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Full text of "Ernährungsphysiologisches Praktikum der höheren Pflanzen"

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Ernährungsphysiologisches 
Praktikum der höheren Pflanzen. 


Von 


Dr. Viktor Grafe, 


a. o. Professor an der Universität in Wien. 


R 


Mit 186 Textabbildungen 


BERLIN 
UNE PAUL PAREY 


erlag für Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen 
SW.11, Hedemannstraße 10 u. 11 


1914. 


Alle Rechte, auch das der Übersetzung, vorbeh 


Copyright by Paul Parey in Berlin 1914. 


Altenburg MR, 
Pierersche Hofbuchdruckerei 
Stephan Geibel & Co. 


7 


Vorwort. 


Das vorliesende Buch ist aus dem Bedürfnis entstanden, die 
Methodik, welche der ernährungsphysiologisch Arbeitende braucht, zu- 
sammenzustellen und damit eimen methodischen Leitfaden für die 
ernährunesphysiologische Experimentaltechnik zu besitzen. In erster 
Linie sind es hier natürlich chemische Methoden, welche der Experimen- 
tator in Anwendung bringen muß, und da der Ausbau der gesamten 
Pflanzenphysiologie in den letzten Jahren mächtig nach der Richtung 
der Biochemie eingesetzt hat, wurde das Hauptgewicht auf die Schil- 
derung der chemischen und chemisch- -physikalischen Arbeitsweise gelest. 
Aber der Begriff der Ernährungsphysiologie erweitert sich unter den 
Händen des Arbeitenden; er wird sehr häufig in die Lage kommen, 
nicht nur Stoffe darzustellen und nachzuweisen, sondern auch die 
Wasserbewegung der Pflanze, die Variationen des osmotischen Druckes, 
die Erscheinungen der Adsorption und Kapillarität, welche nach den 
neuesten Darlegungen von Küster Beziehungen zur Formbildung der 
Pflanze aufweisen, die Verhältnisse der Oberflächenspannung,, welche 
nach den schönen Arbeiten von Czapek Einblick in die innersten 
Vorgänge des Stoffwechsels versprechen, in den Bereich seiner Unter- 
suchungen zu ziehen. 

Leider ist es nicht immer möglich, ım Rahmen eines räumlich 
beschränkten Buches die Elemente der Chemie und Physikochemie zu 
bringen; doch wurde, wenn irgend möglich, auch dem Verständnis des 
chemisch nicht Vorgebildeten "Rechnung getragen. Das Buch soll in 
erster Linie die Bedürfnisse des wissenschaftlich Arbeitenden decken; 
es wird aber vielleicht auch dem Landwirt nach mancher Richtung ein 
nicht unwillkommener Leitfaden sein, und auch der Studierende wird 
hier auf verhältnismäßig kleinem Raume zusammengestellt finden, was 
er sonst aus einer ungeheuer verzweigten Literatur heraussuchen müßte. 
Ist doch mein Buch "zeradezu aus der Notwendigkeit eines Leitfadens 
in meinem eigenen chemisch- physiologischen Praktikum herv orgewachsen. 
Die Einteilune des Stoffes ist eine durchaus physiologische, und inner- 
halb der einzelnen physiologischen Abschnitte ist die chemische und 
chemisch-physikalische Methodik untergebracht; es wurde aber Wert 
darauf gelegt, daß die geschilderten Methoden vor allem immer physio- 
locisch beoründet und durch physiologische Beispiele gestützt sind, 
so daß sich der physiologische Stoff zu einem Ganzen zusammenschließt. 
Indessen wurde nach dieser Richtung Vollständigkeit weder im Stoff 
noch in der Literaturausnutzung angestrebt, worauf der Autor umso 
leichter verzichten konnte, als er in kurzer Zeit Gelegenheit haben 
wird, dies in seiner im gleichen Verlag erscheinenden Pflanzenphysio- 
logie nachzuholen. 

Ich bin mir vollkommen des Umstandes bewußt, daß das vorliegende 
Buch der ernährungsphysiologischen Arbeitsmethodik der Hauptsache 
nach eine Zusammenstellung fremder methodischer Errungenschaften 
ist, gegen welche die egerinofügieen eigenen methodischen Beiträge 


ea 


IV Vorwort. 


verschwinden. Indessen muß hervorgehoben werden, daß der Stoff 
durchaus kritisch behandelt wurde und daß mit wenigen Ausnahmen 
nur jene Methoden Aufnahme fanden, die ich selbst im Verfolge meiner 
wissenschaftlichen Arbeiten zu erproben Gelegenheit gehabt habe oder 
die ich im Praktikum als durchführbar und zweckmäßig befunden hatte. 
Dabei wurde ausschließlich Rücksicht auf makrochemische Methoden 
genommen, da wir Ja neuestens in der Mikrochemie von H.Molisch 
einen ausgezeichneten und zuverlässigen Leitfaden nach dieser Richtung 
gewonnen haben. 

Mein Buch schließt sich eng an das vielbändige Sammelwerk von 
Abderhaldens Biochemischen Arbeitsmethoden an, und die Be- 
nutzung dieses Werkes erleichterte meine Aufeabe wesentlich. © So 
konnte ich manche Angaben, die in mitunter schwer zugänglichen 
Publikationen niedergelegt sind, in einigen Beiträgen dieses Hand- 
buches behandelt finden, das ich vielfach zu Rate gezogen habe: 
Dies eilt z. B. von den meist in russischer Sprache erschienenen 
Abhandlungen, die ich in dem schönen Referate von W. Palladiın 
und S. Kostytschew, „Methoden zur Bestimmung der Atmung der 
Pflanzen“ enthalten fand. Endlich habe ich auch einige meiner 
eigenen Beiträge zu diesem Werke, wie „Nachweis von Alkaloiden“, 
„Anwendung von Adsorption und Kapillarität zur biochemischen Ana- 
lyse“, „Das Sterilisieren lebender Pflanzen“, „Gas- und Wasserbewegung 
in der Pflanze“, „Beschleunigung von Wachstum und Treiben“, den 
betreffenden Abschnitten des vorliegenden Buches zu Grunde gelegt. 

Wenn ich trotz Vorhandenseins des Abderhaldenschen Hand- 
buches es unternahm, eine Methodik der pflanzlichen Ernährungs- 
physiologie zu schreiben, so lag die Veranlassung zunächst darin, daß 
das genannte Werk viel zu umfangreich für den Pflanzenphysiologen 
ist und naturgemäß der Hauptsache nach Beiträge enthält, die unser 
Gebiet wenig oder gar nicht berühren, dann aber auch darin, daß das 
physiologische Moment die entsprechende Berücksichtigung finden 
sollte, das dort hinter dem rein biochemischen zurücktritt. Es mußte 
also nicht nur geschildert werden, wie das Material eines abgebrochenen 
physiologischen Versuches zu behandeln ist, sondern gerade in erster 
Linie, wie ein solcher Versuch angesetzt werden muß, wie die ver- 
schiedenen Einflüsse bei der Keimung des Samens und den weiteren 
Vegetationsverhältnissen der Keimpflanze zu werten sind. 

Mein Buch soll aber nicht bloß ein „ernährungsphysiologisches 
Praktikum“ im bisher gebrauchten Sinne des Wortes sein, sondern 
eine Zwischenstellung zwischen den bestehenden vorzüglichen Lehr- 
büchern für physiologische Schulversuche, also dem „Pflanzenphysio- 
logischen Praktikum“ von W. Detmer, der „Vorschule der Pflanzen- 
physiologie* von K. und L. Linsbauer, der „Physiology of Plants“ 
von F. Darwin und. H. Acton, dem „Laboratory Course in plant 
physiology“ von F. Ganong einerseits und den „Biochemischen Arbeits- 
methoden“ anderseits einnehmen, es soll vornehmlich die physiologische 
und chemische Methodik der Ernährungsphysiologie höherer Pflanzen 
bringen. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß nicht auch die letzt- 
genannten Werke vielfach Hilfsquellen für mich geworden sind, be- 
sonders die beiden englischen Bücher waren mir in vielem wertvolle 
Ratgeber, denen ich ebenso wie dem Abderhaldenschen Handbuch 
auch einige Illustrationen entnommen habe. 

Überhaupt wurde auf eine reichhaltige Illustration der geschilderten 
Apparate Wert gelegt, und es ist mir eine angenehme Pflicht, des 


Vorwort. V 


weitgehenden Entgegenkommens des Verlages dankbar zu gedenken. 
Auch die Zeichnungen wurden, selbst wenn sie von bestehenden Dar- 
stellungen entnommen wurden, doch gewöhnlich ım Vergleich mit der 
eigens zu diesem Zweck zusammengestellten Apparatur und daher viel- 
fach abgeändert, angefertiet. Herrn Assistenten J. Gicklhorn, der 
sämtliche Bilder gezeichnet hat, bin ich für seine hingebungsvolle 
Mühe zu größtem Danke verpflichtet, ebenso meinen verehrten Kollegen, 
Herrn Prof. Dr. ©. Richter und Herrn Privatdozent Dr. V. Vouk, 
die mir eine Reihe von Photographien nach eigenen Versuchen für die 
Reproduktion zu überlassen die Güte hatten. Endlich schulde ich den 
besten Dank auch den Herren stud. phil. Richard Klein und H. Baar, 
die sich der großen Mühe des Korrekturlesens bereitwillig unterzogen. 

Die beschriebenen Apparate sind größtenteils nach meinen Angaben 
für mich von der Firma Rud. Siebert, Wien IX., Garnisongasse, an- 
gefertiot oder nach den Angaben der betreffenden "Autoren zusammen- 
gestellt worden. 

Ich habe selbst als Studierender und später auch als Dozent den 
Mangel eines methodischen Leitfadens in meinem Arbeitsgebiete un- 
angenehm empfunden, und meine Mühe wäre reichlich belohnt, wenn 
ich. mit meinem Buche einem gleichgefühlten Bedürfnis der Fach- 
kollesen wenigstens einigermaßen entgeoengekommen wäre. 


Wien, im Januar 1914. 
Viktor Grafe. 


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Druckfehler und Berichtigungen. 


14 Anmerkung, statt „Befruchtung“ richtig „Befeuchtung“. 

15 Zeile 9 von unten statt „and“ richtig „und“. 

22 Zeile 19 von oben statt „Fig. 3“ richtig „Fig. 5“. 

24 Zeile 3 von oben statt „bei 90° CO“ richtig „bei 40° CO“. 

26 Zeile 2 von oben statt „G. Lehmann“ richtig „E. Lehmann“. 
85 Beschriftung unter Fig. 20 statt „belden“ richtig „beiden“. 

97 Zeile 22 von oben statt „rechts“ richtig „links“. 

99 Zeilen 16 und 22 von oben statt „J“ richtig „I“. 
4 Zeile 4 von oben statt „Fig. 47* richtig „Fig. 44*. 


„ 115 Beschriftung unter Fig. 46 statt „Glasblasen“ richtig „Gasblasen“ und statt 


„unter“ richtig „außer“. 


„119 Anmerkung Zeile 1 statt ‚die“ richtig „den“. 
„138 Zeile 1 von unten statt „(Fig. 55)“ richtig „(Fig. 56)“ und S. 139 Zeile 14 von 


oben statt „(Fig. 56)“ richtig „(Fig. 55“). 


„ 148 Zeile 14 von unten statt „die“ richtig „der“; S. 152 Zeile 19 von oben statt 


„drei Stunden“ richtig „2'/s Stunden“; S. 159 Zeile 26 von oben statt 
„Eiweißfüllung“* richtig „Eiweißfällung“. 


„172 Zeile 10 von unten statt „Phloroglucinlösung“ richtig „Furfurol- oder 


Formaldehydlösung“. 


„ 177 Beschriftung unter Fig. 60 statt „Entfaltung“ richtig „Entfettung“ und statt 


„Fig. 61° richtig „Fig. 59*. 


„179 Zeile 10 von unten „plus dem“ richtig „subtrahiert vom“. 
„ 180 Zeile 1 von unten statt „welchem“ richtig „welcher“. 
„ 194 Zeile 17 von unten statt „dtickstoff“ richtig „Stickstoff“; Zeile 13 von unten 


BZ] 


statt „Sienen“ richtig „dienen“. 

196 Zeile 5 von oben nach „Hafer“ ist ein Strichpunkt zu setzen. Auf Zeile 8 und 
ll von oben hat es statt „Hafer“ zu heißen „Senf“; auf Zeile 11 von 
unten statt „Senf“ richtig „Hafer“; auf Zeile 5 von unten statt „diesen“ 
richtig „vielen“. 


„ 200 Zeile 2 von oben statt „öslich“ richtig „löslich“. 


” 


206 Zeile 1 von unten: nach „Gesamtstickstoff“ einzufügen „in Milligrammen‘. 

241 Zeile 15 von unten statt „Jodaklimethode“ richtig „Jodkalimethode*. 

261 Zeile 24 von oben statt „Kalziumoxalat“ richtig „Kalziummalat“. 

267 Zeile 10 von unten statt „Tropfens“ richtig „Tropfen“. 

269 Zeile 1 von unten statt „50 ccm“ richtig „50 ccm Wassers“. 

305 Zeile 17 von oben statt „Halm“ richtig „Helm“ und Zeile 7 von unten statt 
„möglich“ richtig „unmöglich“. 

318 Zeile 26 von oben statt „Fl“ richtig „ws“ und Zeile 28 statt „ws“ richtig 
„Wa“; Zeile 30 statt „Wa“ richtig „ws“. 

321 Zeile 12 von unten statt „Apperatur“ richtig „Apparatur“. 

35 Zeile 11 von oben statt „i....(3)* richtig „ir... . (8)* 

339 Zeile 8 von oben statt „gleich groß“ richtig „proportional“. 

8 Zeile 17 von oben statt „Sauerstoffabsorption“ richtig „Sauerstoffabgabe“. 

9 Zeile 7 von oben nach „ist“ einzuschalten „in der Regel“. 


Inhalt. 


Seite 
ehrt von Keimlingen. . . -» . ... 2. ua 2 nunmal e 1—47 
een 2 fa ae a nn ve Inne ee 1 
BeeRrebcim) Quellangsprozeß: ı... = ue.n 2 eu Mraunln nenn wre ie se 2 
Aufnahmsfähigkeit für Wasser und chemiche Vorgänge bei der Quellung 3 
EN EHE nL 8 
Besallussung durch Wärme und Kälte... “2.202.200... 10 
Beessund durch Lichb... .- .. 0 u. .u u ara ee m 0 nee 13 
Biuslewen der sequollenen Samen... ! . .. 0. n..0 un. nme 14 
@nparate zur Befeuchtung des Keimbettes. . . ». 2... 0.0.2 200% 14 
Wärmeentwicklung bei der Keimung und ihr Nachweis . . ....... 17 
Bmanlusse auf den Fortgang der Keimung .: . 7... u..." 2... 19—47 
end Bichtiarben‘; = m. ar. in) un nie ee ae ae aan Bear 19 
Beziehungen von Licht und anderen Faktoren. ...... 2 2 2 2 2.. 24 
Abhängigkeit der Keimung von der Temperatur. ..... 2.2 2.220. 29 
Bisuuspickeit der Keimung von Giften. .. „.» un nn a ne san 30 
Abhängigkeit der Keimung von Sauerstoff. . 2.2... 2 2 2 2 nn en 41 
Beeinflussung der Keimung durch den elektrischen Strom... ..... 42 
Beeinflussung der Keimung durch Radium. . ..... 2.2 2 2 2 2 2 0. 44 
Beeinflussung der Keimung durch Röntgenstrahlen . ... 2.2222... 46 
Ran. nen ee ee 47—69 
Beeren und Kulturgefäße. . . 20 nen 48 
amensetzung der Nährlösungen .. .. 2... 2 22 22 re... 57 
Beziehungen der Keimpflanze zu den Mineralstoffen... ... 2.2.2... 62 
ne Re aa ee een aan Sue dr 69—81 
euer der Asche 0; vu ao ne ee ae ie 69 
2 ÄRPETEN HL Nero Se u RE EEE 12 
EAN BIyBer... 0.0 u ae ee ae 74 
Bestimmung des Eisens und der Eirdalkalien Se. 2 0 mu se end 75 
Bern eider Alkalien .-... 205 Anal ee ae an ae ehe 76 
a  Tasehumer "u... regnen en ee Ale 78 
IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. . . .. 22.2... 81-96 
SELBER EN Sn SR TREE ARE © PO BR ARD SA od REN FB RAR 8l 
3 a ee ke 83 
SIE EU ie Be 0 te ae Se ee ei ee le a 86 
entenzsäureassimilation . : : = - 2.» mu Don un a mean en. 96—176 
Er komsnanorder Sauerstoffabgabe . - .. .. „van 2 ae san denn 97 
Eestaımune der’Kohlensäureaufnahme. . . .. . vun... 2. 112 
Kohlensäureassimilation unter verschiedenfarbigem Licht. ....... - 114 
Herstellung von Lichtabsorptionsflüssigkeiten . . 22:2 2 2220... 115 
Bestimmung der Intensität verschiedenfarbigen Lichtes. .. ....... 119 
Bestimmung .der.chemischen Lichtintensität ©: |. „2. 20 e...0 li en 120 
SRSDLSTE N We LE ERTL Ir BER Ed, MER PL DL EEE ER 130 
Abhängigkeit der Keimpflanze von ihren Reservestoffen und deren Be- 
Ziehung zur Ausımllabion .. ... 2002er een re Ne 3: 
Bel-hweis der Asirmlapesg 20 0. a en el 135 
Biicker, qualitativerprobenn eu. 2 8. een en ee 137 


Srärke, qualitativer bropen.n. a 2.0.00 ee ee er erina 138 


VIII 


VI 


VII. 


VII. 


IX. 


XI, 


Inhalt. 


Seite 
Abhängigkeit der Stärkebildung von der Kohlensäurequantität. ... . 139 
Assimilation organischer Substanzen... -...- ve... 0 2 era 142 
Qualitative Proben einzelner Zuckerarten . . .. . 2.2 2 2 20200. 143 
Zucker, quantitative Analyse. ..... 2. ee... 0000n > 147 
Stärke, quantitative Analyse... :. 2.2. 00 2 0 161 
Inulin, quantitative Analyse . ... -... see a0. 0 165 
Zellulose, Lignin, Rohfaser, quantitative Analyse. .... 2.2.22... 166 
Fette, Öle, Wachse.» . - . .. . 2. m.00 na 176—193 
Extraktion . . . >. 0000 a 2 177 
Physikalische Konstanten . . . 7. : u 00 2 nn He 2% 
Qualitative Reaktionen . » 2. 00. 000 181 
Spezialreaktionen . .. . “u. a. em na 0 a 182 
Quantitative Bestimmung. . . u 2... 0 0 u un 183 
Quantitative Bestimmung einzelner Fettbestandteile. ......... 189 
Stickstoffassimilation . . . . ... 2 u LU. Slam von A 193—214 
Einfluß der Bodensterilisation. ... . 2... ou.» „0. ne 195 
Nitrate . . 202 zoo a 0 0 oa ee 198 
Prüfung auf Proteine. ... » 2 eu. u. ee 200 
Fällungs- und Farbenreaktionen. .- ........n..00 VE 201 
Quantitative Bestimmung der Eiweißstoffe ...... 2.2... ..0. 202 
Kjeldahlbestimmung. = . ..- - 22 u 2 Cu m m mn 2 a 203 
Quantitative Bestimmung von Aminosäuren und Säureamiden. ... . 208 
Quantitative Bestimmung der Nitrate. .. . 0... .. raus 209 
Quantitative Bestimmung des Ammoniaks 2 211 
Darstellung der Proteine .. ... „2... 000 u a 212 
Phosphatide. . „aa m u.a u 20 le 214—217 
Prüfung auf anorganische und organische Phosphate ......... 215 
Die Enzyme. . : 2 20 0 0 a 217—248 
Herstellung von Enzympräparaten . . . : 2... 20. 2 0 218 
Indirekte Fermentbestimmungsmethode . . ... . . . 2. gen ans 222 
Diastase, Inverstase, Zymase, Emulsin, Pepsin, Labferment, Trypsin, 
Lipase, qualitativer Nachweis... . ... 2... 200 EEE 
Quantitativer Nachweis der Enzymwirkung. ..... 2. 22.2.2002. 225 
Quantitativer Nachweis der Diastase . . . 2... 20. 2... 1 Er 227 
Quantitativer Nachweis von Pepsin. ...... 2.22 200 nun 228 
Wertbestimmung von Malz... 2... 2 0.2 02 eu u 0 2 231 
Oxzydationsenzyme. . .. 20 00a 0 ne 0. 2 232 
Atmungschromogene und -pigmente. . - - .... 2... 2. 235 
Darstellung von Lakkase, Tyrosinase und Messung ihrer Oxydationsstärke 238 
Batalase .. 0.2.0 00 onen en 2 ee 240 
Perhydrolmethode zur Katalasebestimmung . . .... 2 22.22... 241 
Jodkalimethode. .. 0... 2.000 00 a 0 be 241 
Volumeßische Methoden ..». u 2.20.0000 0 m nn 242 
Kolorimetrische Peroxydasebestimmung. ..... v2 cs 2er nee. 243 
Messung des Oxydationsgrades . . . 2 0 2 2 a.e 2 acer 244 
Kapillarisationsmethode zum Nachweis von Enzymen... ...... 246 
1 SB EN EEE 248—256 
Hautpulvermethode. ... 2.2.20 0 ne 0 nme 0 255 
Löwenthals Permanganatmethode . . ... 2. vr eu. 256 
KERREDEEO 2 5 an ee et ee 256—260 
Enzymolytischer Reduktionskoeffizient . . . 2... 2 2: 22 2 ee 00. 257 
Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Al- 
OR ee ee u 260—273 
Ozalsäure, Weinsäure, Zitronensäure . „2 22.2 20 00. 2 zu 260 
ApkelsBmis 5 5:40 20 200 nn 2 26 261 
Bernsteinsäure, Benzoesäure. su. 00 u 00. 262 


XI. 


XV. 


XV. 


XVlI. 
XVIH. 


XVII. 


AIX. 


Inhalt. IX 


Seite 
EEE et Be. 33 N er 264 
Formaldehyd, qualitativer und quantitativer Nachweis ....... 265 
Bewässerungsapparat bei Kulturen in hermetisch verschlossenen Glocken 
BE GHERHOSpHArd ee ee ee > 266 
Athylalkohol, qualitativer und quantitativer Nachweis. ....... 268 
SRLDIDNE, D LE A 2 vr Eee 273—294 
Peiocmemerälkaloidreagenzien .. . u... nen 274 
Qualitative Bestimmung einzelner Alkaloide. .. .. 2. 222.2 2.. 283 
Bankbatıye Alkaloidbestimmung . . ». 2.n wann nen 285 
Quantitative Bestimmung des Chinins und Morphins. ........ 289 
Quantitative Bestimmung des Nikotins. ..... 2.2.2.2 .22 020% 290 
Quantitative Bestimmung des Koffeins. .......:. 22.222 020.% 292 
Quantitative Bestimmung des Solanins. -.. .. 2... 2.2 2.202.200. 293 
Kapillaranalytische Alkaloidbestimmung. . . ..» 2... 2... ae 
en EEE ALERT 294—297 
Methoden zur quantitativen Kautschukbestimmung . ........ 295 
HH NSo. ne ee N en ee ne Er 297—313 
Bene und’ Pressen. oo... 2.0.0 0 ee en ee rar 299 
a Dane a a a en ee N ae rn een 300 
Beseemue der Feuchtigkeit... . . un. a as et. wet ne 301 
Busmner ‚Veraschun® „.... u .2.0 0 a ee le ee Ne ner uelr 302 
eenenbmalysene ame ka tee aa ten ee ee ae re aehe 303 
Bxtrahieren, Perkolieren und Destillieren . ...2: 2... oc... 304 
Enirsueıeren und Filtrieren. '.. 2... »... 0 una uann 305 
nn SLICcKStoft 2.00. 0 ee a nee 306 
er mwatgehie, Extraktion... 2 00 an an ea 306 
Beispiele für umfassendere Analysen. .».. 2. 2er onen. 307 
Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen .......... 313 —325 
Bestimmung der Oberflächenspannung, der Permeabilität und des 
osmotischen Druckes durch Plasmolyse . .. 2.22.22... 325—939 
RN LIETLENIE nee er er RE RE a 325 
Bemalytische Methoden - . .. -... 2a. 20 neun. nun 329 
Anwendung von Adsorption und Kapillarität zur biochemischen 
ee a ee ee ne N a 339— 346 
Beeeaiperamm-Herstellung. . 2. . „2 aa... 2 neo Em een 340 
Chromogramm-Methode bei der Enzymanalvse. ..... 22 .22.. 342 


Quantitative Bestimmung von Säuren und Alkalien durch Kapillarität 343 
Biologische Methode der Bestimmung basischer und saurer Farbstoffe 345 


Ber Vorgänge bei der Atmung. . : » «. 2... 2.0 346 - 390 
PERBRRESKBELhZIenE" 2: 0 ee ee ee 347 
Plasmatische und enzymatische Oxydationen. ........ > 
Die Funktion der Oxydationsvorgänge bei der Keimung. ...... 349 
Sarkwandlungen bei der Keimung. . . ». . zu n 2 oo. vum 350 
Wärmeproduktion bei den Atmungsvorgängen. . ..». 2.2... 0. 352 
Abhängigkeit der Atmungsenergie von äußeren Faktoren ...... 399 
Erkennung der ausgeschiedenen Kohlensäure. . . . . 2.2.2.2... 356 
Quantitative Bestimmung der Atmungskohlensäure . ........ 357 
Popsralagier Gasmessung..i. cn... an ne ee ne 363 
Demonstration und Bestimmung der Sauerstoffabsorption . . . . . » 367 
Atmung auf verschiedenen Nährlösungen . ... 2.2.2220... 369 
Untersuchung des Atmungsgaswechsels höherer Pflanzen ...... 369 
Abnormale Atmung (intramolekulare Prozesse). . .. . 22.2... 380 
Erzeugung neutraler Gase für die Untersuchung der intramolekularen 
VEN n.) 2e ST Mr Er 382 
Erzeugung der Luftleere für die Untersuchung der intramolekularen 
Er es ee ER). 334 
Kaswechsel’ enworener Pflanzen U 2. 2 2... are o...0 ea we 386 


Enrfrieren: undaGemierenm aan: 


XX. 


XXI. 


XXI. 


XXIII, 
XXIV. 


XXYV. 


XXVI. 


XXVII 


Inhalt. 


Seite 
Treiben und Wachstumsförderung . . ...: 222.22 .. 390— 399 
Freiwillige und unfreiwillige Ruhe ....... ce... 391 
Entblätterung als Treibmittel ..... 2.20.00. ee. 391 
Kälte als Treibmittel. ....». 2.0000 0000 bo ie 592 
ÄAtherisierung als Treibmittel. .-. -.--. oo... see ae 392 
Warmwasserbad als Treibmittel . . . . 2... .. 0.0. ven 394 
Radium als Treibmittel. - . - - - » =... u... 002 mn De 396 
Verletzung als Treibmittel .. .. » 0. en a 2 200 DEE 397 
Chemische Beeinflussung als Treibmittel .... 2.2... 2.0.00. 398 
Wachstumsmessung. - - - » 2.2 0 mie en. vn 399 —418 
Anbringen von Marken... . 2... ee. 2. on. A 400 
Selbstregistrierende Auxanometer. . .... 2... een 401 
Vorbereitung für die Messung .»...... u. Vers 409 
Die große Periode und ihre Abhängigkeit von äußeren Faktoren. . 411 
Messung des Dickenwachstums. . » .» .. 0... 0. BLESEREEE 416 
Messung der Gas- und Wasserbewegung . ». ». 22222... 418—449 
Qualitative Methoden: - . -. „2 0.2 2 wu 2 2 Me 418 
Kobalt-Methode .. ..: 2. 2 2.0 u au a 2 419 
Hornhygroskop-Methode . . . . «:. == se 20n nn a 420 
Yuccahygroskop-Methode. . . ... » 2 2 u 22 m u 2 422 
Porometer . . . 2.2... 202 2 sl eu a 423 
Mikroskopische Bestimmung der Spaltenweite ... 2.2.22. ... 425 
Infiltrationsmethoden. .. . . - 2. 2 u nun. nn 0 2 425 
Kollodiummethode . .. 2... 2... 00 0 au u 0 2 Ra 428 
Quantitative Methoden . - 2 2.02 0 u 429 
Wägung. 2:20 ee 430 
Aufnahme des Wasserdampfes durch absorbierende Medien... . . 433 
Außere Einflüsse auf die Transpirationsgröße. .. . » . . 2. „.n.. 434 
Bestimmung des von der Pflanze aufgenommenen Wassers. ... . 437 
Selbstregistrierende Transpirometer... . ... .. . . „ ses 442 
Beobachtung des Transpirationsstromes . . .. 2.2 2 22.2 .. 449—456 
Das Biuten.': - .-. : -7. 0... 2a eu 0 a 456 —462 
Wasseraufnahme und Wasserabgabe in ihrem gegenseitigen Verhältnis 460 
Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. ....... 462 — 479 
Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung. . ... 2.2.22... 464 
Kryoskopische Bestimmungen bei Pflanzensäften. ... 2.2.2... 467 
Gesetzmäßigkeiten in den osmotischen Drucken. .. . 2... .... 475 
Reaktion von Säften gegen Indikatoren . . . .. . 222... 479—487 
Indikatoren verschiedener Empfindlichkeit .... 2... 2 22.2.0. 480 


Anhang: Die Herstellung von Normallösungen . ........ 487—490 


I. Anzucht von Keimlingen. 


Samen, Früchte können in der Regel erst zu keimen, Knollen, 
Zwiebeln usw. erst zu treiben beginnen, wenn ihnen, von der Not- 
wendigkeit der Überwindung des physiologischen Ruhezustandes ganz 
abgesehen, Wasser zugeführt wird: erst dann verändern sie sich in 
auffallender Weise. Es gibt wohl Reserveorgane, wie die Knollen von 
Sauromatum guttatum, die auch ohne Wasserzufuhr von außen, günstige 
Temperaturbedingungen vorausgesetzt, zu treiben vermögen, aber sie 
bilden vereinzelte Ausnahmen. Betrachten wir zunächst die Samen, 
so ist die notwendige Vorstufe der Keimung bei ihnen eine Quellung. 
Die Samen werden 10-24 Stunden in Leitungswasser eingelegt, wobei 
sie unter Wasseraufnahme ihr Volumen bedeutend erhöhen; das An- 
quellen darf natürlich niemals in geschlossenen Gefäßen geschehen, weil 
die Wasseraufnahme den Zellturgor beträchtlich vergrößert, wodurch 
das verschlossene Gefäß gesprengt werden kann. Die Zeit des An- 
quellens richtet sich nach den anatomischen Verhältnissen, in erster 
Linie nach der Durchlässigkeit der Samenhaut (Testa). Hand in Hand 
mit den Imbibitionsprozessen vollziehen sich osmotische Prozesse 
zwischen den Samenzellen, welche mit Fortschreiten des Quellungs- 
vorganges größere Dimensionen annehmen müssen, da mit der Auf- 
nahme des Wassers in das Innere des Samens wohl gleichzeitig die 
Aktivierung von Enzymen und mit ihr die Produktion löslicher Stoffe 
aus den Reservestoffen des Samens einsetzt; schon das Aufquellen der 
Stärke bedeutet eine Etappe zu deren Hydrolyse. Das Wasserquantum, 
welches von den verschiedenen Arten der Samen verbraucht wird, ist 
sehr verschieden; dafür sind wechselnde Momente maßgebend, zu- 
nächst natürlich der ursprüngliche Wassergehalt des lufttrockenen 
Samens; ferner die anatomischen Verhältnisse der Testa, dann aber 
auch die chemische Eigenart des Reservestoffes. Auch die Dauer der 
vollkommenen Durchtränkung mit Wasser ist sehr verschieden; wenn 
aber der Quellprozeß einmal eingeleitet ist, verläuft er gewöhnlich 
sehr rasch. Wie erwähnt, setzt gleichzeitig die Hydrolyse der hoch- 
molekularen Reservestoffe ein, wodurch osmotisch wirksamere Sub- 
stanzen entstehen; natürlich ist das in erster Linie bei Stärkesamen 
der Fall, so daß die Angabe von J. Böhm, daß quellende Erbsen 
einen Druck von 18 Atmosphären, das ist den einer Quecksilbersäule von 
13,5 m Höhe, zu überwinden vermögen, aus der osmotischen Wirksam- 
keit der ‘Glukose verständlich wird. Die Entstehung wasserlöslicher, 
permeierender Substanzen erklärt es auch, daß Detmer bei dreißig 
weißen Riesenerbsen, die im lufttrockenen Zustande 11,6 g wogen, nach 
48 Stunden einen Gewichtsverlust von 0,052 g an Samensubstanz kon- 
statierte, welche an das destillierte Wasser, mit dem sie in Berührung 

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 1 


>) I. Anzucht von Keimlingen. 


gestanden hatten, abgegeben worden waren. Diese Verluste betreffen 
natürlich in erster Linie auch Mineralsubstanzen und werden um so 
beträchtlicher ausfallen, je größer das osmotische Gefälle zwischen 
Zellsaft und Quellungsflüssigkeit ist, sie werden also beim Anquellen 
in destilliertem Wasser am beträchtlichsten sein. Da es aber schon in 
diesem Keimungsstadium, bei der Enzymaktivierung und dem Aufbau 
der embryonalen Teile, nicht gleichgültig ist, ob dem Samen Mineral- 
stoffe zugeführt werden, er auf seinen eigenen Aschengehalt angewiesen 
bleibt oder davon gar nach außen abgeben muß, so wird sich, abgesehen 
von der Giftwirkung des destillierten Wassers, ein Anquellen in solchem 
nicht empfehlen. In fruchtbarem Boden oder in einer zusagenden 
Nährstofflösung entwickeln sich daher gleich von Anfang an alle Or- 
gane kräftiger und freudiger, schwächliche Entwicklung der Anlagen 
macht sich gewöhnlich auch noch später bei der Weiterentwicklung des 
heranwachsenden Keimlings geltend. Das Wasser, welches die Hydro- 
lyse bewirkt, kann, wie erwähnt, bei fleischigen Reserveorganen auch aus 
dem Zellkörper der Knolle, des Rhizoms usw., bezogen werden; ein 
prägnantes Beispiel dafür liefert mein Befund an Zichorienwurzeln, bei 
denen Inulin, teils im Zellstoff gelöst, teils in kolloidaler Ausfällung, 
den Reservestoff vorstellt. Bekanntlich ist der Gefrierpunkt einer 
Lösung gegen den des reinen Wassers herabgesetzt und solche Lösungen 
in der Zelle bedeuten für die betreffende Pflanze dadurch einen Schutz 
gegen das Erfrieren, welches ja nach den Forschungen von Molisch!) 
hauptsächlich in einem Wasserentzug besteht. Die Zichorienwurzel 
kann in der Tat relativ tiefe Temperaturen vertragen, ohne daß ein 
Erfrieren oder durch Bildung von Eisnadeln Gefrieren stattfindet. 
Aber dadurch bleibt das Wasser auf lange Zeit für die Hydrolyse des 
Inulins disponibel, welche unter dem Einflusse niedriger Temperaturen 
gefördert wird, wobei die entstandene Lävulose im Stoffwechsel ver- 
schwindet. Bei etwa — 5 ° kommt es aber dennoch zu einem Gefrieren 
der Lösung, worauf die Hydrolyse augenblicklich stillsteht. Die Zahlen, 
welche die genannten Befunde illustrieren, sind folgende: 


Lävulose nach Kälteexposition | Inulin nach Kälteexposition 


Wurzeln bei von von 
Temperaturen 5. Er 5 |. .10:, ( 

on Tagen Tagen 

oO Yo 
150, cr 6,23 6,71 6,10 5,98 | 62,3 60,00 61,98 | 60,72 
Lo NT ee 6,03 6,61 5,97 6,22 | 62,00 61,73 61,65 | 62,22 
SE 5,99 7,38 7,98 8,35 | 55,00 | 51,6 45,33 | 40,00 
BB Rt 6,77 8,92 9,00 9,24 | 49,11 | 38,7 35,32 | 28,67 
F 1°, ...1 787 | 933 | 10,00 | 10,54 | 45,2 | 34,31 | 25,66 | 200 
TE TE 8,39 | 10,21 | 10,32 9,68 | 45,87 | 39,31 30,00 | 15,86 
— 2°, ...'} 10,53 | 11,82 | 11,00 | 10,66 | 38,63 | 24,39 | O/OMEsTEEEEEE 
— BP 1 0500 9,89 | 10,22 | 10,77 | 15,32 | 14,78 | 1853521 
ee a Re 9,11 9,65 9,33 9,00 13,67 13,00 12,99 12,57 


Die Zahlen entsprechen dem Mittel aus je drei Analysen. 
Über die Menge des bei der Quellung absorbierten Wassers haben 


') H. Molisch, Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen. Jena 1897. 


I. Anzucht von Keimlingen. 3 


R. Hoffmann!) und Nobbe?°) Untersuchungen angestellt; die luft- 
trockenen Samen und Früchte nahmen durchschnittlich an Wasser auf: 


Hoffmann Nobbel Hoffmann Nobbe 
% % % % 
Weizen . 45,5 60,0 kuzerne. 2 72.0075856,0 87,8 
Gerste 48,2 u Weißbkles 2 .n2r72.2.1206% 89,0 
Roggen . San — Botkleers, .. 1.0 2 7 105,3 
Hafer . 59,8 — Mohn . ee 11 12(0 - 
Buchweizen . 46,9 == Raps . . 51,0 48,3 
Mais 40,0 34,8 Olrettig . 8,0 59,5 
Hirse . 25,0 — Leindotter 60,0 — 
Linse . = .,9354 — Hanf . 43,9 — 
BITBEe: . .. . 106,8 34,0 Sonnenblume 56,5 — 
Weiße Bohne 92,1 — Weiße Rübe 62,5 51,8 
Kreuzbohne . . — INES Zuckerrübe 120,5 — 
Schminkbohne . . — 100,7 Pinus austriaca — 35,8 
Baubeime . .. . . 104 157 Wicke. 75,4 — 


Natürlich müßte man, um genaue Zahlen zu erhalten, auf die Ab- 
gabe von Gasen und gelösten Stoffen Rücksicht nehmen, sie kommen 
aber gegenüber den großen aufgenommenen Wasserquantitäten, welche 
z. B. bei Viecia Faba das Anderthalbfache des Samengewichtes betragen, 
wenig in Betracht. Die Mengen des aufgenommenen Quellungswassers sind 
besonders bei den Samen der Papilionaceen sehr beträchtlich, was wohl 
auf Rechnung der hier vorhandenen Quellschicht im Gewebe der Testa 
zu setzen ist, während die Früchte der Gramineen und die Fettsamen 
viel weniger Wasser aufnehmen. Nicht nur tropfbar flüssiges Wasser 
kann aufgenommen werden sondern auch Wasserdampf aus der 
feuchtigkeitsgesättigten Atmosphäre; die Zunahme des Samengewichtes 
in einem dampfgesättigten Raume betrug in neun Tagen nach den 
Versuchen Nobbes 16,5 %, während die Samen, an trockener Luft 
ausgebreitet, je nach der Höhe der Schicht 1,—11, % an Gewicht 
verloren. Durch einen die Konstanz der Temperatur sorgfältig be- 
achtenden Versuch Detmers wurde bei Erbsen eine Wasseraufnahme 
aus der Atmosphäre im Betrage von 1,2% festgestellt. Indessen sind 
diese Mengen nicht genügend, um Keimung zu ermöglichen, was ja 
schon daraus hervorgeht, daß beim normalen Anquellen in flüssigem 
Wasser das hundertfache Quantum aufgenommen wird und demnach zur 
Einleitung der physiologischen Keimungsvorgänge auch sicherlich not- 
wendig ist. Ein Same kann freilich auch in feuchtem Raume zur 
Keimung gebracht werden, aber nur dann, wenn infolge von Temperatur- 
differenzen Wasserdampf zur Flüssigkeit kondensiert wird, welche der 
Same dann aufnimmt. 

Nicht alle Samen einer größeren ausgelegten Quantität keimen, 
unter günstige Keimungsbedingungen versetzt, aus; die Keimfähigkeit 
hängt von den verschiedensten individuellen Eigenschaften, wie Alter, 
Reifegrad, Spezifität des Individuums, ab; das Keimprozent wird in 
Prozenten der ausgelegten Samenmenge angegeben. Verschieden ist 
ferner bei gleichbleibenden äußeren Bedingungen die Keimungsenergie 
je nach der Individualität, was man daran erkennt, daß einzelne Samen 
früher, andere später nach dem Auslegen auskeimen. Im allgemeinen 


ı) R. Hofmann, Jahresber. für Agrikulturchemie 1864, S. 108, nach 
W. Detmer. 
®2) Nobbe, Handbuch der Samenkunde, S. 119, nach W. Detmer. Ver- 
gleichende Physiologie des Keimungsprozesses der Samen. ‚Jena 1880, S. 52. 
1* 


4 I. Anzucht von Keimlingen. 


kann man wohl bei Samen derselben Ernte ein ungefähr gleichmäßiges 
Verhalten vorhersagen, wenn man darauf bedacht ist, Samen von mög- 
lichst gleichem Volumen zu wählen. Das ist besonders für solche Ver- 
suche wichtig, in welchen Vergleichskulturen unter verschiedenen 
äußeren Bedingungen aufgestellt werden sollen; man darf also für solche 
Versuche nicht nur nicht ungleich große Samen verwenden, sondern 
muß auch darauf achten, daß sich die ausgewählten Samen schon von 
der Keimung an annähernd gleich verhalten; man vergleiche also nicht 
etwa solche, bei denen das Würzelchen nach dreitägiger Keimung 
eben erst herausgetreten ist, mit anderen, bei denen es nach derselben 
Keimungszeit etwa schon mehrere Zentimeter erreicht hat; anderseits 
verwende man wieder nicht morphologisch annähernd gleiche, aber 
ungleich lang angekeimte Samen. 

Daß beim Anquellen schon eine Hydrolyse der hochmolekularen 
Reservestoffe statthat, beweist uns das überaus leichte und schnelle Ver- 
pilzen angequollener Samen, welche Befallspilzen eben durch ihren Reich- 
tum an leicht assimilierbarer organischer Substanz einen ausgezeichneten 
Nährboden bieten. Nobbe konstatierte, daß vereinzelte Samen manchmal 
allerdings nach einiger Zeit normal aufquellen, aber ohne zu keimen monate- 
lang in wasserdurchtränktem Zustande verharren können, ohne selbst 
unter günstigsten Bedingungen zu keimen. Bezeichnenderweise faulen 
solche Samen ebensowenig wie nichtgequollene, ein Beweis, daß haupt- 
sächlich die Molekülverkleinerung durch Hydrolyse den Saprophyten 
Angriffsflächen bietet. Hier ist also die Testa für Wasser durchlässig, 
aber eine Enzymaktivierung bleibt aus. Wir werden später davon 
zu sprechen haben, daß die verschiedensten Substanzen, besonders 
aber H+- und OH— -Ionen als energische Keimungsreize wirken 
können. Hier sei noch auf das Seitenstück der eben erwähnten Er- 
scheinung hingewiesen, daß nämlich eine Aufquellung längere Zeit, im 
Extrem selbst nach Jahren nicht erfolgt, weil die Testa dem Ein- 
dringen des Wassers entsprechenden Widerstand entgegensetzt. Das 
ist namentlich bei den Samen von Papilionaceen, aber auch bei Rumex 
crispus, bei Chenopodium album u. a. der Fall. Nobbe ließ in zwei 
Partien je tausend Samen von Trifolium pratense in destilliertem Wasser, 
das von Zeit zu Zeit erneuert wurde, anquellen, wobei das Wasser auf 
19— 21° C gehalten wurde, und fand Quellung nach 


Tagen PartieI Partie II, Tagen PartieI PartieIl| Tagen Partie I PartieII 
l 919 927 19 — 3 48 — 1 
3 5 8 21 — 3 52 1 1 
5 9 9 24 5 2 55 — 1 
y 7 4 26 1 1 56 l 1 
10 4 1 31 1 2 59 3 —z 
13 3 4 32 2 3 91 — 3 
15 2 3 36 1 2 147 ll 4 
16 1 2 43 — 2 156 4 3 


Summe: 970 990 


Von 400 Robiniensamen waren zehn Stück erst nach zirka einem 
Jahre, einer nach zwei und zwei Stück erst nach drei Jahren gequollen. 
Die Samen anderer Pflanzenarten quellen zwar relativ leicht, aber die 
aufgenommenen Wassermengen sind doch wenig beträchtlich, z. B. 
bei Erbsen und Bohnen, während sich bei Lupinen- und Kleesamen 
sehr große Unterschiede in der Raschheit der Quellung bei den einzelnen 
Individuen einstellen. Binnen 48 Stunden sind bei Erbsen und Bohnen 


I. Anzucht von Keimlingen. 5 


in der Regel alle Individuen gequollen. Detmer fand bei Riesen- 
erbsen nach 24stündiger Quellung eine Aufnahme von rund 90 %, 
während bei den mit einer wasserabsorbierenden Schleimschicht ver- 
sehenen Samen von Salvia pratensis, Linum usitatissimum, Cydonia 
vulgaris eine gleichmäßig reichliche Wasseraufnahme beobachtet wurde, 
so bei Cydonia 500% vom Gewichte des trockenen Samens nach 
24 stündiger und 100 % nach einstündiger Quellung. Samenindividuen 
von Riesenerbsen von größerem absoluten Gewicht absorbierten stets 
absolut mehr Wasser als die leichteren Samen, dagegen relativ 
weniger als diese, während besonders leichte Samen wieder relativ 
weniger Wasser aufnahmen als die mittleren. Nach demselben Autor 
verläuft das Tempo der Quellung in einer eingipfligen Kurve, indem 
die Wasseraufnahme zunächst geringfügig ist, dann energischer wird, 
um schließlich wieder abzunehmen. 

Es sei noch eine Tabelle von Dimitrievicz!) reproduziert, 
welcher die Wasseraufnahme verschiedener Samen bei der Quellung 
untersuchte: 


Dauer der Quellung in Stunden 


Pe 12 | 24 | 48 
Vol.-Zu- Gew.-Zu-| Vol.-Zu- |Gew.-Zu-| Vol.-Zu- |Gew.-Zu-| Vol.-Zu- |Gew.-Zu- 
nahme | nahme | nahme | nahme | nahme nahme | nahme | nahme 


mal 83770600 | 112,5 |,.89.0 | 131.2] 107.0 11437 | 11a7 
2001 87,5 682 7118,27 .|1,93,0 17353 :109,25| 143,7 De 
15 0 131,2 | 100,2 | 143,7 | 113,7 | 137,5 | 111,5 | 143,7 | 116,8 
35:017156,2 | 118,7 |. 156,2 | 120,8 | 156,2 | 120,0 | 150,0 | 117,7 
0.0 I: 31,5 35,5 47,3 ı 48,5 | 52,6 55,0 52,6 56,0 
10% 31,5 37,0 57,8 | 534 52,6 56,0 52,6 56,0 


Rotklee bei 


Baps bei ) 150| 526 | 522 | 526 | 550 | 526 | 57.0 | 473 | 56,0 
350| 52,6 | 55,7 | 57,8 | 56,8 | 63,1 | 63,9 | 57,8 | 58,0 
00| 73,3 | 60,0 | 113,3 | .79;5 | 133,3 | 91,6 | 133,3 | 101,0 
Kicher- 100| 93,3 | 63,5 | 113,3 | 82,2 | 133,3 | 100,0 | 133,3 | 101,0 
erbse bei } 15°| 106,6 | 75,0 133,3 | 97,5 | 133,3 | 101,5 | 133,3 | 101,5 


zul um (| um u un 


350| 133,3 | 97,5 | 133,3 | 99,0 | 133,3 | 101,5 | 133,3 | 101,3 


Bei Klee und Erbsen war also eine beträchtliche, bei Raps eine un- 
bedeutende Gewichtszunahme eingetreten. Bei den ersteren wiegt die 
prozentische Zunahme an Volumen vor, bei Raps ist das Gegenteil zu be- 
merken; das größte Volumen hat der Klee bei 35 ° C schon in 6 Stunden 
erreicht, nämlich 156,2 %, des ursprünglichen Volumens, das größte Ge- 
wicht bei dieser Temperatur erst in 12 Stunden, nämlich 120,8 %; von 
da ab hat eine Volum- und Gewichtsabnahme stattgefunden. Raps 
hat sein größtes Volumen und Gewicht bei 15 ° in 24 Stunden, Erbse 
bei 0° in 24 Stunden das größte Volumen, bei 15 ° in 24 Stunden das 
größte Gewicht angenommen. Temperatur und Quellungsdauer beein- 
flussen aber nicht nur die Ergebnisse der Quellung selbst, sondern nach 
dem Trocknen und Lagern bei Zimmertemperatur nimmt Gewicht und 
Volumen wieder ab, welche Abnahme mit erhöhter Temperatur und Dauer 
bei der Quellung größer wird. Auch die Farbe erleidet durch die Quellung 
Veränderungen, der Klee erscheint nach dem Abtrocknen blaßbräunlich, 
der Raps heller und rötlich, die Erbse weißlich. Da der Keimungsprozeß 
erst nach einer bestimmten Wasseraufnahme einsetzt, diese aber bei 
!) Wissenschaftlich-praktische Untersuchungen auf dem Gebiete des Pflanzen- 
baues. Wien 1875, S. 75. 


6 I. Anzucht von Keimlingen. 


Quellzeit!) 
Tage | 1 2 | 3 4 b) 7 9 

&3l 52 #8 S= [45 | 22 [45] 92 #8] 28 45] 5= 88 e 

SE Se | a8 se | a8| 53 a8 58 GE) 58 |bil Se |nE| Se 

Ssal=" |sal =" Isa 4" |SalM" Sal 4 Sole lea f4° 

| are | 

Weizen . . 1] 98| 4,00) 98| 1,12) 96 | 1,14| 94| 1,02 96| 1,00 90 1,06| 90| 1,31 
Gerste . . . . „| 72) 2,75] 70| 1,28) 18| 1,87) 4| 9,00 18| 2,33) 410,001 —| — 
Hafer . . . . .| 94 3,00| 86| 1,88| 80 2,10] 64| 3,18| 70| 3,35 22| 4,4948] 2,91 
Roggen. . . . . | 92 1,22 98| 1,24100 | 1,32) 80| 1,05] 78| 1,07|28 ,1,64| 8| 3,05 
Mais’. : 2.2 "ea 92 1,52 100 2,44 84| 2,26 84 | 3,16 64| 4,56|44 6,13 
Rispenhirse . . . [100 1,08 100 1,04 96 | 1,02100| 1,14 88| 1,13|68 1,41/58 1,69 
Moorhirse. . . . | 94| 3,02| 84| 3,14 62 4,60, 54| 5,48) 88| 4,61|50 5,80] 44|10,68 
Engl. Raigras . . | 88) 3,93) 98] 2,94| 98 | 4,44) 88| 3,09| 78| 3,48) 88| 4,38] 81| 3,54 
Franz. Raigras . 212,00] 28| 4,18! 62 10,63) 38| 9,05] 2| 3,00 4 15,00 14 | 9,66 
bein - „2.0.2 2.11168102:25317778| 2:2760066\\ 4,45| 72 3,03 30| 4,66 34 3,50] 38| 4,31 
Raps. . - 1.80) 2,00) 90 2,73 82 | 2,27| 92] 2,62 98| 2,69 80| 2,071 74| 3,81 
Sonnenblume  .+.2155615.15.806 9201787 so! 1,95 56| 2,00 80| 2,15 64 3,69] 68| 2,92 
Hanf. . . .. .| 88 1,28 86) 1,32| 80| 1,60| 74| 2,11 74| 2,97] 74| 1,48|62| 1,48 
Bohne . . . . .192| 2,22) 92) 3,43 80| 4,90 72| 6,16 92| 8,60 28 10,43| 16/13,00 
Wicke . 2 286 1,28 98) 1,20) 94 | 1,42 92| 1,54| 88| 1,65 94| 2,06| 92| 5,86 
Erbse . . . . ..1] 96| 1,04 96| 1,58) 92| 1,48' 84| 1,33|88| 1,20, 88| 1,32/80| 3,10 
Linse 25721981702 94 1,21 96 | 1,18) 90| 1,51/92| 1,52) 94| 2,27)80| 3,47 
Lupine . . . . . [100 1,20100) 1,18) 96 | 1,70| 92] 2,00] 88| 2,41|56| 3,71|20| 4,00 
Rotklee. . . . .:| 86! 1,33] 92) 1,21) 82| 1,24 84| 1,34| 90| 4,31|80| 1,35) 74| 1,89 
Luzerne . . . . | 76) 1,68) 76 1,71 80| 2,32] 78) 2,03| 72, 1,72 66| 1,75|56| 3,03 
Bibernell . . . . | 80) 4,00 76 3,31, 78| 4,05) 74| 4,89 68| 6,88] 84| 6,091 72| 6,91 
Krapp . . . . . | 28| 9,43| 24 5,33| 32| 5,78| 56| 8,07|42| 8,09|48| 7,58/40| 8,40 
Möhre . . . . .| 28| 6,00) 42 6,47) 66 4,54| 58) 5,23 86, 6,08] 46| 4,48| 36| 5,66 
Runkelrübe . . . | 92) 5,321100 2,68 100 | 3,96 100 3,96 40| 9,10|88 4,36 92 5,17 
Kornrade... . . | 28!30,10| 30123,5 | 26 21. 46| 96 22,87 8 28,92 19 09 10| 3,40 
Buchweizen . . . | 94| 3,04! 98| 2,79 28| 4,05| 84 3,74, 72| 5,75/54| 4,93) 74| 5,96 


erhöhter Temperatur rascher vor sich geht, vollzieht sich schon aus diesem 
rein mechanischen Grunde die Keimung bei höherer Temperatur schneller. 
Allzulanges Quellen bringt für die Keimung Nachteile mit sich und es 
ist darum nicht uninteressant, sich zu vergegenwärtigen, wie lange 
verschiedene Samen ihre Keimfähigkeit beibehalten, wenn sie den un- 
günstigen Einflüssen einer langdauernden Quellung in fließendem Wasser 
ausgesetzt werden?) (siehe die Tabelle oben). 

Die in der ersten Spalte (nach 24 stündiger Quellung) angeführten 
Zahlen gelten gleichzeitig als Maßstab für die Keimfähigkeit. Aus der 
Tabelle ergibt sich, daß bei den meisten Samen auch nach 28 tägiger 
Behandlung mit Wasser die Keimfähigkeit noch erhalten geblieben ist, 
%übensamen keimt selbst nach einer Quelldauer von 69 Tagen noch zur 
Hälfte, dagegen hat Gerste schon binnen neun, Roggen binnen 9—13 
Tagen die Keimfähigkeit eingebüßt. Die Dauer der ohne Beeinträchti- 
gung der Keimung möglichen Quellung hängt mit der Festigkeit und 
Undurchlässigkeit der Samenschale zusammen, denn sowie das aufge- 
nommene Wasser eine gewisse Grenze überschritten hat, nimmt die Keim- 
fähigkeit ab, indem einzelne Samenbestandteile gelöst fortgeführt werden 
und Wasser an ihre Stelle tritt. Dieser Gewichtsverlust betrug in kaltem 


') Nach Ablauf der in der Tabelle in Tagen angegebenen Quellzeit wurden 
die Samen aus dem Wasser herausgenommen und zum Keimen ausgelegt. Multi- 
plizie rt man die Zahl der Tage, während welcher die Samen ausgelegt waren, mit 
der Anzahl der jedesmal gekeimten Samen und dividiert die Summe der erhaltenen 
Produkte durch die Gesamtzahl der gekeimten Samen, so erhält man die ‚‚mittlere 
Keinzeit‘‘ in Tagen. 

:) Nach A. Zöbl in Wissenschaftlich-praktische Untersuchungen usw, 


I. Anzucht von Keimlingen. fi 


Quellzeit 
11 Deere 28 28 I YET 69 
Bel sel: il ae 85 lee ee ee ee 
Bel 25 BE 55 dE 30 BE 58 GE 58 DE 58 SE se |HE 58 |nE 38 
sale" Sal 4" sal &° sel an Isa &° sale" sale" sale" sale 
| | | | Kl | 

74| 1,43|72 1,11|36| 1,66, 2 5,00) A _ _ 
12| 4,00 |26| 6,23 LES N EEE Bee ker aaa a Mena rn 
—ı — | 2 90|-— — | -— | — |- —ı—-| | — || — 
16 6,75|24| 6,58 |20| 6,20| &| 800| 4] 0 1— — || — | — |—| — 
32| 1,5616 7,755 I — | — | 2 8001| — |— — —| — || — |—| — 
54 11,13 66| 6,39 32| 8,56 | 1816,00 | 16 9,75 18|14,88| 6| 7,00 4| 4,00 —| — 
86 6,97 |84| 5,62 |76 4,68 78| 5,02 48 6,87 72| 6,27 46| 5,04 6| 7,33 — 
812,251 610,33 21 01 — | — — ı- -|- —-—ı— -|—-| — 
28| 3,57 122 4,00|20| 5,6032 6,81 14 3951 — —| — —| — | —| — 
94| 3,49|80| 3,85 |78| 4,15 68 5,58 | 70) 4,37,26| 6,15 24| 7,291 16 3,12 —| — 
52| 2,77|52| 2,54|20| 4,20 |24| 4,66 | 24| 2,83 | 36 OU le len 
74| 1,43|80| 1,92|86| 2,25|76 2,76 68| 2,39|52| 3,84| 22| 4,09 16) 4,00 —ı — 
0 — | — ||» | 1 lo —l |) le 
86 3,34 | 66 525 88|..5,82 62) 5,51: 16, 118] — | | == | — |) = 
60 23,13 |56| 3,39\32| 2,87 | Al 6001| = | — —  — || 
90, 3,39 |76| 6,2356 4,28 10 4,01  — — — — — | —- —|—| — 
Bee 400| S| 4,00124| 5,66| 121 68,535 — — | — | — | — | — | —| — 
Barren ee ar — — — —| 40 — — I— — 
Bela 64 2,12 38| 4,44 |22| 3,91 | 1 — —| — |—| — |—| — |— | — 
92 6,5 72 7,27 50 7,48 52 8,04 73 7,38 32 8,5 1411,00 22| 8,66 —| — 
32| 8,25 |36| 7,00 12| 8,00| 8| 6,00| 20| 9,80 |16| 8,5 | ln 
59| 6,12 42| 5,43, 24 5,58] 20| 9,01 | 18| 6,44 14| 7,14 aa on 
80| 5,75 |64| 9,18 |88| 4,00 | 80| 6,00 | 86 8,14 72 5,8464 5,7584 4,24| 40, 6,20 
26|17,76 | 34|41,41 | 10 10,00 |46| 6,91 127| 8,09 | 16111,000—| — |— — |— — 
Ba alaııas | — | | — — | | 


Wasser bei Mais 4,34 %, bei Gerste 3,26 %, nach fünf und 26,04 % bzw. 
19,44 %, nach 30 Tagen. Bei Weizen hat die Keimfähigkeit ihre Grenze 
überschritten, wenn das aufgenommene Wasser 50 %, bei Mais 35 %, 
bei Roggen 75 %, bei Rispenhirse 20 %, vom Samengewicht beträgt; von 
dieser Grenze an nimmt die Keimfähigkeit rapid ab. Für Mais und Gerste 
wurde auch der Betrag der einzelnen Bestandteile festgestellt, welche 
durch Er nermnde Quellung ausgelaugt worden waren: 


E Mais, ü Mais ausgelaugt er, Gerste ausgelau; t 

100 Teile der luft- des Gerste) m Rss ae 

trockenen Substanz lufttr. | Proz. der |Proz. ber. | Proz. der | Proz. der | Proz. ber. 

Eslt normalen lufttr. 'a.d.urspr. ‚lufttr. lufttr. |a.d.urspr. 

enthalten Substanz | Substanz | Substanz Substanz | Substanz | Substanz 
Wasser . a Re 11,48 | 11,30 _— 11252 10,06 — 
Ätherextrakt (Hetb) 4,08 4,14 2,9 1,63 20 1250 
Proteinsubstanz . . . . 9,23 9,37 6,58 10,22 10,38 7,70 


Stärke- und stickstoff- 


freie Extraktivstoffe . 12,65 13,28 51,44 170,28 69,51 51,58 
INohfaser . .”. 2... 1,34 1532 0,91 313 5,42, 724802 
RKemasche ... „ua... 1,19 0,57 0,4 1,88 1,00 0,74 
Kieselsäure . . . .- « 0,03 0,02 0,014 0,74 0,93 0,69 
Phosphorsäure . . . . 0,57 0,31 0,22 0,92 0,62 0,46 
ER N 7 0,41 0,05 0,035 0,61 0,07 0,052 
Meeuesia. . . . .In 0,19 0,1 0,05 0,21 0,14 0,104 
Kalk ee 0.09 0.083 | 0,05 | 0.12 0.089 


Vom Kali war also in den ausgelaugten Körnern nicht ganz der 
zehnte Teil des ursprünglichen Gehaltes, von der Phosphorsäure und 
Magnesia weniger als die Hälfte geblieben, dagegen ist die Kieselsäure 


8 I. Anzucht von Keimlingen. 


nur wenig verändert, der Kalkgehalt durch Aufnahme aus dem Wasser 
sogar etwas erhöht. Die dichtere Spelzenhülle des Gerstenkornes schützt 
dasselbe gegenüber dem Mais vor allzustarker Auslaugung, wie ja Spelzen 
und harte Testa oder Schale einen weitgehenden Schutz gewähren. Unter- 
suchungen an Leguminosensamen ergaben, daß quellungsunfähige Samen 
absolut leichter, spezifisch schwerer und daher kleiner sind als die leicht 
quellungsfähigen; ferner sind erstere meist dunkler gefärbt und unvoll- 
kommener ausgebildet als letztere. 400 Samen von Lupinus perennis 
wogen 6,28 g, 400 nach 6 Tagen noch nicht gequollene derselben Sorte 
nur 5,99 g, das spezifische Gewicht der ersteren ist 1,168, das der letzteren 
1.23, das Volumen dieser Körner verhält sich wie 1,1: 1, wasschon mit freiem 
Auge unterschieden werden kann; ähnliches gilt auch für Luzerne und Rot- 
klee, die leicht quellungsfähigen enthalten 2,998 %, Asche, davon 3,533 % 
Kieselsäure, dieschwer quellungsfähigen 3,601 %, Asche, davon 5,83 % SiO;. 

Zur äußeren Beurteilung der Keimfähigkeit ist besonders die Beob- 
achtung der Beschaffenheit des Embryos geeignet. Man geht in der Weise 
vor, daß man an der endospermfreien Seite mit dem Skalpell vorsichtig 
Frucht- und Samenschale entfernt, mit dem Rasiermesser einen zur 
Längsachse des Embryos schrägen Schnitt durch die Mitte desselben 
führt und ihn unter der Lupe betrachtet. Vor allem ist die Farbe des 
Embryos, die sich unter dem Einflusse äußerer oder innerer Anomalien 
leicht ändert, sehr charakteristisch. Die Abweichung von der normalen 
Farbe ist umso deutlicher zu erkennen, je dunkler diese ist, je länger der 
Keim seine Lebenskraft verloren, je schädlicheren Einflüssen er ausgesetzt 
gewesen war. Ferner läßt das Verhältnis der Embryogröße zu der des 
übrigen Samenteils, sofern Endosperm vorhanden, die Stärke der Wurzel- 
bildung sowie die der Knospen etwaige Beschädigung durch Insekten 
und das Auswachsen erkennen. Auf diese Weise ist es möglich, sich in 
kürzerer Zeit und mühelos ein Urteil über die Qualität des zu verwenden- 
den Samens zu bilden. Bei derselben Samenart ist die Farbe des Embryo 
für alle Varietäten charakteristisch, aber jeder Samenart ist eine nur 
ihr eigene, charakteristische Farbe gegeben; die normale Farbe des 
Embryos der Getreidearten ist gelb gemischt mit grün und durch Vor- 
herrschen der einen oder anderen Farbe unterscheiden sich die einzelnen 
Getreidearten voneinander, der Gerstenembryo hat eine grünlichgelbe 
bis wachsgelbgrünliche Farbe, der Weizen zeigt sie viel deutlicher, Roggen 
wechselt dieselbe bis erdwachsgelbgrün, Mais ist weißgelb, selten grün- 
lich, Raps hat einen bläulichweißen Embryo (Kotyledonen grünlichgelb), 
Hanf einen weißen, Runkelrübensamen einen bläulichweißen usw. Durch 
atmosphärische Einflüsse wird eine Zersetzung des Keimes veranlaßt, 
welche sich durch Mißfärbung, durch dunklere, bläuliche, bräunliche, 
gelbbräunliche, braune, rötliche, sogar schwarzblaue Farbe kennzeichnet, 
eine Verfärbung, die eine Keimunfähigkeit des Samens anzeigt, auch 
wenn er äußerlich noch so schön aussieht; dagegen sagt das Aussehen 
der Testa nichts über den Zustand des Keimes aus, blaue und schwarze 
Gersten haben dieselbe Keimfarbe wie die lichten. Der Schnitt muß 
sehr glatt und darf nicht über die Mitte des Embryos hinausgeführt 
werden ; die Verderbnis des Keimes beginnt immer zu unterst vom Wurzel- 
ende, so daß die Knospe noch normal gefärbt sein kann, wenn die Wurzel 
bereits geschädigt ist. Man führt den Schnitt von der Knospe gegen die 
Wurzel und stellt das Korn bei auffallendem hellen Tageslicht auf eine 
schwarze Unterlage gegen das Fenster, so daß die ganze Schnittfläche 


I. Anzucht von Keimlingen. 9 


gleich gut beleuchtet erscheint. Ist die Farbe nicht gut zu unterscheiden, 
so kann man die Querschnitte mit Schwefelsäure (sp. G. 1,59) betupfen, 
bei Getreidekörnern färben sich dann gesunde, gut keimfähige Embryonen 
intensiv gelb, nach 2—5 Minuten rosenrot, welche Farbe mehrere Stunden 
erhalten bleibt; der geschwächte Keim zeigt diese intensive anfängliche 
Gelbfärbung nicht, sondern eine dunkelgelbe, die erst nach längerer 
Zeit in Rot übergeht; gesunde Keime werden durch Schwefelsäure erst 
nach 30—60 Minuten zum Quellen gebracht, geschwächte oder tote 
bedeutend früher; verdorbene färben sich schließlich mit der Säure 
braun oder werden ganz farblos. 

Eine wichtige Frage besteht ferner darin, wie lange Samen ihre 
Keimungsfähigkeit zu bewahren vermögen, wie lange also der Samen 
im latenten Leben verharren kann; die Berichte, daß Getreidekörner 
aus Mumiengräbern Keimkraft zeigten, haben sich als unrichtig er- 
wiesen. Durch Versuche von F. Haberlandt!) hat sich gezeigt, 
daß sorgfältig trocken aufbewahrte Samen immerhin eine Reihe von 
Jahren ihre Keimkraft beibehalten können, besonders dann, wenn sie 
luftdicht verschlossen gewesen waren; bei lufttrocken aufbewahrten 
Getreidearten macht sich aber doch schon im vierten Jahre eine Ab- 
nahme der Keimfähigkeit bemerkbar, während eine solche bei Körnern, 
die vor der Aufbewahrung künstlich getrocknet worden waren, sich erst 
im achten Jahre einstellte. 


| 12 Jl ahre | 11 Jahre | 10 Jahre ß I Jahre i 7 Jahre 6 Jahre UNE J ahre | 


I | 

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N & NG N& Ng N & Na | N gg |” 

Sen  |S2n)  |2m en ent Iilea| Pic 

_ Tage a0 | Tage u Tage u Tage | Tage 7 | Tage u Tage 
Rispenhirse | — — | 23 | 47] 0| 0134 |3, 16, 1235210 242. 55 0 
Lauch ..|— | — | | 01 I — | — 1| 2,01 — | — Le ® 
Bam li — | — | 15 2,4 35| 221 .2 | 2,0 4 1712.52 21.551490. 31 
Buchweizen| — — DI || = | = 6 | 5,0 1,1726.0, 74 547 | 
Ppmab. . | — | — 0720 01 0I—- | — 0 0I— | — 0 0 
Runkelrübe| 56 | 7.7 0/0 2,175 10837126:0 6 2,01 90 | 4,2 1100 | 4,6 
Gartensalat| — | — 0 0 DW 0 0 1 5,01 010 342 
Sonnen- 

Bene) I o0| ol o| oJısissies | a5 o lo |ss| 18 
Kürbis .|— | — 0 0 02,0 86,2 0 0 26 | 6,2 | 88 5,0 
Peer) 0) 0, —| 3441,43 | 3,0) 68 2,0100 | 1,8 
Melone .I —- | — | 93 2,61 — | 4,21 88 | 2,1 1100 2,01 91 | as || 7 
Paradies- | 

apfel . | — 261 14,0 18 13,1 71 1.558 1 67 9571.98, 55221262 5,6 
ei gu |. | — 72.801 0.|'0 169° 57 
Raps ..I— |—-I-  —|1—- | — 0/0 3 2,3} 6 | 2,0 0 0 
2 79, 4,31: & | 3,0 | — | — | u 21 39. ,:2,3 
rer | 01010), 0| 0 0o| 1504 0o| 0149| 35 
Bene — |.—.1.18 Au a) 0 Ds 2,51 612. 3,181260 3,0 
ns 0 0 0I — | — 8 | 177,2] 26 | 7,1 | 40 | 10,1 
Kommelr. I — | — 0.0140 De 
Luzerne . I— — | 34 | >81,.450 2 212202 2202073 2,01 — —I— | — 
Nase 2 ||| RR 6,01 0 0.’ 16: Fa57 | 221 441.46 | 3,11.86 | 32 


Am meisten beeinträchtigt wurde die Keimfähigkeit durch die längere 
Dauer der Aufbewahrung bei Lauch, Spinat, Gartensalat, Raps, Kümmel, 


ı)F. Haberlandt, Der allgemeine andwirtschaftliche Pflanzenbau, 
Wien 1879. 


10 I. Anzucht von Keimlingen. 


Möhre, weniger bei Rispenhirse, Hanf, Runkelrübe, Kürbis, Gurke, Melone, 
Sonnenblume, Paradiesapfel, Tabak, Senf, Lein, Luzerne, Fisole, am 
wenigsten bei Runkelrübe, Melone, Luzerne, Paradiesapfel, Tabak. Bei 
der Runkelrübe keimten nach 12 Jahren noch 56 %, bei Melone nach 
11 Jahren noch 93 %, bei Paradiesapfel 26 %, Tabak 30 %, Rispenhirse 
23 %, Luzerne 34 %, Fisole 26 %, Senf 23%, Hanf 15%. Der Mais be- 
hält seine Keimfähigkeit viel länger, wenn er am Kolben belassen, gut ge- 
trocknet und am Boden in nicht zu dichter Lage aufgeschichtet wird, als 
wenn man die Körner vom Kolben ablöst oder die Maiskolben aufhängt. 

Während die Samen höhere Wärmegrade trockener Luft 
lange Zeit ohne nennenswerten Schaden auszuhalten vermögen, sind sie in 
feuchter Luft schon gegen geringe Temperaturerhöhung sehr empfindlich. 
Wasserdämpfen von 75 ° C ausgesetzt, verlieren nach 15 Minuten die 
Samen von Hülsenfrüchten und Getreide ihre Keimfähigkeit, noch rascher 
werden die Samen durch heißes Wasser getötet, wenn es in ihr Inneres 
einzudringen vermag, während Samen, welche, wie die von manchen 
Medicagoarten, in kochendem Wasser nicht aufquellen, dadurch nicht 
geschädigt werden. Nobbe fand, daß die Schließfrüchte von Poly- 
gonum orientale nach halbstündigem Kochen in Wasser nicht gequollen 
und keimfähig wie zuvor waren, aber auch andere Samen, deren Hüllen 
schwer durchlässig sind, verhalten sich kochendem Wasser gegenüber 
sehr resistent, so die von Labiaten, Papilionaceen, Rosaceen, Liliaceen 
usw., dagegen verlieren die meisten Getreidekörner schon bei längerem 
Liegen in Wasser von 35 ° C ihre Keimfähigkeit. Nicht alle Samen 
sind gleich empfindlich, am meisten leiden Gerste, Buchweizen, Sonnen- 
blume, Erbse, am wenigsten Mais, Raps, Rotklee, Lein, Weizen. Bei 
50° C warmem Wasser, bei einer Temperatur, welche das Maximum 
der Keimungstemperaturen überschreitet, ist die Beeinträchtigung der 
Keimfähigkeit schon sehr merkbar, bei zehnstündiger Einwirkung 
nasser Wärme auf die Samen, die vorher nicht gequellt waren, behielten 
nur die resistentesten ihre Keimfähigkeit zum geringen Teil, bei den 
vorher durch 24 Stunden angequellten erwies sie sich als völlig erloschen. 
Auch die Zeitdauer für die Keimung wurde dadurch ungewöhnlich in 
die Länge gezogen, denn während die Kontrollgerste schon nach 2,72 
Tagen im Mittel keimte, geschah dies nach 5 stündiger Erwärmung 
in 30 grädigem Wasser erst nach 3,07, bei fünfstündiger Einwirkung 
40 grädigen Wassers erst nach 3,8 Tagen. Raps keimte in den Versuchen 
Haberlandts, denen auch die nachstehende Tabelle entnommen 
ist, normalerweise nach 2,47 Tagen; nach zehnstündigem Einquellen 
in 50 °C warmem Wasser erst nach 10,5 Tagen. Auch hier ist eine Vor- 
quellung für eine Verstärkung der Schädigung maßgebend. 

Eine andere Frage ist es, welche Wärmegrade trockener Natur 
lufttrockene Samen aushalten. Haberlandt stellte fest, daß bei 
48 stündiger Erhitzung auf 100 0 C nur 12 Samenarten ihre Keimfähig- 
keit völlig einbüßten [geprüft wurden Gramineen (28 Arten), Lilisceen 
(3), Chenopodiaceen (2), Polygoneen (1), Urticaceen (1), Kompositen (4), 
Labiaten (1), Ranunculaceen (1), Solaneen (2), Rubiaceen (1), Koniferen 
(8), Papaveraceen (1), Lineen (1), Umbelliferen (7), Cucurbitaceen (4), 
Sanguisorbeen (1), Papilionaceen (18)')], nämlich Asparagus officinalis, 


'ı) E. Haberlandt, Über den Einfluß einer höheren Temperatur auf 
die Keimfähigkeit der Samen unserer Kulturpflanzen. Allgem. land- u. forst- 
wirtsch. Zeit. I., 389 (1863). 


I. Anzucht von Keimlingen. 141 


| © Ohne vorhergehende Nach vorausgegangener 

= Einquellung 24 stünd. Einqueliung 

> | 5 stünd. Wirkg.| 10 stünd. Wirkg.| 5 stünd. Wirkg. | 10 stünd. Wirke. 
5 30°| 400 | 500 1550| 300] 400 | 500 | 550| 3,0 | 40° | 50° |55" | 300 | 409 | 500 | 55 0 

| ra Von je hundert Samen keimten 

Weizen -. . -. - . . | 98|96|88 |60—| 97| 90| 1 —196| 80 22 — 90) 44|— — 
Bossen.......| 9488/60 |48—| 72) 58 ——|78| 401 — || 50 20 — — 
Gerste . -. -. - - . [ 98[58) 5 ——| 36| 11—'—116| — — — | 8 — — 
EZ e2iT. hoolssise | Sl} 76 18 [82] 24] | 87] 3 | — 
Mais - - : - ....1 95|98|100|94| 8100 100 38 —[98|100| 58| 4l100| 981101 — 
Rispenhirse . . . . [100|]75 65 27 —| 68 45 29 — 66, 57) 121 —| 51) 41 — | — 
Moorhirse . . . . . ] 68]70|/58 |25| 6| 59 33/]18 —1|67| 62 2 —| 36 24 2| — 
Mohn. . . . . . ..1 91|— — |21—| 45 39) 3) —1—| — 1—1 40) 30 — | — 
er. . | 95|—|— |35)—| 58| 46137 | —I— | —| 33I—] 42| 41130 | — 
Buchweizen . . . . | 79|— — | 3I—| 24| 16| 2) —I—| — — —| 23) — — | — 
Bunkelrübe . . . . | 76I— — ,31| 91 59) 38)22), 1— —. 19 —| 41) 3218 | — 
eomnenblume . . . | 78I—|— |14 38| 22] 6 —|— — — —| 301 20 — | — 
one. » > fiool—|— Iasla2| sul 5alaal | | — el] auleolıa — 
Raps. . .....199-— 43'—| 69, 4939| —|— | — 3|— = I 2 — 
Bopkkohl.......| 98 Ku 156—| 64| 5640| | — — — , = 
Be... 19 |16—1 82) eellio—I—  — — — 10, — 
Ber... ..1100l—i— 2810| 92l 6814| ,2|=| — 18 — _ 50, 6 — 
we... 18 Isa 3| 83, 53) 8|-|— | — si] aaa 1 — 
aa. |... mo a er a re 
Erbse . 91J)—'—  11—| 48| 44 —|—I— | — — —| 36; 5; —|— 


Allium Porrum, Spinacia oleracea, Lactuca sativa, Apium graveolens, 
Pimpinella Anisum, Cucumis Melo, Pisum sativum, Phaseolus vulgaris 
2 Variet., Ph. coccineus und Allium sativum. Eine teilweise Vernichtung 
der Keimfähigkeit trat ein bei Zea Mais, Panicum germanicum, P. milia- 
ceum, Anethum graveolens, Foeniculum vulgare, Daucus Carota, Carum 
Carvi, Papaver somniferum, Camelina sativa, Cucurbita Pepo, Sangui- 
sorba officinalis, Trifolium pratense, die zu %, keimten. Alle 
übrigen 69 Arten keimten vollständig, 7 davon mit starker Verspätung 
(3 Var. von Mais, Panic. germ., Helianthus annuus, Papav. somnif., 
Petrosselinum sat.), 46 mit geringer, 9 ganz ohne Retardation der Keimung, 
Alopecurus pratensis und Medicago lupulina sogar mit einer kleinen 
Verfrühung. Bei Erwärmung auf 87,5 ° C durch 48 Stunden wurden 
nur Phaseolus vulg. und Cucumis Melo gänzlich getötet, 34 Arten zeigten 
sich in der Keimung um 1, (Lactuca sat. um 51, Petros. "sat. 
Zu 8 Tage) verspätet, 9 An keimten normal, bei 35 En trat eine 

1,—3 tägige Verfrühung der Keimung ein; eine Erwärmung auf 56 bis 
75° C. durch 48 Stunden ließ die Keimung bei'allen normal oder ver- 
früht eintreten. Vorsichtige und allmähliche Erwärmung 
der lufttrockenen Samen auf 56—-87,5  C hat im allgemeinen eine Ver- 
kürzung der Keimdauer zur Folge. Nach Höhn el vertragen die meisten 
Samen eine einstündige Erwärmung auf 110° C, wenn sie höchstens 
3% Wassergehalt besitzen und ihre Keimkraft nicht schon vorher 
oder durch die Trockenoperation geschwächt ist; die Maximaltemperatur, 
bis zu welcher Samen mindestens 15 Minuten ausgesetzt werden dürfen, 
liegt bei 110—125  C, für jedes Samenindividuum gilt aber ein anderer 
Grenzwert; ein solcher ist also für eine ganze Samenart oder gar alle 
Arten nicht anzugeben; jene Individuen, welche auch unter normalen 
Verhältnissen die längste Keimungsdauer haben, sind gegen alle Ver- 
änderungen der Umgebung und daher auch gegen Temperaturerhöhung 
am wenigsten resistent. Ganz ebenso wie gegen extrem hohe Tempera- 


12 I. Anzucht von Keimlingen. 


turen, so sind Samen auch gegen extrem niedere Temperaturen um so 
empfindlicher, je wasserreicher sie sind, mit sinkendem Wassergehalt 
wächst ihre Widerstandskraft gegen Frost. Nach Göppert halten 
lufttrockene Samen ohne jede Schädigung eine Temperatur von — 40 0 C 
aus, während gequollene Samen dadurch getötet wurden. Detmer 
konstatierte aber, daß die Keimteile der aus äußerlich unbeschädigten 
Weizenkörnern erzogenen Pflanzen, deren Körner im lufttrockenen Zu- 
stande dem Frost ausgesetzt gewesen waren, erheblich geringere Ent- 
wicklungsfähigkeit aufwiesen als normale Körner. Das gilt nur für die 
Erbse nicht. Auch beim Abkühlen ist langsame Erniedrigung 
der Temperatur und langsames Auftauen schädlicher als plötzliches, ganz 
ähnlich beim Erwärmen. Bei angequollenen, der Abkühlung ausge- 
setzt gewesenen Körnern verhält es sich aber umgekehrt. So fand nach 
Detmer folgendes statt: 


Gekeimt von den 


nicht gefrorenen gefrorenen, langsam gefrorenen, plötzlich 
Körnern % aufgetauten %o aufgetauten %o 
Walzen! 2 Jen 100 86 18 
Roggen . .. - 97 88 35 
Raps gr | 100 97 66,5 


Raps wie alle ölreichen Samen leiden weniger unter der Kälte, 
weil sie in ihrem flüssigen Reservematerial eine ‚thermisch aktive‘ 
(M ez) Lösung besitzen. Nach 24 stündiger Einwirkung einer Temperatur 
von — 10 ° © keimen angequollene Leinsamen nach F. Haberlandt 
bei raschem Auftauen zu 83 %, bei langsamer Erwärmung zu 79 %. 
Gequollene Leinsamen keimten nach Abkühlung auf — 24° C bei schnellem 
Auftauen noch zu 20 %, bei langsamem nur zu 1%. Im manchen Fällen 
ist aber das Einfrieren der Keimung nicht nur nicht hinderlich, sondern 
dafür ebenso bestimmend wie in anderen Fällen das Licht, ja diese beiden 
Faktoren können sich in ihrer Wirkung summieren. Über Frostkeimung 
verdanken wir namentlich W. Kinzel wertvolle Untersuchungen. 
So wurde bei Samen von Narthecium ein Keimen beobachtet, nachdem 
die Samenprobe 4 Jahre im Eise gelegen hatte; die Samen keimten 
1—2 Monate nach dem Auftauen des Eises. Bei den Obstkernen ist es 
lange bekannt, daß ein Durchfrieren der Samen nicht nur das prozentische 
Auflaufen der Kerne steigert, sondern auch im weiteren Verlaufe viel 
kräftigere Pflanzen liefert; ähnliche Erfahrungen liegen für Winterroggen 
vor. Durch die Kälte werden ruhende Reserven mobilisiert und dadurch 
nicht nur ein Überschuß von Baustoffen geschaffen, sondern die intensiv 
wachsenden kräftigen Pflanzen scheiden auch größere Quantitäten 
von Schutzstoffen aus, welche sie z. B. Pilzinfektionen gegenüber wider- 
standsfähiger machen. Namentlich ungenügend durchgefrorene Samen 
alpiner, also an Kälte angepaßter Pflanzen können, frostfrei gelagert, 
jahrelang feucht liegen, ohne zu keimen; deshalb müssen Samen von 
Aretia vitaliana, Androsace Wulffenianum, Aconitum Napellus u. a. 
genügend lange in Eis oder in gefrorenem feuchten Erdreich bei ent- 
sprechend tiefen Temperaturen eingeschlossen sein, um nach dem Auftauen 
des Eises zu keimen. Bei Stachys silvaticus, Teuerium Chamaedrys, 
Anthericum ramosum, bei einzelnen Enzianarten”’wirkt außer’ Belichtung 
auch eine Temperaturerniedrigung bis zu +2° © oder Lagern der 
trockenen Samen im Froste keimungsbefördernd. Die Saat von Gen- 


I. Anzucht von Keimlingen. 13 


tiana acaulis und G. germanica, die einen Winter lang trocken durch- 
gefroren gelegen hatte, konnte in den folgenden Jahren erst durch einen 
Anstoß von + 2° C zum größten Teil zur Keimung gebracht werden, 
während nicht durchfrorene Samenproben auf diesen Kälteanstoß nicht 
reagierten, sondern die volle Wirkung von — 5° bis — 10°C durch 
längere Zeit zu ihrer späteren völligen Keimung nötig hatten. 
Bei Clematis Vitalba mußte nach zweijährigem feuchten Lagern bei 
20 ® außer einem Temperaturanstoß von + 5° noch Lichtwirkung zum 
Ermöglichen der Keimung dazutreten; in der Natur genügt das Verbleiben 
der Samen an der Rebe den Winter hindurch, also trockenes Durchfrieren, 
um die Samen der Waldrebe zu 100 % leicht keimfähig zu machen. 


R 


b. 
Fig. 1. Keimschale nach Molisch. 


a) Querschnitt. Die Schale aus außen glasiertem Thon besitzt in R eine Doppelwand 
ringsum, in der konstant Wasser steht; das Filterpapier F, auf welchem auch die 
Samen S liegen, saugt kapillar Wasser an, so daß die Samen feucht liegen, ohne 
doch ertränkt zu werden. Die Glasplatte ? bedeckt die Schale. 

b) In der doppelwandigen Keimschale zum Keimen ausgelegte Samen. 


Die Samen keimen dann z. T. gleich aus, aber nur bei Belichtung, während 
zur Keimung im Dunkeln stärkere vorhergehende Kälteeinwirkung 
auf die im Eis eingeschlossenen Samen nötig ist. Auch hier gibt es natür- 
lich eine untere Temperaturgrenze, bei welcher die Keimung infolge 
Schädigung oder Tötung des Samens verzögert ist oder unterbleibt, 
die Temperaturerniedrigung muß ausdauernd und nicht zu stark sein. 
Menyanthes keimte, in Eis bis zu — 5 ° eine Woche lang eingeschlossen, 
in einem halben Monat zu 100 %, aus, eine 20 Tage währende Behandlung 
im Eisschrank brachte wohl in der Folge auch noch 94 %, der Samen zur 
Keimung, jedoch erst drei Monate nach Aufhören der Kältewirkung. 
Umgekehrt sind die Samen tropischer Gewächse gegen geringe Wärme- 


14 I. Anzucht von Keimlingen. 


grade außerordentlich empfindlich. Eine Begünstigung der Keimfähig- 
keit durch eine vorausgegangene Kälteperiode, welche die Samen durch- 
gemacht hatten, konnte bei sehr vielen Samenarten unter Mitwirkung 
oder ohne Mitwirkung des Lichtes beobachtet werden, eine Erscheinung, 
die ihr Analogon in dem freudigeren Treiben unserer Obstbäume nach 
Kälteeinwirkung besitzt und auf die wir noch bei Besprechung des Früh- 
treibens zurückkommen. 

Die angequollenen Samen werden nun zum Keimen ausgelegt: das 
geschieht in glasierten Tonschalen, welche mit benelztem Fließpapier aus- 

gekleidet und mit wassergetränktem Fließpapier 

bedeckt sind (Fig. 1). Zweckmäßig schneidet man 
in das kreisrunde und größer als die Schale ge- 
legte Papier, nachdem es gefaltet wurde, Franzen. 

Es läßt sich nun nach dem Wiederauffalten der 

Schale glatt anlegen. Die Samen werden dann 

auf dem mit der Gießkanne benetzten Papiere 

ausgelegt und da locker mit einem gleichfalls 
durchnäßten Papier bedeckt. Die Durchtränkung 
des Papiers darf keine allzu reichliche sein, da 
sonst allzu schnell Pilzinvasion erfolgen kann; 
besser ist es, das Besprengen in mehrstündigen 

Intervallen zu wiederholen; aber eine sorgsame 

Feuchterhaltung der Samen ist unbedingt not- 

wendig, da bei dem großen Wasserverbrauch für 
a die Reservestoffmobilisierung eine Austrocknung 
erfolgen könnte, wodurch die Wurzeln wohl lang, 
aber fadendünn und weich werden, ein Wasser- 
etiolement sich einstellt. 

Einen einfachen Apparat zur quantitativen 
Befeuchtung des Keimbettes verdanken wir F. 
Nobbe!) (Fig.2). Dient Fließpapier als Keimbett 
und bringt man in eine Porzellanschale von 20 cm 
Länge, 14 cm Breite und 3 cm Höhe je zwei 
doppelt zusammengefaltete Keimbetten, welche 
aus je einem Papierstück von 14,5 cm Breite und 
39 cm Länge hergestellt sind, nebst einer dop- 
pelten Unterlage und einer gleich großen Decke 
von je 19,5x29 cm, so beträgt die gesamte 
Fläche Papier 4.565 — 2260 gem. Ein Quadrat- 
meter Drewerhoffsches Fließpapier Nr. 251 saugt 
im Durchschnitt ungefähr 190 ccm Wasser auf; 

Fig. 2. Keimapparat nach auf 2260 gem entfallen mithin etwa 43 cem 
und mit 80 % davon, d. i. mit 36 ccm ist 

das in jeder Schale vereinigte Fließpapier vor Einbringen der Samen 
zu benetzen. Das Gewicht der Samen selbst und ihre Aufsaugungskraft 
ist hierbei nicht berücksichtigt; dasselbe kann bei kleinen Klee- und 
Grassamen vernachlässigt werden, denn 200 Kleesamen wiegen 0,3—0,4 g 
und nehmen beim Quellen ungefähr ihr eigenes Gewicht an Wasser auf. 
Für größere Samen genügt es, das Gewicht der zuzusetzenden Wasser- 
menge um das Gewicht der Samen zu vermehren. Würde nun die Schale 


- 


!) F.Nobbe, Ein einfacher Apparat zur quantitativen Befruchtung der 
Keimbetten bei Samenprüfungen Landw. Vers.-Stat. 55, 389 (1901). 


I. Anzucht von Keimlingen. 15 


samt ihrem frisch befeuchteten Inhalt nach der Beschickung gewogen, 
so läßt sich der während der Keimung eintretende Wasserverlust durch 
periodische Nachwägungen kontrollieren und ersetzen. Der Verlust 
ist in der Decke am größten, weit geringer im Keimbett selbst und der 
Unterlage, die Samen selbst trocknen am spätesten aus; gewöhnlich 
genügt also ein Besprengen der Decke mit der erforderlichen Ersatz- 
menge, aber man wird sich freilich immer überzeugen müssen, ob nicht 
doch Samen und Unterlage der Befeuchtung bedürfen. Zum quanti- 
tativen Nachfüllen des Besprengungswassers bedient man sich einer 
großen, erhöht aufgestellten, mit Wasser gefüllten Flasche, die durch 
einen Gummischlauch a mit einem in Gesichtshöhe befindlichen Meß- 
zylinder verbunden ist, aus welchem ein zweiter, in ein fein ausgezogenes 
Glasröhrchen b endigender Gummischlauch c die Benetzung vermittelt. 
Nach jeweiliger Entleerung des Meßzylinders wird derselbe durch Öffnen 
des Quetschhahnes wieder gefüllt, der den Flasche und Meßzylinder 
verbindenden Schlauch verschließt. Am Ende des unteren, aus dem Meß- 
zylinder führenden Gummischlauches, unmittelbar oberhalb des Glas- 
röhrchens, ist eine Glasperle eingeschoben, welche den Schlauch ver- 
schließt und bei einem auf sie ausgeübten Druck und bei seitlicher Zerrung 
des Gummis gleichmäßigeren Ausfluß verbürgt als ein Quetschhahn. 

Einen auf dem N o b bee schen Prinzip fußenden Apparat für Keim- 
kraftprüfungen hat J. Simon!) angegeben. Er verwendet als Keim- 
bett ziemlich grobes Fließpapier in den Dimensionen 28x 18 em. Die 
Blätter werden ein- oder mehreremal zweckmäßig in Briefform gefaltet, 
wodurch Keimdecken gebildet werden, die nach oben und unten gegen 
übermäßige Verdunstung geschützt sind. Nun bedarf der Samen je 
nach seiner Eigenart verschiedener Grade von Feuchtigkeit; Roggen 
und Weizen sind etwas trockener zu halten als Gerste und Hafer, Serra- 
della braucht zum Keimen viel Wasser, Poa muß direkt naß liegen usf., 
aber in den meisten Fällen ist ein Feuchtigkeitsgehalt von 60—65— 70 % 
im Keimbett der optimale. Beim ersten Anfeuchten geht man wegen 
der Verdunstung etwas über dieses Maximum hinaus und hält beim nach- 
folgenden Anfeuchten die genannten Grenzen ein. Destilliertes Wasser 
soll nicht angewendet werden, am besten ist Brunnen- oder Leitungs- 
wasser, welches jedoch erst Verwendung finden darf, nachdem es Zimmer- 
temperatur angenommen hat; der Zusatz kleiner Mengen von Salzen, 
besonders Kalinitrat und Kalziumnitrat, zum Wasser ist ebenfalls zu 
empfehlen. Auf eine Fließpapiergröße von 28x18 cm stellt sich nach 
den obigen Verhältnissen die zu gebende Wassermenge auf 7,5 ccm, 
für 100 g Quarzsand als Keimbett 17,3 ccm. Der Simon sche Apparat, 
welcher zum genauen and wiederholten Abmessen dieser Wassermengen 
dient, stellt eine Vereinigung mehrerer Meßbüretten verschiedener Teil- 
größen vor (Fig. 3). Bei den drei letzten fassen die bauchig oder kugel- 
förmig erweiterten Teilstücke jeweils bis zu den rot markierten Teilstrichen 
die auf den ersteren ebenfalls deutlich mit roter Schrift angegebenen 
Wassermengen (bei 15 ° C), welche den zur Befeuchtung von Fließpapier- 
oder Sandkeimmedien benötigten Quantitäten entsprechen. Die erste 
Bürette dient zum genauen Abmessen kleiner oder größerer Mengen 
von 5—250 cem. Die vier Büretten können unterhalb des unteren Teil- 


1) J. Simon, Neue Apparate zum Gebrauch bei Keimkraftprüfungen in 
der Samenkontrolle., Landw. Vers.-Stat. 71, 431 (1909). 


16 I. Anzucht von Keimlingen. 


striches jede für sich durch einen eingeschliffenen Glashahn verschlossen 
werden und stehen durch Gummiverbindungsstücke mit einem Glas- 
rohre in Verbindung, das 5 Ansätze besitzt und an der einen Seite recht- 
winklig nach aufwärts gebogen ist, wodurch der Zufluß aus einem höher 
stehenden Vorratsgefäß für Wasser vermittelt wird. Ein Glashahn an 
diesem Zulaufrohr oder am Wassergefäß bewirkt Zufluß oder Abschluß 
des Wassers. Ein Ansatzstück in der Mitte des Glasrohres trägt einen 
Gummischlauch, der in ein zu feiner eine Regulierung des 
Spitze ausgezogenes Glasrohr endigt, Wasserstromes. Die 
das zur Wasserentnahme oder zum vier Büretten endigen 
Besprengen des Keimmediums dient. in eine mit Glaskap- 
Eine vor der Spitzenmündung lie- pen bedeckte Spitze. 
gende Glasperle gestattet auch hier Wenn alle Glashähne 
geöffnet sind, dringt 
in alle das Wasser und 
füllt sie; sind alle Bü- 
retten oder die,welche 
man benutzen will 
(der Überschuß fließt 
durch ein seitliches 
Ansatzrohr ab, so daß 
die Spitze der Bürette 
gleichzeitig den ober- 
sten Teilstrich reprä- 
sentiert) vollgelaufen, 
wird der Glashahn 
des Zuflußrohres ge- 
schlossen, der Hahn 
an der zu benützen- 
den Bürette geöffnet 
und durch Druck auf 
die Glasperle die je- 
weils benötigte Was- 
sermenge entnom- 
men. 

In interessanter 
Weise versuchte A. 
Tompa (Beih.z. Bot. 
Centrbl. 12, 99[1902]) 
die'Erscheinungen der 
pflanzlichen Elektri- 
zitätin den Dienst der 
Keimkraftprüfung zu 

Fig. ? Simons Keimapparat. stellen, indem er er- 

mittelte, daß leben - 

dige Samen auf einseitige Oberflächenverletzung elektromotorische 
Kräfte auslösen, deren Potentiale über 0,005 Volt betragen. Tote Samen 
zeigen überhaupt kein Potential oder solche unter 0,005 Volt, in den 
meisten Fällen unter 0,002 Volt. Ein Laesionsstrom, dessen 
Potentiale 0,005 Volt, übersteigt, sei daher als ein Kri- 
terium des Lebens im Samen zu erachten. Der Herd der 
elektromotorischen Erscheinungen in den lebenden, noch ungekeimten 


I. Anzucht von Keimlingen. 17 


Samen befindet sich im Keimling, denn beim Entzweibrechen eines 
trockenen Vicia-Samens zeigt diejenige Bruchhälfte, die den größten 
Teil des Keimlings enthält, die vorher im vollen Samen beobachtete 
Spannung unvermindert, während der abgesprengte keimlose Kotyledo 
gar keine elektromotorische Kraft aufweist. Die Resultate des ge- 
nannten Autors wurden mittels des Kapillarelektrometers gewonnen, 
welches neben manchen anderen vor dem Galvanometer auch die Vor- 
teile der direkten Messung der elektromotorischen Kräfte, ferner einen 
rapiden Ausschlag und momentane Rückkehr zum Nullpunkt ohne 
Hin- und Herpendeln bietet '). 

Von großer Wichtigkeit ist ferner, daß die Auseinanderlagerung der 
Samen in nicht zu engen Distanzen erfolge, da sonst die Wurzelentwick- 
lung sich mangelhaft gestaltet, wohl infolge des schädigenden Einflusses 
der eigenen Atmungskohlensäure. Einen solchen Einfluß konnte ich sehr 
deutlich dort wahrnehmen, wo die Keimschalen übereinander unter eine 
mit Wasser abgesperrte Glocke gestellt worden waren. Die Samen in 
der unteren Schale, welche von der herabsickernden Kohlensäure stärker 
betroffen waren, keimten weniger intensiv als die in der oberen Schale, 
die Differenz wurde aber ausgeglichen und eine überhaupt freudigere 
Keimung erzielt, als der Abschluß mit Kohlensäure absorbierender Kali- 
lauge bewerkstelligt wurde. Dazu kommt noch, daß eine Verpilzung bei 
dichterer Aneinanderlagerung leichter eintritt, da in diesem Falle eine 
Übertragung der Pilzinfektion leichter von einem Samen auf den anderen 
erfolgt. Daß bei abgeschlossenem Keimbehältnis auch die Stoffwechsel- 
ausscheidungen des Befallspilzes die Keimung der nicht direkt an- 
gegriffenen Samen ungünstig beeinflussen können, habe ich wiederholt 
gesehen, wie überhaupt die Samen in diesem Stadium allen Ein- 
wirkungen von außen besonders leicht zugänglich sind. Die Aus- 
scheidungen keimender Samen sind uns noch völlig unbekannt, daß 
aber solche vorhanden sind und auch Individuen der gleichen Art giftig 
wirken können, beweist der Umstand, daß einmal benutztes Quellwasser 
die Anquellung anderer Samen und ihre Keimung beeinträchtigt; viel- 
leicht handelt es sich hier um ähnliehe Stoffe, wie sie auch die Boden- 
müdigkeit hervorrufen. Jedenfalls zeigt sich eine zu enge Lagerung in 
einem Zurückbleiben des Keimungserfolges, und sowie bei Mangel an 
Nährstoffen sich Hungerformen herausbilden, so ist es auch bei einem 
Mangel an Raum und Sauerstoff der Fall; denn die Keimung ist als 
Periode des Wachstums vom Sauerstoff natürlich abhängig. Wenn 
man sehr kleine Samen ankeimen will, deren Würzelchen reichlich 
mit Wurzelhaaren besetzt sind, ist es nicht zweckmäßig, Filtrierpapier 
zur Anzucht zu benutzen, da sich die Wurzeln dem Papier so fest 
anschmiegen, daß sie von ihm nicht losgelöst werden können, wie ich 
das beim Ankeimen der Samen von Cichorium Intybus erfahren habe. 
Es sei noch erwähnt, daß man gut tun wird, nicht das graue, ordinäre 
Fließpapier, sondern das reinere schwedische für die Keimschale zu 
verwenden, da die Keimung unter den eventuellen Verunreinigungen 
der ordinären Papiersorte leiden könnte. Bei der Keimung wird Wärme 
entwickelt, hauptsächlich infolge der beschleunigten oxybiotischen 


!) Auf tierphysiologischem Gebiete sind in neuerer Zeit von G. Hirth (,,Der 
elektrochemische Betrieb der Organismen‘ ,‚,Der elektrische Zellturgor‘ usw. 
München 1912, 1913) eingehende Studien über die Funktion elektrischer Prozesse 
im Lebensbetrieb angestellt worden. 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 2 


18 I. Anzucht von Keimlingen. 


Zerstörung der Hydrolyseprodukte. Göppert!) brachte Samen in 
hölzerne Gefäße, die mit einer dichten Schicht eines wärme- 
konservierenden Materials umgeben waren; mitten zwischen den Samen 
war ein Thermometer angebracht, die Samen waren nach zwei- bis 
dreitägigem Anquellen in das Gefäß gebracht worden. Die Temperatur 
stieg 9—12 ° über Zimmertemperatur. Diese ersten Versuche über 
Temperaturentwicklung beim Keimen sind aber insofern nicht einwand- 
frei, als nicht für Verhinderung von Pilzinfektion gesorgt worden war 
und die Atmung der infizierenden Organismen jedenfalls bei der Wärme- 
entwicklung eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Wiesner?) 
experimentierte mit Hanffrüchten und erzielte folgende Werte: 


Temperatur der Entwickeltes 


A: Lufttemperatur keimenden Früchte (Os in mg 

18, aseE 15,0° C 15,0° € = 

1 783073.2m 15,00% 192.07 9 — 

| 9 a.m. 15,50 „ 15,90 „ = 

10 a. m 160-1023 16,8.0%5 u 

aan) en 16.20 17,30 „ B 
| 12 a. m 1754.07, ; 1.962055 — 

ae! pD.’m, 1:0 IHRER 1 
(Sem 14,81 „, 10,3.00% 5 

2. Juni 8 a. m. IS: Ir To: Il 
3. Juni 9 a. m. Ina 19191058 Be 


Wie man sieht, beginnt die Kohlensäureentwicklung?) später als 
die meßbare Wärmeentwicklung, ein Zeichen, daß die Wärme nicht 
nur physiologischen sondern zum Teil rein chemischen Vorgängen ent- 
stammt, die bei der Quellung der Stärkekörner statthaben. Dies 
konnte Detmer auch durch den direkten Versuch erweisen. Da die 
Wärmeentwicklung nicht sehr hoch ist, muß man dafür sorgen, daß 
die entwickelte Wärme nicht zu schnell abgeleitet werde; zunächst 
darf die Wassermenge, mit der die Samen befeuchtet werden, nur äußerst 
gering sein, ferner muß eine größere Quantität der Samen auf kleinem 
Raum zusammengehäuft und schließlich das Keimgefäß von wärme- 
haltenden Medien, Watte, Werg, Flanell usw., umgeben sein. In sehr 
sinnreicher Weise verwendet M olisch für diesen Zweck die Dewarschen 
Gefäße mit Doppelwandungen (Fig. 4a), deren Zwischenraum luftleer ge- 
pumpt ist und welche die Wärme so wenig leiten, daß bekanntlich flüssige 
Luft in ihnen längere Zeit aufbewahrt werden kann. Angequollene 
Samen, in solchen Gefäßen gehalten, zeigen in der Tat sehr beträcht- 
liche Erhöhung der Temperatur über die des Versuchsraumes. Bei 
lebenden Blättern fand Molisch) innerhalb neun Stunden eine Selbst- 
erwärmung ohne Intervention von Mikroorganismen von 22 ® auf 43,9 ® 
und innerhalb 15 Stunden auf 51,5 °, also bis zu einer Temperatur, 
wo die meisten Blätter absterben. Molisch beschreibt einen hübschen 
Versuch zur Demonstration der hohen, durch den genannten Lebens- 
prozeß erzielten Temperaturen, ein Versuch, der sich zweifellos auch 
mit dicht gehäuften, keimenden Samen anstellen läßt. Ein etwa 90 cm 
hohes Glasrohr (Fig. 4b) ist unten geschlossen, oben ballonartig aufge- 


') Göppert, Über Wärmeentwicklung in der lebenden Pflanze. Wien 1832. 

:) J. Wiesner, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. 64. 

») Über die „Ersten Stadien der Kohlensäureausscheidung bei quellenden 
Samen“ hat O. Jauerka (Dissertation, Halle a. d. S. 1912) Versuche angestellt, 
und u. a. gefunden, daß bei quellenden Samen schon sehr früh eine Steigerung 
der Kohlensäureproduktion beobachtet werden kann. 

*) H.Molisch, Botan. Ztg. 1908, 8. 211. 


I. Anzucht von Keimlingen. 19 


blasen und zum Teil mit gefärbtem Äther (mit Alkannin oder Cyanin) 
gefüllt. Bringt man die bis etwa zu einem Drittel gefüllte Glasröhre mit 
ihrem geschlossenen Ende in die durch Atmung selbsterwärmte Masse der 
keimenden Samen, so fängt der Äther zu sieden an, wodurch gleich- 
zeitig besser als durch die Aufwärtsbewegung eines Hebels durch 
quellende Samen, welche Aufrichtung doch nur sehr kleine Werte er- 
reichen kann, die Umwandlung von chemischer in mechanische Energie 
demonstriert ist. In analoger Weise läßt sich das Schmelzen von Kakao- 
butter oder Paraffin einem Auditorium demonstrieren. Übrigens lassen 
sich statt der immerhin kostspieligen Dewar-Gefäße nach Hempel 
(Ber. d. D. chem. Ges. 31, 2994 (1899) gewöhnliche Glasgefäße ver- 
wenden, die man in reine trockene Wolle verpackt. Vergleichende Ver- 
suche ergaben, daß Wolle oder Eiderdaunen so gute Isolatoren sind, 
daß sie wahrscheinlich nur von 
den besten Dewar-Röhren darin 
erreicht werden, hingegen die 
gewöhnlichen käuflichen Röhren 
darin wesentlich übertreffen. 


Fig. 4. leere Versuchsanstellung zur Demonstration oe durch ehe 

Prozesse entwickelten W; irmemenge. — a) Dewargefäß: S— Samen; D= luftleer 

gepumpte Doppelwandnng; W=W attelage; t= Thermometer. — b) Demonstration 
der Wäremeentwicklung "mittels siedenden Äthers. 

Von den äußeren Einflüssen auf den Fortgang der Keimung 
sei zunächst der des Lichtes behandelt. Diesbezüglich verhalten sich die 
Samen verschiedener Pflanzen sehr verschieden, in manchen Fällen 
befördert Dunkelheit den Keimungsprozeß, so bei den Scheiben- und 
Randfrüchten von Chrysanthemum viscosum und Chr. coronarium, 
während bei Pflanzen derselben Gattung, bei Chrys. seg. grandiflorum 
und Chrys. Myconis, die Dunkelheit verzögernd wirkt, übrigens auf- 
fallenderweise auch auf die unterirdischen Samen von Cardamine cheno- 
podifolia. Oder es erhöht Verdunkelung nur die Keimungsenergie aller 
Früchte, setzt aber das Keimprozent herab, wie bei Sanvitalia procum- 
bens und Dimorphotheca hybrida, schließlich kann die Dunkelheit auch 


9%* 
a 


20 I. Anzucht von Keimlingen. 


gewissen Früchten einer Spezies gegenüber indifferent sein, auf andere 
derselben Spezies dagegen beschleunigend oder verzögernd einwirken, 
zum Beispiel bei Chardinia xeranthemoides verzögernd auf die Scheiben- 
früchte, indifferent gegen die Randfrüchte. Andererseits gibt es wieder 
Früchte, so die von Ximenesia encelivides usw., welche im Licht und 
im Dunkeln fast in gleicher Weise keimen (Becker). Durch neuere 
Arbeiten, vor allem von Lehmann, Kinzel, Gaßner, Baar!) 
u. a., ist die früher geltende und namentlich von Nobbe vertretene 
Anschauung, das Licht beeinflusse den Keimungsprozeß nicht, wider- 
legt. Schon die Versuche von Ingenhouß zeigten, daß die 
Keimungsenergie von Senfsamen durch das Licht herabgedrückt wird. 
Sechzig Senfsamen wurden auf eine mit feinstem Filtrierpapier über- 
zogene Korkscheibe ausgelegt und teils im vollen, teils im gedämpften 
Lichte, teils unter Lichtabschluß gezogen, wobei die belichteten Samen 
um mehrere Tage in der Keimung zurückgehalten wurden; zu analogen 
Resultaten gelangte Senebier, während nach Saussure die ersten 
Stadien des Keimungsprozesses durch das Licht nicht beeinflußt werden 
sollen, eine Anschauung, die von Nobbe übernommen wurde und bis 
auf die neuere Zeit herrschend geblieben ist. Indessen wissen wir heute, 
daß ebenso wie bei einer Reihe von Samen durch das Licht die Keimung 
verzögert oder sogar ganz hintangehalten werden kann, in anderen 
Fällen das Licht zur Erzielung der normalen Keimung nicht nur förder- 
lich sondern sogar notwendig ist. So fand W. Kinzel, daß frisch- 
geerntete, im Keimbette belichtete Samen von Nigella sativa sich nicht 
allein zu 100 % keimunfähig erwiesen, sondern sogar in ihrer Keim- 
anlage so verändert wurden, daß nachfolgende Verdunkelung während 
langer Zeit keine Keimung hervorrief. Die gleichen Samen keimten 
aber bei völliger Verdunkelung schon nach vier Tagen zu 97 % aus. 
Kinzel schreibt dem dunkelgelben, in Abwesenheit des Lichtes ent- 
standenen xanthophyllähnlichen Farbstoffe eine große Rolle als 
„Attraktionszentrum für wandernde Kohlehydrate® und als Er- 
nährungsvermittler zu, während die schlechte Entwicklung der Licht- 
keime auf das je nach Intensität des Lichtes mehr oder weniger un- 
vollkommene Entstehen dieses Farbstoffes zurückgeführt wird. Um- 
gekehrt entsteht in den ‚„Lichtsamen‘“ von Poa schon vor dem Auf- 
brechen der Samen Chlorophyll, worauf hier das Lichtbedürfnis zurück- 
zuführen sein dürfte. Die genannte Erscheinung bei Nigella bringt die 
vereinte Wirkung des Lichtes und einer bestimmten Temperatur zu- 
stande, indem die belichteten Samen bei 10—15 ® zwar noch wesentlich 
langsamer auskeimen als verdunkelte, nämlich in vier Wochen statt in 
vier Tagen, aber doch nicht in jenem eigenartigen Latenzzustande ver- 
harren, der bei 200 C unter dem Einfluß des Lichtes sich einstellt und 
den Kinzelals ‚lichthart‘“ bezeichnet. Solche Samen können ebenso 
wie hartschalige viele Monate bei 20 ® feucht gelagert werden, ohne zu 
keimen. Erst eine vereinte Wirkung von Verwundung und Temperatur- 


ı) Lehmann, Ztschr. f. Bot. 4, 465 (1912); Ber. d. D. bot. Ges. 27, 


476 (1909), 29, 577 (1911). — Kinzel, Ber. d. D. bot. Ges. 27, 536 (1909); 
Frost und Licht als beeinflussende Kräfte bei der Samenkeimung. Stuttgart 
1913. Gassner, Ber. d. D. bot. Ges. 28, 350 (1910), 29, 708 (1911); Jahrb. 


d. Hamb. wiss. Anst. 29 (1911). Baar, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss., 
Wien 121 (1912), 122 (1913). — Becker, Beih. z. Bot. Zentralbl. 29, 21 (1912). 

Lehmann u. Ottenwälder, Ztschr. f. Bot. 5, 337 )1913). — Lehmann, 
Sammelreferat, Zeitschr. f. Bot. 5, 365 (1913). 


I. Anzucht von Keimlingen. 1 


erhöhung auf 30° vermag es, solche lichtharte Samen, die schon 
monatelang feucht gelegen hatten, zu 76% zum Keimen zu bringen. 
Das Versuchsmaterial wurde durch künstliche Belichtung unter einem 
abwärts brennenden Auerbrenner gehalten. 

Das entgegengesetzte Verhalten zeigen die Lichtsamen von Poa 
pratensis, bei welchen aber ebenso wie bei den Dunkelsamen von 
Nigella nur ganz frische Samen so exklusiv reagieren, daß die Keimung 
entweder erfolgt oder gänzlich ausbleibt. Samen von Poa und Sellerie- 
samen keimen im Dunkeln nicht. Frische Poasamen, die am Lichte 
bei 20°C in zehn Tagen zu 95 % keimten, gehen im Dunkeln unter 
vollkommen gleichen Bedingungen (auf sterilem Filterblock in Petri- 
schalen) bei 20°C ebenso wie Apium graveolens nicht auf. Durch ab- 
wechselnde Belichtung und Verdunkelung läßt sich bei diesen die 
Durchlaufung ganz beliebiger Keimungskurven erzwingen, wobei jedoch 
als Nebenwirkung bei sehr häufiger und gewaltsamer Unterbrechung 
der Lichtkeimung die Lebensenergie der Samen so geschwächt wird, 
daß in der Folge erst bei viel stärkeren Lichtintensitäten Keimung 
erfolgt, während mehrere Monate hindurch dauernde, schwächere Be- 
leuchtung keinen Keimungserfolg zeitigt. Allium Cepa-Samen keimen 
bei 20° im Dunkeln in vier Tagen zu 75 %, im Licht nur zu 7%, 
Allium ascalonicum in acht Tagen im Verhältnis 7% im Licht zu 
95% im Dunkeln. Temperatur und Belichtung stehen überhaupt in 
korrelativem Verhältnis. Bei Nigella arvensis keimen im Sonnen- 
lieht bei 20 0C 0%, bei 20—30 ° keimen 55 %, im schwachen Licht, 
abwechselnd verdunkelt und selten belichtet 88 %. Asphodelus ramosus 
keimt im Dunkeln bei 20 ® zu 90 %, im Licht nur zu zirka 35 %, dagegen 
auch im Lichte zu 90 % bei 14°C. Auch die einzelnen farbigen Licht- 
anteile stehen zur Temperatur in einem Verhältnis in bezug auf Retar- 
dierung oder Beförderung der Keimung. Das Keimungsoptimum liegt 
im Violett bei 20° C mit 92%, während dasselbe Violett bei 14° 
schädigend wirkt; überhaupt scheint bei niedrigerer Temperatur die 
blaue, bei höherer die rote Hälfte des Spektrums stärker und dauernd 
zu schädigen, ein Optimum liegt für alle Temperaturen im Gelb, ein 
gleiches auch hinsichtlich des späteren Wachstums der Keimlinge bei 
20°C im Violett. Hellblau retardiert ebenso wie dunkles Rot kräftig 
bei 20 ®, während beide bei 14 ® fast keinen Einfluß üben. Lehmann 
äußert sich in der Weise, daß er sagt, die durch Licht in der Keimung 
begünstigten Samen würden durch die Strahlen geringer Brechbarkeit, 
also Rot bis Gelb, gefördert, während für Dunkelsamen Grün bis Violett 
günstig ist. Dieser Satz ist aber nicht allgemein, sondern es gibt recht 
viele Ausnahmen. Ferner ist es eine wichtige Frage, ob das Licht bei 
der Keimung als strahlende Energie oder durch seine thermische Kraft 
wirkt. Speziell bei den Gramineensamen hat sich gezeigt, daß inter- 
mittierende Temperatur das Licht vollständig ersetzen kann und daß seine 
Wirkung hier hauptsächlich den dunklen Wärmestrahlen zuzuschreiben 
ist, während die leuchtende Spektralhälfte nur durch die Umwand- 
lung der Lichtstrahlen in Wärmestrahlen in Betracht kommt, so daß 
es wahrscheinlich geworden ist, daß Poa und die anderen Gramineen- 
samen nicht unter die Lichtkeimer gehören. Dagegen fand H. Baar 
bei den Samen von Amarantus und Physalis, daß sich hier die hemmende 
Wirkung des Sonnenlichtes durch Ausschaltung der Wärmestrahlen 
nicht vermindert. Nebenbei bemerkt sei, daß sich aus den beachtens- 


BD) I. Anzucht von Keimlingen. 


werten Untersuchungen dieses Autors ergeben hat, die Samen mehrerer 
Amarantus-, Celosia- und Blitumarten seien lichtscheu, ihre Keimung 
werde durch Verdunkelung auffallend gefördert. Dieses Resultat ist 
deshalb besonders interessant, weil in den meisten Fällen das Verhalten 
der Samen von verschiedenen Arten einer und derselben Gattung dem 
Lichte gegenüber unter sonst denselben Bedingungen ein ganz ver- 
schiedenes ist und Baar selbst fand, daß von den dimorphen Samen 
von Chenopodium album bei einer Temperatur von 10—15 ® C die mit 
glänzend schwarzer Hülle versehenen vom Lichte in der Keimung be- 
günstigt werden, während die hell gefärbten sich indifferent verhalten. 
Außer solchen profusen Fällen ist in der großen Familie der Gesneriaceen 
durch W. Figdor!) ein Fall bekannt geworden, wo die Samen aller 
Arten ausschließlich im Lichte keimen. Die Amarantaceen bilden darin 
gewissermaßen ihr Gegenstück; die Dunkelkeimung ist bei ihnen so 
zum Artcharakter geworden wie bei den Gesneriaceen die Lichtkeimung. 
Zur Beurteilung des Einflusses der einzelnen Lichtfarben wurden von 
Baar flüssige Strahlenfilter benutzt, die entsprechenden Flüssigkeiten 
in Petrischalen eingefüllt, die nach dem Prinzip der Sennebierschen 
Glocken konstruiert waren (Fig. 3), aber vor diesen den Vorteil boten, 
die Lichtintensität bedeutend weniger abzuschwächen als diese. Während 
die Keimung der lichtempfindlichen Ama- 
rantussamen unter Bedingungen, welche 
die Lichtempfindlichkeit verstärken (Un- 
terlassen der Vorquellung, niedere Tem- 
peratur) durch alle Spektralbezirke des 
Lichtes in gleicher Weise gehemmt wurde, 
a ee. zeigte sich bei den Samen von Physalis 
Franchetti eine ausgesprochene Bevorzu- 
gung bestimmter Lichtanteile, ein Optimum in Orange und Gelb, eine totale 
Hemmung bei Grün und ein zweites, aber tieferes Optimum bei Blau bis 
Violett; diese Lichtkeimer folgen also ebensowenig wie die dunkel- 
keimenden Amarantussamen der Lehmannschen Gesetzmäßigkeit. 
Die Verhältnisse, unter denen der betreffende Samen am Mutter- 
organismus zur Reife gelangt ist, beeinflussen auch die Keimung, so 
konnte Atterberg zeigen, daß Getreidesamen, welche bei niederer 
Temperatur gereift waren, zeitweise ein niedereres Temperaturoptimum 
bei der Keimung haben als solche, die unter hohen Temperaturen ihre 
Reife erlangten. Kinzel erntete Samen von Drosera- und Pinguicula- 
pflanzen, die bei 50 ° C erzogen worden waren, welche dem Lichte gegen- 
über sich ganz anders verhielten als Samen von Pflanzen, die bei 
niederer Temperatur gehalten worden waren. Lubimenko?°) kam 
sogar zu dem Satze, daß geradezu die Lichtintensität oder Dunkelheit, 
in welcher die Samen sich entwickeln, das Maximum ihrer Keimungs- 
energie bestimmt. Natürlich steht die Keimkraft auch zum Reifegrad 
und zur Gesamtentwicklung des Samens in Beziehung, aber auch die 
Keimungstemperatur zeigt zu diesen Momenten ein Verhältnis, indem 
beispielsweise schlecht genährte Getreidekörner in hoher Temperatur 
weniger gut keimen als in niederer. Einen großen Einfluß auf die 
Keimungsvorgänge übt das Lagern der geernteten Samen und die dabei 


VI 
q; SE Smean pres arnen 07 


') W. Figdor, Ber. d. D. bot. Ges. 25, 582 (1907), 31, 648 (1913). 
:) Lubimenko, Revue gen. de bot. 23 (1913). 


I. Anzucht von Keimlingen. 93 


sich vollziehenden Nachreifungsvorgänge. Durch die Nachreife gewinnen 
Getreidekörner im Laufe eines Jahres 50 % an Keimvermögen. Während 
frische Samen von Poa pratensis im Dunkeln nicht, im Lichte dagegen 
zu 88 %, auskeimen, gleicht sich diese Differenz innerhalb eines Jahres 
vollkommen aus. Während bei manchen Samen eine kurze Zeit der 
Nachreife schon diesen Einfluß des Lichtes auslöscht, kommen z. B. 
Gesneriaceensamen zu keiner Zeit der Nachreife im Dunkeln zur Keimung; 
ebenso fand Lehmann, daß Samen von Gloxinia hybrida auch nach 
31, Jahren, hart an der Grenze, wo die Keimfähigkeit überhaupt er- 
lischt, ebenfalls nur im Lichte zur Keimung zu bringen waren. Nach 
Heinricher und Kinzel steht die Lichtempfindlichkeit in ge- 
wissem Grade im umgekehrten Verhältnis zum Alter der Samen. Frische 
„Lichtsamen‘‘ werden besonders stark durch die Dunkelheit geschädigt, 
frische ‚„‚Dunkelsamen‘‘ besonders stark durch das Licht. Manche Samen 
besitzen eine ausgesprochene Ruheperiode, so die von Amarantus retro- 
flexus, die im Herbst reif werden, aber weder um diese Zeit, noch auch 
im November und Dezember zum Keimen zu bringen sind, und zwar 
weder im Licht noch im Dunkeln. Die Ruheperiode dieser Samen kann, 
wie Baar gefunden hat, durch Behandeln mit verdünnten Säuren 
unterbrochen werden, aber diese Ausschaltung der Ruheperiode durch 
verdünnte Salzsäure oder Phosphorsäure gelingt auch nur bei einem 
Teile der Samen (im Maximum bei 50 %) und auch nur im Dunkeln. 
Die Säure wirkt hier als Keimungsreiz, denn auch bei trocken unter 
Zimmertemperatur aufbewahrten Samen klingt die Ruheperiode gegen 
den März zu aus, und während im Zimmer unter normalen Temperaturen 
im Dunkeln eine Keimung erfolgen kann, läßt sich eine solche bereits 
im November durch Erhöhung der Temperatur auf 30 0 C erzwingen. 
Der wichtigste der Faktoren, welcher die Lichtempfindlichkeit der 
Samen beeinflußt, die Temperatur, wurde auch von Baar berück- 
sichtigt. Die ersten eingehenden diesbezüglichen Versuche stammen 
von Lehmann, welcher zeigen konnte, daß Angaben über einzelne 
Licht- bzw. Dunkelkeimer ungenau waren, insofern es sich nicht um 
eine absolute Unfähigkeit handelt, im Licht oder im Dunkeln zu keimen, 
sondern daß diese Eigenheit durch die Temperatur sehr wesentlich 
modifiziert werden oder gar in das Gegenteil umschlagen kann. ‚Ohne 
Angabe wenigstens der ungefähren Temperatur haben Lichtkeimungs- 
versuche überhaupt keinen Zweck mehr. Andererseits können wir aus 
den immerhin erheblichen Schwankungen der Temperatur im Labora- 
torium, welche, soweit unsere bisherigen Versuche erkennen lassen, doch 
keinen modifizierenden Einfluß auf die Liehtkeimung hatten, schließen, 
daß die Temperaturunterschiede, welche die Lichtempfindlichkeit ver- 
ändern, immerhin erhebliche sein müssen.‘‘ Natürlich kann aber der 
Lichteinfluß nicht einfach auf Temperaturwirkung zurückgeführt werden 
und das Licht braucht durch Temperaturen (wie bei Poa) und selbst 
hohe Temperaturen nicht ersetzbar zu sein. Lehmann fand in Phlox 
Drummondii einen Fall, in welchem Licht und Temperatur in der Weise 
gleichsinnig wirkten, daß das Licht bei niedriger Temperatur die Keimung 
schädigte, die erhöhte Temperatur aber auch im Dunkeln die Keimung 
herabsetzte, während Licht und hohe Temperatur gemeinsam die Keimung 
ganz oder fast ganz verhinderten. Aber auch der Ersatz der Lichtwirkung 
durch Temperatur wechsel, wie er bei Poa ermöglicht wird, scheint 
viel weiter verbreitet und ließ sich beispielsweise auch bei Epilobium 


94 I. Anzucht von Keimlingen. 


hirsutum und Veronica longifolia feststellen. Nach Baar erwies sich 
bei Amarantussamen die Keimungshemmung durch das Licht bei den 
niedrigen Temperaturen von 5—10 ° C am größten und auch noch bei 
15 ° beträchtlich, bei 20 ° dagegen bereits minimal, bei 25—30 ° keimen 
die Samen im Licht und im Dunkeln gleich gut, bei 35 ° C vollzieht sich 
eine Umstimmung der Lichtempfindlichkeit, die Zahl der im Lichte 
auftretenden Keimungen überwog die der verdunkelten Kulturen, und 
bei 90° © keimen dieselben Samen, welche bei 5° nur im Dunkeln 
keimten, ausschließlich im Lichte. Gaßner hat festgestellt, daß 
die Scheinfrüchte der südamerikanischen Graminee Chloris ciliata, deren 
Keimung durch das Licht günstig beeinflußt wird, im dunkeln Keim- 
bett bei höherer Temperatur gehalten, später auch im Lichte nicht 
mehr auskeimen, daß aber die Dunkelheit ihren schädlichen Einfluß 
verliert, wenn die Temperatur während des Aufenthaltes im Dunkeln 
unter dem Keimungsminimum bleibt. Der Apparat, welcher für kon- 
stanle Temperaturen und Tageslichteinfall benutzt wurde, bestand in 
einem großen, heizbaren Wasserbehälter, der oben mit einem schräg- 
stehenden Drahtgeflecht bedeckt war, auf dem sich in schräger Lage 
gegen den Horizont die mit reinstem Filtrierpapier ausgekleideten Petri- 
schalen befanden, in denen die Samen zum Keimen ausgelegt waren. 
Der ganze Apparat war oben durch ein abnehmbares Glasfenster ver- 
schließbar, so daß er äußerlich die Form eines Mistbeetkastens hatte. 
Es ist wichtig, daß man nie mit direktem, sondern stets nur mit zer- 
streutem Tageslicht (Schattenseite des Laboratoriums) beleuchtet. Dort, 
wo konstante Lichtquellen angewendet werden, bedient man sich meist 
des Inkandeszenzlichtes von Nernst oder der Bogenlampe: in beiden 
Fällen ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Kerzenstärke der Licht- 
quellen .durch den Gebrauch abnimmt; beim Nernstlicht werden den 
Intensivbrennern ebenso wie bei der Quarzglasquecksilberlampe (bei 
welcher aber die sehr großen Mengen Ozon berücksichtigt werden müssen, 
die sich beim Gebrauche entwickeln) empirische Tabellen mit der ab- 
fallenden Kurve der Lichtintensitäten beigegeben. Die Wärmewirkung 
der Lichtquelle wird, natürlich auf Kosten der Intensität, durch Wasser- 
filter ausgeschaltet. 

Von großer Wichtigkeit ist Gaßners Entdeckung, daß die Samen- 
spelzen bezüglich des Lichtbedürfnisses von Chloris eine entscheidende 
tolle spielen, indem nicht entspelzte Körner fast nur im Lichte zur 
Keimung zu bringen waren, entspelzte aber ebensogut im Lichte wie 
im Dunkeln. Die Samen von Chloris ciliata keimen also an sich auch 
im Dunkeln, durch die Spelzen werden sie zu obligaten Lichtkeimern. 
Ebenso wie aber die unentspelzten Samen sofort dem Tageslicht 
ausgesetzt werden müssen, um die Wirkung der Belichtung zu erfahren, 
so liefert auch die Entspelzung nur dann maximale Keimprozente, 
wenn die Samen sofort entspelzt ins dunkle Keimbett gelegt werden 
und nicht erst einige Zeit unentspelzt im dunkeln Keimbett liegen. Die 
Spelzenfunktion besteht höchstwahrscheinlich in einer Erschwerung des 
Sauerstoffzutrittes zum inneren Korn, denn Behandlung mit reinem 
Sauerstoff und Entspelzung haben den gleichen Erfolg. Die an sich 
auch in Dunkelheit keimenden entspelzten Körner verwandeln sich 
bei Erschwerung des Sauerstoffzutrittes in Lichtkeimer. Aber auch 
ein vorausgehender Aufenthalt der nicht entspelzten Körner im dunkeln 
Keimbett bei niederen Temperaturen (6—10 ®) machte die ursprünglich 


I. Anzucht von Keimlingen. 35 


auch in Dunkelheit keimenden entspelzten Körner zu Lichtkeimern. 
Diesen Effekt hat aber nicht eine bestimmte niedere Temperatur, sondern 
alle Temperaturen unter dem Keimungsoptimum, das heißt der Tem- 
peratur des schnellsten Keimungsverlaufes, hier etwa von 30 ® abwärts, 
soweit nicht eine dauernde Schädigung der Keimkraft des Samens 
durch die niedrige Temperatur eingetreten ist. Übrigens keimen ent- 
spelzte Körner im Dunkeln und im Licht gleich gut nur dann, wenn 
sie gut nachgereift sind, dagegen zeigen sich auch die entspelzten Körner 
durch das Licht in der Keimung befördert, wenn sie ungenügend nach- 
gereift sind. Durch die Nachreife wird also eine gewisse erhöhte Keimungs- 
energie hervorgerufen, welche bei entspelzten Körnern, also bei maxi- 
malem Sauerstoffzutritt, die Wirkung des Lichtes entbehrlich macht. 
Wenn demnach entspelzte Körner geringer Nachreife obligate Lichtkeimer 
sind, so muß man daran denken, daß durch die chemische Wirkung 
des Lichtes im Einvernehmen mit den mineralischen Reservestoffen 
beschleunigter Abbau hochmolekularer Substanzen oder inaktiver En- 
zymformen erfolgt, wodurch dann Material für die Prozesse des Keimungs- 
stoffwechsels gegeben ist. Möglicherweise kommt es unter dem Einflusse 
des Lichtes auch zur Beschleunigung von Synthesen, aber die Unent- 
behrlichkeit des Sauerstoffs läßt eher auf Vorgänge der Zerspaltung 
schließen, welche das Licht in hervorragendem Maße zu katalysieren 
imstande ist, worüber wir durch die Forschungen von C. Neuberg!) 
orientiert worden sind. Ungenügende Nachreife und ungenügende 
Temperaturen summieren sich in ihren Wirkungen ebenso wie ungenügen- 
der Sauerstoffzutritt. Auffallend ist die Verfärbung, welche bestimmte 
Partien der Samenschale erfahren, wenn die Keimung aus irgendeinem 
Grunde verzögert ist: diese Verfärbung, anfangs dunkelbraun, später 
schwarz, betrifft jenen Teil der Samenschale, welcher den Embryo be- 
deckt und die längere Zeit im Keimbett ungekeimt verbliebenen Körner 
mit dem anscheinend schwarzen Embryo (der aber ebenso wie das Nähr- 
gewebe sich niemals schwarz färbt) bieten ein charakteristisches Bild. 
Dieses auffällige Eintreten von Veränderungen in der Färbung der 
Samenschale weist stets auf Anomalien im Keimungsverlaufe hin. Da 
die Keimung ein biochemischer Vorgang ist und eine Beschleunigung 
der Keimung auf einer Beschleunigung der in Rede stehenden Prozesse 
beruhen muß, chemische Vorgänge aber bei höherer Temperatur schneller 
verlaufen, ist es begreiflich, daß eine Steigerung der Keimprozente durch 
das Licht bei gleichzeitiger niederer Temperatur nicht hervorgerufen wird, 
ja, daß sogar niedere Temperatur infolge gleichsinniger Wirkung mit der 
Kälte eine Hemmung hervorruft. Die Lichteinwirkung zum Auslösen der 
Keimung wird unnötig, die Keimung erfolgt also auch bei Dunkelheit, 
wenn die Körner statt in destilliertem Wasser in Knopscher Nährlösung 
oder auf Erde zum Keimen gebracht werden. Die beschriebenen Tat- 
sachen sind zuerst durch Lehmann, dann von Gaßner beiden Körnern 
von Chloris ciliata gefunden worden und eine Verallgemeinerung wäre sicher- 
lich verfrüht, aber es macht doch den Eindruck, als ob die keimungsbeein- 
flussenden Momente, Licht, Temperatur, Nachreife, Sauerstoff, qualitative 
Beschaffenheit des Keimbettes, in ihrer Wechselwirkung bei jeder Samen- 
keimung wirksam sind und daß jedenfalls beim Ankeimen in allen Fällen auf 
diese Momente ein Augenmerk gelenkt werden müßte. Auf die Wichtig- 


1) C. Neuberg, Die Beziehungen des Lebens zum Lichte, Berlin 1913. 


6 I. Anzucht von Keimlingen. 


keit des Substrates für die Lichtkeimung bei Samen hat schon früher 
G. Lehmann aufmerksam gemacht, welcher zeigen konnte, daß 
Samen von Ranunculus sceleratus, die auf Filtrierpapier im Dunkeln 
nicht keimten, unter sonst gleichen Bedingungen auf Erde oder Knop- 
scher Nährlösung bestimmter Konzentration leicht im Dunkeln zur 
Keimung gebracht werden konnten. Einen wie großen Einfluß die 
Wahl des Filtrierpapieres als Keimbett übt, zeigte EE Lehmann 
an den Samen von Atropa Belladonna, die einmal auf gewöhnlichem 
(ungereinistem) Filtrierpapier, das anderemal auf Filtrierpapier Nr. 400 
von Drewerhoff, Dresden, zur Keimung ausgelegt, im ersteren Falle 
zu 0 % keimten, im letzteren zu 40 %. Die Samen des französischen 
Raygrases zeigen im Keimbette große Neigung, zu verschimmeln und zu 
faulen. M. Heinrich!) brachte die Samen entspelzt ins Keimbett, 
wodurch der Keimungsverlauf sehr beschleunigt wurde, einerseits infolge 
Wirksamkeit des Sauerstoffs auf die Mobilisierung der Reservestoffe, ander- 
seits auf die Zerstörung der Bakterien, denn die das Faulen verursachenden 
Bakterien sitzen hauptsächlich zwischen den nackten Samen und den 
ziemlich losen Spelzen. Statt des Filtrierpapieres haben sich übrigens 
Baumwolläppchen bewährt. Sie haben den Vorteil vor Filtrierpapier, 
abgesehen von dem etwas größeren Keimergebnis, sich bequemer hand- 
haben zu lassen, da die Samen beim Befeuchten nicht so leicht zu- 
sammengespült werden und beim Abheben der Keimlinge die Würzel- 
chen weniger fest an der Unterlage haften. 

Einen sehr zweckmäßigen Keimapparat, den Lehmann u. a. auch 
für die Prüfung des Lichteinflusses auf die Keimung benutzt haben, hat 
Rodewald?) angegeben; derselbe besteht aus einem Zinkblechkasten, 
in welchem eine Drainage aus Glasröhren liegt (Fig. 6). Die offenen 
Enden der Röhrenzweige, die vor der Ausmündung etwas verengt sind, 
werden mit Asbest oder Watte lose verschlossen und darauf der ganze 
Kasten ca. 4 cm hoch mit ausgeglühtem und mit Salzsäure gewaschenem 
Seesand gleichmäßig angefüllt. Dann ist von der Drainage nur das 
hochgebogene Rohrende zu sehen, das durch einen Kautschukschlauch 
mit der abwärts gerichteten Glasröhre F verbunden werden kann. 
Dieser Sandkasten wird in ein Wasserbad aus Zinkblech gestellt, das auf 
dem Tische A befestigt ist. In dem Wasserbade liegt am Boden eine 
ca. 21, cm dicke, mit Alkohol gefüllte Röhre, deren eines Ende rund 
zugeschmolzen ist und deren anderes Ende in eine dünne Röhre übergeht, 
die sich durch einige Biegungen der Gestalt des Wasserbades anpaßt 
und sich dann in eine U-Röhre verwandelt, die bei T sichtbar ist. Der 
u-förmige Teil der Röhre ist mit Quecksilber, der übrige Teil völlig mit 
Alkohol ausgefüllt. Die Röhre dient als Thermoregulator, indem das 
Quecksilber, wenn es sich durch die Ausdehnung des Alkohols verschiebt, 
den Gaszufluß zum Brenner in bekannter Weise reguliert. Eine Tem- 
peraturveränderung des Wasserbades um einen Grad verschiebt das 
Quecksilber um ca. einen halben Zentimeter, was eine sehr empfind- 
liche Temperaturregulierung gestattet. Der Sandkasten hat Füße, die 
so hoch sind, daß die Röhre nicht gedrückt wird. Das zum Heizen ver- 


!), M.Heinrich, Über die Erfahrungen bei den Keimprüfungen 1910/11, 
Landw. Vers. stat. 78, 165 (1912). 

®)H. Rodewald, Zur Methodik der Keimprüfungen, Landw. Vers.- 
Stat. 49, 278 (1898). 


I. Anzucht von Keimlingen. 97 


wendete Gas geht bei K über gebrannten Kalk, von dort zum Thermo- 
regulator und dann durch eine Bohrung im Tisch zum Brenner B, der 
aus einem Messingrohr besteht, in welches vier Spitzen aus Speckstein 
mit je einer feinen runden Öffnung eingesetzt sind. Über den Flämmchen 
stehen auf Dreifüßen Messingbleche, die die Wärme verteilen. Der 
Heizraum des Keimapparates, in dem der Brenner B liegt, kann durch 
die Klappe V verschlossen werden. Durch verschiedene Öffnungen 
können die Verbrennungsgase entweichen, resp. frische Luft zuströmen, 


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Fig. 6. Keimapparat von Rodewald. 


die Wärme verteilt sich sehr gleichmäßig unter dem Wasserbade. Der 
Sand im Sandkasten steht in keiner Verbindung mit dem Wasser im 
Wasserbade. Vor Gebrauch wird der Sand zunächst mit Wasser über- 
gossen, so daß es ca. 1 cm hoch über dem Sand steht. Dann wird die 
Sandoberfläche mit einem Lineal geebnet und die Drainage durch An- 
saugen des Hebers H in Tätigkeit gesetzt; das auf dem Sande stehende 
Wasser fließt ab. Wenn die Oberfläche des Sandes nicht völlig hori- 
zontal liegt, so werden die höheren Stellen zuerst aus der Wasserober- 


28 I. Anzucht von Keimlingen. 
fläche hervortreten und man kann dann während des Abtließens den 
Sand völlig horizontal legen. Schließlich stellt man unter den Heber H 
ein Glasgefäß R mit breiter Mündung, das mit Wasser gefüllt wird und 
aus dem sich der Sand durch die Drainage selbsttätig befeuchtet. Der 
Feuchtigkeitsgrad des Sandes hängt von der Höhe des Wasserspiegels 
in R ab. Steht dieser mit der Oberfläche des Sandes in einer Ebene, 
so steht auch das Wasser im Sande in der Oberflächenebene. Der Sand 
saugt aber durch die in ihm wirksamen Kapillarkräfte auch dann noch 
Wasser aus R, wenn die Wasseroberfläche in R sehr beträchtlich tiefer 
liegt als die Oberfläche des Sandes; eine Niveaudifferenz von ca. 8 cm 
zwischen Sand- und Wasseroberfläche gibt dem Sande gerade den richtigen 
Feuchtigkeitsgehalt. Der Wasserspiegel sinkt, der Wassermenge ent- 
sprechend, die aus dem Sande durch Verdunstung usw. verloren geht, 
und muß täglich wieder auf die normale Höhe gebracht werden. Auf 
den Sand, der nach und nach die Temperatur des Wasserbades annimmt, 
werden Keimschälchen gestellt und leicht angedrückt. Es sind quadra- 
tische poröse Tonschalen in den Dimensionen 5x6 cm und 1 cm hoch. 
Sie sollen nach der jedesmaligen Reinigung unter Wasser aufbewahrt 
werden, wodurch sie ihre Porosität bewahren ; sie lassen sich im Papinschen 
Topf sehr gut sterilisieren, werden dann mit dem Blechgestell, auf dem 
sie in den Autoklaven kommen, herausgehoben und unter Wasser ge- 
setzt. In die herausgenommenen nassen Schälchen werden die Körner 
geschüttet und mit dem Hornspatel gleichmäßig verteilt. Auf dem Wasser- 
bade des Keimkastens ist ein Deckel F angeschlossen, der mit Zinkblech 
ausgeschlagen und mit einer durch Kitt wasserdicht eingelegten Glas- 
platte verschlossen ist. Bei geschlossenem Deckel kondensiert sich 
der Wasserdampf, fließt in Tropfen nach hinten und wird durch einen 
unter dem Deckel vorspringenden Blechrand dem Wasserbade zugeführt. 
Am vorderen Ende des Apparates, wo die Glasröhren zum Vorschein 
kommen, ist der Deckel etwas kürzer als das Wasserbad, dadurch ent- 
steht Platz für die Röhren, die übrigens so gebogen sind, daß sie das 
Schließen des Deckels nicht hindern. Das Sandbad wird durch den Deckel 
völlig bedeckt, aber das Kondenswasser tropft stets in das Wasserbad. 
Der Deckel muß zum Lüften und Abtrocknen der Proben täglich zwei 
Stunden geöffnet werden. Mit der Zeit verstopfen sich die Filter der 
Drainage, worauf diese umgelegt und mit neuen Filtern versehen werden 
muß. Natürlich hängt die Zeit des Funktionierens von der Reinheit 
des zugeleiteten Wassers ab, in der Regel ist die Funktionsdauer ein 
halbes Jahr oder länger. In diesem Apparat ist z. B. die Beleuchtung 
horizontal nebeneinander stehender Schälchen von oben durch die ab- 
schließende Glasscheibe leicht möglich, was für Versuche mit licht- 
keimenden Samen große Vorteile bietet, ferner ist die Temperatur- 
regulierung und Durchlüftung des Apparates eine sehr gute. Wie sehr 
es bei solchen Versuchen notwendig ist, sich einer künstlichen Licht- 
quelle zu bedienen (der Inkandeszenzstrumpf einer Grätzinlampe liefert 
drei Wochen hindurch fast dieselbe Lichtstärke, muß aber dann aus- 
gewechselt werden; freilich treten hier die kurzwelligen Strahlen sehr 
in den Vordergrund — 158 Kerzen im Grün, 63 Kerzen im Rot — während 
bei Petroleumlicht die roten dominieren), liefern die Zahlen vonWeber, 
der in der Natur in wenigen Sekunden Änderungen von 100 % in der 
Lichtintensität konstatierte. So herrschten an derselben Stelle um 
12 Uhr mittags an aufeinanderfolgenden Tagen folgende Intensitäten: 


I. Anzucht von Keimlingen. 29 


9. März 2700 H.K. 


10. FF ADMO 
Il, Er 5000775 
76 di 18 400 ‚„, 
See 10253000 5 
und die dreijährigen Monatsmittel betrugen: 
JanvarTAUREISRe rule 50 020 H.R. ' 
Februar 23000 „ | August 57190 „ 
März 34760 „, | September 38 080 „, 
April 49 820 „, , Oktober. 4/26 770., » 
Mai SUCH | November 9743 „, 
Juni HU2S072 Dezember 5 469 


Wie jeder physiologische Prozeß ist die Keimungan b estimmte 
Temperaturen gebunden, deren Grenzen aber nicht allzu enge sind: 
sie schwanken zwischen 0—15 0 C nach unten und 35—40 ° C nach oben, 
wobei sich eine Verzögerung der Keimung bei Annäherung an die Tem- 
peraturgrenzwerte ergibt. Das zwischen Minimum und Maximum ge- 
legene Temperaturoptimum der Keimung ist aber kein Mittelwert zwischen 
den Grenzzahlen, sondern liegt dem Maximum weit näher als dem Mini- 
mum. F. Haberlandt ei jolsenee Werte an: 


Min | Maxi- | Opti- Die Keimung erfolgt mit dem Hervor- 


mum ; mum | mum brechen des Würzelchens in Tagen bei 
in Graden Celsius 4,382.02171025 EC 715752.@27 1IIZE 
Weizen . 3— 4,5 30—32 | 25 6 3,0 2,0 1,75 
Roggen . 1— 2 30 25 4 2,5 1,0 1,0 
Gerste 3— 4,5) 28—30 20 6 3,0 2,0 ea 
Hafer 4-5 | 30 25 7 SE: 215 2,0 
Mais f s-710 740448755 — 19525 3225 3,0 
Moorhirse . . 8—10 40 32—35 — Mes 4,75 | 40 
Reis . 10—12 | 36—38 | 30—32 — 1 | — 1. 
Französisches | 
Raygras. 3 I 28 9 1.5. 45 3,0 
Lieschgras 3— 4 | 30 26 — 6,5 35 3,0 
Raps. . 23— 3| ? ? — — 9,0 6,25 
Weißer nf, 1 | ? ? 2 1,5 1,0 0,75 
Leindotter. . 1 ? | ? 4 2,0 ae 1e5 1,0 
Lein BR 2— 3| sr 25 8 4,5 2,0 2,0 
Mona... 3— 4, 32 26 10 4,75 2) 2,0 
Mabakı 2. 13—14 | 35 28 — 9,0 6,25 
Banf ...'.. 2 45 35 3 2:0, 2 220 1,0 
Kümmel .. s— 9 | 30 25 — 16,5 52645 5,25 
Möhre E 4—-5| 30 | 25 — 6,75 Aa 
Zuckerrübe 4— 5 | 28—30 25 22 9,0 an a 
Sonnenblume 8s— 9 35 28 — 25,0 3,0 | 2,0 
Rotklee . 1 37 30 7,9 3,0 1,75 | 1,0 
Luzerne .. 1 37 30 6 Sa DD 520 
Fisole SR 10 | a3 32 _ 3,0 3,0 I 29:75 
irbsor ... . 1— 2 35 30 5 3,0 1975 1975 
limse. . «4. 4-5 36 30 6 4,0 2,0 1,75 
Wicke 1— 2| 35 30 6 5,0 2,0 2,0 
Hopfenluzerne Denn 3a 35 28 10 75) 4,0 3,5 
Lupine 4— 5 3738 | 28 a 
Melone .. 12-15 40 | 35 — — | 15,0 KOTER 
Gurke 12 40 | 35 — — | 4,5 
Kürbis 12 40 | 33—34 — — K0779,, 2420 
Paradiesapfel — — | — — 6,0 3215 
Buchweizen . — | — — 8 As 348 3,0 
Saubohne . — | — —— 7 6,5 4,75 4,25 
Platterbse . — — — 7 3:5 ID 9,25 
Esparsette = | — — — 7,25 3,5 3,0 


30 I. Anzucht von Keimlingen. 


Man ersieht aus dieser Zusammenstellung, daß die Fähigkeit, bei 
einer Temperatur von + 4 ® Ü zu keimen, einer großen Reihe von Samen 
eigen ist, wobei sich allerdings die Zeitdauer, die zur Keimung benötigt 
wird, um so mehr erhöht, je näher die Temperatur Minimum liest; 
Zuckerrübe braucht bei einer Temperatur von 9° C 22, bei 16 ° Wärme 
nur 3%, Tage zur Keimung. Daß aber nicht allein die Mobilisierung der 
en durch die Wärme bewirkt wird, geht daraus hervor, daß die 
höhere Temperatur durchaus nicht durch eine längere Zeit einwirkende 
niedrigere ersetzt werden kann. Bei 0° kamen in Haberlandts 
Versuchen zur andauernden Entwicklung u. a. der Senf, der Leindotter, 
der Rotklee und die Luzerne, während das Temperaturminimum für 
die Keimung von Pflanzensamen aus wärmeren Klimaten wie Sorghum 
saccharatum, Oryza sativa, Ricinus africanus, Gossypium herbaceum, 
Sesamum orientale usw. zwischen 10—15 ° C liegt. Je größer die Differenz 
zwischen Minimum und Maximum, um so größer die Verbreitung der 
betreffenden Pflanzen; so ist beim Hanf die unterste Grenze 1°C, die 
oberste 45 ® C, die Differenz also 44 °, während sie beim Ricinus nur 
20 ® beträgt. Hier gilt etwas ganz ähnliches wie bezüglich des Licht- 
genusses, von dem später die Rede sein soll. Die Minima sind, wie er- 
wähnt, für die Pflanzen wärmerer Klimate höher. Die folgenden, durch 
Haberlandts Versuche ermittelten Werte zeigen, wie bei einigen . 
Pflanzen wärmerer Klimate sich mit der Temperatur die Keimdauer 
verschiebt: 


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Penicillaria spieata|— —| 4420| 9149| 10 1135| 13) 70] 1043] 7739] — — I—|—- 
Oryza sativa. . . .|— —| 68470] 953 166] 96 1124| 97 77] 9754| 82)59| — —I— | — 
Rieinus africanus . |— — | — —I 401227| 75 |125| 90) 81] 85/59 | 70165 | —| —I— | — 
Hibiseus cannabinus |] — —| 2360| 14116| 12 66| 15 54| 10 38] 1137| — — | — | — 
(Gossypium herbae.|— —| 3456| 54136| 74 | 89] 68) 58| 50/52] 65) 53 | 15] 70 | — | — 
Chorehorus olitorius -—- 1 —| —| 54, 83] 40 | 77] 62] 68 82163] 46) 251 14 70] — | — 
Sesamum orientale [— —| 5456| 95,144] 92 |109| 96) 42]100) 24 [100] 22] 92| 46 | — | — 
Cueumis Melo. . .|— | — | —| —I 121302 78 151 54 67| 56 54 | 32] 41] 20) 48 | — | — 
Phaseolus Mungo .|85 432[100 360[100| 561 86  47|100) 28[100| 24 [100 22 |100| 22 | — | — 
Cajanus bicolor . . [—  — | 50456| 44/200] 52 1145| 44 67| 46/58 | 34 70] — — I — | — 
3öhmeria nivea . . I— | — | 39475| 48199] 50 1170| 51,159] 501 78] 6 70| — — I— | — 
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Zahlreiche Gifte erhöhen in sehr geringen Mengen die 
Intensität des Keimungsvorganges, wirken als Reizmittel und 
beeinflussen gewissermaßen katalytisch den Prozeß des Stoffansatzes. Be- 
sonders Mangan- und Aluminiumsalze wirken nach Stoklasa wachstum- 
fördernd. 1% Bleinitrat, 0,01 % Borsäure in der Nährlösung wurden 
von Bertrand bzw. Agulhon als günstig erkannt. Bokorny 
stellte fest, daß 0,01% Cs,SO, die Gerstenkeimung, 0,05 % Li,SO, 
die Erbsen- und Linsenkeimung, Rb,SO, zu 0,2% die Keimung von 
Weizen, Erbse, Linse, Bohne, Kohl fördern; 0,005 % CS, haben den- 
selben Erfolg bei Gerste, 0,01 %, K,CrO, bei Bohne und Linse, 0,0005 % 
HgCl, bei Kresse, 0,0025 9%, CuSO, bei Gerste und 0,005 % CuSO, bei 


I. Anzucht von Keimlingen. 3 


Kresse, 0,0025 %, Phenylhydrazin schon nach zwei Tagen bei Kresse, 
0,0025 % Anilin an Gerste und Kresse, salzsaures Hydroxylamin zu 
0,01 % bei Gerste, 0,001 % HF bei Erbse, Linse, Gerste. Der letztge- 
nannte Autor, der eine große Reihe von Stoffen auf ihr Verhalten zur 
Keimung prüfte, zog die Samen direkt in der Giftlösung, welche auf 
Fließpapier gegossen war und brachte sie hier zum Keimen. Es sei hier 
eine tabellarische Übersicht der Keimungsversuche Bokornys!) ge- 
geben. (Siehe die Tabellen auf Seite 32-35.) 

