Deckel, der die obere Öffnung mit übergreifenden Rändern
schließt; der Boden des Kastens, seine metallenen Wände sowie der Deckel
sind mit zahlreichen Luftlöchern versehen. Zur Beobachtung des Wachs-
410 XXI Wachstumsmessung.
tums der Nebenwurzeln braucht man natürlich Kästen mit viel breiteren
und höheren Seitenwänden, während das Wachstum der Hauptwurzel
allein schon in viel niedrigeren und schmäleren Keimkästen verfolgt
werden kann. Jedenfalls wähle man aber relativ dünnes, durchsichtiges
Material, wenn man Form und Partialzuwachs der Wurzel zu bestimmen
wünscht, da man nur so den an der Außenwand angelegten Maßstab
sicher ablesen kann. Die in die Kasten einzufüllende schwarze humose
Gartenerde wird vor dem Gebrauche soweit angefeuchtet, daß sie sich
zwischen den Händen zu einer feinkrümeligen Masse zerreiben läßt,
dann gesiebt und eingefüllt.
Ein Begießen in den näch-
sten Tagen ist dann über-
flüssig und könnte den Ver-
such nur stören, die Erde
ist nur einzurütteln, nicht
festzudrücken und muß vor
jedem Versuche neu ein-
gefüllt, die Scheiben ge-
waschen werden. In die
nicht ganz gefüllten Kasten
werden nun die keimenden
Samen so gesteckt oder ge-
legt, daß gleich anfangs die
Hauptwurzel der durchsich-
tigen Wand dicht anliegt;
da sie immer senkrecht ab-
wärts zu wachsen sucht, legt
sie sich an die geneigte Wand
immer fester an und bleibt
sichtbar; daß sie an der
Fensterseite von Erde ent-
blößt ist, tut dem normalen
Wachstum keinen Eintrag.
Glaszylinder oder Erdkasten
werden, um den Einfluß des
Lichtes und des Temperatur-
wechsels auszuschließen, in
| geräumige, gleichmäßig tem-
Fig. 140. Washstumsm ırken an Stengelorganen.
(0. kiechter.) perierte, innen geschwärzte
Holzschränke gestellt.
Zur Markierung der Wurzeln wird chinesische Tusche oder, wie
schon erwähnt, die Tinte der Patentstempelkissen verwendet, die den
Vorteil bietet, auf der Wurzel nicht zu fließen. Man kann die Tusche
auf einer Porzellanplatte mit Wasser anreiben und dann mittels eines
steifen, sehr spitzen Pinsels in Form möglichst dünner, tiefschwarzer
Querstriche auf der Wurzel auftragen. Vor dem Auftragen der Striche
muß man die Wurzel abtrocknen, was am besten mit einem Stück dünner,
weicher Leinwand geschieht, die man um die Wurzel herumlegt und
mit leichtem Druck gegen die Spitze hingleiten läßt. Nachdem die
Marken aufgetragen sind, läßt man die Keimpflanzen 1—2 Minuten
in feuchter Luft liegen, um dem Tuschanstrich Zeit zum festen Adhärieren
zu lassen, wenn die Wurzel in Wasser oder Erde weiterwachsen soll,
XXI. Wachstumsmessung. 411
welche die Marke dann nicht abzuwaschen oder abzuscheuern vermögen.
Die Lage und Entfernung der Marken richtet sich nach der Absicht des
Versuches. Um der Keimpflanze eine feste Lage zu geben und das Mar-
kieren mit größerer Sicherheit vornehmen zu können, wird eine große,
glatte Korkplatte von 2 cm Dicke benutzt, die am linken Rande mit
einer runden Feile verschieden große Kerben erhält; von jeder derselben
gehen auf der Oberfläche des Korkes einige mit dünner, runder Feile
gemachte Rinnen nach verschiedenen Richtungen aus. Man probiert
nun, in welche Kerbe der Samen sich mit einiger Reibung einschieben
läßt, so daß er darin festhält, wobei die Wurzel gleichzeitig in die Rinne
zu liegen kommt. Legt man nun neben die in der Rinne ruhende Wurzel
eine Millimeterteilung, so kann man die Marken gleichsam als Verlänge-
rung der Teilungsstriche des Maßstabes auftragen. Ebenso wird dann die
beim Wachstum resultierende Verschiebung der Marken gemessen.
Zur Messung der Krümmungsradien und Bogenlängen gekrümmter
Wurzeln werden dünne Glimmerplatten benutzt, auf die mit der Zirkel-
spitze ein System konzentrischer Kreisbogen eingeritzt ist. Die Qua-
dranten werden durch fortgesetzte Halbierung in 8, 16, 32 Teile geteilt;
7
Tage
Fig. 141. Wachstumskurve nach Sachs.
man berechnet für jeden Radius die Länge eines solchen Bogenstückes
und benutzt die so entworfene Tabelle zur Berechnung der Bogenlängen
an den gekrümmten Wurzeln. Man legt an die Wand des Keimkastens
die gradgeteilte Glimmerplatte und probiert, welcher der Kreise mit
der Krümmung der Wurzel zusammenfällt. Durch bereitgehaltene
gummierte Papierstreifen wird die geteilte Platte auf der Glimmerwand
des Kastens befestigt und nun die Bestimmung vorgenommen.
Die Wachstumsmessungen sowohl oberirdischer (Fig. 140) als unter-
irdischer Organe ergeben, daß ein wachsender Pflanzenteil mit kleinen
Zuwächsen beginnt, dann immer schneller wächst, ein Maximum der
Wachstumsgeschwindigkeit erreicht und von dort ab immer langsamer
wächst, bis das Wachstum endlich zum Stillstand kommt (Fig. 141), eine
Erscheinung, welche als die große Periode bezeichnet wird. An einem
wachsenden Internodium zeigt jeder Abschnitt eine große Periode, die
älteren Abschnitte haben bereits aufgehört zu wachsen oder befinden sich
in der letzten Phase ihrer großen Periode, während die jüngeren erst zu
wachsen beginnen: aus diesen großen Perioden der einzelnen Querabschnitte
setzt sich die große Periode des ganzen Internodiums zusammen. Der
Einfluß von Licht und Temperatur macht sich darin geltend, daß ein
im Lichte gewachsenes Internodium sein Maximum früher erreicht
412 XXI. Wachstumsmessung.
als das etiolierte, daß die Ausgiebigkeit des Wachstums in allen Phasen
seiner Periode geringer ist, und daß das Wachstum früher aufhört. Von
Temperaturschwankungen zeigt sich das Wachstum insofern abhängig,
als das grüne Internodium sein Maximum lange vor, das etiolierte lange
nach dem während dieser Zeit eingetretenen Temperaturmaximum erreicht.
Im allgemeinen folgt die Zuwachskurve der Temperaturkurve; zur Zeit
der stärkeren Wachstumsfähigkeit, in der Mitte der großen Periode,
verändern Temperaturschwankungen von einem bis zu einigen Graden
in der Stunde das Wachstum mächtig, indem einem Steigen der Tem-
peratur ein Steigen, dem Fallen der Temperatur ein Fallen des Zuwachses
entspricht. Vom Abend bis zum Morgen steigen im allgemeinen die
Wachstumskurven, auch wenn die Temperatur in der Nacht um einen
oder mehrere Grade fällt; sie fällt dagegen nach Sonnenaufgang plötzlich
und rasch, selbst wenn die Temperatur steigt; vom Morgen bis Abend
herrscht also im allgemeinen eine Verminderung, während der Nacht
eine Steigerung des Zuwachses. Wenn zu Mittag oder Nachmittag
eine kleine Steigerung der Wachstumsgeschwindigkeit eintritt, die
übrigens den Eintritt des abendlichen Minimums nicht hindert, so
handelt es sich hier nur um die Wirkung der höheren Tagestemperatur,
während die nächtliche Steigerung und das Sinken am Morgen durch
innere Ursachen bewirkt wird. Das Licht bewirkt auf alle Fälle eine
Retardation, die Dunkelheit eine Beschleunigung des Wachstums bei
diesen Pflanzen. Es seien ferner einige von Sachs ermittelte Zahlen
notiert: Phaseolus multiflorus, etiolierte Pflanze, große Periode der
einzelnen Teile des epikotylen Internodiums; dasselbe wurde in zwölf
Stücke zu 3—5 mm eingeteilt, die von unten nach oben mit a bis m be-
zeichnet sind, die Messung fand in 24 stündigen Intervallen statt, die
Temperatur war 10—11° C:
Be- Zuwachs bis
zeielmung. | 51. | 22. | 28. | 4 | 5 | » |. | Serge
der Stücke | April | April | April | April | April | April ı April April | April | April
1 1
mm | mm mm mm mm | mm | mm mm | mm | mm
oben m | 12 | 15.125 | 55.1 20. 9,0440 10,0 em | 2,0
l 1,5 1,5 6,0 9,0 9,5 9,5 3,5 1,0 = —
k 2,1 3,0 6,5 6,0 20. — — | — — —
i 3,9 2,5 3,0 1,0 — — — — — —
h 3,3 1,0 0,5 — — — — — — —
en en: BEE. BE.
BEE Ve ee Te I | re 7° Be
© 0,6 0,3 — — — En == — — | —
d 0,6 _ n— — — — — | — |
c 0,3 — — — — — — — — |
b 0,3 — — = — — — — — OB
unten & 0,3 — - —— — — — | — — Ze
Bei der Wurzel wird der erste Teilstrich (Marke 0) so gesetzt, daß
ein Querschnitt an dieser Stelle den Vegetationspunkt der Wurzel-
spitze treffen würde; das ist nur annähernd möglich, da man den Vege-
tationspunkt nur undeutlich durchschimmern sieht, aber man ver-
meidet dadurch den Fehler, die vor dem Vegetationspunkt liegende,
bis ®/,, Millimeter umfassende Länge der Wurzelhaube, die gar nicht
in Betracht kommt, in die Messung mit aufzunehmen, wodurch die
XXI. Wachstumsmessung. 413
erste wachsende Zone zum Teil der Haube und nur zum Teil dem
Wurzelkörper angehört, so daß sie mit den anderen nicht zu vergleichen
ist. Man bringt nun, vom Vegetationspunkt angefangen, in gleichen
Abständen einige Marken an und mißt deren Entfernung nach einiger
Zeit: man findet dann eine letzte Querzone, die sich noch verlängert
hat, während alle hinter dieser liegenden gleich geblieben sind oder sich
verkürzt haben. Eine in Wasser senkrecht wachsende Wurzel von
Vicia Faba war vom Vegetationspunkt aus in zehn Querzonen von
je 1 mm Länge geteilt worden; die Zonen sind von der Spitze aufwärts
mit I bis X bezeichnet; die Verlängerung ist nach 15 stündigem Wachs-
tum bei 20—20,7 ° C bestimmt.
Zone Verlängerung Zone Verlängerung
er |
X 0,0 mm V | 2,0 mm
Be 2 IV | 2,8..,,
VIII 3 5 IT 0,
N 0,6, , ul | Las
VI 1,4 „ ji 0,8 ee)
| Gesamtzuwachs 11,0 mm
Die letzte gewachsene Querscheibe von 1 mm anfänglicher Länge
ist also die neunte und die Länge der gesamten wachsenden Region
umfaßt neun Querscheiben von je 1 mm Länge. Die Länge der wachsen-
den Region zeigt bei verschiedenen Individuen derselben Art selbst bei
gleichen äußeren Bedingungen wesentliche Unterschiede, wie aus dem
folgenden Beispiel von fünf Pisum sativum-Pflanzen A, B, C, D, E
ersichtlich, deren Zuwachs in demselben Zylinder bei einer Temperatur
von 18,7—20,5 0° C nach 17 Stunden bei anfänglicher Wurzellänge von
15 mm verzeichnet ist?):
Zuwachs in Millimetern
Querscheiben |
A B | C D E
X 0,0 0,0 0,00 0,0
DE 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0
NIIT 0,0 0,0 0,0 | 0,0 0,0
vi 0,5 0,0 0,0 | 0,0 0,0
vI 0,8 0,5 0,5 0,0 0,0
V 1,3 0,5 1,5 0,2 0,0
IV 2,5 1,5 2,0 0,3 0,8
ET 7,0 4,0 6,2 1,0 3,9
II 4,0 6,5 5,5 6,5 5,7
I 0,6 1,0 0,5 3,0 1,0
Die Länge der wachsenden Region ist danach bei A — 6,5 mm,
bei B = 5,5 mm, bei C = 5,5 mm, bei D = 4,5 mm, bei E = 3,5 mm.
In feuchter Luft ist die Länge der wachsenden Region meist kleiner
als in Wasser und in lockerer Erde, bei Phaseolus multiflorus in Luft
zirka 5,5 mm, in Wasser zirka 8,5 mm. Wurde an der Hauptwurzel von
Vicia Faba eine Zone dicht hinter dem Vegetationspunkt durch zwei
1873, p. 416.
414 XXI. Wachstumsmessung.
daß diese an aufeinanderfolgenden Tagen um nachstehende Werte an
Länge zugenommen hatte: 1,3, 5,7, 12,5, 10,5, 9,0 0,0. Die Größe
des Zuwachses nimmt also anfangs langsam, dann schnell zu und hält sich
eine gewisse Zeit auf der maximalen Höhe, um dann wieder zu fallen und
endlich zu Null abzusinken. Es ist also auch bei der Wurzel ebenso wie bei
den oberirdischen Pflanzenteilen die große Wachstumsperiode erkennbar.
Jost (Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Auflage, Jena 1908,
S. 336) gibt folgende Tabelle über den Längenzuwachs der einzelnen
Zonen bei der Wurzel von Vicia Faba, aus der man deutlich ersieht, wie
eine bestimmte Zone (hier die dritte) schließlich die größte Länge er-
reicht und die Zone größter Länge sich dabei immer mehr gegen die
Spitze verschiebt. Die Zonen von je 1 mm haben nachstehende Längen-
werte erreicht:
een 3 Fe a 15° Om 21
“
“
’
| |
x 0 1,2 ausgewachsen
IX 1,0 1,5 ausgewachsen
VIII 1,0 1,3 ausgewachsen
VII 1,0 1,3 2,0 ausgewachsen
VI 1,0 1,6 2,8 ausgewachsen
V 1,0 152 2,8: | 42 | 4,6 ausgewachsen
IV 1,0 151 TA Sao 5,0 | 6,4 ausgewachsen
III 1.0 10 | 12 | L4.| Da a 8,6
II 1,0 1,0 1.072217 .90 1,2 1,207 157 3,0
I 1,0 1,0 DEE 150 | 1,0 1,0: 20
Das Maximum des Zuwachses liegt hier nach drei Stunden in der
7. und 8. Zone, nach 8 Stunden in 6 und 5, es rückt dann immer mehr
vor, bis es in der 18. und 21. Stunde in Zone 3 liegt, von wo es schließlich
nach Zone 1 rücken muß.
Bei Vicia Faba-Wurzeln fand Sachs folgenden Zuwachs:
Zuwachs in Millimetern nach Stunden
Zone e an" v Berne... 7
6 | 17 | 24 22x24 Re
I N TE ee: 1,8 50 | 280
II 0,3 vr 4,5 15,0 17,0
III 0,5 5,5 5,6 6,6 6,6
IV 0,8 3,2 3,0 3,0 3,0
V 0,8 1,9 1,5 1,5 1,5
VI 0,5 0,8 u) 0, 0,5 0,5
VII 0,3 0,4 | 0,4 0,4 0,4
VIII 0,2 0,4 0,0 0,0 0,0
IX 0,2 0,1 0,0 0,0 0,0
2.4 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0
w
w
Um von der Dauer des Wachsens der einzelnen Zonen unabhängig
zu sein und die Geschwindigkeit selbst vergleichen zu können, ist es
nötig, möglichst kurze Zeit nach der Markierung bis zur ersten Messung
verstreichen zu lassen. Wortmann, welcher die Sachsschen
Versuche wiederholte, bestätigte das Ergebnis, daß das Wachstums-
maximum mit jedem Tage höher hinaufrückt, um mit der Streckung
des Keimlings ganz zu verschwinden. Er markierte in Abständen von
0,5 em und erhielt (bei 22° C im Glashause) folgende Werte:
XXI. Wachstumsmessung. 415
Tag Abstände der einzelnen Marken
| | |
23.7. 0,5 0,5 0a,,.05 | 0:5, 10.,.0:8. eo 0,5
36.7. 0,5 0,6 0,6 08 ? Lore 08 0,5
27.7. 0,5 0,6 0,6 0,8: | 1,2 Ve en Ber
28. 7. 0,5 0,6 0,6 0,8. ||» 1,29. 391,9: na Se
89,7. 0,5 0,6 0,6 0,8 12 19 | 2,6 | 23,5
20. 7. 0,5 0,6 0,6 0,8 1,2; Be iR 3,5
7. 0,5 0,6 0,6 0,8 1,2 1,9 2,6 3,8
28, 0,5 0,6 0,6 0,8 1,2 1,9 2,6 3
In allen diesen Versuchen wurde ein Wachstumsmaximum ge-
funden, während Wiesner in seinen Versuchen, solange der Keim-
ling nutierte, deren zwei feststellte; das zweite Maximum verschwand
mit der Lösung der Nutation. Nach Hoke!) sind zwei Maxima aber
nur in Laboratoriumsluft zu bemerken, in reiner Luft dagegen nur
eines; auch die Hypokotyle von Lupinus albus, Helianthus annuus
zeigen dasselbe Verhalten wie das Epikotyl von Phaseolus multiflorus,
dagegen findet sich bei Phaseolus vulgaris infolge der starken Nutation
ein zweites Maximum auch in reiner Luft.
Daß zum Wachstum freier Sauerstoff notwendig ist, erkennt man
an der Tatsache, daß dieses im sauerstoffreien Raume unterbleibt.
Auch wenn die Kotyledonen ganz in Wasser versenkt sind, so daß der
Luftzutritt gehemmt ist, findet man das Wachstum stark zurück-
gehalten. Den großen Einfluß verschiedener Temperaturen kann man
wahrnehmen, wenn man Erbsensamen mit eben austretenden Würzelchen
in vier Töpfe versetzt, die bei konstanten Temperaturen, bei 39—40 °C,
bei 35 0 C, bei 23 0 C und bei 10—12 ° © gehalten werden. Das durch-
schnittliche Wachstum der Wurzeln bei 10 °, 23 ®, 35 ° C zeigt aufsteigende
Folge, während das Wachstum bei 39 ° C geringer ist als das bei 35 ° C.
Darwin gibt folgende Mittelzahlen aus Messungen nach 49 Stunden:
ber 10% -C7 5 mm
es27T 7, 10885
al 2a
2 30.3,0, De
Auch durch Narkotika wird das Wachstum zurückgehalten. Die
Notwendigkeit des Wassers für das Wachstum kann durch folgenden
Versuch demonstriert werden: Erbsen, deren Wurzel die Länge von
etwa 3 cm erreicht hat, werden in der geschilderten Weise in folgende
Flüssigkeiten eingehängt: die einen in gewöhnliches Leitungswasser,
die zweiten in 1 prozentige Kalinitratlösung, die dritten in 3 prozentige
und die vierten in 5 prozentige Salpeterlösung. Während die Wurzeln
in den beiden ersten Gläsern normal wachsen, ersehen wir aus den an-
gebrachten Marken im dritten Glase eine sehr mäßige Verlängerung,
im vierten sogar eine Verkürzung der Wurzeln. Der Einfluß farbigen
Lichtes zeigt sich, wenn wir Keimlinge unter verschiedenfarbigen Glocken
ziehen: wir beobachten, daß im roten Licht die Erscheinungen des
Etiolements stattfinden, daß also trotz der gerade hier am stärksten vor
sich gehenden Assimilation die Wachstumserscheinungen dieselben sind
wie im Dunkeln, hier sind diestärker brechbaren Anteile des Spek-
1) F.Hoke, Wachstumsmaxima von Keimlingsstengeln in Laboratoriums-
luft. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss., Wien 121 (1912).
416 XXI. Wachstumsmessung.
trums diejenigen, denen die größte Bedeutung zukommt, während für
die chemische Arbeit der Kohlensäureassimilation die schwächer brech-
baren Anteile die Hauptrolle spielen.
Wenn wir an den Epikotylen von im Dunkeln erwachsenen Phaseolus-
pflanzen Marken anbringen und deren Entfernung nach je 24 Stunden
messen, finden wir, wie schon erwähnt, daß diese nur im oberen, nicht
aber im unteren Teile des Stengelgliedes größer geworden sind, hier ist
also die Vegetationszone terminal; die Wachstumsregion ist recht
ausgedehnt und kann über 30 mm betragen, während ja die Wachstums-
zone der Wurzel nur wenige Millimeter beträgt. Wenn wir aus einem
Halm von Secale oder einer anderen Graminee ein Internodium heraus-
schneiden und in eine obere und untere Hälfte teilen, beide mit ihrer
Basis in Wasser tauchen und unter günstige Wachstumsbedingungen
bringen, so finden wir nur die untere, nicht die obere Hälfte durch
Wachstum verlängert, da hier das an der Basis der einzelnen Internodien
von der Blattscheide umschlossene Gewebe der Achse längere Zeit
embryonalen Charakter behält, während die höheren Teile bereits aus-
gewachsen sind: es ist also hier eine basale, interkalare Vegetations-
zone vorhanden. Bringt man bei Weizenkeimlingen, die bereits das
erste Laubblatt entwickelt haben, das auf das Scheidenblatt folgt, nahe
der Spitze des Laubblattes zwei Marken in einer Entfernung von 3 mm
an, ebenso ferner beim Scheidenblatt nahe der Spitze und zirka 15 mm
höher auch beim Laubblatt, so findet man nach 24 Stunden diese Marken
infolge des basalen Wachstums des Blattes stark auseinandergezogen,
während an der Spitze des Laubblattes die Marken in gleicher Ent-
fernung geblieben sind und sich nicht verschoben haben.
Ein Auxanometer, welches besonders geeignet ist, Diekenwachstum
zu messen, aber auch zur Messung des Längenwachstums brauchbar
ist, hat D. Frost!) konstruiert. Es leistet wegen seiner besonderen
Leichtigkeit und Genauigkeit besonders gute Dienste bei der Wachstums-
messung kleiner, zarter Pflanzen und kann auch, da es aus Aluminium
gebaut ist, unter den normalen Feuchtigkeitsverhältnissen der Pflanze
ohne Schaden eingestellt werden; die Pflanze mit dem Auxanometer
kann, da die Übertragung elektrisch erfolgt, beliebig weit vom Registrier-
apparat aufgestellt sein. Das Auxanometer besteht aus einem Zahnrad
auf einer Stahlachse, welche auch eine Serie kleiner, gekerbter Räder
von 1, 31, und 6 mm Durchmesser sowie ein etwas größeres Rad trägt,
auf welchem ein Draht mit Gegengewicht aufgezogen ist. Der Durch-
messer des größeren Rades beträgt zirka 5 cm und sein Umfang enthält
144 Kerben. Ein Sperrhaken, der in die Kerben eingepaßt ist, befindet
sich auf einer der anderen ähnlichen Achse und trägt einen langen hori-
zontalen Arm, welcher ein Platinende besitzt. Wenn sich das große
Rad umdreht, greift der Haken in die Kerben ein, und die Platinspitze
berührt beim Niederfallen einen Quecksilbertropfen, der in einem kleinen
Napf am Arm des Balkens liegt. Dieser Arm ist vom übrigen Apparat
isoliert und durch einen dünnen Draht mit dem einen Pol einer elek-
trischen Batterie verbunden, während der andere Teil des Instrumentes
mit dem anderen Pol derselben in Verbindung steht. Eine Schraube
unterhalb des Quecksilbernapfes ermöglicht die Regulierung der Höhe
1) W,D. Frost, On a new electrical auxanometer and continous recorder.
Minnesota botan. studies 9, 181 (1894).
XXI. Wachstumsmessung. 417
des Quecksilbers und damit des Zeitintervalls, innerhalb dessen der
elektrische Strom geschlossen oder geöffnet wird. Der Rahmen des
Apparates ist aus Aluminium hergestellt und wiegt im ganzen 15 g.
Er kann an dem Arm eines Stativs befestigt werden und so zur Messung
des Höhenwachstums dienen, während er für Messung des Dicken-
wachstums vom Stativ aus an das zu messende Objekt angelegt wird,
eventuell dort mit einer Klammer befestigt. Wenn der Apparat an
Ort und Stelle ist, wird ein Seidenfaden von der Spitze des Apparates
im entgegengesetzten Sinne des Uhrzeigers um den ganzen Umfang des
Pflanzenteils (z. B. des Stengels) herumgelegt, von wo er durch ein Loch
in der Achse des Auxanometers zieht, um dort sorgfältig befestigt zu
werden, wobei das Gegengewicht am Rade hinreichen muß, um ihn
gestreckt zu erhalten. Wenn die Pflanze in die Dicke wächst, wird der
Faden von der Rolle abgewunden, auf welcher er aufgerollt ist; und
indem diese sich dreht und die Zähne des großen Rades die Sperrstange
passieren, wird der elektrische Strom abwechselnd geöffnet und ge-
schlossen. Zur Messung des Längenwachstums ist das Instrument ober-
halb der Pflanze befestigt, und der Faden geht vom wachsenden Teil
zu den kleinen Rädern. Steht das kleinste derselben in Verwendung,
so werden bei einem Zuwachs um 1 mm 46 Aufzeichnungen gemacht,
d. h. !/,, mm Zuwachs bewirkt eine Schließung des Stromes, während
das größte Rad das Wachstum von je !/, mm registriert.
Die automatische Registriervorrichtung besteht im wesentlichen
aus zwei Walzen, von denen eine mit einem Uhrwerk versehen ist, durch
dessen Bewegung ein Papierstreifen auf die andere Walze aufgewunden
wird, und ein Elektromagnet, an dessen Anker ein Schreibstift angebracht
ist, preßt denselben gegen das Papier. Während der Strom geöffnet
ist, wird eine kontinuierliche Linie nahe dem Rand des Papierstreifens
gezogen. Wenn der Strom geschlossen ist, wird der Schreibstift nach
der anderen Seite des Papiers gezogen und die Länge des hier ver-
zeichneten Strichs gibt die Zeitspanne an, während welcher der Strom
geschlossen ist. Das Zahnrad des Uhrwerkes, welches acht Tage ohne
Aufziehen funktioniert, dreht die Rolle in zwölf Stunden einmal um sich
selbst. An der Oberfläche der Walze ist ein Zifferblatt mit in umgekehrter
Reihenfolge stehenden Ziffern angebracht, am Stativ befindet sich ein
Zeiger, so daß die vom Uhrwerk durchlaufene Zeit sofort abgelesen
werden kann. Die andere Walze ist mit Ausnahme des Zifferblattes
der ersten völlig gleich. Das Registrierpapier ist mit einem zweckmäßigen
Liniensystem versehen, welches den Streifen in Stundenräume einteilt,
die fortlaufend bezeichnet sind; die Zeit des Registrierens muß durch
weitere Unterteilung von Minute zu Minute direkt vom Papier abgelesen
werden können.
Der Zeitmarkierer besteht aus einem Stahlstift, der groß genug
ist, um für zwei Wochen hinreichend Registriertinte zu halten; er ist
mit einer Spiralfeder an dem Anker eines Elektromagneten befestigt,
der an einem Scharnier nahe der Basis angebracht ist. Wenn der Anker
infolge der Anziehung durch den Magneten sich bewegt, wird die Feder
ein kleines horizontales Stück weit gezogen; die Feder drückt sich gegen
das Papier auf der Rolle und kann durch eine Vorrichtung mit jedem
beliebigen Druck am Papiere gehalten oder von diesem entfernt werden,
wenn das Papier entfernt oder gewechselt werden soll.
Wenn der Strom geöffnet ist, wird der Anker durch die Uhrfeder
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 27
418 XXII Messung der Gas- und Wasserbewegung.
zurückgehalten, die Länge der Stahlfeder ist so bemessen, daß die Feder
dann nahe der rechten Seite des Streifens eine gerade Linie zieht. Wenn
der Strom geschlossen ist, wird der Anker angezogen und die Feder auf
die andere Seite des Papierstreifens geschoben und verzeichnet dort
im rechten Winkel eine kurze Längslinie auf dem Papier. Wenn der
Strom einen Moment geöffnet ist, wird die Zeit der Registratur bloß
durch eine einzige Kreuzmarke angezeigt, dagegen durch eine Linie
linksseits des Papiers, wenn der Strom eine Zeitlang geschlossen bleibt.
In diesem Falle wird die Länge der Zeit zwischen zwei aufeinander-
folgenden Schließungen des Stromes durch den Abstand zwischen zwei
aufeinanderfolgenden Vorwärtsbewegungen der Feder angezeigt oder,
was dasselbe ist, durch die Länge der gezogenen Linie, während der
Strom geschlossen ist, zuzüglich der Länge der Linie, welche verzeichnet
wird, während der Strom geöffnet ist, wenn also eine Kerbe den Sperr-
haken passiert. Das Auxanometer ist mit dem Registrierapparat ver-
bunden und beide können ebensogut nebeneinander wie weit entfernt
voneinander aufgestellt werden. Dieser kontinuierliche Registrierapparat
kann natürlich nicht nur in Verbindung mit einem Auxanometer, sondern
überall dort angeschaltet werden, wo das Resultat einer längeren Versuchs-
reihe fortlaufend automatisch verzeichnet werden soll.
XXI. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
Zur Bestimmung der Transpiration!), d. h. zur Feststellung der
Abgabe von Wasserdampf durch unverletzte Pflanzenteile sind mehrere
qualitative und quantitative Methoden in Gebrauch. Die quantitative
Messung wird am besten durch die direkte Wägung und Bestimmung
des Gewichtsverlustes seitens der Pflanze innerhalb der Versuchsdauer
ausgeführt.
Qualitative Methoden.
Der Beobachtung am besten zugänglich sind die Farbenänderungen
hygroskopischer Salze bei Aufnahme von Wasser; wegen ihrer Einfachheit
hat die größte Beliebtheit die Stahlsche?) Kobaltpapiermethode ge-
funden. Streifen gewöhnlichen Filtrierpapiers werden durch Eintauchen
in eine 3—5 prozentige Lösung von CoCl, getränkt und nach Ausbreiten
an der Luft im Exsikkator bis zur völligen Wasserabgabe getrocknet.
Legt man einen solchen, nunmehr tiefblauen Streifen auf die zu prüfende
Blattfläche, so färbt sich der Streifen je nach der Menge des abgegebenen
Wasserdampfes früher oder später rot, so auf der spaltöffnungsreichen
Unterseite oft schon nach wenigen Stunden, auf der Oberseite langsamer.
Durch sofortiges Bedecken des Streifens mit einer Glas- oder Glimmer-
platte, die mit Klammern am Blatte befestigt wird, verhindert man
möglichst den Zutritt der Luftfeuchtigkeit zum eingeklemmten Kobalt-
streifen. Da das Kobaltpapier immerhin nicht sehr empfindlich ist,
1) Die gründlichste, umfassende Studie über Transpiration der Pflanzen be-
sitzen wir in der ausgezeichneten Monographie von A. Burgerstein, „Die
Transpiration der Pflanzen‘, Jena 1904. Hier ist auch das Methodische ent-
sprechend gewürdigt und einige der vorliegenden Abbildungen sind dem genannten
Werke (stets im Vergleiche mit dem Original) entnommen.
») Botan. Ztg. 52, 117 (1894).
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 419
wäre vielleicht die Verwendung von Jodblei-Lösung zur Imprägnierung
von Papierstreifen vorzuschlagen; man erhält dieses Salz durch Fällen
einer löslichen Bleiverbindung mit Jodkali. Mit einem Überschuß von
Jodkali vereinigt es sich zu einem in farblosen Nadeln kristallisierenden
Doppelsalz, welches aus seiner Lösung durch Äther fällbar ist. Das
Doppelsalz wird in seinem vierfachen Gewichte Azeton aufgelöst und
mit dieser Lösung wird Filtrierpapier getränkt, das man im Exsikkator
über Chlorkalzium trocknen läßt; Spuren von Feuchtigkeit färben solches
Papier gelb, da das Doppelsalz durch Wasser zerlegt wird. Durch Be-
feuchten mit Azeton läßt sich dieses Reagenzpapier regenerieren, was
der langdauernden Trocknungsmethode des Stahlschen Papieres
gegenüber ebenfalls einen Vorteil bietet. Versuche, mit diesem Papier
die Transpiration von Pflanzen schnell und bequem nachzuweisen.
haben zu befriedigenden Resultaten geführt.
Bei Stahls Kobaltprobe wie auch bei manchen anderen pflanzen-
physiologischen Experimenten, ist es wünschenswert, das Reagenzpapier
auf zwei einander vollkommen entsprechenden Flächen der beiden
Blattseiten aufzulegen; man
verwendet dazu mit Spangen
verschlossene Uhrgläser und
dergleichen; besondere Ge-
nauigkeit, Raschheit und Be-
quemlichkeit des Arbeitens
gewährt folgendes kleine,
von Ganong!) angegebene
Instrument: Zwei gleich-
artige Messingringe, jeder
von 3 cm Durchmesser und
5 mm Dicke, sind an den
Enden paralleler, biegsam-
elastischer Stäbe so befestigt,
daß diese die Ringe fest und Fig. 142.
genau Rand an Rand halten,
wobei aber ihre Trennung durch eine Klemmschraube bis zu jedem
gewünschten Maße möglich ist. Für jeden Ring sind zwei Zusatzringe
vorgesehen. Einer von ihnen ist rechtwinklig geteilt und hält ein
entfernbares Deckglas, so daß es, wenn es über den exponierten Rand
des Messingringes geschoben wird, den letzteren in eine glasgedeckte
Kammer verwandelt. Wenn die mit CoCl, getränkten Filtrierpapier-
streifen (zweckmäßig ein wenig breiter geschnitten als die Messingringe,
haften sie in der Mitte zwischen ihnen und lassen sich gut ausspannen)
in die Ringe gelegt und diese dann aufs Blatt gelegt werden, kann man
die Farbenänderungen durch Transpiration mit größter Genauigkeit be-
obachten. Die Enge der Kammern gestattet, daß die Papiere, vom
Blatt entfernt, ihren jeweiligen Zustand lange Zeit beibehalten, so daß
man in aller Ruhe arbeiten kann. Der zweite Zusatzring ist geteilt und
ist dazu bestimmt, Zinnfolie oder irgendeinen anderen Stoff eng an den
Kammerring zu halten. Wenn also vorspringende Blattadern eine hin-
länglich enge Berührung von Kammer und Blattfläche verhindern, die
für manche Zwecke nötig ist, kann durch den geteilten Ring ein dünnes
Ganongs Glaskammer.
l) Ganong, Botan. Gaz. 39, 145 (1905).
27*
420 XXII Messung der Gas- und Wasserbewegung.
Kautschukband gegen das Blatt gepreßt werden, so daß es die Räume
zwischen den Adern ausfüllt.
F. Darwins Horn-Hygroskopmethode!): c (Fig. 143) ist ein Kork-
stück (5 x 4 x 4 mm), auf dessen Unterseite ein Streifen von einem
Rasiermessergriff aus gepreßtem Horn (zirka 8 mm lang und 3 mm dick)
angekittet ist, {. Dieser stellt einen hygroskopischen Streifen vor, der
an seinem freien Ende eine Borste b trägt, die auf einer Einteilung spielt.
Das aus dem Rasiermesser quer durch den Strich geschnittene Horn-
material wird vorher zwischen Glasplatten über einer Gasflamme erhitzt.