Äthylalkohol ist zu2% nachteilig für Wurzeln bei Bohne, 1%, nurnoch 
wenig, 0,5% ist förderlich, Propylalkohol im Betrage von 2 %, schädlich, 
Isobutylalkohol schon von 0,5% an, Amylalkohol ebenso, von Schwefel- 
kohlenstoff verzögern 0,02%, die Keimung bei Gerste, 0,01% sind 
gleichgültig, 0,005 %, fördern das Wachstum, dasselbe gilt für Kresse. 
Ebenso ging schon früher bei Behandlung des gleichen Problems W. Sig - 
mund?) vor; er ließ die Samen 24 Stunden in der Auflösung der zu 
prüfenden Substanzen in Wasser quellen und setzte sie dann zwischen 
feuchtem Filtrierpapier auf einer ebenfalls feucht erhaltenen Unterlage 
von Sägespänen in flachen Schalen zur Keimung aus. Eine gleichmäßige 
Befeuchtung wurde teils durch Zufuhr gleicher Wassermengen erzielt, 
teils dadurch, daß zu jeder Keimschale ein mit Wasser gefülltes Becher- 
glas gestellt wurde, aus welchem ein wassersaugender Papierstreifen 
ins Keimbett hineinragte. Die Wirkung fester, im Wasser nicht oder 
schwerlöslicher Stoffe wurde derart untersucht, daß auf eine Unterlage 
von Sägespänen ein Blatt Filtrierpapier gelegt wurde, auf welches der 
feste Stoff in Pulverform gestreut war; die Versuchssamen wurden ohne 
vorherige Quellung auf dem Filtrierpapier verteilt, mit dem gepulverten 
festen Körper lose zugedeckt und dann mit Wasser befeuchtet. Der Ein- 
fluß von Dämpfen auf die Keimung wird untersucht, indem die 
Keimschalen unter Glasglocken gebracht werden, die mit einer Sperrflüssig- 
keit abgeschlossen sind; ist die Sperrflüssigkeit Wasser, so ragen aus 
ihr in die Keimschale saugende Papierstreifen, sonst muß durch Wasser- 
näpfe unter der Glocke für Erhaltung des feuchten Luftraumes gesorgt 
sein. Selbstredend ist immer darauf Rücksicht zu nehmen, ob die be- 
treffenden Dämpfe oder Gase in Wasser löslich sind: ist dies der Fall, 
dann kann die angewendete Menge des gasförmigen Mediums nicht als 
voll zur Wirkung gelangend angesehen werden. Ist genügend Substanz 
unter der Glocke, daß die Dämpfe unter den herrschenden Temperatur- 
und Druckverhältnissen den Luftraum dauernd erfüllen, dann ist die 
Menge des wirkenden Gases oder Dampfes aus dem Volumen der Glocke 
zu bestimmen; ist das aber nicht der Fall, wünscht man eine geringere 
als Vollsättigung des betreffenden Raumes mit dem gasförmigen Medium, 
dann muß man zunächst die Tension der verdampfenden Flüssigkeit 
kennen und danach mit Berücksichtigung des Glockenvolumens die 
Dosis der verdampfenden Flüssigkeit bemessen. Handelt es sich um ein 
Gas, so kann man, wenn Vollsättigung erwünscht ist, dasselbe mittels eines 
gebogenen, durch den Kautschukstöpsel der Glocke, welche natürlich 
auf einer Glasplatte luftdicht aufgeschliffen und mit Vaselin gedichtet 
sein muß, bis zum Boden der Glocke reichenden Glasrohres hinein- 


) Th. Biokorny, Über den Einfluß verschiedener Substanzen auf die 
Keimung der Pflanzensamen, Biochem. Zeitschr. 50, 1 (1913). 

») W. Sigmund, Über die Einwirkung chemischer Agenzien auf die 
Keimung, Landw. Vers.-Stat. 47, 1 (1896). 


I. Anzucht von Keimlingen. 


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I. Anzucht von Keimlingen. 


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36 I. Anzucht von Keimlingen. 


und mittels eines zweiten, kurz unterhalb des Stöpsels endigenden 
zweiten Glasrohres hinausleiten. Tritt das Gas bei diesem Rohre, durch 
spezifische Reaktionen erkennbar, aus (CO, trübt Kalkwasser, O, läßt 
einen glimmenden Span aufflammen, H, entzündet sich und brennt 
mit heißer, nicht leuchtender Flamme, wobei natürlich mit dem Ent- 
zünden gewartet werden muß, bis alle Luft bzw. deren Sauerstoff mit 
Sicherheit verdrängt ist, N, bringt einen brennenden Span zum Er- 
löschen usw.), so ist die Glocke mit dem betreffenden Gase erfüllt. Handelt 
es sich auch hier um teilweise Sättigung oder Mischungen mehrerer 
Gase, so mißt man die Menge des einströmenden Gases mit Hilfe des 
einfachen Gasmessers, welcher in der Medizin zur genauen Dosierung 
des Chloroforms in Gebrauch ist. Ich pflege in der Weise vorzugehen, 
daß ich zunächst das Volumen abmesse, welches durch eine oder eine 
Anzahl Blasen des betreffenden Gases gebildet wird. Aus einem Gas- 
entwicklungsapparat wird ein langsamer Strom des betreffenden Gases 
entwickelt und durch eine gewöhnliche Waschflasche bestimmter Röhren- 
dimensionen geleitet, so daß die Blasengröße stets gleichmäßig ist (natür- 
lich muß man sich vergewissern, daß aus der Waschflasche keine Luft 
mehr, sondern nur das betreffende reine Gas austritt). Die gezählten 
Gasblasen werden unter einer Sperrflüssigkeit in einem Eudiometer 
aufgefangen und so das Volumen gemessen, welches eine bestimmte 
Anzahl von Gasblasen einnimmt. Die Glocke wird zunächst mit einer 
gut ziehenden Saugpumpe, eventuell mit einer Quecksilberpumpe luftleer 
gemacht, wobei ein unter der Glocke befindliches oder vorgeschaltetes 
Manometer den Grad der Luftverdünnung angibt. Das lange Glasrohr 
der Glocke wird .nun durch einen diekwandigen Kautschukschlauch 
mit der Waschflasche und diese mit dem Gasentwickler verbunden, 
der Schlauch ist ebenso wie der am kurzen Glasrohr der Glocke befind- 
liche mit einem starken Quetschhahn abgeklemmt. Man läßt nun den 
Gasentwickler in Funktion treten, während der Schraubenquetschhahn 
des längeren Rohres so vorsichtig aufgedreht wird, daß Gasblase um 
Gasblase zählbar eintreten kann, wobei das unter der Glocke befindliche 
Manometer eine wünschenswerte Kontrolle über die Menge des ein- 
tretenden Gases liefert. Auf diese Weise ist es möglich, auch Mischungen 
von Gasen unter die Glocke zu bringen, indem man fallweise den Gas- 
entwickler auswechselt und durch Abklemmen des Quetschhahnes 
für jeweiliges Absperren des Gasvolumens unter der Glocke sorgt. Natür- 
lich muß die Gasentwicklung immer vorher in Gang gesetzt sein, bevor 
man die Verbindung mit der Glocke herstellt. Hat man eine verdampfende 
Flüssigkeit unter die Glocke gestellt, so kann man nach Abbruch des 
Versuches durch quantitative Bestimmung des zurückgebliebenen Restes 
der Flüssigkeit bestimmen, wieviel davon verschwunden ist, wobei 
zweckmäßig neben die Versuchsglocke mit den Pflanzen eine genau 
gleich große, genau ebenso adjustierte, nur ohne Pflanzen gestellt wird, 
so daß man die Menge des jeweils im Luftvolumen der Glocke befindlichen 
Gases als konstante Größe in Rechnung ziehen kann. Solche Versuche 
habe ich mit Formaldehyd angestellt und beobachtet, daß aus einem 
bestimmten Formaldehydquantum aus einer gleichen Flüssigkeitsmenge 
stets ein mit der Temperatur in proportionalem Verhältnis stehendes 
(Quantum Formaldehyddampf ins Glockenvolumen entweicht!). Aus 


ı), V,Grafe undL.v. Portheim, Orientierende Untersuchungen über 


I. Anzucht von Keimlingen. 3 


5 cem 4 proz. Formaldehydlösung wurden in die Luft einer 8000 cem 
fassenden Glocke abgegeben: 0,013018 g bei 12 ° C, 0,01324 g bei 15 0 C, 
0,017305 g bei 20°C. Von Wichtigkeit bei solchen Versuchen ist auch, 
daß weder Keimschalen noch sonstige Gefäße, ferner auch das Keimbett, 
namentlich Erde nicht dampfabsorbierend wirken. Die Gefäße dürfen daher 
nicht aus porösem, sondern müssen aus glasiertem Ton oder am besten 
aus Glas bestehen, die Erde muß mit einem gasdichten Überzug, am 
besten Paraffin überzogen sein, welches den Vorteil mangelnder Affinität 
zu den meisten in Betracht kommenden Agenzien aufweist und in flüssigem, 
sießbarem Zustand auch empfindlichere Pflanzenteile nicht schädigt. 
In den Sigmundschen Versuchen wirkten die verwendeten Sub- 
stanzen folgendermaßen auf die Keimung ein: 


. & Keimprozent bei 
0,5 Yoige Lösungen von I 


Erbsen Korn Raps Gerste 
BrOrgestilliert . . : . . . 100 90 | 100 — 
Le 100 | 100 | 100 — 
Naldl 00 100 90 100 — 
Ber. ...... 100 100 “= ze 
CaCl, + 2H,0 100 | 90 100 -- 
Bno...... 30 90 | = 
Be ...... 40 90 Kr e 
MeCl, +6H,0 . 100°. | 100 100 _ 
RHLON,. TSHo0 ... 100. ° \ 80 jo “= 
BREeN),.. ... WIRT, 100 20 To = 
eHloralbydrat ... .... 100 | 70 100 | E= 
Schwefelblumen . .... 100 | = 70 40 
Bed... ... Er 20 | —_ 100%, | 60 
alas 16) ee 90 | — — | 60 
Zid. 6.6, 0 100 | — — | 80 
0.8 60 — 70 | 20 
MsO 20 — | — 50 
Boa. .... 90 = 100 60 
El — = — | — 
Zement...» . 10 — — 40 


Es ist auffallend, daß ganz indifferente Stoffe, wie zerstoßener 
Schwefel, meist die Entwicklung verzögern und das Keimprozent 
herabsetzen; dies ist wohl auf Spuren schwefliger Säure zurückzuführen, 
ebenso wie Kienruß durch feine teerige Beimengungen schädlich 
wirkt. Dasselbe dürfte auch bei Tabakrauch der Fall sein. Die dele- 
täre Wirkung von Zink und Eisen ist auf die sogenannte ‚oligo- 
dynamische Wirkung‘ von Metallen zurückzuführen, während das an 
der Luft kaum veränderliche Antimon nicht schädlich ist; die höheren 
Metalloxyde sind schädlich, z. B. Pb,O, als Mennige, während die niedri- 
geren wie PbO (Bleiglätte) unschädlich sind. Von den überaus schädlichen 
Superoxyden ist Braunstein noch am wenigsten bedenklich. Während 
in Schwefelkohlenstoff gelegene Samen nach 24 Stunden nicht wesentlich 
geschädigt sind, verhindern Schwefelkohlenstoffdämpfe ein nachheriges 
Keimen in reiner Luft vollständig. Ein ähnliches Verhalten zeigen die 
meisten organischen Substanzen. Sigmund hat eine große Reihe von 
Substanzen auf ihre Bedeutung für die Keimung untersucht, auf die 


die Einwirkung von gasförmigem Formaldehyd auf die grüne Pflanze, Öst. bot. 
Zeitschr. 1909. 


38 I. Anzucht von Keimlingen. 


Einzelheiten kann aber hier nicht eingegangen werden. Bei der Unter- 
suchung der Giftwirkung wurden bisher hauptsächlich die niederen 
Konzentrationen der Gifte untersucht, da man annahm, daß höhere 
Konzentrationen derselben natürlich ebenso deletär wirken müßten 
wie niedere. Die Kurve der Giftwirkungen ist aber keine so einfache: 
in kleinsten Dosen häufig die Keimung 
beschleunigend, schädigen die Gifte in 
steigender Dosierung, bzw. hemmen die 
Keimung bei bestimmter Konzentra- 
tion vollständig. Behandelt man aber 
Samen mit noch stärker konzentrierten 
Giftlösungen, so sieht man die Be- 
einflussung wieder abnehmen. V. 
Arceichovskij!) zeigte, daß die 
stärksten Konzentrationen von des- 
infizierenden Stoffen für die Samen 
weniger giftig sind als die schwächeren 
Lösungen. Die ungequellten Samen 
wurden der Einwirkung des Giftes (For- 
malin, Silbernitrat, Schwefelsäure) 
durch 1 bis 256 Stunden unterworfen, 
dann in einem besonderen Apparat eine 
Stunde lang mit ca. 6 Litern fließen- 
den, sterilisierten Wassers gewaschen 
und dann zum Keimen ausgelegt. Der 
Waschapparat (Fig. 7) bestand aus 
Fig. 7. Waschapparat nach Areichovskij. dem gläsernen Waschgefäß, das aus 

einem trichterförmigen unteren Teile a 
und einem Deckel geformt ist. Von a gehen die Röhren b für Zufluß und 
p zum Ablaufen des Waschwassers aus. Die Chamberlandkerze b dient 
zur Sterilisierung des Wassers mittels Filtration durch Ton; sie wird vom 
Gefäß g aus mit Wasser beschickt. Der ganze Apparat samt Filterkerze 
wird vor jeder Waschung im Autoklaven bei 120 sterilisiert und dann 
das Waschgefäß in die Saatkamera gestellt. 


Formalinlösungen 


Dauer der K 
Einwirkung | "/s0/0 | */s%/0 |1/2%/0 | 19/0 | 290 | 4lo | 80 | 16% |3200 | 4000 N 
y - re ge — 7 Tan gene Fr ge Re ee ea Sr = T e 
Stunden Es keimten Prozente Samen 
1 100 100 | ı00 |ı00|s6 | s6 | 73 | ss! 2 | 100 100 
7 100.188 47, 7 1 02a 791 26 | 36 | 75 | 87 | 961100 
4 80|ı 4) 24A|ı — | —- | — | — 16) 84 (ee 
8 16| 4a| — | || —7 — | 00 Ver 
16 20), — | = | 2 202) 
32 wg RR 6 3> —| ||. — || 32 (ee 
64 ln | De Een 22 u iz 
128 — — — nr —ı—|38 28 | —)5394 
256 — | | 2 er GE 


Die Fälle der Nichtkeimung nach einer Aufbewahrung von 128 
oder gar 256 Stunden unter Wasser oder Formaldehyd haben nichts 
mit einer Giftwirkung zu tun, sondern sind auf Mangel an Sauerstoff 


!) V.Arcichovskij, Biochemische Wirkung höchst konzentrierter 
Lösungen, Biochem. Zeitschr. 50, 233 (1913). 


I. Anzucht von Keimlingen. 39 


zurückzuführen, während fließendes, sauerstoffreiches Leitungswasser 
nach dieser Zeit nicht nur nicht schädigend wirkt, sondern das Keimen 
beschleunigt. Fließendes Wasser ist überhaupt ein ausgezeichnetes 
Keimungsmittel für größere Samen. Eine Glasschale von 10 em Durch- 
messer wird unter einen dünnen, aber ziemlich kräftigen Wasserstrahl 
gestellt, der ins Zentrum der Schale gerichtet wird und die Samen gleich- 
mäßig bis zum Rande der Schale zurückstößt, wo sie sich in ununter- 
brochener Wirbelbewegung befinden. So geht die Keimung gut vor sich, 
und die Samen sind überdies während relativ langer Zeit vor Fäulnis 
geschützt, allerdings verbraucht diese Versuchsanstellung viel Wasser 
(150 1 Wasser täglich für einen Versuch). Ganz analog wie unter der 
Einwirkung von Formalin sind auch die Ergebnisse mit verschieden 
konzentrierter Schwefelsäure. 


Schwefelsäure nn  nnnn 


Be sationen vnJIS BE 23 n 2n 4n 8n 16n 32n spez. Gew. 1,84 


Prozentsatz gekeimter 
Samen . . . ....94 9276 48 24 49,5 24.5 92 100 100 96 100 


Allerdings zeigt sich in allen diesen Fällen die Keimung mehr oder 
weniger verzögert, die Resistenz gegen die Mikroorganismen herabgesetzt. 
Fischer)! setzt auseinander, daß die gut gereiften Samen vieler Wasser- 
pflanzen ohne äußeren Anstoß überhaupt nicht keimen, selbst wenn 
die Keimungsbedingungen noch so günstig sind. Solche Erfahrungen 
wurden gemacht mit Sagittaria sagittifolia, Alisma Plantago, Potamogeton 
natans, lucens und pectinatus, Hippuris vulg., Polygonum amphibium, 
Seirpus lacustris und maritimus. Wenn aber z. B. Bakterien die Keim- 
flüssigkeit ansäuern, dann keimen diese Samen. Im weiteren Verlaufe 
zeigte sich, daß die H-Ionen der Säuren und OH-Ionen der Basen kräftige 
Keimungsreize bilden, und zwar ganz entsprechend dem lonisierungs- 
grad der betreffenden Lösung. Die Wirkung der H- und OH-Ionen 
wird durch das Kation bzw. Anion der angewendeten Verbindung mehr 
oder weniger beeinflußt, wozu noch Temperatur und Dauer der Ein- 
wirkung kommen. Wie explosiv Säure auf ruhendes Protoplasma wirkt, 
zeigt folgende Tabelle. Die Samen wurden mit 10 Mol. HCl bei 20° © 
behandelt und nach guter Spülung mit Leitungswasser bei 25—27 ° Ü 
zum Keimen aufgestellt. 


Behandlung mit Säure 
1/& Minute| 1 Minute |2 Minuten!4 Minuten|$ Minuten 


10 Minut. 
Zahl der Samen . - 357 312 | 331 376 382 400 
Gekeimt nach 13 Tagen Cr IL 10 1 _ 
InrProzenten.. . . . .| 18 37 64 PT 03. — 


’ 


Die Reizung durch H- oder OH-Ionen verändert aber auch den Cha- 
rakter der Keimung. Bei letzterer bleiben die Keimlinge etwas länger 
farblos und auf einer Größe von 2—5 mm stehen, bei H-Reizung wachsen 
die Keime etwas schneller und ergrünen auch rascher. Läßt man der 
ersten Ionenbehandlung eine Behandlung mit dem zweiten Ion folgen, 
so findet wohl gewissermaßen eine Neutralisierung der ersten Behand- 


!) A. Fischer, Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize. 
Ber. d. d. bot. Ges. 25, 108 (1907). 


40 I. Anzucht von Keimlingen. 


lung statt, gleichzeitig wird aber auch der zweite Keimungsmodus ein- 
geleitet und setzt sich durch. 

Gut studiert ist auch die „oligodynamische“ Wirkung (Nägeli) 
von Metallsalzspuren ; so wurde beobachtet, daß Keimwurzeln in Wasser, 
welches aus Metallapparaten destilliert worden war, nicht weiterwuchsen, 
wohl aber trat normale Entwicklung ein, wenn das Wasser aus Glas 
umdestilliert worden war. Silber, Blei, Zinn erteilen übrigens dem Wasser 
keine schädliche Wirkung, wohl aber Kupfer; schon 1—2 Zehnmillionstel 
Kupfergehalt soll zur Hemmung des Wachstums ausreichen; das beruht 
auf dem merkwürdigen Speicherungsvermögen, welches die Pflanzenzellen 
für die Salze von Schwermetallen zeigen, welches Speicherungsvermögen 
ja bei einigen Pflanzenarten (Galmeiveilchen für Zinksalze, Polycarpaea 
spiriostylis enthält Kupfer bis zu 560 mg im Kilo Trockensubstanz und 
wird in Nordqueensland ‚‚copperplant‘‘ genannt, weil aus ihrem Vor- 
kommen auf die Anwesenheit von Kupferablagerungen im Boden ge- 
schlossen wird; in neuerer Zeit konnte Molisch bei Wasserpflanzen 
so intensive Eisen- und Manganspeicherung nachweisen, daß die be- 
treffenden Pflanzen nicht grün, sondern braun erschienen) ganz be- 
sonders ausgeprägt ist. Die große Empfindlichkeit der Pflanzen gegen 
Quecksilberdämpfe wird gewöhnlich viel zu wenig beachtet, man sollte 
dieses Metall nie zu Abschlüssen von Glocken wählen, unter denen 
Pflanzen vegetieren, ohne mindestens für eine über das Quecksilber 
gebreitete Flüssigkeitsdecke, am besten Glyzerin, zu sorgen. Über 
die Wirksamkeit von Dämpfen wurde bereits gesprochen, Ammoniak- 
dampf hemmt bereits in einer Verdünnung 1:24 000 die Keimung von 
Vicia Faba, zu 1: 20 000 jene von Phaseolus vulg. und Zea Mais, 1: 5000 
die von Liliaceenzwiebeln. Becker (l. c.) konnte zeigen, daß die Keimung 
der Scheibenfrüchte von Dimorphotheca pluvialis durch Vorbehandlung 
mit 0,3 Mol. HNO, verzögert, die der Randfrüchte ganz gehemmt wurde, 
dagegen wirkte Knopsche Nährlösung beschleunigend und hob auch 
die hemmende Wirkung der Salpetersäure bei den Randfrüchten fast 
ganz auf; dagegen wirkt bei Atriplex hortensis Vorbehandlung mit 
0,3 Mol. Salpetersäure keimungsfördernd.. Lehmann und Otten- 
wälder!)haben gefunden, daß Salzsäure bei bestimmter Konzentration 
und geeigneter Temperatur eine Keimung der Samen von Epilobium 
hirsutum und Lythrum salicaria ermöglicht, wo die Keimung ohne Salz- 
säure, also auf destilliertem Wasser, nicht ausgelöst wird. Die optimale 
Säurekonzentration schwankt mit der Samenart und der Temperatur, 
sie ist zumeist ziemlich niedrig zwischen 0,00625 und 0,05 Mol. Ob Salz- 
säure als Keimungsreiz oder als Gift wirkt, hängt abgesehen von den 
bereits erwähnten Umständen auch sehr von der Versuchspflanze ab, 
so pflegen Kruziferen und Kompositen auch durch minimalste Salzsäure- 
mengen schon getötet zu werden. Baar fand in 0,5—1 proz. Salzsäure 
ein Mittel, um die Ruheperiode der Samen von Amarantus retroflexus 
abzukürzen. Diese Samen werden im Herbst reif, keimen aber erst 
im nächsten Frühjahr. Mit verdünnter Salzsäure oder Phosphorsäure 
dagegen behandelt, keimen sie schon im Oktober, aber nur im Dunkeln, 


ı) E. Lehmann und A. Ottenwälder, Über katalytische Wirkung 
des Lichtes bei der Keimung lichtempfindlicher Samen. Zeitschr. f. Bot. 5, 337 
(1913). — G. Lehmann, Über die Beeinflussung lichtempfindlicher Samen 
durch die Temperatur. Zeitschr. f. Bot. 4, 465_(1912). 


I. Anzucht von Keimlingen, 41 


im Lichte sind sie auch dann nur zu äußerst geringem Prozentsatz zur 
Keimung zu bringen. 

Ohne Zutritt von Luft oder besser gesagt von Sauer- 
stoff ist keine Keimung möglich. Wenn Samen unter Wasser 
liegen, so keimen sie hauptsächlich deshalb nicht, weil sie an Sauerstoff- 
mangel leiden, und nur solche Körner, welche etwa obenaufschwimmen, 
vermögen zu keimen; ebensowenig findet eine Keimung bei Samen von 
Wasserpflanzen in ausgekochtem (luftfreiem) Wasser statt oder aber wenn 
das Wasser durch eineÖlschicht abgesperrt wird. Das ist auch nicht wunder- 
zunehmen, da ja die Keimung ein Wachstumsprozeß ist, bei welchem große 
Energiemengen aktiviert werden müssen, die durch intramolekulare Pro- 
zesse nicht aufgebracht werden können. Natürlich kann auch in einem 
indifferenten Gase wie Wasserstoff oder Kohlensäure keine Keimung 
stattfinden und in eine Glasröhre eingeschmolzene, gequellte Samen 
keimen gleichfalls nicht. Wir haben schon davon gesprochen, daß in 
fließendem Wasser, also bei fortdauernder Sauerstoffzufuhr, sehr 
lebhaft Keimung erfolgt; die Lufträume des Samengewebes vermögen 
soviel Sauerstoff einzuschließen, daß die erste Anregung zur Keimung 
des von der Samenhülle festumschlossenen Samens durch diesen Sauer- 
stoff gegeben wird. Deshalb kann die Keimung verhindert werden, 
wenn die Samen unter Wasser getaucht und unter der Luftpumpe von 
Luft befreit werden, wobei die Lufträume durch Wasser erfüllt sind; 
wenn dann auch das Keimprozent unter Umständen keine Beeinträchti- 
gung erfährt, so wird doch die Keimzeit wesentlich verlängert. In einzelnen 
Fällen kann aber auch hier eine Beschleunigung der Keimung 
durch das Entfernen der Luft gegeben sein, wie bei der bespelzten Gerste, 
der Sonnenblume, dem Roggen. Überhaupt kann ein Zuviel an Sauer- 
stoff ebenso die Keimung beeinträchtigen wie ein Zuwenig. So keimen 
Bohnen in reinem Sauerstoff nur langsam und erzeugen kränkliche Keim- 
linge, die ein abnormes Aussehen zeigen. Bei Zea Mays, Ervum Lens, 
Pisum sativum gelangte in Böhms Versuchen die Entwicklung der 
Embryonen nicht über die ersten Stadien der Wurzel- und Stengel- 
bildung hinaus und selbst Gasgemische mit einem hohen Prozentsatz 
‚ an Sauerstoff wirken schädlich; erst wenn der normale atmosphärische 
Partiärdruck des Sauerstoffes erreicht ist, treten normale Keimungs- 
bedingungen ein: in diesem Falle schädigt auch rein dargebotener Sauer- 
stoff nicht. Demnach wird die Keimung sowohl im luftverdünnten 
Raume als auch bei atmosphärischem Überdruck gehemmt, das Mini- 
mum des Luftdruckes, bei dem Keimung überhaupt noch erfolgt, ist 
120mm Quecksilber für Kresse, 60 mm für Gerste. Praktische Bedeutung 
hat dieser Umstand bei Keimungsversuchen bezüglich des mehr oder 
minder tiefen Einbringens der Samen unter die Erde. Werden die Samen 
zu tief gesteckt und bildet das Keimbett über ihnen eine allzu feste Kruste, 
so kann die Sauerstoffzufuhr, besonders in einem festgestampften Boden 
des Keimgefäßes, so gehemmt sein, daß aus diesem Grunde keine Keimung 
erfolgt. Auch bei der Sauerstoffwirkung sind aber mehrere Momente maß- 
gebend: so fand Becker!) beiden Früchten von Dimorphotheca pluvialis 
eine ausgesprochene Förderung der Keimung im Sauerstoff gegenüber jener 
in Luft, und zwar erschienen die Randfrüchte relativ mehr gefördert als 


1) H. Becker, Über die Keimung verschiedenartiger Früchte und Samen 
bei derselben Spezies, Beih. z. bot. Zentralbl. 29, 21 (1912). 


42 I. Anzucht von Keimlingen. 


die Scheibenfrüchte. Was die Einwirkung des elektrischen 
Stromes auf die Keimung anlangt, so sind wohl nach dieser Rich- 
tung zahlreiche Versuche gemacht worden, ohne daß aber — wenigstens in 
den meisten Fällen — die nötige Exaktheit dabei zur Anwendung kam. 
Vor allem hat man erst in neuester Zeit daran gedacht, die Stärke des 
verwendeten Stromes zu beachten, wiewohl Versuche über Elektrokultur 
schon seit zwei Jahrhunderten angestellt werden. Ferner hat man die 
Nebenumstände, wie Temperatur, Feuchtigkeit, Substrat usw., niemals 
in Rechnung gezogen und vor allem der Individualität der Pflanze 
keine Beachtung geschenkt. Daß aber alle diese Momente berücksichtigt 
werden müssen, beweist schon der Umstand, daß bald eine fördernde, 
bald eine schädigende Wirkung des elektrischen Stromes gesehen wurde. 

Gaßner!) ging in der Weise vor, daß er die zu behandeln- 
den Samen in Blumentöpfen mit gut gemischter Gartenerde mög- 
lichst gleichmäßig auslegte und kurz vor dem Auflaufen der Pflanzen 
mit der elektrischen Behandlung begann. Hierzu wurden die Töpfe 
in einzelne durch Glasplatten oder Pappe gebildete Zellen gestellt 
und mit der Erde leitend verbunden. In verschiedenen Abständen 
(8—-60 em) hingen über den Töpfen an Glasstäben isolierte Nadeln mit 
der Spitze nach unten; da je nach der Form der Spitze die in die Luft 
ausströmende Elektrizitätsmenge eine verschiedene ist, wurden die sehr 
gleichmäßigen Grammophonnadeln für diesen Zweck verwendet. Der 
eine Pol der betreibenden Influenzmaschine wurde mit der Erde, der 
andere mit den über den Pflanzen aufgehängten Nadeln verbunden. 
Die elektrische Behandlung (14 Stunden täglich) ließ bei Pisum sativum 
und Helianthus annuus nach 14 Tagen keinen Unterschied mit der Kon- 
trolle wahrnehmen, dagegen trat bei Gerste eine sichtliche Förderung 
ein, was sich zunächst im früheren Durchstoßen des ersten Laubblattes 
durch das Keimblatt zeigte; die Wachstumsförderung hält auch später 
an und besteht nicht nur in einer Steigerung der Assimilationsfähigkeit 
der Pflanze, denn sie zeigt sich auch im Dunkeln. Gaßner stellte fest, 
daß in den elektrisierten Töpfen bedeutend mehr Wasser verdunstet wurde, 
rund das Sechsfache von dem in den Kontrollgefäßen; die Transpira- 
tion ist bedeutend erhöht und zwar auch rein physikalisch dadurch, 
daß während der Elektrisierung ständig ein intensiver Luftstrom unmittel- 
bar an der Oberfläche der Pflanze vorhanden ist. Eine Steigerung der 
Transpiration bewirkt aber naturgemäß ein schnelleres Aufsaugen der 
Nährsalze und wirkt somit als Reiz auf die Wachstumsintensität wie 
überhaupt auf die physiologischen Prozesse in der Keimpflanze. Lem - 
ström gibt übrigens auch den Rat, während der heißen Mittagsstunde 
die elektrische Behandlung zu unterlassen, weil sie dann schädlich wirke 
(der doppelte Wasserverlust durch starke Besonnung und „elektrischen 
Wind“ muß zu Schädigungen der Pflanze führen) und teilt mit, daß 
starke Erntesteigerungen durch elektrische Behandlung sich nur bei 
gleichzeitiger, ausgiebiger Bewässerung erzielen lassen. 

Wenn man einen elektrischen Strom durch den Boden leiten und 
auf diese Weise die Pflanzen beeinflussen will, kann man in den Boden 
Metall- oder Kohlenelektroden einsenken, so daß die zu behandelnde 
Pflanze zwischen die beiden Platten zu liegen kommt; die in den Boden 


1) G. Gaßner, Zur Frage der Elektrokultur. Ber. d. d. bot. Ges. 25, 
26 (1907). 


I. Anzucht von Keimlingen. 43 


gesteckten Elektroden können auch gleichzeitig zur Stromerzeugung 
benutzt werden, wenn man einerseits eine Zink-, anderseits eine Kupfer- 
platte wählt und diese durch einen gegen den Boden isolierten Draht 
oberirdisch verbindet. Der Stromkreis des Kupfer-Zinkpaares wird 
durch den Draht geschlossen und ein schwacher Strom durchfließt den 
Boden, welcher aber allerdings so schwach ist, daß er kaum nachgewiesen 
werden kann; Pflanzen zeigen sich auch durch solche Ströme gewöhnlich 
nicht im geringsten beeinflußt. Sehr ansehnliche Ströme erzeugt man 
aber, wenn die Platten nur zur Einführung des Stromes, welcher von 
einer Dynamomaschine erzeugt wird, in den Boden dienen oder wenn 
man die Platten einfach mit der Lichtleitung verbindet. Je näher die 
Elektroden gesteckt werden, je höher die Spannung ist, desto stärker 
ist der Strom; gewöhnlich beobachtet man dann, daß sich die Wurzeln 
dem positiven Pol zu krümmen, weil die dem positiven Pol, der Ein- 
trittsstelle des Stromes zugewendete Wurzelhälfte geschädigt wird, 
während die dem negativen Pol zugewendete zunächst weiterwächst 
und normal bleibt. Sehr wichtig für elektrische Keimungsversuche 
ist nach R. Löwenherz!) die Lage der in den Kulturtöpfen befind- 
lichen Körner zum Strom. Liegen die Körner rechtwinkelig zur Strom- 
richtung, dann pflegt häufig, auch bei Verwendung starker Gleichströme, 
eine schädigende Wirkung auszubleiben, während im Falle die Samen 
in der Stromrichtung liegen, also der Länge nach vom Strome durch- 
flossen werden, gewöhnlich ein Auflaufen überhaupt unterbleibt. Man 
kann aber auch in diesem Falle die schädigende Wirkung aufheben, 
wenn man nicht Gleichstrom verwendet, sondern die Richtung des 
elektrischen Stromes zweimal in der Minute umkehrt, während ein Wechsel 
der Richtung 2—3 mal innerhalb 24 Stunden nicht genügt. In den Fällen, 
wo nicht die Lichtleitung zur Verfügung stand, verwendete Löwen- 
herz zwei hintereinander geschaltete Tauchbatterien von je 5 Chrom- 
säure-Elementen und geringem inneren Widerstand. Die beiden Batterien 
wurden hintereinander geschaltet, wodurch eine Batterie von 10 Elementen 
mit einer Klemmenspannung von durchschnittlich 15 Volt erhalten wurde. 
In die Gläser der Elemente wurden zunächst nur etwa 100 ccm der 
Chromlösung getan, und wenn die Klemmenspannung anfing abzu- 
nehmen, von Zeit zu Zeit neue Chromsäure aufgefüllt. Waren die Gläser 
voll, so wurde mit der Pipette etwas von der alten Lösung weggenommen 
und durch neue Chromsäurelösung ersetzt. Es genügte, zweimal täglich 
je 50 ecem Lösung durch neue zu ersetzen, um die Klemmenspannung 
der Batterien auf 15 Volt zu erhalten. Nach dem Begießen der Kulturen 
steigt die Stromstärke bedeutend, ja sie kann gegenüber dem bei trockener 
Erde erzielten den doppelten Wert erreichen. Versuchspflanze war 
Gerste, die Töpfe waren 22 cm hoch und hatten oben einen inneren Durch- 
messer von 23 cm, als Elektroden wurden ein Paar Kohlenplatten in 
den Topf hineingesteckt, in den Klemmschrauben ‚derselben war ein 
Stück blanken Kupferdrahtes festgeschraubt, das an den Leitungs- 
drähten befestigt war. Obzwar die Stromstärke pro Topf im Maximum 
nur ungefähr 0,015 Ampere betrug, wurde doch, wenn die Samen, die 
vom Strom durchflossen waren, in der Stromrichtung lagen, das Auf- 
laufen der Samen verhindert oder erschienen wenigstens die zur Ent- 


1) R. Löwenherz, Versuche über Elektrokultur, Zeitschr. f. Pflanzen- 
krankheiten 15, 137 (1905). 


44 I. Anzucht von Keimlingen. 


wicklung gelangten Keimlinge geschädigt. Die Kohlenplatten waren 
13 cm lang und steckten ca. 6 cm tief in der Erde, die wirksame Elek- 
trodenfläche war also 13x6 — 78 qcem groß; bei der Stromstärke von 
0,015 Ampere pro Topf ist die Stromdichte höchstens 0,0002 Ampere 
pro qem in der Nähe der Elektroden, in der Mitte des Topfes noch etwas 
geringer; ein Strom von weniger als 0,0002 Ampere verhindert also 
mehr minder das Wachstum der Gerste. Den Befund vonLöwenherz, 
daß Wechselstrom genügender Intensität eine wachstumsfördernde 
Wirkung ausübt, konnte Gaßn er nicht bestätigen und weist mit Recht 
darauf hin, daß man beim Durchleiten des Stromes durch die Erde auch 
dessen Wärmewirkung beachten muß, denn die elektrisierten Töpfe er- 
hitzen sich bei größeren Stromstärken auf 10—20 ® über die Temperatur 
der nichtelektrisierten, es ist aber nicht auf die Rechnung einer günstigen 
Wirkung des elektrischen Stromes zu setzen, wenn Gerste bei 25 ° schneller 
keimt als bei 10°. Ferner ist, wenigstens bei Verwendung von Metall- 
elektroden, nicht genügend darauf geachtet worden, daß diese von der 
feuchten Erde sehr rasch angegriffen werden und daß schon Spuren von 
Metallverbindungen äußerst schädlich auf das Wurzelwachstum wirken. 
Dagegen hebt Gaßner eine indirekte 
günstige Wirkung des Stromes hervor: 
Wechselströme wirken auf tierische Pflanzen- 
schädlinge des Bodens, z. B. Engerlinge, 
tötend ein, während sie für die Pflanze in- 
different sind; es gelingt also, die Engerlinge 
zu töten, ohne die Pflanze zu schädigen. 
Über den Einfluß der Radium- 
strahlung auf die Keimung liegen 
erst wenige Erfahrungen vor, es scheint, 
daß durch die Einwirkung der Radiumsalze 
a uneahluns und die Emanation das Auflaufen sehr ge- 
auf Samen. hemmt wird. Über die Abkürzung der Ruhe- 
a innuchiem: 4 5er damen Periode und über den Einfluß auf Keim- 
pflanzen wird später einiges gesagt werden. 
Congdont) verwendete die Hälfte der Strahlung eines 8 mg 
metallischen Radiums in Form des Chlorids enthaltenden Glasröhrchens 
zur Erzeugung von Sekundärstrahlen, während die andere Hälfte direkt 
auf die Samen wirken konnte. Das Glasröhrchen (Fig. 8) war hinreichend 
dünnwandig, um den größten Teil der ß- und y-Strahlen durchzulassen, 
während die’«-Strahlen nicht herausdringen konnten. Die einen Samen 
waren l cm von dem Radiumröhrchen außerhalb des Bleirohres angebracht 
und erhielten bloß die direkte primäre Strahlung des Radiums. Dagegen 
waren die innerhalb des Bleirohres 1 cm vom Röhrchen befestigten 
Samen sowohl der Einwirkung der Primärstrahlen (der schnellen Elek- 
tronen) als auch der langsamen Elektronen von seiten der Sekundär- 
strahlung ausgesetzt, welche beim Anprall der Primärstrahlung an die 
Innenwand der Bleiröhre ausgelöst wird. Ein Schirm aus Aluminium, 
Holz und Gummi schützte die Samen außerhalb des Bleirohres vor einer 
merklichen Einwirkung zerstreuter Strahlung. Messungen der Ioni- 
sation an den Punkten, an welchen die beiden Gestelle mit den Samen 


!) E.D. Congdon, Die Beeinflussung des Wachstums von Samen durch 
ß-Strahlen, Sitz. Ber. d. k. Akad.,d. Wiss.,„Wien 120, Abt. IIa (1911). 


I. Anzucht von Keimlingen. 45 


angebracht waren, zeigten, daß der Effekt innerhalb der Bleiröhre wegen 
der hinzukommenden Sekundärstrahlung um 25 % größer war als außer- 
halb. Die Samen wurden auf paraffiniertem Seidenpapier alle in der 
Entfernung 1 cm vom Radiumpräparat befestigt. Es wurden stets 
Samenkörner von mittlerem Durchmesser gewählt und in getrocknetem 
Zustande exponiert. Ein Vergleich der Verzögerung der Keimung bei 
Senfsamen und Hirse mit und ohne Samenhülle (11,6: 31,5 % bzw. 
16,9: 32,7 %) zeigte, daß die Samenhülle die Strahlung hinlänglich 
absorbiert, um den Effekt bedeutend herabzumindern, der aber immer 
in einer beträchtlichen Verzögerung der Keimung besteht. Ein sehr 
markanter Unterschied zeigte sich auch, je nachdem der Keim des 
Samenkornes der Strahlungsquelle zugekehrt oder vor ihr durch den 
vorstehenden Teil des Samens geschützt war. Die prozentualen Ver- 
zögerungen betrugen: Sinapis ohne Hülle: Keim zugekehrt 36 %, Keim 
abgewendet 25 %; Panicum ohne Hülle: Keim zugekehrt 36,8 %, Keim 
abgewendet 28,6 %; Panicum mit Hülle: Keim zugekehrt 24,6 %, Keim 
abgewendet 9,2%. Die Keimungsverzögerung ist ferner der Größe 
des Samens verkehrt proportional; dagegen spielt die chemische Be- 
schaffenheit der Reservestoffe scheinbar keine Rolle bei Bestimmung 
der Samenempfindlichkeit den ß-Strahlen gegenüber, wie aus der fol- 
genden Tabelle hervorgeht: 


PR Durch- Dicke der | NT 1? B Prozentuale 
messer | Samenhülle Stärke- Fett- Wachstums- 
: : gehalt gehalt TEEN 
in mm in mm verzögerung 
Panicum ohne Samenhülle| 0,60 — 45% | — | 
Sinapis ohne Samenhülle| 0,67 — 25°, | 25% | 2350 
Beeı....... 0,26 0,003 — | 0% | 550 
Bieoblanaı on. ...%. 0,26 0,003 — — 55,0 
WErantus. > 20. 0,40 0,007 Rosastärke — | 19,0 


Langsame Elektronen haben eine weitaus größere Wirkung als 
schnelle Elektronen von gleicher ionisierender Wirkung. Körnicke!) 
verwendete für seine Versuche 5 und 10 mg in Glasröhrchen eingeschlos- 
senes Radiumbromid und Samen von Vicia Faba, die eben zu keimen 
begonnen hatten und sich in einem mit feuchtem Sägemehl gefüllten 
Blumentopf befanden. An jedem Samen war auf der Embryoseite ein 
Radiumröhrchen (10 mg) angebracht, und zwar so, daß sich das untere 
Ende, in dem das RaBr, lag, dicht neben der zunächst weiter wachsenden 
Wurzelspitze befand. Vier Tage lang dauerte die Bestrahlung der Wurzel- 
spitze, die Wurzeln zeigten Wachstumshemmung und Schädigung. 
Ein trockener Samen von Vicia Faba war 24 Stunden mit 10 mg RaBr, 
bestrahlt gewesen, kam dann zwei Tage in Wasser von 26° C und darauf 
in Sägemehl. Nach einem Tage begann die Wurzel hervorzutreten, 
blieb aber am zweiten Tage der Keimung auf einer Länge von 20 mm 
stehen, verfärbte sich bräunlich und am 17. Tage nach diesem Wachs- 
tumsstillstande brachen aus dem inzwischen 75 mm lang gewordenen 
Epikotyl Adventivwurzeln hervor, während Hauptwurzel und später 


!)M. Koernicke, Die Wirkung der Radiumstrahlen auf die Keimung 
und das Wachstum. Ber. d. d. bot. Ges. 22, 155 (1904). — Weitere Unter- 
suchungen über die Wirkung von Röntgen- und Radiumstrahlen auf die Pflanze. 
Ebendas. 23, 324 (1905). 


46 I. Anzucht von Keimlingen. 


auch die Sproßspitze zu faulen begannen. Ähnliche Ergebnisse zeigten 
auch Erbsen und Bohnen, selbst wenn die Bestrahlung nur neun Stunden 
gedauert hatte; ferner wenn die Samen erst mehrere Tage nach erfolgter 
Bestrahlung des trockenen Samens zum Quellen angesetzt oder in ge- 
quollenem Zustand bestrahlt worden waren; Bestrahlung aus einer 
Entfernung von 4 cm schien nicht mehr wirksam, wohl aber aus 2 cm. 
Besonders resistent erwiesen sich die Samen von Brassica Napus, indem 
hier eine dreitägige Bestrahlung mit 10 mg RaBr, die Keimung und 
Weiterentwicklung nicht störte, ja gequollen bestrahlte Samen zeigten 
sogar eine Beschleunigung in der Keimung; diese Resistenz 
zeigte sich auch bei Samen, deren Schale teilweise entfernt war; die 
Keimlinge der an der entblößten Stelle bestrahlten entwickelten sich 
so wie die Keimlinge der Samen, welche an nicht entblößten Stellen 
bestrahlt gewesen waren. Erst nach 10 tägiger Bestrahlung des trockenen 
Samens erwies sich dieser in der Keimung zurückgehalten und in der 
Weiterentwicklung gehemmt. 

UÜberdie Einwirkung der Röntgenstrahlen aufdie Keimung liegen gleich- 
falls Versuche von Koernicke!) vor. Gequollene Bohnensamen wurden 
in feuchtem Sägemehl zum Keimen gebracht, nach drei Tagen Exemplare 
mit gleich langen Wurzeln ausgesucht und in einen mit Sägemehl ge- 
füllten Sachsschen Keimkasten Fig. 11 gebracht. Eine der beiden ge- 
neigten Glasscheiben wurde durch eine Holzplatte ersetzt. In den Kasten 
wurden nun, der Holzplatte genähert, zwei Reihen von je sechs Keimlingen 
gepflanzt, und zwar so, daß die sechs rückwärtigen Exemplare hinter 
den Räumen sich befanden, welche die sechs vorderen zwischen sich ließen. 
Durch eine hölzerne Querwand wurde dann der Kasten in zwei Abtei- 
lungen mit je sechs Keimlingen geteilt; der vor der einen Hälfte befind- 
liche Teil der äußeren Holzplatte erhielt eine Bleibedeckung zur Ab- 
sorption der auf diese Kastenhälfte wirkenden Röntgenstrahlen. Auf 
den so vorgerichteten Kasten wirkten nun von der geneigten Holzplatte 
her die Röntgenstrahlen. Die Bestrahlung wurde so lange fortgesetzt, 
bis ein neben die Objekte der ersten, d. h. der Röntgenröhre näheren 
Reihe vorher gebrachter Holzknechtscher Reagenzkörper das Bestrah- 
lungsmaß von 24 H. Einheiten und ein in der zweiten Reihe befindlicher 
die Farbenintensität aufwies, die 20 H. E. zukommt. Die Strahlen wirken 
hemmend auf das Wachstum ein, aber auch hier zeigt sich zunächst keine 
Schädigung, vielmehr sogar primär eine Wachstumsbeschleunigung und 
erst nach einiger Zeit zeigt sich Stehenbleiben des Wachstums als physio- 
logische Nachwirkung; der Zeitpunkt des Eintretens dieser Nachwirkung 
ist abhängig vom Objekt und seinem physiologischen Zustande im 
Momente der Bestrahlung. Besonders widerstandsfähig erwiesen sich 
die Samen von Brassica Napus, die bei einer Strahlungsintensität, 
welche bei Vicia Faba sehr schwer gewirkt hatte, noch keine Hemmung 
erlitten. Bei genügend schwacher Einwirkung ist die Wachstumshemmung 
eine vorübergehende, eine Aufhebung der Keimkraft von trockenem 
wie gequollenem Samen wird selbst nach zweimaliger Bestrahlung mit 
über 20 H. E. nicht erreicht. Wurden die trockenen Samen mit über 
20 H.*E. bestrahlt und dann bei 26 ° C in Wasser zum Quellen gebracht, 
so zeigte sich bei den Samen von Vicia Faba und Brassica Napus, be- 


!) M. Koernicke, Über die Wirkung von Röntgen- und Radium- 
strahlen auf den pflanzlichen Organismus. Ber. d. d. bot. Ges. 22, 148 (1904). 


II. Die Keimptlanze. 47 


sonders auffällig bei den letzteren, eine Wachstumsbeschleunigung 
(von 100 Exemplaren war nach einem Tage schon die Hälfte gekeimt, 
von den Kontrollsamen nach dieser Zeit erst einer und die Hälfte erst 
nach drei Tagen), die aber mit der Zeit wieder ausgeglichen wurde. 
Bei Bestrahlung von vorher gequollenen Samen ergab sich dagegen keine 
Beschleunigung, dagegen nach zwei Tagen ein Stehenbleiben des Wachs- 
tums bei Vicia Faba, während V. sativa und Brassica Napus weiter- 
wuchsen. 

Für orientierende Versuche über die Keimung eignen sich besonders 
die Samen von Phaseolus vulg., Zea Mays, Helianthus annuus, Cucur- 
bita Pepo. Um schöne Wurzelhaare zu erzielen, verwendet man mehrere 
Getreidearten wie Gerste, ferner Mais, Raphanus sat. Zum Studium 
der Etiolementerscheinungen eignen sich besonders die Gramineen, wie 
Hafer; kräftige Hauptwurzeln erzielt man bei Vicia Faba und Cucurbita. 


I. Die Keimpflanze. 


Erscheint bei dem im Keimbett angekeimten Samen das Würzelchen 
und ist dieses einige Millimeter lang geworden, so kann der Samen in das 
Medium übertragen werden, in welchem die Pflanze ihre weitere Entwick- 
lung durchmachen soll (Fig. 9), also entweder in ein festes oder flüssiges 
Substrat. So wenig empfindlich der Samen im ruhenden Zustand gegen 


Fig. 9. Vier aufeinanderfolgende Stadien der Entwicklung der Keimpflanzen von Helianthus annuus. 
im ersten Topf sind die Keimblätter noch vom Perikarp umschlossen, das bei zunehmender Ent- 
faltung immer mehr zur Spitze rückt, bis es schließlich abgeworfen wird. (Dieses Bild verdanke 
ich der Freundlichkeit des Herrn L. v. Portheim, Leiters der Biologischen Versuchsanstalt in Wien.) 


die Einwirkung äußerer Faktoren sich gezeigt hat, so sehr ist es die 
junge Keimpflanze und sie muß deshalb mit der größten Vorsicht be- 
handelt werden. Verwendet man ein festes Substrat, so wird ge- 
wöhnliche Gartenerde gute Dienste leisten; die Erde wird in einem 
groben Sieb von allzufesten Stücken befreit, locker in den unglasierten 


48 II. Die Keimpflanze. 


Blumentopf aufgeschüttet, dessen untere Öffnung eine Tonscherbe zum 
Zwecke der Drainage trägt. Die Erde wird nun mittels einer Brause 
angefeuchtet, wobei man zweckmäßig mit einem Holzstab in die all- 
mählich zusammenklebende Erde Löcher stößt, welche ein schnelles 
Eindringen des Wassers in die Tiefe bewirken; der Topf steht auf einem 
Wasser enthaltenden Untersatz. Mit einem Holzstäbchen werden nun 
kleine Öffnungen in die Oberfläche des Erdreichs gestoßen und das 
Würzelchen so hineingesteckt, daß der Samen von Erde halb bedeckt 
ist. Ebenso wie es zweckmäßig war, nicht zu viele Samen in einer Keim- 
schale auszulegen, weil die gegenseitige Entwicklung dadurch gehemmt 
ist, so ist es auch nicht empfehlenswert, besonders für länger dauernde 
Versuche, allzu viele Pflanzen in einem Blumentopf unterzubringen, 
der Abstand der einzelnen Samen voneinander soll mindestens 2 cm 
betragen. Will man eine Kontrolle über die der Pflanze zur Verfügung 
stehenden Mineralstoffe haben und dabei doch in festem Substrat arbeiten, 
so empfiehlt es sich, feinen Seesand zu nehmen, der zum größten Teil 
aus Quarz besteht und diesen mit Leitungs- oder Brunnenwasser oder 
mit einer der später zu besprechenden Nährlösungen zu begießen. Für 
genauere Versuche genügt aber der Seesand nicht, sondern man be- 
dient sich reinsten Quarzsandes, der mit Königswasser gewaschen war; 
ich habe übrigens gelegentlich die Erfahrung gemacht, daß ‚‚reinster‘‘ käuf- 
licher Quarzsand noch immer Nährstoffe an die Pflanze abgeben kann, und 
es empfiehlt sich daher, den käuflichen Quarzsand selbst in Porzellan- 
gefäßen (unter gut ziehendem Abzug) mit einem Gemisch von Salz- 
säure und Salpetersäure 3 : 1 mehrere Stunden auszukochen und den 
abgepreßten Sand mit heißem Wasser so lange durchzurühren und 
immer wieder abzupressen, bis ein Tropfen des Waschwassers mit Silber- 
nitrat keinen Chlorsilberniederschlag mehr ergibt. Wie schon erwähnt, 
ist es mitunter (bei der Einwirkung gasförmiger Agenzien auf die Keim- 
pflanze) notwendig, die absorbierende Wirkung des Topfes und des 
Substrates auszuschließen: man verwendet dann glasierte Töpfe ohne 
Drainageöffnung oder Glasküvetten (beide haben sich in meinen Ver- 
suchen sehr bewährt, und ich habe niemals mit Schwierigkeiten der 
Bewässerung oder des Sauerstoffmangels zu kämpfen gehabt); die Erde 
wird entweder mit Stanniol (mitunter ergibt bleihaltiges Stanniol Schädi- 
gungen, in der Regel aber ist das käufliche Stanniol sehr verwendbar) 
oder mit Aluminiumfolie überdeckt; am besten ist es, einen dünnen 
Überguß von niedrig schmelzendem Paraffin zu verwenden; hoch- 
schmelzendes hat den Nachteil, sich leicht von den Glas- oder Ton- 
wänden des Gefäßes abzuheben und zu klaffen; auch darf man das 
Paraffin nicht vollständig erstarren lassen, sondern muß noch während es 
halbweich ist, mit der Nadel die Löcher zum Durchstecken des Würzelchens 
einbohren, weil man sonst leicht beim Herausziehen der Nadel die ganze 
Decke abhebt oder von Radialsprüngen durchsetzt sieht. Auch kann 
man weiches Paraffin nach dem Durchstecken des Würzelchens leicht 
um dieses festdrücken und so den Verschluß völlig abdichten. Diese 
Methode hat auch den weiteren Vorteil, daß ein Bewässern unnötig 
ist; im dunstgesättigten Raume halten sich solche Kulturen wochen- 
lang und entwickeln sich ganz normal. Zur Erzielung des dunstgesättigten 
%aumes ist es natürlich am zweckmäßigsten, wenn man die Pflanzen 
in größeren, warmen, feuchtigkeitsgesättigten Räumen hält, denn unter 
engen Glocken ist eine Schädigung der Pflanzen durch die sich an- 


II. Die Keimptlanze. 49 


sammelnde Kohlensäure nicht ausgeschlossen, was man auch daraus ersieht, 
daß sich Pflanzen unter Glocken, als deren Abschlußflüssigkeit starke 
Kalilauge gewählt wurde, wenigstens in der ersten Zeit, freudiger entwickeln 
und größere Längen erreichen als solche unter wasserabgesperrten Ge- 
fäßen. Die Kohlensäure wird in Liehtkulturen sicherlich vielfach, sowie sie 
als Atmungsprodukt die Pflanze verlassen hat, sofort zur Assimilation 
im Lichte herbeigezogen. Arbeitet man unter Glocken, so ist es not- 
wendig, dieselben mindestens alle 24 Stunden abzuheben, gründlich 
auszuschwenken und erst dann wieder die Kultur damit zu bedecken: 
soll keine Abschlußflüssigkeit verwendet, sondern die Glocke mit Vaselin 
an eine Glasplatte festgedichtet sein, so stellt man ein Gefäß mit Wasser 
zur Erhaltung des feuchten Raumes mit unter die Glocke und sorgt 
für einen den Tubus der Glocke verschließenden, doppelt durchbohrten 
Stöpsel, durch dessen Glasröhren (eine nahe dem Glockenboden, 
die andere unterhalb des Stöpsels endigend) man Luft durchleitet, 
eventuell unter Vorlegung entsprechender Absorptionsgefäße, wenn es 
sich darum handelt, gasförmige Stoffwechselprodukte nicht zu ver- 
lieren. Um den Stöpsel luftdicht dem Tubus einzufügen (wenn man 
nicht Kautschukpfropfen verwendet), kocht man zunächst den Kork- 
stöpsel in Wasser gründlich aus, durchbohrt ihn entsprechend und 
setzt ihn nach dem Zusammenquetschen in der Korkpresse gutsitzend 
in den Tubus ein, dann übergießt man ihn langsam mit aufgeschmolzenem 
Paraffin, welches seine Poren ausfüllt (man paraffiniere den Stöpsel 
niemals vor dem Einsetzen in den Tubus). Dasselbe Ziel erreicht man 
durch Bepinseln mit Kollodiumlösung, am besten aber, indem man 
den Stöpsel in einer kaltgesättigten Auflösung von Ammoniumbichromat 
badet, dann einsetzt und mehrere Stunden dem Lichte exponiert, die 
braunschwarz gewordene Schicht ist dann absolut undurchlässig. Die 
Glocke mit den Pflanzen stelle man nicht ins direkte Sonnenlicht, 
sondern blende dieses durch Jalousien ab oder arbeite im diffusen Licht. 
Will man mit ultraviolettem Lichte arbeiten, so ist darauf zu achten, 
daß die ultravioletten Strahlen zu 50 % und mehr von gewöhnlichem 
Glas absorbiert werden und man sich des Quarzglases bedienen muß. 
Zur Ausschaltung der Wärmewirkung künstlicher Lichtquellen dienen 
Küvetten, die, mit Wasser gefüllt, zwischen Lichtquelle und Pflanze ge- 
schaltet werden, aber allerdings auch die Intensität des Lichtes dämpfen. 

Mitunter wird man als Medium, in welchem die Pflanze wurzeln 
soll, Gelatine verwenden, wie sie in der bakteriologischen Methodik 
üblich ist: das wird namentlich dann der Fall sein, wenn man Diffusions- 
gefälle herstellen will, um Chemotropismen zu untersuchen. In den 
Versuchen von Porodko!) wurde als Diffusionsmedium eine erstarrte 
I!/, prozentige Agarlösung, als Diffusionsgefäß eine rechtwinkelige Glas- 
wanne benutzt. Die Glaswanne wird mit warmer Agarlösung gefüllt. 
Nach dem Erstarren des Agars wird ein Teil desselben entfernt, und 
zwar so, daß nur eine quergespannte Agarlamelle in der Mitte der Wanne 
übrigbleibt. Die Lamelle stellt eigentlich einen Block, ein rechtwinkliges 
Prisma vor, dessen Höhe und Breite die der Wanne sind. Der Agarblock 
teilt somit das Innere der Wanne in zwei nicht kommunizierende Hälften, 
von denen die eine mit der zu prüfenden Lösung, die andere mit Wasser 


1) Th. Porodko, Über den Chemotropismus der Wurzel. Ber. d. d. 
bot. Ges. 28, 50 (1910). 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 4 


50 II. Die Keimpflanze. 


gefüllt wird, so daß ein Diffusionsstrom den Block durchsetzt. Die 
Pflanzen werden mit ihren Wurzeln nicht tiefer als 1 mm in den Agar- 
block reihenweise in 2—3 Reihen eingeführt. Diese Methodik ist auch 
sehr geeignet, die noch strittige Frage der Wurzelausscheidungen zu 
behandeln, da man den Gallertblock oder die Gallertblöcke mit Indikatoren 
tränken könnte, welche, wie Phenolphthalein, Neutralrot usw., empfind- 
licher als der immer dazu verwendete Lackmusfarbstoff, vielleicht in 
dieser Frage geeigneter sind als Filtrierpapier oder Marmor oder der- 
gleichen. Freilich wäre es hier um so notwendiger, für vollkommenes 
Sterilbleiben Sorge zu tragen, um so mehr, als wahrscheinlich gerade in 
der Frage der Wurzelausscheidungen absterbende Wurzelteilchen eine 
große, noch zu wenig berücksichtigte Rolle spielen. Dieses Sterilhalten 
kann aber nach den später zu schildernden Erfahrungen der sterilen Me- 
thodik bei höheren Pflanzen keine unüberwindliche Schwierigkeit bieten. 

Übrigens hat Porodko!) gerade zur Untersuchung von Chemo- 
tropismus noch eine einfachere Arbeitsweise angegeben. Das Versuchs- 
gefäß setzt sich aus zwei Teilen zusammen: einem Glaszylinder und 
einem Blumentopf. Der erstere ist mit Wasser halb gefüllt und dient 
dem gut hineingepaßten Blumentopf als Stütze. Diesem wird vorher 
der Boden abgesägt und über die untere Öffnung eine grobmaschige Gaze 
gezogen; hierauf wird eine zirka 1 cm hohe Schicht feuchter Sägespäne 
daraufgelegt, die gequollenen Samen eingepflanzt und wieder mit Säge- 
spänen bedeckt. Die Versuchsgefäße bleiben dann in einem feuchten, 
dunklen Raume stehen. Nach ein bis zwei Tagen wachsen die Wurzeln 
in das feuchte Zylinderinnere hinaus. Haben sie eine Länge von zirka 
10—15 mm erreicht, werden die Versuchsgefäße auf einen zitterfreien 
Tisch getragen und dann mit dem chemotropischen Versuch begonnen. 

Besser als mit festen oder halbweichen Medien arbeitet man in Nähr- 
lösungen, wobei allerdings zweierlei Nachteile zu berücksichtigen sind: 
Der Versuch kann nur beschränkte Zeit durchgeführt werden, weil die 
absterbenden Teile der Wurzel zum Nährboden für Bakterien, niedere 
Algen usw. werden und dadurch auch die oberirdischen Teile mittelbar 
leiden und ferner fehlt in der Nährlösung die Möglichkeit für die Pflanze, 
sich festzuklammern, mit der Wurzel festzuankern, und so muß für die 
sich vergrößernden oberirdischen Teile eine künstliche Stütze geschaffen 
werden. Verwendet man Glasgefäße, so ist es sowohl bei Sand- als 
auch bei Wasserkultur ratsam, sie vorher gründlich auszukochen, damit 
alle Stoffe, welche aus dem Glase an das Nährsubstrat abgegeben werden 
könnten, vorher eliminiert seien; bei Sandkulturen kann man, um die 
nötige Durchlüftung zu erreichen, den Boden statt mit Sand zunächst 
mit gereinigten größeren Kieseln belegen, eventuell diese noch mit einer 
Schicht Watte bedecken und dann erst Sand auffüllen oder auch enge 
Glasröhren senkrecht vom Grunde des Gefäßes bis an die Oberfläche, 
die Kulturerde durchsetzend, ziehen. Bei feinem Sand vermeidet man 
ein Zusammenbacken, wenn man nicht die bereits eingefüllte Erde be- 
sießt, sondern den Sand vor dem Einfüllen so mit der Nährflüssigkeit 
durchtränkt, daß er kleine zusammenhängende Brocken bildet, die man 
dann, durch sanften Druck zwischen den Händen zerreibend, einstreut. 
Wichtig ist auch die Auswahl der gekeimten Samen. Man sieht schon 
äußerlich an der Färbung des Samens, an der Länge des hervortretenden 

ı) Th. Porodko, Vergleichende Untersuchungen über Tropismen, TI. 
3er. d. d. bot. Ges. 30, 16 (1912). 


If. Die Keimpflanze. 51 


Würzelchens, an der Keimungsenergie überhaupt, welche Samen un- 
gefähr gleichartig sind, und wähle für einen Versuch nur physiologisch 
äquivalente Exemplare aus, also zunächst solche von gleicher Samen- 
größe, d. h. annähernd gleichen Reservestoffgehaltes, und solche, deren 
hervorbrechende Teile in gleichen Zeiten die gleiche Länge erreicht 
haben. Niemals verwende man zum Vergleiche Keimlinge, deren hervor- 
brechende Teile an verschiedenen Tagen zu gleicher Länge gelangt 
sind, überhaupt nicht solche, deren Vorkeimung verschieden lange ge- 
dauert hatte. Man wird die Erfahrung machen, daß kleinere Samen 
zunächst niedrigere Pflanzen geben, weil in erster Linie die Reserve- 
stoffe zum Aufbau der Pflanze Verwendung finden; wenn sich auch 
die Größenunterschiede später, im Verlaufe der Assimilationstätigkeit, 
wieder ausgleichen!), kann man doch, wenn man den Versuch früher ab- 
bricht, zu Fehlschlüssen gelangen. Uberhaupt achte man darauf, daß 
die Keimlinge, die man miteinander vergleichen will, unter völlig iden- 
tischen Bedingungen, die Kulturgefäße am besten nebeneinanderstehend, 
gezogen werden, gleich in bezug auf Substrat, Licht, Temperatur, 
Feuchtigkeit. Hat man gleichzeitig annähernd gleichgroße Samen ver- 
wendet, so kann man nach Wochen der Entwicklung die hervor- 
gewachsenen Pflanzen soldatisch gleich und ebenmäßig sehen. Man 
täuscht sich aber doch manchesmal in bezug auf die physiologische 
Äquivalenz der angekeimten Samen. Wenn man also schon vorher 
zum Ankeimen etwa die doppelte bis dreifache Anzahl von Samen, 
als man Pflanzen benötigt, auslegen mußte, so muß man auch nach dem 
Einsetzen noch vergleichend vorgehen. Die angekeimten Samen werden 
mit dem Würzelchen in die Erde gesteckt und selbst noch mit einer 
je nach der Samengröße 2—20 mm hohen Erdschicht überdeckt, welche 
ganz locker sein muß, damit der Keimling die Schicht leicht durch- 
brechen kann. Nach zwei bis drei Tagen sieht man dann schon, ob 
einzelne im Wachstum zurückbleiben oder überhaupt schwächlich sind, 
was ja mit den Einflüssen zusammenhängen kann, die den Samen oder 
die Pflanze, die ihn hervorgebracht hatte, getroffen hatten, was äußer- 
lich am Samen nicht beobachtet werden muß. Diese zurückgebliebenen 
Exemplare entfernt man. Bei der Kultur ohne vorgängige besondere 
Maßregeln der Asepsis kommt es vor, daß sich im Kulturgefäße an 
einzelnen Samen ein Pilzbelag zeigt. Das mag schon in der Keimschale 
der Fall gewesen sein und kann verschiedene Ursachen haben, sei es, 
daß die Samen von vornherein geschwächt und den Angriffen der Pilz- 
keime gegenüber weniger widerstandsfähig waren, sei es, daß das zum 
Ankeimen verwendete Filtrierpapier verunreinigt ist (man verwende 
deshalb auch womöglich zu diesem Zwecke niemals das gewöhnliche 
graue, sehr verunreinigte Fließpapier) und dem Pilz schon Nährstoffe 
bietet, sei es, daß durch allzu reichliches Befeuchten des Keimbettes 
bei gleichzeitiger Warmhaustemperatur das Aufkommen des Pilzes be- 
günstigt wurde, sei es endlich, daß der Keimraum selbst schon infiziert 
ist. Man wählt naturgemäß für die Kultur nur ganz gesunde, nicht 
befallene Samen, aber selbst dann kann es zu einer Verpilzung einzelner 
kommen, die dann schleunigst entfernt werden müssen, sollen die bis 
dahin gesunden Pflanzen nicht auch in Mitleidenschaft gezogen sein. 
Da Bakterien und Pilze mit Vorliebe zwischen den fleischigen Teilen des 
") A. Burgerstein, Verhandl. d. zool.-bot. Ges. Wien 1912, S. 17. 
4* 


52 II. Die Keimpflanze. 


Samens und der Samenhaut vegetieren, ist es von Vorteil, die Samen- 
haut sobald als irgend möglich zu entfernen; natürlich dürfen diese 
abgenommenen Teile nicht am oder im Kulturgefäß belassen werden, 
weil sie eine ständige Verpilzungsquelle bilden. Hat man die Kultur- 
sefäße mit den Samen unter eine Glocke gebracht, welche nicht mehr 
vor Beendigung des Versuches geöffnet werden darf, so ist im Falle der 
Verpilzung eines Samens der Versuch natürlich unbrauchbar, weil ja 
nicht nur der Pilz selbst durch seine Stoffwechselprozesse das Resultat 
unsicher macht, sondern auch die Versuchspflanzen in unkontrollierbarer 
Weise beeinflußt. Es ist ersichtlich, wie notwendig also auf alle Fälle eine 
von vornherein eingeschlagene aseptische Versuchsmethodik 
sich empfiehlt. In einzelnen Fällen, wo eine solche Kulturmethode 
nicht verwendet worden war, habe ich mir in der Weise geholfen, daß 
durch den Korkstöpsel der Glocke ein dünner Platindraht mit haken- 
förmig umgebogener Spitze gezogen war, so daß man mit ihm im Not- 
falle den angegriffenen Samen herausheben und in ein unter der Glocke 
befindliches Gefäß mit konzentrierter Schwefelsäure stecken konnte, 
eine Operation, die aber schon durch das notwendige Hin- und Herbiegen 
des Drahtes sehr mühsam wird. Die Versuchstöpfe sollen möglichst 
groß sein, damit das Wurzelsystem der Pflanze hinlänglichen Raum 
zur Ausbreitung finde; die Töpfe, wie sie Sachs verwendet, bestehen 
aus schwarzbraun gebranntem Ton, der sehr porös und von großer 
Festigkeit ist; durch die große Porosität wird beim gleichmäßigen 
Feuchterhalten der Erde einem Versumpfen des Bodens vorgebeugt. 
Wenn man größere Reihen vergleichender Versuche anstellt, ist besonders 
im Winter auf die Erhaltung des Bodens große Sorgfalt zu verwenden, 
damit demselben der gleiche Grad von Frische, Feuchtigkeit und Locker- 
heit gewahrt bleibe. Diese. drei Momente üben den größten Einfluß 
auf das Eintreten und die Schnelligkeit der Keimung. Die zur Füllung 
des Topfes bestimmte Erde wurde von Sachs!) jedesmal einer be- 
sonderen Bearbeitung mit den Händen unterzogen; zwischen den locker 
übereinander hinlaufenden Handflächen wurde sie in feuchtem Zustande 
so lange zerrieben, bis die ganze Masse ein sehr lockeres und völlig gleich- 
förmiges Aussehen angenommen hatte. Dieser Bearbeitung wurde die 
Erde jedesmal von neuem unterworfen, wenn nach Beendigung des 
Versuches dieselbe zur Keimung neuer Samen dienen sollte. In diesem 
aufgelockerten Zustande wurde die Erde in die Töpfe eingefüllt und 
dann stark eingerüttelt, aber niemals festgedrückt. In die Kulturerde 
werden die größeren Samen immer so gelegt, daß die Keimwurzel senk- 
recht in den Boden hinabwachsen kann, und die Samen dann, wie er- 
wähnt, mit lockerer Erde bedeckt. Für kleine Samen werden in die 
frisch eingefüllte feuchte Erde Furchen gezogen und dann die Samen mit 
einer ganz dünnen Schicht Erde nach dem Hineinlegen bedeckt. Wo es auf 
Konstanterhaltung der Temperatur ankommt, leistet der von Sachs 
konstruierle Apparat (Fig. 10) gute Dienste: AA ist ein wasserdicht 
angefertigtes Gefäß von Eisenblech, welches am oberen Rande drei 
Haken trägt, von denen zwei (F F,) in der Abbildung angegeben sind; 
diese Haken sind nach oben konkav und dienen dazu, den gläsernen 


!) J. Sachs, Physiologische Untersuchungen über die Abhängigkeit der 
Keimung von der Temperatur, Jahrb. f. wiss. Bot. 2 (1860); Physiologische Unter- 
suchungen über die Keimung der Schminkbohne. Sitz.-Ber. d. k. Akademie d. 
Wiss. Wien 87 (1859). 


II. Die Keimpflanze. 53 


Helm FH zu tragen, der etwas größer ist als das Gefäß A A; der Helm 
hält die Luft über der Erde feucht, und indem er die ausstrahlende 
Wärme zum Teil zurückwirft, erhöht er die Temperatur im Innern 
des Apparates um mehrere Grade; auf der inneren Seite des Helmes 
schlägt sich Wasser nieder, welches außerhalb des Apparates abtropft, 
da der Helm übergreift; zugleich wird die Luft unter dem Helm noch 
dadurch erwärmt, daß die um AA befindliche aufsteigende warme 
Luft sich unter H ansammelt. Ein zweites eisernes Gefäß C C von der 
Gestalt des vorigen, aber kleiner, trägt oben einen ausgebogenen Rand, 
welcher auf den Rand von AA so über- H 
greift, daß CC in AA hängt; der Boden 
von CC bleibt auf diese Weise etwa 
einen Zoll über dem Boden von AA 
und ungefähr ebensoviel stehen die Seiten- 
wandungen beider Gefäße ab. Der freie 
Raum K zwischen AA und CC wird mit 
Wasser gefüllt, damit die größte Wärme 
zum oberen Rande des Topfes hingeleitet 
werde, denn da der untere Teil des 
Blumentopfes durch Ausstrahlung weni- 
ger verliert und dem Luftwechsel weniger 
ausgesetzt ist, so würde er sich viel stärker 
erwärmen als der obere Teil; übrigens 
nimmt die Wärme auch von der Wand 
des Topfes zum Zentrum ein wenig ab. 
Auf dem Boden von CC ragen Füße 
aufwärts, auf welche der Blumentopf EE, 
gestellt wird, in dem sich die Keim- 
linge Kl entwickeln; dieser läßt zwischen 
sich und dem Gefäße CC einen freien 
Raum, so daß die Luft um den Topf un- 
gehindert zirkulieren kann. Der ganze 
Apparat steht auf einem starken, eisernen Fig. 10. Keimapparat nach Sachs zur 
Dreifuß G G, unter den ein Mikrobrenner Erhaltung konstanter Temperatur. 
gestellt wird, am besten ist ein gleichmäßig erwärmender Kranzbrenner. 
Wie wichtig für manche Pflanzen die Erhaltung des feuchten Raumes ist, 
zeigt Sachs in seinen Untersuchungen über die Keimung der Schmink- 
bohne, indem trockene Luft wohl die Bildung der Blätter nicht hinderte, 
aber bewirkte, daß die Blätter klein blieben; die trockene und durch 
Heizung immerfort in Bewegung befindliche Luft eines im Winter geheizten 
Zimmers genügte, um die Fläche des ersten Blattes auf 2—3 gem zu 
reduzieren, während sie bei derselben Temperatur unter einer Glasglocke 
in feuchter Luft 30—40 qem Fläche erreichten; die retardierende Wirkung 
in der Entwicklung der Blattfläche macht sich sogleich nach dem Heraus- 
treten der Keimblätter an die Luft bemerkbar und bei feuchtem, warmem 
Boden und warmer, aber trockener Luft kann es durch den Mangel an Luft- 
feuchtigkeit so weit kommen, daß die Primordialblätter völlig vertrocknen. 
Die Forderung, daß die Kulturgefäße möglichst groß zu wählen sind, 
mindestens mit einem bis zwei Litern Fassungsraum für etwa zehn Bohnen- 
pflanzen, gilt in noch höherem Maße für die Wasserkultur als für die 
Sandkultur. Es wurde vorhin davon gesprochen, daß ein großer Nachteil 
dieser Kulturmethode darin bestehe, daß die Wurzel im Wasser sich 


54 II. Die Keimpflanze. 


noch empfindlicher gegen allerhand schädliche Einflüsse verhält, wie 
Spuren von Schwermetallsalzen und Fäulnisprodukte, um so mehr, als die 
Durchlüftung hier schwieriger ist; aber dafür kann man in dem durch- 
sichtigen Glase jede Veränderung des Wurzelsystems sehen und überhaupt 
dessen Entwicklung verfolgen (Fig. 12). Freilich gelingt das auch in der 
Erdkultur durch den Sachsschen Keimkasten (Fig. 11), dessen schief- 
stehende Wände, an welchen sich das Wurzelsystem ausbreitet, aus 
Glas sind. Eine Unannehmlichkeit der Wasserkultur ist es ferner, daß 
sich allerhand niedere Organismen, besonders Algen, leicht darin ent- 
wickeln, welchen Übelstand man übrigens dadurch einschränken kann, 
daß man das Kulturgefäß mit schwarzem Papier umgibt, wodurch 
man auch für die Entwickelung der Wurzel natürlichere Bedingungen 
schafft. Wegen der notwendigen größeren Widerstandsfähigkeit ist es 
zweckmäßig, etwas ältere Entwicklungsstadien für die Wasserkultur zu 
wählen, als sie für Sandkultur notwendig sind, 
schon desalb, weil das Würzelchen ins Wasser 
eintauchen muß, um der Pflanze Wasser zuzu- 
führen. Von den Sägespänen, in denen die Samen 
angekeimt wurden, bringen dieselben gewöhnlich 
Spuren von Stoffen in die Wasserkultur mit, 
wodurch dieselbe verunreinigt wird. Man muß 
demnach weiche, möglichst harzfreie Sägespäne, 
am besten Buchenholzspäne, als Keimbett wählen 
und die angekeimten Samen vor dem Einbringen 
in die Wasserkultur sorgfältig mit destilliertem 
Wasser abspritzen. Zur Wasserkultur eignen sich 
übrigens nicht alle Samen gleichmäßig, vor allem 
wird man kleine Samen wegen der Unbequemlich- 
N I keit der Manipulation ausschließen, aber auch von 
Sachs. größeren Samen wird man mit Vorliebe die in 
Wasserkultur sich gut entwickelnden der Bohne, 

Lupine, Helianthus, Mais, Buchweizen usw. bevorzugen. Die Be- 
festigung macht, wie erwähnt, ebenfalls Schwierigkeiten, denn nie- 
mals darf ein Stengelorgan unters Wasser tauchen, weil dadurch Fäul- 
nisvorgänge bedingt wären. Nun treten aus den Gramineen beispiels- 
weise nach unten nur Wurzelorgane aus, sie können also unmittel- 
bar über der Wasseroberfläche befestigt werden, dagegen entwickelt 
sich beim Buchweizen, Helianthus, Phaseolus usw. zwischen Kotyledonen 
und Wurzel das Stengelstück des Hypokotyls, das aus dem Wasser 
herausragen muß, respektive, da es sich durch längere Zeit streckt, immer 
wieder herausgezogen werden sollte; das ist aber von vornherein nicht 
so schwierig, wenn man darauf Bedacht nimmt, daß überhaupt nur 
die Spitze der Wurzel, nicht aber deren oberste Teile ganz ins Wasser 
zu tauchen haben. Die Kulturgefäße sollen, wie bereits erwähnt, bei 
der Wasserkultur sehr geräumig sein. Wortmann!) weist darauf hin, 
daß die Wurzelatmung dann besser vor sich geht und die Kultur- 
flüssigkeit niedrigere und gleichmäßigere Temperatur beibehält. Die 
Pflanzen gedeihen weit besser als in schmalen Gefäßen und brauchen 
mehr oder weniger keine weitere Fürsorge, wenn die Kultur einmal 
eingestellt ist. Wortmann verwendet Glaszylinder, die 26%, 1 fassen 


ı) Wortmann, Bot. Ztg. 1892, p. 643. 


UI. Die Keimpflanze. BB) 


(zum Preise von 5 Mark bei Ehrhardt & Metzger, Darmstadt). Nach 
dem Auskochen des Gefäßes ist es zweckmäßig, dasselbe mit starker 
Salpetersäure auszuwaschen, die Salpetersäure durch Wasser zu ver- 
treiben, dann mit einer starken Sublimatlösung nachzuspülen und 
schließlich mit destilliertem, ausgekochtem Wasser solange durch- 
zuwaschen, bis ein Tropfen des Waschwassers mit Silbernitrat keine 
Fällung mehr gibt. Will man größere Pflanzen ziehen, so empfiehlt es 
sich, in den breiten Hals des Kulturgefäßes einen Kork mit breiter 
Bohrung zu setzen, welche zur Aufnahme der Pflanze dient. Der Kork 
erhält radial von der Bohrung 
einen Schnitt, welcher einen 
Sektor des Korkes entfernt, 
der nachher wieder eingefügt 
wird ; durch diese Öffnung kann 
der Stengel der Pflanze auch 
später noch seitlich eingeführt 
werden. Ein Tränken des Kor- 
kes mit Paraffin gewährt guten 
Schutz vor Schimmelpilzen. 
Verwendet man gläserne Zylin- 
der als Kulturgefäße, so er- 
halten diese einen Deckel, der 
in der Mitte ein größeres Loch 
zur Aufnahme der Pflanze und 
seitlich davon ein kleineres Loch 
zur Befestigung der Holzstütze 
trägt, an welche die Pflanze 
nach dem Heranwachsen an- 
gebunden wird; besonders not- 
wendig sind solche Stützen 
natürlich für windende oder 
schlingende Pflanzen. Pfeffer 
verwendet als Deckel für daszy- 
lindrische Kulturgefäß lackier- 
tes Zinkblech oder Porzellan, 
in dessen mittlere Durchboh- 
rung die Pflanze mit Hilfe eines 
halbierten und paraffinierten 
Korkes angebracht ist; ein ra- 
dialer Schlitz des Deckels ge- 
stattet auch hier das Ein- und 
Ausschieben des Pflanzen- 3 
stengels. In der Durchbohrung 

des Korkes wird der junge Keimling mit Watte so befestigt, daß 
die Reservestoffbehälter sich oberhalb des Korkes, also außerhalb 
der Flüssigkeit, befinden, eventuell befestigt man das Hypokotyl 
mittels der Watte im Stöpsel. Diese Art der Kultur dient, wie 
gesagt, nur für größere Pflanzen, bei denen man die Entwicklung eines 
einzelnen Individuums und seiner Teile studieren will; für die gewöhn- 
lichen Laboratoriumsversuche mit kleineren Keimpflanzen ist aber 
dieses Verfahren schon deshalb höchst unpraktisch, weil man ja viele 
Vergleichspflanzen, womöglich in einer Kultur, zu Vergleichszwecken 


Fiz. 12. Weasserkultur von Hartwegla comosa 


(nach ©. Richter.) 


56 II. Die Keimpflanze. 


zu halten wünscht, wofür bei dem eben geschilderten Verfahren ebenso- 
viele Kulturzylinder nötig wären. In diesem Falle benutzt man zweck- 
mäßig (nach dem Vorschlage von Portheims) mit Gaze über- 
spannte Einsiedegläser, die in verschiedener Größe zu haben sind. Das 
gründlich gereinigte Glas wird mit mehr oder weniger engmaschigem 
Organtin überspannt, indem man die feuchte Gaze, welche sich so be- 
quem spannen läßt, mit Zwirn an dem wulstigen Rande des Einsiedeglases 
festbindet. Da der Organtin reichlich mit Stärke getränkt ist und von 
der Appretur her gewöhnlich noch Reste von Mineralsalzen, haupt- 
sächlich Kalk, enthält, muß man ihn vor der Verwendung in einprozentiger 
Salzsäure oder Salpetersäure auskochen (nicht zu lange, weil sonst das 
Gewebe zerfällt), worauf man ihn nach sehr sorgfältigem Auswaschen 
mit destilliertem Wasser über das Einsiedeglas spannt. Der Organtin 
wird so geschnitten, daß er sich 
nachher gerade bequem binden 
läßt, und die etwa herabhängen- 
den Zipfel abgeschnitten; nie- 
mals lasse man solche Zipfel in 
eine Flüssigkeit, etwa eines Unter 
satzes, hineintauchen, weil auf 
diese Weise infolge der kapillaren 
Saugung Flüssigkeiten in das über- 
spannende Netz und so in die Kul- 
turlösung hineingelangen könn- 
ten. Zwischen die Maschen des 
Organtins werden dann die Wür- 
zelchen der angekeimten Samen 
mit Beachtung der früher er- 
wähnten Vorsichtsmaßregeln ge- 
steckt, wobei es allerdings bei zu 
weiten Maschen vorkommen kann, 
daß Stengelteile in die Flüssig- 
keit hineinrutschen. Ein weiterer 
Nachteil der Einsiedegläser ist 
die schwierige Befestigung von 
i notwendig werdenden Stützen, da 

Fig. 13. ’Wanserkultur eines Zeige ron Acseulus diese an der zylindrischen Wand 
des Einsiedeglases nur schwierig 

anzubinden sind und auch zwischen die Maschen des Organtins nicht 
gesteckt werden können. Immerhin ist mit der Organtinmethode die 
Möglichkeit geboten, zahlreiche Pflanzen, je nach der Größe des 
Kulturgefäßes, in einem Gefäße unterzubringen. ATsZNschrz 
lösung eignet sich gewöhnliches Brunnen- oder Leitungswasser (z. B. 
das Wiener Hochquelleitungswasser ganz ausgezeichnet), aber es sind 
von verschiedenen Autoren verschiedene Rezepte für Nährlösungen an- 
gegeben worden, welche namentlich dort Verwendung finden werden, wo 
es sich um genaue Kontrolle des der Pflanze zur Verfügung stehenden 


Salzmaterials handelt. Die gebräuchlichste Nährlösung ist jene von 
Knop, sie enthält auf einen Liter Wasser: 

0,25 g MgSO, | 012g KCÜl 

1,00 ,, Ca(NO,), Spur FeÜl,. 


0,25 „, KH,PO, (Monokaliphosphat) 


II.. Die Keimpflanze. 57 


Wiesner ersetzt in dieser Nährlösung das KCl durch KNO,, es ist 
noch strittig, ob das Cl-Ion für manche Pflanzen schädlich ist, während 
es nach Nobbe für Buchweizen zur freudigen Entwicklung dieser 
Pflanze geradezu notwendig erscheint. Birner und Lucenus 
verwenden: 1000,0 g H,O | 0 & KH,POR 

0,5 „ MgSO, | I. .„ Be,(PO09. 

1,5 ” Ca(NO;), | 


Sachs setzt seine Nährlösung folgendermaßen zusammen: 


1000 g H,O | 0,5 g MsSO, 
1,0, 5EN03 | 0:3,,> &a,(PO,): 
0,5 „ NaCl | Spur FeÜl,. 
0,5 „ CaSO, | 


Mit Rücksicht darauf, daß die Nährlösung für höhere Pflanzen 
schwach sauer sein soll, ist es wichtig, zu wissen, daß KH,PO, sauer, 
das Dikaliphosphat K,HPO, alkalisch, das tertiäre Kaliphosphat K,PO, 
schließlich physiologisch neutral ist; man verwendet aus dem angeführten 
Grunde vornehmlich Monokaliphosphat. Tollens verwendet drei 
Lösungen, welche den großen Vorteil bieten sollen, die Entwicklung von 
niederen Algen in der Kulturlösung zu verhindern: 

Bone CalNO,); :.B.: 28.8 KE,PO,. 10230, E!MES0O, 


25 „ KNO, 1000 „, H,O. 1000 „, H,O. 
15 ,. NaCl 
1000 „, H,O. 


Von diesen drei Lösungen gelangen je 100 ccm auf 10 Liter Wasser 
zur Verwendung. Es ist zweckmäßig, sich bei jeder der genannten 
Lösungen eine etwa zehnmal so hohe Konzentration in Bereitschaft 
zu halten und vor der Verwendung entsprechend zu verdünnen. Die 
größere Konzentration der Vorratslösung verhindert das Aufkommen 
von Algen darin vor der Verwendung. Schließlich sei die Nährlösung 
von van der Crone genamnt: 


1,00 & KNO, 
0,5 , CaSO, 
0.55 ,.MeS0O, 


0,25 ‚, Cas(PO,); 
0,25 „, Fe,(PO,).. 
Eine gute Nährlösung erhält man nach Pfeffer, wenn man 


4,0 g Ca(NO,), 


1,0 „ KNO, 

1,0 „ MgSO, + 7 H,O 
1,0 „ KH,PO, 

0,5 „ KCl 


zu 7 Litern (= 0,106 %, Salz) oder zu 3 Litern (= 0,25 %, Salz) löst 
und noch 3—6 Tropfen der offizinellen FeCl,-Lösung binzufügt. Oder 
aber, wenn man 
a) 20,5 g MgSO, + 7 H,O 
zu 350 cem auflöst; ferner 
b) 40 g Ca(NO,), 
10 „, KNO, 
102. 28,20, 
zu 350 g Wasser auflöst und von Lösung a und b je 100 cem zu 9,8 Litern 
Wasser setzt, so daß man eine Lösung mit insgesamt 0,2 %, wasser- 
freier Salze erhält, zu der man nötigenfalls noch etwas KÜl fügt. Die 


58 Il. Die Keimpflanze. 


Zusammensetzung der Nährlösung kann also in relativ weiten Grenzen 
schwanken, die Sulfate und Phosphate sollen aber keinesfalls zu stark 
überwiegen, auch soll das Magnesiasalz in geringerer Menge geboten 
werden als Kalk- und Kalisalze; im ganzen sollen etwa 0,1—0,5 % 
Salze im Liter enthalten sein; die Azidität muß immer gewahrt bleiben, 
so daß man den zwar an sich schon sauer reagierenden Nährlösungen 
noch etwas Phosphorsäure oder Spuren verdünnter Salpetersäure zu- 
setzen kann. Wir glauben heute annehmen zu dürfen, daß die Salze der 
Nährlösung nicht als Moleküle, sondern in Form ihrer Ionen aufgenommen 
werden: daher kommt es auch, daß die Nährlösung mit der Zeit alkalisch 
reagiert und durch Zufügung von Säure wieder zur sauer reagierenden 
umgewandelt werden muß. Besonders bei der Assimilation gewinnt 
die anfangs sauere Nährlösung, wie Molisch gezeigt hat, die Eigen- 
schaft, Phenolphthalein zu röten, also alkalisch zu reagieren'), was ent- 
weder darauf zurückgeführt werden kann, daß von der Pflanze Kationen 
in die Nährlösung ausgeschieden werden, was durchaus möglich ist, 
nachdem wir heute schon durch zahlreiche Untersuchungen über die 
Rückwanderung der Salze aus dem Pflanzenkörper in das Substrat 
orientiert sind, oder auf die schnellere Aufnahme der Anionen während 
der Assimilationstätigkeit, vielleicht weil diese zur Formierung von 
Kohlehydrat- und Eiweißkomplexen Verwendung finden, während die 
Kationen in der Nährlösung sich anhäufen und das Ionengleichgewicht 
erst bei Nacht durch Nachziehen der Kationen — die Nährlösung ver- 
liert bei Nacht das Vermögen, Phenolphthalein zu röten — wiederhergestellt 
wird. Im Einklange damit steht der Befund, daß der Aschengehalt der 
Blätter bei Nacht größer ist als bei Tage. Immerhin ist die Pflanze in 
der Lage, die Mineralstoffe auch aus weniger ionisierten Verbindungen 
zu resorbieren, es ist z. B. möglich, sie durch Darbietung von Isäthion- 
säure oder Taurin mit Schwefel zu versorgen. Versuche, der Pflanze 
die notwendigen Aschenelemente durchaus in organischer Bindung zu 
bieten, sind bisher wegen der leichten Verpilzung solcher ‚Nährlösungen“ 
noch nicht mit Erfolg durchgeführt worden, obwohl es hinlänglich 
organische Verbindungen gäbe, welche nicht als Gifte wirken, z. B. 
Athylnitrat, Phosphorsäureester der Alkoholradikale, Taurin usw. für 
die Anionen, die Metallsalze schwach dissoziierter organischer Säuren 
für die Kationen. Freilich wirkt doch jede von diesen Substanzen mehr 
oder weniger spezifisch, es sind aber doch bestimmte allgemeine Er- 
scheinungen, welche sich bei Verwendung solcher wenig oder nicht 
dissoziierter Nährsubstrate abstrahieren ließen. Von wesentlicher Be- 
deutung ist auch die Konzentration der Nährlösung, denn auch ohne 
Giftwirkung macht eine Steigerung des osmotischen Wertes ein Ge- 
deihen unmöglich, bei einer Steigerung des optimalen Salzgehaltes 
von 0,2—0,5 %, auf 2,5—3 %, wird den meisten Pflanzen das Wachsen 
unmöglich gemacht. Dasselbe gilt natürlich, wenn die normale Nähr- 
lösung in ihrem osmotischen Druck durch Zusatz eines einzelnen Salzes 
entsprechend gesteigert worden ist. Man darf also, ohne die Pflanzen 
zu schädigen, die Konzentration der beschriebenen Nährlösungen nicht 
auf das Doppelte erhöhen, wohl aber darf man sie auf das Doppelte 
verdünnen, ohne eine Beeinträchtigung der normalen Entwicklung ein- 


!) Auch Hassack und später O. Loew [Ber. d. d. chem.Ges. 22, 482 (1889)] 
haben diese von Molisch [Sitz. Ber. d. k. Akad. Wien 18 (1909), 19 (1910)] 
studierte Erscheinung beobachtet. 


II. Die Keimpflanze. 59 


treten zu sehen. Bei weiterer Verdünnung sieht man zunächst eine 
Überverlängerung der Wurzel und auch der oberirdischen Teile eintreten, 
ganz ähnlich, wie es sich bei Aufzucht der Pflanze bei Lichtmangel 
zeigt. Dieses ‚Nährstoffetiolement‘“ beruht darauf, daß der in geringster 
Menge vorhandene Nährstoff und die ihm entsprechenden Anteile der 
übrigen im normalen Verhältnis vorhandenen Nährstoffe viel rascher 
resorbiert werden als dies unter gewöhnlichen Verhältnissen der Fall 
wäre. Später bleibt dann eine solche Pflanze natürlich gegen die nor- 
malen Kontrollexemplare zurück. Ist nur einer von den Konstituenten 
einer normalen Nährlösung in zu geringer Quantität vorhanden, so wirkt 
dies so, als ob alle Bestandteile der Nährlösung in abnormal geringen 
Mengen vorhanden wären, denn nach dem sogenannten Gesetze des 
Minimums können die Nährstoffe nur in proportionalem Verhältnisse 
zu dem in geringster Menge vorhandenen Nährstoff resorbiert werden). 
Das Gesetz des Minimums ist übrigens nicht auf die Mineralstoffe allein 
beschränkt, sondern gilt für alle Nährstoffe, wie Kohlensäure, Stickstoff- 
verbindungen, Wasser; aber noch mehr, es erstreckt sich überhaupt 
aufalleVerhältnisse, welche beim Gedeihen der Pflanze zusammen- 
wirken, so daß bei einem Mangel an Licht ein Überschuß von Kohlen- 
säure ungenutzt bleibt, und vice versa, daß infolgedessen auch die 
Mineralstoffe nicht entsprechend ausgenutzt werden, daß ein Mangel 
an Wärme auch wieder seinerseits die Verwertung der übrigen Vegetations- 
faktoren beeinflußt, kurz, das für die Mineralstoffaufnahme gefundene 
Gesetz des Minimums ist nur ein Spezialfall der das Pflanzengedeihen 
bestimmenden Korrelation der Verhältnisse. 

Aus den angeführten Gründen ist es zum bloßen Erziehen der Pflanze 
ganz unnötig, die Salze der Nährlösung etwa auf einer feinen analytischen 
Wage abzuwägen, sondern es genügt dazu vollauf die gewöhnliche Hand- 
wage. Aus den Nährlösungen, welche Eisenphosphat enthalten, setzt 
sich dieses schwer lösliche Salz gewöhnlich als Niederschlag zu Boden, 
aber abgesehen davon, daß kein Mineralsalz praktisch vollkommen un- 
löslich ist und für die Pflanzenwurzel Spuren genügen, welche durch 
Wurzelausscheidungen sukzessive herausgelöst werden, reicht ein zu- 
zeiten erfolgendes Aufwirbeln der Nährlösung, etwa bei der Durch- 
lüftung, aus, um schwerlösliche Salze auch den kleinsten Pflanzenwurzeln 
zugänglich zu machen. Wenn auch die Pflanzenzellen die Fähigkeit 
der Speicherung von in Spuren vorhandenen Mineralsalzen besitzen, 
kommt es doch schließlich bei weitgehender Verdünnung zu einem 
Konzentrationsminimum, welches für ein dauerndes Gedeihen der 
Pflanze nicht ausreicht. Das Eisen, wiewohl ein für die Ausbildung 
des Chlorophylifarbstoffes höchst wichtiges Element, darf doch nur in 
Spuren vorhanden sein (gleichgültig welcher Oxydationsstufe das ver- 
wendete Salz entstammt) und Spuren genügen auch der Pflanze voll- 
auf, ja es ist sogar schwer, eisenfreie Lösungen zu erhalten, denn die 
gewöhnlichen Handelspräparate der für die Nährlösung dienenden 
anderen Salze enthalten genügend Eisen, um das Gedeihen der Pflanze 
zu ermöglichen, welche in den Samenkotyledonen einen genügenden 
Vorrat an Eisenverbindungen besitzt, um wenigstens die ersten Triebe 


!) Bezüglich der mathematischen Formulierung dieses Gesetzes sei auf dei 
interessanten Abhandlungen von A. Mayer, Landw. Vers. stat. 78, 115 (1912), 
R. Rodewald, ebendas. Seite 247, 389, E. A. Mitscherlich, 75. 23 (1911), 
M. Th. Pfeiffer, E. Blanck, M. Flügel, 76, 169 (1912) verwiesen. 


60 II. Die Keimpflanze. 


ganz ohne von außen gebotenes Eisen zu erzwingen. Durch eine merk- 
würdige Erscheinung gelangte van der CUrone zur Aufstellung 
seiner Nährlösung. Knop hatte gefunden, daß Wurzeln in einer zirka 
0,0125 prozentigen Phosphorsäurelösung absterben, in neutralen oder 
schwach alkalischen Lösungen aber gut gedeihen; da nun die Ver- 
wendung des primären Kaliphosphates eine mehr oder minder starke 
Abweichung von der neutralen Reaktion bedingt, verwendete van 
der Crone statt dieses eine Mischung des primären und sekundären 
Kaliphosphates. Enthielten nun seine Nährlösungen außer 0,05 % 
dieser Mischung und den anderen üblichen Nährsalzen noch 0,0005 %, 
FeSO, als Eisenquelle, so wurden die Pflanzen chlorotisch, sie blieben 
aber grün, wenn die Phosphatzufuhr unterblieb (natürlich blieben sie 
dann infolge Phosphormangels klein). Auch andere und schon sehr 
geringe Mengen von Phosphorsalzen und auch Eisenphosphat als Eisen- 
auelle bewirkten diese Erkrankung, während alleinige Darreichung von 
Ferrophosphat als Eisenquelle keine Chlorose hervorrief. van der 
Crone bezog diese Wirkung auf die löslichen Phosphate und ermittelte, 
daß eine Mischung des schwerlöslichen Ferrophosphates und tertiären 
Kalziumphosphates besonders günstig sei. Die Nährlösung soll deshalb 
so günstig wirken, weil 1. das Phosphat, 2. das Eisen sich in ungelöstem 
Zustand finden, 3. beide, obwohl ungelöst, sich in gut resorbierbarem 
Zustande befinden, 4. die angewandte Eisenverbindung, obwohl un- 
gelöst, große Aktivität besitzt, 5. den Wurzeln infolge des Vorhanden- 
seins ungelöster Stoffe Gelegenheit gegeben ist, ihre naturgemäße Funk- 
tion möglichst vollkommen zu vollziehen, 6. weil die Reaktion neutral 
ist und bleibt. Diese Nährlösung erfuhr günstige und auch abfällige 
Beurteilung; während Noll in dieser Lösung ein ungleich besseres 
Wachstum der Pflanzen eintreten sah als in der Knopschen und 
Sachsschen und auch angibt, daß darin die Entwicklung kleiner 
Algen sehr beschränkt ist, sieht Takeuchi in der Verwendung der 
van der Üroneschen Lösung keinen besonderen Vorteil, sondern 
erklärt, daß gesunde Pflanzen auch in Nährlösungen gedeihen, die ge- 
löste Phosphate enthalten. Eine sehr wertvolle vergleichende Studie 
verdanken wir Benecke!); dieser Forscher führte den Nachweis, 
daß in allen Nährlösungen, in denen die Versuchsobjekte van der 
Crones zur Chlorose neigten, eine verminderte Löslichkeit des Eisens 
besteht, im Vergleich zu solchen Lösungen, in welchenvanderCrone 
gesunde Pflanzen erzielen konnte. Besonders bedinge Zufuhr löslicher 
Phosphate, auch des saueren Kaliphosphates zu Nährlösungen, welche 
Eisenphosphat als Eisensalz führen, eine verminderte Löslichkeit des 
Eisens, dagegen bedingen die löslichen Phosphate keine von der Eisen- 
zufuhr unabhängige Chlorose. Ebenso wie Phosphate in der Nähr- 
lösung die Aufnahme des Eisens verhindern oder erschweren, könne 
auch reicher Phosphorgehalt der Pflanzenzellen, besonders im Ein- 
vernehmen mit anderen die Löslichkeit des Eisens herabsetzenden 
Momenten die Weiterleitung und Verarbeitung des Eisens in der Pflanze 
erschweren und unmöglich machen und so Chlorose hervorrufen. — 
Benecke!) verwendete zur vergleichenden Kultur die kleinkörnige 
Sorte von Zea Mays (Zea praecox) und folgende Lösungen: 


1) W. Benecke, Die van der Üronesche Nährsalzlösung. Zeitschr, 
f, Bot. 1, 235 (1909). 


II. Die Keimpflanze. 61 


nach van der Crone nach Pefffer 
1000 g H,O 10007 727750 
1.00.02 R.N07 1,3 ,„ Ca(NO,), + aq 
0,5 ,„CaSO,+aq 0,33 „ KNO, 
05 ,„MsSO,-+aq 0,33... KEELOR 
0.25%... C3,(P0,); 0,33 „ MgSO, + aq 
0,25 „, Fe,(PO ,)s, 0,16 ,, KCl 


Dazu Eisen: auf 7 Liter oder auf 3 Liter 3—6 Tropfen der offizinellen 
FeCl,-Lösung. Benecke gab auf 11, Liter 2—3 Tropfen; 


nach Sachs nach Mayer 
10007 ıg H,O 1090 = € 1,0 

2.075, KNO, 1,0 ,„ CaNO,), +aq 

05 ,„CaSO,-+aq 0,25 „ KNO, 

0,5 ,„MgSO,-+aq 025°, KH,PO;, 

0.9 ,„€Ca,(PO,), 0,25 „,„ MgSO,-+ aq 


0,2 „Fe(PO,),+aqg. 
Als ‚„„Spuren‘“‘ Eisen wurde in der Lösung nach Sachs die von Pfeffer 
vorgeschriebene Menge FeCl, verwendet, während van der Cronein 
seinen Vergleichsbestimmungen 0,005 g FeSO, + aq im Liter benutzte. 
Die Lösung nach Kreusler: 
1000  g H,O 
0,23 „, MgSO, 
0,1 , Fe,(PO,), (in der Lösung selbst gefällt) 
977. CalNO,); 
0,24 „ KNO, 
01... NaCl 
024. KH,EO, 


wurde nicht in den Bereich der Untersuchung gezogen. 


Jede von den Versuchspflanzen wuchs in 11, Litern Nährlösung. 
Der erste Versuch begann Ende März im geheizten Zimmer, Anfang 
April gelangten die Pflanzen in das Gewächshaus. Gegen Ende April 
waren die Pflanzen in der Pfefferschen Nährlösung weitaus am 
besten entwickelt, die beiden anderen wohl auch nicht schlecht, aber 
zur Chlorose neigend; gegen Mitte Mai wurde dieser Zustand so be- 
denklich, daß durch Zusatz von 6 Tropfen Salpetersäure auf 1500 ccm 
Abhilfe geschaffen werden mußte: daraufhin erholten sich die Pflanzen, 
blieben aber kleiner als die in Pfefferscher Lösung wachsenden. 
Ende Juni wurde der Versuch, nachdem die Pflanzen bis zur Blüte 
gelangt waren, abgebrochen; das Frischgewicht betrug bei Pfeffer 55 g, 
bei Sachs 37 g, bei van der Crone 35 g, die Höhe in Pfeffers Lösung 
70 cm, in den beiden anderen 40 cm. Pfefters Nährlösung erwies sich 
für Mais stets den beiden anderen überlegen. Besonders auffallend wurden 
die Unterschiede im Warmhaus bei höherer Temperatur, während im Kalt- 
haus die Unterschiede etwas ausgeglichen wurden. Säuerte man dagegen 
die van der Cronesche Lösung zu geeigneter Zeit an, so ergab 
sie schöne Pflanzen, erwies sich also die Kombination Fe,(PO,), als 
Eisen- und Phosphorquelle vorzüglich geeignet. Die Überlegenheit der 
Pfefferschen Nährlösung beruht also darauf, daß sie infolge ihres 
Gehaltes an Ferrichlorid und Monokaliphosphat sauer reagiert. Da- 
gegen ist das Wurzelsystem inderSachsschenundvanderCrone- 


62 II. Die Keimpflanze. 


schen Nährlösung besser entwickelt als in der Pfefferschen, da, 
wie schon Knop gefunden hatte, ein neutraler oder auch schwach 
alkalischer Nährboden für die Wurzeln besser dienlich ist als ein 
saurer. Man wird aber doch immer schwach sauere Lösungen verwenden 
müssen, da sonst die Löslichkeit des Eisens so stark herabgesetzt wird, 
daß der Sproß zurückbleibt. Benecke empfiehlt daher, die Objekte 
zunächst zur Heranziehung eines kräftigen Wurzelsystems in neutraler 
Lösung zu halten und diese erst dann schwach anzusäuern. Da der 
Gehalt an Ca ‚(PO ,), ferner den Gehalt der Lösung an Eisen, wie 
Benecke gefunden hat, stark herabsetzt, wäre es zweckmäßig, durch 
Weglassen des Kalkphosphates die van der Cronesche Lösung 
auch für solche Pflanzen geeignet zu machen, die sonst in ihr chlorotisch 
werden. Für Hafer wurden dieselben Erfahrungen gemacht wie mit 
Mais. Aus der Diskrepanz der von verschiedenen Forschern für ver- 
schiedene Nährlösungen gefundenen Erfahrungen geht hervor, daß 
neben der Zusammensetzung der Nährlösung vor allem die Art der 
darin gezüchteten Pflanzen und ferner auch die begleitenden Neben- 
umstände in Betracht kommen, so daß es sicherlich nicht eine einzige, 
sondern recht viele vollkommen entsprechende Nährlösungen gibt, wie 
es überhaupt unmöglich sein dürfte, ein Universalrezept der Nähr- 
lösung für höhere Pflanzen aufzustellen. Voraussetzung für die günstige 
Wirkung der van der Öroneschen Nährlösung ist, daß dem Sproß ge- 
nügend Eisen zugeführt wird. Diese Voraussetzung ist nach Benecke 
durch die Lösung nach van der Crone gut erfüllt bei zahlreichen 
Pflanzen, nach Benecke jedenfalls bei Hafer, dagegen nicht bei be- 
stimmten Maissorten, welche in dieser Nährlösung ohne genügendes An- 
säuern chlorotisch werden. Günstig erscheint für viele Pflanzen die Weg- 
lassung des Ca,(PO ,), aus der van der Croneschen Lösung, weil 
dieses die Löslichkeit des Fe,(PO,), herabsetzt. Nach Beneckes Ver- 
suchen erscheint die Pfeffersche Nährlösung im allgemeinen den 
anderen überlegen zu sein, aber es muß große Sorgfalt darauf verwendet 
werden, sie nicht durch vorschriftsmäßig großen Zusatz von FeCl, zu 
stark anzusäuern. Auch der Chlorose erregende Einfluß löslicher Phos- 
phate ist vonvan der Ürone sehr überschätzt und dadurch hervor- 
gerufen worden, daß statt des günstig wirkenden, die Lösung an- 
säuernden KH,PO, eine Mischung des primären und sekundären ver- 
wendet wurde, welche die Lösung neutral oder schwach alkalisch machen. 
In diesen Versuchen zeigte sich auch deutlich der ungünstige Einfluß 
zu kleiner Kulturgefäße, welche bei einem Fassungsraum von 250 ccm 
mit vier Pflanzen beschickt waren; dieser ungünstige Einfluß machte 
sich geltend, obwohl dadurch die Ansammlung von CO, im Wasser be- 
günstigt und daher eine stärkere Auflösung des Ferrophosphates herbei- 
geführt worden war. 

Was die Entbehrlichkeit oder Unentbehrlichkeit der 
Mineralstoffe!) für höhere Pflanzen anlangt, so kann man eigentlich 
auch hier keine allgemeinen Regeln aufstellen. Wenn auch Kalk, Kali, 
Magnesia, Eisen, Schwefel, Stickstoff, Phosphor für alle Pflanzen schlechter- 
dings unentbehrlich sind, so gibt es doch Pflanzen, für die Silizium, Mangan, 


ı) L. v. Portheim und M. Samec, Örientierende Untersuchungen 
über die Atmung gesunder und infolge von Kalkmangel erkrankter Keimlinge 
von Phaseolus vulgaris. Wiesner-Festschr. 1908 p. 113. 


II. Die Keimpflanze. 63 


Chlor einen für die normale Weiterentwicklung notwendigen Bestand- 
teil ihrer Nährsubstrate darstellen; ja für die daran angepaßten Pflanzen 
bedeuten selbst Zink und Aluminium notwendige Nährstoffe. Es kommt 
also auch hier auf die Individualität an. Für die Anstellung von Wasser- 
kulturversuchen ist es unbequem, daß das Wasser aus der Nährlösung 
relativ rasch verdunstet und (wenn nicht unter einer Glocke gehalten) 
das Kulturgefäß stets nachgefüllt werden muß. Gicklhorn ver- 
meidet diesen Übelstand in der Weise, daß er die geschnittene Leinwand, 
welche statt Organtins zur Bedeckung des Einsiedeglases verwendet 
wird, in geschmolzenes Paraffin eintaucht, die Leinwand nach dem 
Erstarren des Paraffins uhrglasförmig einwölbt und nun mit der Nadel 
in dieselbe Löcher sticht, durch welche die Würzelchen der Pflanze ge- 
steckt werden. Die Leinwand kann an den Rändern des Einsiedeglases 
entweder mit Bindfaden festgebunden oder, da sie starr ist, mit Vaseline 
auf dieselben aufgelegt und aufgedichtet werden. Der Wasserdampf 
aus der Lösung kondensiert sich dann an dem Paraffin und das Wasser 
tropft fortdauernd zurück. Übrigens ist es nicht zweckmäßig, die Pflanzen 
allzulange in derselben Nährlösung zu belassen. Verwendet man breit- 
halsige Zylinder und befestigt darin nur eine einzelne Pflanze mittels 
Korkes, so ist es zweckmäßiger, frisch geglühten Asbest statt Watte 
zu verwenden, keinesfalls darf aber Watte oder Asbest bis zum unteren 
Rande des Stöpsels reichen und muß überhaupt völlig trocken gehalten 
werden, denn ein solches Feuchtwerden, welches die Grundlage von 
Pilzinfektion ist, bewirkte in 30 von 56 Fällen das Zugrundegehen der 
Keimpflanzen infolge Pilzinvasion. Selbstredend muß aus demselben 
Grund auf völlige Unversehrtheit der Pflanzen vor und während der 
Befestigung hingewirkt werden. Will man die Pflanze in ein anderes 
Kulturgefäß übertragen, ist es aus demselben Grunde vorzuziehen, 
nicht die Pflanze allein, sondern mitsamt dem Kork zu übertragen; 
aber ist aus irgendeinem Grunde der Asbest um die Befestigungsstelle 
feucht geworden, ist es besser, einen frischen Kork zu nehmen und die 
Pflanze frisch zu befestigen. Am Ende jeder Versuchswoche sollen die 
Pflanzen in Kulturgefäße übertragen werden, die lediglich destilliertes 
Wasser enthalten, und darin drei bis vier Tage belassen, worauf man 
sie neuerdings in Gefäße übertragen kann, in die man inzwischen frische 
Nährlösung hineingetan hat. Für ernährungsphysiologische Versuche 
ist es natürlich um so besser, je länger die Kultur fortgesetzt werden 
kann, immerhin ist eine dreiwochige Behandlung der Pflanzen für 
die meisten Fragen ausreichend. Die genannte Auswechslung läßt 
sich natürlich auch bei Kulturen durchführen, wo die Pflanzen in 
organtin- oder leinwandüberspannten Einsiedegläsern gezogen werden; 
zweckmäßig ist es dann, die Befestigung des Organtins so vorzunehmen, 
daß er statt mit Bindfaden mit S-förmig gebogenen Nickeldrahtstiften 
über dem Substrat auf den Schalen ausgespannt wird. Dadurch wird 
auch das lästige kapillare Überfließen der Nährlösung vollkommen 
vermieden und der Organtin kann besser gespannt werden. Stellt man 
Versuche an, um die Erkrankungserscheinungen bei Fehlen eines oder 
des anderen mineralischen Nährstoffes zu studieren, so empfiehlt es 
sich nicht, wie das bei den meisten einschlägigen Versuchen gemacht 
wurde, das betreffende Salz, z. B. Kalksalz, bei kalkfreien Lösungen 
einfach wegzulassen, weil dadurch die Verhältnisse des osmotischen 
Druckes in der Nährlösung geändert werden und kein reines Ergebnis 


64 II. Die Keimpflanze. 


des Mangels an dem betreffenden Salz gewonnen werden kann; ja mehr 
als das, nach neueren Untersuchungen wissen wir, daß die Pflanze ein 
gewisses osmotisches Gleichgewicht mit der Nährlösung dadurch her- 
zustellen strebt, daß sie im Notfalle Ionen in die Lösung zurückschickt, 
so daß also auch aus diesem Grunde eine Verarmung des Pflanzen- 
körpers einträte. Es wird sich in solchen Fällen empfehlen, den Betrag 
der übrigen Salze der Nährlösung, aber natürlich aller im gleichen Ver- 
hältnis, so zu erhöhen, daß die Änderung in den osmotischen Verhält- 
nissen, welche sich durch Weglassung irgendeines Nährlösungsfaktors 
ergibt, ausgeglichen wird. Für Wasserkultur eignen sich die kräftigen 
Keimlinge irgendwelcher gewöhnlicher Laboratoriumspflanzen. Neben 
Phaseolus vulg. und multiflorus haben sich besonders von weniger ver- 
wendeten Pflanzen Epilobium hirsutum und Cheiranthus cheiri als günstig 
erwiesen. Zu Versuchen, die nicht viel Zeit beanspruchen sollen, kann 
man auch Zweige verwenden, die mit dem abgeschnittenen Ende in 
die Lösung tauchen (Siehe Fig. 13 auf S. 56.). Triebe von Alisma 
plantago und Scrophularia aquatica sind für diese Zwecke brauchbar, 
und wenn man holzige Stengel haben will, eignen sich besonders gut 
Zweige von Acer pseudoplatanus oder Tilia europaea. 

Von den Mineralsalzen ist die Notwendigkeit des Kalkes am 
frühesten erkannt und am genauesten studiert, wobei auch die Notwendig- 
keit eines bestimmten Verhältnisses zwischen Kalk und Magnesia, des 
sogenannten Kalkfaktors erkannt wurde, welcher je nach der Pflanzen- 
art ein verschiedener ist. Nach O. Loew ist das optimale Verhältnis 
Ca0 :MgO =1:1 für Reis und junge Triticumpflanzen; Gerste ent- 
wickelt sich am besten, wenn doppelt soviel Kalk geboten wird als 


CO ebenso 
Ms0O 3 


für Allium, für Kohl 5 für Hafer > Die Krankheitserscheinungen, die 


Magnesia, für Buchweizen ist das optimale Verhältnis 


bei Phaseolus vulgaris durch Kalkmangel hervorgerufen werden (Fig. 14), 
hat von Portheim!) genau studiert, dessen Beschreibung hier wieder- 
gegeben sei: Die Krankheit beginnt bei den Keimlingen von Phaseolus 
vulgaris am Hypokotyl (bei Ph. multiflorus am Epikotyl) mit dem Aus- 
treten eines Tropfens unterhalb oder an der Krümmung, und zwar auf 
der Innenseite derselben; manchmal kann man mehrere Tropfen be- 
merken. Daß in einzelnen Fällen keine Tropfen zu bemerken sind, liegt 
an dem schnellen Verdunsten der Flüssigkeit. Die Wurzeln hatten sich 
schon früher gebräunt, an manchen Stellen wurden die Epidermis und ein 
bis zwei darunterliegende Zellreihen sowie einige Wurzelhaare von der 
Bräunung ergriffen, während an anderen Stellen die Epidermiszellen 
kollabierten; später werden immer mehr und mehr Zellen gebräunt; 
die Gefäßpartien färben sich intensiv braun und die Interzellularen 
füllen sich mit einem Inhalte von gleicher Farbe. In manchen Fällen 
erscheint allerdings zur Zeit des Tropfenaustrittes und weitgehender Er- 
krankung des Hypokotyls die Bräunung der Wurzeln noch nicht so 
weit fortgeschritten. An den Stellen, wo der Tropfen austritt, gleichen 
die Zellen ganz denen einer gesunden Pflanze, nur sehen wir gegen die 


ı) L.v. Portheim, Über die Notwendigkeit des Kalkes für Keimlinge, 
insbesondere bei höheren Temperaturen, Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien 
110 (1901). Hier auch ausführliche Literaturangaben. 


II. Die Keimpflanze. 65 


Krümmung hin eine Bräunung der Gefäßmembranen, einzelner Zellen 
und ‚Interzellularen im Pericykel,. Im zweiten Stadium der Erkrankung 
wird das Hypokotyl an der Stelle, wo der Tropfen zum Vorschein ge- 
kommen war, glasig, doch bräunt sich diese Stelle schnell, so daß mit- 
unter diese Erscheinung nicht mehr wahrzunehmen ist. Manchmal ist 
das Hypokotyl an dieser Stelle seinem ganzen Umfange nach. glasig 
und braun, mitunter ist die Bräunung auf der Innenseite ausgebreiteter 
als an der Außenseite. Ein anderes Mal wieder bemerkt man auf der 
Innenseite einen kleinen, fast schwarzen Fleck und Einschrumpfung des 
Hypokotyls an dieser Stelle. Im Innern der Pflanze sieht man die Gerb- 
stotfschläuche, die Gefäße 
und die sie umgebenden Par- 
tien erkrankt. Die Zellen 
des Perycikels mit Ausnahme 
derer, die an das Kambium 
grenzen, sind mit braunem 
Inhalte erfüllt und wimmeln 
von Bakterien; die Inter- 
cellularen dehnen sich so aus, 
daß einige der Zellen wie iso- 
liert erscheinen; der sie um- 
gebende Raum ist verfärbt 
und von Bakterien erfüllt. 
Die Bräunung des Hypo- 
kotyls schreitet gegen die 
Krümmung zu fort, ein Ein- 
fallen oder Vertrocknen ist 
aber noch nicht zu beobach- 
ten. Die Gerbstoffschläuche 
färben sich immer dunkler, 
und die sie begrenzenden 
Zellen werden auseinander- 
getrieben. Die Epidermiszel- 
len an der erkrankten Stelle 
sind gestreckter als die der 
gesunden Pflanze und haben 
ein glasiges Aussehen. Die 
Gewebepartien der Wurzel 
sind intensiv gebräunt, da- 
gegen Primordialblätter und 
Epikotyl, bis auf dessen 
RR istuten Gefäße, ©s-14: Normale und KakGel kuuceene Warserkulter von 
gesund. An der Stelle, wo 

die Erkrankung zuerst aufgetreten ist, findet nun eine Einschnürung 
statt, die ganz kurz oder auch länger sein kann; die eingeschnürte Partie 
ist dunkelbraun und matt, sie hat das glasige Aussehen verloren und 
läßt sich nur schwer mit dem Messer schneiden, da das Gewebe hier 
ganz locker geworden ist. Die Epidermiszellen der angrenzenden Teile 
nehmen ganz eigentümliche Formen an, sind aufgedunsen, viel größer 
als bei den gesunden gleichaltrigen Bohnen, und jede Zelle dringt in 
ihre Nachbarzelle durch einen schnabelförmigen Fortsatz vor. Gleich- 
zeitig mit dem Vorrücken der Bräunung gegen die Kotyledonen zu 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. .) 


66 II. Die Keimpflanze. 


geht die Tinktion des Hypokotyls in der Richtung der Wurzel vor sich, 
bis diese erreicht ist. Die meisten Zellen enthalten sehr viele Bakterien. 
Wurzeln, die sich an der Ansatzstelle von Hauptwurzel und Hypokotyl 
am untersten Teile desselben entwickelt haben, bleiben kurz und bräunen 
sich alsbald. Die Pflanze klappt nun an der eingeschnürten Stelle zu- 
sammen, und diese Partie vertrocknet. Querschnitte zeigen uns hier 
eine zusammenhanglose, körnige, graue Masse, in der sich ein gelblicher 
Streifen befindet, der die Gerbstoffschläuche mit rotbraunem Inhalt 
und die Gefäße, die einzigen noch erhaltenen Elemente, enthält. An 
Stellen, die von der Einschnürung etwas entfernter sind, bemerkt man, 
daß die Epidermis und die äußersten Zellreihen abgestorben sind und 
eine undurchsichtige Masse bilden; die anderen Zellen des Pericykels 
sind zerknittert, zum Teil braun gefärbt oder gestreckt. Das Strang- 
gewebe ist vollständig gebräunt, die inneren Markzellen zerfallen in 
dunkelbraune Körnchen und Klümpchen, die Gefäße der Vegetations- 
spitze und der neuen kleinen Blättchen, die sich trotz der Erkrankung 
entwickeln, zeigen auch schon braune Färbung, die Primordialblätter 
sind an den Spitzen geschwärzt. Das hypokotyle Glied wird schließlich 
auch oberhalb der Einschnürung von der Krankheit ergriffen und hat 
nur an der Ansatzstelle des Epikotyls noch nicht die tiefbraune Färbung 
angenommen. Das Epikotyl und die schlaff gewordenen Primordial- 
blätter sind dunkelgelb, die Gefäße derselben und der Blattstiel dunkel- 
braun. Das Faulen des Hypokotyls breitet sich gegen Wurzel und Koty- 
ledonen immer weiter aus, die Pflanze kann sich nicht mehr aufrecht 
erhalten und fällt zusammen. Die Blätter werden dunkelgelb und 
glasig, die Gefäße sind dunkelbraun. Schließlich beginnen auch die 
Blätter und die Endknospe zu faulen, die Wurzeln stellen nach ganz 
kurzer Zeit ihr Wachstum ein, und es entwickeln sich nur kleine oder 
ganz rudimentäre Seitenwurzeln, die Wurzelspitze geht zugrunde und 
ist von einer weißlichen Wolke, den Resten der Wurzelhaube, umgeben. 
Die Erkrankung durch Kalkmangel macht sich also durch Bräunung 
und Wachstumseinstellung der Wurzeln, braune Färbung der Gefäße 
und durch den Tropfenaustritt am hypokotylen Gliede bemerkbar; 
die anderen pathogenen Erscheinungen sind sekundärer Natur. Durch 
erhöhte Temperatur wird die Erkrankung befördert. Ähnliche Krankheits- 
erscheinungen ergaben sich auch an den zahlreichen anderen unter- 
suchten Pflanzenarten; durch Bestreichen der eben erkrankten Pflanzen 
mit geeigneten Kalksalzlösungen zeigte sich ein Zurückgehen der Krank- 
heitssymptome, die beste Wirkung auf die Wurzelentwicklung übte Be- 
streichen mit zehnprozentiger Kalknitratlösung oberhalb der erkrankten 
Stelle. Das Bestreichen mit Kalklösung bewirkt, daß sich die Pflanzen bis 
zum vollständigen Verbrauch der Reservestoffe erhalten. Die Erkrankung 
der in kalkfreien Nährlösungen am Lichte kultivierten Keimlinge erfolgt um 
so schneller, je günstiger die sonstigen Wachstumsbedingungen sind. Der 
Kalkentzug hat eine bedeutende Veränderung in der Aschenzusammen- 
setzung der Pflanzen zur Folge und äußert sich überhaupt durch einen 
Komplex von Erscheinungen. Von physiologischen Erscheinungen ist die 
bei Kalkmangel herabgesetzte Atmungsintensität am bemerkenswertesten. 

Was die übrigen absolut oder relativ notwendigen!) 

') Höchst interessante, im Laboratorium A. v. Liebenberg’s ausgeführte 


Versuche verdanken wir K. Faack (Untersuchungen über die Rolle einzelner 
Nährstoffe im Haushalte höherer Pflanzen, Mitt. d. landw. Lehrk. d. k. k. 


II. Die Keimpflanze. 67 


Nährstoffe anlangt (so entwickeln sich Gramineen wohl ohne 
Silizium, aber ihre Epikotyle bleiben glasig, brüchig, die Pflanzen 
sind nicht normal entwickelt), so ist bei ihrem Fehlen das Krankheits- 
bild wohl kein so ausgesprochenes wie bei Kalkmangel, immerhin kann 
man durch Zurückbleiben der Pflanzen in solchen Nährlösungen und 
durch ein Minus an Trockensubstanz darin die Erkrankung wahrnehmen. 
Wir können hier nicht auf die spezifische Bedeutung der einzelnen 
Nährstoffe (Phosphate und Sulfate für die Eiweißformation, Kali für 
die Neuanlage von Teilen usw.) eingehen. Schimper verwendet, 
um den Mangel eines Elementes in seiner Wirkung auf die Pflanze zu 
studieren, im Vergleich zu normalen, folgende Lösungen, wobei die- 
selben, mit Wasser im Verhältnis 1: 4,8 verdünnt, zur Verwendung 
kommen: 
normale Lösungen: 


1. 6,0 g Ca(NO,), 2. 7,0, KNO; 3..7,0:.8 KNO; 
155,, KNO, 1,5 „, MgSO, 1,5 ‚, MgsSO, 
1.5. MeSO, 1,5 „NaCl 155.5. Na@l 
BarokK,PO, 600° =, 150 1,55; iR 2), 

1,5 „ NaCl K,PO, im Überschuß 600,0 ,„„ H,O 

600,0 ,„„ H,O Gips im Überschuß 

kalkarm: 

4. 6,0 g KNO, | we 1,5 g NaCl 
2,0 „ Ca(NÖ,), | 15 „MesO, 600,0 „ H,O 

kalkfrei: 5. Lösung 2 und 3 außer Kalksalz; 
Balıtrei: 

6. 7,0 g Ca(NO,), 7. dieselbe Lösung, aber anstatt Na,PO, Zu- 
Lo, MoSO, satz von überschüssigem Ca,(PO ,)>; 

1.3.2 NaCl 
5. Na,PO, 

600,0 „„ H30: 

magnesiafrei: 
8. 6,0 g Ca(NO,), 9. dieselbe, aber statt K,SO, Gips im Über- 
0... KNO, schuß; 
158..,, K,PO, 
228,50, 

600,0 ,„„ H,O; 

Spickstofffrei: = phosph arfre:: 
weis co K,PO, 110,2: &ND, 

1,5 „ MgSO, 1,0 ,„, Ca(NO;), 

Ba. Kcl 0,5 ,„ Mg(NO,), 
600,0 „, H,O: 0,5 „.K,SO, 


1000,0 „, H,O 
ohne weitere Verdünnung. 


Hochsch. f. Bodenkultur, Wien 1, 443 (1913). Dieser Autor zwang die Pflanze 
durch entsprechende Verteilung der Wurzeln, die zu ihrer Ernährung notwendigen 
Stoffe aus zwei oder mehreren. an und für sich unvollkommen zusammengesetzten 
Nährmedien aufzunehmen und sah die Pflanze sich trotzdem normal entwickeln; 
dabei fand aber niemals ein direkter Übertritt der Mineralsalze von Wurzel zu 
Wurzel statt, sondern die Aschensubstanzen wurden zuerst zu den assimilierenden 
Organen geleitet, um von dort erst weiter verteilt zu werden. Von allen unent- 
behrlichen Nährstoffen fand sich nur Kali und Kalk in solchen Wurzelpartien (in ioni- 
sierter Form) vor, welche bei Ausschluß dieser Elemente kultiviert worden waren. 


Si 


68 II. Die Keimpflanze. 


Als dritte Methode der Pflanzenanzucht sei neben der Sand- und 
Wasserkultur auch Arcichovskijs „Luftkultur‘ erwähnt. Bei 
der Wasserkultur der Pflanzen entwickeln sich unter anderem die 
Knöllchen der Leguminosen unvollkommen oder gar nicht, und die 
Assimilation des molekularen Stickstoffs geht nicht normal vor sich, 
die Pflanzen gehen bald zugrunde, wenn man ihnen keinen gebundenen 
Stickstoff in der Nährlösung bietet, während sie in Erdkultur bekannt- 
lich infolge ihrer Symbiose mit stickstoffassimilierenden Bakterien den 
Stickstoff der Luft als Nitratquelle auszuwerten vermögen. Die Luft- 
kultur behebt diesen Mangel des flüssigen Substrates und ermöglicht 
überdies, was sowohl in Wasser- als auch in Sandkultur ebenfalls nur 
sehr schwierig beobachtet werden kann, eine Verfolgung des Gas- 
austausches der Wurzeln. Das Wurzelsystem 
der Pflanze befindet sich bei der Luftkultur 
in feuchter Luft, die Rolle der feuchten 
Kammer spielt ein umgestülpter Blumen- 
topf, dessen Rand in eine Schale voll 
Wasser getaucht ist. Die Wurzeln werden 
sechs- bis zehnmal des Tags mit der not- 


a Am » 
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ELIW EA 77 


Bil 


Fig. 15. Apparat von Arcichovskij zu Fig. 16. Pisum sat. nach 22 Tagen in Luftkultur. 
Luftkulturversuchen. D = Drahtschlinge als Stütze für die Pflanze; P= 

B — Reservoir für Nährlösung; A Glaszylin- Pflanze; «= Siebbehälter; A = Glaszylinder; 9 = 
der; € — Röhrchen für den Samen; i = sieb- Glasgestell ; Bl = umgestürzter Blumentopf, der 
förmiger Behälter; e = füllröhrchen; 7 = für das Wurzelsystem die Rolle der teuchten Kam- 
Luftzuleitungsr.hr; f — Röhrchen für Ent- nen EZ, Kand tauchtin dieWasserschale 7. 
nahme von Gasproben; h —= gläsernes Ge- Die Würzelchen werden 6—10 mal im Tage mit der 
stell, auf dem die Wurzeln durch haarnadel- Nährlösung bespritzt. Um diese Spritzung beq uem 
fürmig gebogene Glasstäbchen auseinander- durch führen zu können, ist der Topfvonobennach 
gehalten werden, wodurch ihr Zusammen- unten in zwei ungleiche Teile zersägt, und durch 
kleben unterbleibt. Entfernung des kleineren kann ohne Störung der 


1 Pilanze das Wurzelsystem entblößt werden. 


wendigen Nährlösung bespritzt. Um diese Bespritzung bequem durch- 
führen zu können, ist der Blumentopf von unten nach oben in zwei 
ungleiche Teile zersägt, durch Entfernen des kleineren Teiles kann 
das Wurzelsystem bloßgelegt werden, ohne daß die Pflanze selbst 
geschädigt wird. Um bei dieser Bespritzung das Zusammenkleben der 
Wurzeln zu verhindern, wird ein gläsernes Gestell benutzt und die 
Wurzeln auf diesem Gestell mittels haarnadelförmig gebogener Glas- 
stäbchen auseinandergehalten. Als Nährlösung für diese Versuche 
(stickstofffrei) wurde eine Kulturflüssigkeit folgender Zusammensetzung 
gebraucht: 1 g KH,PO,, 1 g MgSO „2 g CaSO,, Spuren FeÜl,, 2000 g 


III. Aschenanalyse. 69 


Wasser. Die Leguminosen entwickelten in dieser Kultur Wurzel- 
knöllchen und wuchsen freudig. Um die Untersuchung des Gaswechsels 
zu ermöglichen, wird das Kulturgefäß zweckentsprechend abgeändert: 
Ein mit Bromwasser sterilisierter Samen wird in ein bei 120° im 
Autoklaven sterilisiertes Kulturgefäß folgender Einrichtung gebracht 
(Fig 15). A ist ein gläserner Zylinder, durch dessen Korkpfropfen vier 
Röhrchen laufen; ins Röhrchen C kommt der Samen, ein sackförmiges, 
aus einigen Glasstäbchen gebildetes Gitter am Ende dieses Röhrchens i 
unterstützt den Samen, ohne den Austritt der Wurzel zu hindern; das 
Röhrchen e dient zum Füllen des Zylinders mit der Nährlösung aus 
dem Reservebehälter 5. Das Röhrchen g dient für den Luftdurchtritt 
beim Füllen und Ausleeren des Zylinders, f für die Entnahme der Gas- 
proben. Der Pfropfen des Zylinders wurde vor dem Sterilisieren mit 
Gips, nach demselben mit Paraffin gedichtet, ebenso wurden die Keim- 
stengel im Glasröhrchen C in Gips eingeschlossen, um dem Apparat 
einen luftdichten Verschluß zu geben. Auf Fig. 16 ist eine 22 Tage 
alte Versuchspflanze von Pisum sat. abgebildet, die sich in Luftkultur 
ganz normal entwickelt hat. Die Luftkultur Arcichovskijs!) ist 
sicherlich für sehr viele ernährungsphysiologische Versuche sehr gut 
brauchbar, vor allem auch aus dem Grunde, weil die Sterilhaltung des 
Wurzelsystems, welche sonst die allergrößten Schwierigkeiten bietet, 
hier leichter durchführbar zu sein scheint. Ferner wird es dadurch 
möglich, ein Problem experimentell zu lösen, welches in der Tier- 
physiologie schon vielfach bearbeitet, zu wertvollen Einsichten geführt hat, 
das Problem des Hungerstoffwechsels, der Aufzucht von Pflanzen 
ohne Nährmaterial, also auf Kosten der eigenen Körpersubstanz. Die 
mit seinem Apparate ausgeführten Versuche sind noch zu wenig zahl- 
reich, um ein sicheres Urteil zu gestatten; der Apparat und die Versuchs- 
methodik seien Fier aber jedenfalls als vielversprechend verzeichnet. 


II. Aschenanalyse. 


Herstellung der Asche. Um die Aschenbestandteile einer 
Pflanze festzustellen, bedient man sich der Veraschungauftrocke- 
nem oder auf nassem Wege. Die trockene Veraschung wird 
der Biochemiker meist der nassen Veraschung vorziehen, weil er dort 
die Aschenbestandteile in einer seiner Analyse zugänglicheren Form 
vorfindet. Wichtig ist, daß die zu analysierenden Pflanzenteile zu- 
nächst mit Wasser gut abgespült und dann auf Glasplatten in einem 
Trockenschrank bis zur Gewichtskonstanz getrocknet werden. Die 
erhaltene Trockensubstanz wird dann gemahlen oder in der Reib- 
schale zerstoßen. Handelt es sich nicht um die Bestimmung der 
Asche einer festgesetzten Pflanzenquantität, sondern um Analyse der 
einzelnen Bestandteile einer Asche, so tut man gut, die Veraschung 
in den großen hessischen Tiegeln vorzunehmen, aus denen man dann 
nach Belieben Asche für die Analyse entnimmt?). Am schnellsten geht 


1) V. Arecichovskij, Über die „Luftkultur‘‘ der höheren Pflanzen. 
Arbeiten aus d. bot. Lab. d. polyt. Inst. zu Nowotscherkassk, Russ. Journ. f. 
experim. Landwirtsch. Nr. 1, 1911. R: 

2) L. v. Portheim und M. Samec, Über die Verbreitung der un- 
entbehrlichen anorganischen Nährstoffe in den Keimlingen von Phaseolus vulg. 
Flora 94, 263 (1905), 99, 260 (1909). — W.Schimper, ZurFrage der Assimilation 
der Mineralsalze durch die grüne Pflanze. Flora 73, 207 (1890). 


70 III. Aschenanalyse. 


die Veraschung in Platingefäßen vor sich, aber hier muß man besonders 
Rücksicht darauf nehmen, daß die Veraschung bei nicht zu hoher Tem- 
peratur vor sich gehe, da sonst leicht Chloride der Alkalimetalle, welche 
bei höheren Hitzegraden flüchtig sind, verloren gehen. Die Platinschale 
darf nur soweit erhitzt werden, daß gerade der Boden rotglühend ist. 
Ferner hat die Veraschung in Platin den Nachteil, daß dieses Metall 
mit Kohle Legierungen eingeht, die brüchig sind und mit der Zeit als 
spröde Stücke aus dem Platingefäß herausfallen; deshalb muß man 
sich auch hüten, die Platinschale mit rußender Bunsenflamme zu be- 
spülen. Auch ein größerer Phosphorgehalt der Pflanzenteile, wie es 
namentlich bei Samen der Fall ist, kann das Platingefäß angreifen. 
Deshalb wird man im allgemeinen Pflanzenteile in Porzellantiegeln oder 
Porzellanschalen veraschen, von denen die dünnen Meißner oder Berliner 
Schalen auch recht schnelles Arbeiten ermöglichen und ganz gut über 
dem Gebläse behandelt werden können. Die Operation wird sehr be- 
schleunigt, wenn man knapp über die Schale oder den Tiegel einen ge- 
wöhnlichen Lampenzylinder senkrecht befestigt, wodurch ein Luftzug 
erzeugt wird; freilich muß man entsprechende Vorsicht üben, damit 
nicht etwa Anteile der Asche dadurch verloren gehen. Niemals soll 
eine größere Menge Pflanzensubstanz auf einmal zur Veraschung in 
das Gefäß kommen, weil die an der Oberfläche verkohlenden Partien 
die inneren Teile einschließen und deren Verbrennung hartnäckig ver- 
hindern; hat man den Fehler einmal begangen, so ist es zweckmäßig, 
nach dem Abkühlen des Gefäßes etwas Alkohol auf die Pflanzensubstanz 
zu schütten und diesen zu entzünden, diese Operation eventuell (nach 
jedesmaligem Auskühlen der Schale) mehrere Male zu wiederholen. 
Überhaupt tut man gut, durch Bespülen mit dem Bunsenbrenner die 
Randpartien der Trockensubstanz in Brand zu setzen, wodurch die 
weiteren Partien durch die Flammen der eigenen Substanz verbrannt 
werden. Immerhin kann, auch in Platingefäßen, eine Veraschung von 
mehreren hundert Grammen Frischgewichtes einige Stunden in An- 
spruch nehmen, und selbst dann ist es nicht immer ganz möglich, eine 
völlig weißgebrannte Asche zu erhalten, der gar keine Kohlenteilchen 
mehr anhaften, gewöhnlich ist die Pflanzenasche mehr oder weniger 
grau, aber es bedeutet weniger, die Veraschung nicht bis zum aller- 
letzten Rest durchgeführt zu haben, als durch allzustarkes Glühen 
immerhin bedenkliche Verluste zu erleiden. Übrigens kann man die 
Kohle separat bestimmen. Bei kleinen Samen gelingt es häufig nicht, 
durch Bürsten den anhängenden Sand oder andere Fremdkörper zu 
beseitigen, was dann natürlich zu Fehlern bei der Aschenbestimmung 
führen könnte. Man übergießt in diesem Falle die Samen nach H. Rose 
im Becherglase mit nicht zu viel destilliertem Wasser, rührt mit dem 
Glasstabe gut durch und bringt sie dann auf ein entsprechend weit- 
maschiges Sieb, das den aufgeschwemmten feinen Sand durchlaufen 
läßt, die Samenkörner aber zurückhält. Dabei dürfen die Samen nie 
lange mit dem Wasser in Berührung sein, weil sonst leichtlösliche Salze 
herausgeschwemmt werden können. Nachdem man das Durchsieben 
mit Wasser mehrmals wiederholt hat, bringt man die nassen Samen 
in ein grobleinenes Tuch und reibt sie zwischen den Falten desselben, 
wodurch auch der feine Sand entfernt wird. Zweckmäßig quetscht man 
die Samen vorher etwas, damit ihr Umherspringen vermieden wird. 
Bei sehr schwer verbrennlichen Substanzen geht man nach H. Rose 


III. Aschenanalyse. 71 


in der Weise vor, daß man zunächst zirka 100 g der getrockneten Sub- 
stanz im Platin- oder Porzellantiegel auf einem Chamottedreieck bei 
dunkler Rotglut verkohlt, die verkohlte Masse im Porzellanmörser fein 
zerreibt, sie dann mit 20—30 g Platinschwamm innigst vermischt, das 
ganze portionenweise in eine flache Platinschale bringt und über dem 
Brenner unter Erzeugung eines Luftzuges erhitzt, indem man auf die 
Schale ein Chamottedreieck legt und darauf mittels einer Klammer 
einen Lampenzylinder senkrecht befestigt. Noch ehe der Inhalt der 
Schale zum Glühen gelangt ist, fängt jedes Kohlenteilchen an zu ver- 
glimmen, und die Oberfläche des schwarzen Gemenges überzieht sich 
mit einer grauen Schicht. Durch wiederholtes vorsichtiges Umrühren 
mit einem dicken Platindraht oder Glasstab befördert man die Ver- 
brennung. Solange noch Kohle in der Masse vorhanden ist, erglüht 
sie, sobald sie aber vollständig verbrannt ist, hört jedes sichtbare Er- 
glühen der Masse auf, auch wenn man sie stärker erhitzt. Bei der Ana- 
lyse der Aschen wird man wohl hauptsächlich auf die Kationen Kali, 
Natron, Kalk, Magnesia, Eisen, Mangan, auf die Anionen Kieselsäure, 
Phosphorsäure, Schwefelsäure, Kohlensäure, Chlor Rücksicht zu nehmen 
haben, wenn auch natürlich in Einzelfällen Zink, Aluminium, Kupfer, 
Arsen auftreten kann. Zunächst muß man sich nun vor Augen halten, 
daß wohl alle diese Stoffe in den betreffenden Pflanzenteilen vorhanden 
sein konnten, daß aber gewisse, in erster Linie Karbonate und Sulfate, 
auch erst beim Verbrennungsprozeß der organischen Substanz ent- 
standen sind; anderseits können durch den Prozeß des Einäscherns 
andere Bestandteile verloren gegangen sein, wovon schon die Rede 
war: aber nicht nur die Chloride der Alkalien können sich bei zu starker 
Erhitzung verflüchtigen, sondern auch kohlensaure Alkalien und Phosphor- 
säure können verloren gehen, indem sauere Phosphate der Alkalien mit 
Kohle geglüht, unter Reduktion und Verflüchtigung eines Teiles des 
Phosphors in neutrale Salze übergehen. Auf keinen Fall aber kann man 
einen Verlust an Chlor verhindern, weil die saueren Produkte der trocknen 
Destillation, welche das organische Material in den ersten Stadien der 
Verkohlung erfährt, Chlorwasserstoff austreiben. Man kann sich aber 
gegen solche Verluste an Phosphorsäure und Chlor schützen, indem man 
die einzuäschernde Substanz im Glühgefäße mit Soda oder Kalkkarbonat 
(gewogenen Mengen) vermischt, wodurch Phosphor und Chlor, statt zu 
entweichen, an diese gebunden werden. Aber auch durch solche Zu- 
sätze wird man niemals das Entweichen von Kohlensäure verhindern 
können, und die Schlüsse auf das Vorhandengewesensein von Kar- 
bonaten oder auch organisch-sauren Salzen in den Pflanzenteilen sind 
somit höchst unsicher. Aber auch die Sulfatbestimmung ist ungenau, 
weil man wohl die von vornherein vorhandenen Sulfate in der Asche 
vollständig erhält, aber vermehrt um diejenigen, welche durch Ver- 
brennung des organisch gebundenen Schwefels entstanden sind; der 
Schluß auf den Schwefelgehalt des Pflanzenteils wird aber auch deshalb 
unsicher, weil ein Teil des organisch gebundenen Schwefels als Schwefel- 
dioxyd entweichen kann: hier leistet die Methode der Einäscherung 
unter Zusatz von Platinmohr ersprießliches, weil durch diesen Kata- 
lysator Schwefeldioxyd zu Schwefeltrioxyd oxydiert und dieses an die 
beigemischten Basen gebunden wird. Da bei der Einäscherung ein 
unkontrollierbarer Teil der durch die Verkohlung entstandenen Alkali- 
und Erdalkalikarbonate in Oxyde übergeführt wird, ist es zweckmäßig, 


72 III. Aschenanalyse. 


die Asche mit einer genau bestimmten Lösung von Ammonkarbonat 
am Wasserbade einzudampfen und so die Rückverwandlung in Kar- 
bonate zu bewirken, worauf man wieder trocknet und so lange mäßig 
erhitzt, bis alles Wasser ausgetrieben ist. Die Magnesia, wenn sie als 
solche in der Asche vorhanden gewesen war, wird durch dieses Verfahren 
nicht in kohlensaures Salz übergeführt. Infolgedessen ist es gut, die 
Kohlensäure, welche in der Asche vorhanden ist, dadurch zunächst zu 
bestimmen, daß man die Asche in einem kleinen Kölbchen, das mittels 
Stöpsel und Glasrohr mit Natronkalkröhren oder mit Kalilauge ge- 
füllten Absorptionsapparaten verbunden ist, mit Schwefelsäure über- 
gießt und durch Absorption der unter gelindem Erwärmen des Kolbens 
ausgetriebenen Kohlensäure und Wägung der Absorptionsgefäße den 
Gehalt an Kohlensäure feststellt. Zieht man vom ursprünglichen Ge- 
wichte der Asche das der darin vorhandenen Kohlensäure ab, so er- 
hält man das Gewicht der Reinasche, nachdem man in einer 
anderen Probe auch noch das Gewicht der unverbrannten Kohlenteilchen 
festgestellt hat, indem man die Asche in Salpetersäure (1 : 1) löst und 
die darin unlösliche Kohle auf einem bei 110 ® getrockneten, gewogenen 
Filter sammelt. Die Aschen krautiger Pflanzen und Hölzer sind im 
wesentlichen reich an Alkali- und Erdalkalikarbonaten, die der Samen 
vorwiegend an Phosphaten und gewisse Kulturpflanzen, wie Gramineen, 
Equisetaceen, Ericaceen, liefern stark kieselsäurehaltige Aschen. Man 
führt nun folgende qualitative Proben durch: Die Asche wird 
mit Wasser gekocht und mit Lackmuspapier ihre sauere oder alkalische 
Reaktion festgestellt; einen anderen Teil der Asche übergießt man mit 
verdünnter Salzsäure und beobachtet, ob ein auf Karbonate hinweisendes 
Aufbrausen stattfindet; ist das der Fall, dann kann man sicher sein, 
daß sich die Asche in konzentrierter Salzsäure vollkommen löst; übrigens 
lösen sich hauptsächlich nur jene Aschen, welche viel Kieselsäure ent- 
halten, nicht in Salzsäure. Daher kann man den Betrag einer Asche an 
Kieselsäure am einfachsten so bestimmen, daß man die mit konzentrierter 
Salzsäure gekochte Asche nach dem Verdünnen mit Wasser abfiltriert, 
den Rückstand gründlich auswäscht, trocknet und nach dem Veraschen 
des Filters und Glühen des Rückstandes wägt. Bei genaueren Analysen 
ist der auf der Filterumhüllung ersichtliche Aschengehalt des Filters 
zu berücksichtigen. Die salzsaure Lösung wird dann nach dem Erhitzen, 
wodurch der größte Teil der Salzsäure ausgetrieben wird, mit Natrium- 
azetat versetzt (man kann auch mit Ammoniak neutralisieren und dann 
mit Essigsäure versetzen), wodurch bei fast allen Aschen ein gelblichweißer 
Niederschlag von in Natriumazetat unlöslichem Eisenphosphat 
der Asche entsteht. Nun kann aber außer dieser an Eisen gebundenen 
Phosphorsäure noch andere in der Asche enthalten sein; um darüber 
ins klare zu kommen, filtriert man den Niederschlag und versetzt das 
Filtrat mit Ammoniak im Überschuß: entsteht kein Niederschlag oder 
ein braunroter von Eisenhydroxyd, so ist keine weitere Phosphor- 
säure vorhanden, wohl aber, wenn ein weißer Niederschlag von Kalk- 
oder Magnesiaphosphat entsteht, welcher anzeigt, daß mehr Phosphor- 
säure vorhanden ist, als sich an Eisen binden kann. Versetzt man die 
salzsaure Lösung der Asche mit einer Auflösung von gelbem Blutlaugen- 
salz, so zeigt die entstehende blaue Fällung oder Färbung die Gegenwart 
von Eisen an. Auf Mangan prüft man, indem man einen Teil der 
Asche nach dem Vermengen mit Soda und eventuell einigen Körnchen 


III. Aschenanalyse. 73 


Salpeter auf dem Platinblech oder Porzellantiegeldeckel über dem 
Bunsenbrenner schmilzt, wobei im Falle der Anwesenheit von Mangan 
eine grüne Schmelze entsteht, die sich in Wasser mit grüner Farbe 
löst, welche Lösung an der Luft (momentan bei Zusatz eines Tropfens 
Salzsäure) bald rot wird. Der organisch gebundene Schwefel kann 
beim Veraschen mitunter an die Alkalien oder Erdalkalien in Form 
eines Sulfids gebunden sein, wovon man beim vorsichtigen Übergießen 
der Asche mit Salzsäure Kenntnis erhält. Es entwickelt sich nämlich 
Schwefelwasserstoff, der sich durch seinen Geruch oder durch Schwärzung 
eines über die Probe gehaltenen, mit Bleiazetat getränkten Filtrier- 
papieres zu erkennen gibt. Nimmt man die Befeuchtung der Asche 
mit Salzsäure auf einer Silbermünze oder einem Silberblech vor, so 
schwärzt sich dieses infolge Bildung von Schwefelsilber (Heparreaktion). 
Die Anwesenheit von Baryt oder Strontian in der Asche gibt sich durch 
die sehr empfindliche Flammenreaktion zu erkennen. Man glüht einen 
Platindraht in der nicht leuchtenden Bunsenflamme so aus, daß die 
stets vorhandene gelbe Natriumfärbung verschwindet, taucht dann den 
Draht in die mit Salzsäure befeuchtete Asche und hält ihn in den äußeren 
Flammenmantel nahe der Flammenbasis, indem man von da allmählich 
in die Höhe geht. Baryt zeigt sich durch gelbgrüne, Strontian durch 
karminrote, Kalk durch gelbrote Flammenfärbung an. Übrigens sind 
die beiden erstgenannten Erdalkalien höchstens in Spuren in Aschen 
vorhanden, es wird sich also hauptsächlich um Kalk handeln. Behandelt 
man die salzsaure Lösung der Asche nach dem Neutralisieren durch 
Ammoniak mit einer Auflösung von oxalsaurem Ammon, so zeigt ein 
weißer, in Essigsäure unlöslicher, dagegen in Mineralsäuren löslicher 
weißer Niederschlag (oxalsaurer Kalk) die Gegenwart von Kalk an. 
Auch Kali und Natron kann man durch Flammenfärbung erkennen, 
wobei im Falle des Kali zu berücksichtigen ist, daß die fahlblaue Färbung 
der Kaliflamme durch gleichzitig anwesendes Natron verdeckt wird, 
daß man aber Kali an einer rosa gefärbten Flamme entdecken kann, 
wenn man die Flamme durch ein blaues Glas (Kobaltglas) betrachtet, 
und daß Natron durch seine Ubiquität leicht ein Vorhandensein in der 
Asche vortäuscht. Man mache sich deshalb überhaupt zur Regel, die 
bereitete Asche in gut schließenden Stöpselgläsern sofort nach ihrer 
Herstellung aufzubewahren und den Platindraht vor der Probe auf 
Natrium sorgfältig auszuglühen. Tritt dann mit der Asche intensive 
Gelbfärbung der Flamme ein, so kann man auf das Vorhandensein 
von Natronsalzen in der Asche schließen. Auf alle Fälle aber wird man 
sich eine Erhärtung durch die feuchte Probe verschaffen, indem man 
die möglichst konzentrierte Lösung der Asche mit einigen Tropfen 
Platinchlorid versetzt, worauf, besonders bei Zusatz von Alkohol, sich 
bei Anwesenheit von Kali ein schwerer goldgelber Niederschlag von 
Kalichloroplatinat zeigt. Auch mit Weinsäure, unter Zusatz von etwas 
Natriumazetat, läßt sich ein weißer Niederschlag von Weinstein ge- 
winnen. Auf Natrium prüft man durch Fällen eines weißen Nieder- 
schlages von Natriumpyroantimoniat durch Zusatz einer filtrierten, 
konzentrierten Auflösung von pyroantimonsaurem Kali. Ein guter 
Nachweis für Kali ist auch die gelbe Fällung, welche mit frisch bereitetem 
Kobaltnatriumnitrit entsteht. Auf Magnesia prüft man, indem man die 
salzsaure Lösung nach Neutralisieren mit Ammoniak mit Natrium- 
phosphat versetzt, worauf bei Anwesenheit von Magnesia ein weißer, 


74 III. Aschenanalyse. 


kristallinischer Niederschlag entsteht; fällt längere Zeit kein Nieder- 
schlag heraus, so kann man durch Reiben der inneren Eprouvetten- 
wandung mit dem Glasstab oder auch durch 24 stündiges Stehen häufig 
eine Fällung erzielen; es ist aber darauf Rücksicht zu nehmen, daß man 
die Magnesia erst nachweisen kann, nachdem man den Kalk vollständig 
mit Ammonoxalat entfernt hat, also im Filtrate der Kalkfällung. Den 
Nachweis von Karbonaten, also des Anions Kohlensäure, führt 
man, wie schon erwähnt, in der Weise, daß beim Übergießen der Asche 
mit einer Mineralsäure oder Essigsäure, Weinsäure usw. Aufbrausen 
erfolgt; das sich entwickelnde Gas ruft in Barytwasser Trübung hervor: 
ein kleines Glühröhrchen ist mit einem durchbohrten Pfropfen ver- 
sehen, durch dessen Bohrung ein knieförmig gebogenes Glasrohr zieht, 
das in eine mit Barytwasser gefüllte Eprouvette taucht. Die Asche 
in dem Glühröhrchen wird mit verdünnter Salzsäure versetzt, der 
Stöpsel eingepaßt und das Gas, eventuell unter gelindem Erwärmen, 
in das Barytwasser geführt. Die klare Lösung der Asche in Salzsäure 
liefert (nach dem Filtrieren), mit einigen Tropfen Chlorbaryumlösung 
versetzt, einen weißen, schweren, feinkörnigen Niederschlag von BaSO;.: 
Nachweis der Sulfate. Auf Phosphate prüft man in der Weise, daß 
man die Asche unter Erwärmen mit Salpetersäure extrahiert und mit 
molybdänsaurem Ammon versetzt, worauf bei Anwesenheit von Phosphor- 
säure ein gelber Niederschlag oder eine gelbe Färbung von Ammonium- 
phosphomolybdat entsteht. Das Reagens, welches stets frisch bereitet 
sein muß, stellt man sich durch Auflösen von molybdänsaurem Ammon 
in starker Salpetersäure her, die Probe wird nach Versetzen mit dem 
Reagens erwärmt (nicht gekocht). Die klare, salpetersaure Lösung, die 
mit HNO, aus der Asche gewonnen wurde, wird zur Probe auf Chloride 
mit einer Auflösung von Silbernitrat versetzt, es entsteht ein weißer, 
käsiger, in Ammoniak löslicher und aus dieser Lösung durch Salpeter- 
säure wieder fällbarer Niederschlag von Chlorsilber. Kieselsäure wird 
schon dadurch nachgewiesen, daß beim Kochen der Asche mit Salz- 
säure oder Salpetersäure ein unlöslicher Rückstand zurückbleibt. Dieser 
wird aber beim Erhitzen mit Flußsäure in der Platinschale gelöst. Er- 
zeugt man am Platindraht eine Borax- oder Phosphorsalzperle und 
taucht diese heiß in den Kieselrückstand, so daß etwas daran haften 
bleibt, und glüht von neuem, so zeigt die Perle nach dem Erkalten 
eigenartige, nach allen Richtungen von einem Zentrum ausgehende 
Sprünge, das sogenannte Kieselskelett. 

Quantitative Analyse: Die verschiedenen Bestandteile 
der Asche weist man am besten in zwei verschiedenen Partien der Asche 
nach. In A bestimmt man durch Austreiben mit Schwefelsäure und 
Auffangen in gewogenen geeigneten Absorptionsgefäßen die Kohlen- 
säure, wiewohl ihre Ermittlung aus den schon erwähnten Gründen an 
und für sich ohne große Bedeutung ist; ferner das Chlor, indem man 
die wässerige Auskochung der Asche nach dem Filtrieren mit Silber- 
nitrat fällt, den Niederschlag abfiltriert, bei 110 trocknet und dann 
nach den Regeln der quantitativen Analyse (möglichste Befreiung des 
trockenen Filters von dem Chlorsilber, vorherige Veraschung des Filters 
in einem gewogenen Porzellantiegel unter Regeneration des reduzierten 
Silbers mit einem Tropfen Salpetersäure und darauffolgendes Glühen 
der Hauptmasse des Niederschlages im Tiegel über kleiner Flamme bis 
zum beginnenden Schmelzen) glüht und wägt. In der Portion B be- 


III. Aschenanalyse. 75 


stimmt man dann alle übrigen Bestandteile, in erster Linie die Alkalien 
und Erdalkalien. Zunächst müssen wir aber, wenn wir mit Reinasche 
arbeiten wollen, Kieselsäure, Sand und Kohlenreste feststellen. Die 
Asche wird in der Porzellanschale mit Wasser übergossen und nach und 
nach Salzsäure zugefügt. Ist die Asche reich an Karbonaten, so kann 
leicht beim Aufbrausen durch Verspritzen ein Verlust eintreten; daher 
setzt man auf die Schale jedenfalls einen passenden größeren Trichter, 
in dessen Rohr ein kleiner Trichter gesteckt wird, durch den der Salz- 
säurezusatz erfolgt. Nach gelindem Erhitzen, wodurch der letzte Kohlen- 
säurerest ausgetrieben wird, spritzt man den Trichter in die Schale ab, 
verdampft am Wasserbad unter Umrühren bis zur Trockne, wobei 
man mit dem Glasstab die Klümpchen zerteilt und auch etwa vor- 
handenen Sand am Knirschen unter dem Glasstab erkennt. Nach dem 
Erkalten befeuchtet man die trockene Asche mit konzentrierter Salz- 
säure, erhitzt, nachdem man die Säure einige Zeit hat einwirken lassen, 
am Wasserbade mit einer kleinen Menge Wassers und filtriert schließlich 
nach dem Verdünnen der Flüssigkeit durch ein getrocknetes, gewogenes 
Filter. Kohle, Sand, Kieselsäure bleiben am Filter zurück; man wäscht 
gründlich mit heißem Wasser (bis ein Filtrattropfen mit Silbernitrat 
keine Opaleszenz mehr gibt), trocknet bei 110 °, äschert das Filter ein 
und erfährt so, da die Kohle verbrennt, aus der Differenz den Betrag 
der Kohle und Kieselsäure. Diese letztere prüft man auf ihre Reinheit 
durch Erhitzen mit Flußsäure und Schwefelsäure in der Platinschale. 
Hat man im Filter neben Kohle und Kieselsäure noch Sand, so bringt 
man den Niederschlag von Sand, Kohle und Kieselsäure ohne Filter 
in eine Platinschale und erhitzt eine halbe Stunde mit verdünnter Natron- 
lauge oder konzentrierter Sodalösung; dabei löst sich nach und nach 
alle Kieselsäure auf, ohne daß Sand oder Kohle angegriffen werden. 
Nachdem man durch dasselbe Filter filtriert hat, wäscht man das un- 
gelöste gut aus, trocknet bei 110 ° und bringt es bei der Wägung als 
Kohle und Sand in Rechnung. Die salzsaure Lösung, die von Kiesel- 
säure, Kohle usw. abfiltriert worden ist, samt dem Waschwasser sammelt 
man in einem 200 ccm fassenden Meßkolben, füllt bis zur Marke auf und mißt 
nun mit der Pipette dreimal je 50 ccm ab, die man je zur Bestimmung der 
Alkalien, der Schwefelsäure, der Erdalkalien und Eisenoxyds benutzt. Die 
letzten 50 ccm werden für unvorhergesehene Fälle aufbewahrt. 
Bestimmung des Eisens und der alkalischen 
Erden: Die Flüssigkeit wird vorsichtig mit Ammoniak neutralisiert, 
bis eben ein Niederschlag entsteht, dann konzentrierte Ammonium- 
azetatlösung (zirka 30 ccm) und so viel freie Essigsäure dazu gegeben, 
bis die Flüssigkeit schwach danach riecht, gelinde erwärmt und der 
sich bildende gelblichweiße Niederschlag von Ferriphosphat sofort ab- 
filtriert. Ist das Filtrat nicht rot, so wäscht man ihn mit heißem, etwas 
Ammonnitrat enthaltendem Wasser aus, trocknet, glüht und wägt als 
FePO,. Ist dagegen das Filtrat rot und die Niederschlagsmenge be- 
deutend, so wäscht man ihn wiederholt, löst in möglichst wenig Salz- 
säure, fügt Ammoniak hinzu, bis eben ein bleibender Niederschlag ent- 
steht, dann Ammonazetat und etwas freie Essigsäure. Nun erst kann 
man filtrieren und wie oben angegeben vorgehen. Enthält aber der 
Niederschlag (was an der Rotfärbung des Filtrates zu sehen ist), basisch 
phosphorsaures Eisenoxyd, so ist es genauer, den Niederschlag von 
Ferriphosphat zu glühen und zu wägen, in Salzsäure zu lösen und in 


76 III. Aschenanalyse. 


der Lösung das Eisenoxyd nach Versetzen mit Salmiak und Ammoniak 
durch Schwefelammonium zu fällen, zu glühen und zu wägen und aus 
der Differenz die mit demselben verbunden gewesene Phosphorsäure 
zu bestimmen. In der essigsauren Flüssigkeit, die vom Ferriphosphat 
abfiltriert ist, fällt man nach Zusatz von Salmiak und einem geringen 
Überschuß von Ammoniak durch oxalsaures Ammon den Kalk. Man 
muß für einen reichlichen Überschuß von Ammonoxalat sorgen, damit 
die vorhandene Magnesia vollkommen in Magnesiaoxalat verwandelt 
wird, welches gelöst bleibt. Die Flüssigkeit wird jetzt 12 Stunden an 
einem warmen Orte stehen gelassen, dann durch ein Filter gegossen, 
der Niederschlag auf dem Filter in Salzsäure gelöst und nochmals in 
gleicher Weise mit Ammoniak und Ammonoxalat gefällt, die Magnesia 
befindet sich in den Filtraten und wird aus diesen durch Zusatz von 
Ammoniak und Natriumphosphat gefällt. (Über die Kautelen bei dieser 
Bestimmung siehe Fresenius, Anleitung zur quantitativen che- 
mischen Analyse, 6. Auflage, 1903, I pag. 556.) Den noch feuchten 
Kalkoxalatniederschlag, der ausgewaschen worden ist, bringt man 
samt Filter in ein größeres Becherglas und löst ihn darin in sehr ver- 
dünnter Schwefelsäure unter Erwärmen. Dadurch wird die Oxalsäure 
ausgetrieben und der Kalk in Gips verwandelt. Man filtriert und > 


stimmt die freigewordene Oxalsäure in der Hitze durch Titrieren mit r 


Permanganatlösung, die man mit Oxalsäurelösung bestimmten Ge- 
haltes genau eingestellt hat, bis zum Eintreten der bleibenden Rosa- 
färbung. (6,303 g Oxalsäure werden in 1000 ccm Wasser gelöst; 
von dieser Lösung entsprechen 25 cem = 24,3 ccm Permanganat.) 


Von n r Permanganatlösung entspricht 1 ccm —= 2,8 mgCaO. Der Nieder- 


schlag von Ammoniummagnesiaphosphat wird abfiltriert, getrocknet, 
geglüht und als Magnesiumpyrophosphat gewogen. 

Bestimmung der Alkalien: Die Flüssigkeit wird mit 
etwas Eisenchlorid versetzt und zur Trockene verdampft, der Rück- 
stand mit heißem Wasser, dem einige Tropfen Salzsäure zugesetzt 
wurden, aufgenommen und filtriert. Die Lösung wird mit Chlorbarium 
versetzt, so lange noch ein Niederschlag von Bariumsulfat entsteht, 
dann mit Barytwasser stark alkalisch gemacht, filtriert und der Nieder- 
schlag gut ausgewaschen. Auf diese Weise ist sämtliche Schwefelsäure, 
die man in der dritten Probe für sich durch Fällen mit Bariumchlorid 
bestimmt, ferner alle Phosphorsäure, Eisenoxyd, Manganoxydul und 
Magnesia entfernt. Im Filtrat wird durch Kochen mit Ammoniak und 
Ammonkarbonat der Rest der Erdalkalien gefällt, der Niederschlag 
abfiltriert und mit heißem Wasser gewaschen. Filtrat und Wasch- 
wasser werden in einer nicht zu großen Porzellanschale vereinigt, am 
Wasserbade zur Trockene verdampft und die Ammonsalze über 
ganz kleiner Bunsenflamme abgeraucht (die Ammonsalze haben die 
Eigentümlichkeit, leicht über den Rand der Schale zu „kriechen‘“, 
weshalb man beim Abrauchen dabeistehen und durch zweckmäßige 
Verwendung der Flamme die Ränder gleichmäßig bespülen muß). Die 
Fällung mit Ammoniak und Ammonkarbonat muß übrigens zur völligen 
Entfernung der Erdalkalien mehrmals wiederholt werden, worauf man 
schließlich in eine gewogene Platinschale hineinfiltriert, wieder auf dem 
Wasserbade zur Trockene verdampft, die Ammonsalze neuerdings ab- 


III. Aschenanalyse. 77 


raucht, den Rückstand mit Salzsäure durchfeuchtet, trocknet, vor- 
sichtig glüht, bis eben die Chloride zu sintern beginnen, und wägt. Dann 
werden die Alkalichloride in heißem Wasser, dem einige Tropfen Salz- 
säure zugesetzt sind, gelöst, dann ein Überschuß von Platinchlorid zu- 
gesetzt, die Lösung der Platindoppelsalze bis zur Sirupkonsistenz ein- 
gedampft, mit starkem Alkohol aufgenommen, durchgerührt und nach 
zwei Stunden das in fester Form abgeschiedene Kalichloroplatinat 
durch ein getrocknetes, gewogenes Filter abfiltriert, mit Alkohol gut 
ausgewaschen, getrocknet und gewogen. 100 Teile K,PtCl, — 76,41 Teilen 
KCl. Die Differenz wird auf Natrium berechnet. Zum Abfiltrieren der 
Niederschläge benutzt man zweckmäßig die Goochtiegel, deren Be- 
schickung wohl nicht ganz einfach ist, die aber, einmal instand gesetzt, 
für eine Reihe von Analysen dienen und viel Mühe ersparen; vor allem 
erspart man sich das Veraschen des Filters, welches immer durch seine 
reduzierende Wirkung Ungenauigkeiten bei der 
Analyse hervorruft; ferner geht das Filtrieren 
viel rascher vor sich als über dem gewöhnlichen 
Filter. Der Goochtiegel (Fig. 17) besteht aus 
einem Porzellantiegel mit Siebboden, der mit 
feinem Asbest belegt wird. Zu diesem Zwecke 
verwendet man feingeschnittenen, mit Königs- 
wasser gewaschenen, geglühten Asbest, der ein 
für allemal in einem gut verschlossenen Pulver- 
glas aufbewahrt wird. Man schlemmt nun eine 
kleine Menge Asbest mit Wasser in einer Eprou- 
vette auf und gießt die Aufschwemmung über 
den Siebboden. Zuunterst soll gröberer Asbest 
liegen, wie man ihn erhält, wenn man nach 
dem Aufschütteln kürzere Zeit sedimentieren 
läßt. Der Asbestbelag soll gerade so stark 
sein, daß man, den Tiegel gegen das Licht ge- 
halten, von der Tiegelöffnung durchblickend, 
die Löcher nicht mehr sieht. Dann wird eine 
kleine Siebplatte auf das Asbestpolster gelegt 
und noch etwas feiner (durch längeres Sedimen- Fig. 17. Goochtiegel. 

tieren erhaltener) Asbest darauf gelegt. Man Ten gelanusel; ER 
wäscht nun so lange mit Wasser aus, bis keine 

Asbestflöckchen mehr im Filtrat erscheinen. Alle diese Operationen 
nimmt man an der Saugpumpe unter schwachem Druck vor, indem 
man den Tiegel in einem passenden Kautschukschlauch befestigt, der 
an einem in einem Absaugekolben steckenden Glasaufsatz montiert ist. 
Den so vorbereiteten Tiegel stellt man in einen größeren Porzellantiegel, 
trocknet ihn bei 120 ° und wägt ihn. Der Tiegel wird nun in seinem 
Kautschukhalter an die Pumpe gebracht und der betreffende Nieder- 
schlag abgesogen und gewaschen; nun bringt man den Goochtiegel in 
seinen größeren Tiegel, in welchem er getrocknet, geglüht und gewogen 
wird. Nunmehr kann man sofort eine zweite Bestimmung anschließen, 
d. h. einen Niederschlag derselben Art sofort über dem Gooch- 
tiegel filtrieren und bestimmen. Dies kann solange fortgesetzt werden, 
bis (nach 20—25 Bestimmungen) die Niederschlagsdecke so stark wird, 
daß das Filtrieren an der Pumpe nicht schneller vor sich geht als dies 
bei gewöhnlichem Druck der Fall wäre. Dann wird das Asbestpolster 


78 III. Aschenanalyse. 


samt den daran haftenden Niederschlägen herausgekratzt und der 
Tiegel von neuem beschickt. Beim Filtrieren darf natürlich der Asbest- 
belag nicht aufgerührt werden, was man durch festes Legen des Asbestes 
(Festdrücken mit einem Glasstab) und eben durch die Siebscheibe verhin- 
dert. Vielfach wird statt der Glühasche eine feuchte Veraschung 
vorgezogen, welche für Pflanzenaschen, wo es auf völlige Veraschung 
und verlustlose Gewinnung der Alkalien größtenteils ankommt, Vor- 
teile bietet. Die feuchte Veraschung erfolgt durch Oxydation der 
Pflanzenteile mittels konzentrierter Schwefelsäure und Salpetersäure in 
der Wärme; sie wird am besten in den Rundkolben aus Jenaer Geräte- 
glas mit langem Hals vorgenommen, wie man sie auch für die Kjel- 
dahlsche Stickstoffbestimmung verwendet (Fig. 18). Der Kolben wird etwas 
schief in einer Klammer unter einem gut ziehenden Abzug befestigt 
und auf einem mit Asbestscheibe versehenen Drahtnetz aufgestellt. In 
den Hals des Kolbens kommt ein Trichter mit kurzem Rohr, durch das 
5—10 cem eines Gemisches aus gleichen Teilen konzentrierter Salpeter- 
säure und konzentrierter Schwefelsäure auf die zerkleinerte Pflanzen- 
substanz gegossen werden, welche aber hier 
nicht vorher getrocknet zu werden braucht. 
Sehr wichtig ist eine anfänglich nicht zu 
starke Erwärmung, obwohl man bei Pflanzen- 
aschen in dieser Beziehung nach meinen 
Erfahrungen nicht zu ängstlich zu sein braucht. 
Es erheben sich braune Nitrosodämpfe, welche 
allmählich schwächer werden, worauf man 
neues (aber möglichst nicht über 10 cem auf 
einmal) Säuregemisch zufügt. Um zu ent- 
scheiden, ob die Veraschung beendet ist, läßt 
man die Nitrosodämpfe völlig entweichen 
und beobachtet, ob die Flüssigkeit sich beim 
weiteren Erhitzen noch bräunt oder schwärzt, 
worauf man von neuem für Zusatz des Säure- 
a umehier gemisches sorgen müßte, oder hell bleibt. Ist 
as Heraneran [eng a letzteres der Fall, dann ist die Veraschung 
hindert. beendet, worauf man nach dem Erkalten 

einen Überschuß von Wasser hinzufügt und 

aufkocht, bis keine braunen Dämpfe mehr entweichen. Es soll nicht 
mehr Säuregemisch zugesetzt worden sein, als eine Volumenvermehrung 
um 100 ccm ausmachen würde; ist man an dieser Grenze angelangt, 
setzt man statt des Gemisches bloße Salpetersäure zu, erhitzt 
dann zur Konzentration der Schwefelsäure, bis sich die Flüssigkeit 
wieder schwarz zu färben beginnt, und fährt dann mit dem Zutropfen 
von höchstens 10 ccm Salpetersäure auf einmal fort. In der ‚feuchten 
Asche‘ kann man natürlich den Betrag der Gesamtasche nicht er- 
mitteln, ferner weder den Schwefelgehalt noch den Gehalt an Säuren, 
welche durch Schwefelsäure ausgetrieben werden. Zur Bestimmung 
des Eisens in der Säureasche gießt man nach R. Hanslian!) das 
eisenhaltige Säuregemisch aus dem Rundkolben in ein Becherglas, 
welches das dreifache Volumen destillierten Wassers enthält, und kocht 


!) H. Aron, Aschenanalyse, Abderhaldens Handbuch d. biochem. 
Arbeitsmeth. I, 414, R. Hanslian, ebendas. 6, 378. 


III. Aschenanalyse. 79 


etwa 10 Minuten lang bis zum Verschwinden der braunen Dämpfe. 
Die Aschenlösung gibt man in den Rundkolben zurück und fügt aus 
einer Pipette Zinkphosphatlösung hinzu, dann unter starker Kühlung 
vorsichtig Ammoniak, bis der weiße Zinkphosphatniederschlag gerade 
bestehen bleibt. Das Zinkphosphat wird in der Weise hergestellt, daß 
man zirka 25 g ZnSO, und zirka 100 g Na,HPO, jedes für sich in 
Wasser löst und die Lösungen in einem Litermeßkolben vereinigt. Der 
ausfallende Zinkphosphatniederschlag wird durch Zusatz von ver- 
dünnter Schwefelsäure gerade gelöst und die Lösung dann zum Liter 
aufgefüllt. Zu dem Niederschlag in dem Rundkolben der Säureasche 
fügt man dann noch so viel Ammoniak, bis sich der Niederschlag eben 
gelöst hat, und erhitzt auf dem Asbestdrahtnetz in schief liegendem 
Rundkolben mit starker Flamme 20 Minuten lang zu heftigem Sieden. 
Es fällt wieder ein Niederschlag aus, den man einen Moment absitzen 
läßt, worauf die noch heiße Flüssigkeit durch ein kleines, glattes Filter 
gegossen wird, ohne daß man den Niederschlag aufrührt. Das Filtrat 
darf mit dem Rhodanreagens keine Rötung geben; sollte dies der Fall 
sein, so muß das Filtrat wieder in den Kolben gebracht, weitere 20 Minuten 
erhitzt und neuerdings geprüft werden. Kolben und Filter wäscht man 
mit destilliertem Wasser aus, bis 5 ccm des Filtrates mit einigen Jod- 
kalikristallen und einem Tropfen HCl Stärke nicht bläuen, und gibt zu 
dem im Rundkolben befindlichen Niederschlag 20 ccm konzentrierte 
HCl mittels Pipette; durch vorsichtiges Schwenken des Kolbens bringt 
man den Niederschlag in Lösung; den Filter samt Niederschlag löst 
man quantitativ vom Trichter, bringt ihn in eine kleine Porzellanschale 
und fügt die salzsaure Lösung aus dem Kolben hinzu. Das Ganze wird 
auf dem Wasserbade 10 Minuten lang digeriert, mit dem gleichen Volumen 
destillierten Wassers, mit dem man vorher den Rundkolben ausgespült 
hat, verdünnt und durch ein glattes Filter in einen 250 ccm Meßkolben 
filtriert. Kolben und Filter wird solange mit heißem, destilliertem 
Wasser gewaschen, bis ein Tropfen des ablaufenden Filtrates mit Rhodan- 
kali-Salzsäure keine Rötung mehr gibt. Sind 250 ccm im Meßkolben, 
so befindet sich das gesamte Eisen darin; nun wird mit Natronlauge 
neutralisiert, bis eben die erste Trübung durch den ausfallenden Eisen- 
phosphatniederschlag auftritt, die man durch einige Tropfen Salzsäure 
zum Verschwinden bringt; schließlich füllt man auf 250 ccm auf. Von 
dieser Lösung pipettiert man je 50 ccm in einen weithalsigen Kolben 
von zirka 100 ccm Inhalt, fügt 5 ccm Stärkelösung hinzu, verdrängt 
durch längeres Einleiten von Kohlensäure die Luft völlig aus Kolben 
und Flüssigkeit, setzt 3g Jodkali hinzu, verschließt den Kolben, schüttelt 
und läßt 20 Minuten bei Zimmertemperatur stehen. Dadurch ist sämt- 
liches Jod aus dem Jodkali ausgeschieden und wird nun mit Thiosulfat- 
lösung zurücktitriert. Sobald die Blaufärbung über Rotviolett ver- 
schwunden ist, leitet man wieder kurze Zeit Kohlensäure ein, verschließt 
und beobachtet, ob nach 2—3 Minuten Nachbläuung eintritt. Ist dies 
der Fall, so entfärbt man durch weiteren Zusatz von Thiosulfat. Tritt 
wiederholt nach der Entfärbung Bläuung ein, so setzt man bei der 
Titration eines nächsten Teiles von 50 ccm statt 3 g Kalijodid deren 
5g zu, aber in den meisten Fällen wird man mit 3g das Auslangen finden 
und die Bestimmung binnen 20 Minuten beendigen können. Das Prinzip 
der Bestimmung beruht darauf, daß der Niederschlag von Zinkammonium- 
phosphat quantitativ alles Eisen mitfällt, durch das nach dem Auf- 


s0 III. Aschenanalyse, 


lösen in HCl aus JK äquivalente Mengen Jod freigemacht werden, 
die man mit einer auf zirka S50 eingestellten Na,S,O,-Lösung zurück- 


titriert. Dieselbe wird so hergestellt, daß man 40 g Na,S,0, in zirka 
1000 g H,O löst und die Lösung in einer Flasche aus dunklem Glase 
aufbewahrt. Von dieser Stammlösung verdünnt man erst vor der Be- 
stimmung einen aliquoten Teil und stellt ihn gegen Eisenchloridlösung 
ein. Diese Eisenchloridlösung, gegen welche die auf das zirka 40 fache 
verdünnte Stammlösung eingestellt wird, enthält 2 mg Fe in 10 ccm. 
Sie wird bereitet, indem man genau 20 com Freseniusscher Eisen- 
chloridlösung, welche 10 g Fe im Liter enthält und von Kahlbaum, 
Berlin, bezogen werden kann, in einen Litermeßkolben fließen läßt, 
mit zirka 20 ccm konzentrierter HCl versetzt und dann genau auf einen 
Liter auffüllt. Diese Lösung ist, in brauner Flasche aufbewahrt, lange 
haltbar. 10 ccm der Eisenlösung werden in einem Kolben mit etwas 
Wasser, einigen Kubikzentimetern Stärkelösung (hergestellt durch 
10 Minuten langes Kochen von 1 g löslicher Stärke in 500 ccm H,O) 
und einigen Kristallen JK versetzt, auf zirka 50 ° erwärmt und mit 
der verdünnten Thiosulfatlösung titriert, bis die blaue Färbung über 
Rotviolett mindestens 5 Minuten lang verschwunden bleibt. Die ver- 
brauchten Kubikzentimeter Thiosulfatlösung entsprechen bei An- 
wendung von 10 ccm der Freseniusschen Lösung gerade 2 mg Fe. 
Zur Trennung und Bestimmung von Ca, Mg und Phosphorsäure in der 
Säuregemischasche geht man in der Weise vor, daß man den Inhalt 
des Kolbens nach dem Erkalten in ein großes Becherglas schüttet, das 
ein der Lösung gleich großes Volumen destillierten Wassers enthält. 
Man gießt in dünnem Strahle ein und mindert die Heftigkeit der Ent- 
wicklung von nitrosen Dämpfen durch Einstellen des Becherglases in 
Eiswasser. Dann wird der Kolben mit dem gleichen Volumen Wasser 
ausgespült und die Flüssigkeiten vereinigt. Um die nitrosen Dämpfe 
völlig auszutreiben, erhitzt man schließlich das Becherglas einige Minuten 
am Asbestdrahtnetz, läßt erkalten, filtriert von etwa ausgeschiedener 
Kieselsäure ab und fügt unter Umrühren das vierfache Volumen 96- 
prozentigen Alkohols zu. Nach 12stündigem Stehen in der Kälte fil- 
triert man durch ein glattes Filter ab und wäscht mit verdünntem Alkohol 
aus. Man trocknet Trichter und Inhalt im Trockenschrank, trennt 
Niederschlag vom Filter, verascht letzteres im Platintiegel und fügt 
die Hauptmenge des Niederschlages hinzu. Man löst nun in HCl auf, 
spült in ein Becherglas und fällt daselbst nach Übersättigung mit 
Ammoniak und Ammonoxalat, worauf man das Kalkoxalat, wie vorher 


beschrieben, mit cs Kaliumpermanganatlösung bis zur eben bleibenden 


Rosafärbung titriert. Man kann den Kalk auch das zweite Mal als Sulfat 
statt als Oxalat fällen, die beiden alkoholhaltigen Filtrate vereinigen 
und den Alkohol im luftverdünnten Raume abdestillieren. Dabei nimmt 
die zurückbleibende Lösung dunkelbraune Farbe an, zu deren Ent- 
fernung man etwas Säuregemisch in der Kälte zufügt, worauf die Flüssig- 
keit zum Sieden erhitzt wird. Sobald die dunkle Färbung hellgelb ge- 
worden ist, kühlt man in Eiswasser ab, versetzt bis zur schwach alkalischen 
Reaktion mit Ammoniak, dann mit reichlichen Mengen Salmiak und 
macht die Lösung durch Zusatz von HCl wieder deutlich sauer. Nun 
bringt man dieselbe quantitativ in einen Meßkolben, füllt mit Wasser 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. si 


auf ein bestimmtes Volumen auf und teilt die Flüssigkeit in zwei gleiche 
Teile. In der einen Hälfte bestimmt man die Magnesia durch Fällen 
mit Natriumphosphat und Glühen als Magnesiapyrophosphat, in der 
anderen die Phosphorsäure durch Fällen mit Magnesiamixtur 
und Glühen ebenfalls als Magnesiapyrophosphat. Zur Bestimmung 
des Magnesiums gibt man zu einem Teile der Lösung einen Überschuß 
von Natriumphosphat, erhitzt zum Sieden und versetzt die heiße Lösung 
sofort mit einem Drittel ihres Volumens an 10 prozentigem Ammoniak. 
Nach 2—3 stündigem Stehen in der Kälte wird filtriert, mit Ammoniak 
ausgewaschen und getrocknet, dann nach Abtrennung des Nieder- 
schlages vom Filter zuerst dieses und dann die Hauptmasse des Nieder- 
schlages geglüht. Der andere Teil der Lösung wird mit einem Überschuß 
von Magnesiamixtur (55 g krist. MgCl,, 105 g NH,Cl, 2 cem konz. HCl 
und 1000 g H,O) bis zum beginnenden Sieden erhitzt, worauf man unter 
Umrühren 21, prozentiges Ammoniak zufließen läßt, bis der Nieder- 
schlag anfängt sich kristallinisch abzuscheiden , worauf man den 
Ammoniakzufluß so reguliert, daß zirka 4 Tropfen pro Minute der 
Lösung zufließen. Der zuerst ausfallende Niederschlag ist kristallinisch ; 
zeigt sich eine milchige Trübung, so muß dieselbe wiederum in HCl 
gelöst werden. Man gibt schließlich so viel Ammoniak zur siedenden 
Lösung, daß diese schwach danach riecht, läßt dann erkalten, fügt ein 
Fünftel des Flüssigkeitsvolumens an konzentriertem Ammoniak hinzu 
und kann schon nach 10 Minuten abfiltrieren. Dann trocknet, verascht, 
glüht und wägt man wie bei der Magnesiabestimmung. Ist die Menge 
des gewogenen Mg,P,0, = p, so berechnet sich die Menge PO, nach 
dem Ansatze 222 :95 =p:Xx 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 


Von den Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge sei zu- 
nächst der Einfluß des elektrischen Stromes hervorgehoben. 

Man kann die Elektrizität auf drei verschiedene Arten auf die Pflanze 
direkt einwirken lassen, 1. indem man zwei Metallplatten in den Boden 
versenkt und dieselben mit einer Stromquelle verbindet: dann geht der 
Strom durch die Erde und wirkt auf die Pflanzen ein, welche sich im 
elektrischen Felde befinden; 2. indem man den Strom durch die Pflanze 
selbst gehen läßt. Eine Metallplatte, die mit dem einen Pol einer Strom- 
quelle verbunden ist, wird in den Boden gesenkt und um den Stamm 
der Versuchspflanze ein Draht gewunden, der mit dem andern Pol der 
Stromquelle verbunden ist. Natürlich lassen sich solche Versuche nur 
an stärkeren Pflanzen, vornehmlich an Holzgewächsen, durchführen; 
3. indem man die Pflanzen der direkten elektrischen Entladung aussetzt, 
also überhaupt nicht leitend mit der Stromquelle verbindet, sondern 
etwa ein Netz von Drähten über die Versuchsparzelle spannt und gegen 
den Erdboden isoliert; der eine Pol einer Elektrisiermaschine wird mit 
dem Drahtnetz, der andere Pol mit dem Erdboden verbunden. Die 
Pflanzen dienen bei dieser Versuchsanordnung gewissermaßen als Blitz- 
ableiter für die Luftelektrizität, und durch sie wird vermittels der dunkeln 
elektrischen Entladung ein Ausströmen der Elektrizität an den Spitzen, 
z. B. den Grannen des Getreides, erfolgen, was sich mitunter als St. Elms- 
feuer äußert. Diese dritte Art der Beeinflussung ist gleichzeitig die 

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 6 


82 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 


längst geübte und besonders durch Lemström!) ausgebildet worden. 
Er spannte über die Pflanzen ein Metalldrahtnetz, das isoliert und mit 
einer Reihe Messingspitzen versehen war; dieses Netz wurde mit dem 
positiven Pol einer Holtzschen Influenzmaschine in Verbindung 
gesetzt, während der negative Pol in die Erde mündete. Diese Maschine 
wurde mit der Hand oder durch mechanischen bzw. elektrischen Antrieb 
in Bewegung gesetzt. Die Samen wurden in nach der Südseite des Fensters 
offenen Pappendeckelgehäusen in Töpfen plaziert, in jeden Topf wurde 
unten ein Zinkstreifen gesteckt, der durch einen Metallfaden mit den 
Gasrohren des Raumes in Verbindung stand, oberhalb der Töpfe wurden 
die mit den Spitzen versehenen Netze aus Draht befestigt; in der einen 
Abteilung ging der Strom von der Luft zur Pflanze, in der andern um- 
gekehrt, während eine dritte als stromlose Kontrolle diente. Bei Frei- 
landversuchen verwendete Lemström!) Drahtnetze, deren Drähte 
2 mm Durchmesser hatten, an Porzellannäpfen als Isolatoren befestigt 
waren, während die Drähte in einem gegenseitigen Abstand von 100 cm 
standen und in je 50 cm Abstand eine Metallspitze trugen. Das Netz 
stand wieder in Verbindung mit dem positiven Pol einer vierscheibigen 
Influenzmaschine, der negative Pol derselben mit einer kleinen, in den 
Boden eingelassenen Zinkplatte. Die Maschine war untertags acht Stunden 
in Tätigkeit. Die Ernte des elektrisierten Feldes übertraf die der nicht elek- 
trisierten (Gerste) um 35,5 %- Die Zahlen Lemströms beweisen aber, 
daß die Resultate durchaus nicht für alle Pflanzen gleich günstig sind, und 
daß mitunter auch negative Werte resultieren. Im allgemeinen sind in 
Wachstum und Ernteergebnis gefördert und zwar qualitativ und quanti- 
tativ und in bezug auf die Raschheit der Entwicklung (Erdbereen gelangen 
in 24 statt in 56 Tagen zur Reife) die Zerealien, Wurzelgewächse wie 
Rübe, Kartoffel usw., manche Leguminosen, Erdbeeren, Laucharten, 
während in der Entwicklung unbeeinflußt gelassen oder gehemmt werden: 
Erbse, Karotte, Weißkohl, Kohlrübe, weiße Rübe, Tabak. Namentlich 
die Getreidearten zeigen in mittleren Böden unter dem Einfluß der Elektri- 
zität einen Vorteil von 40 % gegenüber den unbehandelten und erst- 
klassigen Böden, aber auch ein Überwiegen um 75 %, ist keine Seltenheit. 
Die von Lemström erhaltenen Werte sind folgende: 


Versuchsparzelle Kontrollparzelle Prozentuale 

Pflanze Zahl der Gewicht Zahl der | Ernte- Ernte- 
Pflanzen in kg Pflanzen |gewichtinkg| unterschiede 

Weiße Rübe . 56 31,982 157 43,343 + 107,2 

Kartoffel. . . 268 21,281 990 44,694 + 762 
Rote Rübe . . 107 24,600 263 36,551 + 65,29 

tadieschen . . 26 2,295 57 3,166 + 59,1 
Pastinaca sat. 181 16,205 507 29,067 + 54,45 
Kadoh > - .; 5l 7,705 98 10,425 + 42,11 
Sellerie . . . 45 22,207 98 | 35,722 + 36,90 
Karotte . . . 695 ı 27,201 1009 41,438 + 5,12 
Kohlrübe . . 8 2,869 16 5,382 + 5,23 
Weißkraut 13 14,025 15 28,684 + 43,58 
Weißkohl .. 15 14,72 23 21,19 + 18 
Weiße Rübe 91 4,356 163 7,459 + 2,58 


'!) 8. Lemström, Experiences sur l!’influence d’electricit6 sur les vegetaux, 
Helsingfors 1890. — S.Lemström , Elektrokultur (übersetzt von O.Prings. 
heim). Berlin, W. Junk 1902. 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 55 


Für exakte Laboratoriumsversuche eignet sich etwa folgende Elektro- 
kulturanlage (Gaßner): die den hochgespannten Strom, mit dem 
die Pflanzen bestrahlt werden, erzeugende Influenzmaschine befindet 
sich in einem staubdichten Glaskasten und wird durch einen kleinen 
Elektromotor mit konstanter Geschwindigkeit getrieben. Der eine Pol 
der Influenzmaschine ist mit den Versuchspflanzen bzw. mit der Erde, 
in der sie wurzeln, der andere mit dem über denselben an Glasröhren 
isoliert aufgehängten Drahtnetz verbunden, das nach unten gerichtete 
Spitzen zeigt. Wie man sich durch Hineinhalten der Hand in die zwischen 
den Pflanzen und den Spitzen befindliche Luft überzeugen kann, findet 
ein ständiger Elektrizitätsaustausch zwischen Drahtspitzen und Pflanzen 
statt. Für Versuche im großen eignen sich Influenzmaschinen nicht, 
weil sie gegen äußere Einflüsse, namentlich Staub, sehr empfindlich 
sind und bald zu funktionieren aufhören. Für solche Zwecke bedient 
man sich des gewöhnlichen Wechselstroms; dieser wird durch Transtor- 
matoren zur gewünschten Spannung umgewandelt und der so erhaltene 
hochgespannte Wechselstrom mittels sog. Gleichrichter in hochgespannten 
Gleichstrom umgeformt. So kann man hochgespannte Gleichströme 
ununterbrochen erzeugen. Oder man kann 
die atmosphärische Elektrizität auswerten, 
indem man durch Ballons oder Drachen 
nach dem Vorgange von Höstermann- 
Dahlem und eines von den Ballons zur Erde 
gehenden Leitungsdrahtes hochgespannten 
Strom aus den oberen Luftschichten her- 
unterholt. 

Höchst wertvoll sind die Versuche, in 
welchen Molisch!) die Beeinflussung von 
Keimpflanzen durch Radiumemanation fest- 
Brellier Zur Einwirkung der Emanafion ig. 1%. Emanationsgefäß nach 
auf die Pflanzen wurde ein zylindrisches r = Radiumraum; K— Keimpflanze: 
Glasgefäß (Fig. 19) von 24 cm Höhe und Denn ‚zum Einführen der Emuna- 
16,5 cm Breite, oben mit einem Glas- 
deckel geschlossen, verwendet; der Deckel war mit Vaselin luftdicht auf 
das Gefäß aufgesetzt und trug einen mit Kautschukpfropf versehenen 
Hals, der von einem Glasrohr durchsetzt war; dieses führte nach unten 
in den Kulturraum, gabelte sich oben und war so eingerichtet, daß die 
mit der Kautschukbirne eingepreßte Luft bei dem einen Gabelast in 
den Kulturraum hineinströmen und durch ein Loch in den andern 
Gabelast abstreichen konnte. Durch Kautschukschläuche stand der 
Kulturraum mit einer Waschflasche in Verbindung, die eine wässerige 
Lösung von RaCl,, im ganzen 15,1 mg RaCl, = 11,5 mg Ra-Metall, 
enthielt. Durch etwa zwanzigmaliges Zusammendrücken des Ballons 
wird die gasförmige Emanation in den Kulturraum getrieben und dann 
die Hähne des Erzeugungsgefäßes geschlossen. Wenn alle 24 Stunden 
gequirlt und Emanation in den Versuchsraum geleitet wurde, so ge- 
langten in den Versuchsraum ca. 16 % der Gleichgewichtsmenge, also 
1,84 g Ra-Äquivalent — 1,84 Millicurie Emanation;; wenn alle 48 Stunden 


1) H. Molisch, Über den Einfluß der Radiumemanation auf die höhere 
Pflanze, Sitz.-Ber. d. k. Akad. Wien 121, Abt. I (1912). — Über Heliotropismus 
im Radiumlichte, ebendas. 120 (1911). 

6* 


54 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 


Emanation durchgeleitet wurde, so traten 30% der Gleichgewichts- 
menge, d. i. 3,45 Millieurie, über. Außer dieser ‚starken‘‘ Emanation 
wurde noch eine mittelstarke mit 0,0009 Millicurie und eine (alle 24 Stun- 
den in das Versuchsgefäß übergeleitete) ‚schwache‘ mit 0,000124 Milli- 
curie verwendet. Eine Millicurie-Emanation in 1 1 Luft entspricht etwa 
2,4 Million Macheeinheiten. Die Emanation wurde alle 24 oder48 Stunden 
erneuert. Für die in dem Luftraum über der Lösung und in den Schlauch- 
verbindungen zurückgebliebene Emanation sind etwa 7 % in Abzug zu 
bringen. Die Emanation übt, wenn in genügender Stärke vorhanden, 
einen hemmenden Einfluß auf die Entwicklung, die auch bei mittelstarker 
und schwacher Emanation soweit gehen kann, daß Wachstum und Ent- 
wicklung sistieren und die Pflanze abstirbt. Bei schwacher Emanation, 
namentlich wenn die Samen vor der Keimung der Bestrahlung aus- 
gesetzt wurden, zeigte sich jedoch bisweilen eine merkliche Förderung 
der Entwicklung. Die tiefe Schädigung durch starke Emanation zeigt 
sich aber nicht unmittelbar nach der Exposition, sondern die Keimlinge 
erscheinen nicht besonders geschädigt, jedenfalls lebensfähig, dagegen 
ist die völlige oder fast völlige Sistierung jeder Entwicklung ein Zeichen, 
wie hochgradig die Pflanzen beeinflußt sind, und nach einiger Zeit er- 
folgt dann ein rasches, oft plötzliches Absterben. Dieser Stillstand des 
Wachstums wurde auch mit festen Radiumpräparaten erzielt und als 
„Radiumstarre‘‘ bezeichnet. Bei Phaseolus und Pisum kann man deut- 
lich sehen, daß die Reservestoffe aus den Kotyledonen nicht mobilisiert 
werden, die Wirkung der Emanation setzt sich als physiologische Nach- 
wirkung kürzere oder längere Zeit auch nach dem Aufhören der Bestrah- 
lung fort. Keimlinge verschiedener Art, gleichgültig ob ihre Samen oder 
sie selbst der Emanation ausgesetzt waren, bleiben im Wachstum zu- 
rück und gehen nach einiger Zeit zugrunde. Aber auch, wenn nach 
Einwirkung der Emanation noch gutes Wachstum der Keimblätter 
eintritt, bleibt doch die Endknospe sitzen ebenso wie die Vegetations- 
spitze der Wurzel: beide entwickeln sich nur langsam weiter. Die Keim- 
linge lösen ferner ihre Nutation früher auf, strecken also die Spitze früher 
gerade als normale, ergrünen langsamer und bilden weniger Anthokyan. 
Manche, wie Secale Cereale und Avena sativa, scheiden an ihrer Spitze 
eine weiße kristallinische Masse aus. Eine Förderung durch schwache 
Emanation wurde bei den Keimlingen der Sommerlevkoje (Matthiola 
incana), Cucurbita Pepo und Helianthus annuus beobachtet, wenn die 
Emanation auf die Samen und nicht erst auf den Keimling gewirkt 
hatte. Aber auch die bereits entwickelten Organe der Pflanze werden 
durch Emanation geschädigt, die Blätter von Aucuba japonica miß- 
farbig, die von Impatiens Sultani glasig durchscheinend. Robinia Pseud- 
acacia, Caragana arborescens usw. werfen in der Emanationsluft ihre 
Blätter viel früher, auch schon im Frühjahr und Sommer, ab, als in reiner 
Luft. Der Vegetationspunkt der Pflanzen wird nicht bloß in der Ent- 
wicklung zurückgehalten, sondern auch anderweitig beeinflußt. Die 
Sprosse von Sedum Sieboldii bilden normalerweise dreigliedrige Blatt- 
quirle; Sprosse, die in ganz jungen Entwicklungsstadien drei Tage 
starker Emanation ausgesetzt wurden, entwickeln von da an keine 
dreiblätterigen Wirtel, sondern nur dekussiert stehende Blattpaare. 
In allen genannten Fällen betrug die Menge des Emanationsgiftes, die 
schädigend oder tötend einwirkte, etwa 0,0000063 mg, also Quantitäten, 
welche bei keinem anderen Gifte physiologische Wirkungen ausüben. 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 85 


Schwache galvanische Ströme ließ Thouvenin!) auf junge Flachs- 
keimlinge einwirken. Die in Töpfe versetzten Keimlinge neigten sich 
ohne Strombehandlung sehr bald nach abwärts und welkten. Das 
äußerste Ende der Stengel bei zwei solchen Pflanzen (Fig. 20) wurde 
mittels einer Kupferklemme an den Faden eines Zeigerauxanometers be- 
festigt und durch das Gewicht, das den Faden spannte, aufrecht gehalten. 
Der Faden des einen Auxanometers bestand in einem geschmeidigen Lei- 
tungsdraht, der mit seinem freien Ende an dem einen Pole einer elek- 
trischen Batterie befestigt war. Eine blanke Kupferplatte wurde in Ver- 
bindung mit dem andern Pole der Batterie, an dem der Pflanze mit dem 
Leitungsdraht entgegengesetzten Ende in die Erde gestoßen und ermög- 
lichte so, die Pflanze, sobald der Strom geschlossen war, dem Einflusse 
eines kontinuierlichen elektrischen Stromes auszusetzen. Wurde nach 
einigen Stunden der Faden am Ende des Stengels entfernt, so blieb die 
elektrisierte Pflanze künftig aufrecht, während das nichtelektrisierte 
Kontrollexemplar sich nach Abnahme des spannenden Fadens sofort 
wieder krümmte. Während unter normalen Verhältnissen das Auf- 
richten junger Keimpflanzen in die Vertikale mindestens 8 Tage in An- 
spruch nahm, 
brauchten die 
elektrisierten 
jungen Lein- 
pflanzen dazu 
nur einige 
Stunden, 
auch wenn sie 
nicht im 
feuchtenRau- 
me gestanden 
hatten. Der 
Strom floß 

während der Fig. 20. Thouvenins Versuchsanstellung. 

17stündigen 4A, B= die belden Flachskeimlinge; E, El = Elektroden. 
Versuchsdau- 

er in der Richtung von der Wurzel zum Stamm; seine Stärke schwankte 
zwischen 0,000823—0,004221 Mikroampere. Mercurialis musa und Euphor- 
bia Peplus zeigten schon nach drei Stunden das günstige Ergebnis; da- 
gegen versagte Senecio vulg.; bei Mercurialis annua mußte der Strom 
vom Stamm gegen die Wurzel geleitet werden, um günstig zu wirken, 
während in der umgekehrten Richtung Versuchspflanzen und Kontroll- 
exemplare keinen Unterschied zeigten. Durch Wägung der stromdurch- 
flossenen Pflanzen oder Blätter zeigte sich aber, daß die elektrisierten 
Pflanzen oder Teile stets stärker transpiriert hatten, so daß durch die 
schwachen galvanischen Ströme die Endosmose des Wassers in höherem 
Maße gesteigert worden sein mußte als die gleichfalls gesteigerte Ab- 
gabe. In jedem Fall ist die Permeabilität durch den Strom erhöht, 
vielleicht übt derselbe auf die wasseraufnehmenden Zellen besonders 
einen Reiz aus, und da auch die Kohlensäureassimilation sich ge- 


!) M. Thouvenin, De Vinfluence des courants galvaniques faibles sur 
l’endosmose chez les vegetaux. Revue gen. de bot. 19, 317 (1907), S, 433 (1896). 
G. Pollacei, Atti Istituto bot. dell’ universitä di Pavia Vol. 11 (1905). 


S6 iV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 


steigert zeigt, scheint der elektrische Strom alle Stoffwechselprozesse 
zu stimulieren, unter denen die auf Gedeihen und Trockengewichts- 
zunahme hinzielenden besonders gefördert sind. 

Stoklasa!) und seine Mitarbeiter sahen durch Einwirkung des 
Radiums ganz unglaubliche Förderung der Entwicklung bei Pflanzen 
in verschiedenen Stadien. Die Förderung von Radiumemanation in 
schwacher Aktivität ist zunächst eine indirekte infolge Förderung der 
stickstoffassimilierenden Bakterien, wodurch sich eine Stickstoffanreiche- 
rung des Bodens um 76 % ergeben kann. Gleichzeitig erweist sich die 
Denitrifikation als gehemmt. Schon die Samenkeimung ist ferner bei 
Tritieum vulg., Hordeum dist., Vieia Faba usw. gefördert, wenn die 
Samen zum AÄnquellen in radioaktivem Wasser an Ort und Stelle des 
Quellenursprunges gebracht und 24 Stunden in 50 ccm Wasser von 
15—100 M. E. pro 100 Samen belassen wurden. Im Keimapparate 
werden dann die keimenden Samen noch mit 5—10 ccm des Wassers 
täglich begossen. 50 M. E. hemmen bereits die Entwicklung, weniger 
stark radioaktive Wässer befördern die Keimungsenergie ungemein, 
künstlich aus RaCl, hergestelltes Wasser erweist sich weniger günstig 
als natürliches. Im günstigen Falle wurde die Keimungsenergie um 
70—130 % erhöht, die Trockensubstanz vermehrt. 


Trockensubstanz nach 46 Vegetationstagen in Wasser- 
kultur: 


Pflanzen 18 Tage unter der Ein- Pflanzen in nicht radio- 
wirkung von im ganzen 384M.E. aktivem Wasser gezogen 


Pesum arvense..) . ..-..  Wla.g 2,137 g 
Yiea Babes 2 2:32.22 5875 6,009 „, 
Lupinus angustifol. . . 3,793 „, 1,845 ,, 
Hordeum distichum . . 9,085 ., 0,906 „, 


Während 70 M. E. die Ernte um 62-—-164 % erhöhten, übten 
300—600 M. E., jeden vierten Tag erneuert, sowohl in Wasserkultur 
als in Sandkultur (5-——7 kg Erde) einen schädlichen Einfluß. Die Blätter 
verfärbten sich rostbraun, das Chlorophyll wurde zersetzt, die Zellen 
plasmolysiert. Dagegen findet bei richtiger schwacher Dosierung der 
Radiumemanation rascheres und üppigeres Wachstum, schnellerer Blüten- 
ansatz, höherer Ertrag statt. 

Es wurde schon früher darauf hingewiesen, daß, so unempfindlich 
sich ruhende Samen gegen schädigende Einflüsse der Außenwelt ver- 
halten, der junge Keimling um so empfindlicher auf Reize reagiert. 
Nach dieser Richtung ist die Empfindlichkeit gegen Gase am auf- 
fallendsten, indem schon Spuren verschiedener Gase, aber selbst Exha- 
lationen, wie sie vom Möbelanstrich oder von anderen Pflanzen her- 
rühren, ferner gasförmige Verbrennungsprodukte von Flammen usw. 
das normale Wachstum, die Wachstumsrichtung, die Turgeszenz, die 
Art der Reaktion gegen Schwerkrafts- und Lichtreize, überhaupt den 
ganzen Verlauf des Stoffwechsels aufs nachhaltigste zu beeinflussen 
vermögen. Aus diesem Grunde, weil Spuren von Verunreinigungen in 
der Luft sich nur selten ausschließen lassen und selbst in guten Gewächs- 
häusern vorhanden sind, empfiehlt es sich, die Pflanzenkulturen. will 


') J. Stoklasa, Vortrag, gehalten auf der 85. Vers. der Naturf. u. Ärzte. 
Wien 1913. 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 87 


man durchaus normale Entwicklung erzielen, vor das Fenster zu stellen. 
Man braucht bloß im Gewächshaus gezogene Bohnen oder andere 
Pflanzen mit denen des Freilandes zu vergleichen, um schon in der 
äußeren Entwicklung die gewaltigen Unterschiede wahrzunehmen, 
welche natürlich im Ablaufe des Stoffwechsels, in der Erzeugung von 
Produkten qualitativ und quantitativ noch mehr ausgesprochen sind. 
Es ist vielleicht nicht zu weit gegangen, wenn man mehr oder weniger 
alle im Laboratorium erzogenen Pflanzen für abnormal und krank an- 
sieht, und wenn man Schlüsse, welche von Laboratoriumsversuchen 
auf die normale, frei wachsende Pflanze gezogen werden, für nicht 
bindend erachtet. Ich wenigstens arbeite immer, wenn es sich um Probleme 
des normalen Stoffwechsels handelt, mit Freilandpflanzen. Das Ge- 
sagte gilt natürlich nicht nur vom Laboratorium im engeren Sinne 
des Wortes, sondern auch von Gewächshäusern, welche etwa in wissen- 
schaftlichen Instituten inmitten der Dunstatmosphäre einer Großstadt 
angebracht sind, und das kümmerliche Gedeihen von Zimmerpflanzen 
ist außer auf die mangelhaften Lichtverbältnisse hauptsächlich auf die 
abnormale Luftzusammensetzung zurückzuführen. Übrigens macht 
sich auch betreffs der Luft die Wohltat der großen Verteilung geltend, 
so daß beispielsweise Pflanzen selbst im Dunstkreis der großstädtischen 
Atmosphäre vor dem Fenster besser gedeihen als innerhalb eines Ge- 
wächshausraumes. Ebenso wie die Pflanze ein ausgedehntes Substrat 
für die Ausbreitung ihrer unterirdischen Teile braucht, und wie sie um 
so besser gedeiht, ein je größerer Wurzelraum ihr zur Verfügung steht, 
so entwickelt sie sich um so normaler, je größer ihr Luftreservoir ist, 
wo sich etwaige schädigende Bestandteile besser verteilen können, die 
in derselben Menge auf einem kleinen Raume schädlich wirken. Schon 
daraus wird klar, wie wichtig ein öfteres Lüften von Glocken bei be- 
deckten Kulturen als Minimum der für normale Entwicklung auf- 
zuwendenden Sorgfalt ist. Eine normale Atmosphärenzusammensetzung 
wird besonders dann wichtig, wenn man mit Wasserkulturen arbeitet, 
denn Erde oder Sand haben in hohem Maße die Eigenschaft, etwa schäd- 
liche gasförmige Beimengungen der Luft zu adsorbieren und die Luft 
gewissermaßen zu reinigen. Aus alledem geht aber die absolute Not- 
wendigkeit hervor, zum Studium physiologischer Prozesse ein Stück 
Freiland, ein Feld oder einen Garten zur Verfügung zu haben; denn selbst 
dort, wo man im Experiment eine oder die andere abnormale Bedingung 
herstellen will, muß um so mehr für die Normalität der übrigen physio- 
logischen Begleitumstände gesorgt sein; auch hier gilt ja das Gesetz 
des Minimums. Ist eine oder die andere Vegetationsbedingung, Licht- 
farbe, Temperatur usw. nicht oder in nicht ausreichendem Maße ge- 
geben, so können auch die übrigen normalen Verhältnisse nicht in ent- 
sprechendem Maße ausgenutzt werden, und ist noch dazu von anderer, 
nicht beabsichtigter Seite ein solches Minus gegeben, so treten Ver- 
änderungen ein, die nicht mehr vom Standpunkt des Versuches aus 
kontrolliert werden können. Handelt es sich nun gar um reizphysiologische 
Versuche, so üben die Verhältnisse der abnormalen Luftzusammensetzung 
derart auf die Pflanzen ein, daß ganz falsche Schlüsse aus den Versuchen 
abgeleitet werden können. Der Wert einer ganzen Reihe älterer Reiz- 
versuche ist aus diesem Grunde in Frage gestellt, und manche Er- 
scheinungen, die man als Reizerfolg angesprochen hatte, mußten nun 
bei Wiederholung in reiner Luft als Wirkung der verunreinigten Atmo- 


S IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 


je s) 


sphäre erkannt werden. Aber auch anderweitige ernährungsphysio- 
logische Daten sollten von diesem Standpunkte aus überprüft werden, 
denn es zeigte sich, daß in verunreinigter Luft die Anthokyanbildung 
bei Keimlingeı, die sich, besonders intensiv bei Gramineen, in den 
ersten Entwicklungsstadien zeigt, ausbleibt, daß die Turgeszenz kolossal 
erhöht wird, und daß sich eine Anhäufung von Monosacchariden und 
Aminosäuren, die sich durch beschleunigten Abbau größerer Molekular- 
komplexe oder gehinderten Aufbau oder beides ergibt. Alle diese Er- 
scheinungen treten auch im Experiment bei Einwirkung von Narkoticis 
oder bei Sauerstoffentzug ein und stehen offenbar mit einem unter 
diesen abnormalen Verhältnissen bevorzugten intramolekularen Stoff- 
abbau in Beziehung. Für die in unseren wissenschaftlichen Arbeits- 
räumen vorhandene, auf Keimlinge in der oben beschriebenen Weise 
wirkende Luft wurde der Name ‚Laboratoriumsluft“ geprägt; als wesent- 


Fig.21. Typischer Laboratoriumsluft-Habitus bei Erbse. Links Pflanzen aus Laboratoriums- 
lutt, stark verdickt, zurückgeblieben, auffallende horizontale Nutation; rechts gerade 
schmächtige Keimlinge der reinen Luft, (0. Richter.) 


lichst schädigender Bestandteil der Laboratoriumsluft dürfen wohl die 
Spuren Leuchtgas gelten, die in jedem Raume vorhanden sind, in welchem 
Gaslampen brennen, und im Leuchtgas wiederum sind als hauptsächlichste 
hier in Betracht kommende Bestandteile Aethylen und Azetylen anzusehen. 
Aber auch die gasförmigen Stoffwechselprodukte von Menschen und 
Pflanzen selbst, also Ausdünstungen aller Art, Spuren von Schwefelwasser- 
stoff, vornehmlich aber die Verbrennungs- und Atmungskohlensäure in 
schlecht ventilierten Räumen haben wichtigen Anteil an den Schädigungen 
durch „Laboratoriumsluft‘“ (Fig. 21—30). Von den Forschern, 
welchen wir nach dieser Richtung wichtige Aufschlüsse verdanken, sei 
D.Neljubow!), H.Molisch!) und in erster Linie Ö. Richter!) 


1) D. Neljubow, Über die horizontale Nutation der Stengel von Pisum 
sat. und einiger anderer Pflanzen. Beih. z. bot. Zentralbl. 10, H. 3 (1901); Ber. d:'0, 
bot. Ges. 29, 97 (1911. H. Molisch, Über Heliotropismus im Bakterien- 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 89 


genannt. Neljubow machte im Jahre 1901 darauf aufmerksam, 
daß für eine abnorme, von Wiesner an Keimlingen entdeckte 
Krümmungsbewegung die ‚in den Versuchsräumen unserer Laboratorien 
in Anbetracht der derzeitigen Ausrüstung mit Gasleitungen, Reagenzien- 
fläschehen usw. unvermeidlichen Spuren gasförmiger Verunreinigungen 
der Luft‘‘ verantwortlich zu machen seien. Es ist dies die sogenannte 
„horizontale Nutation‘“, die Erscheinung, daß Keimlinge beim Aus- 
treiben im Dunkeln vielfach nicht negativ geotropisch nach aufwärts 
wachsen, sondern mit dem Stengel mehr oder weniger auffallende 
Krümmungen horizontal oder fast horizontal über der Erdschicht des 
Blumentopfes ausführen. Gleichalte Pflanzen der Erbse z. B. im Labo- 
ratorium und in der Orangerie gezogen, zeigten nNeljubows Ver- 
suchen ganz auffal- 
lende Unterschiede. 
Während diese mäch- 
tig und schlank in die 
Höhe schossen , kro- 
chen jene gedrückt 
auf der Erde des Blu- 
mentorfes nach den 
verschiedensten Rich- 
tungen hin und ver- 
mochten sich kaum 
über den Rand zu er- 
heben. Ganz ähnliche 
Resultate erzielte er, 
wenn er Pflanzen ein- 
mal unter mit Stra- 
Benluft gefüllten, das 
andere Mal in mit 
Laboratoriumsluft be- 
schickten Glocken un- 
ter denselben Bedin- 
gungen nebeneinan- 
der wachsen ließ. 


Wurde aber die La- Fig. 22. Cucurbita Pepo. Links Pflanzen, die unter Einwirkung 
= E von je 10 cem Leuchtgas täglich durch 8—10 Tage gestanden hatten 
boratoriumsluft gerel- (1v 1-Glocke); rechts Pflanzen der reinen Luft (0, Richter.) 


nigt und die Pflanzen 

dann in diese gereinigte Luft gebracht, so wuchsen sie völlig normal. In 
der verunreinigten Luft bleiben überdies die Keimlinge im Längenwachs- 
tum zurück, verdicken aber dabei ihre Stengel auffallend. Neljubow 
stellte zahlreiche Versuche an, um die schädlichen Bestandteile der Luft 
einzeln zu analysieren: er schaltete das Schwefeldioxyd aus, indem er die 
Luft durch KOH und eine dicke Schicht von MnO, schickte, er leitete 
die Luft durch rotglühende Platinröhren und darauf noch durch KOH. 
Ein Resultat ergab sich erst, als die Luft über glühendes CuO geleitet 
worden war. In drei festverschlossenen Glasglocken wurden in mit 
Sand gefüllten Töpfen Erbsensamen zum Keimen gebracht, wobei 


lichte. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. 111 (1902). ©. Richter, Über den Ein- 
fluß verunreinigter Luft- auf Heliotropismus und Geotropismus. Ebendas. 115 
(1906); Medizin. Klinik 1905, Nr. 19, 20, Naturw. Umschau 1913, Nr. 13 usw. 


Y 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 


Fie. 23. Erhöhung des Turgors bis zum Zersprengen des Gewebes bei Bohnen. 

Eine einprozentige Emulsion von Benzol und Wasser wurde auf ein Filtrierpapier, 

Größe 7><4 em, getropft und dieses Papier unter die Glocke gebracht. Versuchs- 
dauer 8 Tage. (0. Richter.) 


Fir, 24. Zurückbleiben im Längenwachstum bei Bohnen, links Pflanzen der reinen 
Luft, II Zusutz von 10 cem Leuchtgas zu reiner Luft unter einer 10 1 fassenden 
Glocke, III Zusatz von 25 cem Leuchtgas. (O. Richter.) 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 91 
durch die Glasglocke täglich drei Stunden lang ein Luftstrom geleitet 
wurde, und zwar durch die erste Laboratoriumsluft, durch die zweite 
Luft, die vorher durch KOH, Ba(OH),, CaCl,, rotglühendes CuO, wieder 
Ba(OH), und schließlich H,O geleitet worden war, durch die dritte 
ebenso gereinigte, aber nicht geglühte Luft. In 1 und 3 wuchsen die 
Triebe kaum merklich von der Horizontalen abweichend, in 2 dagegen 
fast völlig vertikal. In wie kleinen Mengen die Bestandteile des Leucht- 
gases schon wirken, beweist die Tatsache, daß ein Zusatz von !/,g 000 000 
Äthylen, d. i. auf 8 Liter Luft 0,5 ccm einer 0,1 prozentigen Mischung 
von Äthylen mit Luft oder 0,005 cem Äthylen, schon horizontale Nutation 
hervorruft und ein Zu- 
satz von [160 eg! 
auf 8 Liter 1, ccm einer 
10 prozentigen Mischung 
von Athylen mit Luft 
oder 0,05 ccm Äthylen, 
schon einige schwächere 
Keimlinge tötet. Die in 
reiner Luft vertikal ge- 
wachsenen Triebe bil- 
den bei Einwirkung von 
Leuchtgas oder Labora- 
toriumsluft an ihrer 
Spitze fast unter rech- 
tem Winkel eine Krüm- 
mung, wobei der neuge- 
bildete horizontale Teil 
verdeckt wird. Nach O. 
Richter zeigt übri- 
sens schon Holzkohle, 
durch welche die Luft 
durchgesaugt wurde, 

hinreichend reinigen- 
den Einfluß. Verkür- 
zung und Verdickung in 
Leuchtgasatmosphäre 

ist proportional der 
Menge des Leuchtgases, 
das auf die Pflanzen ein- 
en a A ee 
Länge der Zeit, welche rechts solche aus Buchenholzspänen. (0. Richter.) 
hindurch die Pflanzen 

der Laboratoriumsluft ausgesetzt waren; bringt man die Pflanzen ab- 
wechselnd in reine und in Laboratoriumsluft, so kann man die für Labora- 
toriumsluft charakteristischen Erscheinungen, Verdickung, Verkürzung, 
Horizontalkrümmung, mit den normalen Wachstumserscheinungen an der- 
selben Pflanze abwechseln sehen. Molisch hatte besonders Gelegenheit, 
den Einfluß der Verunreinigungen der Laboratoriumsluft auf Geotropis- 
mus und Heliotropismus zu studieren. Er sagt darüber: ‚Die Spuren von 
Leuchtgas und anderen Verunreinigungen flüchtiger Natur, die sich in der 
Luft des Laboratoriums vorfinden, genügen, um die Reizbarkeit des Plas- 
mas so zu beeinflussen, daß die Stengel der genannten Keimlinge keinen 


99 IV. Einwirkungen auf das Wachtum der Keimlinge. 


negativen Geotropismus mehr zeigen. Mit dem Ausschalten des nega- 
tiven Geotropismus stellt sich gleichzeitig eine so hochgradige helio- 
tropische Empfindlichkeit ein, daß es unter diesen Umständen gelingt, 
gewisse Pflanzen noch zu heliotropischen Bewegungen zu veranlassen, 
die unter normalen Verhältnissen dazu nicht mehr befähigt sind.“ In 
den Versuchen Richters hat sich gezeigt, daß Terpene und andere 
flüchtige Stoffe auf die verschiedensten Keimlinge ebenso wirken wie 
die Laboratoriumsluft, und zwar noch in unglaublicher Verdünnung. 
Selbst Stoffe, die aus Holzklötzchen entströmen, mit denen der Glocken- 
rand gestützt war, um die Laboratoriumsluft einzulassen, bewirken 
die genannten Erscheinungen. Richter verwendet daher, um den 
Glockenrand über die ab- 
sperrende Wasserschicht 
zu heben, dicke Glas- 
röhren. Da es sich als 
wahrscheinlich erwies, 
daß jene Spur gasförmiger 
Verunreinigungen, die mit 
dem Abschließen eines 
Quantums Luft im Labo- 
ratorium durch Wasser in 
ihm vorhanden war, stö- 
rend wirken konnte, wur- 
de das nötige Luftquan- 
tum mit Wasserabschluß 
aus dem Glashause ge- 
holt. Nach jedem Ver- 
suche werden die Glocken 
unter Wasserabschluß ins 
Glashaus getragen, dort 
oder vor dem Fenster 
die Glocken abgehoben, 
gründlich ausgeschwenkt 
und wieder daraufgesetzt. 
Alle Vorbereitungen für 
die Versuche sind in der 
reineren Luft des Glas- 
Fig. 26. Stachys bulbifera, unter Gahen von 25 cem Leucht- hauses zu treffen, ins La- 
gas knollig a ee links normale, rechts boratorium dürfen die 

Pflanzen überhaupt nur 
von Glocken unter Wasserabschluß bedeckt gebracht werden. Der 
Anstrich des Mobiliars, die flüchtigen Terpene, welche aus den Harzen 
auch nicht angestrichener Hölzer ausströmen, können, besonders 
in einem engen Raume, in welchem etwa noch zahlreiche Gasflammen 
brennen und die Lüftung eine mangelhafte ist, Erscheinungen hervor- 
rufen, welche eine Wirkung der Laboratoriumsluft sind, aber vielfach 
auf andere, mit dem speziellen Versuch im Zusammenhang stehende 
Ursachen zurückgeführt worden sind. Ich verweise diesbezüglich 
auf die zahlreichen Hinweise in Richters beachtenswerten Aus- 
führungen. Exakte Versuche können eben nur im Glashause, im Freien 
oder doch wenigstens in großen, gut durchlüfteten, elektrisches Licht 
usw. führenden Räumen angestellt werden. Aber Prianischnikow 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 95 


und später Grafe und Richter haben gezeigt, daß Pflanzen aus 
Laboratoriumsluft eine ganz andere Zusammensetzung zeigen als solche 
aus reiner Luft. Das verschiedene Verhalten von Pflanzen in reiner 
und unreiner Luft vor einer Lichtquelle weist eine gewisse Ähnlichkeit 
mit den Erscheinungen auf, die durch typische Narkotika, wie Ather 
oder Chloroform, hervorgerufen werden, nur daß Leuchtgas noch in 
viel geringeren Quantitäten wirkt als diese. Natürlich verhalten sich 
verschiedene Pflanzen gegen Laboratoriumsluft verschieden empfind- 
lich, und Richter hat dieses Verhalten bei verschiedenen Wicken- 
arten geprüft. Als 
sehr empfindlich 
erwies sich Vicia 
calcarata, sativa, 
tricolor, globosa, 
als empfindlich Vi- 
cia Gerardi, atro- 
purpurea, fulgens, 
ceracca,onobrychio- 
ides, als minder 
empfindlich Vicia 
villosa, Narbon- 
nensis, Faba, wäh- 
rend Vicia pseudo- 
cracca als für La- 
boratoriumsluft- 

einflüsse unemp- 
findlich zu bezeich- 
nen ist. Es zeigte 
sich aber auch, daß 
die verschiedenen 
Pflanzenorganeun- 
gleich empfindlich 
sind, in der Regel 
die Stengel stärker 
als die Blätter. Fer- 
ner daß die Pflan- 
zen im Wachstum 


fast doppelt so sehr 
gehemmt sind, 
wenn sie, in reiner 
xe1 Fig. 27. Stachys-Pflanzen aus Laloratoriumsluft, knollig, verdickt, 
Luft ausgekeimt, zurückgeblieben. Dunkelkultur. (0. Richter.) 


aus dieser in die 
verunreinigte übertragen werden, als wenn sie gleich in unreiner ausgekeimt 
sind, man kann somit von einer Gewöhnung an die Laboratoriumsluft 
sprechen. Will man die denkbar deutlichsten Unterschiede zwischen Rein- 
luft- und Laboratoriumsluftpflanzen sehen, so müssen die Pflanzen im 
Glashaus auskeimen. Keimen sie aber in Laboratoriumsluft aus, so findet 
eine Gewöhnung der Pflanzen an diese Luft statt, so daß die Unterschiede 
nicht so deutliche sind. Von anderen Versuchspflanzen als Wicke unter- 
liegen Erbse, Linse, Phaseolus multiflorus, Helianthus annuus, Cucur- 
bita Pepo, Callisia repens, Lathyrus odoratus, Polygonum Sieboldii, Zea 
Mays der hemmenden Einwirkung der Laboratoriumsluft, von denen 


94 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 


sich Erbse, Kartoffel und Bohne als die empfindlichsten erwiesen. Die 
Turgordehnungen beim gesteigerten Dickenwachstum, wahrscheinlich 
hervorgerufen durch die ungewöhnliche Anhäufung löslicher Kohlen- 
hydrate und Aminosäuren sind mitunter so groß, daß sie ein Platzen 


Fig. 28. Stachyspflanzen aus einem Lichtversuch, links aus Leuchtgasatmosphäre, 
rechts aus reiner Luft. (©. Richter.) 


und Zerreißen der Gewebe, ein Auseinanderfallen der Zellen bei der 
Kartoffel, eine ‚„Mazeration bei lebendigem Leibe‘ hervorrufen können. 
Die Tatsache, daß ‚schlechte Luft‘ die Irritationen im pflanzlichen 
Stoffwechsel und damit weitgehende morphologische Änderungen hervor- 


Fig. 29. Vieia sativa. I die Keimlinge waren unter abgeschlossener, mit reiner Luft gefüllten Glocke 

gezogen; II in reiner Luft mit Kalilaugeabschluß zur Absorption der Atmungskohlensäure gezogen; 

IIL. Keimlinge unter einer Glocke, die seitlich etwas gehoben war, um die Luft des Versuchsraumes 

einzulassen;.IV. Versuchsanordnung wie Ill, Glocke mit feuchtem Filterpapier zur Verhinderung 
der Transpiration ausgekleidet, (O. Richter.) 


ruft, hat dazu geführt, daß man vornehmlich das Augenmerk auf Stoffe 
gerichtet hat, welche auch unser Geruchsorgan affizieren, um so mehr, 
als Richter tatsächlich eine ‚‚Laboratoriumsluft“beeinflussung durch 
die Düfte von Blüten feststellte, welche mit den Keimlingen unter eine 


- 


IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 95 


Glocke gesperrt waren. In diesem Falle aber scheint es mir doch, ob- 
wohl eine Beeinflussung der Keimlinge durch angehäufte Kohlensäure 
von Richter ausdrücklich in Abrede gestellt wird, als ob die in diesem 
Falle sicherlich in toxischen Mengen entwickelte Atmungskohlensäure 
das Resultat stark beeinflußt hätte, um so mehr als ja immer nachdrück- 
lich auf die schädigende Wirkung durch die Verbrennungsprodukte der 
im Versuchsraume brennenden Flammen, also Kohlensäure, oder unver- 
brannte Kohlenwasserstoffe hingewiesen wird. Meiner Ansicht nach 
wird eben jeder gasförmige Stoff, der an sich oder durch seine Menge 
als Pflanzengift wirkt, Laboratoriumslufterscheinungen hervorrufen, 
ganz gleichgültig, ob er einen ‚‚Geruch‘ hat oder nicht, ob uns dieser 
Geruch unangenehm ist oder nicht. Faktisch werden ja die meisten 
Gase oder Dämpfe, welche 
unangenehmriechen,auch 
Gifte sein, aber das ist 
nur ein zufälliges, nicht 
immer zutreffendes Phä- 
nomen, denn Athylen und 
völlig gereinigtes Azety- 
len, gerade jene Stoffe, 
an denen zuerst die Er- 
scheinungen der Labora- 
toriumsluft aufgefunden 
wurde und die schon in 
fabelhaft geringen Spuren 
wirken, sind völlig geruch- 
los. Die Gase, welche La- 
boratoriumslufterschei- 

nungen hervorrufen, wir- 
ken, wie alle Gifte, im all- 
gemeinen und wie Narko- 
tika im besonderen, in 
kleinen, jenach der Quan- 
tität und Qualität ver- 
schiedenen Mengen zu- 
nächst reizend und dann 
hemmend auf die Stoff- 
wechselvorgänge, sie set- Fig. 30. Erbsenkeimlinge mit Blüten von Robinia Pseudacacia 
2 Sher noch, saperrtieneen. Dan Ahern OL a en Ense un dem 
nicht zum Tode führen- Hemmung des Längenwachstums und Verdickung des Stengels. 

P (0. Richter.) 

den Mengen die Plasma- 

regulation herab und befördern die enzymatischen Abbauvorgänge, 
welche in der Anhäufung von Dissimilationsprodukten, die nicht 
schnell genug verarbeitet werden können, gipfeln. Alle anderen 
Erscheinungen, wie Turgeszenzsteigerung und die morphologischen 
Änderungen, dürften sekundäre Folgen dieser physiologisch-chemischen 
Primärwirkungen sein. Das enzymatische und plasmatische Gleich- 
gewicht ist jedenfalls gestört und die Stoffwechselvorgänge in abnormale 
Bahnen geleitet. Die umgebende Atmosphäre hat sich als hochwichtig 
gezeigt, um die Lebenserscheinungen der Pflanze normal vor sich gehen 
zu lassen, ebenso wichtig wie die angemessene Form des Substrates, 
in welchem die Pflanze wurzelt. Die jungen, sich entwickelnden ober- 


96 V. Kohlensäureassimilation. 


irdischen Teile sind, was man früher allzusehr vernachlässigt hat, eben- 
so empfindlich gegen Schädigung von außen wie die Wurzel, und somit 
ist das, was uns die Versuche über Laboratoriumsluft lehren, zu einem 
der beachtenswertesten Kapitel der Pflanzenphysiologie und im be- 
sonderen der wissenschaftlichen Pflanzenzüchtung geworden. 


V, Kohlensäureassimilation. 


Die Tatsache, daß die grüne Pflanze den Kohlenstoff zum Aufbau 
ihres Körpers in erster Linie der Luftkohlensäure entnimmt, gehört zu 
den frühesten Erkenntnissen der Pflanzenphysiologie, immerhin hat 
sich die Liebigsche Humustheorie, nach welcher der für die Pflanzen 
notwendige Kohlenstoff aus dem Humus des Substrates stammt, ver- 
hältnismäßig lange gehalten, und heute müssen wir zugeben, daß, wenn 
auch natürlich die Assimilation der Luftkohlensäure feststeht, die höhere 
Pflanze doch vielleicht in der Lage ist, auch dem Erdreich Kohlenstoff 
in irgendeiner Form zum Aufbau ihres Körpers zu entziehen. Daß die 
Luftkohlensäure die allgemeinste Kohlenstoffquelle für die grüne Pflanze 
darstellt, ersehen wir schon aus den Erfolgen der Wasserkultur, in der 
wir der Nährlösung keine kohlensauren Salze oder organische Substanzen 
zuzufügen brauchen. Trotzdem beobachten wir mit der Zeit eine das 
Vielfache des Samengewichtes betragende Zunahme der Pflanzentrocken- 
substanz. Für die Keimlinge ist, solange sie noch kein Chlorophyll 
gebildet haben, welches allein die Verwertung der Lichtenergie zur 
Assimilation der Kohlensäure ermöglicht, der Reservevorrat der Kotyle- 
donen oder sonstigen Reservespeicher die Quelle, aus der sie den Kohlen- 
stoff, direkt in organischer Form, entnehmen, und auch nachher wird 
diese Kohlenstoff- und Stickstoffquelle neben der Assimilation ausge- 
wertet. Überhaupt erscheint das Reservemagazin, welches ja alle zum 
Aufbau des Pflanzenkörpers notwendigen Stoife, Kohlenstoff und Stick- 
stoff in organischer Bindung, aber auch die Mineralstoffe, Phosphor, 
Eisen usw. teils in ionisierter, teils in organischer Form, enthält, als 
notwendige Unterstützung der autotrophen Arbeit zu fungieren, bis 
die Konstitution des Keimlings hinlänglich gefestigt ist, daß ihm die 
eigene Arbeit zur Beschaffung von Bau- und Energiematerial genügt. 
Deswegen muß, genau so wie es eine Korrelation der einzelnen Teile 
des Pflanzenkörpers gibt, auch eine solche zwischen den einzelnen Nähr- 
stoffquellen, also hier zwischen der aus den Reservestoffbehältern strö- 
menden und der assimilierten Nahrung, herrschen. Wir ersahen das 
außer durch andere Erscheinungen, welche später behandelt werden 
sollen, auch daraus, daß ein Aufbrauch der kotyledonaren Stoffe nicht 
oder nur sehr unvollkommen stattfindet, wenn man die Entwicklung 
des Keimlings durch Gifte oder Narkotika oder durch Mangel an wichtigen 
Mineralstoffen hemmt; obzwar die objektive Möglichkeit einer Nahrungs- 
beschaffung durch Kohlensäureassimilation gegeben wäre, bleibt der 
Keimling doch unentwickelt, während die Reservestoffbehälter prall 
gefüllt sind. Die Zunahme an Trockensubstanz durch Assimilation 
allein kann in den ersten Lebensstadien schon deshalb nicht genügen, 
weil während der Entwicklung der Energiebedarf so groß ist, daß ein 
großer Teil der erworbenen Nahrung der Verbrennung anheimfällt. 
Einen Trockengewichtsansatz kann man deshalb z. B. bei Phaseolus 


V. Kohlensäureassimilation. 97 


vulg. trotz günstigster Ernährungsbedingungen erst nach dem zwanzigsten 
Kulturtage beobachten. Die Verfolgung der Kohlensäureassimilation 
gründet sich auf die Beobachtung des dabei stattfindenden Gaswechsels, 
bei welchem Kohlensäure aufgenommen, Sauerstoff abgegeben wird, 
und auf die Bestimmung der entstandenen Assimilationsprodukte, in 
erster Linie Stärke und Zucker. 

Zur Demonstration der Sauerstoffabgabe kann man Pyrogallol 
oder Phosphor verwenden. Die Lösung des Pyrogallols wird bereitet, 
indem man 5 g Pyrogallol, gelöst in 15 cem Wasser mit 120 g Ätzkali, 
gelöst in 80 cem Wasser, miteinander mischt. Die Absorptionen dürfen 
nicht bei niedrigeren Temperaturen als 15° C vorgenommen werden, 
da das Pyrogallol bei einer niedrigeren Temperatur weit weniger wirk- 
sam ist. Da die alkalische Pyrogallol- 
lösung sich an der Luft fast momentan 
durch den Sauerstoff der Luft bräunt, 
ist es zweckmäßig, sie in dem nachfolgen- 
den Apparat zu bereiten, aufzubewahren 
und von da in die mit einem indiffe- 
renten Gase gefüllten Absorptionsgefäße 
fallweise abzulassen. Der Apparat!) be- 
steht (Fig. 31) aus der Reservoirkugel A, 
welche nach rechts in ein u-förmig ge- 
bogenes Rohr übergeht; dieses hat bei / 
einen kleinen Rohrstutzen und endet in 
das kapillare Dreiwegstück g. An die 
Reservoirkugel schließt sich auf der 
andern Seite das gebogene Rohr I an, 
welches bei {einen Glashahn besitzt. Bei 
K kann ein kleiner Trichter mittels eines 
Gummischlauches aufgesteckt werden. 
An dem Rohrstutzen f findet sich ein 
dünner Gummischlauch, an dessen an- 
derem Ende ein Trichter eingesteckt ist, Tr "row en Ba 
die Enden der Dreiwegkapillaren g sind 
mit Gummistücken und Quetschhähnen verschließbar. Der Apparat wird 
zum Gebrauche zunächst ganz mit Quecksilber gefüllt, dann steckt man 
bei m einen Trichter oder ein Rohr an, schließt die Quetschhähne n 
und den bei g, öffnet den Hahn { und gießt nun die wässerige Lösung 
des zu verwendenden Pyrogallols in den Trichter. Bringt man hierauf das 
EndeK der Röhre h mittels eines Gummischlauches mit einem Filtrierkolben 
in Verbindung, den man mittels einer Wasserluftpumpe luftleer macht, 
so fließt das Quecksilber durch h in den Filtrierkolben und saugt die 
eingegossene Lösung des Pyrogallols nach; durch Schließen des Glas- 
hahnes i kann man sofort das Einfließen abstellen. Ist das Pyrogallol 
vollkommen eingesaugt, so gibt man die Lösung des Ätzkalis in den Trichter 
und saugt diese in ganz gleicher Weise ein. Schließlich werden beide 
Lösungen im Apparate gut durchgeschüttelt. Will man nun das Ab- 
sorptionsgefäß mit dem Reagens füllen, so verbindet man das eine Rohr 
en durch das Gummistück bei g mit dem Dreiwegrohr g. Das 

1) W. seit Gasanalytische Methoden, 3. Aufl., p. 135, Braunschweig 1900. 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 7 


98 V. Kohlensäureassimilation. 


Absorptionsgefäß ist mit Quecksilber gefüllt, das durch eine kleine 
Handpumpe bis g getrieben wird; man schließt m, n, g und öffnet i, 
nachdem man in den Trichter KX etwas Quecksilber gegeben hat. Senkt 
man hierauf den Trichter o, so kann man durch Öffnen des Quetsch- 
hahnes n den linken Teil des Absorptionsröhrchens leicht mit dem Reagens 
füllen, da das Quecksilber das Reagens aus der Kugel in das Absorptions- 
gefäß treibt. Das verschlossene, mit der fast farblosen Pyrogallollösung 
gefüllte Absorptionsgefäß wird nun durch einen Kautschukschlauch 
mit dem kürzeren Glasrohr der Vegetationsglocke verbunden, deren 
Tubus mit einem doppelt durchbohrten Stöpsel für die Aufnahme des 
längeren, bis zum Boden der Glocke reichenden und des kürzeren, unter 
dem Stöpsel endigenden versehen ist. Durch die Glocke wird unmittel- 
bar vor der Bestimmung Wasserstoff durchgeleitet und dann das Ab- 
sorptionsgefäß damit verbunden, worauf ein langsamer Wasserstoff- 
strom wieder durch die Glocke geschickt wird. Eine Bräunung bis 
Schwarzfärbung des Reagens zeigt Sauerstoff an. Zur Absorption 


p 
SER 
Fig. 32. Winklerscher — 
Kaliapparat, bestehend En 
aus einer zw eckmäßig : zum 
Aufstellen auf die Wage 
umgeformten Petten- Fig. 33. Fig. 34. Apparat Von Cl. Winkler 
koferschen Röhre. Peligotröhre. zur Absorption großer Gasmengen. 


des Gases wendet man die gewöhnlichen, auch für Verbrennungsanalysen 
dienenden modifizierten Liebigschen Kaliapparale an. Sehr zweck- 
mäßig sind auch die durch Cl. Winkler in eine handlichere Form 
gebrachten Pettenkoferschen Absorptionsröhren, welche man ebenso 
auf die Wage stellen kann wie die Kaliapparate (Fig. 32). Zum vorherigen 
Reinigen der durchzuleitenden Luft von den unerwünschten Bestand- 
teilen, ferner auch von Staub u. dgl. sei es bei der Analyse eines Gases, 
sei es für die Befreiung der Luft von Staub und anderen schädlichen 
Bestandteilen dient am einfachsten eine lange senkrechte Röhre, die 
mit Glassplittern gefüllt und mit einer Peligotröhre (Fig. 33) verbunden 
wird. Die Glassplitter können mit dem absorbierenden Medium getränkt 
sein, während die Pelig ot röhre gewöhnlich mit dem festen Adsorbens 
(Ätzkalistücke, Chlorkalzium u. dgl.) beschickt wird. Zur Absorption 
größerer Gasmengen, wenn es sich also darum handelt, stundenlang 
durch ein Kulturgefäß ein Gas durchzuleiten, eignet sich am besten 
der auf Fig. 34 abgebildete Apparat, in welchem dem Adsorbens durch 
kleine Stücke des sehr porösen Bimssteins eine große Oberfläche ge- 


V. Kohlensäureassimilation. 99 


geben ist. Der Zylinder a endet oben in zwei Tubulaturen, unten in ein 
Rohr, welches letztere luftdicht in den Hals einer kleinen W ulf schen 
Flasche b eingeschliffen ist. Letztere soll die Absorptionsflüssigkeit 
aufnehmen, während jene mit Bimssteinstücken gefüllt wird. Durch 
Einblasen von Luft in die Flasche durch d bringt man die Flüssigkeit 
zum Aufsteigen, wobei sich der Bimsstein mit derselben vollsaugt. Öffnet 
man hierauf d wieder, so fließt der Flüssigkeitsüberschuß nach 5 zurück, 
und das Gefäß ist zur Absorption vorbereitet. Man läßt das Gasgemenge 
durch das Rohr c eintreten, welches in die Verjüngung von a hinein 
und bis unter den Flüssigkeitsspiegel reicht; indem das Gas in Blasen 
in der Absorptionsflüssigkeit aufsteigt, wird ihm der größte Teil seiner 
absorbierbaren Bestandteile entzogen, der Rest aber wird von der durch- 
feuchteten Bimssteinschicht zurückgehalten, welche er durchziehen muß, 
bevor es bei e zum Austritt gelangt, und welche eine sehr große Be- 
rührungsfläche darbietet. Um mit sehr großen Luflquanten (600 Liter) 
zu arbeiten, verwendet man den Apparat (Fig. 35) von Reiset!). J ist 
ein u-förmiges, mit durch konzentrierte H,SO, feucht erhaltenem 
Bimsstein gefülltes Rohr, welches zur Sammlung der den Durchgang 
der Luft erschwerenden verdünnten 
Schwefelsäure am unteren Ende eine 
Kugel angeschmolzen erhält. Diese 
Röhre ./ funktioniert als Trocken- 
röhre, sie hält die gesamte Feuch- 
tigkeit der Luft zurück und gibt 
durch ihre Gewichtszunahme den 
jedesmaligen Wassergehalt derselben 
an. Das getrocknete Gas passiert 
nun durch die im Tubus der Wasch- 
flasche F befestigte Röhre ! und 
gelangt so in das eigentliche Ab- 
sorptionsgefäß. Dieses bildet den 
Hauptteil des Apparates: drei 
schwach konische Platinkapseln 
C, C’ und C’ aus dünnem Blech sind durch Reibung im Innern des 
Glaszylinders T befestigt; jede Kapsel hat einen Durchmesser von 
4 cm und ist von 120 etwa 0,5 mm weiten Löchern durchbohrt. T hat 
eine Länge von 50 cm. Mit Hilfe eines dicht schließenden dieken Kaut- 
schukringes läßt sich die Verbindung mit der Waschflasche F leicht her- 
stellen. Vor Beginn des Durchsaugens, um z. B. die CO, zurückzu- 
halten, bringt man 300 cem klaren Barytwassers von bestimmtem Ge- 
halt in das Rohr und verbindet dasselbe luftdicht mit der U-Röhre II, 
welche genau wie I vorbereitet ist und stellt die Vereinigung mit dem 
Aspirator her. Nach Passieren von 600 Litern Lutt fand Reiset das 
Barytwasser in der Waschflasche und der untersten Abteilung B des 
Zylinders vollständig mit Karbonat beladen, in B, nur milchig getrübt, 
in B,, noch völlig klar. Die CO, war also durch B + B, völlig absorbiert 
worden. 

Ein ausgezeichnetes Mittel zur Absorption von Sauerstoff ist Phos- 
phor, der in folgender Weise in die Stangenform gebracht wird, welche 
die Methode erfordert. Er wird im Wasserbade bei einer Temperatur 


Fig. 35. Apparat von Reiset. 


1) Nach W. Hempell. o.p. 97. 
7* 


100 V. Kohlensäureassimilation. 


von ca. 50 0 C unter Wasser in einer Eprouvette geschmolzen, so daß er 
darin eine 6 cm hohe Schicht bildet. Sodann taucht man eine möglichst 
konische Röhre von 2—3. mm lichtem Durchmesser mit ihrem weiteren 
Ende in den Phosphor, schließt hierauf die andere Seite mit dem Finger, 
hebt die Röhre aus dem Phosphor und führt sie in ein bereit gehaltenes 
Glas mit kaltem Wasser. Der Phosphor erstarrt und kann meist durch 
leichtes Klopfen oder durch einen dünnen Draht aus der Röhre heraus- 
geschoben werden. Die Phosphorstangen P werden zweckmäßig in das 
abgebildete, von mir konstruierte Gefäß (Fig. 36) gebracht und halb mit 
Wasser bedeckt. Durch eine Drehung des mit einem CaCl,-Rohr R 
kommunizierenden durchbohrten Hahnes wird die Verbindung mit dem 
Kulturraum hergestellt, und das Gas kann mittels eines Aspirators oder 
einer Pumpe durchgesaugtwerden. Das Vorhandensein und Absorbiert- 
werden von Sauerstoff erkennt man besonders im dunkeln Raume am 
Leuchten der Phosphorstangen, aber auch bei Tageslicht sieht man bei 
halbwegs größeren Sauerstoffmengen Rauchwolken vom Phosphor auf- 
steigen oder die über das Wasser emporragenden Stücke sich entzünden. 
Das angeschmolzene CaCl,-Rohr fängt die 
Feuchtigkeit aus dem Absorptionsgefäß 
auf, so daß man die Menge des absor- 
bierten Sauerstoffs auch durch Wägung 
des Absorbators, den man sehr gut auf 
die Wage stellen kann, zu bestimmen 
vermag. Ein Vorteil des Apparates be- 
steht auch darin, daß er, lichtgeschützte 
Aufbewahrung vorausgesetzt, zu einer 
sroßen Reihe von Bestimmungen dienen 
kann. Dort, wo es sich um Demon- 
stration des bei der Assimilation -ent- 
Eis. 88: Absorptisrufeiiß Dach Graf wickelten Sauerstoffs handelt, verwendet 
= zur Kheorilion ven Baden 4 man am besten Wasserpflanzen und 

fängt den von diesen im Lichte ent- 
wickelten und aus dem Wasser in Blasen emporsteigenden Sauerstoff 
in einem geeigneten Gefäße auf. Eine Anzahl von Stämmchen von 
Elodea canadensis wird an der Basis mit einer scharfen Scheere durch- 
schnitten, damit die oft durch Schleim und Bakterien verklebten Enden 
der Gasentwicklung kein Hindernis bieten und mit den glatten Enden 
nach oben unter einem geräumigen Trichter in Wasser gebracht (Fig. 37 b), 
dem man zweckmäßig zur Erhöhung des CO,-Gehaltes noch eine kleine 
Menge Sodawasser zufügt. Die Schnittfläche soll nicht zu dicht an einer 
Verzweigungsstelle liegen. Das Wasser muß einige Zentimeter über das 
Rohrende des Trichters ragen, welches mit einer wassergefüllten Eprou- 
vette überdeckt wird. Stellt man nun die Apparatur in helles Licht, 
(man kann Auerlicht verwenden) so kann man alsbald aus den offenen 
Enden der Elodeastämmchen Gasblasen austreten sehen, welche sich, 
das Wasser in der Eprouvette verdrängend, in dieser ansammeln. Hebt 
man dann das Proberöhrchen vorsichtig, so daß keine Luft eindringen 
kann, und unter Verschluß mit dem Daumen ab, so kann man mit Hilfe 
eines glimmenden Spanes, der durch Sauerstoff zu lebhaftem Glühen an- 
geregt wird, das Vorhandensein dieses Gases in der Eprouvette erkennen. 
Man kann auch direkt in zwei mit Wasser gefüllte Zylinder je eine 
Handvoll Cladophors geben und den einen Zylinder verdunkeln, den 


V, Kohlensäureassimilation. } 101 


andern belichten. In jenem sinken die Algenfäden zu Boden, in 
diesem bleiben sie infolge der sich zwischen ihnen ansammelnden 
Gasblasen oben schwimmen. L. und K. Linsbauer benutzen 
statt der Eprouvette ein Rohr, welches durch ein enges, mittels Hahnes a 
verschließbares Ansatzstück in einen etwas erweiterten Behälter 2 
führt, der an seinem oberen Ende einen einfach durchbohrten Pfropfen 
als Verschluß trägt. Durch dessen Bohrung geht ein Rohr mit Hahn 5, 
welches oben in einen kleinen Trichter endigt. Vor Beginn des Ver- 
suches wird bei geschlossenem Hahne a der Behälter 2 mit durch Natrium- 
bisultit entfärbter Indigolösung vollgefüllt, sodann der Pfropfen mit dem 
Trichterrohre bei geöffnetem Hahn b eingesetzt; es wird etwas Indigo- 
lösung über den Hahn b emporsteigen, der sodann gesperrt wird. Das 
Triehterrohr soll etwa bis zur Mitte von 2 hinabreichen. Jetzt dreht man 
die Eprouvette um, füllt 1 mit Wasser und setzt es unter Wasser auf das 
Rohr desmit Wasserpflanzen gefüllten großen 
Trichters auf. Das ausgeschiedene Gas 
sammelt sich zunächst im oberen Ende von 1. 
Um es von hier nach 2 zu bringen, wird 1 
unter Wasser mit dem Daumen verschlossen 
und die ganze Vorrichtung in ein hohes 
wassergefülltes Glas eingetaucht (Fig. 37a), 
und hier erst wieder unter Wasserder Daumen 
entfernt. Sodann öffnet man den Hahn a. 
Da die Spannung des in 1 angesammelten 
Gases wahrscheinlich noch nicht ausreicht, 
um dieses aufsteigen zu machen taucht man 
die Vorrichtung in dem Zylinderglase bis 
zum Hahne b und öffnet jetzt auch diesen. 
Nun steigen Blasen empor. Dadurch wird 
Indigolösung aus 2 verdrängt und im klei- 
nen Trichter aufsteigen, während sich 1 ganz 
mit Wasser füllt. Jetzt schließen wir wieder 
beide Hähne und ziehen die Eprouvette 
heraus. Die entfärbte Indigolösung ist nun 
wieder blau geworden. Die Indigolösung E 
darf natürlich nur mit soviel der reduzieren- X re 
den Lösung von Natriumbisulfit versetzt Fie.37. Apparatur nach L. u. K.Lins- 
worden sein, daß sie eben entfärbt ist und "auch jur Nemonstration der Saner- 
sich, in einer breiten Schale an der Luft 3 
ausgegossen, sehr bald wieder blau färbt. Füllen wir eine 200—300 ccm 
haltende, luftdicht schließende Flasche bis zum Rande voll mit Indigo- 
lösung und entfärben sie durch Zusatz von wenigen Tropfen der Lösung 
von Natriumbisulfit, so können wir, wenn vorher einige an einen Glas- 
stab gebundene Stämmchen von Elodea in die Lösung gesteckt worden 
sind, im Lichte blaue Schlieren von den grünen Pflanzenteilen aufsteigen 
sehen, den Weg der Sauerstoffentwicklung anzeigend; im Dunkeln bleibt 
natürlich die Lösung ungefärbt. Man kann durch die Blasenmethode 
auch direkt zeigen, daß bei Kultur unter blauem Licht, entsprechend 
der sistierenden Assimilation wenig, im gelben Licht ebenso wie unter 
normalem weißen Licht viele Blasen aufsteigen. 

Hoppe-Seyler verwendet zum Sauerstoffnachweis defibri- 
niertes Blut. Elodeazweige werden mit verdünntem faulenden Blut 


102 V. Kohlensäureassimilation. 


in einer Glasröhre eingeschmolzen. Die zunächst sich zeigenden Ab- 
sorptionsstreifen des Hämoglobins im Spektroskop verwandeln sich, 
wenn durch die Assimilationstätigkeit der Elodea und den dabei ent- 
wickelten Sauerstoff das Hämoglobin in Oxyhämoglobin umgewandelt ist, 
in die Absorptionsstreifen des Oxyhämoglobins. Engelmann geht 
folgendermaßen vor: Ein Gefäß mit defibriniertem Rinderblut wird 
an die Wasserpumpe angeschaltet und von Sauerstoff befreit. Während 
des Auspumpens, welches durch eine Temperatur von 35 ° © unterstützt 
wird, schäumt das Blut, als ob es kochte. Das Blut soll in venösem Zu- 
stand verwendet und überdies dadurch mit überschüssiger CO, versehen 
werden, daß man es in ein mit CO, gefülltes, gut verkorktes Gefäß ein- 
schließt. Für die mikroskopische Beobachtung eignet sich am besten 
ein einzelnes Blatt von Elodea oder ein Blattstück von Hottonia. Es 
wird in einen großen Tropfen Blut gebracht, welches in breiter Schicht 
auf dem Objektträger ausgebreitet wurde. Nach 3—4 Minuten im direkten 
oder 10 Minuten im diffusen Tageslicht wird das Blut in der Nähe des 
Blattstückes bis auf 1,—2 mm hell arteriell rot, und 
das arterielle hellrote Blut hebt sich scharf gegen das 
dunkle venöse ab. Der Effekt ist am besten unter 
schwacher Vergrößerung zu sehen, die hellrote Zone 
rings um das Blatt erweckt den Eindruck, als ob eine 
Lichtquelle hinter dem Blatt sich befände, welche es 
durchleuchtet. Auch ohne mikroskopische Beobachtung 
ist die Erscheinung zu sehen, besonders, wenn man das 
Ganze über einen Streifen weißen Papieres hält. Man 
kann durch abwechselnde Belichtung und Verdunke- 
lung des Blattes die Farbenänderung des Blutes wieder- 
holt beobachten. Vielleicht die allerbesten Methoden, 
um fabelhaft geringe Spuren von Sauerstoff nachzuweisen, 
beruhen auf der großen Reaktionsempfindlichkeit der Bak- 
terien. Bacterium termo Cohn, das bei der Fäulnis einer 
st. Erbse in Wasser auftritt, ist dazu besonders geeignet, 
methodezumSauer- aber auch andere Bakterien, Infusorien usw. können ver- 

wendet werden. Es empfiehlt sich, Reinkulturen des 
betreffenden Organismus zu verwenden und anstatt eines Wassertropfens 
eine verdünnte neutralisierte Lösung von Fleischextrakt zu benutzen, 
in welcher die Bakterien beweglicher sind als in reinem Wasser. Der 
Tropfen soll so stark mit Bakterien beschickt sein, daß er dem bloßen 
Auge leicht getrübt erscheint. Ein besonders geringes Bedürfnis nach 
Sauerstoff zeigt Spirillum rubrum Esmarch, das demnach zum Nach- 
weis kleinster Spuren dieses Gases geeignet ist. Im Dunkeln mit einem 
Spirogyrafaden unter dem Deckglas eingeschlossen (Fig. 38), verzehren 
die Bakterien den in der Flüssigkeit vorhandenen Sauerstoff und werden 
unbeweglich. In einem solchen Präparat sieht man die Mikroorganismen 
diffus über den ganzen Raum des Präparates verteilt. Läßt man nun durch 
einen Spalt Licht auf das Präparat fallen, das die Assimilationstätigkeit 
des eingeschlossenen Algenfadens. und damit die Sauerstoffentwicklung 
anregt, sieht man die Bakterien in lebhafte Bewegung geraten und sich 
um den Faden drängen, von welchem der Sauerstoff ausgeht, also ihre 
diffuse Situation aufgeben. Mit Hilfe der Engelmann schen Methode 
kann man die assimilatorische Wirksamkeit der einzelnen Spektral- 
farben feststellen, indem man ein mikroskopisches Spektrum in der Ebene 


V,. Kohlensäureassimilation. 103 


des Objektes entwirft. Das Mikroskop ist in einem Kasten postiert, 
der das Seitenlicht abhält, oder man verwendet nach E. G. Prings- 
heim eine photographische Plattenschachtel 6x 9, die oben und unten 
eine runde Öffnung besitzt und so auf den Objekttisch gesetzt wird, 
daß das darin befindliche Präparat von unten beleuchtet wird und von 
oben beobachtet werden kann. Die Betrachtung findet in der Dunkel- 
kammer mit Hilfe einer geeigneten künstlichen Lichtquelle statt. Engel- 
mann verwendet entweder die Methode der simultanen oder die der 
sukzedanen Beobachtung. Bei der ersteren wird ein zylindrisches, gleich- 
mäßig gefärbtes Objekt, eine Fadenalge oder dergleichen senkrecht 
zur Richtung der Fraunhoferschen Linien eingestellt, so daß es 
mit sämtlichen Spektralfarben belichtet ist. Die Bakterien beginnen beim 
allmählichen Öffnen des Spaltes zuerst da beweglich zu werden, wo am 
meisten Sauerstoff produziert wird. Bei einer gewissen Spaltweite 
liefert die räumliche Anordnung der Bakterien eine gewissermaßen gra- 
phische Darstellung der Assimilationsenergie in den einzelnen Bezirken, 
indem sie sich dort am meisten anhäufen und auf die größten Entfernungen 
hin beweglich werden, wo am meisten Sauerstoff entwickelt wird. Bei 
der sukzessiven Beobachtung wird das Objekt genau in der Richtung 
der Fraunhofer schen Linien eingestellt, so daß es monochromatisch 
beleuchtet ist. Für jede Wellenlänge muß die Spaltbreite gesucht werden, 
bei der die Bewegung gerade anfängt oder aufhört. Auch der Nachweis, 
daß nur durch die Chloroplasten Sauerstoff entwickelt wird, läßt sich 
durch die Bakterienmethode führen, indem mit Hilfe eines statt des 
Beleuchtungsapparates am Mikroskop angebrachten Objektives das 
Bild eines hell beleuchteten kleinen Loches in einem undurchsichtigen 
Schirm in die Ebene des mikroskopischen Objektes projiziert wird. 
Finden sich an einem Objekt chlorophyllfreie Stellen und werden nur 
diese beleuchtet, so tritt keine Wirkung auf die Bakterien ein, wohl aber, 
wenn der helle Kreis die grünen Stellen trifft, an denen dann die Bak- 
terien beweglich werden und sich sammeln. Eine ebenso scharfe Methode 
zum Nachweise von Sauerstoff wie die durch Bewegung von Bacterium 
iermo ist das Aufleuchten der Kulturen von Bacterium phosphoreum 
(Cohn) Molisch , welche auf die geringsten Spuren des Gases reagieren, 
unter dem Mikroskop. Molisch konnte mit seinen Leuchtbakterien 
zeigen, daß im Exsikkator getrocknete, rauschdürr gewordene Blätter 
von Lamium album noch Sauerstoff abgeben, also noch Assimilations- 
tätigkeit zeigen, wenn auch natürlich diese Sauerstoffabgabe nichts 
mit einer Lebenstätigkeit im engeren Sinne des Wortes (Plasmafunk- 
tionen) zu tun hat. A 

Gewissermaßen als Übergang zu den quantitativen Methoden sei 
die Blasenzählmethode genannt. Die Blasenzählmethode 
beruht darauf, daß abgeschnittene Blätter oder Zweige von Wasser- 
pflanzen im Licht aus ihren Schnittflächen Gasblasen aufsteigen lassen, 
denn der Sauerstoff ist viel weniger löslich in Wasser als die Kohlensäure, 
er steigt also, wenn das Wasser an Sauerstoff gesättigt ist, in Form von 
Blasen auf. Die Zahl der in einer bestimmten Zeit auftretenden Gas- 
blasen kann ein Maß der Assimilationstätigkeit unter verschiedenen 
Umständen abgeben, wobei aber die äußeren Bedingungen wie Licht, 
Temperatur usw. sehr gleichmäßig gehalten sein müssen, da sich bei 
ihrer Veränderung auch die Intensität der Assimilation leicht ändert. 
Sind die Interzellularen entsprechend groß wie bei Elodea, Ceratophyllum 


104 V. Kohlensäureassimilation. 


u.a. Wasserpflanzen, so entweicht das Gas in gleichmäßigen großen Blasen 
langsam genug, daß die Blasen gezählt werden können. Mitunter verklebt 
sich die Schnittfläche teilweise, so daß die Blasen zahlreich und klein aus- 
treten und nicht gezählt werden können, die Schnittfläche wird dann 
erneuert. Die Pflanzenstücke werden auch hier, mit der Schnittfläche 
nach oben, an einem Glasstab befestigt. Die Schnittfläche darf nicht zu 
tief versenkt sein und muß einen konstanten Abstand vom Wasserspiegel 
haben, da der Druck des Wassers der Blasenentwicklung entgegenwirkt. 
Immerhin zeigt ein und derselbe Pflanzenteil unter denselben äußeren 
Umständen durch Stunden eine recht konstante Blasenabscheidung. 
Für annähernde Bestimmungen und Vorversuche ist die Blasenzähl- 
methode wegen ihrer Einfachheit den volumetrischen Analysen vorzu- 
ziehen. Ferner ist man wegen der kurzen Versuchsdauer in der Lage, 
natürliches Tageslicht zu benutzen, das während kurzer Zeit als konstant 
angenommen werden kann. Mit Recht betont Pringsheim, daß 
trotzdem die Beleuchtung mit künstlicher Lichtquelle wird vorgezogen 
werden müssen, wo es die Fragestellung erlaubt. Um das relativ schwache 
Licht einer Auerlampe zu verstärken, kann man einen großen wasser- 
gefüllten Glaszylinder als Linse benutzen und die Pflanze in dessen 
Brennstreifen bringen. Man erreicht so gleichzeitig eine Ausschaltung 
der ultraroten Strahlen, welche die Assimilation und die Eindeutigkeit 
des Versuchserfolges beeinträchtigen. Die Zählung der Blasen wird mit 
einer Sekundenstoppuhr oder mittels der akustischen Signale eines 
Metronoms vorgenommen, wenn auch natürlich eine gewöhnliche Taschen- 
uhr ebenfalls benutzt werden kann. Die Einleitung von Kohlensäure, 
um eine gleichmäßige Kohlensäuretension zu bewirken, sollte lieber 
vermieden werden, da eine Übersättigung der Kulturflüssigkeit mit Gas 
einen von der Assimilation unabhängigen Gasstrom hervorrufen kann. 
Das Wasser erschöpft sich, besonders wenn die Temperatur nicht zu 
hoch ist, nicht so leicht an Kohlensäure, und eine Gleichmäßigkeit der 
Tension wird besser durch längeres vorheriges Stehen im Versuchsraume 
erzielt. Große Kulturgefäße, eventuelles öfteres Wechseln des Wassers 
beugen diesem Nachteile vor und von Unregelmäßigkeiten überzeugt 
man sich dadurch, daß man die Pflanze zeitweise ins Dunkel stellt, wo 
normalerweise die Gasblasenentwicklung bald aufhören muß; ist das 
nicht der Fall, dann vollziehen sich störende Nebenprozesse. Nach 
Angelstein liefert destilliertes Wasser, selbst wenn es mit Kohlen- 
säure angereichert ist, sehr geringe Blasenzahlen; besser ist Leitungs- 
oder Brunnenwasser, deren Gehalt an Bikarbonaten einen größeren 
Vorrat an verarbeitbarer Kohlensäure gewährleistet. Ein weiterer Nach- 
teil der Methode ist, daß die Gasblasen wohl kaum jemals bloß aus Sauer- 
stoff bestehen, sondern daß diesen immer auch Stickstoff und Kohlensäure 
beigemengt ist, so daß unter ungünstigeren Assimilationsbedingungen, 
z. B. im Winter, nur ein Viertel des Gasvolumens von Sauerstoff gebildet 
wird, anderseits geht bei schwacher Assimilationstätigkeit Sauerstoff 
durch Diffusion verloren, so daß mitunter die Gasblasenzählung kein 
richtiges Bild der Assimilationsenergie hervorruft. Der größte Nachteil 
der Methode ist aber der, daß sie nur bei Wasserpflanzen angewendet 
werden kann. Sie leistet Brauchbares, wenn es sich darum handelt, 
schnell über die Wirksamkeit verschiedenfarbigen Lichtes, die Brauch- 
barkeit irgendwelcher Nährlösungen, die Temperatur- und Helligkeits- 
einflüsse ein Bild zu bekommen. Bei Wechsel der Bedingungen hat 


V. Kohlensäureassimilation. 105 


man darauf zu achten, daß die Beobachtung erst nach einiger Zeit 
erfolgen kann, wenn sich die Pflanze an die neuen Bedingungen 
gewöhnt hat, daß die Pflanze beim Wechseln von Kulturflüssigkeiten 
möglichst unverrückt an ihrem Platze bleibt. Daß die Assimilations- 
energie nur im Frühling und Sommer stark genug ist, um die Blasen 
zählung sicher zu gestalten, wurde bereits erwähnt. Kohl hat den 
Fehler durch wechselnde Blasengröße mikrometrisch auszuschalten ge- 
sucht, indem er das Volumen der Gasblase mikrometrisch bestimmte. 
Ein Ausschnitt aus einem Elodeablatt samt Stengel wurde auf den 
Boden eines kleinen flachen Schälchens gebracht und dort mittels 
eines Glasplättehens unter Wasser festgehalten. Die austretende Gas- 
blase, die assimilatorisch im Lichte ausgeschieden wird, nimmt annähernd 
Kugelgestalt an und aus ihrem mikrometrisch festgestellten Durch- 
messer läßt sich das Volumen berechnen. 

Die Gasblasenzählmethode kann als Maß 

für die Assimilation von Wasserpflanzen 

nur bei durchschnittlich mittleren Luft-, 

Temperatur-, Kohledioxydmengen aus- 

reichen, sie versagt aber, wenn sie auf einen » 
weiteren Umkreis von Umständen an- 


Fig. 39. Apparat von Blackmann. 


gewendet werden soll; ist die Assimilationsgröße gering, so kann 
der ganze entbundene Sauerstoff im Wasser gelöst bleiben, es treten 
also keine Blasen auf; ist die Temperatur höher, so bestehen die 
Gasblasen größtenteils aus anderen Gasen, die physikalisch aus dem 
Wasser entweichen, und ist die Kohlensäuremenge des Wassers groß, 
so bestehen die Gasblasen größtenteils aus Kohlendioxyd. Diesen Un- 
genauigkeiten trägt der allerdings etwas komplizierte Apparat von 
Blackmann Rechnung (Fig. 39), in welchem ein kontinuierlicher Wasser- 
strom, der Kohlensäure gelöst enthält, über die assimilierende Pflanze 
tließt und wo die Differenz im Kohlensäuregehalt des Wassers vor und 
nach Kontakt mit der Pflanze ein Maß für die Assimilation abgibt. Die 
Pflanze ist in einer Glaskammer eingeschlossen und Temperatur, Luft, 
Kohlensäurezufuhr lassen sich genau regeln. Der Strom des kohlensäure- 


106 V, Kohlensäureassimilation. 


gesättigten Wassers fließt durch seine Schwere aus dem Gefäß A nach der 
Kammer mit der Pflanze B (diese erscheint hier nur schematisch im Quer- 
schnitt und ist genau in Fig. 43 gezeichnet), die im Wasserbade C befindlich 
ist und nach dem Durchströmen der Kammer von hier auf dem Wege 
d, Y,n, K von unten in die eine oder andere der beiden 200 cem-Pipetten 
D und E und schließlich durch Überfließen von hier in die Meßzylinder 
F oder G. Die Wasserpflanze wird in einer flachen, senkrechtstehenden, 
an der Stirnseite mit Glas versehenen Kammer von ovalem Umfange 
18 cm lang, 11 cm breit untergebracht, deren Rand mit einem schmiede- 
eisernen Band von 14 qmm Breite versehen ist; in dieses sind die rück- 
wärtige und vordere Glasplatte, welche die Kammer bilden, durch 
eine Wachs - Harz - Vaselinmischung fest eingekittet, die rückwärtige 
dauernd, die vordere zum Herausnehmen eingerichtet. Die Kammer 
enthält ein aus Silberdraht gefertigtes Netz mit 6 mm breiten Maschen, 
welches gegen die Rückseite der Kammer lehnt und an welches die Ver- 
suchspflanze mit Draht befestigt ist. Alle mit Wasser in Berührung 
stehenden Metallteile sind aus Silber und überdies mit Wachs überzogen. 
Der Eisenrand der Kammer ist durch das Einlaßrohr b an seinem untersten 
und das Auslaßrohr d an seinem höchsten Punkte durchbrochen, nahe 
dem letzteren ist eine Öffnung für ein Thermometer zur Messung der 
Innentemperatur. Unmittelbar über dem Einlaßrohr befindet sich ein 
Siebplättchen, welches die Einlaßöffnung überquert und bewirkt, daß 
das einfließende Wasser nicht im Strahl herabfällt, sondern nach allen 
Richtungen zerstäubt. Der tatsächliche Abfall des Wasserstromes bei 
seinem Weg durch den Apparat ist durch die Niveaudifferenz zwischen 
der Mündung des mittleren Rohres der Mariotteschen Flasche A 
und der oberen Mündung der Pipetten E und D gegeben, wo das Wasser 
überfließt; in der Stunde passieren ca. 300 ccm den Apparat; die Ge- 
schwindigkeit des Stromes wird durch die Meßzylinder gemessen, welche 
das überfließende Wasser aufnehmen; und jede Unregelmäßigkeit des 
Stromes kann durch Heben oder Senken der Pipetten bzw. des Brettes, 
an dem sie befestigt sind, bewirkt werden. Das kupferne Wasserbad 
wird durch einen Thermoregulator auf konstanter Temperatur gehalten, 
in der vorderen Wand des Bades ist ein breites Glasfenster J zur Er- 
hellung der Assimilationskammer eingelassen und durch einen starken 
Strom kalten Wassers vor der Erwärmung durch den Brenner des Bades 
bewahrt. Dieses Kühlwasser befindet sich in dem Glasmantel J—N. 
Das CO,-Gas war aus Marmor und Salzsäure entwickelt, gewaschen 
und das Wasser durch andauerndes Schütteln mit dem Gas gesättigt. 
Die entsprechend verdünnte CO,-Lösung wurde in die Flasche A ein- 
gefüllt, von wo sie durch das Rohr b nach der Kammer B abfließt. Da- 
durch wird durch die mittlere Röhre V Luft in die Flasche eingesogen 
und nach dem Prinzip der Mariotteschen Flasche ist der Betrag 
des ausfließenden Wassers konstant und unabhängig von dem Niveau 
der Flüssigkeit in der Flasche. Um die eintretende Luft mit ebensoviel 
Kohlensäure zu beladen, wie die Lösung in der Flasche enthält, passiert 
diese vor dem Eintreten den Kohlensäureentwickler S, in welchem Salz- 
säure bestimmter Stärke zu Marmor tropft, um den Entwickler bei T 
als neutrale Flüssigkeit zu verlassen. Der größte Vorteil der ganzen 
Methode beruht in der Bestimmung des Betrages der gelösten Kohlen- 
säure in einer Probe der Flüssigkeit, die von A zur assimilierenden Pflanze 
nach B fließt und in einer Probe der nach D oder E nach dem Kontakt 


V. Kohlensäureassimilation. 107 


mit der Pflanze abfließenden Flüssigkeit. Es werden immer Proben 
von 200 cem benutzt und für die erste Prüfung aus der Zuflußflasche 
durch die Röhre m in die 200 cem-Pipette W zu einer bestimmten Zeit 
abgezogen, für die zweite Probe 200 ccm der Flüssigkeit in D oder E. 
Der Dreiweghahn K und die Ausschaltung der Kautschukverbindung 
bei h oder i gestattet den überfließenden Wasserstrom in die eine oder 
andere Pipette zu lenken, um Proben zu entnehmen. Die Prüfung ge- 
schieht maßanalytisch durch Zufügung einer bestimmten Menge titrierter 
Barytlösung zur Absättigung der Kohlensäure und Rücktitrieren des 
Überschusses durch gestellte Salzsäure. Die durch das Abziehen der 
Flüssigkeit leer gewordene Pipette muß, damit die Zirkulation des Stromes 
nicht gestört werde, mit einer anderen Flüssigkeitsmenge gefüllt werden, 
das geschieht aus dem Flüssigkeitsreservoir X mit Wasser, welches 
ca. 7%, Alkohol und etwas Methylenblau enthält. Das geringere spezi- 
fische Gewicht dieser Flüssigkeit ermöglicht es, dieselbe in die Pipette 
bis zum Rande des einfließenden Stromes der eigentlichen Flüssigkeit 
einzufüllen, ohne sie damit zu mischen. Die verschiedene Farbe ermöglicht 
es überdies, die beiden auseinander zu halten und zu beurteilen, wann 
die Zusatzflüssigkeit abgeflossen ist, worauf eine neue Analyse ein- 
setzen kann. Wenn der Inhalt beider Pipetten, sobald die blaue Flüssig- 
keit völlig übergetrieben worden war, für die Analyse abgezogen wurde, 
kann die Flüssigkeit der ganzen Kammer schließlich auf ihren CO,-Gehalt 
untersucht werden. Wenn der Strom 300 ccm pro Stunde fördert und 
jede Pipette 200 ccm faßt, kann alle 40 Minuten eine Analyse ausgeführt 
sein. In der Praxis ist eine Analyse pro Stunde genügend, die restlichen 
20 Minuten tropft die Lösung unbenutzt in die Meßzylinder. Sowohl bei 
infolge höherer Temperatur starker Assimilation als bei Überschuß an 
CO, entwickeln sich große Gasblasen, welche niemals allein aus Sauer- 
stoff bestehen und demnach ein unrichtiges Bild von der Assimilations- 
intensität geben würden; aber auch die Verminderung der Kohlensäure 
würde kein richtiges Maß geben, weil Kohlensäure aus der Kulturlösung 
physikalisch in die Blasen hineindiffundiert. Dieser physikalische Ver- 
lust muß also in Rechnung gezogen und vom physiologischen Kohlen- 
säureverbrauch abgezogen werden. Zu diesem Zweck werden die von der 
Pflanze abgegebenen Gasblasen von der Flüssigkeit getrennt, gesammelt 
und zu Zeiten mittels des Ventils bei Y und des GassammlersZ aufgefangen. 
Der Wasserstrom geht nach Verlassen der Assimilationskammer bei d 
unmittelbar durch die hohle Metalltrommel Y, welche auf dem Wege 
nach dem Ausflußrohr n liegt. Diese Trommel enthält die Auslaßröhre e, 
durch welche das über das Wasser aufsteigende Gas, und nur dieses 
allein, nach dem Gassammelgefäß g abgezogen wird. Z ist mit einem 
Quecksilbergefäß in Verbindung, das gesenkt wird, so daß durch / eine 
starke Saugung geübt wird, die das Gas nach dem Ventil am oberen 
Ende der Trommel treibt. In der Trommel befindet sich ein sehr leichter, 
hohler Metallschwimmer; ist die Trommel voll Wasser, dann schwimmt 
der Schwimmer so hoch als möglich empor und drückt eine kleine, an 
einem geölten Seidenfaden beweglich aufgehängte Metallscheibe gegen 
die Kante des Auslaßrohres und verhindert so irgendein Entweichen 
von Wasser in der Richtung ef. Wenn eine bestimmte Gasmenge aus 
der Kammer aufgefangen worden ist, sinkt der Schwimmer durch sein 
eigenes Gewicht, und die Scheibe fällt und gestattet ein Aussaugen 
des Gases durch e, bis das steigende Wasser Schwimmer und Scheibe 


108 V, Kohlensäureassimilation. 


wieder emportreibt. Vom Empfänger Z aus wird durch Drehen des 
Hahnes f und Heben des Quecksilberreservoirs das Gas durch das 
Seitenrohr in ein Eudiometer zur Analyse übergeführt, wo durch Be- 
handeln mit KOH der absolute Betrag gasförmiger Kohlensäure, die 
aus dem Wasserstrom physikalisch entwichen ist, bestimmt und zur 
Korrektur benutzt wird. 

Beispiel!): Die Assimilationsgröße von kräftigen Elodeazweigen 
bei einer Belichtung —= 5,7, einer Temperatur von zirka 20 ° C und einer 
Kohlensäurezufuhr von zirka 0,03 % (zirka t/,-Sättigung) wurde be- 
stimmt. Auf das Silbernetz wurde ein dichter Belag der Elodeazweige 
gelagert und mit Wollfäden daran befestigt. Das Glasfenster wurde 
dann sorgfältig in die Metallfassung eingedichtet. Nachdem die Kammer 
in dem vorher auf die Versuchstemperatur gebrachten Wasserbad schräg 
befestigt ist, wird aus A die bereits vorbereitete Kohlensäurelösung 
durchgeleitet, indem das Auslaßrohr e gerade oberhalb des Ventils Y 
ausgeschaltet und gesaugt wird, bis die Lösung zuerst die Kammer, 
dann das Ventil und die Röhren füllt. Sobald der zu einer der Pipetten 
E oder D führende Hahn R gedreht wird, beginnt der Strom. Natürlich 
enthält erst nach einiger Zeit, mindestens nach einer Stunde, die Pipette 
die volle Menge des Versuchsendproduktes, so daß erst dann zur Analyse 
geschritten wird. Die Pipette wird zuerst mit der blauen Flüssigkeit 
gefüllt, und erst eine Stunde nach dem Abfließen dieser wird der Ver- 
such angestellt. Die Kohlensäure in 200 ccm der von D ablaufenden 


Flüssigkeit entspräche 22,18 ccm . HCl im Abfluß und 26,31 ccm im 


Zufluß, so sind 4,13 cem en HCl für die verbrauchte Kohlensäure ent- 
fallen. Als Mittel von sieben Versuchen ergab sich für den 200 cem 


entsprechenden Zufluß 25,79 cem e HCl, der korrespondierende Be- 


trag des Abflusses war 19 ccm. Daher beträgt der Durchschnittswert 
n 


der Kammer 11,20 ccm 10 HCl per 100 cem Flüssigkeit — 0,0279 % CO, 


(l cem n HCl = 0,00 249 g CO,). Die Differenz zwischen Zu- und Ab- 
fluß gibt das Maß an Kohlensäure, das aus der Kammer verschwunden ist 
(durch Assimilation), d. i. 6,79 ccm m HCl = 0,01 693 g CO, pro 200 ccm 


der Lösung, und diese Zahl muß pro Stunde berechnet und in bezug 
auf die Gasblasen und die Atmungsgröße korrigiert werden. Das Ge- 
wicht der in der Kammer pro Stunde verschwundenen Kohlensäure 
M 216,5 
ist 0,01 693 
blasen aufgefangenen Gasmenge war 37,3 ccm, wovon 4,8 ccm sich als 
CO, erwiesen, entsprechend 1,3 ccm CO, pro Stunde = 0,00 239 g CO, 
(1 ccm CO, wiegt 0,00 184 g). Die Atmung wurde in einem parallelen 


:0,02 679 g. Das Volumen der in Form von Gas- 


ı)F. Blackmann and M. Smith, Experimental Research on 
Vegetable Assimilation and Respiration VIII, A New Method for Estimating 
the gaseous Exchanges of Submerged Plants. Proceed. of the royal Society, 
B Vol. 83 (1911). 


V. Kohlensäureassimilation. 109 


Dunkelversuch durch Trockengewichtsabnahme bestimmt und pro 1 g 
Elodea die Entwicklung von 0,00 125 g CO, pro Stunde, also für die 
verwendeten 1,955 g Elodea die Entwicklung von 0,00 244 g CO, pro 
Stunde gefunden. Wir haben jetzt alle Daten, um die wirkliche 
Assimilationsgröße der verwendeten 137 ccm Elodea unter den genannten 
Versuchsbedingungen zu bestimmen: 


CO, in der Kammer pro Stunde verschwunden. . . . 2.2... 0,0268 
eur m Form von Gasblasen entwichen .. . 2 ........%. 0,0024 

Assimilation bestimmt zu 0,0244 
Siaumoskohlensäure bei 200930... 2.2. 2 2 222 8% 0,0024 


Wirkliche Assimilationsgröße 0,0268 


Eine einfachere Versuchsanstellung (Fig. 40) beschreibt Kniep!): Die 
Pflanze, ein Elodeasproß, wird in eine Kuvette gebracht, welche mit filtrier- 
tem Wasser vom Standort der Pflanze gefüllt ist. Die Wasseroberfläche 
in der Küvette X wird mit der 0,5 cm starken Schicht Olivenöl P be- 
deckt. Darauf befindet sich der Korkschwimmer S, durch den ein kurzes 
Glasrohr geführt ist, das einerseits in die 
Luft, nach unten zu ins Wasser hineinragt. 
Vor dem Versuch wird in eine Flasche 
von bekanntem Inhalt mit Hilfe des Hebers 
H Wasser abgefüllt und diese nach kurzem 
Durchspülen mit eingeschliffenem Glas- 
pfropfen gut verschlossen. Dasselbe ge- 
schieht unmittelbar nach jedem Versuch, 
wobei man vorher durch vorsichtiges Um- 
rühren für eine gleichmäßige Verteilung 
des im Wasser gelösten Sauerstoffs gesorgt 
hat. Der im Wasser gelöste Sauerstoff 
wird in beiden Flaschen nach dem Ver- 
fahren von L. W. Winkler jodometrisch | | 


Fig. 40. 
Versuchsanstellung 
von Kniep. 


bestimmt: in die Flasche bringt man durch 
eine bis auf den Boden derselben reichende 
Pipette 1 ccm jodkalihaltige Natronlauge 
(100 ccm reinster Natronlauge vom spe- 
zifischen Gewicht 1,35 g werden mit 
10 g Jodkali versetzt, die so erhaltene Flüssigkeit darf beim An- 
säuern mit verdünnter Salzsäure Stärkelösung nicht sofort bläuen 
und Karbonate nicht in größeren Mengen enthalten) und fügt sofort 
l ccm Manganchlorürlösung hinzu, die man durch Auflösen von 400 g 
MnCl, + 4H,O in 1000 ccm Wasser erhalten hat, verschließt, schüttelt 
und läßt stehen, bis sich der entstandene Niederschlag von manganiger 
Säure abgesetzt hat; dann trägt man mittels einer langgestielten Pipette 
3 ccm rauchende Salzsäure ein, verschließt und schüttelt von neuem; 
der Niederschlag löst sich unter Ausscheidung einer äquivalenten Menge 


Jod, die mit - Natriumthiosulfatlösung gegen Stärkekleister titriert 
wird. 1 ccm der Thiosulfatlösung entspricht 0,0 007 984 g — 1,11 955 ccm 


Sauerstoff von 0° und 760 mm Barometerstand. Ferner muß das 


1) H. Kniep, ‚Photosynthese‘ im Handwörterbuch der Naturwissenschaften, 
Jena 1912. 


110 V. Kohlensäureassimilation. 


in Blasenform ausgeschiedene Gas analysiert werden. Bei konstantem 
Licht bleibt der Blasenstrom und dessen Zusammensetzung konstant, 
daher ist nur von Zeit zu Zeit eine Analyse durchzuführen; das 
kann mit Hilfe des Mikroanalysators von Krogh geschen (Fig. 41). Der 
untere Teil E des Apparates von Krogh wird in das Rohr des Schwimmers 
eingeführt, nachdem hier mit einer Wasserstrahlpumpe die Olschicht abge- 
saugt worden ist. Nachdem eine genügende Gasmenge aufgefangen ist, wird 
der Apparat entfernt und das Gas sofort analysiert. Das in E aufgefangene 
Gas wird durch Zurückdrehen der Schraube S in das Kapillarrohr gesaugt 
und hier das Volumen abgelesen. Darauf wird das in E befindliche 
Wasser durch alkalische Pyrogallollösung ersetzt und das Gas nach E 
zurückgebracht; hier findet die Sauerstoffabsorption 
statt, worauf im Kapillarrohr neuerdings das Volumen 
bestimmt wird. War das Gas bloß Sauerstoff ‚so muß 
jetzt das Gasvolumen völlig absorbiert sein, anderen- 
falls ersetzt man das Pyrogallol in E durch Kalilauge 
und läßt wieder absorbieren oder bezieht die Diffe- 
renz direkt auf Kohlensäure. Die das Kapillarrohr 
umgebende Hülle enthält Wasser zur Konstanterhal- 
tung der Temperatur; die obere Öffnung des Appa- 
rates dient zu dessen Reinigung. Das Kapillarrohr 
s®% hat eine Länge von 20 mm, was einem Volumen von 
l cem entspricht. Die Verschiebung der Gasblase 
geschieht vermittels der 
in Quecksilber tauchenden 
Schraubvorrichtung, zur Er- 
leichterung der Ablesung 
kann man eine 6—8 fach 
vergrößernde Linse benut- 
zen, die in einem oben 
zugeschärften rechteckigen 
Holzklotz halb eingelassen 
ist, um so immer bei hori- 
zontalem Stand ablesen zu 
können. Es kommt beson- 
Fig. 41. Apparat von Fig. 42. Mikrorespirometer von ders darauf an, die Meß- 
rogh. Be kapillare möglichst rein zu 
erhalten. Zu diesem Zweck steckt man sie in die eine Bohrung eines 
Kautschukstöpsels, welcher auf eine Flasche paßt, und in dessen 
anderer Bohrung ein Glasrohr steckt, das zur Wasserstrahlpumpe 
führt. Man läßt von oben starke Schwefelsäure oder ein Gemisch 
von Kaliumbichromat und Schwefelsäure einfließen und saugt nach 
unten durch; damit das seitliche Ansatzstück und das darin befindliche 
Wasser und Quecksilber nicht mit der Säure in Berührung komme, 
hat man zuvor ein Luftbläschen als Abschluß dazwischen geschaltet. 
Ein Apparat zur Messung sehr kleiner Gasquantitäten ist durch 
das ‚„‚Mikrorespirometer‘ (Fig. 42) repräsentiert (Thunberg). Zwei kleine 
Gasflaschen von 2—3 cem Inhalt sitzen an den Seitenteilen des ver- 
zweigten Kapillarrohres durch Schliff fest. An dem Rohr sind zwei 
T-Hähne, der Mittelteil ist ungeteilt und führt einen Petroleumtropfen 
von 3 mm Länge als Index, dessen Wanderungen Änderung im Druck 
innerhalb der Flaschen anzeigen. Der Apparat steht zur Konstant- 


V. Kohlensäureassimilation. 111 


erhaltung der Temperatur bis über die Schliffe in Wasser. Um den 
Sauerstoffverbrauch, z. B. beim Atmungsprozeß zu zeigen, wird der 
Boden der Gefäße mit Kalilauge bedeckt und in eine Flasche das Organ 
gebracht; ist keine Kalilauge darin, so zeigt die Wanderung des Tropfens 
Steigen und Fallen des respiratorischen Koeffizienten an. Zur Be- 
stimmung der Assimilation bringt man auf den Boden der Flasche 
ebenso alkalische Pyrogallollösung. Bei allen diesen Versuchen ist zu 
beachten, daß die starke Kalilauge des Pyrogallols natürlich auch 
Kohlensäure absorbiert, was einen Fehler bedingt. 

Schließlich kann man die Sachssche Blatthälftenmethode bei Land- 
pflanzen anwenden, mit welcher man die durch Assimilation hervorgerufene 
Zunahme des Trockengewichtes bestimmt. Die Blätter werden vor dem 
Versuche von der Pflanze abgetrennt, damit kein Verlust durch Ableitung 
der Assimilate geschehe, und dann aus einer Blatthälfte ein Stück heraus- 
geschnitten, dessen Trockengewicht genau 
bestimmt wird; nach dem Versuch wird 
das Trockengewicht eines genau gleich großen 
Stückes aus der anderen Blatthälfte fest- 
gestellt und die Differenz auf die Pro- 
duktion der Assimilate bezogen. 

Um die Abhängigkeit der Kohlensäure- 
assimilation von der Temperatur zu zeigen, 
hat Blackmann!) einen Apparat kon- 
struiert, der es ermöglicht, alle in Betracht 
kommenden Verhältnisse sehr konstant zu 
erhalten. Die abgeschnittenen Blätter wer- 
den in eine flache Glaskammer (Fig. 43) ein- 
gesetzt, durch deren rückwärtige Scheibe die 
Drähte vom Thermoelement am Blatt zum 
Galvanometer laufen. Die Kammer ist auf- 
recht auf einem Holzrahmen montiert und 
dieser wird in einen rechteckigen, mit 
Wasser gefüllten Präparatenzylinder ein- 
gesetzt, welcher oben mit einem passenden 
Korkstück verschlossen ist. Durch ent- 
sprechende Bohrungen des Korkes ziehen Fig. 43. Pflanzenkammer von Black- 
die Luftstromröhren von dem CO,-Erzeuger Apparat Fig. 39 Verwendung findet. 
nach der Kammer (A) und von der Kammer 
nach den Pettenkoferröhren (B); die engen Schläuche E und F an 
der Rückwand enthalten die elektrischen Drähte. Ferner ist die Röhre C 
vorhanden, die von der Wasserleitung auf den Boden des Wasserbades 
führt und breit genug ist, um eine lebhafte Wasserzirkulation zu er- 
möglichen. Die Löcher DundG dienen zum Ausfließen des ins Wasserbad 
einströmenden Wassers respektive für das die Badtemperatur messende 
Thermometer. Der durch A einströmende Luftstrom zieht durch ein 
Dreiwegglasrohr, damit er die Badtemperatur annehmen kann, das 
Ende H dieses Systems von Glasröhren kann geöffnet werden, um 
Wasser einzulassen, welches das Blatt benötigt. Der Luftstrom geht 


ı) F.Blackmannand G.Matthaei, Quantitative Study of Carbon- 
Dioxide Assimilation and Leaf-Temperature in Natural Illumination. Proceed. 
of the Royal Soc. Vol. B. 76, 404 (1905). 


112 V. Kohlensäureassimilation. 


nach Verlassen der Kammer durch ein Chlorkalziumrohr, um hier ge- 
trocknet zu werden. Das ganze Bad samt der Glaskammer kann an 
einem Scharnier in einen innen geschwärzten Behälter horizontal oder 
vertikal oder in jede beliebige Stellung umgelegt werden. Das Wasser- 
bad wird infolge der Notwendigkeit, verschiedene Lagen einzunehmen, 
nicht direkt durch einen Brenner, sondern mittels eines vorgewärmten 
Wasserstromes geheizt, eventuell bei Sonnentemperatur durch kaltes 
Wasser entsprechend abgekühlt. Die Temperatur, welche das Blatt 
durch natürliche oder künstliche Beleuchtung während der Assimilation 
erreicht, wird thermoelektrisch gemessen. Für die Versuche im Freien 
war das abgeschnittene Blatt an seinen Rändern an einem kleinen, 
dünnen, rechteckigen Brettchen befestigt, das mit seinem unteren Rande 
drehbar an einem starken Horizontalbalken befestigt war. Das Brettchen 
besaß eine ovale Öffnung, etwas kleiner als das Blatt, und über diese 
war das Blatt gespannt. Der Blattstiel tauchte in ein kleines 
Wassergefäß im Holzbalken und blieb im Wasser, welche 
Stellung auch das Brettchen am Balken einnehmen mochte. 
In die Mittelrippe des Blattes war ein Thermoelement eingesenkt, 
und die freien Drahtenden hingen 
in Quecksilbernäpfe herab, die sich 
beiderseits des Wassergefäßes be- 
fanden. Durch ein Loch des Bal- 
kens war eine Röhre gezogen, die 
ein Thermometer und das Kon- 
trollthermoelement führteund mit 
Wasser von beliebiger Temperatur 
gefüllt werden konnte, dabei 
sorgfältig vor direkter Sonnen- 
bestrahlung geschützt war. Die 
beiden Thermosäulen waren einer- 
seits miteinander, anderseits mit 
dem Galvanometer durch Drähte 
verbunden, die zu den Queck- 
silbernäpfen im Horizontalbalken 
h £: führten. 

Man kann aber auch, statt den 
abgegebenen Sauerstoff zu be- 
stimmen, die Aufnahme der Kohlensäure messen. Pfeffer führt das 
in der Weise aus, daß in ein graduiertes, oben kolbig erweitertes Rohr 
von 26 cm Länge und 40 ccm Volumen (der erweiterte Teil faßt noch 
außerdem 45 ccm) ein Camelia-Blatt mittels eines Holzstäbchens ein- 
geführt wurde, nachdem die Blattfläche vorsichtig zusammengerollt 
worden war. Am Blattstiel ist ein Draht befestigt, der das Blatt 
wieder aus der Röhre herauszuziehen gestattet. Das Rohr taucht unten 
in Quecksilber, das zur Vermeidung der schädlichen Quecksilberdämpfe 
mit einer Schicht Wasser überlagert ist. Nun wird das ganze System, 
nachdem der Luftraum der Röhre mit Kohlensäure gefüllt ist, im Lichte 
gehalten; ein Teil der Kohlensäure wird dabei durch Assimilation ver- 
braucht. Zieht man nun das Blatt durch das Quecksilber heraus und 
läßt statt dessen ein kleines Stück Atzkali aufsteigen, das sich im Wasser 
zu Kalilauge löst, so findet eine Asorption der überschüssigen Kohlen- 
säure statt. Vor dem Versuch war das Quecksilber durch Saugen an 


rd 


Fig. 44. Timirazeffs Mikro-Eudiometer. 


V. Kohlensäureassimilation. 113 


einem seitlichen Ansatz des Rohres auf eine bestimmte Marke eingestellt 
worden. Nach Absorption der Restkohlensäure steigt nun das Quecksilber 
um einen gewissen Betrag, und aus der Differenz läßt sich unter Berück- 
sichtigung des Blattvolumens die Menge der assimilierten Kohlensäure be- 
rechnen. Die Absorption sieht man nach 12stündigem Stehen als beendigt 
an. Es ist klar, daß diese Methode nur Annäherungswerte geben kann. 
Auf die quantitativen Methoden der Gasanalyse kommen wir bei 
Behandlung der Atmungsmethodik zu sprechen; es ist selbstverständlich, 
daß man diese Methoden auch zur Bestimmung des Gaswechsels bei 
der Assimilation verwenden kann. Dort, wo es, wie bei Demonstrationen, 
erwünscht ist, Baromelerablesungen, Rechnungen usw. zu vermeiden, 
liefert der Apparat (Fig. 45)von Winkler-Hempel befriedigende Werte: 
Das zylindrische Gefäß J, welches die assimilierenden Blätter enthält, 
ist mit Luft gefüllt, die beiläufig 8 % CO, führt. Dieser Betrag, welcher 
innerhalb gewisser Grenzen schwanken kann, muß vor Beginn des Ver- 
suches genau festgestellt sein. Das gebogene Rohr ? dient dazu, um 
eine Probe des Gases in dem Gefäß J zu entnehmen, 
und wenn sie entnommen ist, fließt Wasser durch die 
Röhre ! aus dem außerhalb stehenden Glas o in das 
eprouvettenartige innen befindliche Behältnis 1. Die 
Röhren ? und /! werden jetzt geschlossen und die 
Versuchsanordnung 4—5 Stunden hellem Lichte aus- 
gesetzt, worauf eine neue Gasprobe entnommen und 
analysiert wird. Das eingeführte Wasser absorbiert 
wohl etwas von der Kohlensäure und bewirkt einen 
Fehler, welcher aber speziell für Demonstrations- 
zwecke nicht schwer wiegt. Für die Bestimmung 
kleiner Gasquantitäten, die von Wasserpflanzen ab- 
gegeben werden, etwa 0,5 ccm und weniger, leistet 
Timiriazeffs Mikro-Eudiometer (Fig. 44) gute 
Dienste. Der Apparat besteht aus drei Teilen, dem 
Eudiometer E, der Pipette P und dem Überträger- 
rohr C. Das Eudiometer ist eine Röhre von 5mm wWinkier Hempen 
innerem Durchmesser und in !/,.. ccm geteilt. Das 
obere Ende ist durch ein 25 mm langes Stück Gummischlauch ver- 
schlossen, durch welchen eine Glasstange R gesteckt ist, die als Kolben 
dient. Das untere Ende von E ist zu einem kleinen Trichter F erweitert, 
um das Eintreten des zu analysierenden Gases zu erleichtern. Der Über- 
träger C besteht aus einem gleichmäßig zylindrischen Glasrohr von 
10 mm Durchmessser, 20 mm Höhe und zirka 1 cem Volumen, welches 
an die Glasstange X als Halter angeschmolzen ist. C wird mit Wasser 
gefüllt und so befestigt, daß sich die von der Pflanze aufsteigenden 
Gasblasen darin sammeln. Dieses Gas wird dann unter Verschluß mit 
dem Daumen in ein Gefäß mit Wasser übertragen, in dem E aufgestellt 
ist, worauf man es in den Trichter F am unteren Ende von E aufsteigen 
läßt. Der Trichter steht mit dem graduierten Teil des Rohres durch 
eine kapillare Einschnürung in Verbindung, so daß das übertragene 
Gas in dem Trichter verbleibt. bis es durch Aufdrehen des Glaskolbens R 
in das Eudiometer hineingezogen wird. Wenn das Gas an der Einteilung E 
gemessen worden ist, wird der Stempel R wieder eingedrückt und die 
Gasblasen so wieder in den Trichter F zurückgetrieben. Die Pipette P 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. fe) 


114 V. Kohlensäureassimilation. 


ist zu einer Birne bei B erweitert und endet in eine gebogene Kapillar- 
röhre, die in den Trichter des Eudiometers eingeführt werden kann. 
So läßt sich das Gas aus dem Trichter durch Ausziehen des Pipetten- 
stempels S von Pin die Pipette hineinziehen (Fig. 47). Zur Bestimmung von 
Sauerstoff enthält die Pipette frischbereitete Lösung von Pyrogallol. 
Nach 2—3 Minuten wird das Gas in den Trichter zurückgebracht, durch 
den Stempel des Eudiometers in dieses hineingezogen und sein Volumen 
von neuem bestimmt. Der Unterschied zwischen der ersten und der 
zweiten Eudiometerablesung ergibt den Betrag des durch Pyrogallol 
absorbierten Sauerstoffs. Die ganze Operation kann so schnell durch- 
geführt sein, daß keine Korrekturen für Anderung von Barometerstand 
oder Temperatur anzubringen sind. Auf die Assimilation übt die Licht- 
farbe einen Einfluß. Wir brauchen bloß einen Elodeasproß unter Glas- 
glocken aus verschiedenfarbigem Glas zu setzen, um zu erkennen, daß 
die Zahl der Gasblasen in gelbem Lichte größer ist als in blauem, daß 
also die Assimilation im schwächer brechbaren Teil des Spektrums am 
intensivsten vor sich geht (Fig. 46 und 47). Zur Erzeugung verschieden- 
farbigen Lichtes können wir als Sturz im einfachsten Fall eine Kiste mit 
herausgenommenen und durch’ Glasplatten ersetzten Holzboden und 
-wänden benutzen, welche Glasplatten mit gefärbter Gelatinfolie beklebt 
sind, wobei man aber durch schwarze Papierstreifen an den Rändern dafür 
sorgen muß, daß die Einstrahlung weißen Lichtes unterbleibt. Oder 
aber man stellt die Pflanzen geradezu unter Stürze aus gefärbtem Glas. 
Sehr häufig gebraucht sind die Senebierschen Glocken mit Doppel- 
wandung, deren Zwischenraum mit einer Lösung von Kaliumbichromat 
zur Erzeugung schwächer brechbaren, hauptsächlich gelben Lichtes 
oder mit einer Lösung von Kupferoxydammoniak gefüllt ist, das vor- 
nehmlich blaue und violette Strahlen durchläßt. Um ultrarotes Licht 
zu erzeugen, verwendet man eine gesättigte Auflösung von Jod in 
Schwefelkohlenstoff. Aber abgesehen davon, daß die Glocken schwer, 
gewöhnlich klein, unhandlich und relativ kostspielig sind, ist es bei 
halbwegs unvollkommenem Verschluß der Glocke möglich, daß Dämpfe 
des Lösungsmittels mit der Pflanze in Berührung kommen. Die Sene- 
bierschen Glocken sind ferner naturgemäß sehr lichtschwach, da doch 
eine verhältnismäßig dicke Schicht der absorbierenden Flüssigkeit ver- 
wendet werden muß, aber der wesentlichste Nachteil der genannten, im 
Laboratorium meistens verwandten Lösungen, beruht darauf,daß durch 
sie nicht nur eine Strahlengattung, sondern mehrere, im Extrem 
alle, nur mehr oder minder stark absorbiert, durchgelassen werden, 
woraus bedeutende Beobachtungsfehler resultieren. Um monochromati- 
sches Licht zu haben, verwendet man ‚Strahlenfilter‘, durchsichtige, 
gefärbte Medien, welche von dem gemischten weißen Licht den größeren 
Teil absorbieren, homogenes Licht von einer bestimmten Farbe aber 
durchlassen. Für höhere Pflanzen ist die ideale Methode zur Erzeugung 
monochromatischen Lichtes, die spektrale Zerlegung durch ein Prisma 
oder die Verwendung monochromatischer Flammen ausgeschlossen, weil 
es, abgesehen von der Schwäche des so erzeugten Lichtes, unmöglich 
ist, eine größere Fläche damit zu bestrahlen. Ein absolut monochro- 
matisches Licht ist aber freilich durch Strahlenfilter auch nicht zu 
erhalten, es werden immer Lichtarten verschiedener Wellenlänge durch- 
gelassen, daher können sie nur in solchen Fällen verwendet werden, wo 
es nicht darauf ankommt, Licht einer einzigen Wellenlänge zu erzeugen, 


V. Kohlensäureassimilation. 


115 


was übrigens auch bei der spektralen Zerlegung nicht vollkommen 


realisiert und auch nicht nötig zu sein pflegt. 


Für Rot wird zu diesem 


Zweck gewöhnlich das rote Rubinglas verwendet, zur Erzeugung von 


Blau, da es keine mono- 
chromatischen blauen Glä- 
ser gibt, die Lösung von 
schwefelsaurem Kupfer- 
oxydammoniak. Nagel!) 
hat eine ganze Reihe von 
Rezepten zur Herstellung 
gefärbter Lichtabsorptions- 
flüssigkeiten gegeben, Lö- 
sungen, welche aus ge- 
bräuchlichen Reagenzien 
des Laboratoriums rasch 
und bequem herzustellen 
sind und sich, in ver- 
schlossenen Flaschen auf- 
bewahrt, mindestens wo- 
chenlang halten. Die Far- 
benkombinationen sind so 
gewählt, daß die Sub- 
stanzen sich in einem ein- 
zigen Trog mischen lassen, 
ohne Niederschläge zu 
geben; sie können also mit 
Sicherheit in doppelwan- 
digen Glasglocken zur Ver- 
wendung kommen. 


unter Kontrolle mit 
einem Spektroskop her, 
was rascher und be- 
quemer geht, als wenn 
man die Substanzen 
vorher genau abwägen 
wollte. Die nun folgen- 
de Beschreibung ist ge- 
nau dem Original ent- 
nommen: 

BeRot:,- Die „roten 
Überfanggläser (Rubin- 
gläser), die in sehr ver- 
schiedenen Nuancen her- 
gestellt werden, verkür- 
zen das rote Spektral- 
ende wenig oder gar 
nicht. Gegen die kürzer- 


Dort, 
stimmten einfarbigen Lichtes handelt, 


TISE 
/ & N 
E . \ 


een 
aM I 


750 500 450 


>77] 


ne >. 600 
Fig. 46. Assimilationskurve nach Reinke über dem Absorp- 
tionsspektrum lebender Blätter. Das Maximum der ausgeschie- 
denen Glasblasen liegt im schwächer brechbaren Spektralanteil 
zwischen den Linien BC, während in der folgenden Fig. 47, der 
Engelmannschen Kurve des aufgenommenen 002 (gestrie helt) 
und. abgegebenen 0» (punktiert) unter diesem Maximum noch 
ein zweites in der blauen Spektralhältte bei # liest. 


wo es sich um Erzeugung eines genau be- 
führt man die Mischung stets 


Jr 


WSt 


70 


420 


wellige Seite erstreckt sich der durchgelassene Bezirk bei den helleren 
Sorten bis nahe zur Linie D, bei den dunkleren bis in die Mitte zwischen 


1) W.A.Nagel, Über flüssige Strahlenfilter, Biolog. Zentralbl. 18, 649 (1898). 


8* 


116 V. Kohlensäureassimilation. 


C und D. Für photographische Zwecke wird eine Glassorte hergestellt, 
die aus blaßblauem Kobaltglas mit rotem Überfang besteht; sie absorbiert 
die orangefarbigen Strahlen ebenso wie das gewöhnliche Rubinglas, 
welches aber merklich stärkere Nuance besitzt. Bei gleich großem durch- 
gelassenem Spektralbezirk ist das Rot bei den genannten Gläsern etwas 
lichtstärker als bei den gewöhnlichen, allerdings noch lange nicht so 
lichtstark wie bei einigen flüssigen Strahlenfiltern. Es gibt rote Flüssig- 
keiten, die bei gleichem Umfange des durchgelassenen Spektralbezirkes 
heller erscheinen als die Rubinscheiben. Als besonders verwendbar sind 
die Karmin- und Cochenillefarben bekannt; am besten eignet sich die 
für mikroskopische Färbungen beliebte Lithionkarminlösung, die schon 
in 1 mm dicker Schicht reines Rot liefert, in 1, mm dicker Schicht Rot 
mit einem Teile des Orange. Stellt man eine Verdünnung dieser Lösung 
her, welche nach dem bloßen Augenschein einer gewöhnlichen Rubin- 
glasscheibe mittlerer Helligkeit vollkommen gleicht, so findet man 
spektroskopisch nur Rot, kein Orange wie bei jener, das Rot aber dafür 
ganz erheblich heller. 

Orange: Eine Flüssigkeit einheitlicher Art, welche nur Orange 
durchläßt, ist nicht bekannt. Die Lösung des Anilinfarbstoffes Orange 
läßt auch Rot durch, die orangefarbige Lösung von Kaliumbichromat 
bei 1 cm Schichtdicke Rot, Orange, Gelb, Gelbgrün. Ein mono- 
chromatisches Orange läßt sich dagegen durch Mischung gewinnen. 
Zu einer Flüssigkeit, die nur rote und orangefarbene Strahlen durch- 
läßt, zu wässeriger Safraninlösung, setzt man Kupferazetat, welches 
Rot absorbiert. Am besten bereitet man eine nicht ganz gesättigte 
Lösung von Kupferazetat, setzt ein paar Tropfen Essigsäure zu und 
alsdann tropfenweise so viel starke Saffraninlösung, bis das Spektroskop 
das reine Gelb ausgelöscht zeigt. Der sichtbare Streifen beginnt dann 
etwa bei der Linie C und endigt bei D, hell erscheint aber nur das 
eigentliche Orange, etwa von der Wellenlänge 640—600 vu. Die Schicht- 
dicke kann, wenn man das Kupfersalz konzentriert nimmt, ein wenig 
unter 1 cm heruntergehen. Die Lichtstärke dieses Strahlenfilters ist 
ein wenig geringer als die eines rein roten, durch Lithionkarmin ge- 
bildeten. 