Ein Quadrant @ aus Pappendeckel ist an der Unterseite der Kork-
scheibe befestigt und trägt längs der Krümmung die
Skala. Wenn das Hygroskop sich auf einer trockenen
Fläche befindet, so bleibt der Zeiger in Ruhe auf 0
stehen, auf einer transpirierenden Fläche dagegen, z.B.
auf der spaltöffnungsführenden Seite eines Blattes,
krümmt sich der Zeiger sofort von der Feuchtigkeits-
quelle weg und streift dabei über die Skala. Der
Tuak : Vorteil des einfachen Instrumentes liegt darin, daß es
A ra in wenigen Sekunden ein Bild über die Transpiration
gibt; es wird auch bei der später zu besprechenden Be-
urteilung des Offenseins oder Geschlossenseins der Spaltöffnungen an-
gewendet. Nach dem Grade der Abweichung ist auch ein Schluß auf
die Größe der Transpiration möglich. Darwin hat eine Reihe von
Transpirationsbestimmungen bei Ficus elastica gemacht, in welchen
der Gewichtsverlust des transpirierenden Blattes in Milligramm mit den
Hygroskopablesungen verglichen wurden:
27. August 1897 £ j ö A IM _ Januar 1898. Ei
Verlust | Mittelwert || Verlust per
Zeit per Ihund des Zeit 100 ebem in Hygroskop
100 gem Hygroskops || der Stunde
mar 310 0 | 10%a.m
11751155 a,m, { a . ee } 216 15
96 _ 19:6 169 15 11192a%m: 116 10
12° - 12° p.m. { 96 12 U Tann: 61 5
9°__99 12 3 12% p, m 47 4
u { 60 2 | 920 » m 2 2
3°”—4® p. m. { 24 -— EM 2 %
Das Hygroskop muß sehr sorgfältig gearbeitet sein, das Horn sorg-
fältig präpariert. Ein möglichst dünnes Rasiermesser von gepreßtem
und erhitztem Horn, das auf einer Drehbank quer durchschnitten wurde,
ist notwendig. Die besten Schnittstücke werden ausgesucht, mit destil-
liertem Wasser befeuchtet und zwischen zwei Glasplatten ausgebreitet,
die aneinandergepreßt werden. Das Horn wird so flach ausgespannt,
während es sorgfältig über einer Gasflamme erhitzt wird. Die Scientific
Instrument Cie., Cambridge, hat in der Regel ein Lager von brauch-
barem Horn; sollte aber solches nicht erhältlich sein, so kann auch
das Material (Zelluloid), aus dem hygroskopisches Spielzeug, wie
!) Philos. Transact. B., 190, 533 (1898).
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 421
Fische usw., gemacht wird, verwendet werden, das aber freilich nicht
annähernd so haltbar ist wie Horn. Bei Ausführung der Messung ist
es ratsam, das Instrument nur wenige Sekunden auf dem Blatte zu
belassen, weil sonst das Horn sich dauernd krümmt. Beim Ablesen ist
es am besten, die Stellung des Zeigers nach einer bestimmten Frist,
z. B. 10 Sekunden, abzulesen oder auch abzuwarten, bis der Zeiger
zur relativ längsten Ruhe gelangt ist. Für die Beobachtung ist es zweck-
mäßig, das Blatt mit den Spaltöffnungen nach aufwärts auf einer hori-
zontalen Unterlage durch kleine Metallgewichte zu befestigen. Sobald
die Ablesung gemacht worden ist, muß das Hygroskop beiseite gestellt
werden, bevor die nächste Beobachtung stattfinden kann. Der Zeiger
krümmt sich oft mit der Zeit leicht, so daß der Nullpunkt oder die
Differenzstrecke sich verschiebt. Es ist daher notwendig, jedesmal
den Nullpunkt zu notieren und ihn von der Ablesung zu subtrahieren;
so daß z. B. wenn die Ruhestellung des Zeigers auf 5 weist und die Ab-
lesung bei der Bestimmung auf 30, der Versuchswert 25 beträgt. Die
Hornunterlage des Instrumentes wirft sich bisweilen, die Blattfläche
pflegt nicht eben zu sein, so daß der Zeiger oft eine plötzliche Bewegung
ausführt, wenn das Instrument aufgesetzt wird. So ein Ruck ist aber
leicht von der normalen Zeigerbewegung zu unterscheiden, denn wenn
das Instrument abgehoben wird, kehrt der Zeiger nach einer regelrechten
Aufriehtungallmählich zur Ruhelage zurück, dagegenplötzlich
nach einem unregelmäßigen Ruck. DBisweilen ist es notwendig, das
Hygroskop ganz leicht über die Oberfläche emporzuheben und einen
dünnen Papierstreifen unter den Kork zu legen oder ein stärkeres Objekt
unter das Eck des Papierquadranten; auf diese Weise steht die Fehler-
quelle des Ruckes unter Kontrolle, wenn auch auf Kosten der äußersten
Grenze der Empfindlichkeit. Die bedeutendste Fehlerquelle der Methode
besteht aber darin, daß der Zeiger immerwährend zu Abbiegungen ge-
neigt ist, wogegen nur ein angemessener Vorrat neuer Instrumente hilft.
Wenn das Hygroskop auf eine warme, aber trockene Fläche gestellt
wird, erhebt sich der Zeiger ebenso als wäre die Oberfläche feucht; die
Temperaturänderungen werden auch von anderen hygroskopischen Sub-
stanzen registriert. Jedoch ist diese Fehlerquelle praktisch nur für
große Temperaturintervalle vorhanden und auch hier nicht unüberwind-
lieh. Darwin führt folgenden Versuch aus: Um zu zeigen, daß die
Spaltöffnungen sich schließen, wenn das Blatt abstirbt, wurde das Blatt
zur Hälfte durch Darüberhalten über eine Gasflamme zum Einschrumpfen
gebracht; die sofort vorgenommene Ablesung am Hornhygroskop zeigt,
daß die Spaltöffnungen in der abgetöteten Hälfte scheinbar offen stehen,
der Irrtum rührt daher, daß die Fläche noch warm ist; aber nach zwei
Minuten, wenn das Blatt die Zimmertemperatur angenommen hat,
zeigt sich diese Wärmewirkung nicht mehr: die Ablesung auf der toten
Hälfte ist nunmehr Null, auf der lebenden so wie es der Öffnung der
Stomata entspricht. Natürlich wird das Instrument auch durch die
Luftfeuchtigkeit beeinflußt, aber diese Fehlerquelle fällt kaum ins Ge-
wicht, außer bei annähernder Feuchtigkeitssättigung der Luft, und
kommt um so weniger in Betracht, als ja meist nicht absolute, sondern
Vergleichsbestimmungen gemacht werden. Ferner sollen die Be-
stimmungen bei möglichst ruhiger Luft, jedenfalls nicht bei starker
Windbewegung gemacht werden, weil dadurch (durch das Herbeiführen
immer neuer Luft) die Transpirationsgröße schnell wechselt. Das Hygro-
422 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
skop zeigt eigentlich bloß den Ort der Transpiration an, es ist aber des-
halb so wertvoll, weil es, indem es die Länge des Weges der auf dem
Horn aufgeklebten Haarspitze zahlenmäßig zu bestimmen erlaubt, auch
approximativ verschiedene ÖOffnungsweiten der Stomata ergibt (Mo-
lisch); es bildet ferner einen Übergang zu den quantitativen Methoden,
indem es, wenigstens bei vergleichenden Messungen, über die relative
Weite der Spaltöffnungen etwas auszusagen erlaubt.
F. Darwins Yucca-Hygroskop (Fig.144): Wenn Stahls feuchtigkeits-
empfindliches Papier unter eine Glasplatte gelegt wird, die auf der
Oberfläche des Blattes befestigt ist, kann die Kobaltmethode sehr kleine
Transpirationsgrößen anzeigen. Das Hornhygroskop dagegen kann als
Indikator für de angesammelten Produkte der Transpiration
nicht verwendet werden. Wollte man das Instrument unter jener auf
der Blattoberfläche befestigten Glasdecke belassen, so würden die Ab-
lesungswerte ab- statt zunehmen. Eine Zunahme von Wasserdampf
zeigt dagegen das Yucca-Hygroskop an. Das Material besteht aus der
getrockneten Epidermis von Yucca aloifolia; in trockener Luft ist es
auf der einen Seite so konkav, daß es aussieht wie eine Papierrolle; in
feuchter Luft rollt es sich sogleich auf, wird flach und rollt sich dann
nach der entgegengesetzten Seite ein.
c ist eine kleine Glaskammer (10x 5mm),
wie sie für Pilzkulturen verwendet wird,
auf einer Seite mit einem Deckstreifen
geschlossen (in Fig. 145 ist die Decke s
links, die offene Seite, die auf das Blatt
zu liegen kommt, rechts). An der verti-
kalen Wand der Röhre ist ein Stückchen
Kork befestigt, welches einen Streifen
Fie. 14. Darwins Fir. 14 Dasein, Ger Yuccaepidermis trägt EEigzusE
en im Quersehnitt. zeigt das Yuccahygroskop in der Auf-
sicht mit eingerollter Membran, also in
der Trockenstellung. Eine an der Glasbedeckung des Zylinders angeklebte
Papierskala gestattet eine Messung der Formveränderung der Yucca-
membran a (resp. yin Fig. 145), welche am Korkstück k befestigt ist. Auf
ein selbst nur sehr wenig transpirierendes Blatt gelegt, rollt sich dieMembran
sofort auf, indem sie innerhalb weniger Sekunden von 0 bis 2 oder selbst bis 6
wandert. Das Yuccahygroskop kann nur in trockenen Räumen verwendet
werden, in feuchter Luft ist der Zeiger so stark aufgerollt, daß man das
Instrument nicht benutzen kann. Da die Stellung des Zeigers nicht
davon abhängt, ob die Luft auf der einen Seite der Membran mehr
feuchtigkeitsgesättigt ist als auf der anderen, sondern einfach von dem
Feuchtigkeitsgehalte der Luft, so ist es natürlich, daß es dazu dienen
kann, um geringe Anhäufung von Dampf anzuzeigen. Die Empfindlich-
keit des Yuccahygroskops ist nicht immer von Vorteil; es ist leicht da-
mit die Transpiration von spaltöffnungslosen Oberflächen zu messen
und deshalb ist man bei kleinen Transpirationswerten nie sicher, wie-
viel von stomatärer und wieviel von kutikularer Transpiration her-
rührt. Bei dem folgenden, von Darwin beschriebenen Beispiel war
die kutikulare Transpiration praktisch gleich null und eine sehr
geringe stomatäre Transpiration war nachweisbar. Zwei Efeublätter
wurden 19 Stunden lang nach dem Abpflücken welken gelassen und
Yuccahygroskope dann mit Wachs auf der Ober- und Unterseite be-
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 493
festigt; eine Bewegung des Zeigers erfolgte nur an dem auf der Unter-
seite befindlichen Instrument, also als Ausdruck der Spaltöffnungs-
tätigkeit. Dasselbe wäre auch durch die Kobaltprobe oder durch Wägung
gezeigt worden, nicht aber durch das Hornhygroskop. Die Kobalt-
probe ist von Stahl nach zwei Richtungen ausgewertet worden, näm-
lich um den Effekt bei Blättern, die vollkommen zwischen Glasplatten
eingeschlossen waren, in ein bis zwei Minuten zu erkennen, oder in der
Weise, daß das Reagenzpapier von einem kleinen auf dem Blatte be-
festigten Gefäß bedeckt war. Diese beiden Anwendungsarten analo-
gisieren im großen und ganzen das Horn- und das Yuccahygroskop,
wobei jedoch zu bemerken ist, daß das erstere empfindlicher ist als die
Kobaltmethode, wogegen zugunsten dieser ins Gewicht fällt, daß Be-
obachtungen, welche mit einer bestimmten CoCl,-Lösung und einer
bestimmten Filtrierpapiersorte angestellt wurden, vergleichbarer sind
als die Ablesungen mit zwei Hygroskopen, daß ferner die Herstellung,
Haltbarkeit und Manipulation des Kobaltpapieres leichter ist. Ein
Blatt der Gartenchrysantheme gab auf Kobaltpapier zum Teil einen
roten Abdruck, während der andere Teil des Papieres blau blieb; die
Ablesung des Hornhygroskopes ergab für die blauen Partien die Zahl 7,
für die roten 13, d. h. also, das Hornhygroskop zeigt noch Transpiration
in dem Teile des Blattes an, welcher Kobaltpapier unverändert blau
ließ. Die Erhärtung der Ergebnisse aller Methoden erfolgt schließlich
durch Wägung. So, wenn z. B. ein Blatt auf seiner spaltöffnungführenden
Oberfläche mit Wachs bekleidet ist: Wägung ergibt die Verdunstung
seitens der Kutikula und so ist eine Korrektion der Wägungen eines
Blattes möglich, das auf der stomatalosen Fläche mit Wachs bedeckt
ist. Natürlich gewinnt man so nicht absolut genaue Werte, aber immer-
hin die besterreichbaren. Darwin klassifiziert die Empfindlichkeit
der verschiedenen Methoden folgendermaßen: 1. Vergleichende Wägung,
2. Yuccahygroskop und Kobaltmethode (bei langdauernder Exposition),
3. Hornhygroskop, 4. Kobaltmethode (kurze Exposition), 5. mikro-
skopische Untersuchung des unverletzten Blattes. Diese letztere Methode
ist von Lloyd!) modifiziert worden, indem die Oberhaut vom
lebenden Blatte abgezogen, ganz kurz in absoluten Alkohol eingetaucht
und dann unter dem Mikroskop betrachtet wird. Diese Arbeitsweise,
welche hauptsächlich bisher bei Fouquiera splendens und Verbena
ciliata erprobt wurde, soll an der Epidermis genau die Spaltenweite
fixieren, welche am lebenden Blatte im Momente des Abtötens vor-
handen war.
F. Darwin und D. F.M. Pertz?) beschreiben einen weiteren leistungs-
fähigen einfachen Apparat zur Beurteilung der Spaltöffnungsweite, das
Porometer (Fig.146 und 147): Eine kleine, glockenförmige Glaskammer C
mit breitem Rand wird auf der spaltöffnungführenden Fläche des Blattes
L befestigt. Ein Kautschukschlauch verbindet C mit einem T-Rohr (T')
aus Glas, dessen langer Schenkel graduiert ist und in ein Gefäß V
mit Wasser taucht. Der kurze Schenkel links trägt einen Kautschuk-
schlauch, der durch die Klammer M verschließbar ist. Nachdem die
Glaskammer auf dem Blatte (mit Gummi) angekittet ist, wird in der
Lloyd, Carnegie Institution, Washington 1908, Publication Nr. 82.
a
la
.Darwin und M. Pertz, Proceed. of the r. Soc. B., Vol. 84, 136
494 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
Richtung des Pfeiles angesaugt und dann der Quetschhahn M geschlossen,
wodurch aus dem Wassergefäß eine Wassersäule, etwa bis A, empor-
steigt. Durch die Spaltöffnungen wird in den luftverdünnten Raum in C
Luft eingesaugt, und die Wassersäule fällt bis zu Punkt B. Durch wieder-
holtes Ansaugen kann die Wassersäule wieder zum Steigen gebracht
und die Beobachtung beliebig oft wiederholt werden. Die Zeit, welche
verstreicht, während die Säule etwa von A nach B sinkt, wird notiert
und so eine Reihe von Ablesungen, die zur Bestimmung des Absink-
maßes beim Mitteldruck %, (A + B) dienen. Das Mittel ist gewöhnlich
20 cm Wassersäule, indem das Absinken des Meniskus zeitlich zwischen
23—17 em oder 22—18 cm begrenzt wird, wie es eben am bequemsten
ist. Das Kaliber der Röhre ist gewöhnlich so gewählt, daß 1 cm Länge
0,1 ccm entspricht. Es ist klar, daß, wenn aufeinanderfolgende Ab-
lesungen bei einem bekannten Mitteldruck gemacht wurden, eine Ver-
minderung der Spaltöffnungsweite die Wassersäule langsamer von A
nach B sinken lassen wird. Die Zahl der
Sekunden, welche beim Fallen der Wasser-
säule um eine bestimmte Höhe abgelesen
werden, geben also geradezu die relative
Weite der Spaltöffnungen an. Die beste
Methode, die Glaskammer luftdicht
und gleichzeitig ohne Schädigung des
Blattes darauf zu
befestigen, ist ge-
wöhnlicher Leim,
welcher sowohl am
Glas als auch an
der Blattflächehaf-
tet und diese kaum
schädigt. Der Leim
wird auf zirka 30°C
EEE FSRTTEEE r abkühlen gelassen
ae Giöckenkanmerdes Poto. und dann dick auf
rg den Kammerrand
aufgetragen, der sodann sanft auf die spaltöffnungsreiche Unterseite
des Blattes so aufgedrückt und befestigt wird, wobei das Blatt auf
einer horizontalen Glasplatte adjustiert ist. Eine andere Methode
besteht darin, aus einer Lage 20—25 prozentiger Gelatine einen Ring,
d. h. eine durchbohrte Scheibe von zirka 1 cm Dicke auszustechen und
die Kammer fest auf den Ring niederzupressen und in dieser Lage zu
befestigen. Hier muß das Blatt mit der Spaltöffnungsseite nach oben
gerichtet und durch eine horizontale Glasplatte gestützt werden. Dieses
Verfahren eignet sich besonders für lederartige Blätter, wie die von
Ficus elastica, Prunus laurocerasus, Hedera helix usw., welche selbst
beim Zusammenpressen zwischen Gelatine und Glasplatte nicht leiden;
übrigens kann man mit der nötigen Vorsicht auch zartere Blätter diesem
Verfahren unterziehen; Glyzerinzugabe zur Gelatine erweist sich als
schädigend, ebenso Vaseline oder andere Substanzen, wie Fette usw.
Die Pors»metermethode ist als eine direkte mit der mikroskopischen
Probe zu vergleichen, indem bei beiden Werte sich ergeben, in welchen
der durch die Stomata ziehende Gasstrom in keiner Weise durch den
Wasserdampf beeinflußt ist, der durch dieselben Öffnungen dringt. Die
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 425
eben beschriebene Methode ist also scharf von den hygroskopischen zu
trennen, sie dient nicht zur Messung der Transpirationsgröße, sondern
mißt die jeweilige Weite der Spaltöffnungen (Fig. 148), die
durch die hygroskopischen Methoden nur indirekt angegeben wird, wobei
Änderungen der Öffnungsweite nur in sehr großen Zügen offenbar werden.
Mit den genannten Methoden teilt das Porometer den großen Vorzug,
eine kontinuierliche Methode zu sein, d. h. zu gestatten, daß ein Blatt
durch längere Zeit beobachtet wird. Ferner beobachtet man hier das
lebende Objekt, während bei Lloyds Verfahren das tote Blatt zum
Versuche dient, wobei überdies jedem Versuche ein Blatt geopfert werden
muß. Ein fernerer Vorteil des Porometers ist seine große Leistungs-
fähigkeit. Die Größe des Gasstromes kann in einem beleuchteten Blatt
jene des verdunkelten Blattes um das vierhundertfache übertreffen.
Darwin hatte Gelegenheit, mit dem viel empfindlicheren Porometer
Ergebnisse zu bestätigen, die er Jahre vorher mit den hygroskopischen
Methoden über das Welken von Blättern gemacht hatte, bei denen die
Stomata offensichtlich noch lange offen waren, nachdem das Blatt auf-
gehört hatte mit dem Hornhygroskop zu reagieren.
Ein großer Vorteil des Lloydschen Verfahrens besteht darin,
daß es absolute Werte liefert, d. h. es zeigt die wirkliche Weite der
Spaltöffnung, während das Porometer nur
relative Zahlen ergibt. Lloyds Methode
leidet an dem Übelstande, daß an einem
gegebenen Blatte und in einem gegebenen
Zeitpunkt die Spaltöffnungen von 1 bis zu
10 Einheiten im Durchmesser wechselnd
sefunden werden. Und da es unmöglich
ist, auf jede Bestimmung unbegrenzte Zeit ‚ NN
zu wenden, so folgt daraus, daß Lloyds "* * orehiedenen Weiten in
Bestimmungen der Spaltöffnungsgrößen
ziemlich ungenau sind. Das Porometer dagegen umfaßt in seinen Angaben
einen Durchschnittswert von vielen hundert Spaltöffnungen bei jeder
Ablesung; nun ist an einem gegebenen Zweig zu einer gegebenen Zeit bei
den verschiedenen Blättern eine Vielheit von Spaltöffnungen in den
verschiedensten Zuständen der Öffnungsweite vorhanden. Jeder Ver-
gleich zwischen Transpiration und Spaltöffnungsweite, wenn er durch
den Befund des Luftstromes an einem einzigen Blatte gezogen wurde,
ist unzutreffend, da die Transpiration eines Zweiges von der durch-
schnittlichen Öffnung der Stomata einer Anzahl von Blättern abhängt,
während der Wert des Luftstromes von dem Verhalten des einzelnen
Blattes abhängt. Daher müssen, wie Lloyd selbst hervorhebt, bei
seiner Methode zahlreiche Blätter geprüft werden.
Infiltrationsmethode von H. Molisch: Die von
M olisch!) beschriebene Methode, welche heute wohl als die leistungs-
fähigste bezeichnet werden muß, beruht auf dem Gedanken, daß es
möglich sein müsse, daß Offensein der Spaltöffnungen dadurch zu de-
monstrieren, daß man auf die Stomata führende Epidermis Tropfen
von Flüssigkeiten bringt, die rasch in sehr kleine Kapillaröffnungen
einzudringen vermögen, wie sie durch die Spalten der Spaltöffnungs-
apparate repräsentiert werden. Die Flüssigkeiten, welche durch die
1) H. Molisch, Zeitschr. f. Bot. 4, 107 (1912).
496 XXII Messung von Gas- und Wasserbewegung.
Spalten rasch in die Atemhöhle und von hier aus in die Interzellularen
des Schwammparenchyms des Blattes eintreten, infiltrieren also das
Blattgewebe an der betreffenden Stelle, welche dann im auffallenden
Lichte dunkel und im durchfallenden durchscheinend aussieht. Sind die
Stomata geschlossen, dann unterbleibt natürlich die Infiltration. Das ist
in sehr schöner Weise z. B. bei Verwendung von absolutem Alkohol der
Fall, welcher binnen wenigen Sekunden in die Spalten eindringt und
das Blatt in der obenbezeichneten Weise infiltriert (Fig. 149). Molisch
arbeitet in der Weise, daß aus einem kleinen Stiftfläschehen durch den
Stift oder durch eine Glasröhre der Tropfen auf das Blatt gebracht wird,
wobei aber jede unsanfte Berührung und damit eventuell einhergehende
Verwundung des Blattes unterbleiben muß. Als Folge der Infiltration
zeigen sich entweder zahlreiche dunkle zerstreute Punkte oder größere
zusammenfließende, respektive getrennt bleibende Inseln oder schließlich
ein momentanes Dunkelwerden der ganzen vom Tropfen bedeckten
Fläche. Sehr gute Resultate lieferten die turgeszenten,
im starken diffusen oder direkten Sonnenlicht befind-
lichen Blätter von Syringa vulgaris, Stellaria media,
Papaver somniferum, Senecio vulgaris, Plantago
major, Urtica virens usw. Ein viel empfindlicheres
Reagens als absoluter Alkohol ist Benzol, Xylol oder
Terpentinöl; denn der Alkohol vermag unterhalb
einer gewissen Spaltöffnungsweite nicht mehr ein-
zutreten, die anderen genannten Flüssigkeiten aber
wohl, wobei sehr oft das Xylol an Leistungsfähigkeit
das Benzol übertrifft. Wenn der kapillare Wider-
stand einer zu engen Spalte das Eintreten auch dieser
Flüssigkeiten unmöglich macht, dann sind sie als
praktisch geschlossen zu betrachten. Ather und
Chloroform sind wegen ihrer allzugroßen Flüchtig-
Kie. 1. Syringablattnach Reit, die namentlich beim Arbeiten im Freien die
a nerdun- Infiltration nur sehr kurze Zeit andauern läßt, nicht
her geschlossen gewesen. zu empfehlen. Zunächst wird mit Alkohol geprüft;
dringt dieser nicht ein, so sind die Spalten jedenfalls
nur wenig offen, man geht dann mit dem nächstfeineren Indikator Benzol
oder Xylol vor, die durch ihr eventuelles Eindringen zeigen, daß die Spalt-
öffnungen doch, wenn auch nur wenig, offen waren. Dabei hat man den
Vorteil, daß Alkohol, wenn er nicht durch die Spalten eindringt, das Blatt-
gewebe eine kleine Zeit unbeschädigt läßt, während Xylol, Benzol, Terpen-
tinöl die Epidermiszellen sehr schnell töten, auch wenn sie nicht durch die
Spalten eindringen. Dieses Durchdringen durch die geschlossene Wand
der Oberhaut kann aber kaum zu einer Fehlerquelle werden, da sich die
Infiltration durch die Spaltöffnungen sofort oder wenigstens nach sehr
kurzer Zeit zeigt, während das Durchdringen durch die Oberhaut doch
etwas länger in Anspruch nimmt, so daß man beides, besonders bei
einiger Übung, leicht auseinanderhalten kann. Charakteristisch ist,
daß beim Alkohol die Infiltration die von Tropfen bedeckte Fläche
kaum jemals überschreitet, wohl aber bei Benzol, Xylol und ähnlichen
Flüssigkeiten.
Die großen Vorteile der Methode sind ihre Einfachheit, die Tat-
sache, daß die Frage nach dem Offen- und Geschlossensein der Spalt-
öffnungen augenblicklich beantwortet, ad oculos demonstriert und auch
XXI Messung der Gas- und Wasserbewegung. 497,
der Grad des Offenseins durch die verschiedenen Indikatoren angegeben
wird. Über die Transpiration der Blätter allerdings sagt die Methode
ebensowenig aus wie Darwins Poromete. Die Hygroskop-
methode und die Kobaltprobe weisen also direkt
auf die Transpiration hin, Molischs Infiltrationsmethode
läßt das Offen- oder Geschlossensein der Spaltöffnungen erkennen und
steht darin in einer Parallele mit Dar win s Porometer, dessen Angaben
ebenfalls von der Transpiration unabhängig und lediglich abhängig sind
von der relativen Weite der Spalten; dabei ist aber zu bemerken, daß
die Infiltrationsmethode einfacher ist und kein Instrument erfordert.
Ferner kann das Offen- oder Geschlossensein der Spaltöffnungen sogar
am trockenen, toten Blatte damit erkannt werden, während die Kobalt-
und Hygroskopmethode in solchen Fällen natürlich ganz versagt, da-
gegen können geringe Differenzen in der Spaltenweite nicht angezeigt
werden, während das mit dem Porometer möglich ist.
filtrationsmethode von Molisch baut E. Stein!)
eine Erweiterung derselben auf, indem sie die Reihe
Petroläther, Petroleum und Paraffinum liquidum be-
nutzt, welche Kohlenwasserstoffe infolge ihrer ver-
schiedenartigen Viskosität die Öffnung der Spalten in
drei Abstufungen beobachten läßt. Dringt Paraffin
ein, so ist das ein Zeichen, für außerordentlich weit
geöffnete Stomata; dringt Paraffin nicht, wohl aber
Petroleum ein, so ist die Öffnung eine mittlere; Petrol-
äther endlich dringt durch noch stärker verengte
Spalten. Es ist also hier die Beobachtungsgrenze etwas
weiter gesteckt, indem Paraffin in Spaltöffnungen nicht
mehr eindringt, die für absoluten Alkohol geöffnet sind,
während Petroläther noch den Weg in Interzellularen
findet, die für Benzol und Xylol nicht mehr zugäng-
lich sind; die für das Eindringen von flüssigem Paraffin
nötige Spaltenweite wird überhaupt nicht von den
Schließzellen aller Pflanzen erreicht.
Eine Methode zum Infiltrieren auch von Koni-
ferennadeln veröffentlichte A. Dengler?): Ein etwa
10 cm langes, an einem Ende zu geschmolzenes
Auf der In-
u
Fig. 150. Schema des
Denglerschen Infil-
trationsapparates.
Stück Bleirohr
(Fig. 150), das 0,8 em lichte Weite und zirka 2,5 mm Wandstärke
hat b, wird mit der Klinge des Taschenmessers auf der einen
Seite mit etwa sechs kleinen Schlitzen versehen, welche dazu dienen,
die zu untersuchenden Nadeln n mit etwas Spielraum aufzunehmen; die
Wände des Schlitzes werden zur besseren Adhäsion etwas aufgerauht
und die äußere Mündung des Schlitzes nach außen etwas trichterförmig
erweitert, damit der Kitt, mit dem die Nadeln später befestigt werden,
gut zusammengedrückt werden kann. Dann wird der Kitt
am besten
das in den Apotheken in Stangenform erhältliche Bleipflaster, das sich
in der warmen Hand gut kneten läßt und nach dem Erstarren erheblichen
Druck aushält — in die Schlitze fest eingedrückt, in den Kitt mit einer
kleinen Lanzette r ein Spalt gestoßen und die zu untersuchende, an ihrer
ı) E. Stein, Ber. d. deutschen bot. Ges. 30, 66 (1912).
®) A. Dengler, Ber. d. deutschen bot. Ges. 30, 452 (1912); s. a.
F. W. Neger, ebendas. 30, 179 (1912).
498 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
Basis gekappte oder angestochene Nadel, die frisch abgepflückt worden
ist, so in den Spalt geschoben, daß die geöffnete Stelle sich im Hohl-
raum der Röhre befindet. Mit Hilfe eines Modelliereisens wird dann der
Kitt zu beiden Seiten der Nadel und besonders nach untenhin sorg-
fältig abgedichtet, so daß beim späteren Untertauchen keine Luftblasen
durch etwaige Undichtigkeiten des Kittes aufsteigen; wäre das der Fall,
so müßte die betreffende Stelle mit Filtrierpapier abgetrocknet und nach-
gedichtet werden. Das Bleirohr mit den Nadeln wird dann durch einen
Druckschlauch S mit einer Druckpumpe (etwa wie sie zum Aufpumpen
von Fahrradschläuchen verwendet wird) verbunden, bei welcher die
Führungsstange des Kolbens mit Marken versehen und bis zu einer
bestimmten Marke hineingeschoben wird. Je nach dem Zustande des
Spaltöffnungsapparates erfolgt nun bei der Kompression ein größerer
oder geringerer Austritt von Luftblasen ! an der spaltöffnungführenden
Nadelfläche, den man beim Untertauchen in einer flachen Schale mit
Wasser mit Auge oder Lupe verfolgen kann. Die einzelnen Stufen der
Blasenbildung wären dann mit Hilfe einer ad hoc festzusetzenden Skala
einzuschätzen, nachdem eine Zählung der Luftblasen, die bei einem
bestimmten Druck auf der Nadeloberfläche erscheinen, nicht möglich
ist, weil sie sich sehr schnell ablösen, zerfließen, zerplatzen, weil es ja
ferner nicht nur auf die Zahl, sondern auch auf die Größe der Blasen
ankommt. Dengler bildet sechs Stufen, von 0 an, wo keine Blase
auftritt, über Stufe 4, bei der die Nadel ganz dicht mit Blasen bedeckt
ist, und Stufe 5, wo außer dieser Blasenbedeckung noch ein lebhaftes
Perlen auftritt, bis zu Stufe 6, dem Maximum dieser Erscheinungen,
während auf Stufe 1 nur wenige kleine Blasen auftreten; auf Stufe 2
erscheint dann etwa die Hälfte der Blasenanzahl, welche bei voller Be-
deckung auftreten würde; natürlich kann man zwischen diesen Stufen
noch Zwischenglieder einschalten. Diese sehr bedenkliche Unsicherheit
welche in der subjektiven Schätzung gelegen ist, sucht Dengler
dadurch zu vermeiden, daß er das Bleirohr nicht mit einer Druckpumpe,
sondern mit einem Quecksilbermanometer M verbindet, dessen Schenkel
durch einen diekwandigen Kautschukschlauch zusammenhängen und
gegeneinander verschiebbar sind. Dadurch kann man in dem einen
Schenkel einen beliebigen Überdruck erzeugen und dessen Ausgleich
auf dem Wege durch die Spaltöffnungen zeitlich messen; an einem
zwischen den beiden Manometerschenkeln angebrachten Maßstab kann
man die Höhe des Überdruckes bestimmen: so wäre also ein zahlenmäßig
darstellbares Maß für die Durchlässigkeit und damit für die Öffnungs-
weite der Spaltöffnungen gegeben. Es ist klar, daß diese Methode nur
bei großer Übung im Abschätzen und nur für Vergleichswerte ein brauch-
bares Ergebnis liefern und hauptsächlich dort Dienste leisten wird, wo
es sich darum handelt, Resultate, die mit anderen Methoden gefunden
wurden, zu überprüfen; ihre besondere Verwendbarkeit liegt ferner dort,
wo die einfache und sichere Infiltrationsmethode von Molisch keine
Anwendung finden kann, also bei den Koniferennadeln.
Das Verfahren von L. Buscalioni und G. Pollaccit!) beruht auf
der Fähigkeit des Kollodiums bei Berührung mit Spuren von Wasser aus-
zufa'ien. Es wird eine verschieden starke Lösung von Kollodium in Alko-
ı) L. Buscalioni und G. Pollacci, Atti de R. Istituto Botanico
dell’ universita di Pavia, Vol. VII (1901).
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 499
hol oder Äther verwendet, da es auf die Natur des transpirierenden Organs
(Dicke der Kutikula, Zahl der Spaltöffnungen usw.) ankommt, ob das Kollo-
dium kürzere oder längere Zeit flüssig bleibt. Die Lösung wird mit einem
Pinsel auf die zu prüfende Organoberfläche in dünner Schicht aufgetragen,
frei von Luftblasen; in wenigen Minuten ist bei Zimmertemperatur das
Lösungsmittel des Kollodiums verdunstet, das Reagens bildet dann ein
trockenes Häutchen, welche das Organ genau in dem Zustande bedeckt,
in welchem es aufgetragen worden war und ihm anhaftet (Fig. 151),
aber mittels einer Pinzette mit Leichtigkeit abgezogen werden kann; das
Lostrennen erfolgt übrigens bei der Zusammenziehung des Häutchens
von selbst. Während des Eintrocknens des
Kollodiums beobachtet man, daß, wenn das
untersuchte Organ wenig oder gar nicht tran-
spiriert, das Häutchen durchscheinend bleibt,
während es bei einigermaßen vor sich gehender
Transpiration bald eine milchähnliche Färbung
annimmt, die um so intensiver wird, je stärker
die Wasserabgabe erfolgt. Das Abnehmen der
Häutchen ist schwieriger und mitunter nicht
ohne Zerreißen möglich, wenn die Oberfläche Fie. 151. Kol oh en zu
des betreffenden Organs rauh, haarig oder es
dergleichen ist. Um gute Resultate zu erhalten, muß man mit ver-
schieden konzentrierten Lösungen arbeiten; außerdem ist es unter
manchen Verhältnissen gut, die kollodiumbestrichenen Organe einige
Zeit in einem luftverdünnten und mit Atherdampf erfüllten Raume
zu halten, um das Austrocknen des Kollodiums zu verzögern. Die
Kollodiumhäutchen können nunmehr der mikroskopischen Untersuchung
unterworfen werden, sie tragen den genauen Abdruck des Gewebes,
an dem sie gehaftet hatten, und gestatten somit die Erkennung des
Zustandes, in welchem sich die transpirierenden Organe im Momente
des Auftragens des Häutchens befunden hatten. Das Häutchen wird
auf einem Objektträger aufgespannt und dieser ganz mit einem Deck-
glas bedeckt, das den Zweck hat, das Häutchen anzuspannen; das Ein-
schließen in Wasser oder in einer anderen Flüssigkeit unterbleibt besser.