Gelb: Ein Strahlenfilter herzustellen, das nur Gelb durchläßt, 
ist deshalb ganz besonders schwer, weil das Gelb von allen Farben im 
Spektrum weitaus den kleinsten Bezirk einnimmt und sogleich in Orange 
und Gelbgrün übergeht. Es ist bis jetzt unmöglich, eine Kombination 
zu finden, die das Gelb annähernd rein und doch in seiner Intensität 
wenig abgeschwächt gibt. Will man dagegen einen schmalen orange- 
gelben und einen ebensolchen grüngelben Saum mitnehmen, also etwa 
die Region 620—570 un, so ist ein derartiges Strahlenfilter leicht her- 
zustellen, auch ohne daß man, wie Landolt tut, drei Tröge hinter- 
einanderschaltet. Man kommt mit einer einzigen Schicht von 1 cm 
Dicke aus. Zu diesem Zweck löscht man wiederum durch gesättigte 
saure Kupferazetatlösung das Rot und die rötere Hälfte des Orange aus, 
alsdann durch Einträufeln gesättigter wässeriger (mit Essigsäure ver- 
setzter) Lösung von Orange G (Grübler) die ganze stärker brech- 
bare Seite bis auf einen Rest des Gelbgrün. Die so erhaltene Lösung 
sieht braun aus und ist etwa ebenso hell wie die orangefarbene; sie hält 
sich nicht lange. 

Grüngelb undgelbgrün: Diese Farben lassen sich isoliert 


V. Kohlensäureassimilation. 67 


mit solcher Lichtstärke herstellen wie keine andere Farbe. Kombination 
von Kupferazetat und Kaliumbichromat dabei wird verwendet. Am 
besten kocht man in einer mit Essigsäure angesäuerten gesättigten 
Lösung von Kaliumbichromat Kristalle des Kupfersalzes im Überschuß. 
Nach dem Erkalten filtriert man. Das Kupferazetat absorbiert das 
Rot und fast alles Orange, einen schmalen Teil des letzteren sowie das 
reine Gelb sieht man ganz dunkel, dann aber das Grüngelb intensiv hell, 
von 580 un an etwa bis 530, oder bei dickerer Schicht (1,2—1,5 cm) 
bis 560 un. Statt des Bichromats kann man auch Pikrinsäure ver- 
wenden und bei deren Kombination mit Kupferazetat den Spektral- 
bezirk 580-520 sehr lichtstark erhalten (Schichtdicke 1 em). Ein halt- 
bares Gelbfilter hat E. Pringsheim!) in Methylorange gefunden, 
welches ein dem Kaliumbichromat sehr ähnliches Absorptionsspektrum 
besitzt. Erprobt man unter spektroskopischer Prüfung die hellste, 
bei der gewählten Schichtdicke gerade noch bis zum Grün absorbierende 
Lösung, so erscheint das durchfallende Licht fürs Auge noch sehr hell. 
Noch bequemer aber sind für die meisten Zwecke gelbgefärbte Gelatine- 
platten: man reinigt möglichst weiße Glasplatten, z. B. von alten photo- 
graphischen Platten, mit einer Lösung von Kaliumbichromat in kon- 
zentrierter Schwefelsäure, spült sie unter der Wasserleitung und läßt 
sie, mit der zu beschickenden Fläche nach unten schräg auf Fließpapier 
gestellt, trocknen. Jedes Stäubchen ist auf der späteren Schichtseite 
zu vermeiden, auch bedingt die gründliche Reinigung, besonders von 
Fett, das Haften der Gelatineschicht. Nun löse man in’'einer beinahe 
gesättigten, tiefrotbraunen, filtrierten Lösung des Farbstoffes in destil- 
liertem Wasser etwa 20 %, Gelatine und filtriert die dicke Flüssigkeit 
im Dampftopf oder Heißwassertrichter. Dazu kommt auf 100 ccm 
ein Tropfen Glyzerin, um eine zu große Sprödigkeit der getrockneten 
Schicht zu vermeiden, die sonst, besonders bei größerer Dicke, leicht 
abspringt, und außerdem etwa 0,1 g Borsäure, um das Wachstum von 
Schimmelpilzen zu verhindern, da Methylorange kaum giftig ist. Bor- 
säure ist zu schwach sauer, um Rotfärbung zu bewirken, zu viel darf 
es aber nicht sein, weil sie sonst beim Trocknen auskristallisiert. Andere 
Antiseptica wie ZnSO, und HgÜl, bewirken schon in geringerer Kon- 
zentration Trübung der Schicht. Die gereinigten Platten werden auf 
eine größere, mit der Wasserwage horizontal gestellte Glasplatte ge- 
lest und in einiger Entfernung darüber, zur Abhaltung von Staub 
während des Erstarrens, eine große Glasplatte angebracht. Die Gelatine- 
lösung wird auf die Mitte der Platten gegossen und durch Neigen oder 
Nachhelfen mit einem Glasstabe für Bedeckung der Fläche gesorgt, 
was sich unschwer bewirken läßt. Die Lösung muß heiß sein, damit 
sie nicht vor der gleichmäßigen Ausbreitung auf der nun horizontal 
gelegten Platte erstarrt. Sollte das nicht ganz gelungen sein, so läßt 
sich durch vorsichtiges Anwärmen auf einer heißen Asbestplatte der 
Fehler meist wieder gut machen. Ist die Gelatine erstarrt, so werden 
die Platten wieder schräg mit der Schichtseite nach unten an einem 
möglichst staubfreien Orte getrocknet und sind mit seltenen Ausnahmen 
so klar und gleichmäßig, daß sie z. B. das Lesen von kleinen Buchstaben 


ı)E. Pringsheim, Über die Herstellung von Gelbfiltern und ihre 
Verwendung zu Versuchen mit lichtreizbaren Organismen. Ber. d. d. bot. Ges. 
26 a, 558 (1908). 


118 V. Kohlensäureassimilation. 


durch sie hindurch nicht erschweren. Da dünne Schichten wesentlich 
leichter herzustellen sind, ist es zweckmäßig, zwei solcher Platten mit 
dünner Schicht aufeinandergelegt und mit schwarzem Rand zusammen- 
geklebt oder auch mit Kanadabalsam auf der ganzen Fläche verkittet 
zu verwenden. Die Absorptionsstärke ist abhängig von der Konzen- 
tration der Farbstofflösung, dem Prozentgehalt an Gelatine und der 
teilweise davon abhängenden Stärke des Aufgusses. 

Grün: Läßt man in der Mischung von Kupferazetat mit Pikrin- 
säure oder Kaliumbichromat die erstgenannte Substanz sich in möglichst 
großer Menge auflösen, während der andere Mischungsbestandteil in 
einer zur Sättigung nicht hinreichenden Menge vorhanden ist, so kann 
man ein das gesamte Grün durchlassendes Strahlenfilter herstellen, 
bzw. von diesem durch Hinzufügen von Pikrinsäure oder Kalium- 
bichromat vom blaugrünen Ende her beliebige Stücke abschneiden. 
Solche Strahlenfilter sind sehr lichtstark. 

Reines Grün ohne Gelbgrün erhält man durch Kom- 
bination der gesättigten Lösung von Kaliummonochromat mit Cupram- 
moniumsulfat. Letzteres wird in gesättigter Lösung mit reichlichem 
Ammoniaküberschuß verwendet und der Chromatlösung tropfenweise 
zugefügt, bis das ganze Rot, Orange, Gelb und Gelbgrün ausgelöscht 
ist. Das durchgelassene Licht ist etwa 535—495 vu. Die Mischung kann 
schon in 0,7 cm dicker Schicht verwendet werden, ist aber nicht so 
hell wie die Gelbgrün-Mischungen. Will man den blaugrünen Anteil 
der Strahlen entfernen, also nur 535—510 durchlassen, so braucht man 
nur zu der letztgenannten Mischung einige Tropfen einer schwach 
alkalisch gemachten wässerigen Lösung von Fluoreszin zuzusetzen, 
welche Blaugrün absorbiert. 

Blaugrün und Cyanblau: Diese Farben werden von 
Methylgrün und Jodgrün in dünnen Lösungen durchgelassen, daneben 
auch noch das äußerste Rot. Dies entfernt man durch Kupferazetat. 
Am besten tropft man starke Methylgrünlösung in die sauer gemachte 
Kupferlösung. Der durchgelassene Bezirk ist etwa 500460 un. 

Cyanblau: Ein reines und sehr lichtstarkes Blau, vorzugsweise 
die weniger brechbaren Teile des gesamten Blau erhält man, wenn man 
vor die letzterwähnte Mischung entweder einen zweiten Trog mit einer 
schwachen Lösung von Kaliumpermanganat bringt oder ihr einige Tropfen 
Gentianaviolett direkt zusetzt. Diese beiden Medien absorbieren das 
Grün, lassen aber Blau durch. Bei Verwendung des übermangansauren 
Kali hat man den Vorteil einer scharfen Grenze am Blaugrün, so daß 
der durchgelassene Bezirk sich auf 486—460 un einengen läßt. Das 
Gentianaviolett gibt am Blaugrün eine sehr unscharfe Grenze. Mit 
dieser Mischung scheidet man daher besser den Bezirk 460—430 un 
aus, der auch recht lichtstark gemacht werden kann, wenn auch nicht 
so hell wie bei der Kombination mit dem Permanganat. 

Blau und Violett: Cuprammoniumsulfat läßt bekanntlich 
Blau und Violett durch. Den Bezirk 470—410 u». kann man dadurch 
leicht ausscheiden. Hinzufügung eines zweiten Troges mit dünner 
Lösung von Kaliumpermanganat gibt ein reines Violett. 

Baar (l. ec.) verwendet zu seinen Versuchen über die Abhängigkeit 
der Samenkeimung vom Lichte die Na gelschen Flüssigkeiten, welche 
in nach dem Prinzip der Senebierschen Glocken konstruierte Petri- 
schalen eingefüllt werden, welche Gefäße mit den Samen beschickt 


V. Kohlensäureassimilation. 119 


wurden. Eine Fehlerquelle besteht darin, daß die Lichtintensität in 
den verschiedenen Spektralbezirken nicht gleich ist. Zur genauen Be- 
stimmung der Intensität des verwendeten verschiedenfarbigen Lichtes 
bedienten sich Kniep und Minder!) bei ihren wichtigen Unter- 
suchungen der thermoelektrischen Methode, deren Prinzip folgendes 
ist: Eine Thermosäule, welche mit einem empfindlichen Galvanometer 
verbunden ist, wird mit dem auf seine assimilatorische Wirkung zu 
untersuchenden Lichte bestrahlt und darauf der Ausschlag des Galvano- 
meters abgelesen. Damit der Galvanometerausschlag wirklich als Maß 
der Lichtenergie dienen kann, ist zweierlei nötig: erstens müssen natür- 
lich die Wärmestrahlen ausgeschaltet sein. Das ist leicht erreichbar 
durch Einschalten einer Wasserschicht zwischen Lichtquelle und Thermo- 
säule.. Zweitens müssen die beleuchteten Lötstellen der Thermosäule 
berußt sein. Ruß ist das ideale Absorptionsmittel für Lichtstrahlen, 
d. h. der Verlust, also diejenige Energie, die nicht in Wärme umgesetzt 
wird, ist prozentual so gering, daß sie praktisch völlig vernachlässigt 
werden kann. Die verwendete Rubenssche Thermosäule erzeugt 
bei Temperaturerhöhung um 1° C eine elektromotorische Kraft von 
0,00 106 Volt. Die Größe der mit der Thermosäule gerade noch meß- 
baren Temperaturerhöhung hängt auch mit der Empfindlichkeit des 
Galvanometers zusammen. In Verbindung mit einem Panzergalvano- 
meter von 5 Ohm innerem Widerstand, das für 1 Mikroampere einen 
Ausschlag von 3600° gibt (Skala in 1 m Entfernung), sind mit der 
Rubensschen Thermosäule noch Temperaturerhöhungen von weniger 
als ein milliontel Grad zu messen. Zur Abhaltung von störenden Luft- 
strömen wurde die vordere Öffnung des Trichters, durch welchen die 
Strahlen eintreten, mit einer dünnen Glaslamelle bedeckt; die Draht- 
verbindungen wurden da, wo sich zwei verschiedene Metalle berühren, 
zur Verhinderung von Sekundärströmen dicht mit Wolle umwickelt. 
Zur Unterbrechung des Stromes wird ein Quecksilberunterbrecher ver- 
wendet. Die Leitungsdrähte müssen während der Beobachtung völlig 
ruhig liegen, da schon geringe Bewegung derselben Induktionsströme 
erzeugt, welche das Resultat der Ablesung trüben können. Das ver- 
wendete Deprez-d’Arsonvalsche Drehspulengalvanometer bietet 
den großen Vorteil, bei hoher Empfindlichkeit von äußeren magnetischen 
Störungen sehr unabhängig zu sein. Es wurde der Galvanometerausschlag 
bestimmt, der entsteht, wenn die Thermosäule von dem Lichte einer 
in 1 m Entfernung stehenden Hefner-Normalkerze bestrahlt wurde, 
und damit ein absolutes Maß für die Ablesungen gewonnen. Als Farben- 
filter wurden die farbigen Gläser der Firma Schott & Co., Jena, 
benutzt, welche die bestimmten Spektralbezirke in relativ großer Licht- 
stärke durchlassen. Die Rotscheibe trägt die Fabriksbezeichnung f 4512, 
die Blauscheibe f 3873, sie sind 2,5 mm dick und 9,2 x 9,2 cm groß. 
Die qualitative Untersuchung der Lichtfilter auf ihre Farbendurchlässig- 
keit führte zu folgenden Ergebnissen: Die Rotscheibe läßt durch: Licht 
von A = 620 vu bis Ultrarot, Licht von A = 608 un bis 620 uu wird 
ganz schwach durchgelassen. Die Blauscheibe läßt durch: Licht von 


33H. Kniep und E. Minder, Über die Einfluß verschiedenfarbigen 
Lichtes auf die Kohlensäureassimilation, Zeitschr. f. Bot. 1, 630 (1909). Die 
Forscher messen die Intensität der Kohlensäureassimilation mit der Gasblasen- 
zählmethode und ihre Erfahrungen mit derselben (S. 635) bieten manches 
Interessante. 


120 V. Kohlensäureassimilation. 


) — 523,8 wu bis Ultraviolett; im intensiven Licht der Mittagsonne 
sieht man im Spektrum noch ein schwaches Band im Hellgrün zwischen 
D und E und ein sehr schwaches um Rot bei B. Die Nagelsche Grün- 
lösung läßt durch: Licht von A = 512 uu bis 524 vu. Die quantitative 
Untersuchung ergab: (D = Durchlässigkeitskoöffizient für Imm Glas- 
dicke, d. h. das Verhältnis der durch eine Glasplatte von 1 mm Dicke 
durchgelassenen Lichtenergie (Ed) zur auffallenden (Ea): 
Rotfilter: A in pm. 644 578 546 509 
D= 0,94 0,05 0,02 0,00 
Blaufilter: ? in un 546 509 480 436 405 384 361 340 332 
D= 0,00 0,18 0,50 0,73 089 0,59 0,36 7O.DZIERE 
Da bei einer Glasdicke x nur noch D*-Bruchteile der Lichtenergie 
durchgehen, müssen wir die Werte von D in die 2,5 te Potenz erheben 
und gelangen so zu folgenden Durchlässigkeitskoeffizienten: 


Rotscheibe: ?} in un. 644 578 546 509 
D25 = 0,846 0,00056 0,000057 0,000 

Blauscheibe: % in un 546 509 480 436 405 384 361 340 332 
D25 = 0,00 0,0109 0,177 0,455 0,395 0,267 0,078 0,010 0,000 


Es zeigte sich in den Versuchen, daß bei etwa auf das gleiche Niveau 
abgeglichenen Lichtintensitäten die Assimilationsgröße im roten und 
blauen Lichte keine erheblichen Verschiedenheiten aufweist, sie ist in 
beiden Fällen ungefähr gleich groß, in Blau höchstens etwas geringer. 
Im normalen Spektrum des direkten Sonnenlichtes findet aber die 
stärkste Assimilation im Einklang mit früheren Befunden im lang- 
welligen Teile statt; dort ist auch die Intensität stets größer als im 
blauen Spektralanteil, während im diffusen Tageslicht die blauen Strahlen 
ihrer absoluten Intensität nach vorwiegen. 

Noch viel zu wenig berücksichtigt bei pflanzenphysiologischen 
Arbeiten ist die Notwendigkeit, Lichtintensiläten genau zu bestimmen; 
in der Regel begnügte man sich mit approximativen Helligkeits- 
abschätzungen, wie Südfenster, Nordfenster, sehr hell, dunkel usw., 
ohne darauf Rücksicht zu nehmen, worauf schon Sachs hingewiesen 
hat, daß unser Auge und die Pflanze zu verschiedenartige Reagenzien 
dem Lichte gegenüber vorstellen, als daß man beide in Parallele setzen 
dürfte. Wohl besitzen wir in den verschiedenen Photometern Meß- 
instrumente, welche die Lichtstärke mit großer Genauigkeit zu be- 
stimmen gestatten, aber einerseits sind es meist künstliche Lichtquellen, 
mit denen man in diesen Fällen allein arbeiten kann, anderseits fehlt 
die Einfachheit der Handhabung und die Notwendigkeit, ein Instru- 
mentarium mit sich zu nehmen, stört vielfach, namentlich bei Be- 
obachtungen im Freien. Das Verdienst, hier eine zweckmäßige Methodik 
ausgearbeitet zu haben, gebührt J. Wiesner. Dieser Forscher bildete 
die von Bunsen und Roscoe für lichtklimatische Untersuchungen 
erfundene, allerdings sehr komplizierte und schwer zu handhabende 
photographische, aber für unsere Zwecke sehr geeignete Methode zu 
einem eleganten physiologischen Lichtmeßverfahren um. Die zahl- 
reichen Kautelen der ursprünglichen Methode vonBunsen-Roscoe 
und die zahlreichen hier notwendigen Operationen sind in der Hand 
Mindergeübter ebenso viele Fehlerquellen, so daß die Wiesner sche 
Methodik, wiewohl ungleich einfacher und, theoretisch gesprochen, 
weniger exakt, doch sogar geringere Fehlergrenzen liefert als das ur- 
sprüngliche Verfahren. Die Wiesnersche Methode dient natürlich. 


V. Kohlensäureassimilation. 121 


als photographische Methode nur dazu, die sogenannte chemische 
Lichtintensität zu ermitteln, also jene Lichtstärke, welche von den 
stark lichtbrechenden, den sogenannten chemischen Lichtstrahlen (blau, 
violett, ultraviolett) ausgeht. Innerhalb gewisser Grenzen der Tages- 
beleuchtung läßt sich aber die Methode auch zur Ermittlung der ge- 
samten Lichtstärke verwenden. Das Bunsen-Roscoesche Ver- 
fahren besteht darin, daß man auf ein in bestimmter Weise bereitetes 
photographisches Papier (Normalpapier) Licht einwirken läßt, wobei 
die eintretende Färbung des Papiers unter Berücksichtigung der er- 
forderlichen Zeit mit einem konstanten Farbenton (Normalton, Normal- 
schwärze) verglichen wurde. Die Intensitätsberechnung beruht auf 
dem Gesetz, daß gleiche Schwärzungen des Normalpapiers gleichen 
Produkten aus Beleuchtungsdauer (Zi, {) und chemischer Lichtintensität 
(J, J') entsprechen, mathematisch ausgedrückt: Jt = JT bei gleicher 
Schwärzung des Normalpapiers. Die Proportion J: J’ =Tf:t sagt 
also, daß für gleiche Schwärzungen des Normalpapiers sich die zur 
Geltung kommenden Lichtintensitäten umgekehrt wie die zur Hervor- 
bringung dieser Schwärzung erforderlichen Zeiten verhalten. Für die 
Herstellung des Normalpapiers wird für photographische Zwecke ver- 
wendetes Papier (am besten das sogenannte 8-Kilo-Rivespapier) mit 
einer dreiprozentigen Kochsalzlösung einige Minuten durchtränken ge- 
lassen und das gesalzene, lufttrocken gewordene Papier bei möglichstem 
Ausschluß chemisch wirkenden Lichtes auf einer zwölfprozentigen 
Lösung von Silbernitrat zwei Minuten hindurch schwimmen gelassen, 
worauf man es in der photographischen Dunkelkammer trocknet. Auch 
in schwachem Gaslicht, das an chemischen Strahlen sehr arm ist, kann 
das Trocknen vorgenommen werden. Die Empfindlichkeit des Papiers 
bleibt ungeändert, mag es 15’’—18’ mit der Silberlösung in Berührung 
gewesen sein; der Prozentgehalt des Silberbades darf nicht kleiner als 8 
und nicht größer als 12 sein. Die Herstellung der Normalschwärze ist 
nicht ganz leicht. Die Normalschwärze ist ein inniges Gemisch von 
1000 Gewichtsteilen chemisch reinen Zinkoxyds mit einem Teil reinster 
Rußkohle. Die Normalschwärze, ein graues, feines Pulver, wird durch 
gelöste Gelatine gebunden und als Deckfarbe auf weißen, dünnen Karton 
aufgetragen. Dieser so erhaltene Normalton wird auch als Einser- 
ton bezeichnet. Die Lichtintensität, welche imstande ist, auf dem 
Normalpapier die Farbe des Normaltones im Zeitraume einer Sekunde 
hervorzurufen, wird — 1 gesetzt (in Wien ist die Intensität des ge- 
samten Tageslichtes zur Mittagszeit bei unbedecktem Himmel in den 
ersten Tagen des Mai = 1). Der Normalton, auf dessen sorgfältige Her- 
stellung natürlich viel ankommt, hat eine bestimmte, beiläufig als Tauben- 
grau zu bezeichnende Farbe. Mit den 900 Farbentönen der bekannten 
internationalen Raddeschen Farbentafel verglichen, stimmt er mit 
keinem einzigen dieser Farbentöne völlig überein, kommt aber jenem 
Farbenton sehr nahe, der dort mit: ‚20 Blau, erster Übergang in 
Violett u‘‘ bezeichnet ist; dieser Ton ist etwas tiefer als der Normal- 
ton und entspricht dem Werte 1,3. 

Zur Auffindung der Lichtstärke nach Wiesners Verfahren, 
welches, wie erwähnt, nicht nur die höchste Bequemlichkeit der Hand- 
habung bietet, sondern trotzdem sogar exaktere Werte liefert als das 
umständliche, zahlreiche Versuchsfehlerquellen in sich schließende 
Originalverfahren von Bunsen-Roscoe, welches also diesem 


122 V. Kohlensäureassimilation. 
gegenüber eigentlich eine ganz neue Methode vorstellt, benötigt man 
außer dem Normalpapier und dem Normalton nur eines höchst einfachen, 
aus einem Holzbrettchen hergestellten Handinsolators (Fig. 48) und einer 
passend eingerichteten Sekundenstoppuhr. In den Insolator wird ein 
Streifen des Normaltones hineingeschoben und daneben mit der nötigen 
Vorsicht ein Streifen des Normalpapieres, das man so lange bedeckt 
halten muß, bis die Bestimmung beginnt. Man bringt den Insolator 
in die erforderliche Lage, stellt denselben z. B. bei Bestimmung des 
gesamten Tageslichtes horizontal, setzt die Uhr in Gang und läßt das 
Licht solange einwirken, bis auf dem Normalpapier die Farbe des Normal- 
tones erreicht ist, worauf die Uhr abgestoppt wird. Aus der Zeit, welche 
von Beginn bis Schluß der Bestimmung verflossen ist, ermittelt man 
die Intensität, indem man die Zahl Eins durch die Zahl der zur Fär- 
bung erforderlich gewesenen Sekunden dividiert. Waren z. B. 8’ er- 
forderlich gewesen, um den Normalton zu erreichen, 
so ist die Intensität J =1: 8 = 0,125 Bunsen- 
sche Einheiten. 

Sana +7 TE Man kann nun auch zwei Lichtstärken ohne 
Zuhilfenahme des Normaltones miteinander ver- 
gleichen und so’ zum Werte desrelativen Licht- 
genusses gelangen. Statt des Chlorsilber-Normal- 
papieres, welches, besonders in feuchten Klimaten, von 
sehr beschränkter, oft nur stundenlanger Haltbarkeit 
ist, so daß das ‚‚Silbern‘‘ zu oft vorgenommen werden 
müßte, eignet sich sehr gut das bei zweckmäßiger, 
trockener, dunkler Aufbewahrung fast unbegrenzt 
haltbare RhodaminB-Papier. Übrigens hat J. M. 


\ 


Fig.48. WiesnersIn- A 
„ _ yglator Eder ein Verfahren angegeben, um das Bunsen- 

NP=ZN alpapier; D D 

S— Gelbscheite: 110  Sche Papier haltbar zu machen; dieses Verfahren 


= Einserton undZeh- besteht darin, daß frisch gesilbertes Papier in de- 


nerton. 


stilliertem Wasser gewaschen und hierauf in einer 
Lösung von Kalinitrit (1:20 H,O) fünf Minuten lang untergetaucht 
gehalten wird. Schließlich wird dieses Papier getrocknet (alle Opera- 
tionen in ‘der Dunkelkammer). Das Edersche Papier ist nicht 
ganz so lichtempfindlich wie das Bunsensche, nämlich im Ver- 
hältnis 1: 0,84, so daß man vorher die Relation des haltbar ge- 
machten zum ÖOriginalpapier ein für allemal feststellen muß. Das 
Rhodamin-B-Papier, welches das ganze leuchtende Spektrum, mit Aus- 
nahme des äußersten Rot, photographisch wiedergibt, wird folgender- 
maßen hergestellt: Man badet photographisches Rohpapier fünf Minuten 
lang in einer Auflösung von 61 g Bromkali in 1000 g Wasser und trocknet 
es an der Luft, indem man die einzelnen Stücke vertikal aufhängt. 
Darauf sensibilisiert man bei rubinrotem Licht durch Schwimmenlassen 
des trockenen Papiers auf einer zwölfprozentigen Silbernitratlösung 
durch zwei Minuten. (In diesem Stadium liegt das Maximum der 
Empfindlichkeit zwischen den Fraunhoferschen Linien F und G.) 
Hierauf wässert man, ohne das Papier vorher zu trocknen, alle löslichen 
Salze aus. Die gewässerten Papiere badet man nunmehr fünf Minuten 
in einer Lösung aus 220 ccm Wasser, 6 g Natriumnitrat, 5 ccm einer 
alkoholischen Lösung von Rhodamin-B im Verhältnis 1: 200 und 
trocknet im Dunkeln, indem man die einzelnen Stücke in Klammern 
wiederum vertikal aufhängt. 


V. Kohlensäureassimilation. 193 


Um nun den relativen Lichtgenuß zu bestimmen, geht man folgender- 
maßen vor: Ein Streifen a des Normalpapiers wird in horizontaler Lage 
der Einwirkung des gesamten Tageslichtes ausgesetzt, zu gleicher Zeit 
wird ebensolange ein zweiter Streifen b an der Pflanze oder an 
einer bestimmten Stelle der Pflanze in der für den Versuch erforder- 
lichen Lage (z. B. an einem in fixer Lichtlage befindlichen Blatte auf 
der Oberfläche desselben) befestigt. Man erhält auf diese Weise zwei 
Streifen a, b von ungleicher Färbung, deren Nuancierung aber zu gleicher 
Zeit erfolgt ist, so daß man aus ihren Färbungen das Verhältnis 
der Lichtstärken an den Vergleichspunkten bestimmen kann. Man 
bringt sie unter Ausschluß störenden Lichtes nebeneinander in den 
Insolator und legt einen frischen Streifen Normalpapier daneben. Nun 
stellt man den Insolator in diffusem Tageslicht in der Nähe eines Fensters 
auf und wartet, bis das frische Normalpapier die Färbung der beiden 
gefärbten Streifen angenommen hat. Da aber diese beiden Färbungen 
während der im Licht vorgenommenen Bestimmung sich ändern, so 
schiebt man nach und nach die unter der schwarzen Hülle des Insolators 
befindlichen Streifen ins Licht, bis eine frisch hervorgezogene Partie 
der Streifen genau die Färbung angenommen hat, die auf dem frischen 
Streifen entstanden ist. Wenn z. B. 75’’ verfließen, bis der frische 
Streifen die Farbe von a und 25’’, bis er die Farbe von b angenommen 
hat, so verhält sich die Stärke des gesamten Tageslichtes zu der an der 
betreffenden Stelle der Pflanze herrschenden wie 75:25 —=3:1. Die 
Pflanze erhält also dann ein Drittel der gesamten chemischen Intensität 


des vollen Tageslichtes, ihr relativer Lichtgenuß ist 3 Da sich aber 


während der Bestimmung die Intensität des Lichtes ändern kann, wieder- 
holt man die Bestimmung des Zeitwertes für b so lange, bis der Zeitwert 
für a erreicht ist, und nimmt aus diesen Werten das Mittel. Erhält 
man z. B. für a den Wert 75’, für b in aufeinanderfolgenden Be- 
stimmungen die Werte 24’’, 26’’, 25°’ (Mittel 25°’), so ist dieser Mittel- 
wert mit dem für a erhaltenen Werte in Vergleich zu setzen. Je höher 
die Lichtintensität, desto schwerer ist es, mit Hilfe des bloßen Einser- 
tons die Stärke des Lichtes zu bestimmen, schon für Intensität = 1 
tritt bei Benutzung dieses Tons die Farbe auf dem Normalpapier schon 
nach einer Sekunde ein; die Intensität des gesamten Tageslichtes steigt 
aber meist weit über Eins. Wiesner stellt daher auch höhere Töne 
ein. Belichtet man bei der Intensität 1 nicht eine, sondern n Sekunden, 
so kann man aus der erhaltenen Färbung die Lichtstärke ableiten, 
wenn man n durch die zur Erreichung dieser Färbung erforderliche 
Zeit dividiert. Zum Kopieren dieser Farbentöne verwendet Wiesner 
die lichtbeständigen Lefrancschen Farben. Durch Mischung von 
Schwarz, Blau und etwas Kobalt werden auf Papier Färbungen erhalten, 
die mit den auf Normalpapier photographisch entstehenden überein- 
stimmen. Es ist sehr schwierig, Skalentöne zu erhalten, die in trockenem 
Zustande genau einem Zweier-, Dreierton usw. entsprechen. Aber es 
läßt sich durch Vergleich mit dem Einserton der Tonwert stets sicher 
bestimmen. Wenn z. B. bei einer bestimmten Lichtintensität 5’’ er- 
forderlich sind, damit auf dem Normalpapier der Einserton zum Vor- 
schein kommt, und wenn 33’’ nötig sind, damit auf dem Normalpapier 
ein seinem Wert nach zu bestimmender Farbenton entstehe, so ist dieser 
Skalenton gleich 6,6. Um mit Zuhilfenahme dieses Skalentones die 


124 V. Kohlensäureassimilation. 


Lichtintensität zu erhalten, muß ich 6,6 durch die Zahl der Sekunden 
dividieren, welche erforderlich waren, um auf dem Normalpapier diesen 
Skalenton hervorzubringen, womit die Lichtintensität im Bunsen- 
schen Maße ausgedrückt wird. Zur Bestimmung des direkten Sonnen- 
lichtes geht Wiesner folgendermaßen vor: Man richtet bei Sonnen- 
schein den ordnungsmäßig adjustierten Insolator so, daß er von der 
vollen Sonne in horizontaler Lage getroffen wird. Nun bestimmt man 
die Zeit, welche verfließen muß, damit auf dem Normalpapier der Einser- 
ton oder ein bestimmter Skalenton erscheint. Nun wendet sich der 
Beobachter um 180 °, so daß er die Sonne genau im Rücken hat und 
der Insolator vom Schatten des Kopfes bedeckt ist. Dann wird die 
Zeit bestimmt, welche nötig ist, damit auf dem beschatteten Normal- 
papier der Normalton 1 oder ein bestimmter Skalenton erscheint. Die 
hierbei erhaltenen Zeiten sind der Intensität des Gesamtlichtes Jg, 
bzw. der Intensität des diffusen Lichtes Jd umgekehrt proportional. 
Angenommen es wären 8 Sekunden erforderlich gewesen, damit bei 
Sonnenbeleuchtung der Einserton erreicht wird, und 27 Sekunden, 
damit dieser Ton im Kopfschatten erzeugt werde, so ist Jg=1:38 
— 0,125, Jd=1 :27 = 0,037, mithin die Intensität des direkten Sonnen- 
lichtes Js = Jg — Jd = 0,088. Die Wiesnersche Methode ist mit 
einem mittleren Fehler von + 4% und einem wahrscheinlichen Fehler 
von + 2,5% behaftet. Um die Übereinstimmung des Normaltones 
mit der im Tichte eintretenden Färbung, namentlich im Umfang, deut- 
lich wahrzunehmen, tut der Anfänger gut, bei der Bestimmung den 
Insolator mit einem gelben Glase zu überdecken, welches chemisch . 
wirksame Strahlen nicht in einem Maße durchläßt, daß der Farbenton 
erhöht wird. Dieses UÜberdecken darf natürlich nur Bruchteile einer 
Sekunde hindurch geschehen, da ja währenddessen die Bestimmung 
unterbrochen ist. Ist der Ton noch nicht erreicht, so entfernt man das 
Glas und fährt in der Bestimmung fort; das hat auch den weiteren 
Vorteil, daß man keine Störung durch die Nuancenverschiedenheit 
im Skalenton und erreichten Belichtungston zu befürchten braucht; 
die Farbennuancen beider weichen nämlich trotz gleicher Farben- 
höhe oft voneinander ab, durch Überdecken mit dem gelben Glase ver- 
schwindet aber die Farbennuance, und es bleibt nur (bei beiden) ein 
graubräunlicher Farbenton, die F arbenhöhe, zurück. 

Außer den gesilberten Papieren kann man Kalibichromatpapier 
(Kreußler) und Kalimonochromatpapier (Kießling) verwenden, 
welches letztere in der Weise hergestellt wird, daß man das Papier durch 
drei Minuten in einer Lösung von 50 g einfach chromsauren Kalis in 
1000 g H,O untergetaucht hält und im Dunkeln trocknet. Es hat eine 
sehr geringe Empfindlichkeit und kann mit Vorteil dort verwendet 
werden, wo es sich um langdauernde Bestimmungen handelt, z. B. um 
Bestimmung von Tageslichtsummen. Die Relation der Lichtempfindlich- 
keit des Kalimonochromatpapiers zum Silberpapier ist beiläufig 1: 31, 
d. h. die mit Chromatpapier erhaltenen Intensitätswerte sind mit 31 
zu multiplizieren, wenn sie auf Bunsen sche Lichteinheiten gebracht 
werden sollen. Da die wichtigsten physiologischen Prozesse, in erster 
Linie Kohlensäureassimilation und Chlorophylibildung, durch die so- 
genannten chemischen Strahlen, also den stärker brechbaren Anteil 
des Spektrums weniger gefördert zu werden scheinen als durch die 
roten Strahlen, so ist die Wiesnersche Methode für diese Prozesse 


V. Kohlensäureassimilation. 125 


nur indirekt von Wert, indem sie näherungsweise auch einen Schluß 
auf die Stärke des Gesamtlichtes zuläßt, sie ist aber direkt verwendbar 
beim Studium der Vorgänge der Wachstumsregulierung usw. Wenn 
z. B. die chemische, mit Silberpapier gemessene Intensität des gesamten 
Tageslichtes 1,225 betrüge und ich fände, daß eine Pflanze auf ihrem 
Standort gleichzeitig einer Lichtstärke — 0,245 ausgesetzt ist, so gilt 


dieses Verhältnis 0,245 : 1,225 = ; nicht nur für die chemischen Strahlen, 


sondern angenähert auch für alle anderen Bezirke des Spektrums. 
Während man z. B. mittels des Bolometers in der Lage ist, die Intensität 
des Lichtes mit Berücksichtigung aller Strahlengattungen zu messen, 
mißt man beispielsweise mit dem W eberschen Photometer für Tages- 
licehtmessungen auch nur einen bestimmten Anteil von Rot und Grün, 
um daraus auf die Gesamthelligkeit zu schließen. In ähnlicher Weise 
mißt der Pflanzenphysiologe einen anderen Teil des Spektrums, nämlich 
Blau-Violett-Ultraviolett, und schließt aus dem erhaltenen Intensitäts- 
wert auf die gesamte Lichtstärke. Nach Hann gelingt es, auch den 
Lichtgenuß einer bestimmten Pflanze aus den photometrischen Be- 
stimmungen rechnungsmäßig in Kalorien auszudrücken. Das mittlere 


Lichtgenuß-Minimum für Poa annua ist im März in Wien — 5, in Kairo 


—. - Zur Zeit, wenn in Wien derselbe mittägliche Sonnenstand erreicht 
ist wie in Kairo anfangs März, d. i. in Wien Mitte April, ist für diese 
Pflanze hier das mittlere Liehtgenuß-Minimum = ’ Geht man von 


den von Angot mit den Transmissionskoöffizienten 0,7 berechneten 
relativen Werten der täglichen Wärmestrahlung aus, so erhält man 
durch graphische Interpolation und Reduktion auf Langleys Solar- 
konstante von 3 Kalorien pro Kubikzentimeter und Minute: Wärme- 
menge, welche die Sonne an einem ganz heiteren Tage anfangs März 
in Kairo zur Erde schickt: 586 Kalorien, in Wien gleichzeitig 326 Kalorien. 
Für Mitte April ist diese Wärmemenge unter 48 ® n. Br. 676 Kalorien. 
Daher ist für Poa anfangs März in Kairo das Lichtgenuß-Minimum 
— 53,2 Kalorien, in Wien —= 108,6 Kalorien; anfangs April dagegen 
in Wien 92,2 Kalorien, d. h. es muß in Wien zu einer Zeit, in welcher 
der mittägliche Sonnenstand dem von Kairo gleicht, wegen der in unseren 
Breiten herrschenden Temperatur, für das Gedeihen von Poa — und 
das gilt natürlich für alle Pflanzen — eine höhere Lichtintensität 
herrschen. Also je niedriger die umgebende Temperatur ist, desto mehr 
Licht muß die betreffende Pflanze empfangen. 

Um bei Verwendung von Bunsen-Ederpapier die damit er- 
haltenen Werte auf Bunsen werte umzurechnen, geht man vonfolgender 
Überlegung aus: Neben einen Skalenton legt man links einen Streifen 
des Bunsen-Eder papieres, rechts einen von Bunsens Normal- 
papier und exponiert zu gleicher Zeit dem diffusen Tageslicht. Zur 
Erreichung des Normaltones sei bei Bunsen papier ein Zeitraum von 
14 Sekunden, beim B- Eder papier ein solcher von 10 Sekunden not- 


1 
wendig. Die daraus berechneten Intensitäten sind dann JBN = 14 
= 0,071 respektiv JBE = a 0,1; die berechneten Intensitäten ver- 


10 


126 V. Kohlensäureassimilation. 


halten sich also 0,071:0,1=x: 1, daher ist x = 0,71 der Intensitäts- 
faktor, der bei käuflichem Bunsen-Eder papier auf dem Umschlag 
des betreffenden Paketes angegeben ist. Mit diesem Faktor muß man 
jeden Intensitätswert multiplizieren. Es sei die Zeit, in welcher auf 
Bunsen-Ederpapier der Skalenton 2,5 erreicht wird, 14’’, die 
Intensität somit im Bunsenwert 2,5 : 14 = 0,178; ist der Relations- 
faktor nun 0,7, so ist die Intensität n Bunsen-Ederschem Wert 
0,178 - 0,7 = 0,125. Einige der Wiesnerschen Skalentöne (2,63, 
5,53 und 12,22) sind ebenso wie der Einserton von der Firma R. Lechner, 
Wien, unter Kontrolle hergestellt und käuflich zu haben; bei schwachem, 
diffusem Licht empfiehlt sich der niedrige Skalenton 2,6, bei starkem 
Sonnenlicht der hohe 12,5. 

Den Nachteil des einfachen Wiesnerschen Insolators, welcher 
infolge Kürze seiner Papierstreifen nur wenige Bestimmungen hinter- 
einander durchzuführen gestattet, vermeidet der von V. Vouk kon- 
struierte, mit dem ohne Unterbrechung auch 400 Bestimmungen durch- 
geführt werden können (Fig. 49). Es ist ein schwarz adjustiertes Kästchen 
(Länge 8cm, Breite 4cm, 
Höhe 4 cm), in dem sich 
zwei Spulen befinden, 
wovon die eine mit zirka 
4 m langem und 1 cm 
breitem Bunsen-Eder- 
papier versehen ist. Der 
Schlüssel A besorgt beim 
Linksdrehen die Einstel- 
lung des Papieres und 
beim Rechtsdrehen das 
Einfüllen neuer Spulen. 
3 ist eine Platte, die fest 
und lichtdicht am Käst- 
chen sitzt, und die beim 
Einsetzen neuer Spulen 
abgehoben wird. C ist 
die Spule 1, auf der das 
lichtempfindliche Papier aufgewickelt ist, D die Spule 2, auf die das be- 
lichtete Papier durch Linksdrehen des Schlüssels auf gewickelt wird. E ist 
ein kleiner Reiber, mit welchem die dünne Metallplatte, unter der die ent- 
sprechenden Skalentöne links und rechts vom Papier eingelegt werden, 
befestigt ist! F ist eine gelbe Glasscheibe, die sich in einem Geleise frei 
bewegen kann. Man hält den Insolator in der linken Hand horizontal, 
wobei das gelbe Glas auf den Skalentönen ruht, in der rechten Hand hält 
man die Stoppuhr, die im Momente der Exposition in Gang gesetzt wird, 
wobei gleichzeitig die Glasscheibe durch Schiefstellung des Insolators von 
den Papieren abgleitet; dann stellt man sofort wieder horizontal, wobei 
die Scheibe sich nicht bewegt, im Momente der Beendigung neigt man 
zur anderen Seite, wodurch die Scheibe wieder über die Papiere gleitet; 
gleichzeitig stoppt man den Chronometer. Gleichzeitig mit der Verzeich- 
nung der Lichtintensität sollte man auch die Bewölkung registrieren. 
5 „bedeutet, daß die Stelle, wo die Sonne am Himmel steht, nicht erkenn- 
bar ist, bei $, bildet die Sonne am Himmel einen hellen Schein, S,, die 
Sonne ist als helle Scheibe zu sehen; S,, Sonne leicht umflort; S, völlig 


Fig. 49. Vouks Insolatorkästchen. 


V. Kohlensäureassimilation. 197 


unbedeckt. B, bedeutet völlig unbedeckten Himmel; B,, B,—B;., daß 
der Himmel zu !/,» ”/ı, usw. völlig mit Wolken bedeckt ist. Bei der 
Lichtbestimmung hat man also zu notieren: Datum, Stunde, Sonne, Be- 
wölkung, Jg (Gesamtintensität), Jd (Intensität des diffusen Lichtes), 
Js = Jg — Jd. Für kontinuierliche Lichtmessungen haben Samec und 
Jencic ein selbstregistrierendes Photometer konstruiert. In einem Holz- 
kasten der Dimensionen 16 x 11 x 7,2 cm befindet sich ein Laufwerk, das 
mit Ankergang eine Achse treibt, auf welcher eine in 300 Teile geteilte 
Scheibe steckt. Diese trägt beim Teilstrich 0 einen 0,15 cm langen 
vorspringenden Zapfen und einen auf der Scheibenachse beliebig ver- 
stellbaren, in einen Zapfen auslaufenden Zeiger. Die Umlaufzeit der 
Scheibe beträgt zirka 5 Minuten und könnte bei Bedarf durch Be- 
einflussung eines entsprechenden Mechanismus variiert werden. Bei 
der Rotation der geteilten Scheibe wird durch den Zapfen ein Anker 
ausgelöst, der durch eine Feder gegen ein vierzahniges Zahnrad gedrückt 
wird. Jetzt rotiert dieses, getrieben durch eine im Gehäuse untergebrachte 
Feder samt einer mit ihm auf der gleichen Achse sitzenden Trommel 
um 90° und schiebt dabei das in der Trommel eingeklemmte licht- 
empfindliche Papier um ein bestimmtes Maß fort, wodurch es exponiert 
wird. Die Expositionszeit beträgt je nach der Einstellung 3 Sekunden 
bis 5 Minuten. Der 7 m lange Papierstreifen ist auf einer Rolle auf- 
gerollt und läuft über eine Brücke, die sich im Deckel des Apparates 
in der Form eines Spaltes befindet. Der Papierstreifen zeigt nach der 
Exposition zweierlei belichtete Felder, die durch unbelichtete schmale 
Streifen voneinander getrennt sind. Die während der fast fünf Minuten 
langen Expositionszeiten freiliegenden Papierteile bekommen bei ge- 
wöhnlichen Lichtverhältnissen derartig starke Lichteindrücke, daß sie 
für die Verarbeitung der Messungen wertlos sind. Die kurz belichteten 
Felder zeigen die Eindrücke des Gesamtlichtes (Sonne und diffuses 
Licht) und die des diffusen Lichtes allein in dem von den besonderen 
am Rande des Deckelspaltes angebrachten Stifte erzeugten Schatten. 

Für physiologische Bestimmungen ist die Kenntnis des Lichtgenusses 
von Wichtigkeit. So hat Wiesner beispielsweise gezeigt, daß die 
charakteristischen Erscheinungen des Etiolements nicht erst dann ein- 
treten, wenn die Pflanze bei Ausschluß von Licht gezogen wird, sondern 
sich auch dann schon zeigen, wenn sie unterhalb des Minimums ihres 
Lichtgenusses zu wachsen gezwungen ist. Den Abweichungen der Ge- 
stalt entsprechen natürlich Änderungen in der inneren Ausbildung. 
Bei Pflanzen, die auf hohe Lichtintensitäten angewiesen sind, beginnen 
auch die Erscheinungen des Etiolements bei relativ hohen Lichtstärken. 
Als „Lichtgenuß‘ einer Pflanze bezeichnet Wiesner das Verhältnis 
der Lichtmenge, welche einer Pflanze an ihrem natürlichen oder künst- 
lichem Standorte zufließt, zur Stärke des gesamten Tageslichtes. Bedeutet 


erstere I, letztere J, so ist L = I also der Lichtempfang der Pflanze 
(denn von dem empfangenen Lichte wird ja ein beträchtlicher 


Teil nicht ausgenutzt). Wenn in dem Ausdrucke 7 der Wert für 


i=1 eingesetzt wird, so ist das Resultat - der relative Licht- 


genuß, das Verhältnis der Lichtstärke, welche auf die Pflanze einwirkt, 
zur Lichtstärke des Himmels. Die Lichtstärke in einheitlichem Maße 


128 V. Kohlensäureassimilation. 


(im Tönen des Normalpapieres) ausgedrückt, gibt den absoluten 
Lichtgenuß. Der relative Lichtgenuß ist eine veränderliche Größe, 
schon der unmittelbare Anblick lehrt beispielsweise, daß Bellis perennis 
im Frühling einen viel größeren Anteil des gesamten Tageslichtes für 
sich in Anspruch nimmt (sie blüht auf frei exponierten Stellen) als im 
Sommer (sie sucht beschattete Stellen auf). Je größer die Spannungs- 
weite zwischen Maximum und Minimum des Lichtgenusses ist, je mehr 
Licht also die Pflanze verträgt und mit je weniger sie auskommt, desto 
weiter sind ihre vom Lichte beeinflußten Existenzmöglichkeiten. So 


ir des Gesamtlichtes 


kommen Gräser noch bei n in den Tropen bei 100 


fort, Dactylis glomerata besitzt einen Lichtgenuß von 1 _ Tara- 


u 1 
xacum offieinale 1 — 19’ Capsella bursa pastoris 1 — en: Buche 1 — 


Eiche 1 — = Lärche 1 — z Bezüglich ganzer Reihen solcher Be- 


85’ 


stimmungen und Verwertungen des Lichtmessungsverfahrens in der 
pflanzenphysiologischen Analyse muß auf Wiesners!) Buch ver- 
wiesen werden. 

Für manche Versuche ist es auch von Interesse, nicht nur die In- 
tensität, sondern auch die Richtung des stärksten diffusen Lichtes zu kennen. 
Dazu dientdasWiesner- 
sche Skioklisimeter (Fig. 
50), mittels welchen aus 
der Lage des Schattens 
die Richtung des stärksten 
diffusen Lichtes in einem 
bestimmten Lichtareal 
festgestellt werden kann. 
Das Skioklisimeter be- 
steht aus einer 6,5 cm 
langen, 6 cm breiten Me- 
talltafel, welehe oben mit 
einem rein- und matt- 
weißen, dünnen Karton 
bedeckt ist, der am Rande der Tafel der Länge nach, rechts und links 
von je einem 1 cm breiten Metallstreifen festgehalten wird. An diesen 
beiden Metallstreifen befindet sich eine Millimeterteilung. Über dem Null- 
punkte der Teilung befindet sich in einer bestimmten Höhe ein matt- 
geschwärzter Draht, der genau parallel zur Tafelfläche zu liegen kommt. 
Durch rechtwinklige Abbiegung der beiden Metallenden und Einfügung 
derselben in die Metallplatte wird die Fixierung des schattenwerfenden 
Drahtteiles besorgt. Dieser gebogene Draht ist so am Apparat an- 
gebracht, daß seine Achse genau 1 cm über die Fläche des Kartons zu 
liegen kommt, und die abgebogenen Drahtteile sind so gestellt, daß 
ihre Achsen in die beiden Nullpunkte der Teilung einschneiden. Bei 
der Ablesung der Höhe hat man die Mitte des Schattens, entsprechend 
der Achse des schattenwerfenden Drahtes, zu wählen. 

Dem Millimeterstrich entspricht ein bestimmter Höhenwinkel, der 


Fig. 50. Wiesners Skioklisimeter. (V. Vouk). 


') J. Wiesner, Der Lichtgenuß der Pflanze. Leipzig 1907. 


V. Kohlensäureassimilation. 129 


sich leicht aus der Höhe des Drahtes über der Projektionsfläche und 
aus der Entfernung des Schattens vom Anfangspunkte der Teilung 
durch die Tangentenformel logarithmisch berechnen läßt. Die folgende 
Tabelle gibt eine Reihe solcher Werte, zwischen die sich auch noch 
die für halbe Millimeter interpolieren ließen: 


En. Approxi- es | “on. | R 
Milli- DD Milli- | poöhe in | Milli- | ; Milli- j 
meter- Seh meter- | meter- Höhe meter- Höhe 
strich Höhe in strich Graden strich | strich 
Graden | | 
| | 
0 | 90 7 | 55 | 14 | 35 | 20 26 
1 84 8 | 5l 15 | 33 25 al 
Bun 78 N Ka I 38 30 18 
3 | 73 10 | 45 17 | 30 35 | 16 
4 68 I 29 a0 40 14 
5 | 63 12 40 19 | 27 45 2 
6 | 8 13 7 N 50 11 


Beim Gebrauche des Skioklisimeters wird der schattenwerfende 
Draht quer zur Lichtfläche gestellt und die Entfernung der Mittellinie 
des Schattens vom Nullpunkt der Millimeterteilung festgestellt. Fällt 
beispielsweise die Schattenmitte zwischen die Teilstriche 14 und 15, 
so wird die Höhe, in welcher die intensivsten Strahlen sich befinden, 
approximativ 34 betragen. Die Bestimmung des stärksten diffusen 
Lichtes ist um so sicherer, je kleiner das zu prüfende Lichtareal ist. 
Durch das Skioklisimeter kann beispielsweise der euphotometrische 
Charakter der Blätter in bequemer Weise ermittelt werden. Man sucht 
den Schatten im diffusen Lichte auf, welcher die Höhe der stärksten 
diffusen Beleuchtung angibt und dreht an der Vorderkante des Apparates 
dessen Projektionsfläche, d. i. jene Fläche, welche den Schatten auf- 
zunehmen bestimmt ist, so lange empor, bis der dreiteilige, schatten- 
werfende Stab des Apparates mit dem Schatten in eine Ebene fällt. 
Die Neigung dieser Fläche steht senkrecht auf der Richtung des stärksten 
diffusen Lichtes und die Lage des Blattes muß, wenn es euphotometrisch 
ist, mit jener der gesuchten Neigung übereinstimmen. 

Die Kohlensäureassimilation erfolgt bekanntlich nur im Lichte, und 
zwar bei hinreichender Lichtstärke ebenso wie die Chlorophyllbildung (nur 
wenige Pflanzenarten ergrünen, wie die Koniferen, auch im Dunkeln). Das 
ist auch der Grund, weshalb man bei allzu geringer Lichtintensität, z. B. 
des Winters, bei Elodea auch im Lichte keine Gasblasen aufsteigen sieht. 
Ob die Assimilation, wie Stoklasa will, mit Hilfe von in Entstehung 
begriffenem Kalikarbonat erfolgt, ist bisher noch strittig, Tatsache 
aber ist, daß während der Assimilation von Wasserpflanzen im 
Lichte Phenolphthaleinlösung, die der Nährlösung zugesetzt wird, sich 
rötet, während die Rötung im Dunkeln ausbleibt, bzw. verschwindet. 
Diese Erscheinung kann ebensogut darauf bezogen werden, daß das 
während der Assimilation wirksame Kalikarbonat nach seiner Fertig- 
stellung, nachdem es also unwirksam geworden ist, ausgestoßen wird 
und so jene Rötung verursacht, wie darauf, daß während der Assimilation 
vornehmlich Anionen der Nährlösung entnommen werden, während die 
Phenolphthalein rötenden Kationen zurückbleiben. Die Nichtausbildung 
des Chlorophylifarbstoffes im Dunkeln und die damit im Zusammen- 
hang stehende Unverwertbarkeit ‚der Kohlensäure bringen eine der 

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. b) 


130 V. Kohlensäureassimilation. 


heterotrophen Lebensweise analoge Ernährungsweise der Pflanze aus 
ihren Reservestoffen und damit eine von der Norm der im Lichte 
wachsenden Pflanze völlig verschiedene Ausbildungsform ihrer Teile 
hervor, welchen Gesamtkomplex wir als „Etiolement“ bezeichnen. 
Er ist im wesentlichen, abgesehen von der wachsgelben oder schwach- 
grünen (bei nicht vollständigem Dunkel) Farbe der Pflanze durch die 
Überverlängerung des Sprosses und abnormes Kleinbleiben der Blätter 
charakterisiert (Fig.51u.52). Da die Pflanze in diesem Stadium ausschließ- 
lich von den Reservestoffen lebt, hat es also den Anschein, als ob diese 
wesentlich dem Stengel und nur in unbedeutendem Maße den Blättern zu- 
gute kämen, während im Lichte umgekehrt eine Hemmung im Wachstum 
des Stammes und eine 
Förderung im Wachs- 
tum der Blätter sich 
einstellt, sowie die 
Assimilation eintritt. 
Schneidet man die 
Vegetationsspitze des 
Stengels ab und ver- 
schmiert sie etwa mit 
Gips, so kann man, 
Kultur im Lichte vor- 
ausgesetzt, ein abnor- 
mes Großwerden der 
Blattflächen bei der 
Bohne beobachten, 
während im Dunkeln 
die Blätter trotzdem 
zurückbleiben. UÜbri- 
gens muß das Wachs- 
tum und die Organ- 
bildung im Dunkeln 
durchaus nicht so 
lange vor sich gehen, 
als noch Reservestoffe 
vorhanden sind, wie 
sich das bei der Bohne 
Fig. 51. Bohnenkeimlinge, links normale Hehtpflaute, sechia.  _ vollzieht, rauen 
Pflanze kann, wie das 

beim Kürbis der Fall ist, zugrunde gehen, auch wenn die Kotyledonen 
noch beträchtliche Mengen Reservesubstanz enthalten, ein Beweis, daß die 
Ausschaltung des Lichtes nicht nur einfach eine Ausschaltung der Kohlen- 
säureassimilation zur Folge hat, sondern überhaupt tiefgreifende Störungen 
im Stoffwechsel der Pflanze bewirkt. Es kommt eben nicht nur auf Zu- 
fuhr von Nahrung überhaupt, sondern auf geeignete Bildungsstoffe 
an. Sachs führte folgenden Versuch durch. Statt Keimpflanzen 
aus Samen im Finstern erwachsen zu lassen, wurden die Knospen reich- 
belaubter Pflanzen derart in einen finsteren Raum eingeführt, daß die 
daraus hervorgehenden Sprosse sich in diesem entwickeln mußten, während 
ihnen von den zahlreichen großen, vom Lichte getroffenen Laubblättern 
Assimilationsprodukte zuflossen. Aus der in den lichtdichten Kasten 
eingeführten Gipfelknospe von Kürbis entwickelten sich nicht nur 


V. Kohlensäureassimilation. rot 


zahlreiche Blätter, Ranken, neue Sprosse. sondern auch eine große 
Frucht. Schließlich wurde der Raum für den wachsenden Sproß im 
Kasten zu eng und die kräftige Endknospe durch ein im Dach des 
Kastens hergestelltes Loch aus diesem wieder hinausgeschoben. Die 
reichlich gebildeten Blätter innerhalb des Kastens waren rein gelb, 
unbedeutend kleiner als die grünen, normal außerhalb des Kastens im 
Licht gebildeten; die den etiolierten von außen durch Assimilation zu- 
geführten Bildungsstoffe haben für die normale Entwicklung der unter 
Lichtabschluß sich entwickelnden Blätter gesorgt. Die Laubblätter 
sind, wie es scheint, in ihrem Wachstum immer vom Lichte abhängig, 
indem dieses ein übermäßiges Längenwachstum zurückhält, die Breiten- 
ausdehnung begünstigt. Die Internodien dagegen werden vom Lichte 
in ihrer Streckung entweder fast vollständig gehindert (Kartoffel) 
oder doch in ihrem Längenwachstum stark zurückgehalten oder schließ- 
lich übt das Licht einen un- 
merklichen Einfluß auf ihre 
Verlängerung aus. Es gibt 
Blätter, welche im normalen 
Verlauf sich im Dunkeln, 
unter der Umhüllung älterer 
Blätter stark verlängern; 
bei solchen Blättern bewirkt 
das Etiolement eine starke 
Verlängerung und das Licht 
eine Hemmung des Wachs- 
tums. Bei Zea, Triticum, 
Crocus, Iris, Hyacinthus, 
Tulipa, Allium Cepa sind 
die Blätter schon weit heran- 
gewachsen, wenn ihre Spit- 
ze aus den umhüllenden 
Scheiden hervor an das 
Tageslicht zu treten beginnt, 
die weitere Streckung findet 
dann vorzugsweise an den 


= = Fig. 52. Etiolement bei Zea Mays, links normal ergrünte, 
unteren, noch verhüllten Tei- rechts etiolierte, wachsgelb gebliebene, verlängerte Pflanze. 


Ö. Richter.) 
len statt, so daß also das eva 


Längenwachstum, auch wenn die Pflanze im Freien steht, im Finstern sich 
vollzieht; erst die an das Licht gebrachten oberen Teile breiten sich voll- 
ständig aus; die definitive Breite und Flächenentfaltung wird durch das 
Licht bestimmt. Läßt man die Blätter dieser Pflanzen im Finstern wachsen, 
so wird dadurch die Längenstreckung der Blätter befördert, die Aus- 
breitung der hervorgeschobenen Lamina gehindert, die Blätter sind also 
einerseits zu lang, anderseits fehlt ihnen die definitive Form; die Crocus- 
blätter werden im Finstern bis 30 cm lang, im Lichte nur 10 cm, dagegen 
im Finstern nur !/, so breit, ein Unterschied, der sich aber bei ans Licht 
gestellten etiolierten Blättern in wenigen Tagen ausgleicht. Die Blätter 
von Phaseolus, Tropaeolum, Humulus, Bryonia, Solanum sind noch 
sehr klein und zart, wenn sie an die Oberfläche der Knospe hervor- 
treten und dem Lichte ausgesetzt werden. Die Blätter von Humulus 
Lupulus kommen mit 10—15 mm ans Licht und unter dessen Einfluß 
wird der Mittelnerv 80—90 mm lang: im Finstern erwachsene Sprosse 
9* 


132 V. Kohlensäureassimilation. 


entwickeln ihre gelben Blätter bis 10—12 mm Länge und hören dann 
auf, sich zu vergrößern, während eine bedeutende Vergrößerung gleich- 
zeitig mit Ergrünen sich am Lichte einstellt. Bei Phaseolus multiflorus 
hatte die Lamina der über den Boden emportretenden Primordialblätter 
15—16 mm Länge, im Dunkeln, während im Lichte der Mittelnerv der 
Blätter 62—64 mm maß; die größte Breite der grünen betrug 55—65 mm, 
die der etiolierten 23—34 mm. Eine verhältnismäßig bedeutende Größe 
erreichen die Blätter von im Finstern austreibenden Rüben bei Beta 
vulgaris. Umgekehrt liegen die Verhältnisse bei der Streckung der 
Internodien. Das hypokotyle Stengelglied der etiolierten Keimpflanzen 
von Polygonum fagopyrum kann eine Höhe von 35—40 cm erreichen, 
während es im Freien, wo der obere Teil bald ans Licht gelangt, 
2—3 em hoch wird. Das Hypokotyl von Cucurbita Pepo erreicht bei 
etiolierenden Keimpflanzen eine Länge von 40—50 cm über dem Boden, 
bei genügendem Lichte nur 3—4 cm. Bei Brassica Napus sind diese 
Verhältnisse 16 cm respektiv 2—3 cm. Bei der Bohne bleiben die Koty- 
ledonen bis zur völligen Ausnutzung der Reservestoffe am Stengel, 
indem sie dabei immer mehr verrunzeln. Dann fallen sie ab und erst 
jetzt erhalten die Primordialblätter ihre letzte Dehnung. Die Keimung 
der Bohne bietet äußerlich folgendes Bild dar: zuerst vorwiegend Wurzel- 
bildung, dann vorwiegend Streckung und Ausbildung der schon vor- 
handenen Stengelteile des Keimes, endlich der Übergang zur selbständigen 
Vegetation durch Vollendung des Wurzelsystems und völligen Ver- 
brauch der Reservenahrung. Das Ende des Keimstadiums ist physio- 
logisch durch den Moment bezeichnet, in welchem die Kotyledonen 
völlig entleert sind. Das Minimum der Keimungstemperatur liegt bei 
der Bohne gewiß unterhalb 8 °, aber wahrscheinlich oberhalb 7°. Hält 
aber eine solche Temperatur länger an, dann verdirbt der schon hervor- 
getretene Keim, er wird abnorm, indem die Hauptwurzel sich nicht 
weiter verlängert und Nebenwurzeln zu einer Zeit ausbrechen, wo die 
Plumula noch lange nicht die für dieses Stadium normale Größe er- 
reicht hat. Das Maximum der Keimungstemperatur liegt bei 35° R, 
aber hier findet keine normale Keimung mehr statt; das Optimum liegt 
bei 21°. Im Dunkeln erreicht das erste, vollständig gestreckte Stengel- 
glied die Länge von 15—20 cm, bei einer Temperatur von 20—25 ° 
aber bis zu 40-—45 cm, während es sich im Lichte nur bis zu 10 cm er- 
hebt. Der Oberteil dieses Gliedes behält lange Zeit sein embryonales 
Aussehen im Dunkeln und die Nutation, die Primordialblätter bleiben 
klein und zusammengefaltet, die Streckung des Blattstieles findet nur 
in äußerst geringem Ausmaße statt; zu einer Zeit, wo das zweite Stengel- 
glied sich schon zu einer Länge von 5—6 cm gestreckt hat, bleiben die 
Primordialblätter noch zusammengefaltet. Dieses Unterbleiben von 
Entfaltung und Streckung ist übrigens nicht bei allen etiolierten Pflanzen- 
arten zu beobachten: beim Mais z. B. findet die Entwicklung der Blätter 
im Dunkeln in gleicher Weise statt wie im Lichte und nur die gelbe 
Farbe unterscheidet die Dunkelblätter von den im Lichte erwachsenen. 
ötiolierte Keime von Phaseolus, dem Lichte ausgesetzt, werden je nach 
der Intensität des Lichtes und der Höhe der Temperatur in 2—3 Tagen 
grün, und zwar erfolgt das Grünwerden zuerst in der Nähe der großen 
Nerven; allzu langes Verweilen im Dunkeln kann auch bewirken, daß 
Partien der etiolierten Blätter im Licht nicht mehr ergrünen, sondern 
gelb bleiben und absterben, respektive es kann längere Zeit dauern, 


V. Kohlensäureassimilation. 133 


bis das Ergrünen eintritt. Zuerst werden jedenfalls bei jeder Pflanze 
die jüngsten Teile grün, was besonders deutlich bei Maiskeimen 
zu sehen ist, wo die Spitzen der zu lange im Dunkeln gehaltenen Blätter 
zu ergrünen nicht mehr imstande sind, während die jüngeren Teile des- 
selben Blattes ebenso wie die später entstandenen noch gerollten Blätter 
schnell grün werden. 

Bricht man einem trockenen Keim der Bohne beide Kotyledonen 
ab und steckt solche Keime in feuchte Erde, so wachsen sie nur sehr 
wenig, etwa 2 cm, heran, die Primordialblätter werden wohl grün, ent- 
falten sich aber nicht. Ganz anders ist es, wenn man nur einen Kotyledo 
abbricht: dann keimt die Pflanze schnell und wächst so wie eine normale, 
aber sie bleibt schwächlich und alle Teile kleiner. Halbiert man die 
Kotyledonen ohne die Keimwurzel zu beschädigen, so keimt sie normal 
und liefert eine zwar kleine, aber doch gesunde und wachstumsfähige 
Pflanze. Läßt man mehrere Bohnen gleicher Größe in demselben Boden 
keimen und schneidet zur selben Zeit, ohne den zarten Stengel zu ver- 
letzen, beide Kotyledonen ab, so bemerkt man schon am nächsten 
Tage Verlangsamung bis Wachstumsstillstand bei den operierten Keim- 
lingen, was mehrere Tage anhält; dann erholen sie sich wieder und 
wachsen gesund weiter; aber die Pflanzen behalten längere Zeit ein 
zwergartiges sehr zierliches Aussehen, alle Teile sind kleiner, aber sonst 
normal. Je jünger die Keimlinge der Operation unterzogen werden, 
desto störender macht sich deren Einfluß geltend, desto längere Zeit 
brauchen sie zur Erholung. Im Freiland findet die Erholung rascher 
und gründlicher statt als in Topfkultur. 

Wie sehr die Keimpflanze von der Menge der ihr zur Verfügung 
stehenden Reservestoffe abhängig ist, zeigen die interessanten Messungen 
von Marek, welcher zeigte, daß die Zahlengrößen für sämtliche 
Pflanzenteile, Stengelhöhe, Wurzellänge, Zahl der Seitenwurzel, Zahl 
der Internodien, Entwicklung der Blätter, durch die belassenen Reserve- 
stoffe an den Körnern bestimmt ist und daß die Entwicklung der Keim- 
pflanze von der Menge der Reservestoffe abhängt, respektive im genauen 
Verhältnis zur Größe der Körner steht. Werden große Erbsen an ihren 
Kotyledonen soweit reduziert, daß sie dem Gewichte von mittelgroßen 
und kleinen gleichkommen, so erzeugen sie Keimpflanzen von der Höhe 
und dem Stengeldurchmesser, welcher der Höhe und dem Stengeldurch- 
messer der aus mittelgroßen und kleinen Körnern erwachsenen Keim- 
pflanzen gleich ist. In diesen Versuchen wurden auch aus großen Körnern 
entwickelte Keimpflanzen mit solchen aus kleinen Körnern entstandenen 
verglichen. Nach einer Entwicklung von achtzehn Tagen vom Tage des 
Auskeimens an gerechnet, maß die Hauptwurzel von aus großen 
Körnern entwickelten Pferdebohnen 150,8 mm, aus kleinen Körnern 
130,7 mm; die Stengelhöhen waren 125,5 mm und 119,6 mm, die Differenz 
also zugunsten der großen Körner 20,1 mm und 5,9 mm. Erbsen aus 
großen Körnern hatten Wurzeln von 144,1 mm, Stengel von 144,6 mm, 
die aus kleinen Samen Wurzeln von 118,2 mm, Stengel von 148,6 mm. 
Der Mehrzuwachs betrug also hier 25,9 mm zugunsten der großen bei der 
Wurzel, dagegen 4,3 mm zugunsten der kleinen Samen beim Stengel. 
Das ist aber auch der einzige Fall, in dem der Mehrzuwachs zugunsten 
der geringeren Reservesubstanzmenge ausfiel, in allen anderen Fällen 
erscheinen die aus größeren Körnern erwachsenen Keimpflanzen in der 
Ausbildung ihrer Teile bevorzugt. Das sicherste äußere Kennzeichen 


134 V. Kohlensäureassimilation. 


für die wertvollsten Stoffeinlagerungen bei Samen dürfte die Größe 
und Form sein. Die größten Körner enthalten die größte Menge der 
wertvollen Bestandteile und volle, bauchige Körner sind die besten 
Zeugen einer abgeschlossenen Entwicklung und erreichten Reife 
(Marek!). Große Körner produzieren denn auch namhaft bessere 
Qualität und Erntemengen an Pflanzen und die Keimpflanzen eilen 
in der Entwicklung denen aus kleinen Samen voran. Aber die größeren 
Samen liefern nicht nur größere Pflanzen, sondern diese sind auch 
widerstandsfähiger gegen äußere Schädigung, ihr größeres, ausgebreiteteres 
Wurzelsystem setzt sie in die Lage, die Nährstoffe des Bodens, ihre 
größere Assimilationsfläche die Kohlensäure der Luft besser auszunutzen. 
Es wurde schon davon gesprochen, daß in den Anfangsstadien der Ent- 
wicklung die atıs großen Samen entwickelten Pflanzen hinter den anderen 
etwas zurückgeblieben erscheinen, denn die in der Minderzahl vorhandenen 
Nährstoffe bedingen einen rascheren Verbrauch durch die Keimpflanze, 
woraus wieder ihr schnelleres Wachstum resultiert, aber bald werden 
sie durch die aus größeren Samen entwickelten Keimpflanzen weit über- 
holt, bis sich unter günstigen Vegetationsverhältnissen die Unterschiede 
wieder ausgleichen. Interessant sind die Daten der Versuche an Erbsen, 
in denen die Kotyledonen oder Teile derselben den Pflanzen weg- 
genommen worden waren: 


l 


Pa | Länge d. Breite d. 
hi we8gan| ag | Blatt att- 
Benennung des Versuches Sen en BE Ba SI - | spreite | spreite 
DB.E ch E 5.2 am dritten Stengel- 
| iz Ra | knoten gemessen 
Mit ganzen Körnern oder | 
Radieula und Plumula 
mit 2 ganzen Kotyle- | 
denen . ... ul. zul 47.5 Internad.) 124 N 292] 218 13 12 
Erbsen mit 2 halben | | 
Kotyledonen. . . . .[119(5 Te! 24 13 8 7 
Erbsen mit 2 viertel | | | 
Kotyledonen . . . .| 95 (4 a a ce 117 B) 4 
Erbsen mit 2 sechstel | 
Kotyledonen . . . .| 78(3 ee! 7! 7 4 3 
Erbsen mit Resten von 
Kotyledonen . . . .| 17(2 »» )I| 34 | — — — — 
Erbsen ohne Kotyledoner 7.08 ea |, — — — 
median halbierte Radic. 
u. Plum. Ay 4 (1 by 10 — — . — 


In ausgedehnterem Maßstabe hat solche Versuche in neuerer Zeit 
L. v. Portheim ?) durchgeführt und vor allem die einzelnen Teile 
des Stengels vergleichend bei größerem oder geringerem Betrage der 
teservestoffe untersucht. Er fand bei Phaseolus vulgaris am achten 
Tage nach der Aufstellung die erreichte Länge der Hypokotyle der 
den Keimlingen zur Zeit des Versuchsbeginnes zur Verfügung stehen- 
den Reservestoffmenge entsprechend und stellte die Reihe auf: Keim- 


1) G. Marek, Das Saatgut und dessen Einfluß auf Menge und Güte der 
Ernte. Wien 1875. m 

:) L.v.Portheim, Über Formveränderungen durch Ernährungsstörungen 
bei Keimlingen mit Bezug auf das Etiolement. Sitz,-Ber. d, k. Akad, d. Wiss., 
Wien 116 (1907). 


V. Kohlensäureassimilation. 155 


linge mit 2 Kotyledonen — 11, Kotyledonen — 1 Kotyledo — 1, Koty- 
ledo — 0 Kotyledonen. Berechnet man die Gesamtlänge der Pflanzen, 
d. h. die Länge der Hypokotyle und jene der Epikotyle, so wird dadurch 
eine Verschiebung der für Hypokotyle allein geltenden Resultate be- 
dingt. Der größte Unterschied ist bei den normalen Keimlingen und 
bei denen mit einem halben Keimblatt am vierten Tage wahrzunehmen. 
Am siebenten Tage sind unter den längsten Pflanzen 50 %, der Keimlinge 
mit 2 Kotyledonen und 16,95% der Keimlinge mit 1 Kotyledo, während die 
entsprechenden Werte bei den Hypokotylen 33,3 % und 32,8 %, betrugen. 
In gewissen Entwicklungsstadien waren die Keimlinge, denen ein Teil 
der Kotyledonen abgeschnitten worden war, länger als die normalen 
Keimlinge; sie hatten auch schwächere Hypokotyle und kleinere Pri- 
mordialblätter als diese, machten also, abgesehen von ihrer grünen 
Farbe, den Eindruck etiolierter Keimlinge, indem sie die für das Etio- 
lement charakteristischen Erscheinungen der Streckung der Internodien 
des Stengels bei gleichzeitiger Verminderung des Durchmessers und 
Verkleinerung der Blattlamina aufwiesen; am deutlichsten ist diese Er- 
scheinung zu einer Zeit zu beobachten, wo die Keimlinge bereits längere 
Hypokotyle, aber noch kleine Epikotyle entwickelt hatten. Bald nach 
Aufstellung des Versuches sind jene Keimlinge, denen ein Teil der Koty- 
ledonen fehlt, länger als die normalen (besonders deutlich bei jenen 
mit der Hälfte des ursprünglichen Reservestoffvorrates).. Am vierten 
und fünften Tage sind die Keimlinge mit 1 und die mit 4, Kotyledo 
am längsten, dann werden sie von den Keimlingen mit 2 Kotyledonen 
überholt und schließlich sind nur wenige Keimlinge mit 11, und 1 Koty- 
ledo unter den längsten zu finden, von denen mit 4, Kotyledo gar keine. 
Die Gesamtlänge der Keimlinge (Hypokotyl und Epikotyl) betrachtet, 
ergibt sich folgendes: Von den Keimlingen, welche die längsten Stengel 
gebildet hatten, entfielen 


am 4. Tage | am5. Tage am 7. Tage | am 9. Tage 


auf Keimlinge mit 


0,00% | 25,33 9, 49,18 %, 61,29 %, | 2 Kotyledonen 
100,00% | 74,67% | 50,82% 38,71%, | 1%, 1 und % Kotyledonen 
73,33 %, 69,33 9, 24,59 9, 9,68 %, | 1 und % Kotyledo 

26,67 %, 46,67 %, 16,39 ©, 9,68%, 1 Kotyledo. 


Am vierten Tage erreichen also nur Keimlinge mit geringeren 
Reservestoffmengen die größten Längen, am fünften Tage verhält es 
sich ungefähr so wie bei den Hypokotylen und später ist ein starker 
Rückgang der eines Teiles ihrer Reserven beraubten Keimlinge bemerk- 
bar. Während also entsprechend den angeführten Versuchen von Sachs 
verdunkelte Pflanzenteile durch kräftige Ernährung seitens der nicht 
verdunkelten Organe der Pflanze zur normalen Ausbildung gelangen 
können, tritt umgekehrt durch Verringerung der Reservestoffzufuhr 
im Lichte bei Phaseoluskeimlingen Verlängerung, Schmächtigwerden 
der Stengelteile und Verkleinerung der Blattlamina ein. 

Wenden wir uns nun zum Nachweis der entstehenden Assimilations- 
produkte, so ist das sehr schnell nach Beginn der Chloroplastenarbeit im 
Lichte auftretende und nachzuweisende Produkt die Stärke. Mittels 
der gleich zu beschreibenden Sachsschen Jodprobe läßt sich dann Stärke 
im Chloroplasten nachweisen. Aber schon der Umstand, daß die Pflanzen- 
stärke bekanntlich organoide Formen zeigt, verschieden in der Struktur, 


136 V. Kohlensäureassimilation. 


je nach der Pflanzenart, in der sie entstanden ist, auftritt, beweist, 
daß die Stärke nicht unmittelbar durch einen einfachen chemischen 
Prozeß entsteht, sondern daß die Komponenten, aus denen sie gebildet 
wird, durch die formende Kraft des Protoplasten zu Stärke syntheti- 
siert werden. Vielleicht ist die Stärkebildung auch hier eine Art Gleich- 
gewichtsprozeß, durch den infolge Überschusses von löslichem, osmotisch 
wirksamem Bildungsmaterial, etwa Zucker, die osmotisch nicht wirk- 
same Stärke gebildet wird, also ähnlich wie bei Polymerisation in den 
Reservestoffbehältern. Bisher ist übrigens bei höheren Pflanzen nie- 
mals ein anderer Stoff als direktes Assimilationsprodukt aufgefunden 
worden als ein Kohlehydrat (das Auftreten von Öl bei Algen, ferner 
bei Musa, Strelitzia ist überdies nicht unbestritten geblieben), aber unter 
den Kohlehydraten ist die Stärke nicht das einzige, sondern viele 
Pflanzen (Liliaceen, Amaryllideen usw.) bilden bei der Assimilation 
überhaupt keine Stärke sondern nur reduzierende Zuckerarten. Manche 
Pflanzenarten, wie namentlich die Kompositen, aber auch Campanu- 
laceen und einige andere, bilden wohl ein 
Polysaccharid, aber niemals Stärke son- 
dern das Inulin (Fig. 53), welches als 
Polysaccharid der Lävulose zu gelten hat. 
Bei der Assimilation bildet es sich in den 
Blättern von Kompositen z. B. von Zicho- 
rium Intybus, Helianthus tuberosus, Dahlia 
var. im Betrage von 4—5 %, aus, so daß 
man es durch die gebräuchliche mikro- 
skopische Methode — Bildung von Sphäro- 
kristallen beim Einlegen in starken Alko- 
hol — nachweisen kann. Dabei treten 
um die Gefäßbündelscheide herum eigen- 
artige, winzige, kugelige Aggregate auf, 
die sich mit Jodtinktur bräunlichrot färben 
und entweder Inulin oder dextrinartige 


Fig. 53. Sphärokristalle sph von Inulin 


im Gewebe, entstanden durch Einlegen Zwischenprodukte zwischen Lävulose und 
der i inf arıc Schnitte in starke 
r a a a in starken Inulin oder Übergangsprodukte zur Stärke 


bilden (Lävulose geht überaus leicht in 
Dextrose über). Alle diese Kohlehydrate zeigen wechselweisen Über- 
gang in Fett, respektive Öl. Aber auch der Zucker ist zu kompli- 
zierter Zusammensetzung, als daß man an seine primäre Bildung bei 
der Assimilation denken könnte. Als solches primäres Assimilations- 
produkt kommt heute wohl mit großer Wahrscheinlichkeit der Formal- 
dehyd in Betracht, aus welchem auch extra vitam durch Bestrahlung 
mit ultraviolettem Licht Glykolaldehyd, respektive Zucker entsteht und 
aus dem durch einfaches Stehenlassen mit Kalklösung schon vor längerer 
Zeit eine Zuckerart durch OÖ. Loew dargestellt wurde. Nun ist Kalk 
ein Agens, dessen Wirksamkeit in der lebenden Pflanze nicht nur an- 
genommen werden kann, sondern angenommen werden muß, da der 
Kalk einen unentbehrlichen Nährstoff der Pflanze vorstellt und auch 
nachweislich beim Zuckertransport eine große Rolle spielt. Bekanntlich 
ist das Auftreten von Formaldehyd als erstes Assimilationsprodukt 
von A.v. Baeyer zuerst ausgesprochen worden und diejenigen Forscher, 
welche sich seiner Hypothese anschlossen, suchten das Vorkommen von 
Formaldehyd in assimilierenden Blättern zu erweisen. Nun ist es tat- 


V. Kohlensäureassimilation. 137 


sächlich möglich, in assimilierenden Organen das Formaldehyd-Vor- 
kommen nachzuweisen, wie zuerst Pollacci gezeigt hat, dessen Be- 
funde ich durch das einzige bisher gefundene spezifische und auf kleinste 
Mengen Formaldehyd wirksame Reagens, eine Auflösung von 3% 
Diphenylamin in konzentrierter Schwefelsäure, das mit Formaldehyd 
Smaragdgrünfärbung liefert, bestätigen konnte; aber das Auffinden 
des für die Pflanze sehr giftigen Formaldehyds kann kaum dem nor- 
malen Gang der Assimilation entsprechen, sondern die aufgefundenen 
Mengen Formaldehyd sind wohl der Ausdruck einer parallel laufenden 
Nebenreaktion. Man muß sich vielmehr vorstellen, daß normalerweise gar 
nicht Formaldehyd in Substanz gebildet wird, sondern labile Gruppen, 
welche in ihrer stabilen Form den Formaldehyd bilden, unter der Ein- 
wirkung von Kondensationen sofort zu höheren, ungiftigen Komplexen 
zusammentreten. Übrigens erweist sich Formaldehyd als wenig giftig 
für die höhere grüne Pflanze, wenn er ihr vom Luftraume aus in Gas- 
form geboten wird. Offenbar ist in dieser Form der Zerfall in labile 
Gruppen gefördert, während das Formaldehydmolekul in wässeriger 
Lösung durch Hydratation stabilisiert erscheint, wodurch er als Gift 
wirken muß. Ich habe zahlreiche ernährungsphysiologische Versuche 
mit Formaldehyd in dieser Weise der Darbietung angestellt und immer 
eine auffallende Förderung der Versuchspflanzen durch gasförmigen 
Formaldehyd wahrgenommen, selbst wenn das Gas in einer Konzen- 
tration geboten wurde, welche der zehnfachen des normalen Kohlen- 
säuregehaltes der Luft (0,033 Vol. proz.) entsprach. Phaseolus vulg. 
und Lupine wuchsen bei diesen Mengen, welche natürlich durch den 
Geruch wahrgenommen werden können, nicht nur, sondern sie ziehen 
den Formaldehyd dabei in Bereich ihres Stoffwechsels und können mit 
diesem Gas an Stelle von Kohlensäure ihr Auslangen finden, während 
Kohlenoxyd, das ja auch als Reduktionsprodukt der Kohlensäure be- 
trachtet werden kann, stets als Gift wirkt. Von einer Reizwirkung durch 
Formaldehyd, wodurch das Wachstum beschleunigt worden sein könnte, 
kann nicht die Rede sein, da zahlreiche andere organische Substanzen, 
die ich geprüft habe und die dem Formaldehyd als Homologe oder 
Derivate nahestehen, stets auch in ungleich kleineren Mengen toxisch, 
keinesfalls aber wachstumsfördernd wirken. Bedingung für das Ge- 
lingen dieser Versuche ist ein sorgfältiger Abschluß des Kultursubstrates 
vor dem Einflusse des Formaldehyds, denn es hat sich gezeigt, daß 
dieser Aldehyd, welcher ja eines unserer besten Desinfizientien vor- 
stellt, auf nichtgrüne Organismen und Pflanzenorgane als Gift wirkt, 
während durch das Chlorophyll auf irgendeine uns noch unbekannte 
Weise eine Entgiftung desselben stattfindet. Im Dunkeln wird kein 
Formaldehyd aufgenommen, vielleicht deshalb, weil er im Finstern 
in eine nichtflüchtige polymere Modifikation übergeht. Uber die Methoden 
zum Nachweis des von den Pflanzen verbrauchten und zurückgelassenen 
Formaldehyds muß auf meine diesbezüglichen Abhandlungen verwiesen 
werden. 

Der qualitative Nachweis von reduzierendem Zucker wird in der 
Weise geführt, daß man den mit heißem Wasser gewonnenen Extrakt 
aus den betreffenden Pflanzenteilen mit einigen Kubikzentimetern 
Fehlingscher Lösung versetzt und zum Kochen erhitzt. Die an- 
fänglich grüne Farbe des Extraktes macht bald einer gelblichröt- 
lichen Färbung Platz, worauf in der weiteren Folge ein ziegelroter 


V. Kohlensäureassimilation. 


[o 0) 


13 


Niederschlag sich zu Boden setzt (Kupferoxydul); bei Vorhandensein 
sehr kleiner Zuckerquantitäten fällt der Niederschlag nicht sofort, 
sondern es braucht längere Zeit, eventuell 24 Stunden, nach welcher 
Zeit sich der Niederschlag entweder abgesetzt hat oder die Flüssigkeit 
wenigstens in der Aufsicht gelbrot erscheint. 

Der qualitative Nachweis von Stärke kann direkt im Blatte geführt 
werden und ist bei ausreichender Assimilation schon makrochemisch, 
sicher aber bei mikroskopischer Prüfung zu erkennen. Die Prüfung 
auf Stärke, die Sachssche Jodprobe, wird folgendermaßen geführt: 
Das zu untersuchende Blatt wird zunächst mit Wasser gekocht, bis 
seine ursprüngliche Straffheit verschwunden ist. Nach der Abtötung 
des Blattes wird es in starkem Alkohol gekocht, wodurch das Chloro- 
phyll entfernt wird; das Blatt erscheint jetzt weißlich oder gelblich 
und ganz weich. Nun legt man es in eine dunkelbraune Jodlösung 
(eine alkoholische Jodlösung wird mit so viel Wasser versetzt, bis sie 
die Farbe sehr dunklen Bieres angenommen hat) und läßt es so lange 
darinnen, bis sich die Färbung des Blattes nicht mehr ändert. In auf- 
fallendem Lichte, auf einer weißen Porzellanschale oder im durch- 
fallenden Lichte betrachtet, zeigt das Blatt entweder dunkle Flecken 
der Jod-Stärkeverbindung, die unter dem Mikroskop schwarzblau aus- 
sehen, oder ist in seiner ganzen Fläche 
samtartig braunschwarz, bei wenig Stärke 
bräunlich. Oder aber man legt das Blatt, 
ohne es vorher in Wasser zu kochen, nach 
dem Extrahieren des Chlorophylis mit 
Alkohol in eine Lösung von Jod in Chloral- 
hydrat, wobei man den Vorteil hat, das 
Präparat schön aufgehellt und unter dem 
Mikroskop die einzelnen blau gefärbten 
Stärkekörner zu sehen, während nach dem 

Fig. 54. Sachssche Jodprobe. Kochen mit Wasser natürlich der ganze 

Stärkegehalt verkleistertt wird. Daß 
Stärkebildung nur in den belichteten Blattstellen stattfinden kana, kann 
man zu Demonstrationszwecken in der Weise zeigen, daß man das 
Blatt mit einem Stanniol- oder Zinkblechstreifen überdeckt, aus dem 
etwa das Wort ‚Stärke‘ ausgeschnitten ist, und es nun dem Lichte 
aussetzt. Nur an den ausgestanzten Stellen vollzieht sich Stärkebildung, 
so daß nach Vornahme der Jodprobe das genannte Wort in schwarz- 
brauner Farbe auf dem Blatte erscheint (Fig. 54). Wenn man mit einem 
3latte die Stärkeprobe vornimmt, das mehrere Tage im dunklen Raume 
verweilt hatte, so findet man das Blatt stärkeleer; die Entstärkung kann 
auch durch niedere Temperatur und andere Umstände bewirkt werden. 
Die Notwendigkeit des Chlorophyllifarbstoffes für die Stärkebildung 
kann man an den weißen Stellen eines panaschierten Blattes von Acer 
Negundo beobachten: an den weißen Stellen hat sich keine Stärke ge- 
bildet. Die Notwendigkeit freier Kohlensäure erkennt man daran, daß 
ein Blatt, dessen Spaltöffnungen etwa durch Kakaobutter oder Vaseline 
verlegt worden sind, sich auch nach entsprechender Exposition am 
Lichte als stärkefrei erweist, da die Spaltöffnungen, die Eingangspforten 
für die Kohlensäure, nicht funktionieren. Die Kohlensäure kann man 
auch ausschließen, wenn man die Versuchspflanze unter eine Glocke G 
bringt (Fig. 55), in deren Tubus sich ein Natronkalkrohr R befindet, welches 


V, Kohlensäureassimilation. 139 


wohl der Luft Eintritt gestattet, jedoch die Kohlensäure derselben absor- 
biert. Zweckmäßig stellt man den Pflanzentopf in eine Schale C mit starker 
Kalilauge unter die Glocke (erhöht, etwa auf einen Glasblock, damit 
die Kalilauge nicht den Tontopf benetzt und eindringt), damit die 
Kohlensäure mit Sicherheit absorbiert wird. Die Glocke muß luftdicht 
auf einer Glasplatte aufsitzen und mit Vaseline darauf abgedichtet 
sein oder man stellt den Verschluß der Glocke in einer Schale direkt 
durch Natronlauge (sie ist wohlfeiler als Kalilauge) her. Lauge ist zweck- 
mäßiger als feste Ätznatronstücke. Die Pflanze wird in stärkefreiem 
Zustande, also nach mehrtägigem Dunkelstehen, unter die Glocke ge- 
bracht und die Glocke in helles Licht gestellt. Trotzdem wird man 
auch nach längerer Zeit mit der Jodprobe keine Stärke nachweisen 
können, da die Kohlensäure mangelt. Trotzdem wird man aber auf 
diese Weise die Assimilation niemals mit absoluter Sicherheit aus- 
schließen können, da die Möglichkeit vorliegt, daß die im Atmungsprozeß 
abgegebene Kohlensäure direkt, eventuell ohne erst die Pflanze 


1. Autochthone Stärke in 2. Transitorische Stärke in 3. Reservestärke bei Phaseolus. 
den Zellen von Mnium ($S). den Zellen von Phaseolus. St = Stärkekörner; A = Aleuron. 


Fig. 55. Typen von autochthoner, transitorischer und Reservestärke. 


verlassen zu haben, bei der Assimilation Verwendung findet. Versuche, 
welche bei Ausschluß der Assimilation vorgenommen werden sollen, 
können daher nur im Dunkeln angestellt werden, wobei man aber aller- 
dings die Korrelation der normalen Stoffwechselvorgänge empfindlich 
stört. Daß die Stärkebildung kein direkter, sondern ein Magazinierungs- 
prozeß ist, erkennt man, wenn man stärkefreie Blätter (seien es aus- 
gehungerte oder normal stärkefreie, wie die von Iris germanica) auf 
konzentrierter Zuckerlösung schwimmen läßt, wobei sie sich mit Stärke- 
körnern füllen, indem der aufgenommene Zucker sofort in Stärke ver- 
wandelt wird. Das beweist übrigens auch, daß die grünen Pflanzen 
nicht so ausschließlich autotroph sind wie es den Anschein hat, sondern 
daß sie bei Darbietung organischer Substanzen diese ebenfalls als Nahrung 
verwenden können, also fakultativ heterotroph sind. Es wurde von 
Molliard, Lefe&vre u. a. gezeigt, daß Keimlinge von Senf, Kresse 
usw. imstande sind, sogar durch die Wurzeln Aminosäuren aufzunehmen, 
ich habe dasselbe bezüglich der Aufnahme von Mono- und Disacchariden 
bei Phaseolus vulgaris nachgewiesen und auch die von mir festgestellte 


140 V. Kohlensäureassimilation. 


Aufnahme gasförmigen Formaldehyds durch oberirdische Pflanzen- 
organe gehört hierher. Es muß hier übrigens darauf hingewiesen werden, 
daß Phaseolus vulgaris, der normalerweise bei der Assimilation Stärke 
bildet und, wie erwähnt, bei Formaldehyddarreichung mindestens so 
gut oder besser gedeiht als die normal ernährte Pflanze, auffallender- 
weise bei Formaldehydernährung nur wenig Stärke bildet, daß aber 
seine Organe mit reduzierendem Zucker überfüllt sind. Durch diese 
abnormale Art der Ernährung wird die Stärkepflanze Phaseolus zu einer 
Zuckerpflanze, wie es die Liliaceen und Amaryllideen sind, Frühlings- 
pflanzen, deren infolgedessen stärkeres Wachstum einen biologischen 
Zweck erfüllt. Seit altersher wurde von der neueren Physiologie die 
Anschauung übernommen, daß bei Tage, im Licht die Bildung der 
Assimilate, in der Nacht, im Dunkeln deren Ableitung aus den Blättern 
stattfinde (Fig. 56). Man schloß das vor allem daraus, daß im Blatte einer as- 
similierenden Pflanze am Morgen keine oder nur wenig mit der JJodprobe 
nachweisbare Stärke vorhanden ist. Meine Unter- 
suchungen an der Inulinpflanze Ciehorium Inty- 
bus haben ergeben, daß hier der Inulingehalt der 
Morgen- und Abendblätter nur wenig schwankt, 
und daß also offenbar eine fortwährende Ab- 
leitung dieses löslichen Kohlehydrates statt- 
findet, daß aber vielleicht dessen Verarbeitung 
im Stoffwechsel durch die Dunkelheit verlangs- 
amt wird, so daß am Morgen der Inulingehalt 
der Blätter nur unwesentlich abgenommen hat, 
obwohl ja in der Nacht kein neues gebildet wird. 
Meine auf Stärkepflanzen ausgedehnten Unter- 
suchungen haben ergeben, daß sich bei Phaseolus 
vulgaris ein ähnlicher Vorgang vollzieht: wohl 
ist am Morgen die Stärke verschwunden und im 
Blatte mit der Jodprobe nicht auffindbar, aber 
das Blatt ist am Morgen ungleich zuckerreicher 
als am Tage; es ist also nicht die Ableitung 
der Assimilate, welche ausschließlich bei Nacht 
Kig. 56. Fur Demonstration des stattfindet, sondern die Hydrolyse der Stärke, 
bei Kohlensäuremangel. was ja um so verständlicher ist, als, wie oben 
erwähnt, deren Bildung der Ausdruck eines Auf- 

stapelungsprozesses ist, ein chemischer Vorgang, der untertags, also 
bei fortwährender Neubildung von Assimilaten, nach einer Richtung, 
nach der Richtung der Stärkebildung hin sich vollzieht, während bei 
Nacht, wenn die Assimilation sistiert ist, der reversible Vorgang, Wieder- 
umwandlung von Stärke in lösliche Kohlehydrate statthat, die nun 
ihrerseits wandern können. Die Diffusion des Zuckers ist aber offenbar 
durch das Licht stark beeinflußt, hat doch Tröndle gezeigt, wie sehr 
sich die Permeabilität des Plasmas durch das Licht verändert, und so 
dürfte die Ableitung der Assimilate in den ersten Morgenstunden vor 
sich gehen. Vielleicht vollzieht sie sich auch — und das ist die wahr- 
scheinlichste Annahme — ebenso wie die des Inulins, unausgesetzt bei 
Tag und bei Nacht, vielleicht ist sie sogar nach dem Dargelegten bei 
Nacht überhaupt gehemmt und vollzieht sich in stärkerem Ausmaße 
überhaupt untertags. Ma. kann zeigen, daß Blätter von Landpflanzen 
nicht so wie die von Wasserpflanzen unter Wasser Stärke bilden, wenn 


V. Kohlensäureassimilation. 141 


man solche Blätter derart unter Wasser taucht, daß sie zum Teil vom 
Wasser bedeckt sind: der unter Wasser befindliche wird bei der Unter- 
suchung am Abend stärkefrei befunden. Für den Nachweis, daß Stärke 
nur bei voller Funktion der Spaltöffnungen gebildet wird, verwendet 
man am besten solche Blätter, deren Spaltöffnungen sich alle auf der 
Unterseite befinden; Stahl empfiehlt dafür Prunus padus, nach 
Darwin und Acton ist auch Sparmannia africana geeignet; man 
geht am besten so vor, daß man die Unterseite einer Blatthälfte mit 
einem gasdichten Überzug versieht. 

Ebenso wie eine allzu geringe Quantität CO, oder deren Fehlen die 
Stärkebildung verhindert, so auch ein Überschuß "dieses Gases. Übrigens 
stellt der normale Kohlensäuregehalt der Atmosphäre nicht das Optimum 
der Assimilation dar, sondern etwa das Zehnfache desselben. Am ge- 
eignetsten sind für Versuche mit Kohlensäureüberschuß Callitriche und 
Lemna, welche allerdings sehr lange Zeit vorher in der Dunkelheit ge- 
halten werden müssen, um entstärkt zu sein. Zwei Meßzylinder von 
zirka 200 cem Inhalt werden dann, mit 
Wasser gefüllt, verkehrt in Wasser auf- 
gestellt und entstärkte Callitriche- 
pflanzen in die Zylinder hineingetan, 
so daß sie bis zu dem in die Luft 
ragenden Boden des Gefäßes hinauf- 
schwimmen. In den einen Zylinder läßt 
man nun ein Gemenge von gleichen 
Teilen CO, und Luft einströmen, in 
den anderen ein Gemisch von 12 Teilen 
Luft und 1 Teil CO,. Dieses Verhält- 
nis bleibt allerdings nicht ungeändert, 
da ja das Wasser Gas absorbiert, aber 
während der 24 stündigen Dauer des 
Versuches ist sicherlich in dem einen 
Gefäß ein weit höherer ÜO,-Betrag 
vorhanden als das Optimum ausmacht; 
in dem anderen sinkt dieser Betrag 
nicht unwesentlich unter das Optimum. 
Die das Optimum an CO, genießen- 
den Pflanzen sind am Abend vollgepfropft von Stärke, die anderen 
ganz stärkefrei. Um Wasser kohlensäurefrei zu machen, ist folgen- 
des Verfahren angemessen. Ein Kolben (Fig. 57) wird mit Leitungs- 
wasser gefüllt, das vorher gerade gekocht worden ist, so daß es 
als gasfrei gelten kann, und von dem gewöhnlich sich bildenden 
Niederschlag von CaCO, durch Filtrieren getrennt worden ist. Das 
Wasser in A wird 20 Minuten gekocht, während die Verbindung mit 5, 
das eine starke Kalilösung enthält, gelöst ist. Wenn die Flamme unter 
A entfernt wird, stellt man durch Aufsetzen des Stopfens C die Ver- 
bindung mit der Kalilauge her. Während das Wasser im Kolben er- 
kaltet, wird Luft bei D eingelassen, welche, durch die Kalilauge strei- 
chend, von CO, befreit wird. Das so vorbereitete Wasser wird für die 
kohlensäurefreie Kultur von Wasserpflanzen verwendet; das Kultur- 
gefäß muß mit einem Kautschukstöpsel verschlossen sein, durch dessen 
Bohrung ein gefülltes Natronkalkrohr gesteckt ist. Ein genau so ad- 
justiertes Gefäß, in dessen Wasser man aber durch Hineinblasen mittels 


Fig .„ Darwins Methode zur Her- 
ee kohlensäurefreien Wassers. 


142 V. Kohlensäureassimilation. 


eines Glasrohres aus den Lungen Kohlensäure hat einströmen lassen 
und dessen verschließendes Rohr statt mit Natronkalk mit grobem 
Sand gefüllt ist, kann für die normale Kontrollkultur Verwendung 
finden. Sachs hat aber auch gezeigt, daß eine gegebene Blattfläche 
am Abend schwerer ist als am Morgen, entsprechend der Menge der 
gebildeten Assimilate. Von breitbeblätterten Pflanzen, wie Helianthus, 
Cucurbita, Rheum, wird aus dem Blatte mit Schablonen, die ein Quadrat 
mit 10 cm Seitenlänge, bzw. ein rechtwinkliges Stück 10 x 5 cm dar- 
stellen, ein Stück herausgeschnitten. Diese Schablonen dienen dazu, 
um Stücke von 100 ccm respektive 50 gem herauszuschneiden. Das 
Experiment muß, obzwar die ganze Pflanze am vorhergehenden Abend 
ins Dunkle gestellt worden war, bald nach Sonnenaufgang beginnen. 
Fünf bis sechs gesunde Blätter werden gesammelt und jedes der Länge 
nach eng an der Mittelrippe halbiert; die von der Pflanze abgetrennte 
Blatthälfte wird sofort untersucht, die andere Hälfte wird bis zum Abend 
on der Pflanze belassen. Jede Blatthälfte wird folgendermaßen weiter- 
behandelt: sie wird auf eine flache Porzellanschale gelegt, wobei die 
Unterseite des Blattes nach aufwärts gewendet ist, so daß die hervor- 
tretenden Gefäßstränge deutlich zu sehen sind. Die Schablonen werden 
nun zwischen die breiteren Nerven gelegt, daß man möglichst nerven- 
freie Blattstücke erhält. Die rechteckigen Blattstücke werden darauf 
rasch durch strömenden Dampf abgetötet; nachdem sie lufttrocken ge- 
worden sind, werden sie gepulvert, getrocknet und gewogen. Am Ahend 
wird derselbe Prozeß mit den Kontrollhälften durchgeführt. 100 gem 
werden aus den Hälften von sieben Blättern von Helianthus annuus 
herausgeschnitten; in einem Versuche von Acton war das Trocken- 
gewicht von 700gem um 5" a. m. 3,054 g, um 3" p. m. 3,693 g, Differenz 
0,639 g; das entspricht 0,9 g pro Quadratzentimeter der Blattoberfläche 
und pro Stunde. Die Wägungsmethode wird von Sachs auch umgekehrt 
für Demonstration der Stärketranslokation bei Nacht angewendet. Wenn 
man am Abend die Hälften verschiedener Blätter abschneidet und nach 
Prüfung von kleinen Stücken die abgeschnittenen Hälften auf feuchtem 
Filtrierpapier unter eine Glocke in einen kühlen, dunklen Raum und 
daneben die Pflanze in denselben Raum stellt, kann man beobachten, 
daß am Morgen die an der Pflanze verbliebenen Blatthälften weit mehr 
Stärke verloren haben als die weggenommenen Hälften. Sparmannia 
gibt nach Acton ein gutes Ergebnis, wenn sie von 5" p. m. bis 10h 
30 a. m. verdunkelt wird, worauf die an der Pflanze verbliebenen Blatt- 
hälften stärkefrei sind und gut mit den abgenommenen Blatteilen kon- 
trastieren. 

Um die Assimilation von Zucker zu zeigen, werden Wasserpflanzen, 
wie Elodea, Potamogeton, Lemna, Callitriche, in 500 ccm fassende 
Gefäße mit Leitungswasser gesetzt, von denen eines mit 3% Rohr- 
zucker, das andere mit 5%, Glyzerin, das dritte mit keiner orga- 
nischen Substanz versetzt wird. Es ist wichtig, daß ungefähr gleich 
große und gleich kräftige Exemplare gewählt werden und daß die Ob- 
jekte im Verhältnis zu der Wassermenge in den Gefäßen klein seien. 
Die Gefäße werden 8—10 Tage (für Lemna genügen im Sommer 6 Tage) 
im Dunkeln belassen, worauf die Prüfung in bezug auf Aussehen, Wachs- 
tum und Stärkegehalt erfolgt. Die Kontrollexemplare sind stärkefrei und 
tot oder sehr geschädigt, während die mit Zucker oder Glyzerin ge- 
nährten Pflanzen sichtlich besser stehen und mehr oder weniger Stärke 


V. Kohlensäureassimilatıon. 143 


enthalten. Dabei gedeihen die Glyzerinkulturen gewöhnlich nicht so 
vorzüglich wie die Zuckerkulturen. Die bald eintretende Verpilzung 
in solchen Versuchen kann man ein wenig zurückdrängen, wenn man 
die Gefäße vorher mit W%, prozentiger Sublimatlösung und nachher mit 
kochendem Wasser auswäscht. Auch die Kulturflüssigkeiten müssen 
sterilisiert und in den mit Wattestöpseln versehenen Sterilisierkolbken ab- 
kühlen gelassen werden. Für diese Form der Stärkebildung aus dar- 
gebotenem organischen Material ist also kein Chlorophyll, ebensowenig 
wie der ganze Assimilationsapparat nötig, auch farblose Pflanzenteile 
bilden reichlich unter diesen Umständen Stärke. Sehr gut eignen sich 
für diesen Versuch die weißen Blüten von Phlox paniculata. Man läßt 
sie einfach auf den vorhergenannten Zucker- oder Glyzerinlösungen 
schwimmen, während Kontrollpflanzen in reinem Wasser gezogen werden. 
In einigen Tagen füllen sich die organisch ernährten Blüten mit Stärke, 
während die Kontrollkulturen stärkefrei bleiben. Die Verwendung farb- 
loser Organe, wie weißer Blüten, ist auch deswegen vorteilhaft, weil 
das Auskochen mit Alkohol als Entfärbungsmittel unterbleiben kann 
und die Blätter nur durch bloßen Wasserdampf vor Anstellung der 
Jodprobe abgetötet zu werden brauchen. 

Zum Nachweis von Zucker !) dient am besten die Reaktion mit 
Fehlings Lösung, aber es gibt auch eine Reihe schöner Farben- 
reaktionen, die, wenn auch nicht eindeutig, doch zum vorläufigen Nach- 
weise dienen können. Zum Nachweis von Pentosen dient die Farben- 
reaktion mit Phlorogluzin-Salzsäure, mit Arabinose oder Xylose, respektive 
mit Materialien, welche wie Gummiarten diese Pentosen bei der Hydro- 
lyse entstehen lassen, gibt das Reagens eine schöne rotviolette Färbung: 
man bringt in die zu prüfende Lösung eine erbsengroße Menge Phloro- 
gluzin, setzt die gleiche Quantität konzentrierter Salzsäure hinzu und 
erwärmt sehr langsam bis zum beginnenden Kochen. Die rotviolette 
Färbung tritt sehr bald auf und verstärkt sich beträchtlich, um nach 
einiger Zeit einer braunen Trübung durch Abscheidung von Humin- 
stoffen Platz zu machen; verwendet man eine Mischung von Alkohol 
und Ather statt des Wassers (wobei die Erwärmung im Wasserbad 
vorgenommen wird), so bleibt die Färbung dauernd erhalten. Die 
Flüssigkeit gibt im Spektralapparat ein scharfes, schwarzes Absorptions- 
band im Gelb zwischen den Linien D und E rechts von der Natriumlinie. 
Beim Erhitzen mit Salzsäure liefern Pentosen und Pentosane (die Re- 
aktion geht z. B. sehr gut mit Stroh) Furfurol, welches mit den Dämpfen 
der wässerigen Salzsäure flüchtig ist und im Destillat durch essigsaures 
Anilin nachgewiesen werden kann, mit dem es selbst in Spuren intensive 
kirschrote Färbung liefert. Die Lösung von Anilinazetat stellt man 
her, indem man gleiche Volumina von Anilin und Wasser in der Eprouvette 
unter starkem Schütteln so lange mit Eisessig tropfenweise versetzt, 
bis die vorher milchig getrübte Flüssigkeit plötzlich klar wird. Von 
dieser Lösung wird ein Tropfen auf Filtrierpapier getropft und das 
Reagenzpapier vor das Rohr des Destillationsapparates gehalten: jeder 
Tropfen des Destillates liefert die rote Färbung. Allerdings hetern auch 
Hexosen und Hexosane merkliche Mengen Furfurol, man kann aber 


!) Näheres über Zuckernachweis in der ausgezeichneten Abhandlung von 
B. Tollens im 2. Bande von Abderhaldens biochemischen Arbeits- 
methoden 


144 V, Kohlensäureassimilation. 


im großen ganzen diese Reaktion doch als typische Pentosenreaktion 
gelten lassen. Man kann die rohen Pflanzenteile oder auch den Extrakt 
daraus zur Furfuroldestillation verwenden. Methylpentosen (Rhamnose, 
Fukose usw.) geben bei der Destillation mit Salzsäure Methylfurfurol, 
welches mit Anilinazetat nur Gelbfärbung gibt, die durch die Rot- 
färbung ganz verdeckt wird; erwärmt man aber einige Kubikzentimeter 
des Destillates mit ihrem gleichen Volumen konzentrierter Salzsäure 
gelinde, so färbt es sich gelb, Alkohol und Schwefelsäure färben das 
Destillat grün. Zum Nachweis von Hexosen oder Hexosegruppen, ferner 
zum Nachweis aller Polysaccharide, welche Hexosen bei der Hydrolyse 
liefern, dient die Entstehung von Lävulinsäure beim Kochen mit kon- 
zentrierter Salzsäure; die Bestimmung der Lävulinsäure geschieht durch 
deren Extraktion aus der Flüssigkeit mittels Äthers und Überführung 
in das gut charakterisierte, unter dem Mikroskop zahlreiche sechsseitige 
Täfelchen, Sechsecke oder auch (in weniger reinem Zustand) federartige 
Kristalle zeigende Silbersalz. 5—10 g der betreffenden Substanz werden 
im Kolben am Rückflußkühler mit 20—50 ccm Salzsäure von 18—20 % 
im kochenden Wasserbade 5—20 Stunden lang gekocht, bis starke Humin- 
abscheidung eingetreten ist; dann filtriert man die braune Flüssigkeit 
vom Niederschlag ab, schüttelt sie viermal mit Ather aus, trennt die 
ätherische Lösung im Scheidetrichter von der ausgeschüttelten Flüssig- 
keit, destilliert den Ather ab und bewahrt den in ein Schälchen gegossenen 
Rückstand bei gelinder Wärme auf. Ein in Wasser gegossener Tropfen 
des Sirups gibt auf Zusatz von Natronlauge und Jod in der Kälte Jodo- 
formgeruch oder mehr oder weniger starke Ausscheidung von Jodoform. 
Man löst nun, um das Silbersalz darzustellen, den Sirup in Wasser, 
kocht mit etwas Zinkweiß und nachher mit Blutkohle, filtriert und dunstet 
ein; das nun auskristallisierende lävulinsaure Zink wird abfiltriert, wenig 
absoluter Alkohol und Ather darauf gebracht, wieder abfiltriert, worauf 
der Niederschlag meistens hell geworden ist. Nun löst man ihn in 5 bis 
10 ccm Wasser unter Erwärmen, setzt eine Lösung von Silbernitrat 
zu, erwärmt zum Kochen, bis das anfänglich ausgeschiedene Salz sich 
wieder gelöst hat, setzt etwas Blutkohle zu und filtriert, worauf sich 
im Filtrat bald das Silbersalz ausscheidet. Als Farbenreaktion auf 
Dextrose kann man ein Zusammenbringen des Extraktes mit Diazo- 
benzolsulfosäure, etwas Alkali und Natriumamalgam verwenden, worauf 
sich nach zehn Minuten eine rotviolette Färbung zeigt. Zur Ausführung 
der sehr sicheren (natürlich auch Lävulose usw. anzeigenden) Phenyl- 
hydrazinprobe setzt man zum Extrakt eine kleine Menge (0,2—0,3 g) 
salzsauren Phenylhydrazins und ebenso viel Natriumazetat, worauf man 
die Eprouvette im siedenden Wasserbad 30 Minuten erhitzt (nachdem 
man vorher eventuell zur völligen Auflösung der zugesetzten Salze 
etwas Wasser hinzugefügt hat). Darauf wird die Eprouvette sofort 
in kaltes Wasser getaucht, wobei das Osazon in gelben, unter dem 
Mikroskop charakteristisch zu Sternen vereinigten Nadeln ausfällt. 
Das Glukososazon ist durch seinen Schmelzpunkt weiter zu charakte- 
risieren. Eine Reaktion, welche Dextrose, was besonders ins Gewicht 
fällt, von Lävulose zu unterscheiden gestattet, ist die Entstehung von 
Zuckersäure beim Abdampfen von Glukose oder auch von Stärke mit 
Salpetersäure von 1,15 spezifischem Gewicht. 5 g Substanz werden mit 
30 com HNO, in einer Porzellanschale unter Umrühren auf kochendem 
Wasserbad zu einem Sirup eingedampft, bis die Entwicklung von braunen 


V. Kohlensäureassimilation. 145 


Dämpfen aufhört und der anfangs farblose Sirup deutlich und dauernd 
gelb zu werden beginnt. Dann wird er in wenig Wasser gelöst und unter 
Erhitzen über kleiner Flamme solange mit gepulverter Pottasche ver- 
rührt, bis eine Probe der braungewordenen Masse auf befeuchtetem 
rotem Lackmuspapier deutliche Blaufärbung hervorruft, worauf man 
Eisessig zusetzt, bis die Masse stark danach riecht; nach gelindem Ver- 
dunsten der Flüssigkeit wird die Masse von ausgeschiedenem zucker- 
saurem Kali dick, man preßt den Niederschlag auf Ton ab, löst ihn in 
möglichst wenig heißem Wasser und kristallisiert ihn nach eventueller 
Reinigung mit Blutkohle um. Das getrocknete Salz wird gewogen, 
in wenig Wasser unter sehr vorsichtigem Zusatz von Ammoniak zum 
Neutralisieren gelöst und in eine kalte Lösung aus dem 11, fachen Ge- 
wichte des Kalisalzes an Silbernitrat gegossen; es fällt zuckersaures 
Silber, das nach gutem Zerrühren und Stehen abfiltriert, gewaschen, 
über Schwefelsäure im Exsikkator getrocknet und im Porzellantiegel 
stark geglüht wird; es enthält 50,94 %, Ag. 


Um auf Fruktose (Lävulose) zu prüfen, erwärmt man die zu 
prüfende Lösung mit Resorzin und Salzsäure, worauf bei Gegenwart 
von Fruktose oder Fruktose abspaltenden Polysacchariden oder Rohr- 
zucker eine schöne lebhaft rote Färbung eintritt. Die Zuckerlösung wird 
mit Y, ihres Volumens konzentrierter HCl vermischt und eine Messer- 
spitze voll Resorzin dazugefügt; die Erwärmung muß sehr allmählich 
erfolgen. Die nach einigen Minuten sich entwickelnde Färbung ist 
charakteristisch feuerrot und wird mit der Zeit durch Absetzen von 
Huminstoffen grau und undurchsichtig; die rote Flüssigkeit liefert im 
Spektralapparat im roten und violetten Teil des Spektrums zwischen 
Grün und Blau dunkle Bande. Diese Reaktion ist übrigens für Keto- 
hexosen überhaupt charakteristisch. Nimmt man zu konzentrierte 
Säure oder kocht man zu intensiv, so kann auch Glukose allein die 
Reaktion geben; am sichersten ist es, den HCl-Gehalt der zu prüfenden 
Flüssigkeit auf 121, % zu halten (spezifisches Gewicht 1,06), bei Aus- 
schütteln der rotgefärbten Probe mit Essigäther färbt dieser sich gelb. 
Statt Salzsäure verwendet man zweckmäßig ein Gemisch von 750 ccm 
Alkohol von 96 ®° B. und 200 g konzentrierter Schwefelsäure. Erhitzt 
man eine Probe mit 0,05 g Fruktose, 5 ccm des Alkohol-Schwefelsäure- 
gemisches, 5 ccm Alkohol und 0,2 ccm einer 5 prozentigen Resorzin- 
lösung, so tritt nach Einsetzen der Eprouvette in das heiße Wasserbad 
binnen einer Minute die Rotfärbung ein ebenso wie mit Fruktose ent- 
haltenden Polyosen, während mit Dextrose oder Dextrosanen erst nach 
35 Minuten eine Färbung auftritt. Noch schöner fällt die Färbung mit 
Naphthoresorzin statt Resorzin aus. Sehr charakteristisch ist das mit 
Methylphenylhydrazin in schwach alkoholischer Lösung nach 5 bis 
10 Minuten langem Erwärmen auf dem Wasserbade nur mit Fruktose, 
nicht aber mit Dextrose entstehende, bei 158—160° schmelzende, in 
Nadeln kristallisierende Osazon. 

Der Nachweis von Inosit gelingt am besten in der Weise, daß man 
die Substanz mit einigen Tropfen CaCl,-Lösung zur Trockene verdampft, 
den Rückstand mit Salpetersäure befeuchtet und wieder verdampft, 
wobei eine rosenrote Färbung auftritt. 

Rohrzucker liefert die Proben auf die ihn konstituierenden Monosen, 
Dextrose und Lävulose, nicht direkt, sondern erst nach der Hydrolyse, 

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 10 


146 V. Kohlensäureassimilation. 


die man durch Kochen mit einigen Tropfen Salzsäure vornimmt, worauf 
abgekühlt und mit Soda neutralisiert wird. 

Maltose kann am besten durch die Entstehung ihres Osazons 
bei 11, stündigem Erhitzen mit Phenylhydrazin im Wasserbade er- 
kannt werden; dasselbe fällt jedoch nicht schon beim Erhitzen, sondern 
erst während des nachfolgenden Erkaltens aus, kristallisiert in gelben 
Nadeln und schmilzt bei raschem Erhitzen bei 206°. Man kann das 
Maltosazon, das in Azeton leichter löslich ist als andere Osazone, durch 
Ausschütteln mit 50 prozentigem Azeton aus einem Osazongemisch 
isolieren. Am bequemsten zum Nachweis aller Zuckerarten ist wohl 
ihr Drehungsvermögen im Polarisationsapparat, es soll aber auf diese 
Methode hier nicht eingegangen werden, da in pflanzenphysiologischen 
Laboratorien nur selten gute Polarimeter vorhanden sind, und es sei 
diesbezüglich auf die Spezialwerke verwiesen. 

Rohrzucker und Fruktose kann man von Glukose schnell unter- 
scheiden, indem man in die kalten Lösungen dieser Zuckerarten in der 
Eprouvette einige Kubikzentimeter konzentrierter Schwefelsäure am 
Rande so langsam einfließen läßt, daß die Flüssigkeiten zwei über- 
einanderstehende Schichten bilden. Bei Gegenwart von Fruktose und 
Rohrzucker färbt sich die Berührungszone braun, bei Traubenzucker 
nicht. Ganz ähnlich ist Fruktose auch gegen Alkalien viel empfind- 
licher, färbt sich mit Natronlauge sofort braun, während Trauben- 
zucker während dieser Zeit bloß Gelbfärbung zeigt, wird mit Ba(OH), 
sofort gelb, während Dextrose längere Zeit nicht verändert wird. 

Auf der Bildung von Furfurol beruht die Reaktion von Molisch, 
bei welcher zur Probelösung einige Tropfen einer 10—20 prozentigen 
alkoholischen «-Naphthollösung und dann vorsichtig einige Kubik- 
zentimeter konzentrierte Schwefelsäure hinzugefügt werden, die sich 
am Boden der Eprouvette ansammelt. Bei Gegenwart von Lävulose, 
Rohrzucker bildet sich sogleich eine violette Zone in der Kälte, 
bei anderen Zuckern tritt diese Färbung beim vorsichtigen Mischen oder 
leichten Erwärmen in der ganzen Flüssigkeit auf; bei Verwendung von 
Thymol statt Naphthol ist die auftretende Färbung zinnoberrot. Beim 
Kochen mit Naphthoresorzin, Salzsäure und Wasser geben die Aldosen 
Glukose, Mannose, Galaktose nach Rorive und Tollens dunkle 
Absätze, welche nach dem Abfiltrieren und Auswaschen mit Wasser 
sich in Alkohol zu mißfarbigen, bei Galaktose zu lilafarbigen Flüssig- 
keiten lösen, die eine grüne Fluoreszenz zeigen. Im Spektralapparat 
erscheint im Grün ein Band und, von der Galaktose herrührend, daneben 
ein Band in Gelb, dessen Mitte auf der D-Linie liegt. Wenn Lävulose 
gleichzeitig zugegen ist, zeigt sich dieses Band nicht, wohl aber, wenn 
man vor dem Zusatz von Naphthoresorzin mit HCl 1:1 eine halbe 
Stunde im Wasserbade gekocht und die Flüssigkeit dann unter Zusatz 
von etwas Blutkohle filtriert hat. 

Um Fruktose durch die Phenylhydrazinmethode von den übrigen 
Zuckerarten zu Irennen, läßt man die mit Methyl-Phenylhydrazin ver- 
setzte Flüssigkeit ohne Essigsäure zunächst 24 Stunden stehen, saugt 
das etwa ausgeschiedene Mannose- oder Galaktose-Methylphenylhydrazon 
ab und versetzt dann mit Essigsäure, worauf das Methylphenyl-Osazon 
der Fruktose beim Erhitzen ausfällt. Wenn sich Fruklose neben Glukose 
findet, kann man sie nach der Methode von Sieben in der Weise be- 
stimmen, daß man zunächst in einer Probe, etwa mit Fehling scher 


V. Kohlensäureassimilation. 147 


Lösung beide Hexosen bestimmt, dann eine andere Menge der Flüssig- 
keit mit 20 ccm conc. HCl auf 100 ccm der betreffenden Flüssigkeit 
150 Minuten auf dem kochenden Wasserbade erhitzt, wobei die Fruktose 
zerstört, die Dextrose aber nur sehr wenig angegriffen wird. Nach dem 
Neutralisieren bestimmt man wieder den Zuckergehalt und rechnet die 
Differenz auf Fruktose. Wird die Kochdauer und die Konzentration 
der Säure genau eingehalten, so gibt die Methode, wie ich aus eigener 
Erfahrung weiß, befriedigende Resultate. Durch Kombination der 
Fällungsmethoden mit der Polarisation kann man bisweilen ebenfalls 
die Bestimmung vornehmen. 


Zur quantitativen Analyse der’ Zuckerarten sind die 
maßanalytischen Kupfermethoden und die jodometrische Bestimmung 
am zweckmäßigsten. 


I. Maßanalytische Methoden nach J. Bang: Bei Gegenwart 
von Rhodankali wird alles in einer Lösung vorhandene Kupfersalz als 
Kupferrhodanür ausgeschieden, wenn die Lösung nur Alkalikarbo- 
nate, keine Alkalihydroxyde enthält. Es bildet sich also, wenn man 
zu einer Kupfersalz enthaltenden Lösung, die Alkalikarbonat im 
Überschuß führt, eine Rhodankali enthaltende Lösung fügt, eine 
quantitative Ausfällung von Kupferrhodanür. Nun hat der Zucker 
die Eigenschaft, das Kupfersalz zu reduzieren, so daß die blaue 
Lösung farblos wird. Nach Bang verwendet man aber nur so viel 
Zuckerlösung, daß die Flüssigkeit überschüssiges Kupfersalz ent- 
hält, also blaugefärbt bleibt, worauf man den Überschuß, das 
nicht verbrauchte Kupfer, durch Hydroxylaminlösung bis zur Ent- 
färbung zurücktitriert. 1 ccm Hydroxylaminsulfat entspricht genau 
l cem Kupferlösung, wenn genau 6,55 g des Hydroxylaminsulfats in 
2000 ccm Wasser gelöst sind. Die Lösung I enthält 12,5 g chemisch reines 
Kupfersulfat, 250 g Kaliumkarbonat, 200 g Rhodankali, 50 g Kali- 
bikarbonat und 1000 ccm Wasser. Man löst die Salze bis auf das Kupfer- 
vitriol unter Erwärmen in zirka 600 cem Wasser und läßt nachdem 
Abkühlen das in zirka 75 cem Wasser gelöste Kupfervitriol langsam 
in dünnem Strahle zufließen, wobei man fortwährend umrührt. Man 
füllt auf 1000 ccm auf und filtriert nach 24 Stunden von dem gewöhnlich 
reichlich ausgeschiedenen kristallinischen Niederschlag ab. Die Maße und 
Reihenfolge der Operationen sind genau einzuhalten. Die Lösung ist 
höchstens vier Wochen haltbar; ferner ist sorgfältig darauf zu achten, 
daß die Lösungen beim Zusammenschütten nicht über Zimmertemperatur 
warm sind. Lösung II enthält 6,55 g Hydroxylaminsulfat (auf der 
analytischen Wage gewogen), 200 g Rhodankali und 2000 ccm Wasser. 
Es ist zweckmäßig, die beiden Lösungen vor dem Gebrauch gegen- 
einander einzustellen. Die genau mit der Pipette entnommene Zucker- 
lösung (sie muß so verdünnt werden, daß die reagierende Quantität 
die Kupferlösung beim Kochen nicht zur Entfärbung bringt, was man 
im Vorversuch feststellt, um eventuell die Zuckerlösung vorher zu ver- 
dünnen) wird in einem kleinen, breithalsigen Kölbehen mit 50 ccm der 
Lösung I vermischt, die man aus der Bürette entnimmt, und die Mischung 
genau 3 Minuten (vom Beginn des Siedens) am Drahtnetz gekocht, dann 
sofort unter der Wasserleitung auf Zimmertemperatur abgekühlt und 
mit Lösung Il auf Entfärbung oder die ursprüngliche Färbung des 
zuckerhaltigen Extraktes titriert. Enthält die Zuckerlösung mehr als 

10 * 


148 V. Kohlensäureassimilation. 


60 mg in 10 ccm, so werden 50 cem von Lösung I vollkommen redu- 
ziert; man muß daher weniger als 10 ccm verwenden. 


Tabelle zur Berechnung der Zuckermenge. 


Hydro- | L Hydro- | B cem | IR Hydro- 
en | Zu xylamin | Bu Hydro- | Zucker = min | Zucker 
cem IE cem | 2 xylamin | 5 cem »& 
1 | 
| 
— | — 32,45 16 19,35 31 8,20 46 
== | — 31,50 | 17 18,55 | 32 7,65 47 
De 30,55 18 17.754 93.93 7,05 48 
— — 29,60 | 19 16,95 34 6,50 49 
43,85 | 5 28,65 20 16,155 | 35 5,90 50 
42,75 6 27,75 21 15,35 | 36 5,35 Sl 
41,65 7 26,85 22 14,60 .37 4,75 52 
40,60 8 26,00 23 13,80 38 4,20 53 
39,50 ) 25,10 | 24 13,05 39 3,60 54 
38,40 10 24,20 | 25 12,30 40 3,05 55 
47,40 11 23,40 26 11,50 -| 41 2,60 56 
36,40 12 22,60 27 10,90 42 2,15 57 
35,40 13 21,75 28 10,20 | 43 1,65 58 
34,40 14 21,00 29 9,50 44 1,20 | ..89 
33,40 15 20,15 30 8,80 45 0,75 60 


Die eben beschriebene Bang sche !) Methode hat vor allem den 
großen Vorteil, sehr expeditiv zu sein und eine durchgreifende vor- 
gängige Enteiweißung des Extraktes unnötig zu machen; indessen zeigt 
sie mehrere große Nachteile, vor allem, daß die Reagenzien, von denen 
ja ziemlich. viel verbraucht wird (50 ccm Kupferlösung für eine Be- 
stimmung), teuer sind; ferner daß die Kupferlösung im Verlauf von 
drei Monaten ihren Titer völlig ändert und unbrauchbar wird, und 
schließlich, daß die Vorschriften für die Bereitung der Lösungen ziem- 
lich genau eingehalten werden müssen, will man zu richtigen Werten ge- 
langen. Setzt man z. B. die Kupfersulfatlösung vor Auflösung der 
Salze dem Rhodankali zu, so wird der Titer falsch, das Kupfersulfat muß 
exakt auf der analytischen Präzisionswage gewogen werden und genau 
in 75 ccm aufgelöst sein (ein Auflösen in 100 ccm bedingt schon beim 
folgenden Zusatz die Rhodanlösung einen falschen Titer). Schließlich 
ist der Umschlag von Blau zu farblos bei reinen, farblosen Zucker- 
lösungen wohl äußerst prägnant, nun haben wir es aber fast immer mit 
mehr oder weniger braun gefärbten Säften zu tun, bei denen Misch- 
farben eine Rolle spielen können. Die Bangsche Methode ist aber 
durch neue Vorschriften und durch Ausarbeitung eines anderen Analysen- 
ganges wesentlich verbessert worden ?). Zunächst läßt sich das kost- 
spieligere Rhodankali durch Chlorkali ersetzen, mit dem das Kupfer- 
oxydul ebenfalls eine farblose Verbindung liefert, wodurch auch die 
Haltbarkeit der Kupferlösung eine unbegrenzte wird, der Titer bleibt 
unverändert. Allerdings ist folgendes zu bedenken: KCl vermag nur 
relativ geringe Kupferoxydulmengen in Lösung zu halten, nämlich eine 
höchstens 20 mg Zucker entsprechende (gegen 60 mg bei KCNS), so 
daß man die Zuckerlösung, welche man zu bestimmen wünscht, so 


ı J. Bang, Zur Methodik der Zuckerbestimmung Biochem. Zeitschr. 2, 
271 (1906). 

®) J. Bang, Zur Methodik der Zuckerbestimmung II. Biochem. Zeitschr. 
49, 1 (1913). 


V. Kohlensäureassimilation. 149 


weit verdünnen muß. Ein großer Vorteil der neuen Methode besteht 
aber darin, daß man nicht wie früher das nicht reduzierte Kupfer- 
oxydul bestimmt und daraus das vom Zucker reduzierte indirekt be- 
rechnet, sondern direkt das vom Zucker reduzierte titriert; das bedeutet 
soviel, daß man nun nicht mehr nötig hat, den Titer der Kupferlösung 
genau einzustellen, sondern bei Bereitung der Kupferlösung die Salze 
auf der Handwage grob abzuwägen braucht. Die Titrierflüssigkeit be- 
6 bzw... oder 5 Jodlösung. Man braucht folgende 
Lösungen: 1. Die Kupferlösung. 160 g KHCO,, 100 g K,CO, 
und 66 g KCl werden mit 700 ccm Wasser in einem Literkolben gelöst; 
das Bikarbonat muß zu diesem Zwecke fein gepulvert und zuerst 
unter Erhöhung der Temperatur auf zirka 30° C in Lösung gebracht 
werden, dann wird das KCl und schließlich (unter schwacher Abkühlung; 
das Karbonat gelöst. Jetzt fügt man 100 ccm einer 4,4 prozentigen 
Lösung von CuSO,+ 5H,0 hinzu und füllt, bis die schwache 
CO,-Entwicklung vorüber ist, bis zur Marke auf. Die Lösung darf 
nur leise geschüttelt werden, weil sie sonst zuviel Luft absorbiert, 
und erst nach 24 stündigem Stehen verwendet werden. Diese Lösung 
ist de Kupferstammlösung, von ihr werden 300 ccm mit 
gesättigter KCl-Lösung auf 1000 cem verdünnt; auch hier darf man 
nur leise schütteln und die Lösung für exakte Bestimmungen erst 
nach mehrstündigem Stehen verwenden. 2. Die zum Titrieren be- 
stimmte Jodlösung. Eine Kupferoxydlösung wird durch JK unter 
Bildung von freiem J reduziert: CuCl;, + KJ = CuCl + KC1-+J; 
diese Reduktion findet aber nur in saurer Lösung statt, inalka- 
lischer Lösung wirkt das freigewordene Jod oxydierend unter 
Bildung von Kupferoxyd: CuCl + J + K,CO, = CuCO, + KC1l + JK. 


Eine durch Verdünnung einer m Jodlösung hergestellte 5 ö Jodlösung 


steht in einer 


hält sich, in einer dunkelgefärbten Flasche aufbewahrt, unverändert 
monatelang; man kann sie aber auch für den täglichen Gebrauch her- 
stellen, indem man zirka 1 ccm einer 2prozentigen Kaliumbijodatlösung 


in ein 100 ccm-Meßkölbchen gießt, 2—2,5g JK und genau 10 ccm „Ha 


zusetzt, wodurch eine der Salzsäure äquivalente Jodmenge frei wird 
und sich in dem überschüssigen Jodkali auflöst, worauf man mit Wasser 
bis zur Marke auffüllt. 3. Stärkelösung als Indikator. Allerdings 
wird die sich oxydierende farblose Kupferoxydullösung auch blau, ebenso 
wie die Jodstärke blau ist, aber bei den 50 ccm der 10 mg Zucker ent- 
sprechenden verdünnten Kupferlösung ist die Farbe himmelblau, während 
die Farbe der Jodstärke tiefschwarzblau ist, wodurch beide auffallend 
kontrastieren. Das ist schon bei einer n 
stärkt sich mit steigender Konzentration der angewendeten Jodtiter- 


ö Jodlösung der Fall und ver- 


n 
100 Jodlösung entsprechen 10 mg Zucker 


oder durchschnittlich 2,67 cem einem Milligramm Zucker. Der größte 
Vorteil der beschriebenen Methode ist, abgesehen von der größeren 
Genauigkeit der Jodometrie, daß hier Störungen durch Extraktfarben 
nicht vorkommen können, da man ja nicht auf ‚farblos‘ titriert. Be- 


flüssigkeit. 26,5 ccm einer 


150 V. Kohlensäureassimilation. 


sondere Sorgfalt muß auf die Verhinderung der Luftoxydation (Blau- 
färbung) während des Abkühlens verwendet werden. Man benutzt 
ein Jenaerkölbcehen von 100 cem Inhalt mit geradem Hals ohne Rand. 
Die Zuckerlösung (0,1—2 cem oder mehr, je nach der Konzentration) 
und später die Kupferlösung (55 cem) werden in das Kölbchen eingeführt 
(55 ccm Kupferlösung entsprechen bei vollständiger Entfärbung 10 mg 
Zucker). Jetzt zieht man einen Gummischlauch von 4—5 cm Länge 
über den Kolbenhals, so daß der Kautschuk fest anliegt und noch etwa 
2 cm überragt. Man kocht drei Minuten, setzt aber, wenn noch einige 
Sekunden fehlen, einen stark federnden Quetschhahn nach Mohr 
über den Schlauch, klemmt nach vollen drei Minuten zu und nimmt 
augenblicklich das Kölbchen von der Flamme, kühlt unter der Wasser- 
leitung bis auf Zimmertemperatur, nimmt den Gummischlauch ab, 
setzt Y,—1 cem Stärkelösung zu (1 g lösliche Stärke in 100 cem ge- 
sättigter KCI-Lösung, unbegrenzt haltbar) und titriert mit der Jod- 
lösung bis zum Umschlag in Tiefblau. Anfangs wird das Jod momentan 
verbraucht; die Schnelligkeit der Färbung bietet ein 
ungefähres Maß dafür, wieviel Jodlösung man im Strahl 
zufließen lassen kann. Wenn die Jodstärkefärbung er- 
scheint, muß man das Kölbehen einmal leise um- 
schütteln und ruhig einige Augenblicke abwarten; in 
der Nähe des Umschlagpunktes hält die Färbung 2 bis 
3 Sekunden an und geht dann zurück: der Endpunkt 
ist erreicht, wenn die Jodstärkefärbung mindestens 
5—10 Sekunden andauert. Das Wichtigste ist die Ver- 
hinderung der Luftoxydation beim Abkühlen. Zu 
diesem Zweck bedient man sich folgender Vorrichtung 
(Fig. 58): Nach Befestigung des Gummischlauches $ 
am Kölbchen K wird der abgebildete Apparat daran an- 
A gebracht. Ein Metallbügel, der oben einen Keil B trägt, 
wird am Kolbenhals befestigt, und nach beendigtem 
Kochen wird der Bügel von den beiden Korkplatten C 
Fig. 58, Bangsches AUS einen Moment zugedrückt, der Keil springt dann 
Kölbehen zur Zucker- sofort herunter und der Gummischlauch schließt 
luftdicht; nach der Abkühlung hebt man den Keil 

wieder, indem man zugleich bei B zudrückt. Die Korkplatten dienen 
zugleich zum Halten des heißen Kölbchens. Einfacher ist es, sich 
eines breiten Federquetschhahnes zu bedienen, der im Moment 
der Beendigung des Kochens über den Schlauch geschoben und vor 
dem Titrieren soweit geöffnet wird, daß die ausgezogene Spitze der 
Bürette in den Schlauch und Kolbenhals eingeführt werden kann; der 
Quetscher liegt am Bürettenhals eng an und verschließt den Kolben 
bis auf den schmalen Büretteneingang, gleichzeitig wird durch diese 
Vorrichtung ein energischeres Schütteln des Kölbchens unmöglich. 
Wichtig ist auch die Intensität der Erwärmung, welche so geleitet sein 
soll, daß die Kupferlösung in zirka 34, Minuten zum Kochen gelangt, 
von welchem Moment an sie genau 3 Minuten im Kochen erhalten werden 
muß. Nach Abklemmen des Schlauches setzt sich das Kochen wegen 
der Luftdruckverminderung auch beim Abkühlen noch 1, Minute fort. 


Der Umschlag der Färbung erfolgt bei dü Jodlösung auf 2—4 Tropfen, 


V. Kohlensäureassimilation. 151 


bei 35 Jodlösung schon auf einen Tropfen hin, der Fehler übersteigt 


nicht + 0,2 mg Zucker; die Reduktion verläuft, wie die folgende Tabelle 
zeigt, bis auf die beiden letzten Werte proportional mit der Zuckermenge, 
bei 10 mg Zucker wird alles Kupferoxyd verbraucht, die Flüssigkeit 
also ganz entfärbt. Für praktische Zwecke, wo es nicht auf sehr große 
Genauigkeit ankommt, ist eine Indextabelle überflüssig, man braucht 
nur die gefundenen Kubikzentimeter Jodlösung durch den Faktor 2,7 
zu dividieren, um den Zucker in Milligrammen zu bestimmen. Man kann 
mit der beschriebenen Methode sehr genau Zuckermengen von 0,1—10 mg 


bestimmen. Will man in Jodlösung benutzen, so ist es zweckmäßig, 


N. e LE? n 
sich einer in !/,, eem geteilten Bürette zu bedienen. Die mittels 10 Jod- 


lösung gefundenen Werte sind fast genau zehnmal kleiner als die mit 


160 Jodlösung gefundenen, der Divisionsfaktor ist in dem ersteren Falle 


0,285, im letzteren 2,70, bei 55 Jodlösung 0,28 » 2,5 = 0,7. Die Kupfer- 


lösung bietet ferner den Vorteil, daß sie in kaum nennenswertem Grade 
von anderen Stoffen als Zucker reduziert wird, wichtig ist aber, daß die 
zu prüfende Lösung kein Eiweiß enthalten darf, also vorher, etwa 
mit Bleiazetat, enteiweißt und das Blei mit Na,SO, entfernt werden 
muß. Andere jodbindenden Stoffe kommen bei Pflanzenextrakten 
kaum in Betracht, sie stören aber auch die Titration nicht, wenn man 
darauf Rücksicht nimmt, daß die Titration als beendigt anzusehen ist, 
wenn die Jodstärkefärbung 10—20 Sekunden andauert, eine langsame, 
nachschleppende, auf jodbindende Stoffe zu beziehende Entfärbung 
aber nicht beachtet. 


| 
| N | 


Dextrose mg | 100 | 55 | jg gem Jodlösung 
| | | 
1 2,60 0,73 | 0,30 
2 5,25 | 1,45 | 0,58 
3 8,10 | 2,20 | 0,86 
4 10,85 | 2,95 1,15 
5 13,55 3,65 1,46 
6 16,25 4,15 1,73 
2 18,85 4,85 2,01 
8 21,40 5,50 2,31 
9 23,60 6,20 2,51 
10 25,65 6,95 2,80 


Ir 


Mitunter kommt es darauf an, in Pflanzensäften neben Dextrose 
auch Fruktose zu bestimmen. Selbstredend kann die B an g sche Methode 
ebenso wie zum quantitativen Nachweis von Dextrose auch für den der 
Fruktose Anwendung finden; liegen aber beide vor — und es gibt wohl 
keinen zuckerhaltigen Pflanzenextrakt, in welchem nicht beide vor- 
lägen, und selbst bei der Hydrolyse von Inulin, dem Polysaccharid der 
Fruktose, entsteht neben dieser Monose Dextrose im Verhältnis 11:1, 
offenbar wegen der überaus leichten Überführung der einen in die andere 
durch hydrolysierende Agenzien —, dann bestimmt man natürlich auf 


152 V. Kohlensäureassimilation. 


diese Weise beide zusammen. Eine Möglichkeit, Fruktose neben Glu- 
kose zu bestimmen — zu absolut exakten Werten gelangt man wegen 
der genannten leichten Umwandelbarkeit niemals —, gibt die Methyl- 
phenylhydrazinmethode von Neuberg, mit welcher es mir mikro- 
chemisch oft gelungen ist, beide Monosen wenigstens nebeneinander 
sichtbar zu machen. 10—11 ccm der ziemlich konzentrierten Zucker- 
lösung bringt man mit überschüssigem Methylphenylhydrazinchlor- 
hydrat, das in Alkohol gelöst ist, und einer gleichen Quantität kon- 
zentrierter Natriumazetatlösung eine halbe Stunde aufs Wasserbad, 
läßt dann erkalten, wäscht am nächsten Tag mit Wasser aus, trocknet nach 
dem Abfiltrieren das gebildete schwer lösliche Fruktose-Methylphenyl- 
osazon C,H ,00,; (nl 
(nicht zu langes Erwärmen und nicht zu langes Stehen) gibt nur die 
Fruktose, nicht aber die Dextrose ein schwerlösliches Osazon. 

Sehr gute Resultate bei Einhaltung der Bedingungen erhielt ich 
mit der Methode von Sieben, Zerstörung der Fruktose durch Kochen 
mit konzentrierter Salzsäure. Man verwendet eine Salzsäure vom spezi- 
fischen Gewicht 1'12, versetzt je 100 cem der Flüssigkeit mit 20 ccm 
derselben und kocht drei Stunden lang am siedenden Wasserbad. Glu- 
kose wird durch dieses Verfahren kaum angegriffen. Hat man vorher 
die Summe der Monosen bestimmt und wiederholt man (nach Abfiltrieren 
der gebildeten Huminsubstanzen) die Bestimmung, so kann man aus 
der Differenz die vorhanden gewesene Fruktose berechnen. Die Zer- 
störung der Fruktose beginnt sehr bald, aber die Geschwindigkeit der 
Zerstörung verringert sich später ungemein, so daß sie praktisch tat- 
sächlich erst nach dreistündiger Kochdauer beendigt ist; durch längeres 
Kochen wurde auch die Glukose merkbar angegriffen. Auf diese Ver- 
hältnisse muß man auch beispielsweise bei der Hydrolyse von Inulin 
Rücksicht nehmen; bei einiger Übung kann man diese über Asbestnetz 
auf offener, mäßiger Bunsenflamme vornehmen, was bei der Sieben- 
schen Zerstörung absolut vermieden werden muß; aber auch hier beginnt 
schon nach einer Kochdauer von zehn Minuten (bei 100 ccm einer zirka 
einprozentigen Lösung) die Zerstörung der Lävulose, nachdem die 
Hydrolyse innerhalb dieser Zeit vollkommen beendigt ist. 

Einigermaßen genauere Resultate, wenn auch auf recht umständ- 
lichem Wege, der übrigens auch nicht immer zu exakten Werten führt, 
gibt eine Kombination der maßanalytisch gefundenen Werte mit der 
Polarisationsmethode, worauf ich aber hier nicht eingehen kann. 

Zu der quantitativen Bestimmung mehrerer Zuckerarten neben- 
einander übergehend, möchte ich als Beispiel eine Analyse vonBoysen- 
Jensen!) anführen: ‚Die keimenden Samen (in Portionen von 20 g) 
wurden unter Zusatz von 2 g Bariumkarbonat (zur Neutralisation der 
Hydrolyse bewirkenden Pflanzensäuren) im Mörser fein zerrieben und 
in einem gewogenen 250 cem fassenden Erlenmeyerkölbehen mit 200 g 
70 prozentigen Alkohols übergossen. Nachdem die Kölbchen im Wasser- 
bade aufgekocht waren, wurden sie zirka acht Tage bei Zimmertemperatur 
hingestellt und dann wieder gekocht, womit die Extraktion als beendet 
zu betrachten ist. Das Gewicht der Flüssigkeitsmenge kann mit 


en 5), und wägt. Unter diesen Bedingungen 
3 


' P. Boysen-Jensen, Über die synthetischen Vorgänge im pflanzlichen 
Organismus I. Die Rohrzuckersynthese, Bioch. Zschr. 40, 424 (1912). 


V. Kohlensäureassimilation. 153 


215 g (Alkohol + Wassergehalt + alkohollösliche Verbindungen des 
Materials) hinlänglich genau angenommen, im übrigen jeder dieser 
Werte für das verwendete Material durch vorgängige Bestimmungen 
festgestellt werden. Nach erneuter Wägung und Ersatz des verdunsteten 
Alkohols werden 150 g vom Extrakt abfiltriert, auf dem Wasserbade 
zur Trockene eingedampft und der Rückstand in 45 ccm Wasser ge- 
löst. Dazu 5 ccm einer 10 prozentigen, schwach essigsauren Bleiazetat- 
lösung zugesetzt, um die Eiweißstoffe zu fällen, von dem jetzt 50 ccm 
betragenden Volumen der Flüssigkeit 40 ccm abfiltriert und zum Ent- 
bleien 10 ccm einer 10 prozentigen Na,SO ‚-Lösung zugesetzt. Es werden 
wieder 40 ccm (zweckmäßig über doppeltem quantitativen Filter) ab- 
filtriert, das Filtrat neutralisiert (mit Soda) und auf ein Volumen von 
50 cem gebracht. Von dieser Flüssigkeit werden je 10 cem für die 
einzelnen Bestimmungen verwendet und die gewonnenen Zahlen mit 

215 -5+5-5 
dem Faktor een 
menge des Materials umzurechnen. Die Flüssigkeit enthält nun alle 
in 70 prozentigem Alkohol löslichen Zuckerarten, von denen in Keim- 
pflanzen wohl nur Dextrose, Lävulose, Saccharose, Maltose eine Rolle 
spielen. 

MaßanalytischeMethodevonFehling-Soxhlet. Lösung: 
Chemisch reines Kupfervitriol wird zur vollständigen Reinigung einmal 
aus verdünnter Salpetersäure und dreimal aus Wasser umkristallisiert. 
Man sorgt durch Rühren mit dem Glasstab dafür, daß sich keine großen 
Kristalle bilden, saugt dieselben ab und trocknet sie zwischen Filtrier- 
papier; von den lufttrockenen Kristallen werden 34,639 g in destilliertem 
Wasser aufgelöst und in einem 500 cem-Meßkolben bis zur Marke auf- 
gefüllt. 

Lösung II: Seignettesalz (Kali-Natrontartrat) wird ebenso dreimal 
aus Wasser umkristallisiert, dann in 400 ccm Wasser gelöst und 100 ccm 
NaOH dazugefügt, in welcher 516 g Natriumhydroxyd auf den Liter 
gelöst sind. Wenn man sich Lösung II nicht zu jedem Versuch frisch 
herstellen will, muß man Seignettesalz und Natronlösung in getrennten 
Gefäßen aufbewahren, letztere in einer dunkeln Flasche, deren Kork- 
stöpsel in einer Bohrung ein Natronkalkrohr zum Abhalten der Luft- 
kohlensäure trägt. 

Man stellt zunächst einen Vorversuch an, indem man 25 ecm der 
Lösung I und 25 ccm der Lösung II, die man mit Pipetten entnommen hat, 
in der Porzellanschale mischt, zum Kochen erhitzt und nun aus einer Meß- 
bürette, welche oberhalb der Porzellanschale angebracht ist, nach und 
nach so viel von der Zuckerlösung zusetzt, bis die Flüssigkeit nicht 
mehr blau erscheint. 50 ccm Fehlingscher Lösung reduzieren 23,75 ccm 
einer einprozentigen Traubenzuckerlösung, 24,7 ccm einer einprozentigen 
Invertzuckerlösung, 33,8 cem einer einprozentigen Milchzuckerlösung, 
25,5 ccm einer einprozentigen Galaktoselösung, 25,7 ccm einer ein- 
prozentigen Lävuloselösung, 38,9 ccm einer einprozentigen Maltoselösung. 
Daher kann man aus der Menge der gebrauchten Zuckerlösung an- 
nähernd ihren Gehalt berechnen. Darauf verdünnt man die Lösung 
so weit, daß sie nur 1% Zucker enthält, und führt dann die eigent- 
liche Probe durch: 

Zu 50 com Fehlingscher Lösung setzt man zirka 23 ccm der 
ungefähr einprozentigen Zuckerlösung, welche Traubenzucker enthält, 


— 11,2 multipliziert, um auf die Gesamt- 


154 V. Kohlensäureassimilation. 


respektive eine entsprechend größere Menge bei anderen Zuckerarten 
zu und kocht 2—6 Minuten, worauf man die ganze Flüssigkeit durch 
ein doppeltes Faltenfilter gießt. Sobald 3—5 ccm des Filtrates durch- 
gegangen sind, säuert man dasselbe mit Essigsäure an und versetzt mit 
einem Tropfen gelben Blutlaugensalzes; tritt dunkle Rotfärbung ein, so 
sind noch größere Mengen Kupfers zugegen. Blaßrosafärbung deutet auf 
Spuren von Kupfer, und tritt keine Verfärbung ein, so ist alles Kupfer 
aus der Lösung ausgeschieden. In letzterem Falle nimmt man zum 
nächsten Versuch 1 cem weniger, in den ersteren Fällen 1 ccm Zucker- 
lösung mehr. Man macht so viele Bestimmungen, bis zwei Bestimmungen 
nur um 0,1 ccm der zugesetzten Zuckerlösung differieren und das eine 
Filtrat eben noch kupferhaltig, das andere kupferfrei ist; zwischen 
beiden Zahlen liegt dann die zur Reduktion von 50 ccm Fehling hin- 
reichende Zuckermenge. Man löst z. B. 100 g käuflichen Traubenzuckers 
in soviel Wasser, daß die Lösung 250 ccm ausmacht, und sind von 
dieser Lösung im Vorversuch 10 ccm erforderlich, um 50 ccm Fehling 
zu entfärben. Da, wie erwähnt, 50 ccm der Fehlingschen Lösung 
23,75 ccm einprozentiger Traubenzuckerlösung entsprechen, so müßten 
10 ecem unserer Lösung auf zirka 24 ccm oder 104,1 ccm auf 250 ccm 
aufgefüllt werden, um eine zirka einprozentige Lösung zu geben. 


Von dieser Lösung werden zu 50 cem Fehling zugesetzt: 


1. 23,0 ccm, wobei das Filtrat schon durch seine grünliche Farbe 
das noch vorhandene Kupfer anzeigt; 


2. 24,0 ,, , auch hier ist das Filtrat noch grünlich ; 

3. 25,0 ,, , worauf das Filtrat gelb ist und mit Ferrozyankali 
keine Reaktion gibt, zum Beweis, daß alles Kupfer 
ausgefällt, demnach im nächsten Versuch die Menge 
der Zuckerlösung vermindert werden muß; 

4. 24,5 „, , Filtrat ist gelb, gibt aber mit Blutlaugensalz intensiv 
rote Ferrozyankupferreaktion; 

5. 24,7 ,, , geben ein gelbes Filtrat und blaßrosa Kupferreaktion ; 

6. 24,8 ,, , gelbes Filtrat, keine Kupferreaktion mit Blutlaugen- 


salz; 


demnach liegt die exakte, gerade 50 ccm Fehling reduzierende Zucker- 
menge bei 24,75 ccm meiner Lösung; diese enthalten, da 50 ccm Fehling 
durch 23,75 ccm einer einprozentigen Traubenzuckerlösung reduziert 
werden, 237,5 mg Dextrose, und von dieser Zahl kann man durch ein- 
fache Proportionen auf die Menge des im verwendeten käuflichen Pro- 
dukt vorhandenen Traubenzuckers schließen. Eventuell nimmt man 
bei sehr kleinem Zuckergehalt statt 50 cem Fehling nur 20 ccm dieser, 
durch Mischung von je 10 ccm der beiden Titerlösungen hergestellten 
Titerflüssigkeit. Bei Pflanzenextrakten hat man es nicht selten mit ge- 
färbten Lösungen zu tun und es ist dann oft schwierig, die Rotfärbung mit 
Blutlaugensalz deutlich zu erkennen. Man geht dann in der Weise vor, 
daß man das Filtrat in der Porzellanschale mit einigen Tropfen Zucker- 
lösung kocht, einige Minuten stehen läßt, die Flüssigkeit abgießt und 
nun den Boden der Schale mit einem Stückchen Filtrierpapier aus- 
wischt. War durch die zugesetzte Zuckerlösung etwa noch im Filtrat 
vorhandenes Kupfer reduziert worden, so ist das Papier durch Kupfer- 
oxydul rotbraun gefärbt. 

Maßanalytische Methode nach Bertrand: Man 


V. Kohlensäureassimilation. 155 


titriert mit Kaliumpermanganatlösung bestimmten Gehaltes das Ferro- 
salz, welches sich bei der Auflösung des beim Kochen mit Fehling ge- 
bildeten Kupferoxyduls in einer Lösung von Ferrisulfat in Schwefel- 
säure gebildet hat. Die vier Lösungen, welche hier notwendig sind, 
werden folgendermaßen bereitet: 


I. 40 g umkristallisiertes Kupfervitriol in 1000 ccm Wasser gelöst; 
II. 200 ‚, umkristallisiertes Seignettesalz, 150 g gereinigtes Atznatron 
in Stangen, 1000 ccm Wasser; 
III. 50 ‚, reines Ferrisulfat, 200 ccm konzentrierte Schwefelsäure, 
1000 cem Wasser; 
IV. 5 „ Kaliumpermanganat in 1000 cem Wasser. 


Zunächst muß der Titer der Permanganatlösung durch Einstellen 
auf Ammonoxalat bestimmt werden, indem man zirka 0,250 g 
(COO), - (NH ,), mit 100 cem Wasser und 2 ccm konzentrierter H,SO, 
auf zirka 80 ® erwärmt. Von der Permanganatlösung läßt man zu der 
heißen Lösung tropfenweise zulaufen, bis eben bleibende Rosafärbung 
eintritt; für 250 mg Ammonoxalat braucht man annähernd 22 ccm. 
Nach den Reaktionsgleichungen ist ein Molekül Ammoniumoxalat 2 Fe 
respektive 2 Cu äquivalent. Multipliziert man die Menge des verwendeten 
oxalsauren Ammons, also hier 0,25 g mit dem Faktor 0,8951, so erhält 
man die Kupfermenge, welche der bis zur Rosafärbung gebrauchten 
Permanganatlösung entspricht. 1 Liter der Lösung entspricht rund 
10 g Kupfer. Man multipliziert die bei der Analyse erhaltenen Kubik- 
zentimeter Permanganat mit rund 10,17, um den Kupferwert in Milli- 
grammen zu finden, vorausgesetzt, daß man zur Titerstellung 250 mg 
Ammonoxalat verwendet hat. In ein Erlenmeyerkölbcehen von zirka 
150 ccm Inhalt läßt man 20 ccm der Zuckerlösung aus der Bürette ein- 
fließen, fügt dazu je 20 cem von Lösung I und II, erhitzt zum Kochen 
und läßt unter zeitweiligem Umschwenken drei Minuten lang kochen; 
das Kupferoxydul, welches sich dabei bildet, läßt man absitzen und 
bringt die Flüssigkeit, welche nach dem Kochen noch blau gefärbt sein 
muß (ist sie es nicht, so nimmt man im nächsten Versuch weniger von 
der Zuckerlösung), auf ein Asbestfilterröhrchen nach Soxhlet, ein zylin- 
drisches, unten eingeschnürtes Röhrchen, das oberhalb der Einschnürung 
mit einer dünnen Lage aufgeschwemmten Asbests belegt ist und mit 
dem verschmälerten Teil in den Pfropfen eines Absaugekolbens gesteckt 
werden kann, wobei man darauf achtet, daß möglichst wenig von dem 
Oxydulniederschlag mit auf das Filter gelange. Nachdem man die 
Flüssigkeit abgesaugt hat, wird der Niederschlag mit destilliertem Wasser 
gewaschen und auch das Waschwasser über das Filter gegossen. Das 
Filter wird dann vom Absaugekolben entfernt und dieser mit destilliertem 
Wasser gewaschen, so daß keine Spur Kupfersulfat darin zurückbleibt. 
Zu dem im Erlenmeyerkolben verbliebenen Kupferniederschlag bringt 
man 20 cem Ferrisulfatlösung, worauf sich der Niederschlag mit schön 
grüner Farbe auflöst. Diese Lösung schüttet man über das in der Saug- 
flasche wieder befestigte Asbestfilter und saugt langsam durch, dabei 
löst sich auch der auf dem Asbestfilter befindliche geringe Rest von 
Kupferoxydul, eventuell läßt man, falls sich nicht alles gelöst hätte, 
noch etwas mehr von Lösung III durchlaufen. Durch Nachwaschen 
von Kölbchen und Filter bekommt man den letzten Rest der Lösung 
in die Saugflasche, die man nun unter die Bürette mit der Permanganat- 


156 V. Kohlensäureassimilation. 


lösung bringt, und titriert bis zum scharfen Umschlag von Grün in Rosa. 
Die verwendeten Kubikzentimeter Permanganatlösung werden mit dem 
Faktor multipliziert, wobei das dem Permanganat entsprechende Kupfer 
resultiert, aus dem man beim Eingehen in die Tabelle die Zuckermenge 
bestimmt. Die Konzentration der Zuckerlösung soll 0,5 % nicht über- 
steigen. 


Tabelle zur Bestimmung der Zuckermenge aus den 


Kupferwerten. 
5 0 Ei 580 | Ei 5 &n Ei © &0 g = Ei 
Sr si > g SE g 93 s: ch e 
| | 

10 20,4 9 | 572 48 91,8 67 124,7 86 155,6 
11 22,4 30 | 59,1 49 93,6 68 126,4 87 157,2 
12 24,3 31 | 60,9 50 95,4 69 128,1 88 158,8 
13 26,3 322 | 62,8 51 97,1 70 129,8 89 160,4 
14 28,3 3 | 64,6 52 98,9 71 131,4 90 162,0 
15 30,2 34 | 665 53 | 100,6 72 133;1. 1,292 163,6 
16 32,2 35 68,3 534 | 102,3 73 134,7 92 165,2 
17 34,2 36 70,1 55 | 104,1 74 136,3 93 166,7 
18 36,2 37.010720 56 105,8 75 137,9 94 168,3 
19 38,1 38 |. 73,8 57 | »107.6 76 139,6 95 169,9 
20 40,1 39. 75.7 58 | 109,3 77 141,2 96 171,4 
21 42,0 40 | 775 59 | 111,1 78 142,8 97 173.1 
22 43,9 41 | .793 60 112,8 79 144,5 98 174,6 
23 45,8 42 81,1 61-1 1145 80 146,1 | 9 176,2 
24 47,7 43 | 82,9 62 | 116,2 81 147,7.°1 100 177,8 
25 49,6 4 | 847 Ba... 117.9 82 149,3 

26 51,5 45 86,4 64 | 119,6 83 150,9 

27 53,4 46 88,2 65 | 121,3 | 84 | 152,5 

28 55,3 47 90,0 66 | 123,0 85 | 154,0 | 


Zur Vervollständigung möge auch die gravimetrische Methode 
der Zuckerbestimmung nach Pflüger Platz finden, welche eine 
Verbesserung der Fehling-Allihnschen vorstellt. Man verwendet 
zwei Lösungen, die getrennt aufzubewahren sind: 

Lösung I: 34,639 g CuSO, + 5 H,O in 500 ccm Wasser. Das Kupfer- 
salz wird so, wie das für die maßanalytischen Methoden beschrieben wurde, 
umkristallisiert und getrocknet. 

Lösung II: 173 g Seignettesalz und 125g KOH in 500 ccm Wasser. 
Die Lösung wird in der Weise hergestellt, daß man in einem Becher- 
glas 150 ccm Wasser zum Sieden erhitzt, vom Feuer entfernt, 173 g 
Seignettesalz hineinbringt und umrührt, bis Lösung erfolgt ist. Nach 
der Abkühlung gießt man die Lösung in einen 500 cem-Kolben und 
fügt 280 ccm der 60 prozentigen Lauge hinzu. Das Waschwasser, mit 
dem man das Becherglas ausspült, wird zur Lösung hinzugefügt. Nach 
völliger Abkühlung bringt man genau auf 500 cem, gießt in ein Becher- 
glas und filtriert durch dichte Glaswolle in den Kolben zurück. Die 
Asbestfilterröhrehen werden folgendermaßen hergestellt: ein vertikales 
Glasrohr von 10 cm Länge und 1,7 cm lichter Weite läuft nach unten 
in eine Verjüngung und darauffolgende birnenförmige Erweiterung von 
l cm äußerem Durchmesser aus. An diese Erweiterung schließt sich 
nach einer abermaligen Verjüngung das 6 cm lange Abflußrohr. Die 
kleine Birne enthält den Asbest, der die Gestalt und Form einer dicken 


V. Kohlensäureassimilation. 157 


Erbse hat. Die Füllung wird in folgender Weise hergestellt: langfaseriger, 
weicher Asbest wird mehrere Tage in roter rauchender Salpetersäure 
gehalten, dann sehr oft mit destilliertem Wasser gewaschen, bis das 
Wasser beim Umrühren des Asbests keine Spur von Trübung zeigt. 
Nach dem Trocknen werden weiche, langfaserige Stränge des Asbests 
mit der Präpariernadel auf einer Glasplatte in einzelne Fäden zerpflückt; 
eine größere Anzahl dieser Fäden wird zu einem Haufen zusammen- 
geschoben und mit der Pinzette in das weite Ende des Filterröhrchens 
geschoben. Mit einem dickeren Draht drückt man die Fäden in die 
Birne hinein, ohne jedoch so fest zu drücken, daß die lockere Lagerung 
der Fäden verloren geht; die Birne wird so vollkommen mit Asbest 
ausgefüllt. Die richtige Beschickung des Röhrchens prüft man in folgen- 
der Weise: Die heiße Allihnsche Lauge wird, nachdem man sie mit 
kaltem Wasser auf die Hälfte verdünnt hat, an der Saugpumpe filtriert, 
mit 100 ccm Wasser gewaschen und dann Salpetersäure von 1,2 spezi- 
fischem Gewicht langsam über den Asbest gegossen. Darauf wird der 
Asbest gewaschen und schließlich mit absolutem Alkohol und Ather 
getrocknet. Nach dem Trocknen im Trockenschrank bei 100 ° darf das 
Gewicht bei zwei aufeinanderfolgenden Wägungen nicht mehr als 
0,3 mg verloren haben. 

Man führt nun zunächst wieder einen Vorversuch durch, indem man 
30 ccm der Lösung II aus einer Bürette in ein Becherglas fließen läßt 
: und dazu, ebenfalls aus einer Bürette, 30 ccm von Lösung I fügt; dazu 
85 cem der vorher genau neutralisierten und filtrierten Zuckerlösung, 
so daß das Gesamtvolumen 145 ccm beträgt; dieses kocht man nun zwei 
Minuten am Drahtnetz. Dann gießt man 130 cem Wasser dazu und 
wartet, bis alles ausgeschiedene Kupferoxydul sich abgesetzt hat. Die 
Flüssigkeit muß dann noch blau sein, sonst muß man in einer zweiten 
Probe nur halb soviel Zuckerlösung verwenden. Dann wird der eigent- 
liche Versuch durchgeführt. Dieser wird in zwei Parallelproben gemacht. 
Zwei Bechergläser aus Jenaer Glas werden mit je 30 cem von Lösung I 
und Lösung II sowie mit 85 cem Zuckerlösung beschickt. Man mischt 
die Flüssigkeiten durch öfteres Umschwenken, deckt mit Uhrgläsern zu 
und bringt sie in zwei an einem Stativ angebrachte Kupferringe, in 
welche die Bechergläser hängend gerade hineinpassen, worauf man beide 
gleichzeitig bis über die Mitte in ein siedendes Wasserbad taucht, wo sie 
genau 30 Minuten kochen. Nach dem gleichzeitigen Herausheben gießt 
man in jedes 130 ccm kaltes Wasser. Inzwischen sind die Filterröhrchen 
gewogen, auf die Absaugekolben gebracht und diese mit der Pumpe 
verbunden worden; sie werden nun aus den Bechergläsern gefüllt und 
die Pumpe jeweils erst in Tätigkeit gesetzt, wenn die Filterröhrchen 
gefüllt sind. Sie dürfen nie trocken werden, und ferner ist darauf zu 
achten, daß möglichst wenig Niederschlag aus dem Becherglas auf das 
Asbestfilter gelangt. Nachdem die Flüssigkeit fast abfiltriert ist, gießt 
man 100 ccm Wasser in das Becherglas, wobei man es an einem Glas- 
stabe entlang einlaufen läßt, dessen unteres Ende gegen den Boden des 
Becherglases gestemmt ist, der Niederschlag wird dann nicht aufgerührt. 
Nachdem auch dieses Wasser durchs Röhrchen filtriert worden ist, 
bringt man den Niederschlag quantitativ durch Abspritzen mit dem 
zu einer feinen Spitze ausgezogenen Röhrchen einer Spritzflasche aufs 
Filter und spült zweimal mit absolutem Alkohol und zweimal mit Ather 
nach. Dann werden die Röhrchen in den Trockenschrank gebracht, 


158 V. Kohlensäureassimilation. 


eine halbe Stunde bei 110 ® getrocknet, im Exsikkator abkühlen gelassen 
und gewogen. Dann befestigt man sie über zwei Kölbchen, gießt kon- 
zentrierte Salpetersäure bis oben auf und deckt mit einem Uhrglas zu. 
Die Salpetersäure löst das gesamte Kupfer auf, das sich jetzt als Kupfer- 
nitrat im Kolben befindet. Die Röhrchen werden dann an der Pumpe 
zweimal mit Wasser, zweimal mit Alkohol und Ather gewaschen und 
schließlich im Trockenschrank getrocknet. Die Wägung nach dem 
Erkalten im Exsikkator darf nur ganz unbedeutende Differenzen im 
Gewichte ergeben, worauf das Röhrchen zum nächsten Versuche fertig 
ist und so behandelt, unendlich lange Dienste leisten kann. Die Ge- 
wichte in den beiden Parallelröhrchen dürfen ebenfalls nicht um mehr 
als 1 mg untereinander differieren. 


Tabelle zur Bestimmung von Zucker aus Kupfer- 
oxydulin Milligrammen: 


88|8|88 | 8 88|8|32 | s | seem 
ı ll ale BI: | 18 2381| 3 | 
Si | a a ee 
1 36,8 52 129,4 92 '220,8 | 132 | 309,6 | 172 | 391,5 1 212 7 7465,7 
ı3 | 392 | 53 !ısı,z] 93 |223,1 | 133 | 311,8 | 173 | 393,5 | 213 | 467,4 
14 | 41.6 | 54 |134,0| 94 ‚225,4 | 134 | 313,9| 174 | 395,5 | 214 |469,2 
15 |-43.9 | 55 |ı36,3| 95 |227,6 | 135 | 316,0| 175 | 397,5 1 215 471,0 
16 46,3 56 138,6 96 |229,9 | 136 | 318,1| 176 399,3 | 216 |472,8 
17 | 48,7 | 57 |140,9| 97 232,2 | 137 | 320,2| 177 | 401,2|217 |474,6 
18 | 51.0 | 58 |ı143,2| 98 |234,5 | 138 | 322,4| 178 | 403,1 | 218 | 466,3 
19 53,4 59 | 145,1 99 | 236,7 139 | 324,5! 179 | 404,9 | 219 |478,1 
20 558 | 60 |147,8| 100 |239,0 | 140 | 326,6 | 180 | 406,8 | 220 |479,9 
21 | 58,1 | 6ı [150,1| 101 [241,2 | 141 | 328,7 | 181 | 408,7 |221 |481,7 
2 60,5 62 152,4 | 102 |243,5 | 142 | 330,8 | 182 |! 410,6 | 222 |483,5 
23 62,9 63 154,7 | 103 | 245,7 143 | 333,0 | 183 412,4 | 223 |485,2 
24 | 652 | 64 |157.0| 104 |247,9 | 144 | 335,1 | 184 414,3 | 224 | 487,0 
25 | 67,6 | 65 |159,3| 105 |250,2 | 145 | 337,2 | 185 416,2 | 225 |488,8 
26 | 699 | 66 |161,6| 106 |252,4 | 146 | 339,3 | 186 418,1 | 226 |490,4 
27 | 72,2 | 67 | 163,9 | 107 |254,6 | 147 | 341,4 | 187 419,9 | 227 |492,1 
28 , 75.5 | 68 |166,2| 108 |256,8 | 148 | 343,6 | 188 421,8 | 228 |493,7 
29 | 76.8 | 69 |168,5| 109 |259,1 | 149 | 345,7 | 189 423,7 | 229 |453,3 
30 | 7911| 70 170,8 | 110 |263,3 | 150 | 347,8 | 190 425,6 | 230 | 497,0 
3ı 8131| 71 |1730| ı11 |263,6 | 151 | 349,8 | 191 | 427,4 | 231 |498,6 
22 8336| 72 1753| 112 |265,8 | 152 | 351,8 | 192 429,3 | 232 | 500,3 
33 8591| 73 1776| 113 |268,0 | 153 | 353,0 | 193 431,2] 233 |501,9 
34 ı 882 | 74 1799| 114 |270,2 | 154 | 355,7 | 194 | 433,1 1234 |503,5 
35 | 90,51 75  ı182,2| 115 |272,5 | 155 | 357,7 | 195 | 434,9 | 235 | 505,2 
36 | 92.8| 76 ‚184,5| 116 |274,7 | 156 | 359,7 | 196 | 436,8 | 236 | 506,8 
37 | 95.1| 77 |186,7| 117 |276.9 | 157 | 361,7 | 197 | 438,7 | 237 |508,4 
38 | 974| 78 |ı89,0| 118 |279,2 | 158 | 363,7 | 198 | 440,6 | 238 |510,1 
39 | 99,7| 79 |191,3| 119 |285,4 | 159 | 365,7 | 199 | 442,4 | 239 |511,7 
40 | 101,9| 80 | 193,6 | 120 | 283,6 | 160 | 367,7 | 200 | 444,3 | 240 | 172,3 
41 | 1042| sı |195,8| ı2ı |285,9 | 161 | 369,6 | 201 | 446,1 | 241 |515,0 
42 | 106,5| 82 | 198,1] 122 288,1 | 162 | 371,6 | 202 | 447,9 |242 |516,6 
43 ' 108,8| 83 | 200,4| 123 |290,3 | 163 373,6 | 203 | 449,6 | 243 |518,2 
44 | 111,1] 84 |202,6| 124 | 292,6 | 164 | 375,6| 204 | 451,4 |244 |519,9 
45 | 1134| 85 |204,9| 125 294,8 | 165 | 377,6| 205 | 453,2 |245 |521,5 
46 | 115.7| 86 | 207.2| 126 |296,9 | 166 | 379,6 | 206 | 455,0 | 246 | 523,6 
47 \ 118.0| 87 | 209,5 | 127 |299,0 | 167 | 381,6 | 207 | 456,8 | 247 | 524,8 
48 | 120,2| 88  211,7| 128 |301,2 | 168 | 383,5 | 208 | 458,5 | 248 | 526,4 
49 1225| 89 | 214.0| 129 |303,3 | 169 | 385,5 | 209 | 460,3 | 249 |528,1 
50 1248| 90 |216,3| 130 |305,4 | 170 | 387,5 | 210 | 462,1 | 250 | 529,7 
51 127.11 91: |218,6| 131 |307,5 1 171 | 389,5 | 211 |463,9 


V. Kohlensäureassimilation. 159 


Um eine Zuckerbestimmung in einem Pflanzenextrakt durch- 
zuführen, ist es zweckmäßig, zunächst eine Reinigung der Extrakte vor- 
zunehmen. Eine Befreiung von in der Hitze koagulabeln Eiweißstoffen 
wird durch Aufkochen bewirkt, wobei man aber, um Inversion zu ver- 
hindern, zweckmäßig die etwa vorhandenen Pflanzensäuren vorher 
durch eine Messerspitze gepulverten Kalziumkarbonates abstumpft. 
Durch Aufkochen mit Kalk unter Einleiten von CO, und SO, bewirkt 
man außer einer Fällung der Eiweißstoffe auch das Niederschlagen von 
organischen Säuren und anderen Verunreinigungen, die man durch 
Filtrieren entfernen kann. Um suspendierte Trübungen zu vermeiden, 
die beim Filtrieren durch Papier mitgerissen werden, filtriert man durch 
poröse Tonfilter. Bedenklicher ist schon das Schütteln mit Tonerde 
oder mit Blutkohle oder Kaolin, weil diese Agenzien mit den Ver- 
unreinigungen auch Zucker mitreißen können. Vielfach gelangt man 
durch Schütteln der Flüssigkeit mit zerfasertem Filtrierpapier zum Ziele, 
welches durch Kochen in Wasser fein verteilt wurde. Die gebräuchlichste 
Methode der Reinigung ist jene mit Bleizucker oder Bleiessig (Blei- 
azetat durch Kochen in Wasser unter Zusatz von etwas Essigsäure 
gelöst), welcher mit den zu vermeidenden Verunreinigungen dicke, 
kolloidale, weißlichgraue Fällungen liefert. Die Filtrate werden durch 
Einleiten von Schwefelwasserstoff oder Versetzen mit Natriumsulfat- 
lösung entbleit. Man stellt sich zweckmäßig molare Lösungen her, so 
daß man die zuzusetzenden Flüssigkeitsmengen ungefähr abmessen 
kann. Man achte auch hier darauf, gerade nur soviel von dem Fällungs- 
mittel zuzusetzen, daß nachher beim Filtrieren eine klare Lösung ent- 
steht; die Eiweißfüllung mit Bleiazetat kann man, am besten über doppel- 
tem Filter, an der Wasserstrahlpumpe absaugen; der beim Entbleien ge- 
fällte Bleisulfatniederschlag geht aber regelmäßig durchs Filter mansoll 
ihn durch gewöhnliches doppeltes, glattes Filter abfiltrieren. 

Die Hydrolyse von zusammengesetzten Zuckerarten bewirkt man 
entweder durch Enzyme, wie Invertin, Diastase, Inulase, oder meist 
durch Kochen mit verdünnter (1—5 prozentiger) Schwefel- oder Salz- 
säure. Sehr schwache Säure ist beispielsweise zur Zerlegung von Inulin 
in Fruktose nötig (ich verwende einprozentige Salzsäure bei nicht länger 
als höchstens 10 Minuten währender Kochdauer), ebenso zur Inversion 
von Rohrzucker, man muß Konzentration und Kochdauer so wählen, 
daß sich noch keine braungefärbten Nebenprodukte bilden. Dagegen 
muß man 5—8 prozentige Salzsäure und mehrstündige Kochdauer an- 
wenden, um Hemizellulosen und Pentosane zu hydrolysieren. Dabei 
ist zu beachten, daß Salzsäure bei gleicher prozentischer Konzentration 
stärker wirkt als Schwefelsäure, die aber wiederum den Vorteil bietet, 
als unlösliches Sulfat leichter aus dem Hydrolysengemisch entfernt 
werden zu können. Salzsäure entfernt man durch Fällung mit Silber- 
karbonat oder Bleikarbonat. 

Zur quantitativen Bestimmung von Pentosen und Pen- 
tosanen bedient man sich der Bildung von Furfurol aus diesen Zucker- 
arten beim Destillieren mit Salzsäure, Auffangen des überdestillierenden 
Furfurols in Phlorogluzin und Wägen des so entstandenen Phlorogluzids. 
Die Kochflasche, aus welcher destilliert wird, faßt zirka 300 ccm, ist weit- 
halsig und trägt in ihrem doppelt durchbohrten Stöpsel das mit an- 
geschmolzener, das UÜberspritzen verhindernder Kugel versehene, in 
den Kühler mündende Ableitungsrohr für die Dämpfe und ein mit 


160 V- Kohlensäureassimilation. 


Hahn versehenes Aufsatzrohr zum Nachfüllen der Flüssigkeit, das bis 
tief in den Hals des Kochkolbens hineinreicht. Man bringt die zu unter- 
suchende, abgewogene Probe von Stroh, Gummi, Holz u. dgl. in den 
Kolben, setzt 100 ccm zirka 12 prozentiger Salzsäure zu und erhitzt 
in einem Metallbad aus leicht schmelzbarem Metall, das den Kolben 
etwas über 100 ° erhitzt. Der Inhalt der eintauchenden Kochflasche 
gelangt in lebhaftes Sieden, und das gebildete Furfurol destilliert über. 
Man fängt es in kleinen, zirka 40 ccm fassenden Zylindern mit einer 
Marke bei 30 ccm auf und gießt, wenn 30 cem übergangen sind, diese 
in ein Becherglas mit Marke bei 400 ccm, worauf man das ursprüngliche 
Volumen im Kolben durch Nachfließenlassen von 30 ccm Salzsäure 
wiederherstellt. Man wiederholt Abdestillieren und Nachfließenlassen 
so lange, bis kein Furfurol mehr übergeht, was nach rund einem Dutzend, 
je 10 Minuten dauernden Operationen erreicht ist. Daß alles Furfurol 
überdestilliert ist, erkennt man daran, daß ein Tropfen des Destillates 
mit Anilinazetat keine Reaktion mehr gibt. Die im Becherglase ver- 
einigten Destillate versetzt man mit einem Überschuß von in 12 prozen- 
tiger HCl gelöstem reinstem Phlorogluzin und füllt mit 12 prozentiger 
Salzsäure auf 400 ccm auf. Die Flüssigkeit färbt sich zuerst gelb, dann 
grünlich, trübt sich und am nächsten Morgen hat sich das gebildete 
Furfurol-Phlorogluzid zu Boden gesetzt; man prüft die obenstehende 
klare Flüssigkeit mit Anilinazetatpapier auf etwa noch vorhandenes, 
ungebundenes Furfurol und filtriert dann den Niederschlag über einem 
Goochtiegel, wäscht ihn gründlich mit Wasser nach und trocknet ihn 
vier Stunden bei einer 97 ° nicht übersteigenden Temperatur, läßt im 
Exsikkator erkalten und wägt. Den Niederschlag kann man später 
durch Ausglühen entfernen, worauf der Tiegel für die folgende Be- 
stimmung fertig ist. Aus der Menge des Phlorogluzids ergibt sich die 
Menge des Furfurols und der Pentose aus der empirischen Tabelle von 
E. Kröber (Journal für Landwirtschaft, Jahrgang 1900, S. 379—384). 
In dieser Tabelle sind die Werte für Arabinose, Araban, Xylose und 
Xylan und auch für Pentose und Pentosan im allgemeinen, welche aus 
den Mittelzahlen für Arabinose und Xylose gerechnet sind, angegeben. Die 
Tabelle enthält die Zahlen von 0,03—0,3 g Furfurol-Phlorogluzid. Be- 
trägt dessen Menge weniger als 0,03 g, so rechnet man nach folgendem 
Schema, in welchem a die Menge des Phlorogluzids bedeutet: 
Furfurol — (a + 0,0052) - 0,5170 
Pentose im allgemeinen — (a + 0,0052) - 1,0170 
Pentosan im allgemeinen = (a + 0,0052) - 0,8949. 

Beträgt es mehr als 0,3 g, so rechnet man: 
Furfurol = (a + 0,0052) - 0,518 
Pentose im allgemeinen = (a + 0,0052) - 1,00026 
Pentosan im allgemeinen = (a + 0,0052) - 0,8824. 

Allerdings ist bei dieser Methode störend, daß in den meisten Natur- . 
produkten neben Pentosen auch Methylpentosen auftreten und daß 
Furfurol neben Methylfurol durch Phlorogluzin gefällt wird und daß 
auch andere Kohlehydrate, wenn auch in sehr geringen Mengen, Fur- 
furol bei der Destillation mit Salzsäure liefern. Man kann übrigens 
Furfurol-Phlorogluzid und Methyl£furol-Phlorogluzid trennen, indem man 
das Gemenge mit 95 prozentigem Alkohol nach dem Trocknen und Wägen 
übergießt und dann zum Kochen erhitzt. Dabei lösen sich nur die Methyl- 
furol-Phlorogluzide; aus der Differenz bestimmt man dann den Anteil, 


V. Kohlensäureassimilation. 161 


welchen die einen und die anderen an dem Gesamtgewicht genommen 
haben. Bezüglich der Details muß auf die vorzügliche Darstellung 
von B. Tollens im zweiten Bande von Abderhaldens ‚„Bio- 
chemische Arbeitsmethoden‘ verwiesen werden. 

Bezüglich des Nachweisesvon Stärke wurde schon darauf 
hingewiesen daß die einzige qualitative Reaktion auf Stärke in der Indigo- 
blaufärbung mit Jodlösung besteht, welche Färbung bei kurzem Kochen 
verschwindet, um, vorausgesetzt, daß nicht zu lange gekocht worden 
war, beim Erkalten wiederzukehren. Verschiedene Substanzen, wie Al- 
kalien, arsenige und schweflige Säure, Alkohol, Chloroform, Natrium- 
thiosulfat, Chloralhydrat in größerer Menge, Tannin, manche Phenole, 
arabisches Gummi, Proteine, stören mehr oder weniger die Reaktion. 

Quantitative Bestimmungsmelhoden der Stärke sind noch nicht 
bekannt, d. h. wir können noch nicht in allen Fällen die genaue Menge 
der vorliegenden Stärke feststellen, und die einzelnen Methoden geben 
untereinander differierende Resultate. Diese Ungenauigk>iten rühren 
größtenteils von den bei den verschiedenen Aufschließverfahren in diffe- 
renten Mengen entstehenden und in Lösung gehenden Pentosanen her. 
Die Bestimmungsmethoden sind entweder indirekte, d. h. die Stärke 
wird zu Dextrose hydrolysiert, diese nach einer der geschilderten Methoden 
bestimmt und dann auf Stärke umgerechnet oder die Stärke wird direkt 
auf Grund ihrer Unlöslichkeit in 60 prozentigem Alkohol bestimmt, nach- 
dem sie zuvor in lösliche Stärke umgewandelt worden und im Filtrat 
die Stärke durch Alkohol ausgefällt worden ist. 

Sehr gute Resultate gibt nach G. Zemplen bei genauer Ein- 
haltung der Vorschrift das Stärkebestimmungsverfahren von Baumert 
und Bode in der Modifikation von Witte. Die zu untersuchende 
Substanz wird durch ein feines Haarsieb getrieben, dann werden zwei- 
mal je 1 g im Porzellanbecher mit wenig Wasser fein angerührt. Der 
zum Anrühren benutzte Glasstab wird mit Asbest abgerieben und mit 
Wasser abgespritzt. Die etwa 100 ccm fassenden Becher werden jetzt 
zu drei Vierteln gefüllt und mit einem Deckel mit übergreifendem 
Rand verschlossen, im Autoklaven 2 Stunden bei 4 Atmosphären, 
Stärke von Reis und Mais bei 41, Atmosphären, erhitzt. Nach dem 
Abkühlen unter 100 °, was nach etwa einer halben Stunde erfolgt, und 
Öffnen des Autoklaven wird der Inhalt des Bechers unter gutem Nach- 
spülen und Auswaschen mit heißem Wasser durch eine Federfahne 
in einen geräumigen Kochkolben gebracht, in dem sich einige Zink- 
stücke befinden, und 10 Minuten lang gekocht. Das Zink verhindert 
das Stoßen und Herausgeschleudertwerden der Flüssigkeit. Durch 
Durchführen eines langsamen Luftstromes durch die siedende Flüssigkeit 
mittels eines Kapillarrohres unter Anschaltung an die Luftpumpe wird 
ein starkes Schäumen hintangehalter. Die Lösung wird dann unter 
sorgfältigem Nachspülen mit heißem Wasser in einen Kolben von 500 ccm 
gebracht, nahezu aufgefüllt und durch Einstellen in kaltes Wasser unter 
Umschwenken abgekühlt, dann mit kaltem Wasser zur Marke auf- 
gefüllt und durchgeschüttelt. 

Dann wird die Lösung über ein dünnes Asbestfilter an der Saug- 
pumpe filtriert, die ersten Anteile des Filtrates weggegossen und 50 cem 
des mittleren Filtratanteiles in ein Becherglas gebracht, mit je 5 cem 
10 prozentiger NaOH und etwa 1 g feinflockigen Asbests versetzt, 
die Mischung mit 100 ccm 96 prozentigen Alkohols gefällt und mit dem 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 11 


162 V. Kohlensäureassimilation. 


Glasstabe gut verrührt. Man läßt kurze Zeit absetzen und filtriert das 
Überstehende durch ein 20—22 mm weites Asbestfilterrohr an der Saug- 
pumpe ab. Den Rückstand bringt man mit 40 ccm 60 prozentigen 
Alkohols in das Röhrchen und wäscht unter Auswischen des Glases mit 
einer Federfahne nacheinander mit 40 ccm 60 prozentigen Alkohols, 
dann mit 25 cem Alkohol + 10 ccm Wasser, dem 5 ccm 10 prozentige 
Salzsäure zugefügt sind. Man wäscht zuerst das Becherglas mit der 
Salzsäure, der man 10 ccm Wasser zufügt, mittels einer Federfahne 
gut aus, wischt den benutzten Glasstab ab und setzt dann erst den 
Alkohol zu. Nur auf diese Weise kann man die hartnäckig dem Glase 
anhaftenden feinen Stärketeilchen entfernen. Man wäscht jetzt wieder 
mit 40 ccm 60 prozentigem, dann mit 25 cem 96 prozentigem Alkohol, 
zuletzt mit Ather aus, wobei man mit dem Glasstabe den Niederschlag 
im Röhrchen oft aufrührt und zum Schluß den Glasstab, nachdem der 
Niederschlag leicht zusammengedrückt ist, mit der Federfahne im 
Alkohol abwischt. Nach scharfem Absaugen wird das Röhrchen im 
Trockenschrank bei etwa 120° am besten unter Durchsaugen eines 
langsamen, durch Schwefelsäure geführten Luftstromes 20 Minuten 
lang getrocknet, im Exsikkator erkalten gelassen, dann sofort gewogen, 
die Stärke im Luftstrome verbrannt und das Röhrchen nach dem Er- 
kalten im Exsikkator wieder gewogen. Das Verbrennen geschieht unter 
Saugen an der Wasserstrahlpumpe, wobei das Röhrchen durch einen fächeln- 
den Brenner zuvor gleichmäßig angewärmt wird; dann erhitzt man den 
verjüngten Teil, damit sich in demselben nicht zuviel kohlelieferndes 
Destillat ansammelt, und dann erst stark den Asbestpfropfen. Die Kohle 
setzt sich dann nur im äußersten, durch einen Stöpsel mit der Zuleitung 
zur Saugpumpe verbundenen Ende an und wird, nachdem die Stärke 
vollkommen verbrannt ist, im durchgesaugten Luftstrom ebenfalls zum 
vollkommenen Verbrennen gebracht. 

Eine andere Methode, die vnMayrhofer, wird am besten ein- 
geschlagen, wenn die Substanz viel Proteinstoffe oder Zellulose neben 
der Stärke enthält. Die Substanz wird auf dem Wasserbade mit 
8 prozentiger alkoholischer Kalilauge erwärmt, wobei die Proteine und 
Fette gelöst werden, die Stärke aber ungelöst bleibt. Die Fette verwandeln 
sich dabei in Seifen und man verdünnt, um das Gelatinieren der Seife 
zu verhindern, mit heißem Alkohol, sammelt den unlöslichen Rückstand, 
in welchem sich jetzt nur Kohleydrate befinden, auf einem Asbest- 
filter, wäscht ihn mit Alkohol bis zum Verschwinden der alkalischen 
Reaktion und behandelt ihn schließlich mit wässeriger Kalilauge, welche 
die Stärke auflöst. Man säuert jetzt mit Essigsäure an und fällt die Stärke 
mit Alkohol aus, filtriert, trocknet und wägt. Man kann auch nach 
O0. Lietz, nachdem man Proteine und Fette nach Mayrhofer 
entfernt hat, die Stärke durch Kochen mit Säure hydrolysieren und die 
gebildete Glukose bestimmen. Hier wird man aber besondere Rücksicht 
auf den Zellulosegehalt nehmen müssen. Enthält die Substanz wenig 
Zellulose, so erwärmt man, je nach dem Stärkegehalt, 2—10 g in einem 
zirka 500 ccm fassenden Kolben mit 75 ccm alkoholischer Kalilauge, die 
aus 5 prozentiger Kalilauge und 90 prozentigem Alkohol hergestellt ist, 
etwa 20 Minuten auf dem Wasserbade. Dann filtriert man das ganze Ge- 
misch über ein Asbestfilter an der Saugpumpe ab, wäscht mit 70 prozen- 
tigem heißen Alkohol nach und bringt den Rückstand auf das Asbest- 
filter. Denselben bringt man dann samt dem Asbestfilter, das sich mit 


V. Kohlensäureassimilation. 163 


der Pinzette leicht abheben läßt, in den Kolben zurück; man ist also 
nicht gezwungen, den Rückstand quantitativ aufs Filter zu bringen, 
was sich nicht so leicht bewerkstelligen ließe, da der Niederschlag stark 
an den Glaswandungen haftet. Man füllt auf 200 ccm auf und hydro- 
lysiert unter Zusatz von 20 ccm konzentrierter Salzsäure 21, Stunden 
im siedenden Wasserbad. Darauf kühlt man schnell ab, neutralisiert 
annähernd mit Kalilauge, so daß die Flüssigkeit noch schwach sauer 
reagiert, füllt das ganze auf 300 ccm auf, bestimmt die gebildete Dex- 
trose und rechnet sie auf Stärke um wie bei allen indirekten Be- 
stimmungsmethoden. Ist viel Zellulose vorhanden, so muß man auch 
die aus ihr bei der Hydrolyse entstehende Glukose mit in Rechnung 
ziehen, indem man den Rückstand zunächst mit 30—60 ccm einer 
3—5 prozentigen wässerigen Kalilauge auf dem Wasserbade behandelt, 
wobei sich die Stärke löst. Darauf füllt man den Inhalt auf 400 ccm 
auf und filtriert durch ein Faltenfilter 200 ccm davon ab. Man neutrali- 
siert mit Salzsäure, fügt noch 20 cem HCl mehr hinzu, als zur Neutrali- 
sation notwendig ist, und kocht 21, Stunden im Wasserbad. Schließ- 
lich bestimmt man in 20 ccm oder 50 cem der Flüssigkeit wieder die 
gebildete Dextrose. 

Nach der Methode von Maercker wird die Stärke statt durch 
Hydrolysieren mit Säuren durch Diastase aufgeschlossen. 3 g der luft- 
trockenen Substanz werden mit 100 cem Wasser 30 Minuten gekocht, 
auf 65 ° abgekühlt und mit 10 ccm Normal-Malzextrakt versetzt. Dazu 
werden 100 g käufliches Malz 2 Stunden mit 1 Liter Wasser geschüttelt 
und dann filtriert. Man hält das Gemisch des Extraktes und der Sub- 
stanz 2 Stunden bei 65 °, kocht dann nochmals 1, Stunde, kühlt wieder 
auf 65° ab und behandelt mit 10 ccm Normal-Malzextrakt 2 Stunden 
bei 65 °, kocht auf und füllt auf 250 ccm auf. 200 ccm des Filtrates 
werden jetzt mit 15 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,125 
im Erlenmeyerkolben mit aufgesetztem Kapillarrohr in kochendem 
Wasserbad 21, Stunden erhitzt, nach dem Erkalten mit Natronlauge 
nahezu neutralisiert und auf 500 ccm aufgefüllt. Dann wird in 25 ccm 
dieser Lösung die Dextrose bestimmt. Bei der Bestimmung nach Allihn, 
bei welcher man durch Glühen des Filterröhrchens im Wasserstoffstrom 
das gefällte Kupferoxydul in Kupfer verwandelt und dieses wägt, er- 
gibt sich der dem gewogenen De entsprechende Stärkegehalt aus 
folgender Tabelle. (Siehe Tabelle S. 164 u. 165.) Bei weniger exakten 
Bestimmungen kann man auch aus den Pflügerschen Werten für 
Kupferoxydul das dem Oxydul entsprechende Kupfer berechnen. 

Das Pentosanverfahren von Lintner besteht darin, 
daß man in der hydrolysierten Stärke nach dem Tollensschen 
Phlorogluzidverfahren eine Pentosanbestimmung ausführt und die 
Pentosane abzieht. Zur Bestimmung der Pentosane werden die Filtrate 
(je 200 ccm) in den Destillierkolben gebracht, 133 ccm Wasser abdestilliert 
und 33 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,18 zugesetzt, so 
daß die Lösung 12 %, Salzsäure enthält und nun, wie vorher beschrieben, 
das Furfurol abdestilliert. Lintner gibt folgende Beleganalysen (zitiert 
nach G. Zemplen): I. 3 g Substanz wurden 3 Stunden bei 31, Atmo- 
sphären im Dampftopf erhitzt, das Filtrat (200 ccm) mit 15 ccm Salz- 
säure vom spezifischen Gewicht 1 ‚125 3 Stunden im kochenden Wasser- 
bad hydrolysiert, neutralisiert, zu 50 ccm aufgefüllt und vom Filtrat 
25 ccm zur Reduktion nach Allihn verwendet. Die Stärke wurde 

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164 V. Kohlensäureassimilation. 

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10 5,5 69 | 31,8 | 128 | 58,7 | 187 | 86,2] 246 | 114,4 
11 5,9 70 | 32,2 | 129 | 59,1 | 188 | 86,7] 247 | 114,8 
12 6,4 71 | 323,7 | 130-| 59,6 | 189 | 87,1| 248) 115,3 
13 6,8 72 | 33,1 131 | 60,0 | 190 87,7| 249 115,8 
14 7,3 73 | 33,6 | 132 | 60,5 | 191 | 88,1| 250 | 116,3 
15 23 74 | 34,0 133 | 60,9 | 192 88,6| 251 | 116,8 
16 8,1 75 | 34,5 | 134 | 61,4 | 193 | 89,1| 252 117,3 
17 8,6 76 | 34,9 | 135 | 61,9 | 194 | 89,5| 253 | 117,7 
18 9,0 77 | 35,4 | 136 | 62,4 | 195 | 90,0| 254 | 118,2 
19 9,5 78 | 35,8 | 137 | 62,8 | 196 | 90,5| 255 | 118,7 
20 9,9 79 | 36,2 | 138 | 63,3 | 197 | 91,0| 256 |119,2 
21 10,4 80 | 36,7 | 139 | 63,7 | 198 | 91,4| 257 |119,7 
22 10,8 81 | 37,2 | 140 | 64,2 | 199 | 91,8] 258 | 120,2 
23 11,3 82 | 37,6 141 64,6 | 200 92,3| 259 | 120,7 
24 11,7 83 | 38,1 142 65,1 | 201 92,8| 260 | 121,2 
25 12,2 84 , 38,6 | 143 | 65,6 | 202 | 93,3] 261 | 121,6 
26 12,6 85 | 39,1 | 144 | 66,1 | 203 | 93,8| 262 | 122,1 
27 13,1 86 39,5 | 145 66,5 | 204 | 94,3] 263 | 122,6 
28 13,5 87 | 40,0 | 146 | 67,0 | 205 | 94,8| 264 | 123,1 
29 14,0 88 | 40,4 | 147 | 67,4 | 206 | 95,2| 265 | 123,6 
30 14,4 89 | 40,9 | 148 | 67,9 | 207 | 95,7| 266 | 124,0 
31 14,9 90 |, 41,3 | 149 | 68,4 | 208 | 96,2] 267 |124,5 
32 15,3 91 | 41,8 | 150 | 68,9 | 209 | 96,7| 268 | 124,9 
33 15,8 92 | 42,2 | 151 | 69,3 | 210 | 97,1| 269 | 125,5 
34 16,2 93 | 42,6 | 152 | 69,8 | 211 | 97,6| 270 | 126,0 
35 16,7 94 | 43,1 | 153 | 70,3 | 212 | 98,1| 271 |126,5 
36 17,0 95 | 43,6 | 154 | 70,7 | 213 | 98,6| 272 | 127,0 
37 17,5 96 | 44,0 | 155 | 71,2 | 214 | 99,0| 273 | 127,5 
38 17,9 97 | 44,5 | 156 | 71,6 | 215 | 99,5| 274 | 128,0 
39 18,4 98 | 44,9 157 1,,72,1-1 216) 100,0]7275 | 12855 
40 18,8 99 | 45,4 158 | 72,6 | 217 | 100,41. 276 | 129,0 
41 19,3 100 45,8 159 | 73,1 | 218 | 100,9| 277 |129,5 
42 197 101 | 46,3 160 | 73,5 I 219 | 101,4] 278 |130,0 
43 | 20,2 | 102 | 47,7 | 161 | 74,0 | 220 | 101,9| 279 | 130,5 
44 20,6 | 103 | 47,2 | 162 | 74,5 | 221 | 102,4| 280 | 131,0 
45 21,1 104 | 47,6 163 | 75,0 | 222 | 102,9| 281 |131,5 
46 21,5 105 , 48,1 164 | 75,4 | 223 | 103,3| 282 | 132,0 
47 22,0 | 106 | 48,6 | 165 | 75,9 | 224 | 103,8] 283 132,5 
48 | 22,4 | 107 | 49,1 | 166 | 76,3 | 225 | 104,3| 284 | 133,0 
49 22,9 108 |; 49,5 167 | 76,8 | 226 | 104,8] 285 | 133,5 
50 23,3 109 | 50,0 168 | 77,3 | 227 | 105,2] 286 | 134,0 
al 23,8 110 | 50,4 169 | 77,8 1 228 | 105,7] 287 | 134,5 
52 24,2 111 | 50,9 170 | 78,2 | 229 | 106,2] 288 | 135,0 
53 24,7 112 | 51,3 171 | 78,7 | 230 | 106,7| 289 |135,5 
54 25,1 113 | 51,8 172 | 79,1 | 231 | 107,11 290 |135,9 
55 25,5 114 | 52,2 173 | 79,6 | 232 | 107,6| 291 | 136,4 
56 25,9 115 | 52,7 174 | 80,1 233 | 108,1| 292 136,9 
57 26,4 116 | 53,2 175 ı 80,6 | 234 | 108,6| 293 | 137,4 
58 26,8 117 | 53,6 176 | 81,0 | 235 | 109,1] 294 | 137,9 
59 27,3 118 | 54,1 177 81,5 | 236 | 109,6| 295 | 138,4 
60 ZA) 119 | 54,5 178 | 82,0 | 237 | 110,1| 296 | 138,9 
61 | 28,2 | 120 | 55,0 | 179 | 82,4 | 238 | 110,6| 297 | 139,4 
62 28,6 12] 55,4 180 | 82,9 | 239 | 111,11 293 | 139,9 
63 29,1 122 | 55,9 181 | 83,4 | 240 | 111,5| 299 | 140,4 
64 29,5 123 | 56,3 182 | 83,8 | 241 | 112,0| 300 | 140,9 
65 30,0 124 | 56,8 183 | 84,3 | 242 | 112,5| 301 | 141,4 
66 30,4 125 | 57,3 184 | 84,8 | 243 | 113,0| 302 | 141,9 
67 30,9 126 | 57,8 185 | 85,2 | 244 | 113,4] 303 | 142,4 
68 , 31,3 | 127 | 58,2 | 186 , 85,7 | 245 | 113,9 | 1304 | 142,9 


DIE 


Kupfer 


Stärkeod. 
Dextrin 


V. Kohlensäureassimilation. 165 


| 
| 


ee. ee ee = 
= u © De Dre np |voR De oa a: on 
2 Se arg Se ae ee) Be) ee 
BE RER =) ey =} SoOH ar zo # SA Ron -u- Bior- 
- oe EN En Bera eran en 


364 | 173,1 | 381 | 181,8 | 398 | 190,5 | 415 |199,4 | 432 | 208,5 | 448 | 216,9 
365 | 173,6 | 382 | 182,3 | 399 | 191,1 | 416 200,0 | 433 209,0 | 449 | 217,5 
366 | 174,1 | 383 | 182,8 | 400 | 191,6 | 417 |200,5 | 434 | 209,5 | 450 | 218,0 
367 174,6 | 384 | 183,3 | 401 | 192,2 | 418 201,0 | 435 | 210,0 | 451 | 218,5 
175,1 | 385 | 183,8 | 402 192,7 | 419 201,5 | 436 | 210,5 | 452 | 219,1 

ı 193,2 | 420 | 202,1, 437 | 211,0 | 453 219,6 
370 | 176,1 | 387 | 184,9 | 404 | 193,7 | 421 | 202,6 | 438 | 211,6 | 454 | 220,1 
371 176,6 | 388 | 185,4 | 405 | 194,2 | 422 | 203,1 | 439 | 212,1 | 455 | 220,6 
372 177,1 ı 389 | 185,9 | 406 | 194,8 | 423 |203,7 | 440 | 212,7 | 456 | 221,1 
373 | 177,7 | 390 | 186,4 | 407 | 195,3 | 424 |204,2 | 441 | 213,1| 457 | 221,7 
374 | 178,2 | 391 | 186,9 | 408 | 195,8 | 425 204,7 | 442 213,7 | 458 | 222,2 
375 | 178,7 | 392 | 187,5 | 409 | 196,3 | 426 | 205,2 | 443 | 214,3 | 459 | 222,7 
376 | 179,2 | 393 | 188,0 | 410 | 196,8 | 427 205,7 | 444 | 214,8 | 460 | 223,3 
377 | 179,7 | 394 | 188,5 | 411 | 197,4 | 428 206,3 | 445 | 215,3 | 461 | 223,8 
378 180,2 | 395 | 189,0 | 412 | 197,9 | 429 206,8 | 446 | 215,9 | 462 | 224,4 
379 | 180,7 | 396 | 189,5 | 413 | 198,4 | 430 | 207,4 | 447 | 216,4| 463 | 224,9 
380 | 181,3 | 397 | 190,0 | 414 | 198,9 | 431 | 207,9 | 


aus der Dextrosemenge durch Multiplikation mit dem Faktor 0,9 er- 
halten. Gefunden 66,8 %, Stärke, berechnet auf Trockensubstanz. Im 
Filtrate der Stärkeaufschließung wurden nach der Phlorogluzidmethode 
5,19 %, Pentosane gefunden, der korrigierte Stärkewert ist demnach 
60.8. 5,19 61,619. 

II. 3g der Substanz wurden mit Äther entfettet, nach dem Trocknen 
eine halbe Stunde mit 100 ccm Wasser gekocht, auf 65 abgekühlt, 
10 ccm Malzextrakt zugesetzt und eine halbe Stunde bei 65 ® digeriert, 
aufgekocht und eine Viertelstunde im Kochen gehalten, abgekühlt, 
wieder eine halbe Stunde mit 10 cem Malzextrakt bei 65 ° digeriert, 
abgekühlt, auf 250 cem aufgefüllt, filtriert, vom Filtrat 200 cem hydro- 
lysiert und die Reduktion nach Allihn ermittelt. Gefunden 63,66 % 
Stärke. Bestimmung der Pentosane in dem hydrolysierten Filtrat nach 
Abzug der aus dem Malz stammenden Pentosane: 2,84 %, der korrigierte 
Stärkewert demnach 60,82 %. 

III. 3 g Substanz werden mit 200 cem Wasser und 15 cem Salz- 
säure vom spezifischen Gewicht 1,125 direkt im kochenden Wasserbad 
invertiert, neutralisiert, abgekühlt, zu 50 cem aufgefüllt, filtriert und die 
Reduktion ermittelt. Gefunden 70,81 % Stärke. Die Bestimmung der 
Pentosane im invertierten Filtrat ergab 9,81 %, Pentosan, somit der 
korrigierte Stärkewert 61 %. 

Die Bestimmung des Inulins führe ich immer unter Verwandlung 
desselben in Fruktose durch und Umrechnung derselben auf Inulin 
durch Multiplikation mit dem Faktor 0,9. Das Material, z. B. fein- 
gemahlene Zichorienwurzel, wird mit einer bestimmten Menge Wasser 
eine Stunde am Wasserbade unter Zusatz von einer Messerspitze CaCO; 
zur Neutralisierung der Pflanzensäuren extrahiert, abgenutscht, was 
häufig wegen der mitextrahierten Schleime längere Zeit dauert, und 
das braungefärbte Filtrat im Meßkolben auf ein bestimmtes Volumen 
aufgefüllt. Eine abpipettierte Menge desselben wird mit 100 ccm 
n-Bleiazetatlösung versetzt, die ausgefallenen Verunreinigungen ab- 
filtriert und das nun bedeutend hellere Filtrat mit 100 ccm n-Natrium- 


166 V. Kohlensäureassimilation. 


sulfatlösung zur Ausfällung des Bleis versetzt, das Bleisulfat über 
doppeltes Filter abfiltriert, das Filtrat unter Zusatz von höchstens 5 ccm 
Salzsäure auf 100 cem der Lösung nicht länger als 10 Minuten am 
kochenden Wasserbad hydrolysiert und in einem aliquoten Teil der 
wieder in einem Meßkolben aufgefüllten, vorher abgekühlten, mit fester 
Soda neutralisierten Lösung die Lävulose bestimmt, aus der dann unter 
Multiplikation mit dem Faktor 0,9 die Inulinmenge berechnet wird. 
Zellulose: Das einzige Lösungsmittel, welches Zellulose un- 
verändert löst, ist Kupferoxydammoniak (Schweizers Reagens). 
Eine zweckmäßige Bereitung einer wirksamen Lösung von Kupfer- 
oxydammon (s. auch S. 174) ist das Übergießen von oxydierten Kupfer- 
drehspänen mit Ammoniak. Zwei lange, unten ausgezogene und mit Hahn 
versehene Röhren werden mit Kupferdrehspänen locker gefüllt und 
senkrecht in einem Stativ befestigt. Die eine wird mit konzentriertem 
Ammoniak übergossen, in die andere Luft eingeleitet, um die Oxydation 
des Kupfers zu beschleunigen. Nach einer halben Stunde läßt man die 
Lösung abfließen und gießt sie in die andere Röhre ein. Kühlt man 
während der Behandlung mit Ammoniak die Masse, so geht mehr Kupfer 
in Lösung. Die Lösungsfähigkeit des Reagens gegen Zellulose ist ver- 
schieden, je nach der Vorbehandlung, der man die Zellulose unter- 
worfen hat. Unbehandelte Zellulose liefert höchstens 4—5 prozentige 
Lösungen, nach Vorbehandlung mit 3 prozentiger Soda oder 4 bis 
5 prozentiger Natronlauge aber 8S—10 prozentige Lösungen von Zellulose. 
Die Abscheidung der Zellulose aus diesen Lösungen kann durch Säuren, 
Alkalien oder Salze geschehen, ferner durch Alkohol. Für quantitative 
Zwecke ist es wünschenswert, eine Kupferoxydammonlösung bestimmten 
Gehaltes, eine ‚„Normalkupferoxydammoniaklösung‘“ zu besitzen. Man 
erhält eine solche durch Auflösen des basischen Kupfersulfates, das 
aus Kupfervitriollösungen mit Ammoniak gefällt wird, in Ammoniak 
von 0,9 spezitischen Gewichtes bis zur Sättigung. 59 g Kupfersulfat, 
entsprechend 15 g Kupfer, werden in etwa 3 Liter heißen Wassers 
gelöst und mit Ammoniak gefällt, so daß kein Kupfer in Lösung bleibt; 
ein etwaiger kleiner Überschuß wird mit Schwefelsäure neutralisiert. 
Der hellgrüne, kochbeständige Niederschlag wird dekantiert und durch 
ein Faltenfilter mit heißem Wasser ausgewaschen bis das Filtrat schwefel- 
säurefrei ist (mit BaCl, keine Fällung gibt), dann mit dem Filter auf 
Papier etwas abgetrocknet, als dicke Paste in eine Literflasche gebracht 
und mit gekühltem Ammoniakwasser von 0,9 spezifischen Gewichts 
unter öfterem Durchschütteln zum Liter gelöst. Ein wenig Kupfersalz 
bleibt ungelöst, und vom Kupferoxydammoniak scheiden sich nach 
einiger Zeit tiefblaue Nädelchen ab. Die nach 24 Stunden bei Zimmer- 
temperatur durch Asbest filtrierte Lösung enthält 13—14 g Kupfer 
und rund 200 g Ammoniak im Liter. Man bestimmt das Ammoniak 
und Kupferoxyd zusammen durch Titrieren mit n-Schwefelsäure und 
Methylorange als Indikator und das Kupfer allein durch Fällung mit 
Schwefelwasserstoff. Diese ‚normale‘ Kupferoxydammoniaklösung löst 
bis 2 g Zellulose in 100 ccm auf. Das hellgrüne basische Kupfersulfat, 
welches bei 120° bis zum konstanten Gewicht getrocknet 66—69 % 
Cuß und 17—20% SO, enthält, löst sich trocken in Ammoniak 
schwieriger auf als die frische Paste. Ein anderes ausgezeichnetes, ja 
noch besseres Lösungsmittel als Kupferoxydammoniak ist Athylen- 
diaminlösung in Verbindung mit Kupferoxyd. Die Zellulose 


V. Kohlensäureassimilation. 167 


wird vorerst mit der Diaminlösung durchtränkt und dann erst das 
nötige Kupferoxyd hinzugefügt. Aus den Lösungen wird die Zellulose 
durch Säuren und Alkalien wieder gefällt. 

Qualitativer Nachweis: Chlorzinkjodlösung färbt Zel- 
lulose momentan blau bis blauviolett. Zu 9 Teilen einer ZnCl,-Lösung 
(spezifisches Gewicht 2,0) wird 1 Teil einer 60 prozentigen Jodkali- 
lösung hiızugefügt und im Gemisch Jod bis zur Sättigung aufgelöst. 

In einer einprozentigen Jodkalilösung wird Jod bis zur Sättigung 
aufgelöst, der Überschuß des Reagens, mit dem man die Zellulose be- 
feuchtet hat, ausgewaschen und dann einige Tropfen konzentrierter 
Schwefelsäure zugesetzt. Es tritt Blaufärbung ein. Diese Reaktionen 
fallen bei Pflanzenteilen nur dann positiv aus, wenn die Zellulose frei, 
d. h. nicht verholzt ist. 

Quantitative Methoden zur Bestimmung der Zellulose existieren 
nicht, man begnügt sich, die übrigen in Naturprodukten mit der eigent- 
lichen Zellulose verbundenen oder gemengten Substanzen zu entfernen, 
wobei die Zellulose unverändert bleiben soll. Da dies einerseits, nicht 
durchführbar ist, anderseits die Verunreinigungen nicht ganz zu ent- 
fernen sind, ergeben die Zellulosebestimmungsmethoden stark von- 
einander abweichende Werte. Für technische Zwecke begnügt man sich 
häufig mit der Feststellung der „‚Kupferzahl“, des Reduktions- 
vermögens gegenüber Fehlings Lösung, ferner der „Hydroly- 
sierzahl“ und des Hydratationsgrades, ferner mit der Bestimmung 
der Viskosität. Bezüglich dieser Verfahren sei auf das vollständige 
Referat von G. Zemplen im Abderhaldenschen Handbuch der 
biochemischen Arbeitsmethoden hingewiesen. 

Die Zellmembran besteht nach dem heutigen Stande unserer Kennt- 
nisse aus der eigentlichen Zellulose als Grundsubstanz, den Hemi- 
zellulosen und den inkrustierenden Bestandteilen. Die Zellulose ist der- 
jenige Bestandteil, der weder durch verdünnte Säuren oder Alkalien 
gelöst, noch durch schwache Oxydationsmittel angegriffen wird. Die 
Hydrolyse der Zellulose liefert bekanntlich ausschließlich Dextrose. 
Unter dem, was durch Kupferoxydammoniak gelöst wird, was also 
unter dem Namen ‚‚Zellulose‘“ zusammengefaßt wird, pflegt man ge- 
wöhnlich einen einheitlichen Stoff zu verstehen; es ist aber im Begriff 
„Zellulose‘‘ ebensowenig ein einheitlicher Stoff, sondern vielmehr ein 
Stoffgemenge zusammengefaßt, wie das „Lignin“, d. h. der leicht 
oxydable Rückstand, der nach Behandlung der Zellmembran mit ver- 
dünnten Säuren und verdünnten Alkalien hinterbleibt, ein einheitlicher 
Körper ist. 

Die Hemizellulosen sind Anhydride von Kohlehydraten, die, 
zum Unterschied von der eigentlichen Zellulose (die sich nur in konzen- 
trierter H,SO , glatt löst und beim nachfolgenden Verdünnen erst hydro- 
lysiert wird), schon durch kürzeres Kochen mit verdünnter Schwefel- 
säure hydrolysiert werden. Die Hemizellulosen, welche auch die Rolle 
im Stoffwechsel wieder verwendbarer Reservestoffe spielen, bestehen 
ferner auch noch aus anderen Monosen als aus Dextrose, sie sind An- 
hydride von Hexosen und Pentosen. E. Schulze bestimmte die 
Hemizellulosen in verschiedenen Pflanzenteilen durch erschöpfendes 
Extrahieren mit Wasser, Alkohol und Äther nacheinander, worauf nach 
Entfernung der Stärke mit Diastase behandelt und die Hemizellulosen 
durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure in Lösung gebracht wurden. 


168 V. Kohlensäureassimilation. 


Zu den Inkrusten, die sich in den späteren Entwicklungsstadien der 
anfänglich reinen Zellulose einlagern, sind Gerbstoffe, Farbstoffe, Pektin- 
substanzen und bei den verholzten Membranen die sogenannten aro- 
matischen ‚‚Leitsubstanzen‘“ Vanillin, Furfurol, Brenzkatechin, Koniferin 
zu rechnen, welche letzteren zwar in relativ sehr geringen Mengen auf- 
treten, aber durch ihre äußerst empfindlichen Farbenreaktionen mit 
Anilinsulfat, Phlorogluzin + HCl usw. die ‚„Verholzung‘ der be- 
treffenden Membran anzeigen. 

Unter Lignin, der Menge nach die wichtigste inkrustierende 
Substanz der Zellmembran, verstehen wir diejenigen Bestandteile, 
welche einen höheren Kohlenstoffgehalt besitzen als die Zellulose, mit 
dieser eng verbunden sind und sie einhüllen oder durchdringen. Die 
chemischen Eigenschaften (Löslichkeit, Reaktionen) der Zellulose treten 
erst hervor, wenn das Lignin durch oxydierende Mittel beseitigt ist; 
es wird von der Zellulose zum Unterschied von den übrigen Inkrusten 
nicht durch Behandeln mit Säure oder Alkali, sondern durch Oxydations- 
mittel getrennt. Als Rohfaser bezeichnet man den in verdünnten 
Säuren und Alkalien unlöslichen Anteil pflanzlicher Stoffe. Die Roh- 
faser hat daher eine sehr wechselnde Zusammensetzung und enthält 
neben der Zellulose auch noch das Lignin, Hemizellulosen, Pentosane usw. 

Von den Verfahren, die Rohfaser zu bestimmen, sei hier nur das 
Glyzerin-Schwefelsäure- Verfahren von J. Köni g angeführt, mit dem 
ich selbst gute Erfahrungen gemacht habe. 3 g lufttrockene Substanz 
werden in einem Kolben oder in einer Porzellanschale mit 200 ccm 
Glyzerin von 1,23 spezifischem Gewicht, welches 20 g konzentrierter 
Schwefelsäure in einem Liter enthält, versetzt, durch häufiges Schütteln 
oder Rühren mit einem Glasstabe gut verteilt und entweder am Rück- 
flußkühler im Ölbade bei 133—135 ° eine Stunde gekocht oder in einem 
Autoklaven bei 137 0 (= 3 Atmosphären) eine Stunde lang gedämpft. 
Ich ziehe mit Tollens das Kochen vor. Das spezifische Gewicht 
des Glyzerins ist von Wichtigkeit und sollte bei käuflichem Glyzerin 
stets mit dem Aräometer nachgeprüft werden, da bei zu hohem spezi- 
fischem Gewicht die Temperatur beim nachfolgenden Erhitzen zu hoch 
steigt und dann durch die Schwefelsäure Akroleinbildung und Ver- 
kohlung bewirkt wird. Die Substanz muß fein gemahlen verwendet 
werden. Darauf läßt man erkalten, verdünnt den Inhalt des Kolbens 
oder der Schale auf ungefähr 400-500 ccm, kocht nochmals auf und 
filtriert heiß durch ein Asbestfilter eines Goochtiegels an der Luftpumpe. 
Den Rückstand auf dem Filter wäscht man mit ungefähr 400 ccm 
siedendheißen Wassers, darauf mit erwärmtem Alkohol, dann mit einem 
Gemisch von Alkohol und Äther, schließlich mit Äther allein, bis das 
Filtrat vollkommen farblos abläuft. Darauf wird das Asbestfilter oder 
der Goochtiegel bei 105 ® getrocknet und gewogen, der Rückstand über 
freier Flamme vollkommen verascht und der Tiegel mit der Asche zurück- 
gewogen. Die Differenz zwischen beiden Wägungen gibt den Betrag 
der aschefreien Rohfaser. Wichtig ist sorgfältige Bereitung der Glyzerin- 
Schwefelsäure, gute Zerkleinerung der Substanz und sorgfältige Ein- 
haltung der Kochzeit. Unter diesen Bedingungen liefert die Methode 
recht verläßliche Resultate. 

Bestimmung der Zellulose, des Lignins und 
Kutinsnach J. König: 3 g lufttrockener Substanz werden ab- 
gewogen und genau so behandelt wie vorher, der Rückstand im Gooch- 


V. Kohlensäureassimilation. 169 


tiegel aber nicht getrocknet, sondern nach dem Absaugen des zuletzt 
zum Auswaschen verwendeten Athers und Verdunstenlassen desselben 
an der Luft nebst dem Asbestfilter quantitativ in ein etwa 800 ccm 
fassendes Becherglas gebracht und unter Bedecken mit einem Uhrglas 
oder einer Glasplatte mit 100—150 ccm chemisch reinen 3 prozentigen 
Wasserstoffsuperoxyds sowie 10 ccm 24 prozentigen Ammoniaks ver- 
setzt und etwa 12 Stunden stehen gelassen; dann werden 10 ccm 30 pro- 
zentigen chemisch reinen Wasserstoffsuperoxyds zugesetzt und diese, 
wenn die Sauerstoffentwicklung aufgehört hat, noch zwei- bis sechsmal, 
d. h. so oft wiederholt, bis die Rohfaser völlig weiß geworden ist. Beim 
dritten und fünften Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd fügt man auch 
noch je 10 cem des 24 prozentigen Ammoniaks hinzu. Man kann 
Wasserstoffsuperoxyd und Ammoniak in graduierten Zylindern mit 
eingeriebenem Glasstöpsel vorrätig halten und aus diesen die jedesmalige 
Menge Flüssigkeit zusetzen. Wenn die Substanz völlig weiß geworden 
ist, erwärmt man 1-2 Stunden im Wasserbad und kann dann, wenn 
das Wasserstoffsuperoxyd rein war, d.h. mit Ammoniak keinerlei Nieder- 
schlag oder Trübung gab, sofort und glatt durch ein zweites Asbestfilter 
filtrieren. Will man bloß das Lignin in der Rohfaser bestimmen, so 
kann der weißoxydierte Rückstand wie bei der Rohfaserbestimmung 
getrocknet, gewogen, geglüht und wiedergewogen werden: der Glüh- 
verlust stellt die Rohzellulose dar und diese, von der Rohfaser abgezogen, 
gibt das Lignin. Der durch das zweite Asbestfilter filtrierte Rückstand 
wird samt Asbestfilter zwei Stunden mit 75 ccm Kupferoxydammoniak 
unter öfterem Umrühren, zuletzt kurze Zeit bei ganz geringer Wärme 
auf dem Wasserbade behandelt und die Flüssigkeit durch einen Gooch- 
tiegel mit schwacher Asbestmasse filtriert. War von der ersten Rohfaser- 
filtration ziemlich viel Asbest in der Flüssigkeit, so kann man auch 
ohne eine zweite Asbestlage ein genügend dichtes Filter dadurch erhalten, 
daß man die Flüssigkeit umrührt und das erste Filtrat so oft zurück- 
gießt, bis es völlig klar geworden ist. Die letzten Reste der ammonia- 
kalischen Lösung werden unter Zufügung von etwas frischem Kupfer- 
oxydammoniak behufs Auswaschens abgesaugt, das Filtrat beiseite 
gestellt, der Rückstand im Tiegel dagegen unter Anwendung einer neuen 
Absaugeflasche genügend mit Wasser nachgewaschen, darauf bei 105 
bis 110 ° getrocknet, gewogen, geglüht und wieder gewogen. Der Glüh- 
verlust ergibt die Menge des nicht oxydierbaren, in Kupferoxydammoniak 
unlöslichen Teiles der Rohfaser, das Kutin. Das Filtrat von diesem 
Rückstand, d. h. die Lösung der Zellulose in Kupferoxydammoniak, 
wird mit 300 ccm 80 prozentigen Alkohols versetzt und stark gerührt; 
hierdurch scheidet sich die Zellulose in großen Flocken quantitativ 
wieder aus. Sie wird in üblicher Weise im Goochtiegel gesammelt, zu- 
erst mit warmer, verdünnter Salzsäure, dann genügend mit Wasser, 
zuletzt mit Alkoholäther ausgewaschen, bei 105—110 ® getrocknet, 
gewogen und verascht. Der Gewichtsunterschied zwischen dem Ge- 
wichte des Tiegelinhaltes vor und nach dem Glühen gibt die Menge 
Reinzellulose. Der Unterschied von Gesamtrohfaser minus 
Zellulose + Kutin ergibt die Menge des oxydierbaren Anteiles der 
Rohfaser, das Lignin. 

Verwendungvon Chlorzur Oxydation des Lig- 
ninsnachCrossundBevan: Diese Methode liefert die höchsten 
Zahlen bei der Zellulosebestimmung und zeichnet sich durch große 


170 V. Kohlensäureassimilation. 


Schnelligkeit und Einfachheit aus. Die Substanzen dürfen nicht länger, 
als absolut nötig ist, der Einwirkung des Chlorgases ausgesetzt sein, 
da sich sonst der zerstörende Einfluß von Chlor auch auf die Zellulose 
selbst geltend macht. Man führt deshalb am besten einen Vorversuch 
aus, um die Zeiten zu ermitteln. 

Man befeuchtet die Substanz vorsichtig mit so viel Wasser, daß 
sie gerade davon durchdrungen wird, und setzt sie darauf in einem 
durch Eis gekühlten, bedeckten Becherglase der Einwirkung eines lang- 
samen, gewaschenen Chlorstromes aus, die Dauer der Behandlung wechselt 
je nach der Art des Ausgangsmaterials. Man übergießt jetzt die Masse 
mit wässeriger schwefliger Säure bis zum Verschwinden des Chlorgeruches, 
filtriert durch einen gewogenen Goochtiegel, wäscht ein- bis zweimal mit 
Wasser, bringt die Zellulose mittels Pinzette in das Becherglas zurück 
und erwärmt mit 100 ccm einer 2 prozentigen Natriumsulfatlösung 
1—2 Stunden auf dem Wasserbade. Darauf wird wiederum filtriert, 
mit heißem Wasser gewaschen und die Behandlung mit Chlor, wenn 
nötig, wiederholt, wobei man das Gas bei jedem Mal Einwirkenlassen 
kürzer zur Aktion kommen läßt. Darauf folgt ein kurzes Bleichen mit 
0,1 prozentiger Kaliumpermanganatlösung, Entfärben mit schwefliger 
Säure, gründliches Auswaschen der erhaltenen reinen Fasern mit kaltem 
und heißem Wasser, Trocknen und Wägen. Die so dargestellten Präparate 
sind sehr rein. 

Statt des gasförmigen Chlors kann man auch das viel schwächer 
wirkende Bromwasser verwenden. 2 g der vorbehandelten Substanz 
werden in einer Stöpselflasche mit 100 ccm Wasser übergossen und 
5—10 cem einer verdünnten Bromlösung (4 com Brom im Liter) zu- 
gegeben. Wenn die gelbe Farbe und der Geruch des Broms verschwunden 
ist, erneuert man den Zusatz und fährt in dieser Weise fort, bis die 
Flüssigkeit nach 12—24 Stunden noch ihre gelbe Farbe behält und 
unverbrauchtes Brom durch den Geruch wahrzunehmen ist. Die ab- 
filtrierte Substanz wird dann gewaschen und mit verdünntem Ammoniak 
(4 cem im Liter) auf dem Wasserbade erhitzt. Die bromierten Lignin- 
substanzen lösen sich darin mit brauner Farbe, man filtriert, wäscht 
mit heißem Wasser und wiederholt, falls die Zellulose noch nicht weiß 
ist, die Behandlung so oft, bis das Gewebe zu einem blendend weißen 
Faserbrei zerfallen ist. Als Beweis der Reinheit dient, daß die erhaltene 
Zellulose bei weiterem Stehen mit Bromwasser und darauffolgendem 
Behandeln mit Ammoniak keine Spur einer Färbung zeigt. Ein großer 
Nachteil dieser Methode, bei welcher die Ausbeuten übrigens niedriger 
sind als bei der Chlorierung, ist, daß sie verhältnismäßig lange dauert, 
und daß zahlreiche Filtrationen durchzuführen sind; ein großer Vorteil, 
daß man die lästige Entwicklung von Chlorgas erspart. 

Sehr häufig benutzt man bei wissenschaftlichen Bestimmungen 
das Verfahren von Fr. Schulze, Mazeration mit Kalichlorat + 
Salpetersäure. Henneberg hat dieses Verfahren modifiziert: 
I Teil des Rohproduktes wird mit 0,8 Teilen KCIO, und 12 Teilen HNO, 
(spezifisches Gewicht 1,1) 12—14 Tage in geschlossenem Gefäß bei einer 
15 nicht übersteigenden Temperatur digeriert. Dann wird mit Wasser 
verdünnt, filtriert und ausgewaschen, der Rückstand %, Stunden lang 
mit verdünntem Ammoniak (1: 60) bei zirka 60 ° behandelt, abfiltriert 
und so lange mit verdünntem kaltem Ammoniak gewaschen,®bis die 
Flüssigkeit farblos abläuft; zum Schluß wird mit heißem Wasser aus- 


V. Kohlensäureassimilation. 171. 


gewaschen. Hier wird die oxydierende Wirkung von Chlor durch jene 
der niederen Stickoxyde verstärkt. Durch dieses Verfahren wird wohl 
das Lignin ziemlich vollständig entfernt, aber die gegenüber den anderen 
Verfahren niedriger ausfallenden Zahlen deuten darauf hin, daß die 
Zellulose ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird. 

Ganz ähnlich, aber weniger zeitraubend, ist die Mazeralion der 
Rohfaser mit Kaliumchlorat-Salzsäure nach W. Hoffmeister. Das 
Rohprodukt wird mit Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,05 be- 
handelt, dann so viel festes Kalichlorat hinzugefügt, als sich während 
der Reaktion löst. Man läßt dann unter öfterem Umschütteln bei ge- 
wöhnlicher Temperatur stehen, bis alle Teile der Faser hellgelb geworden 
sind, was nach 24-36 Stunden erreicht ist. Die Temperatur darf 17,5 ° 
nicht übersteigen, weil sonst die Zellulose in nennenswertem Ausmaße 
angegriffen wird. Die Masse wird jetzt mit Wasser verdünnt und dann 
auf dem Wasserbad 1—-2 Stunden mit Ammoniak digeriert, abgesaugt 
und dann mit kaltem, schließlich mit heißem Wasser gewaschen. Die 
Präparate, welche nach dieser Methode erhalten werden, sind stark 
braun, wohl ligninfrei, aber oxyzellulosehaltig. Der Farbstoff kann durch 
Oxydationsmittel, wie Kaliumpermanganat oder Natriumhypochlorit 
leicht entfernt werden. Der größte Nachteil dieser Methoden ist, daß 
der Endpunkt der Ligninzerstörung nicht zu erkennen und man daher 
gezwungen ist, eine Reihe von Bestimmungen vorzunehmen und aus 
ihnen das Mittel zu ziehen. Denn nach Zerstörung der Ligninsubstanzen 
beginnt gewöhnlich der Angriff auf die eigentliche Zellulose, welcher 
sich am besten durch das Auftreten von Oxyzellulosen zu erkennen 
gibt. Immerhin stimmen die einzelnen Bestimmungsmethoden in ihren 
Werten untereinander recht befriedigend überein. Quantitative Methoden 
-im Sinne des Chemikers gibt es eben bei der Zellulosebestimmung nicht, 
da wir über die chemischen Eigenschaften und die Konstitution der 
Zellulose noch sehr mangelhaft orientiert sind und fast gar nichts über 
die Art des Zusammenhanges zwischen Zellulose und den sie begleitenden 
Hemizellulosen und Inkrusten wissen. Deshalb können alle Bestimmungs- 
methoden der sogenannten Rohfaser kaum jemals brauchbare abso- 
lute Werte geben, sondern immer nur relative, im Vergleich zu ver- 
wendende Zahlen. Die Verholzung kann durch eine Reihe von Farben- 
reaktionen nachgewiesen werden, von denen die gebräuchlichsten die 
mit Anilinsulfat (Goldgelbfärbung) und die mit Phlorogluzin + Salzsäure 
(Violettrotfärbung) sind. Eine grüne Färbung mit der Holzsubstanz 
liefert Thymol, eine kirschrote Indol und Pyrrol. Wenn man ver- 
holzte Zellen eine Minute in eine Auflösung von Amylalkohol oder 
Isobutylalkohol in konzentrierter Schwefelsäure legt, so bereitet, daß 
man unter Kühlung gleiche Teile des Alkohols und der Schwefel- 
säure vermischt, so daß sich die Flüssigkeit nur wenig braun färbt, und 
dann die Schnitte oder Gewebeteile, nachdem man sie 1 bis 5 Minuten 
mit dem Reagens geschüttelt hat, in Glyzerin überträgt, so zeigen 
sich, besonders unter dem Mikroskop, die verholzten Zellen rot, grün 
oder blau, je nach dem Grade der Verholzung, gefärbt. Wenn man die 
zu untersuchende Substanz nach dem Befeuchten mit Chlorgas be- 
handelt, auswäscht und sie dann in verdünnte Natriumsulfitlösung 
einlegt, so färben sich die verholzten Stellen himbeer- bis bordeauxrot. 
Wenn man Schnitte verholzter Substanz einige Minuten mit verdünnter 
Kaliumpermanganatlösung in Berührung läßt, dann auswäscht und in 


172 V, Kohlensäureassimilation. 


verdünnte Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,06 bringt, so löst sich 
der in den Zellwänden abgesetzte Braunstein, und es entwickelt sich 
Chlor, welches die verholzenden Substanzen chloriert. Betupft man 
nun nach dem Auswaschen mit Ammoniak (oder hält die Schnitte über 
den Hals einer Flasche mit Ammoniak), so zeigt sich eine tiefrote 
Färbung. 

Man kann nach Cross, Bevan und Briggs das Lignin folgender- 
maßen bestimmen: Bei der Kondensationsverbindung, welche das Phloro- 
gluzin in der Wiesnerschen Reaktion mit der Holzsubstanz eingeht, 
und bei welcher die schon deutlich sichtbare rote Färbung entsteht, 
wenn auch nur Spuren der reagierenden Substanzen zugegen sind, handelt 
es sich um eine Vereinigung dieser Substanz mit Phlorogluzin, welche 
beim Waschen mit Wasser nicht zerlegt wird. Mit Hilfe dieser Be- 
obachtung wurde ein Titrationsverfahren gefunden, welches darauf 
basiert, daß in zwei genau unter denselben Bedingungen ausgeführten 
Phlorogluzinbestimmungen und aus der Differenz, welche diese beiden 
Bestimmungen ergeben, die Phlorogluzinmenge ausfindig gemacht wird, 
welche die Lignozellulose bindet, so daß deren Quantität festgestellt 
werden kann. Man verwendet 1. eine Lösung aus 2,5 g reinen Phloro- 
gluzins in 500 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,06; 2. eine 
Lösung von 2 g Furfurol in 500 ccm Salzsäure desselben spezifischen 
Gewichts oder eine Lösung von 2 ccm 40 prozentigen Formaldehyds 
in einer solchen Salzsäure. 2g fein zerkleinerter Lignozellulose, deren 
Wassergehalt in einer Parallelprobe ermittelt wird, werden auf der 
analytischen Wage abgewogen, die Substanz in einen trockenen Kolben 
getan und sofort mit 40 ccm der Phlorogluzinlösung übergossen. Der 
Kolben wird verstöpselt, geschüttelt und über Nacht stehen gelassen. 
Am Morgen wird die Flüssigkeit durch einen sehr kleinen, im Trichter- 
hals befindlichen Baumwollenpfropfen abfiltriert, vom Filtrate 10 ccm 
mit einer Pipette entnommen und in den Titrationskolben gegeben. 
Nachdem man mit 10 cem Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,06 
verdünnt und auf ungefähr 70 0 C erwärmt hat, wird die Furfurol- oder 
Formaldehydlösung aus einer Bürette zutropfen gelassen. Nach jedes- 
maligem Zufließen von 1 ccm läßt man die Flüssigkeit 2 Minuten stehen, 
ehe man sie prüft, wobei die Temperatur konstant auf 70° C gehalten 
wird. Diese Prüfung besteht darin, daß man einen Tropfen der Flüssig- 
keit ohne Filtration auf ein Stück ordinäres Zeitungspapier bringt. Ein 
Tropfen Phlorogluzinlösung in der Verdünnung 1: 30000 ruft auf 
solehem ungeleimtem Papier in einer Minute einen roten Fleck hervor. 
Nachdem man hier den Prüfungstropfen 10 Sekunden auf das Zeitungs- 
papier hat einwirken lassen, schleudert man ihn ab und beobachtet, 
im Falle noch unausgefälltes (ungebundenes) Phlorogluzin vorhanden 
ist, einen roten Fleck. Gegen Ende der Titration wird die Phlorogluzin- 
lösung in Mengen von nur je 0,25 cem hinzugegeben, indem man nach 
jeder Zugabe eine Pause von 2 Minuten vor der Prüfung eintreten läßt. 
Nahe dem Schluß der Reaktion erscheint der rote Fleck auf dem Indikator- 
papier immer später, schließlich erkennt man einen solchen auf dem 
feuchten Papier gar nicht, sondern muß, bevor man ihn hervortreten 
sieht, das Papier trocknen, indem man es in angemessener Entfernung 
von einer Bunsenflamme hält. Tritt kein roter Fleck mehr auf, so ist 
die Titration beendigt. Nach der Bestimmung werden 10 cem der ur- 
sprünglichen Phlorogluzinlösung in genau derselben Weise titriert und 


V. Kohlensäureassimilation. Ita 


so die Menge des von der Lignozellulose absorbierten Phlorogluzins 
durch die Differenz der Bestimmungen festgestellt. Dieser Absorptions- 
wert des Phlorogluzins wird dann in Prozenten des vorher bestimmten 
Trockengewichts der Lignozellulose ausgedrückt. Diese Bestimmung 
ergibt also natürlich keine absoluten Werte, was ja auch schon deshalb 
nicht möglich ist, weil man die chemische Natur des ‚„Lignins‘“ nicht 
kennt und demnach nicht darüber orientiert ist, in welcher Relation 
die Phlorogluzinabsorption zur Menge dieser Stoffe stehen kann. Man 
ist aber in der Lage, diese Zahlen als Vergleichswerte zu brauchen und, 
wenn eine Reihe Titrationszahlen bekannt sind, aus diesen eine gewisse 
Normalzahl anzunehmen, auf die man die anderen bezieht. Die Stoffe 
der Holzsubstanz, welche die genannten Farbenreaktionen geben, lassen 
sich entweder durch Kochen von Holzpulver mit Zinnchlorür nach der 
Methode von Czapek oder durch die weniger in das chemische Ge- 
füge der Holzsubstanz eingreifende von mir: Kochen des Holzes mit 
Wasser unter Druck bei 180° im Autoklaven herstellen, worauf man 
die Substanzen durch Extrahieren mit Ather gewinnt. Es macht den 
Eindruck, als wären sie in chemischer (etwa esterartiger) Bindung mit 
der Zellulose vorgelegen und diese Bindung wäre durch die genannten 
Prozeduren gelöst worden. Nach meinen Untersuchungen besteht die Holz- 
substanz aus einem Gemenge von Vanillin, Methylfurfurol, Furfuralkohol 
und Brenzkatechin, ferner von Koniferin. Mit konzentrierter Salzsäure 
allein behandelt, färbt sich Holz grün, eine Färbung, die höchstwahr- 
scheinlich dem Methylfurfurol in Verbindung mit dem Koniferin zu- 
zuschreiben ist. Die Intensität der Färbungen mit den Holzreagenzien, 
auch wenn nur die geringsten Spuren der Holzsubstanz vorhanden sind, 
erklärt sich einerseits aus der Empfindlichkeit der Phenolfarbstoffe 
überhaupt, anderseits aus der außerordentlich feinen Verteilung dieser 
Substanzen durch Harze, Schleime, Pektine, Hemizellulosen, kurz kol- 
loidale Substanzen, auf deren Einlagerung nach Wislicenus die 
Holzbildung beruht; schließlich aus der Fähigkeit der Zellulose, ein- 
gedrungene Stoffe festzuhalten. Es ist übrigens durch meine Unter- 
suchungen wahrscheinlich geworden, daß die farbengebenden Substanzen 
Vanillin, Methylfurol, Brenzkatechin durch einen Sekundärprozeß aus 
der vorgebildeten Zellulose, respektive deren Kohlehydrateinlagerungen, 
selbst entstehen und daß die entstehenden Kohlenstoffringe mit den 
Gerbstoffen und durch diese auch mit dem rotblauen Blütenfarbstoff, 
Anthokyan, in genetischer Beziehung stehen!). 

Zur quantitativen Trennung von Hemizellulose, Zellulose, Lignin 
und Pentosanen hat W.Hoffmeister?)ein Verfahren ausgearbeitet. 
Die Agenzien, welche zur Reindarstellung dieser Polysaccharide ange- 
wendet werden wie starke Säuren (Salzsäure, Salpetersäure, Schwefel- 
säure, Essigsäure) und Alkalien oder Gemische der Säuren mit Kali- 
chlorat, aber selbst Kochen mit Wasser unter Druck greifen Zellulose, 
Hemizellulosen usw. an oder zerstören sie. Ein für Hemizellulosen und 
Zellulosen geeignetes, wenig angreifendes Lösungsmittel ist 5 prozentige 


!) Die einschlägigen Verhältnisse, die hier nur angedeutet werden können, 
finden in meiner im gleichen Verlage erscheinenden Pflanzenphysiologie ausführ- 
liche Behandlung. 

®») W. Hoffmeister, Die quantitative Trennung von Hemicellulose, 
Cellulose und Lignin und das Vorkommen der Pentosane in diesen. Landw. 
Jahrb. 50, 347 (1898). 


174 V. Kohlensäureassimilation. 


NaOH, in welcher ein großer Teil der Pentosane, allerdings nicht alle, 
und Teile von Hexosanen löslich sind. Die zerkleinerten Pflanzenstoffe 
werden zunächst durch Äther von Fett befreit und nacheinander mit 
verdünnter Salzsäure und Ammoniak in der Kälte extrahiert. Der 
Rückstand wird mit 5 prozentiger NaOH unter Umschütteln während 
einiger Tage behandelt, soweit es möglich, die klare Lösung dekantiert, 
nochmals, wenn nötig, mit NaOH oder mit Wasser übergossen und so- 
lange extrahiert, als sich noch etwas löst. Die vereinigten Flüssigkeiten 
werden mit Salzsäure neutralisiert und mit Alkohol versetzt, um ein 
schnelleres Absetzen zu ermöglichen. Unter Dekantieren wird schließ- 
lich die Hemizellulose auf ein Faltenfilter gebracht, mit alkoholhaltigem, 
zuletzt mit ammoniakalischem Wasser ausgewaschen, getrocknet und 
gewogen. Zur vollkommenen Reingewinnung kann die Auflösung und 
Fällung wiederholt werden. In der Tollensschen Methode ist das ge- 
eignete Mittel gegeben, die vorhandenen Pentosane zu bestimmen. Das 
zweite Lösungsmittel isst Schweizers Reagens: Eine beliebige 
Menge Kupfersulfat wird in heißem Wasser gelöst, noch heiß mit Am- 
moniak möglichst genau ausgefällt, der Niederschlag durch Dekantieren 
ausgewaschen, mit kaltem Wasser übergossen und mit so viel verdünnter 
Natronlauge geschüttelt, bis die anfangs grüne Farbe in eine hellblaue 
übergegangen ist, und dann wieder durch Dekantieren ausgewaschen. 
Den in wenig Wasser aufgeschwemmten Niederschlag löst man ent- 
weder direkt in Ammoniak auf oder bewahrt ihn in der Kälte, um ihn 
erst vor dem Gebrauch zu lösen. Das Reagens wird nach Erschöpfung 
der Substanzen mit NaOH und Auswaschen der Lauge angewendet 
und löst die Hexosane und Pentosane auf, soweit das nicht durch In- 
krusten verhindert wird. Die Substanz wird, wie bei der Behandlung 
mit Natronlauge, mit dem Kupferoxydammoniak während einiger 
Tage wiederholt geschüttelt, dann wird dekantiert und so oft mit ver- 
dünntem Ammoniak behandelt, als sich noch etwas löst. Das Filtrieren 
erfolgt an der Nutsche mit Hilfe der Pumpe. Die durch Dekantieren und 
Filtrieren gewonnenen Lösungen der Zellulose in Schweizers Re- 
agens werden auf der Porzellanschale bei gelinder Wärme am Wasser- 
bad zur Trockene eingedampft, mit Salzsäure und Salpetersäure ent- 
haltendem kaltem Wasser aufgenommen, unter Umrühren das Kupfer 
in Lösung gebracht, die blaue nach dem Absetzen obenstehende Kupfer- 
lösung über ein Filter abdekantiert und das Auswaschen mit angesäuertem 
Wasser solange wiederholt, als sich noch Kupfer in der Lösung nach- 
weisen läßt. Die rückständige Zellulose wird mit ammoniakalischem 
Wasser gewaschen und dies so lange fortgesetzt, als das Wasser noch 
gefärbt ist, schließlich am Filter mit Alkohol gewaschen, worauf die 
Zellulose als gequollene rein weiße oder auch mehr oder weniger gefärbte 
Substanz zurückbleibt. Erneutes Auflösen nSchweizers Reagens 
und Fällen führt schließlich völlige Reinigung herbei. Diese aus 
Schweizers Reagens erhaltene Zellulose wird nach Tollens 
auf Pentosane untersucht. Der mit NaOH und Sch weizers Reagens 
erschöpfte Rückstand wird durch Erwärmen von Ammoniak befreit, 
zuerst mit Salzsäure und Wasser, dann mit Ammoniak und Wasser 
ausgezogen, gewaschen und getrocknet. Er enthält das Lignin, welches 
entweder für sich bestimmt oder zur Untersuchung respektive Trennung 
der Zellulose von den inkrustierenden Substanzen weiter verarbeitet 
und auf Pentosane untersucht wird. Das Lignin wird in den Tollens- 


V. Kohlensäureassimilation. 175 


schen, mit Kühlvorrichtung versehenen Extraktionsapparat eingeführt 
und derselbe mittels Kautschukstöpsels in einen hinreichend großen 
Kolben eingefügt, der zu drei Viertel mit verdünntem Ammoniak ge- 
füllt ist, dessen Stärke so bemessen wird, daß beim Sieden des Ammoniak- 
wassers nur wenig Ammoniak entweicht, das in einem geeigneten Gefäß 
mit Wasser aufgefangen wird. Die Birne, welche das Lignin enthält, 
wird durch das siedende Ammoniak erwärmt, während der Kühler auch 
ohne stetig fließendes Wasser, falls nur die Birne hinreichend groß ist, 
kalt bleibt. Die Stärke der Flamme wird dementsprechend reguliert. 
Die Flüssigkeit im Kolben färbt sich nach einiger Zeit braun und immer 
dunkler von den extrahierten inkrustierenden Substanzen; von Zeit 
zu Zeit muß Ammoniak nachgefüllt werden. Da die frei werdende 
Zellulose hartnäckig Lignin einschließt und es vor der Einwirkung des 
Ammoniaks schützt, ist es zweckmäßig, Ammoniakextraktion und 
Extraktion mit Schweizers Reagens abwechseln zu lassen, wobei 
der im Kupferoxydammoniak unlösliche Rest des Lignins wieder in die 
Birne gebracht wird, und so wird in stetem Wechsel von Neuauflösen 
der Zellulose und weiterem Extrahieren des Restes mit Ammoniak so 
lange fortgefahren, bis letzteres nichts mehr löst; der Rest besteht aus 
einem braunen Körper, der, kurze Zeit mit verdünnter Natronlauge 
gekocht, noch darauf mit Ammoniak behandelt, die letzten Reste in- 
krustierender Substanz zu gewinnen gestattet, die mit Säure ausgefällt 
werden; diese abfiltrierte und getrocknete Ausfällung wird zusammen 
mit dem Trockenrückstand der vereinigten ammoniakalischen Auszüge 
als ‚„inkrustierende Substanzen“ gewogen. Die Untersuchung von 
Samenschalen der Sonnenblume ergab z. B. folgendes: 150 g der trockenen 
Schale ergaben nach Extraktion mit Ather, verdünnter Salzsäure und 
Ammoniak 102,2 g Rückstand — 68,1 %, verloren an Natronlauge 
4,18 g = 2,78%, Hemizellulose, an Schweizers Reagens 10,08 g 
— 6,7% Zellulose, unlöslicher Rest 8 g = 56,7 % Lignin. In der 
Hemizellulose (Natronlaugeextrakt) wurden gefunden: 1 g Hemizellu- 
lose — 0,814 Pentosan = 81,4%; in der Zellulose (Schweizers 
Reagens): 2 g Zellulose = 1,090 Pentosan — 54,5%. Es bestehen 
somit die mit den beiden Lösungsmitteln erhaltenen Kohlehydrate 
zum bei weitem größten Teil aus Pentosan. 50 g des nicht löslichen 
Restes (Lignin) wurden im FExtraktionsapparat während 6 x 24 
Stunden mit verdünntem Ammoniak extrahiert. Der Inhalt der Birne 
wurde dann getrocknet, gewogen und mit Natronlauge ausgezogen. 
Es wurden 1,91 g Hemizellulose gewonnen, welche enthielten: 1,91 
— 0,7257 Pentosan — 36%. Der trockene Inhalt der Birne betrug 
37,18 g; Hemizellulose daraus extrahiert ergab 1,91 g, die darauffolgende 
Extraktion mit Schweizers Reagens 20,16 g (Zellulose) und fast 
1 g inkrustierender Substanz. Mithin wurden erhalten 22,07 Kohle- 
hydrat und der Ligninrest sowie die bis dahin ausgezogene inkrustierende 
Substanz. Die durch Extraktion mit Schweizers Reagens erhaltenen 
20,16 g enthielten noch erhebliche Mengen Pentosan: 2 g gaben 0,0436 
Pentosan — 2,18%. Als aber diese aus Scehweizers Reagens er- 
haltene Zellulose mit Natronlauge extrahiert wurde, ließ sich wieder 
ein, also lediglich durch Behandlung mit Schweizers Reagens ver- 
änderter, in der Kälte wiedergewonnener Teil ausziehen, und dieser 
ergab 1,1724 g — 0,1310 g Pentosan = 11,1%. Aus dem ammonia- 
kalischen Auszug des Lignins sowie aus den ammoniakalischen Wasch- 


176 VI. Fette, Öle und Wachse. 


wässern der Hemizellulose und Zellulose sowohl wie des unlöslichen 
Ligninrestes ließen sich 13,26 g inkrustierender Substanz gewinnen, 
und es blieb ein Rest von 14,21 Lignin: 22,07 + 13,26 + 14,21 = 49,54; 
es war somit nur 0,46 g von den in Arbeit genommenen 50 g verloren- 
gegangen. Die bis dahin in Schweizers Reagens unlösliche Menge 
— 14,21 wurde weiter in zweimaliger Behandlung von je 6 Tagen mit 
Ammoniak und ebenso mit Schweizers Reagens extrahiert und 
nach der ersten, respektive zweiten Extraktion 2,045, nach der zweiten, 
respektive dritten 0,26 g Zellulose erhalten. Das in Schweizers 
Reagens Unlösliche enthielt keine Zellulose mehr und ließ sich leicht 
durch Kochen mit Natronlauge und Extrahieren mit Ammoniak in 
Lösung bringen. Auch hier wurden die inkrustierenden Substanzen 
gewonnen und ihr Gewicht bestimmt. Der Verlust ist auch hier nicht 
sehr bedeutend. Somit bestanden die 50 g des Lignins aus 24,37 extrahier- 
barer Zellulose, respektive Hemizellulose — Pentosan und Hexosan — 
und aus dem Rest: inkrustierende Substanzen und Aschebestandteile. 
Die Methode ist natürlich ebensowenig wie andere Rohfaserbestimmungen 
streng genommen quantitativ, aber sie ermöglicht doch annähernd eine 
Bestimmung der zelluloseartigen Kohlehydrate und der inkrustierenden 
Substanzen und vor allem die Feststellung des Verhältnisses dieser 
beiden. Ein großer Nachteil dieser Bestimmungen ist der häufige Wechsel 
der verschiedenartigen Operationen, die langwierigen Extraktionen, 
Dekantierungen und Filtrationen, welche selbst bei Anwendung nicht 
zu großer Mengen der Analysensubstanz die Erledigung aller Operationen 
doch erst binnen einigen Wochen möglich machen. Immerhin war es 
beispielsweise möglich, zu ermitteln, daß der Klee im ersten Vegetations- 
jahr bis zum Schlusse eine Zunahme sowohl an Zellulose als an Lignin 
zeigte, während im zweiten lediglich eine Zunahme an Lignin erfolgte. 
Der Gehalt an Pentosanen in Schweizers Extrakt entwickelt sich 
beim Klee im zweiten Vegetationsjahr relativ höher als im ersten, er 
nimmt dagegen umgekehrt an Lignin im zweiten Vegetationsjahr mehr 
ab als im ersten, was allerdings noch der Bestätigung bedarf. 


VI. Fette, Öle und Wachse. 


Um Pflanzenteile auf das Vorhandensein von Fetten zu prüfen, 
muß man diese aus den Pflanzenteilen mit geeigneten Lösungsmitteln 
extrahieren. Die Extraktion erfolgt am einfachsten im Soxhletschen 
Apparat, in dem eine Pergamentpapierhülse eingesetzt ist (Fig. 59 und 60). 
Im Notfalle kann man sich eine Extraktionshülse auch selbst aus Filtrier- 
papier herstellen, indem man dieses mehrfach um einen Glaszylinder 
herumwickelt, der einen etwas kleineren Durchmesser besitzt als der 
Extraktionsapparat, den Papierzylinder dann herunterschiebt und an 
einem Ende dütenförmig zusammenlegt. Bei sehr wasserreichen Pflanzen- 
teilen ist es zweckmäßig, die Pflanzenteile vorher von der Hauptmenge 
des Wassers zu befreien, indem man sie mit Alkohol extrahiert; ein 
Trocknen des ganzen oder zerkleinerten Materials im Trockenschrank 
ist nicht ratsam, weil die Fette, welche ja bekanntlich Ester des Glyzerins 
und der höheren Fettsäuren, Stearinsäure, Palmitinsäure, Olsäure usw., 
sind, beim Trocknen leicht eine Spaltung in ihre Komponenten erleiden, 
von denen die Fettsäuren durch Zerspaltung in niedrigere Fettsäuren 


VI. Fette, Öle und Wachse. MT 
und Oxydation, das Glyzerin bei unvorsichtigem Trocknen durch Wasser- 
entzug verändert werden können. Man kocht also mit Alkohol aus, 
läßt das Material dann bei sehr niedriger Temperatur, am besten unter 
Darüberstreichen eines Luftstromes, trocknen, vermahlt es dann in einer 
Mühle fein und extrahiert es dann im Extraktionsapparat mit einem 
der Fettlösungsmittel, Schwefelkohlenstoff (Siedepunkt 46,2° C), Tetra- 
chlorkohlenstoff (Siedepunkt 76,75° C), Äther (Siedepunkt 36 ° C) oder 
Petroläther. Am besten verwendet man ein Gemisch von Petroläther 
und Äther. Der zum Wegnehmen des Wassers verwendete Alkohol löst 
auch etwas vom Fett, ferner Lezithin und andere Stoffe, 
die sich in Alkohol, in Fett oder Lezithin auflösen. In- 
folgedessen darf man den Alkohol nicht wegschütten, son- 
dern man dampft ihn im luftverdünnten Raum bis auf 
ein kleines Volumen des Extraktes ab und schüttelt die 
wässerig- alkoholische Lösung 
mit Petroläther aus, wobei 
man sich bildende Emulsionen 
durch tropfenweisen Zusatz 
von Alkohol zum Verschwin- 
den bringt. Man kann auch, 
statt im Schütteltrichter zu 
schütteln, die Extraktion der 
alkoholischen Flüssigkeit im 
Aronschen!) Apparat vor- 
nehmen. Der Apparat besteht 
aus einem Kolben (Fig. 61) 
mit weitem Hals und einem 
auf diesen Kolben mit Hilfe 


eines Schliffes aufsetzbaren A 
Mantelrohr, das sich nach _ i 
b Imäl di . Fig. 59. Soxhletscher Ex- Fig. 60. R. Frühling. 
oben verschmälert und ın ein % traktor. \ scheModifikation as 
= 1 _ Das Rohr B wird in den mit let-Apparates mit Hülse- 
Glasrohr ausläuft, das die Ver dem Extraktionsmittel be- Be s Handhaben 


bindung mit einem Rückfluß- 
kühler ermöglicht. Sollen 
feste Stoffe extrahiert 
werden, so wirdein Glaseinsatz 
mit seitlicher Heberschleife 
(genau so wie beim Soxhlet- 


schickten Kolben eingesetzt, 
A mitdem Rückflußkühler ver- 
bunden, die Dämpfe des Ex- 
traktionsmittelssteigen durch 
B und (€ aufwärts, werden 
kondensiert, fließen durch A 
in die Hülse, die Flüssigkeit 
steigt bis zum Niveau A, wo- 
rauf sie automatisch durch D 
in den Kolben zurückgehebert 
wird. 


beim Füllen und genaues 
Wägen der Substanz vor 
und nach der Entfaltung. 
Der Heber ist ins Innere 
des Gefäßes verlegt. B 
und b entsprechen genau 
den Teilen C und D in 
Fig. 61. € ist ein in den 
eingeschliffenen Deckel 
eingelassener Rückfluß- 
kühler. 


extraktor) verwendet, in den 
die mit dem Extraktionsgut gefüllte Extraktionshülse (Schleicher- 
Schüllsche Pergamenthülse) eingesetzt wird. Dieser Glaseinsatz wird 
in das Mantelrohr von der unteren breiten Schlifföffnung her eingeführt 
und mittels zweier an seinem oberen Rand befindlicher Glasnuten in 
dem Mantelrohr aufgehängt, das innen zwei Glaslager zum Einhängen 
des Einsatzes trägt. Das obere Glasrohr des Mantels wird durch einen 
Schlauch eng mit dem Rohre eines Rückflußkühlers verbunden. Der 
Vorteil dieses Extraktors ist vor allem, daß die Dämpfe des Extraktions- 
mittels nur einen kurzen Weg haben und den Glaseinsatz ständig um- 
spülen, so daß das Extraktionsmittel in der Hülse fortdauernd im 


!) H. Aron, Ein einfacher Extraktionsapparat zur Extraktion von festen 
und flüssigen. Stoffen. Bioch. Zsch. 50, 386 (1913). 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 12 


178 V1. Fette, Öle und Wachse. 


Sieden erhalten wird, ein großer Vorteil vor der kalten Extraktion im 
originalen Soxhlet-Apparat, besonders bei hochsiedenden Extraktions- 
flüssigkeiten. Dadurch arbeitet der Apparat sehr rasch und infolge 
der einzigen vorhandenen Öffnung, des breiten Schlitzes, sind die Ver- 
luste an Extraktionsmittel auf ein Minimum reduziert. Will man 
Flüssigkeiten mit Äther oder dergleichen extrahieren, so verwendet 
man einen anderen Glaseinsatz (Fig. 62), der auch von unten in das 
Mantelrohr eingeführt und darin mittels zweier Glasnuten aufgehängt 
wird. Dieser Apparat ist den bewährten Vorrichtungen zur Extraktion 
von Flüssigkeiten nachgebildet; die im Kühler kondensierten Dämpfe 
des Lösungsmittels fallen aus dem Kühler in das trichterförmig er- 
weiterte Rohr, das bis auf den Grund des Glaseinsatzes reicht, steigen 
von unten nach oben durch die ganze im Glaseinsatz befindliche, zu 
extrahierende Flüssigkeit durch und fließen 
ständig durch das Heberrohr, mit der ex- 
trahierten Substanz gesättigt, in den Ent- 
wicklungskolben ab. Die zu extrahierende 
Flüssigkeit wird bis knapp unter das Heber- 
rohr eingefüllt, so daß die Schichte des 
Lösungsmittels, welche ständig über dem 
Flüssigkeitsnivesu steht, äußerst schmal ist. 
Auch hier besteht ein großer Vorteil darin, 
daß der Glaseinsatz fortwährend von den 
Dämpfen des Extraktionsmittels umspült ist 
und demnach die Extraktion in der Wärme 
verläuft. Der Apparat wird in zwei Größen, 
für die gebräuchlichen Extraktionshülsen 
(30 x 80 mm) passend und in größerer Form 
(Einsatz 70 mm breit, 220 mm hoch, Mantel- 
rohr 80 mm breit und 300 mm hoch, Ex- 
traktionskolben mit einem Fassungsraum von 
1500 ccm, kann also mit 800—1000 ccm 
Flüssigkeit beschickt werden) hergestellt. Ab- 
- gesehen davon, daß er für Ausziehen von 
Fig. 61. Apparat Fig. 62. Modifika- Alkaloiden u. dgl. aus Pflanzenextrakten sehr 


von Aron. tion des A 


ron . . . 
Kolben; E — Ex. schen Extraktors geeignet ist, wird er auch besonders zur 
aktionshülse;k z Ausziehe 2 1 1 
-Rückfiußkühler. Plüssiekeiten  BXtraktion von Fetten, Eiweißstoffen u. dgl. 


Verwendung finden. Will man die Fette nicht 
gleich analysieren, sondern einige Zeit aufbewahren, so muß man dafür 
sorgen, daß dieselben in sorgfältigst getrocknetem Zustande verharren. 
Man läßt den Petrolätherextrakt, nachdem man im Vakuum den größten 
Teil des Petroläthers abdestilliert hat, zwei Tage im Vakuumexsikkator 
über konzentrierter Schwefelsäure stehen, wirft dann noch ein Stück 
geschmolzenen Chlorkalziums hinein und bewahrt ihn in mit eingeriebenem 
Stöpsel verschlossenen kleinen und möglichst bis zum Rande gefüllten 
Gläsern vor Luft geschützt auf. Häufig sind in den Extrakten noch 
Lipasen, fettspaltende Enzyme, vorhanden, welche bei längerer Auf- 
bewahrung eine Zersetzung des Fettes in seine Komponenten ver- 
anlassen; man kann sie nur durch Erhitzen der gereinigten Fette auf 
höhere Temperatur unwirksam machen, wobei aber die Erwärmung 
in einer Atmosphäre trockener Kohlensäure vorgenommen werden 
muß, um Zersetzungen und Oxydationen zu vermeiden. Im alko- 


VI. Fette, Öle und Wachse. 179 


holischen Extrakt können außer Fetten auch Lezithine vorliegen, die 
man durch ihren Phosphorgehalt erkennt. Man kann den vom Alkohol 
befreiten Extrakt mit rauchender Salpetersäure oder mit Atzkali und 
Salpeter erhitzen, wodurch der Phosphor unter Zerstörung der organi- 
schen Substanz zu Phosphorsäure oxydiert wird. Diese erkennt man 
dann durch die Niederschläge, welche die Probe mit Magnesiamixtur, 
bzw. mit molybdänsaurem Ammon liefert. Man kann die fremden 
Bestandteile aber auch beim Fett lassen; man geht dann am besten 
in der Weise vor, daß man die fein zermahlene, trockene (z. B. Samen-) 
Substanz mit der 4—6fachen Menge fein gemahlenen, gebrannten Gips- 
mehles mischt und dann im Extraktionsapparat mit Petroläther 
extrahiert. Dieses Verfahren hat nicht nur den Vorteil, daß das noch 
vorhandene Wasser gebunden wird, sondern daß schleimige, pektinöse 
Substanzen durch den Gips adsorptiv zurückgehalten werden. 

Von den so gewonnenen Fetten müssen zunächst die wichtigsten 
physikalischen Konstanten wie spezifisches Gewicht, Schmelz- und Er- 
starrungspunkt, Löslichkeit, Konsistenz und Viskosität ermittelt werden. 
Es wird in einer Vorprobe die Reaktion des auf dem Wasserbade ge- 
schmolzenen Fettes oder des flüssigen Öles direkt gegen Indikatoren wie 
Lackmus und Phenolphthalein festgestellt, wobei man auch 
auf die Reaktion der beim Erwärmen entweichenden Dämpfe 
achtet, welche flüchtige Fettsäuren enthalten können. Die 
Gegenwart von Glyzeriden der Ölsäure erkennt man durch 
die Elaidinreaktion, indem man das Olin der Eprouvette mit 
der gleichen Menge Salpetersäure und einigen Stückchen 
Kupferdraht zusammenbringt: Das Öl erstarrt hierbei binnen 
kurzer Zeit zu einer festen Masse, indem das flüssige Glyzerid 
der Ölsäure in das feste Glyzerid der stereoisomeren Elaidin- in 
säure übergeht. Die Bestimmung des spezifischen Gewichtes _ Fie. 63 
findet in Pyknometern statt, von denen Röhmann das von Frometer 
Upbbelohde!) empfiehlt: Das Instrument (Fig. 63) besitzt bei 15° C 
einen Inhalt von 10 cem und wird mit Wasser von 15° C gefüllt. 
Das Taragewicht ist gleich dem Gewichte des mit Wasser von 15° ge- 
füllten Apparates. Der Ansatz des Kapillarröhrchens ist nahe dem 
Boden, damit die schwimmenden Fettstückehen die Röhre nicht ver- 
stopfen. Man fügt nun eine gewogene Menge m des in Stücke ge- 
schnittenen Fettes durch den Hals des mit Wasser von 15° gefüllten 
Pyknometers ein, setzt den Stopfen auf und ermittelt das Zusatz- 
gewicht m,, welches notwendig ist, um die Wage wieder in Gleich- 
gewicht zu bringen. Dieses Zusatzgewicht plus dem Gewicht m er- 
gibt das Volumen V des Fettes, folglich ist das spezifische Gewicht bei 
15%, bezogen auf Wasser von 15°, für Stoffe leichter als Wasser 
m: (m + m,), für Stoffe schwerer als Wasser m : (m— m,). In der 
folgenden Tabelle, S. 180, seien die spezifischen Gewichte einiger Fette 
nach J. Lewkowitsch angegeben. 

Gute Dienste bei der Erkennung eines Öles leistet bisweilen die 
Kapillaranalyse von Goppelsröder, bei welcher die Steighöhen 
der Fette oder Öle in Filtrierpapierstreifen von je 24 zu 24 Stunden 
bestimmt werden. Unter den Pflanzenölen steigt das Rizinusöl am 


1) F. Röhmann im II. Bande der Biochemischen Arbeitsmethoden von 
Abderhalden. 


12* 


180 VI. Fette, Öle und Wachse 


Spez. Gewicht bei Spez. Gewicht bei 
Fett 100° ©, bezogen Fett 100° C, bezogen 
auf Wasser von | auf Wasser von 
15° C | 15° 
Kakaobutter . . . . .| 0,857 Butterfett . . . | 0,865—0,868 
Psalmol rn 2 er sl 0,857 Olivenöl‘ 4.02 0,9168 
Japanwachs .. ...| 0,8755 Rubol ro re 0,9168 
Kokosnußöl . .. . .| 0,8736 Arachisöl . . . .| 0,9209 
Palmkernölt „2... 2.2, 0,8731 Baumwollsamenöl: 0,9225 
Schweinefett . . 0,861 Beinöl’. «u ee] 0,9325 
Rinds- u. Hammeltalg. 0,860 Rızinusolz.2.22. 0,9679 


wenigsten, das Leinöl am höchsten. Das unbewaffnete Auge findet 
keine charakteristischen Unterschiede in der meist weißlichen oder 
gelblichen Farbe der Fette und Ole. Analysiert man aber diese Färbungen 
mit Hilfe des Spektroskopes, so findet man oft charakteristische Spektren, 
herrührend von Bestandteilen, welche das Fett konstant begleiten und 
so zur Feststellung der Natur des Fettes beitragen können. Doumer 
teilt die Öle nach ihrem spektroskopischen Verhalten ein in solche, welche, 
wie Olivenöl, Hanföl, Nußöl, das Chlorophylispektrum aufweisen, und 
solche, die, — Rizinusöl, Mandelöl, kein charakteristisches Spektrum 
geben; ferner solche, welche die chemisch wirksamen Strahlen des 
Spektrums absorbieren, z. B. Rüböl, Leinöl, Senföl, und solche mit ver- 
schiedenen Spektren, wie Sesamöl, Mohnöl, Arachisöl, Baumwollsamenöl. 
Schmelzpunkt und Erstarrungspunkt des Fettes können in sehr mannig- 
faltiger Weise bestimmt werden, wobei man sich immer gegenwärtig 
zu halten hat, daß das Schmelzen bei den Fetten nicht in so scharfer 
Weise gekennzeichnet ist, wie bei anderen chemischen Stoffen, sondern 
daß meistens während eines größeren Temperaturintervalles Verflüssi- 
gung und Aufhellung der Fettmasse erfolgt. Der am deutlichsten wahr- 
nehmbare Endpunkt dieses Prozesses, die erreichte vollkommene 
Durchsichtigkeit des Fettes wird als Schmelzpunkt angesprochen. 
Sehr verbreitet ist die Schmelzpunktsbestimmung nach Pohl, bei 
der die Temperatur ermittelt wird, bei welcher das Fett flüssig wird, 
wobei aber noch feste Teilchen darin herumschwimmen können. Man 
taucht die Thermometerkugel einen Augenblick in das ein wenig über 
seinen Schmelzpunkt erhitzte Fett, so daß dieses nach dem Heraus- 
nehmen einen dünnen Überzug auf der Thermometerkugel bildet, läßt 
das Thermometer längere Zeit liegen und befestigt es dann mittels eines 
Korkes in einer weiten und langen Eprouvette in der Art, daß die Kugel 
noch etwa 1 cm vom Boden entfernt ist. Die Eprouvette hält man 
mittels einer Klammer 2—3 cm über einer Asbestplatte, die man mit 
dem Brenner erwärmt, und beobachtet den Punkt, bei welchem sich 
am unteren Ende der Kugel ein Tropfen des geschmolzenen klaren 
Fettes zeigt. 

Ferner nimmt man die Schmelzpunktbestimmung im Kapillar- 
röhrchen vor, welches sehr dünnwandig und nicht zu eng sein soll. 
Man saugt 1—2 ccm des Fettes in das Röhrchen ein und befestigt es 
mittels eines Kautschukfadens so an dem verlängerten Quecksilber- 
behälter des Thermometers, daß die Fettschicht in einer Höhe mit 
dem unteren Rande des Quecksilbers steht. Erst wenn die Substanz 
im Röhrchen vollständig erstarrt ist, bringt man das Thermometer in 
eine 3 cm weite, lange Eprouvette, in welchem sich das zur Erwärmung 


VI. Fette, Öle und Wachse. 181 


dienende Glyzerin befindet. Der Moment, in dem das Fettsäulchen 
vollkommen klar und durchsichtig geworden ist, dient als Schmelz- 
punkt. Über den Erstarrungspunkt der Fette hat Rüdorff Be- 
obachtungen angestellt. Wenn man Fette schmelzt und das ge- 
schmolzene Fett beständig mit dem Thermometer umrührt, so zeigt 
sich entsprechend der Tatsache, daß beim Erstarren der geschmolzenen 
Fette die ‚Schmelzwärme“ frei wird, daß die Temperatur beim Abkühlen 
bis zu einem bestimmten Punkte sinkt, dort eine Zeitlang konstant 
bleibt und dann wieder sinkt. Während des Erstarrens bleibt die 
Temperatur konstant, diese Temperatur ist also der Erstarrungspunkt, 
oder die Temperatur sinkt zunächst und steigt sodann auf ein Maximum, 
den Erstarrungspunkt, auf welchem sie sich bis zum völligen Fest- 
werden erhält. Zur Bestimmung des Erstarrungspunktes bringt man 
die Fette in ein entsprechend weites Reagenzglas und schmelzt sie mit 
eingesetztem, in Zehntelgrad geteiltem Thermometer. Dieses Reagenz- 
glas befestigt man mit einem Kork in einem weiten Rohr, auf dessen 
Boden sich einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure befinden, welche 
das Beschlagen der Wände mit Kondenswasser verhindern, wenn die 
Erstarrungstemperatur unter Zimmertemperatur sinkt. Nun wird der 
ganze Apparat in ein nicht zu kleines Becherglas mit Wasser getaucht, 
dessen Temperatur zirka 10 ° C über dem Erstarrungspunkt des Fettes 
liegt, und man beobachtet den Erstarrungspunkt des Fettes, indem 
man gleichzeitig das Wasser als auch das geschmolzene Fett beständig 
mit Glas oder Platindraht durchrührt. 

Von qualitativen Reaktionen, die als Vorprobe bei der Unter- 
suchung der Fette durchgeführt werden, sei zunächst die schon ge- 
nannte Elaidinprobe erwähnt. Bei Gegenwart von salpetriger Säure- 
verwandeln sich flüssige Öle in das feste Elaidin. 10 g Öl, 5g HNO, 
von 40—42 ® Be, 1 g metallisches Quecksilber werden in eine Eprouvette 
gebracht und das Quecksilber durch 3 Minuten andauerndes, starkes 
Schütteln gelöst, dann wird stehen gelassen und nach 20 Minuten wieder 
1 Minute lang geschüttelt. Von diesem Zeitpunkte an zeigen die Ole 
folgendes Verhalten: Olivenöl ist nach 1 Stunde fest, Erdnußöl nach 
1h 20’, Sesamöl nach 3" 5’, Leinöl bildet einen roten teigigen Schaum, 
Hanföl bleibt unverändert. Man darf also bei der Elaidinprobe nicht 
erwarten, daß das Öl sofort oder überhaupt fest oder gar hart werden 
muB. Olivenöl, Erdnußöl, Mandelöl geben die härtesten Elaidinproben, 
während die sogenannten trocknenden Öle flüssige Elaidinprodukte liefern. 
Statt des Quecksilbers wird, wie vorhin erwähnt, auch Kupfer in Spänen 
verwendet. Übrigens steht die Elaidinprobe in Abhängigkeit von der 
Temperatur. So braucht Arachisöl bei 14° C 13 Minuten zum Er- 
starren, bei 18—19° C dagegen 152 Minuten, Olivenöl bei 14° C 
15 Minuten, bei 18—19° C 67 Minuten. Auch das Eintrocknungs- 
vermögen gibt uns einige Anhaltspunkte zur Identifikation. Ein 
Tropfen Öl wird auf eine Glasplatte getropft und hier bei Zimmer- 
temperatur oder bei 50 ° © liegen gelassen. 0,1 g Leinöl erfordern bei 
50°C 12 Stunden, Maisöl 18 Stunden, Baumwollsamenöl 21 Stunden, 
Rüböl 48 Stunden, Olivenöl über 13 Tage. Alle fetten Öle nehmen 
freiwillig Sauerstoff aus der Luft auf und die Schnelligkeit der Auf- 
nahme steht in Zusammenhang mit der chemischen Natur des Öles 
und kann beschleunigt werden durch Hinzufügen von Mangan-, Kupfer- 
oder Bleiverbindungen. Durch die Sauerstoffaufnahme werden die 


182 VT. Fette, Öle und Wachse. 


Öle schließlich fest, gehen in eine elastische, durchsichtige Masse über, 
die sogenannten trocknenden Öle, Leinöl, Mohnöl usw., tun dies 
schon bei gewöhnlicher Temperatur, besonders schnell bei Gegenwart 
eines Sauerstoffüberträgers, de nicht trocknenden Öle, Rüböl, 
Olivenöl usw., nur bei höherer Temperatur oder bei Gegenwart eines 
Sauerstoffüberträgers. So trocknet Olivenöl, das bei 50 ° C über 13 Tage 
dazu braucht, mit Bleiglätte und Manganborat versetzt und in dünner 
Schicht ausgebreitet, bei 130 ° schon in einer halben Stunde. Livache 
hat ein Verfahren ausgearbeitet, um die Gewichtszunahme von Ölen 
bei der Sauerstoffaufnahme festzustellen, wobei diese durch molekulares 
Blei, welches aus einem Bleisalz durch Zink ausgefällt worden war, be- 
schleunigt wird. Das abfiltrierte, mit Wasser, Alkohol, Äther ge- 
waschene und getrocknete Bleipulver wird auf einem größeren Uhr- 
glase in der Quantität von 1g ausgebreitet, gewogen und dazu höchstens 
0,6—0,7 g Öl aus einer Pipette so auftropfen gelassen, daß jeder Tropfen 
für sich auffällt und zwischen den einzelnen Tropfen ein Zwischenraum 
bleibt. Man läßt nun bei mittlerer Temperatur in einem sehr hellen 
Raume stehen und bestimmt dann die Gewichtszunahme, welche bei 
den trocknenden Ölen meist nach 18 Stunden beginnt und nach 3 bis 
4 Tagen beendet ist, bei den nicht trocknenden Ölen erst nach 4-5 Tagen 
anfängt. Die Gewichtszunahme einiger Öle in Prozenten beträgt: 


Nanerdes @lss Gewiehtszunahme nach 
2 Tagen 7 Tagen 
| 
EC ER er 1 ae a I: | 14,3 | — 
Nußöl . EA a ER ET EISE 7,9 | — 
MohndlsE Kr ER FENEN  LEEE 6,8 — 
Cottonöl Baar? 5,9 — 
Bucheckernöl . 4,3 — 
Kolzaöl . — 2,9 
Sesamöl De VE — 2,4 
ArSchtBolar se FE AA. — 1,8 
Rüböl = | 2,9 
Olivenöl — | ri 


- 


Von Spezialreaktionen auf einzelne Öle seien folgende angeführt '): 

Baumwollsamenöl: Das Öl mit dem gleichen Volumen 
Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 1,375 geschüttelt, erzeugt 
kaffeebraune Färbung. 

Nach Halphen werden gleiche Volumteile des Öles, Amyl- 
alkohol und Schwefelkohlenstoff, welcher 1%, Schwefel gelöst enthält, 
in siedender, konzentrierter Kochsalzlösung durch 10—15 Minuten 
erhitzt; es tritt orange bis rote Färbung ein. 

Nach Becechi wird eine Reaktion mit folgenden Lösungen er- 
zielt: 1. 1 g AgNO,, gelöst in 200 cem 98prozentigen Alkohols und 
versetzt mit 40 com Äther und 0,1 g HNO,; 2. 15 cem Kolzaöl, gelöst 
in 100 cem Amylalkohol. 10 ccm des zu "untersuchenden Öls werden 
mit 1 ccm von Lösung 1 gemischt und dann 10 ccm von Lösung 2 
hinzugefügt. Nach tüchtigem Durchschütteln wird die Mischung in 
zwei Teile geteilt und die eine Hälfte Y, Stunde lang in kochendem 


1) Näheres findet man in dem Werke von Benedikt-Ulzer: Analyse der 
Fette und Wachsarten, Berlin 1903. 


VI. Fette, Öle und Wachse. 183 


Wasser erhitzt; die erwärmte Probe wird bei Gegenwart von Cottonöl 
und nur durch dieses braun. Nach Hirschsohn mischt man 5 cem 
des zu prüfenden Öls mit 10 Tropfen einer Lösung von 1 g Goldchlorid 

in 200 ccm Chloroform und stellt 20 Minuten in kochendes Wasser ein; 
es zeigt sich eine schöne, rote Färbung. 

Für Sesamöl besonders charakteristisch ist die Probe von 
Baudouin: Man übergießt zirka 0,1 g Zucker mit Salzsäure vom 
spezifischen Gewicht 1,18 und schüttelt mit dem doppelten Volumen 
Ol; die kleinsten Mengen Sesamöl geben eine tiefrote Färbung, nach 
dem Absetzen ist die wässerige Schicht rot gefärbt. Diese Probe, welche 
auf der Entstehung von Furfurol aus dem Zucker beruht, kann ebenso 
gut mit einer 2prozentigen alkoholischen Lösung von Furfurol unter 
Zufügung von Salzsäure ausgeführt werden. 

Soltsien verfährt zum Nachweis von Sesamöl folgendermaßen: 
Zu 2-3 Volumteilen des Öles wird ein Volumteil mit Salzsäure ver- 
setzter Zinnchlorürlösung gefügt und das Öl damit kräftig durch- 
geschüttelt, bis eine Emulsion entsteht. Die Eprouvette wird dann 
in ein heißes Wasserbad gestellt, wo sich die Zinnchlorürlösung schnell 
absetzt; sie ist je nach dem Vorhandensein von Sesamöl hellhimberrot 
bis dunkelweinrot gefärbt; diese Reaktion gehört zu den prägnantesten 
und zuverlässigsten Farbenreaktionen auf Fette. Bei der Analyse des 
Fettes sucht man zunächst die Natur der mit dem Glyzerin verbundenen 
Fettsäure festzustellen, man ‚‚verseift‘‘ das Fett, indem man es am 
Rückflußkühler mit alkoholischer Natronlauge erhitzt, bis sich das 
Reaktionsprodukt klar mit Wasser mischt. Sehr häufig gelingt das 
aber nicht, nämlich dann, wenn unverseifbare, wasserunlösliche Stoffe, 
wie Phytosterine oder freie, höhere Fettalkohole, zugegen sind. Diese 
unverseifbaren Bestandteile fallen beim Verdünnen mit Wasser aus 
und können mit Äther ausgeschüttelt werden. Die Phytosterine geben 
— auf ihre nähere Charakterisierung wollen wir hier nicht eingehen — 
eine Reihe von Farbenreaktionen, welche übrigens nicht bei allen 
Phytosterinen in der gleichen Weise auftreten. Diese Farbenreaktionen 
sind: 1. Wenn man Phytosterin in Chloroform löst und konzentrierte 
Schwefelsäure zusetzt, so färbt sich das Chloroform blutrot (Hesses 
Reaktion); 2. Übergießt man Phytosterin mit einer Mischung von einem 
Teil Wasser und fünf Teilen Schwefelsäure, so treten rote bis violette 
Färbungen ein, die sich bei Zusatz von Jodlösung verändern (Mole- 
schotts Reaktion); 3. Löst man Phytosterin in heißem Essigsäure- 
anhydrid und gibt zu der erkalteten Flüssigkeit einige Tropfen Schwefel- 
säure, so tritt Blaufärbung ein (Liebermanns Reaktion); 4. Eine 
Mischung von neun Teilen Trichloressigsäure und einem Teil Wasser 
gibt, mit Phytosterin bis zum Aufkochen erhitzt, rote bis violette 
Färbung (Hirschsohns Reaktion); 5. Eindampfen mit kon- 
zentrierter Salzsäure und Eisenchlorid liefert nach dem Auswaschen 
mit Wasser rote oder blaue Färbung (Machsche Reaktion). 

Quantitative Reaktionen: Es werden dabei die ver- 
schiedenen Konstituenten des Fettes quantitativ festgestellt und 
folgende Zahlen bestimmt: 1. die Säurezahl als Maß für den 
Gehalt an freien Fettsäuren; 2. die Verseifungszahl als Maß 
für die Sättigungskapazität der gesamten Fettsäuren; 3. dieAther- 
zahlals Maß für den Gehalt an Triglyzeriden und anderen Fettsäure- 
estern; 4. die Reichert-Meißlsche Zahl für den Gehalt an 


184 VI. Fette, Öle und Wachse. 


flüchtigen Fettsäuren; 5. die Hehnersche Zahl, das ist die in Pro- 
zenten ausgedrückte Menge der unlöslichen Fettsäuren; 6.dieAzetyl- 
zahl als Maß für den Gehalt von Oxyfettsäuren oder freien Alkoholen; 
7.dieJodzahl als Maß für den Gehalt an ungesättigten Fettsäuren. 


1. Die Säurezahl gibt die Menge Kalihydrat in Zehntelprozenten 
oder in Anzahl Milligrammen KOH für 1 g Fett an, welche zur Neu- 
tralisation der in einem Fett befindlichen, freien Fettsäuren notwendig 
ist und bildet daher ein Maß für den Gehalt des Fettes an freien Fett- 
säuren. Das Öl wird zu diesem Zweck in einer Mischung von Äthyl- 
und Amylalkohol 1 : 2 oder in einer Mischung von Alkohol und Äther 
gelöst und mit alkoholischer oder wässeriger Lauge unter Verwendung 
von Phenolphthalein als Indikator titriert. Die zur Lösung des Fettes 
verwendete Flüssigkeit muß natürlich säurefrei sein; die Titration ist 
beendigt, wenn die Lösung einige Minuten rot bleibt , nach einiger 
Zeit tritt Entfärbung ein, welche aber nicht mehr beachtet werden 
darf. Beis DB jel: Für 25cem Olivenöl von 0, . spezifischem Gewicht 


sind 94 com „Lauge verbraucht worden; 1 com 7 1, auge enthält 0,0056 g 


: 0,0056 x ;: A 
KHO, somit ist die Säurezahl S=- ErXTm -1000 = 2.3, da 25ccm 


des Öles 25 x 0,971 = 22,925 g wiegen. 

2. Die Verseifungszahl oder Köttsdorferzahl gibt 
an, wieviel Milligramm KOH zur vollständigen Verseifung von 1 g 
des Fettes erforderlich sind, d. i. die zur Verseifung des Fettes not- 
wendige Kalihydratmenge in Zehntelprozenten. Zu ihrer Bestimmung 


: - n 5 > - 
hält man eine sehr genaue, zirka 9 Salzsäure und eine alkoholische 


Kalilauge (nicht Natronlauge) vorrätig, indem man zirka 30 g aus 
Alkohol gereinigten, gepulverten Atzkalis durch Kochen am Rückfluß- 
kühler in 1000 ccm fuselfreien 95 prozentigen Alkohols auflöst, einen 
Tag stehen läßt und in eine Flasche filtriert, welche mit einem durch- 
bohrten Kautschukstopfen verschlossen ist. In diese Bohrung wird 
eine 25 cem-Pipette eingesetzt, welche oben ein Stück Schlauch mit 
Quetschhahn trägt. Die Bestimmung der Verseifungszahl wird folgender- 
maßen ausgeführt: 2—2,25 g des filtrierten Fettes werden in einem 
weithalsigen Kolben von 150—200 cem Inhalt abgewogen. Dann hebt 
man mit der Pipette 25 com Kalilauge heraus und läßt dieselben in den 
Kolben fließen; man läßt jedesmal genau gleichviel zufließen, wobei 
es aber nichts ausmacht, ob etwas mehr oder weniger als 25 ccm 
der Kalilauge verwendet werden. Nun fügt man 25 ccm genau neu- 
tralisierten Alkohols zu, versieht das Kölbcehen mit einem Glasrohr, 
welches als Rückflußkühler dient, erwärmt auf dem schon vorher an- 
geheizten Wasserbad unter öfterem Umschwenken zum schwachen 
Sieden, erhält 15—30 Minuten im Kochen und titriert nach Zusatz 
von 1 cem alkoholischer Phenolphthaleinlösung die heiße Seifenlösung 


27 TE £ N RER ;. 
mit — Salzsäure zurück. Bei dunkler Färbung des Öles ist es zweck- 


7 
mäßig, statt des Phenolphthaleins Alkaliblau 6B als Indikator zu 
benutzen, dessen alkalische Lösung rot und dessen saure Lösung blau 
gefärbt ist. Von diesem Farbstoff werden zirka 2—3 ccm einer zwei- 
prozentigen alkoholischen Lösung verwendet und der abzutitrierenden 


VI. Fette, Öle und Wachse. 185 


Flüssigkeit vorher zirka 50 ccm neutralisierten Alkohols zugesetzt. Die 
Differenz zwischen der angewendeten und der durch Zurücktitrieren 
gefundenen Anzahl Milligramm KOH wird auf 1 g Fett umgerechnet. 
Das Resultat ist die Verseifungszahl. Beispiel: 2,012 g Olivenöl 
werden mit 25 ccm alkoholischer Kalilauge verseift und zum Zurück- 
titrieren 9,65 ccm Salzsäure verbraucht; 25 ccm alkoholischer Kali- 
lauge = 22,5 ccm Salzsäure, 1 ccm Salzsäure — 0,0301 g KOH. Somit 
wurden zur Verseifung verbraucht die 22,5 — 9,65 — 12,85 ccm Salz- 
säure äquivalente Menge KOH, d. i. 12, 85 x 0,0301 — — 386,8 mg für 
2,012 g Öl oder 386,8 : 2,012 = 192,24 mg KOH für 1 g Öl. Somit 
hat das untersuchte Öl die Verseifungszahl 192,24. Es gibt Fette, 
welche beim Kochen mit Kalilauge sehr dunkle Lösungen geben, die 
sich nicht titrieren lassen, weil der Indikator keine Färbung erkennen 
läßt. Für solche Fälle dient die kalte Verseifung von Hen- 
riques, bei der 3—4 g der Substanz in einem Kolben in der Kälte 
in 25 ccm Petroläther gelöst werden, mit 25 ccm alkoholischer n-Kali- 
lösung versetzt und nach dem Umschwenken 12 Stunden bei Zimmer- 
temperatur verschlossen stehen gelassen. Dann wird der Überschuß 
des Alkalis wie früher zurücktitriert. Bei der Bestimmung der Ver- 
seifungszahl erhält man aber auch neben der bei der Verseifung ge- 
bundenen Atzkalimenge auch die Menge Kalihydrat, welche von den 
im Fett etwa vorhandenen freien Fettsäuren gebunden wird. Will 
man dies zum Ausdruck bringen, so subtrahiertt man von der Ver- 
seifungszahl die Säurezahl und erhält so die 

3. Ätherzahl: diese gibt also die Anzahl Milligramme Ätzkali 
an, welche zur Verseifung der neutralen Ester in 1 g Fett nötig sind. 


4.DieReichert-MeißlscheZahl gibt die AnzahlKubikzentimeter 1 e 
Kalilauge, welche zur Neutralisation der leicht flüchtigen Fettsäuren von 
5 g eines Fettes erforderlich sind. 5 8, Fett werden in einem Kölbchen 
von zirka 200 cem Inhalt mit zirka 2 g festem Ätzkali und 50 cem 
70prozentigen Alkohols unter Schütteln am Wasserbade verseift, 
bis zur vollständigen Verflüchtigung des Alkohols eingedampft, der 
dicke Brei in 100 ccm Wasser gelöst, mit 40 cem Schwefelsäure 1: 10 
versetzt und nach Zugabe einiger kleiner Bimssteinstücke durch ein 
mit angeschmolzener Kugel (zur Verhinderung des Überspritzens) ver- 
sehenes und mit einem Kühler in Verbindung stehendes Rohr abdestilliert. 
Man fängt 110 ccm des Destillates in einem kubizierten Kolben auf, 
mischt, filtriert davon 100 ccm in einem anderen kubizierten Kolben 


Ir ei 
ab und titriert mit 10 Kalilauge unter Verwendung von Lackmus oder 


Phenolphthalein als Indikator. Man vergrößert die verbrauchte Anzahl 
Kubikzentimeter um ein Zehntel und bezieht das Resultat auf 5 g 
Substanz. 

Bestıimmungs der in Wasser löslichen .Fett- 
säuren: 1,5—2 g des Fettes werden in einem Erlenmeyerkolben 
mit 25 cem „ alkoholischer Kalilauge verseift und das überschüssige 
Kali mit Salzsäure gegen Phenolphthalein genau neutralisiert. Es hat 
sich Kaliseife gebildet, welche nach Abdampfen des Alkohols in 40 cem 
Wasser gelöst wird. Zu dieser Seifenlösung setzt man von neuem genau 


186 VI. Fette, Öle und Wachse. 


soviel Salzsäure, als der bei der Verseifung verbrauchten Menge KOH 
entspricht. Dadurch sind die Fettsäuren in Freiheit gesetzt worden, 
der Kolben wird mit einem Stöpsel verschlossen, in dessen Bohrung 
ein mit Wasser gefülltes U-Rohr steckt und nun am Wasserbade vor- 
sichtig erwärmt, bis sich die unlöslichen Fettsäuren an der Oberfläche 
angesammelt haben. Nach dem Erkalten filtriert man durch ein nasses 
Filter und wäscht solange mit Wasser, bis das Waschwasser empfind- 
liches blaues Lackmuspapier nicht mehr rötet, wozu zirka 100 ccm 
Wasser verbraucht werden. Empfindlichen Lackmusfarbstoff stellt 
man her, indem man den käuflichen Farbstoff wiederholt mit heißem, 
destilliertem Wasser behandelt. Die wässerigen Auszüge werden zur 
Zersetzung vorhandener Karbonate mit Essigsäure gelinde übersättigt 
und am Wasserbade bis zur Konsistenz eines dicken Extraktes, 
aber nicht zur Trockene eingedampft; der Rückstand wird allmählich 
mit 90prozentigem Alkohol verdünnt, das Gemisch in einen Kolben 
gebracht und reichlich 90prozentiger Alkohol dazugefügt. Dadurch 
wird der gegen Säuren und Basen sehr empfindliche Farbstoff gefällt, 
während ein weniger empfindlicher Farbstoff nebst Kaliazetat in Lösung 
bleiben. Man filtriert und wäscht mit Alkohol aus, der Farbstoff wird 
unter Erwärmen in destilliertem Wasser gelöst und die Lösung filtriert. 
Wenn man durch die in einer Schale befindliche Lösung des Farb- 
stoffes Streifen feinen ungeleimten Papiers zieht, erhält man das Reagenz- 
papier; bevor das Papier getränkt wird, taucht man einen Glasstab 
in sehr verdünnte Schwefelsäure oder Natronlauge und rührt damit 
in der Farbstofflösung, wodurch diese rot oder blau gefärbt wird. Phenol- 
phthaleinindikator bereitet man in der Weise, daß man 1 g Phenol- 
phthalein in 100 ccm 96prozentigen Alkohols löst, bei Methylorange 
0,1 g in 100 cem Wasser auflöst. 

Zum Filtrat fügt man die im U-Rohr befindliche Flüssigkeit, dann 
werden Filtrat und Waschwasser mit Phenolphthalein versetzt und 
mit Zehntelnormallauge titriert. Die verbrauchten Milligramme KOH 
geben uns die in der verwendeten Fettmenge vorhandenen löslichen 
Fettsäuren an; man berechnet auf 1 g Fett und zieht die gefundene 
Zahl von der Verseifungszahl ab, wodurch man die Azidität der in 
Wasser unlöslichen Fettsäuren angibt. 

Um die in Wasser unlöslichen Fettsäuren direkt zu bestimmen, 
wägt man das Ol in einem kleinen Becherglas mit Glasstab zusammen, 
gießt davon 3—4 g in eine größere Porzellanschale ab, worauf das 
genaue Gewicht durch Zurückwägen des Becherglases festgestellt 
wird. Das Öl in der Porzellanschale wird dann mit 1—2 g Atzkali und 
50 cem Alkohol versetzt und am Wasserbad unter öfterem Um- 
schütteln erwärmt, bis alles Ol verseift ist, die Seifenlösung bis zum 
dicken Sirup eingedampft, der Rückstand in 100—150 ccm Wasser 
gelöst und mit Salzsäure oder Schwefelsäure angesäuert. Durch Er- 
hitzen bewirkt man, daß sich die Fettsäuren als klares Ol auf der Ober- 
fläche sammeln, und filtriert durch ein vorher bei 100 ® getrocknetes 
und gewogenes quantitatives Filter; das Papier wird zunächst zur Hälfte 
mit heißem Wasser gefüllt und dann erst die Fettsäuren darauf ge- 
gossen: dadurch wird ein trübes Durchlaufen vermieden. Man wäscht 
mit siedendem Wasser, bis blaues Lackmuspapier vom Filtrat nicht 
mehr gerötet wird, und gießt immer so auf, daß ein neuer Aufguß erfolgt, 
bevor noch der Filter ganz entleert war. Darauf wird der Trichter 


VI. Fette, Öle und Wachse. 187 


samt Filter in ein mit kaltem Wasser beschicktes Becherglas gestellt, 
so daß die Fettsäuren erstarren; das Wasser läßt man vorsichtig ab- 
laufen, so daß nichts von der Fettsäurekruste mitgeschwemmt wird, 
bringt Filter nebst Fettsäuren in das Wägegläschen zurück, trocknet 
bei 100 0 C durch zwei Stunden, wägt dann, trocknet noch einmal zwei 
Stunden und wägt wieder: das Gewicht, auf 100 g Fett bezogen, ist 

5. die Sn Zahl. Das Fett wird unter Erwärmen in Alkohol 


gelöst und mit 7 „ KOH bis zur Rotfärbung von Phenolphthalein titriert, 


worauf man en Vergleich mit der Verseifungszahl feststellen kann, 
wieviel von den Säuren des Fettes sich in Wasser gelöst hat. Die 
Hehnersche Zahl gibt also die Menge der unlöslichen Fettsäuren an, 
welche 100 Teile Fett (Öl) liefern können. 


6. Die Azetylzahl der Fettsäuren gibt die Anzahl der Milli- 
gramme Ätzkali an, welche zur Neutralisation der aus 1 g der aze- 
tylierten Fettsäuren durch Verseifung erhaltenen Essigsäure notwendig 
ist. Sie ist ein Maß für die in einem Fett in freiem Zustande vor- 
handenen Hydroxylgruppen und gibt demnach die Menge der im Fette 
vorliegenden Oxysäuren und hochmolekularen Alkohole an. Nach 
Lewkowitsch geht man in der Weise vor, daß man 5 g Fett mit 
5 g doppeltgeschmolzenen Natriumazetats und 15—20 g Essigsäure- 
anhydrid in einem Erlenmeyerkolben am Rückflußkühler 1—2 Stunden 
zum schwachen Sieden erhitzt. Dann gießt man das azetylierte Produkt 
in ein Becherglas mit Wasser und erhitzt bis fast zum Sieden. Bei 
Gegenwart von Lezithin pflegt sich das azetylierte Produkt nicht gut 
abzuscheiden; man erhitzt dann nach Zusatz von etwas Kochsalz im 
Kohlensäurestrom. Das abgeschiedene Öl gießt man durch ein nasses 
Filter und wäscht mit warmem Wasser, löst das gewaschene Öl in Äther, 
schüttelt einigemal mit Wasser, um die letzten Reste der Essigsäure 
zu entfernen, und filtriert die ätherische Fettlösung durch ein trockenes 
Filter in ein gewogenes Kölbchen, aus dem der Ather abdestilliert wird. 
Der Rückstand wird im Kohlensäurestrom getrocknet; einen Teil des 
Fettes (1,5—2 g) bringt man in ein anderes Kölbchen, bestimmt das 
Gewicht des Abgefüllten durch Zurückwägen und bestimmt in dieser 
Probe: 1. die Azidität, 2. die Ätherzahl, 3. die Menge der löslichen Fett- 
säuren. Die Azidität des Filtrates oder Destillates nach Lewko- 
witsch’ Filtrationsverfahren, das vorhin geschildert wurde, aus- 
gedrückt in Milligrammen KOH und bezogen auf 1 g Fett, ist die Azetyl- 
zahl. Statt des Fettes kann man auch das Fettsäuregemisch, nach der 
Verseifung aus dem Fett gewonnen, zum Azetylieren benutzen. Beispiel: 
3,379 g azetylierter Fettsäure aus Rizinusöl verbrauchten zur Absättigung 


17,2 ccm 5 Kalilauge = 17,2 x 0,02805 g= 0,4825 g KOH, woraus 


sich die Azetylsäurezahl 482,5 : 3,379 — 142,5 ergibt. Zu der neu- 
tralisierten Probe wurden noch 32,8 ccm, im ganzen also 50 ccm KOÖH 


zufließen lassen. Nach dem Kochen wurde mit 14,3 ccm — HCl zurück- 
titriert. Daher verbleiben zur Absättigung der abgespaltenen Essig- 
säure 32,8 — 14,3 = 18,5 cem — KOH oder 18,5 x 0,02805 = 0,5189 g 
KOH, woraus sich die Azetylzahl 518,9 : 3,379 — 153,5 ergibt. 


188 VI. Fette, Öle und Wachse. 


7. Die Jodzahl gibt an, wieviel Prozent Jod ein Fett aufzunehmen 
vermag und bildet demnach, da nur ungesättigte Verbindungen Halogene 
addieren, ein Maß für den Gehalt eines Fettes an ungesättigten Fett- 
säuren, an Olsäure, Linolsäure, Linolensäure, Cholesterin u. a. Die 
Methode beruht auf der Messung des durch die Fette gebundenen und 
so zum Verschwinden gebrachten Jodes. Dieses Halogen wirkt bei 
gewöhnlicher Temperatur nur sehr träge auf die Fette ein, in der Wärme 
ist seine Wirkung sehr ungleichmäßig. Dagegen reagiert eine alkoholische 
Jodlösung bei Gegenwart von Quecksilberchlorid schon bei gewöhn- 
licher Temperatur sehr gleichmäßig mit den ungesättigten Fettsäuren 
und deren Glyzeriden. Folgende Lösungen sind notwendig: 1. Die 
‚Jodlösung. Man löst einerseits 25 g Jod, andererseits 30 g Quecksilber- 
chlorid in je 500 ccm 95 prozentigen fuselfreien Alkohols, filtriert, wenn 
nötig, die letztere Lösung und vereinigt beide. Die Flüssigkeit darf 
erst nach 24stündigem Stehen in Gebrauch genommen werden, da sich 
der Titer anfangs rasch ändert; überhaupt sollte der Titer vor jeder 
Versuchsreihe neu gestellt werden. Eine beständigere Jodlösung re- 
sultiert nach Waller, wenn man zu je einem Liter der Mischflüssig- 
keit 50 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,19 zusetzt. 2. Natrium- 
thiosulfatlösung: Sie enthält im Liter zirka 24 g des Salzes und man stellt 
den Titer am besten mit Kaliumbichromat oder Kaliumbijodat. 3,8707 g 
reinsten gepulverten K,Cr,O, werden in einem Liter Wasser gelöst und 
man läßt davon 20 cem in eine Stöpselflasche fließen, in welche man 
vorher 15 ccm 10 prozentiger Jodkalilösung und 5 cem Salzsäure gebracht 
hat. ‚Jeder Kubikzentimeter reinster Bichromatlösung macht genau 
10 mg Jod frei, so daß 20 ccm 200 mg Jod ausscheiden, welche dann 
mit der zu stellenden Thiosulfatlösung titriert werden, indem man von 
dieser aus einer Bürette zufließen läßt, bis ein Tropfen mit etwas Jod- 
zinkstärkelösung oder Stärkekleister gerade Blaufärbung hervorruft. 
Oder man löst 1,6254 g reinsten Kalibijodats in Wasser und füllt auf 
500 ccm auf. Dann bringt man 1—2 g reinsten Jodkalis in ein Becher- 
glas, löst das Salz in möglichst wenig Wasser, fügt 5 ccm Salzsäure 
1:5 hinzu und dann erst 20 ccm der Kalibijodatlösung. Es scheiden 
sich 20 x 12,68 mg Jod ab. Man verdünnt mit 200 ccm Wasser und 
läßt aus der Bürette unter Umrühren Thiosulfatlösung zufließen, bis 
die Lösung nur noch schwach gelb gefärbt ist, setzt jetzt etwas Stärke- 
lösung dazu und läßt weiter tropfenweise Thiosulfatlösung zufließen, 
bis die Blaufärbung beim energischen Schütteln eben verschwindet. 
Man erfährt so die Anzahl der Kubikzentimeter Natriumthiosulfat- 
lösung, die erforderlich sind, um 0,2536 g Jod zu reduzieren und be- 
rechnet hieraus den Titer für 1 ccm der Thiosulfatlösung. 3. Chloro- 
form, das in der Weise auf seine Reinheit geprüft wird, daß man 10 cem 
desselben mit 10 cem Jodlösung versetzt und nach 2—3 Stunden die 
Jodmenge sowohl in dieser Mischung, als in 10 ccm der Vorratslösung 
maßanalytisch bestimmt; stimmen die erhaltenen Zahlen überein, so 
ist das Chloroform brauchbar. 4. Jodkalilösung, die auf zehn Teile 
Wasser einen Teil Jodkali enthält. 5. Stärkelösung, indem man 0,5 g 
pulverisierter Stärke in 100 ccm Wasser kocht, bis eine dünnflüssige, 
opaleszierende Flüssigkeit resultiert; zweckmäßiger ist es, eine halt- 
bare- Jodzinkstärkelösung folgendermaßen herzustellen: 5 g Stärke- 
mehl werden mit 20 g ZnCl, und mit 100 ccm destillierten Wassers unter 
Ergänzung des verdampfenden Wassers mehrere Stunden solange ge- 


VI. Fette, Öle und Wachse. 189 


kocht, bis die Stärkehäutchen völlig gelöst sind, dann werden 2 8 
trockenen ZnJ, zugesetzt, auf einen Liter verdünnt und filtriert. Die 
Filtration geht langsam vor sich, man erhält aber eine klare Flüssigkeit, 
die wohl nach einigen Wochen einige Flocken absetzt, aber, in wohl- 
verschlossenen Gefäßen im Dunkeln aufbewahrt, dauernd farblos bleibt. 
Außerdem kann auch wasserlösliche Stärke, in destilliertem Wasser 
gelöst, verwendet werden. 

Die Bestimmung wird folgendermaßen vorgenommen: man bringt 
von trocknenden Ölen 0,1—0,12 g, von nicht trocknenden Ölen 0,2—0,3 8, 
von festen Fetten zirka 0,5 g, von Kokosöl und Palmkernöl 1 g in eine 
500-800 ccm fassende, trockene, mit gut eingeriebenem Stöpsel ver- 
sehene Glasflasche, löst in zirka 15 cem Chloroform und läßt mittels 
der in die Vorratsflasche eingesetzten Pipette 25 cem Jodlösung zu- 
fließen, wobei man die Pipette bei jedem Versuch in genau gleicher 
Weise entleert, d. h. stets dieselbe Tropfenzahl zufließen läßt. Zieht 
man es vor, größere, z. B. die doppelte Fettmenge abzuwägen, so läßt 
man 50 ccm Jodlösung zufließen. Sollte die Flüssigkeit nach dem 
Umschwenken nicht völlig klar sein, so wird noch etwas Chloroform 
hinzugefügt. Tritt binnen kurzer Zeit fast vollständige Entfärbung 
der Flüssigkeit ein, so muß man noch 25 ccm Jodlösung zufließen lassen; 
die Flüssigkeit muß nach zwei Stunden jedenfalls noch stark braun 
gefärbt erscheinen. Obwohl die Reaktion nach dieser Zeit beendet 
ist, läßt man noch vier Stunden stehen, versetzt dann mit 20 ccm 
Jodkalilösung 1: 10, schwenkt um und fügt 150 cem Wasser hinzu. 
Scheidet sich dabei rotes Quecksilberjodid aus, so war die zugesetzte 
Jodkalimenge ungenügend; man muß dann nachträglich noch Jodkali 
dazugeben. Nun läßt man unter oftmaligem Umschwenken solange 
Thiosulfatlösung zufließen, bis die wässerige Flüssigkeit und die Chloro- 
formlösung nur mehr schwach gefärbt erscheinen. Nun wird der Stärke- 
indikator zugesetzt und zu Ende titriertt. Unmittelbar vor oder nach 
der Operation wird in einer blinden Probe der Titer von 25 ccm der 
Jodlösung in ebenderselben Weise mit Thiosulfatlösung bestimmt. Aus 
der Differenz beider Bestimmungen berechnet man die Menge Jod 
und bezieht sie auf 100 Teile Fett. Die Jodlösung soll nur solange 
benutzt werden, als 25 cem derselben noch mindestens 35 ccm der 


ns Thiosulfatlösung beanspruchen. Die Zahlen sind ganz konstant, wenn 


die Jodlösung in genügendem Überschuß vorhanden war; der Überschuß 
soll 100—160 %, nach sechs Stunden betragen. 