Quantitative Methoden.
Die zuverlässigsten Resultate werden erreicht, wenn man die ge-
samte Versuchspflanze vor und nach dem Versuch wägt und aus der
Gewichtsdifferenz auf die Menge des verdunsteten Wassers schließt.
Hierbei sind einige Vorsichtsmaßregeln zu beachten; vor allem muß
dafür gesorgt werden, daß die mechanische Verdunstung des Wassers
aus dem Kulturgefäße und aus der Kulturerde möglichst aus-
geschlossen sei; am besten ist es, Glasgefäße oder solche aus gla-
siertem Steingut ohne durchlochte Bodenplatte zu verwenden, poröses
Tongeschirr kann man durch Eintauchen in geschmolzenes Paraffin
leicht luftdicht machen. Natürlich muß auch der Kulturboden
selbst gegen Verdunstung geschützt sein, was am leichtesten durch
Belegen mit Stanniol oder Guttapercha geschieht; freilich kann
durch bleihaltiges Stanniol eine Schädigung der Kulturpflanzen er-
folgen. Die Öffnungen, welche zwecks Durchtretens des Stammes
430 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
oder, wenn es sich um Keimpflanzen handelt, zum Einstecken
des Würzelchens beim angekeimten Samen in den Nährboden, in die
Bodenbedeckung gebohrt werden müssen, können mit Vaseline oder
Paraffin zugeschmiert werden. Ich habe wiederholt mit Vorteil Weich-
paraffin zur Bedeckung des Bodens benutzt, welches sogar über die
Kulturerde im Gartentopf gegossen werden kann, wenn schon die
Pflanzen eingewurzelt sind, denn eine Temperatur von höchstens 40 0 C,
bei welcher das Paraffin noch gießbar ist, schädigt die Pflanzen keines-
wegs und das Weishparaffin, welches leicht knetbar ist, läßt sich leicht
an den betreffenden Pflanzenteil andrücken, so daß ein absolut dampf-
dichter Verschluß geschaffen ist. Kann man den Boden vor dem
Einsetzen der angekeimten Samen mit dem Paraffin übergießen, so
sticht man in die Decke mit einer Nadel beliebig weite Löcher, setzt
die Pflanzen ein und drückt, am besten nach einigen Tagen, wenn sich
die Pflanzen erhoben haben, das Paraffin so zurecht, daß die kleine
Öffnung vollkommen verschmiert ist. Bei Wasserkulturen erfolgt der Ab-
schluß der verdunstenden Wasseroberfläche gewöhnlich
mit einer 3—4 cm hohen Schicht von Olivenöl Oe
(Fig. 152). Abgesehen davon, daß unter dieser Schicht
die Wurzeln bei halbwegs länger andauernden Versuchen
unter Sauerstoffmangel leiden, dringt das Öl doch auch
nach relativ kurzer Zeit in die Pflanze. Zweckmäßiger
ist es, nach dem Vorgange J. Gieklhorns die Be-
deckung des Kulturglases nicht mit Organtin, sondern
mit Leinwand vorzunehmen, die in geschmolzenes
Paraffin getaucht worden war; dieses Verfahren ist
bereits auf S. 63 beschrieben worden. Zur Messung
der ausnützbaren Bodenfeuchtigkeit bedienten sich
L. J. Briggs und H. L. Shantz!) zur Bedeckung
des Kulturbodens einer Mischung von Paraffin, Paraf-
finöl, Bienenwachs und Rindstalg (80% Paraffin,
Schmelzp. 45°C, 20%, Paraffinöl), welche Mischung
bei sehr niederer Temperatur schmilzt und sich beim
ee en Erkalten an Glas und Pflanze fest anlegt. Auf ähn-
Pflanzensproß, zum lichen Prinzipien basiert C. Hoffmanns Methode
Bd ee der schwimmenden Paraffinblöcke (Paraffin Blocks
for growing seedlings in liquid culture solutions,
Centralbl. f. Bakter. II, 33, 430 (1912), welche leicht in beliebige Form
gegossen und mit Pfriemen für das Durchstecken der Würzelchen
durchstochen werden können und vor den Korkverschlüssen jeden-
falls den Vorteil haben, die Nährlösung nicht zu verunreinigen. Auch
Drahtstützen für krautige Pflanzen lassen sich in ihnen leicht be-
festigen.
Wenn man Topfpflanzen aus ihrem Kulturboden in das auf die
Wage zu stellende Gefäß überträgt, respektive die Erde samt der darin
wurzelnden Pflanze, so darf das nicht unmittelbar vor Anstellung des
Transpirationsversuches geschehen, weil dabei die feinsten Wurzel-
enden, welche gerade für die Wasseraufnahme sehr wichtig sind, leicht
abgerissen oder verletzt werden; das ist namentlich dann der Fall,
ı) L. J. Briggs und H. L. Shantz, A wax seal method for deter-
mining t the lower limit of available soil moisture, Bot. Gaz. 51, 210 (1911).
XXIII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 431
wenn das Ausheben nicht aus einem anderen Kulturgefäß, sondern direkt
aus der Erde des Gartenbeetes, etwa mit dem Spaten erfolgt. Soll der
Versuch sich über mehrere Tage erstrecken, so ist für den Ersatz des
Wassers Sorge zu tragen, welches die Pflanze dem Boden entzogen hat,
denn der Wassergehalt des Bodens übt einen verändernden Einfluß
auf die Transpirationsgröße. Am bequemsten ist «eine solche Wasser-
zufuhr, wenn die Bedeckung des Kulturbodens mit zwei halbkreis-
förmigen Glasplatten erfolgt war, von denen jede zentral eine Aus-
nehmung besitzt, welche beiden Ausnehmungen beim Zusammenlegen
der Platten einen Hohlkreis zum Durchtritte des Stammes bilden, wobei
die noch offen bleibenden Lochteile durch Paraffin oder dergleichen ver-
schlossen werden können. In eine solche Glasplatte, respektive in eine
Bohrung derselben, kann dann durch einen Kautschukstöpsel die mit
eingeriebenem Stöpsel versehene Röhre eingeführt sein, durch die das
Wasser in den Kulturboden einfließen gelassen werden kann. Wenn der
Versuch längere Zeit dauert, vergrößert die Pflanze ihre Blattoberfläche
und ihr Gewicht; selbstredend wäre dadurch ein Fehler in der Rechnung
bedingt, wie ja überhaupt neben der Gewichtsveränderung durch Wasser-
verlust die Gewichtsveränderungen durch Zunahme an Pflanzensubstanz
durch Kohlensäureassimilation und deren Abnahme durch Atmung
Hand in Hand gehen. Bei Keimpflanzen von Phaseolus vulgaris über-
wiegen beispielsweise die Verluste durch Atmung die Assimilations-
zuwächse anfangs so bedeutend, daß bis zum 21. Kulturtage die Trocken-
substanz der Keimpflanze noch nicht die Trockensubstanz des Samens
erreicht, aus dem sie sich entwickelt hat. Man wird daher, um diese
Fehlerquelle soviel wie möglich zu vermeiden, die Transpirations-
messungen auf die Gewichts- oder noch besser auf die Flächeneinheit
beziehen; aber selbst in diesem Falle sind womöglich langsamwüchsige
Pflanzen für den Versuch zu wählen, bei denen die Vergrößerung der
Blattoberfläche nicht allzusehr in Betracht kommt. Die Verwendung
von Nährlösungen an Stelle fester Nährböden bietet vor allem den Vorteil,
daß man die Ausbildung des Wurzelsystems besser beobachten kann;
es hat sich nämlich gezeigt, daß die Ausbildung des Wurzelkörpers die
Transpiration beträchtlich beeinflußt, so daß dieselbe Blattfläche eine
viel bedeutendere Transpirationsgröße zeigt, wenn der Wurzelkörper
stärker ist, als wenn er mangelhaft ausgebildet ist, ja, eine Erkrankung
des Wurzelsystems kann unter Umständen die Transpiration gegen-
über einem wurzelgesunden Exemplar derselben Blattoberfläche um die
Hälfte herabsetzen. Das ist besonders dann wichtig, wenn man für den
Versuch möglichst gleiche Exemplare auswählt, wobei also nicht nur die
gleiche Ausbildung der oberirdischen Organe, sondern auch die des Wurzel-
systems leicht beobachtet werden kann. Ferner darf man nicht Pflanzen
der Erdkultur zur Anstellung des Transpirationsversuches in Wasser-
kultur übertragen oder Pflanzen der Wasserkultur mit solchen der
Landkultur bezüglich der Transpiration vergleichen, denn Versuche
von Giltay!) haben ergeben, daß die letzteren mehr als doppelt so
stark transpirierten wie die ersteren nämlich im Verhältnis 27 : 13
während des Tages zu 19: 12 während der Nacht, daß sie von der
Witterung betreffs der Transpiration viel stärker beeinflußt werden
und daß die Wasserabgabe bei Pflanzen der Wasserkultur von Tag zu
!) E. Giltay, Beihefte z. Botan. Zentralbl. 9, 112 (1900).
432 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
Tag abnimmt. Ferner ist es zweckmäßig, den Teil des Kulturgefäßes,
welcher das Wurzelsystem umschließt, mit einer lichtdichten Umhüllung
zu versehen. Die Versuchsdauer mit einzelnen Blättern oder abgeschnitte-
nen Zweigen sollte sich nur auf höchstens einige Stunden ausdehnen
und die Zweige unter Wasser abgeschnitten werden. Hier wird
es sich natürlich immer empfehlen, in Kulturflüssigkeiten
zu arbeiten, in die das Objekt durch einen halbierten, zentralgebohrten
Kork (analog den oben erwähnten Glasplattenhälften) befestigt wird,
wobei die beiden Korkhälften den Stammteil des Versuchsobjektes
zwischen sich nehmen. Freilich kann es sich bei dieser Versuchsanstellung
an zarteren Stengeln leicht ereignen, daß durch Quetschung die Wasser-
leitung abnorm gestaltet wird. Kleinere Zweige, Blüten, Blätter usw.
adjustiertt man deshalb lieber in kleinen Eprouvetten mittels dünnen
Blumendrahtes wie in Fig. 152. Um den Rand
der Eprouvette läuft ein stärkerer, an seinem
freien Ende hakenförmig umgebogener Draht d,
mittels dessen man die ganze Eprouvette an der
Wage aufhängen kann, wobei die Verdunstung der
Nährlösung an
der Öberflächein
der Eprouvette
durch aufge-
schüttetes Oli-
venöl verhindert
wird.
Für die Wä-
sung kleinerer
Pflanzen, so-
lange diese nicht
an den Wage-
balken anstrei-
fen, dienen die
gewöhnlichen analytischen Wagen, aber auch große Objekte mit vielen
Kilo Gewicht können auf großen, eigens konstruierten Hebelwagen
mit einer Genauigkeit von 0,1 g per 20 kg jederseitiger Belastung
gewogen werden. Gute Dienste leistet die selbstregistrierende Wage
von Richard freres, Paris, das evaporometre enregistreur (Fig. 153),
eine Tarawage, auf deren eine Wagschale zu Beginn des Ver-
suches die im Blumentopf entsprechend adjustierte Pflanze gestellt
wird, worauf man durch entsprechendes Auflegen von Gewichten auf
die andere Wagschale genau äquilibriert. Mit dieser Wagschale steht
durch eine Hebelübertragung ein Schreibhebel Z in Verbindung, der auf
einem mittels Uhrwerkes rotierenden Zylinder Tr streift, auf den das
tegistrierpapier aufgezogen ist. Hebt sich bei Wasserverlust die Wag-
schale mit dem Blumentopf, so sinkt die andere, mit welcher der Schreib-
hebel in Verbindung steht, so daß dieser seine registrierende Schreib-
bewegung auf dem Registrierpapier ausführt. Ein Laufgewicht ermöglicht
eine verschiedene Einstellung des Schwerpunktes der Wage zum Mittel-
punkt der Drehachse und damit eine Regulierung der Empfindlichkeit
j’; nach der Schwere des Versuchsobjektes; eine andere Einrichtung
ermöglicht auch die Anwendung dieser Wage zu Versuchen im Freien,
indem sie deren Oszillation durch Windbewegung verhindert. Statt
Fig. 153. Evaporometre enregistreur von Richard Freres, Paris.
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 433
der Konstatierung der Gewichtsverluste in bestimmten Zeiten kann man
umgekehrt auch bestimmen, in welchen Zeitteilchen das Versuchsobjekt
einen bestimmten Gewichtsverlust erfährt: man äquilibriert dann die
Wage, hebt eine kleines Gewicht ab und notiert die Zeit, welche ver-
streicht, bis der Wasserverlust des Objektes die Wage wieder in Balance
bringt, und operiert in dieser Weise mehrere Male. Die bis zur Erreichung
des Gleichgewichtes notwendigerweise verstreichende Zeitdauer steht
in umgekehrter Proportion zur Transpirationsgröße.
Statt der Wägung kann man auch den von der Pflanze abeeeaeeh
Wasserdampf volumetrisch oder gewichtsanalytisch messen, indem man das
Wasser von irgendeiner hygroskopischen Substanz, ambesten Chlorkalzium,
absorbieren läßt oder indem man den kondensierten Wasserdampf als tropf-
bar flüssiges Wasser aufsammelt. Wenn diese Methode dem Chemiker natur-
gemäß am nächsten liegt, wird sie doch beim Physiologen wenig Beifall
finden, denn die Behandlung des Versuchsobjektes bei diesem Verfahren
ist durchaus nicht den nätürlichen Verhältnissen entsprechend. Im
Falle der Aufsammlung des kondensierten Wassers muß die Pflanze
oder der mit der eingewurzelten Pflanze in Verbindung stehende Pflanzen-
teil in einem Glasgefäß luftdicht eingeschlossen sein, wobei durch eine
entsprechende Ablaßvorrichtung für die Entfernung des kondensierten
Wassers Sorge getragen wird. Für kleine Pflanzen oder kleinere Pflanzen-
teile ist diese Methode überhaupt nicht verwendbar, weil nur größere
Mengen kondensierten Wassers eine annähernd verwendbare Bestimmung
ermöglichen; dabei muß, wenn mit einem Zweig experimentiert wird,
der in natürlicher Verbindung mit einer Topfpflanze steht, wobei also
der betreffende Zweig in einen Ballon hineinragt, dessen Tubus an der
Abzweigungsstelle des Astes vom Stamm mit Guttapercha oder dergleichen
gasdicht verschlossen ist, die Erde des Topfes ausgiebig begossen werden
(über die Verwendung von S. Bakers automatischer Bewässerungsvor-
richtung s. Fig. 30 auf pag. 267), weil sonst die anderen, frei transpivieren-
den Sprosse der Pflanze dem im Glasballon eingeschlossenen Zweige Wasser
entziehen. Dazu kommt, daß überhaupt die Transpirationsgröße solcher
eingeschlossener Pflanzenteile beträchtlich vermindert ist, weil das Glas-
gefäß sehr bald dunstgesättigt ist; arbeitet man im Dunkeln, so häuft
sich auch die Atmungskohlensäure bis zu einem schädigenden Maße an,
während im Lichte diese Kohlensäure wohl im Prozesse der Assimilation
wieder Verwendung findet. Solche Versuche können also jedenfalls nur von
kurzer Dauer sein, wobei aber wieder, wenigstens bei kleineren Pflanzen-
teilen, die Menge des erhaltenen Wassers ungenügend ist. Läßt man das
abgegebene Wasser durch CaCl, oder dergleichen absorbieren, so ver-
meidet man diesen Übelstand, schafft aber freilich mitunter zu trockene
Lufträume. Zweckmäßiger ist es in diesem Falle, das mit CaCl, be-
schickte Gefäß nicht unter dieselbe Glocke zu bringen, unter welcher
die Versuchspflanze steht, sondern dasselbe durch einen diekwandigen
Kautschukschlauch mit derselben zu verbinden; man verwendet dann
Röhren mit CaCl, wie bei der Elementaranalyse, während die Versuchs-
glocke mit einem paraffiniertem Korkstöpsel verschlossen ist, der in seinen
beiden Bohrungen eine kurze und eine lange, rechtwinklig gebogene
Glasröhre trägt, die mit den Kautschukschläuchen versehen sind, an
welchen sich Quetschhähne befinden. Nach einer bestimmten Versuchs-
zeit saugt man mittels Aspirators die Luft aus der Glocke in die vor-
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 28
434 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
gelegten gewogenen CaCl,-Röhren, wobei natürlich die Quetschhähne
geöffnet und das lange Glasrohr, durch welches die Außenluft eingesaugt
wird, mit einem vorgelegten Wasser absorbierendem Medium versorgt
werden, welches dazu dient, die äußere Luft vor ihrem Eindringen zu
trocknen. Nach einiger Zeit des Durchsaugens schließt man wieder die
Quetschhähne und vermeidet so, die Gefahr des wasserdampferfüllten
und auch des zu-trockenen Raumes. Es wäre noch zu bemerken, daß
der Luftabschluß einer solchen Glocke nie durch Quecksilber bewirkt
werden darf, dessen Dämpfe die Versuchspflanze schwer schädigen.
Am besten ist es, eine auf Glasplatten aufgeschliffene Glocke zu ver-
wenden, die durch Vaseline auf die Glasplatte gedichtet ist. Den Stöpsel
für den oberen Tubus der Glocke kann man entweder (nach dem
Fig. 154. Apparat von Geneau de Lamarliere zur Bestimmung der relativen Transpirationsgrößen
von Sonnen- und Schattenblättern.
festen Einsetzen in den Tubus) paraffinieren oder mit Kollodium über-
gießen oder durch belichtetes Kaliumchromat abdichten.
Um die relativen Transpirationsgrößen von Sonnen- und Schatten-
blättern zu bestimmen, hat Geneaude Lamarliere!) folgenden
Apparat (Fig. 154) konstruiert: Die durch einen Aspirators angesaugte
Luft passiert zuerst die mit Schwefelsäure gefüllte Flasche B zur Absorption
des Wassers, dann das mit Atzkalistücken beschickte Rohr u, um mit-
gerissene Schwefelsäure aufzufangen, um sich dann im T-Rohr T zu
teilen und in die beiden luftdicht aufgeschliffenen und verschlossenen
Glocken geleitet zu werden. Unter der einen Glocke steht die Sonnen-,
unter der anderen die Schattenpflanze. Die aus den Glocken durch D
austretende Luft durchzieht je zwei mit CaCl, gefüllte, gewogene
U-Röhren D', welche den von den Pflanzen abgegebenen Wasserdampf
auffangen. Den U-Röhren sind die Schwefelsäureflaschen E und E’
1) L. Geneau de Lamarliöre, Revue gen. de Bot. 4, 529 (1892).
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 435
vorgelegt, um keine Feuchtigkeit aus dem Aspirator sp hineingelangen
zu lassen. Ein Rohr vereinigt die Luftströme wieder, die durch die
Wasserflasche F', die mitgerissene Schwefelsäure auffängt, zum Aspirator
ziehen. M ist ein Mano-
meter, das den unter
den Glocken herrschen- „
den Luftdruck anzeigt.
Verschäffelt!)
hat einen Apparat (Fig.
155) gebaut, um den
Einfluß des Kohlen-
duozyds auf die
Wasserdampfabgabe zu
bestimmen. Inder Zeich-
nung ist nur die eine
Hälfte des symmetri-
schen Apparates darge-
stellt, nur daß in der
linken Hälfte das eine a
GEB #r mit meet Fig. 155. Apparat von Verschaffelt.
fehlt. Auf einem Gestell befindet sich beiderseits unter einer zylindrischen
Glasglocke Z und P je ein Exemplar der Versuchspflanze, deren Wurzel-
system in die Nährstofflösung (das Gefäß ist auf °
der Zeichnung nicht sichtbar) taucht. Durch beide
Glocken, deren Temperatur durch ein Thermo-
meter gemessen wird, wird Luft gesaugt, welche
die Waschflasche /l passiert, an das Atzkali und
CaCl, in den beiden Türmen /r Kohlendioxyd und
Wasserdampf abgibt, und dann in den Versuchs-
zylinder P gelangt, von wo sie mit dem Tran-
spirationsdampf der Pflanze beladen, durch Rohr
und Schlauch b zu dem gewogenen u-förmigen
CaCl,-Rohr w und aus diesem durch den mit Hahn
verschließbaren Schlauch s zum Aspirator gelangt.
Die andere Hälfte des Apparates hat dieselbe Ein-
richtung, nur daß die Versuchspflanze dort infolge
Fehlens des Kaliturmes trockene kohlensäure-
haltige Luft erhält.
Eines besonderen Apparates (Fig. 156) be-
diente sich Hellriegel?), um den Einfluß der
Luftfeuchtigkeit auf den Ernteertrag von
Gerstenpflanzen und auf die Transpiration kennen
zu lernen. Auf den Pfosten A wird eine 120 cm
hohe Glasglocke aufgesetzt, die, in einer ein- !
geingeschnittenen Rinne desselben stehend,
am Rande mit einer Mischung von Wachs,
Harz und Paraffin luftdicht verkittet wird. Die obere Mündung der
Glocke wird durch die gebogene Glasröhre a mit der Zinkblechbüchse C
LIE NS JELZARmm
il
Fig. 156. Apparat von Hellriegel,
')E. Verschaffelt, Botanisch Jahrboek uitgegeven door het kruit-
kindig genostschap ‚„‚Dodonaea‘“ te Gent 2, 305 (1890).
:)H. Hellriegel, Beiträge zu den naturw. Grundlagen des Acker-
baues. Braunschweig 1883.
28*
436 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
verbunden, die an dem Pfosten E angeschraubt ist, der seinerseits
wieder von der Säule D getragen wird. In der Mitte des Büchsen-
deckels befindet sich eine zirka 4 cm weite Öffnung mit kurzem
Rohrstutzen, der zum Einsetzen einer 66 cm hohen Glasröhre b
dient, die am Ende zum Schutze gegen mechanische äußere Einflüsse
eine Blechkappe trägt. Der Boden der Büchse C kann durch einen
Bajonettverschluß leicht auf- und abgeschraubt werden, so daß eine
Petroleumlampe f leicht eingeschoben und entfernt werden kann. In
den Pfosten unterhalb der Glocke sind zwei Öffnungen eingesägt; die
zentral gelegene dient zur Aufnahme des oberen Teiles vom Kulturgefäß
G, die andere kleinere, seitliche trägt das Glasrohr c, das den Eintritt
der Außenluft ermöglicht. Nach Einsetzen der Lampe in € entsteht ein
lebhafter Luftzug in der Pfeilrichtung. Nach
Belieben kann durch c trockene oder feuchte
Luft eingelassen werden, je nachdem man
das zirka 2 Liter enthaltende Gefäß AH mit
schwefelsäuregetränktem Bimsstein oder mit
einer 1—11, cm hohen Wasserschicht be-
schickt, in der sich ein schlangenförmig ge-
bogener und mit Filtrierpapierstreifen dicht
behängter Glasstab befand. Die Vegetation
von Gerstenpflanzen in einer solchen Glocke
ist eine durchaus normale, auch wenn siemonate-
lang darin verweilen; die Verdunstungsgröße
der Pflanzen kann durch tägliche Wägung der
Gewichtsabnahme der Gefäße ermittelt werden.
Bei dorsiventral gebauten Blättern führt
die Blattoberseite ungleich weniger Stomata
als die Unterseite, aber auch andere anatomische
Verschiedenheiten bewirken, daß die Unterseite
wesentlich mehr Wasserdampf abgibt als die
Oberseite. Jedenfalls ist es oft wünschenswert,
einen Vergleich der Transpirationsgröße bei
den beiden Blattseiten zu ziehen. Einen Apparat
(Fig. 157) zur experimentellen Bestimmung
eines solchen hat M. Garreau!) konstruiert:
Fig. 157. Garreaus Apparat . : En 2
zur Bestimmung der meet AA sind trichterförmige Glasbecher 5 deren
ration beider Blattseiten.
jeder am Rande einen Leinwandring B trägt, der
mit einer Mischung von Wachs und Burgunder-
pech bestrichen und dann mit feinem Fett eingeschmiert ist, so daß er
nach leichtem Druck fest an der Blattfläche haftet. Jeder Becher ent-
hält ein Schälchen D mit CaCl, und trägt an seinem Ende, durch einen
Kautschukstöpsel eingesetzt, ein gebogenes Röhrchen C mit einem
Tropfen Ol zur Absperrung der äußeren Luft. Die Schalen mit dem
CaCl, werden vor und nach dem Versuch gewogen, das Chlorkalzium
darf aber in nicht zu großer Menge enthalten sein, um den Luftraum
nicht zu sehr auszutrocknen.
Eine viel benutzte Methode beruht in der Messung des von der
Pflanze aufgenommenen statt in der Bestimmung des durch Transpiration
abgegebenen Wassers. Freilich muß man sich bewußt bleiben, daß man es
ı) M. Garreau, Anm. sciences nat. Bot. (3) 13, 321 (1849).
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 437
mit einem Lebewesen zu tun hat, bei dem es sich also nicht verhält wie
bei einem Schwamm, bei dem allenfalls das eingesogene Wasser sowohl
durch Abnahme des Wassers in dem Aufnahmegefäß, als auch durch
Wägung des aus dem Schwamm ausdrückbaren Wassers bestimmen
kann, mit anderen Worten, daß Wasseraufnahme und Wasserabgabe
durch die Pflanze zwei voneinander physiologisch geschiedene Vorgänge
sind, die nicht ohne weiteres quantitativ miteinander in kausale Ver-
bindung gebracht werden können; nur bei länger andauernden Ver-
suchen, nicht aber bei kürzeren Ablesungen ist ein gewisser Parallelis-
mus vorhanden, während der Assimilationstätigkeit wird überdies ein
Teil des aufgenommenen Wassers chemisch verwendet usw. Keines-
falls kann man also statt Transpirationsgröße einfach Aufnahme-
größe des Wassers setzen, dazu kommt noch, daß Veränderungen’der
äußeren Verhältnisse, wie Temperatur, Licht usw., E
die beiden Prozesse in verschiedener Weise
beeinflussen, daß auch innere Verhältnisse der
Pflanze in verschiedener Weise auf dieselben Ein-
fluß nehmen können. Eine zartblätterige Pflanze
aus einem kühleren Raum in einen wärmeren,
aus dem zerstreuten Tageslicht in direktes Sonnen-
lieht gebracht, wird viel mehr Wasser durch
Transpiration abgeben, als die Wurzeln aus dem
Nährsubstrat aufnehmen können, die Pflanze wird
im extremen Falle trotz reichlicher Wasserzufuhr
welken; wurde dagegen bei einer Topfpflanze der
Boden trocken werden gelassen, so wird bei folgen-
dem Begießen zunächst das Einsaugen des Wassers
die Abgabe bei weitem übertreffen, eine konstante
Parallelität ist also in keinem Falle gegeben. Immer-
hin ist unter konstanten äußeren Verhältnissen
und längerer Versuchsdauer die Methode auch für
die Erlangung von approximativen Transpirations- Fig. 15%. Pfeffers Appa-
E = E z ra estimmung von
werten geeignet. Auf alle Fälle aber ist es vielfach Wasseraufnahme und -ab-
eine Aufgabe für sich und physiologisch wünschens- a
wert, die Menge des von einer Pflanze unter bestimmten Verhältnissen
und in einer bestimmten Zeit zu kennen.
Wenn es mit einem Apparat möglich ist, sowohl den Betrag der
Wasseraufnahme als auch den der Wasserabgabe zu bestimmen, ist die
Beantwortung zweier physiologischer Fragen gegeben, man darf nur
nicht in den einzelnen Versuchszeiten eine Übereinstimmung beider
Werte erwarten, da, wie bereits erwähnt, die physiologischen Vorgänge
der Wasseraufnahme und Wasserabgabe Leistungen der Pflanze ent-
sprechen, die getrennt ablaufen und auch verschiedentlich beeinflußt
werden. Pfeffer beschreibt (Pflanzenphysiologie I, S. 214) einen sehr
einfachen derartigen Apparat (Fig. 158), bestehend aus einem graduierten
Gefäß nach Art eines Meßzylinders Z, dessen obere Öffnung aber ver-
engert und in welcher die Versuchspflanze mit Hilfe eines Stöpsels
luftdicht befestigt ist; in der Nähe des Bodens besitzt der Zylinder
elnen Tubus, welcher, mit einem Kautschukstöpsel versehen, das recht-
winklig gebogene, mit einer Maßeinteilung versehene, mit dem Zylinder
kommunizierende Glasrohr M trägt. Auch hier wird das Ursprungsgewicht
des ganzen Apparates samt Pflanze und dann dessen Gewichtsabnahme
438 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
durch Wägung bestimmt und so die Größe der Transpiration gefunden,
während gleichzeitig das Flüssigkeitsniveau im kommunizierenden Meß-
rohr die aufgenommene Wassermenge anzeigt. Zu berücksichtigen ist
dabei das von den Wurzeln verdrängte Wasservolumen, welches in ver-
schiedenen Niveauhöhen ungleich ist.
MacDougals!) ,‚Potometer‘“ (Fig.159) besteht aus einem etwa meter-
langen, engvolumigen Glasrohr, dessen Teilstrichabstände 100 mg Wasser
entsprechen. Das eine Rohrende ist rechtwinklig nach abwärts gebogen a
und taucht in ein kleines Gefäß mit Wasser, das andere Ende ist u-förmig
nach aufwärts gebogen und dient zur Befestigung der Versuchspflanze.
Nachdem der Apparat mit Wasser gefüllt wurde, läßt man durch Heben
des Schenkels a eine Luftblase eintreten und
notiert die Zeitintervalle, die verlaufen, wenn
diese Luftblase von einem Teilstrich zum andern
vorrückt. Verwendet man gefärbtes Wasser,
so ist die durch das Vorrücken der Luftblase
angezeigte Aufnahme des Wassers durch den
Fig.159. Mac Dougals Potometer.
Sproß einem größeren
Auditorium sichtbar zu
machen, die Transpira-
tionsgröße wird allerdings dadurch nicht
angegeben.
Pfeffer?) hat für feinere Transpira-
tionsmessungen, als sie mit seinem oben
RR r beschriebenen einfachen Apparat möglich
nn sind, ein Instrument ee . bei ee
ein ganz ähnliches Versuchsgefäß verwendet
wird wie bei jenem, nur daß hier der Tubus oben statt unten an-
gebracht ist. Der Stöpsel, welcher das Gefäß (Fig. 160) verschließt,
trägt in der einen Bohrung den zum Versuche verwendeten Sproß, in
der anderen ein Thermometer, das ebenfalls in das Wasser eintaucht.
Das englumige, in dem Tubus befindliche Rohr a trägt einen Maßstab
und liegt horizontal, wodurch eine Veränderung des Wasserdruckes ver-
mieden wird. Ein Wiederfüllen des Rohres ist durch den Hahn b mög-
lich, welcher die Verbindung mit einem höher gestellten Gefäße her-
stellt. Mittels dieses Apparates ist die Ablesung innerhalb sehr geringer
Zeitintervalle und die Beobachtung der Aufnahme von sehr geringen
Wassermengen möglich.
ı) Mac Dougal, Botan. Gaz. 24, 110 (1897)
:) W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie I, S. 223.
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 439
Zur Bestimmung der Transpiration hat Vesque!) einen Apparat
beschrieben (Fig. 161). Ein Kapillarrohr aus Kristallglas a ist an seinen
beiden Enden rechtwinklignach abwärts gebogen ; das wieder nach aufwärts
gekrümmte Ende reicht einerseits von unten in den mit Wasser gefüllten
Zylinder b, der oben in der üblichen Weise mit dem Stöpsel verschlossen
ist, in den die Versuchspflanze luftdicht eingepaßt wurde. Das andere
nach aufwärts gebogene Ende ist mit folgendem Apparat verbunden:
Der kleine Zylinder e ist an seinem unteren Ende mit einem doppelt
gebohrten Stöpsel verschlossen, in dessen eine Öffnung eben das ge-
bogene Ende des Rohres a eingeführt ist, in die andere Bohrung reicht
der Schenkel des Zylinders d, der nach unten verschmälert ist und eben
in jener gebogenen Röhre ausläuft; e und d sind mit Wasser gefüllt,
in der Mitte von d ist eine nach aufwärts gerichtete Nadel c befestigt,
deren Spitze zu Beginn des Versuches den Flüssigkeitsspiegel berührt.
Das Kapillarrohr geht durch die Fassung /, mit der ein auf dem Balken g
aufliegendes Prisma befestigt ist. :
Das ganze Instrument funktioniert
wie eine Wage, und so wie bei
einer solchen läßt sich mittels der
Schraube s der Schwerpunkt nach
oben oder nach unten verschieben.
Die Pflanze entnimmt ihr Wasser 2 Y
aus dem Zylinder e, während das
Gefäß b ständig mit Wasser gefüllt
bleibt. Angenommen, zu Beginn
des Experimentes sei das Instru-
ment im Gleichgewicht, die Nadel-
spitze sei auf Null eingestellt und das Gewicht
jedes der Wagebalken sei mit P bezeichnet. Ist p
der Betrag des durch die Wurzel aufgenommenen,
pı der des durch die Pflanze in der Transpiration
abgegebenen Wassers, so ist das Gewicht des
Wagebalkens auf der Seite des mit der Pflanze pi. ı61. Vesques
versehenen Zylinders b Transpirometer.
FTD —pı-
Das Gewicht des anderen Wagebalkens
P—p.
Um das Gleichgewicht wieder herzustellen, muß auf dieser Seite Gewicht
zugelegt werden, uns zwar
We DB) — (PP) 2D Do
Diese Zahl wird in der Regel positiv sein, d. h. das Gefäß b wird ge-
sunken sein; im Falle sich c gesenkt haben sollte, wäre p, >2p,d.h.
die Pflanze hätte mehr als das doppelte des aufgenommenen Wassers
abgegeben. Wenn die Pflanze gerade doppelt so viel Wasser abgibt,
wie sie aufnimmt, bleibt die Wage im Gleichgewicht. Sobald der Ver-
such beginnt, sehen wir das Niveau des Wassers fallen und die Nadel
aus d emportauchen.
Angenommen es wäre p>p,, d. h. die aufgenommene Wasser-
menge sei größer als die abgegebene. Aus einem tarierten Fläschchen
1) J. Vesque, Annal. sc. de nat. Bot. 6, 201 (1878).
440 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
wird in das Gefäß e so viel Wasser gegossen, bis das Nullniveau in d
wiederhergestellt ist. Die Gewichtsdifferenz des Fläschchens entspricht
dem Gewichte des aufgenommenen Wassers p; das Gleichgewicht ist
aber noch nicht hergestellt, man muß noch, um das zu erreichen, eine
kleine Menge Wasser, entsprechend p — p,, hineinschütten, welche mit
der erstzugefügten zusammen die Menge x ergibt. Wir kennen 2 =p
+ (p—p,). Kennen wir nun p und z, so ist die in der Transpiration
abgegebene Wassermenge aus der Gleichung
Pı=2p—ı
zu bestimmen. Der Apparat eignet sich vor allem zu Demonstrations-
zwecken. An einem trockenen Ort auf den Boden gestellt, sinkt der
Arm mit c. Unter gewöhnlichen Vegetationsbedingungen, in feuchter
Luft und diffusem Licht, bemerkt man, daß gleichzeitig mit der Ein-
stellung von Niveau d man das Gleichgewicht p herstellt. Es geschieht
häufig, daß man mit einemmal nicht fertig wird, sondern eine neue Menge
Wasser zufügen muß, um die Nadel wieder auf Null einspielen zu lassen.