Quantitative Bestimmungeinzelner Bestand- 
teile der Fette: man bestimmt freie Fettsäuren und Glyzerin. 
Zur gewichtsanalytischen Bestimmung des Fettsäuregehaltes übergießt 
man einige Gramme der Probe mit heißem Alkohol, setzt Phenol- 
phthalein zu und neutralisiert die freie Säure genau mit verdünnter 
Lauge, die man aus einer Bürette zufließen läßt, wobei man gleich- 
zeitig mit der titrierten Lauge die Säurezahl ermittelt. Nach dem 
Erkalten wird die Flüssigkeit mit dem gleichen Volumen Wasser ver- 
dünnt und mit Petroläther extrahiert. Die Petrolätherschicht schüttelt 
man wiederholt mit Wasser, ohne jedoch dieses mit der abgezogenen 
Flüssigkeit zu vereinigen. Der Petroläther wird dann zuerst in einen 
trockenen Kolben gegossen, an dessen Wände sich noch Wassertropfen 
ansetzen, und dann erst in einen gewogenen Kolben umgeleert. Nach- 


190 VI. Fette, Öle und Wachse. 


dem man die Flüssigkeit in dieser Weise wiederholt mit Petroläther 
extrahiert hat, wird dieser abdestilliert, der Rückstand getrocknet 
und als Neutralfett gewogen. Aus der Differenz ergibt sich der 
Gehalt an Fettsäuren. Oder man bringt die Seifenlösung samt 
den Waschwässern in den Scheidetrichter, fügt verdünnte Schwefel- 
säure bis zur stark sauren Reaktion hinzu, schüttelt mit Petroläther 
wiederholt aus und verfährt mit den Auszügen so wie oben angegeben 
wurde. 

Ist die Jodzahl gleich Null, so sind keine flüssigen, ungesättigten 
Fettsäuren vorhanden; erhält man eine Jodzahl, so führt man eine 
Trennung von festen und flüssigen Fettsäuren durch; zum qualitativen 
Nachweis von festen Fettsäuren (Palmitinsäure, Stearinsäure) in einem 
Ol verseift man mit alkoholischer Kalilauge, fügt Phenolphthalein hinzu, 
neutralisiert mit Essigsäure, filtriert und vermischt das Filtrat mit zwei 
Gewichtsteilen Ather und alkoholischer Bleiazetatlösung. Sind feste 
Fettsäuren zugegen, so entsteht ein weißer Niederschlag. Zur quanti- 
tativen Trennung flüssiger und fester Fettsäuren benutzt man die Eigen- 
schaft der Bleisalze der unlöslichen, flüssigen Fettsäuren (Ölsäure, Linol- 
säure usw.), sich in Äther sufzulösen, während die Bleisalze der festen 
Fettsäuren (Palmitinsäure, Stearinsäure usw.) darin nur in äußerst 
geringen Mengen löslich sind. Nach Kremel wägt man 2-3 g der 
Probe in einem weithalsigen Kolben von 100—150 cem Inhalt ab und 
verseift mit beiläufig derselben Menge Ätzkali und 10 ccm 95prozentigen 
Alkohols auf dem Wasserbad. Hierauf setzt man etwas Wasser und 
1—2 Tropfen Phenolphthaleinlösung hinzu und neutralisiert genau 
mit Essigsäure. Der Alkohol wird auf dem Wasserbade verdampft, 
der Rückstand in zirka 80 ccm heißen Wassers gelöst und mit Blei- 
zucker gefällt; die Bleiseifen legen sich beim Umschwenken vollkommen 
an die Kolbenwandung an. Nach dem Erkalten gießt man die Flüssig- 
keit durch ein mittleres Filter ab und wäscht einigemal mit heißem 
Wasser. Nun schmelzt man den Kolbeninhalt auf dem Wasserbad, 
läßt erkalten, gießt das Wasser, welches sich angesammelt hat, gleich- 
falls durch das Filter und trocknet die Kolben samt Inhalt und Filter 
bei gelinder Wärme. Nun behandelt man den Kolbeninhalt mit Ather 
und filtriert die Flüssigkeit, welche die Bleisalze der flüssigen Fett- 
säuren gelöst enthält, durch das vorher benutzte Filter in ein gewogenes 
Porzellanschälchen ab, wobei man das Filter gut bedeckt hält. Man 
spült Kolben und Filter gut mit Äther nach, läßt die Ätherlösung in der 
Schale verdunsten, trocknet den Rückstand 'erst bei gelinder Wasserbad- 
wärme, dann über Schwefelsäure und wägt. In einem gewogenen Teil 
bestimmt man den Bleioxydgehalt, indem man ihn in der gewogenen 
Porzellanschale vorsichtig verbrennt und den Rückstand, der nach dem 
Glühen ein Gemenge von Bleioxyd und Blei ist, wägt. Man behandelt 
ihn dann mit warmer Essigsäure, bis alles Oxyd vollständig gelöst ist, 
und wäscht das metallische Blei durch Dekantation. Nachdem man 
das Waschwasser möglichst vollständig abgegossen hat, trocknet man 
den Tiegel samt dem darin enthaltenen Blei und wägt. Die Differenz 
der beiden Wägungen gibt die Menge des im Glührückstand enthalten 
gewesenen Bleioxyds, das man auf Blei umrechnet und zu dem Ge- 
wichte des direkt erhaltenen Bleis addiert. Den erhaltenen Bleioxyd- 
gehalt zieht man vom Gewichte des Rückstandes der Atherlösung ab. 
Die Differenz gibt das Gewicht der Anhydride der flüssigen Fettsäuren. 


VI. Fette, Öle und Wachse. 191 


Um daraus das Gewicht der flüssigen Fettsäuren selbst zu erfahren, 
muß man noch das der gefundenen Bleioxydmenge A äquivalente Wasser- 


quantum hinzuaddieren, welches man erhält, wenn man A mit ne = 
0,0807 multipliziert. Das Filter wird nun ausgebreitet, damit sich der 
Ather verflüchtigen kann, worauf sich die Bleiverbindungen der festen 
Fettsäuren leicht vom Filter ablösen und vollständig in den Kolben 
zurückbringen lassen. Man zersetzt sie durch Kochen mit verdünnter 
Salzsäure und schüttelt nach dem Erkalten mit Ather aus, läßt die 
Atherlösung verdunsten und wägt den Rückstand. 

Glyzerinbestimmung: Wollen wir in einem fettähnlichen 
Gemisch den Anteil an wirklichem Fett bestimmen, so müssen wir 
eine Glyzerinbestimmung durchführen. Zum qualitativen Nachweis 
des Glyzerins kann schon der unangenehme, charakteristische Akrolein- 
geruch (Geruch nach ‚angebranntem‘“ Fett) dienen, der beim raschen 
Erhitzen des Glyzerins oder Fettes für sich oder besser beim Erhitzen 
der Mischung von Glyzerin und saurem schwefelsaurem Kali auftritt. 
Ferner färbt eine mit Glyzerin oder glyzerinhaltiger Flüssigkeit be- 
feuchtete Boraxperle die Flamme des Bunsenbrenners grün. Glyzerin 
treibt Borsäure aus Boraxlösungen aus: die zu prüfende Flüssigkeit 
und eine Boraxlösung werden mit einigen Tropfen Lackmustinktur 
blau gefärbt und miteinander vermischt. Bei Gegenwart von Glyzerin 
tritt dabei durch die freigewordene Borsäure Rotfärbung ein. Beim 
Erwärmen wird die Flüssigkeit blau, beim Erkalten neuerdings rot. 
Beim Erhitzen von Glyzerin mit Phenolen und Schwefelsäure auf 120 ° 
entstehen Farbstoffe: in einer Eprouvette werden zwei Tropfen Glyzerin, 
zwei Tropfen geschmolzenes Phenol und ebensoviel konzentrierte 
Schwefelsäure sehr vorsichtig etwas über 120° © erhitzt, wobei sich 
in der harzartigen Schmelze bald eine braune, feste Masse bildet, die 
sich nach dem Abkühlen mit prachtvoll karmoisinroter Farbe in 
Ammoniak löst. Kocht man eine kleine Menge Glyzerin oder der auf 
Glyzerin zu prüfenden Substanz mit wenig Pyrogallol und mehreren 
Tropfen einer mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnten Schwefel- 
säure, so färbt sich die Flüssigkeit bei Gegenwart von Glyzerin deutlich 
rot, nach Zusatz von Zinnchlorid violettrot. Kohlehydrate und einige 
Alkohole geben ähnliche Färbungen; die Möglichkeit ihrer Anwesenheit 
muß also ausgeschlossen sein. 

Zum quantitativen Nachweis des Glyzerins kann man die Oxydation 
mit Kaliumpermanganat verwenden. Ein Molekül Glyzerin liefert 
quantitativ genau je ein Molekül Oxalsäure und Kohlensäure, wenn 
man Glyzerin in stark alkalischer Lösung bei gewöhnlicher Temperatur 
mit Permanganat oxydiert. Darauf beruht das Glyzerinbestimmungs- 
verfahren von Benedict und Zsigmondy. 2-3 g Fett werden 
mit Kalilauge und reinem Methylalkohol verseift, der Alkohol auf dem 
Wasserbad verjagt, der Rückstand in heißem Wasser gelöst und die Seife 
unter Erwärmen mit verdünnter Salzsäure zerlegt. Dann erwärmt 
man, bis sich die Fettsäuren klar abgeschieden haben, bei flüssigen 
Fetten setzt man zweckmäßig etwas hartes Paraffin zu, um die obenauf 
schwimmenden Fettsäuren bei dem nun folgenden Abkühlen, welches 
durch Einstellen der Schale in kaltes Wasser bewirkt wird, zum Er- 
starren zu bringen. Man läßt erkalten, filtriert in einen geräumigen 
Kolben, wäscht gut nach, neutralisiert nach Zusatz eines Tropfens 


192 VI. Fette, Öle und Wachse. 


Methylorange mit Kalilauge und setzt noch 10 g Ätzkali hinzu. Dann 
läßt man bei gewöhnlicher Temperatur soviel einer zirka 5prozentigen 
Kaliumpermanganatlösung zufließen, bis die Flüssigkeit nicht mehr 
srün, sondern blau oder schwärzlich gefärbt ist. Statt dessen kann 
man auch fein gepulvertes Permanganat eintragen. Auf einen Teil 
Glyzerin entfallen rund sieben Teile Permanganat. Man läßt eine 
halbe Stunde bei gewöhnlicher Temperatur stehen und setzt dann nach 
Mangold unter Vermeidung eines größeren Überschusses Wasserstoff- 
superoxyd hinzu, bis die über dem Niederschlag stehende Flüssigkeit 
farblos geworden ist. Man füllt dann auf 1000 ccm auf, schüttelt um 
und filtriert 500 cem durch ein trockenes Filter. Das Filtrat wird in 
einem Kochkolben eine halbe Stunde lang erhitzt, um alles Wasserstoff- 
superoxyd zu zerstören, auf etwa 60° C abkühlen gelassen und nach 
Zusatz von Schwefelsäure mit gestellter Kaliumpermanganatlösung 
titriert. Oder man säuert mit Essigsäure an, erhitzt bis zum Sieden 
und fällt mit 10 ccm einer 10prozentigen Kalziumchlorid- oder Kalzium- 
azetatlösung zunächst die Oxalsäure aus. Der Niederschlag wird ab- 
filtriert, aber das Kalziumoxalat nicht gravimetrisch 
bestimmt, da es mit Kieselsäure verunreinigt sein 
kann, sondern maßanalytisch. Man glüht, löst den 
Rückstand in einer überschüssigen Menge titrierter 
Salzsäure und titriert den Überschuß mit gestellter 
Kalilauge unter Anwendung von Methylorange als 
Indikator zurück. 112,2 Teile Kalihydrat entsprechen 
92 Teilen Glyzerin. 

Bestimmung des Glyzerins nach Zeisel-Fanto 
durch Überführen in Isopropyljodid: Diese Methode 
beruht auf der Umwandlung in flüchtiges Alkyl- 
jodid unter der Einwirkung kochender, wässeriger 
‚Jodwasserstoffsäure vom spezifischen Gewicht 1,7, 
dessen Dampf, von begleitendem Jod und Jodwasser- 
stoff befreit, in alkoholischer Silbernitratlösung auf- 
gefangen wird. Mit dieser setzt es sich zur äquiva- 
ar lenten Menge Silberjodid um, das gravimetrisch oder 

maßanalytisch bestimmt werden kann. Durch Er- 
hitzen von Glyzerin mit überschüssiger Jodwasserstoffsäure entsteht 
Isopropyljodid. Der dazu notwendige Apparat (Fig. 64) besteht aus 
einem Siedekolben A mit Steigrohr B, Waschapparat und Stopfen, 
dem Vorstoß und den beiden Vorlagen C und D. Das Siede- 
kölbchen, das ungefähr 40 cem faßt, trägt am Halse ein gebogenes, 
nahe der Insertionsstelle auf mindestens 1 mm lichte Weite verengtes 
Rohr a zum Einleiten von Kohlensäuregas. Der Waschapparat besteht 
aus dem die Fortsetzung des 10 em langen und 7—8 mm weiten Steig- 
rohres einschließenden Mantel mit seitlichem Ansatzrohr und dem 
bis knapp auf den Boden des Mantelgefäßes reichenden, dort etwas 
eingezogenen Rohrstopfen. Der Apparat muß so weit sein, daß er mit 
mindestens 5 ccm Waschflüssigkeit gefüllt werden kann. Das untere 
Ende des ersten Einleitungsrohres beim Vorstoß ist etwas erweitert, 
um Verstopfung durch angesetztes Jodsilber zu verhindern. Die erste 
Vorlage, ein Erlenmeyerkolben mit weitem Hals, faßt bis zu einer etwa 
in halber Höhe angebrachten Marke 45 ccm; die zweite Vorlage braucht 
nicht mehr als 5 ccm zu fassen. Die einzelnen Teile des Apparates müssen 


Fig. 64. a nach 


Zeisel- 


VII. Stiekstoffassimilation. 193 


sehr gut aufeinandergeschliffen sein und halten überdies durch Draht- 
spiralen aneinander, die an Glashörnchen des Apparates angebracht 
sind. Zur Bestimmung benötigt man Jodwasserstoff vom spezifischen 
Gewicht 1,9, ferner eine Auflösung von 40 g geschmolzenen Silbernitrats 
in 100 ccm Wasser, aufgefüllt auf einen Liter mit reinem Alkohol, die nach 
24 Stunden zu filtrieren ist, ferner roten Phosphor, der mit Schwefel- 
kohlenstoff, Ather, Alkohol und Wasser gut gewaschen ist. In dem Wasch- 
apparat wird 0,5g davon, aufgeschwemmt in 5 ccm einer 10prozentigen 
Natriumarseniklösung eingebracht. Zur Bestimmung selbst werden 5 cem 
der zu untersuchenden wässerigen Glyzerinlösung mit höchstens 5% 
Glyzeringehalt mit 15 cem Jodwasserstoffsäure versetzt und sofort 
darauf mit einem Splitter von gebranntem Ton in das Siedekölbchen 
gebracht. Nachdem in den Waschapparat die Phosphoremulsion, in 
die erste Vorlage 45 ccm, in die zweite 5 ccm der Silberlösung gebracht 
worden und die einzelnen Teile des Apparats sorgfältig dicht miteinander 
verbunden worden sind, wird durch das Seitenrohr des Siedekölbchens 
durch Wasser bzw. Natriumbikarbonat gewaschene Kohlensäure lang- 
sam durchgeleitet und das Kölbchen vorsichtig zum Sieden erhitzt. 
Der Siedering der Jodwasserstoffsäure soll sich bis etwa zur halben 
Höhe des Steigrohres erheben. Die Silberlösung in der ersten Vorlage 
wird sich bald trüben und ein kristallinisches, weißgelbes Gemisch von 
Jodsilber und Silbernitrat sich ausscheiden, die Flüssigkeit oberhalb 
des Niederschlages klärt sich, sobald die Fällung vollkommen beendigt 
ist. Nach 1—-3 Stunden ist die Operation beendigt, der Niederschlag 
kommt samt Mutterlauge in ein zirka 600 ccm fassendes Becherglas. 
Man gießt mit dem Spülwasser auf etwa 450 ccm auf, setzt 10—15 Tropfen 
verdünnter Salpetersäure zu und läßt eine halbe Stunde auf einem 
kochenden Wasserbad stehen. Die Doppelverbindung von Silbernitrat 
und Silberjodid wird dabei zersetzt, der Niederschlag auf einen mit 
Asbest adjustierten Goochtiegel gebracht, mit Wasser und Alkohol 
gewaschen, bei 120—130 ® getrocknet und dann gewogen. Ein Molekül 
Jodsilber entspricht einem Molekül Glyzerin, daher ein Teil des ge- 
wogenen Jodsilbers 0,3915 Teilen Glyzerin. 


VI. Stickstoffaffimilation. 


Daß keine Pflanze ohne Stickstoffnahrung auskommen kann, 
ergibt schon der Umstand, daß die Eiweißstoffe, welche ja zur Bildung 
des Protoplasmas notwendig sind, Stickstoff enthalten. Die Stickstoff- 
quellen der Pflanzen sind einerseits das wässerige oder feste Substrat, 
in welchem sich der Stickstoff in chemisch gebundener Form vorfindet, 
anderseits der freie atmosphärische Stickstoff. Von anorganisch gebunde- 
nem Stickstoff vermag die höhere Pflanze außer Ammoniak nur Nitrate 
auszuwerten, während Nitrite oder Hyponitrite als Gifte wirken, ebenso- 
wenig können Oxyde des Stickstoffs als Nahrung dienen. In welcher 
Weise die Umwandlung der Nitrate in organische Komplexe erfolgt, 
wissen wir nicht, sicher ist nur, daß dabei eine Reduktion erfolgen muß, 
und es ist möglich, daß diese über Nitrit etwa so geht wie die Reduktion 
der Kohlensäure über Formaldehyd. Daß hierbei das Licht eine große 
Rolle spielt, scheint sicherzustehen, wenn auch die von Schimper 
und anderen vertretene Anschauung, die Stickstoffassimilation sei ein 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum, 13 


194 VII. Stickstoffassimilation. 


lichtehemischer Prozeß, nicht durchaus stichhaltig ist, weil sie, wenn 
auch im Lichte bedeutend beschleunigt, sich doch auch im Dunkeln 
vollzieht. Freilich ist es in Analogie mit anderen Vorgängen nicht aus- 
geschlossen, daß im Dunkeln statt der Lichtenergie die aus chemischen 
Umsetzungen stammenden Energiewerte zur Stickstoffassimilation heran- 
gezogen werden. Sehr beachtenswert scheint die aus Versuchen extra 
vitam geschöpfte Hypothese von OÖ. Baudisch, nach welcher das 
Reduktionsprodukt der Nitrate, welches im Lichte gebildet worden ist, 
mit Formaldehyd zu Formhydroxamsäure zusammentritt, wobei Kohlen- 
säureassimilation mit Stickstoffassimilation genetisch verknüpft ist. 
Schon Berthelot sah, als er dunkle elektrische Entladung in einem 
Gasraum von Kohlensäure und Wasserdampf bei Gegenwart stickstoff- 
haltiger Substanzen einleitete, komplexe Stoffe entstehen, welche die 
Eiweißreaktionen gaben. Während, wie gesagt, niedrige Oxyde des 
Stickstoffs nicht verwertet werden können, wie ja überhaupt die höhere 
Pflanze in ihrer Stoffaufnahme auf die Verwertung nur derhöchsten 
Oxyde (Kohlendioxyd, nicht aber Kohlenoxyd, 
Stickstoffpentoxyd (Nitrate), nicht aber Stick- 
stofftrioxyd (Nitrite), Phosphorpentoxyd (Phos- 
phate), nicht aber Phosphortrioxyd (Phosphite), 
Schwefeltrioxyd (Sulfate), nicht aber Schwefel- 
dioxyd (Sulfite)) angepaßt ist, können die meisten 
Pflanzen statt der Nitrate auch mit Ammoniak 
oder Ammon- salzen (vorausgesetzt, daß diese 
nicht infolge ihrer physiologischen Alkaleszenz 
wie das Ammonkarbonat die Wurzeln schädigen, 
also nur Ammonsalze starker Säuren wie 
Ammonnitrat, Ammonchlorid usw.) vegetieren, 
ja manche Pflanzen gedeihen besser mit Am- 
moniak als mit Nitraten, so daß wir geradezu 
Nitratpflanzen (Buchweizen, Geranien, Tabak, 
Brennessel) einerseits, Ammoniakpflanzen (Mais, 
Gramineen überhaupt) unterscheiden können. 
Fie. 65. Wurzelknöllchen der Aw alle Fälle aber brauchen diese Pflanzen 
” " Leguminosen. Stickstoff in gebundener Form, selbst organisch 
gebundener dtickstoff in Form von Aminosäuren 

oder Säureamiden kann dazu Sienen, und es ist durchaus wahrscheinlich, 
daß die Pflanzen auch in Naturböden wenigstens einen Teil ihres Stickstoffs 
der organischen Masse des Bodens direkt entnehmen, womit die Liebig- 
sche Humustheorie doch wenigstens teilweise in ihre Rechte wieder ein- 
gesetzt zu sein scheint. Im Experiment ist es nicht leicht zu entscheiden, 
ob die organischen Stickstoffverbindungen vor ihrer Aufnahme durch die 
höhere Pflanze bis zu Ammoniak reduziert oder ob sie direkt aufgenommen 
werden, da solche Versuche bisher nicht mit steriler Methodik ausgeführt 
wurden und somit immer mit der Möglichkeit einer Intervention durch 
Mikroorganismen gerechnet werden muß. Daß organische Stickstoff- 
verbindungen gleichzeitig als Stickstoff- wie als Kohlenstoffquelle 
dienen und höhere Pflanzen demnach mit Aminosäuren bei Ausschluß 
von Kohlensäure ihr Auslangen finden können, wie das Lefevre 
behauptet hat, ist jedenfalls sehr unwahrscheinlich. Den molekularen 
Stickstoff der Luft vermögen die grünen Pflanzen für sich nicht aus- 
zunutzen, dies gelingt aber solchen, welche in Symbiose mit stickstoff- 


VII. Stickstoffassimilation. 195 


- bindenden Bakterien oder anderen stickstoffbindenden Organismen 
leben wie die Leguminosen oder jene Pflanzen, welche an ihren Wurzeln 
mit stickstoffbindenden Pilzen, der sogenannten Mykorrhiza, versehen 
sind. Während die übrigen Kulturpflanzen gebundenen Stickstoff im 
Substrat zum Gedeihen unbedingt brauchen, vermögen die Leguminosen 
auch in Quarzsand oder an Stickstoff verarmten Böden zu gedeihen 
und reichern sogar den Boden an Stickstoffverbindungen an. In der 
praktischen Landwirtschaft ist es schon eine alte Erfahrung, daß 
Leguminosen auch in sterilen Böden fortkommen und als Zwischen- 
frucht gebaut, einen durch Getreide u. dgl. erschöpften Boden wieder 
zum Anbau von nicht stickstoffsammelnden Pflanzen geeignet machen. 
Im Experiment bewirkt auch Nitratdarreichung bei Lupinen keine 
wesentlich bessere Entwicklung, als wenn die Stickstoffdüngung weg- 
bleibt. Die Leguminosen sind dadurch ausgezeichnet, den atmo- 
sphärischen Stickstoff verwerten zu können und ihre Symbiose mit dem 
vermittelnden Bakterium ist durch die Ausbildung von eigenartigen, 
schon mit freiem Auge sichtbaren Anschwellungen an der Wurzel, den 
sogenannten Wurzelknöllchen (Fig. 65), zu konstatieren. Die Leguminosen 
kommen in sterilisierten Böden nicht fort, es sei denn, daß man mit einer 
Spur Ackererde den Boden nach dem Sterilisieren impft. Dabei ist zu 
beachten, daß die stickstoffbindenden Bakterien offenbar boden- und 
artspezifisch sind, denn die Bakterien von Wicke infizieren nicht Robinia 
pseudacacia usw., und die japanische Soja hispida gedieh in unserem 
Ackerboden erst, nachdem dieser mit etwas Erde aus dem japanischen 
Heimatlande geimpft worden war. Übrigens möge bei dieser Gelegen- 
heit darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Sterilisation eines 
Bodens durch Erhitzen für die Pflanze, welche nachher dahin versetzt 
ist, überhaupt nicht gleichgültig ist. Wie durch längere Kultur der- 
selben Pflanzenart in einem Boden derselbe für Pflanzen derselben 
Art giftig wird, indem diese Pflanzenart in solchen Böden die Er- 
scheinung der Bodenmüdigkeit zeigt, so entstehen auch beim Sterili- 
sieren von Böden giftige Substanzen, welche dem Gedeihen der Pflanzen 
Eintrag tun. Nach ©. Schulze!) scheinen in sterilisiertem Boden 
wachsende Pflanzen im wesentlichen unter der Einwirkung zweier ent- 
gegengesetzt wirkender Faktoren zu stehen. Je nach der allgemeinen 
Beschaffenheit des Bodens entstehen beim Sterilisieren mehr oder 
weniger schädlich wirkende Zersetzungsprodukte, welche die Versuchs- 
pflanze je nach dem Grade ihrer individuellen und ihrer durch die Art 
bedingten Empfindlichkeit mehr oder weniger stark beeinflussen. Dem 
entgegen wirkt der das Wachstum der Pflanzen befördernde Einfluß 
der Nährstoffaufschließung im Boden, insbesondere seines unlöslichen, 
nicht ohne weiteres zugänglichen Stickstoffvorrates. Je nachdem nun 
der eine oder andere dieser beiden Faktoren im einzelnen Falle über- 
wiegt, kommt eine Erhöhung oder Verminderung der Ernte an Pflanzen- 
substanz zustande. Durch eine Kalkgabe läßt sich die Wirkung der 
Zersetzungsprodukte des Bodens stets ganz oder fast ganz aufheben. 
Die Bedeutung dieser Tatsachen für die Anstellung von Vegetations- 
versuchen in durch Hitze sterilisiertem Boden liegt auf der Hand und, 
da sich nicht alle Pflanzenarten gleich empfindlich verhalten, die Not- 


!)C. Sehulze, Einige Beobachtungen über die Einwirkung der Boden- 
sterilisation auf die Entwicklung der Pflanzen, Landw. Vers.-Stat. 65, 137 (1907). 


152 


196 VI. Stickstoffassimilation. 


wendigkeit, bei solchen Versuchen Boden und Pflanze entsprechend 
auszuwählen, damit nicht die fast unvermeidlichen Störungen das 
Resultat des Versuches verschleiern. Am typischsten treten die 
schädigenden Einflüsse der Bodensterilisation beim Senf hervor, auch bei 
Hafer in Wiesenboden (Fig. 66) blieben die Pflanzen im sterilisierten 
Boden wesentlich gegen die in nicht sterilisiertem Boden zurück, überall 
tritt in mehr oder weniger hohem Maße Gelbwerden der Blätter ein. 
Haferpflanzen in Ackerboden (Fig. 67) zeigten dagegen keine Krank- 
heitserscheinungen, aber auch hier blieben die Pflanzen zurück, wenn es 
da auch später infolge der Bodenaufschließung zu einer erheblichen 
Erhöhung der Produktion an Pflanzensubstanz kam; bei Hafer in 
Gartenboden (Fig. 68) zeigte sich sogar im sterilisierten Boden von 


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vornherein eine Förderung der Pflanzenentwicklung. In den untersuchten 
drei Bodenarten entstehen also beim Sterilisieren in ganz verschiedenem 
Maße Giftstoffe. Beim Senf, der, wie gesagt, gegen Bodensterilisation 
ganz besonders empfindlich ist, zeigt sich dieselbe Abstufung. Die 
Krankheitserscheinungen sind hier sehr intensiv und bestehen in Gelb- 
werden und Abwerfen der Blätter, aber hier verwischen oft individuelle 
Differenzen die typische Abstufung in den einzelnen Bodenarten. Viel 
weniger als Senf, aber noch immer sehr empfindlich zeigen sich Erbsen, 
noch weniger Buchweizen, und bei diesen Gräsern erscheint eine Gift- 
wirkung überhaupt nicht. Bei den leidenden Pflanzen ist die Gesamt- 
ernte immer kleiner, während die Stickstoffaufnahme relativ groß ist 
infolge Aufschließung der anorganischen Stickstoffquellen des Bodens 
durch Erhitzung. Will man eine üppige Entwicklung der Pflanzen hervor- 


VII. Stickstoffassimilation. 197 


rufen, so muß man für Düngung des Bodens, für künstliche Bereicherung 
der natürlichen Nährstoffquellen sorgen, und zwar sind es außer Stickstoff- 
verbindungen haupt- 
sächlich die Verbin- 
dungen von Kali und | Er 
Phosphor, welche dm Mr 7 95 
Boden zugeführt wer- 
den. Auf die Methoden Pr TAGE ALT 
und Erfolge der Dün- | I 
gung kann hier nicht 
eingegangen werden, es 
muß diesbezüglich auf 
die sehr ausgedehnte 
landwirtschaftliche Li- 
teratur hingewiesen 
werden. Bemerkt sei 
zur, dab durch. S. 
Strakosch!) die 
merkwürdigen Bezie- 
hungen zwischen Pro- 
duktion von organi- 
scher Substanz durch 
Assimilation und Ent- 
nahme von minerali- 
schen Bodennährstof- 
fen, was dieser Autor 
mit dem jetzt in der wissenschaftlichen Terminologie bereits eingebür- 
gerten Ausdruck ‚‚assimilatorischer Effekt‘ bezeichnet, aufgedeckt wurden, 
indem bei verschie- 
denen Pflanzen- 
arten die Ernte- 
werte bei gleichzei- 
tigem Bedarf an 
Nährsalzen als sehr 
ungleich erkannt 
wurden. Über den 
Wert der verschie- 
denen Düngemittel 
im  wissenschaft- 
lichen Experiment 
führen K. und L. 
Linsbauer in 
ihrer ‚Vorschule 
der Pflanzenphysi- 
ologie‘‘ S. 108 fol- 
genden instrukti- 
ven Versuch an: 


Fig. 67. 


I TS.Strakosch, 
Das Problem der un- 
gleichen Arbeitsleis- 
tung unserer Kultur- 
pflanzen, Berlin 1907. Fir. 68, 


198 VII. Stickstoffassimilation. 


Auf je 10 Liter Wasser lösen wir 10 g Doppelsuperphosphat (im 
wesentlichen ein Gemenge von MsHPO,„ Ca(H,PO,), und 2 CaSO,), 
10 g KCl und 30 g NaNO,. Damit begießen wir statt mit gewöhn- 
lichem Wasser eine Topfpflanze, deren Erde vorher nicht aus- 
getrocknet sein darf, sondern eventuell früher mit gewöhnlichem 
Wasser begossen wird. Sollten auch die Blätter mit dieser Nährlösung 
besprengt worden sein — was zu vermeiden ist —, so werden sie mit 
Wasser abgespült. Pelargonien, Fuchsien, Veilchen, Reseden oder 
Chrysanthemen begießt man im Beginn der Entwicklung wöchentlich 
einmal, später zur Zeit des lebhaften Treibens sogar zweimal in der 
Woche (Primeln, Zyklamen, Knollenbegonien behandelt man mit der 
obigen Lösung, nachdem man sie vorher mit Wasser verdünnt hat, 
und zwar in der größten Wachstumsperiode nur etwa alle s—10 Tage). 
Wir suchen nun drei möglichst gleichentwickelte Topfpflanzen derselben 
Art aus und begießen den ersten Topf nur mit gewöhnlichem Wasser, 
den zweiten mit der obigen Lösung, aus der wir den Chilesalpeter weg- 
gelassen haben, endlich den dritten Topf mit der vollständigen Lösung. 
Bei richtiger Kultur zeigt sich meist, daß nur bei gleichzeitiger Stickstoff- 


Fig. 69. Erdteilchen E umspinnende Fig. 70. Relief des Wurzelsystems, in eine 
Wurzelhaare W (vergr.). Marmorplatte eingeätzt. 


darbietung die Kaliphosphatdüngung einen, dann allerdings sehr deut- 
lichen Erfolg hat. Bekanntlich vermögen die Pflanzen selbst schwer- 
lösliche Bodenbestandteile löslich zu machen, ‚aufzuschließen‘“, indem 
ihre Wurzelhaare die Bodenpartikelehen innig umspinnen und durch- 
dringen (Fig. 69), worauf das Löslichmachen durch die Wurzelaus- 
scheidungen beruht. Läßt man z. B. eine Pflanze ihr Wurzelsystem 
in gut befeuchteter Erde auf einer glattpolierten Marmorplatte aus- 
breiten, so zeigt sich nach einigen Wochen das ganze Wurzelsystem mit 
allen feinsten Details in der korrodierten Platte eingeätzt (Fig. 70). 
Bei vielen Pflanzen können wir den Stickstoff in Ionenform nicht nur 
erst in der Asche nachweisen, sondern schon in der frischen lebenden Pflanze 
sind Nitrate n: achweisbar, wenn man den Saft nitratreicher Pflanzen, 
wie Zuckerrübe, Sonne ‚nblumen, Kartoffel, Brennessel, Gänsefuß, Fuchs- 
schwanz (welcher letztere 15 % Salpeter in der Trockensubstanz ent- 
hält), mit Diphenylamin und konzentrierter Schwefelsäure zusammen- 
bringt. Nitrate liefern mit Diphenylamin Blaufärbung, mit Brucin und 
Schwefelsäure Rotfärbung. Dagegen zeigen grüne Blätter von Pelar- 
gonium normalerweise keinen oder nur sehr geringen Nitratgehalt; 


VII. Stickstoffassimilation. 199 


erst nach 4—6tägigem Stehen im Dunkeln ergibt sich eine Anreicherung 
an Nitrat entsprechend der Tatsache, daß das Licht die Eiweißbildung 
begünstigt. Daß sie auch in Relation mit der Kohlensäureassimilation 
steht, wird durch den Umstand wahrscheinlich, daß panaschierte Blätter 
dieser Topfpflanzen ihren im Dunkeln angehäuften Nitratgehalt im 
Lichte nur aus den grünen Partien verlieren, nicht aber aus den weißen. 
Daß Eiweißbildung nur bei gleichzeitiger Anwesenheit von Kohlen- 
hydraten vor sich geht, ist eine schon längere Zeit bekannte Tatsache, 
so daß sich bei Zuführung von Kohlenhydraten auch im Dunkeln rasch 
Eiweiß bildet. Sehr reich an Nitraten fand R. Klein!) auch den 
Guttationstropfen von Zea Mays und Caladium antiquorum. Zum 
Nachweis von Nitriten geht derselbe Autor in der Weise vor, daß er 
Azofarbstoffe zur Identifikation heranzieht, da die Reaktion mit Jod- 
kalistärkekleister nicht auf Nitrite allein hinweist. Übrigens kann 
hinzugefügt werden, daß auch die Diphenylaminprobe nicht für Nitrate 
allein charakteristisch ist, sondern auch von Nitriten und überhaupt 
vielen oxydierenden Stoffen geliefert wird. Hier leistet eine 10prozentige 
Lösung von Nitron (Diphenylanilodihydrotriazol C,,H,,N,) in Sprozentiger 
Essigsäure viel bessere Dienste, da dieses Reagens ein sehr schwer lös- 
liches Nitrat liefert. Eine sehr empfindliche Reaktion auf Nitrite, selbst 
in äußerst verdünnten Lösungen, liefert Metaphenylendiamin, nämlich 
eine in überschüssiger, verdünnter Schwefelsäure sich bildende gelbe 
bis braune Färbung. Spuren salpetrigsaurer Salze werden nach Grieß 
nachgewiesen, indem man die zu untersuchende Flüssigkeit mit einer 
wässerigen Sulfanilsäurelösung versetzt und einige Tropfen Schwefel- 
säure, sowie wässerige «-Naphthylaminlösung hinzufügt. Noch bei 
überaus starker Verdünnung tritt deutliche Rosafärbung ein, die er- 
halten bleibt; nitritreiche Lösungen geben intensive Rotfärbung, die, 
unter gleichzeitiger Bildung eines Niederschlages, bald in Gelb übergeht. 
Bei der Prüfung auf Nitrite mit so empfindlichen Reaktionen — das 
Vorkommen von Nitriten in lebenden Pflanzen ist noch strittig — muß 
man übrigens auch darauf Rücksicht nehmen, daß die Luft eines Arbeits- 
raumes, in dem elektrische Bogenlampen, Quarzglasquecksilberlampen 
oder Gasflammen brennen, fast stets Nitrit enthält, und daß die Säfte, 
wenn sie längere Zeit aufbewahrt werden sollen, sehr sorgfältig vor 
Infektion zu schützen sind. Klein hat noch folgende schöne Reaktionen 
für Nitrite angegeben: 1. Man versetzt die zu prüfende Lösung mit 
wässeriger Sulfanilsäure und 2—3 Tropfen konzentrierter Salzsäure. Auf 
Zusatz von alkoholischer Diphenylaminlösung färbt sich die Flüssigkeit 
leuchtend rot. Noch schöner tritt die Reaktion ein, wenn man mit der 
Diphenylaminlösung sorgfältig überschichtet. Es bildet sich an der 
Berührungsstelle ein roter Ring, der auch bei sehr starker Verdünnung 
gut zu sehen ist. 2. Nitrite geben mit alkoholischer «-Naphthylamin- 
lösung und etwas verdünnter Salzsäure eine tiefdunkle Violettfärbung. 
Bei längerem Stehen von nicht zu stark verdünnten Lösungen fällt ein 
Niederschlag aus. 

Zu methodischen Zwecken können wir die stickstoffhaltigen Bestand- 
teile der Pflanzen einteilen inProteine, Peptone und Albumosen, 
Aminosäuren und anorganische Stickstoffverbindungen 


1!) R. Klein, Über Nachweis und Vorkommen von Nitraten und Nitriten 
in Pflanzen, Beih. z. bot. Zentralbl. 30, 141 (1913). 


200 VII. Stickstoffassimilation. 


(Nitrate, Nitrite, Ammonsalze). Unter den Proteinen sind die einen in 
Wasser unlöslich, dagegen öslich in 1—2prozentigen Alkalien; die in 
Wasser löslichen sind durch Essigsäure, Kupferazetat und essigsaures 
Blei fällbar, bisweilen, aber nicht immer, durch überschüssigen Alkohol. 
Osborne teilt die Samenproteine ein 1. in Globuline, welche in 
Wasser unlöslich, aber in neutralen Salzlösungen, z. B. Ammonsulfat 
löslich sind. 2. Prolamine, welche durch 50—80 prozentigen Alkohol 
extrahiert werden können und bei der Zerlegung durch Säuren viel 
Prolin und Amidstickstoff liefern. 3. Gluteline, unlöslich in allen 
neutralen Lösungsmitteln, extrahierbar nur mit verdünnten Säuren 
oder Alkalien. 4. Albumine, wasserlöslich, in der Hitze koagu- 
lierbar, bei Halbsättigung mit Ammonsulfat fällbar. 5. Proteosen. 
Die Peptone und Albumosen sind in Wasser löslich, aber nicht fällbar 
durch eines der vorgenannten Reagenzien ; sie geben mit der Biuretreaktion 
eine charakteristische rötliche Färbung, sind vollkommen fällbar aus 
neutraler Lösung durch alkoholische Sublimatlösung und aus schwach 
saurer Lösung durch Phosphorwolframsäure, sie diffundieren langsam 
durch tierische Membran. 

Zur Prüfung auf die wasserunlöslichen, in verdünnten Alkalien 
löslichen Proteine wird die alkalische Lösung sorgfältig mit verdünnter 
Säure neutralisiert, wobei sich ein Niederschlag bildet, der im Über- 
schuß der Säure löslich ist. Dieser Niederschlag wird abfiltriert, gewaschen 
und durch die gewöhnlichen Eiweißreagenzien geprüft. Zur Prüfung 
auf die wasserlöslichen Proteide wird die Lösung nach Zugabe einiger 
Tropfen Essigsäure und unter Zufügung von 90 prozentigem Alkohol 
gekocht, der eventuell ausfallende Niederschlag filtriert, gewaschen und 
auf Eiweiß geprüft. Ob ein Niederschlag entstanden ist oder nicht, 
fügt man zu einer frischen Probe der Lösung je 1. gelbes Blutlaugensalz 
und einen Tropfen Essigsäure, 2. eine wässerige Lösung von Trichlor- 
essigsäure. Diese beiden Reagenzien liefern mit Proteiden Niederschläge, 
und diese entstehen häufig, wenn die Lösung auch beim Kochen oder 
beim Versetzen mit Alkohol keine Reaktion gibt. Bei Anwesenheit von 
Proteiden wird eine wässerige Lösung von Kupferazetat so lange zu- 
gefügt, als noch ein Niederschlag entsteht, und filtriert. Im Filtrat 
wird das Kupfer mit Schwefelwasserstoff ausgefällt, der Überschuß von 
Schwefelwasserstoff durch Erwärmen ausgetrieben und auf Peptone 
und Albumosen folgendermaßen geprüft: 1. Biuretreaktion (gleiche 
Volumina starker Natronlauge und Zufügen von 1—2 Tropfen ver- 
dünnter Kupfervitriollösung, Rotfärbung). 2. Mit Natriumphosphat 
und verdünnter Schwefelsäure geben Peptone und Albumosen eine 
weiße Fällung. 3. Gesättigte alkoholische Sublimatlösung gibt eine 
im Wasser unlösliche weiße Fällung. Wenn Peptone und Albumosen 
zugegen sind, werden sie durch Zugabe der Sublimatlösung vollkommen 
ausgefällt, filtriert, das Filtrat durch Abdampfen von Alkohol und 
durch Schwefelwasserstoff von Quecksilber, durch Erhitzen von über- 
schüssigem Schwefelwasserstoff befreit. Die so behandelte Lösung wird 
sorgfältig mit verdünnter Natronlauge neutralisiert und auf Amino- 
säuren geprüft 1. durch Hinzusetzen von frisch gefälltem und gut ge- 
waschenem Kupferhydroxyd. Aminosäuren geben eine tiefblaue Lösung, 
nach sorgfältigem Verdampfen und Stehenlassen über Schwefelsäure 
im luftverdünnten Raume erscheinen charakteristische Kristalle der 
Aminosäure -Kupferverbindung. 2. Eine abgekühlte Mischung von 


VII. Stiekstoffassimilation. 201 


Natriumnitrit und verdünnter Schwefelsäure wird zugetropft, die Amino- 
säuren entwickeln Stickstoff. 3. Beim Kochen mit verdünnten Säuren 
liefern die Aminosäuren Ammoniak, welches entweder durch Austreiben 
mit Magnesia oder Kalk und Nachweis mit Lackmuspapier oder einen 
in Salzsäure getauchten Glasstab oder mit Neßlerschem Reagens nach- 
gewiesen wird. 

Von Fällungsreaktionen der Proteine sind anzuführen: 1. Die 
Fällung durch Alkohol. Alle Proteine werden gefällt, die fällende 
Alkoholkonzentration schwankt mit der Natur des Proteins, Eiweißsalze 
sind bisweilen leichter alkohollöslich, die höheren Glieder der Alkohol- 
reihe besitzen ein stärkeres Fällungsvermögen; aromatische Alkohole 
fällen in geringerer, lösen in starker Konzentration. Wie Alkohol wirken 
auch Azeton und Chloroform. 2. Koagulation durch Hitze: die meisten 
Proteine werden durch Erwärmen irreversibel denaturiert, die dazu 
notwendige Temperatur steht in Abhängigkeit von der Reaktion der 
Lösung, der Eiweißkonzentration, dem Salzgehalt, der Geschwindigkeit 
des Erwärmens. 3. Fällung durch die Salze von Eisen, Kupfer, Queck- 
silber, Zink, deren Überschuß bisweilen lösend wirkt. 4. Fällung durch 
die Alkaloidreagenzien Phosphorwolframsäure, Phosphormolybdansäure, 
Gerbsäure, Ferrozyanwasserstoffsäure, Trichloressigsäure, Pikrinsäure. 

Von den Farbenreaktionen sind folgende zu nennen: 1. Biuret- 
reaktion. Zusatz einiger Tropfen sehr stark verdünnter Kupfer- 
vitriollösung zu einer stark alkalischen Eiweißlösung erzeugt bei Pro- 
teinen Blauviolettfärbung, bei Albumosen und Peptonen, wie schon 
erwähnt, rote Färbung (ebenso bei Vitellinen). Nickelsalze statt der 
Kupfersalze geben orangerote Verbindungen. Überschuß des Reagens 
und zu starkes Erhitzen sind zu vermeiden. 2. Xanthoprotein- 
reaktion: Zusatz von konzentrierter Salpetersäure zu wässerigen 
Eiweißlösungen oder zu festem Eiweiß gibt in der Kälte, meist aber erst 
beim Erwärmen Gelbfärbung, die auf Zusatz von Alkali rotbraun, auf 
Zusatz von Ammoniak orange wird. Sie ist an die Anwesenheit von 
aromatischen Radikalen gebunden, mit denen sie Nitroderivate erzeugt. 
3. Millonsche Reaktion: Ein Teil metallischen Quecksilbers 
wird in zwei Teilen konzentrierter HNO,, spezifisches Gewicht 1,42, 
in der Kälte gelöst, dann zum Sieden erhitzt, nach erfolgter Lösung mit 
dem doppelten Volumen Wasser verdünnt und hierauf filtriert. Wenige 
Tropfen dieses Reagens zu einer Eiweißlösung bilden einen Niederschlag, 
der sich ebenso wie die überstehende Lösung beim Erwärmen rot färbt. 
Gebunden an die Tyrosin- oder Tryptophangruppe der Proteine. 
4. Schwefelbleireaktion: Proteinlösungen mit Bleisalzen in 
alkalischer Lösung gekocht liefern schwarzes Bleisulfid. Gebunden an 
die Cysteingruppe im Eiweiß. 5. Reaktion von Molisch: Zu- 
satz einiger Tropfen einer alkoholischen Lösung von «-Naphthol (15 
bis 20 %) und darauf Unterschichten mit 1—2 Volumen konzentrierter 
Schwefelsäure bewirkt rubinrote bis violette Färbung, durch Äther, Alko- 
hol oder Sodalösung Farbenumschlag in Gelb. Verwendung von Thymol 
statt «-Naphthol gibt karminrote Färbung, die durch Wasserzusatz 
einen grünlichen bis gelbbraunen Niederschlag ausfallen läßt. _Ge- 
bunden an eine Kohlehydratgruppe, die durch die Säure Alkohol ab- 
spaltet. 6. Reaktion von Adamkiewicz: Trockenes, vorher 
mit Äther entfettetes Eiweiß in Eisessig gelöst und mit konzentrierter 
Schwefelsäure unterschichtet, gibt an der Berührungsfläche rote, grüne 


202 VII. Stickstoffassimilation. 


und violette Färbungen. Nach Hopkins und Cole fügt man eine 
Spur Glyoxylsäure zu der Proteinlösung, fügt nach dem Umschütteln 
konzentrierte Schwefelsäure hinzu, worauf blauviolette Färbung auf- 
tritt. 7. Mit Alkohol und Äther entfettete Proteine geben nach Lieber- 
mann, mit rauchender Salpetersäure gekocht, tiefe Blaufärbung. Ge- 
bunden an das durch die Salzsäure abgespaltene Tryptophan und die 
aus dem Äther stammende Glyoxylsäure. 8. Nach Neubauer und 
Rohde geben infolge Anwesenheit von Tryptophan Eiweißlösungen 
mit 5—10 Tropfen 5prozentigen Dimethylaminobenzaldehyds in 10 pro- 
zentiger H,SO, und Zusatz von konzentrierter H,SO, unter Umschütteln 
ieiolehte Färbung mit Übergang in Dunkelviolett. 

Zur quantitativen Bestimmung werden die Proteine naß verbrannt 
und das gebildete Ammoniak überdestilliert, in Schwefelsäure von be- 
stimmtem Gehalte aufgefangen und der Überschuß der Säure durch 
gestellte Natronlauge zurücktitriert. Auf diese Weise erhält man natür- 
lich den Gesamtstickstoff; durch besondere, später zu schildernde Be- 
stimmungen stellt man den Amid- und Ammoniakstickstoff fest, wo- 
durch eine Aufteilung der verschiedenen Verbindungsformen des Stick- 
stoffs möglich wird. Zur Ausführung der Gesamtstickstoffermittlung 
wird heute allgemein die Kjeldahlsche Methode verwendet. Zur 
Kjeldahl-Bestimmung nimmt man am besten die frischen, grob zer- 
kleinerten Pflanzenteile oder das lufttrockene Pflanzenmaterial. Will 
man mit Extrakten arbeiten, so ist es zweckmäßig, die staubtrockenen 
Pflanzenteile in einer Mühle fein zu zermahlen, wobei man die gröberen 
Anteile durch ein feines Sieb zurückhält und von neuem die Mühle pas- 
sieren läßt. Fettreiche Samen lassen sich auch nach dem Trocknen 
schwer pulvern, man entfettet sie daher zunächst mit Ather oder Petrol- 
äther. Frische Pflanzen oder Pflanzenteile werden mit Hilfe eines Mörsers 
oder einer Reibschale, am leichtesten unter Zufügung von Quarzsand 
oder Glasstaub zerrieben (dort, wo es darauf ankommt, die native Re- 
aktion des Saftes festzustellen, darf man nicht mit Glaspulver arbeiten, 
welches beträchtliche Mengen Alkali an den Saft abgibt). Stellt man 
Extrakte aus den frischen oder getrockneten Pflanzen her, so ist die 
Substanz mit Wasser auf 50 zu erwärmen, bei stärkemehlfreien oder- 
stärkemehlarmen Substanzen kann man die Erwärmung höher treiben; 
längeres Kochen ist aber jedenfalls zu vermeiden, da leichter zersetz- 
liche Substanzen dadurch schon Veränderungen erleiden können. Die 
Löslichkeitsverhältnisse der in Pflanzenorganen gemischt vorliegenden 
Substanzen pflegen übrigens sowohl gegenüber Wasser als auch gegen 
siedenden Alkohol ganz andere zu sein als die Löslichkeitsverhältnisse der 
reinen Stoffe, indem in der Pflanzenzelle die einzelnen Stoffe die Löslich- 
keit der anderen befördern, so daß man wohl annehmen kann, daß unter 
diesen Verhältnissen schon bei 50 ° in Wasser die meisten Substanzen 
sich lösen. Zur Abtrennung des extrahierten Rückstandes vom Extrakt 
bedient man sich zunächst des Absaugens an der Nutsche und dann 
des Abpressens mit einer starken Hebelpresse; ich bediene mich einer 
starken Differentialhebelpresse, an welcher ich durch entsprechendes 
Drehen ein völliges Trockenpressen erziele, während an der Nutsche 
mindestens die Hälfte der Flüssigkeit im Rückstande verbleibt. Das 
Trocknen der frischen Pflanzenteile geschieht am besten bei einer Tem- 
peratur von 60—70 °, weil bei höheren Temperaturen schon weitgehende 
Zersetzungsvorgänge statthaben können, während bei niedrigerer Er- 


VII. Stickstoffassimilation. 203 


wärmung, etwa bei 40 ° wohl diese Gefahr noch mehr vermindert ist 
als bei 60 °, aber anderseits wieder hier die Möglichkeit vorliegt, daß 
bei der länger dauernden Trocknung enzymatische, eventuell sogar 
bakterielle Zersetzungen Platz greifen. Eine gute Trocknungsmethode 
besteht auch im Einlegen in 95 prozentigen oder absoluten Alkohol 
durch mehrere Wochen und nachheriges Trocknen des vom Alkohol 
abfiltrierten festen Materials im Vakuumexsikkator. Die Lebens- 
tätigkeit der Pflanzen erlischt da sehr bald, und auch die enzymatische 
Tätigkeit ist meistens unterbunden; natürlich muß man aber dann nicht 
nur das getrocknete Pflanzenmaterial auf seine Bestandteile unter- 
suchen, sondern berücksichtigen, daß auch in den Alkohol ziemlich viel 
davon übergegangen ist, zumal dieser durch das Gewebewasser ver- 
dünnt worden ist. Eine andere Methode zum Trocknen ist das Ver- 
mischen des feinzerhackten Materials mit gebranntem Gips oder ent- 
wässertem Natriumsulfat, zumal für die nachfolgende Extraktion mit 
Alkohol oder Ather. 

Zur Kjeldahlschen Bestimmung von Gesamltstickstoff bringt 
man 5—10 g, von Flüssigkeiten 10—20 ccm in einen langhalsigen Rund- 
kolben von Jenenser Glas, der, für Stickstoffbestimmungen besonders 
gearbeitet, im Handel zu haben ist; der Kolben 
soll 750—800 ccm fassen. Dann fügt man 10 ccm 
konzentrierter Schwefelsäure und 0,2—0,5 g 
Kupfervitriol, fest oder in Lösung, hinzu und 
erwärmt den Kolben in schiefer (Fig. 71) Lage 
unter einem gut ziehenden Abzug am Drahtnetz; 
die Erwärmung erfolgt zuerst mit kleiner, dann 
mit größerer Flamme, bis weiße Schwefelsäure- 
dämpfe entweichen, worauf man die Erhitzung 
für kurze Zeit unterbricht, um noch zirka 5 g 
Kaliumsulfat in die Flüssigkeit zu geben. Dann 
erhitzt man wieder und erhält so lange in hef- pi. 71. K'jeldahlkolben, fertig 
tigem Sieden, bis die Flüssigkeit schwach blau- zum Erhitzen. f 
grün geworden ist und keine dunklen Teile 
mehr enthält. Die Zeit, welche dazu notwendig ist, variiert je nach 
der Art und Menge der analysierten Substanz und kann von einer 
Viertelstunde bis zu 20 Stunden dauern. Mitunter tritt bei der Zer- 
setzung heftiges Schäumen ein, und schon aus diesem Grunde sollte 
das Erhitzen anfangs mit kleiner Flamme vorgenommen werden, ferner 
setzen sich bisweilen im oberen Teile des langhalsigen Kolbens halb- 
verkohlte Partikeln an, die hartnäckig an der Kolbenwandung haften, 
durch Umschütteln nicht zu lösen sind und auch der Verbrennung wider- 
stehen. Dann muß man den Kolben erkalten lassen, die anhängenden 
Massen mit Wasser aus der Spritzflasche herunterspülen und von neuem 
erhitzen. Die Schwefelsäure, welche bei so langer Erhitzung ebenfalls 
verdampft, muß öfters erneuert oder statt ihrer Schwefelsäure ver- 
wendet werden, die mit Phosphorsäureanhydrid (200 g P,O, auf 1000 cem 
konzentrierter Schwefelsäure) versetzt ist. Als Katalysator besonders 
wirksam ist auch Quecksilber oder Quecksilberoxyd. Zu der mit 10 
bis 20 ccm Schwefelsäure versetzten Substanz wird ein Tropfen metal- 
lisches Quecksilber oder 0,3—0,4 g vorher gut verriebenes rotes Prä- 
zipitat gesetzt. Statt des letzteren verwendet man besser eine Lösung 
von Merkuriazetat. Wendet man Quecksilber an, so ist es zweckmäßig, 


I 


204 | VII. Stickstoffassimilation. 


die Bestimmung in einem zu Ende zu führen, da sich sonst feste, am 
Glas haftende Niederschläge ansetzen, die auch durch Kochen mit Wasser 
nur sehr schwer aufzulösen sind. Ferner bilden sich Merkuroammonium- 
verbindungen, welche beim nachherigen Abdestillieren des Ammoniaks 
durch Natronlauge nicht zerlegt werden; man erreicht ihre Zerstörung 
am besten durch Zusatz von 1 g für 0,4 g HgO oder 2,7 gauf 1g Hg 
an gepulvertem Natriumthiosulfat, das man mit der Lauge der abzu- 
destillierenden Flüssigkeit zusetzt, oder man hält eine zirka 20 prozentige 
Lösung dieses Salzes vorrätig und mischt 40 cem der Natronlauge vom 
spezifischen Gewicht 1,34 mit 10 ccm der Lösung. Auf alle Fälle ver- 
säume man nicht, noch 1—2 Stunden weiter zu erhitzen, auch nach- 
dem die Lösung im Kjeldahl-Kolben vollkommen klar geworden ist. 
Bedeutend schneller erfolgt das Aufschließen der Substanz, wenn man 
statt eines Katalysators deren mehrere benutzt, also z. B. Quecksilber oder 
ein Quecksilbersalz zugleich mit Kupfersulfat oder Kaliumsulfat, welches 
letztere übrigens in jedem Falle zur Anwendung kommt, da es eigentlich 
nicht als Katalysator wirkt, sondern dadurch, daß es die Siedetemperatur 
der Schwefelsäure erhöht und damit die Möglichkeit bietet, die Reaktions- 
temperatur und damit die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen. Für 
1 g Eiweiß trat nach der Zusammenstellung von Wedekind und 
Arnold bei Anwendung verschiedener Katalysatoren die vollständige 
Entfärbung bzw. Blaufärbung des Gemisches nach folgenden Zeiten 
ein: mit 40 g H,SO,+ 208 K,SO, in 50 Minuten (nach Gunning), 
mit 40 g H,SO, + 1gCuSO, + 18 HgO in 40 Minuten (nach Arnold), 
mit 40 g H,SO, + 208 K,S0O, + 1gHgO + 1g CuSO, in 18 Minuten 
(nach Gunning-Arnold). Tritt beim Verkohlen starkes Schäumen 
ein, so empfiehlt es sich, zuerst nur mit Schwefelsäure und dem vierten 
Teil ihres Gewichtes an Kalisulfat zu kochen und erst nach 10—15 Minuten 
Kochdauer den Rest des Kalisulfates hinzuzufügen. Das Klarwerden 
der Lösung ist, wie gesagt, niemals ein Zeichen, daß der gesamte Stick- 
stoff schon in Ammoniak übergeführt ist, denn die Verkohlung und Ver- 
brennung des Kohlenstoffs kann bei kohlenstoffarmen Substanzen vell- 
endet sein, bevor noch die Stickstoffkomplexe zerstört sind; bei solchen 
Substanzen empfiehlt es sich, um ein äußeres Zeichen der Beendigung 
des Prozesses zu haben, irgendeine stark verkohlende, stickstofffreie 
Substanz, z. B. Rohrzucker der Analysenmasse von vornherein zu- 
zusetzen; am sichersten aber ist es, das Erhitzen auch nach eingetretener 
Farblosigkeit noch einige Zeit fortzusetzen. Bei schäumenden Flüssig- 
keiten empfiehlt es sich, als Siedeverzug ein Stückchen Paraffin in den 
Kolben zu werfen. Öfteres Schütteln des erhitzten Kolbens ist in manchen 
Fällen zweckmäßig, ferner bei sehr schwer verbrennlichen Substanzen 
der Zusatz eines Oxydationsmittels: der Kolben wird dann vom Feuer 
weggenommen, auf einem Stück Filtrierpapier auf eine Porzellanschale 
gestellt und sogleich der Inhalt mit trockenem, grobgepulvertem Kalium- 
permanganat oxydiert, welches mit einem Spatel in kleineren Portionen 
in den Kolben gestreut wird, bis die Masse nach wiederholtem Um- 
schütteln von den ausgeschiedenen Manganverbindungen eine dunkel- 
grüne Farbe angenommen hat. Nach Stehenlassen, bis Abkühlung ein- 
getretetn ist, wird destilliertes Wasser zugesetzt und neuerdings ab- 
kühlen gelassen, bevor die Destillation mit Natronlauge vorgenommen 
wird. Der Zusatz von Permanganat ist überhaupt bei schwer aufschließ- 
baren Substanzen kaum zu umgehen, er darf aber nicht bei stark halogen- 


VII. Stiekstoffassimilation. 205 


haltigen Substanzen oder bei Vorhandensein von viel Chloriden vor- 
genommen werden, da durch das freiwerdende Chlor ein erheblicher 
Verlust an Ammoniak eintreten kann. Um ein Verspritzen oder reich- 
liches Entweichen der Schwefelsäure zu vermeiden, bedient man sich 
einer langgestielten Kugel, welche in den Hals des schiefliegenden Kolbens 
eingelegt wird. Beim Entweichen der Dämpfe wird die Kugel fortdauernd 
etwas gelüftet und sinkt durch den dabei geschaffenen Spannungs- 
ausgleich wieder zurück, so daß während der Operation ein rhythmisches 
Klappern zu hören ist; die Säure kondensiert sich fortdauernd an dem 
langen Kugelstiel und fließt fortwährend in den Kolben zurück. Ver- 
fügt man nicht über einen guten Abzug, der für die Entfernung der ge- 
bildeten Schwefeldioxyddämpfe sorgt, so bedient man sich zweckmäßig 
des Vogtherrschen Apparate. Der Jenenser Kolben trägt hier 
eine luftdicht eingeschliffene Glocke, die in eine Destillationsröhre aus- 
läuft. Diese ist nochmals senkrecht nach abwärts gebogen und mündet 
in ein kreisförmig erweitertes Absorptionsrohr, dessen unteres offenes 
Ende in die Natronlauge enthaltende Vorlage eintaucht. Das Schwefel- 
dioxyd wird von der Lauge zu 
Natriumsulfit gelöst, und in den 
Arbeitsraum gelangt fast nichts da- 
von. Man kann statt dessen auch 
den Apparat benutzen, in dem 
später das Ammoniak destilliert 
werden soll, nur daß man eben 
statt Schwefelsäure Natronlauge 
vorlegt. Nach Ablauf der Koch- 
zeit, wenn man also annehmen 
kann, daß die gesamten Stickstoff- 
verbindungen zerlegt worden sind, 
läßt man erkalten, fügt vorsichtig 


250—300 ccm destilliertes Wasser Yig. 72. Kjeldahl- Destillation. 
hinzu. läßt wieder erkalten (nicht A = Destillieraufsatz; D — Destillierkolben; V = 

2 = Kühlvorrichtung; K — Kolben mit vorgelegter 
etwa unter der Wasserleitung ab- Schwefelsäure. 


kühlen, weil die Jenenser Rund- 

kolben, so widerstandsfähig sie gegen Erhitzung sind, bei jähem Tempe- 
raturwechsel leicht springen), gibt dann eine ziemliche Menge (etwa 15 g) 
feingepulverten Talk hinzu und reinigt den oberen Teil des Kolben- 
halses bis auf etwa 8 cm sorgfältig von hängengebliebenem Pulver. 
Bevor man nun Natronlauge zuschüttet, bereitet man alles für die nach- 
folgende Destillation vor; man füllt in ein Erlenmeyerkölbchen mit 


der Pipette 50 ccm 2 Schwefelsäure und stellt das Kölbchen so als 


Vorlage an den Destillationsapparat, daß das aus dem Kühlgefäß heraus- 
ragende Glasrohr in die vorgelegte Schwefelsäure eintaucht (Fig. 72). Dort, 
wo das Glasrohr aus dem Destillierapparat hervorkommt, hat es zur 
vollständigen Kondensation der Dämpfe eine Glaskugel angeblasen. 
Die Flüssigkeit im Kjeldahl-Kolben enthält nun die gesamte Stick- 
stoffmenge der zerstörten organischen Substanz als Ammoniak an 
Schwefelsäure gebunden, also in Form von Ammonsulfat, aus dem durch 
Lauge das Ammoniak freigemacht werden muß. Zu diesem Zwecke 
fügt man in die Flüssigkeit ohne Umschütteln 33 prozentige Natron- 
lauge, die man mittels eines Trichters, so daß die Kolbenhalswand nicht 


206 VII. Stiekstoffassimilation. 


benetzt wird, in dünnem Strahle einfließen läßt. Da die schwere Natron- 
lauge zu Boden sinkt und die Neutralitätsgrenze mittels eines Indikator- 
papiers nicht bestimmt werden kann, da man nicht umschütteln soll, 
bestimmt man zweckmäßig nach Maßgabe der zur Zerstörung der 
organischen Substanz verwendeten Schwefelsäure die Menge der Natron- 
lauge, welche zu deren Neutralisierung notwendig ist; hat man 10 cem 
Schwefelsäure angewendet, so genügen 40—50 ccm der 33 prozentigen 
Lauge. Im Notfalle kann man ein Lackmuspapier in den Kjeldahl- 
kolben einwerfen und unmittelbar, bevor man mit dem Destillierkühler 
verbindet, umschütteln, wobei allerdings, namentlich wenn man Queck- 
silber als Katalysator verwendet hat, infolge Ausfallens der dunkel- 
gefärbten Merkuroammoniumverbindungen das Lackmuspapier schwer 
zu sehen ist. Man verbindet jedenfalls sofort nach Zufließenlassen der 
Lauge den Kolben mit dem Kolbenaufsatze, der aus einem gebogenen 
Kühlrohr mit angeschmolzener Kugel und Vorrichtung besteht, die das 
Überspritzen verhindert; dieser Kolbenaufsatz ist zweckmäßig dauernd 
mit dem durch den Kühlapparat ziehenden Destillationsrohr durch 
Kautschukschlauch Glas an Glas verbunden, so daß der Kautschuk- 
stöpsel des Destillationsaufsatzes einfach nur fest im Kjeldahlkolben 
befestigt zu werden braucht. Da der Stöpsel nicht luftdicht sitzt, wenn 
der Kolbenhals mit Natronlauge benetzt ist und beim Destillieren durch 
die Dämpfe leicht herausgeschoben wird, muß dafür gesorgt sein, daß 
der Kolbenhals bis zur Destillation vollkommen trocken bleibt. Nach- 
dem der Kolben mit dem Destillationsrohr und damit mit der vor- 
gelegten Schwefelsäure verbunden ist, schüttelt man um und zündet 
sofort den Brenner unter dem Kolben an; die Destillation beginnt so- 
fort, sobald die Flüssigkeit warm geworden ist, doch ist es zweckmäßig, 
zunächst mit kleinerer und erst später mit voller Flamme zu erhitzen, 
weil mitunter bei zuviel Merkuroammoniumverbindung oder zuviel 
Talk ein lästiges Stoßen anhebt. Bei ordnungsgemäßer Arbeit ist das 
Ammoniak überdestilliert, bevor das Stoßen beginnt, und eine kräftige 
Erschütterung des Destillierkolbens durch Stoßen zeigt in der Regel 
die Beendigung der Reaktion an, und man kann darauf rechnen, daß 
nach halbstündiger Destillation das gesamte Ammoniak übergetrieben 
ist. Nach einer halben Stunde löst man daher probeweise die Verbindung 
zwischen Glasrohr und Kühler und fängt einen Tropfen des Destillates 
auf rotem Lackmuspapier auf und stellt, wenn es noch blau gefärbt 
werden sollte, die Verbindung wieder her und destilliert weiter. Wenn 
endlich eine solche Prüfung die Abwesenheit von Ammoniak im über- 
gehenden Destillat anzeigt, löst man die Verbindung von Glasrohr und 
Kühler, die durch einen einfachen, gut sitzenden Kautschukschlauch her- 
gestellt ist, und spritzt die am Glasrohre sitzenden Flüssigkeitstropfen außen 
und innen mit der Spritzflasche gründlich ab, fügt einige Tropfen Methyl- 


1% a a N ar Pi . 
orange hinzu und titriert die überschüssige Schwefelsäure mit 10 Kali- 


lauge zurück. Die Anzahl der verbrauchten Kubikzentimeter Kalilauge 
werden von 50, respektive wenn eine größere Menge Schwefelsäure vor- 
gelegt werden mußte, was man an der Färbung des Indikators erkennt, 
den man zu diesem Zweck von vornherein der vorzulegenden Schwefel- 
säure zufügen kann, von dieser größeren Menge abgezogen und mit dem 
Faktor 1,401 multipliziert, was die Menge des in der analysierten Sub- 
stanz vorhandenen Gesamtstickstoffs angibt. Eine Kühlung durch 


VII. Stickstoffassimilation. 207 


Wasser während des Destillierens ist nicht unbedingt erforderlich, ja, 
die vorgelegte Säure kann sogar zum Sieden gelangen, ohne daß ein Ver- 
lust an Ammoniak zu befürchten ist, jedoch ist immerhin eine schwache 
Kühlung mit Wasser doch zweckmäßig, weil so Verluste vermieden 
werden, die eintreten könnten, wenn die Menge der vorgelegten Säure 
nicht genügte. Die Titration kann auch mit der warmen Flüssigkeit 
ausgeführt werden; es ist sogar vorteilhaft, gegen Schluß der Destillation, 
die man 15 Minuten unter Wasserkühlung hat vor sich gehen lassen, 
das Wasser aus dem Kühlgefäß ablaufen und das Kühlrohr heiß werden 
zu lassen ; dann werden die letzten Spuren Ammoniak in wenigen Minuten 
übergetrieben. Ferner tut man gut, durch öfteres Schütteln des Erlen- 
meyerkolbens mit der Schwefelsäure dafür zu sorgen, daß stets frische 
unverbrauchte Säure das Ammoniak empfängt. Nach beendeter Destil- 
lation wird zuerst die Verbindung der in die Schwefelsäure eintauchenden 
Glasröhre mit dem Kühler gelöst und dann erst die Flamme abgedreht, 
weil sonst durch Druckverminderung im Destillierkolben leicht ein 
Zurücksteigen der vorgelegten Schwefelsäure stattfinden könnte. Über- 
haupt muß man Druckschwankungen auch während des Destillierens, 
also beispielsweise ein Kleinerdrehen der Flamme während der De- 
stillation aus diesem Grunde vermeiden. 

Will man denjenigen Betrag des Stickstoffs bestimmen, der in Form 
von Eiweiß allein gebunden ist, so kann man die Pflanzenteile direkt 
mit 10 prozentiger Kochsalzlösung extrahieren und im Extrakt den 
Stickstoff nach Kjeldahl bestimmen, oder man fällt im Extrakt 
das Eiweißmaterial mit Kupferhydroxyd nach der Vorschrift von 
Stutzer:1g Substanz wird durch ein feines Sieb gebracht, in einem 
Becherglase mit 100 cem Wasser zum Sieden erhitzt, bei stärkehaltigen 
Substanzen wird 10 Minuten im Wasserbade erwärmt, sodann 0,3—0,4 g 
aufgeschlämmtes Cu(OH), zugesetzt. Zur Herstellung des Cu(OH), 
löst man 100 g CuSO, in 5 Litern Wasser, setzt 2,5 ccm Glyzerin zu, 
fällt mit 50,5 g NaOH, welche man auf 1,5 Liter verdünnt hat; 
man läßt auf dem Filter abtropfen, verreibt in einer Schale mit 
Wasser (1 Liter Wasser und 5 cem Glyzerin) und wäscht das Alkali 
gänzlich aus. Nach dem Erkalten wird filtriert und im ausgewaschenen 
Rückstande der Stickstoff nach Kjeldahl bestimmt. Enthielt das 
Material viel Phosphor, so hat man vor dem Kupferzusatz einige Kubik- 
zentimeter Alaunlösung zuzufügen. Der gefundene Stickstoff gibt mit 
dem Faktor 6,25 multipliziert den Betrag an Eiweiß an, aber dieser 
Faktor fußt auf der nicht immer zutreffenden Annahme, daß die Pro- 
teine der Samen usw. gerade 16 %, Stickstoff enthalten. Ritthausen 
schlug auf Grund besserer Erfahrungen vor, bei der Analyse von Ge- 
treide und Hülsenfrüchten mit 18,2% Stickstoff den Faktor 5,7 zu 
benutzen und bei ölreichen Samen den Faktor 5,5. 

Die in Keimpflanzen am häufigsten zur Bestimmung gelangenden 
Amide sind Asparagin und Glutamin. Um Arginin, Lysin, Histidin usw. 
in Pflanzenextrakten zu bestimmen, besitzen wir noch keine Methoden, 
denn man muß hier die betreffenden Aminosäuren rein darzustellen 
suchen, wobei natürlich immer Verluste unterlaufen. Am verhältnis- 
mäßig besten sind wir diesbezüglich noch beim Arginin daran, welches, 
nachdem die Pflanzenextrakte von den durch Bleiessig fällbaren Stoffen 
befreit worden sind, durch Merkurinitrat ausgefällt werden kann. Will 
man aber wenigstens approximativ über den Arginingehalt orientiert 


208 VII. Stickstoffassimilation. 


sein, geht man in der Weise vor, daß man den Pflanzenextrakt mit 
Bleiessig in schwachem Überschusse versetzt, das Filtrat vom Blei- 
niederschlag bei neutraler oder schwach saurer Reaktion im Wasser- 
bade stark einengt, dann mit Schwefelsäure stark ansäuert, filtriert 
und nun mit einer konzentrierten Lösung von Phosphorwolframsäure 
vermischt; der entstehende Niederschlag wird von der Flüssigkeit ab- 
genutscht und nach dem Ablaufen des Filtrates in einer Schale mit 
5 prozentiger Schwefelsäure angerührt, darauf wieder aufs Filter ge- 
bracht. Dann übergießt man ihn mit Wasser und fügt unter Umrühren 
so viel zerriebenes Bariumhydroxyd hinzu, daß es im Überschuß vor- 
handen ist, so daß sich beim Einleiten von Kohlensäure in das Filtrat 
ein Niederschlag bilden muß. Man entfernt nun das in der Flüssigkeit 
vorhandene Ammoniak ohne Erwärmen. Denn durch das Erhitzen 
würde das Kali, welches sich fast immer in den durch Phosphorwolfram- 
säure erzeugten Niederschlägen befindet, durch den Baryt freigemacht 
und das Arginin zersetzt. Man bringt also das Gemisch des Niederschlags 
mit Wasser und Bariumhydroxyd in eine flache Glasschale und rührt 
es solange mit der Hand oder maschinell, bis das Ammoniak ver- 
schwunden ist, oder man bläst längere Zeit mittels Aspirators einen 
Luftstrom durch. Nach dem Austreiben des Ammoniaks entfernt man 
die unlöslichen Bariumverbindungen durch Filtration und Ausfällung 
des überschüssigen Baryts aus dem Filtrat durch Einleiten von Kohlen- 
säure. Die barytfreie Flüssigkeit neutralisiert man mit Salpetersäure 
und dampft sie am Wasserbade stark ein, wobei man sie durch Zusatz 
von Salpetersäure immer schwach sauer erhält. Aus dem Filtrate des 
Niederschlages mit Silbernitrat erhält man zuerst das Histidin, dann 
das Arginin; es ist aber zweckmäßiger den Rückstand der Salpetersäure- 
verdampfung als Histidinnitrat zu wägen; die Zahlen sind, wie gesagt, 
nur approximativ. Dagegen ist es ganz unmöglich, den Gehalt an Tyrosin 
oder anderen Aminosäuren auch nur angenähert festzustellen, es bleibt 
nichts übrig, als die betreffenden Substanzen (am besten aus den 
alkoholischen, mit Bleiessig gefällten und mit Schwefelwasserstoff ent- 
bleiten) aus den Pflanzenextrakten darzustellen. 

Die quantitative Bestimmung des Asparagins und Glutamins oder 
besser des Amidstickstoffs nach dem Verfahren von R. Sachsse 
gründet sich auf die Beobachtung, daß diese beiden Amide beim Kochen 
mit verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure unter Wasseraufnahme in 
Asparaginsäure respektive Glutaminsäure und Ammoniak zerfallen, wobei 
nach der Bildungsgleichung 132 Teile wasserfreies Asparagin 17 Teile 
Ammoniak, 146 Teile Glutamin 17 Teile Ammoniak liefern. Zu dem 
asparagin- oder glutaminhaltigen Extrakt werden pro 100 ccm 8—10 cem 
konzentrierte Salzsäure oder 2,5—3 cem konzentrierte Schwefelsäure zu- 
gesetzt und sodann zirka 2 Stunden am Rückflußkühler gekocht. Nach 
dem Erkalten wird die Flüssigkeit mit Natronlauge annähernd neutrali- 
siert, gebrannte Magnesia zugesetzt, um das Ammoniak frei zu machen, 
und überdestilliert. Das übergehende Ammoniak wird so wie bei der 
Kjeldahlbestimmung in titrierter Schwefelsäure aufgefangen (Fig. 73). 
Der Unterschied bei der Bestimmung des Amidstickstoffs gegenüber 
der Bestimmung des aus dem Eiweiß stammenden Gesamtstickstoffs 
ist also der, daß hier eine durchgreifende Behandlung mit konzentrierter 
Schwefelsäure unter Zusatz eines Katalysators, eventuell noch eines 
Oxydationsmittels notwendig ist, um die Zersetzung herbeizuführen, 


VII. Stiekstoffassimilation. 209 


dort Kochen mit sehr verdünnter Mineralsäure. Bei Berechnung des 
Asparagin- oder Glutamingehaltes muß man das vor dem Erhitzen mit 
Säure schon vorhandene Ammoniak in Abrechnung bringen. Immerhin 
müssen aber auch sonstige Substanzen, welche beim Erwärmen mit 
Säure Ammoniak abspalten, entfernt werden und auch die Proteine 
selbst sind in dieser Hinsicht nicht unbedenklich, sondern müssen 
durch Zusatz von reinem Tannin, unter Beifügung von etwas Blei- 
azetat, oder mit Phosphorwolframsäure ausgefällt werden. Ist das 
mit Phosphorwolframsäure geschehen, so muß man diese aus dem 
Filtrat erst entfernen, was durch Zusatz von Bleiazetat geschehen kann. 
Man kann auf diese Weise — auch das Vorhandensein von Allantoin 
und anderen, noch nicht isolierten Stickstoffverbindungen bedingt einen 
Fehler — also eigentlich nur approximativ den Gesamtgehalt an Asparagin 
und Glutamin oder besser an dem aus diesen Amiden abspaltbaren 
Ammoniak bestimmen; in der Regel finden sich allerdings in ein und der- 


Fig. 73. Destillation des aus Asparagin oder Glutamin in Freiheit gesetzten 
Ammoniaks, 
a — Waschflasche zum Eintreten von Luft durch die Kapillare k, damit das 
Stoßen verhindert wird; b = Wasserbad; a = Kühler; f = Vorstoß; d = 
Schlauch; e= zur Pumpe führendes Absaugrohr. 


selben Pflanze die beiden Amide Asparagin und Glutamin nicht in 
gleicher Menge vor, sondern, überwiegt das eine, so ist das andere nur 
in Spuren vorhanden, so daß man also im großen ganzen doch von 
einer Asparagin-, respektive Glutaminbestimmung sprechen kann. 

Um vorher im Extrakte das Ammoniak zu bestimmen, verwendet 
man 2—3 9 der Substanz, übergießt sie mit zirka 100 ccm Wasser in 
einem Fraktionierkolben, füllt mittels eines breiten, bis auf den Boden 
des Kolbens reichenden Trichters gut gewaschene Magnesia ein und 
destilliert im Vakuum an der Pumpe zirka 80 ccm Flüssigkeit ab. Um 
das Aufschäumen zu verhindern, fügt man 1—2 Tropfen filtriertes 
Butterfett oder ein Stückchen Paraffin hinzu ; übrigens ist die abgebildete 
Form des Fraktionskolbens schon hinreichend, um ein Überspritzen zu 
verhindern. Die übergehende Flüssigkeit wird in einer mit 10 com 5 
Schwefelsäure beschickten Vorlage aufgefangen. Sind die Extrakte 
stark sauer, so neutralisiert man sie vorher mit Soda. 

Zur quantitativen Bestimmung der Nitrate geht man am besten 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 14 


210 VII. Stickstoffassimilation. 


nach der volumetrischen Methode vor, welche wohl etwas langwierig, 
aber bei einiger Übung nicht schwierig und sehr genau ist. Diese von 
Schulze-Tiemann ausgearbeitete Methode beruht auf der Über- 
führung von Salpetersäure in Stickoxyde durch Reduktion mit Ferrosalzen, 
Eisenvitriol oder besser Ferrochlorid und der volumetrischen Messung 
der gebildeten Stickoxyde. 100—300 cem der zu prüfenden Flüssigkeit 
werden in einer Schale vorsichtig auf 50 ccm eingedampft und in einen 
zirka 150 cem fassenden Rundkolben, am besten in einen solchen, wie 
man ihn zur Kjeldahlbestimmung verwendet, gebracht (der Kolben darf 
nicht dünnwandig sein, da er sonst durch den äußeren Luftdruck zusammen- 
gepreßt wird), ohne etwa ausgeschiedene feste Körnchen zu beachten 
(Fig. 74). Der Zersetzungskolben A ist mit einem doppelt durchbohrten 
Kautschukstöpsel verschlossen, in dessen Bohrungen sich die beiden 
gebogenen Röhren abc und eg befinden. Die erstere ist bei a zu einer 
nicht zu feinen Spitze ausgezogen und ragt etwa 2 cm unter dem Stöpsel 
hervor, während die zweite 
Röhre genau mit dem Stöp- 
sel abschneidet. An die bei- 
den Röhren sind die beiden 
Glasrohre cd und gh durch 
Kautschukschläuche ange- 
fügt und durch an diesen 
Stellen angebrachte Quetsch- 
hähne von ihnen absperr- 
bar. Über das untere Ende 
von gh ist ein Kautschuk- 
schlauch gezogen, damit die 
Röhre, welche während der 
Gasentwicklung oftheftigge- 
gen das Eudiometer schlägt, 
nicht zerbricht. Die Glas- 
wanne B ist mit 10 prozen- 
tiger Natronlauge gefüllt, 
welche vor dem Gebrauch 
ausgekocht worden ist und 
mit der auch das möglichst enge, in !/,, ccm geteilte Eudiometer C ge- 
füllt ist. Man kocht bei offenen Quetschhähnen die Flüssigkeit in dem 
Zersetzungskolben noch weiter ein und bringt nach einiger Zeit das untere 
Ende des Entwicklungsrohres e/gh in die Natronlauge, so daß die aus dem 
Glasrohre entweichenden Dämpfe durch die Lauge streichen. Nach 
einigen Minuten drückt man den Kautschukschlauch bei g mit den 
Fingern zusammen; sobald durch Kochen die Luft vollständig entfernt 
worden ist, steigt die Natronlauge infolge des Vakuums schnell ins 
tohr zurück und man fühlt am Finger einen kleinen Stoß. In diesem 
Falle setzt man bei g den Quetschhahn auf und läßt die Wasserdämpfe 
durch abced entweichen, bis nur noch zirka 10 ccm Flüssigkeit in dem 
Zersetzungskolben vorhanden sind. Dann entfernt man die Flamme, 
schließt den Quetschhahn bei ce und spritzt die Röhre cd mit Wasser 
voll. In dem Kautschukschlauch bei c bleibt leicht eine Luftblase zurück, 
die man durch Drücken mit den Fingern entfernt. Man schiebt die Meß- 
röhre C über das Ende des Entwicklungsrohres e/gh, so daß dieses 2 
bis 3 cm hineinragt, und wartet einige Minuten, bis sich im Innern des 


Fig. 74. Nitratbestimmungs-Apparat. 


VII. Stickstoffassimilation. Anl 


Kolbens A ein Vakuum durch Zusammenziehen der Schläuche bei c 
und g zu erkennen gibt. Inzwischen gießt man eine nahezu gesättigte, 
frischbereitete Ferrochloridlösung in ein kleines Becherglas, welches 
in seinem oberen Teile, dort wo der Raum von 20 ccm bezeichnet ist, 
eine Marke trägt, zwei andere Gläser stellt man, mit konzentrierter 
Salzsäure teilweise gefüllt, beiseite. Man taucht die Röhre cd in die 
Eisenlösung, öffnet den Quetschhahn bei c und läßt vorsichtig 15 bis 
20 cem der Lösung einsaugen, worauf man zweimal in die Röhre abed 
etwas Salzsäure nachsteigen läßt. Nun erwärmt man den Kolben ge- 
linde, bis die Kautschukschläuche bei c und g anfangen, sich aufzublähen. 
Nun ersetzt man den Quetschhahn bei g durch Daumen und Zeigefinger 
und wartet, bis hier der Druck des Gases etwas stärker wird, worauf 
man das entwickelte Stickoxyd ins Eudiometer hinüberströmen läßt. 
Gegen Ende der Operation verstärkt man die Flamme und erhitzt, bis 
sich der Gasstand im Eudiometer nicht mehr vermehrt. Dann schließt 
man den Quetschhahn bei g, entfernt die Flamme, um sie nach einiger 
Zeit wieder, unter Öffnen des Quetschhahnes g, unter den Kolben zu 
setzen. Dadurch treibt man die letzten Reste des Gases nach C; man 
muß aber, um Vollständigkeit zu erzielen, diese Operation öfters wieder- 
holen. Die Meßröhre wird nach Beendigung der Operation unter Ver- 
schluß mit dem Daumen in einen hohen, mit Wasser von 15° C ge- 
füllten Glaszylinder gebracht und vollkommen in Wasser untergetaucht. 
Nach 15—20 Minuten ergreift man die Röhre mit einer Klammer und 
hebt sie soweit aus dem Wasser empor, daß die Flüssigkeit außen und 
innen gleich hoch steht und liest das Volumen des Gases, die Temperatur 
des Wassers und den Barometerstand ab. Nach der Formel 
N N a 
2760 (273.4 5 

reduziert man das Gasvolumen auf 0° und 760 mm Barometerstand, 
wobei V das abgelesene Volumen, B der Barometerstand, ?! die Tem- 
peratur und / die der Temperatur entsprechende, in den gewöhnlichen 
physikalischen Tabellen angegebene Tension des Wasserdampfes be- 
deutet. Die durch V, ausgedrückten Kubikzentimeter Stickoxyd, mit 
dem Faktor 2,417 multipliziert, geben die entsprechenden Milligramme 
2:0;: 

Ammoniak kann, wie vorhin dargelegt, durch Destillation mit 
Magnesia und Auffangen in gestellter Schwefelsäure bestimmt werden, 
deren Überschuß mit titrierter Lauge zurückgemessen wird. Sind aber 
die vorhandenen Ammoniakmengen so gering, daß sie maßanalytisch 
nicht festgestellt werden können, so bedient man sich zweckmäßig der 
kolorimetrischen Methode. Die Flüssigkeit (150 ccm) wird mit 1 ccm 
Natronlauge und 2 cem Sodalösung versetzt, man läßt den Niederschlag 
(von Erdalkalien und Eisen) absetzen und gießt die klare Lösung 
(100 cem) in einen Meßzylinder. Gleichzeitig stellt man Vergleichs- 
flüssigkeiten von bestimmtem Ammoniakgehalt (z. B. !/,» '/» Y» 1; 
2 cem einer Salmiaklösung, wovon jeder Kubikzentimeter 0,05 mg 
Ammoniak enthält), ebenfalls auf 100 cem verdünnt, her. Jedem der 
Zylinder fügt man 1 ccm frisch bereitetes Neßlersches Reagens 
zu. Entsteht ein Niederschlag, so ist das Wasser zu verdünnen, es darf 
jedenfalls nur eine Färbung entstehen. (Neßlersche Lösung ist eine 
alkalische Auflösung von Merkurikaliumjodid und wird folgendermaßen 

14* 


212 VII. Stickstoffassimilation. 


bereitet: Man löst 6 g Quecksilbersublimat in 50 ccm ammoniakfreien 
Wassers, wie man es durch Destillation von bereits destilliertem Wasser 
unter Zusatz von Soda erhält, wobei man das erste Viertel des über- 
gehenden Wassers wegschüttet und die Destillation sistiert, wenn fünf 
Sechstel des ursprünglichen Wasserquantums abdestilliert sind. Das 
Wasser wird auf 80 ° © erwärmt und das Sublimat in einer Porzellan- 
schale darin gelöst, dann 7,4 g Jodkali, in 50 ccm Wasser gelöst, hinzu- 
gegeben, erkalten gelassen, die überstehende Flüssigkeit abgegossen, 
dreimal durch Dekantation mit je 20 ccm kalten Wassers gewaschen, 
um alles Chlorid möglichst zu entfernen. Nun fügt man 5 g Jodkali 
hinzu, wobei auf Zusatz von wenig Wasser das Merkurijodid in Lösung 
geht. Die so erhaltene Lösung spült man in einen 100-cem-Kolbea, 
fügt 20 g NaOH in wenig Wasser gelöst hinzu und verdünnt nach dem 
Erkalten der Lösung mit Wasser auf 100 ccm. Hat sich die Flüssigkeit 
völlig geklärt, so hebert man sie sorgfältig in eine reine Flasche ab und 
bewahrt im Dunkeln auf.) Durch Vergleich mit den Probezylindern, 
eventuell nach Ablassen aus denselben, ermittelt man die vorhandene 
Ammoniakmenge. Sehr verdünnte Ammoniaklösungen werden durch 
Neßlersches Reagens gelb gefärbt; statt des Versuchszylinders hat 
man, wie das im Königschen Kolorimeter der Fall ist, Skalen aus 
gefärbten Papieren oder Gläsern. Bei gefärbten Säften ist dieses Ver- 
fahren nicht direkt anwendbar, sondern man läßt eine Destillation 
unter Zugabe von Magnesiumoxyd oder Bleioxyd vorhergehen und füllt 
das Destillat auf das ursprüngliche oder ein bestimmtes Volumen auf 
und bezieht den im Vergleich bestimmten Ammoniakgehalt auf dieses 
Volumen. 

Bei Darstellung der Proteine, welche hier nur mit wenigen Worten 
berührt sei — bezüglich der Details muß auf die Arbeiten von Os- 
borne verwiesen werden —, z. B. aus Samen, muß zunächst für weit- 
gehende Zerkleinerung des Materials, etwa mit einer Mühle, gesorgt 
werden. Die Menge des erforderlichen Lösungsmittels muß so groß sein, 
daß mindestens drei Viertel des verwendeten Quantums in filtrierbarer 
Form vorliegen; die Lösungen sind durch öfters zu erneuernden Zusatz 
von Toluol vor der Invasion durch Mikroorganismen zu sichern; die 
Extraktion soll, da sich feinzerteilte Proteine sehr schnell in geeigneten 
Lösungsmitteln lösen, nicht über allzulange Zeit ausgedehnt werden, 
es genügt kurz dauerndes, aber tüchtiges Umrühren. Der erhaltene 
Brei wird auf ein feinmaschiges Koliertuch gebracht, das auf einem 
Holzrahmen an vier auf den Kreuzenden eingeschlagenen Nägeln aus- 
gebreitet wird, worauf die Hauptmasse der Flüssigkeit aus dem auf 
das Tuch geschütteten Brei in eine darunterstehende Schale abläuft. 
Der Rückstand wird dann in einer starken Presse ausgequetscht und 
die Extraktflüssigkeiten vereinigt über ein Papierbreifilter an der Pumpe 
abgesaugt. Man mischt in einem großen Gefäß Filtrierpapierstücke 
und Wasser und zerteilt dann das nasse Papier mit der Hand zu einem 
feinen Brei; man wendet soviel Papier an, daß man nachher eine halb- 
feste Masse bekommt. Nun wird dieser Brei in einen Büchnertrichter 
gefüllt, so daß er die Nutsche ganz anfüllt, der Nutschenkolben dann 
mit der Saugpumpe verbunden und fest angesaugt, wobei der Papier- 
brei mit der Hand festgedrückt wird. Wenn alles Wasser abgesaugt ist, 
bildet das Papier eine leicht konkave Oberfläche, so daß es an den Seiten 
dicker liegt; vor der Filtration des Extraktes wird das Papierfilter mit 


VII. Stickstoffassimilation. Dil 


einer Quantität des Proteinlösungsmittels ausgewaschen. Mittels eines 
solchen Filters lassen sich Eiweißextrakte meistens leicht und klar 
filtrieren, wobei man, wenn sich nach einiger Zeit der Durchgang ver- 
zögern sollte, durch leichtes Aufkratzen der obersten Lage für eine Be- 
seitigung der Hemmung sorgt. Vorher läßt man die festen suspendierten 
Teilchen gut absetzen, dekantiert und bringt ganz zum Schluß auch die 
festen Anteile aufs Filter, besonders muß man dafür sorgen, daß die 
Stärke gut abgesetzt ist, weil die kleinen Stärkekörnchen besonders 
leicht durchs Koliertuch gehen. Die Samenextrakte, die viel Gummi- 
stoffe, Schleimsubstanzen und andere die Filter verstopfende Körper 
führen, werden in solcher Weise von ihnen befreit, daß man zum Extrakte 
eine große Menge in kleine Stückchen zerrissenen Filtrierpapiers gibt 
und das Papier mit dem Glasstab zu einem Brei zerkleinert, bis die 
Papiermenge einen halbfesten Brei bildet, der dann mit einer starken 
Presse ausgepreßt wird. Während die verstopfenden Substanzen vom 
Papier gut zurückgehalten werden, läßt sich die Proteinlösung durch 
entsprechend starken Druck sehr vollständig aus dem Papier entfernen 
und kann dann leicht an der Nutsche abgesaugt werden. Um die 
Proteine aus der Lösung zu fällen, säuert man an, wodurch das 
Proteinsalz der Säure gefällt wird, Alkohol oder Ammonsulfat wird 
angewendet, um kleine Quantitäten von Proteinen von großen Flüssig- 
keitsmengen zu trennen. Durch fraktionierte Fällung mit Ammon- 
sulfat kann man auch die Trennung einzelner Proteine voneinander 
erzielen. Zur Trennung der Proteine von begleitenden Salzen wendet man 
am besten die Dialyse an. Ein großes Stück gänzlich durchfeuchteten 
Pergamentpapiers wird auf den Boden einer Porzellanschale gebreitet 
und die zu Jialysierende Lösung daraufgegossen. Natürlich darf das 
verwendete Pergamentpapier, wie das häufig bei länger lagerndem 
Papier der Fall ist, keine Risse oder kleinen Löcher enthalten, man ver- 
wendet in diesem Falle besser die Pergamenthülsen von Schleicher & 
Schüll, welche allerdings nur in verhältnismäßig geringer Größe im 
Handel zu haben sind; auch die langen Dialysierschläuche, welche, 
u-förmig aufgewickelt, röhrenartig in das Dialysiergefäß hineinzuhängen 
sind, pflegen nicht immer rißfrei zu sein. Die Papierränder des Pergament- 
papiers werden dann um ein Stück Glasrohr von zirka 10 cm Länge 
und 1 cm Weite vereinigt und als Sack daran befestigt, indem man 
eine starke Schnur mehrmals außen um das Papier herumwickelt. Dieser 
Dialysierbeutel muß groß genug sein, um über der Oberfläche der ein- 
geschlossenen Flüssigkeit noch hinlänglich Raum zu lassen, so daß er 
das durch Einströmen des Wassers vermehrte Volumen tragen kann. 
Das Glasrohr an der Mündung des Beutels kann auch dazu dienen, um 
von Zeit zu Zeit Toluol zur Sterilisierung der Flüssigkeit einfließen zu 
lassen. Ein Stück Pergamentpapier im Ausmaße 70 x 100 cm liefert 
einen Beutel von 3—4 Litern Inhalt. Der Beutel wird nun in einem 
Trog aufgehängt und aus einer Wasserleitung ein ganz langsamer Wasser- 
strom durchströmen gelassen. Ein mit 10 prozentiger Kochsalzlösung 
erhaltener Extrakt wird so binnen fünf Tagen chlorfrei. Man kann die 
wässerige Lösung auch in ungefähr demselben Volumen Alkohol im 
Pergamentbeutel suspendieren; da das Wasser rasch in den Alkohol 
hineindiffundiert, wird die Proteinlösung konzentriert und die nach- 
herige Fällung gelingt mit relativ geringen Mengen Alkohol, 


214 VIII. Phosphatide. 


VII. Phosphatide. 


Unter diesem Namen bezeichnet man phosphor- und stickstoff- 
haltige Substanzen, welche in manchen physikalischen Eigenschaften 
den Fetten nahestehen, jedoch mit Wasser kolloidale Lösungen geben, 
aus denen sie durch Säuren ausgeflockt werden, halbfeste, wachsartige, 
gelbliche oder weißliche Massen, die mit Wasser aufquellen und eigen- 
artige, als Myelinformen bezeichnete Gebilde liefern; das bekannteste 
der Phosphatide ist das Lezithin. Die Phosphatide sind meist leicht 
löslich in Äther, Chloroform, Benzol, schwer löslich in Azeton, sehr 
leicht an der Luft unter Absorption von Sauerstoff veränderlich, ver- 
mögen andere Substanzen in Lösung zu halten, durch Alkalien sind sie 
ebenso wie durch gewisse Fermente spaltbar, Lezithin kann durch 
Platinchlorid in alkoholischer Lösung unter Veränderung gefällt werden. 
Zur Darstellung der Phosphatide aus Pflanzensamen zieht man die fein 
zerriebenen Samen mit Äther aus und extrahiert den verbliebenen Rück- 
stand mit Alkohol bei 50—60 °, wobei die Phosphatide in Lösung gehen 
und aus dem Verdampfungsrückstand des Alkoholextraktes durch Äther 
ausgezogen werden können. Abwechselnd extrahiert man mit Wasser 
und bringt sowohl die alkoholischen als die wässerigen Lösungen in 
einen Scheidetrichter, worauf man die wässerige Schicht, ohne daß man 
zu viel umgeschüttelt hat, entfernt. Die zurückgebliebene ätherische 
Schicht, welche die Phosphatide enthält, wird durch wiederholtes 
Schütteln mit Wasser gereinigt. Dabei bilden sich Emulsionen, die man 
durch Eintragen von Kochsalz oder Natriumsulfatkristallen beseitigen 
kann. Den mit geschmolzenem Natriumsulfat getrockneten Rückstand 
destilliert man und behandelt den festen Destillationsrückstand mit 
Azeton, welcher den Rest des Fettes herauslöst, oder aber man schüttet 
direkt den alkoholischen Extrakt in möglichst viel destilliertes Wasser, 
wobei eine stark opalisierende Lösung entsteht und fügt verdünnte 
Schwefelsäure dazu bis die Ausflockung beginnt, bringt durch Um- 
rühren zum Zusammenballen, gießt die Flüssigkeit ab und schüttet 
verdünnte Schwefelsäure über den Niederschlag, den man dann ab- 
dekantiert. Schließlich bringt man die feuchte Masse in den Scheide- 
trichter und schüttelt mit so viel Ather durch, daß zwei deutliche 
Schichten entstehen, trennt die ätherische Lösung von der wässerigen, 
trocknet sie mit geschmolzenem Natriumsulfat, destilliert den Ather 
ab und behält die wachsartige Phosphatidmasse zurück. Aus Blättern 
und anderen chlorophyllhaltigen Pflanzenteilen ist es bisher noch nicht 
gelungen, Phosphatide darzustellen. Neben den Phosphatiden findet 
sich in Pflanzen eine in Alkohol und Äther unlösliche Substanz, die 
bei Spaltung mit starken Säuren oder Laugen unter Druck Phosphor- 
säure und Inosit liefert, das Phytin. Es ist vielleicht das erste Stadium 
des Phosphorstoffwechsels der Pflanze und hat jedenfalls eine äußerst 
komplizierte Struktur, in welcher der Phosphorsäurerest wahrscheinlich 
als Pyrophosphorsäure gebunden ist. Bei seiner Verwertung im Organis- 
mus ist wahrscheinlich nicht der organische, sondern der Phosphorsäure- 
rest maßgebend. Keimenden Samen kommt jedenfalls die Fähigkeit zu, 
Phytin zu spalten und die Phosphorsäure daraus zu assimilieren. In 
fruchtbaren Böden, besonders bei reichlicher Düngung mit Stallmist 
und Superphosphat ist das Phosphorsäureanhydrid nach Stoklasa 


VIII. Phosphatide. 215 


meist in organischer Verbindung vertreten, die Phosphatide, Phytine, 
Nukleoproteide spielen hier die Hauptrolle, in 1 g Wiesen-, Wald- oder 
Torfboden sind 18—34 mg Phosphatide enthalten. Bezüglich der ana- 
lytischen Bestimmung des Phytins begnügt man sich mit der Bestimmung 
des organisch gebundenen und anorganischen Phosphors im alkoholischen 
oder ätherischen Extrakt. Auf die Unsicherheiten bezüglich der Unter- 
scheidung von anorganischem und organischem Phosphor im Phytin 
hat kürzlich Egorof (Zur Kenntnis der Eigenschaften des Phytins, 
Biochemische Zeitschrift 42, 432, 1912) aufmerksam gemacht. 

Um zu prüfen, ob Samen und Keimpflanzen anorganische Phosphate 
zum Unterschied von jenem Phosphor, der in organischer Bindung vor- 
liegt, enthalten, schlagen Schulze und Castoro!) folgenden Weg 
ein: Das Verfahren gründet sich auf die Tatsache, daß Di- und Tri- 
kalziumphosphat in einer neutralen Lösung von Ammoniumzitrat lös- 
lich sind, und daß man die Phosphorsäure aus dieser Lösung durch 
Magnesiamixtur (Mischung von Chlormagnesium, Chlorammonium und 
Ammoniak) ausfällen kann. Ein abgewogenes Quantum der Samen 
(9—10 g) oder feingepulverten, lufttrockenen Keimpflanzen wird mit 
zirka 100 ccm 1 prozentiger Salzsäure 2 Stunden bei Zimmertemperatur 
behandelt, abfiltriert und das Filtrat mit Ammoniak und Chlorkalzium 
versetzt; der Niederschlag wird abfiltriert, ausgewaschen und dann mit 
50 ccm Ammoniumzitratlösung übergossen. Das Gemisch wird 24 Stunden 
bei Zimmertemperatur stehen gelassen, filtriert und das Filtrat mit 
Magnesiamixtur versetzt, um die von dem Zitrat gelöste Phosphor- 
säure als Ammoniummagnesiumphosphat zu fällen. Die mit Magnesia- 
mixtur bewirkte Fällung muß zur vollständigen Ausfällung mindestens 
zwei Tage stehen. Die Samen von Lupinus angustifolius, Lens esculenta, 
Vicia Faba, Zea Mays, Picea excelsa usw. lieferten nach diesem Verfahren 
keine Fällungen, nur bei Pinus Strobus wurde eine solche erhalten; in 
allen diesen Objekten findet sich also kein anorganischer Phosphor vor. 
Anders in etiolierten Keimpflanzen, wie in zwölftägigen Keimpflanzen 
von Lens esculenta, Vicia Faba und Zea Mays, die nach der Kultur bei 
60 ® getrocknet oder nach dem 24 stündigen Liegen an der Luft in ab- 
soluten Alkohol geworfen und dann über Schwefelsäure stehen gelassen 
waren. Vierwöchentliche Keimpflanzen von Vicia sativa lieferten so 
0,49% P,O,, zwölftägige von Lens esculenta 0,32 % P,O,; der daraus 
berechnete Phosphorsäuregehalt beträgt für die Samen der Wicke 1,17 %, 
für die der Lupinensamen 1,64 %, für die Samen der Ackerbohne 1,39 %. 
Wenn also bei der Aschenanalyse beträchtliche Mengen Phosphor sich 
in den grünen Keimpflanzen vorfinden, so sind diese auf phosphorhaltige 
Proteinstoffe, auf Phosphatide, Nukleoproteide usw. zu beziehen. 

Für die Phosphorsäurebestimmung in naß gewonnenen Aschen ist 
in erster Linie de Neumann sche Bestimmung wegen ihrer Einfach- 
heit und Genauigkeit auch bei geringen Mengen an Phosphor zu emp- 
fehlen. Die Phosphorsäure wird hier als Ammoniumphosphormolybdat 


gefällt und der ausgewaschene Niederschlag in überschüssiger > Natron- 


lauge gelöst, nach dem Wegkochen des Ammoniaks und völligem Er- 


1) E. Schulze und N. Castoro, Findet man in Pflanzensamen und 
in Keimpflanzen anorganische Phosphate ? Zeitschr. f. physiol. Chem. 41, 477 (1904). 


916 VIII. Phosphatide. 


kalten wird mit = Schwefelsäure zurücktitriert. Da ein Molekül Phosphor- 


säure des gelben Niederschlages bei dieser Behandlung zu seiner Neu- 
tralisation unter Anwendung von Phenolphthalein 56 Moleküle Natron- 
lauge erfordert, so entsprechen jedem verbrauchten Kubikzentimeter 


5 Natronlauge 1,268 mg P,O,. Wir brauchen also 50 prozentige Ammon- 


nitratlösung, 10 prozentige kalt gelöste und filtrierte Ammonmolybdat- 


lösung, z Natronlauge und . Schwefelsäure. Die Substanz wird im 


Säuregemisch verascht, wobei man darauf Rücksicht nimmt, daß nicht 
mehr als 40 ccm Säuregemisch verwendet werden. Nachdem die Ver- 
aschung beendet ist, werden 50 cem Ammonnitrat zugesetzt und auf 
70-80 ® erhitzt, bis eben Blasen aufsteigen, dann fügt man 40 ccm 
Ammonmolybdat dazu, schüttelt den entstandenen Niederschlag von 
phosphormolybdänsaurem Ammon etwa eine halbe Minute gründlich 
durcheinander, wodurch er sich körniger abscheidet, und läßt 15 Minuten 
stehen. Man dekantiert und filtriert durch ein kleines aschefreies Falten- 
filter, das mit eiskaltem Wasser benetzt wird, damit die Filterporen sich 
zusammenziehen und die Lösung klar filtriert. Man filtriert die klare 
Flüssigkeit durch entsprechendes Neigen des Kolbens, ohne den Nieder- 
schlag aufzurühren, so daß das Filter nur bis zu zwei Dritteln seines 
Volumens gefüllt ist, in einem Zuge durch. Man wäscht dann in eben- 
derselben Weise drei- bis viermal mit eiskaltem Wasser, indem man 
auch das Filterinnere vorher mit eiskaltem Wasser bespült. Das aus- 
gewaschene Filter gibt man zur Hauptmenge des Niederschlages in den 
Kolben zurück, fügt 150 ccm Wasser hinzu, zerteilt durch heftiges 
Schütteln das Filter durch die ganze Flüssigkeit und löst den gelben 


= . 5 R n 
Niederschlag, indem man aus einer Bürette gemessene Mengen „ Natron- 


lauge hinzufügt, unter beständigem Schütteln und ohne zu erwärmen 
eben zu einer farblosen Flüssigkeit auf. Dann wird noch ein Überschuß 


von 5—6 ccm 5 Natronlauge hinzugefügt und die Flüssigkeit etwa 


15 Minuten gekocht, bis mit den Wasserdämpfen kein feuchtes Lackmus- 
papier bläuendes Gas mehr entweicht. Nach Abkühlen unter der Wasser- 
leitung und eventuellem Auffüllen auf 150 cem wird die Flüssigkeit 
durch einige Tropfen Phenolphthalein stark gerötet und der Überschuß 


an Alkali mit „ Säure zurücktitriert. Die Anzahl der zugefügten Kubik- 
n ! 3 } 
zentimeter 5 Natronlauge abzüglich der verbrauchten Kubikzentimeter 


& Säure liefert, mit dem Faktor 1,268 multipliziert, die Menge P,O, in 


Milligrammen. 

Will man Phosphorsäure in der Glühasche bestimmen, so übergießt 
man diese in der Porzellanschale mit Salpetersäure, verdampft zur 
Trockene und wiederholt diesen Prozeß, um alle Kieselsäure unlöslich 
zu machen. Zum Filtrat wird in der Hitze unter Umrühren ein Über- 
schuß einer Lösung von molybdänsaurem Ammon in Salpetersäure 


IX. Die Enzyme. 21% 


gefügt, dann zirka ein Fünftel des Volumens an kalt gesättigter Ammon- 
nitratlösung und die Mischung 12 Stunden bei 70 ° gehalten. Die Flüssig- 
keit über dem Niederschlag wird durch ein mit Ammonnitrat befeuchtetes 
Filter gegossen, und wenn sie sich mit Molybdänlösung (80 g Ammonium- 
molybdat in 640 ccm H,O und 160 com NH, vom spezifischen Gewicht 
0,92 gelöst und unter Kühlung in 960 cem HNO, vom spezifischen Ge- 
wicht 1,2 und 240 ccm Wasser eingetragen, die Mischung nach 24 Stunden 
filtriert und in nur leicht verschlossenen Flaschen aufbewahrt) noch 
trübt, wieder zurückgegossen und mit mehr Molybdänlösung gefällt. 
Der Niederschlag aus dem Becherglase wird, möglichst ohne ihn aufs 
Filter zu bringen, ebenso wie der auf dem Filter befindliche Anteil, mit 
verdünnter Salpetersäure gewaschen, der ca. 5% Ammoniumnitrat 
zugesetzt ist, dann wird das Becherglas mit dem Niederschlag unter 
das Filter gestellt und der Niederschlag mit verdünntem, warmem 
Ammoniak quantitativ vom Filter gelöst, die ablaufende Flüssig- 
keit bringt auch den Niederschlag im Becherglas zur Lösung. Die 
Lösung wird jetzt, nach Neutralisieren des Ammoniaküberschusses durch 
Salzsäure, mit Magnesiamixtur versetzt (110g kristallisierten Magnesium- 
chlorids und 140 g Ammonchlorid werden in 1300 ccm Wasser gelöst, 
700 8 10 prozentiger Ammoniakflüssigkeit dazugefügt, einige Tage stehen- 
gelassen und von einem etwa entstandenen Niederschlag abfiltriert). 
Nach Fällen des Niederschlages setzt man noch ein Viertel des Volumens 
Ammoniak vom spezifischen Gewicht 0,96 hinzu und läßt 24 Stunden 
stehen. Der entstandene kristallinische Niederschlag besteht aus 
Magnesiumammoniumphosphat und ist derselbe, wie er bei der Be- 
stimmung der Magnesia durch Natriumammoniumphosphat entsteht. 
Er wird abfiltriert, gewaschen, getrocknet, geglüht und als Magnesia- 
pyrophosphat gewogen. 100 Teile Mg,P,;O, entsprechen 27,93 Teilen 
Phosphor, respektive 63,96 Teilen P,O,. Auf diese Weise bestimmt 
man also den Phosphor in der Asche und bezieht ihn, soweit es grüne 
Teile oder Samen anlangt, auf organische Phosphorverbindungen, da 
nach Schulze und Öastoro anorganische Phosphate in diesen 
Pflanzenteilen nicht vorhanden sind. 


IX. Die Enzyme. 


Die Enzyme oder Fermente spielen bei den Umsetzungen im 
Pflanzenkörper eine große Rolle, sie wirken als organische Katalysatoren, 
indem sie Vorgänge, welche sonst unendlich langsam vor sich gingen, 
zu beschleunigtem Ablauf bringen. Rein dargestellt ist bis heute noch 
kein Enzym, und so sind wir über die chemische Natur der Fermente 
gar nicht orientiert, wir können sie nur nach ihrer Wirkung beurteilen, 
und so handelt es sich beim Studium des Fermentes immer nur um 
Herstellung von Präparaten, welche die Wirkung des Fermentes be- 
sitzen. Wir müssen heute annehmen, daß die Organenzyme, sei es, 
daß sie extrazellulär an Orten wirken, die von ihrem Entstehungsort in 
der Zelle entfernt liegen, sei es, daß wir es mit intrazellulären Endo- 
enzymen zu tun haben, nicht jederzeit in aktiver Form vorliegen, sondern 
aus einer inaktiven Vorstufe durch ein anderes Ferment oder überhaupt 
irgendein Stoffwechselprodukt in Freiheit und Aktion gesetzt und nach 
Vollendung ihrer Wirksamkeit wieder in die inaktive Form übergeführt 


218 IX. Die Enzyme. 


werden. In der Fermentarbeit äußert sich die Lebenskraft des Proto- 
plasten, denn wiewohl die Enzyme an sich leblose Stoffwechselprodukte 
vorstellen, so überraschend intensiv und mannigfaltig sich auch ihre 
Wirkungsweise gestalten mag, so werden sie doch offenbar sinn- und 
zweckmäßig durch die Lebenskraft des Protoplasmas hervorgebracht 
und zur rechten Zeit in Aktivität versetzt. Diese ‚Lebenskraft‘ mag 
wohl nur in dem komplizierten Verwobensein von Permeabilitäts- 
verhältnissen der Plasmahaut, Oberflächenspannungsänderungen, Ver- 
teilung und Adsorption von Stoffen in dem komplexen System von 
Lipoiden, Eiweißkörpern, Wasser in der Plasmamembran beruhen, die 
sich fortwährend ändern und so die wechselnde Mannigfaltigkeit der 
untereinander zur Reaktion kommenden Stoffe bestimmen, wobei sich 
die Natur der Plasmamembran unter dem Einfluß äußerer und innerer 
Korrelationsverhältnisse fortwährend ändert, sie ist uns heute aber 
in ihren Details gänzlich unbekannt, tritt uns als einheitliche, und zwaı 
zwecktätige Kraftänderung jedes Organismus entgegen und wir können 
nur als mit einem gegebenen Faktor mit ihr rechnen. Daß die Lebens- 
kraft des Protoplasten nicht als Summe der Fermentwirkungen auf- 
gefaßt werden kann, zeigen uns die Erscheinungen in der Autolyse. 
Wenn wir das Leben eines pflanzlichen Organismus durch Mittel ab- 
töten, welche die ziemlich resistenten Enzyme intakt lassen, also etwa 
durch Plasmagifte, wie Chloroform, Toluol, Ather, oder am besten nach 
der Methode Palladins durch Abkühlen auf tiefe Temperaturen und 
Wiederauftauen, so macht sich die Fermentarbeit in ganz anderer Weise 
geltend als im lebenden Organismus. Während hier die Fermente har- 
monisch nacheinander arbeiten, so daß die Wirkung eines Fermentes 
an der Grenze seiner Wirkungssphäre durch die Arbeit eines nächsten 
abgelöst wird und das Endresultat uns als die Arbeitssumme einer 
Reihe von Enzymen erscheint, so daß sich also normalerweise kein 
Produkt anhäufen kann, sondern die Endprodukte schließlich den 
Körper in irgendeiner Form verlassen oder in ihm in inaktiver Form 
deponiert werden können, beginnt im Autolysengemisch des abgetöteten 
Organismus ein ‚„unkoordiniertes“ Spiel (Palladin) der Enzyme, in 
welchem alles abgebaut, alles niedergerissen wird; jedes Enzym sucht 
gewissermaßen möglichst viel seiner Wirkung zugänglichen Stoffes an 
sich zu reißen, um ihn zu zerstören. Demnach ist auch wohl zwischen 
„abgetötet‘ und ‚gestorben‘ zu unterscheiden: im ersteren Falle setzt 
nach Vernichtung der die Enzymarbeit regulierenden Lebenskraft des 
Protoplasten die unkoordinierte Arbeit der Enzyme ein, im letzteren ist 
diese mit jener erloschen. In einem anschaulichen Bilde vergleicht 
Palladin die Enzyme mit untergeordnetem Dienstpersonal, welches 
vom Protoplasten zur richtigen Zeit mit Arbeiten betraut und nach 
Beendigung der Arbeit wieder eingesperrt, in den inaktiven Zustand ver- 
setzt wird. Das koordinierte Zusammenarbeiten der Fermente ist nur 
als Ausschnitt eines das Leben der Organismen überhaupt beherrschen- 
den Gesetzes, der Metabiose, aufzufassen. So wie im Leben kein Stoff 
übrig bleiben darf, sondern jedes Endprodukt eines Stoffwechsel- 
vorganges von einem anderen Organismus >ls Arbeitsmaterial über- 
nommen werden muß, so daß jeder Stoff sich unablässig im Kreise be- 
wegt, bewegt durch eine aneinanderschließende Reihe differenter Orga- 
nismen, so bewegen auch im Einzelindividuum die vom Protoplasten 
aktivierten und regulierten Enzyme jeden in den Organismus ein- 


IX. Die Enzyme. 219 


gehenden ‘Stoff in Teilstadien des Auf- und Abbaues, bis er als End- 
produkt des Individualstoffwechsels den Körper verläßt, um im Orga- 
nismus eines anderen Lebewesens seine weitere Verwandlung zu er- 
fahren. 

Je nach ihrer Wirkung unterscheiden wir kohlehydratspaltende 
Fermente, wie Diastase, Invertase, Zymase, Emulsin, eiweißspaltende 
(proteolytische) Fermente, wie Pepsin, Trypsin, Lab, Papayotin, fett- 
spaltende Lipasen und Oxydationsfermente, welche, wie Oxygenase, 
Oxydase, Peroxydase, Katalase, zweifellos bei den oxybiotischen Vor- 
gängen eine große Rolle spielen. 

Zur Darstellung von Fermenten aus den sie produzierenden Organen 
kann man in zweierlei Weise vorgehen: entweder man extrahiert die 
Fermente aus den fein zerkleinerten Pflanzenteilen durch geeignete 
Lösungsmittel, oder man zertrümmert die Zellen vollständig, wie das 
zuerst Buchner bei der Hefe praktiziert hat, um die Zymase dar- 
zustellen, wobei die Hefezellen durch Kieselguhr vollkommen zerrieben 
und der Saft unter großem hydraulischem Druck durch Filter abgepreßt 
wurde. Es gibt Enzyme, die ohne Schwierigkeit durch Wasser, dem man 
nötigenfalls geeignete, das Ferment nicht schädigende Antiseptika, wie 
Chloroform oder Toluol, zufügt, extrahiert werden können, nämlich 
jene, die von den Zellen auch im natürlichen Zustande nach außen 
sezerniert werden, die Ektoenzyme, andere, die Endoenzyme, welche 
auch normalerweise nur innerhalb der Zelle wirken, niemals von dieser 
ausgeschieden werden, können auf diese Weise nicht, sondern nur durch 
vollständiges Zerreißen und Auspressen der Zellen gewonnen werden. 
Indessen handelt es sich bei höheren Pflanzen vornehmlich um Ekto- 
enzyme. Der Preßsaft wird am geeignetsten durch sterile Filter von 
porösem Ton, Asbest, Kieselguhr filtriert, wodurch auch gleichzeitig 
eine Scheidung von fremden festen Bestandteilen erreicht wird; in- 
dessen kann es auch vorkommen, daß einzelne Enzyme im Filter zurück- 
bleiben. Es ist vielfach beobachtet worden, daß nach dem Durchfiltrieren 
die enzymatische Kraft des Saftes geschwächt oder aufgehoben war. 
Bisweilen wendet man diese Methode mit Vorteil zur Trennung zweier 
Enzyme an, doch lassen sich hier bestimmte Vorschriften nicht geben. 
Die aus gebranntem Ton hergestellten Filterkerzen nach Chamber- 
land und die Ballonfilter nach Pukall müssen vor dem Gebrauch 
einer genauen Revision unterzogen werden, da sie oft kleinste Sprünge 
und Undichtigkeiten besitzen, die ein keimfreies Filtrieren ausschließen ; 
man taucht sie unter Wasser und verbindet sie mit einer Druckluft- 
pumpe, der kleinste Riß ist daran zu erkennen, daß beim Anblasen an 
der betreffenden Stelle Luftblasen auftreten. Man erhält diese Porzellan- 
filter im Handel in beliebiger Größe und kann den Preßsaft natürlich 
auch in graduierten. Gefäßen auffangen. Will man ein festes Enzym- 
präparat gewinnen, so fängt man den Preßsaft beim Filtrieren direkt 
in Litergefäßen auf, die zu drei Vierteln mit starkem Alkohol gefüllt 
sind, und saugt den weißen Niederschlag, der sich bildet, ab; die Nieder- 
schläge sammelt man auf einem Filter, wäscht sie mit Alkohol und Ather 
und trocknet sie im Exsikkator über Schwefelsäure. In trockenem 
Zustande sind die Fermentpräparate durchaus haltbar, besonders wenn 
sie, in evakuierte Gefäße eingeschlossen, vor Luft dauernd geschützt, in 
kühlem Raume aufbewahrt werden. In Lösungen ist die Haltbarkeit 
viel beschränkter und eine Aufbewahrung des unveränderten Prä- 


220 IX. Die Enzyme. 


parates ist nicht länger als vier Tage, bei Beachtung aller Kautelen 
höchstens drei Wochen möglich. Diese Kautelen bestehen vor allem in 
der genauen Beachtung der von dem betreffenden Enzym beanspruchten 
Reaktion des Mediums, im allgemeinen ist neutrale Reaktion am besten, 
eine leicht sauere jedenfalls viel eher angängig als eine alkalische, etwa 
derart, daß sehr empfindliches Lackmuspapier leicht gerötet wird, wie 
es das destillierte Wasser des Laboratoriums gewöhnlich von selbst 
tut. Ferner muß für Aufbewahrung im Eisschrank und für ein geeignetes 
Desinfektionsmittel gesorgt werden. Die besten sind Toluol oder Xylol, 
Chloroform und Thymol. Zu je 100 ccm der Lösung wird zirka 1 ccm 
Toluol zugegeben, einigemal umgeschüttelt und die Lösung bei Bedarf 
mit Pipetten entnommen. Von Chloroform nimmt man ebenfalls im 
Verhältnis 1: 100, bewahre aber in sehr gut verschlossener Flasche 
auf, weil sonst die oberen Schichten leicht an Chloroform verarmen ; 
Trübungen, welche sich mit der Zeit um die am Boden liegenden 
Chloroformtropfen bilden, bewirken keinen Verlust an wirksamen Stoffen; 
bei Entnahme von Flüssigkeit rühre man nicht auf, sondern schüttle 
erst nach Abpipettierung der gewünschten Menge wieder um. Thymol 
trägt man zerrieben in fester Form in die Flüssigkeit ein. 

Zur Isolierung der glykolytischen Enzyme, deren Ubiquität im 
Gewebe höherer Pflanzen Stoklasa wahrscheinlich gemacht hat, 
geht der genannte Autor folgendermaßen vor!): 5—6 kg junge, frische, 
keine Zersetzung durch Fäulnis aufweisende Pflanzensubstanz wird 
zerkleinert und der Saft daraus unter einem Drucke von 300—400 Atmo- 
sphären ausgepreßt. Dem so gewonnenen Safte wird ein Gemisch von 
Alkohol und Äther zugesetzt, worauf ein an Eiweißstoffen reicher Nieder- 
schlag zu Boden fällt. Diese Operation geschieht in einem hohen, steri- 
lisierten Zylinder. Auf 500 ccm des zellfreien Saftes kommen 600 ccm 
eines Gemisches von 400 cem Alkohol und 200 cem Äther. Nach einem 
Augenblicke setzt man Äther im Überschuß zu und hebert die oberhalb 
des Niederschlages aus Alkohol und Äther bestehende Flüssigkeit sofort 
ab. Nun wird neuerdings Äther aufgegossen und sodann sofort die 
überstehende Flüssigkeit abgehebert. Der ganze Vorgang der Fällung 
des Pflanzensaftes muß möglichst rasch vorgenommen werden, weil 
Alkohol und Äther bei längerer Berührung mit dem gefällten Enzym 
dessen Aktivität schwächen würden. Die Flüssigkeit wird daher nach 
dem Abhebern oder Abgießen sofort vollständig filtriert, was man durch 
Verwendung von feiner Kolierleinwand und Abpressen durch dieselbe 
am besten zustandebringt. Das so gewonnene Rohenzym wird in luft- 
verdünntem Raume über Schwefelsäure getrocknet. Mit 6—10 g dieses 
Enzyms wurden dann zur Prüfung seiner Wirksamkeit 50 ccm einer 
15 prozentigen Traubenzuckerlösung unter Zusatz von 0,5 K,PO, mit 
aseptischen Kautelen und unter Zusatz von Thymol zusammengebracht 
und dann der Verlust an Zucker sowie die gebildeten Produkte be- 
stimmt. 

Von den lipolytischen Enzymen der Pflanzen sind die Methoden 
der Darstellung und die Prüfungsverfahren für das fettspaltende Enzym 
der Rizinussamen ausgearbeitet, welches bekanntlich in der Technik 
der Seifenfabrikation Verwendung findet. Der geschälte oder auch 


!) J. Stoklasa, A. Ernest, K. Chocensky, Über die glykolytischen 
Enzyme im Pflanzenorganismus, Ztschr. f. phyeiol. Chem. 50, 303 (1907). 


IX. Die Enzyme. 221 


ungeschälte Rizinussamen wird in einer Mühle mit Wasser fein ver- 
mahlen; nachdem die Samenmilch eine Zentrifuge passiert hat, welche 
alle lipolytisch nicht wirksamen Bestandteile des Samens zurückhält, 
verläßt das Enzym als Emulsion den Apparat; die Emulsion ent- 
hält neben dem größten Teil des Rizinusöls, fein damit emulsioniert, 
die unlöslichen Eiweißstoffe des Plasmas, darunter auch die Lipase, 
während das Emulsionswasser alle wasserlöslichen Bestandteile, dar- 
unter auch das säurebildende Enzym, aufgenommen hat. Diese zentri- 
fugierte Fermentmilch wird nun bei zirka 24 ° C der Gärung überlassen, 
wobei sich die fermenthaltige Emulsion als dicker Schaum an der Ober- 
fläche des sauren Unterwassers absetzt und so leicht gewonnen werden 
kann. Die Lösung enthält außer der Lipase noch 38 %, Rizinusölsäure, 

4%, Eiweißkörper und andere feste Substanzen und 58 % Wasser!). Das 
Enzym wird am besten durch Essigsäure, Milchsäure oder Buttersäure 
aktiviert, wenn diese in nicht zu starkem Überschuß vorliegen; in diesem 
Falle sind hinlänglich Säuren zugegen, und zur Aktivierung braucht 
man nur für kleine Zusätze von Manganoxydulsulfat (0,15—0,5 g 
per 100 g Samenöl) zu sorgen. Das Ferment ist bei steriler, kühler Auf- 
bewahrung einige Zeit haltbar, indessen nimmt seine Wirksamkeit be- 
ständig ab: so wurde von der Rizinuslipase Leinöl noch nach 5 Tagen 
im Betrage von 75 % innerhalb 20 Stunden gespalten, nach 13 Tagen 
zu 74%, nach 26 zu 72%, nach 56 Tagen zu 67 %, nach 107 Tagen 
zu 55 % und nach 15 Monaten noch zu 44 %, also immerhin eine lang- 
dauernde Wirksamkeit. Iwanow?) zerrieb zur Gewinnung von Lipase 
trockene, unreife Ölsamen mit Sand und Glyzerin. Der dabei entstehende 
dieke Brei wurde während 24 Stunden digeriert, um die Fermente voll- 
kommen in Lösung zu bringen. Dann wurde der Glyzerinauszug ab- 
gepreßt und mit dem gleichen Volumen reiner Olsäure vermischt. Waren 
die Samen frisch und saftig, so war ein Zusatz von Wasser unnötig, 
sonst wurden stets I—2 ccm Wasser zu dem Sand-Glyzeringemisch 
zugefügt, wobei aber der Wassergehalt der Olsäure-Glyzerinmischung 
nie höher als auf S—-10 % stieg. Die Samen wurden stets im Stadium 
intensivster Olbildung gewählt. Die Mischung wurde nur umgerührt 
und nach Zusatz von 2—3 Tropfen 10 prozentigen Thymols ruhig stehen 
gelassen. 

Die in der Pflanzenzelle tätigen proteolytischen Fermente hat man 
sowohl im ruhenden Keim wie in gekeimten Samen untersucht. 
Aron und Klempin?°) schlugen folgenden Weg ein, um die Fermente 
aus Hafer zu isolieren: Geschroteter Hafer wurde 10—12 Stunden in 
der Kugelmühle in einem Gemisch gleicher Teile Wasser und Glyzerin 
gründlich zermahlen, der feste Rückstand in einer Filterpresse ab- 
gepreßt und das ablaufende Filtrat in hohen Zylindern durch Sedi- 
mentieren geklärt. Die darauf abgeheberte braungelbe Flüssigkeit 
wurde schließlich noch mehrmals filtriert. Der Glyzerinextrakt, welcher 
sich auch nach wochenlangem Aufbewahren im Eiskasten proteolytisch 


ı) E. Hoyer, Über fermentative Heuirpaluu Ztschr. f. physiol. Chem. 
50, 414 (1907). 

2) S. Iwanow, Über den Stoffwechsel beim Reifen ölhaltiger Samen usw., 
Beih. z. bot. Centr.-Bl. 28, 159 (1911). 

3) H. Aron und P. Klempin, Studien über die proteolytischen Enzyme 
usw., Bioch. Ztschr. 9, 163 (1908), nach M. Jacoby, in Abderhaldens 
Biochem. Arbeitsmethoden III, 1, 413. 


399 IX. Die Enzyme. 


wirksam erwies, wird am besten bei saurer, weniger gut bei neutraler, 
am schwächsten bei alkalischer Reaktion wirksam erhalten. 

Für die Fragen des Eiweißstoffwechsels bei höheren Pflanzen, 
bei deren Keimungsentwicklung proteolytische Enzyme an ‚der Arbeit 
sind, um aus den hochmolekularen Reserveproteinen die Bausteine zu 
schaffen und diese an Ort und Stelle wieder zu synthetisieren, schuf 
E. Schulze!) indirekte Fermentbestimmungsmethoden, bei denen nicht 
das Enzym, sondern das Produkt seiner Arbeit untersucht wurde, in- 
dem in Keimpflanzen oder Teilen von Keimpflanzen mit oder ohne 
Kotyledonen, nach dem Zerkleinern und Trocknen bei 60° auf die 
Menge der in ihnen enthaltenen Stiekstoffverbindungen geprüft und 
die Menge des Gesamt- und Eiweißstickstoffs, der mit Phosphorwolfram- 
säure fällbare Stickstoff und der Amidstickstoff bestimmt wurden. 
Auf diese Weise kann man die Art und Schnelligkeit des proteolytischen 
Zerfalles messen, wie aus folgender Tabelle Schulzes ersichtlich ist. 
Vom Gesamtstickstoff entfallen in Prozenten auf: 


Protein- Nichtproteinartige 


stoffe Verbindungen 
Lupinus luteus. 

Ungekeimte Samen . . . . .. 93,36 | 

6tägige Keimpflanzen . . . . 58,89 41,20 schneller 
1% 5 Ede) 81,61 ee 
DA 5; 2 5 RE 21S2IG 81,04 

Lupinus angustifolius. 

Ungekeimte Samen ee 492,89 zahl) 

3tägige Keimpflanzen . . . . 84,13 15,87 | 

4 = ” BERN ee se schneller 
12 > > ar 98.67 71.33 Eiweißzerfall 
1% = ee 228 77,67 
182% = NE: 712,22 

ZeaMays. 

Ungekeimte Samen 0 97895 2,05 

Stägige Keimpflanzen . . . . 95,82 4,18 1 

angsamer 

9 , „ . . . . 91,62 8,3 Ei ” 
12 : N 2 ag 14,70 | Fiweißzerfall 
672% Sn 2. ro 33,33 


In ungekeimten Samen wurden keine Aminosäuren, in 6—-7 tägigen 
Keimpflanzen 0,6% Aminosäuren gefunden. Butkewitsch?) geht 
so vor, daß er die gekeimten Samen bei 35—40 ® vortrocknet und die 
Trocknung mit Ätber vollendet; dann wird das Pulver mit Wasser und 
Thymol einige Zeit bei Brutschranktemperatur gehalten, während in 
einem Kontrollversuch die Wasseraufschwemmung des Pulvers gleich 
zum Sieden erhitzt wird. Die Produkte der Fermentspaltung werden 
dann nach Schulze untersucht. Weis?) isolierte das proteolytische 
Enzym aus gekeimter Gerste in folgender Weise: Das Material wurde 
zu einem dieken Brei zusammengequetscht und drei Teile des Malzes 
mit vier Teilen Wasser angerührt. Nach einigem Stehen und wieder- 
holtem Umrühren wird solange durch ein Faltenfilter gegossen, bis die 


') E. Schulze, Über den Umsatz der Eiweißstoffe in der lebenden Pflanze, 
Ztschr. f. physiol. Chem. 24, 18 (1898), 30, 241 (1900). 

:) W. Butkewitsch, Über das Vorkommen eines proteolytischen Enzyms 
in gekeimten Samen, Ztschr. f. physiol. Chem. 32, 1 (1901). 

») F. Weis, Über das proteolytische und ein eiweißkoagulierendes Enzym 
in keimender Gerste, Ztschr. f. physiol. Chem. 31, 79 (1900). 


IX. Die Enzyme. 223 


Flüssigkeit klar ist. Das Enzym ist in Lösung bei 0 ° eine Woche halt- 
bar. Seine Wirkung kann dadurch gezeigt werden, daß nach seiner 
Einwirkung auf Weizenglutin die mit Tannin nicht fällbaren Substanzen 
zunehmen. Vineshatals Reaktion auf proteolytische Pflanzenfermente 
die Eigentümlichkeit dieser benutzt, aus Eiweiß Tryptophan abzuspalten. 
Abderhalden!) hat mit Schittenhelm undDammhahn 
peptolytische Fermente in keimenden Samen nachgewiesen: Der Preß- 
saft des ungekeimten Samens erweist sich unwirksam und wird erst 
nach längerem Stehen bei 37 0 C aktiv. Die Lupinen-, Weizen-, Mais- 
und Gerstensamen wurden vor ihrer Verwendung mit 4 prozentiger 
Borsäurelösung gewaschen, mit Quarzsand zu einem feinen Brei zerrieben 
und dann so viel Quarzsand dazugefügt, bis das Ganze einen dicken 
Kuchen bildete, der nun im Koliertuch zunächst bei einem Drucke 
von 150, später unter einem solchen von 300 Atmosphären ausgepreßt 
wurde. 

Zum qualitativen Nachweis der Diastase:) geht man in folgender 
Weise vor: Eine etwa 1 prozentige Lösung von Stärke, welche durch 
Kochen hergestellt ist, wird bei angenähert neutraler Reaktion mit 
etwas von der Fermentlösung bei Zimmertemperatur oder, wenn man 
die Reaktion beschleunigen will, bei 37 ° C versetzt. Entnimmt man in 
Abständen von einigen Minuten Proben, so färben sie sich, mit einigen 
Tropfen 50 fach verdünnter Lu golscher Lösung versetzt, nicht mehr 
rein blau, sondern der Reihe nach die zunächst entnommene Probe 
violett, die späteren rot, gelbbraun, schließlich gar nicht mehr bis auf die 
ursprüngliche hellgelbe Jodfarbe, während die Reduktion gegenüber 
Fehlings Lösung sofort beim Aufkochen mit derselben eintritt. 
Invertase: Die Fermentlösung wird bei neutraler oder ganz schwach 
saurer Reaktion mit einer 5 prozentigen Lösung von Rohrzucker ver- 
setzt und nach ganz kurzer oder bei etwas längerer Einwirkung, wenn 
nur sehr verdünnte Fermentlösungen vorliegen, die unmittelbare Re- 
duktion von Fehlings Lösung wahrgenommen. Bei langem Stehen 
oder langem Kochen verwandelt sich, besonders in alkalischer Lösung, 
der Rohrzucker von selbst zum kleinen Teil in Invertzucker, daher 
können nur kräftige Reduktionswirkungen nach kurzem Kochen als 
Resultat der Enzymwirkung betrachtet werden. Zymase läßt sich 
am besten durch ihre Einwirkung auf Traubenzucker erkennen. Man 
füllt den längeren Schenkel eines Gärkölbehens mit einem Gemisch 
von einem Teil 50 prozentiger Traubenzuckerlösung und zwei Teilen 
der Fermentlösung, so daß keine Luftblase mit eingeschlossen ist 
und beobachtet kürzere oder längere Zeit, daß der Schenkel sich 
mit Kohlendioyxd füllt. Nur ganz frische Preßsäfte sind gärkräftig, 
ältere lassen sich aber, nachdem sie inaktiv geworden sind, leicht durch 
Zusatz von frischem, gekochtem Preßsaft reaktivieren. Emulsin 
wird durch Eintragen in eine frische Aufschwemmung von Amygdalin 
erkannt, in der es Blausäuregeruch hervorruft. Pepsin läßt sich am 


1) E. Abderhalden und A. Schitttenhelm, Die Wirkung der proteo- 
lytischen Fermente keimender Samen des Weizens und der Lupinen, Ztschr. f. 
physiol. Chem. 49, 26 (1906); E. Abderhalden und Dammhahn, Uber den 
Gehalt ungekeimter und gekeimter Samen verschiedener Pflanzenarten an pepto- 
lytischen Fermenten, ebendas. 57, 332 (1908). 

®) Nach L. Michaelis in Abderhaldens Biochem. Arbeitsmethoden III, 
1, Seite 16. 


224 IX. Die Enzyme. 


besten mittels der M. Jacobyschen Probe erkennen, welche darauf 
beruht, daß ein in den Rizinussamen enthaltener Eiweißkörper bei der 
für die Pepsinverdauung erforderlichen sauren Reaktion unlöslich ist, 
und daß die feinen Flocken, welche er bildet, durch Pepsin rasch gelöst 
werden. Das bekannte Toxin der Rizinussamen, das Rizin, steht in 
keiner Beziehung zu diesem Eiweißkörper, weshalb die reinen, fast eiweiß- 
freien Merckschen Rizinpräparate für diese Probe nicht zu brauchen 
sind, sondern nur das bei der A.-G. Chemische Werke, Charlottenburg, 
käufliche ‚„‚Rizin nach Jacoby“. 2 g dieses Pulvers werden in 50 cem 
3 prozentiger Kochsalzlösung getan, einige Minuten stark durchgeschüttelt, 
das Gemisch für eine Stunde in ein lauwarmes Wasserbad cn und 
dann abfiltriert. Von =“ völlig klaren Filtrat wird je 1 Volumteil 


mit 1, bis 1% Volumteil 7, . Salzsäure versetzt; die entstehende Trübung 


setzt sich bald in feinen Flocken ab; es muß solange Salzsäure zugegeben 
werden, bis eine kräftige Trübung entstanden ist, ein Salzsäureüberschuß 
ist aber zu vermeiden, da sich die Trübung darin wieder löst. Dieses 
Reagens hält sich mehrere Tage. Nun versetzt man 5 ccm der gut durch- 
geschüttelten Rizinaufschwemmung mit 1 ccm der Pepsinlösung; schon 
bei Zimmertemperatur, noch schneller bei 37 °, tritt eine Aufhellung und 
schließlich vollständige Klärung der Flüssigkeit ein und mit dieser sehr 
empfindlichen Probe, bei welcher nur sorgfältig auf die Zugabe der 
eben richtigen Salzsäuremenge geachtet werden muß, können auch die 
geringsten Spuren Pepsin nachgewiesen werden. 

Huld und Levison weisen Pepsin mittels Edestins nach, 
welches in saurer Lösung löslich, in alkalischer unlöslich ist. Man kann 
es aus der sauren Lösung durch Alkalien oder besser durch festes Koch- 


salz ausfällen. Man stellt eine 1 promillige Edestinlösung in 55 Salz- 


säure her und verfährt im übrigen wie bei der Rizinmethode. Nachdem 
das Gläschen etwa eine halbe Stunde mit Pepsin versetzt im Wasser- 
bade gestanden hat, versetzt man eine entnommene Probe mit festem 
Kochsalz; noch vorhandenes Edestin wird ausgefällt; die Pepsinwirkung 
äußert sich also im Ausbleiben der Fällung durch Chlornatrium. Lab - 
ferment erkennt man durch seine Kasein ausfällende Wirkung. 
Gewöhnliche rohe oder gekochte Milch wird mit 9 Teilen Wasser ver- 
dünnt und mit 1 cem 10 prozentiger CaCl,-Lösung auf 100 ccm der 
verdünnten Milch versetzt, wobei keine Ausfällung entstehen darf. 
Die Fermentlösung wird bei saurer Reaktion durch Soda, bei alkalischer 
durch verdünnte Essigsäure genauestens neutralisiert und dann mit 
der Milchverdünnung zusammengebracht. Es entsteht nach kürzerer 
oder längerer Zeit (Minuten bis Stunden) plötzlich eine Ausfällung des 
Milchkaseins, welches das emulgierte Fett mitreißt, so daß die ganze 
Flüssigkeit klar ist. Man muß sich sehr hüten, auch nur Spuren freier 
Säure in das Reaktionsgemisch zu bringen, weil diese durch Kasein- 
fällung Täuschungen herbeiführen können. 

Zum Nachweis von TrypsineignetsichdeKaseinmethode 
von L. Michaelis: 0,1g Kasein wird in wenig Wasser mit 10 Tropfen 
10 prozentiger Sodalösung unter Erwärmen gelöst und mit destilliertem 
Wasser auf 200 ccm aufgefüllt. Hiervon werden etwa 5 ccm mit 1 cem 
der Fermentlösung, welche möglichst klar sein muß, versetzt, ins Wasser- 
bad von 37 ° gestellt und von fünf zu fünf Minuten Proben mit einer 


IX. Die Enzyme. 225 


kleinen Pipette entnommen. Diese werden mit Essigsäure versetzt: 
fällt kein Kasein mehr aus, so hat das Trypsin gewirkt, es kommt aber 
auch hier sehr darauf an, daß man die richtige Menge Essigsäure zu- 
setzt, weil Kasein in einem Überschuß der Säure wieder löslich ist. 
Mit einer hergestellten Y, prozentigen Essigsäure ermittelt man, wie- 
viel Tropfen man zu dem frisch bereiteten Kasein-Fermentgemisch, 
in dem das Trypsin noch nicht gewirkt hat, zugeben muß, um eine 
gute Fällung zu erreichen, und gibt dann im eigentlichen Versuch die 
Säure diesem Vorversuch entsprechend zu. Die Methode ist äußerst 
empfindlich und so rasch durchzuführen, daß der Zusatz eines Des- 
infektionsmittels unnötig ist. Allerdings kann man hier Trypsin nicht 
von Erepsin unterscheiden, welches Kasein ebenfalls verdaut. Nach 
E. Abderhalden führt man den Nachweis tryptischer Fermente 
sehr scharf durch Spaltung geeigrieter Polypeptide, wobei der Eintritt der 
Spaltung durch das Auskristallisieren schwer löslicher Aminosäuren oder 
durch Drehungsänderung im Polarisationsrohr angezeigt wird. Glyzyl-l- 
tyrosin ist bei Beobachtung der Aminosäuren-Ausscheidung sehr ge- 
eignet: 5 ccm der auf Ferment zu prüfenden Lösung bringt man mit 
0,2 g Glyzyl-l-tyrosin und 2 Tropfen Toluol für mehrere Stunden in 
den Brutschrank; es tritt eine Trübung auf, die nach einiger Zeit zur 
Abscheidung der charakteristischen, unter dem Mikroskop leicht er- 
kennbaren Kristalle von Tyrosin führt. Papayotin kann durch 
seine Wirkung auf Serum oder Eieralbumin nachgewiesen werden. Zu 
der Fermentlösung wird ein wenig dreifach verdünntes Blutserum oder 
Eieralbumin bei schwach essigsaurer Reaktion in eine Eprouvette ge- 
tan und das Ganze sofort aufgekocht, vom koagulierten Eiweiß ab- 
filtriert und mit dem Filtrat die Biuretreaktion angestellt. Bei Gegen- 
wart von Papayotin gibt das Filtrat noch in starker Verdünnung eine 
sehr intensive rote Biuretreaktion.e Lipase wird auf die Emulsion 
eines Neutralfettes einwirken gelassen und an dem Auftreten freier 
Fettsäuren erkannt. Es gibt Lipasen, die nur bei sehr deutlich saurer 
Reaktion (2% Essigsäure) wirken, andere nur bei neutraler oder al- 
kalischer Reaktion. Zur Sicherheit wird man drei entsprechende Parallel- 
proben anstellen. Besonders geeignet statt des Neutralfettes ist Lezithin, 
welches ebenfalls von den Lipasen zerlegt wird, deswegen, weil es mit 
den Lipasen sehr gleichmäßige, haltbare Emulsionen gibt, wenn eine 
abgewogene Menge des käuflichen Lezithins mit der 50 fachen Menge 
destillierten Wassers einige Stunden geschüttelt worden ist. Eine ab- 
gemessene Probe der Mischung wird zunächst mit dem gleichen Volumen 
absoluten Alkohols versetzt, um die von vornherein darin befindlichen 
n 
10 
gegen Phenolphthalein bis zur Neutralität titriert. Nach der Versuchs- 
zeit wird diese Titration nach Alkoholzusatz wiederholt und so die 
Bildung freier Fettsäuren durch die Lipase festgestellt. Eventuell kann 
ein unwirksam gewordenes Präparat durch Zusatz von Manganosulfat 
aktiviert werden (man verwendet auf zirka 10 ccm Ölemulsion 5 ccm 
einer Lösung von MnSO, 4: 1000). Als Desinfiziens kann Chloralhydrat 
dienen. 

QuantitativeBestimmung: Es kann sich bei der quan- 
titativen Bestimmung von Fermenten niemals um absolute, sondern 
immer nur um relative Werte von Vergleichsproben handeln, ferner 

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 15 


freien Fettsäuren in Lösung zu bringen, und dann mit Kalilauge 


296 IX. Die Enzyme. 


niemals um die Feststellung von Quantitäten, sondern immer nur um 
Bestimmung der Wirkungsgeschwindigkeit. Nun ist die 
Geschwindigkeit der Reaktion bei einzelnen Fermenten, z. B. beim 
Invertin, die einer monomolekularen Reaktion entsprechende, d. h. in 
jedem Zeitteilchen wird vom Substrat eine der Fermentkonzentration 
proportionale Menge umgesetzt, ohne daß sie mit der Konzentration 
des Substrates variiert; hier wird, vorausgesetzt, daß die Konzentration 
der Rohrzuckerlösung nicht allzusehr von einem Mittelwert abweicht, im 
Anfang der Reaktion bis zur Erreichung etwa des fünften Teiles des 
Umsatzes, pro Minute eine Zuckermenge umgesetzt, die der Ferment- 
menge einfach proportional und von der Rohrzuckermenge fast unab- 
hängig ist. Eine Fermentlösung, die pro Minute bei 18 ° im Anfang der 
Reaktion 2 x Millimole Zucker invertiert, ist dann doppelt so stark wie 
eine, welche unter denselben Bedingungen nur x Millimole umsetzt. 
Dasselbe gilt auch für die Maltase. In den meisten Fällen aber sind die 
Beziehungen zwischen Fermentmenge und Reaktionsgeschwindigkeit 
viel komplizierter, die Umsatzgeschwindigkeit auch zu Beginn des Ver- 
suches schon ungleichförmig, so daß eine so einfache Proportionalität 
hier nicht gilt. Man kann nun hier so vorgehen, daß man die Zeiten mit- 
einander vergleicht, die zur Erreichung eines bestimmten Umsatzes 
erforderlich sind. Wenn eine bestimmte Fermentlösung in einer ganz 
bestimmten Substratlösung in 10 Minuten die Menge a des Substrates 
spaltet, wobei eine zweite Fermentlösung dazu 20 Minuten braucht, 
so schließen wir daraus, daß die erste Fermentlösung eine doppelt so 
große Konzentration des Katalysators enthält wie die zweite; vermag 
aber die zweite Fermentlösung in 10 Minuten 2 a Substrat umzusetzen, 
die erste in derselben Zeit nur a, so folgt daraus nicht, daß die zweite 
Lösung doppelt so viel Ferment enthält. Wir können ferner selbst die 
Fermentlösung in Serien so verdünnen, daß die verdünnten Proben 
in einer passend gewählten Versuchszeit denselben Effekt hervorbringen 
wie eine als Standardlösung zu verwendende Fermentlösung. Ist eine 
solche Lösung der Serie z. B. gegenüber der Testlösung zehnfach ver- 
dünnt und bewirkt sie zu jeder beliebigen Zeit denselben Effekt wie 
diese, so enthält die zu prüfende Lösung zehnmal so viel Ferment wie 
die Testlösung. Ausdenverschiedenen Umsätzen zweier Ferment- 
lösungen in einer gegebenen Zeit können wir keine quantitativen 
Schlüsse auf die Fermentmenge ziehen, wir können nur sagen, daß die 
langsamer wirkende Lösung weniger Ferment enthält als die schneller 
wirkende. 

Um die quantitative Wirkung eines Enzyms festzustellen, wird man 
folgendermaßen vorgehen: Als Einheit wird irgendeine Konzentration 
des betreffenden Fermentes als Testlösung hergestellt und die zu unter- 
suchende Fermentlösung durch Probieren soweit verdünnt, daß sie 
genau die Wirksamkeit der Standardlösung besitzt. Dann muß die 
Fermentmenge, vorausgesetzt, daß die gleiche Wirkung auch in einem 
sonst in bezug auf Temperatur, Reaktion des Substrates usw. völlig 
gleichen Medium erzielt wurde, in beiden Lösungen dieselbe sein, und 
sie läßt sich in Relation zu dem gespaltenen Stoff stellen. Es muß nur 
der Punkt genau festgestellt werden können, bei dem sich irgendein 
beliebiges, aber bestimmtes Maß des Umsatzes vollzogen hat, so wenn 
2. B. bei Invertin in einer 5 prozentigen Rohrzuckerlösung gerade eine 
Verminderung des Drehungswinkels im Polarisationsrohr um 1° ein- 


IX. Die Enzyme. 227 


getreten ist oder wenn bei Zymase gerade eine bestimmte Menge Kohlen- 
dioxyd gebildet ist, das man durch Auffangen in einem mit dem Gär- 
kölbehen verbundenen Natronkalkrohr bestimmt, bei Pepsin gerade 
eine vollständige Aufhellung des Rizins oder Edestins eingetreten ist, 
bei Trypsin, wenn das Kasein gerade verschwunden ist, usw. 

Es sei als Beispiel die quantitative Bestimmung des diastatischen 
Ferments nach J. Wohlgemuth!) vorangestellt: Die dazu notwendigen 
Reagenzlösungen sind 1. eine 1 prozentige Stärkelösung aus löslicher 
n 
10 
fortlaufend numerierten Reagenzgläsern wird mit absteigenden Mengen 
der zu untersuchenden Fermentlösung beschickt, so daß in das erste 
Gläschen 1 ccm, in das zweite 0,5 cem, in das dritte 0,25 ccm, in das 
vierte 0,125 ccm usw. kommen, und zu jedem Gläschen 5 ccm 1 prozentige 
Stärkelösung dazugefügt. Jedes Röhrchen wird sofort, nachdem es die 
Stärkelösung erhalten hat, in ein Gefäß mit Eiswasser gebracht, in dem 
sich ein Drahtkorb zur Aufnahme der Gläschen befindet. Diese Ab- 
kühlung bezweckt, vorläufig jede Fermentwirkung hintanzuhalten. Dann 
wird der Drahtkorb mit sämtlichen Gläsern in ein Wasserbad von 38 
bis 40 ° übertragen und 30 Minuten bis 1 Stunde bei dieser Temperatur 
belassen. Darauf kommen sämtliche Gläschen wieder für kurze Zeit 
in das Eiswasser, damit die Fermentwirkung in allen gleichzeitig unter- 
brochen werde; sie werden dann etwa bis fingerbreit vom Rande mit 


Stärke in destilliertem Wasser, 2. eine 


Jodlösung. Eine Reihe von 


gewöhnlichem Wasser aufgefüllt und schließlich mit . Jodlösung in 


geringem Überschuß versetzt. Dabei treten verschiedene Färbungen 
auf, wie dunkelblau, blauviolett, rotgelb und gelb. Diejenigen Gläschen 
welche eine gelbe oder rotgelbe Farbe aufweisen, enthalten kein höheres 
Abbauprodukt der Stärke als Erythrodextrin oder Achroodextrin; die 
mit blauvioletter Farbe enthalten ein Gemisch von Stärke und 
Erythrodextrin, die mit dunkelblauer Farbe vorwiegend unveränderte 
Stärke. 

Als unterste Grenze der Wirksamkeit (limes) gilt dasjenige Gläschen, 
in welchem zuerst die blaue Farbe erkennbar ist; meist hat dieses Gläschen 
eine violette Farbe. mitunter begegnet man aber auch Röhrchen, bei 
denen neben einem starken roten Ton ein blauer kaum oder äußerst 
schwach zu erkennen ist. In diesen Fällen, in welchen man also schwankt, 
welches Röhrchen als limes anzusetzen wäre, fügt man am besten noch 
einen Tropfen Jodlösung hinzu und beobachtet nun beim Umschütteln. 
ob der blaue Farbenton bestehen bleibt oder in Rotbraun übergeht. 
Im ersteren Falle wird dieses Röhrchen schon als unterste Grenze an- 
zusehen sein, im anderen dagegen erst das nächstfolgende. Aus der 
vor dem limes-Röhrchen stehenden Portion wird dann die Ferment- 
wirkung so berechnet, daß man die Anzahl Kubikzentimeter einer 
l prozentigen Stärkelösung bestimmt, die durch 1 ccm der untersuchten 
Fermentlösung in der gleichen Zeit bis zum Dextrin abgebaut wird. 
Hat man beispielsweise den Versuch auf 30 Minuten bei einer Temperatur 
von 38 ° ausgedehnt und gefunden, daß 0,05 ccm der Fermentlösung 
gerade noch genügten, um 5 cem Stärkelösung vollkommen bis zu Dextrin 


1) J. Wohlgemuth, Über eine neue Methode zur quantitativen Bestimmung 
des diastatischen Ferments Bioch. Ztschr. 9, 1 (1908). 
19* 


298 IX. Die Enzyme. 


x 38 1 
abzubauen, so würde sich daraus für 1 ccm berechnen D mE 5 
30 } 


— 100, wobei unter D die diastatische Kraft für 1 ccm der Enzymlösung 
verstanden wird. Dauert der Versuch längere Zeit, so muß man einen 
Tropfen Toluol als Desinfiziens zufügen. Indessen hat Wohlgemuth 
die Methode so verfeinert, daß man auch bei sehr geringen Diastasen- 
mengen mit einer Versuchsdauer von 30—60 Minuten auskommt; man 
verwendet dann statt der 1 prozentigen Stärkelösung eine nur 1 promillige 
und setzt von dieser nur 2 ccm zu jedem Gläschen hinzu; dann kommen 
die Gläschen in ein Wasserbad von 38—40 °, werden nach 30, respektive 
60 Minuten herausgenommen, abgekühlt und nun nicht mit Wasser 
aufgefüllt, sondern sofort mit Jod versetzt, wozu man sich hier ebenfalls 


n { n 2 
nicht einer 10° sondern einer 50 Jodlösung bedient. Man verwendet 


am besten Preßsäfte des betreffenden Organs. 

Wollen wir eine bestimmte Lösung auf ihren Gehalt an Pepsin 
untersuchen, gehen wir folgendermaßen vor!): Man stellt in der vor- 
her beschriebenen Weise eine saure Rizinaufschwemmung her. Ferner 
werden 0,2 g käufliches Pepsin in 100 ccm Wasser gelöst und in einem 
Vorversuch ausprobiert, wieviel Kubikzentimeter nötig sind, um 5 cem 
der Rizinaufschwemmung im Wasserbad von 38 °in einer zur Beobachtung 
geeigneten Zeit aufzuhellen. Angenommen, daß 1 ccm unserer Pepsin- 
lösung diese Aufhellung gerade in 25 Minuten zustande bringe, während 
0,9 cem dies nicht vollkommen tun. Darauf stellt man von der zu 
untersuchenden Pepsinlösung Verdünnungen in folgender Weise her: 
8 Eprouvetten werden mit je 1 ccm destillierten Wassers gefüllt; man 
nimmt eine trockene Pipette von 1 cem Inhalt, entnimmt der un- 
bekannten Fermentlösung 1 cem und gibt ihn in das erste Röhrchen, 
wobei man gut vermischt, indem man mit derselben Pipette einigemal 
aufzieht und wieder ausbläst. Dann entnimmt man mit derselben 
Pipette 1 ccm der Mischung und überträgt ihn in die zweite Eprouvette; 
man mischt wieder, überträgt von der Mischung wieder 1 cem in das 
dritte Röhrchen, und fährt so mit derselben Pipette bis zum achten 
Röhrchen fort. Nun setzt man zu jedem der Röhrchen je 5 cem der 
Rizinaufschwemmung mit einer die entsprechende Menge enthaltenden 
Meßpipette, indem man sukzessive aus ihr je 5 ccm abläßt; dieses Ein- 
füllen soll möglichst rasch und in einem mit Eiswasser gefüllten Topf 
vorgenommen werden. Man notiert dann die Zeit und setzt alle Röhrchen 
auf einem Gestell in ein Wasserbad, dessen Temperatur möglichst genau 
auf 38 ° C gehalten wird. Die Zeit, innerhalb welcher sich die einzelnen 
Rizinproben gerade aufhellen, wird notiert, dasjenige Röhrchen, welches 
dazu 25 Minuten braucht, ist von derselben Enzymkonzentration wie 
die Testlösung, die als willkürliche Einheit angenommen war. Es sei 
in unserem Versuche z. B. das dritte Röhrchen der Reihe mit der Ver- 
dünnung 1:8. Dann ist die ursprünglich zu prüfende Fermentlösung 
achtmal so stark wie eine Lösung von 0,2 g des angewendeten Test- 
präparates in 100 ccm Wasser, entspricht also einer Lösung von 1,6 g 
des Testpepsins in 100 ccm Wasser. Hier erkennt man den gewünschten 
Endpunkt der Enzymreaktion, die Aufhellung, direkt, bei anderen 
Methoden, z. B. der Trypsinbestimmung mittels der Kaolinmethode, 


1) Nach L. Michaelis, ]. c. Seite 28, 


IX. Die Enzyme. 229 


entnimmt man mit einer Pipette von Zeit zu Zeit kleine Proben und 
setzt das geeignete Reagens, in diesem Falle also stark verdünnte Essig- 
säure, zu. Das wichtige Postulat, das Volumen der einzelnen Röhrchen 
stets gleichzuhalten, ist hier erfüllt. Die einzelnen Röhrchen der Ver- 
suchsreihe unterscheiden sich derart, daß jedes folgende die Hälfte des 
Enzyms im Vergleich zum vorhergehenden enthält. Ein Irrtum um 
ein Röhrchen ergibt also einen Fehler um die Hälfte des Gesamtwertes; 
nimmt man z. B. das Röhrchen 3 mit der Testlösung als identisch an, 
so ergibt sich ein Fermentgehalt von einem Achtel der Testlösung, nimmt 
man das 4. Röhrchen als identisch an, eine solcher von !/,, der Test- 
lösung. Will man feinere Abstufungen machen, so ist auch das möglich, 
nur muß auch dann die Reihe in geometrischer Progression geordnet 
sein, wenn der Abstand zwischen zwei Röhrchen die gleiche Bedeutung 
haben soll. Michaelis ordnet beispielsweise die Verdünnung nach 
folgenden Potenzen: 


nach 
Potenzen 
von 
1/9, erhält man die Reihe: n „ie in HER See nee 
2/3, a n4 R „2 1, 28, %, . 3/er, 81... . zesp. 1, 0,67, 044702307.0202 
2/4, 3 A a te 27/94, FE en 0,75, 0,56, 0.42, 0,32 . 


In Ausführung der letzten Reihe z. B. gibt man in das erste Röhrchen 
von der Fermentlösung 1 ccm, kein Wasser; ins zweite 0,75 ccm Ferment- 
lösung + 0,25 ccm Wasser; ins dritte 0,56 ccm Fermentlösung + 
0,44 ccm Wasser usf. 

Man beginnt zunächst mit einer gröberen Reihe und schreitet dann 
zu immer feineren Abstufungen fort, solange es die Empfindlichkeit der 
Methode, d. h. die scharfe Erkennung des Endproduktes der Reaktion 
gestattet. Ich entnehme aus der Abhandlung von Michaelis ferner 
die folgende Tabelle, welche die ersten Glieder verschiedener geometrischer 
Reihen enthält. Jede Horizontalreihe ist eine solche geometrische Reihe, 
welche die verschiedenen Potenzen der dazu gehörigen Zahl der linken 
Kolonnen enthält. 


| Ote | 1te | 2te | 3te | 4te | Ste | 6te | Tte |StePotenz 


1,00 | 0,500 | 0,250 | 0,125 | 0,0625 | 0,0312 | 0,0156 _0,00786 


0,5 | 0,00393 
0,6 | 1,00 | 0,600 | 0,360 | 0,216 | 0,130 0,0778 0,0467 | 0,0280 | 0,0170 
0,7] 1,00 | 0,700 | 0,490 | 0,343 | 0,240 0,168 |0,118 | 0,0824 | 0,0576 
> 1,00 | 0,800 | 0,640 | 0,512 | 0,410 | 0,328 | 0,262 , 0,210 | 0,168 


1,00 | 0,900 | 0,810 | 0,729 | 0,656 0.590 0,531 | 0,478 | 0,430 


Runde Zahlen erhält man, wenn man jedes Glied mit einem be- 
stimmten Faktor multipliziert; so wird aus der ersten Horizontalreihe 
durch Multiplikation mit 5 die Reihe 5,000, 2,500, 1,2500 usw., der 
relative Abstand der einzelnen Glieder bleibt dabei natürlich derselbe; 
gewöhnlich wird man nur zweistellige Zahlen verwenden. Fuld geht 
nun von dem Prinzip aus, wenn man die stärkste Verdünnung mit 1 
bezeichnet, in der Reihe so aufzusteigen, daß man auf jeden Fall zu 
dem zehnfachen Multiplum gelangt, und zwar ebenfalls mit Hilfe der 
geometrischen Reihen. Will man die Reihe von der Verdünnung 10 
bis 1 in zehn Glieder teilen, so benutzt man eine geometrische Reihe 


mit dem Exponenten Yıo, will man sie in vier Glieder teilen, eine solche 


mit dem Exponenten /10 usw. Folgende Tabelle von Fuld gibt eine 
solche Reihe, berechnet auf eine Dezimale, wieder: 


230 IX. Die Enzyme. 


10 Glieder 9 Glieder 8 Glieder 7 Glieder 6 Glieder 5 Glieder 4 Glieder 3 Glieder 2 Glieder 
1,0 1,0 1,0 1,0 1,0 1,055 
2,1 32 10,0 
4,6 10,0 
0,0 


“ 
- 


wo 


SPD» 
SOWOoOouUno 


“ 
w 
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1 


“ 


SNOSOPVDDHH 
SION X m -1U © 


w 


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“ 


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“ 


w 


SUuUnmwm m © 


“ 


SOInPWD ee 


jr 


w 
“ 


ei 


w 


Will man eine Fermentwirkung im Ablauf ständig kontrollieren, 
so kann man die chemische Methode benutzen, indem man dem Ge- 
misch von Substanz und Fermentlösung in bestimmten Zeitintervallen 
Proben entnimmt und diese analysiert, oder man stellt eine ganze Reihe 
der Gemische her und entnimmt nach Ablauf der Intervallszeiten der 
Reihe je eine Röhrchen, indem man den Ablauf der Fermentwirkung 
unterbricht. Ein solcher Versuch sei hier bezüglich der Katalasewirkung, 
die später erst besprochen werden soll, nach Grafe und Lins- 
bauer angeführt: Zahl der benutzten Keimlinge 3, Länge derselben 
S em, Länge der extrahierten Hypokotylteile 5 cm. Die Pflanzenteile 
wurden in der Achatreibschale unter Zufügung von Chloroformwasser 
zerrieben und dem filtrierten Extrakt 50 ccm entsprechend verdünnten 
Perhydrols zugefügt, von dem Filtrat in bestimmten Zeitintervallen 
je 10 cem abpipettiert und hier erst die Katalase durch Zusatz einer 
bestimmten Menge konzentrierter Salzsäure vernichtet. Dem Stengel- 
brei, dessen Herstellung !/, Minute erforderte, wurden nach dieser 
Zeit 5 cam Chloroformwasser zugefügt und die Substanz filtriert. Zum 
Filtrat wurden nach weiteren 2 Minuten 50ccm H,O, (5cem H,O, ver- 
brauchten 7,2 ccm Na,S,0,) zugesetzt. Alle fünf Minuten wurden je 
10 ccm abpipettiert, die Katalasewirkung durch 10 ccm konzentrierter 
HCl unterbrochen, 10 ccm 10 prozentiger JK-Lösung zugesetzt und 
sofort titriert. 


Zei 7 erinn € ir . 
Zeit vom Beg der Katalasewirkung Titer 


in Minuten 
0 14,4 
5 9,1 
10 7,8 
15 6,25 
20 Dal 
25 | 4,15 


Die Quantität der in aufeinanderfolgenden gleichen Zeiten von der 
Katalase verarbeiteten Perhydrolmengen nimmt also ganz beträchtlich 
ab. Berechnet man die Geschwindigkeitskonstanten nach W. Ost- 
wald für die aufeinanderfolgenden gleichen Zeitintervalle K,, K,. 
IC —IgC, 

0,4343 D 
monomolekularen Reaktion, so ergibt sich eine ziemlich beträchtliche 
Abnahme von K. So ergab ein Versuch für die ersten 3 Intervalle von 
je 5 Minuten K, = 0,0365, K, = 0,0267, K, = 0,0206. 

Volhard hat zur Verfolgung der quantitativen Pepsinbestimmung 
folgende Methode ausgearbeitet: 100 g Kasein werden in 1 Liter Wasser 


K, usw. nach der Formel K = unter der Annahme einer 


us 


IX. Die Enzyme. 931 


unter Schütteln eingeweicht, dann gibt man 80 ccm n-NaOH dazu und 
füllt auf 2 Liter auf. Man erwärmt auf 90 °, um das Kasein in Lösung 
zu bringen, und versetzt nach dem Abkühlen mit etwas Toluol. In eine 
langhalsige Flasche mit zwei Marken bei 300 cem und 400 cem läßt man 
zuerst zur Ansäuerung genau 11 ccm n-H(Cl einfließen, füllt auf 150 ccm 
auf und gibt 100 ccm der Kaseinlösung zu. Dann wird auf 40 ° erwärmt, 
eine gemessene Menge der Pepsinlösung zufließen gelassen und auf 300 ccm 
aufgefüllt. Solcher Kolben stellt man eine ganze Reihe auf und unter- 
brieht in bestimmten Intervallen die Verdauung, indem man 100 cem 
20 prozentiger Natriumsulfatlösung zusetzt, wobei das unverdaute Kasein 
ausfällt; es wird abfiltriert und je 100 oder 200 ccm des Filtrates mit 


. NaOH unter Verwendung von Phenolphthalein titriert. Von der be- 


stimmten Säuremenge zieht man die vorher bestimmte Azidität der 
Kaseinlösung und der Pepsinlösung ab. Der Zuwachs an Säure beruht 
dann auf der Bildung der salzsauren Peptone. Das ausfallende Kasein 
bindet nämlich einen Teil der Salzsäure, bei Gegenwart von Peptonen 
jedoch tritt zwischen Pepton und Kasein ein Wettstreit um die Salz- 
säure ein, und es findet sich um so mehr HCl in Lösung, je mehr 
Pepton im Vergleich zum Kasein vorhanden ist. Das Plus an ver- 
brauchter Säure gibt also einen Maßstab für die Verarbeitung des 
Kaseins. Den Fortgang der Reaktion kann man mittels physika- 
lischer (optischer) Methoden an einer einzigen Probe verfolgen, wo- 
rauf hier nicht eingegangen werden kann. (Über die diesbezügliche 
von Abderhalden angegebene Methodik sei auf das Referat von 
L. Michaelis im III. Band der ‚„Biochemischen Arbeitsmethoden‘“ 
verwiesen.) Sehr wichtig ist das Konstanthalten der Temperatur bei 
quantitativer Verfolgung der Fermentwirkung, was am besten in einem 
durch Thermoregulator auf konstanter Temperatur erhaltenen Wasser- 
bade erreicht wird, in welchem die Röhrchen stecken; dagegen ist es 
illusorisch, in einem Luftthermostaten zu arbeiten, da die Röhrchen 
nur sehr schwer und langsam die Temperatur des Luftraumes annehmen. 
Bei manchen Enzymen ist auch Bestrahlung von Einfluß und es ist 
wohl am besten, nach dem Vorgange von Grafe und Linsbauer 
die Fermentwirkung in der Dunkelkammer bei rotem Lichte zu ver- 
folgen. 

Um die Wirkungsstärke von diastatischen wasserlöslichen Malz- 
präparaten des Handels zu bestimmen, kann man die Methode von 
Egloffstein, welche von J. Pollak modifiziert worden ist, 
verwenden. Zur Bereitung des Stärkekleisters werden 9 g Arow-root- 
Stärke des Handels und zirka 20 ccm Wasser in einer Reibschale bei 
gewöhnlicher Temperatur verrieben und dann in 250 ccm heißen Wassers 
unter allmählichem Umrühren eingetragen. Das Gefäß mit dem Stärke- 
kleister wird in ein Wasserbad gestellt und eine halbe Stunde im Sieden 
erhalten. Hierauf wird der Kleister möglichst quantitativ in einen 
300 cem enthaltenden kubizierten Kolben gegossen, erkalten gelassen 
und bis zur Marke aufgefüllt. 6 g des zu untersuchenden diastatischen 
Produkts werden in einen 300 ccm fassenden kubizierten Kolben absolut 
quantitativ gespült und bis zur Marke aufgefüllt. 50 ccm des 
Stärkekleisters werden mit einer Pipette in ein 100 ccm fassendes, mit 
Thermometer versehenes Kölbchen gebracht, auf 37,5° C erwärmt 
und 20 cem der 2 prozentigen zu untersuchenden Diastaselösung hinzu- 


239 IX. Die Enzyme. 


gefügt; im Momente der Zugabe der Diastaselösung setzt man eine 
Stoppuhr in Gang und trachtet, die Temperatur möglichst konstant 
zu erhalten. Nach 6—8 Minuten beginnt man von Minute zu Minute 
im Gemisch mittels der Jodprobe auf Stärke zu prüfen, der Endpunkt 
der Verzuckerung ist mit dem Momente des Verschwindens der blauen 
Farbe und Hervortreten des gelben Farbentones auf Zusatz von Jod 
deutlich erkennbar. Ist dieser Punkt erreicht, dann wird die Einwirkungs- 
dauer in Minuten an der Stoppuhr abgelesen und stets die doppelte 
Menge der ursprünglichen 2 prozentigen Diastaselösung in Kubikzenti- 
metern zum eigentlichen Versuche verwendet, als dies das Chronometer 
in Minuten anzeigt. Hat z. B. der Vorversuch 15 Minuten gedauert, 
so werden 30 ccm der Diastaselösung zu den restlichen 250 ccm 3 prozen- 
tiger Arrow-root-Stärke zugesetzt und im temperierten Wasserbade 
genau eine halbe Stunde bei 37,5 °C gehalten. Sodann werden zirka 3 ccm 
einer 10 prozentigen KOÖH-Lösung zur Zerstörung der weiteren enzy- 
matischen Wirkung zugesetzt, erkalten gelassen und bis zur Marke bei 
300 cem aufgefüllt. Diese Lösung wird nun in eine Bürette gegossen 
und in 25 ccm (12,5 + 12,5) Fehlingscher Lösung in der Kochhitze so- 
lange eingetropft, bis die blaue Farbe verschwunden ist und im Filtrat 
nach dem Ansäuern mit Essigsäure und Zusatz von gelbem Blutlaugen- 
salz keine Kupferreaktion mehr erscheint. Man erkennt diesen Punkt 
auch ohne Probe mit Blutlaugensalz schon daran, daß die Flüssigkeit 
oberhalb des reduzierten Kupferoxyduls nicht mehr bräunlich oder 
srünlich gefärbt, sondern gelblich ist. Die Siededauer ist 4 Minuten; 
die Beobachtung wird wiederholt. Wurden z. B. 30 ccm der Diastase- 
lösung (0,6 g auf 300 ccm) verwendet, und wurden zur Titration von 
25 ccm Fehlings Lösung, welche 0,193 g Maltose entsprechen, 16 ccm 
der verzuckeıten Lösung verbraucht, so ergibt sich der diastatische 
Wert des Produkts aus folgendem: in 300 ccm sind 0,6 g Diastasepräparat, 
in 16 ccm daher 0,032 g enthalten. Diese entsprechen aber 25 ccm Feh- 
lings Lösung, welche 0,193 g Maltose äquivalent sind; daher gilt die 
Proportion: 0,032 Diastase : 0,193 Maltose = 1 g Diastase : x Maltose, 
woraus x — 6,034 g Maltose. Somit entspricht 1 g des Präparates 6,034 g 
Maltose, und wenn man die darin bereits vorgebildete, separat zu be- 
stimmende Maltose von diesem Werte abzieht, so ergibt sich die Maltose- 
menge, welche das Diastasepräparat aus der Stärke gebildet hat. Die 
Fehlergrenze zwischen Parallelbestimmungen ist ziemlich klein und 
man ist mit dieser Methode in der Lage, sich eine ziemlich genaue Vor- 
stellung von der Wirksamkeit des betreffenden Diastasepräparates, sei 
es, daß man ein käufliches verwendet, sei es, daß man es aus Malzauszug 
selber herstellt, zu bilden. 

Von oxydierenden Enzymen wollen wir nach dem Vorgange von 
R. Chodat unterscheiden: 1. Oxygenasen, stickstoffhaltige 
Körper, welche den molekularen Sauerstoff unter Peroxydbildung auf- 
nehmen. 2. Peroxydasen, welche das Oxydationsvermögen der 
Peroxyde außerordentlich erhöhen (das, was man Oxydase nennt, ist 
als ein Gemisch von Peroxydase und Oxygenase aufzufassen). 3. Kata - 
lasen, welche Peroxyde, z. B. Wasserstoffsuperoxyd, katalytisch 
unter Sauerstoffentwicklung zerlegen. 

Zum ÖOxygenasennachweis kann man sich des Jodstärkepapiers 
bedienen, mit dem man durch Pflanzenschnitte, die man auf das Papier 
abdrückt, direkt die Jodreaktion erhält, wobei man aber gleichzeitig 


IX. Die Enzyme. 233 


die Bismarckbraunreaktion anstellen muß, um die Abwesenheit von 
Nitriten zu konstatieren, die ja ebenfalls die Jodreaktion zeigen. 
Ferner kann man eine Probe mit Barytwasser anstellen, indem man 
beispielsweise den frisch ausgepreßten, stark oxydasehaltigen Saft 
von Lathraea squamaria mit einem Luftstrom unter tropfenweisem 
Zusatz von l prozentigem Barytwasser behandelt, wobei man einen 
Niederschlag von Bariumsuperoxyd erhält, der nach Auswaschen 
und Zersetzen mit verdünnter Essigsäure die Bläuung von Jodkali- 
stärkepapier sofort und sehr intensiv liefert. Sehr gute Oxydase- 
reaktion erhält man mit jungen Kartoffeln, welche in der Peripherie 
Oxydationsfermente führen. Keiner höheren Pflanze fehlt Peroxydase,, 
während sie bei den meisten Pilzen vergeblich gesucht wird; sie ist aber 
in den nichtgrünen Teilen reichlicher vorhanden als in den grünen. 
Am besten erhält man Peroxydase aus fein zerhackten Meerrettigwurzeln, 
die man in zerhacktem Zustande einige Stunden sich selbst überläßt, 
um die Glykosidspaltung zu vollenden, und dann einige Tage mit 
96 prozentigem Alkohol extrahiert, welcher die ätherischen Ole auf- 
löst. Die rote, alkoholische Flüssigkeit wird abgegossen, der Rückstand 
wiederholt mit 80 prozentigem Alkohol gewaschen, abgepreßt und schließ- 
lich der Rückstand mit 40 prozentigem Alkohol versetzt und 5 Tage 
stehen gelassen; die abgepreßte Flüssigkeit wird hierauf filtriert und mit 
weniger als dem doppelten Volumen starken Alkohols versetzt, d. h. 
solange eine starke Trübung entsteht. Der grauweiße Niederschlag 
wird in wenig destilliertem Wasser gelöst, die Fällung mit starkem 
Alkohol wiederholt und im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. 
Oder man überläßt die fein zerkleinerten Meerrettichwurzeln in einem 
geschlossenen Gefäß eine Stunde sich selbst und preßt dann ab; 
der Kuchen wird nun mit Wasser versetzt, so daß die Flüssigkeit 
gerade die Wurzelmasse bedeckt, und so 10—20 Stunden stehen 
gelassen; dann wird ein zweites Mal abgepreßt, der Rückstand 
nochmals mit Wasser digeriert und nach der gleichen Zeit abgepreßt. 
Die drei Flüssigkeiten werden miteinander gemischt und nach und 
nach mit starkem Alkohol versetzt, bis sich der erste Niederschlag 
zeigt, welcher sich leicht absetzt; dann wird mittels eines Hebers die 
darüberstehende Flüssigkeit abgehoben und diese nochmals mit 96 pro- 
zentigem Alkohol versetzt. Der erste Niederschlag ist sehr wenig wirk- 
sam, der zweite setzt sich langsam ab und haftet als gummiartiger Be- 
schlag an den Wandungen des Becherglases. Die klare Flüssigkeit wird 
abgegossen, der weiße, gummiartige Niederschlag mit 40 prozentigem 
Alkohol digeriert und nochmals abgeschieden. Die Ausbeute beträgt 
1—2 %; im trockenem Zustand, im Dunkeln, womöglich im Exsikkator 
über Schwefelsäure aufbewahrt, hält sich das Präparat jahrelang. Die 
durch mehrmalige Wiederholung des obi&en Verfahrens von Zucker- 
arten und Mineralsubstanzen gereinigtem Peroxydase ist ein amorpher 
brauner Körper von starker Aktivität. Durch sie wird die Oxydation 
von Jodwasserstoff mittels Wasserstoffsuperoxyds außerordentlich be- 
schleunigt, Hydrochinon wird zu Chinon oxydiert, Pyrogallol zu rotem, 
kristallisiertem Purpurogallin. Guajakol zu Tetraguajakol, Orthophenylen- 
diamin zu Diaminophenazin kondensiert. Eines der besten Reagenzien 
auf Peroxydase sind nach Chodat Kresole. Mit einer verdünnten 
Lösung von Orthokresol gibt Peroxydase in Gegenwart von Wasserstoff- 
superoxyd eine grüne, bei konzentrierter Lösung schmutzigbraune, mit 


234 IX. Die Enzyme. 


Metakresol eine fleischfarbene, mit Parakresol eine milchigtrübe, opali- 
sierende Reaktion. Man verwendet immer möglichst verdünnte Per- 
hydrollösungen (hundertfünfzigstelmolar) und 1 promillige Kresol- 
lösungen, da starke Lösungen (über 0,1 % Perhydrol) schon stark lähmend 
auf die Fermentarbeit wirken. Bei einer Verdünnung von 1 °/y, ist die 
hellgrüne Farbe bei Orthokresol noch sehr stark, ebenso die milchweiße 
Trübung bei Parakresol, bei !/,o oo0 Sind beide Reaktionen noch sehr 
deutlich, erst gegen !/,oo o0oo liegt die Grenze der Sichtbarkeit. Die 
sehr empfindliche Guajakprobe ist nur bei gleichzeitig positivem 
Ausfall der Kresolprobe beweisend. Die verwendeten Reagenzien bei 
der Guajakprobe, das Harz selbst, ferner der zur Lösung verwendete 
Alkohol müssen peinlich peroxydfrei gehalten werden. Die Guajak- 
probe besteht in einer intensiven Bläuung von Guajaktinktur, einer 
Auflösung von Guajakharz in Alkohol; dabei ist darauf zu achten, daß 
die Lösung für jeden Versuch frisch bereitet werden muß und daß man 
nicht gepulvertes Guajakharz verwendet, sondern die von der gewöhnlich 
oxydierten Oberfläche befreiten größeren Stücke aufzulösen hat. Man 
kann sich zu Vorversuchen ein Bild von der Menge der vorhandenen 
Peroxydase machen, wenn man mit der Stoppuhr die Zeiten bestimmt, 
in welchen gerade Bläuung eintritt und diese mit der Bläuung einer 
beliebig verdünnten Testlösung aus Meerrettichperoxydase vergleicht. 
Die Aktivität der Peroxydase mißt man am besten durch die Oxydation 
von Pyrogallol. Es wird 1 g reines Pyrogallol in 35 ccm Wasser auf- 
gelöst und zu je zehn solcher Lösungen wachsende Mengen von Per- 
oxydase oder ein bestimmtes Volumen Wasserstoffsuperoxyd zugesetzt, 
etwa in folgender Weise!): je 1 g Pyrogallol und Zusatz von 10 cem 
l prozentiger H,O;: 


Peroxydase Purpurogallin 
0,02 0,042 
0,03 0,066 
0,04 0,086 
0,05 0,102 
0,06 0,123 
0,07 0,145 
0,08 0,166 
0,09 0,162 
0,010 0,162 


Die Mischung soll 50 ccm betragen; gleich nach dem Zusatz von 
Peroxydase bräunt sich die Flüssigkeit, bald nachher trübt sie sich, 
und Purpurogallin fängt an sich abzuscheiden. Man lasse die Versuchs- 
flaschen 12 Stunden stehen, der Bodensatz wird auf gewogenem Filter 
abfiltriert, mit 50 ccm destillierten Wassers gewaschen, bei 100 ° ge- 
trocknet und gewogen. Oder man variiert die Quantität des Wasser- 
stoffsuperoxyds von 1—10 eem in 1 prozentiger Lösung und läßt die 
Menge der Peroxydase 0,10 g unverändert. Man erhält dann aus I g 
Pyrogallol entsprechend der Menge des zugesetzten Wasserstoffsuper- 
oxyds: Purpurogallin 0,0205, 0,042, 0,060, 0,078, 0,099, 0,121, 0,141, 
0,168, 0,168, 0,163. Die Wirkung der Peroxydase steht also in einem 
konstanten Verhältnis zum Wasserstoffsuperoxyd, eine Quantität n 
Peroxydase aktiviert eine Quantität m Wasserstoffsuperoxyd; das 


!) Entnommen aus dem Referate von R. Chodat im III, Bande der 
Biochem. Arbeitsmeth. von Abderhalden. 


IX. Die Enzyme. 235 


Oxydationsprodukt Purpurogallin steht zu dem System Peroxydase- 
Wasserstoffsuperoxyd in direktem Verhältnis bis zu einer Grenze, über 
welche hinaus die Masse des Oxydationsproduktes konstant bleibt. 
Diese obere Grenze hängt aber auch von der Masse des vorhandenen, 
zu oxydierenden Stoffes ab; wenn man nämlich statt 1 g Pyrogallol 
2 g nimmt, so bleibt das Verhältnis zwischen Peroxydase und Wasser- 
stoffsuperoxyd konstant, aber die Quantität des Oxydationsproduktes 
steigt. Nach Bach kann man das Aktivierungsvermögen eines Per- 
oxydasepräparates folgendermaßen definieren: Von dem im Exsikkator 
aufbewahrten Präparate werden zirka 0,3g genau abgewogen und in 30cem 
Wasser gelöst; von dieser Lösung werden 5ccm mit 20 ccm 1 prozentiger 
Wasserstoffsuperoxydlösung und 1,5 g Pyrogallol zusammengebracht; das 
entstandene Purpurogallol wird nach 12 Stunden auf ein tariertes Filter 
gebracht, mit 200 cem Wasser gewaschen, bei 105 ° bis zur Gewichts- 
konstanz getrocknet und gewogen. Anderseits läßt man 10 cem 1 pro- 
zentige Wasserstoffsuperoxydlösung mit 25 cem der Peroxydaselösung 
auf 1,5 g Pyrogallol einwirken und verfährt wie früher. Ist a die mit 
Wasserstoffsuperoxydüberschuß angewendete Peroxydasemenge und m 
das entstandene Purpurogallin, b die mit Peroxydaseüberschuß an- 
gewendete Wasserstoffsuperoxydmenge und n die dabei entstehende 


Quantität Purpurogallin, so ist = die Wasserstoffsuperoxydmenge, 


: Ä bm ich 
die mit a Peroxydase in Reaktion trat, und ge das Aktivierungs- 


vermögen des untersuchten Peroxydasepräparates. 

Viele Pflanzensäfte färben sich an der Luft, die Färbung bleibt aber 
aus, wenn die Säfte vorher gekocht worden waren. Die entstehenden Fär- 
bungen sind Pigmente, welche durch Oxydasen entweder direkt aus vor- 
handenen Chromogenen oder nach vorhergegangener Spaltung von Prochro- 
mogenen aktiviert worden sind. Rot, violett, später schwarz, färben sich von 
Phanerogamen die Säfte der Weizenkeimlinge, Weizenkleie, Kartoffel- 
knollen, Äpfel, Fruchtfleisch der Nuß, viele Stengel und Blätter, z. B. 
die von Vicia Faba, Lathyrus niger, Silphium sp. usw., braun, dann 
schwarz, der Milchsaft von Rhus vernicifera und Rhus succedana, die 
zur Bereitung des schwarzen Lackes verwendet werden. Das betreffende 
Ferment ist die Lakkase, auf die wir später noch zu sprechen kommen. 
Die Durchforschung des äußerst komplizierten Gebietes der Atmungs- 
pigmente und ihrer Beziehungen zur Atmung der Samenpflanzen ver- 
danken wir J. Palladin und seinen Mitarbeitern. Zum Nachweis 
der pflanzlichen Atmungspigmente werden größere Pflanzenstücke in 
kochendes Wasser geworfen; die vom Wasser gelösten Chromogene 
werden sodann durch Peroxydase mit Wasserstoffsuperoxyd oxydiert 
und liefern dabei verschieden gefärbte Pigmente. In einigen Fällen 
gelingt es aber nicht, die Atmungspigmente auf diese Weise nach- 
zuweisen, nämlich dann nicht, wenn ihre inaktive Form kein Chromogen, 
sondern ein Prochromogen ist; in diesem Falle ist es notwendig, das 
Prochromogen zunächst in das Chromogen überzuführen, was durch 
Autolyse unter einer Glasglocke in Chloroformdämpfen nach der Methode 
von Molisch erreicht wird; das dabei entstehende Chromogen wird 
dann durch die in der Pflanze enthaltene Peroxydase zum Pigment 
oxydiert. Zu den Objekten, deren durch kochendes Wasser gewonnene 
Extrakte bei der Oxydation durch Peroxydase und Wasserstoffsuper- 


236 IX. Die Enzyme. 


oxyd direkt keine Pigmente liefern, gehören die Weizenkeime, was um 
so auffallender war, als diese gleichzeitig größere Mengen Peroxydase 
enthalten. Zum Zwecke der Spaltung des Prochromogens wird folgender 
Versuch angestellt: Der mit kochendem Wasser aus Weizenkeimen er- 
haltene Auszug wurde in drei Portionen geteilt, zur ersten wurde Per- 
oxydase, zur zweiten Emulsin, zur dritten Emulsin + Peroxydase 
hinzugefügt. Am zweiten Tage bildet sich in der dritten Probe ein rotes 
Pigment, dessen Menge allmählich zunimmt ebenso wie seine Intensität. 
Ebenso wie durch Wasser wird das Prochromogen auch durch Athyl- und 
Methylalkohol aus den Keimlingen ausgezogen und kann im Extrakt 
durch Azeton gefällt werden; wird die wässerige Lösung mit einer Schicht 
Olivenöl bedeckt, so findet keine Pigmentbildung statt, diese ist also 
an die Absorption des Luftsauerstoffs gebunden. Ebenso wie Emulsin 
bildet auch Takadiastase, nicht aber Pepsin ein durch Peroxydase 
oxydierbares Chromogen. Die Autoxydation und Bildung des Pigmentes 
wird durch ein alkalisches Medium begünstigt, das bisweilen für 
diesen Prozeß ganz unerläßlich erscheint. Deshalb werden auf 100 ccm 
Chromogenlösung 5 cem oder mehr einer 50 prozentigen Kalilauge oder 
100 ccm einer gesättigten Lösung von Barytwasser hinzugefügt. Die 
Lösungen werden in einen flachen Glaskolben mit breitem Boden ge- 
gossen, der ein Volumen von zirka 420 cem besitzt und dessen Öffnung 
mit einem doppeltgebohrten Gummistöpsel verschlossen ist. In der 
einen Öffnung steckt ein kurzes Glasrohr mit Hahn, in der anderen ein 
enges, zweimal gebogenes Rohr, dessen mittlerer horizontaler Teil von 
50 em Länge mit einer Millimeterskala versehen ist. Das äußere, nach 
unten eingebogene Ende dieser Röhre wird in ein Gefäß mit gefärbtem 
Wasser versenkt. Die Sauerstoffabsorption im Innern des Kolbens ist 
von einer Fortbewegung des gefärbten Wassers in dem horizontalen 
Abschnitte des langen Rohres begleitet. Es ist noch besser, dem hori- 
zontalen Rohre eine kaum merkliche Neigung in der Richtung nach 
dem Gefäß mit der Flüssigkeit zu geben, weil dann das Wasser, nach- 
dem das Röhrchen sich mit gefärbtem Wasser angefüllt hat, nach 
Öffnen des Hahnes wieder in das Gefäß zurückfließt, um nach Schließen 
des Hahnes wieder in dem Röhrchen aufzusteigen. Um die Sauerstoff- 
absorption zu beschleunigen, wird der Kolben mit der Flüssigkeit ge- 
schüttelt. Das mit Holzgeist aus alten etiolierten Bohnenstengeln aus- 
gezogene, mit Azeton gereinigte Atmungspigment ergibt mit Eisenchlorür 
eine prächtige, intensiv grüne, nach Hinzufügung von Natriumbikarbonat 
in Violett und Lila übergehende Färbung, mit essigsaurem Blei einen 
weißen Niederschlag und scheint demnach der Reihe der ortho-disub- 
stituierten Benzolderivate anzugehören. Nur für wenige Pflanzen läßt 
sich der Nachweis des Chromogens direkt dadurch erbringen, daß der 
ausgepreßte Saft sich bei Luftzutritt oxydiert und ein Pigment bildet 
wie bei der weißen Zuckerrübe, Kartoffelknollen, Keimlingen von Vicia 
Faba. Hier pigmentiert sich stets nur die obere Schicht des Extraktes, 
wo Sauerstoff Zutritt hat; durch Umrühren wird die Färbung zum Ver- 
schwinden gebracht, ein Beweis, daß der Saft reduzierende Elemente 
enthält. Die Reduktion kann auch durch Zufügen von Schwefelammonium 
Zinnchlorür oder anderen Reduktionsmitteln hervorgerufen werden. Bei 
anderen Pflanzen, z. B. Weizenkeimen, kann das Chromogen, wie erwähnt, 
erst nach erfolgter Autolyse unter sterilen Verhältnissen (Zugabe von 
Toluol) nachgewiesen werden. Die zu untersuchenden Pflanzenteile 


IX. Die Enzyme. 237 


werden zerkleinert, mit Wasser ausgekocht, man erhält so, da die Oxy- 
dase durch das Kochen zerstört worden ist, eine mehr oder weniger farb- 
lose Chromogenlösung. Man setzt dann eine geringe Menge der aus 
Meerrettich dargestellten Peroxydase und ein paar Tropfen 0,5 bis 
l prozentiger Wasserstoffsuperoxydlösung zu, die zuerst erscheinende 
rote Färbung geht schnell in eine dunkelbraune über; seltener be- 
obachtet man eine lilaviolette Färbung, die dann ebenfalls über rot in 
dunkelbraun übergeht. Durch Zusatz von 1—3 Tropfen verdünnter 
Essigsäure wird das Erscheinen der Rotfärbung befördert, ein Überschuß 
der Säure dagegen wirkt schädlich, Zusatz von Soda beschleunigt die 
Reaktion. Viel Pigment, zunächst violett, dann rot bis braun, führen 
Biota orientalis und Thuja occidentalis unter den Gymnospermen, 
während Abies und Araucaria wenig enthalten, unter den Monokotylen 
Allium Cepa wenig. Der Saft von Aloe soccotrina nimmt beim Kochen 
rote Färbung an, in Gegenwart von Peroxydase und Wasserstoffsuper- 
oxyd färbt er sich intensiv dunkelrot. Molisch wies nach, daß sich 
der Saft in Ather oder Chloroformdampf durch Oxydation des Aloins 
rot färbt, und gegenwärtig wird Aloin auch als Reagens auf Peroxydase 
verwendet. Unter den Dikotylen enthält Helleborus viridis in jungen 
Stengeln und Blüten, der Apfel, junge Stengel von Rheum palmatum, 
junge Blätter von Rumex Patientia viel Pigment, Brassica oleracea 
wenig. Besonders interessant verhält sich Schenckia Blumenaviana, 
von welcher Molisch zeigte, daß sie bei Autolyse in Chloroform- 
dampf eine hochrote Färbung annimmt. Das nach dem Kochen er- 
haltene Filtrat ist zwar farblos, hat aber eine schöne hellblaue Fluoreszenz. 
Bei Cortex Chinae ruber färbt sich das farblose Filtrat nach Zusatz von 
Peroxydase und Wasserstoffsuperoxyd intensiv rot, nach dem Stehen 
bildet sich eine beträchtliche Menge eines ziegelroten Niederschlags, 
aber auch bei Zusatz von Peroxydase allein, ohne Wasserstoffsuperoxyd, 
erfolgt hier die Färbung; bei Herba Ephedrae ist das Pigment schon rot- 
violett. Für Vorlesungsversuche empfehlen sich nach Palladin beson- 
ders Keimlinge von Vicia Faba, grüne, oberirdische Rhizome von Poly- 
podium nervifolium und P. leiorhizon, Radix filicis maris, Zweige von Biota 
orientalis oder von Thuja occidentalis und Cortex Chinae ruber. Diese 
Objekte liefern nach dem Kochen mit Wasser schwachgefärbte Filtrate, 
die sich auf Zusatz von Peroxydase und Wasserstoffsuperoxyd schnell 
(mit Ausnahme von Vicia Faba) violett oder rot färben. Für die Pigment- 
bildung nach ein- bis zweitägigem Verweilen im Chloroformdampf eignet 
sich besonders Aloe soccotrina und Schenckia Blumenaviana. Bei Cicho- 
rum Intybus beobachtete ich bei Autolyse eine schöne rotviolette Färbung. 
Weizenkeime erzeugen ein schönes Pigment nach 10—15 tägiger Autolyse 
bei Luftabschluß; das farblose Filtrat nimmt bei Filtration unter Luft- 
zutritt hochrote Färbung an. Nur im Spargel wurde bisher kein Atmungs- 
pigment entdeckt. Wenn man eine Blumenzwiebel oder sonst ein Organ 
von Amaryllis vittata in Stücke zerschneidet und liegen läßt, so trocknen 
sie aus, ohne auch nur eine Spur von Pigment zu bilden; wenn man da- 
gegen die in kleine Stücke zerschnittene Zwiebel auf 1—2 Stunden 
in Wasser legt und dann bei reichlichem Luftzutritt in eine feuchte 
Atmosphäre bringt, so beginnen die Wundstellen sich mit zunehmender 
Intensität zu pigmentieren; die Färbung wird schließlich scharlach- 
oder zinnoberrot. In ruhenden oder im Beginn des Keimens begriffenen 
Zwiebeln entsteht mehr Pigment als in Zwiebeln während der Blüte. 


238 IX. Die Enzyme. 


Kratzt man auf einem Stück Zwiebel mit einem spitzen Messer irgendein 
Wort oder dergleichen ein und bringt das Stück nach Verweilen in 
einer wässerigen Emulsinlösung in eine feuchte Atmosphäre, so treten 
die eingegrabenen Zeichen nach kurzer Zeit rot auf weißem Grunde 
hervor. Man kann diese Schicht konstant erhalten, wenn man das 
Stück in konzentriertes Glyzerin einlegt, welches dem Objekte Wasser 
entzieht, und nach Auspressen des Glyzerins zwischen Filtrierpapier das 
Objekt in Benzin einlest. Die Bildung des Farbstoffes erfolgt unter 
Beteiligung der lebenden Zellen: Zwiebeln, welche im Mörser zerrieben, 
eingefroren oder mit Toluol oder Blausäure getötet oder in verdünnter 
Lösung von salzsaurem Chinin eingeweicht waren, bilden in der Auto- 
lyse kein Pigment. Der Farbstoff von Amaryllis vittata ist in Chloroform 
löslich und kann aus diesem als amorphe Masse gewonnen werden. 
Zur Darstellung der Lakkase geht man vom Milchsaft von Rhus 
vernicifera oder Rhus succedanea aus, dem das vier- bis fünffache Vo- 
lumen starken Alkohols zugesetzt wird, worauf ein Niederschlag ent- 
steht, der abkoliert und mit starkem Alkohol so lange gewaschen wird, 
bis sich die abfließende Flüssigkeit mit Wasser nicht mehr trübt; die 
Fällung wird mit kaltem Wasser ausgelaugt und löst sich bis auf einen 
kleinen Rückstand, der abfiltriert wird. Die Flüssigkeit wird in dem 
zehnfachen Volumen Alkohol aufgefangen und der entstandene Nieder- 
schlag von der Flüssigkeit getrennt, gesammelt und im Vakuum über 
Schwefelsäure getrocknet. Ihre Oxydationskraft kann gravimetrisch 
durch die Menge des ausgeschiedenen Purpurogallins und volumetrisch 
durch Messung des Volumens Sauerstoff bestimmt werden, der in der 
Zeiteinheit und in Gegenwart einer bestimmten Menge des zu oxydieren- 
den Körpers aufgenommen wird. Für die gravimetrische Bestimmung 
werden nach Chodat vier Erlenmeyerkolben mit je 1 g Pyrogallol 
und wachsenden Mengen Lakkaselösung beschickt. Die Lakkaselösung 
variiert von 10 bis 40 ccm um je 10 cem, wobei immer die auf 40 ccm 
fehlende Menge Wassers zugesetzt wird. Nach 24—48 Stunden wird, 
wie bereits geschildert, die Menge der bereits gebildeten Purpurogallins 
bestimmt; ist a dessen Quantität bei der Konzentration 1, ferner x 
die betreffende Konzentration der Lakkaselösung und b eine Konstante, 
so läßt sich der Wirkungswert der Lakkase nach der Gleichung ax + b 
bestimmen. Ebensowohl läßt sich statt Pyrogallol auch p-Kresol ver- 
wenden. Nach der volumetrischen Methode werden zu 10—40 ccm 
der Fermentlösung 50 cem Wasser gegeben und je 1 g Pyrogallol 
hinzugefügt. Die Mischung wird mit einem Eudiometer in Verbindung 
gesetzt und sowohl der aufgenommene Sauerstoff als die abgegebene 
Kohlensäure bestimmt. Als Behälter benutzt man eine mit Glashähnen 
versehene zugeschmolzene Glasflasche bekannten Inhaltes, die nach 
Füllen mit kohlensäurefreier Luft durch ein bis auf den Boden reichendes 
Zuleitungsrohr mit den Reagentien beschickt und mit einem Meßapparat 
verbunden wird, der ebenfalls kohlensäurefreie Luft enthält. Der Apparat 
besteht aus einem graduierten Meßrohr und einem Niveauhalter und ist 
mit Quecksilber beschickt. Nach Ablauf des Versuches wird das absor- 
bierte Sauerstoffvolumen unter Berücksichtigung von Temperatur und 
Barometerstand bestimmt und das Gas durch Heben des Niveaurohres in 
den Behälter übergeführt, wo man die vorhandene Kohlensäure gravi- 
metrisch mißt. Lakkase oxydiert Guajakemulsion direkt an der Luft 
und übt auch sonst dieselben Wirkungen aus wie das System Oxygenase- 


IX. Die Enzyme. 239 


Peroxydase. Die Lakkase ist meistens mit Tyrosinase vereinigt, von 
der sie sich durch Erwärmen auf 60—65 ° trennen läßt. Um die Rein- 
heit des Lakkasepräparates zu prüfen, setzt man zu einer 0,5—1 prozen- 
tigen p-Kresollösung einige Kubikzentimeter der Lakkaselösung und 
verteilt die Mischung in vier Eprouvetten. A enthält die genannte 
Mischung, B dieselbe mit Zusatz einer Spur Essigsäure bis zur schwach 
sauren Reaktion, C ist mit ganz wenig Sodalösung alkalisch gemacht, 
D mit Spuren von Glykokoll alkalisch. Ist nur Lakkase, aber keine 
Spur Tyrosinase zugegen, so wird A milchigweiß, B ebenfalls mit 
stärkerer Trübung, C und D reagieren viel schwächer. Ist Tyrosinase 
zugegen, so färben sich C und D gelb, respektive rot. 

Von Tyrosinase rührt die Schwarzfärbung der Säfte von Kar- 
toffel, Vicia Faba usw. her. Setzt man von solchen Säften etwas zu einer 
l promilligen bis 1 prozentigen p-Kresollösung zu, nachdem man den 
Saft durch Sodazusatz ganz schwach alkalisch gemacht hat, so geht 
die farblose Lösung in Gelb, Orangegelb und schließlich in Rot über, 
bei anfänglichem Zusatz von einer Spur Glykokoll tritt sofort Rot- 
färbung auf. Zur Darstellung kann man von Kartoffelschalen ausgehen, 
von denen einige Kilo nach Befeuchten mit Alkohol mittels einer Hack- 
maschine zu einem dicken Brei zerrieben und so rasch als möglich ab- 
gepreßt werden. Man läßt den bräunlich gefärbten Saft direkt in ein 
Glasgefäß fließen, das zur Hälfte mit starkem Alkohol gefüllt ist. Den 
voluminösen Niederschlag läßt man absetzen, die klare alkoholische 
Flüssigkeit wird mittels eines Hebers entfernt, der Bodensatz auf ein 
Filter gebracht und noch feucht mit der nötigen Menge destillierten 
Wassers unter Zusatz von Toluol einen Tag stehen gelassen; hierauf 
wird filtriert.und die klare Flüssigkeit mit starkem Alkohol versetzt, 
der Niederschlag, der sich zu Boden setzt, durch Dekantieren von der 
Flüssigkeit befreit, der Rückstand auf ein kleines Faltenfilter ge- 
bracht, mit Alkohol gewaschen und noch feucht auf porösen Tontellern 
über Schwefelsäure im Vakuum rasch getrocknet. Dieser trockene 
Rückstand löst sich vollkommen in Wasser, oxydiert sich nicht an der 
Luft, enthält keine Lakkase, bläut also Guajakemulsion nicht, wohl 
aber Peroxydase, da er Guajak auf Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd 
sofort bläut. Wässerige Lösungen von Tyrosinase halten sich selbst bei 
Zusatz von Toluol nur einige Tage mit unveränderter Wirksamkeit. 

Die Messung der oxydativen Kraft der Tyrosinase geschieht nach 
Bach!) folgendermaßen: In eine Reihe von acht Bechergläsern gibt man 
je 10 cem 0,05 prozentiger Tyrosinlösung und 0,04 %, Natriumkarbonat 
hinzu, ferner je steigende Mengen Fermentlösung und Wasser bis zu 
50 ccm. Die Reaktionsgemische werden 24 Stunden bei Zimmertemperatur 
stehen gelassen, dann mit je 1 ccm 10 prozentiger Schwefelsäure an- 
gesäuert und mit E00 Permanganatlösung bis zur Entfärbung titriert; 
gleichzeitig wird in einer zweiten Reihe von Gläsern die Wirkung nach 
48 Stunden bestimmt. 


Fermentkonzentration 0,5 1,0 155 2,0 5,0 10,0 15,0 20,0 
A 24 Stunden 10,8 14,2 1 19,8 25,1 30,4 33,6 35,8 
B 48 Stunden 13.222 16,0 17,8 20,4 25,6 31,2 34,4 35,4 


1) A. Bach, Über die Wirkung der Tyrosinase Ber. d. d. chem. Ges. 41, 
221 (1908). 


240 IX. Die Enzyme. 


Aus diesen Zahlen läßt sich eine logarithmische Kurve konstruieren, die 
Menge des Reaktionsproduktes steigt proportional mit der Ferment- 
menge. wenn auch langsamer als letztere. Die Reaktion kommt um 
so schneller zustande, je größer die Fermentkonzentration ist. Nach 
Chodat und Staub bestimmt man die Wirkungsweise kolorimetrisch. 
Es werden 0,5 g Bismarckbraun, 0,5 g Korallin in 250 cem absoluten 
Alkohols gelöst (P). Da bei dieser Methode die Rötung der Tyrosinlösung 
bestimmt werden muß und es sich gezeigt hat, daß andere Farben- 
nuancen am Anfang und später zu beobachten sind, haben die ge- 
nannten Autoren zwei Skalen hergestellt: 


I. Skala für Spätreaktionen. 


Von der alkoholischen 
Farbstofflösung P: cem 1 1,5 2.077725 3,0 35 4,0 4,5 5,0 
Absoluter Alkohol „» 9 185 17,0 17,5 17,07 1655 16.027552 


Il. Skelafür Anfangsreaktionen: 


Von der alkoholischen a P: cem 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 
Absoluter Alkohol. . . . . EN ER NN 19,8 19,7 19,6 19,5 


Die Lakkasewirkung kann durch die eines Systems Peroxydase- 
Wasserstoffsuperoxyd ersetzt werden, nicht aber Tyrosinase; wohl aber 
kann man aus der Wurzel von Vicia Faba und aus dem Stengel von 
Philodendron monsteroides eine Peroxydase extrahieren, die in Ver- 
bindung mit Wasserstoffsuperoxyd die charakteristische Rötung des 
Tyrosins und die Tyrosinasereaktion auf Parakresol liefert. 

Katalase: Zum Nachweis dieses in allen Pflanzengeweben vor- 
handenen Fermentes kann man nach Chodat folgendermaßen vorgehen: 
Ein Elodeablatt wird in 5 prozentige Salpeterlösung gebracht, der 1%, H,O, 
zugesetzt worden ist; unter dem Mikroskop sieht man, wie aus den Zellen, 
deren Protoplasma sich im Innern der Zelle zu einer Kugel zusammen- 
geballt hat, Gasblasen strömen, bisweilen kann diese Gasausscheidung, 
noch während das Protoplasma strömt, stattfinden. Die Katalase zer- 
setzt Wasserstoffsuperoxyd unter Entwicklung von molekularem Sauer- 
stoff, während andere Peroxyde nicht angegriffen werden; ihre Wirkung, 
die keine oxydierende ist, ist in erster Annäherung proportional der 
Konzentration des Wasserstoffsuperoxyds, insofern die Konzentration 


m m N 
desselben zwischen 300 und 1000 variiert. Die Reaktion verläuft dagegen 
in stärkeren Lösungen relativ langsamer; die Konstanten der Reaktions- 
geschwindigkeit sind nach Senter: 


at 1/99 0 molar Konstante 0,0120 


des H20s2 1/1100 ” 3 0,0122 
1126 e 5 0,175 
1/460 x n 0,188 
1 /106 R , 0,192 
1/440 an . 0,225 


Einen wesentlichen Einfluß neben der Wasserstoffsuperoxyd- 
Konzentration spielt auch die Temperatur; zwischen 0—10 ° ist die 
zerstörende Wirkung einer mäßig konzentrierten Peroxydlösung auf 
das Enzym. sehr schwach. 

Die Wirkung der Katalase kann quantitativ durch Bestimmung 
des Wasserstoffsuperoxyds ermittelt werden, welches von einer ge- 
wissen, genau eingestellten Menge desselben nach der eine bestimmte 


IX. Die Enzyme. 241 


Zeit hindurch andauernden perhydrolzerstörenden Wirkung des Enzyms 
zurückgeblieben war. Die Bestimmung des nach unterbrochener Katalase- 
arbeit zurückgebliebenen Wasserstoffsuperoxyds kann z. B. mit Kalium- 
permanganat in saurer Lösung vorgenommen werden. Ich zitiere diese 
Bestimmung nach den Angaben von Grafe und Linsbauer: Der 
in der Achatreibschale ohne Zusatz eines zerreibenden Mediums be- 
reitete Organbrei wurde mit einer bestimmten Menge Chloroformwassers 
vermischt, über ein möglichst kleines Filter in eine Schüttelflasche 
filtriert und über dasselbe Filter die abpipettierte Menge Wasserstoff- 
superoxyd gegossen. Das verwendete Wasserstoffsuperoxyd war auf 


en eingestellt und aus reinem Merckschen Perhydrol durch Ver- 


dünnung hergestellt. Nach einer bestimmten Zeit wurde im Filtrat 
die Arbeit der Katalase durch Zugabe einer bestimmten Menge kon- 
zentrierter Schwefelsäure unterbrochen und darauf sofort die Titration 
vorgenommen. Je nach Bedarf wurde auch das Filtrat in aliquote Teile 
geteilt und diese in bestimmten Zeitintervallen titriert, um die Wirkungs- 
weise des Fermentes durch eine längere Zeitperiode hindurch verfolgen 
zu können. Die Permanganatlösung wurde mit reiner Oxalsäure in der 


gewöhnlichen Weise eingestellt, in der Stärke 500 verwendet und beide 


Lösungen in angemessenen Intervallen gegeneinander nachgeprüft. Der 
erste Tropfen, welcher etwa eine halbe Minute bleibende Rosafärbung 
in der titrierten Lösung verursachte, wurde als Kriterium für Be- 
endigung der Titration genommen. Diesem Verfahren haften insofern 
Ungenauigkeiten an, als einerseits der Pflanzenpreßsaft von vornherein 
nicht farblos, sondern mehr oder weniger gelblich erhalten wird, ander- 
seits die anfängliche Rosafärbung nach scheinbarer Beendigung der 
Titration bei energischem Umschütteln verschwindet, nachdem sie 
mehrere Sekunden angehalten hat, da ja die zahlreichen organischen 
Komponenten des Saftes die Maßflüssigkeit erst nach und nach redu- 
zieren, so daß bisweilen eine wirklich bleibende Rosafärbung erst nach 
mehreren Stunden Schüttelns und Weitertitrierens erhalten wird. Es 
müßte also auf den ersten sichtbaren, durch ganz bestimmte Zeit 
bleibenden Umschlag gearbeitet werden. 

Diese Unsicherheit ist durch Verwendung der von A. Jolles 
vorgeschlagenen Jodaklimethode zum Teil vermieden. Das Wasserstoff- 
superoxyd vermag aus Jodkalilösungen in salzsaurer Lösung die äqui- 
valente Menge Jod frei zu machen, welches dann mit Natriumthiosulfat 
unter Verwendung von Stärkekleister als Indikator zurücktitriert werden 
kann. Zu dem mit Chloroformwasser filtrierten Preßsaft, in welchem 
die Katalase eine bestimmte Zeit auf die zugefügte Perhydrolmenge 
gewirkt hatte, wurde zur Beendigung der Reaktion konzentrierte Salz- 
säure, hierauf 10 ccm einer 10 prozentigen, jederzeit frisch bereiteten 
Jodkalilösung hinzugegeben und das ausgeschiedene Jod mit Thio- 
sulfatlösung titriert. Die letztere war in üblicher Weise mit Kalibijodat 
so eingestellt, daß 10 ccm der verwendeten Wasserstoffsuperoxydlösung 
ungefähr so viel Jod aus einer 10 prozentigen Jodkalilösung in Freiheit 
setzten, daß von demselben etwa 15 ccm verbraucht wurden, und wurde 
von Zeit zu Zeit kontrolliert. Die verwendeten Büretten waren eng 
und gestatteten die Ablesung von !/,, cem. Die verwendeten Keimlinge 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 16 


242 IX. Die Enzyme. 


wurden im Glashause unter Deckelsturz aufgezogen und alle notwendigen 
Operationen bis zur Titration in der Dunkelkammer ausgeführt. Die 
Pflanzenteile wurden in einer kleinen Achatreibschale mit Chloroform- 
wasser zerrieben und mit einer entsprechenden Menge der Perhydrol- 
lösung über ein kleines Filter in eine Schüttelflasche filtriert. Nach 
einer bestimmten Zeit wurde die Katalasearbeit durch Eingießen von 
10 ccm konzentrierter Salzsäure zum Stillstande gebracht, 10 ccm der 
Jodkalilösung hinzugefügt und nach einer Minute fortgesetzten Um- 
schüttelns titriert. Das sofortige Titrieren hatte sich als notwendig er- 
wiesen, da wir beobachten konnten, daß der gelbe Farbenton der Probe 
mit der Zeit nachdunkelte, also offenbar neben der Katalase, welche 
ja durch die Salzsäure in ihrer Tätigkeit unterbunden war, noch Stoffe 
im Extrakt der Reibmasse vorhanden sein mußten, welche diese suk- 
zessive Jodausscheidung bewirken. 

Man kann die Stärke einer Katalaselösung genauer 
durch Messung des entwickelten Sauerstoffs bestimmen. 
In ein mit Mohr scher Bürette versebenes Gefäß mit 
doppelten Hähnen und Röhren gießt man 5 bis 10 ccm 
der Katalaselösung; dann läßt man durch Öffnen eines 
Hahnes 30 ccm einer 1 prozentigen Wasserstoffsuperoxyd- 
lösung zufließen. Die sich entwickelnde Sauerstoffmenge 
wird mittels Eudiometers nach 1, 2, 5, 10 Minuten ge- 
messen. Ist die bestimmte Zeit verflossen, so wird der 
zum Eudiometer führende Hahn geschlossen und durch 
Senken der Quecksilberkugel das Niveau äquilibriert. 
Der hier gut verwendbare Apparat von Liebermann!) 
hat folgende Einrichtung (Fig. 75): In die Abteilung A 
(Fassungsraum zirka 25 ccm) kommen mit Hilfe einer 
Pipette nach Entfernung des bei E eingeschliffenen 
Manometerrohres D und bei geschlossenen Hähnen a, c 
und d 5 cem einer verdünnten Fermentlösung; hierauf 
wird der Hahn auch bei b geschlossen und der Apparat 
umgekehrt. Dann werden bei geschlossenen Hähnen e 
und / bei F 5 ccm einer 1 prozentigen Wasserstoffsuper- 
oxydlösung in die Abteilung B gebracht (Fassungsraum 
Fig. 75. Lieber- zirka 25 ccm), worauf Hahn g geschlossen wird. In die 
a Abteilung C (Fassungsraum zirka 25 ccm) kommen nun 
5 ccm einer gesättigten Kochsalzlösung, worauf auch Hahn h geschlossen, 
der Apparat wieder umgekehrt und auf passende Art in ein Stativ ge- 
klemmt wird. Nun wird das sowohl nach aufwärts wie nach abwärts 
von Null in Millimeter geteilte, bis Null mit Quecksilber gefüllte Mano- 
meterrohr D aufgesetzt. Die Hähne i und b werden zum Druckausgleich 
geöffnet, dann wird i wieder geschlossen; die Hähne b, a, g und h sind 
mit 1 cm weiten Bohrungen versehen, um den Flüssigkeiten raschen 
Durchfluß zu gestatten. Das Manometerrohr ist, soweit die Millimeter- 
teilung (100 mm nach auf- und abwärts) reicht, genau kalibriert, so 
daß das Volumen in Kubikzentimetern für jeden Millimeter aus der 
Kalibrierungstabelle abgelesen werden kann. Mischen sich die beiden 
Flüssigkeiten bei geöffnetem Hahn a in der Abteilung B und findet 


') L. Liebermann, Beiträge zur Kenntnis der Fermentwirkungen, Pflügers 
Archiv 104, 179 (1904). 


IX. Die Enzyme. 243 


Gasentwicklung statt, so steigt das Quecksilber im Manometer, und es 
kann nun für jede beliebige Zeitdauer des Versuches das Volumen des 
entwickelten Gases bestimmt werden, wenn man es auf gleiche Tem- 
peratur und gleichen Druck reduziert. Die Abteilung C dient dazu, 
einer Übersättigung mit Gas vorzubeugen, und wird mit gesättigter 
Kochsalzlösung beschickt. Durch Öffnen von g wird die Flüssigkeit 
aus B hereinfließen gelassen, wodurch eine vollkommenere Mischung 
und ein Entfernen der an den Wänden haftenden Gasblasen bewirkt 
wird. Aber die volumetrische Methode hat den Nachteil, eine Über- 
sättigung mit Sauerstoff zu bewirken, da das Gefäß nicht geschüttelt 
werden kann, ohne durch den Einfluß der Gefäßwandungen einen un- 
berechenbaren Faktor in die Versuchsmethodik einzubringen. So kann 
man auch hier keine absoluten, sondern nur Vergleichswerte erhalten. 
Bessere Erfolge erzielt man nach Chodat mit der Titration durch 
verdünnte Kaliumpermanganatlösung, aber auch nur dann, wenn man 
die Katalase selbst darstellt, z. B. durch Extraktion von Tabakblättern 
mit chloroformhaltigem Wasser und Fällen durch Zusatz von über- 
schüssigem Ammoniumsulfat; der Niederschlag wird von der darüber- 
stehenden Flüssigkeit abfiltriert und durch Dialyse von dem vor- 
handenen Ammoniumsulfat befreit; er erweist sich nach OÖ. Loew 
als stark katalasehaltig. Solche Katalasepräparate enthalten in ihrer 
verdünnten Lösung nur so geringe Spuren organischer Substanz, daß 


>05 KMnO -Lösung 
messen läßt, da die Reaktionsgeschwindigkeiten der Zerlegung von 
sehr verdünnten (5) Lösungen von Wasserstoffsuperoxyd der Ferment- 
konzentration nach Senter proportional ist. Zur Probe müssen die 
verwendeten 100—400 ccm der Fermentlösung in großen (Liter) Flaschen 
mit Glasstöpsel einige Stunden in schmelzendem Eis vorgekühlt und 
darauf 100—400 ccm vorgekühlte Wasserstoffsuperoxydlösung dazu- 
gegossen werden. Von der peinlich auf O0 ° gehaltenen Flüssigkeit werden 
zeitweise je 23>—100 ccm zur Probe entnommen, zur Unterbrechung der 
Reaktion in verdünnte Schwefelsäure gegossen und darauf mit der 


sich ihre katalytische Kraft durch Titration mit 


m a Mt 
500 Permanganatlösung titriert. Ich habe schon darauf hingewiesen, 
daß man sich von der viel langsamer als das Peroxyd auf Permanganat 
wirkenden organischen Substanz des Zellsaftes emanzipieren kann, 
wenn man nicht die dauernde, sondern die eine halbe Minute beständige 
Rosafärbung als Ende der Reaktion betrachtet. 


. Die kolorimetrischen Methoden, z. B. Intensität der Bläuung von 
Guajakemulsion, wie sie bisweilen zur Messung der katalytischen Kraft 
bei Peroxydasen verwendet werden, sind höchst unzuverlässig. Vor 
allem muß die Intensität der Färbung durchaus nicht der Intensität 
in der Oxydation der farblosen Verbindung parallel gehen, so nimmt 
z. B. Guajakharz bei der Oxydation eine blaue Färbung ar, die aber 
bei weitergehender Oxydation von einem gewissen Punkt an wieder 
abnimmt; die Färbungen der einzelnen Substanzen, wie Guajak, Kresol 
usw., sind in ihrer Intensität nicht untereinander vergleichbar, ferner 
sind die Pflanzensäfte nur selten klar und farblos, meistens trüb und 
mißfarbig, so daß die oxydierende Fällung nicht gleichmäßig vor sich 

16* 


D44 IX. Die Enzyme. 


geht und die Färbung nicht deutlich zu erkennen ist. Der Vergleich 
mit künstlich hergestellten, von Suspensionen freien Farblösungen ist 
aber höchst unexakt. Was also ein Postulat für solche Bestimmungen 
wäre, ist eine Methode, welche mit frischen Säften, wie sie aus den 
Pflanzengeweben eben bereitet werden, zu arbeiten gestattet und bei 
welchen die Genauigkeit auch mit größeren Extraktmengen hinlänglich 
ist. Die von Bach und Chodat beschriebene, auf der Wägung 
des entstandenen Purpurogallins basierende Arbeitsweise ist wohl ver- 
läßlich, aber etwas langwierig; nach Foä ist die befriedigendste Methode 
der Messung der Reaktionen, welche Absorption von Sauerstoff bewirken, 
die, in welcher die Menge des absorbierten Sauerstoffs durch Messung 
der Druckänderung im Reaktionsgefäß bestimmt wird. Da die Oxydasen 
katalytisch wirken, d.h. eine Reaktion beschleunigen, ohne selbst dabei 
verbraucht zu werden und dabei eine in keinem Verhältnis zu ihrer 
Menge stehende Stoffquantität umsetzen, kann man bei ihnen am besten 
den Grad messen, in welchem sie gewisse 
Oxydationen beschleunigen, um ihre Wir- 
kungsintensität kennen zu lernen. H. 
Bunzel!) hat eine solche Methode aus- 
gearbeitet, in welcher die Arbeit des Enzyms 
unter sorgfältig konstant gehaltenen Außen- 
bedingungen vor sich geht, und bei welcher 
die Menge des absorbierten Sauerstoffs ge- 
messen wird; immerhin mußte zunächst, 
da die Peroxydase nicht beliebige, sondern 
in bestimmter Quantität nur ganz be- 
stimmte und nicht allzugroße Mengen Pyro- 
gallol oxydiert, die Beziehungen zwischen 
Stärke des Oxydasepräparates, dem Betrage 
der Sauerstoffabsorption und der Art und 
Weise derselben festgestellt werden. Bei 
einer solchen Manometermethode muß na- 
türlich die Temperatur vollkommen kon- 
Fig. 76. Bunzels Peroxydaseapparat. Stant gehalten werden, d.h. sie darf nicht 
um mehr als um Zehntelgrade schwanken, 
und diese Bedingungen müssen schon eine Zeitlang vor Beginn des 
Versuches herrschen und zwar sowohl wegen des Verlaufes der Enzym- 
arbeit selbst als wegen der Manometerablesung, die Manometer- 
schwankungen dürfen nur durch den absorbierten Sauerstoff, nicht aber 
durch die Differenzen zwischen diesem und der ausgegebenen Kohlen- 
säure hervorgerufen sein, die Kohlensäure muß also sofort aus dem 
Reaktionsraume entfernt werden, und ihr Betrag ist zu messen, da er 
auch Anhaltspunkte für die Aufnahme von Sauerstoff geben kann. 
Diesen Forderungen entspricht der von Bunzel konstruierte 
und mit besonderen elektrischen, der Heizung, der Luftbewegung und 
der Kühlung dienenden Vorrichtungen versehene Thermostat. Indem be- 
züglich dieser Einzelheiten auf die Originalabhandlung verwiesen sein 
mag, soll hier nur der Peroxydaseapparat und die Methode beschrieben 
werden. Der Apparat (Fig. 76) besitzt einen Fassungsraum von 150 cem. 


) H. Bunzel, The measurement of the oxidase content of plant juices. 
U. S. Department of Agriculture Bull. No. 238 (1912). 


IX. Die Enzyme. 245 


Die Einschnürung bei D teilt den unteren Teil in zwei Räume, A und B. 
In den Raum A kann aus der 2-cem-Bürette F vermittels des Hahnes C 
Flüssigkeit eingefüllt werden. Der Raum B kann aus der Birne G, 
mit einem Inhalt von 8 cem durch den Hahn und die Röhre E oder 
durch Abheben des eingeriebenen Teiles bei X gefüllt werden. Die 
Röhre trägt ein kleines, etwa 10 ccm fassendes Glaskörbcehen H, 
welches einen ausgebauchten Rand besitzt, damit beim Schütteln keine 
Flüssigkeit herausspritzen kann; es ist auch hinlänglich weit vom Boden 
des Gefäßes entfernt, daß kein Wasser hineingelangen kann. Diese Vor- 
sicht ist sehr wesentlich, da eine durch Mischung von Pyrogallol und 
Alkali hervorgerufene Sauerstoffabsorption die Manometerablesung un- 
zuverlässig machte. Das Manometer M ist in Millimeter ein- 
geteilt; durch Schließen des Hahnes J kann es außer Verbin- 
dung mit dem Apparat gesetzt werden. Dieser Apparat ist 
standfest geblasen. Um den Inhalt des Körbchens zu titrieren, 
wurde ein Titrationsgefäß (Fig. 77) benützt, in welchem alle 
Titrationen in einer kohlensäurefreien Atmosphäre ausgeführt 
wurden, zu welchem Zweck der Boden des Gefäßes mit einer 
30prozentigen Kalilauge bedeckt war. Der 
den Korb tragende Schliff wird durch den breiten 
Kautschukstöpsel R ersetzt. Die in Zehntel ge- 
teilte Bürette B kann in den Schliff bei G ein- 
gesetzt werden, so daß ihre Mündung sich gerade 
oberhalb des Körbchens befindet. Die kleine Birne 
C ist durch einen Schliff mit der Bürette verbun- 
den und mit einem Wattestöpsel zur Abhaltung 
von Verunreinigungen versehen. Als Peroxydase 
wurde die aus Kartoffelschalenpreßsaft und als 
oxydable Substanz Pyrogallol verwendet. Nach- 
dem der Oxydaseapparat im Thermostaten auf- 
gestellt ist, werden 8 ccm 0,1—1 prozentiger 
Pyrogallollösung in die Abteilung 5 aus der 
Birne G gebracht. 2 ccm des Pflanzensaftes 
werden aus der Bürette F in die Abteilung A ab- 
gemessen. Das Körbchen H wird mit 1 ccm 
n-Natronlauge beschickt. Der Hahn E am Oxy- 
daseapparat wird geschlossen, während C und J 
geöffnet sind. Der Thermostat wird geschlossen 
und die Schüttelmaschine, welche den Oxy- Fig. 77. Titrationsapparat. 

daseapparat sanft rüttelt, in Bewegung ge- 

setzt, worauf die Reaktion gleich einsetzt. Nach 10 bis 20 Minuten 
langem Schütteln wird immer behufs Manometerablesung das Schüt- 
teln unterbrochen, und die Reaktion wird so lange vor sich gehen 
gelassen, bis kein Sauerstoff mehr absorbiert wird, was beiläufig 
zwei Stunden dauert. Nun wird der Behälter geöffnet, der Oxydase- 
apparat aus den Klammern, die ihn während des Schüttelns festgehalten 
hatten, befreit und die Hähne C und E geöffnet. Der innere Teil des 
eingeschliffenen Satzes mit dem Körbchen wird sorgfältig heraus- 
genommen, das Glaskörbchen wird rasch an der Außenseite abgetrocknet, 
2 Tropfen Phenolphthalein zu der Lauge hineingegeben und dann der 
Korb sofort in den weiten Hals des Titrierapparates befestigt. Die 


Kali- 
stücke 


Bürette wird mit . Ö Schwefelsäure gefüllt und die Flüssigkeit im Körbchen 


246 IX. Die Enzyme. 


Leim- u.  Blei- - . Baryt- Kalk- 
Reagens | Fiweiß | FeOls  azetat | KOH Ammoniak wa | wasser 
| 
Gallus- | 
säure. . keine blau | Fällung — — gelbe — 
Fällung | | | Fällung 
a-Digallus- | 
säure . |Fällung| blau | Fällung —_— | — hellblaue | — 
Fällung 
Tannin . | Fällung blaugrün Fällung — — dunkelgrüne — 
| ' Fällung 
Sumach . | Fällung 'blaugrün | Fällung — |. — | hellgrüne |hellgrüne 
| ı Fällung | Fällung 
Quebracho | Fällung grün |Fällung rot rot ‚ violette violette 
' Fällung | Fällung 
Maletto . |Fällung | grün |Fällung rot rot violette violette 
Fällung | Fällung 
Tee. . .. | Fällung blaugrün| Fällung | rot rot | braune | braune 
| ' Fällung | Fällung 
Mate . . |Fällung grün |Fällung | gelb, gelb, | gelbe gelbe 
dann dann Fällung | Fällung 
grün grün | 
Kaffee. . [|Fällung grün |Fällung gelb, gelb, | gelbe gelbe 
' dann dann | Fällung | Fällung 
grün grün | 


unter sanfter Bewegung bis zum Verschwinden der Rotfärbung titriert. 
Der Stand der Bürette wird dann abgelesen, 3 Tropfen Kongorotlösung 
ins Körbehen getropft und die Titration fortgesetzt, bis die dunkle, 
rote Farbe verschwindet. Aus der Differenz zwischen den zwei End- 
punkten kann die Quantität der absorbierten Kohlensäure berechnet 
werden. Naturgemäß sind die aus den Manometerablesungen hervor- 
gehenden Beträge des absorbierten Sauerstoffs keine für die Wirkungs- 
stärke der Peroxydase geltenden absoluten Werte, sondern nur relative 
Vergleichszahlen. Die Zahlen variieren auch mit der Stärke der Pyrogallol- 
lösung, mit der Temperatur, mit der Menge der zur Absorption der 
Kohlensäure verwendeten Lauge, deren Relation zum Sauerstoff 
eine Rolle spielt, so daß alle diese Momente, will man vergleichbare 
Werte erhalten, berücksichtigt und gleich gehalten werden müssen. 
Das gilt auch von der Stärke des Schüttelns, so daß alle Operationen 
durch Maschinenkraft, am besten durch den elektrischen Strom be- 
wirkt werden. 

Zum Nachweis der oxydierenden Enzyme läßt sich, namentlich 
wenn nur kleine Mengen zur Verfügung stehen, die Kapillarisations- 
methode von J. Grüss'!) verwenden, welche auf der verschiedenen 
Absorption der einzelnen Bestandteile einer Mischung in Filtrierpapier 
beruht, kombiniert mit einer Farbstoffreaktion. Um Filtrierpapier in 
passender Größe auszuspannen, hält man sich Messingreifen von 4 cm 
Höhe und 10, 15, 20 und 25 cm Durchmesser vorrätig. Ein solcher 
Ring wird mit einem kreisförmig ausgeschnittenen Filtrierpapier über- 
deckt, ein zweiter, etwas größerer Messingstreifen wird dann darüber- 
gestreift, so daß der Kapillarisator wie eine Trommel aussieht. Die 


ı) J. Grüss, Kapillaranalyse einiger Enzyme, Ber, d, d. bot. Ges. 26a, 191, 
620 (1908), 27, 313 1909. 


IX. Die Enzyme. 247 
CuSOı | Fehlings Sibernitrat-| Brom- | Uranyl- |rauchend.| Molybdäns. N 
sauer Fösane Be Ammoniak | wasser | Kreiit | HNOs | Ammon |KaFe(CN) 
schwache gelbe rote gelbrote | gelb bis Wärme 
grün [Reduktion Reduktion| Fällung | Fällung | Fällung rot rotbraun, 
| | dann 
| | dunkelgr. 
grün schwache |Reduktion gelbe rote gelbrote | rötlich braun, 
Reduktion ı Fällung | Fällung | Fällung dann 
grün 
== = = a  — — — Hitze 
| | grün 
gelbgrün. — erst gelb- rote braune | blutrot | blutrot Hitze 
Nieder- weiß, dann, Fällung Fällung | grün 
schlag Reduktion | 
gelbgrün. schwache erst gelb- rote braune | blutrot | blutrot Hitzegrün, 
Nieder- Reduktion weiß dann) Fällung | Fällung | dann 
schlag ‚Reduktion blaugrün 


Kapillarisatoren werden in einer Kristallisierschale übereinandergestellt, 
in welche ein Tropfen Toluol oder sonst eines Antiseptikums hinein- 
getan wird; die Kristallisierschale kommt in eine größere, deren Boden 
mit Wasser bedeckt ist und in welche eine bedeckende Glasglocke ge- 
stellt wird; durch den Tubus der Glocke leitet man, wenn es sich um 
ein oxydierendes Enzym handelt, Wasserstoff ein. Man kann z. B. in 
der Aleuronschicht von Gerstenkörnern, die man mit Quarzsand zer- 
rieben hat, den Nachweis von Diastase, Oxydase und Antioxydase neben- 
einander führen. Das zur Kapillarisation benutzte Filter tränken wir 
mit einer halbprozentigen Lösung von löslicher Stärke und lassen es 
trocknen. Auf dem im Kapillarisator ausgespannten Stärkepapier 
stellt man zunächst durch Auftropfen eines Tropfens Wasser einen 
Wasserring her: Dazu bewegen wir eine kleine Pipette mit 0,2 ccm 
Wasser im Kreise herum, während wir dasselbe langsam ausfließen lassen, 
so daß eine wasserhaltige ringförmige Zone entsteht, deren inneres, 
trockenes Mittelfeld 1—2 em Durchmesser besitzt. Auf dieses bringen 
wir die mit etwas Thymol versetzte, zerriebene Masse der Aleuronzellen ; 
nach 24 Stunden hat sich das Kapillarisationsfeld ausgebreitet, aus 
dem man einen Sektor herausschneidet, den man zum Nachweis der 
Diastase über Joddämpfe hält: die Jodfärbung der Stärke wird dort 
ausbleiben, wo die Stärke durch die Diastase verändert worden ist. 
Ein zweiter Sektor wird in eine alkoholische Guajaklösung getaucht 
und nach Abdunsten des Alkohols auf eine Unterlage von Fließpapier 
aufgedrückt, welches mit einer verdünnten Lösung von Wasserstoff- 
superoxyd angefeuchtet ist. Die dadurch entstehende dunkelblaue Fär- 
bung reicht so weit, als Stärke gelöst ist; eine zweite hellblaue Randzone 
greift darüber hinaus, in der die Oxydase zu suchen ist. Ein dritter 
Sektor wird auf Filtrierpapier gebracht, das mit einer Lösung von Tetra- 
methylparaphenylendiamin (Violaminlösung) getränkt ist, wie sie auch 


248 X. Gerbstoffe. 


zum Nachweis geringer Sauerstoffspuren im sogenannten Wurster- 
schen Reagenzpapier vorliegt; die Randzone färbt sich an der Luft 
violett, enthält mithin Oxydase. Ein vierter Sektor wird mit einer 
mit etwas Wasserstoffsuperoxyd versetzten Lösung von Paraphenylen- 
diamintartrat (Ursoltartrat) angefeuchtet. Die dadurch hervorgerufene 
schiefergraue Färbung stimmt im allgemeinen mit der Guajakfärbung 
überein, nur da, wo Antioxydase ist, bleibt das Papier weiß und färbt 
sich außerhalb des Kapillarisationsfeldes langsam gelbbraun. Wenn 
man einen anderen Sektor mit einer Lösung von Karminsäure anfeuchtet, 
die man mit Soda oder Lithiumkarbonat schwach übersättigt und ihn 
auf ein mit Wasserstoffsuperoxyd angefeuchtetes Filtrierpapier legt 
(die Wasserstoffsuperoxydlösung ist gegen die Karminlösung so ein- 
gestellt, daß deren Entfärbung allmählich in einer bestimmten Zeit er- 
folgt), so muß diejenige Zone des Kapillarisationsfeldes, welche die 
Antioxydase enthält, die rote Färbung am längsten bewahren. Auf 
diese Weise kann man auch Oxydase und Antioxydase in jungen Trieben 
von Pteris aquilina aufsuchen und findet ihre hauptsächlichste Wirksam- 
keit in der Rinde, wo der Sauerstoff am besten hinkann, während im 
Leptom die Antioxydase lokalisiert ist. 


X. Gerbstoffe. 


Für den Nachweis von Gerbstoffen sind eine Reihe von Reagenzien 
in Gebrauch, welche ich tabellarisch nach Nierenstein!) wieder- 
gebe, und welche auf Seite 246 und 247 oben, ebenso auf S. 249—254 
abgedruckt sind. 

Während früher für die Einteilung der Gerbstoffe lediglich die 
Färbung maßgebend war, welche auf Zusatz von Ferrichlorid entsteht, 
weiß man heute wenigstens, daß diejenigen Gerbstoffe, welche mit 
Ferrisalzen eine tiefblaue Färbung geben, Pyrogallolgerbstoffe sind, 
die sich damit grünfärbenden oder grünblaue Reaktion gebenden Pyro- 
katecholgerbstoffe. Mit Bromwasser geben die ersteren eine Färbung, 
die letzteren nicht, bei der Kalischmelze liefern die Pyrogallolgerbstoffe 
Gallussäure, die Pyrokatecholgerbstoffe Protokatechusäure, Resorzin, 
Phlorogluzin und aliphatische Säuren. 

Für den Nachweis der Gerbstoffe von besonderer Bedeutung ist 
die Gelatinefällung. Man verwendet eine halbprozentige Lösung, die 
durch Erwärmen auf dem Wasserbade bei 60-70 ® dargestellt 
wird. Zur Extraktion der Gerbstoffe empfiehlt Nierenstein die 
von Procter modifizierte Kochsche Methode. Die Apparatur (Fig. 78) 
besteht aus einem heberförmig zweimal rechtwinklig gebogenen Trichter- 
rohr, das am Trichterende mit Seidengaze überzogen und am anderen 
Ende mit einem Gummischlauch, Schraubenquetschhahn und einem 
dünnen Glasrohre versehen ist. Der Trichter wird in ein Becherglas 
eingesetzt und dort mit einer Klemme festgehalten. In das Becherglas 
kommt das mit Sand vermischte, zu extrahierende Material. Man über- 
gießt mit Wasser und erwärmt auf dem Wasserbade zuerst auf 30—40 
und läßt innerhalb einer Stunde zirka 80 ccm ablaufen, erwärmt dann 
im Wasserbad auf 100 °, läßt ab und konzentriert durch Abdampfen, 


') M. Nierenstein, Darstellung, Untersuchung, Nachweis und Analyse 
der Gerbstoffe, VI. Abderhaldens Biochem. Arb. meth. Seite 165. 


249 


Gerbstoffe. 


X. 


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X, Gerbstoffe. 255 


worauf man die beiden Extrakte vereinigt, die aber zusammen nicht 
ganz einen Liter ausmachen dürfen; man filtriert, pipettiert einen Teil 
(je nach dem Gerbstoffgehalt 50-200 ccm) ab "und bestimmt durch 
Abdampfen bis zur Trockene den ‚„Gesamtrückstand‘“. Die wichtigste 
Operation besteht nun in der Entgerbung zur Feststellung der ‚‚Nicht- 
gerbstoffe“, deren Differenz gegenüber dem Gesamtrückstand die ",Gerb- 
stoffe‘“ angibt. 

1. Hautpulvermethode. Zur Ausfällung des Gerbstoffes 
(ein ausgezeichnetes Extraktionsmittel für Gerbstoffe ist Azeton, aus 
dem Azetonextrakt läßt sich der Gerbstoff durch Äther fällen) benutzt 
man das käufliche Hautpulver im Procterschen Glockenfilter (Fig. 79). 
Es besteht aus einer Glasglocke, deren Verjüngung einen durchbohrten 
Korkstöpsel trägt, durch dessen Öffnung ein doppelt gebogenes Heber- 


Hie: 78. Apparat zur Gerbstoffextraktion. Fig. 79. Procters Glockenfilter. 
—= Kolben; HA = Quetschhahn; YM = @ = Glasglocke; H = Heberkapillar- 
neekerelan, @d = Seidengaze; $S= Extrak- rohr; B= Baumwolle; — Haut 
tionsmaterial und Sand. pulver. 


kapillarrohr zieht. Das Ende des Rohres schneidet mit dem Stöpsel 
ab. In die Glocke wird ein kleiner Bausch trockener, gut gewaschener 
Baumwolle gesteckt, der das Eindringen des Hautpulvers in die Kapillare 
verhindert. Nun wird die Glocke mit Hautpulver gefüllt, so daß dieses 
stark gestopft ist, namentlich an den Rändern muß stärker gestopft 
werden, damit sich die Gerbstofflösung nicht an den Glaswandungen 
hinaufzieht. 7—8 g Hautpulver genügen für eine Glocke. Dann wird 
die offene Basis der Glocke mit einem Stück trockener, sorgfältig ge- 
waschener, nicht zu feinmaschiger Gaze mit Hilfe eines Gummiringes 
verschlossen. Man spannt nun das Heberrohr in eine Klemme ein, senkt 
die Glocke bis fast auf den Boden eines 200 ccm fassenden Becherglases 
und gießt in dieses eine kleine Menge der gerbstoffhaltigen Lösung, 
damit zunächst das Hautpulver durch Kapillarwirkung gleichmäßig 
benetzt werde. Dann wird das Becherglas vollgegossen und am Heber- 
rohr gesaugt, bis die Lösung langsam abtließt; es sollen in der Minute 


256 XI. Glukoside. 


5—8 Tropfen austreten. Die ersten Anteile des Filtrates enthalten noch 
lösliche Bestandteile des Hautpulvers, können also zur Bestimmung 
der Nichtgerbstoffe nicht dienen. Das Filtrat ist solange nicht zu ver- 
wenden, als einige Tropfen noch mit einigen Tropfen Tanninlösung 
Niederschlag oder Trübung hervorrufen, was bei gutem (schwach- 
chromiertem) Hautpulver nach 30 abgelaufenen Kubikzentimetern ein- 
zutreten pflegt. Das weitere Filtrat fängt man in einem 60 ccm fassenden 
Kölbchen auf, das man bis zu der bei 60 ccm angebrachten Marke auf- 
füllen läßt. Das Filtrat muß völlig wasserhell sein und darf mit essig- 
saurem Eisen keine Gerbstoffreaktion geben (Färbungen, welche mit 
diesem Reagens in dem Filtrat der Nichtgerbstoffe fast immer eintreten, 
sind nach Nierenstein gewöhnlich auf Gallussäure zu beziehen). 
Von dem gerbstoffreien Filtrat wird ein Teil abpipettiert und auf dem 
Wasserbade verdampft. Willman das Hautpulver auf seine Wirksamkeit 
prüfen, so filtriert man in der eben beschriebenen Weise destilliertes 
Wasser durch das Hautpulver, nachdem 30 ccm des Filtrates verworfen 
wurden, dürfen die folgenden 50 ccm, am Wasserbade eingedampft, 
einen Rückstand von höchstens 5 mg ergeben. Statt des Hautpulvers 
verwendet Nierenstein sorgfältig durch Äther entfettetes Kasein. 
100 ccm des Gerbstoffextraktes werden mit 6 g Kasein 10 Minuten ge- 
schüttelt und hierauf mit weiteren 6 g Kasein behandelt und durch ein 
Barytfilter filtriert, worauf man wie bei der Hautpulveranalyse ver- 
fährt. 

2. Die Löwenthalsche Permanganatmethode. 
Wir brauchen dazu eine Lösung von 10 g KMnO, in 6000 ccm destillierten 
Wassers. Ferner eine Lösung von 10 g indigoschwefelsaurem Natron 
in 1000 ccm Wasser. 20 ccm dieser Lösung mit 750 cem Wasser verdünnt, 
dürfen nicht mehr als 10—11 cem KMnO ‚-Lösung verbrauchen. Ferner 
eine Lösung von 2 g reinsten Tannins in 1000 ccm Wasser, welche Lösung 
zur Titerstellung dient; schließlich weißes Hautpulver, das an kaltes 
Wasser (3 g Hautpulver auf 50 ccm Wasser) keine Permanganatlösung 
reduzierenden Bestandteile abgibt. In eine flache weiße Porzellanschale 
von zirka 1500 cem Fassungsraum bringt man 750 ccm destilliertes 
Wasser, 20 cem Indigolösung und 10 ccm des auf zirka 0,1% ver- 
dünnten Gerbmaterialauszuges. In diese Mischung läßt man aus einer 
Bürette je 1 ccm Permanganatlösung auf einmal einfließen und rührt 
nach jedem Zusatz mit dem Glasstab kurz und gleichmäßig um. Wird 
endlich die Flüssigkeit bei weiterem Zusatz der Titerlösung nur hell- 
grün, so setzt man nur je 2—3 Tropfen zu, bis die Flüssigkeit rein gelb 
wird, womit der Endpunkt der Reaktion erreicht ist. In weiteren 
50 ccm der Gerbstofflösung werden mit Hautpulver oder Kasein die 
Gerbstoffe durch Schütteln ausgefällt und 10 ccm der durch ein Leinwand- 
filter filtrierten Lösung in gleicher Weise mit Permanganat titriert. Die 
Differenz gibt den Gerbstoffgehalt. 


XI. Glukoside. 


Bei der Darstellung dieser Pflanzenstoffe ist auf ihre überaus 
leichte Zersetzlichkeit durch chemische Agenzien und Enzyme zu achten, 
so daß man am besten tut, nur frische, möglichst unzerkleinerte Pflanzen- 
teile mit kochendem Alkohol rasch zu extrahieren. Allgemeine Vor- 


XI. Glukoside. 957 


schriften für die Darstellung von Glukosiden lassen sich aber nicht geben, 
sondern es kommt sehr wesentlich auf den speziellen Fall an. Ein aus- 
gezeichnetes Reagens auf Glukoside ist Emulsin, welches alle bisher be- 
kannten linksdrehenden Glukoside spaltet. Durch die enzymolytische 
Wirkung entsteht aus dem linksdrehenden Ausgangsmaterial neben einem 
optisch inaktiven Produkt die rechtsdrehende und überdies als redu- 
zierender Zucker durch Fehlings Lösung erkennbare Dextrose. 
Man fügt also nach E. Bourquelot der auf Glukoside zu unter- 
suchenden wässerigen Lösung Emulsin zu und erkennt nach Ablauf der 
Reaktionszeit an der Umkehrung der Drehungsrichtung und an der 
Kupferreduktion das Vorhandensein eines durch Emulsin spaltbaren 
(von der «-Glukose ableitbaren, linksdrehenden) Glykosids; da der 
Betrag der jetzt umgekehrten Drehung und die Menge der gebildeten 
Dextrose dem ursprünglich vorhandenen Glykosid an Quantität an- 
nähernd proportional ist, kann man durch Emulsinspaltung auch die 
Menge des vorhandenen Glykosids annähernd bestimmen. Da die 
Drehungskonstanten für eine ganze Reihe Glykoside feststehen, kann 
man auch erkennen, ob das Glykosid, das man zu bestimmen wünscht, 
bereits bekannt ist oder nicht, und man kann auch eventuell das Vor- 
handensein eines zweiten Glykosids an der Menge der abgespaltenen 
Dextrose erkennen. Wenn ein bekanntes Glykosid in einer bestimmten 
Menge Lösungsmittel gelöst und der Betrag der Drehung im Polarisations- 
rohre bestimmt und darauf eine Spaltung durch Emulsin vorgenommen 
wird, so ist die gebildete Glukosemenge und der Betrag der nun ein- 
getretenen Rechtsdrehung in ihrem gegenseitigen Verhältnis konstant 
und die in 100 ecem gebildete Dextrosemenge, welche einer Drehungs- 
änderung um 1° entspricht, ist für jedes Glykosid eine leicht zu be- 
rechnende Größe, deren Bestimmung eine Identifizierung des Glykosids 
im Pflanzenextrakt selbst ohne Isolierung des Glykosids ermöglicht. 
Man muß also zunächst feststellen, ob ein durch Emulsin spaltbares 
Glykosid vorliegt und bestimmt dann jene Verhältniszahl zwischen 
Drehungsänderung und Menge der gebildeten Glykose, worauf man 
einfach nachsieht, ob die gefundene Zahl mit einem der bereits bekannten 
Glykoside übereinstimmt, oder ob es sich um ein noch unbekanntes 
Glykosid handelt. Natürlich ist Voraussetzung, daß nicht mehrere 
durch Emulsin spaltbare Glykoside gleichzeitig vorliegen und daß die 
Verhältniszahlen über die Fehlergrenzen sich voneinander unterscheiden. 
Diese Verhältniszahl, der enzymolytische Reduktionskoeffizient 
Bourquelots, bedeutet die Glukosenmenge q in Milligrammen, die 
in 100 ccm der Lösung frei wird, während das Drehungsvermögen der 
Lösung in einem Polarisationsrohr von 2 dem Länge um 1 ° nach rechts 
umschlägt. Dieser enzymolytische Reduktionskoeffizient ist für eine 
Reihe von Glykosiden bestimmt worden (Siehe die Tabelle S. 258.). 

Für die Berechnung des enzymolytischen Reduktionskoeffizienten 
gibt Zemplen folgendes Beispiel. Salizin wird durch Emulsin nach 
der Gleichung 

C,5H10,+ H,0 = CH 50; + C,H50, 

Molekulargewichte 286 18 180 124 


zu Saligenin und d-Glukose hydrolysiert. Es seien in 100 ccm der 
wässerigen Salizinlösung 2,86 g des Glukosids enthalten, wobei eine 
Linksdrehung von — 3,71 ° auftritt. Nach der enzymolytischen Hydro- 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 17 


958 XI. Glukoside. 


Glukosid Drehungsvermögen Koeffizient 
Verbenaln. 71 2er... Aare — 180,5 ° 19 
Bakankosın“: "7.9.2073 os — 205,7 108 
Gentiopikenn 2. ee — 200,9 ® 111 
Aukubmr??::2. 7 Wo ar — 174,4 ° 144 
Meliatin } — 81,9° 240 
Picein — 84° 261 
Koniferin . — 66,9 278 
Bamhbunipein! 2 I I FIT — 76,3 281 
Dasıkatinv nr ae re — 72,9 296 
Salızin . . PR — 64,9 321 
Methylarbutin — 63,4 326 
Prulaurasin . — 53° 359 
Isoamygdalin . — 51,4 425 
Amygdalin — 39° 490 
Syringin BE ı 3 — 17,1° 570 
Amygdonitrilglukosid. TER — 26,9 ° 517 
Arbutin. Ä RITTER — 63,8 700 
Erytaurin ne A ME. — 134,4 — 
Glanrapem. 7 sn nr a NE, — 153 117 
Insenttların Al, 2: I — 145 ° — 


lyse enthalten die 100 ccm nach der Gleichung 1,80 g Glukose und 1,24 g 
Saligenin. Diese Glukosemenge besitzt ein Drehungsvermögen von 
+ 1,89°, der ganze Drehungsrückgang beträgt also 3,710 + 1,89 
— 5,60 ®, da jetzt statt einer Linksdrehung von — 3,71 ° eine Rechts- 
drehung von + 1,89 ° zu sehen ist. Das gesamte Reduktionsvermögen 
gegenüber Fehlings Lösung beruht auf der Gegenwart der 1,80 g 
Glukose in 100 ccm. Auf 1° Drehungsrückgang entfallen daher 0,321 g 
Glukose — der Reduktionskoeffizient. Treten neben Glukose bei der 
enzymatischen Spaltung eines Glukosids außer dem Zucker noch andere 
reduzierende Stoffe auf, deren Reduktionsvermögen bekannt ist, so 
muß dieses vom Gesamtreduktionsbetrage abgezogen werden. Ist das 
Glykosid unbekannt, so kann der Koeffizient nur dann experimentell 
bestimmt werden, wenn das Glykosid isoliert, dessen Drehungsvermögen 
und nach der Enzymhydrolyse dessen Reduktionswert bestimmt wird. 
So konnte das Taxikatin in den Blättern von Taxus baccata als 
neues Glykosid im Extrakte erkannt werden, denn nach der Behand- 
lung mit Emulsin resultiert eine Verschiebung des Drehungsvermögens 
von links nach rechts, und einer Drehungsänderung von 1° ent- 
spricht die Bildung von 0,624 g Glukose, eine Zahl, die bis dahin noch 
nirgends festgestellt worden war. Auch in vielen.anderen Pflanzen und 
Pflanzenteilen konnten mittels der biochemischen Methode Glykoside 
entdeckt werden. 

Wie bereits erwähnt, muß man die möglichst wenig zerkleinerten 
frischen Pflanzenteile direkt in siedenden Alkohol werfen und mit Alkohol 
extrahieren. Die alkoholische Lösung wird durch Abdestillieren unter 
vermindertem Druck von Alkohol befreit, wobei man zur Abstumpfung 
der hydrolysierend wirkenden Pflanzensäuren eine Spur Kalziumkarbonat 
zusetzt; der Rückstand wird mit so viel Thymolwasser aufgenommen, 
daß die Anzahl der Kubikzentimeter der erhaltenen Lösung dieselbe ist 
wie die Anzahl der Gramme, die man mit siedendem Alkohol extrahiert 
hat. Nun kommt in allen Pflanzenteilen Rohrzucker vor, auf den das 
immer in Emulsin enthaltene Invertin in der Weise einwirkt, daß der 


XT. Glukoside. 259 


linksdrehende Invertzucker entsteht, so daß die Originalwirkung des 
Emulsins verschleiert wird. Man hydrolysiert demnach zweckmäßig 
zuerst den Rohrzucker mittels Invertins aus Hefe und kann gleichzeitig 
eine quantitative Bestimmung des Rohrzuckers damit verbinden. In- 
vertin ist zwar ein Handelspräparat, doch ist es gut, sich dasselbe immer 
frisch herzustellen. Bäckerhefe wird mit sterilisiertem Wasser angerührt, 
abgesogen, mit dem zehnfachen Gewicht 95 prozentigen Alkohols an- 
gerührt und 12 Stunden absitzen gelassen. Dann wird die Hefe an der 
Pumpe abgesogen und zuerst mit Alkohol, dann mit wenig Ather ge- 
waschen und bei 30—35 ° getrocknet, worauf sich das Präparat, in einer 
trockenen, wohlverschlossenen Flasche aufbewahrt, gut hält. Man muß 
stets frische, unverdorbene Hefe verwenden. Zum Gebrauche reibt 
man 1 g des Präparates mit thymolgesättigtem Wasser an, nach dem 
Filtrieren erhält man eine klare, sehr haltbare Invertinlösung. Nun 
teilt man die zu prüfende Lösung in einen Teil A von 50 ccm und einen 
Teil B von 200 ccm, zu welch letzterem man 1 g des Hefepulvers fügt, 
worauf man beide in kleinen, wohlverschlossenen Fläschchen in den 
auf 25—30 ° erhaltenen Brutschrank stellt. Nach zwei Tagen entnimmt 
man jeder Flasche 20 cem und fügt 4 cem Bleiessig hinzu, worauf die 
nunmehr geklärte Flüssigkeit polarisiert wird. Ist Rohrzucker vor- 
handen, so ist er durch das Invertin gespalten worden, und das Polari- 
meter zeigt gegenüber der unveränderten Vergleichslösung in A einen 
Drehungsumschlag nach links infolge Bildung des Invertzuckers an. 
Bestimmt man die Menge des reduzierenden Zuckers in beiden Proben 
A und B, so gibt die Differenz den aus dem Rohrzucker gebildeten 
Invertzucker (man kann nun zur Probe umgekehrt berechnen, welche 
Drehung diesem Invertzucker entsprechen muß: beide Werte, der be- 
obachtete und der berechnete, müssen übereinstimmen, wenn Rohr- 
zucker und nicht Raffinade, Stachyose oder Gentianose vorgelegen hatte). 
Man wiederholt die Proben an aufeinanderfolgenden Tagen so lange, 
bis zwei Proben dieselben Zahlen liefern, worauf man die Invertinarbeit 
als beendigt betrachten und den gefundenen Invertzucker auf Rohrzucker 
umrechnen kann. So ist es also möglich, den Rohrzucker quantitativ 
zu bestimmen. 

Wenn nun die Invertinhydrolyse beendigt ist, erhitzt man die 
Lösung 10 Minuten lang auf 100 °, läßt erkalten und fügt Emulsin hinzu. 
Die Darstellung des Emulsins erfolgt aus Mandeln. 100 g süße Mandeln 
werden eine Minute lang in kochendes Wasser getaucht, nach dem Ab- 
tropfen geschält, im Mörser fein zerstoßen und das erhaltene Produkt 
mit 200 cem eines Gemisches aus gleichen Teilen destillierten Wassers 
und mit Chloroform gesättigten Wassers 24 Stunden bei gewöhnlicher 
Temperatur mazeriert, dann durch ein feuchtes Tuch koliert und zu je 
150—160 cem Flüssigkeit 10 cem Eisessig zur Fällung des Kaseins zu- 
gefügt. Die Fällung wird abfiltriert, zu dem klaren Filtrat die vierfache 
Menge 95 prozentigen Alkohols gefügt, der Niederschlag auf einem 
Filter gesammelt und nach dem Abtropfen mit einem Gemisch von 
gleichen Teilen Alkohol und Äther gewaschen, das Produkt im Vakuum 
über Schwefelsäure getrocknet und die erhaltenen hornartigen Blättchen 
zu einem nahezu weißen Pulver zerrieben, das sich, trocken und luft- 
dicht aufbewahrt, sehr lange hält. 


= 


260 XI. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 


XI. Nachweis der wichtigften organifchen Säuren, 
Alkohole und Aldehyde. 


Oxalsäure: Diese findet sich in Pflanzengeweben häufig als 
oxalsaurer Kalk und kristallisiert in farblosen säulen- oder nadelförmigen 
Kristallen, welche in Wasser und Alkohol leicht löslich sind und beim 
Erwärmen ihr Kristallwasser vollständig verlieren. Durch vorsichtiges 
Erhitzen auf 150—160 ® läßt sich die entwässerte Säure sublimieren. 
Die Säure und ihre Salze zerfallen beim stärkeren Erhitzen für sich 
oder mit konzentrierter Schwefelsäure oder mit Schwefelsäure und 
Oxydationsmitteln, wie KMnO, oder MnÖ,, in Kohlenoxyd und Kohlen- 
dioxyd. Von den Salzen sind die der Alkalien in Wasser löslich, die 
unlöslichen Oxalate der Erdalkalien können durch Kochen mit Soda- 
lösung in Lösung übergeführt werden. Oxalsäure oder lösliche Oxalate 
werden durch Kalisalze nicht gefällt (Unterschied gegenüber der Wein- 
säure), Kalkwasser oder lösliche Kalksalze fällen weißes Kalziumoxalat, 
in Essigsäure unlöslich. Man extrahiert die Gewebe mit verdünnter 
Salzsäure, versetzt die filtrierten Extrakte mit einer Mischung von 
Chlorkalziumlösung und Ammoniak und übersättigt mit Essigsäure; 
dann löst man nochmals in Salzsäure und versetzt wieder mit Ammoniak, 
hierauf mit Essigsäure im Überschuß. 

Weinsäure: Die neutralen Tartrate sind in Wasser leicht, die 
sauren Tartrate schwer löslich, wohl aber lösen sie sich nach Behandlung 
mit Natronlauge. Chlorkalzium fällt aus der Lösung neutraler Tartrate 
weißes, in Lauge lösliches Kalziumtartrat. Beim Kochen dieser alkalischen 
Lösung scheidet sich das Kalziumtartrat ab und verschwindet beim 
Erkalten der Flüssigkeit wieder (Kalziumoxalat ist in Lauge unlöslich.). 
Kalkwasser bewirkt in der Lösung normaler Tartrate in der Kälte einen 
weißen Niederschlag (Unterschied gegenüber Zitronensäure), Silber- 
nitrat erzeugt eine weiße, flockige Fällung, die beim Kochen sich unter 
Abscheidung metallischen Silbers schwärzt. Versetzt man die Lösung 
freier Weinsäure oder eines Tartrats mit wenig Ferrosulfatlösung, fügt 
einige Tropfen Wasserstoffsuperoxyd und dann Natronlauge im Über- 
schuß hinzu, so entsteht eine violette Färbung. Dadurch unterscheidet 
sich die Weinsäure von der Zitronensäure und Bernsteinsäure. Zur 
Trennung der Weinsäure von der Oxalsäure versetzt man die Lösung 
mit Kalkwasser, wodurch beide Säuren gefällt werden; behandelt man 
nun den Niederschlag mit Chlorammonium, so geht nur das Kalzium- 
tartrat in Lösung. 

Zitronensäure: Chlorkalzium erzeugt in der Lösung der freien 
Säure keine Fällung, Zitrate werden als weißer, in Lauge unlöslicher, 
in Chlorammonium löslicher Niederschlag gefällt. Wird diese Lösung 
bis zum Kochen erhitzt, so scheidet sich das Salz wieder aus und ist 
nun in Chlorammonium unlöslich (Unterschied gegenüber Weinsäure). 
Bleiazetat im Überschuß fällt weißes Bleizitrat, in Ammoniak löslich 
(Unterschied gegenüber Äpfelsäure). Besonders charakteristisch ist 
das Verhalten gegen Bariumazetat. Mit diesem Reagens entsteht mit 
Zitraten ein amorpher Niederschlag, der, mit einem Überschuß des 
Fällungsmittels mehrere Stunden am Wasserbad gekocht, von seinem 
ursprünglich bedeutenden Volumen ganz zusammensinkt und kristal- 
linisch wird. Dieses Verhalten gestattet den Nachweis von Zitronen- 


XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 961 


säure neben allen denjenigen Fruchtsäuren, welche, wie Weinsäure usw., 
gegen Bariumazetat sich indifferent verhalten. Der Nachweis sehr 
kleiner Mengen Zitronensäure erfolgt so, daß man in einem kleinen 
Glühröhrchen die zu prüfende Substanz, die nicht weniger als 5 mg 
Zitronensäure enthalten darf, mit der sechsfachen Menge Ammoniak 
übergießt, das Röhrchen zuschmelzt und in einen auf 110—120 ® er- 
hitzten Trockenschrank legt. Bei Gegenwart von Zitronensäure färbt 
sich die Flüssigkeit gelblich, mitunter zeigen sich einzelne Kristalle 
darin; nach dem Erkalten bringt man den Inhalt des Röhrchens in eine 
Porzellanschale und beobachtet beim Stehen eine immer intensiver 
werdende Blaufärbung der Flüssigkeit; nach einigen Tagen geht die 
blaue Farbe in grün über, das immer mißfarbiger wird, bis schließlich 
Entfärbung eintritt. Die Reaktion tritt auch bei Gegenwart von Wein- 
säure, Apfelsäure, Oxalsäure, von diesen unbeeinflußt, ein. Eine gute 
Unterscheidung von Weinsäure und Zitronensäure gibt auch eine Lösung 
von Kaliumbichromat: 10 ccm einer gesättigten Bichromatlösung werden 
in eine Eprouvette gegeben, zirka 1 g der zu prüfenden Substanz dazu- 
getan und geschüttelt; ist bloß Zitronensäure zugegen, so ist die Flüssig- 
keit nach 10 Minuten noch unverändert, bei Gegenwart von Weinsäure 
färbt sie sich braun bis schwarz. 

Apfelsäure: Chlorkalzium erzeugt weder in der Lösung der 
freien Säure, noch nach dem Übersättigen mit Ammoniak oder Natron- 
lauge eine Fällung; kocht man aber die Flüssigkeit, so scheidet sich ein 
weißer Niederschlag von Kalziumoxalat aus; dagegen entsteht der 
Niederschlag sofort, wenn man 1—2 Volumina Alkohol zur Flüssigkeit 
hinzufügt; beim vorsichtigen Erwärmen der Flüssigkeit ballt sich der 
Niederschlag harzartig zusammen und setzt sich in Form weißer Klümp- 
chen an den Glaswandungen ab, was der unter ähnlichen Umständen 
entstehende Niederschlag der Bernsteinsäure nicht tut. Nach dem Er- 
kalten der Flüssigkeit erhärten die Klümpchen und lassen sich zu einer 
kristallinischen Masse zusammendrücken. 

Bleiazetat fällt weißes Bleimalat, welches in kochendem Wasser 
schmilzt und zu einer durchscheinenden, harzartigen Masse wird, die 
sich nach längerem Stehen kristallinisch zusammensetzt (Unterschied 
gegenüber Weinsäure, Oxalsäure, Zitronensäure). Um Apfelsäure und 
Zitronensäure zu trennen, versetzt man mit Kalkwasser und kocht: 
es scheidet sich zitronensaurer Kalk aus, im Filtrat fällt auf Zusatz 
von Alkohol apfelsaurer Kalk. Oder man versetzt die Lösung beider 
Säuren mit Chlorkalzium und fügt nach und nach unter Umschütteln 
Alkohol hinzu, bis eben ein Niederschlag von Kalziumzitrat auftritt. 
Filtriert man nun ab, so entsteht im Filtrat auf reichlichen Zusatz von 
Alkohol ein Niederschlag von Kalziummalat. Ist aber neben Apfelsäure 
gleichzeitig Oxalsäure, Weinsäure und Zitronensäure vorhanden, so 
können die beiden Säuren nicht durch Kalkwasser vorher ausgefällt 
werden, da die Zitronensäure die vollständige Abscheidung dieser Säuren 
verhindert. Zur Trennung führt man die Säuren in die Ammonsalze über, 
konzentriert durch Eindampfen, neutralisiert den Rückstand nochmals 
mit Ammoniak und fügt 7—8 Volumteile starken Alkohols hinzu. Da- 
durch werden oxalsaures, weinsaures und zitronensaures Ammon ausge- 
schieden, während das apfelsaure Ammon in Lösung bleibt ; nach 24 Stunden 
wird filtriert und das Filtrat mit Bleiazetat gefällt, worauf man das 
Bleimalat durch das oben angegebene Verhalten charakterisiteren kann. 


262 NL. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 


Bernsteinsäure: Eine Mischung von Chlorbarium, Ammoniak 
und Alkohol erzeugt in den Lösungen der freien Säure und ihrer Salze 
einen weißen amorphen Niederschlag, dasselbe ist bei Zusatz von Blei- 
azetat zu den Lösungen von Bernsteinsäure oder Sukzinaten der Fall; 
dieser Niederschlag ist aber in überschüssigem Reagens sowie in Bern- 
steinsäure und bernsteinsauren Alkalien löslich. Heiße Lösungen bleiben 
auf Zusatz des Reagens zunächst klar, nach einiger Zeit, besonders beim 
Schütteln, scheidet sich der Niederschlag kristallinisch aus. 


Benzoä&säure: Silbernitrat fällt weißes Silberbenzoat, in 
heißem Wasser löslich, und aus dieser Lösung beim Erkalten sich in 
Schuppen ausscheidend. Durch Eisenchlorid wird Benzoesäure aus 
ihren Salzen als fleischfarbener Niederschlag von basischem Eisen- 
benzoat gefällt; dieser Niederschlag wird durch Ammoniak aufgelöst, 
auf Zusatz von Salzsäure aber unter Abscheidung von Benzoesäure zer- 
setzt. Will man die Trennung von Benzoesäure und Bernsteinsäure 
herbeiführen, so versetzt man mit Ferrichlorid, das beide Verbindungen 
fällt, und löst die Fällung in Ammoniak. Den einen Teil der ammoni- 
akalischen Lösung prüft man nun mit Salzsäure auf Benzoesäure, den 
anderen mit einer Mischung von Chlorbarium, Alkohol und Ammoniak 
auf Bernsteinsäure. h 

Bestimmung von Weinsäure, Zitronensäure, Apfelsäure, Bernstein- 
säure, nebeneinander nach Jörgensen!): Die Lösung wird mit Soda 
neutralisiert, mit Bleiazetat und Alkohol versetzt, es entsteht ein Nieder- 
schlag, der durch Schwefelwasserstoff entbleit wird; das Filtrat vom 
Bleisulfid wird dann auf ein kleines Volumen eingedampft, mit Kali- 
lauge neutralisiert und mit Alkohol die Gerbsäure und ein Teil der 
Schwefel- und Phosphorsäure ausgefällt. Aus dem alkoholischen Fil- 
trat wird die Weinsäure durch Eisessig als saures Kalitartrat gefällt, 
worauf die  Bernsteinsäure aus dem von Alkohol durch Abdampfen 
befreiten Filtrat durch reinen, alkoholfreien Ather im Extraktions- 
apparat ausgezogen wird. Kann man auf Weinsäure und Apfelsäure 
verzichten und kommt es nur auf die Bestimmung der Bernsteinsäure 
an, so werden zirka 150 cem der zu untersuchenden Flüssigkeit, nach 
dem Eindampfen auf 100 cem am Wasserbade, nach dem Erkalten 
mit 4-5 g gepulverten Bariumhydroxyds versetzt und dieses durch 
Umrühren möglichst in Lösung gebracht, worauf man noch 3 ccm 
Chlorbariumlösung (1: 9) hinzufügt, die Flüssigkeit samt Niederschlag 
in einen Meßkolben bringt, auffüllt und den Niederschlag abfiltriert. 
100 cem des Filtrates werden im Glaskolben am Rückflußkühler 
10 Minuten lang erhitzt, wobei anfangs starkes Schäumen eintritt. Der 
Inhalt des Kolbens wird in eine Porzellanschale gebracht, der Kolben- 
wand anhaftende feste Teilchen mit einigen Tropfen Salzsäure gelöst 
und das Ganze am Wasserbad zur Sirupdicke eingedampft. Der Sirup 
wird mit 20 cem Wasser und 80 ccm 95 prozentigen Alkohols unter 
Umrühren versetzt, der Niederschlag nach mehrstündigem Stehen an 
der Pumpe abgesaugt und (mit Hilfe von etwas heißem Wasser) vom 
Filter herunter wieder in die Porzellanschale gebracht, mit 50 ccm 
Wasser angerührt und mit 15 cem Schwefelsäure 1: 4 am Wasserbad 


') Jörgensen, Über die Bestimmung einiger in den Pflanzen vorkommen- 
ns 5 5 
der organischer Säuren. Ztschr. f. d. Unters. v. Nahrungs- u. Genußm. 13, 
[4 
241 (1907). 


XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 263 


erhitzt. In die heiße Flüssigkeit bringt man solange 5 prozentige 
Permanganatlösung ein, bis sie auch bei weiterem Erhitzen und Um- 
rühren am Wasserbad dauernd dunkelrot gefärbt erscheint, zersetzt 
dann den Überschuß von Permanganat durch Eisenvitriol und dampft 
die Flüssigkeit samt dem bei der Oxydation entstandenen Braunstein 
auf zirka 50 cem ein. Die ganze Flüssigkeit samt dem Braunstein wird 
dann mit reinem Äther extrahiert, dem man zweckmäßig einige Tropfen 
Essigsäure zufügt. Nach mehrstündiger Extraktion wird der Äther ab- 
destilliert, der Rückstand in wenig heißem Wasser gelöst, nach dem 
Erkalten durch ein kleines, angefeuchtetes Filter filtriert und am Wasser- 
bad zur Trockene eingedampft. Wein- und Apfelsäure sind durch die 
saure Permanganatlösung völlig zerstört worden, während die Bernstein- 
säure quantitativ in den Atherextrakt übergegangen ist. Der Abdampf- 
rückstand wird nunmehr in Wasser gelöst und gegen Phenolphthalein 
mit m Natronlauge austitriert. Will man ganz genaue Resultate er- 
zielen, so empfiehlt es sich, da Spuren von Essigsäure und Schwefelsäure 
vorhanden sein können, welche die Titrationswerte etwas zu hoch aus- 
fallen lassen, die Bernsteinsäure in das Silbersalz überzuführen und 
durch Titration mit Rhodanammoniumlösung die Menge des verbrauchten 
Silbernitrates zu bestimmen. 


Die nach dem Extrahieren der Bernsteinsäure zurückbleibende 
wässerige Lösung der übrigen Säuren wird neutralisiert und mit Barium- 
chlorid versetzt, wodurch Schwefelsäure, Phosphorsäure und Gallus- 
gerbsäure gefällt werden. Aus dem Filtrat scheidet sich beim Versetzen 
mit wenig Alkohol das Bariumzitrat ab, während die zurückgebliebene 
Äpfelsäure aus dem Filtrat von Bariumzitrat durch größere Alkohol- 
mengen niedergeschlagen wird. Die quantitative Bestimmung des in 
den isolierten Salzen vorhandenen Baryts (durch Verbrennen und 
Glühen) gestattet eine Beurteilung der vorhanden gewesenen Menge 
dieser Säuren. Aus dem alkoholischen Filtrat war früher die Wein- 
säure durch Eisessig als saures Kalitartrat gefällt worden, die aus- 
geschiedenen Kristalle werden nach Abfiltrieren der Flüssigkeit ge- 
waschen, samt dem Filter in den Fällungskolben zurückgebracht und 


gegen Phenolphthalein heiß mit m Natronlauge titriert, von der 1 ccm 


— 15 mg Weinsäure entspricht. 


Die Trennung von Zitronensäure und Äpfelsäure wird, wie erwähnt, 
so durchgeführt, daß man nach der Extraktion der Bernsteinsäure 
mit Natronlauge neutralisiert und die Lösung mit etwa 10 ccm einer 
10 prozentigen Chlorbariumlösung fällt. Ist der Niederschlag dicht und 
schwer, so enthält er vornehmlich die Bariumsalze der Schwefelsäure, 
Phosphorsäure und der Gerbsäuren; in diesem Falle wird durch ein 
kleines Filter unter Nachwaschen mit Wasser filtriert und das Filtrat 
mit Alkohol versetzt und gut durchgeschüttelt. Ist der Barytniederschlag 
voluminös, so spült man ihn in einen größeren Meßkolben, fügt noch 
mehr Chlorbarium hinzu, füllt bis zur Marke auf und arbeitet nur mit 
einem Teile des Filtrates. Das Verfahren zur Trennung von Apfelsäure 
und Zitronensäure richtet sich nach dem gegenseitigen Mengenverhältnis 
dieser beiden Säuren. Sind größere Quantitäten beider vorhanden, 
so genügt das einmalige Fällen mit Alkohol nicht, denn man muß auf 


964 XI. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 


eine geringe Löslichkeit des Bariumzitrats in 28 volumprozentigem 
Alkohol Rücksicht nehmen, während anderseits die gewöhnlich ver- 
wendete Alkoholmenge (72 cem des Filtrates werden mit Alkohol auf 
100 cem ergänzt) nicht immer ausreicht, um das gesamte Bariummalat 
zu lösen, welches überdies leicht zum Teil mit gefällt wird, wenn der 
Bariumzitratniederschlag sehr voluminös ist, so daß man dann wieder 
in Wasser auflösen und nochmals mit Alkohol fällen muß. Von den 
100 ccm der 28 Volumprozente Alkohol enthaltenden Flüssigkeit wird der 
Niederschlag abfiltriert, der Rückstand wieder in den Kolben zurück- 
gebracht, mit Wasser auf 72 cem gelöst und nochmals mit 28 ccm Alkohol 
gefällt. Die Filtrate werden getrennt auf 5 ccm eingedampft, filtriert, 
in einen Meßzylinder gebracht, mit Wasser bis auf zirka 17 ccm gewaschen 
und mit dem doppelten Volumen Alkohol gefällt. Die Barytsalze der 
beiden Säuren werden folgendermaßen weiter behandelt: das Barium- 
malat wird nach dem Stehen über Nacht und Auswaschen mit einem 
Gemisch von Wasser und Alkohol in schwach salpetersäurehaltigem 
Wasser gelöst und kochendheiß mit einem geringen Überschuß von ver- 
dünnter Schwefelsäure als Bariumsulfat gefällt, das sich bald körnig 
absetzt, abfiltriert, getrocknet, geglüht und gewogen wird. 1 g Barium- 
sulfat entspricht 548 mg wasserfreier Zitronensäure und 574 mg Apfel- 
säure. 

Zur Bestimmung der flüchtigen Säuren, wie Ameisensäure, Essig- 
säure, Buttersäure, Valeriansäure, muß eine Gewinnung dieser organischen 
Säuren durch Destillation und deren Identifizierung im Destillate voraus- 
gehen. Da diese flüchtigen Säuren im Stoffwechsel der höheren Pflanzen 
nur eine untergeordnete Rolle spielen, sei hier auf ihre Bestimmung 
nicht weiter eingegangen. 

Aldehyde: Hier kommt nur der Formaldehyd in Betracht. 
Fügt man zu einer aldehydhaltigen Flüssigkeit Silbernitratlösung und 
einige Tropfen Ammoniak, so wird der Aldehyd unter Reduktion des 
Silbers oxydiert; das Silber bildet dabei einen grünschwarzen Nieder- 
schlag oder setzt sich in Form eines glänzenden Spiegels an den Eprou- 
vettenwandungen an. Versetzt man die aldehydhaltige Lösung mit 
einem Tropfen Fuchsinlösung, die durch schweflige Säure aber ent- 
färbt ist (Scehiffsches Reagens), so tritt Rotfärbung ein. Fügt man 
die mit verdünntem Alkali und einigen Körnchen Natriumamalgam 
versetzte Aldehydlösung zu einer frisch bereiteten Auflösung von Diazo- 
benzolsulfosäure in etwa 60 Teilen kalten, mit Natronlauge versetzten 
Wassers, so tritt nach kurzer Zeit rotviolette Färbung ein. Diese Re- 
aktionen sind aber nicht für Aldehyde allein charakteristisch, sondern 
mehr oder weniger für alle leicht oxydablen organischen Substanzen; 
so wird die Silberreduktion durch Traubenzucker und einige Ketone 
hervorgerufen, die genannten Färbungen durch Aldehydgruppen ent- 
haltende Säuren, einige Ketone usw. 

Der Nachweis des Formaldehyds in Lösungen, welche noch andere 
Substanzen enthalten, gelingt am besten durch Destillation und Ver- 
wandlung des Aldehyds im Destillate durch Oxydation in Ameisensäure, 
die dann leicht an der raschen Schwärzung ihres Silberniederschlages, 
an der Ausscheidung von Kalomel aus Sublimatlösungen qualitativ 
und auch quantitativ durch Bestimmung des Silbers, respektive Queck- 
silbers aus den betreffenden Salzen festgestellt werden kann. Von 
Farbenreaktionen seien folgende erwähnt: mit salzsaurem Phenyl- 


XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 265 


hydrazin, einigen Tropfen Ferrichlorid versetzt und mit Schwefelsäure 
übersättigt, geben Formaldehydlösungen allmähliche Rotfärbung. Natron- 
lauge und Resorzin gibt mit Formaldehyd in der Siedehitze Rotfärbung. 
Man benutzt eine Lösung mit 40—50%, NaOH und 5%, Resorzin. Gleiche 
Volumina der zu untersuchenden Lösung und der Resorzinlauge werden 
eine halbe Minute im Sieden erhalten, selbst Spuren von !/,, Milliontel 
lassen sich so durch Rotfärbung nachweisen. Kodein und Schwefelsäure 
erzeugen mit Formaldehyd Violettfärbung, Morphinchlorhydrat und ver- 
dünnte Schwefelsäure Purpurfärbung, die nach Indigoblau übergeht. 
Durch verdünnte Merkurioxyd-Natriumsulfitlösung wird Formaldehyd im 
Gegensatz zu Azetaldehyd nicht gefällt. Die charakteristische Farben- 
reaktion, welche nur mit Formaldehyd und sonst mit keinem anderen 
Aldehyd oder einer anderen in Betracht kommenden organischen Sub- 
stanz eintritt, ist die Diphenylaminprobe. Versetzt man die zu prüfende 
Lösung mit 2 ccm einer 3 prozentigen Auflösung von Diphenylamin in 
konzentrierter Schwefelsäure, indem man das Reagens an der Eprouvetten- 
wand herabfließen läßt, so daß es die wässerige Lösung unterschichtet, 
so entsteht an der Berührungsstelle beider Schichten, wenn Formal- 
dehyd auch nur in minimalen Spuren zugegen ist, eine Smaragdgrün- 
färbung in Form eines Ringes. Beim Schütteln färbt sich die ganze 
Flüssigkeit schmutziggrün, da ausfallendes Diphenylamin die Lösung 
trübt. Man kann das Ausfallen des Niederschlages verhindern, wenn 
man das Diphenylamin in Alkohol auflöst oder eine alkoholische Formal- 
dehydlösung verwendet und zu der mit dem Reagens versetzten Lösung 
am Rande der Eprouvette konzentrierte Schwefelsäure zufließen läßt: 
die ganze Flüssigkeit färbt sich dann smaragdgrün. 

Von den quantitativen Methoden zur Bestimmung des Form- 
aldehyds sei zunächst die von Legler genannt, welche sich auf die 
Fähigkeit des Formaldehyds stützt, mit Ammoniak und Aminen rasch 
und quantitativ Verbindungen einzugehen. Man fügt eine abgemessene 
Menge titrierter Ammoniakflüssigkeit zu der Formaldehydlösung hinzu 
und titriert nach einiger Zeit das unverbrauchte Ammoniak mit ge- 
stellter Säure zurück. Das Ammoniak reagiert mit dem Formaldehyd 
glatt unter Bildung des schwer löslichen Hexamethylentetramin. In 
meiner kritisch-vergleichenden Nachprüfung der verschiedenen Methoden 
habe ich die Leglersche Methode in der Abänderung von Smith 
verwendet: 2 g reines, neutrales NH,Cl wurden in einer Stöpselflasche 
in 25 ccm Wasser gelöst und 2,5 g des zu untersuchenden Aldehyds 
in 2 prozentiger Lösung, respektive ein Pflanzenextrakt hinzugefügt. 
Dann wurden 25 ccm n-NaOH zufließen gelassen und nach einer halben 
Stunde der Ammoniaküberschuß durch n-Schwefelsäure gegen Rosol- 
säure als Indikator zurücktitriert. Der Farbenumschlag ist nicht sehr 
scharf und die Bestimmungsmethode nur dort verwendbar, wo größere 
Formaldehydmengen zugegen sind; dasselbe gilt von der Methode von 
Vanino und Seitter, bei welcher durch Kaliumpermanganat die 
Oxydation des Aldehyds zur Ameisensäure bewirkt und der Permanganat- 
überschuß mit Wasserstoffsuperoxyd zurücktitriert wird. Für so kleine 
Mengen Formaldehyd, wie sie allenfalls in assimilierenden grünen Pflanzen- 
organen vorgefunden werden können, ist allein die jodometrische Methode 
von Romijin brauchbar, welche die Eigenschaft des Formaldehyd 
benutzt, durch Jod in alkalischer Lösung zu Ameisensäure oxydiert 
zu werden, worauf man nach beendeter Einwirkung mit Salzsäure oder 


966 XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 


Schwefelsäure ansäuert und das in Freiheit gesetzte Jod in gewöhnlicher 
Weise durch Natriumthiosulfatlösung bestimmten Gehaltes bis zur 
Entfärbung von Stärkekleister zurücktitriert. 1 cem n-Jodlösung ent- 
spricht 15 mg Formaldehyd. Die Meßgefäße müssen besonders sorg- 


fältig geeicht sein. Die n, Thiosulfatlösung wurde mit Kaliumbichromat 


gestellt; dieselbe enthielt 3,874 g K,Cr,O, im Liter gelöst, für 20 cem 
derselben wurden 17 ccm Thiosulfatlösung verbraucht, welche 0,2 g 
Jod äquivalent sind (12,7 g resublimiertes Jod waren in Jodkali- 
lösung gelöst worden und die Lösung zu einem Liter aufgefüllt). 
l cem der verwendeten Thiosulfatlösung entspricht 0,00139 g Formal- 
dehyd. Diese Methode konnte mit Vorteil für die Bestimmung 
auch von Lösungen, respektive Extrakten verwendet werden, die nur 
0,002 %, Formaldehyd enthielten, nur daß man dann Jodlösung und 
Thiosulfatlösung entsprechend verdünnter wählte. Wird nun grünen 
Keimpflanzen in einer hermetisch abgeschlossenen Kulturglocke eine 
bestimmte Quantität Formollösung nebst der notwendigen Feuchtig- 
keit geboten, wobei das feste Kultursubstrat sorgfältig vor Eindringen 
des Formaldehyds geschützt ist, so kann man nach Beendigung des 
Versuches, während welches aus der Formollösung Formaldehyd in das 
Luftvolumen der Glocke verdampft war und von den assimilierenden 
Organen aufgenommen werden konnte, den zurückgebliebenen und den 
im Wassergefäß gelösten zuzüglich des in der Feuchtigkeit der Pflanzen 
und der Glockenwände haftenden Formaldehyds bestimmen und durch 
Vergleich mit der gebotenen Formaldehydmenge den Verbrauch durch 
die Pflanzen erkennen. Es ist aber zweckmäßig, einen unter denselben 
Bedingungen verlaufenden Parallelversuch ohne Pflanzen aufzustellen, 
da die in ein gleichgroßes Luftvolumen unter denselben physikalischen 
Bedingungen übergehende Formaldehydmenge eine konstante Größe 
darstellt. Bei dieser Gelegenheit sei eines sehr gut funktionierenden 
Bewässerungsapparates Erwähnung getan, den S. Baker bei der Be- 
stätigung meiner mit Formaldehyd gewonnenen Erfahrungen (Baker, 
Effect of formaldehyde on living plants, Annals of Botany 27, 411 [1913]) 
benützt hat und der sich überhaupt bei längerdauernden Kulturen in 
hermetisch abgeschlossenen Räumen empfiehlt. Das Glasreservoir W 
(Fig. 80a) ist in einen schmalen Auslauf ausgezogen und trägt einer- 
seits das zur feinen Spitze ausgezogene Rohr F, das fallweise zu- 
geschmolzen und aufgebrochen werden kann, anderseits das lange, 
in eine Kapillare C endigende Rohr G, das in einer für die Standfestig- 
keit des Apparates zweckmäßigen Weise gebogen ist. Durch Einsenken 
des Auslaufes in Wasser und Saugen am kurzen Kapillarrohr wird das 
Reservoir gefüllt, worauf das Rohr zugeschmolzen wird. Nun kann so- 
lange kein Wasser das Reservoir verlassen, bis wieder Luft eingedrungen 
ist. Je nach der Länge und Bohrung der langen Röhre kann die Luft 
durch die Glaswollekugel Wa bei bestimmter Temperatur früher oder 
später eindringen, so daß man diese Länge je nach der Dauer des Ver- 
suches verschieden wählen muß. Um in 14 Tagen 10 ccm zu entlassen, 
genügt eine Länge von 50 cm und ein Röhrenlumen von 0,05 mm. Die 
Glaswolle verhindert das Eindringen von Kondenswasser in die Kapillare, 
wodurch ihre Funktionsdauer verlängert wird. Immerhin ist es zweck- 
mäßiger, den andern Weg der Wasserzufuhr zu wählen, nämlich den durch 
die Wassersäule. Bei der abendlichen Abkühlung werden nämlich Luft- 


XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 967 


blasen durch das Wasser eingesaugt und am nächsten Morgen, wenn 
sich die Luft erwärmt, wird Wasser ausgetrieben; so reguliert sich die 
Wasserzufuhr automatisch nach den Bedürfnissen der Pflanze: an heißen 
Tagen fließt ihr mehr Wasser zu als an kalten; immerhin kommt auch 
so nicht mehr Wasser als 15 ccm wöchentlich den Pflanzen bei einer 
Höhe des Reservoirs von 15 cm und 4cm Weite zu. Die Zufuhr von 
Gasen erfolgt am besten durch den Apparat Fig. SOb, durch den kleine 
Mengen Gas, z. B. CS,, der Luft beigemischt werden können, die zu 
den Pflanzen gelangt. Der Kolben wird mit der betreffenden Flüssig- 
keit gefüllt (durch Erwärmen und Abkühlen) und dann der Luftstrom 
in der Richtung der Pfeile der T-förmigen Glasröhre und Kapillare C 
entlang geführt; die Luft beladet sich im Kolben mit Dampf, der sich 
aber in der Kapillare verteilt, so daß der Dampfdruck am Ende der- 
selben stets Null ist, wodurch auch die relative der Luft beigemengte 
Dampfmenge stets gleich bleibt. 

Bei Anwesenheit anderer Aldehyde 
außer Formaldehyd versetzt man den 
Extrakt (Destillat) mit Zyankalilösung 


1 :150, gießt das Gemisch in Rn Silber- 


nitratlösung, die mit wenig HNO, an- 
gesäuert ist, und titriert den Überschuß 
mit  gestellter Rhodanammonlösung 
zurück: 1 Molekül Formaldehyd bindet 
l Molekül Zyankali. 


Fig. 80a. Automatischer Bewässerungs- Fig.80b. Apparat nach Miss Baker zur gleichmäßigen 
apparat nach Miss Baker. Diffusionsverteilung von Dämpfen im Luftstrom. 


Von qualitativen und quantitativen Methoden sei schließlich noch 
die Kondensation von Formaldehyd mit p-Dihydrazin-o-diphenyl ge- 
nannt, welche selbst mit sehr verdünnten Formollösungen (1 : 5000) 
eintritt; erst bei einer Verdünnung von 1: 8000 wird die Probe un- 
sicher. Mit Formollösungen 1 : 5000 tritt beim Vermischen mit einigen 
Tropfens salzsauren Diphenyldihydrazins beim Erwärmen sofort hell- 
gelbe Färbung ein, der nach einigen Minuten eine kristallinische Ab- 
scheidung folgt, während bei anderen Aldehyden oder Ketonen keine 
Reaktion eintritt. Zum mindesten sind die mit anderen Aldehyden 
entstehenden Produkte in Alkohol leicht löslich; wenn also die Anwesen- 
heit solcher zu vermuten ist, setzt man der zu prüfenden Lösung das 
doppelte Volumen Alkohol zu. Zur Prüfung fügt man zur vollkommen 
farblosen (eventuell durch Tierkohle filtrierten) Lösung des Reagens 
bei 60 ° langsam unter Rühren die zu untersuchende Flüssigkeit zu. 
Bei Gegenwart von Formaldehyd fällt alsbald ein voluminöser hell- 


968 XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 


gelber Niederschlag, der sich rasch absetzt, an der Pumpe abgesaugt 
und nacheinander mit viel heißem Wasser, Alkohol, Azeton, absolutem 
Alkohol und wasserfreiem Äther gewaschen wird. Nach dem Trocknen 
im Vakuum über Schwefelsäure kann man den Niederschlag zur Wägung 
bringen und so den Formaldehyd quantitativ bei Gegenwart anderer 
Aldehyde und Ketone bestimmen. Für den bloßen qualitativen Nach- 
weis ist die Verwendung von reinem, kristallisiertem Hydrazinreagens, 
wie es Neuberg, dem diese ausgezeichnete Methode zu danken ist, 
für quantitative Bestimmungen vorschreibt, unnötig. Man löst für 
solche Fälle eine Messerspitze Benzidin in Salzsäure, versetzt nach dem 
Abkühlen unter der Wasserleitung mit Kalinitrit und fügt das entstandene 
Diazochlorid zu einer Lösung von Zinnchlorür in rauchender Salzsäure. 
Nach kurzem Stehen kocht man mit Tierkohle auf. Das klare Filtrat 
enthält genügend Hydrazinchlorhydrat zum Gelingen der Probe, doch 
muß man im Auge behalten, daß mit solchen nicht aus ganz reinem 
Reagens bereiteten Lösungen die Formaldehydverbindung manchmal 
eine orangegelbe Färbung annimmt. 

Äthylalkohol: Von den Alkoholen ist dieser der einzige, 
dessen Bestimmung allenfalls beim Arbeiten mit höheren Pflanzen 
als Produkt der intramolekularen Atmung derselben unter Luftausschluß 
in Betracht kommt. Zum qualitativen Nachweis des Alkohols destilliert 
man die zu untersuchende Flüssigkeit und verwendet das Destillat zum 
Alkoholnachweis; man darf annehmen, daß nach Abdestillieren von 
zwei Dritteln der Lösung sämtlicher Alkohol ins Destillat übergegangen 
ist. Wenn nur sehr wenig Alkohol zu erwarten ist, wiederholt man mit 
dem Destillat die Destillation noch einmal, indem man wieder zwei Drittel 
abdestilliert. Mit dem schließlich erhaltenen kleinen Flüssigkeitsvolumen 
führt man am besten die Verwandlung des Alkohols in den Äthylester der 
Nitrobenzoesäure nach Abscheidung des Alkohols aus dem Destillat mit 
entwässertem Kalikarbonat aus. Man fängt beim Destillieren des durch 
Zusatz von Kalikarbonat erhaltenen Oles die zwischen 65—85 ° über- 
gehende Fraktion gesondert auf oder verwendet das letzte Destillat selbst 
zur Überführung in den Ester. Man erwärmt mit Nitrobenzoylchlorid und 
kühlt dann ab. Bei Anwesenheit von Alkohol scheiden sich nach einiger 
Zeit Kristalle des Nitrobenzoesäure-Athylesters ab, die nach dem Um- 
kristallisieren aus Methylalkohol den Schmelzpunkt 57 ° zeigen. Kleine 
Mengen von Alkohol (bis zur Verdünnung 1: 2000) können durch die 
Liebensche ‚Jodoformprobe erkannt werden, die allerdings nicht 
eindeutig ist, sondern auch mit Azeton, Azetaldehyd und anderen orga- 
nischen Verbindungen positiv ausfällt. Man erwärmt die Flüssigkeit 
in einer Eprouvette und trägt einige Körnchen Jod ein, versetzt dann 
tropfenweise mit so viel verdünnter Natronlauge, bis die Flüssigkeit 
farblos geworden ist; bei nicht zu großer Verdünnung findet nun sofort 
eine Trübung statt, das Jodoform fällt in zitronengelben Kristallen aus. 
Die Reaktion findet langsamer auch in der Kälte statt, ein Überschuß 
von Kali ist zu vermeiden. Nach dem Jodoformgeruch allein darf man 
nicht urteilen, da schon Lauge und ‚Jod einen eigenartigen Geruch er- 
zeugen, der schwachen ‚Jodoformgeruch verdecken oder vortäuschen 
kann. Am zweckmäßigsten verfährt man so, daß man die zu prüfende 
Flüssigkeit mit 5 Tropfen 10 prozentiger Lauge versetzt, auf 40—50 
erwärmt (nicht höher, weil sonst Alkohol verdampft), und nun so lange 
unter Umrühren eine mit Jod gesättigte Lösung von Jodkali hinzufügt, 


XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 269 


bis die Flüssigkeit gelbbraun gefärbt ist. Der Überschuß von Jod wird 
durch Kalilauge, die man mit dem Glasstabe tropfenweise hinzufügt, 
entfernt. Beim Stehen (bisweilen erst nach 24 Stunden, mitunter nicht 
am Boden der Eprouvette, sondern auf der Flüssigkeit schwimmend) 
setzt sich das Jodoform in sechsstrahligen, unter dem Mikroskop deut- 
lich erkennbaren Sternen ab. Eine weitere Methode, Alkohol nach- 
zuweisen, besteht darin, daß man in die zu prüfende Lösung etwas 
Platinschwarz einträgt und unter Erwärmen auf 40 ® einige Zeit schüttelt. 
Dann wird filtriert und die jetzt Essigsäure enthaltende Flüssigkeit 
mit einem Tropfen Kalilauge versetzt, auf dem Wasserbade eingedampft 
und der trockene Rückstand mit etwas Arsentrioxyd in einem Glas- 
röhrchen erhitzt, wobei der ekelerregende Geruch nach Kakodyloxyd 
auftritt. Eine sehr empfindliche Probe ist ferner das Zufügen von etwas 
Benzoylchlorid zu der zu untersuchenden Flüssigkeit und Schütteln 
damit. Es entsteht Athylbenzoat, das sich im überschüssigen Benzoyl- 
chlorid auflöst. Schüttelt man jetzt mit einer Lösung von Pottasche, 
so wird das Benzoylchlorid sofort. gelöst, das Athylbenzoat aber nur 
wenig angegriffen, und gibt sich durch seinen charakteristischen an- 
genehmen Geruch zu erkennen; noch 1 Teil Alkohol in 2500 Teilen 
Wasser ist so zu erkennen. Charakteristisch ist auch bei Gegenwart von 
Alkohol die karminrote Färbung, mit der sich ein hineingeworfenes 
Körnchen Fuchsin auflöst. 

Für die quantitative Bestimmung des Alkohols kommt hauptsächlich 
die Ermittelung des spezifischen Gewichts des Destillates in Betracht, 
das mit dem Aräometer oder Pyknometer oder bei kleinen in Betracht 
kommenden Alkoholmengen am besten durch vergleichende Wägung 
bestimmt werden kann. Palladin und Kostytschew gehen 
in der Weise vor, daß sie das Versuchsmaterial in einen geräumigen Rund- 
kolben bringen, mit noch zirka 500 ccm destillierten Wassers versetzen 
und mehrfacher Destillation unterwerfen, wobei jedesmal nicht weniger 
als die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage übergehen muß. Bei der 
ersten Destillation wurde immer eine gewisse Menge Toluol aus dem 
Versuchsrezipienten im Destillate gefunden, welches zum Sterilerhalten 
des Versuches hineingegeben worden war; das Toluol läßt sich aber 
von der übrigen Flüssigkeit leicht im Scheidetrichter abtrennen. Die 
zweite Destillation erfolgt aus schwach saurer, die dritte aus schwach 
alkalischer Lösung. Zur Ansäuerung des ersten Destillates wurde Wein- 
säure, zur Alkalisierung des zweiten Natronkarbonat verwendet. Ohne 
Berücksichtigung dieser Vorsichtsmaßregeln erhält man kaum ein neu- 
trales Destillat, meistens enthält es dann eine auf Kongorot alkalisch 
reagierende und durch Phosphorwolframsäure fällbare Substanz. Die 
Menge des gebildeten Alkohols wurde aus dem spezifischen Gewichte 
des vierten oder fünften Destillates ermittelt. Das spezifische Gewicht 
wurde mit Hilfe eines genauen, mehr als 30 ccm fassenden Pyknometers 
bestimmt. Sämtliche Füllungen des Pyknometers wurden bei 15,5 ° C 
ausgeführt. Gegen das UÜbergehen von flüchtigen, bei physiologischen 
Prozessen, die zur Alkoholbildung führen, immer gleichzeitig mit- 
gebildeten organischen Säuren in das Destillat muß man sich deswegen 
schützen, weil diese das spezifische Gewicht des Destillates verändern 
würden, während das durch die höheren, eventuell in Spuren gebildeten 
Homologen des Äthylalkohols nicht der Fall ist. Zur Eichung des Pykno- 
meters kann man in der Weise vorgehen, daß man ein 50 ccm von 15 0 C 


270 X. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 


fassendes Kölbchen mit genau gewogenen 50 g Wassers beschickt und 
den Flüssigkeitsmeniskus genau mit einer Feile markiert. Sowohl zur 
Markierung als auch zur Bestimmung stellt man das Kölbchen in Wasser 
von genau 15 ° C bis zum Halse so lange ein, daß man annehmen kann, 
die Flüssigkeit im Kölbcehen habe diese Temperatur angenommen. Die 
genaue Einhaltung der Temperatur ist conditio sine qua non für die 
Richtigkeit der Ermittlung des spezifischen Gewichts. Stehen größere 
Mengen der Flüssigkeit zur Verfügung, so füllt man davon 150 ccm 
in den Destillationskolben, setzt etwas Tannin zu, um das Schäumen 
zu verhindern, leitet die Dämpfe am besten zur vollkommenen Kon- 
densation durch eine gläserne Kühlschlange und fängt 100 ccm in einem 
Vorlagekölbcehen auf, das bei 100 ccm eine Marke besitzt. Von dieser 
Flüssigkeit, deren Gewicht man kennt, wenn man das leere und das ge- 
füllte Vorlagekölbehen wägt, füllt man nach gutem Durchmischen 
25—60 cem in das Pyknometer, das man vorher geeicht hat. Von 
diesem ist bekannt: 1. das Gewicht, 2. die Menge destillierten. Wassers 
von 15,5 ° C, die es bis zur Marke faßt. Das Pyknometer wird mit dem 
Destillat durch einen in ein feines Röhrchen ausgezogenen Trichter bis 
etwas über die Marke gefüllt, dann in das temperierte Wasser eingestellt, 
worauf man, ohne das Pyknometer aus dem Wasser zu nehmen, mit 
einem Streifen Filtrierpapier so viel Flüssigkeit herausnimmt, daß sie 
gerade nur bis zur Marke reicht, nimmt das Pyknometer heraus, trocknet 
esab und wägt es. Das Gewicht des darin enthaltenen Destillates, dividiert 
durch das Gewicht des gleichen Volumens reinen Wassers gibt das 
spezifische Gewicht, aus dem man in den nachstehenden Windisch- 
schen Tabellen den Alkoholgehalt erfährt. Steht nur eine kleine Menge 
Flüssigkeit zu Gebote, so destilliert man nur 50 cem und fängt diese 
in einem Kölbchen mit Marke bei 35 cem und wählt ein Pyknometer 
von 25—30 cem Inhalt. Hätte man aus 150 ccm Flüssigkeit 102 g eines 
Destillates vom spezifischen Gewicht 0,9809 bei 15,5 ° C erhalten, so 
enthalten nach den Tabellen 100 g Destillat 12,36 g absoluten Alkohol, 
demnach 102 g soviel wie 12,609 g. Diese Alkoholmenge entspricht 
der in 150 cem Flüssigkeit enthalten gewesenen; demnach enthalten 
diese 8,4 %, Alkohol. Ist a das Gewicht des leeren, b das Gewicht des 
bis zur Marke mit Wasser gefüllten Pyknometers, c das Gewicht des 
mit Destillat gefüllten, so ist dessen spezifisches Gewicht, bezogen auf 
c—a 

b—d e 

Aus sehr verdünnten Lösungen kann man nach Nieloux den 
Alkohol folgendermaßen bestimmen: In eine Eprouvette bringt man 
5 ccm der zu untersuchenden alkoholischen Lösung, die im Maximum 
1: 500 stark sein darf, fügt dazu 0,1—0,2 ccm einer 1,9 prozentigen 
Lösung von Kaliumbichromat und reine Schwefelsäure von 60° Be 
(4,5—6 cem); die Lösung erwärmt sich stark, es tritt Farbenumschlag 
ein und das Bichromat wird entfärbt. Man läßt aus der Bürette Bichromat 
zufließen, schüttelt um und kocht, bis die Färbung von Grünblau in 
Gelbgrün umschlägt, und notiert die Anzahl der verbrauchten Kubik- 
zentimeter Bichromat. Hat man mehr als 2 cem Bichromat gebraucht, 
so enthält die Lösung mehr als 2 0/,, Alkohol und muß entsprechend 
verdünnt werden, damit der Farbenumschlag scharf ist. Die Anzahl 
der verbrauchten Kubikzentimeter Bichromat zeigt schon genau den 
Alkoholgehalt an; zur Bestätigung setzt man zu einer Parallelprobe 


Wasser von 15,5 °C, s 


XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 271 


Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol 

wicht des || Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.- | wicht des | Gew.- | Vol.- 

Destillates | Proz. | Proz. | Destillates | Proz. | Proz. | Destillates | Proz. | Proz. 
1,0000 0,00 0,00 0,9940 3,31 4,14 0,9880 7,08 8,81 
0,9999 0,05 0,07 0,9939 3,37 4,22 0,9879 ||. 7,15 8,89 
0,9998 0,11 | 0,13 0,9938 3,43 | 4,29 0,9878 || 7,22 8,98 
0,9997 0,16 0,20 0,9937 3,49 4,36 0,9877 7,29 9,06 
0,9996 0,21 0,27 0,9936 3,55 4,43 0,9876 tea. || EN 
0,9995 0,26 0,33 0,9935 3,60 4,51 0,9875 7,42 9,23 
0,9994 0,32 | 0,40 0,9934 3,66 4,58 0,9874 || 7,49 9,32 
0,9993 0,37 0,47 0,9933 3,72 4,65 0,9873 || 7,56 9,40 
0,9992 0,42 0,53 0,9932 3,78 4,713 0,9872 7,63 9,88 
0,9991 0,48 0,60 0,9931 3,34 4,80 0,9871 1,10 9,57 
0,9990 0,53 0,67 0,9930 3,90 4,88 0,9870 TR 9,66 
0,9989 0,53 | 0,73 0,9929 3,96 4,95 0,9869 7,84 9,74 
0,9988 0,64 | 0,80 0,9928 4,02 5,03 0,9868 1,91 9,83, 
0,9987 0,69 0,87 0,9927 4,08 5,10 0,9867 71,985. 391 
0,9986 0,74 0,93 0,9926 4,14 5,18 0,9866 8,05 , 10,00 
0,9985 0,80 1,00 0,9925 4,20 5,25 0,9865 8,12 | 10,09 
0,9984 0,85 1,07 0,9924 4,26 5,33 0,9864 8,19 | 10,17 
0,9983 0,90 1,14 0,9923 4,32 5,40 0,9863 8,26 | 10,26 
0,9982 0,96 1,20 0,9922 4,39 5,48 0,9862 8,33 | 10,35 
0,9981 1,01 1927 0,9921 4,45 5,55 0,9861 8,41 10,43 
0,9980 1,06 1,34 0,9920 4,51 5,63 0,9860 8,48 10,52 
0,9979 1,12 1,41 0,9919 4,57 5,70 0,9859 8,55 10,61 
0,9978 1,17 | 1,48 0,9918 4,63 5,78 0,9858 8,62 10,70 
0,9977 1,23 1,54 0,9917 4,69 5,86 0,9857 8,69 | 10,79 
0,9976 1,28 1,01 0,9916 4,75 5,93 0,9856 8,76 | 10,88 
0,9975 1,34 1,68 0,9915 4,81 6,01 0,9855 8,84 | 10,96 
0 9974 1,39 1,75 0,9914 4,88 6,09 0,9854 8,91 11,06 
0,9973 1,45 1,82 0,9913 4,94 6,16 0,9853 | 8,98 | 11,14 
0,9972 1,50 | 1,88 0,9912 5,00 6,24 0,9852 0,06 | 11,23 
0,9971 1,56 1,95 0,9911 5,06 6,32 0,9851 9,13 | 11,32 
0,9970 1,617 172,02 0,9910 5,13 6,40 0,9850 | 9,20 | 11,41 
0,9969 || 1,67 | 2,09 0,9909 5,19 6,47 0,9849 | 9,28 | 11,50 
0,9968 | 1,72 | 2,16 0,9908 5,25 6,55 0,9848 || 9,35 | 11,59 
0,9967 1,18 2,28 0,9907 5,32 6,63 0,9847 | 9,42 11,68 
0,9966 1,83 | 2,30 0,9906 5,38 6,71 0,9846 || 9,50 | 11,77 
0,9965 1,89717.25347 0,9905 5,44 6,79 0,9845 9,57 | 11,86 
0,9964 1,94 | 2,44 0,9904 5,51 6,86 0,9844 || 9,65 | 11,95 
0,9963 2,00 2,51 0,9903 5,57 6,94 0,9843 9,72 | 12,05 
0,9962 2,05 2,58 0,9902 5,63 7,02 0,9842 9,80 | 12,14 
0,9961 | 2,11 2,65 0,9901 5,70 7,10 0,9841 | 9,87 | 12,23 
0,9960 Dal 22 0,9900 | 5,76 7,18 0,9840 9,94 | 12,32 
0,9959 2,22 | 2,79 0,9899 | 5,83 | 7,26 0,9839 | 10,02 | 12,41 
0,9958 2,28 | 2,86 0,9898 5,89 | 7,34 0,9838 | 10,10 | 12,50 
0,9957 2,34 2,93 0,9897 5,96 7,42 0,9837 || 10,17 | 12,59 
0,9956 2,39 3,00 0,9896 6,02 7,50 0,9836 || 10,25 | 12,69 
0,9955 2,45 | 3,07 0,9895 | 6,09 7,58 0,9835 || 10,32 | 12,78 
0,9954 2,50 | 3,14 0,9894 | 6,15 7,66 0,9834 | 10,40 | 12,88 
0,9953 2,56 3,21 0,9893 || 6,22 7,74 0,9833 | 10,48 | 12,97 
0,9952 2,62 3,28 0,9892 || 6,28 | 7,82 0,9832 || 10,55 | 13,06 
0,9951 2,69 3,35 0,9891 || 6,35 | 7,90 0,9831 | 10,63 | 13,16 
0,9950 2,13 | 3,42 0,9890 | 6,41 | 7,99 0,9830 | 10,212 213,25 
0,9949 2,79 | 3,49 0,9889 | 6,48 | 8,07 0,9829 | 10,78 | 13,34 
0,9948 | 2,84 | 3,56 0,9888 6,55 8,15 0,9828 || 10,86 | 13,44 
0,9947 | 2,90 | 3,64 0,9887 6,61 8,23 0,9827 | 10,94 | 13,53 
0,9946 || 2,96 | 3,71 0,9886 | 6,68 8,31 0,9826 | 11,01 | 13,63 
0,9945 || 3,02 3,78 0,9885 6,75 8,40 0,9825 | 11,09 | 13,72 
0,9944 | 3,08 | 3,85 0,9884 | 6,81 8,48 0,9824 | 11,17 | 13,82 
0,9943 3,14 | 3,93 0,9883 | 6,88 8,56 0,9823 11,25 | 13,91 
0,9942 || 3,19 4,00 0,9882 | 6,95 8,64 0,9822 11,33 | 14,01 
0,9941 || 3,25 4,07 0,9881 || 7,02 8,73 0,9821 11,40 | 14,10 


972 XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren. Alkohole und Aldehyde, 


Spez. Ge-| Alkohol | Spez. Ge- | Alkohol Spez. Ge- | Alkohol 
wicht des | Gew.- | Vol.- | wicht des Destilates| Pros Proz |Desüllntes | Pros, Pros |Destilites | Pros | Pros. Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.- 


Destillates | Proz. Proz. | Destillates | Proz. | Proz. | Destillates | Proz, | Proz. 