Ein einfacherer von Vesque konstruierter Apparat
(Fig. 162) besteht aus folgendem: Ein Glaszylinder z ist
mit einem Stöpsel verschlossen, in dem der Pflanzensproß
luftdicht T befestigt ist; unten kommuniziert dieser
Zylinder mit einem engeren Zylinder B, der so gekrümmt
ist, daß er einen langen, vertikalen Schenkel bildet. An
der Stelle a desselben ist der Zylinder eingeschnürt. In
den Stöpsel des ersten Zylinders ragt das gebogene und
ausgezogene Kapillarrohr K, durch das dieser mit der
äußeren Luft in Verbindung steht. Der ganze kleine
Apparat, der ungefähr 7—8 cm Höhe mißt, ist auf einem
kleinen Holzbrettchen fixiert. Um den Apparat mit
Wasser zu füllen, verbindet man B durch einen Kautschuk-
schlauch mit dem unteren Tubus eines mit Wasser ge-
füllten, erhöht aufgestellten Gefäßes; die Luft entweicht
Fig. songatvon durch die Kapillare K; durch zweckmäßiges Neigen
des Apparates kann man leicht die letzten Luftblasen
entfernen, die an den Glaswänden oder an den Wurzeln haften.
Wenn das Rohr C mit Wasser gefüllt ist, verschließt man es mit
dem Finger, zieht den Kautschukschlauch von B ab, verschließt
auch B mit dem Finger, und schmilzt an der Lampe das Ende
des Rohres K ab. Indem die Pflanzenwurzeln beständig Wasser auf-
nehmen, sinkt das Wasserniveau in B und man kann leicht die Menge
des verschwundenen Wassers messen; die Menge des durch Transpiration
abgegebenen Wassers zeigt die Gewichtsabnahme des Apparates an.
Im Experiment entfernt man mit Filtrierpapier das Wasser jenseits der
Einschnürung von B, wägt dann den Apparat möglichst schnell, ver-
merkt sich die Zeit und überläßt ihn dann sich selbst. Die Versuchs-
dauer muß möglichst lang sein, damit die kurze Zeit zwischen der Ein-
stellung bei a und der Wägung vernachlässigt werden kann. Bei Be-
endigung des Versuches wägt man von neuem und betrachtet den
Gewichtsverlust als Transpirationsgröße. Dann schüttet man aus einem
Fläschchen, nachdem dieses zur Hälfte mit Wasser gefüllt und gewogen
wurde, Wasser in die Röhre B, bis wieder das Niveau von a erreicht ist,
und wägt das Fläschchen wieder, dessen Gewichtsverlust das auf-
genommene Wasser angibt. Es ist übrigens nicht notwendig, das Fläsch-
XXIII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 441
chen zu wägen, es genügt, die Pflanze am Schlusse des Experimentes
zu wägen, in die Röhre B aus dem Fläschchen Wasser einzugießen, bis
das Niveau a erreicht ist, und dann wieder zu wägen: die Gewichts-
differenz ergibt die aufgenommene Wassermenge. Wenn man gleich-
zeitig auch das Fläschchen wägt, besitzt man eine wünschenswerte
Kontrolle, welche es ermöglicht, Versuche auszuschalten, in die sich ein
Fehler infolge der Zeit eingeschlichen hat, die zwischen den einzelnen
Operationen verstreicht.
Höchst einfach ist auch der von Krutitzky erfundene Apparat
(Fig.163), mit dem Transpiration und Wasseraufnahme gleichzeitig be-
stimmt werden können. Auf die Schale einer FederwageW wirdein Glasgefäß
gestellt, in das die in Erde eingewurzelte Versuchspflanze P gestellt wird.
Fig. 163. Krutitzkys Transpirationswage. Fig. 164. Selbstregistrierendes Transpirometer von
sanong.
Der Topf besitzt nahe der Basis einen Tubus, in den ein doppelt gebogenes
Siphonrohr abzweigt, das in einen aräometerähnlichen Schwimmer M
taucht, der in einem nahe der Wage stehenden, mit Wasser gefüllten
Glaszylinder stabil schwimmt. Seitlich von diesem Apparat steht auf
einem Stativ ein Mariottesches Gefäß FI, welches dazu dient, das
Wasserniveau im Zylinder konstant zu erhalten. Die freie Oberfläche
im Schwimmer kann mit einer Olschicht bedeckt sein. Saugt die Pflanze
durch den Siphon Wasser aus dem Schwimmer, so hebt sich dieser und,
zeigt, da er in Kubikzentimeter eingeteilt ist, die Menge des aufgenommenen
Wassers. Anderseits gibt der Zeiger auf dem Zifferblatt der Wage das
jeweilige Mehr- oder Mindergewicht des Topfes samt Pflanze in Grammen
an. Der Apparat kann auch selbstregistrierend eingerichtet werden.
Zu diesem Zweck befindet sich auf dem Schwimmer nahe seiner Mündung
ein Korkring, auf dem eine Glasnadel mit einem Gegengewichte befestigt
ist; diese berührt wieder die berußte Oberfläche einer Trommel, welche,
442 XXIII Messung der Gas- und Wasserbewegung.
um eine vertikale Achse drehbar, in 24 Stunden eine Umdrehung macht.
— Gehen wir nun zu den sehr genauen, aber auch entsprechend kom-
plizierteren Transpirometern über, so.seien hier nur die von Ganong,
den Transeau!) vereinfacht hat, von Anderson, Woods
und Vesque genannt.
Das selbstregistrierende Transpirometer von Ganong (Fig. 164) be-
steht aus einem Zylinder R, der auf einem Spiralgeleise zwischen Außen-
und Innenwand ca. 250 Kugelgewichte von 1 g trägt. Diese Gewichte sind
Kugeln aus Stahl von 11% Zoll (englisch) Durchmesser, wie wir sie auch bei
der Andersonschen Wage kennen lernen werden, welche untereinander
nicht mehr als zirka 1 mg an Gewicht variieren. Diese versorgen durch
ihre Schwere einzeln eine einfache Fallklappe, welche so angebracht ist,
daß, wenn durch einen Elektromagneten ein Antrieb ausgeübt wird,
eine gleitende Bewegung entsteht, die einen Ball durch eine Röhre in
eine Wagschale G fallen läßt, worauf sofort ein neuer Ball dessen Platz
auf der Gleitfläche einnimmt. An dieser Fallseite ist ein Stab angebracht,
an dem eine Schreibfeder so adjustiert ist, daß sie die Gleitbewegung
in Tätigkeit setzt, d. h. immer wenn eine Kugel fällt, zeichnet die Feder
mit Chronographentinte eine feine, vertikale Linie auf dem Registrier-
papier, das durch einen rotierenden Zylinder langsam vorbeigeführt wird.
Die Pflanze P wird in der für Transpirationsversuche üblichen Weise be-
festigt und befindet sich im Gleichgewicht auf der Wagschale irgend einer
guten analytischen Wage, während das Transpirometer daneben ad-
justiert ist. Wenn die Pflanze bei der Transpiration Wasser abgibt, er-
hebt sich diese Wagschale und berührt auf der Höhe ihrer Schwingung
einen Draht, wodurch ein elektrischer Strom geschlossen wird. Dieser
setzt einen Elektromagneten E in Tätigkeit, welcher dann das Gleiten
der Bälle bewirkt und eine Kugel in die Wagschale fallen läßt; diese
wird dadurch sofort herabgedrückt und der Strom mithin unterbrochen.
Dadurch entsteht ein Zeichen auf dem Registrierpapier. Dieser Vorgang
vollzieht sich dann jedesmal, wenn die Pflanze ein Gramm Wasser ver-
loren hat. Die Registriertrommel dreht sich einmal in 24 Stunden um
ihre Achse, und das Papier ist in numerierte Abschnitte rastriert, welche
den Stunden entsprechen. Diese Räume sind wieder in zwölf Teile unter-
geteilt, von denen also jeder fünf Minuten entspricht. Jeder von ihnen
ist 1 mm breit, so daß man also auch gewöhnliches Millimeterpapier ver-
wenden kann. Diese wiederum können leicht abgelesen werden, so daß
man durch Schätzung auch Zwischenräume von einer Minute bestimmen
kann. Daher ist es möglich, von der Trommel direkt die Zahl der Minuten
abzulesen, welche vergehen, während die Pflanze 1 g Wasser verliert,
welche Zahlen leicht in andere Daten umgewandelt werden können.
Nach horizontaler Richtung ist das Papier in sieben Räume geteilt,
welche durch Anfangsbuchstaben bezeichnet werden, die je einem Tage
der Woche entsprechen. Die Feder gleitet auf dem Stabe, welcher sieben
Einkerbungen enthält; jeden Tag, wenn die Pflanze (alle 24 Stunden)
begossen und das Uhrwerk aufgezogen wird, gleitet die Feder am Stabe
entlang um eine Einkerbung tiefer. ‚Jeder Streifen des Registrierpapiers
reicht daher für eine Wochenarbeit. Der Dreifußständer des Apparates
ist nach der Höhe verstellbar und kann entsprechend eingestellt werden,
während des Gebrauches wird der Apparat von einer Glasglocke bedeckt
1) E. Transeau, Botan. Gaz. 52, 57 (1911).
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 443
arbeiten gelassen. Für den Gebrauch im Freien ist es besser, den Gewichts-
zylinder und die Registriertrommel getrennt aufzustellen, so daß man
die letztere an beliebigem Orte, im Laboratorium, im Zimmer usw.,
plazieren kann, während das Meßinstrument beliebig entfernt davon
arbeitet. Die Gewichte sind gewöhnlich Grammgewichte, aber es können
natürlich auch leichtere oder schwerere Verwendung finden.
Die Andersonsche!) Registrierwage (Fig. 165) besteht im wesent-
lichen aus einer Wage, deren einer Wagarm w sinkt, wenn das Gewicht
eines wasserabsorbierenden Chlorkalziumgefäßes k wächst. Wenn der Arm
sinkt, wird ein elektrischer Strom geschlossen, und ein elektromagnetischer
Mechanismus läßt ein Gewicht los, welches auf den anderen Arm r des
Wagebalkens oder besser direkt in die Wagschale fällt. So wird die Schale
automatisch ins Gleichgewicht gebracht, nach-
dem ein gleicher Zuwachs des Gewichies sich
eingestellt hat. Sowie das Gewicht fällt, wird
es auf dem Registrierzylinder verzeichnet, der
in jeder beliebigen Entfernung von der Wage
Fig. 165. Andersons Registrierwage.
aufgestellt sein kann. Die Wage mitsamt dem ganzen Fallmechanis-
mus ist in eine Kasette eingeschlossen, um vor Feuchtigkeit bewahrt
zu sein. Die Wägevorrichtung besteht aus einer flachen Schale
und ist auf !/,, g empfindlich mit einer Belastungsmöglichkeit von 5 kg.
Der Balken ist 11 Zoll (englisch) und mit seinen Stützen an einer Eisen-
platte angeschraubt, die am Boden der Kasette montiert ist. Die Messing-
schalen haben 7 Zoll Durchmesser und werden durch Messingträger
gehalten, welche an den Armen des Wagebalkens angebracht sind; die
Träger der Wage sind aus Diamantstahl. Der elektromagnetische Balance-
mechanismus besteht aus einem Gewichtehalter und einem Elektro-
magneten e, ferner aus Metallkontakten auf dem Wagebalken, dem Queck-
silbergefäß, Draht und Batterien. Der Gewichtehalter r ist eine spiralig
zusammengedrehte Messingröhre, welche 125 Stück Gewichte enthält.
Am unteren Ende dieser Rolle ist ein Hebel, der an einem Zapfen vor-
und rückwärts gedreht werden kann. Ein Ende dieses Hebels ist durch
1) Anderson, Minnesota botan. studies 1, 177 (1894).
444 XXIL Messung der Gas- und Wasserbewegung.
einige Kettenglieder mit der Armatur des Elektromagneten verbunden
und das andere Ende, welches durch eine Feder an seiner Stelle gehalten
wird, wenn der Strom geöffnet ist, trägt eine Gewichtstasche, welche
ein Gewicht von der Gewichtsröhre aufnimmt, wenn der Strom sich
schließt, und läßt es, nachdem es zirka ?/,, eines Zolls seitlich geschoben
wurde, durch ein Loch in der Messingplatte fallen, von wo es in die
Wagschale gleitet. Sowie der Strom durch Wiederherstellung des Balkens
ins Gleichgewicht wieder geöffnet ist, kehrt der Hebel in seine frühere
Stellung zurück und empfängt ein anderes Gewicht aus der Röhre und
ist von neuem bereit, es in die Wagschale fallen zu lassen, sobald das
notwendige Anwachsen des Gewichtes am andern Ende des Balkens
den Strom schließt. Der Gewichtehalter ist etwa !/,, Zoll breiter
als der Durchmesser der Gewichte, er ist an den Elektromagneten an-
geschraubt und erstreckt sich oberhalb und seitlich der Kasette, in welche
er luft- und wasserdicht durch einen Kautschukstöpsel eingepaßt ist.
Er kann also gegen einen solchen größeren oder kleineren Kalibers ein-
getauscht werden, je nach der Größe der verwendeten Gewichte. Ge-
wöhnlich werden Gewichte zu 1 g verwendet, Stahlballen, die im
Gewichte um nicht mehr als 1 mg voneinander differieren dürfen.
Ein gutes Kohle-Zinkelement genügt, um den Mechanismus in Tätig-
keit zu setzen. Der Strom geht von der Batterie zu einem Quecksilber-
gefäß durch den Magneten, dann durch den Kontakt am Wagebalken
zu der Verbindungsstelle an der Kasette und von da zur Batterie
zurück. Ein mit einem Schwefelsäureabsorptionsgefäß verbundenes
CaCl,-Rohr wird auf die eine Wagschale gestellt. Die vorher in R
getrocknete Luft, welche lie Transpirationsfeuchtigkeit aus der Versuchs-
glocke g mit der Pflanze fortführt, wird durch die Absorptionsgefäße
mit Hilfe eines Aspirators durchgeführt. Zwei Kautschukschläuche
verbinden den Absorber mit der Glocke und den Aspirator vermittels
durchgesteckter Glasröhren. Die Kautschukschläuche befinden sich
im Innern der Kasette und können von außen nicht angegriffen werden,
bewegen sich mit der Wagschale und den Absorptionsgefäßen. Beim
Beginn des Versuches werden beim Tarieren der Wage diese Kautschuk-
schläuche zum Teil mitgewogen und bilden einen Teil vom Gewichte
des Absorptionsgefäßes, was aber im Vergleich, da ihr Gewicht konstant
bleibt, keine Fehlerquelle bedeutet.
Der Registrierapparat (Fig. 166) von J. Vesque!) beruht auf folgen-
dem Prinzip: Auf der einen Schale einer sehr empfindlichen Wage steht ein
kleines Glas b mit Wasser, das von einer Ölschicht bedeckt ist. Eine in
einem festen Zylinder befestigte Pflanze nimmt daraus ihr Wasser mittels
einer zweimal gebogenen Kapillarröhre. Dadurch wird das Gewicht der
Schale geringer und die Wagschale c sinkt. Ein kleiner Platinkontakt,
der unterhalb dieser Wagschale befestigt ist, berührt das in einem kleinen
Eisennapf befindliche Quecksilber und schließt einen elektrischen Strom,
der durch den Elektromagneten x streicht. Der Kern f wird angezogen
und gibt die Schwingung der Achse von Hahn s frei, welche durch ein
Uhrwerk bewirkt wird. Dieser Hahn ist ungebohrt und trägt an zwei
entgegengesetzten Enden zwei gleiche konische Ausnehmungen. Das
kleine Gefäß 1 ist mit Quecksilber gefüllt und ergießt nach jeder halben
Umdrehung des Hahnes stets eine genau gleiche, kleine Quantität,
1) J. Vesque,l.c.
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 445
0,09 g Quecksilber in das Glas a. Gleichzeitig mit Beendigung dieser
etwa halben Umdrehung senkt sich der Stift p und sticht eine Punkt-
marke auf die rotierende Trommel V. Die Wage ist auf einem Holzblock
befestigt, eine ihrer Schalen trägt zwei kleine Gläser, von denen das
eine, a, die Quecksilbertröpfchen enthält, die herausfallen sollen, das
andere, b, das Wasser, welches zur Aufnahme durch die Pflanze be-
stimmt ist. Das Wasser ist von einer Ölschicht bedeckt, um die physi-
kalische Wasserverdunstung auszuschließen. Die Wagschale c trägt
mitten an ihrer Unterseite die kleine Platinöse, die in den Quecksilber-
napf eintaucht, wenn der Wagebalken eine bestimmte Neigung erreicht
hat. Eines der Elektroelemente ist am Kontakt d befestigt, der an der
Unterseite des Blockes mit der Wagesäule C kommuniziert; von hier
geht der Strom durch die Aufhängeschneide in die Schale c. Wenn die
Platinöse eintaucht, gelangt er durch e in den Elektromagneten x und
Fig. 166. Registrierapparat von Vesque
kehrt ins Element zurück. Die Achse des Hahnes s ist mit Hilfe eines
Stiftes r (in Fig. B) an der Welle /g befestigt, von drei Stützen unterhalten
und trägt ein gezahntes Rad u, das durch die Bewegung des Uhrwerkes ge-
dreht wird, und ein Rad j, das an zwei entgegengesetzten Punkten ein-
gekerbt ist. Die Uhrfeder q sucht die Welle beständig in den Hahn ein-
zuführen. Der vertikale Schenkel des gebogenen Hebels hj, der um die
Achse w sich dreht, ist durch eine kleine Rolle begrenzt, die an der
Peripherie des Rades j läuft, bis einer der Einschnitte sich darbietet;
dann senkt sich infolge des Zuges, den die Feder ih am anderen Ende
ausübt, der Hebel; eine kleine vertikale Stange, die am Knie des Hebels
angebracht ist, senkt sich gleichzeitig und läßt den kleinen Sperrhaken
fallen, der das Uhrwerk zum Stehen bringt. Wenn der elektrische Strom
den Elektromagneten durchläuft, wird das Stück /, das um Punkt g
beweglich ist, angezogen und zieht mittels des Seidenfadens fh den
446 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
Horizontalarm des Hebels mit; der Haken k wird emporgehoben, die Be-
wegung setzt ein und bewirkt eine halbe Umdrehung der Stange Is,
bis sich dem Hebel von neuem eine Einkerbung des Rades j darbietet.
Ein Quecksilbertröpfchen von 0,09 g wird dann in das Glas a geschüttet,
die Schale c der Wage steigt in die Höhe und der Strom ist unterbrochen.
Der Hahn muß besonders sorgfältig gearbeitet sein, wobei großes Gewicht
auf die absolute Gleichmäßigkeit der beiden Ausnehmungen und auf die
leichte gegenseitige Verdrängung von Luft und Quecksilber zu legen
ist. Der Schenkel ! der Hahnstange trägt einen Hebearm, der bei jeder
halben Umdrehung auf den um m beweglichen Hebel mn aufdrückt.
Der Hebel seinerseits bewirkt eine Senkung der Spitze p, die ein kleines
Loch in die Scheibe V einsticht und dann wieder durch die Wirkung
einer Feder an ihren Platz zurückkehrt.
Es seien hier die ausführlichen Beschreibungen von Vesque
als Beispiel einer Versuchsanstellung gegeben, wenn man nicht mit dem
selbstregistrierenden Apparat arbeitet:
1. DieGrößederAbsorptionwirddureh Wägung
bestimmt. Auf die eine Wagschale einer etwa auf 5 mg genauen
Wage ohne Gehäuse wird ein etwa 6 cm hohes, mit Wasser gefülltes
Gläschen gestellt. Die Pflanze, welche ihre Wurzeln in Wasserkultur
entwickelt hat, ist an ein Thermometer angebunden, das ihr als Stütze
dient und dessen Kugel beiläufig in der Mitte des Wurzelsystems steckt;
die kleinen Würzelchen sind durch einen locker gebundenen Faden
zu einem Zopf vereinigt. Eine Klemme hält Thermometer und Pflanze
in aufrechter oder leicht geneigter Stellung, so daß die Wurzeln ganz
im Wasser schwimmen, ohne am Boden oder an den Wänden des Ge-
fäßes anzustoßen. Auf die Wasserfläche wird, um die Verdunstung zu
hindern, eine dünne Ölschicht gegossen, die auch zarten, krautigen
Stengeln kaum schadet; die Wurzeln bleiben so drei Wochen lang völlig
gesund und erst nach dieser Zeit beginnen sie sich schwarz zu färben,
die oberirdischen Organe waren aber noch vierzehn Tage nachher ganz
intakt. Nachdem die Wage tariert ist, wird neben das Gefäß auf die
Wagschale ein 20—30 mg schweres Gewicht aufgelegt. Die Pflanze
nimmt Wasser auf, das Gleichgewicht wird wieder hergestellt und die
Zeit notiert, die von Beginn des Versuches bis zu diesem Moment ver-
läuft. Die Schwingungen der Wagezunge werden, um sie nicht zu be-
einflussen, mit einer Lupe aus einiger Entfernung beobachtet. Diese
Methode gibt bei gewöhnlichen Temperaturverhältnissen und genügend
langen Beobachtungszeiten ausgezeichnete Resultate; aber die Einzel-
versuche dauern sehr lange; um die Temperatur des Wassers zu ändern,
muß man die Luft des Arbeitsraumes anders temperieren, wobei sich
aber wieder die Transpirationsverhältnisse ungleichmäßig ändern. Eine
einfache Heizvorrichtung, welche am wenigsten Übelstände zeigt, be-
steht darin, daß neben die Wage ein zylindrisches Glas- oder Metall-
gefäß gestellt wird, welches ins Wasser taucht, ohne die Wand des
Wassergefäßes zu berühren. In diesen Zylinder läßt man einen Strom
warmen Wassers laufen, den man durch einen Hahn reguliert, wo-
durch man beliebige Temperaturänderungen herbeiführen kann. Frei-
lich sind so Täuschungen infolge der Ausdehnung des Gefäßes und
infolge der kleinen am Glas oder Metall haftenden Luftblasen nicht aus-
geschlossen; so senkte sich die Wagschale, sobald das heiße Wasser
in dem Glasgefäß zu rinnen begann, sofort und bei einer Temperatur
XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 447
von 30—40 ® C war eine Zugabe von 0,15 g zur Wiederherstellung des
Gleichgewichtes notwendig: Der Versuch darf also erst begonnen werden,
wenn ein Temperaturgleichgewicht hergestellt ist.
2. DieAbsorption wirdgemessen. Das Wurzelsystem
der Pflanze wird hermetisch in einem kleinen Glaszylinder befestigt
(Fig. 167). T ist das erweiterte Ende eines Trichterrohres, welches zur
Aufnahme der Pflanzenwurzeln dient. Der Stöpsel trägt außer der Pflanze
ein in Zehntelgrade eingeteiltes Thermometer /, welches zur Anzeige der
Temperatur des die Wurzeln umgebenden Wassers dient. Um die Wasser-
menge zu vermindern und die immer wenig Sicherheit gewährenden
Stöpsel zu vermeiden, kann man folgende Versuchsanstellung verwenden:
Die Röhre b (durch einen Glashahn verschließbar) dient zum Einfüllen
von Wasser aus der Flasche k in den Zy-
linder T. Die Röhre c, deren innerer
Durchmesser sehr klein ist, ist geeicht und
soll die Schnelligkeit der Absorption messen.
Der ganze Apparat befindet sich in einer
umgekehrten Glocke A von einem Fassungs-
raum von 2—3 Litern, die mit Wasser ge-
füllt ist; der Hahn a, der den Tubus der
Glocke schließt, ermöglicht den Ersatz von
kaltem durch wärmeres Wasser. Um die
Temperatur während der Versuchszeit kon-
stant zu erhalten, dient folgendes Ver-
fahren: Der Zylinder T ist als Kugel eines
Thermometers zu betrachten, dessen Säule
die Röhre c ist. Dieses wassererfüllte Ther-
mometer ist in Zehntelgrade einge-
teilt. Die Graduierung geschieht
durch das im Stöpsel steckende Ther-
mometer {. Es genügt, die Tempe-
ratur des Wassers unter Ablesung
des Thermometers { zu erhöhen und
gleichzeitig den Meniskus des Was-
sers in der Röhre c zu markieren.
Dabei muß natürlich angenommen Fig. 167. Apparat zur Messung der Absorption
werden, daß der Ausdehnungskoeffi- nach-Yesdur:
zient von Pflanzenwurzeln und Wasser derselbe ist, was aber wohl kaum
jemals der Fall ist; man kann das Thermometer auch kalibrieren, wenn die
Pflanze schon in Teingeschlossen ist, aber dann muß der Temperaturwechsel
sehr rasch vorgenommen werden, damit die Pflanze währenddes keine
erhebliche Quantität Wasser aufnimmt, was zu erreichen immer schwierig
ist, so daß der ersten Methode der Vorzug gebührt. Wenn der Apparat
also kalibriert ist, wird 0,1° als Volumeinheit genommen und die
Ausdehnungsgröße des Wassers in der Röhre c gemessen. Angenommen,
die Anfangstemperatur sei 15 °C. Ich will nun die Absorption während
einer Temperaturerhöhung von 15° auf 20° C beobachten; während
des Versuches macht z. B. der Meniskus den Weg von 30 Einheiten
der Teilung. Die Ausdehnung an und für sich läßt ihn 5 x 10 = 50
Teilungseinheiten fortschreiten, die Absorption betrug also 50 — 30
— 20 Einheiten. Diese Methode hat manche Nachteile, die Kalibrierung
der Röhre, welche eine Fehlerquelle ist, die Ungleichheit der Ausdehnung
448 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.
von Wurzeln und Wasser, die fortwährende Änderung der Ausdehnung
durch den Druck des eingeschlossenen Gases. Ein kleiner Kunstgriff
gestattet vielleicht die peinliche Konstanterhaltung der Temperatur zu
vermeiden. Angenommen, wir sollen die Absorption bei zirka 25° messen,
während die Temperatur des Laboratoriums 15 ° beträgt. Man erwärmt
das Wasser der Glocke A, indem man nach und nach warmes Wasser
zufließen läßt. Wenn das Thermometer ?{ 25 ° anzeigt, hört man auf,
liest die Stellung des Meniskus in ce ab und notiert die Zeit. Die Tem-
peratur des Zylinders T erhöht sich noch ein wenig und das Thermo-
meter zeigt z. B. nach einer bestimmten Zeit die Maximaltemperatur
27°C. Bis hierher kann die Bewegung des Meniskus keine präzise Ab-
lesung ermöglichen, weil sie gleichzeitig von der Ausdehnung des Wassers
und der Absorption bestimmt wird. Aber von diesem Zeitpunkte an
sinkt die Temperatur und erreicht nach einiger Zeit 25° ©. Jetzt liest
man den Stand des Meniskus ab, be-
zeichnet die Zeit und hat so den
Einfluß der Ausdehnung ausgeschal-
tet. Man erhält so die Absorption
bei einer Temperatur zwischen 25 °
bis 27°C. Man muß sehr langsam
arbeiten, um den Gasen der Pflanze
zu ermöglichen, sich in den Luft-
wegen der Pflanze frei zu bewegen,
ohne in den Wurzeln lokale Drucke
auszuüben, welche die Absorption
beeinflussen müßten.
Schließlich möge noch die Be-
schreibung des selbstregistrierenden
Apparates vonCopeland!) Platz
finden, und zwar vor allem deshalb,
weil im Gegensatz zu den vorstehen-
den selbstregistrierenden Instrumen-
ten die Kosten dieses Apparates bei
. En gleicher Leistungsfähigkeit bedeutend
Fig. 108. Belbeirseninieronder Apparat von eringer sind als die jener; denpansr
Apparat (Fig. 168) stellt sich auf be-
läufig 150 Mark. Das aus Eisenröhren $1 hergestellte Gestell ist 25 Zoll (eng-
lisch) hoch und 15 breit. Jeder Arm endigt an seinem oberen Teile mit einem
stabförmigen Stück Spiegelglas, das mit seiner Oberseite genau horizontal
liegen muß. Zwei Aluminiumräder von 6 und 12 Zoll Durchmesser, so
ausgeschnitten, daß sie möglichst leicht und vollkommen zentriert sind,
R und r, besitzen eine gemeinsame Achse, deren Enden schmale Zylinder
vorstellen, welche auf den genannten Glasplatten rollen. Über das kleinere
Rad läuft eine Seide nschnur, die einerseits die Versuchspflanze g, ander-
seits ein im untergetauchten Zustande im Gleichgewicht schwimmendes
Aräometer sb trägt. Dieses besteht aus einem halb mit Quecksilber ge-
füllten Fläschchen mit einem gut schließenden Stöpsel, in den eine
Glasröhre eingekittet ist. Die Seidenschnur ist mit gekochtem Wachs
geglättet, so daß die Reibung möglichst verringert ist. Wenn die Pflanze
beim Transpirieren Wasser abgibt, sinkt das Aräometer, indem es genau
ı!) Copeland, Botan. Gaz. 26, 343 (1898).
XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 449
diejenige Wassermenge verdrängt, welche durch Transpiration am
anderen Ende verlorengegangen war. Natürlich muß lie Schnur, welche
durch die Glasröhre des Aräometers läuft und dort befestigt ist, gegen
hygroskopische Änderung ihrer Länge und sorgfältig gegen Berührung
mit Wasser geschützt sein. Wenn beispielsweise der Querschnitt des
Zylinders 1 qcm beträgt und das Aräometer 1 cm sinkt, so hat die Pflanze
lccm = 1g Wasser verloren. Das größere Rad dreht sich und eine dar-
überlaufende gespannte Schnur, die mit einer Schreibfeder / in Verbindung
steht, gestattet die Aufzeichnung der Drehung auf einem rotierenden be-
rußten Zylinder Tr in der Art, wie das bei einem Auxanometer geschieht.
Wenn der Apparat ordnungsgemäß behandelt wird, zeigt er nur einen
Mangel, nämlich die Trägheit der Radlast. Die Achse dreht sich leichter,
als dies auf Kugellagern möglich wäre.
Reibung ist praktisch keine vorhanden, das einzige, was der voll-
kommenen Leichtigkeit der Bewegung Eintrag tut, ist die Oberflächen-
spannung des Wassers; aber selbst ihr theoretisches Maximum ergäbe
noch keinen sehr beträchtlichen Fehler und jedenfalls äudert sie sich
kaum, wenn die Röhre sinkt, sobald diese nur gleichmäßig und rein ist;
natürlich muß Zug und unregelmäßige Bewegung vermieden werden.
Es können sowohl Topfpflanzen als auch Wasserkulturen verwendet
werden; von der Enge der Glasröhren hängt die Empfindlichkeit des
Apparates ab, eine dünne Röhre ist geeignet, wenn die Beobachtungs-
intervalle sehr kurz sind, sonst sinkt das Aräometer so rasch, daß es
sehr bald den Boden erreicht. Wenn der Durchmesser zirka °/, ccm
beträgt, sinkt es 8 cm tief bei einem Wasserverlust von 5 g seitens der
Pflanze. Wenn das Aräometer gesunken ist, steigt das Wasser ein wenig,
aber das ist keine Fehlerquelle, weil das Wasser in demselben Gefäß
war, als die Bewegungseinheiten beim Messen der Abstände auf dem
berußten Zylinder bestimmt wurden. Bei den Messungen wird eine
Genauigkeit von 0,1 mm erreicht. Es ist nicht zweckmäßig, das Rad
höher zu belasten als mit 3,5 kg.
XXIN. Beobachtung des Transpirationsstromes.
Um in kleineren Pflanzen den Wasserstrom festzustellen, können
wir erstens die Arbeit der Wurzeln in Betracht ziehen, also das, was man
Wurzeldruck nennt, oder die Saugung durch den Sproß. Wenn wir
auf dem Wurzelstumpf einer Pflanze, z. B. einer Fuchsie, einen Druck-
messungsapparat befestigen, so wird das Wasser, welches aus dem
Stumpf herausgepreßt wird, imstande sein, das Quecksilber des einen
Manometerschenkels in die Höhe zu drücken; wenn man gleichzeitig
an dem Sproß derselben Versuchspflanze ein Potometer anbringt, so
kann man auch die Saugung durch den Sproß feststellen. Durch die
gewaltsame Trennung von Sproß und Wurzel vollziehen sich aber Vor-
gänge, die ein Urteil von den Erscheinungen bei den getrennten Pflanzen-
teilen nicht mehr auf die bei der intakten sich vollziehenden Vorgänge
übertragen lassen; es empfiehlt sich daher für solche Versuche einen
von O. V. Darbishire!) beschriebenen und Pinometer ge-
nannten Apparat zu benutzen, welcher mit Pflanzen zu arbeiten ge-
stattet, bei denen diese Lostrennung von Sproß und Wurzel nicht voll-
1)0. V. Darbishire, Botan. Gaz. 39, 356 (1905).
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 29
450 XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes.
kommen erfolgt ist, sondern wo die beiden durch ein Verbindungsstück
des Apparates in Konnex stehen, so daß, obwohl die Pflanze entzwei-
geschnitten ist, doch die
Sproßsaugung mit dem
Wurzeldruck und um-
gekehrt verbunden ist.
Das Pinometer (Fig. 169)
besteht auseinergeraden
Glasröhre bD—d, an wel-
che ein anderes kurzes
Glasrohr c—/ schräg an-
geschmolzen ist. An der
entgegengesetzten Seite,
aber etwas höher, ist
ein U-Rohr mit schie-
fem Verbindungsstück
angeschmolzen (a—e).
Der Apparat; besitzt also
hier vier Öffnungen,
nämlich a, b, c, d. Die
ZUHIIDI lichte Weite der für das
Fig. 169. Darbishires Pinometer. Pinometer verwendeten
Glasröhren hängt aus-
schließlich von der Sproßdicke der Versuchspflanze ab und wird un-
gefähr der Stammdicke entsprechend gewählt. Die Glasröhren müssen
vor dem Versuch sorgfältig gereinigt sein, weil namentlich kleine Erd-
Fig. 170. Darbishires Anordnung
mit zwei Pinometern.
teilchen das Eindringen winziger Luftbläs-
chen in das Röhrensystem ermöglichen.
Auch die Kautschukschläuche sollen mög-
lichst von Luft befreit und alle Mani-
pulationen überhaupt so schnell als mög-
lich ausgeführt werden. Wenn alle Teile
des Apparates zusammengesetzt sind, wird
die Pflanze mit ihrem Topf so in eine Unter-
tasse mit Wasser gestellt, daß sie einige Zoll
oberhalb des Punktes eintaucht, wo sie
durchschnitten werden soll; die Blätter
dürfen nicht mehr benetzt sein, als dies ab-
solut notwendig ist. Der Pflanzenstengel
wird nun so unter Wasser durchschnitten,
daß oberhalb und unterhalb der Schnitt-
stelle beiläufig ein Zoll des Stammes ohne
Knospe oder Seitenzweig sich befindet.
Wenn der Stamm schon einen vollkomme-
nen Holzkörper besitzt, kann die Rinde
einen halben Zoll oberhalb des Schnittes am
Sproß und unterhalb an der Wurzel mit
einem scharfen Messer entfernt werden. Das
untere Ende des Sprosses wird nun, ohne
aus dem Wasser gehoben zu werden, mit einem Kautschukschlauch
an der Öffnung a befestigt und der Teil a«—e des Pinometers bleibt
mit Wasser gefüllt, selbst wenn es aus dem Wasser entfernt wird, und
“
XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 451
kann zeitweise durch die Klemme i in einem Stativ gehalten werden.
Die Pflanze wird am besten durch einen Druckschlauch und eine
Schraubenklemme, nicht aber durch Umschnürung festgehalten. Dann
wird ein Stück Kautschukschlauch über das obere Ende des Wurzel-
stumpfes geschoben, auch dieses mit Wasser gefüllt und nunmehr der
ganze Blumentopf weggehoben. Das Ende b des Pinometers wird nun
schnell mit diesem Schlauchende über dem Wurzelstumpf verbunden,
an c wird ein Manometer k befestigt und Wasser vom Reservoir rin Fig. 170
nach d fließen gelassen, bis das ganze Röhrensystem mit Wasser gefüllt
ist, Dann wird Quecksilber in den Außenschenkel des Manometers ge-
schüttet und dadurch bewirkt, daß Wasser bei d zum Ausfließen kommt,
wo ein Druckschlauch fest angebracht worden war. Wenn im Mano-
meter genug Quecksilber vorhanden ist, so daß die Säulen entsprechenden
Spielraum zum Steigen und Fallen haben, wird die Öffnung bei d durch
einen Quetschhahn geschlossen, wodurch der Versuch eingeleitet ist;
ein Millimetermaßstab k wird am Manometer befestigt.
Wenn Luft austritt, sammelt sie sich unter d, wenn sie aus irgend-
einem Teil der Pflanze, den unteren Teil des Sprosses ausgenommen,
kommt; sie kann durch Öffnen des Quetschhahnes und Einlaufen von
Wasser aus dem Reservoir entfernt werden. Sollte sie sich aber unter a
sammeln, so muß der Sproß aus dem Kautschuk herausgenommen
und ins Glas getaucht werden, worauf man bei d vorsichtig Wasser ins
Pinometer einfließen läßt; dieses fließt dann langsam bei a aus, worauf,
nachdem das Wasser jede Spur Luft entfernt hat, der Sproß wieder be-
festigt wird. Das Öffnen des Quetschhahnes und die Verdrängung
der Luft bewirkt wieder einen Rückgang des Quecksilbers zur Aus-
gangsstellung. Das kann aber vermieden werden, wenn man zwischen
das schiefe Stück —c und das Manometer einen Stöpsel einschaltet.
Das ist übrigens nicht absolut nötig, weil der Apparat ohnehin
kaum für quantitative Zwecke zu benutzen ist. Die Resultate, die
mit dem Pinometer zu erlangen sind, hängen sehr von der Stelle ab,
an welcher man die Pflanze befestigt; es sollen daher einige Experimente
von Darbishire in dessen Beschreibung wiedergegeben werden:
Ein Pinometer wurde am Hauptsproß durch Abschneiden des Stammes
ein wenig oberhalb des untersten Seitensprosses befestigt. Kurze Zeit
darauf stieg das Quecksilber in dem der Versuchspflanze zugekehrten
Manometerschenkel, da diese aus dem Pinometer Wasser ansaugte. So-
bald das Quecksilber steigt, wird der Zug am unteren Ende des Sprosses
und oberen Ende des Wurzelstumpfes der Pflanze stärker, Hand in
Hand damit die Blätter des Sprosses oberhalb welker, während die Blätter
des untersten Seitensprosses ganz frisch bleiben. Hier zeigt sich also,
durch das Pinometer angegeben, Saugung durch den Sproß, die auch
automatisch registriert werden kann, wenn ein Schwimmer auf der
Quecksilberoberfläche des offenen Manometerschenkels angebracht wird.
Derselbe ist an einem feinen Faden befestigt, der über eine Rolle
läuft und an dem freien Ende eines Hebels angreift, dessen anderes
Ende eine Schreibfeder versorgt, die auf einer rotierenden Trommel
schreibt. In einem anderen Versuch wurde das Pinometer an eine Fuchsie
befestigt, und zwar zirka einen Zoll über der Erde und knapp unterhalb
des untersten Seitenzweiges. Hier zeigte sich der Wurzeldruck sehr bald,
und das Quecksilber wurde aus dem inneren Schenkel herausgedrückt
und stieg schnell im anderen Manometerschenkel. Die Blätter des Sprosses
23
452 XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes.
blieben so lange frisch, als der Druck andauerte, nämlich 16 Tage, an
diesem Tage war der Höhenunterschied der beiden Manometerschenkel
20 mm. In einem dritten Versuch wurden zwei Pinometer (Fig. 170) ver-
wendet. Eins war an einer Fuchsienpflanze gerade oberhalb der Erde be-
festigt, ein anderes gerade oberhalb desuntersten Seitenzweiges. Die Pflanze
war somit in drei Teile geschnitten, deren unterster, der Stumpf, jedes
Seitenzweiges beraubt war. Das an dem unteren Pinometer P, be-
festigte Manometer zeigte sehr bald Wurzeldruck, das des oberen Pino-
meters P, Saugung von seiten der beiden Sproßteile an. Wurzeldruck und
Sproßsaugung machte sich also hier durch die Höhendifferenz bemerkbar.
Der Unterschied im Aussehen der Blätter an den beiden Sproßteilen war
sehr auffallend. Die Blätter des oberen Sproßteiles waren tot, hier war
ein starker Zug am unteren Ende vorhanden. Die Blätter des mittleren
Sprosses waren frisch, da hier am unteren Ende ein Druck vorlag, ob-
zwar das untere Pinometer von dem oberen nur durch zwei Zoll etwa
getrennt ist (zwischen a, und b,). Nach 14 Tagen zeigte eine neuerliche
Ablesung eine Differenz von 18 mm in der Höhe der beiden Quecksilber-
säulen im unteren Pinometer, was einen Druck von seiten der Wurzel
anzeigte, und eine Differenz von 20 mm im oberen Pinometer, eine Saugung
seitens des Sprosses anzeigend. Auch mit drei Pinometern wurde an einer
Fuchsie ein Versuch aus-
geführt. Nach einiger Zeit
zeigte das untere Pino-
meter Wurzeldruck mit
einer Differenz von 3l mm
der Quecksilbersäulen ‚das
mittlere zeigte Saugung
mit einer Höhendifferenz
von 85mm und das obere
Pinometer ebenfalls Sau-
sung mit 63,5 mm Diffe-
h. 3 renz. Die Zahlen waren
Fig. 171. Potometer von Renner. am nächsten Tag in Milli-
metern: 39 (Zunahme um
8 mm) 127,2 (also 42,2) und 128 (d. i. 64,5). Die zwei unteren Pinometer
befanden sich unterhalb der untersten Zweige. Das hier beschriebene
Pinometer ist vor allem für Vorlesungs- und Demonstrationsversuche ge-
eignet. Natürlich ist das Ansetzen des Pinometers an einen Fuchsien-
sproß für diesen keinesfalls gleichgültig, so daß immer der Einwand ge-
macht werden kann, die Vegetationsverhältnisse, unter denen der Ver-
such durchgeführt wird, seien unnatürliche. Jedenfalls ist es mittels des
Pinometers möglich, die Beziehungen zwischen Wurzeldruck und Sproß-
saugung deutlich zu machen.
Das von OÖ. Renner zur Messung der Wasseraufnahme benutzte
Potometer besteht aus einem ziemlich engen T-Stück (Fig. 171), in das
der Versuchssproß durch enge, kurze Schlauchstücke luftdicht befestigt
ist; diese müssen unter Umständen noch durch Bestreichen mit Pumpen-
fett besonders gedichtet werden. Hat man mehrere Schlauchsorten
verschiedener Lumina, so lassen sich Kombinationen für die verschiedenste
Dicke der Versuchsobjekte herstellen. Das Darüberschieben der Schlauch-
1) O0. Renner, Flora 8 (n. F.), 173 (1911).
XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 453
stücke über den Stammteil geschieht unter Wasser, nachdem unter Wasser
die Schnittfläche erneuert wurde. Auch durch Abschälen der Rinde
läßt sich das Objekt in den Schlauch einpassen. Der Sproß wird nun
unter Druckanwendung an seinem Kautschukbesatz in das enge T-Rohr
eingeschraubt. An den horizontalen Arm des T-Stückes, dessen enges
Lumen Temperaturschwankungen weniger empfindlich fühlbar macht,
ist eine zirka 1 m lange Kapillarröhre P angesetzt, deren zirka 1 qmm
starke lichte Weite möglichst konstant im ganzen Verlaufe eingehalten
sein soll. Am anderen Ende derselben ist ein Kautschukschlauch mit
Quetschhahn angebracht, der in das Sauggefäß g taucht. Am unteren
Ende des T-Stückes befindet sich ein Dreiweghahn, der mittels eines
längeren Kautschukschlauches die Verbindung mit einem wassergefüllten
Trichter herstellt, der sich in gleicher Höhe mit dem Versuchssproß be-
findet. Die seitliche Bohrung, welche den Hahn zum Dreiweghahn
macht, und die gewöhnlich durch einen zugedrückten Schlauch ge-
schlossen ist, gestattet Luft auszutreiben, wenn solche aus dem Trichter
ins Potometer gelangt ist. Durch Ansaugen des T-Rohres wird die Kapil-
lare vom Sauggefäße her mit destilliertem Wasser gefüllt, dann wird
soviel Wasser wieder abgelassen, bis vom
T-Stück her eine als Index dienende
Luftblase in die Kapillare eintritt, wor-
auf der Schlauch durch den Quetsch-
hahn verschlossen wird. Jetzt läßt man
vom Trichter aus mittels des Dreiweg-
hahnes Wasser in die Kapillare ein-
treten, wodurch die Luftblase zwischen
zwei Wassersäulen eingeschlossen ist und
nun durch ihre Bewegung als Index die-
nen kann. Die Pflanze wird eingesetzt,
der Schlauch zwischen Kapillare und
Sauggefäß geöffnet und durch Manipu-
lation mit dem Trichter die Luftblase
en ne bestimmte, beliebige Stelle zu- Fig. 11. Polometer mit bewurzelter Keim-
rückgeschoben. Gibt die Pflanze Wasser pflanze.
ab, so wird die Luftblase vom T-Stück
weggeschoben und läßt sich durch Senken des geöffneten Trichters
unter das Niveau des Sauggefäßes oder durch Ansaugen des sonst
abgeklemmten Schlauchstückes am Dreiweghahn wieder einstellen.
Werden bei kräftiger Saugung längere Zeit keine Ablesungen ge-
macht, so wird der Schlauch der Kapillare abgeklemmt, der
Trichter geöffnet und so der Index eingestellt. Zwischen Kapillare
und deren Saugschlauch kann auch mittels eines Dreiweghahnes an
einem abwärts gerichteten Arm r als Widerstand eine weite, Queck-
silber gefüllte Röhre oder ein blattloses, in Wasser tauchendes Zweig-
stück in die Saugbahn eingeschaltet werden, so daß nicht aus dem
normalen Sauggefäß, sondern aus der unter Quecksilber oder Zweig-
widerstand stehenden Röhre das Wasser genommen wird. Zur gleich-
zeitigen Messung von Wasseraufnahme und Transpiration wird ein
wägbares, aus T-Stück und langer Kapillare bestehendes Potometer
ohne Sauggefäß verwendet und die Regulation der Indexluftblase durch
einen in dem unteren Teil des T-Stückes verschiebbaren Glasstab be-
sorgt. Die Weite des Kapillarlumens muß genau bekannt sein und
454 XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes.
die Bestimmung geschieht durch Wägung einer Quecksilbermenge,
deren Länge am Maßstab der Kapillare vorher gemessen wurde.
Wurde statt eines Zweiges eine bewurzelte Keimpflanze (Phaseolus
multiflorus) verwendet (Fig. 172), so wurden die Pflanzen in großen Gefäßen
mit Nährlösung zur Entwicklung gebracht, aber jedes einzelne Wurzel-
system entwickelte sich in einer 15—30 cm langen, 2 cm weiten zylin-
drischen, in dem gemeinsamen Gefäß durch einen durchbohrten Pappen-
deckel festgehaltenen Röhre, die dann folgendermaßen als Potometer
benutzt wurde. Die Pflanzen wurden am Epikotyl in einen einfach durch-
bohrten, einseitig aufgeschnittenen Gummistöpsel gefaßt und dieser
unter Druck in die Röhre gesteckt, die Bohrung eventuell noch weiter
gedichtet. Die Röhre Z wurde dann
umgekehrt mit Wasser oder Nähr-
lösung gefüllt und dann ein zweiter
Gummistöpsel mit Kapillare r und
Maßabteilung eingesetzt. Das über-
schüssige Wasser wird dabei aus der
Röhre in die Kapillare gedrückt,
welche dadurch gefüllt wird. Will
man die als Index dienende Luft-
säule, die sich durch Saugung ver-
schiebt, wieder zurücksetzen, so steckt
man die Kapillare entsprechend
tiefer ein.
Noch einfacher ist das von F.
Darwin!) verwendete Potometer
(Fig. 173): Es besteht aus einem T-
Rohr, dessen Schenkel a so gebogen
ist, daß er zu den beiden anderen
Schenkeln parallel steht, und in dem
ein abgeschnittener Pflanzensproß
mittels eines Kautschukschlauches be-
festigt ist. Die beiden anderen Röh-
renschenkel sind durch Kautschuk-
stöpsel geschlossen, von denen einer
von der Thermometerröhre b durch-
gezogen ist. Das T-Rohr und die
Thermometerröhre werden mit Wasser
gefüllt und der Apparat im Stativ
so befestigt, daß das Ende von b
' in das kleine Gefäß c mit Wasser
Fig. 173. Darwins Potometer. taucht, aus dem also alles vom
Stamm gebrauchte Wasser kommen
muß. Um eine Ablesung zu machen, braucht man nur die Holzunter-
lage d wegzuschieben und c zu entfernen: am Ende von b wird
jetzt statt Wasser Luft eingesaugt, und wenn eine Luftsäule von
einigen Millimetern in das Rohr b gelangt ist, wird c wieder an
seinen Platz zurückgestellt. So ist nun eine Luftblase in c ein-
geschlossen, welche das Rohr aufwärts steigt und die Schnelligkeit der
Wasserbewegung in b anzeigt, indem die zum Durchlaufen einer be-
1) F. Darwin und R. W. Phillips, Proceed. of the Cambridge
Philosoph. Soz. 5, 331 (1885).
un u
XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 455
stimmten Strecke nötige Zeit abgestoppt wird. Indem man die rezi-
proken Werte dieser Ablesungen nimmt, erhält man eine Reihe von
Zahlen, die den vom Zweig in einer bestimmten Zeit absorbierten Wasser-
mengen entsprechen. Wenn die Ablesung z. B. 10’’ ist, deren reziproker
Wert 0,1 ist, so ist die Absorption —= 100, bei 5’’ = 200, 20’’=50 usw.
Die wirklichen, diesen Zahlen entsprechenden Wassermengen variieren
entsprechend dem Lumen der Röhre. Die Zahl 100 2.B.in Darwins
Versuchen bedeutet eine Quantität Wasser zwischen 4 und 8g pro Stunde.
Bei jeder Ablesung tritt eine kleine Luftblase ins Potometer ein, und diese
Luftblasen vereinigen sich unterhalb des oberen Stöpsels im T-Rohr
und können durch fallweises Entfernen des oberen Stöpsels und Auf-
füplen mit Wasser entfernt werden. In seltenen Fällen gelangen auch
Luftblasen unter den Zweig im Schenkel a, was freilich eine bedenk-
liche Fehlerquelle ist. Der Aufstieg der Luftblase in das Ende von b
begegnet einigem Widerstande, infolgedessen tritt sie nicht ruhig,
sondern mit einem Ruck ein und nicht erst, nachdem sie eine kleine
Strecke in der Röhre zurückgelegt hat. Daher darf man die untere Meß-
marke für die Wegstrecke der Luftblase nicht unmittelbar am Ende
von b, sondern etwas weiter oben anbringen. Die ganze Strecke von b bis
zum oberen Stöpsel ist zirka 10 cm lang, und das obere Ende ist gleich-
zeitig die obere Marke der Meßstrecke. Die als Index verwendeten Luft-
blasen sollen gleichgroß sein, abwechselnde Größen der Indices machen
die Ablesungen ungenau, da längere Luftblasen schneller wandern. Der
Verschluß des Apparates muß überall ein äußerst sorgfältiger sein. Der
Apparat ist höchst einfach, schnell zusammengesetzt und abgenommen,
jede Ablesung braucht nicht länger als einige Sekunden, so daß man in
kurzer Zeit eine Reihe von Beobachtungen machen kann; die Pflanze
wird schließlich nicht unnötig geschüttelt oder sonst unsanft behandelt.
Beim Sinken des Wasserniveaus in c beim Aufnehmen von Wasser durch
die Pflanze bleiben die Bedingungen wohl nicht ganz gleich, aber das
spielt kaum eine Rolle, ebensowenig die kleinen Temperaturänderungen
des Wassers. Die Prüfung des Apparates durch Ersatz der Pflanze
mittels eines Saughebers, und durch Vergleichung der Ablesungen mit den
gewogenen Wassermengen, die aus dem Heber geflossen waren, im Vergleich
mit den von der Pflanze abgegebenen und schließlich mit den Ablesungen
an einem Psychrometer ergaben seine gute Brauchbarkeit. ‘Wenn ein ab-
geschnittener Zweig am Potometer befestigt wird, sind die Ablesungszahlen
zunächst sehr hoch, sinken dann rapid und werden erst nach zirka einer
Stunde annähernd konstant; diese Erscheinung muß sehr beachtet werden,
weil arge Fehler resultieren können, wenn die Beobachtung früher ein-
setzt, wie folgende Zahlen der englischen Forscher beweisen: Prunus
lusitanica, unter Wasser abgeschnitten und sofort am Potometer befestigt,
zeigte bei aufeinanderfolgenden Ablesungen folgende Werte:
SES3TR ID. TS ee ee 263
Se 5 ee 208
SE DD. a AT en 167
BeDAnın. AM er 159
A Eee 118
Be SR N LITE 87
DISS rar ee 76
DAMALS u a a Sa 80
Die Zahlen werden also erst ungefähr 1V, Stunden, nachdem der
Zweig ans Potometer angesetzt worden ist, annähernd konstant.
456 NXIV. Das Bluten.
XXIV. Das Bluten.
Die Ausscheidung von tropfbar flüssigem Wasser kann entweder
schon an der unversehrten Pflanze oder erst an der verletzten be-
obachtet werden; letztere wird als Bluten oder Tränen bezeichnet.
Bringt man am Wurzelstumpf (Fig. 174 Pf) ein gebogenes Glasrohr durch
die Kautschukligatur K an, so kann man aus der Höhe der Wassersäule,
die in dem Glasrohr emporgetrieben wird, die Menge, durch die Höhe der
Quecksilbersäule, die durch das Blutungswasser emporgedrückt wird, die
Kraft des Ausfließens bemessen. Dem Stengelstumpf d oder der Schnitt-
fläche eines beblätterten Stengels einer in Erde oder Wasser gezogenen
Pflanze (W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie I, S. 238) wird mittels
Kautschuks, der gut mit Draht oder Bindfaden umwickelt sein muß,
das Glasrohr f angepaßt, in welches mit Hilfe eines Kautschukstöpsels
das in eine Kapillare ausgezogene Glasrohr @ eingesetzt ist und die
Kapillarspitze so abgeschmolzen, daß keine Luft im Apparate bleibt.
Durch Herunterschieben von G kann man das Quecksilber
im Manometer steigen lassen und so die Erreichung der
endlichen Druckhöhe beschleunigen. Statt G kann man
auch vorteilhaft einen Glashahn verwenden. Statt des
Manometers kann man auch das
abwärts gebogene (Fig. 175) Rohr r
anbringen, das die Blutungsflüssigkeit
in den Meßzylinder z führt, der durch
den perforierten Kork «a (nicht luft-
dicht) verschlossen wird. Mit Hilfe
eines Gummistopfens kann man ein
Manometer oder ein Ausflußrohr an
das an einem Stamm angebrachte
Bohrloch einsetzen, wofür die von
4 S 4 Schwendener verwendeten pfriem-
Fig. 174. Fig. 175. förmigen Einsatzstücke mit seitlicher
Pfeffers ABER be RE EBENE, des Blutungs- Bohrung geeignet sind. Bara-
Br netzky!) verwendet folgenden selbst-
registrierenden Apparat (Fig. 176), der auf dem Prinzip des Schwim-
mers beruht, welcher mit dem steigenden Niveau der Flüssigkeit in
einer Röhre gehoben und mit schreibendem Zeiger versehen ist. Die
Röhre a ist eine 8&—10 mm weite kalibrierte Bürettenröhre, b ein
12 mm weites ebenfalls kalibriertes Röhrchen, die beide durch das
dreiarmige Röhrchen r miteinander verbunden sind, dessen freier
Arm durch ein Stückchen mit Quetschhahn versehenen Kautschuk-
schlauches überzogen ist. Die beiden Röhrchen a und b sind in
zwei Querbalken d aus Kork, mit dem dieselben verbindenden
Stock ce parallel, gegeneinander unverschiebbar befestigt. Durch das
Haltestück h, das am Stock c befestigt ist, kann die ganze Vorrichtung
in vertikaler Lage fixiert werden, worauf durch Eingießen von Wasser
aus einer Bürette in die Röhren die Länge der Wassersäule bestimmt
wird, welche 1 cam Wasser in den kommunizierenden Röhren einnimmt.
Wenn die Röhren so weit sind, daß 1 cem Wasser eine Säule von 25
1) J. Baranetzky, Abhandl. d. naturf. Ges. zu Halle, 13, 19 (1873).
XXIV. Das Bluten.
457
bis 26 mm Länge bildet, wobei das Steigen des Niveaus um Y, mm
0,01 ccm entspricht, so können Hundertstel eines Kubikzentimeters
noch sicher beim Steigen des Schwimmers abgelesen werden.
Faßt der Apparat 12 ccm Wasser, so reicht das für
12 Stunden vollkommen aus. Das Röhrchen b dient zur
unmittelbaren Aufnahme des von der Pflanze ausgeschie-
denen Wassers, in der damit kommunizierenden Röhre a
bewegt sich der Schwimmer s; derselbe ist ein mit Queck-
silber beschwerter Bürettenschwimmer aus Glas und be-
wegt sich im Rohre dicht, aber doch frei, er soll zirka
3 cm messen; oben ist er in eine Spitze ausgezogen, an
der ein ganz gerade ausgezogener Glasfaden m von zirka
11,—2 mm Dicke mittels Siegellack so befestigt ist, daß
er mit der Achse des Schwimmers genau parallel läuft.
Der Schwierigkeit, daß Röhrchen und Schwimmer nie
ideal zylindrisch sind und die Kapillarität der Flüssigkeit
um den Schwimmer herum diesen an die eine Röhren-
wand andrückt, wodurch. die freie Beweglichkeit ver-
loren geht, wird man in der Weise Herr, daß man den
Schwimmer bis zur Hälfte mit Quecksilber füllt und am
Glasfaden eine über eine Rolle gehende Seidenschnur be-
festigt, die ein den Schwimmer äquilibrierendes Gewicht
trägt, so schwer, daß der Schwimmer das Wasserniveau
gerade nur mit seiner konischen Spitze überragt. UÜber-
dies wird an das obere Ende der Röhre a eine Blech-
kappe n angesetzt, welche in der Mitte eine kleine Öffnung
für den Durchgang des Glasfadens besitzt, so daß seine
seitliche Ablenkung verhindert wird. Diese Führung n
befindet sich aber erst am Ende eines 10—12 cm langen
Glasrohraufsatzes, der a verlängert, so daß auch beim
Emportauchen des Schwimmers eine seitliche Ablenkung
unmöglich wird. Die Rolle k hat zirka 3 cm im Durch-
messer und ist ein leichtes, feingearbeitetes, sehr leicht be-
wegliches Messingrädchen. Wesent-
lich ist auch eine absolut vertikale
Aufstellung der ganzen Apparatur.
In das Röhrchen b wird das Abfluß-
rohr f der Versuchspflanze mit sei-
nem dünn ausgezogenen Ende ein-
geführt und an die Wand des
Röhrchens angelegt, damit das
Wasser nicht tropfenweise, sondern
in kontinuierlichem Strom einfließe.
Damit das Wasser nicht zusammen-
laufe und durch seine, von Luft
unterbrochene Ansammlung das
Röhrchen verstopfe, muß es durch
Alkoholäther von jeder Verunreini-
Fig. 176. Selbstregi-
strierender Apparat
von Baranetzkly.
gung sorgfältig gesäubert sein. Das Fig. 177. Scheibenapparat nach Baranetzky.
Röhrchen mit dem Quetschhahn
gestattet fallweise ein Auslassen des Wassers zur Fortsetzung der Beobach-
tung, wenn aund bvollsind. Vor der Ansatzstelle der Seidenschnur ist der
458 XXIV. Das Bluten.
Glasfaden rechtwinklig abgebogen und dient als Zeiger, welcher den Stand
des Schwimmers auf dem Zylinder des Apparates aufzeichnet. Auf das
Ende dieses Zeigers wird ein 4—5 cm langes Stück Grashalm aufgeschoben,
der zugespitzt wird; es ist zweckmäßig, den ganzen Schreibhebel nicht
länger als 10—12 cm anzufertigen, aber auch nicht wesentlich kürzer.
Die Spitze des Zeigers wird der Oberfläche des berußten Zylinders seit-
lich in der Richtung der Zylinderbewegung angelegt. Damit aber bei
der freien Bewegung von Schwimmer und Glasfaden um seine Achse die
Spitze der Feder nicht vom Zylinder entfernt werde, hängt neben dem
Zeiger an seiner, dem Zylinder abgewendeten Seite ein glatter Seiden-
faden, der am unteren Ende durch ein, am Aufhänger p befestigtes
kleines Gewicht geepannt ist, dieser beschwerte Faden wird mit seinem
Ständer so nahe an den Zylinder angerückt und an den Zeiger angelehnt,
daß er ihn nur leise andrückt, ohne sein Steigen zu behindern. Beim
Beginn der Beobachtung wird der Stand des Zeigers durch einen Strich
markiert und die Zeit notiert. Am Ende des Versuches zieht man eine
vertikale Linie durch die Marke, um die Abstände der einzelnen Linien
voneinander an dieser Vertikalen zu messen.
Ein anderer selbstregistrierender Apparat (Fig. 177) wurde von
Baranetzky (l.c.)nach einem anderen Prinzip konstruiert. Die Holz-
scheibe a von 20 cm Durchmesser und 2 cm Dicke ist nahe dem Rande mit
einer Anzahl in zwei konzentrischen Kreisen stehender Löcher versehen.
Ein Lochkreis dient zur Beobachtung mit je einer Pflanze, so daß man
soviele Lochkreise in der Scheibe haben muß, als gleichzeitig Versuchs-
pflanzen beobachtet werden. Die Zahl der Löcher richtet sich nach der
Anzahl der Stunden, für welche, ohne Eingreifen des Beobachters, der
Apparat ausreichen soll. In die Löcher werden schmale, kalibrierte
Eprouvetten k eingesenkt, die an ihrem verbreiterten Rande auf der
Scheibe aufsitzen. Das Ende des Ausflußrohres jeder Pflanze befindet
sich über der Mündung der Eprouvetten in einer Lochreihe. Die
Scheibe macht in der Stunde eine ruckweise Drehung um den Abstand
zweier Eprouvetten, so daß das Abflußrohr nach Ablauf einer Stunde
über die nächste Eprouvette zu stehen kommt usf. Nach Ablauf einer
Anzahl von Stunden sind alle verfügbaren Eprouvetten beschickt worden
und braucht einfach den Stand der Flüssigkeit in jeder abzulesen. An
der Achse der Scheibe befindet sich unterhalb ein Messingrad b, welches
mit genau gleich geschnittenen Zähnen in der Zahl der vorhandenen
Eprouvetten versehen ist. Neben dem Rade ist ein an seiner Achse
horizontal beweglicher Haken h angebracht, welcher in den Zwischen-
raum zwischen zwei Zähnen hineinpaßt und durch eine schwache Feder
angedrückt wird. Dadurch wird die Bewegung des Rades nur in einer
Richtung ermöglicht. Der ungleicharmige Hebel c, c dient dazu, die
Bewegung von Rad und Scheibe durch das Triebwerk zu vermitteln;
er ist um seine vertikale Achse d drehbar, sein vorderer Teil c, ist außer-
dem mit dem übrigen Teil an einem Scharnier so verbunden, daß er
sich in der Horizontalebene, aber nur rückwärts, ablenken läßt. An
einem Rade des Triebwerkes m, welches eine Umdrehung pro Stunde
macht, ist ein Stift n angebracht, der bei seiner Bewegung den langen
Hebelarm c vor sich stößt; der kleinere Hebelarm c, biegt sich dabei
rückwärts ab, um an dem Zahn vorbeizugehen; wenn er diesen ver-
lassen hat, wird er aber durch die am Stifte / befestigte Feder mit dem
langen Hebelarm c wieder in eine Linie gestellt; ist der Stift n an dem
XXIV. Das Bluten. 459
Ende des Hebels vorübergegangen und läßt ihn wieder frei, so schnellt
der Hebel, durch die Spiralfeder d gezogen, in seine frühere Lage zurück;
das Ende c,, welches jetzt den Zahn nicht mehr umgehen kann, schlägt
an ihn und treibt ihn vor sich, bis der Hebel sich an den Stift / anlehnt
und stehen bleibt. Der Haken h läßt bei dieser Bewegung einen Zahn
vorbeigehen und wird durch seine Feder in den Zwischenraum zwischen
die zwei folgenden Zähne eingedrückt, wodurch eine weitere Verschiebung
des Rades b verhindert wird. In dieser Weise wird bei jeder Umdrehung
des Rades m das Rad b um die Breite eines Zahnes und somit die Scheibe
a um eine Eprouvette verschoben. Die Drehung der Scheibe kann auch
elektromagnetisch durch eine Kontaktuhr bewirkt werden. Die Enden
der Ausflußröhrchen p sind in dünne Spitzen ausgezogen und mit Fett
beschmiert, so daß das ausfließende Wasser sich in kugelrunden Tropfen
lange an der Ausflußspitze hält und beim Umdrehen der Scheibe nicht
verloren geht. Das Röhrchen braucht nicht höher als 1 mm über dem
Schiebeniveau zu stehen, so daß jeder Tropfen in die Eprouvette fällt
und selbst, wenn während des Ausfließens eine Umdrehung der Scheibe
erfolgt, am Rande der Eprouvette abgestreift wird. Die Verdunstung
aus Tropfen und Eprouvette dürfen als sehr unbedeutend vernachlässigt
werden. Zu den Versuchen werden am besten gehörig in Erde ein-
gewurzelte, in geräumigen Töpfen längere Zeit gezogene Pflanzen ver-
wendet. Der Stengel der Versuchspflanze wird nicht über 5 em hoch
über dem Boden abgeschnitten und das Ausflußrohr mittels eines T-
förmigen Röhrchens angesetzt, wobei kurze Stümpfe durch den ver-
bindenden Kautschukschlauch gegen Verdunstung geschützt sind,
während längere zu diesem Zwecke noch mit Stanniol umwickelt werden
müssen. Eine gleichmäßige Feuchtigkeit des Bodens während des Ver-
suches ist schon deshalb notwendig, weil die Hauptmasse der Wurzeln
sich an der inneren Fläche des Topfes befindet, wo die dünnen Wurzel-
fasern einen förmlichen Filzbelag bilden. Ein Begießen des Bodens
während des Versuches würde den regelmäßigen Gang des Versuches
stören, aber es genügt ein Verhindern der Verdunstung seitens der
Oberfläche des Topfes, um die Feuchtigkeit des Bodens gleichmäßig
zu erhalten. Man begieße den Boden so lange, bis er vollständig ge-
sättigt ist und reichlich Wasser durchfließt; dann wird die Oberfläche
des Topfes mit feuchtem Filtrierpapier und dann Boden und Wände
sorgfältig mit Stanniol bedeckt, worauf der so gegen Verdunstung ge-
schützte Topf in einen möglichst genau passenden Blechtopf eingehängt
wird. Die Temperatur des Bodens soll mittels eines in hundertstel Grade
geteilten Thermometers kontrolliert werden, dessen Kugel sich dicht
am Rande des Topfes befindet, wo die Hauptmasse der tätigen Wurzeln
sich ausbreitet.
Sehr häufig kommt es darauf an, den Blutungssaft so aufzufangen,
daß er bis zur Untersuchung steril bleibt, was namentlich bei zucker-
haltigen Säften in feuchten, höher temperierten Räumen nicht leicht
ist, da sich hier Gärungsvorgänge schon binnen wenigen Stunden zeigen
können. Die folgende, von J. Gieklhorn, Wien, angegebene Methode
(Fig. 178) ermöglicht das sterile Auffangen von Blutungssäften oder
Guttationstropfen:
a ist ein gebogenes, in eine Kapillare ausgezogenes Rohr, das einer-
seits in ein auf beiden Seiten offenes zylindrisches Rohr K ragt. Dieses
trägt zwei bakteriologisch geformte Wattepfropfen w, den einen als
460 XXIV. Das Bluten.
Umhüllung der Einmündungsstelle des gebogenen Rohres, den zweiten,
zum Verschluß der freien Öffnung des Zylinderrohres. An diesem
Ende ist ein kurzer Kautschukschlauch über das Rohr geschoben.
Das kapillare Ende des gebogenen Rohres ragt ziemlich tief in das Glas-
gefäß (etwa eine Eprouvette) E und auch hier ist die Einmündung durch
den Wattepfropf verschlossen. Der ganze Apparat wird nun im Steri-
lisator in gewöhnlicher Weise sterilisiert, dann wird die Versuchspflanze
dort, wo sie abgeschnitten werden soll, mit 1°/,„iger Sublimatlösung ab-
gewaschen, der Apparat mit der linken Hand bereit gehalten, während
die rechte mit einem sterilisierten Messer den Schnitt durchführt. Der
untere Wattebausch wird mit der Bunsenflamme abgebrannt, entfernt
und der Pflanzenstumpf sofort durch den Kautschuk des Zylinderrohres,
der über den Stumpf / gestülpt wird, mit dem Rohre verbunden, dann
werden die Kautschukränder, die über die Schnittstelle ragen, mit vene-
zianischem Terpentin verschmiert. So hat man einen luftdichten, voll-
kommen sterilen Abschluß geschaffen, die Wundstelle ist steril und der
Blutungssaft gelangt in einen vollkommen sterilen Behälter, wo er be-
liebig lange belassen werden
kann. Will man das Auf-
fangegefäß wechseln, so
kann das ebenfalls voll-
kommen steril geschehen,
indem man eine neue steri-
lisierte Eprouvette nimmt,
in deren Wattestöpsel vor-
her eine entsprechende
Bohrung zum Durchführen
des Kapillarrohres gemacht
TE = worden war. Durch Ab-
et on Pie SO Eee ng ende Stöpsels, bzw.
des Kapillarrohres kann
diese Einführung in steriler Weise geschehen. Der einfache Apparat
hat sich schon wiederholt beim praktischen Arbeiten bewährt.
Wie groß der Unterschied der Transpirationsgrößen sein kann, je
nachdem man bewurzelte Pflanzen oder abgetrennte Blätter verwendet,
dafür ein Beispiel aus Burgersteins ausgezeichneter Monographie.
Bei einer eingetopften Aucuba japonica (Topf sorgfältig verschlossen)
fandBurgerstein die 24 stündige Transpiration in sechs aufeinander-
folgenden Tagen pro 100 gem Blattspreitenoberfläche 482, 520, 524,
610, 585, 601 mg während gleichzeitig ein isoliertes, mit dem Stiel in
Wasser tauchendes Aucubablatt pro 100 gem an Gewicht verlor: 304,
215, 144, 65, 62, 5l mg., die Wasserabgabe pro 100 ccm war also beim
isolierten Blatt bedeutend kleiner als an der ganzen Pflanze und ver-
minderte sich überdies hier ansehnlich.
Daß die Wasseraufnahme und Wasserabgabe verschiedene physio-
logische Prozesse und durch Anderung der äußeren Verhältnisse in
verschiedener Weise zu beeinflussen sind, so daß man nicht einfach
eine konstante quantitative Proportionalität des einen mit dem
anderen Vorgang annehmen kann, ergibt sich aus den von Kröber
ermittelten Zahlen über Absorption und Emission von Wasser bei Tag
und Nacht:
XXIV. Das Bluten. 461
Absorption | Transpiration cem
9h 15’ a. m. bis 6h 25’ p. m. 11,30 | 12,80 | +15
Be725/ p. m. „ 96h 50’ a. m. 8,05 | 6,48 EB
3u=50’ a: m. ,„ 7h 05° p. m. 11,30 11,80 | +05
sp. m. „ Th 25’ a m 7.67 5,21 | — 2,46
Das Verhältnis der Absorption bei Tag und Nacht ist 100 : 70,
das der Transpiration 100 : 50; im Dunkeln ist also die Absorption
im Verhältnis zur Transpiration größer als im Licht, man kann also die
Verdunstungsgröße nicht durch das von der Pflanze aufgenommene
Wasser messen. Wenn auch bisweilen das von der Pflanze in 24 Stunden
abgegebene Wasser fast gleich ist dem in der gleichen Zeit aufgenom-
menen, so ist die Aufnahme und Abgabe doch während der einzelnen
Tageszeiten sehr verschieden groß. Die Reduktion der gefundenen
Transpirationswerte erfolgt entweder auf gleiche Oberfläche oder auf
gleiches Gewicht der transpirierenden Teile und hier wieder auf gleiches
Lebend- oder gleiches Trockengewicht. Vielfach ist die Reduktion auf
die Fläche vorzuziehen, z. B. beim Vergleich von Sonnen- und Schatten-
blättern, weil erstere bei gleicher Fläche mitunter doppelt so viel wiegen
als letztere. Bei Topfpflanzen von Hydrangea hortensis und Opuntia
cylindrica, also Pflanzen, die in Bau- und Lebensweise sehr diver-
gieren, fand Burgerstein das Gewicht der Hydrangeablätter (lebend)
12,310 & mit einer Oberfläche von 496 gem, das Gewicht der Opuntia-
blätter 97,665 &g mit 260,8 qcem Oberfläche. Der Transpirationsversuch
ergab:
| Hydrangea | Opuntia
Absolute Transpirationsgröße . -. .:......- 324 8 051 g
Transpiration pro 100 g Gewicht ......... 263,2 DA
„ »1007eem Oberlläche. .. .- 2! „= 6,54 „ 0,2027
Die Transpiration der Hydrangea ist also bei Reduktion auf die
Fläche 32,7 mal, bei Reduktion auf Lebendgewicht 506 fach größer als
bei Opuntia. Das absolute Verhältnis der Transpirationsgröße zwischen
Spreite und Stiel bei Roßkastanienblättern wurde zu 67 : 1, das Ver-
hältnis derselben pro 100 g Lebendgewicht wie 135 : 1 und pro 100 qem
Oberfläche wie 1: 1 gefunden.
Wiewohl die Blattunterseite infolge ihres größeren Reichtums an
Spaltöffnungen stärker transpiriert, hängt doch die Menge des ver-
dunsteten Wassers nicht allein von der Zahl der Stomata ab, es besteht also
keine Proportionalität zwischen Transpirationsgröße und Spaltöffnungs-
zahl. Bei vielen Pflanzen tritt nach 24 stündiger Verdunkelung Spalten-
schluß ein oder die Spalten schließen sich nur teilweise; mitunter tritt
diese Erscheinung (Avena) schon nach wenigstündiger Verdunkelung
ein. Es bedarf auch keiner absoluten Verdunkelung, und deshalb können
die Blätter einer und derselben Pflanze, je nachdem sie stark oder wenig
vom Lichte getroffen werden, sich verschieden verhalten. Molisch
fand diesbezüglich mit seiner Infiltrationsmethode folgendes:
462 XXV,. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
LE sseeeeeeeeeeeerrerrrrrsrerenlll m — —
Name der Pflanze Spalten um 10h a. m. | Spalten um 91, hp. m.
Polygonum fagopyrum . .... weit geöffnet | mäßig geöffnet
a convolwulus . .. . ».» mäßig en | geschlossen
& lapathifolium . . . . weit „> ' nahezu geschlossen
Cornus sanguinea .....x.. mäßig 5 | geschlossen
Piras damesliea ‚I. wer: weit | ”
Melandrium album . . . ... . S = weit geöffnet
Solanum tuberosum. . . 2... r h; | geschlossen
Trifolium pratense . . - .... % 5 , nahezu geschlossen
Bambteus nigea:"..%.,.= oa ae
Chenopodium Bonus Henricus .
” | „>
„ E I ’
Brise mutlata,.. er ee mäßig er geschlossen
Saponaria officinalis . . . .. .- weit > | R
Arena Baar Be NS weit en | S
Phasedlus ap. „nal ar.: Bade mäßig 6 | r
Wachsüberzüge an der Epidermis, Haarüberzüge usw. setzen be-
kanntlich die Transpiration herab und die Wasserabgabe wird sofort
größer, wenn der Überzug entfernt wird; grüne Pflanzen transpirieren
stärker als etiolierte; rot gewordene Blätter von Vitis vinifera verlieren
viel langsamer Wasser als grüne; junge Blätter geben unter gleichen
Verhältnissen mehr Wasser ab als alte; die Transpirationsgröße der
Keimblätter übertrifft die der Laubblätter ums Doppelte; Benetzung
von Blättern befördert deren Transpiration und Wasserleitung. Was
den Einfluß der Lichtfarbe anlangt, so fand Wiesner, daß der leuch-
tende Spektralteil (orange, gelb) für die Transpiration weniger leistet
als die roten und die blauen Strahlen. In kohlensäurefreier Luft findet
nach Verschaffelt stärkere Transpiration statt als in normaler.
In trockener Luft erreicht die Transpiration einen höheren Betrag als
in feuchter, höhere Lufttemperatur steigert die Verdunstung, ebenso
Luftzug. Man kann den ‚‚Wurzeldruck‘, der dadurch zustande kommt,
daß Wasser durch die äußeren Gewebe der Wurzel bis zu den Gefäß-
bündeln gelangt, in deren Leitungsbahnen es eingepreßt wird, auch künst-
lich ersetzen, wenn man einen etwas welk gewordenen Sproß durch einen
Kork in das eine Ende eines mit Wasser beschickten U-Rohres so ein-
paßt, daß die Schnittfläche in Wasser taucht. Wird nun durch den
längeren Schenkel Quecksilber eingegossen, bis es etwa 10 cm höher
steht als im kürzeren Schenkel, so wird Wasser in den Sproß eingepreßt,
der dadurch schließlich wieder straff wird. Wenn wir zu diesem Ver-
suche einen Balsaminensproß wählen, Quecksilber im längeren Schenkel
bis auf etwa 30 cm höher als im kürzeren eingießen und das Ganze in einen
feuchten Raum stellen, so sehen wir an den Blattspitzen oder Blatt-
rändern Wassertropfen auftreten , wie man sie auch ohne Quecksilber im
feuchten Raume an Weizen- oder Maiskeimlingen oder an Wiesengräsern
beobachten kann. (Guttation.) Es wäre interessant — was bisher
nur in einzelnen Fällen (z. B. von Lepeschkin) geschehen ist — die
Beschaffenheit der im Guttationstropfen gelösten Substanzen unter ver-
schiedenen Verhältnissen zu untersuchen.
XXV. DerosmotifcheDruc pflanzlicherFlüssigkeiten.
Alle Flüssigkeiten des Organismus sind wässerige Lösungen von Elek-
trolyten, wie Salzen verschiedener Art, und Nichtelektrolyten, Lösungen
der verschiedensten organischen Substanzen bis hinauf zu den Proteinen,
XXV, Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 463
in welchen Lösungen man außerdem Kolloide verschiedener Art, Ei-
weißstoffe, höhere Kohlehydrate, Gerbstoffe suspendiert findet. Wir
besitzen aber kein sicheres Kriterium darüber, ob eine Lösung eine wirk-
liche ist oder ob sie nur eine weitgehende Suspension vorstellt und bei
welcher Kleinheit die vorhandenen gelösten Teilchen einen osmotischen
Druck ausüben. Der osmotische Druck, welcher viel mehr an die Fähig-
keit der Stoffe, Lösungen zu bilden als in Ionen zu zerfallen, gebunden
ist, kann in erster Linie durch die Fähigkeit des betreffenden Stoffes,
den Gefrierpunkt seiner Lösung zu erniedrigen oder ihren Siedepunkt
zu erhöhen, bestimmt werden. ‚Der im Innern eines Lösungsmittels
bis zu dem höchstmöglichen Grade zerteilte Stoff übt immer einen
gewissen osmotischen Druck aus (erniedrigt immer den Gefrierpunkt
der Lösung usw.), und wenn der Wert des osmotischen Druckes bei
konstanter Temperatur nach dem Boyle-van't Hoffschen Ge-
setze direkt proportional der Konzentration des ‚aufgelösten‘ Körpers
ist, so versteht man, daß bei Gleichheit des Gewichtes der aufgelösten
Substanz in einem gegebenen Volum der Lösung diejenige Substanz
einen größeren osmotischen Druck ausüben wird, welche beim Auflösen
sich in eine größere Anzahl von osmotisch wirksamen Teilchen zerteilt.
Diese Teilchen können klein sein wie die H- und Cl-Ionen einer verdünnten
wässerigen Lösung oder groß wie die Glykogen- oder Kaseinkörner
einer stark konzentrierten Lösung dieser Substanzen; das ist von sekun-
därer Wichtigkeit, sie verleihen fast immer der Flüssigkeit in höherem
oder geringerem Grade die Eigenschaft der Lösungen, einen osmotischen
Druck auszuüben.“ (Botazzi.) So üben auch die gelösten Eiweiß-
stoffe als kolloidale Bestandteile der organischen Flüssigkeiten einen
gewissen osmotischen Druck aus; dieser ist dann die Summe der par-
tiellen Drucke, welche in diesen Flüssigkeiten die einzelnen aufgelösten
Substanzen ausüben: Elektrolyt- und Nichtelektrolyt-Kristalloide und
-Kolloide. Für alle Flüssigkeiten des Organismus, die man in größerer
Menge haben kann, dürfte sich für die Bestimmung des osmotischen
Druckes die kryoskopische Methode der Feststellung ihrer Gefrier-
punktserniedrigung am meisten eignen; die Werte derselben, mit A
bezeichnet, sind approximativ proportional der ganzen osmotischen
Konzentration der Lösungen. Da jedem tausendstel Grad der Gefrier-
punktserniedrigung ein osmotischer Druck von 0,0120 Atmosphären
entspricht, ist es leicht, die Werte von A in Atmosphären zu berechnen.
Man muß aber, wenn man den osmotischen Druck von Zellsäften grüner
Pflanzen bestimmt, immer darauf Rücksicht nehmen, daß die Chloro-
plasten durchaus nicht denselben osmotischen Druck zeigen müssen
wie diese, ebenso wie ja die Blutkörperchen nicht den osmotischen Druck
der Lymphe besitzen, und daß die Differenzen zwischen beiden zu inter-
essanten Schlüssen führen könnten. Am gebräuchlichsten ist es, die
zerkleinerten Organe mit der Presse auszudrücken und den Preßsaft zu
filtrieren; hat man die Teile vorher mit Quarzsand gut zerrieben, so er-
hält man gewöhnlich einen hinreichend klaren Saft; ein die Säfte sicherer
unverändert lassendes Verfahren ist es aber, den Blutungssaft der de-
kapitierten Pflanzenstengel aufzufangen, der, wenn die Transpiration
genügend gehemmt ist, gewöhnlich in sehr großer Menge gewonnen werden
kann. Die in der Pflanze zirkulierende Flüssigkeit führt die Produkte der
assimilativen Chloroplastentätigkeit, entzieht den Chloroplasten ihre
Erzeugnisse, gibt sie wieder durch Diffusion an andere Zellen ab und
464 XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
muß so, je nach der Stoffwechseltätigkeit, nach der Art der Pflanze,
nach den Bedingungen des Milieus, in dem sie lebt, nach Maßgabe der
äußeren Bedingungen überhaupt in ihrer Zusammensetzung und ihrem
osmotischen Druck sehr wesentlich wechseln (vie inconstante nach
Cl. Bernard), was schon daraus hervörgeht, daß die Pflanze sich
wechselnden äußeren Bedingungen sehr weitgehend anzupassen ver-
mag. Reine Flüssigkeiten kann man besonders in den Milchgefäßen
der Euphorbiaceen, Papaveraceen usw. und den Blutungssäften er-
halten. Die Methode der Gefrierpunktserniedrigung (bestimmt man
die elektrische Leitfähigkeit von Lösungen, so zieht man natürlich nur
die Elektrolyte in Betracht) beruht darauf, daß gelöste Stoffe den Ge-
frierpunkt des reinen Lösungsmittels herabsetzen, und zwar proportional
der Zahl der gelösten Grammoleküle (des Molekulargewichtes der Sub-
stanz in Grammen, auf den Liter gelöst), unabhängig von deren chemischer
Natur. Man kann also aus dem Betrage der Gefrierpunktserniedrigung
von Lösungen die Zahl der in der Volumeinheit darin gelösten Moleküle
bestimmen, sobald man die Gefrierpunktserniedrigung einer gleich-
artigen Lösung bekannter Molekularkonzentration ermittelt hat. Für
Wasser beträgt die Gefrierpunktserniedrigung durch ein Grammolekül,
im Kubikzentimeter gelöst, 1850°C. Hat man demnach die Konstante
für ein bestimmtes Lösungsmittel experimentell bestimmt, so findet
man die Zahl der im Kubikzentimeter einer Lösung von bekannter
Gefrierpunktserniedrigung A gelösten Grammoleküle nach der Gleichung
. A A h Er ’
ı — 1880: 7 180° Besitzt ein Stoff das bekannte Molekulargewicht M,
x ‚ worin p = Prozente be-
deutet, die für jede Konzentration in Prozenten Gramm pro 100 ccm
Lösung zugehörige Gefrierpunktserniedrigung A ausrechnen und
umgekehrt für jede Gefrierpunktserniedrigung die zugehörige Kon-
zentration. Die Gefrierpunktserniedrigung bei einer bekannten Kon-
zentration gestattet ferner die Ermittlung eines unbekannten Mole-
kulargewichtes. Man bestimmt also zunächst den Gefrierpunkt des
Lösungsmittels (z. B. des Wassers), dann die Gefrierpunktserniedrigung
einer Lösung, welche ein Grammolekül eines Stoffes von bekanntem
Molekulargewicht in einem bekannten Volumen des Lösungsmittels ent-
hält. Die Gefrierpunktserniedrigung ist dann für das Grammolekül
eines beliebigen Stoffes in diesem Lösungsmittel eine konstante
Größe K. Bestimmt man nun die Gefrierpunktserniedrigung A eines
Stoffes von unbekanntem Molekulargewicht M, so ist AM = konstant.
Für die praktische Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung ist
der von Beekmann konstruierte Apparat in Gebrauch. Derselbe
besteht in der Hauptsache aus einer weiten, dickwandigen Eprouvette,
welche zum Einführen der Substanz mit einem seitlichen Aufsatzrohre
versehen ist. In der Eprouvette befindet sich ein in Hundertstel Grade
geteiltes Thermometer und eine Rührvorrichtung, die am besten elektrisch
in Bewegung gesetzt wird. Das ‚Gefrierrohr‘‘ befindet sich in einem
weiten, gläsernen Gefäß, das eine Flüssigkeit enthält, die das Lösungs-
mittel bis unter seinen Gefrierpunkt abkühlt, und um dieses Abkühlen
gleichmäßig zu gestalten, befindet sich das Ganze in einem gläsernen
Luftmantel. Die Lösung läßt man unter fortwährendem Rühren bis
3 K
so können wir nach der Gleichung M = -
XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 465
zur beginnenden Erstarrung abkühlen, wobei man das Erstarren eventuell
durch Einimpfen eines Kristalls der festen Substanz einleitet. Dann
hört man mit der Abkühlung auf, der Quecksilberfaden des Thermo-
meters, welcher bis tief unter den Erstarrungspunkt gesunken war,
steigt jetzt infolge Freiwerdens der latenten Wärme und hält sich schließ-
lich 2—-3 Minuten an einem Punkte konstant, der als der wahre Gefrier-
punkt der Lösung betrachtet wird.
Noch einfacher gestaltet sich die Handhabung des in der Biochemie
viel benutzten Friedenthalschen Apparates (Fig. 179). Das Außengefäß
ist mit einem Gemenge von Eis und Kochsalz gefüllt, darauf wird soviel
Wasser aufgegossen, daß das in Grade geteilte Außenthermometer — 2°
anzeigt. Jetzt taucht man das mit etwa 25 ccm wiederholt destillierten
Wassers beschickte Innengefäß, in dem sich das geeichte, in
Hundertstel-
grade geteilte Thermometer T befindet, direkt in die Außenlösung und
beobachtet unter gleichmäßigem Rühren mit dem Platin-
rührer r das Fallen des Quecksilbers. Wenn in der unter-
kühlten Flüssigkeit die Eisbildung beginnt, steigt das Queck-
silber wieder; in diesem Moment nimmt man es aus der
Kältemischung, setzt es in den inneren Luftmantel und
beobachtet mit der Lupe unter fortwährendem Rühren auch
mit R das Erreichen des höchsten Standes, auf welchem
Schwankungen von höchstens !/,.. Grad eintreten. Das
ist nun der Gefrierpunkt reinsten Wassers, welcher ge-
wöhnlich nicht mit dem am Thermometer ? angegebenen
Nullpunkt übereinstimmt. Auf diesen gefundenen Null-
punkt, der als Mittel von mehreren Beobachtungen gewählt
wird, bezieht man die spätere Bestimmung. Für diese
selbst wird der Innenzylinder mit einer Lösung bekannter
Konzentration gefüllt und deren Gefrierpunkt bestimmt.
Mit Hilfe der Formel M = - m überzeugt man sich, ob
das bekannte Molekulargewicht der gelösten Substanz in
der bekannten Konzentration p aus der gefundenen Er-
niedrigung A sich tatsächlich ergibt. Als Konstante
nimmt man am besten 18,900 die Abweichung; des
Fig.179. Frieden-
thals kryoskop.-
scher Apparat.
bestimmten
vom berechneten Molekulargewicht soll nieht über 2 % betragen. Um
das Versagen der Eisabscheidung zu vermeiden, ist dem Apparat ein
kleiner Impfstift K beigegeben, bestehend aus einem Glasröhrchen mit
kleinem Wattebausch an der Spitze. Tränkt man die Watte mit etwas
Wasser und taucht den durch ein Außenrohr geschützten Impfstift in
die Kältemischung, so gefriert das Wasser im Wattebausch und ver-
anlaßt beim Berühren des Platinrührers mit den Eiskristallen und Ver-
senken des Rührers in die unterkühlte Lösung sofortigen Beginn des
Gefrierens. Die Unterkühlung kann mit Hilfe des Impfstiftes bei einer
beliebigen Temperatur unterbrochen werden. Bisweilen bleibt der dünne
Quecksilberfaden im Thermometer an einer Stelle hängen ohne sich
weiterzubewegen. Man kann das vermeiden, indem man mit einem Kork-
hammer die Kugel des Quecksilbers leise erschüttert; auch dieses Klopfen
kann ebenso wie das Rühren durch einen elektrischen Mechanismus be-
sorgt werden.
Eine thermoelektrische Methode zur Bestimmung der Gefrierpunkts-
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum.
30
466 XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
erniedrigung sehr kleiner Flüssigkeitsmengen mit bemerkenswerter
Genauigkeit beschreiben Dixon und Atkins. Das Beckmannsche
Quecksilberthermometer wird von ihnen durch ein Thermoelement
ersetzt und der Gefrierpunkt des Wassers direkt mit dem des Saftes
in Relation gesetzt. Mit einem passenden Galvanometer und einem
einzigen Element kann man leicht eine Bewegung des vom Galvano-
meterspiegel herkommenden Lichtstreifens auf der Galvanometerskala
um 1 mm bei einer Temperaturdifferenz von 0,01° C erzielen.
Ein Stück durch Seide isolierten Nickeldrahtes von 0,15 mm
Durchmesser und 30 cm Länge wird zur Temperaturmessung benutzt.
Die Enden des Drahtes sind einige Millimeter weit von der Seiden-
umwicklung entblößt und an ein gut isoliertes Kupferblech angelötet.
Der Nickeldraht ist in V-Form gebogen und jedes Blech ist an den
Arm des V-Stückes angebracht, zu welchem es gehört. Am Zusammen-
stoß der V-Enden sind die Bleche zusammengeklemmt und divergieren
von da wieder, um mit den Galvanometerpolen in Verbindung zu
stehen, und winden sich um die Stützen r und r herum,
die gleichzeitig als Rührer dienen. Die betreffende Be-
wegung wird in beiden Eprouvetten durch Führung mit-
tels der Schraube S gleichmäßig gestaltet. Die Versteifung
der V-Arme wird durch paraffinierte Holzstäbchen bewirkt.
Die zu prüfende Lösung einerseits, das destillierte Wasser
anderseits werden in kleine Eprouvetten J und J’ von
10 cm Länge und 1 cm Durchmesser gebracht und diese
mittels eines großen Korkstückes c, das durch den starken
Draht w festgehalten ist, in einem zylindrischen Glas-
gefäß e untergebracht, welches letztere durch d in eine
breitere Glaswanne m mit einer Kältemischung eingetaucht
wird. Bezüglich der näheren Details, der Fehlerquellen und
deren Vermeidung sowie des Kalibrierens muß auf das Original
zus Anmarat verwiesen werden. Der Saft (es genügen 2,5—5 cem) kann
ig.160. Apparat % ä
BE aus Blättern leicht folgendermaßen _ gewonnen werden:
erniedrieungauf Einige Blätter werden längs der Mittelrippe abgezogen
yelektrischm und zu einem kleinen Kügelchen zusammengeknüllt, das
sonuAtkins. Kügelchen in eine doppelte Umhüllung von feinem Leinen
getan und zwischen zwei kleine Silberplatten einer starken Schrauben-
presse gesteckt, wobei entweder schon nach der ersten mehr oder weniger
starken Pressung oder nach wiederholtem Pressen genügend Saft ge-
wonnen wird. Diese Methode liefert zuverlässigere Werte, als wenn
etwa Blätterbrei mit Wasser versetzt und filtriert oder ausgepreßt
würde. Sobald Galvanometer und Skala an Ort und Stelle und die
Drahtenden an den Polen des Galvanometers befestigt sind, wird frisch
gekochtes destilliertes Wasser in die eine Eprouvette und ca. 3 cem
des Preßsaftes in die andere eingefüllt und die Leitenden des Thermo-
elementes hineingetaucht. Die Kältemischung wird auf eine um ca.
1° © tiefere Temperatur gebracht ‘als der erwartete Gefrierpunkt des
Saftes. Im destillierten Wasser bildet sich eine Eissäule, in der die
Drahtleitung steckt. Die Kristallisation des unterkühlten Saftes wird
durch Impfung mit einem Eiskristall bewirkt. Nachdem diese ein-
getreten ist, wird der Rahmen mit den beiden Eprouvetten in den
Gefrierraum gebracht und durch die Klemmen die Verbindung mit
dem Galvanometer hergestellt; während dieser Zeit dienen die Stützen
XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 467
der Leitungsdrähte in dem gefrierenden Saft als Rührer. Sobald die
Verbindung hergestellt ist, wandert der Lichtfleck des Galvanometer
spiegels nach aufwärts und seine endliche Einstellung bezeichnet die
Gefrierpunktserniedrigung unter 0°C. Man läßt wieder aufschmelzen
und wiederholt die Bestimmung mehrere Male und nimmt schließlich das
Mittel. Durch Umkehrung des Stromes läßt man den Lichtfleck nach
der entgegengesetzten Seite wandern und notiert auch hier den Punkt
seiner Einstellung. Die Gefrierpunktserniedrigung A kann nach der
Nernstschen Formel A: 12,03—= P in Atmosphären zur Berechnung
des osmotischen Druckes verwendet werden.
Nach den Untersuchungen von Dixon und Atkins!) bleibt der
osmotische Druck bei einem Individuum unter ähnlichen Bedingungen
derselbe, verändert sich aber unter verschiedenen Verhältnissen sehr
stark; so wurden bei Syringa vulg. Werte von 11,58 bis zu 24,58 Atmo-
sphären gefunden, ohne Unterschied aber, ob die Blätter höher oder
niedriger am Baume standen der osmotische Druck ist stets viel höher
als der Wasserversorgung entspricht. Die Natur der den osmotischen
Druck bedingenden Substanzen ist hauptsächlich durch die Kohlensäure-
assimilation bedingt, ferner durch die Hydrolyse der osmotisch un-
wirksamen hochmolekularen Komplexe in solche von osmotischer
Wirksamkeit, wenn die abgepflückten Blätter im Dunkeln gehalten
werden; er sinkt dagegen in Schattenblättern (z. B. von 18,10 zu
11,58 Atm.). Wurzeln zeigen immer geringe Drucke (4—6 Atm.). Die
größte Gefrierpunktserniedrigung, — 2,234° © entsprechend 26,87 Atm.,
wurde beim Safte von Syringa vulg., die niedrigste, — 0,314 °C = 3,97 Atm.,
bei Chamaerops humilis beobachtet; aber dieses sind noch nicht die Grenz-
zahlen, sondern es sind im Sommer, bei großem Zuckerreichtum der
Blätter, bei Syringa sicherlich Werte von 30—40 Atm. erreichbar.
Kryoskopische Bestimmungen von Pflanzensäften sind vielfach,
aber nur wenige methodisch gemacht worden. Es sei hier eine Reihe
nach dem Referate von F. Botazzi (,Osmotischer Druck und elek-
trische Leitfähigkeit der Flüssigkeiten der einzelligen pflanzlichen und
tierischen Organismen‘, Ergebnisse der Physiologie 7, S. 222 [1908])
wiedergegeben. Sutherst stellte fest bei:
A 'osmot. Dr. in mm Hg
Kürbis, Blatt und Stengel 0,95% | 6 880,0
ss IRlaricchibt 2 06 Be BER en 0,75-:0% 8 6 880,0
Schwedische Futterrübe (ganze Pflanze). 500% 9 173,2
Sellerie (grüner Stengel, Blatt) 1,420. 12 842,48
es (weißer Teile). . „2... (re 6 880,0
Gelbe Rübe, Blatt und Stengel . . 18940 11 007,84
FR > Wurzel . . be 1,0.C 971732
Kohl, äußeres Blatt I 10 090,52
Muztlerz) , . 0,85 ° 107022
Apfel (Frucht) . 1,29 12 842,48
Birne (Frucht) . 1,75 2 16 053,2
1) H. Dixon and G. Atkins, On osmotie pressure in plants; and on a
thermoelektrie method of determining freezing-points. Notes from the botanical
school of Trinity College. Dublin 2, November 1910.
30*
Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
XXV.
468
ozyıdg I9p uoA wog ‘Teduegg B
le
rat JeYTLIEIIXETEZURNg er
-uodsouyuegnig ki
'SISBET Oydrjjoa oroyun e
‘9yefqyj9acT sound soroyum $
78[4270°qL Seyor4Qd r
"yejqyj99dT SounId SsOIOgo 3
‘qyejg] sopunsod se
‘ozyıdsgyerg er
-punıdryelgl “
‚soygejgt sop ozyıdg u
“ Penzaned AmSTUeDIE
"sjodue9suoFnIg SouTo 9410 M o4SIEgnYy
"OZUe]JT U94LIOPISA IOUT9 Ye] sogfoM
-sepdwuoxf
sorpus ‘ZunfspImgu AoffoA Ur OZUuelJT
ZunpfoIngug JoffoA Ur 9ZuejJd
"u9418H) UEYOSTUBIOA WIOA Zurgoyog
-(odsoug
-[ozın A 947N8293) e =
-(e9_ "48 TOsuJ) ozuerzg eueyuodg
‚spodueJsueum[g] SOP FeNWeIxXT
“ıngmnzzdo,L
“‘ “s
“ “ “
“ “ “
“ “ “
“ “ “
“ “ “
ıeJduoxy seIapur “anypnyuopogy
"u9J1BF) UHUYOSTUBIOAG UIOA ‘anynyuopo 4
uodunyLowegL
BEREBEREE
Ba Ka BO a ie
oyyonaT
|
je)
BEEZEZERE.
womit
I
'y909s[jozun M)
BEZZESEBEET
Il
DEELLELSERG
PS
nn. nn
Ku u
9009000096050
"
A| | 8282 SS meeiz
STOT- 980m 00%
sSsoshhäss
o
nu oe
oo =)
Ze
“
aa
oe #30
0 gE0
o 98°0
0780
o FL’
o 080
0 370
o 82°0
azan Ay A9po, PLISUIINIT NEIINIIA
I9po eIg
sugrumes .
. ‘
episu
BUBIIXOTL L
[23 ‘“c
“‘ ‘cs
‘“‘s “cs
. ‘‘ “
" BUBILIOTUB HABDY
ovwoepıy kawewuy
snssofsodÄy snosny
‘‘
‘s ».
° snyfÄyde snderedsy
BSOJUSUTR]LF BIONA
BULIJO00S *“*
. BLIOS *‘
sruLIoJouayru **
‘ + sıprumuy
SUHOSALOA.LK
ss
‘s
° BUBOLIFB OOJY
OBRO9OBI[L"T
ozuefjf Iop eumwN
469
XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
*(ZIeM) “
‘(genöny) unaa
‘(pady) &
‘(ZIgW) eypropusures
‘(tady)
eIsnysoedsop] dep OygN Top UI
‘(mudy)
oysnysoIsoN AEp SygN Top ul
°(ZIeN) U9ACH AOy9STUBIogT
-(3sndny) oyorspusureg ‘owoy]
‘sepdwexm] s9I9pu®
"oumoy]
“203Ye[d
"OUNOST
“c
erutäre
‚uowmsy] Mur doIYeIg
‘odsouyf Aop Joel
a
“poyoınosme yyoru IYeId
‘gyejf sounıd ‘sodunl
"P0IS[ZINm MA
"ozyıdsuodsouyy
"7900Is[9Z.m MA
-I999e[g opunsad
'9zy1dg I9p uoA wo gg ‘opury
ozyıds Iop UoA
um 98 ‘sppFusgg sep Yıeyı “nymnyuepogl
{ ' sAy98Is
“s ““
wINSYBILIOAS UMWEUDOLEH
' snwAjef] S
° emopssead xofdııyy
owooae8eıpodoueyp
[23 [73
esoawu “
eLIBun?] xowmyg
owo9euosAktodg
esounsdtgna
' (sg soprom
-OUDBUL °T) BsoAIIU
. . . . . . [23 ‘‘
"-O14se[2 SnOLd
e8wo9e09rganN
‘‘ ‘cs [23
. [23 °‘ “‘
-oeruopefeg 'N “
. . . . . “‘
* 8998 ESnL
98eoauLweg1ag
SNIULI909 SNyFueweerH
' 89yuesıd BA0IınoF
° snurlfoag .
. *“‘
[23
' euerwjeg 9ABSY
Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
XXV,
470
‘(jady) uopmeyzeg roq oyeN
-(fady) puemsneg aouro 1oq oyeN
[23
-ugoyyepgg Yu orSoueg ur
"(ZIG '6) Uoyren) un gzuepjjden
‘‘ ‘“s [Z 3
‚(ze '6)
-(tunf °Ig) voten) wır ueyuods-qng
‘‘ ‘s [Z3 ‘‘ “ ‘‘
-(snöny) 901 *uoureg uop sne 9zuelJg
-(gsndny) used) wIEpP sn® 9Zue]Jg
°(ZIeW) OISNASOIOM
(ZIG) UOFIBH)USYISTUBIOG UP SB 9ZUR[ JA
-(sndny) SULULRPUSUNTBS
"gendny) “ “
(ZI) Uoyıen) wı ueyuodg
"SsIOsse A UEPUOUOIS‘UOFTZIES sop pueg
"puaqy we 5
"u9dIoN we ‘OO WOA HoM
-(asnöny '8z) 401 ounugpuaumeg
-(sndny 'cz) unad ‘erde, Ip ejF8og
-(enöny) yoıpoı “uspneyzgeg Iop OyeN
-(gsnäny) yaıfyoa ‘ueurfeg Jap [suey] Jorogny
-(ysnöny) SRLUypmeueg
“(gady) “ “
*(ZIB) uoureg dop [eueyy dodoemy
-(ZIR) uUoureg Up uUoA om YyoIN
-(gsndny '8z) 9unuppuouregs
MIR RR
C
Eerisk Scorer ssknaatnakınıs
n
Aa aaa aa aaa a a)
NND SOVNOLT-MT SOHN
VSOOHNNNTOODMMNOO A
n
o
a
armadad
- umaogf
-Tpou umweyqueÄıguesep
“ * wınIoll
„Ipou UMWOYFUBÄIQLIISOTL
SULIOFFENDUT
uUMWOYFUBÄIATUISOTL
"OULIOFIIBUTDB
umtwoyyueÄIqwuosoeN
" umurppe3sA1o
umMWOUYFUBÄIqTUOSOIN
" umurpjegsArs
umweyFuBÄIquosoT
OB99BOZIY
-suopuopds
° 8sooTnIF Bpeeng
‘s ‘;
‘;
‘‘
° eyemaruusA
"8poS
. [23
“ ey e[osfes
* BSOOIJTUIF
. ‘s
‘s .s
* BOIBAIOU BIULOHTES
-SEPIOHORNNIOd PUOTIO
a LL— mt ——LäLäLLLL—— nen
usguny.ıoude|
une
[93uoJs
N90ISJOZUIn Ay -uoynIgg TONS
7eJqJ99Gq
19po 1IuIA
9ZuURH] IPp aweN
E
471
XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
'9zuejJdos usgren) wT
‘odungoads odunf ‘YzuejjJded used wı
‘U9I1BH)
‘uU9418H)
‘Us 1eH
U9IIeH
“uoyaeH)
“u91eH
‘u9I1eH
a a BA het
-USIOUNFYONAıT Sdunf
-[OSUogIsusInIgT
-usJaen) wı ueyuodg
'9zuejJded used) wu
‘Zunpoy dop 1oq
uoyasTueI0q WEP sne ozuejqg
"uU9I99g Funds
uoypstuegoqg WEP sne ozuefjd
"uU9I99gT Sunıad
usy9sSTUBI0g WEP SNe 9ZUuBlFT
‚I0JIe[ 94249]
uoypdstuB40oq WEP sn® oZzuefjdg
ugsgyeig u ozyrdg
uoydstueIogq WEP sne ozuefjg
‘(gsnany °9T) Fyonag
uoypsıueIogq WEP sne ozuejjq
-(4snSny ’g) uoumpg
uoydstueIoq wEp sne uozueljd
«(genänYy 'gZ) UopFWUEN] 10 oyeu uemieg
o F9E°L
0 90°
umsoJrumA ummopdeydorf
re eyewped erery
989981 [eiay
’ winsootna} ummerdng
“vewdoztjjequun
UMABUIITFFO =
"suoprpueıd a
owsnpam Indey z
-SISU9TIBUB9 BIgqgoydny
oeoderqaıoydnqy
SIONZEURIUDS
eıpow snaMg
o®wo9eyyurqeıe]L
BUNI99 SIIBXO
BBO98BPIIEeXO
sıgsodna sureddej
soeooaepızaedden
siopnp euUouy
VOE9H9BU0UuUy
BIIOIP =
“‘ “s
®1PUB99P B99RJoJAyT
98998998[0o9Äyd
i ° wumIo]F
-Ipou umweoygusÄAIqweosopy
Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
XXV.
472
‘ogyanıyoq US4oUANFYyONnLT ‘oumper NeruH
-IOssawmuydmdT
um g ummoegdaooy ‘oumjg eJoyeguf
-IOSSIULUIANLT
wur zI umpmoegdeaoy “uedsouyuomig
‘emgedg odunp
“(mady_°6T) qOTaL TEIONOLdT
“(mady °T) gerag aodunf
“(zaep °g) SoJoryg SEP AonIs
"Zunf ogaLıy,
'9Z41 yomp IY[9MI9A SqaLL],
"OgaLL], Sdunp
-Zuns>IMNUFT AOJJoA UI 99499801UOMMIEL
“ [23 “cs
opr7s pun TORI
"IN[oMIOA 9Z4H
a9p ur ‘uogrer) UHLOSTUBIOI WOA OZURIJT
"I9MIOA 9ZH
A19p UI ‘U9ITEH) UHUISTUBIOA WOA OZUEJFA
"BSOINWOTTBA SNe OZuejJg Toulm uon
"zuejjdes
ordosT, ur ‘ozzLıy sne 9zuejjg deu uon
"BsoIquiofeA Sne ozuejJg deu uor
‚o[or4g pun aoyyejsf “usyıed wr ueyuods
‘“‘ [73 ‘‘ “
"UI94IB[T UPPpunsod UOA 9999504
-(öny '8Z) Te os ozuejjT ousssuodqy
ZUNTNITMFUTT 994819 (UOYIZURIFT UOA AONYRIA
"(aoqurogdog *g) eyyanay opoy
(tunf 08) uogousYyonıT odunp
uodunyLowogl
oyyanıT
aoınd
|
|
|
G
a
n
n
n
III aa a
SOLHOS SO 0 —i
SOSOSOSOOO9O00
[— JE — Zur — Br Br Bu u
ein 0 0Min
aaa
SOOo909009009
ypogsppzun ya, T[PFusJs | RIqyP9d
A9po [ozan Ay -uognjg [PS Aopo eg
eoepÄue vBıyundg
[23 [23
‘‘ ‘;
° xojdıypnur snyo9B90uryaF
snuodersI
snumuedioes
snuerAnIod
‘“c ‘‘
srtuospopden
° SNIIGEJSPURD ENALO/
89984989
° umeaogqae umaArAdodus
umye]]94s E
° UMXOJJOI S
. . ‘s
‘
*c ‘s
‘cs
' umwmxew ‘
umeTNISBI umMPos
° 89908] BINSSEL)
-snormqgum &
. ‘‘ [23
-uunIBTNOTqLO UOPAJAIO/
ORO9IB[NSSBIY
‘‘ ‘
; 8Iopula SIITA
voweoepıjeduvy
OZUrHAd Op weN
ee LTL—————————————————————————
475
XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
“c‘ [23
"eg 98 [osuf dep uoA [eduogsuemig _ | — | — |. oFE1 =
"gfounueso3 usumeg UHp uR “ToduegsuomIg — — | — Qi — "UmMeUTD909 WIMEL0WOUÄN
- veoowaıoydouejeg
uszuelJd | | |
USNIOTTOLIO YFyaru UA AoIgefg pun Joerg — a e. Ei u er Er “
"UOZURBIFT U9JA9T[OTIO UOA I99YeIg pun [or4g a === — o 590 a er gg BIOLA
"uogelzi], uesunl uoA 04YeIq — — = = oe “9° gut) erurdfeso®/)
| | v8esoulwns9a’
|
“(mp °IT) Syyonag opog o 99° — | — | — — x5 “
(re °6) | |
wo g‘T Fessowyamq ‘oyyanıy edunp o£0T | Zi — — — srunurWoo SnaLd
oB99esoy
"sınyeds odun == = | Se 0820 er « guoosegnd 7
‘([I9\L Jofeayuoz) = = o 90° Ex | = — = 5 ”
"(MOL dopegryog) A o 71 — = — — x e
-(aoqwısydaeg 'c) JyanıT opey 080% — —- = PR “ ee
‘(tunp '1g) umpmnoegdesog o 97°0 =— — — — 2 “
yIep pun opung “epnyedg oasyun — ——_ en 0 29°0 De: « «
‘(TIO,], Jofeayuaz) “ & — — = 0980 — ee “
‘(IIO,], JE78Y1I10Y) epnyeds eussyoemossny — | —. — o #90 > “e «
‚Sunf % = | Z= = 0 3g°0 — BOUTULOTODOTd «
a e e — | — — o Igo — SISEPOLOTTU «
2; ” ® — | = —_ 0890 — * BOLIOONOL ex
yeoxjotnyuo gn3 ernyedg er | =; — oFr0 — ° eygugongf &
"einyeds eI9puy en Sr ec | R 130 Ei ae “ 7;
"8 “ ar ale Er | 5 870 3 “ “
Sunf emyeds — e— — 0 98°0 E= ° STULIOUT
"GOLEL Ar, = rag o EL‘0 zit " eyeallquut =
"poa Jyonıy ‘TOL TOfest}IoM 0 9€E°1 —— — — == 2 e “
"oa “yonayT dep [Io], AOdouu] 211% PAR en ar #4 « « “
'oIyonIT UoFeAL 988} AEP [IE], AOfENITIIONT o Frl —— =, Bu ES « “ “
'oqyoniT uopoı 9867 Iop [Io], Aodouu] o 90 _— — —- —_ BE ge «
[77 [73 [77 TOL IAOTENIIION v 98°0 er Ze Dr Be ‘“ ‘‘ [23
"us4yonıFT uoreaun uoA [IS] Aodouu] 0 88‘0 on = Di Ze « « “
-I9SSEUTYIIN(T WO G‘T UoA umpn9e4deaayg o Fo un u Be a ut es ““ «
"epnyedg edunf == — = 0 69°0 = ° eorpur SnoLy =
Ex ger RN = " 030 BE Ber “ 7;
E = — 0 380 —_ suerdroop %
"OgALLL, Bu Zr er: 0 89°0 = “ * sorıpumdo eryundg
XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
474
‘(9061) ZI ‘IN !foden Ip "wegeur ‘0 'sıy 'og 'p "u 'Proy ‚Ip "ıpusg "wawauı a lı
“(wenıgeg 'Ig) Ossordg == = Nr #900 = “ ° eyepnolnre BILUTOLy]
‘(ZI °6) AOOL WOA om 4ydıNy — — | — — Bol ° * * soprowgLIyp epnuf
segyısodwon
‘(ady '0z) uaogyergt u ogoLıL = | Ze == | = “SOUL umUmqgeA
ewe9awıfoyradeng
‘(ze '6) eleIq Op us pururesen) Fear | == — == Lo sungıIeut Oodejueld
veo9oeuıdeygueig
‘yfes JoYyoIp Ayos = — =—— — = 6801 umyemgound 2
‘(gradyy) 998y uonaUu dep A0IYeIq — == = = ISolI " umYeTN.LIOS Fr
-("Iny'gz) ossoadg 99[PWuureso3 puaqy uy — — _ 00% — ser ” “
-("Any’gz) 98s01dg 9J9wUIBs93 uHdION WYy — — — #703 _ “ CH
(aenıgog 'gZ) 99sy uodunl aop ao9yeIgT — — — — FEol optqep wumaodoÄW
u oBwooawurıodoÄMW
'9jsy pun ao9yejg] HuLregjes yarwarz — — — 9303 — ° * 2PoJepy essnıepusn)
x v98e9eyyueday
"ossordg eg | . en 87 0 f m wa ne 81[0J
| -OBLABUIOOI BINSMOILIN
| | VBO9BUBIOR
‘99SYy A9p AoIyeIg] 99299 — | Z—— — — 1800 SUBOLINIF BIILIOFSUMOT,
ä e8we9wuLdeııog
‘ossordg m — = F0o1 — . ° BUBIPEMT, BWOOOT,
oewseowraenydoıdg
‘ogerız uodunl dop A9yeIgl — — — — 1800 "BUBSEBIBLB/) BIPUBDIM
v8eeo®8wjJÄydoıpÄyH
‘(yoro,L) eIIEO "IS UOA [osu] 7 = = x ol wnruowr
-uodumwmmgsog] TOMZ U0A JIoM — — — — 6508 ° * SEPIOLTBINIOJS OLYBIS
oswoeowurdequnfdg
"UIOIYELgT Yu OWIONT — —— — ZEo1l — ° ° * IJOPUBSIO WUNLION
| owoaowufkoody
a |909s[pzın MA, jodwags | Meqwaad 3 &
usduny.Louag] oyyanıyg | wong 19p0 Jozanyy -uognIgTToNg| AOpo Hulgl Ozuwyg| Op PueN
7 Te u
XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 475
Pantanelli ermittelte, daß die weißlichen Zellen von Sam-
bucus nigra und Acer negundo einen konzentrierteren Zellsaft besitzen
als die grünen, bei absterbenden Pflanzenteilen zeigt sich im allgemeinen
eine Steigerung des osmotischen Druckes.
In systematischer Weise untersuchte Cavara die osmotischen
Druckes sehr verschiedener Pflanzen und Pflanzenorgane in den ver-
schiedensten Lebens- und Entwicklungszuständen, und durch diese Be-
stimmungen wird erst klar, wie sehr das innere Milieu jeder Pflanze
und sogar jedes Pflanzenteiles für sich, je nach den Lebensbedingungen
sich ändert und wie die osmotische Konzentration durch die Stoffwechsel-
vorgänge verändert wird. Wegen ihrer Wichtigkeit seien diese Tabellen
hier S. 468—474 aus Botazzis Referat voll reproduziert.
In den Blättern oder Organen, welche sehr intensiv assimilieren,
sehen wir den osmotischen Druck bei den verschiedenen Pflanzen sehr
variieren und je nach dem Standort wechseln, in der Nähe von Salz-
lagern bis zu 33 Atmosphären steigen. Die folgende Tabelle gibt, aus
der Gefrierpunktserniedrigung berechnet, einige der Werte in Atmo-
sphären:
ENIGEBEMMOLESCENS r. . 0. 2 000 net er ae ec he RT 156842 Atm.
Haemanthus coccineus u Ne TE.
Tournefortia fruticans ee Meet
ma. 2 2 ea aan
Siiesien [Lena NT
Inula chritmoides a EN ee ENT
Bezenibularioides : . 2.2. ...205 mc BA ITD EN,
ee a ae Ne a a
Ficus rubiginosa . . . A EN er EN
Mesembryanthemum scitorme RER. POS EDS er
BeBile: "..,.. 200 020220 ern BAT = 16.1207 75,
Be asleubieosum „=. . : ... . ser. = 10205, 020,691 5
Pendant Adatoda nn ze IT EAST
Bei der großen Ungleichheit der verschiedenen Werte ist doch eine
gewisse Gleichmäßigkeit zwischen den Arten einer Gattung vorhanden,
besonders wenn man ein und dasselbe Organ in Betracht zieht, ebenso
wie dann wieder zwischen Gattungen derselben Familie. Diese Verwandt-
schaft in den Werten für den osmotischen Druck ist der Ähnlichkeit der
ökologischen Anpassungen zuzuschreiben. Saftige Pflanzen haben einen
weniger konzentrierten Saft als fette, aber der osmotische Druck auch
jener wird stark in die Höhe geschraubt, wenn sie auf sehr salzreichem
Boden vegetieren !); Mittelwerte des osmotischen Druckes werden von
Pflanzen mit sauren oder alkalischen Säften gegeben, wie von Poly-
gonaceae, Rhammaceae, Oxalidaceae, Rosaceae usw. Die ökologischen
Anpassungen bedingen aber osmotische Druckwerte, welche sich mit
einer gwissen Konstanz erhalten, auch wenn das betreffende Exemplar
auf andere Standorte übersiedelt; am interessantesten verhalten sich
nach dieser Richtung die Halophyten, welche überhaupt die höchsten
vorkommenden Drucke aufweisen. Im allgemeinen stammen bei allen
Pflanzen die niedrigsten Werte von Pflanzen oder Organen, die im
Frühjahr untersucht wurden, die höchsten von solchen, die im Sommer
oder Herbst gesammelt sind:
1) H. Fitting, Die Wasserversorgung und die osmotischen Druckverhält-
nisse der Wüstenpflanzen. Zeitschr. f. Bot. 3, 209 (1911).
476 XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
März— April Aug.— Sept.
a Se Er SEP [Een es a er
Atriplex crassifolia . TER rn, 7 _ A= 5258
Halochnemum strobilaceum cn RE EhluN in
= a DE a AS IEL 0 = lan
Y ” EBEN: | . — Ssn08
Arthrochnemum marecostachys . . - » » - srl Dr
Obione portulaccoids . . - ... - - - - NW ea
Salicornia herbacea .... nl.mcmi nn Ra Da „= 4209
% ” a | a a Br...
Ri y a Ara Eu a
= FrIrbicosa u N a a — 0 A
Balsoleı Ka 0 a EB re ee = —
.: ER N ae a ” ——
Y Soda... en ee — Bel)
u. da VARTMEUTBER. Se ae ren era, „as
i % EEE ENT a a — „= dere
Suaedsirubleosarır .» Em er BE r —
” BE a Wa a a ERN 5 —
„> ysZ= 4,04
55 % a ERTEILT — Ben...
>? HEBISHdORS = warn ea Are r — „ =
Sehr große Saftkonzentrationen, wie die von Salicornia (A —= 6,62 9),
werden auch durch die rötliche Färbung dieser Pflanzen angedeutet
und es ist ja bekannt, daß auch im Experiment auf Zuckerlösungen
schwimmende Blätter Anthokyanbildung zeigen. Da Anthokyan ein
Gerbstoffderivat ist, erscheint es wahrscheinlich, daß unter dem Ein-
flusse der hohen Salzkonzentrationen im Zellsaft vielleicht eine Kon-
densation organischer Komponenten zu dem roten Zellfarbstoff statt-
gefunden hat. Die von anthokyanhaltigen Organen resultierenden kryo-
skopischen Werte sind unter sonst gleichen Bedingungen immer höher
als die von grünen Pflanzen erhaltenen:
| Grüne Organe | Rote Organe
Halochnemum strobilaceum ah = Ta N —E8508
Salicornia fruticosa . 462 u rAS
.. herbacea ea ‚> 6b
Der osmotische Druck ist erklärlicherweise stark von Ernährungs-
verhältnissen beherrscht; am Morgen, vor Beginn der Assimilation,
sind die Werte andere als am Abend. Ferner verändert die Transpiration
den osmotischen Druck. Begreiflicherweise ändern sich die osmotischen
Drucke, je nachdem sich die Pflanze im Licht oder im Dunkeln ent-
wickelt. Ich konnte darin Verschiedenheiten erkennen, die auch durch
das mikroskopische Bild ergänzt wurden, also z. B. je nachdem in den
Zellen Aleuron (a in Fig. 181) oder Asparagin (A in Fig. 182) angehäuft
war, oder fortschreitende Steigerungen im osmotischen Druck, wenn beim
enzymatischen Abbau die Stärkekörner in aufeinanderfolgenden Stadien
der Korrosion (Fig. 183) gesehen wurden. Turgeszente Blätter von Sedum
maximum ergeben A = 0,40, verwelkte A = 0,58, frische Stiele dieser
Pflanze haben A— 0,42, verwelkte 0,70°, frische Äste von Cereus Napoleonis
A 0,40 ®, verwelkte 0,57°. Mit der Reife der Früchte nimmt der osmotische
Wert regelmäßig zu (bei Pirus communis vom 9. Mai A = 1,031 ° bis zum
Juli A = 2,460) oder ab (Citrus medica A der Frucht von 14 mm
XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. Ale
Durchmesser = 1,386 °, der reifen Frucht = 0,690°). Oder es kann der
osmotische Wert (bei Vitis, Opuntia), nachdem er allmählich zugenommen
hat, plötzlich auf einen ziemlich hohen Wert springen, wahrscheinlich
indem lichtchemisch eine Zerspaltung osmotisch unwirksamer Inhalt-
stoffe in solche von osmotischer Potenz bei der Reife stattgefunden
hat. Auch über die elektrische Leitfähigkeit von Pflanzensäften liegen
Versuche vor; es wurde gefunden, daß die spezifische Leitfähigkeit von
Säften aus Pflanzenwurzeln immer beträchtlich geringer ist als des aus
oberirdischen Pflanzenorganen stammenden Saftes. Auf Anregung Bo -
tazzis unternahm Nicolosi eine Reihe solcher Bestimmungen
und fand: bei dem ausgedrückten Saft von Keimwurzeln von Rieinus
communis mit zwei kaum entwickelten Keimblättern war A = 0,415,
K 355° = 117,9 - 10%; wenn die Pflänzchen außer den Keimblättern
auch die zwei ersten Blättchen entwickelt hatten, war A = 0,68°, K ,.5°
— 104,7 - 10%. Hypokotyl derselben Pflanze mit kaum entwickelten
Keimblättern K,,,,;’ = 91 - 10%, Saft des Epikotyls mit Plumula
Kyı5 — 12512109 Sakırdes
Hypokotyls mit entwickelten
Keimblättern und ersten Blätt-
chen .A——0,45517 Ra 20 l67
- 10#, Saft des Hypokotyls vom
Einsetzen der Keimblätter 6 bis
Fig. 181. Zellen mit Fig.1°2. Asparaginin den Zellen Fig.183. Durch enzymatischen Abbau
Aleuron. etiolierter Keimpflanzen. korrodierte Stärkekörner.
8cm abwärts A =0,77° K,,;' = 169 - 10-#. Saft des Stammes (Holz und
Mark) von Cacalia anteuphorbium A = 0,69 °, K,;’ = 118,7 : 104. Saft
von Rinde und Bast K,,° = 118,3 - 10. Milchsaft von Euphorbia helios-
copia K,,,;' = 233 - 10. Milchsaft von Ficus sicomorus K,,,;' = 93,9
-10-4, Saft der Blätter von Gasteria maculata A —=0,28°, K,,’ = 63,6: 10,
Saft des Stammes von Bulbine frutescens A = 0,03, K,,' = 185,4 - 104,
Saft der Blätter A = 0,45°, K,,' = 118,3 - 10%. Es besteht also eine
große Verschiedenheit der Werte der Gefrierpunktserniedrigung und
der elektrischen Leitfähigkeit, je nachdem der osmotische Druck des
Saftes vornehmlich von Elektrolyten oder von Nichtleitern herrührt.
Mit Hilfe des osmotischen Druckes, welcher auf semipermeable
Membranen (Fig. 184) ausgeübt wird, wäre es vielleicht möglich, die
quantitative biochemische Analyse der Mineralsalze zu vereinfachen.
Möglicherweise ist dazu das von K. Rosenberg zu Demonstrations-
zwecken angegebene einfache Osmometer (Fig. 185) geeignet!).
1) K. Rosenberg, Experimentierbuch für den Unterricht aus Naturlehre.
Wien 1912, p. 77.
478 XXV, Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.
Bei dieser Gelegenheit sei auf einen von mir konstruierten Apparat
(Fig. 186) aufmerksam gemacht, welcher zu quantitativen Messungen sehr
geeignet wäre, wenn es gelänge, etwa nach dem Vor-
Fig.184. Semiperme- Fig
gange von Pfeffer oder von Morse und Horn!), eine
dauerhafte semipermeable Membran herzustellen. Bei
vielen ernährungsphysiologischen Versuchen mit einer
Salzlösung ist es von Wert, den Be-
trag des durch das Wurzelsystem auf-
genommenen Salzquantums einfach
und schnell zu bestimmen. Ein
zylindrisches Gefäß trägt eine Glas-
platte, die in der Mitte eine weitere,
in der Peripherie eine Reihe kleinerer
Bohrungen besitzt; die weitere Boh-
rung trägt einen Kautschukstöpsel,
in den eine feingraduierte Meßröhre
5 3 eingesetzt ist, welche ihrerseits wieder
. 185. Rosenbergs
able Membran nach semiperm. Membran (E. luftdicht in einer Tonzelle 2 befestigt
Pfeffer.
M= Manometer; Z= M
Thonzelle.
Heilpern del. - : :
= en Has ko. Ist; dieser letzteren wurde vorher die
lodiumgefäß. semipermeable Membran eingelagert
(sei es, daß sie mit Kupferchlorid
gefüllt in Ferrozyankalilösung eingetaucht worden war, sei es, daß durch
die Lösungen der elektrische Strom durchgeleitet wurde, wobei die
Fig.186. Grafes Apparat
zur quantitativen Bestim-
mung der Entnahme von
Mineralstoffen.
') Morse und
beiden Lösungen, innerhalb der Tonwand miteinander
in Kontakt geratend, das Ferrozyankupferhäutchen
bilden); die äußeren peripherischen Bohrungen dienen
zur Aufnahme der angekeimten Samen, deren Würzel-
chen durch das Loch in die Nährlösung eintauchen, der
freibleibende Raum wird mit paraffinierter Watte oder
dergleichen gedichtet. Das zylindrische Gefäß sowohl als
auch die semipermeable Zelle sind mit derselben Lösung
gefüllt, die in der Meßröhre zu Beginn des Versuches
bis zu einer bestimmten Marke reicht. Das ganze
Gefäß samt Pflanzen befindet sich unter einer Glocke;
die Verluste durch Transpiration können bei länger
dauernden Versuchen ersetzt werden. Nehmen nun die
sich entwickelnden Pflanzen Mineralstoffe aus der
Nährlösung auf, so sinkt die Konzentration im Kultur-
gefäß im Vergleich zur Konzentration der Lösung
innerhalb der Zelle; es erfolgt also in diese von außen
eine Wassereinströmung, der aber nur das Wasser
folgen kann, nicht die gelösten Stoffe, bis sich ein
Gleichgewicht einstellt; mit fortdauernder Mineral-
stoffentnahme wird das Gleichgewicht wieder ver-
schoben und die Höhe der Wassersäule in der Meß-
röhre S bei Abbruch des Versuches gibt die Menge der
aufgenommenen Mineralstoffe an, da ein Parallelis-
mus zwischen der Höhe der Wassersäule und der
Menge der verschwundenen Mineralstoffe besteht. Es
ist nur notwendig, ein für allemal durch quantitative
Horn, Amer. chemie. ‚Journ. 26, 89 (1901); Morse und
Frazer ebendas. 28, 1 (1902), 34, 1 (1905).
XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 479
Analyse die Parallelität dieser beiden Meßwerte zu bestimmen, um zu
absoluten Zahlen zu gelangen. Selbstredend ist diese Methode nicht nur
für einzelne Salze, sondern für jede Nährlösung anwendbar, wenn einmal
das Zahlenverhältnis zwischen Wasserhöhe und Mineralstoffentnahme
dafür tabellarisch festgestellt worden ist. Es ist auf diese Weise auch
möglich, die von Monnier und Deleano und anderen Autoren
festgestellte Wanderung von Mineralstoffen aus der Pflanze in die Nähr-
lösung zu verfolgen und sichtbar zu machen; durch entsprechende
Wägungen des ganzen Apparates ist es auch hier notwendig, den Betrag
der Transpiration festzustellen. Eine große Schwierigkeit besteht aller-
dings in der Herstellung der halbdurchlässigen Membranen, eine Schwierig-
keit, die zu überwinden mir erst in ganz wenigen Fällen gelungen ist.
XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren.
Sehr häufig kommt man in die Lage, die Reaktion von Säften oder
Ausscheidungen gegen Indikatoren zu bestimmen; im pflanzenphysio-
logischen Laboratorium sind aber in der Regel nur die von der Maß-
analyse her gebräuchlichen Indikatoren in Verwendung, während die
Säfte häufig von einer solchen Beschaffenheit sind, daß uns nur andere
Indikatoren Anhaltspunkte zu ihrer Beurteilung geben können. Aus
der folgenden Tabelle können wir durch Vergleich die H+-Ionenkonzen-
tration des zu prüfenden Saftes innerhalb enger Grenzen ermitteln.
Wenn wir eine Säure mit einer Lauge titrieren, soll uns der zugesetzte
Indikator den Punkt anzeigen, wo wir die genau äquivalente Menge der
Base zugesetzt haben und umgekehrt; aber der Aquivalenzpunkt ist nur
bei starken Basen und Säuren mit dem Neutralitätspunkt identisch,
wenn also Säure und Base die gleiche Dissoziationskonstante besitzen ;
anders, wenn Säuren und Basen verschiedener Stärke sich miteinander
zur Salzbildung vereinigen; das entstandene Salz ist dann wohl chemisch
neutral, reagiert aber sauer, wenn die Dissoziation der Säure überwog,
alkalisch, wenn die der Base stärker war. Kennen wir die Dissozia-
tionskonstante von Säure und Base, so können wir für jede Konzen-
tration der Salzlösung den dazugehörigen H+-Ionengehalt berechnen.
Titrieren wir z. B. die schwache Borsäure mit der starken Natron-
n
10
lösung rechnerisch ermitteln. Die Hydrolysenkonstante von NaBO,:K —
lauge !), sokönnen wir den H+-Ionengehalt einer Natriummetaborat-
a, k-Wasser = 1,2 - 10-29 (25° C), k-Borsäure = 1,7 - 10-12
2
25%); K = ar a — Hydrolysengrad, c = molekulare Konzentration
der Salzlösung. En DEE
ce k-Säure Sauter, ne
Ben _ V !-Wasser x k-Säure ae V 1:2x 109: 1:7x10°
Con Feet 10-:
Gr 2 le lo
ı) Nach H. Friedenthal, Methoden zur Bestimmung der Reaktion tieri-
scher und pflanzl. Flüssigkeiten, Abderhaldens Biochem. Arbeitsmeth. I, 541.
480 XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren.
CHaı+ 2n N | N N N N n N
g in ccm 10-3 > | 1 Vase a I 10=3 1077 10 20%
| | | i
lizarin .. u 202 8 rün- E— rn == — —, bräun-
u, Salk | lichgelb
AlizarinblauS... .: . bräun- gelblich, — B: = r Be >
lichrot | fast
farblos
Alizaringrün B.... lila fleisch — — — = e> =
rot
Alizarinsulfos, Natron . | gelb- | — _ — _ = braun rot
grün
Bikslierun ua alas dunkel-| grün — _ — hell- schwach ganz
grün grün | hell- | schw
grün hell-
| | grün
Aalkanımn 20 By. rosa | — _ _ _ u =
j Br _ | 2
Azolithmin 2 22.08 rosa | — — _ _ — —_ rosa,
| Stich
| violett
Benzopurpuriu B blau blau- [violett — rot- rosa |] gelb, =
violett violett Stich
rot
Bittermandelölgrün . . | gelb- _ grün |} blau _ _ _
braun
—- | -
Cochenille. .. „2... gab a _ _ E= bräunl.|| lila
| rosa
KRONE de ee blau r082 — _ -- — - -
Quzeumem. . 2..% lila rot- gelb | = — E= = = -
orange
DIaNIE N se Birblos]| ‚era _ u — =
A BEN: me
Dimethylamidoazobenzol| him- | — _ —_ fleisch-[|| gold- _ —_
beerrot | farben || gelb
ECHIROL.E N Eat ee gelbrot| gelb- rot — Se -_ —
braun |
Eosinmethylenblau. , grün hell- blau | — blau- _ | — —_
blau | violett |
XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren.
481
N N N N n n N N In
10-19 | 10-11 | 10-2 | 10=13 | 10-4 | 10-3 | 0-16 | 10-7 | 10-8
blaßlila lila —_ — — violett| — blau, | blau —_
Stich
violett
grün- ‚schw. — grün _ violett || blau blau- | grün en zB
lieh | grün grün nennen
sehr schwach.
N: _ r — — bräun- !bräunl., — — —
lichgelbf| dann |
grün |
| u | er 2 ze lila [violett — — = =
Spur E E= E= _ —; | Sarhlaae —
grünl.,
dann |
| farblos
== — rot- violett || blau — — | — er —
violett | |
violett || blau- | blau dz — — 0 — = _
violett |
|
— — — —_- | — — — rosa —_ _
| |
_ — E - — blau, | blau, |[farblos — —
dann |schnell
heller | farblos
2 En Br a a — en | — ).— . ‚Gesättigte Lösg.,
| | | 2 Tropfen.
— —_ — — — — rot- [violett — _
violett
an Ss = —- —= — '— |bräunl.-|| grün- E
rot lieh
Spur || violett 23 e = =. — — =
hell- blau | |
blau, |
fast |
farblos
-— | ui
B 24 u 2£ er en = — = Sehr verdünnte
| | Indikatorlösg.
en we u Br 5 Ei PER u Ben a Rotfärbung nach
der alkal. Seite
| immer dunkler,
2 Tropfen.
| er in se — — — violett || lilarot | _
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 3l
482 XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren.
CH+ 2n n a n | n n
g in cem i0= | 10# | = | 95 | m ua | 10-3 | 109
Fluoreszein ...... grün- Zu | = grüne
gelb | Fluoresz,
| | |
Gallen N orange — — gelb | gelb, orange-| rot rot,
Stich rot Stich
| rot violett
I
Guajaktinktur. .. . . farblos — | — — _ .- E= | _
amaleine: au him- rosa grün- | grün- _ grün- —_ | bräun-
beerrot lich- | gelb gelb lich,
grau | dann Stich
grau rot
ahaskhin TV. 2. 2%: rosa | orange — — — le | —
em | i ER:
Hrhantiın II... rosa || grün- — - — — E= | —
gelb | |
Andenan. . 2.2... grün- || rosa _ — Be: — En
gelb
Konsarot „2. 2,2 5%; blau — _ u _ violett || schar- —_
lachrot
Baker u... 40.0. r098 | — — — — |). — mioletkı aelar
| | blau
| |
Magdalarot : .-... . - gelb | rosa | -- _ Be: | = Br
| zenz
Mauren. 2... gelb grün || grün- || blau [|violett) — — —
blau
Methylgrün. grün- A grün || blau | — — — =
gelb |
|
Methylorange . . rosen- — le orange-||orange| gelb —
rot rot
Methylviolett . . gold- || zeisig- || grün- || blau [[violett — — —
gelb grün blau
#-Naphtholbenzoin . .
gelb
bräunl.
a ua
XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 483
n n n n | n |ın n n In
10 | 100 | 102 | 108 | WR OS pe oe | ne
| | | |
20 a Er IE a Rn 3
| allmanj.| violett
braun
- grün- =. = | — — — _ — | —
gelb | | |
hell- || violett|| rot- ee rot- |Idunkel- dunkel- |dunkelr.,|]| plau- | Die meisten
lila violett [| später || violett,|| rot, rot, BUaNEE violett' Farben sind
rot- |jschnellfl violett | später dann’ nicht lange be-
braun || braun ' braun |gelbgrün ständig.
| rg fe ee T
— — a — orange- rot | — En —_
| | rot
= - er u ee 2
| | gelb |
| I
—_ —_ ee _— _ 2 Rosafärbg., all-
| mähl. stärker.
Zu - -| 11-1015 =
| | | |
blau, | blau | — Pe ERW — | 1. Allmssber
Stich | | | gänge, keine
violett | Umschläge.
lila
blau,
sehr
langsam
rot
violett-| gelbrot
Färbungen in den
drei letzten Kolon-
nen verblassen all-
mählich.
allmäh-
lich
blau, hellblau, farblos
sehr |
schnell
|
|
|
|
|
heller | farblos farblos |
farblos
Sehr verdünnte In-
dikatorlösung
50 mg auf 100 H2O,
sonst Umschläge
unscharf.
violett, ||violett,
langsaml|sehnell
farblos |[farblos
farblos
| grün | grün-
blau |
”
484 XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren.
CH+ 2n n | n n n n n n
g in cem 10? | 107® | 107% | 1076 || 10% |. 1077 | De
Meutralret. „.. Zen. eyan- |} blau- || him- — _ — — —_
blau |} violett [|beerrot
p-Nitrophenol .. . . . farblagıl, » 5) 0 Meer ae a — hell-
grünl.
Phenacetolin ..... gelb _ —_ -— _ bräun- | bräun- || rosen-
lich- | lichrot rot
gelb
Phenolphthalein.. . farblos | — — — _ —_ — —_
Bosolsaure2.,..2..... gelb — Zr an hell- Er er a
bräun-
lich
PRERBBIN a ae er blau lila || rosen- — = = — =
rot
Säurefuchsin. . . . lila | lilarot —_— | — _ _- — —
Tetrabromphenol- farblos — | — - —_— | — — a
phthalein . |
|
E Ed SPERERBIEFTSRH |
Thymolphthalein. . . — — = = — —- = —
le: |
IEODADIMEN. 722.0 tea sed, rot- |ifleisch-|| gelb — _ — — Bone
violett || rot |
ropaolin: 0:7. =. sm gelb — _ — E — grün- —
| gelb
ii
Tropßelin 00... ;: - rot- | — him- |[fleisch-[| gelb — _ ai
violett | beerrot|| rot
Tropäolin 000... . . ros4 gold- —-— | — _ — = ar
gelb |
Trinitrobenzol. .
XXVI Reaktion von Sätten gegen Indikatoren. 485
N n | N 7) N n n N IN
10-10 10 u | 10-12 10-13 10-14 10-15 10-16 10-17 10-18
l
rosen- ||orange| gelb N — — E — = =
rot | |
i | IE
grun- — I - _ — I u — ===
gelb | |
a e | | |
| — = ,\ —. .[vielett-| violett, farblos‘ — _ _
| rot |langsam
| | heller |
_ _ rosa rot — —_ _ | rot, |jrot ein- Verdi Lone:
Sons 1ederschla
schnell [[fallend, i. starken ee
farblos || darauf | Stufe 8 mit ein.
gleich TrepfonTarbiosuhei
% T. 4usatz ganz
farblos een Sr
rosa | rot | — | — — — | — rot, | rot, u
| | l langsam] schnell
| | | heller | farblos
| | |
| |
| |
— — — — — — _ — violett —
2 Kae 2 TE | | 3 F ” T -
2 es — lilarot,, — |blaßlila,llila ein-| farblos| — =
| lang- später | fallend, |
| sam | farblos | später
| blasser farblos |
z je BEE a RE Br ie
|
== _ violett — = == | violett, | violett, || farblos Stufe 8 bei weit.
| langsam schnell Zus. schwach
| farblos farblos | violett.
— — — hell- blau — _ — blau, =
| blau schnell
| farblos
—_ fleisch-[| rosen- u — | _ —_ _ — —
| rot rot | |
| F SE a 3 | 5
= — — = = orange| rot- — =
| orange
Be | 2 | _| |) 0] Mo 4
| | | | farblos
Tee | | |
— == E — == orangelorange- — — ——
| rot
— — - —_ — E orange|| rot- fast —
orange || farblos
YsejyaswnuagJeg J9p a]jaqgeL
01
479701A u ir pre _ = = a 2 = = | = > = en ı| "em neq "uruB.ıJeS
rn ee or RR arora | HeIorA nejq |urındandozuag
ä E - = [= | 2 120g | ve Pete < oa] Mai |
sojq1rz | OFURBIO | „gunıo sorgaw 4 va - = ng ai. Er - = - sojq1eF |’ [JOzuaqoAayıuLL],
48%} -101 ar8}
er 9DURBıo q[93 => er ee q193 er A a se = 93 * 0 uoedoa
vz — le end erg an = | -una8 qı 0 uoydoxz,
a nerg | g er je e2 = Ye _. 7 gp8 ° uIozuogq
= ze Er u -unıS | u =- Er Fe 6 „uneig -[oygyden-®
TGIRFaRp Sogar Six Ki za : ° uropeyyyd
er ea — | m | m | | ml S Bu -0uoyd
-upo Jos) ‘oA u =
sopqawz Aao]joy en un: ° Dumas
— | puyas, 'sduef 25 >= I =} 4041 BSOI EN zu => > = Ze qpo8 -[OSOY -ULIBZIIY
Hol or u BR ö ER a > S
unı3 |uoyen soınes
= == — 1797J01A at = 2 > 7 you uneIgq Er = Ze = = -q[83 -oJJasuLIteziYy
— — — - — —_ — — _ —_ SR yojorA | nerq — — — neJq * 20105U0]}
= = = Keuet) 5 = | =
0; 2 neIq E) r i :
30147]03 m R = — _ = — _ _ — 63 — |»oporA| nerq | -unız un. qla3 | uUIDANUN
m : | En: w TUR ot -0T,
Me s-OR | 91-0L | sr-OT | v1-0T | 8r-OT | s1-0T | 1-0T | or-OT | 6-OT | 8-08 | 2-01 R 0-01 | a-0T | »-01 |+H° ‚ +9 10yeyıpu]
i | | | .
LT ===
XXVII. Anhang. Die Herstellung von Normallösungen. 487
Wir suchen daher bei Titration von Borsäure einen Indikator, welcher bei
Cu+ =1 - 1071!eine möglichst scharfe Farbenänderung erleidet. Die vor-
stehenden Tabellen (S. 480—486) von Salm und Friedenthal geben Indi-
katoren für alle möglichen H+-Ionenkonzentrationen an, der Doppelstrich
bezeichnet den scharfen Farbenumschlag, und durch Verwendung solcher
Indikatoren, welche alle im Handel zu haben sind und deren Bereitung
in dem kleinen Buch von F. Glaser, Indikatoren der Azidimetrie
und Alkalimetrie, Wiesbaden 1901, nachgesehen werden kann, ist es
leicht möglich, den H+-Ionenkonzentrationsgrad des zu prüfenden Saftes
zu erkennen. Bei der Schärfe der Indikatoren ist es natürlich nicht ge-
stattet, die betreffenden Pflanzenteile etwa mit Glaspulver oder mit
Sand zu zerreiben, da von beiden Medien an den Saft lösliche Bestand-
teile abgegeben werden, welche auf die Indikatoren wirken. Man muß
das Zerreiben für sich in der Achatreibschale vornehmen. Linsbauer
und Grafe verwendeten für die Aziditäts-, respektive Alkaleszenz-
prüfung der ausgepreßten filtrierten Säfte in Vergleichsproben gleich-
große (5ccm fassende) mit eingeriebenem Stöpsel verschließbare Röhrchen,
in die je die gleiche Menge Saft und drei Tropfen der Indikatorlösung ge-
tan wurden. Nach dem Durchmischen wurde die entstandene Färbung
gegen eine weiße Unterlage kontrolliert und mit dem nächstliegenden
Ton in den Raddeschen Farbentabellen verglichen.
Indikatoren mit sehr scharfen Umschlägen sind Dimethylamido-
azobenzol, Neutralrot, Rosolsäure und Thymolphthalein. Starke Mineral-
säuren können mit ätzenden Alkalien und alkalischen Erden gegen Methyl-
orange sowohl als gegen Phenolphthalein und Lakmoid titriert werden,
aber die Laugen müssen bei Lakmoid und Phenolphthalein frei von
Kohlensäure sein, wenn nicht in der Hitze titriert wird, wobei die Kohlen-
säure entweicht. Die stärkeren organischen Säuren, wie Oxal-, Milch-,
Wein-, Zitronensäure, lassen sich nur gegen Lakmoid oder Phenolphthalein,
schwache Säuren nur gegen letzteres titrieren. Ebenso sind bei den starken
Basen, den Hydroxyden der Alkalien und Erdalkalien alle drei Indika-
toren anwendbar, bei Aminbasen und bei Ammoniak nur Methylorange,
allenfalls Lakmoid. Bei kleinen Mengen Alkaloiden verwendet man am
besten Jodeosin (außer bei den Chinaalkaloiden), dessen Umschlag
(Säure — orange, Alkali — kirschrot) scharf wird, wenn man die Titration
im Schüttelzylinder bei Gegenwart von Ather ausführt (2 mg Jodeosin
auf 1000 ccm säurefreien Äthers); für Chinaalkaloide eignet sich Häma-
toxylin in alkoholischer Lösung 1 : 1000.
XXVI. Anhang. Die Herftellung von Normal-
lösungen.
Unter Normallösungen, wie sie in der Maßanalyse verwendet
werden, versteht man Lösungen, die im Liter ein Grammäquivalent
(bezogen auf H = 1) des betreffenden Stoffes gelöst‘ enthalten. Z. B.
Salzsäure HCl: eine normale Salzsäure enthält das Molekulargewicht
von HCl = 36,5 g im Liter gelöst, entsprechend 1 Grammatom H;
Salpetersäure HNO, ebenso 63 g HNO, im Liter, Schwefelsäure H,SO,
98
ein halbes Grammolekül H,SO, = —
ae entsprechend einem
488 XXVII. Anhang. Die Herstellung von Normallösungen.
Grammatom H, im Liter gelöst. Kalilauge KOH enthält 56 g Ätzkali
im Liter; Natriumkarbonat Na,CO, ein halbes Grammolekül Na,CO,
106
I
ganats KMnO, zu bestimmen, müssen wir auf seine Wirkungsweise
zurückgehen, welche durch die Gleichung ausgedrückt ist 2KMnO,
— K,0 + 2MnO + 50. Zwei Grammoleküle KMnO, entwickeln also
5 Grammatome Sauerstoff, entsprechend 10 Grammatomen Wasser-
A 15
stoff, und !/, Grammolekül KMnO, =: en — 31,63 g entwickelt
5)
1, Grammatom Sauerstoff, entsprechend 1 Grammatom Wasserstoff.
Wir müssen also 31,63 g KMnO, im Liter auflösen, um eine normale
Permanganatlösung zu erhalten. Da die normalen Lösungen vielfach zu
stark sind, bereitet man durch a: der halben, zehntel, zwanzigstel,
a a
hundertstel Menge 2’ 10° 20° o
Als molar e Lösungen bezeichnen wir die Auflösung des Molekular-
gewichtes im Liter ohne Rücksicht auf die Äquivalenz. Es ist klar, daß
l ccm einer nHCl einem Kubikzentimeter jeder anderen Normallösung
äquivalent ist, nicht aber z. B. 1 cem molarer HCl 1 ccm molarer Ba(OH),,
denn beide beziehen sich nicht auf dieselbe Äquivalenzeinheit, während
alle normalen Lösungen auf 1 Grammatom Wasserstoff bezogen
sind.
Alle Normallösungen der Alkalimetrie und Azidimetrie stellt man unter
Verwendung von besonders gereinigter und getrockneter Soda her, einem
Salz, das leicht absolut rein hergestellt und unzersetzt aufbewahrt werden
kann. Um z. B. eine normale Salzsäure herzustellen, verdünnt man reine
konzentrierte Salzsäure mit Wasser unter Verwendung eines Aräometers in
einem hohen Zylinder bis auf zirka 1,020 spezifisches Gewicht'!). Nun wägt
man in einem Wägegläschen mit eingeschliffenem Stöpsel diejenige Menge
der reinen, getrockneten Soda ab, die ungefähr 35—40 ccm der Säure
entsprechen wird (1000 cem nHC]l entsprechen 1000 cem nNa,CO,,
also einer Lösung von 53 g Na,CO,, daher entsprechen 40 cem nHCl
einer Menge von 2,12 g Na,CO,). Man wägt also auf der analytischen
Wage eine Sodamenge ab, die um 2 g herumliegt (lieber etwas weniger),
löst sie in einem Becherglas in zirka 100 ccm destillierten Wassers auf,
fügt 5—6 Tropfen Methylorange hinzu, bis die Lösung ganz schwach
gelb erscheint, und läßt die Salzsäure unter beständigem Umrühren aus
der Bürette zufließen bis der Umschlag von Gelb in Orange erfolgt,
liest den Stand in der Bürette ab und fügt einen oder zwei Tropfen der
Säure hinzu, bis eben die Rosanuance auftritt. Angenommen wir hätten
zur Titration von 2,1132 g Na,CO,, 39,20 cem Salzsäure gebraucht. Wäre
die Säure richtig normal gewesen, so hätten wir 39,83 cem nach der Propor-
—53g. Um die Menge des im Liter zu lösenden Kaliumperman-
Lösungen.
!) Den Gehalt einer Salzsäure an Chlorwasserstoff in Gewichtsprozenten er-
fährt man, wenn man ihr spezifisches Gewicht mit dem Aräometer bei Zimmer-
temperatur bestimmt und die beiden ersten Dezimalen mit 2 multipliziert. Zeigt
also die Salzsäure z. B. das sp. G. 1,02, so enthält sie 4°/, HCl, eine Säure vom
sp. G. 1,15 ist 30 prozentig ete.; bei Kali- oder Natronlauge lautet diese
empirische Regel noch einfacher, hier drückt die Zahl hinter dem Dezimalpunkt
(die Mantisse) direkt die Prozente KOH etc. aus, so daß also eine Kalilauge
vom sp. G. 1,01 ein Prozent KOH enthält, eine solche vom sp. G. 1-19 ca. 20°/,
u. #. f. nur bei den höchsten Konzentrationen ist die Übereinstimmung mangelhaft).
XXVII Anhang. Die Herstellung von Normallösungen. 489
tion 53,05 : 1000 = 2,1132: x verbrauchen müssen. Da wir nur 39,2 ccm
verbraucht haben, ist unsere Säure zu stark, wir müßten also Wasser hin-
zufügen. Gewöhnlich tut man das aber nicht, sondern berechnet folgender-
maßen den Faktor: da 39,2 ccm der von uns verbrauchten Säure 39,83 ccm
exakt normaler entsprechen, so entspricht 1 ccm unserer Säure x cem exakt
normaler, nämlich 1,01607 ccm. Mit dieser Zahl müssen wir also jeden
Kubikzentimeter der von uns hergestellten Säure multiplizieren, um den
exakt normalen Titer zu erhalten. Diese Zahl wird also als ‚Faktor‘
auf die Säureflasche geschrieben. Um eine n-Natronlauge (40,06 g NAOH
im Liter) herzustellen, wägen wir auf der Handwage 46 g reinsten Ätz-
natrons (selbst dieses ist immer mit einer Schicht Natronkarbonat
überzogen) ab, lösen in 1000 ccm Wasser und lassen die Lösung eine Stunde
neben der eben hergestellten n-Salzsäure stehen. Dann pipettiert man
40 ccm der Lauge ab und titriert gegen Methylorange mit der Säure.
Angenommen wir hätten für die 40 ccm Lauge 39,87 ccm Säure verbraucht,
also mit dem Faktor multipliziert, 40,5 ccm exakt normaler Säure, so
müssen zu 40 Kubikzentimetern Lauge noch 0,5 ccm Wasser hinzu-
gefügt werden, also zu 1000 ccm Lauge 12,5 ccm Wasser, um die Lauge
exakt normal zu machen. Man kann statt dessen natürlich auch hier
den Faktor bestimmen.
. KMnO ‚-Lösung herzustellen, müssen wir 3,163 g des
in hohem Reinheitsgrade käuflichen Salzes in 1000 cem Wasser lösen.
Da aber das Wasser gewöhnlich Spuren oxydabler Substanzen enthält,
wägen wir rund 3,2 g KMnO, ab, lösen auf und lassen nun 8—14 Tage
n
10
vornehmen. Von dieser zweibasischen Säure (COOH), + 2 H,O = 126,05
lösen wir also den 20 ten Teil = 6,303 g im Liter auf. Nachdem wir
eventuell noch die Exaktheit dieser Lösung durch Titration mit exakt
n
10
ein Becherglas ab, fügen 10 ccm verdünnter Schwefelsäure (1:4) hinzu,
verdünnen mit kochendem Wasser auf zirka 200 ccm und lassen die zu
stellende Permanganatlösung aus der Bürette zufließen. Anfangs bleibt
die Lösung mehrere Sekunden rot, wird dann beim Umrühren entfärbt,
und von da an wird jeder zufallende Tropfen sofort farblos. Sobald ein
Tropfen beim Umrühren nicht mehr entfärbt wird, die ganze Lösung
sich also rosa färbt, ist die Oxydationsreaktion der Oxalsäure beendigt.
Da zur Oxydation von 1 Grammolekül Oxalsäure 1 Grammatom Sauer-
Um eine
stehen, bevor wir die genaue Einstellung, am besten mit Oxalsäure,
Natronlauge überprüft haben, pipettieren wir 25 cem derselben in
stoff erforderlich ist und 1000 cem . Oxalsäure !/,, Grammolekül Oxal-
n
10 Oxalsäure !/,, Grammatom
säure enthalten, so entsprechen 1000 cem
Sauerstoff = 0,8g und 1 cem . Oxalsäure daher 0,0008 g Sauerstoff.
Sind z. B. zur Oxydation unserer 25 ccm ÖOxalsäure 24,3 cem Per-
manganatlösung verbraucht worden, so entsprechen diese 24,3 ccm —
25 - 0,00088 — 20 mg Sauerstoff oder 1 ccm Permanganatlösung —
0,020
eo Ss stoff.
24.3 0,8304 mg Sauerstof
490 XXVII. Anhang. Die Herstellung von Normallösungen.
Als Grundlage der schärfsten Bestimmungsmethode, der jodo-
metrischen, ist die Gleichung: 2Na,S,0; + J, = 2NaJ + Na,S,O,
anzusehen, d. h. das in seiner Lösung (Jod löst sich in Jodkalilösungen
überaus leicht) braunschwarze Jod wird durch Natriumthiosulfat in
das farblose Jodnatrium und Tetrathionat verwandelt, ein Umschlag,
der sich durch Verwendung des mit Spuren freien Jods tiefblau, mit
größeren Mengen schwarzgrün sich färbenden Stärkekleisters überaus
n
10
her, indem man von dem Salze Na,S,0, + 5H,0, von dem nach der
Gleichung 1 Grammolekül einem Grammatom Jod entspricht, den
scharf zu erkennen ist. Man stellt eine Natriumthiosulfatlösung
zehnten Teil des Molekulargewichtes =
löst und nach einiger Zeit den Titer mit dem kristallisiert sehr rein
erhältlichen Kaliumbijodat bestimmt, von dem 389,858 g äquivalent
sind 1512,5 g Jod. Löst man 3,2488 g reinen Kaliumbijodats in 1000 cem
Wasser auf, (d. i., da man auf ein Grammatom beziehen muß und
1 Molekül Kalibijodat 12 Atome Jod ausscheidet, 389,858: 12 für eine
Normal-, und weiter durch 10 dividiert, für eine Zehntelnormal-
lösung), so scheiden 10 ccm dieser Lösung beim Versetzen mit über-
schüssigem Jodkali und Salzsäure genau so viel Jod aus wie in 10 cem
— rund 25 g im Liter auf-
einer n 0 Jodlösung enthalten sind; 1—2 g reines Jodkali werden in einem
Becherglas in möglichst wenig Wasser aufgelöst, 5 ccm Salzsäure 1:5
dazugefügt und dann 20—25 ccm der Bijodatlösung; das Jod scheidet
sich sofort quantitativ aus und wird nach Verdünnen mit 200 cem Wasser
mit Natriumthiosulfat zurücktitriert. 20 cem unserer Kaliumbijodat-
lösung schieden 0,2537 g Jod aus. Angenommen wir hätten zur Titration
20 cem Thiosulfat gebraucht, so ist die Natriumthiosulfatlösung exakt
zehntelnormal, brauchen wir mehr oder weniger, so ist der Faktor nach
der obigen Überlegung zu berechnen. Der Titer der Thiosulfatlösung
wird in Grammen Jod ausgedrückt.
n
10
kali in möglichst wenig Wasser im Literkolben, fügt zirka 12,7 g Jod
dazu, das man auf dem Uhrglas und auf der Handwage abwägt, schüttelt
bis zur Auflösung und füllt bis zur Marke auf. Von der gut durchgemischten
Um eine Jodlösung herzustellen, löst man 20—25 g reines Jod-
Jodlösung titriert man 25 ccm mit der er Natriumthiosulfatlösung.
n
25 cem ‚Jodlösung hätten 25,16 ccm 10 Na,S,0,-Lösung verbraucht,
; Le
daher ist 1 ccm = 1,0064 ccm einer exakt 10 Lösung.
Abkühlung als Treibver-
fahren 392.
Ableitung der Assimilate
140.
Abschluß des Kultursub-
strates gegen
dunstung 430.
Absorption und Transpira-
tion, verschiedene, bei
Tag und Nacht 461.
Absorptionsbestimmung
durch Wägung und
Messung 446 ff.
Absorptionsbüretten 363.
Absterben 348.
Abtöten 348.
— durch Erfrieren 386.
Adsorptionsmethode 339.
Adsorptionsreihe 340.
Apfelsäure 261.
Aquikapillar 327.
Aquıvalenz 479.
Atherisieren 392.
Atherzahl 185.
Athylalkohol 268.
Aldehyde 264.
Alkalien, qualitative Prü-
fung 73, 902.
—, quantitative Prüfung
76.
Alkaliausscheidung 58.
Alkaloide 273.
—, quantitat. Bestimmung
285.
—, kapillartitrimetrische
Bestimmung 29.
Amide 207.
Aminosäuren bei der Kei-
mung 222.
Ammoniak 211.
Anaesthesierende Stoffe
als Treibmittel 392.
Aschenanalyse 69.
Asparagin 208.
Assimilationskurven 115.
Assimilationsprodukte 135.
Assimilatorischer
197.
Atmung 346.
Ver- |
Sachregister.
Atmung auf verschiedenen
Nährlösungen 969.
— Einflüsse der Tempe-
ratur und des Sauer-
stoffmangeis 355.
—, intramolekulare 331.
Atmungsapparate 361 ff.
Atmungschromogene 235.
Atmungskoeffizient 346.
Atmungskurven 348.
Atmungsverluste bei der
Keimung 350.
Atropin, Bestimmung 2833.
Aufbewahrung von Samen,
Erhaltung der Keim-
fähigkeit 9.
Aufnahme von Wasser
bei der Samenquellung
3, 5.
198.
Aufzucht, sterile 320 ff.
Auslegen der Samen 14.
Autolyse 331.
Auxanometer 400.
, selbstregistrierende
401 ff.
— , elektrisches 404.
der intramolekularen
Atmung 386.
| Azetylzahl 187.
Bakterienmethoden zum
Sauerstoffnachweis 102.
Benzoesäure 262.
\ Bernsteinsäure 262.
Bewässerungsapparat 266.
' Blasenzählmethode 103.
Blattflächen, Atmung 360.
Blatthälftenmethode 111.
Blattober- und -unterseite, |
Transpiration 436.
| Blüten 456.
| Blut,
| Sauerstoffnachweis10l.
Effekt
defibriniertes, zum
Blutungssaft,
457.
Auffangen
Bodensterilisation 19.
Bromwasser als Desinfi-
ziens 321.
Chinin, Bestimmung 283,
289.
Chloride, quantitative Prü-
fung 74.
Chlorose 60.
Chromatogramm 340.
Chromatogramm-Methode
zur Enzymanalyse 342.
Cytase 343. 3
Dextrose, Nachweis 194.
Dialyse 213.
Diastase 223, 227.
Dickenwachstum 399, 416.
' Dissoziationskonstante479.
' Druck, osmotischer bei der
Aufschließen des Bodens | ein ao
Quellung 1.
' Dunkelsamen 23.
‘ Einserton 121.
Einsiedegläser mit Gaze-
bedeckung 55, 69.
Eisen 59.
' —, qualitative Prüfung 72.
| —, quantitative Prüfung
Azeton und Alkohol bei
75, 78.
Eiweißreaktionen 203.
Eiweißstickstoff 207.
Elektrizität, Einwirkung
auf das Wachstum 81.
—, pflanzliche, als Mittel
zur Keimkraftprüfung
16.
| Elektrokultur 8.
—, steriles Auffangen 459. |
Emanation, Einwirkung
auf das Wachstum 8.
Emulsin 223.
Entblätterung als Treib-
verfahren 391.
Enzyme 217.
| —, glykolytische 220.
—, proteolytische 221.
—, quantitat. Feststellung
der Wirkungsweise 226.
—, Wirksamkeit bei der
Keimung 1.
492
Epidermismethode 475.
Erdalkalien, qualitative
Prüfung 73.
—, quantitat. Prüfung 75.
Erde als Substrat &8.
— als Substrat, Behand-
lung 52.
Erfrieren 388.
— und Hydrolyse 2.
Erkältung 389. n
Erstarrungspunkt von Ol
180.
Etiolement 130.
Exsikkatoren 300.
Extraktion 177.
‚ systematische, von
Pflanzenmaterial 306.
Farbenreaktionen der Al-
kaloide 275, 278.
Fällungsreaktionen
Alkaloide 273, 278.
Farbentabellen 487.
Farbstoffbestimmung
durch Bio-Kapillarität
345.
Fette 176, 181, 183, 189.
— als Wärmespeicher 389.
Fettsäuren, Bestimmung
der 186, 189.
Feuchtigkeit, Bestimmung
301.
Filtrierpapier als Keimbett
17;
Flammenreaktionen 73.
Flüssige Luft als Trocken-
mittel 300.
Formaldehyd 137.
—, Bestimmung 264.
der
Galvanische Ströme, Ein-
wirkung auf dasWachs-
tum 8.
Gasabsorptionsgefäße 98.
Gasanalyse 373.
Gasdosierung 36.
Gasmengen, Bestimmung
kleiner 365.
Gaszerstäuber 303.
Gefrieren 388.
Gelatine als Substrat 49.
Gerbstoffe 248.
Gerbstoffexosmose 327.
Gesamtanalyse 297.
Gesamtanalysen aus
nährungsphysiologi-
schen Versuchen 308.
Gewichtsveränderung bei
der Quellung 5.
Gifte der Ausscheidungen
von Samen 17.
eT-
Giftwirkung, Abhängigkeit
Sachregister.
v. d. Konzentration 38. |
Glaskammer 419.
Glukoside 256.
Glutamin 208.
Glyzerin, Bestimmung 191.
Goochtiegel 77.
Grammäquivalent 487.
Grammolekül 487.
Guttation 462.
Hautpulvermethode 255.
Hehners Zahl 187.
Hemizellulose, Bestim-
mung neben Lignin,
Pentosanen, Zellulose
173.
Hexosen, Nachweis 144.
Hungerstoffwechsel 69.
Hydrolyse 1, 4.
Hydrolysen von Reserve-
stoffen bei der Atmung
352.
Hygroskopmethoden 420ff.
Indigolösung zum Sauer-
stoffnachweis 101.
Indikatoren, gebräuch-
liche 497.
—, Reaktionen der Säfte
gegen verschiedene 479.
Infiltration, graduelle 426.
von Koniferennadeln
427.
Infiltrationsmethode 425.
Injektion von Flüssig-
keiten als Treibver- |
fahren 398.
Inosit, Nachweis 145.
Insolator 122.
Inulin 2, 136.
—, Bestimmung 165.
Invertase 223.
Jodlösung 49%.
Jodometrie 489.
Jodprobe 135, 138.
Jodzahl 188.
Ionenaufnahme aus Nähr-
lösungen 58.
Kaliapparate 9.
Kaliumpermanganat-
lösung 489.
Kalk 64.
Kälteschutz bei Samen 12.
Kapillaranalyse 179.
Kapillarisationsmethode
zum Enzymnach weis246.
Kapillaritätsanalyse 343.
Kapillarmanometer 325.
Kautschuk 294.
Karbonate,
Prüfung 74.
Katalase 240.
Keimapparat 26.
Keimbett, Befeuchtung 14.
Keimdauer 4.
Keimfähigkeit 3, 8.
—, äußere Einflüsse 9 ff.
Keimkasten 54.
Keimkraftprüfung 15.
Keimlinge, Anzucht |].
—, Einwirkungen auf das
Wachstum 81.
Keimpflanze 47.
Keimprozent 3.
Keimschale 13.
Keimstadium, Beendigung
132.
Keimung 1.
—, Einfluß von Kälte und
Licht 12 ff., 19.
—, Abhängigkeit
Sauerstoff 41.
‚ Beeinflussung durch
fließendes Wasser 41.
—, Beeinflussung durch
H- und OH-Ionen 39.
—, Beeinflussung durch
Gifte 30.
—, Beeinflussung durch
elektrische Ströme 42,
‚ Beeinflussung durch
Radium 44.
qualitative
von
' —, Beeinflussung durch
Röntgenstrahlen 76.
‚ Beeinflussung durch
Dämpfe 31.
| —, Beeinflussung durch
nasse und trockene
Wärme 10.
—, Temperaturgrenzen 29.
Keimungsenergie 9.
Keimungsreize 4.
' Kjeldahlbestimmung 202.
Kleine Flüssigkeitsmen-
gen, Bestimmung der Ge-
frierpunkterniedrigung
466.
Kobaltpapiermethode 418.
Koffein, Bestimmung 292.
Kohlendioxyd, Einfluß auf
die Transpiration 435.
Kohlensäureabsorptions-
gefäße 357.
Kohlensäureassimilation
96.
—, Abhängigkeit von der
Temperatur 111.
Kohlensäureaufnahme,
Messung 112,
a
Kohlensäure, Bestimmung
356 ff.
Kohlensäureentwicklung
bei der Keimung 18.
Kohlensäurefreies Wasser
141.
Kohlensäuremangel
Siärkebildung 141.
Kollodium zur Abformung
der Epidermis 428,
Koniin, Bestimmung 234.
Konstanterhaltung der
Keimungstemperatur
Konstante Temperatur-
erhaltung, Apparat für
24.
Kryoskopische Bestim-
mung verschiedenarti-
ger Pflanzensäfte 467.
Kulturgefäße 52.
und
t, Abschluß |
Kultursubstrat, Abschlu We
des 37, 48.
Kutin 168.
Laboratoriumsluft 37 ££.
Laesionsstrom 16.
Laevulose 2.
—, Nachweis 144.
Lakkase 238.
latentes Leben 9.
Lichtfilter, flüssige 22, 115.
Lichtgenuß 122.
Lichthart 20.
Lichtfarbe, Einfluß auf die
Keimung 21.
Licht, Erzeugung ver-
schiedenfarbigen 114.
Lichtintensität, Bestim-
mung 120 f.
—, Anderung der 28.
Lichtmessung, kontinuier-
liche 127.
Lichtsamen 20.
Lichtzeiger bei Auxano-
metern 406.
Lignin 168.
Lipasen 221, 225.
Luftfeuchtigkeit, Einfluß
auf den Ernteertrag 435.
Luftkultur 68.
Luftleere bei intramole-
kularer Atmung 384.
Maltose, Nachweis 146,
Malzbestimmung 231.
Mangan, qualitative
Prüfung 73.
Markierung 410.
Membranen, semiper-
meable 477.
Sachregister.
Mikro-Eudiometer 113.
Mikroanalysator 110.
Mineralstoffe, Entbehrlich-
keit 63.
—, quantitative Analyse
auf osmotischem Wege
478.
Mineralsubstanzen, Ver-
luste beim Anquellen
ne
Minimum, Gesetz des 59.
Molare Lösungen 488.
Morphin, Bestimmung 284.
289.
Nachreifung 23.
| Nährlösungen 50, 56.
Nährstoffetiolement 59.
Natriumthiosulfatlösung
4.
Neutralfett 190.
Neutralisation 479.
von
bungsstoffen 306.
Trü-
‚ Nikotin, Bestimmung 284,
2».
Nitrate 198, 209.
Nitrite 199.
Nitrosit des Kautschuks
29.
Normallösungen, Herstel- |
lung 487.
Normalton 121.
Oberflächenspannung 325.
Öle 176.
—, Spezialreaktionen 182. |
—, trocknende und nicht-
trocknende 182.
Ösmotischer Druck
330.
—, Bestimmung durch
Gefrierpunktserniedri-
gung 462.
—, Verschiedenheit je nach
denLebensbedingungen
475.
Oligodynamische Wirkung
37, 40.
Oxalsäure 260.
Oxydasen 343.
Öxydierende Enzyme 232.
Oxydimetrie 489.
325,
Papayotin 225.
Papier als Keimbett 17.
Pentosen, Nachweis 143,
159.
Pepsin 223, 228.
Perkolatoren 304.
Permanganatmethode 256.
493
Periode, große 411.
Permeabilität 325, 333 ff.
— bei Wurzeln 336.
Permeabilitätskoeffizient
338.
Phosphate als Atmungs-
stimulatoren 349.
Phosphatide 214.
Phosphor 61.
— zum Sauerstoffnachweis
100.
Phosphorsäure, qualitative
Prüfung 72.
| —, quantitative Prüfung
8l, 215.
Phytin 214.
Pinometer 449.
Pipette, automatische 360.
Plasmamembran 298, 325.
Plasmolyse 325, 329.
| Porometer 423.
| Potometer
von Renner
452.
— von Darwin 454.
Potometer 438.
Proteine, pflanzliche 200.
—, Farbenreaktionen 201.
—, quantitative Bestim-
mung 202.
--, Darstellung 212.
Quellung 1.
—, Einfluß äußerer Ver-
hältnisse 5 ff.
Quellungsdauer 5.
Radium als Treibmittel
396.
—, Einwirkung auf das
Wachstum 86.
Reduktionskoeffizient,
enzymolytischer 257.
Region, wachsende 413.
Registrierwage 445.
Reichert-Meißlzahl 185.
Reinasche 72.
Reservestoffe 1.
—, Abhängigkeit des
Wachstums von der
Menge 133.
Rohfaser 168.
Rohrzucker, Nachweis 145.
Ruhe, freiwillige und un-
freiwillige 391.
Ruheperiode 1, 23, 39%.
Samenhaut, Durchlässig-
keit 1, 6.
Samenreinigung 70.
Samenspelzen 24.
494
Sauerstoff beiderKeimung
349.
—, quantitative Messung
104 ff.
Sauerstoffabgabe,Messung
97.
Sauerstoffabsorption 99.
—, Bestimmung 367.
Sauerstoffaufnahme,
monstration durch
Chromogene 367.
Sauerstoffnachweis 100 ff.
Säuren, organische, Be-
stimmung nebenein-
ander 262.
Säurezahl 154.
Schmelzpunkt des Fettes
180.
Schwefel, qualitative
Prüfung 73.
Sesamöl 183.
Skioklisimeter 128.
Sachregister.
' Teilrädchen 400.
De-
Thermisch-aktive Stoffe
12, 389.
Thermoelektrische Me-
thode der Bestimmung
der Gefrierpunkts-
erniedrigung 469.
— — zur Bestimmung der
Lichtintensität 119.
‚ Tonfilter 219.
Transpiration 418.
Transpirationsmessung,
feinere 438.
Transpirationsgrößen, re-
lative, von Sonnen- und
Schattenblättern 434.
' — bewurzelter Pflanzen
' Transpirometer,
Solanin, Bestimmung 293. |
Spaltöffnungsweite 425.
Spektralanalyse 302.
Spezifisches Gewicht des
Fettes, Bestimmung 179. |
Stärke 136, 139, 161.
—, Nachweis neben Zellu-
lose 162.
Sterilisieren höherer leben-
der Pflanzen 313.
— des Bodens, Einfluß auf
das Wachstum 19.
Stickstoffassimilation 193.
—, Bestimmung 203.
Stickstoff, qualitative Prü-
fung 306.
—, quantitative Prüfung
203.
Strahlenfilter, flüssige 22.
Strychnin, Bestimmung
2834.
Sublimation 300, 304.
Substanzen, organbildende
130.
Substrat, Einfluß auf die
Keimung 26.
Sukkulente, Atmung 387.
Sulfate, qualitative Prü-
fung 74.
und abgeschnittener
Blätter 460.
Transpirationsstrom 449.
sche 442 ff.
Treibverfahren 3%.
Trocknen von Pflanzen-
material 299.
Trypsin 224.
Turgordruck 329.
Tyrosinase 239.
Veraschung 69.
—, feuchte 78.
—, praktische 302.
—, trockene, Methoden 71.
Veraschungsgeräte 70.
Verletzung als Treib-
methode 397.
Verpilzen von Samen 4,
12, 14, 17, 89.
Verseifungszahl 134.
Wachstum, Einfluß von
Narkotika und Licht-
farbe 415.
—, terminales und basales
416.
Wachstumskurven 411.
Wachstumsmaxima 415.
Wachstumsmessung 399.
' Wägen der Pflanze 429.
Warmbad als Treibmittel
394.
Wärmeentwicklungbei der
Atmung 352.
— bei der Keimung 18.
Waschapparat für Samen
38
Wasseraufnahme und Ab-
gabe, gleichzeitige Be-
stimmung 3, 437.
Wasser, Messung des von
der Pflanze aufge-
nommenen 437.
Wasserdampf, volumetri-
sche und gravimetri-
sche Bestimmung 433.
Wasseretiolement 14.
Wasserkultur 54, 62.
Wasserstoff und Stickstoff
bei intramolekularer
Atmung 382.
nn | Wasserstoffsuperoxyd als
Desinfiziens 317.
Weinsäure 260.
Wurzelausscheidungen
198.
Wurzeldruck 449.
Wurzelknöllchen 19.
Wurzelmeßmethoden 409.
Zeiger
408.
Zelle, Pfeffersche 478.
Zellulose, Bestimmung 166.
Zentrifugieren 305.
Zichorie 2.
Zitronensäure 261.
Zucker, Assimilation von
142.
—, qualitativer Nachweis
137, 143.
—, quantitative Methoden
147 ff
am Bogen 402,
Zuckeranreicherung beim
Erfrieren 389.
Zuckerarten, Hydrolyse
komplexer 159.
Aa Unterscheidung neben-
einander 146, 151 ff.
| Zuwachs 412.
Zymase 229.
K867 .G8
nm AI
3 5185 00077 5
a
N
MONROE
WEN DHRSNEBRRILDGFLETM RR
Ei
GRUND
N
NET ÄRA
NM
ih
NN
h
ON
N
\
iM
Ah
M
AT
Ve N RD RR TR RT
vet
Fl hr ar
„Er e
R:
eenenr
b) RS . BR
N €
BF IC DR EN DET FE ;
ur RER SONN: te
eh ra
u?
a,
*
%
AR
7
14
L
Pi n 7
Te
Se Ten en ann nee
pr}
JANKONR
eaniım
Dee
N
nn
«
zei
ru zur
Eng mn nannte rer
a nn
“
“= ,
nn nenn
eng
Kr, RR BR
RE Er h
A, HH N
RER
ee *