0,9820 11,48 | 14,20 0,9760 | 16,40 | 20,15 
0,9819 11,56 | 14,29 0,9759 16,48 | 20,25 
0,9818 11,64 | 14,39 0,9758 16,57 | 20,35 
0,9817 11,72 1 12248 0,9757 || 16,65 | 20,45 
0,9816 11,80 | 14,58 0,9756 16,73 | 20,55 
0,9815 11,88 | 14,68 0,9755 | 16,82 | 20,65 
0,9814 11,96 | 14,77 0,9754 16,90 | 20,75 
0,9813 12,04 | 14,87 0,9753 || 16,98 | 20,86 
0,9812 12,12 | 14,97 0,9752 17,07 | 20,96 
0,9811 12.20 15,07 0,9751 || 17,15 | 21,06 
0,9810 12,28 | 15,16 0,9750 | 17,23 | 21,16 
0,9809 12,36 | 15,26 0,9749 || 17,32 | 21,26 
0,9808 12,44 | 15,36 0,9748 | 17,40 | 21,36 
0,9807 12,52 | 15,46 0,9747 || 17,49 | 21,46 
0,9806 12,60 | 15,55 0,9746 || 17,57 | 21,56 
0,9805 12,68 | 15,65 9,0745 || 17,65 | 21,66 
0,9804 12.76 1 10:75 0,9744 | 17,73 | 21,76 
0,9803 12,84 | 15,85 0,9743 || 17,82 | 21,86 
0,9802 || 12,92 | 15,95 0,9742 || 17,90 | 21,96 
0,9801 || 13,00 | 16,04 | 0,9741 || 17,98 | 22,06 
0,9800 13,08 | 16,14 0,9740 || 18,07 | 22,16 
0,9799 13,16 | 16,24 | 0,9739 38,19. 22:36 
0,9798 || 13,25 | 16,34 09738 1118,23. 22:35 
0,9797 || 13,33 | 16,44 | 0,9737 || 18,32 | 22,45 
0,9796 13,41 | 16,54 | 0,9736 || 18,40 | 22,55 
0,9795 | 13,49 | 16,64 0,9735 || 18,48 | 22,65 
0,9794 || 13,57 | 16,74 0,9734 || 18,56 | 22,75 
0,9793 13,66 | 16,84 0,9733 || 18,65 | 22,85 
0,9792 13,74 | 16,94 | 0,9732 || 18,73 | 22,95 
0,9791 || 13,82 | 17,04 0,9731 || 18,81 | 23,05 
0,9790 || 13,90 | 17,14 | 0,9730 || 18,89 | 23,14 
0,9789 | 13,98 | 17,24 | 0,9729 | 18,98 | 23,24 
0,9788 || 14,07 |, 17,34 0,9728 || 19,06 | 23,34 
0,9787 14,15 | 17,44 | 0,9727 | 19,14 | 23,44 
0,9786 || 14,23 | 17,54 0,9726 || 19,22 | 23,54 
0,9785 | 14,32 | 17,64 0,9725 || 19,30 | 23,63 0,9665 24,00 | 29,20 
0,9784 || 14,40 | 17,74 0,9724 || 19,39 | 23,73 0,9664 24,07 | 29,29 


0,9783 || 14,48 | 17,84 ; 19,47 | 23,83 0,9663 24,15 | 29,36 


0,9700 21, 32, 26,03 
0,9699 21,40 | 26,13 
0,9698 | 21,47 | 26,22 
0.9697 | 21,55 | 26,31 
0,9696 || 21,63 | 26,41 
0,9695 21,71 | 26,50 
0,9694 || 21,79 | 26,59 
0,9693 || 21,87 26, 69 
0,9692 | 21,94 | 26,78 
0,9691 22,02 | 26,87 
0,9690 22,10 | 26,96 
0, 9689 22,18 27,05 
0,9688 22,25 | 27,14 
7,9687 22,33 | 27,24 
0, 9686 22,41 | 27,33 
0,9685 22,49 27,42 
0,9684 22,56 | 27,51 
0,9683 22,64 | 27,60 
0,9682 22,72 | 27,69 
0,9681 22,79 | 27,78 
0,9680 22,87 | 27,87 
0,9679 22,95 | 27,95 
0,9678 23,02 | 28,05 
0,9677 23,10 | 28,14 
0,9676 23,17 | 28,23 
0,9675 23,25 | 28,32 
0,9674 23,32 | 28,41 
0,9673 23,40 | 28,50 
0, 9672 23,47 | 28,59 
0,9671 23,55 | 28,67 
0,9670 23,63 | 28,76 
0,9669 23,70 | 28,85 
0,9668 23,77 | 28,94 
0,9667 23,85 | 29,03 
0,9666 23,92 | 29,11 


ee) 
oo 
u 
Do 
LOZUN 


0,9782 || 14,56 | 17,94 ‚97 19,55 | 23,93 0,9662 24,22 | 29,46 
0,9781 14,65 | 18,04 0,9721 19,63 | 24,02 0,9661 24,29 | 29,55 
0,9780 14,73 | 18,14 0,9720 19,71 | 24,12 0, 9660 24,37 | 29,64 
0,9779 14,81 | 18,24 0,9719 19,79 | 24,22 0,9659 24,44 | 29,72 
0,9778 14,90 | 18,34 0,9718 19,87 | 24,32 0,9658 24,51 | 29,81 
0,9777 14,98 | 18,44 0,9717 19,95 | 24,41 0,9657 24,59 | 29,89 
0,9776 || 15,06 18,54 0,9716 20,04 | 24,51 0,9656 24,66 | 29,98 
0,9775 15,15 | 18,64 0,9715 20,12 | 24,60 0,9655 24,73 | 30,06 
0,9774 15,23 | 18,74 0,9714 || 20,20 | 24,70 0,9654 24,80 | 30,15 
0,9773 15,31 | 18,84 0,9713 20,28 | 24,80 0,9653 24,88 | 30,23 
0,9772 15,40 | 18,94 0,9712 20,36 24,89 0,9652 24,95 | 30,32 
0,9771 15,48 | 19,04 0,9711 20,44 | 24,99 0,9651 25,02 | 30,40 
0,9770 15,56 | 19,14 0,9710 || 20,52 | 25,08 0,9650 25,09 | 30,49 
0,9769 15,65 | 19,24 0,9709 || 20,60 | 24,18 0,9649 25,17 | 30,57 
0,9768 15,73 |, 19,34 0,9708 |, 20,68 | 25,27 0,9648 25,24 | 30,66 
0,9767 15,81 | 19, e 0,9707 || 20,76 | 25,37 0,9647 25,31 | 30,74 
0,9766 15,90 | 19,5 0,9706 20,84 | 25,47 0,9646 25,38 | 30,82 
0,9765 15,98 | 19, 65 0,9705 20,92 | 25,56 0,9645 25,45 | 30,91 
0,9764 | 16,06 | 19,75 0,9704 21,00 | 25,66 0,9644 25,52 | 30,99 


0,9763 || 16,15 | 19,85 0,9703 || 21,08 | 25,75 0,9643 25,59 | 31,07 
0,9762 16,23 | 19,95 0,9702 || 21,16 | 25,84 0,9642 25,66 | 31,16 


0,9761 16,32 ‚ 20,05 0,9701 || 21,24 | 25,94 0,9641 25,74 | 31,24 


XIII. Alkaloide. 273 


Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol 
wieht des | Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.- 
Destillates| Proz. | Proz. | Destillates| Proz. | Proz. | Destillates|| Proz. | Proz. 


| | | 
0,9640 25,81 | 31,32 0,9633 | 26,30 , 31,89 0,9626 || 26,78 | 32,45 
0,9639 25,838 | 31,41 0,9632 26,37 | 31,98 0,9625 26,35 | 323,54 


0,9638 25,95 | 31,49 0,9631 | 26,44 | 32,06 0,9624 26,92 | 32,62 
0,9637 26,02 31,57 0,9630 |; 26,57 | 32,14 0,9623 26,99 _ 32,70 
0,9636 |, 26,09 | 31,65 0,9629 | 26,57 | 32,22 0,9622 | 27,05 | 32,78 
0,9635 | 26,16 | 31,73 0,9628 || 26,64 32,30 0,9621 | 27,12 | 32,85 
0,9634 | 26,23 | 31,81 0,9627 || 26,71 | 32,38 0,9620 || 27,19 | 32,93 


von 5 ccm der Probelösung um 0,1 ccm Bichromat weniger, setzt Schwefel- 
säure zu und kocht auf. Die Lösung müßte nun noch. blaugrün gefärbt 
sein; in einer dritten Probe nimmt man 0,1 ccm Biehromat mehr, kocht 
auf, und die Lösung muß gelbgrün gefärbt sein. Dann ist die zuerst 
gefundene Zahl richtig. Ist aber die Probe bei 0,1 ccm Bichromat mehr 
noch blaugrün, so fügt man noch 0,1 ccm Bichromat hinzu, worauf der 
Umschlag eintritt. Ist n die Zahl der abgelesenen Kubikzentimeter 
Bichromat, so ist der Alkohol in Kubikzentimetern pro Kubikzentimeter 


der untersuchten Lösung — Ist die Alkoholmenge unter 1/90 


n 
1000° 
so bedient man sich einer Bichromatlösung von 0,95%. Zur Sicher- 
heit stellt man sechs Paar Vergleichsröhrchen her, in denen man 
2. B. Alkohollösungen von 2, 1,5, 1, 0,8, 0,5, 0,2 °/,, verwendet, die 2, 
1,5, 1, 0,8, 0,5, 0,2 ccm der 1,9 prozentigen Bichromatlösung bis zur 
Gelbgrünfärbung verbrauchen. Bei unter 1°/,„igen Lösungen von Alkohol 
nimmt man die halbverdünnte Bichromatlösung, von der man doppelt 
soviel Kubikzentimeter verbraucht. Man nimmt um 0,1 cem Bichromat 
weniger, um die gelbgrüne Farbe noch bestehen zu lassen. Bei der Probe 
vergleicht man dann die Färbung der zu untersuchenden Lösung nach 
dem Umschlag in Gelbgrün mit der am nächsten liegenden Färbung 
der Vergleichslösung. Die Anzahl der verbrauchten Kubikzentimeter 
Bichromat gibt sofort den Alkoholprozentgehalt, die Fehlergrenze be- 
trägt weniger als 8 %, der absolute Fehler liegt bei 0,0001 cem Alkohol 
bei Lösungen von 1—2 °/,, und bei 0,0002 ccm bei schwächeren Lösungen. 
H. Pringsheim empfiehlt die Methode nach seinen Erfahrungen 
ebenfalls, da auch der Farbenumschlag leicht zu erkennen: ist. 


XII. Alkaloide’). 


Zum Nachweis der Alkaloide dienen 1. gewisse Reagenzien, welche 
durch das Hervorrufen ven Niederschlägen die Anwesenheit 
von Alkaloiden anzeigen und 2. solche, welche durch die Entstehung 
bestimmter Färbungen mitunter auch die Individualität des vor- 
handenen Alkaloids erkennen lassen. Solche Fällungsreagenzien, welche 
zumeist schon mit sehr verdünnten Alkaloidlösungen reagieren, sind: 
| Phosphormolybdänsäure, deren Fällungen weiß bis 
gelb sind und bei manchen Alkaloiden auf Zusatz von Ammoniak blau 
werden. Die Niederschläge sind flockig, voluminös und werden manch- 


!) Entnommen aus meinem gleichnamigen Beitrage im 6. Bande der Abder- 
haldenschen Biochem. Arbeitsmethoden. 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 18 


974 XIII. Alkaloide. 


mal im Laufe der Zeit kristallinisch; in verdünnten Säuren unlöslich, 
werden sie bei Zusatz von Alkalien zersetzt. Zur Herstellung der 
Phosphormolybdänsäure geht man folgendermaßen vor: 150 g kristalli- 
siertes molybdänsaures Ammon (NH,),M0,.0,;, + 4H,0 werden in 
1 Liter Wasser gelöst und die Auflösung allmählich in 1 Liter Salpeter- 
säure (spezifisches Gewicht 1,2) gegossen. Zu dieser Mischung wird 
eine Lösung von Natriumphosphat so lange hinzugegeben, bis kein 
Niederschlag mehr entsteht (unter schwachem Erwärmen), dann filtriert 
man den hellgelben, schweren, pulverigen Niederschlag von Ammonium- 
Phosphormolybdat (NH,);PO, : 12MoO, ab, wäscht mit Wasser nach 
und suspendiert in einer Sodalösung. Nachdem Lösung eingetreten 
ist, wird am Wasserbad eingedampft und die Ammonsalze durch ge- 
lindes Glühen verjagt. Zweckmäßig befeuchtet man wiederholt mit 
Salpetersäure und glüht wieder. Schließlich wird der Glührückstand 
in Wasser, dem ein wenig Salpetersäure zugefügt wurde, gelöst, so daß 
auf einen Teil Rückstand zehn Teile Wasser kommen; nach dem 
Filtrieren ist das Reagens fertig. 
Wismutjodidjodkalium: Die mit Schwefelsäure ange- 
säuerten Alkaloidlösungen liefern orangerote, amorphe Niederschläge 
(Solanin, Digitalin, Veratrin, Narcein werden nicht gefällt). 
Wismutjodid BiJ, wird in einer gesättigten Jodkalilösung in ge- 
linder Wärme gelöst und noch soviel Jodkalilösung hinzugefügt, als 
zur Lösung des BiJ, verwendet wurde. 
Da nicht alle Alkaloide mit jedem der genannten Reagenzien gleich 
empfindlich reagieren, ist es zweckmäßig, mit beiden die Probe an- 
zustellen. 
Perchlorsäure hat sich bei der Fällung von Alkaloiden, 
und besonders auch bei der Trennung von Strychnin, Bruzin einerseits, 
Berberin, Hydrastin andrerseits bewährt !). 
Pikrolonsäure, 4-Nitro-1-p-nitrophenyl-3-methylpyrazolon 
N-CH.-NO liefert schwer lösliche Salze und kann auch zur 

6774 2 4 .. D . 
NIC: OH Isolierung und näheren Bestimmung der Alkaloide 
II dienen. Die Darstellung der Pikrolonsäure, welche 
H,C:07—0 NO, mit Vorteil auch zur quantitativen Alkaloid- 
bestimmung verwendet wird, erfolgt nach Knorr und Bran (Disser- 
tation, Jena 1899) und Knorr und Zeine (Dissertation, Jena 1906) 
folgendermaßen: 90 ccm reiner Salpetersäure von 99,5 % werden mit 
Wasser unter Kühlung auf 100 ccm zu einer 90prozentigen Säure vom 
spezifischen Gewicht 1,495 verdünnt; 600 ccm dieser Säure werden in 
einen großen Erlenmeyerkolben von 2—3 Liter Inhalt gefüllt und von 
außen gut durch Eiswasser gekühlt. In diese Säure gibt man 200 g Phenyl- 
methylpyrazolon nach und nach in Portionen von zirka 1 ghinein. Das 
Phenylmethylpyrazolon löst sich in der Säure mit dunkelbrauner Farbe 
und das jedesmalige Eingeben von Substanz ist von einer kräftigen 
teaktion begleitet, deren Verlauf man unter tüchtigem Umschütteln 
abwartet, bevor man frische Substanz zugibt. Auf diese Weise kann 
man die Temperatur leicht zwischen 10 und 15 ° halten. Ist die Säure 
(nach Zusatz von etwa 100 g) mit Phenylmethylpyrazolon gesättigt, 


ı) Gomberg und Gone, Liebigs Annalen 376, 194 (1910); K. A. Hof- 
mann und Mitarbeiter, Ber. d. d. chem. Ges. 43, 2624 (1910); 44, 1766 (1911); 
s. a. Alkaloidchemie in den Jahren 1907—1911 von J.Schmidt, Stuttgart 1911. 


XII. Alkaloide. 375 


so beginnt eine reichliche Kristallisation. Doch kann man bei häufigem 
Umschütteln unbeschadet weiter Phenylmethylpyrazolon zugeben und 
so mit 600 com HNO, von 90 % zirka 200 g Phenylmethylpyrazolon 
nitrieren. Die Kristallmasse wird von der Mutterlauge durch Absaugen 
über Glaswolle befreit, zuerst mit schwächerer Salpetersäure und 
dann mit Wasser nachgewaschen, bis das Waschwasser keine saure 
Reaktion mehr zeigt. Man erhält so das Trinitrophenylmethylpyrazolon 
in groben, würfelartigen Kristallen von gelbbrauner Farbe. Das fein 
zerriebene Rohprodukt wird zum Zwecke der Verseifung mit der sechs- 
fachen Menge 33prozentiger Essigsäure auf dem Wasserbade unter fort- 
währendem Umschütteln bis auf 60 ° erwärmt. Die in der Flüssigkeit 
suspendierten gelbbraunen Kristalle färben sich nach und nach gelb- 
grünlich und das Rohprodukt verschwindet, während eine flockige 
Kristallmasse die ganze Flüssigkeit erfüllt. Nach 20—-40 Minuten ist 
die Verseifung vollendet. Man läßt die Reaktionsmasse erkalten, 
filtriert und wäscht mit Wasser aus. Die Reinigung der erhaltenen 
rohen Pikrolonsäure geschieht durch das Natriumsalz. Das Ver- 
seifungsprodukt wird in Sodalösung zerrieben. Die Pikrolonsäure 
wandelt sich unter Entwicklung von Kohlensäure sofort in das gelbe 
Natriumsalz um; ist alles umgesetzt, so preßt man die Mutterlauge 
von den Kristallen ab. Aus verdünntem Alkohol 1:3 läßt sich das 
Salz gut umkristallisieren. Man erhält es in feinen gelben Nädelchen, 
die konzentrisch gruppiert sind. Das Natriumsalz läßt sich leicht zer- 
legen, wenn man es mit 20prozentiger HCl erwärmt. Die Pikrolon- 
säure scheidet sich als gelbes, mehliges Pulver ab, das man nach dem 
Absaugen tüchtig mit Wasser nachwäscht. 
Kaliumquecksilberjodid (Mayers Reagens) gibt mit 
den meisten Alkaloiden weiße oder gelbliche, meist amorphe Nieder- 
schläge, die nach 24 Stunden deutlich kristallinisch werden. Besonders 
zum Nachweis von Nikotin und Koniin geeignet. 13,5 g HgJ und 
49,8 g JK werden zu 1 Liter Wasser gelöst. Die für quantitative 


& . > N * 
Zwecke verwendete Mayersche Lösung ist eine 50 Lösung und enthält 


6,775 g HgCl, und 25 g KJ auf 1 Liter. 

Aromatische Nitroverbindungen!), besonders Nitro- 
phenole, haben sich als Alkaloidfällungsmittel bewährt und geben 
manchmal so charakteristische Niederschläge, daß sie zur Identifizierung 
des Alkaloids dienen können. In den weitaus meisten Fällen erfolgen 
die Niederschläge sofort. In der folgenden der genannten Arbeit ent- 
nommenen Tabelle sind die Fällungsgrenzen durch zwei Zahlenwerte 
bestimmt, von welchen die kleinere den Verdünnungsgrad anzeigt, 
bei welchem innerhalb einer Minute noch eine deutlich sichtbare Fällung 
eintrat, während die größere Zahl die Verdünnung anzeigt, bei welcher 
keine Reaktion mehr erfolgt. Eintretende Kristallbildung ist durch 
einen Stern bezeichnet (S. 276, 277) 2). 

Zur Identifizierung eines Alkaloids können die Farben- 
resktionen mitunter viel beitragen, da manche von ihnen für 
bestimmte Alkaloide charakteristisch sind. Sie sind ferner ebenso 


1) Rosenthaler und Görner, Zeitschr. f. analyt. Chemie 49, 340 (1910). 
®) Indessen treten mit Trinitrophenol und Hexanitrodiphenylamin auch bei 
Strychnin und Bruzin (die nicht mit Sternchen bezeichnetsind) Kristallbildungen ein. 


18 


XIII. Alkaloide. 


000 8008 5 008 T-00F I 006008 = FI a 007 T-00€ I 008 E-000 & “ unmgeIo 
000 01-000 6 008 € - 000€ 006008 OST 001 »0GT001 OST 001 008 1007 IT | 008 37000 8 uruyoKuls 
006 1001 I 008 T—00# I Dr XT = zz OET—001 087008 UIBAOIS 

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001 T--000 1 0035 T 006 008 7067 IF Fr Fr = — ° ulaolo]]og 
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»000 7000 & 000 1006 == = = = — = unoyIN 

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008 T=00# I 008 T-00# I Es = > 7 | 0987008 008004 "umwyoy 
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002009 00° 067 2; = — Ex | = = " ulapoy 

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000 IT—000 O1 000 6006 F | 00T T-000 I SE = = | = = ulseIpäH 

000 8006 I 000 T—006 005061 T; = = = = " ulo41oH 

000 2—000 9 00€ 30008 | 008 I-00L I = En. — 000 T—006 008 3000 3 urydıodny 

065005 »006-008 = = =: = — > unpkung 

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000 83-000 T3 000 60087 | 0085-0008 = 009—00€ = ı 0008-0088 | 00001 0006 "unoWwg 

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000 EG — 000 04 000 2000 9 | 000 8006 I 057-007 008085 06T 001 008 3000 8 008 E-000 € uruoqdut) 
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000 67 000 07 000 20009 | 006 8000 6 009 = 008 08008 0ST—001 009 T—-008 I 0119 T-006 I " urpliuug,) 

000 9000 € 005 1=-00F I | 000 2000 9 =, a ug 000 8006 I 000 8008 & " wiznig 
00003 00061 009 T-00% T | 000 1006 = 088008 008-002 | 000 IE—000 08 | 000 85-000 Ig "- uuloquogf 

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978 XIII. Alkaloide. 


empfindlich wie die Fällungsreaktionen, können also mit Vorteil auch zur 
ersten orientierenden Untersuchung auf die Anwesenheit von Alkaloiden 
verwendet werden. Diese Reagenzien bestehen entweder aus reiner 
konzentrierter Schwefelsäure oder einer Schwefelsäure, der etwas Salpeter- 
säure (Erdmanns Reagens), Molybdänsäure (Fröhdes Reagens), 
Kaliumbichromat heiß gelöst (Luchinis Reagens) oder Kalium- 
permanganat 1:200 (Wenzells Reagens) zugefügt worden ist. 
Häufig muß die Reaktion bei Wasserbadwärme ausgeführt werden; 
man nimmt sie dann in einem flachen Porzellanschälchen vor; ist das 
nicht der Fall, so kann man Porzellanplatten mit seichten Vertiefungen 
verwenden, wie sie zum Anreiben von Malerfarben dienen. Hier ist 
es ebenso wie bei den Fällungsreaktionen wichtig, daß man mit kleinen 
Quantitäten und bei reichlichem Luftzutritt, also in flachen Schalen 
oder Uhrgläschen arbeitet. 

Um eine Fällungsreaktion durchzuführen, versetzt man 
den Verdampfungsrückstand der auf Alkaloide zu prüfenden Flüssig- 
keit oder des Extraktes mit einigen Tropfen Schwefelsäure 1:50!) 
und bringt durch gelindes Erwärmen zur Lösung. Ein Tröpfchen dieser 
Lösung wird mittels Glasstabes auf ein flaches Uhrglas gebracht, das 
auf schwarzes Glanzpapier gestellt wurde. Nun bringt man gleichfalls 
mit einem Glasstab einen Tropfen des Fällungsreagens an den Rand 
der Uhrschale und läßt durch vorsichtiges Neigen zusammentließen. 
An der Berührungsstelle der Flüssigkeiten entsteht bei Anwesenheit 
des Alkaloids eine Fällung. 

Zur Ausführung der Farbenreaktion wird die gepulverte Substanz 
oder eine (alkoholische oder ätherische) Lösung derselben in die Uhr- 
schale gebracht; in letzterem Fall das Lösungsmittel völlig zum Ver- 
dunsten gebracht und nun mit dem Glasstab ein Tropfen des Reagens 
dazugebracht. Sofort oder nach einiger Zeit, eventuell beim Erwärmen, 
entsteht die Farbe, deren Nuance natürlich, abgesehen von subjektiven 
Momenten, von der Menge des Alkaloids abhängig ist, so daß ein genaues 
Festhalten der Zeit und der begleitenden Momente, eventuell Parallel- 
reaktionen mit dem reinen Alkaloid und schließlich die Prüfung des 
Absorptionsspektrums zur größeren Sicherheit notwendig ist. Die 
folgende Tabelle (S. 279—281) gibt die entstehenden Färbungen wieder. 

Fröhdes Reagens wird zweckmäßig zuerst angewendet, denn wenn 
hier sich ein negatives Resultat ergibt, reagieren auch Erdmanns Reagens 
und reine Schwefelsäure nicht. Mit Fröhdes, Erdmanns Reagens und 
mit Schwefelsäure reagieren nicht: Atropin, Chinin, Cinchonin, Kokain, 
Koffein, Koniin, Hyosceyamin, Nikotin, Pilokarpin, Piperidin, Pyridin, 
Sc ‚opolamin, Spartein, Strychnin, Theobromin. Beim Betupfen mit 
konzentrierter HNO, wird Berberin rotbraun, Bruzin rot, orange, gelb, 
Colchiein violett, braungelb, Curarin purpurrot, Emetin orange, gelb, 
Hydrastin rötlich, gelb, braungelb, Morphin blutrot, braun, gelb, 
Papaverin rot, gelb, orange, Akonitin, Codein, Hydrastinin, Narcein, 
Narkotin, Nikotin, Strychnin, Thebain, Veratrin, Yohimbin gelb, 
Atropin, Chinin, Cinchonin, Kokain, Koffein, Cytisin, Hyoscyamin, 
Solanin, Spartein, Theobromin bleiben farblos. 

Um ein Objekt auf die enthaltenen Alkaloide zu prüfen, muß man 


!) S.a. J. Gadamer, Lehrbuch d. chemischen Toxikologie und Anleitung 
zur Ausmittelung der Gifte. Göttingen 1909, 


279 


Alkaloide. 


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989 XIIT. Alkaloide. 
diese erst extrahieren. Man zieht auf schwach siedendem Wasserbad 
nach Dragendorff wiederholt mit Wasser aus, dem auf je 
100 ccm 10 cem verdünnte Schwefelsäure 1:5 zugesetzt wurde. 
Colehiein, Solanin und Digitalin können auch schon durch gelinde 
Wärme zersetzt werden, in diesem Falle ist die Extraktion in der Kälte 
vorzunehmen. 


Die Auszüge werden filtriert, die freie Säure bis zur schwachsauren 
Reaktion mit Magnesia neutralisiert und dann im luftverdünnten Raum 
am Wasserbad bis zum Sirup eingedampft. Der Rückstand wird mit 
dem vierfachen Volumen Alkohol und etwas verdünnte Schwefelsäure 
24h bei 30—40 ® unter öfterem Digerieren gehalten. Nach dem Erkalten 
wird filtriert, der Rückstand mit Alkohol gewaschen, der Alkohol der 
Extrakte verdunstet und der wässerige Rückstand im Kolben bei 
30—40 ° mit Petroläther unter häufigem Schütteln digeriert, um 
färbende Bestandteile zu entfernen. Ist Piperin anwesend, welches 
vom Petroläther aufgenommen wird, dann muß die petrolätherische 
Lösung im Scheideltrichter abgehoben und das Alkaloid durch Ver- 
dunsten des Petroläthers gewonnen werden. Die entfärbte wässerige 
Alkaloidlösung wird nun längere Zeit bei 40 ® mit Benzol digeriert, was 
mit frischen Mengen Benzol einigemal wiederholt werden muß. Dann 
werden die Benzolauszüge vereinigt, das Benzol verdunstet. Im Rück- 
stand kann vorhanden sein: Colchicin, Digitalin, Spuren von Veratrin, 
farblose Nadeln deuten auf Koffein, ein gelb gefärbter Rückstand zeigt 
Colchiein an. Schüttelt man den Rückstand mit Amylalkohol aus, so 
gehen Pikrotoxin, Salizin und Narkotin (teilweise) in Lösung. Die 
saure wässerige Lösung wird nach dem Ausschütteln mit Amylalkohol 
mit Chloroform ausgeschüttelt; dabei gehen Papaverin, Thebain und 
ein Teil von Bruzin und Narcein in Lösung. Ein kristallinischer Rück- 
stand nach Verdunsten des Chloroforms deutet auf Papaverin oder 
Bruzin. Nach dem Extrahieren mit Chloroform wird die wässerige 
Lösung nach Erwärmen auf 40 ° mit Petroläther überschichtet, dann 
mit Ammoniak im Überschuß behandelt. Strychnin, Bruzin, Chinin, 
Koniin, Nikotin, Papaverin werden dadurch extrahiert und! plaben 
nach dem Verdunsten des Lösungsmittels zurück. Koniin und Nikotin, 
welche einen charakteristischen Geruch besitzen, gehen mit Wasser in 
Lösung. Beim Erkalten der warmen Petrolätherlösung scheidet sich 
Chinin in Kristallen aus, ebenso Strychnin und Papaverin, wenn sie 
in größerer Quantität zugegen sind, amorph Bruzin und Veratrin. 
Wenn der trockene Alkaloidrückstand mit absolutem Äther behandelt 
wird, gehen Chinin, Papaverin und Veratrin in Lösung. Behandelt 
man mit absolutem Alkohol, so bleiben Strychnin und Bruzin zurück, 
welche in demselben schwer löslich sind. 

Die ammoniakalische, wässerige Alkaloidlösung bei 40—50 ° mit 
3enzol behandelt, läßt Chinidin, Cinchonin, Atropin, Akonitin und 
Kodein in Lösung gehen. 

Beim Verdunsten des 'Lösungsmittels scheiden sich Cinchonin, 
Atropin, Chinidin, Kodein kristallinisch, Akonitin amorph aus. 

Nach der Extraktion mit Benzol wird die wässerige ammoniakalische 
Lösung mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert, auf 50—60 ° erwärmt, 
mit Amylalkohol überschichtet, mit Ammoniak wieder alkalisch ge- 
macht und mit dem Amylalkohol durchgeschüttelt. Morphin, Solanin 


XIII. Alkaloide. 283 


und Narzein (teilweise) werden gelöst und scheiden sich beim Verdunsten 
der Lösung aus, und zwar Morphin kristallinisch, Solanin schon beim 
Erkalten als Gallerte. Der Rest des Narzeins scheidet sich ab, wenn 
die Lösung zur Trockene gebracht wird, und kann aus Alkohol oder 
Wasser umkristallisiert werden. 


Qualitative Bestimmung der einzelnen Alkaloide. 


Atropin: Die Erkennung erfolgt am sichersten durch den 
physiologischen Versuch. Die aus dem betreffenden Objekt isolierte 
und sorgfältig gereinigte Base wird in schwach angesäuertem Wasser 
gelöst, so daß die Lösung kaum sauer ist und ein Tropfen davon in 
den Konjunktivalsack des gesunden Menschen- oder Katzenauges ge- 
bracht; noch 0,0002 mg Atropin wirken deutlich mydriatisch (die Pupille 
erweiternd). Eine kleine Quantität, etwa 1 mg, wird in einer trockenen 
Eprouvette erhitzt, bis weiße Dämpfe aufsteigen und mit 1,5 cem kon- 
zentrierter H,SO, versetzt; beim Erwärmen tritt Bräunung ein, nun 
werden sehr allmählich unter Umschütteln 2 ccm Wasser zugesetzt, 
wobei ein angenehmer Geruch auftritt, der an den Duft von Orangen- 
blüten erinnert; wirft man nun ein Kriställchen von Kaliumpermanganat 
hinein, so geht der Geruch in Bittermandelölgeruch über. Nach Vitali 
entsteht sofort eine Rotviolettfärbung, wenn man die kleine Quantität 
Atropin mit fünf Tropfen rauchender Salpetersäure verrührt, auf dem 
Wasserbad zur Trockne bringt und den gelben Rückstand nach dem 
Erkalten mit einem Tropfen einer alkoholischen Atzkalilösung 1: 10 
betupft. 

Goldcehlorid erzeugt in der wässerigen Lösung eines Atropinsalzes 
einen gelben Niederschlag, der sehr schwer löslich und gut kristallisier- 
bar ist. Mit Hilfe der Goldsalze lassen sich auch die mydriatischen 
Basen Atropin, Hyoscyamin, Skopolamin voneinander unterscheiden. 

Der mit einem geringen Überschuß von Goldchlorid entstandene 
Niederschlag löst sich beim Erwärmen auf und scheidet sich beim Er- 
kalten wieder aus, und zwar bei 


Atropin ölig, allmählich erstarrend, Schmelzpunkt der glanz- 
losen Kristalle 135—137 °, 

Hyoscyamin sofort kristallinische Blättchen, stark glänzend, 
Schmelzpunkt 160—162 ®, 

Skopolamin sofort kristallinisch, mikroskopische, federbart- 
artige Kristalle, Schmelzpunkt 210— 214°. 


Chinin: Die wässerige Lösung reagiert sauer und zeigt im auf- 
fallenden Lichte blaue Fluoreszenz, die nur in saurer Lösung auftritt 
und sich in neutraler Lösung zeigt, wenn man Weinsäure, Phosphor- 
säure usw., nicht aber Halogenwasserstoffsäuren zusetzt, die vielmehr 
die Fluoreszenz aufheben. 

Versetzt man eine alkoholische Chininlösung mit einer Mischung 
aus einem Teil ‚Jod, gelöst in 1 Teil 50prozentiger Jodwasserstoffsäure 
und 50 Teilen 70 prozentigen Alkohols, und 0,8 Teilen Schwefelsäure 
und läßt kurze Zeit stehen, so entsteht eine in metallglänzenden Blätt- 
chen kristallisierende Substanz, die im durchfallenden Lichte blaß 
olivgrün, im auffallenden schön dunkelgrün aussieht und das Licht 
stark polarisiert Herapathitreaktion). 


I84 XIII. Alkaloide. 


Gibt man zu fünf Teilen der Chininlösung (zirka 1: 200) einen 
Teil Chlorwasser und unmittelbar darauf Ammoniak bis zur alkalischen 
Reaktion, so wird die Lösung smaragdgrün, bei eben eingetretener 
Neutralisation blau und beim Übersättigen mit Säuren violett bis feuer- 
rot (Thalleiochinreaktion). 

Zu 10 cem der schwach angesäuerten Chininlösung wird je ein 
Tropfen Bromwasser, Ferrozyankali 1 : 10 und lO0prozentiges Ammoniak 
hinzugefügt. Schüttelt man nunmehr mit Chloroform, so tritt noch 
bei einer Verdünnung 1 : 1 Million deutliche Rotfärbungein (Erythro- 
chininreaktion). | 

Beim Chinchonin treten die genannten Reaktionen nicht ein, mit 
Chlorwasser und Ammoniak entsteht ein weißer Niederschlag. In 
Äther ist es zum Unterschied von Chinin schwer löslich, worauf eine 
Methode beruht, die beiden zu trennen. 


Morphin: Versetzt man eine Lösung des Alkaloids in kon- 
zentrierter H,SO, mit einem Körnchen KNO, und erwärmt, bis weiße 
Dämpfe auftreten, so entsteht eine rötliche Färbung. Läßt man nun 
erkalten und fügt noch ein Körnchen KNO, hinzu, so entsteht eine 
rotviolette Färbung, die schnell in Blutrot übergeht und sehr bald ver- 
blaßt (Husemanns Reaktion). 

Dampft man die trockene Substanz mit trockener Salzsäure unter 
Zufügung von wenig konzentrierter H,SO, bei 100—120 ® ein, so erhält 
man einen roten Rückstand; wird nun wieder etwas HCl hinzugefügt, 
mit NaHCO, neutralisiert, so erhält man eine violette Färbung. Gibt 
man dann zu dieser Flüssigkeit einige Tropfen einer konzentrierten 
Lösung von ‚Jod in ‚JJodwasserstoffsäure unter Vermeidung eines Über- 
schusses, so geht das Rot in Smaragdgrün über und beim Schütteln 
mit Äther wird der Äther rot, während die wässerige Flüssigkeit grün 
bleibt (Pellagris Reaktion). 

Versetzt man eine kleine Menge Morphin in der Porzellanschale 
mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure, der etwas Salpeter- 
säure zugefügt wurde, so entsteht eine schwach rosarote Lösung, die 
beim Erwärmen auf dem Wasserbade nach dem Erkalten blutrot wird. 

Koniin: Einige Tropfen einer Lösung von 1 g KMnO, in 200 g 
konzentrierter H,SO, mit Coniin verrührt, liefern eine beständige violette 
Färbung, die sich von der anfänglichen grünen Lösung gut unterscheidet. 


Nikotin: Mit Pikrolonsäure charakteristische, zu Büscheln ver- 
einigte Nadeln, die bei 213 schmelzen. Eine ätherische Nikotinlösung 
mit dem gleichen Quantum ätherischer ‚Jodlösung versetzt, gibt eine 
Trübung oder einen Niederschlag und nach einiger Zeit lange rote 
Kristallnadeln, die das Licht mit blauer Farbe reflektieren (Roussins 
Kristalle). Auch hier ist das physiologische Experiment den rein 
chemischen vorzuziehen. Ein Frosch, dem eine minimale Menge Nikotin 
injiziert wird, schlägt unter Muskelzuckungen die vorderen Extremi- 
täten nach rückwärts, so daß sich die Fußwurzeln am Becken berühren, 
während die Oberschenkel rechtwinklig vom Körper wegstehen. 

Stryehnin: erzeugt in minimalen Dosen beim Frosch oder 
einer weißen Maus, unter die Haut gespritzt, tetanische Krämpfe. Löst 
man zirka 0,1 g unter Aufkochen in 5 ccm Wasser und setzt einige Tropfen 
K,Cr,O ,- Lösung zu, bis die Lösung orangegelb ist, und läßt abkühlen, 
so fällt ein feiner goldge :lber Niederschlag. Dieser wird abfiltriert und 


XIII. Alkaloide. 285 


davon mit einem Glasstab etwas auf ein Uhrglas gebracht, auf das 
früher wenig konzentrierte H,SO, getropft worden war. Streicht man 
mit der am Glasstab befindlichen Strychninverbindung durch die 
Schwefelsäure, so entstehen violette Wegspuren. Man kann auch die 
auf Strychnin zu prüfende Substanz auf der Uhrschale in Schwefel- 
säure lösen und ein Körnchen Kaliumbichromat mit dem Glasstab 
durch die Lösung schieben, wobei sich die blauvioletten Wegspuren 
zeigen, die aber bald abblassen. 


Quantitative Bestimmung. 


Bestimmung mit Kaliumquecksilberjodid nach 
Heikel!). Dieses sogenannte Mayersche Reagens hat sich für die 
quantitative Alkaloidermittlung bewährt und wird zu diesem Zweck 


als = Normallösung mit 6,775 g HgCl, und 25 g K.J auf einen Liter 


verwendet. Aus der Menge des Reagens, welche zu der Alkaloidlösung 
zufließen gelassen werden muß, bis vollständige Fällung erfolgt ist, 
kann die Menge des Alkaloids berechnet werden. Um diesen Zeit- 
punkt zu bestimmen, muß man von der Fällung abfiltrieren und von 
neuem fällen; tritt kein Niederschlag mehr ein, dann ist die Titration 
beendigt. Natürlich ist diese Methode sehr ungenau und es bietet 
wesentliche Vorteile, einen Überschuß des Reagens hinzuzufügen und 
das in der Lösung gebliebene Quecksilber zurückzutitrieren. Dadurch 
wird nicht nur die mit dem Alkaloid in Verbindung getretene Queck- 
silbermenge genauer bestimmt, sondern es fällt auch das Filtrieren 
fort, wodurch erheblich Zeit gespart wird. Heikel hat mittels dieser 
Restmethode die Anzahl Kubikzentimeter des Mayerschen Reagens 
bestimmt, die mit 0,1 g eines Alkaloids reagieren. Zu diesem Zweck 
wird das überschüssige Quecksilber des Reagens durch eine Zyankali- 
lösung bestimmten Gehaltes in das undissoziierte und daher reaktions- 
unfähige Quecksilberzyanid übergeführt und der Überschuß dieser 
Zyankalilösung durch Silbernitrat festgestellt. Die Zyankalilösung ist 
so eingestellt, daß ein bestimmtes Volumen derselben mit 10 ccm 
10 prozentigen Ammoniaks und einigen Tropfen Jodkalilösung als 


Indikator das gleiche Volumen 55 AgNO ,-Lösung erfordert, um die erste 
bleibende Trübung von ae zu erzielen. 


Wird die zugefügte Anzahl 5 „ KON- Lösung mit K, die verbrauch- 


ten Kubikzentimeter I AgNO,-Lösung mit A und die Anzahl von 


20 
Kubikzentimeter des Mayerschen Reagens mit M rg so be- 
steht zwischen den drei Lösungen die Beziehung M —=2 (K — A). An- 


genommen, es wären von dem Alkaloid 0,1 g in ie 10 ccm Wasser 
gelöst, 10 cem n-H,SO, zugefügt; man setzt einen Überschuß des 
Mayerschen Reagens (nicht unter 15 ccm) zu der abgemessenen Menge 
der Alkaloidlösung (5—20 ccm), verdünnt auf 100 ccm, schüttelt 
env durch (ein reichliches Durchschütteln ist nötig, weil besonders bei 


1 G. Heikel, Chemiker-Zeitung 32, 1149, 1162, 1186, 1212 (1908). 


DETE XIII. Alkaloide. 


größerer Verdünnung der Niederschlag häufig kolloidal ausfällt und 
durchs Filter geht, bei gründlicher Koagulation erhält man aber 
klare Filtrate) und filtriert durch ein trockenes Filter in ein 
trockenes Gefäß. Zu 80 cem der filtrierten Lösung gibt man 10 ccm 
10 prozentigen Ammoniaks und eine bestimmte Menge (meist 10 ccm) 


- I en $ R 
genau eingestellter 0 KCN-Lösung. Unter Umrühren werden dann 


5 AgNO;- Lösung bis zur bleibenden Trübung zugelassen. Die nach- 
ld Tabelle zeigt das Verhalten der einzelnen geprüften Alkaloide: 


ee | 
255 w2|1 ccm Reagens R 
s SEPEF entspricht 4 Bemerkungen 
zuasz|ı 8 
Akonitin 6,3 0:0159 22 72225 
Atropin . 10,8 0,0093 | 22, 
| bei starken Verdünnungen 
Berberin 10,9 0,0092 + 10 Be 10 ccm Reagens 
Bruein. 8,9 0,0112 + | auf 0,1 g nahezu genaue 
Resultate 
Chinn . 1152 0,00895 EE02: 
Chinidin . 19,5 0,00514 10) 
Cinchonin 11:5 0,0087 +5 
'\bei starken Verdünnungen 
Cinchonidin 19,5 0,00514 + 10 Meeyen 13,2 cem Reagens 
Cocain 12592 0,0082 +7 |\fauf 0,1 g fast genaue 
Resultate 
Colchicin. 6,95 0,00144 +2 
Heroin - 8,2 0,00122 Se 7 
Hydrastin . 8,6 0,00116 +2 Die Endverdünnung darf 
Hyoscyamin . ; 10,8 0,0008 | +2 hi 1000 nicht überschreiten 
Ipecac. Alkaloide 11,2 0,00895 ae | a ' 
i Die Endverdünnun dar 
Morphin . 9,6 0,0104 = u : 1000 nicht übersentn 
'\bei starker Verdünnung er- 
ee ( geben 7 ccm Reagens auf 
buy al Nur an | an, = 5 ‚(0,100 g fast genaue Resultate. 
Pe ’ | i = Großer Überschuß an Rea- 
gens erforderlich. 
Brartein . .: 34,2 |  0,00293 a8) 
Strychnin ., 7 ze, 12,0 0,00835 +2, 
Veran. . 0.4 5,2 0,0192 a al 


Bezüglich der Einzeldurchführungen muß auf die Originalarbeit 
verwiesen werden. 

Warren und Weiß!) teilen mit, daß die Pikrolonsäure infolge 
Erzielung der schön kristallisierenden Pikrolonate, welche sehr schwer 
löslich sind, zur Charakterisierung der Alkaloide sehr geeignet sind, 
und die Pikrate, mit denen sie sonst Ähnlichkeit besitzen, an Schwer- 
löslichkeit übertreffen. Die Verwendung des Fällungsmittels geschieht 
am besten in Form der gesättigten alhoholischen Lösung, in manchen 
Fällen der Lösung in Wasser, Benzol, Äther, Chloroform. Aus den 
Pikrolonaten lassen sich leicht die reinen Alkaloide gewinnen, indem 


')W.H.WarrenundR.S. Weiß, Journ. of Biol. Chem. 3, 327 (1907). 


XIII. Alkaloide. 287 


man die Niederschläge mit verdünnter Schwefelsäure erwärmt und die 
Pikrolonsäure durch Essigäther entfernt. Die Pikrolonate von Coniin, 
Nikotin, Strychnin, Bruzin, Morphin, Kodein, Atropin, Chinin, Hydrastin 
sind von den genannten Autoren studiert, beschrieben und in Mikro- 
photogrammen abgebildet worden. Das Alkaloid wird zweckmäßig 
durch Umkristallisieren der aus den wässerigen Lösungen erhaltenen 
Niederschläge aus Alkohol gereinigt. Kokain, Akonitin, Koffein geben 
keine typischen Niederschläge, für Bruzin und Kodein ist Pikrinsäure 
das schärfere Reagens, für Nikotin, Chinin, Atropin, Hydrastin ist die 
Empfindlichkeit gegen beide Fällungsmittel, Pikrinsäure und Pikrolon- 
säure, gleich, für Koniin. Strychnin und Morphin ist Pikrolonsäure das 
empfindlichere Reagens. Die meisten der wichtigeren Alkaloide lassen 
sich sehr genau auf alkalimetrischem Wege unter Verwendung von 
Jodeosin als Indikator bestimmen (Gadamer, ]l. c. 498). 
Ausführung: Der die Alkaloide enthaltende Organextrakt 
wird nach sorgfältiger Reinigung im tarierten Wägegläschen eingedunstet 
und über Schwefelsäure im Exsikkator bis zum konstanten Gewicht 
getrocknet und der Rückstand, respektive, wenn es sich um flüchtige 
Basen handelt, dessen salzsaures Salz (über Atzkali getrocknet) zur 
Wägung gebracht. Dieser Rückstand wird in einer bestimmten über- 


n me R 
schüssigen Menge 10 oder 100 Salz- oder Schwefelsäure gelöst und der 


Überschuß mit r 0 der 1 55 KOH zurücktitriert. Zu diesem Zweck wird 


eine etwa 250 ccm fassende Flasche mit eingeriebenem Stöpsel aus weißem, 
alkaliarmem Glas mit zirka 50 cem Wasser und soviel Äther versetzt, 
daß die ätherische Schichte nach dem Umschütteln 1—1,5 ccm hoch 
ist; dann wird nach Zusatz von fünf Tropfen ätherischer Jodeosin- 
lösung umgeschüttelt. Ist nach Trennung der Schichten die wässerige 
Lösung rosa gefärbt, so reagiert die Flüssigkeit alkalisch; in diesem 
150 H,SO, in zehntel Kubikzentimetern solange hinzu, 
bis die wässerige Lösung nach dem Umschütteln farblos ist und auch 
nach längerem Schütteln keine Rosafärbung auftritt, welche sich ergeben 
kann, wenn das Glas Alkali abgibt, was die Bestimmung unbrauchbar 


Falle gibt man 


macht. Bleibt die Lösung farblos, dann gibt man 0,1 ccm 00 KOH 


hinzu. Die ursprüngliche Mischung ist gewöhnlich von vornherein sauer, 
da der ee. Äther sauer ist; in diesem Falle neutralisiert man 


zunächst durch 90 0 KOH und macht dann erst, wie vorher angegeben, 


mit 06 Säure sauer. Nun wird zu dem Inhalt der Schüttelflasche die 


sauere Alkaloidlösung zugegeben und Nachdem die 


Rosafärbung verschwunden ist, fügt man Lauge in Portionen zu 


Am 
zirka 1 ccm hinzu, bis die wässerige Schichte nach kräftigem Umschütteln 
wieder deutlich rosa gefärbt ist. Jetzt ist natürlich ein Überschuß 


BERN. 7 
von Lauge bis zu 1 ccm vorhanden; man gibt jetzt 1 ccm 100 Säure 


988 XIII. Alkaloide. 


hinzu und dann in Portionen zu 10 ccm KOH, bis die wässerige 


vr 
Schichte dauernd schwach rosa gefärbt bleibt. 

Die Berechnung der vorhandenen Alkaloidmenge erfolgt nach der 
Gleichung: Alk + HCl = AlkHCl, wonach 1 Molekül HCl zur Neu- 
tralisation von 1 Molekül Alkaloid erforderlich ist. Es ist daher nur 


2 2 n "Tee i 
die Konzentration einer 100 Alkaloidlösung zu ermitteln: 1/90 Gramm- 


äquivalent a einem Liter aufgelöst. 1 ccm zur Neutralisation ver- 


brauchter 1 , 100 Säure Lösung entspricht daher- 1/00 Milligrammäquivalent. 


Die Gesamtmenge der angewendeten Säure, vermindert um die zur Rück- 


titration erforderlichen Kubikzentimeter Lauge gibt, mit diesem 


n 

100 
Faktor multipliziert, die vorhandene Menge Alkaloid. 

Beispiel: Das isolierte Alkaloid sei Atropin gewesen und die 
gewichtsanalytische Bestimmung habe 0,04 g ergeben, so würden nach 
der Gleichung C,,H,,;NO ,(Mol.-Gew. 289) + HCl = H,,H,;NO, : HCl 
289 g Atropin 36,5 g HCl entsprechen, somit 2,89 g Atropin einem Liter 


00 Säure, welche ja im Liter 0,365 g HCl aufgelöst enthält. Von 
dieser entsprach also 1 ccm = 0,00289 g Atropin. Demnach würden 
20 cem dieser Salzsäure bereits 0,0578 g Atropin neutralisieren und zur 


Auflösung der vorhandenen DE g reichlich genügen. Zum Zurück- 


titrieren seien zunächst 7 cem 18 KOH verbraucht worden, dann nach 


einem Zusatz von l ccm- 100 r Säure nochmals 0,5 ccm der Lauge. Dann 


sind im ganzen 21 ccm Säure und 7,5 cem Lauge verwendet worden. 
Die Differenz von 13,5 cem wurde zur Neutralisation des Alkaloids 
verbraucht. Daher sind 13,5 x 0,00289 g = 0,0390 g Atropin vor- 
handen. Zur richtigen Ausmittelung des Alkaloids muß dieses in 
freier Form und nicht teilweise als Salz vorliegen. Letzteres 
kann sich besonders dann ergeben, wenn zur Ausschüttelung des 
Alkaloids Chloroform verwendet und dieses durch Erwärmen entfernt 
wurde. Durch stärkere Basen wird nämlich aus Chloroform Salzsäure 
abgespalten, welche das Alkaloid zum Teil in das Chlorhydrat über- 
führen kann. Chloroform sollte also bei der Ausschüttelung für die 
quantitative Bestimmung nicht verwendet oder wenigstens in der Kälte 
abgedunstet werden. 

Folgende Alkaloide sind nach dieser Methode bestimmt und der Faktor 
festgestellt worden, mit dem die verbrauchten Kubikzentimeter Säure zu 
multiplizieren sind, um die Menge des Alkaloids in Grammen zu ergeben: 


Akoniin .. . -*2.. 2... 0,006847 eg | dern: . . + 0,00411 g 
Atropiar 3. 22 ul. 2 10025 Bam (wasserfrei) . .- + 0002857 
Hyoscyamin . . EN, Nikotin .. eh 0.00162 r 
Bruein (wasserfrei) 2 W003DARE Piloearpin . : . . „,. . OBERE: 
Kokamın Bene, ya, 2 0,00508% Protoveratrin . .:. . . . 205006253; 
Komm Bea ee 9 0,0027 Pseudojervin . ......„ »WDBBlTEE 
Emetin . . . 0,00254 Rubijervin . . . .... =» KLUDANNEE 
Granatwurzelalkaloide Btiryelmın 0 „L ani . 0,00334 ‚, 


(Mittelwert) . -. . . . . 0,001475 „, 


XIII, Alkaloide. 289 


Quantitative Bestimmung des Chinins nach 
J. Katz!): Der Kern dieser Methode besteht darin, daß das freie 
Chinin durch Eindampfen in alkoholischer Lösung unter Zusatz von 
Salzsäure in das zweisäurige Salz verwandelt wird, daß die überschüssige 
Säure durch das zugefügte Kochsalz verflüchtigt wird und daß in dem 
erhaltenen zweisäurigen Salz die Säure in alkoholischer Lösung mit 
alkoholischer "7 Kalilauge und Poirriers Blau als Indikator 
titriert wird. 

Ausführung: Die Methode ist für Extrakte, Tinkturen, Rinde 
usw. anwendbar. 6 g getrocknete und gepulverte Chinarinde werden mit 
15 g Chloroform und 5 g einer 5prozentigen Natronlauge \, Stunde 
lang geschüttelt. Darauf setzt man 45 g Ather und zirka 1 g Magnesia 
usta zu, schüttelt kräftig um und filtriert 40 g der klaren Chloroform- 
ätherlösung ab. Der Chloroformäther wird bis auf etwa 1 cem ab- 
destilliert, der Rückstand wird mit 3.3 ccm Alkohol in ein Schälchen 
gespült, mit zehn Tropfen Salzsäure und zirka 0,25 g Kochsalz versetzt 
und auf dem Wasserbade zur Trockene eingedampft. Gegen Ende des 
Verdampfens sorgt man durch fleißiges Schwenken des Schälchens 
dafür, daß sich das Kochsalz als feines Kristallmehl und nicht in großen 
Kristallen absetzt und daß die Masse sich möglichst dünn auf dem 
Boden des Schälchens verteilt. Darauf spült man die an den Wänden 
des Schälchens befindliche Masse mit Hilfe der Spritzflasche mit Alkohol 
auf den Boden der Schale und dampft unter fleißigem Umschwenken 
wiederum ein. Der eingetrocknete Rückstand bleibt noch Y, Stunde 
auf dem Wasserbade oder besser im Wassertrockenschrank stehen. 
Darauf löst man die Masse in Alkohol etwas und spritzt sie mitsamt 
dem ungelösten Kochsalz in einen kleinen Erlenmeyerkolben, ergänzt 
die Flüssigkeit mit Alkohol auf etwa 25 ccm, setzt fünf Tropfen einer 
0,2 prozentigen Lösung von Poirriers Blau zu und titriert mit einer 
alkoholischen 5 Kalilauge, die man durch Mischen von 10 ccm 
Normalkalilauge mit absolutem Alkohol zu 100 ccm hergestellt hat. 


Die verbrauchten Kubikzentimeter . Kalilauge werden mit 1,62 (das 


halbe Molekulargewicht des Chinins beträgt 162) multipliziert und er- 
geben durch 4 dividiert den Prozentgehalt der Chinarinde an Alkaloid. 
Der Umschlag des Indikators ist in diesem Falle scharf von himmelblau 
in zwiebelrot. 


A. D. Thorburn hat folgende titrimetrische Morphinbestim- 
mungsmethode ausgearbeitet 2): Die wässerige Lösung der Morphin- 
salze wird ammoniakalisch gemacht und mit einer Mischung von drei 
Teilen Phenyläthylalkohol (das etwas mehr als !/,, seines Gewichtes 
Morphin bei Zimmertemperatur löst und selbst in Wasser sehr wenig 
löslich ist) und einem Teil Benzol ausgeschüttelt, bis eine Probe mit 
Mayers Reagens die vollständige Extraktion des Morphins aus der 
wässerigen Lösung anzeigt, was gewöhnlich nach zwei Extraktionen 
der Fall ist. Die Lösung wird eine Stunde auf dem Wasserbade er- 


1) J. Katz, Ber. d. d. pharmazeut. Ges. 20, 316 (1910). 
®) A. D. Thorburn, Journ. of Inv. and Engin. Chem. 3, 754 (1910). 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 19 


290 XIII. Alkaloide. 


Ri . er Re @ , x 
wärmt, eine bekannte Menge 10 Schwefelsäure zugefügt und die wässe- 


. Kalilauge unter Verwendung von Hämatoxylin 
als Indikator titriert; 1 ccm der Säure entspricht 0,03 g kristallisierten 
oder 0,0283 g wasserfreien Morphins oder 0,0376 g kristallisierten Morphin- 
sulfats. Es können auf diese Weise Mengen von weniger als 0,175 g be- 
stimmt werden und die Bestimmung in vier Stunden durchgeführt sein. 

Nikotinbestimmung nach Bertrand und Javillier!), 
modifiziert von R.M. Chapin: Soviel Substanz, als I—2 g Nikotin 
entspricht (von Extrakten mit viel fremden Substanzen nicht mehr 
als 30 g), wird in einen Rundkolben gespült und 1—1,5 g Paraffin 
nebst ein wenig Bimsstein und 5—10 cem starker Natronlauge 1: 2 
hinzugefügt. Nunmehr wird das freie Nikotin mittels eines starken 
Wasserdampfstromes abgeblasen, bis einige Kubikzentimeter des Destil- 
lates sich mit Silikowolframsäure nicht mehr trüben. Als Vorlage 
dienen 10 cem Salzsäure 1:4. Das im Destillationskolben zurück- 
bleibende Flüssigkeitsvolumen soll bei Beendigung der Destillation so 
klein als möglich sein. Das Destillat wird auf ein bestimmtes Volumen 
aufgefüllt, durch ein trockenes Filter filtriert und in einem Teil durch 
Methylorange die sauere Reaktion festgestellt. Nun wird eine be- 
stimmte, ungefähr 0,1 g Nikotin entsprechende Menge des Destillates 
mit der Pipette abgehoben und auf je 100 ccm Flüssigkeit 3 cem Salz- 
säure 1:4 und auf zirka 0,01 g Nikotin 1 ccm einer l2prozentigen 
Lösung Silikowolframsäure hinzugefügt. Der entstehende Niederschlag 
wird gut umgerührt, elf Stunden stehen gelassen und dann über ein 
quantitatives Filter abfiltriert, mit kaltem Wasser, das auf einen Liter 
l ccm konzentrierte HCl enthält, gewaschen. Die ersten Anteile des 
Filtrates sind mit einigen Tropfen des Destillates auf einen UÜberschuß 
von Silikowolframsäure zu prüfen. Filter und Niederschlag werden 
noch feucht in einem Platintiegel vorsichtig verascht und zuletzt geglüht. 
Das Gewicht des Rückstandes mit 0,114 multipliziert, gibt die Menge 
des gefällten Nikotins an. Zur Erzielung noch größerer Genauigkeit 
kann der Niederschlag in einem gewogenen Goochtiegel gesammelt, 
bei 125° getrocknet und als wasserfreies Nikotin-Silikowolframat 
2C,0Hı4N,; : 2H,0 - SiO, - 12 W,O, gewogen werden. Man kann 
den Silikowolfram-Niederschlag auch in Wasser verteilen, das Salz- 
säure und Reagens enthält, denselben nach dem Zentrifugieren durch 
MgO + H,O zersetzen, das abgespaltene Nikotin durch Wasserdampf 
übertreiben und mit Schwefelsäure, die im Liter 3,024 g H,SO, ent- 
hält, unter Verwendung von Alizarinsulfosäure als Indikator titrieren. 
l ccm dieser Säure entspricht 10 mg Nikotin. 

In frischen Pflanzen kann man den Nikotingehalt nach Mellet?) be- 
stimmen. Etwa 250 g der fein zerschnittenen Pflanzensubstanz werden im 
verschlossenen Kolben mit siedendem Wasser übergossen, stehen gelassen 
und nach 24h mit Kalkmilch versetzt und im verschlossenen Kolben 
unter häufigem Umschütteln wieder 24h stehen gelassen. Das in Frei- 
heit gesetzte Nikotin wird mit Wasserdampf abdestilliert, wobei sich 


rige Lösung mit 


1) Bertrand und Javillier, Bull. de la Science Pharmakol. (4), 5, 
241 (1909); 16, 7 (1909). 
®) R. Mellet, Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharmac. 49, 117 (1911). 


XIII. Alkaloide. 291 


das Volumen im Destillationskolben verringern muß. ‘Die Destillation 
ist beendigt, wenn das dreifache der ursprünglichen Flüssigkeit über- 
destilliert ist. Nun wird das Destillat mit Schwefelsäure angesäuert, 
unter möglichster Vermeidung von Luftzutritt eingeengt, Kaliumhydroxyd 
zugefügt und mit Äther extrahiert. Die ätherische Lösung wird ein- 
gedunstet, wobei das in der Lösung enthaltene Ammoniak entweicht. 
Der Ather wird, nachdem die Dämpfe kein Ammoniak mehr enthalten, 
bei gewöhnlicher Temperatur zur Trockene gebracht, der Rückstand in 
Wasser gelöst und mit 1 Schwefelsäure titriert. Der Gesamtverlust 
an Nikotin bei diesen Operationen beträgt im Mittel 0,06 g, die also den 
gefundenen Werten zuzurechnen sind. 


Verfahren vonW.Koenig [Chemikerzeitung 35, 521 (1911)]: 
20 g Tabakextrakt werden mit Seesand, dem 4 ccm einer Natron- 
lauge 1:1 hinzugefügt wurden, verrieben und soviel Gips beigegeben, 
bis ein fast trockenes Pulver entsteht. Dieses wird mit 100 cem Xylol 
(nach der Modifikation von Töth) 2—3 Stunden digeriert, nach dem 
Absitzen, das sehr schön und schnell vonstatten geht, 30—40 ccm 
abfiltriert und polarisiert. Zur Are Bestimmung werden 
25 ccm des Filtrates mit 25—50 ccm n Salzsäure und 50—75 cem 
Wasser versetzt und nach Zugabe von 25 ccm Äther, dem vier Tropfen 
einer alkoholischen Auflösung von Jodeosin 1: 500 zugesetzt wurden, 


kräftig geschüttelt und unter fortwährendem Schütteln mit 0 Natron- 


ES n 
lauge bis zur Blaßrosafärbung zurücktitriert. 1 cem 10 Salzsäure — 


0,0162 g Nikotin. Die Art des Indikators ist für alle Nikotinbestimmungen 
von großer Wichtigkeit, je nach dem Indikator kann das Resultat auch 
bei gleich konzentrierten Lösungen sehr wesentlich differieren. Es ist 
deshalb nicht nur wichtig, stets ein und denselben Indikator zu be- 
nutzen, sondern auch das Auge mit dem betreffenden Umschlag genau 
vertraut zu machen. Es empfiehlt sich vielleicht auch, statt Jodeosin 
Cochenille (stets frisch bereitet) anzuwenden, dessen Umschlag von 
Blaßrot nach Farblos recht gut zu beobachten ist. 

Von den Fällungsverfahren ist das zuverlässigste das nach Ber- 
trand-Javillier, von den maßanalytischen das nach König und 
das gleich zu beschreibendenach Töth. Das eleganteste, in kürzester Zeit 
auszuführende Verfahren, welches auch bei einiger Übung genaue Zahlen 
liefert, ist das von J. Töth: Man zerreibt den lufttrockenen Tabak 
möglichst fein (es ist eine wesentliche Bedingung für die genauen Resultate 
nach dieser Methode, daß das Pulver äußerst fein zerrieben ist und von 
den Blattrippen keine größeren unzerriebenen Stücke zurückbleiben, 
die bei der Extraktion Nikotin zurückhalten könnten), verrührt 6 g in 
einer Porzellanschale mit 10 ccm Natronlauge von 20 %, und gibt soviel 
Gips zu, bis die Masse pulverig geworden ist. Auch hier ist es sehr 
wesentlich, daß das Durcharbeiten mit der Natronlauge sorgfältig erfolgt 
und eine völlig durchtränkte Masse resultiert, in der aber keine zu- 
sammengebackenen Klumpen erscheinen dürfen. Das Durcharbeiten 
geschieht zweckmäßig mit zwei Nickelspateln, welche am Schlusse des 
Durchmischens mit Filtrierpapier quantitativ abgewischt werden, das 

19* 


292 XIIT. Alkaloide. 


dann beim präparierten Tabakpulver verbleibt. Das ganze wird quanti- 
tativ mit zirka 100 ccm eines aus gleichen Teilen Petroläther-Äther 
hergestellten Gemisches in einen Kolben gespült und einige Zeit ge- 
schüttelt. Dann wird eine Stunde absitzen gelassen und möglichst 
schnell 25 ccm herauspipettiert. Zu dieser Menge gibt man 40—50 ccm 
Wasser und emen Tropfen Jodeosin (respektive Cochenille) und einen 


Überschuß von 5, Schwefelsäure; den Überschuß titriert man dann 


mit n n Natronlauge zurück. Von Tabaksaucen nimmt man 10 g in 


Arbeit. Von dem vorhandenen Ammoniak geht im Höchstfalle 0,0005 g 
in die 25 ccm der Petroläther-Ätherlösung über. 


KoffeinbestimmungnachK. Gorter!): Das Koffein 
ist im Kaffee größtenteils in Form der Doppelverbindung chlorogen- 
saures Kalikoffein enthalten, welcher das Koffein durch trockenes 
Chloroform nicht entzogen werden kann. Aus trockenem Kaffeepulver 
nimmt Chloroform auch bei neunstündiger Extraktionsdauer nur ein 
Zehntel der totalen Koffeinmenge auf. Wird aber das Kaffeepulver 
vorher mit Wasser durchfeuchtet, so gelingt es leicht, das gesamte 
Koffein innerhalb drei Stunden mit Chloroform zu extrahieren. 11 g 
sehr fein gepulverten Kaffees werden mit 3 ccm Wassers durchfeuchtet. 
Nach einer halben Stunde ist das Wasser genügend absorbiert; nun 
wird während drei Stunden im Soxhletschen Apparat mit Chloroform 
extrahiert. Man destilliert dann das Chloroform ab und zieht den aus 
Fett und Koffein bestehenden Rückstand mit heißem Wasser aus. Das 
Fett wird über einen dichten Wattepfropf abfiltriert und mit heißem] 
Wasser nachgewaschen, so daß alles Koffein in das Filtrat gelangt. 
Dieses wird nach dem Erkalten mit Wasser bis zu 55 ccm aufgefüllt 
und hiervon 50 ccm abpipettiert. Man führt nun durch viermal wieder- 
holtes Ausschütteln mit Chloroform das Koffein in dieses über und 
destilliert dann aus einem tarierten Kölbchen ab. Das rückständige 
Koffein ist von fast weißer Farbe und wird nach dem Trocknen bei 
100 ° gewogen. Eine Hauptbedingung für die exakte Bestimmung ist 
feinstes Pulverisieren des Kaffees. 

Koffeinbestimmung nach Lendrich und Nott- 
bohm ’?): 20 g feingemahlener Kaffee werden mit 10 ccm Wasser ver- 
setzt und damit 1—2 Stunden stehen gelassen; dann wird das Pulver 
3 Stunden mit Tetrachlorkohlenstoff extrahiert, dem Auszug 1 g 
Paraffin zugesetzt, der Tetrachlorkohlenstoff verdunstet und der Rück- 
stand mit siedendem Wasser ausgezogen. Das abgekühlte Filtrat 
(200 ccm) wird bei Rohkaffee mit 10—15 ccm, bei geröstetem Kaffee 
mit 30 cem Ilprozentiger Lösung vom Kaliumpermanganat versetzt, 
nach Y,stündigem Einwirken das Mangan durch 3prozentiges Wasser- 
stoffsuperoxyd, dem 3%, Essigsäure zugesetzt wurden (100 : 1), als 
Superoxyd gefällt, gekocht und abfiltriert. Das Filtrat wird zur 
Trockene verdampft, kurze Zeit bei 100° © getrocknet und mit 
wässerigem Chloroform erschöpft. Nach Verdunsten des Extraktions- 


ı) K. Gorter, Liebigs Annalen d. Chem. 358, 339 (1908). 
®) K. Lendrich und E. Nottbohm, Zeitschr. f. d. Unters v. 
Nahrungs- u. Genußmitteln 17, 241 (1909). - 


XIII. Alkaloide. 293 
mittels wird das Koffein, das bei Rohkaffee rein weiß, bei geröstetem 
leicht gelbstichig ist, Y, Stunde bei 100 ° C getrocknet und gewogen. 

Quantitativer Nachweis von Solanin nach 
v. Morgenstern: 100—200 g Kartoffeln werden zu einem feinen 
Brei zerrieben und unter Wasserzusatz mehrfach ausgepreßt; zwei- 
malige Wiederholung genügt in der Regel. Aus den vereinigten Lösungen 
wird durch Zusatz von 0,5 cem Eisessig und einstündiges Erwärmen auf 
dem Wasserbade das Eiweiß ausgefällt. Das Filtrat vom Eiweißnieder- 
schlag wird zum Sirup eingedampft und mit 96prozentigem Alkohol 
unter Umrühren solange versetzt, bis ein weiterer Zusatz keine Trübung 
mehr hervorruft; nach zwölfstündigem Stehen wird die Lösung abgegossen. 
Der Rückstand wird zweimal mit heißem Alkohol ausgeknetet. Die 
alkoholischen Lösungen werden auf dem Wasserbad vom Alkohol befreit, 
mit essigsaurem Wasser aufgenommen, erwärmt, filtriert, zum Sieden 
erhitzt und tropfenweise mit Ammoniak gefällt. Nach fünf Minuten 
langem Stehen auf dem Wasserbade wird der entstandene Niederschlag 
gesammelt, mit ammoniakhaltigem Wasser ausgewaschen und in sieden- 
dem Alkohol gelöst. Diese Lösung wird dann nach dem Verdampfen 
des Alkohols in der gleichen Weise noch einmal behandelt. Das Solanin 
kann auf einem bei 90 ° getrockneten Filter gesammelt und bei der- 
selben Temperatur getrocknet, oder nach dem Lösen in heißem 
Alkohol in einem tarierten Schälchen zur Trockne verdampft werden. 
Andere Pflanzenteile werden vor dem Extrahieren bei 100 ® getrocknet, 
fein gemahlen und dann mehrmals bei Siedehitze mit essigsäurehaltigem 
Wasser ausgezogen. 

Bei manchen kolloidalen Medien, z. B. in Farbstofflösungen wie 
Nachtblau, Nilblau, Wollviolett usw., erfährt die Oberflächenspannung 
und damit die Tropfengröße eine oft bedeutende Anderung, falls Stoffe 
zugesetzt werden, die als Kolloidgifte bezeichnet werden können, wozu 
auch die Alkaloide gehören. Die Kolloidgifte sind identisch mit Blut- 
giften, indifferente Stoffe dagegen ändern die Tropfengröße nicht, so 
daß solche ‚‚kolloidgiftige‘“ Stoffe auch im Gemenge mit indifferenten 
Stoffen und in verschiedenen Lösungsmitteln nachgewiesen werden 
können. Für die Alkaloidbestimmung scheint Traubes kapillar- 
titrimetrische Methode!) recht verwendbar zu sein. Wenn man eine 
mit einigen Tropfen Quecksilberchlorid geimpfte Nachtblaulösung 
tropfenweise mit entsprechend äquivalenter Jodkalilösung versetzt, so 
nähert sich das Medium in dem Maße, als es ‚entgiftet‘‘ wird, wieder 
dem normalen Gleichgewichtszustande. 

10 ccm einer 0,2prozentigen Nachtblaulösung (Tropfenzahl = 58,2) 
wurden mit zehn Tropfen t/,, äquivalenter HgCl,-Lösung mit dem 
Tropfglas versetzt. Die Tropfenzahl betrug jetzt 45,5. Die folgende 
Reihe zeigt den Einfluß eines tropfenweisen Zusatzes von !/,, äquiva- 
lenter Jodkalilösung zu 10 ccm Nachtblau: 


Tropfen JK: 1 2 3 4 5 6 7 8 10 
Tropfenzahl: 46,2 46,1 4825 52,05 542 543 51,05 502 49,9 


Ein Tropfen äquivalenter HgCl,-Lösung wie !/,, äquivalenter 
JK-Lösung entspricht sehr angenähert 0,09 ccm. An Stelle der be- 


!) s. a. Berichte d. d. chem. Ges., Bd. 20, 2644, 2824, 2829, 2831 (1887); 
Biochem, Zeitschr. 24, 341 (1910). 


294 XIV. Kautschuk. 


quemeren Tropfgläser kann man natürlich auch feinere Tropfpipetten 
verwenden. 

Ein Maximum der ‚Entgiftung‘ in obiger Reihe ist bei Zusatz 
von 5—6 Tropfen JK-Lösung zu sehen, dann macht sich der ver- 
giftende Einfluß des überschüssigen Jodkalis geltend. 

Bei Alkaloidtitrationen benutzt man Wollviolett und Tannin; bei 
hinreichender Verdünnung bleibt die Lösung vollkommen durchsichtig. 


10 ccm 0,2 prozentiges Wollviolett . . . . . Tropfenzahl 55,65 
dazu 1 Tropfen — —= (0,075 ccm 2 prozentiges Kokainchlorhydrat nr 64,8 
Sat 7 = 0,09 04 nr Tann. Wa = 63,7 
= 2 ” — 0,09 5: 70,4 = 5 a re a. 63,2 
BT P: = 0,09 „ -0,4 * » RE ADS EN hr 61,9 
= 10 0,097, 04 55 AR 2 r 60,6 
noch weitere 5 Tropfen 2 prozentiges Tannin IR ER LEER & 58,2 
” 10 Er Er) Er} ae 1 cin 40 ” 55,4 
10 en Wollviolett . . . e Er 55,65 
+ - Tropfen = 0,09 cem Bl proz. Aconitinchlorhydrat : Y 55,95 
2 Er) = —=(, 09 Er ” Er ° ” 56,2 
+%# » —= 0,09 EE ” „ . ” 56,65 
a) „ — 0,09 EZ ” ” . ” 58,0 
+ 20 » = 0,09 2 ” „> . ER 60,2 
dazu 2 Tropfen !/,. prozentiges Tannin . ........ = — 
+ 5 An 3 - EU BIN RE ER 59,9 
u 3 = ENTER FRE u ” 59,55 
m 2 BR n. ae ea re We > 58,4 
TO nn = B ne Er ae re rs 56,95 


XIV. Kautfchuk. 


Für die Analyse von Kautschukarten haben C. Harries, 
C. 0. Weber und Th. Budde Methoden ausgearbeitet, die mehr- 
fach modifiziert worden sind. Gelegentlich einer Untersuchung !) habe 
ich Veranlassung gehabt, diese Methoden vergleichend zu überprüfen 
und sie als in befriedigender Übereinstimmung untereinander befunden. 
Der Gang dieser Untersuchung sei hier beschrieben. Die etwa manns- 
hohen Pflanzen von Lactuca viminea wurden zunächst mehrere Tage 
neben dem geheizten Ofen stehen gelassen, bis sich die Stammruten 
im Mörser zerstoßen ließen und dann möglichst fein gemahlen. Das 
Material wurde dann im Soxhletapparat bis zur Erschöpfung mit Petrol- 
äther behandelt, wobei ein klebriger, harzartiger Rückstand und eine 
gelbbraun gefärbte Flüssigkeit von schwach narkotischem Geruch er- 
halten wurden. Nach Abdestillieren des Lösungsmittels hinterblieb 
schon in der Wärme ein körniger, gelblicher Rückstand mit allen Eigen- 
schaften des Laktukons. Der harzige Rückstand nebst der gelbbraunen 
Flüssigkeit wurde nun mit 10%, alkoholischem Kali 24 Stunden am 
sückflußkühler gekocht, wobei ein Teil der Substanz verseift wurde, 
von dem Ungelösten abfiltriert, mit Wasser und hierauf mit Alkohol 
nachgewaschen, getrocknet und gewogen. Der Rückstand wurde dann 
mit Schwefelkohlenstoff behandelt, wobei eine tiefbraune Lösung 
resultierte; nach Abdestillieren des Schwefelkohlenstoffs und Trocknen 
der Masse im Ölbade resultierte eine gelbgraue, beim leichten Erwärmen 


1) V. Grafe und K. Linsbauer, Über den Kautschukgehalt, von 
Lactuca viminea. Presl., Zeitschr, für das landwirtschaftl, Versuchswesen in Oster- 
reich 1909, 126, 


XIV. Kautschuk. 295 


elastische Substanz, die, angezündet, intensiv nach angebranntem 
Kautschuk roch. Dieser ‚„Rohkautschuk‘ wurde in einem Kolben 
gesammelt, am Wasserbad mit frisch destilliertem Azeton solange 
behandelt, bis nichts mehr in Lösung ging, worauf die graue Masse 
nicht mehr klebrig war. Die zusammengeballten, mehr oder weniger 
elastischen Stückchen wurden der Kautschukanalyse unterworfen. 
Zunächst wurden sie in Schwefelkohlenstoff gelöst, durch Eingießen 
in Alkohol wieder gefällt, abfiltriert und im luftverdünnten Raum über 
Schwefelsäure getrocknet. 

Die Methoden von Harries und Weber beruhen auf der Be- 
stimmung der Produkte, die beim Einleiten von nitrosen Gasen in die 
benzolische Lösung des Kautschuks entstehen, die von Budde auf 
der Bildung des Tetrabromkautschuks durch Anwendung einer be- 
stimmten Bromierungsflüssigkeit. | 

Bei der Behandlung einer wasserhaltigen benzolischen Kautschuk- 
lösung mit feuchter salpetrigen Säure erhielt Harries!) ein gelbes 
Produkt von der Zusammensetzung C,9H30Ng0,, — sein Nitrosit C —. 
das er für die quantitative Bestimmung von Kautschuk in Gemengen 
vorschlug. Die Nitrositmethode hat sich, von Fendler?) und Diet- 
rich?) modifiziert, tatsächlich bewährt und in die Technik Eingang 
gefunden ?). 

1,5 g des gereinigten, mit Azeton extrahierten und getrockneten 
Produktes wurden mit 75 cem Benzol übergossen und bis zur Lösung 
in der Kälte stehen gelassen (zirka drei Stunden). Zur Darstellung 
der salpetrigen Säure wurde Kartoffelstärke verwendet; 20 g gepulverte 
Stärke wurden mit HNO, (spezifisches Gewicht 1,3) übergossen und 
am Wasserbade bis zur Auflösung stehen gelassen. Sobald die ersten 
roten Dämpfe entweichen, muß der Kolben vom Wasserbad entfernt 
und die erste heftige Reaktion abgewartet werden. Nach fünf Minuten 
ist das erreicht und der Kolben wird mit dem Trockenturm verbunden, 
der mit glasiger Phosphorsäure in Stangen gefüllt ist, und nun mit dem 
Einleiten begonnen. Die Einleitung dauerte zwei Stunden. Das Benzol 
wurde dann vorsichtig durch ein Filter abgegossen, mit Benzol nach- 
gewaschen und der Kolben samt dem gebildeten Nitrosit im Vakuum- 
exsikkator getrocknet und gewogen. Dann wurden 50 ccm Azeton 
hinzugefügt, am Wasserbad einige Zeit erwärmt, durch ein gewogenes 
Filter durchgegossen und mit Azeton nachgewaschen. Das Becher- 
glas wurde nach dem Trocknen zurückgewogen, das Filter getrocknet 
und dessen Inhalt — die eingelösten Anteile (Mineralsubstanzen) — 
vom Gewichte abgezogen. Die Gewichtsdifferenz zuzüglich dem Abzug 
für das Ungelöste ergibt die Menge des erhaltenen Nitrosits, aus welchem 
nach der Proportion: 

289 : 136 = gefälltes Nitrosit : x 
die Menge des enthaltenen Reinkautschuks berechnet werden kann. 
Diese quantitative Bestimmungsmethode wurde von Harries zwar 
zunächst nur für Parakautschuk durchgeführt, es zeigte sich aber später, 


!)C. Harries, Zur Kenntnis der Kautschukarten. III.. Ber. d. d. chem. 
Ges. 36, 2, 1937 (1903). 

®) Fendler, Ber. d. d. pharmak. Ges., Heft 5 (1904). 

®) Dietrich, Chemiker-Zeitung 38, 82, 974 (1903). 

*) OÖ. Gottlob, Über Einwirkung der salpetrigen Säure auf Kautschuk- 
arten, Zeitschr, f. angew,. Chemie 20, Heft 51, p. 2213 (1907). 


296 XIV. Kautschuk. 


daß auch aus ganz harzigen, schmierigen Produkten, wie aus dem 
mexikanischen Quagulekautschuk u. a., das Nitrosit C ebenso wie aus 
reinem Parakautschuk gewonnen und zur quantitativen Bestimmung 
des Reinkautschuks verwendet werden kann. 


Die Methode von ©.O. Weber!) beruht ebenfalls auf der Fähigkeit 
des Kautschuks, sehr leicht mit nitrosen Gasen zusammenzutreten. 
Das erforderliche Stickstoffdioxyd wurde durch allmähliches Erhitzen 
von Bleinitrat im schwer schmelzbaren Rohre gewonnen, das Gas wurde 
in die Benzollösung des entharzten Produktes geleitet, bis die Lösung 
eine tiefrotbraune Farbe angenommen hatte, das gelbbraune Reaktions- 
produkt dann eine Stunde stehen gelassen und das Benzol durch ein 
Filter abgegossen. Die Masse, welche bei 50 ° getrocknet worden war, 
wurde mit warmem Azeton behandelt und zum Fällen der Mineral- 
substanzen einige Zeit stehen gelassen. Es schied sich tatsächlich 
eine kleine Menge anorganischer Substanz ab, die von der Azeton- 
lösung abfiltriertt und mit Azeton gewaschen wurde. Dann wird die 
Lösung in die zirka achtfache Menge gegossen, der Kolben dabei un- 
ablässig geschwenkt, der verschlossene Kolben dann noch zehn Minuten 
geschwenkt und vor dem Filtrieren 24 Stunden stehen gelassen. Das gelbe 
Reaktionsprodukt hat sich nach dieser Zeit zu Boden gesetzt und wird 
durch ein gewogenes Filter abdekantiert. Das Filtrieren an der Saug- 
pumpe nimmt relativ lange Zeit in Anspruch. Die Trocknung des 
Filters samt Inhalt wird bei einer Temperatur von 60—65 ° durch- 
geführt, bei welcher Temperatur eine Zersetzung des Produktes nicht 
stattfindet. Man erhält nach Weber die Menge des Reinkautschuks 
durch Multiplikation des Gewichtes des Nitroproduktes mit 0,6. 


Schließlich hat Th. Budde?) eine Methode angegeben, die auf 
der Unlöslichkeit des Tetrabromkautschuks in Tetrachlorkohlenstoff 
beruht. Der zu untersuchende Rohkautschuk wird in Tetrachlorkohlen- 
stoff durch längeres Stehenlassen gelöst (1 g Substanz in 100 ccm 
Tetrachlorkohlenstoff, davon 10 ccm zur Analyse verwendet und mit 
Tetrachlorkohlenstoff auf 50 cem aufgefüllt) und nun die gleiche Volum- 
menge der Bromierungsflüssigkeit, nämlich 16 g Br+1 g J, gelöst 
in 1000 cem Tetrachlorkohlenstoff, zufließen gelassen, wobei sich eine 
gallertartige Substanz abscheidet, welche nach Hinzufügung von ab- 
solutem Alkohol in eine beständige weiße Form übergeht. Die filtrierte 
und gewaschene Masse wird bei 60° getrocknet; 456 g Tetrabrom- 
kautschuk entsprechen 136 g Reinkautschuk. Zu diesem Verfahren 
existieren Modifikationen von S. Axelrod?), der den Faktor mit 
314 angibt, und von G. Fendler und OÖ. Kühn) Nach diesem 
wird der Kautschuk mit ToJuol in einem mit Glasstöpsel verschließ- 
baren 100 ccm fassenden Kolben übergossen, offen in ein Wasserbad 
gestellt und solange wiederholt geschüttelt, bis Lösung eingetreten 


1), 0.0. Weber, Zur Analyse des Kautschuks und der Kautschukwaren. 
Ber. d. d. chem. Ges. 36, 3, p. 3103 (1903). 

:) Veröffentl. aus d. Gebiete d. Milit.-Sanit.-Wesens 1905, Heft 29; Chem. 
Centralbl. 1905, II, 175, ferner ebd. 1908, I, 2175. 

°) Methode zur direkten Bestimmung des Kautschukgehaltes in Kautschuk- 
mischungen. Gummi-Zeitung 21, 1229 (1908). 

‘) G.Fendlerund OÖ. Kühn, Neue Studien über Kautschuk und Kaut- 
schukuntersuchung. Gummi-Zeitung Dresden 22, 132, 160, 215, 249 (1907). Aus 
dem pharmaz, Inst. d, Univers, Berlin, Chem, Centralbl, 1908, I, 491, 


XV. Gesamtanalyse. 297 


ist. Die Lösung wird über Glaswolle filtriert und davon 10 ccm unter 
Nachspülen mit Tetrachlorkohlenstoff in ein Becherglas gebracht und 
dieses in die Dämpfe eines siedenden Wasserbades gestellt. Nach 
Abdunsten des Lösungsmittels wird unter Umrühren mit 50 ccm 
Tetrachlorkohlenstoff aufgenommen und 50 cem des Bromierungs- 
gemisches hinzugegeben, dann 24 Stunden bedeckt stehengelassen. 
Nun werden unter Umrühren 50 ccm absoluten Alkohols hinzugefügt, 
das Tetrabromid abfiltriert, mit Tetrachlorkohlenstoff + Alkohol, dann 
mit Alkohol allein gewaschen, bei 50—60 ° getrocknet und gewogen. 
Erwähnt sei schließlich noch das für technische Zwecke ausreichende 
Alkaliverfahren, welches im wesentlichen darauf beruht, daß die Zell- 
membran durch Erhitzen mit starker Kalilauge aufgeschlossen wird, 
wobei der im getrockneten Ausgangsmateriale bereits koagulierte 
Kautschuk freiwillig austritt und sich schließlich auf der spezifisch 
schwereren Kalilauge ansammelt !). 


XV. Gefamtanalyse. 


In der Regel stellt man einen ernährungsphysiologischen Versuch 
in der Absicht an, die Veränderungen eines einzelnen Stoffes oder 
einer Stoffgruppe zu verfolgen, indessen ändern sich bei Veränderung 
einer Bedingung oder eines Bedingungskomplexes nicht nur die Ver- 
hältnisse, welche zu der gewünschten Abänderung führen, sondern 
infolge des bedingten Zusammenhanges aller Stoffwechselprozesse auch 
andere, nicht in den Bereich des Experimentes gezogene, was dann in Ver- 
änderung der Form oder Wachstumsverhältnisse zum Ausdruck kommt 
und sich häufig bei der Analyse auch durch Bildung von abweichenden 
Stoffwechselprodukten zeigt. So bringt eine Veränderung der Mineral- 
stoffernährung eine Veränderung des Kohlehydratstoffwechsels mit 
sich; die osmotischen Verhältnisse der Nährlösung bedingen, wie wir 
heute wissen, Aufnahme oder Rückwanderung von Mineralstoffen in 
oder aus der Pflanze, die Darbietung von gasförmigem Formaldehyd 
hat ein Unterbleiben der Stärkeformation und eine vermehrte Bildung 
löslicher Zuckerarten zur Folge, Temperaturverschiebungen bewirken 
gegenseitige Umwandlungen von Fett und Stärke und schließlich verändert 
sich je nach den äußeren Bedingungen die Enzymarbeit. Daß die Enzym- 
prozesse qualitativ und quantitativ mit dem Alter und Ernährungs- 
zustand der Pflanze wechseln, ist selbstverständlich und man sollte 
schon aus diesem Grunde für vergleichende Versuche nur nach allen 
Richtungen physiologisch gleiche Pflanzen verwenden. Infolgedessen 
wäre es richtig, nach Ablauf jedes Stoffwechselversuches nicht nur die 
Veränderungen jener Stoffgruppen zu studieren, auf deren Veränderung 
man hingearbeitet hat, oder nicht nur, wie das von den Pflanzen- 
physiologen in der Regel gemacht wird, sich auf die Messung der 
Pflanzenteile zu beschränken, also den Wachstumsverlauf zu verfolgen, 
sondern eine Gesamtanalyse der Pflanzen durchzuführen. Wenn ich 


1) Alexander und Bing, Über die Gewinnung von Kautschuk aus 
getrockneten Kautschukpflanzen. Der Tropenpflanzer, 12. Jahrgang, Nr. 2. — 
Siehe ferner R. Ditmar, Die Analyse des Kautschuksusw., Wien 1908, und 
desselben Autors Sammelreferat inE.Abderhaldens Biochemischem Hand- 
lexikon VII,2, Berlin 1912, 


298 XV. Gesamtanalyse. 


z. B. finde, daß nach Einwirkung der ‚„Laboratoriumsluft‘‘ das Längen- 
wachstum der Keimpflanze gehemmt ist, dagegen eine starke Ver- 
diekung eintritt, so sagt mir der ungewöhnliche Habitus zunächst noch 
nichts über die veränderten Stoffwechselvorgänge; wenn ich aber finde, 
daß der Turgor solcher Pflanzen stark erhöht ist und weiter eine An- 
häufung von löslichen Kohlehydraten und Aminosäuren, von Fett- 
säuren, von Glyzerin konstatiere, so habe ich nicht nur eine plausible 
Erklärung für die Erhöhung des Turgors gefunden, sondern ich kann 
auch darauf schließen, daß durch die Laboratoriumsluft die abbauenden 
Enzyme ihre Arbeit ungehindert oder in verstärktem Maße durchführten, 
etwa so, wie das beim Unterbinden der regulierenden Plasmatätigkeit 
der Fall ist, die synthetisierenden Enzyme vielleicht in ihrer Wirksam- 
keit gestört waren. Vielleicht kann ich durch weitere Analyse das 
Auftreten solcher Enzymaktivatoren, respektive Enzymgifte feststellen ; 
wollte ich nun weiter die Verhältnisse der Oberflächenspannung studieren, 
so könnte ich in deren Veränderungen einen Schritt näher zur Er- 
kenntnis der Plasmatätigkeit machen und würde vielleicht in der Ver- 
änderung des Dispersionsmittels der Plasmamembran die Ursache 
finden, warum gewissen Stoffen der Eintritt und Austritt durch die 
Plasmahaut ermöglicht oder verwehrt wird und warum also diese oder 
jene Stoffwechselprodukte entstehen müssen. Die schönen Arbeiten 
von Lepeschkin, Tröndle, Czapek u. a. zeigen, daß wir 
durch derartige Feststellungen die Fragen des Stoffwechsels in den 
Sitz der Plasmatätigkeit selbst verlegen können und daß auf diese 
Weise auch Reizeffekte, die ja im Grunde natürlich auch nur auf Stoff- 
wechselveränderungen zurückzuführen sind, ernährungsphysiologisch im 
weiteren Sinn des Wortes werden erklärt werden können. Wenn ich 
weiter durch Darbietung von gasförmigem Formaldehyd ein freudigeres 
Wachstum der Versuchspflanzen beobachte als unter gewöhnlichen 
Verhältnissen, so gibt mir eine Wachstumsmessung nur eine stärkere 
Verlängerung der Pflanzenteile innerhalb derselben Zeiten an, aber die 
chemische Analyse erst zeigt uns, daß die Bildung von löslichen Kohle- 
hydraten statt der Stärke die normalstärkeführenden Pflanzen ebenso 
zu rascherem Wachstum veranlaßt, wie das biologisch bei vielen Pflanzen 
unserer Frühlingsflora, den sogenannten ‚Zuckerpflanzen‘“, schon längst 
erkannt war, welche die Assimilate auch nicht in Form von Stärke 
aufstapeln, sondern gleich den Verbrauchsstätten zuführen und welche 
aus diesem Grunde in schnellerem Wachstum die Erde durchbrechen 
können. Die weitere Analyse zeigt dann eine Förderung der amylolyti- 
schen Wirkung durch den Formaldehyd. Die Untersuchung des Mineral- 
stoffwechsels würde wahrscheinlich auch einige Beiträge zur Erkenntnis 
des Vorganges liefern und so möchte ich empfehlen, den Ablauf eines 
jeden Stoffwechselversuchs auf breitester physikalisch-chemischer Basis 
zu kontrollieren. Man ist heute mit Recht zur Überzeugung gelangt, 
daß alle Vorgänge im Pflanzenkörper unter gegenseitiger Korrelation 
verlaufen, daß nicht nur die Nahrung im engeren Sinne wie Mineral- 
stoffe, Kohlensäure, Stickstoffquelle in gegenseitiger Abhängigkeits- 
beziehung stehen, sondern daß auch Licht, Feuchtigkeit, Temperatur 
den Ablauf und die gegenseitigen Beziehungen aller Stoffwechsel- 
vorgänge bei Veränderung dieser Einflüsse verschieben müssen. Es ist 
daher folgerichtig ‚”'’daß man sich nur durch die Untersuchung aller 
in Betracht kommenden Bestandteile des Pflanzenkörpers,@ also nicht 


XV. Gesamtanalyse. 299 


etwa allein durch Wachstumsmessungen ein Bild von den eingetretenen 
Veränderungen wird machen können. Ein fernerer Fehler besteht darin, 
daß man die individuellen Verschiedenheiten zu wenig berücksichtigt, 
d.h. daß man gewöhnlich — woran freilich der Platzmangel und Material- 
mangel in unseren pflanzenphysiologischen Laboratorien schuld trägt — 
viel zu wenige Individuen für eine Serie von Vergleichsversuchen wählt. 
Nur durch sehr zahlreiche Pflanzen kann man die Fehler einengen, 
welche durch individuelle Schwankungen selbst dann eintreten, wenn 
man für Auswahl von Samen der gleichen Ernte, für Auswahl gleich 
großer und gleich gesunder Samen gesorgt hat. Das gilt natürlich nicht 
nur für die Wachstumsmessungen, sondern auch für die chemische 
Analyse, bei der es ebenfalls auf Mittelwerte ankommt. Hier noch 
eine Bemerkung. Bei der Wiedergabe der Versuchsresultate sollten 
die Zahlen immer solche Mittelwerte aus einer Reihe von Parallel- 
versuchen darstellen und man sollte ein Ergebnis nicht für ein solches 
halten, wenn es nicht mit mindestens 500-—-600 untereinander ver- 
gleichbaren Pflanzen gewonnen ist. Wenn man sich dies zur Regel 
macht, wird auch die für den Leser höchst lästige Wiedergabe 
von Versuchsprotokollen wegfallen, welche ja nur für den Autor ein 
Mittel sind, das Ergebnis zu gewinnen, das allein den Leser interessiert. 
Man könnte durch Wiedergabe einer Zahl statt hunderter dem Leser 
viel Zeit und Mühe ersparen und überdies die Lektüre viel verständ- 
licher und übersichtlicher gestalten. 

Bei der Gesamtanalyse wird man zunächst darauf zu achten haben, 
daß zahlreiche Verbindungen sehr leicht zersetzlich sind, daß sie schon, 
wie die Eiweißstoffe, vielfach beim Trocknen im Trockenschrank zer- 
fallen, daß also das Trocknen keinesfalls bei allzuhoher Temperatur 
erfolgen darf. Anderseits muß der Trocknungsprozeß doch wieder bei 
einer Temperatur erfolgen, die oberhalb des Wirkungsbereiches der 
Enzyme liegt, weil sonst leicht Enzymhydrolysen während des Trocknens 
stattfinden könnten. Deshalb ist es z. B. bei der Bestimmung von 
Glykosiden überhaupt nicht ratsam, das getrocknete Material zu ver- 
arbeiten, sondern man nimmt die frischen Pflanzenteile und unter- 
bindet die Arbeit der glykosidspaltenden Enzyme, indem man sie in 
kochenden Alkohol wirft. Auch bei der Bestimmung der Fette geht 
man ähnlich vor, indem man die vorher eventuell ausgequetschten 
oder abgepreßten Samen zuerst mit Alkohol mehrmals auskocht, die 
ausgekochte Masse gut abpreßt und bei gelinder Temperatur trocknet, 
dann in einer Mühle fein zermahlt und im Extraktionsapparat mit 
Petroläther völlig extrahiert. Stehen nur kleine Mengen von Samen 
oder dergleichen zur Verfügung, so umgibt man sie mit mehreren Lagen 
Filtrierpapier und preßt sie so in der Presse aus; das Fließpapier saugt 
dann das herausgepreßte Fett auf und kann später zusammen mit den 
Samen extrahiert werden. Das Trocknen soll keinesfalls bei höherer 
Temperatur als bei 110 0 C erfolgen, aber auch bei dieser Temperatur 
erfolgen häufig Zersetzung organischer Substanz und unkontrollierbare 
Veränderungen. Die Oxydationsfermente, welche noch bei sehr hohen 
Temperaturen wirksam sind, färben die Pflanzen meist braun infolge 
Bildung von Phlobaphenen aus Gerbstoffen, die Extrakte sind dann 
immer mehr oder weniger gefärbt, aus den Kohlehydraten entstehen 
schon bei relativ niederer Temperatur Karamelprodukte unter dem 
Einflusse anderer Stoffe. Deshalb ist es in allen diesen Fällen not- 


300 XV. Gesamtanalyse. 


wendig, bei einer niedrigeren Temperatur als bei 100° zu trocknen, 
aber im Interesse der rascheren Trocknung ist es geboten, im Vakuum 
zu erwärmen. Solche Vakuumtrockenschränke und Exsikkatoren sind 
heute in ziemlich vollendeter Konstruktion bekannt. Am zweck- 
mäßigsten erscheint mir der von A. Skita beschriebene Vakuum- 
exsikkator, der in feinem helmartig gewölbten Deckel zwei Glühlampen 
aus Rubinglas trägt, die durch Steckkontakt an jede elektrische Leitung 
angeschaltet werden können und den Exsikkatorraum heizen, während 
er an die Luftpumpe angeschaltet ist, welche den Luftdruck vermindert. 
So konnten bei 40 ° C in der Stunde 25 ccm abgedampft werden. Solche 
Trocknungsapparate lassen sich aber auch direkt aufs geheizte Wasser- 
bad stellen oder besitzen einen Doppelmantel, in den Wasser ein- 
gefüllt und auf beliebige Temperatur erwärmt werden kann. Die 
wasserentziehenden Medien innerhalb des Exsikkators bestehen meistens 
aus konzentrierter Schwefelsäure, Atzkalistangen, Chlorkalzium, ge- 
branntem Gips. Will man überhaupt das Erhitzen auf höhere Temperatur 
vermeiden, so kann man auch chemische Trocknungsverfahren anwenden, 
indem man das zerkleinerte Material mit feingemahlenem, gebranntem 
Gips innig vermengt; man kann dann die Masse, aus der der Gips das 
Wasser an sich gezogen hat, mit irgendeinem mit Wasser nicht misch- 
baren Lösungsmittel extrahieren. Mit entwässertem Natriumsulfat als 
Trocknungsmittel habe ich bei anthokyanführenden Organen wie Rosen- 
blättern u. dgl., gute Erfahrungen gemacht, deren Farbstoff schon beim 
Trocknen an der Sonne braun und mißfarbig wird. Auch hier ist es 
übrigens zweckmäßig, die Enzymtätigkeit durch siedenden Ather zu 
unterbinden. Sehr gute Resultate liefert das Trocknen durch Ein- 
werfen des Materials in flüssige Luft. Die Pflanzenteile sind nach dem 
Herausnehmen staubtrocken und können mit Leichtigkeit im Mörser 
gepulvert werden. Das getrocknete Material muß dann für die Extraktion 
oder Aschenbestimmung oder für die Sublimation weitgehend zer- 
kleinert werden, was in Mörsern, Mühlen, Reibschalen mit oder ohne 
Zufügung eines zerreibenden, scharfkantigen Mediums, wie Quarzsand 
oder Glaspulver, geschehen kann. 

Eine sehr rationelle und elegante Reindarstellungsmethode orga- 
nischer Substanzen ist de Sublimation, welche durchaus nicht 
nur auf einige besonders flüchtige Substanzen beschränkt ist, sondern 
beinahe alle Körperklassen der organischen Chemie umfaßt, wenn man 
von den Kohlehydraten und Eiweißstoffen absieht. Aber auch viele 
hochmolekulare Verbindungen sublimieren unzersetzt, wenn man die 
Operation bei vermindertem Druck ausübt. Sehr zu beachten bei der 
Sublimation, die man am gewöhnlichsten in kleinen Porzellantiegeln 
ausführt, die oben mit einem durch Wasserfüllung gekühlten Uhrglas 
bedeckt sind, ist die Art und der Grad der Erhitzung. Manche Sub- 
stanzen sublimieren am besten bei sehr rascher Erhitzung, manche 
besser bei allmählicher. Einen einfachen Sublimationsapparat mit 
Wasserkühlung kann man sich aus einem Becherglas und einer Eprouvette 
selbst herstellen, indem die Eprouvette mittels eines Korkes, der auch 
noch ein Thermometer trägt, in das Becherglas eingesetzt und in die 
Eprouvette durch ein langes Glasrohr Wasser eingeführt wird, das durch 
ein kurzes Rohr dieselbe wieder verläßt, so daß die Eprouvette wie ein 
Kühler wirkt. Auf den Boden des Becherglases kommt die Substanz, 
welche durch die Heizfläche, auf welche der Apparat gestellt ist, bis 


XV. Gesamtanalyse. 301 


zu ihrer Sublimationstemperatur erhitzt wird, wobei sich die subli- 
mierenden Teile an die gekühlten Wandungen der Eprouvette anlegen. 
Für Sublimation unter Minderdruck verwendet man einen aus drei Teilen 
zusammengeschliffenen Apparat, bestehend aus einer Birne zur Auf- 
nahme des Sublimationsgutes, einem längeren Rohr, in dem die Birne 
durch Schliff festsitzt, zur Aufnahme des Sublimates und einer ab- 
schließenden Haube zur Verbindung mit der Luftpumpe. Die Er- 
hitzung der Birne erfolgt am besten im Luftbade eines Trockenschrankes. 
Wollen wir uns über den Mineralstoffgehalt der Pflanzenteile ein Bild 
machen, so darf man natürlich nicht die Analyse der Asche zugrunde 
legen, denn sie enthält nicht nur die ursprünglich in ionisierter Form 
vorgelegenen Mineralbestandteile, sondern auch die in den zerstörten, 
organischen Komplexen vorhanden gewesenen Aschenelemente, die also 
im Pflanzensaft oder im Gewebe direkt durch lonenreagenzien 
nicht nachgewiesen werden konnten. Namentlich Eisen, Phosphor, 
Stickstoff, also die mit Eiweißstoffen in Verbindung stehenden Elemente, 
aber auch andere Mineralstoffe liegen in solcher organisch gebundenen, 
„maskierten‘‘ Form vor und ihr Nachweis mit Ionenreaktionen kann 
erst gelingen, wenn die organische Bindung zerstört ist. Ja, es ist sogar 
wahrscheinlich, daß kein einziger Mineralstoff im Pflanzenkörper in 
Ionenform wandert, sondern daß er, in den Bereich der Stoffwechsel- 
prozesse gezogen, sofort in organische Bindung übergeführt wird, und 
wenn er doch in lonenform auftritt, als Stoffwechselexkret zu gelten hat. 
Will man sich ein möglichst genaues Bild von dem Vorkommen und 
der Bindungsweise der anorganischen Bestandteile machen, so muß 
man mit Wasser und ganz verdünnter (2prozentiger) Salzsäure Extrakte 
herstellen, welche man nach den für die qualitative und quantitative 
chemische Analyse geltenden Regeln [Einleiten von H,S, Fällung mit 
(NH,):S, (NH ,),CO,, also den ‚‚Gruppenreagenzien‘ der analytischen 
Chemie] untersucht. In solche Extrakte gehen wohl hauptsächlich 
oder ausschließlich die in anorganischer Form im Gewebe vorhandenen 
Mineralstoffe hinein, während die Bindung an organische Komplexe 
intakt bleibt. Nach sorgfältigem Trocknen kann man dann den Pflanzen- 
rückstand der Veraschung unterwerfen und findet in der Asche die 
organisch gebunden gewesenen Mineralsubstanzen; oder man führt die 
Verbrennung der organischen Substanz auf feuchtem Wege durch, 
wobei allerdings ein Teil der Säurebestandteile (Chloride, Nitrate, Sulfate) 
der Bestimmung entgeht. 

Zu den in der Regel zunächst mit der Pflanzensubstanz vor- 
genommenen Bestimmungen gehört die Bestimmung der Feuchtigkeit, 
der allerdings infolge der immer vor sich gehenden Zersetzungen Un- 
sicherheiten anhaften. Man bestimmt das Wasser der ‚lufttrockenen“ 
Substanz, d. h. die Feuchtigkeit, welche die zerkleinerten Pflanzenteile 
beim Lagern im Exsikkator über wasserentziehenden Agenzien bis zum 
konstanten Gewicht abgeben, und das Wasser des im Trockenschrank 
bei 110 ® getrockneten und ebenfalls bis zur Gewichtskonstanz daselbst 
belassenen Materials. (Das Auskühlen nach Herausnehmen aus dem 
Trockenschrank bis zur Wägung muß ebenfalls im Exsikkator erfolgen. 
Bei genaueren Bestimmungen wägt man die Substanz zwischen auf- 
einandergeschliffenen, mit Spange zusammengehaltenen Uhrgläsern; 
beim Erwärmen und Abkühlen im Exsikkator muß natürlich das eine 
Uhrglas entfernt werden. Man trocknet entweder im Dampftrocken- 


302 XV. Gesamtanalyse. 


schrank oder im thermoregulierten Kasten, aber immer im Luftbade, 
also nie so, daß das Uhrglas direkt auf der erhitzten Metall- oder Asbest- 
fläche aufruht.) 

Über die Art der trockenen und nassen Veraschung sind bereits 
oben ausreichende Angaben gemacht worden; es sei hier nur auf den 
sehr zweckmäßigen und dabei einfachen Apparat von E. J. Aps auf- 
merksam gemacht, der von der Firma Dr. Hodes & Göbel modifiziert 
und in den Handel gebracht wurde (Fig. 81). Auf einem Dreifuß, dessen 
Ring R ein rinnenförmiges Kugellager enthält, wird eine die Stützen 
für die Tiegelhalter tragende Ringscheibe S mit schräger Seitenfläche 
mittels eines Keilantriebes X in Bewegung gesetzt; die kleine Voll- 
scheibe s verhindert das Hochkippen von S. Die Träger T sind an 
der Spitze eingekerbt, um Dreiecke von verschiedener Seitenlänge auf- 
nehmen zu können. Die Flamme des mit gebogenem Aufsatze ver- 
sehenen Brenners bespült den Tiegel { von der Seite, so daß auf der 
Gegenseite stets wieder Sauerstoff zutreten kann. Es lassen sich mehrere 
Dreifüße dieser Konstruktion nebeneinander aufstellen, ohne daß eine 
weitere Antriebsvorrichtung nötig ist, da dann die Ring- 
schichten $ sich gegenseitig in Bewegung setzen, so daß die 
Scheibe s dann wegfällt. Bei diesem Apparat läßt sich die 


Fig. 831. Apparat von Ap.s. Fig. 82. Fig.83. Lockemanns 
Zerstäubungsapparat. 
Veraschungstemperatur durch Änderung der Drehungsgeschwindigkeit und 
durch Verstellung der Flammengröße beliebig regulieren. Hochsiedende 
Flüssigkeiten, wie konzentrierte Schwefelsäure, Glyzerin, lassen sich so 
leicht abrauchen und eine Überhitzung einzelner Tiegelstellen läßt sich 
leicht vermeiden. Das Verflüchtigen von Alkalisalzen und das lästige Ver- 
spritzen beim Entfernen des Kristallwassers kann vollkommen vermieden 
werden. Die angekohlte Substanz kann bisweilen durch Zufügung 
von wenig 3prozentiger Wasserstoffsuperoxydlösung oder reinem (voll- 
kommen flüchtigen) Ammoniumnitrits zur völligen Verbrennung gebracht 
werden. 

Zum qualitativen Nachweis der Alkalien und Erdalkalien bedient 
man sich, namentlich wo es sich um sehr geringe Substanzmengen 
handelt, der Spektralanalyse. Statt die zu prüfende Substanz mit dem 
Platindraht in die Flamme einzubringen, bedient man sich zweckmäßig 
der von E. Beekmann angegebenen Methode, welche darin besteht, 
daß man die Probelösung durch die Bläschen eines entwickelten Gases 
zum feinen Zersprühen bringt und der Sprühnebel des Salzes mit dem 


XV. Gesamtanalyse. 303 


zur Unterhaltung der Flamme notwendigen Luftstrom in diese bringt. 
Dadurch erreicht man eine andauernde Färbung der ganzen Flamme 
und nicht nur eine flüchtige eines einzelnen Flammenteiles wie durch 
Platindraht, der sich überdies mitunter schwer vollkommen ausgleichen 
läßt. Zur Gasentwicklung wird Zink und Salzsäure verwendet, wobei 
man vorher die kleinen Zinkgranula /f durch Schütteln mit einer 1,pro- 
zentigen Kupfersulfatlösung und nachheriges Abwaschen mit Wasser 
aktiviert. Für die Zerstäubung sind eigene, am Bunsenbrenner anzu- 
bringende Gaszerstäuber konstruiert (Fig. 82), die Luftzuführungsöffnung 
liest dann innerhalb der kugeligen Erweiterung c des Apparates cbdef. 
Bringt man in den U-förmigen Teil e des Zerstäubers die zu unter- 
suchende, mit Salzsäure (nicht Salpetersäure oder Schwefelsäure) an- 
gesäuerte Salzlösung und einige Stückchen verkupfertes Zink, so zeigt 
die Bunsenflamme bei a bald die Färbung des zerstäubten Salzes. Der 
Säurezusatz darf nicht größer sein, als daß die entwickelten Gasbläschen 
gerade eine Trübung der Flüssigkeit, aber keine Schaumblasen bilden; 
wäre das der Fall, dann müßte durch Zusatz von Wasser, durch Ein- 
stellen des Zerstäubers in Eiswasser oder vorsichtigen Zusatz von 
Ammoniak für Herabsetzung der Gasentwicklung gesorgt werden. 
Man kann schon mit ganz kleinen Lösungstropfen auf diese Weise 
Färbungen erzielen, verwendet aber in der Regel zirka 5 cem Flüssig- 
keit. Sehr bequem erscheint mir die einfache Anordnung von G.Locke- 
mann, durch die man den Sprühnebel der Salzlösung von außen der 
Flamme zuführt (Fig. 83). Die angesäuerte Salzlösung bringt man mit 
einigen Stückchen verkupferten Zinks in ein gewöhnliches Glühröhrchen E 
und befestigt dieses mit der Klammer K an _ den schiefgestellten Bunsen- 
brenner; die Öffnung des Glühröhrchens befindet sich etwas ober- 
halb der Mündung des Brenners, damit dieser durch verspritzte Säure- 
tröpfchen nicht leidet. Das Spektroskop wird so eingestellt, daß man 
oberhalb des inneren Flammenkegels in die Flamme blickt. Zweck- 
mäßig stellt man, um sich die Spektrallinien der einzelnen Metalle 
einzuprägen, Vergleichslösungen von Salzen her und entwirft deren 
Spektra parallel in einem Vergleichsprisma. Zum Nachweis von Eisen 
bedient man sich der Blaufärbung von Ferrosalzen mit Ferrizyankali 
und der Ferrisalze mit Ferrozyankali oder der Rotfärbung mit Rhodan- 
salzen. Meist führt man Ferrosalze durch Kochen mit Salpetersäure 
oder mit Bromwasser in Ferrisalze über; man darf aber nicht die mit 
Salpetersäure gekochten Lösungen in der Hitze mit gelbem Blutlaugen- 
salz versetzen, da auch ohne Anwesenheit von Eisensalzen durch die 
oxydierende Wirkung der heißen Salpetersäure auf das gelbe Blutlaugen- 
salz Blaufärbung eintreten kann. Auch die Rhodanreaktion kann, in 
der Hitze ausgeführt, ohne Vorhandensein von Eisen rotbraune Färbungen 
erzeugen, anderseits kann bei zu großem Salpetersäureüberschuß eine 
anfänglich infolge Gegenwart von Eisensalzen sich ergebende Rot- 
färbung wieder zerstört werden. In der Asche, namentlich in der an- 
dauernd stark geglühten, scheidet sich bisweilen das Eisen als braunes, 
in Wasser und Säuren unlösliches Oxyd ab, das nach Auflösung der 
Asche in verdünnter Säure abfiltriert und zur Bestimmung durch Er- 
hitzen mit konzentrierter Salzsäure oder Schmelzen mit Kaliumbisulfat 
in Lösung übergeführt werden muß. Bei sehr geringen Eisenmengen 
kann man zur quantitativen Bestimmung die kolorimetrische Methode 
verwenden, indem man eine gewogene Menge der Asche in einem be- 


304 XV. Gesamtanalyse. 


stimmten Volumen verdünnter Säure löst oder das Säuregemisch der 
nassen Veraschung auf ein bestimmtes Volumen bringt und nun 1 cem 
einer lOprozentigen Rhodankalilösung zusetzt, wodurch die charakteristi- 
sche, je nach der Eisenmenge mehr oder weniger intensive rotbraune 
Färbung erzielt wird. Durch passende Verdünnung von Ferrisalzlösungen 
bekannten Gehaltes stellt man eine Farbenstufenleiter her, indem 
man zu jeder der Vergleichslösungen die gleiche Menge Rhodanlösung 
zusetzt und nun die erzielten Färbungen mit der Färbung der Probe- 
lösung vergleicht. Mit dieser Methode habe ich die Erfahrung gemacht, 
daß ihre Fehlergrenze unter 1 % liegt; man kann noch 5 mg Eisen im 
Liter damit quantitativ genau feststellen. Weniger genau, aber immer- 
hin noch befriedigend kann man auch das Mangan in den mit Salpeter- 
säure durch Kochen oxydierten Lösungen bestimmen, die man bis zur 
Trockene verdampft und wieder mit starker Salpetersäure aufnimmt, 
indem man die stark salpetersaure Lösung mit einer Messerspitze voll Blei- 
superoxyd kocht; man läßt absitzen und filtriert die durch Bildung 
von Übermangansäure violettrot gefärbte Lösung durch Asbest in einen 
kolorimetrischen Vergleichszylinder, neben welchen man solche stellt, die 


% n R 
mit entsprechenden Verdünnungen von -— Kaliumpermanganatlösung 


10 
n 
beschickt sind. 1 ccm 10 KMnO, entspricht 1,1 mg Mangan. Sind 


größere Mengen Mangan in der Probe, so versetzt man die ursprüng- 
liche Lösung der Asche mit Ammoniumpersulfat, erhitzt einige Minuten 
zum Kochen, filtriert das abgeschiedene Mangansuperoxyd über Asbest 
und bringt den Asbest samt Niederschlag in ein Becherglas, setzt eine 


n R 4 R 
abgemessene Menge 10 Oxalsäure und verdünnte Schwefelsäure zu, 


erhitzt und verdünnt mit kochendem Wasser, worauf man die unzersetzte 
Oxalsäure mit gestellter Permanganatlösung zurücktitriert. Jeder Kubik- 
zentimeter der verbrauchten Oxalsäure entspricht 2,75 mg Mangan. 


Zur Gewinnung und Bestimmung der in Pflanzenteilen vorhandenen 
organischen Stoffe wird die Sublimation oder (bei flüchtigen Sub- 
stanzen) die Destillation, schließlich und hauptsächlich die Extrak- 
tion verwendet. Zum Ausziehen in der Kälte benutzt man entweder das 
Ausschütteln im Schütteltrichter mit der Hand oder auf der Schüttel- 
maschine oder bei der Bewältigung größerer Mengen das Perkolieren, 
namentlich beim Arbeiten mit Alkaloiden. Man wird bei der Extraktion 
im allgemeinen immer bis zur völligen Erschöpfung des Materials arbeiten, 
d.h. solange, bis einige Tropfen des Perkolates keine Reaktion auf den zu 
gewinnenden Stoff mehr erkennen lassen. Man kann diesen Moment häufig 
daran erkennen, daß eine anfangs gefärbte Flüssigkeit farblos abläuft. 
Sind die Extrakte von vornherein farblos, so verdunstet man von 
Zeit zu Zeit eine kleine Menge des Extraktes auf einem Uhrglas, wo- 
bei kein Rückstand hinterbleibt, wenn die Extraktion beendigt ist. 
Fettlösungen kann man auf Papier tropfen lassen und einen Fett- 
fleck entstehen sehen, wenn noch Fett in Lösung ist. Will- 
stätter verwendet zur Extraktion von Chlorophylifarbstoff aus 
getrockneten Pflanzenteilen gläserne Perkolatoren von %—l1 Liter 
bis 15 Liter Inhalt. Große Perkolatoren aus Steinzeug sind weniger 
zerbrechlich und billiger, aber wegen ihres größeren Gewichtes schwer 


XV. Gesamtanalyse. 305 


zu handhaben. Vor dem Einfüllen des Pflanzenpulvers wurde das 
trockene Mehl mit 0,3 Liter per Kilogramm durchfeuchtet und in 
hölzernen Bottichen 3—4 Stunden stehengelassen. Dann wurde es 
gesiebt und in die Perkolatoren eingefüllt, deren Boden zunächst mit 
einer dünnen Schicht Watte versehen wurde, die als Filter wirkt. Das 
Material muß ziemlich lose, aber doch gleichmäßig eingefüllt und leicht 
gestampft werden. Ist es zu fest gedrückt, so verstopft sich das System 
leicht; ist die Füllung zu locker und ungleichmäßig, dann findet das 
Lösungsmittel Kanäle, durch die es abläuft, ohne zu extrahieren; die 
untere Grenze des herabsickernden Lösungsmittels soll einen fast hori- 
zontalen Kreis bilden. Bei den Perkolatoren mit 3 Liter Inhalt wurde 
einfach eine 6-Literflasche mit Alkohol umgestülpt und auf den oberen 
Rand des Perkolators gesetzt; sie entleert sich in dem Maße, als der 
Alkohol unten abfließt. Für die großen Perkolatoren (mit 9 kg Pflanzen- 
pulver gefüllt) wurden Flaschen mit je 17 Liter Alkohol hochgestellt, 
welche aufgeschliffene Helme tragen; eine Glasröhre geht durch den 
Halm bis fast auf den Boden der Flasche, eine zweite Röhre mündet 
im Helme, beide führen in den Perkolator bis dicht über die Füllung; 
dadurch wird der Zufluß des Alkohols automatisch reguliert, der Perko- 
lator selbst ist oben zur Abhaltung von Feuchtigkeit mit einer ge- 
schliffenen, mit Schlitz für den Durchzug der Glasröhren versehenen 
Platte bedeckt. Wann man das Extraktionsmittel ablaufen lassen kann, 
d. h. wann es gesättigt ist, hängt natürlich von der Menge des zu 
extrahierenden Materials ab, hier bei den großen Perkolatoren dauerte 
die Erschöpfung 25 Stunden. Das Ablaufrohr des Perkolators trägt 
einen Gummischlauch, an dem ein längs des Perkolators aufrechtstehendes 
Glasrohr befestigt ist, welches als Steigrohr dient. 

Die perkolierte oder in der Wärme extrahierte Lösung muß nun 
vom ausgezogenen Material getrennt werden. Am besten geschieht 
das durch Zentrifugieren. Wo Zentrifugen nicht zur Verfügung stehen, 
filtriert man durch Papier- oder Asbestfilter am Büchner schen 
Nutschtrichter an der Wasserstrahlpumpe. Das Filtrieren geht häufig, 
wenn schleimige oder die Filterporen verstopfende Substanzen zugegen 
sind, sehr langsam vor sich. Besser läßt man die Lösung mehrere Stunden 
ruhig stehen und zieht die oberhalb des Niederschlags befindliche klare 
Flüssigkeit, ohne diese aufzurühren, mit Pipette oder Heber ab und 
bringt nur den Rest auf die Nutsche. Jedenfalls presse man diesen Rest 
ebenso wie auch das Ausgangsmaterial nach dem Perkolieren oder 
Extrahieren in einer starken Presse ab, da es immer noch erhebliche 
Flüssigkeitsmengen einschließt. Die Extrakte müssen dann gewöhnlich 
weiter gereinigt und geklärt werden, sei es durch Filtrieren mittels eines 
Pukallfilters, sei es durch mechanisches Niederreißen der Trübungs- 
stoffe durch Kaolin, Bolus oder Kieselguhr, sei es durch Schütteln mit 
Holzkohlenpulver oder durch Fällen mittels Schwermetallsalze wie 
Bleiazetat. Bei allen diesen Verfahren muß man sich bewußt bleiben, 
daß ein verlustloses Arbeiten mit denselben möglich ist. Zum Ab- 
dampfen des Lösungsmittels bedient man sich am besten der Destillation 
unter vermindertem Druck. 

Die zurückbleibende organische Substanz wird man zunächst auf das 
Vorhandensein von anorganischen Bestandteilen prüfen, welche zurück- 
gelassen werden, wenn man die Substanz am Platinblech verbrennt. 
Um eine Substanz aschefrei zu erhalten, vorausgesetzt, daß es sich 

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 20 


306 XV. Gesamtanalyse. 


um mechanische Beimengungen, nicht um konstitutive Bestandteile 
handelt, kann man sie fraktioniert lösen oder fällen, bei nicht dialy- 
sierenden wasserlöslichen Körpern kann man sich der Dialyse bedienen, 
wobei man zur Erleichterung der Dialyse etwas freie Säure zusetzen 
kann, falls die Substanz nicht darunter leidet. Man prüft ferner, ob 
die Substanz Stickstoff, Phosphor oder Schwefel enthält. Zur Prüfung 
auf Stickstoff erhitzt man 0,05—0,1 g der Substanz in einer trockenen 
Eprouvette mit einem Stückchen metallischen Natriums, taucht die 
heiße Eprouvette in Wasser, so daß sie zerspringt und das überschüssige 
Natrium sich zersetzt und weist in der filtrierten Flüssigkeit nach dem 
Ansäuren mit Salzsäure das aus der Verbindung der Stickstoffsubstanz 
mit Natrium hervorgegangene Zyannatrium als Berlinerblau nach, 
indem man die Lösung mit einigen Tropfen Eisenvitriol und Ferrichlorid 
kocht. Nicht immer, so bei manchen Enzymen, läßt sich nach Tschirch 
der Stickstoff auf diese Weise erkennen, sondern man erhitzt die Sub- 
stanz mit einem Stückchen Atzkali und prüft, ob ein mit Salzsäure 
befeuchteter Fichtenspan durch die sich entwickelnden Dämpfe gerötet 
wird (Pyrrolreaktion). Durch Erhitzen mit Natrium läßt sich auch der 
Schwefel nachweisen; das gebildete Schwefelnatrium erzeugt, mit Wasser 
befeuchtet, auf einer blanken Silbermünze einen schwarzen Fleck. Durch 
Erhitzen mit Atzkali und Salpeter wird der Schwefel zu Schwefelsäure 
(die sich dann mit Bariumchlorid nachweisen läßt), der Phosphor zu 
Phosphorsäure oxydiert, welche mit molybdänsaurem Ammon oder 
mit Magnesiamixtur erkannt werden kann. 

Die Extraktion des Pflanzenmaterials wird nicht wahllos mit irgend- 
einem Extraktionsmittel, sondern in Form eines systematischen Ganges 
nacheinander mit verschiedenen Lösungsmitteln vorgenommen, wobei 
man mit dem betreffenden Lösungsmittel je 50 g Substanz warm 
extrahiert und kalt perkoliert. Man extrahiert 1. mit Petroläther 
(Siedepunkt 35—40 °) oder Äther. Der Auszug enthält Fette, Wachse, 
Phosphatide, Säureester, Harze, Terpene, Chlorophyll und färbende 
Substanzen, eventuell Alkaloide und Glykoside. Die letzteren kann 
man aus dem Petroläther durch Ausschütteln mit angesäuertem Wasser 
entziehen. Macht man das Wasser alkalisch und schüttelt es wieder 
mit Petroläther, so geht das in Freiheit gesetzte Glykosid oder Alkaloid 
in den Petroläther über und kann durch Verdunsten des Lösungsmittels 
aufgefunden werden. Man wägt das Pflanzenmaterial vor und nach 
der Extraktion in getrocknetem Zustand und erfährt so die Menge der 
durch Petroläther extrahierbaren Bestandteile. Von der mit Wasser 
ausgeschüttelten petrolätherischen Lösung destilliert man den Petrol- 
äther ab und nimmt den Rückstand mit siedendem 90prozentigem 
Alkohol auf, in dem sich alle noch vorhandenen Stoffe mit Ausnahme 
der Hauptmenge des Fettes auflösen. Immerhin geht in den Alkohol 
auch ein Teil des Fettes über, den man aber durch Abdampfen des 
Alkohols und Anwendung von Äther, Benzol, verdünntem Alkohol usw, 
von den übrigen Bestandteilen trennen kann. Man dampft den Alkohol 
ab und versucht durch fraktionierte Fällung mit Wasser, Äther, Benzol 
die einzelnen Stoffe voneinander zu trennen, was mit Hilfe von Spezial- 
reaktionen gelingt. 

Den Rückstand von der Extraktion mit Petroläther behandelt 
man, nachdem man den Petroläther durch Ausbreiten des Materials 
an der Luft und Erwärmen vollkommen vertrieben hat, mit absolutem 


XV. Gesamtanalyse. 307 


Äther, der eventuell andere Alkaloide, Glykoside usw. aufnimmt, die 
man auch wieder, wie vorher, aus dem Rückstand durch Aufnehmen 
desselben mit Alkohol, angesäuertem Wasser usw. isoliert. Zuletzt 
zieht man das Pflanzenmaterial mit Chloroform aus, wodurch man für 
vollkommene Entfernung aller der genannten Substanzen aus den 
Pflanzenteilen Sorge getragen hat, denn Petroläther, Äther, Chloroform 
wirken im wesentlichen gleichsinnig. Als nächstes Extraktionsmittel 
wird 2. 5öprozentiger Alkohol angewendet, der Extrakt enthält Gerb- 
stoffe, Glykoside, Salze organischer Säuren, einen Teil der Zucker- 
arten, was man auch wieder mit Hilfe von Spezialreaktionen unter- 
sucht. Man befreit den Extrakt durch Destillation vom größten Teil 
des Alkohols und fällt die verbleibende Flüssigkeit mit Äther. Es 
fallen Gerbstoffe und Alkaloidsalze, die man in Wasser auflösen kann; 
in Wasser ungelöst bleiben die färbenden Phlobaphene, Zersetzungs- 
produkte von Gerbstoffen, die in Alkalien löslich sind und aus dieser 
Lösung durch Säuren wieder ausgefällt werden können. Den Rück- 
stand von der Alkoholextraktion extrahiert man 3. mit kaltem destil- 
liertem Wasser, welches die Zuckerarten, Salze, Gummi, Schleim und 
Eiweißstoffe enthält, soweit sie nicht durch die vorangegangene Be- 
handlung unlöslich gemacht, bzw. bereits extrahiert worden waren. 
Man versetzt mit dem gleichen Volumen Alkohol: dadurch fallen Schleim, 
Eiweiß und ein Teil der Salze aus; man löst wieder in Wasser und trennt 
die Salze durch Dialyse von Schleim und Eiweiß und durch Erhitzen 
mit Essigsäure das Eiweiß von Schleim. Durch Kochen mit Wasser 
wird die Stärke dextriniert, schwerlösliche Schleime, ferner Inulin, 
Hemizellulosen usw. gehen in Lösung und können durch Alkohol aus- 
gefällt werden. Schließlich extrahiert man das Pflanzenmaterial 4. mit 
sehr verdünnter (lprozentiger) Salzsäure oder Schwefelsäure zuerst in 
der Kälte durch mehrtägiges Schütteln. Schwerlösliche organische 
Salze, schwerlösliche Alkaloide und Eiweißstoffe gehen jetzt in Lösung. 
Erhitzen mit verdünnten Säuren erzeugt aus Stärke und Hemizellulosen 
reduzierende Zucker, welche sich nun im Extrakt vorfinden. Durch 
Erwärmen mit 5prozentiger Natronlauge zieht man außer Eiweißstoffen 
Hemizellulosen, Pentosane und andere Membranstoffe aus, auch Phlo- 
baphene gehen in Lösung. Diese sukzessive Extraktion wird also über 
die wichtigsten Inhaltskörper Aufschluß geben. 

Solche Gesamtanalysenwerte auf Grund von ernährungsphysio- 
logischen Versuchen wurden von F. Darwin und H. Acton durch- 
geführt. Man muß sich aber bei solchen Schulversuchen vor Augen 
halten, daß die Pflanzen sehr große Unterschiede bieten und daß unter 
denselben Verhältnissen gezogene Pflanzen durchaus nicht immer die- 
selben oder auch nur ähnliche Ergebnisse bieten müssen. So enthielten 
einmal die Keimlinge von Onobrychis sativa, welche einige Zeit ins 
Dunkle gestellt worden waren, kaum Spuren von Amiden und ein 
andermal konnte nicht eine Spur Weinsäure im Safte von Beta ge- 
funden werden, welche gewöhnlich hinreichende, leicht auffindbare 
Mengen dieser Säure enthält. Die qualitative Prüfung des Natronlauge- 
extraktes von 8S—10 Wochen alten Keimlingen von Onobrychis sativa 
ergibt größere Mengen von in Wasser unlöslichem Eiweiß und der 
Extrakt gibt beim Neutralisieren eine reichliche Fällung; die wässerige 
Lösung enthält ebenfalls einige Eiweißstoffe und bisweilen in wechselnden 
Quantitäten Peptone und Albumosen, dagegen stets beträchtliche Mengen 

20 * 


308 XV. Gesamtanalyse. 


von Amiden, während Ammoniak, Nitrate und Nitrite gewöhnlich fehlen. 
Die quantitative, vergleichende Analyse von Samen und Keimlingen 
bei Onobrychis ergab, auf lufttrockenes Material bezogen: 


Rasen Keimlinge 
normale etiolierte 
Wasserunlösliches Eiweiß .. 64,3% 17,38 % 3,07% 
Wasserlösliches Eiweiß . . . . 235% 441495 4,2% 
Peptone und Albumosen . . . — 0,7% 0,5% 
Aminosäuren . . ; Spuren 0,5% 58,9% 


| 


Ammoniak, Nitrate, Nitrite. ; 


Die Keimlinge enthielten, wenn sie verdunkelt und bei Sauerstoff- 
ausschluß gezogen worden waren, 2,8°/, Ammoniak, solche, welche in 
Sandkultur, begossen mit einer !/,prozentigen Lösung von Ammonium- 
nitrat, gezogen worden waren, 1,3°/, Ammoniak, 1,7 °/, Nitrate und 
0,8 °/, Nitrite. 

Keimlinge von 15—20 Tage alten Lepidium sativum-Pflanzen 
liefern ein Öl, welches durch wässeriges oder alkoholisches Alkali un- 
verseifbare Bestandteile enthält; nach der Verseifung ergaben sich 
beträchtliche Quantitäten Glyzerin. Die auf Trockensubstanz (ge- 
trocknet bei 100° C) bezogenen quantitativen Werte sind: 


Samen mit einige Keimlinge 
Samen |mm hervortretenden| mit Samen- 
Würzelchen resten 
Gnnd Net, 30,2 %/0 23,7 %o 9,2 0/0 
Glyzerin aus der Verseifung von 100 g 
des bei 100°C getrockneten Materials 3,1 1,8 0,5 


Der alkoholische Extrakt der Rinde von Salix viminalis gibt, nach- 
dem die Rinde vorher mit Benzol extrahiert worden war, um die Harze, 
färbenden Substanzen usw. zu entfernen, viel Tannin, welches am besten 
mit Hautpulver gefällt werden kann, ebenso durch mehrmaliges Be- 
handeln mit Bleiazetat. Von Glukosiden ist gewöhnlich Salizin in 
leicht auffindbaren Mengen und von löslichen Zuckerarten etwas Dextrose 
vorhanden. In den jungen, noch unreifen Früchten von Musa sapientum 
findet man reichlich Gerbstoffe und wenig Zucker, in den reifen beide 
Verbindungen in großen Quantitäten. 

Die Blätter von Tropaeolum majus werden zur Prüfung auf Zucker- 
arten zunächst mit Benzol, dann mit Alkohol und Wasser ausgezogen. 
Nach Ausfällung der Gerbstoffe kann Dextrose, Rohrzucker und Maltose 
(mit Barfoedschem Reagens, 4%, kristallisiertes Kupferazetat und 
1% Essigsäure) nachgewiesen werden. Für die quantitative Analyse 
wählt man Blätter von Beta vulg.. die durch Chloroformdampf getötet 
und dann getrocknet worden sind. Sie liefern nur wenig oder keinen 
Zucker. 3—4%, reduzierendem Zucker (Laevulose) aus Inulin findet 
man dagegen in den Blättern von Cichorium Intybus. In den Wurzeln 
von Beta, die am Ende des Sommers geerntet wurden, findet man Un- 
mengen von reduzierenden und Rohrzucker, so daß aus den gereinigten 
Säften direkt Kristallisation erhalten werden kann, aber wenig oder keine 
Maltose. Die quantitativen Werte, auf bei 100° C getrocknetes Material 


XV. Gesamtanalyse. 309 


bezogen, sind: Gesamtzucker (als Glykose berechnet) in den Blättern 
0,2%, in den Wurzeln 6,8 %. 

Die Bestimmung der Stärke in Kartoffeln ergibt 57%, bezogen 
auf Trockengewicht, in den Blättern von Acer pseudoplatanus, die 
am Abend geerntet wurden, im Mittel 4%, in den am frühen Morgen 
geernteten 2,4%. Die Zahlen wechseln bei den Blättern ziemlich 
stark, die größten Unterschiede zwischen Tag- und Nachtblättern treten 
dann ein, wenn auf eine warme, feuchte Nacht ein sonniger, klarer Tag 
gefolgt ist. Der Betrag an Stärke in Weizenkörnern ist 59,6 %, in 
Keimlingen, die drei Tage im Dunkeln gehalten worden waren, 3 %. 

Zur Prüfung auf freie oder gebundene organische Säuren eignet 
sich der Preßsaft im Vergleich von jungen und alten Rhabarberblättern 
oder der von jungen und reifen Äpfeln und am besten Zucker- 
rübenwurzeln, welche wechselnde Mengen von Essigsäure, Glykolsäure, 
Äpfelsäure, Zitronensäure, Weinsäure, Oxalsäure, Bernsteinsäure und 
Akonitsäure enthalten. Die Gesamtazidität des Saftes kann durch 


3: mt 5 
Titration mit — Barytwasser gegen Phenolphthalein und Beziehen auf 
eine dieser Säuren bestimmt werden. 


Azidität, berechnet als Oxalsäure bei 
jungen Blattstielen von Rheum ra- 


DE TTT eE u 0,6 %, bei alten Blattstielen 2,2% \ „2 
Azidität, berechnet als Oxalsäure bei " =2 

reRrRl Antenne. als ee 1,2% „ reifen Apfeln 0,3% | 5% 
reduzierender Zucker bei unreifen 3 

Bplolaı ... un a,ue Basta EYE ce ” En 46 I 85 
Rohrzucker bei unreifen Äpfeln... — , ax w es 
Maltose ” Er ” LET ET 2 ” ” ” vr 


Was die Asche anlangt, so wurde die Gesamtasche bei normalen 
Kartoffelblättern (4,7%) und bei etiolierten (2,5%) bestimmt. Die 
vergleichende Bestimmung der Asche von jungen Blättern und Samen 
bei Weizen ergab 4% P,O, in Blättern, 48,5% in Samen und 
21,4%, Alkalien (Na,0, K,0) in Blättern und 7,9% in Samen, be- 
zogen auf das Gewicht der Gesamtasche. Die Asche von jungen und 
alten Blättern von Sempervivum ergab 1,3 %, respektive 4,1%, Kalium- 
oxalat, bezogen auf das Lebendgewicht der Blätter. Zur Bestimmung 
des Einflusses der allgemeinen Vegetationsbedingungen werden je 
15—20 g kräftiger Spirogyra-Fäden A bei 30° C getrocknet und das 
Trockengewicht bestimmt, die andere Portion B wird in gewöhnlichem 
Wasser bei hellem Sonnenlicht gehalten. Nach 24 Stunden wird eine 
Zunahme des Trockengewichtes bei B um 2,6 g gefunden; die Zunahme 
an Eiweiß (Stickstoff x 6,3) beträgt nach 24 Stunden bei einem 
Anfangsgewicht von 21,5 g 0,8 g, die Zunahme an Zellulose 1,3 g. 
Der Einfluß von Mineralstoffdarreichung auf die Stärkebildung kann 
gezeigt werden, wenn man junge Blätter von Sparganium natans A 
in destilliertem Wasser, B in einer Nährlösung am Licht bei freiem 
Luftzutritt mehrere Tage vegetieren läßt. In A ist 0,4 % Stärke, in B 
6,5%, in A 1,1% Asche, in B 4,8%, bezogen auf bei 100 C getrocknetes 
Material. Die Veränderungen, die sich während der Keimung im Reserve- 
material eines Fettsamens unter verschiedenen Bedingungen geltend 
machen, lassen sich folgendermaßen veranschaulichen: Es werden drei 
Portionen zu zirka 10g, A, B,C, von lufttrockenen Hanfsamen genommen, 


310 XV. Gesamtanalyse. 


Vergleich der Trockensubstanzen bei in H,CO 


E In In 


De 


wu 


or 


—] 


10 
11 


ei 
[SW 


ee 
es 


15 


Ela | 3 [Se 
x N er H,C0O = H,CO = RB, 1 38 = 
E Kulturbedingungen ne = Eine = ohne = , = 
CO, z CO, zZ CO, | 2 CO, z 
Datum 3. Mai | 14. Mai | 19. Mai | 24. Mai 

1] Trockengewicht von zehn | | 


Samen. Bei den Formal- 
dehydpflanzen sind alle 
Werte aus 20 Exemplaren | 
für 10 berechnet. . . .| 3,379 13,39 | 3,489 3,0993 | 2,7018 |2,7947 | 2,6972 | 2,565 


Trockengewicht der Testa| 0,602 0,5045 | 0,3662 ‚0,5846 0,199 0,2142 | 0,236 | 0,29 


Trockengewicht der Samen 


ohne Testa demnach . .| 2,777 12,8855 3,1228 [2,5147 | 2,5028 12,5805] 2,4612 | 2,275 


Trockengewicht der Ko- 
tyledonen nach dreitägi- | 
ger Kultur der Pflanzen| 1,442 0,8655 | 1,8517 /1,5886 | 0,9018 |1,1146 | 1,699 | 2,036 

Gewicht des Embryo dem- | 
BR, 1,335 2,02 1,3058 0,9261 | 1,601 1,4659 | 0,7622 | 0,239 


Trockengewicht d.Wurzeln| 0,2669 0,2206 | 0,322 0,2832 | 0,5016 0,378 | 0,457 | 0,3459 
Trockengewicht der ober- | | 
irdischen Organe. . . .| 0,5948 0.5488 | 0,43 0,5445 | 0,5576 |0,51 0,3493 | 0,3055 


Trockengewicht der ganzen 
Pflanzen demnach . . .| 0,8617 |0,7694 


0,752 ‚0,8277 | 1,0592 0,888 | 0,3063 | 0,6514 
In Prozenten des testalosen 

Samens ausgedrückt ea.| 31% 26,6%] 24% | 3290 42% | 3490 | 32,8%0 | 28,6°/o 
In Prozenten des Embryo] 64,3%/o | 380 | 57,6% | 89% | 66% | 60% | 106% | 273%/0 


Bei normaler Kultur hätten 
die Samen nach ihrem 
Gewicht entsprechend | 
den normalen Pflanzen | | 


ausbilden müssen . . .| 0,7669 0,7694 | 0,9317 | 0,8277| 0,8585 0,888 0,685 | 0,6514 
Tatsächlich haben sie aus- | 
gebildet er nn her 0,8617 0,7694 | 0,752 | 0,8277| 1,0592 | 0,888 | 0,8063 | 0,6514 


Differenz ........ ..[40,09488| — [-0,179°7| — [+0,2007]| — |+0,1213] — 


Entsprechend dem Embryo- | 
nalgewicht der normalen | 
Pflanzen hätten sie aus- | 


bilden müssen ... .. . .| 0,5085 '0,7694| 1,166 0,8277 | 0,968 |0,888 | 2,0774 | 0,6514 
Differenz . 2.2.2.2... .|#0,85321 — [04141 — |+ 90912 _ em 2 


B und € auf feuchten Asbestplatten keimen gelassen und, wenn die 
Plumula eine Länge von 2—3 cm erreicht haben, wird B in eine Kultur- 
glocke bei Ausschluß von Kohlensäure gebracht, C unter dieselben 
Bedingungen, jedoch bei wngehindertem Zutritt von Kohlensäure, 


XV. Gesamtanalyse. 311 


ohne CO, und normal gezogenen Pflanzen. 


In | In gr In In = In In = In In = 
H,CO | H,CO Ss H,CO | H,C0O S H;CO | H,CO Ss H;CO | H,CO | = 
ohne | ohne a ohne | ohne 5 ohne | ohne 3 ohne , ohne 5 
CO, CO, zZ CO, CO, zZ [0/07 CO, zZ CO, 00,21% 

30. Mai | 7. Juni | 1l. Juni 25. Juni 
2,5667 | 2,7111 12,7778| 2,9118 | 2,9948 |2,6772]| 2,8754 | 3,005 2,9329 | 2,55646| 2,3739 | 2,6067 


’ 


0,2937 | 0,2341 0,2415 | 0,361 | 0,4831 0,22 0,2285 | 0,5142 0,2919 | 0,4243 | 0,371 | 0,217 


D 
D&D 
I] 
w 


2,477 2,5363 2,13216| 2,0029 


[) 
wo 
16°) 
Io) 
[I 


, I 


2,5508 | 2,5117 En 2,6469 | 2,4908 12,461 


1,133 | 1,6288 11,425 | 2,248 |2,1047 [2,0878 | 1,8656 | 1,8578 2,0293 | 0,20316| 0,2339 | 0, 


[03 
= 
»> 
Sr 


1,14 | 0,849 us] 0,3028 | 0,407 osso« | 0,7813 | 0,633 osı97| 0020 1,269 2,1152 
0,2081 | 0,543 0,4732] 0,085 | 0,1073 0,068 | 0,2132 | 0,1843 /0,143 |0,59 | 0,5822 | 0,4705 


0,4031 | 0,169 10,221 | 0,1245 0,1 0,1295 | 0,4298 | 0,1518 0,1745 | 1,18 1,1643 | 0,9412 


0,6112 | 0,712 0,6942 | 0,2095 | 0,2073 | 0,1975| 0,643 | 0,3361 0,3175 | 1,77 1,7465 | 1,4117 


00 
© 

SS 

o 


26,90 | 29% | 27%0 | 9%o 80/0 24%/0 | 13,5%0 | 12% | 83%o | 87%, | 5990 
54% | 83,9%0 | 62%/0 | 69% |50,6%0 | 53% | 82,5%0 | 53,30/0 | 51%/o | 92%0 | 99% | 66,6°/0 


0,6414 | 0,677 0,6942] 0,2144 | 0,2209 0,1975 | 0,3182 | 0,3235 |0,3175 | 1,3044 | 1,2853 | 1,4117 


0,6112 | 0,712 0,6942] 0,2095 0,2073 0,1975 | 0,643 | 0,3361 10,3175| 1,77 | 1,246 | 1,4117 
- 0,0302] +0,035| — |-0,0049j+0,0136| — |+0,3248/+0,0126| — |+0,3856|+0,4607] — 


0,7121 | 0,5303 |0,6942| 0,162 0,2176 0,1975 | 0,4003 | 0,3243 0,3175 | 1,2874 1,1806 | 1,4117 
—0,1009|+0,1817| — |+9,0475-0,0103 — 1|+0,2427|+0,0118| — Fe #0] % 


B und C werden 14 Tage bei günstigem Licht und zusagender Tempe- 
ratur gehalten, dann durch Chloroformdampf getötet und bei 25 bis 
30° getrocknet. Die Trockengewichte der drei Proben nach dem 
Versuch sind: 


312 XV. Gesamtanalyse. 


Trockengewicht 1 0% > £ en g | 
Eiweiß (Gesamtstickstoff 6 ae R 21,2% „ 14,6 % | 28,4% bezogen auf 
Öl und Fett... u NY a 6,2% | aus bei 30° € 
Stärke . TEE ENTE: — — 7)1,3% getrocknete 
Zellulasg, «is - :» Kane alt: 18,6 % | 63,1 % | 25,5 % Material 
Kuckor - . - zus Berne u Spuren | Spuren | 


Über die Beziehungen zwischen Eiweiß, Fett, reduzierendem Zucker 
und Inulin bei Samen und im Licht, respektive Dunkeln gewachsenen 
Keimlingen von Cichorium Intybus geben folgende Zahlen ein Bild: 


Dunkelkeimung: 


| 28 | 88 | ä „S id B) 
“13 Größe der ER 22 S 3 ES Er = 2 
K l ar eo > r De Pe} ® 
en Keimlinge | 53 | 85 & 3 se je) 2 
%o | % %o %o 0/0 
| | | 
Samen | 3,49 | 1,4 17,8 1,2 | 0,84 | 0,98 | 7,01 
nach 2 Tagen | 
Würzelchen . . 0,5—1 cm | 3,74 | 0,71 | 10,0 | 1,2 | 0,42 | 0,84 | — 
nach 4 Tagen Stengel| 0,5—1 cm | 3,32 0,7 92! 6,8| 2,03 | 0,95 | — 
KT REN Es 1—2 cm 3,36 | 0,6 7,4| 3,2! 3,34 | 1,82 | — 
a = 2,5—3,5em. 3,5 0,6 6,5 5,8 | 2,86 | 2,00 | — 
"1012 2555 de 3,5—5 cm | 3,2 0,6 5,8 6,3 | 2,12 | 2,86 | — 
Lichtkeimung: 
nach 3 Tagen . . höchstens 
l cm 3,0 1,7 10,8| 39| 2,57 0222 
ra) mar .„. 12m |36 |18 | 67| —| 15 | — |— 
X 2 RR 2—3 cm 2 STE E50 — 750 | 0,5 — 
12 Ar Er 3—4 cm —| — 4,9 2,8 2,1 


ie 


Es zeigt sich also schon nach zweitägiger Keimung eine rapide 
Verminderung von Fett und Monosen, während das Inulin relativ wenig 
abnimmt. Schon nach vier Tagen ist auf Kosten des Fettes das Drei- 
fache des ursprünglichen Samenzuckers gebildet. Bei der Lichtkeimung 
vermindert sich der Fettgehalt schneller als bei der Dunkelkeimung, 
der reduzierende Zucker hat auch hier nach dreitägiger Keimung stark 
zugenommen, aber die Kondensation zu Inulin erscheint im Lichte ge- 
hemmt; nach sechs Tagen ist überhaupt kein Inulin vorhanden, da 
das Reserveinulin bei der Keimung verbraucht, neues aber noch nicht 
gebildet wurde. Wir sehen also Fett in reduzierenden Zucker über- 
gehen, dieser wird aber nicht wie bei der Dunkelkeimung neben dem 
Aufbau von Zellsubstanz zu Inulin kondensiert, sondern offenbar gleich 
im Baustoffwechsel weiter verarbeitet, in den auch das vorhandene 
Inulin eingeht. Was die Beträge an reduzierendem Zucker und Inulin 
in den einzelnen Pflanzenorganen anlangt, so sind in der Mittelrippe 
von im Freien kräftig erwachsenen Zichorienpflanzenblättern durch- 
schnittlich 9,5 % Lävulose und 3,5 % Inulin enthalten, in der Blatt- 
spreite 2,8 0, Lävulose und 3 % Inulin, in der Wurzel 1% Lävulose 
und 52%, Inulin. Bei Blättern, welche des Morgens und Abends unter- 
ah wurden, fand sich im Gegensatz zu den Stärkeblättern (in welchen 


XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 313 


am Morgen die Stärke zum größten Teil zu Zucker hydrolysiert ist, 
so daß am Morgen keine Stärke vorgefunden wird) kaum ein Unter- 
schied im Betrage von Lävulose und Inulin, bei der Wurzel geht mit 
dem Verlaufe der Vegetationsperiode eine sukzessive Anreicherung an 
Inulin vor sich, während der Lävulosebetrag gleichzeitig bis zu einem 
Minimum abnimmt, um von da, entsprechend einem Gleichgewichts- 
vorgang zwischen Inulin und Lävulose wieder zuzunehmen: 


In Prozent der | Blattspreite ie Wurzel Tage alt 
n attstie 
BerEensnbstanz morgens] abends morgens | abends b5) | 62 | 74 | 3 | 120 
Lävulose 2,64 | 2,9 9,8 9,4 4,3 3,4 | 2 0,9 4,94 
Tinlin. .... 2,9 2,9 3,7 4,24 21, 30,6 | 48,9 | 52,29 | 60,85 
Bee... 2,2 3991 207° 723,93, 22 , 12 Iha! 0,971,.031 


Über die Verhältnisse, die sich im Trockengewicht der einzelnen 
Pflanzenteile ausdrücken, nachdem die Pflanzen unter abnormalen Be- 
dingungen erzogen worden sind, gibt die Tabelle auf p. 310, 311 Aufschluß. 
Die Pflanzen waren hier je 14 Tage in Formaldehyddampf von zirka 
0,05 Vol.-Proz. bei Ausschluß von Kohlensäure gezogen worden, die 
aus dem Kulturraum durch konzentrierte Atzkalilösung entfernt worden 
war. Es war schon früher davon die Rede, daß bei Phaseolus vulgaris 
die Verluste an Trockensubstanz durch Atmung so groß sind, daß eine 
Vermehrung der Trockensubstanz gegenüber dem Samengewicht vor 
dem 20. Kulturtage nicht eintritt. Daher ist auch in den genannten 
Versuchen stets ein Minus zu konstatieren, welches aber bei den Form- 
aldehydpflanzen in der Regel kleiner ist als bei den normalen oder gar 
kohlensäurefrei gezogenen. Wenn man nicht an eine Depression der 
Atmung durch Formaldehyd und damit eine dauernde Instandhaltung 
des Trockengewichtes denken will, was mit den Erfahrungen mit Ather 
und anderen Stimulantien nicht in Einklang stünde, kann man aus dieser 
Beobachtung wohl auf eine Trockensubstanzvermehrung auf Kosten 
des Formaldehyds schließen. Durch Vergleich der Daten für die Ge- 
wichte von Samen- und Pflanzentrockensubstanz sind die Proportionen 
gegeben, welche zu berechnen gestatten, was die einzelnen Serien bei 
normaler Kultur gebildet haben müßten und was sie mit Formaldehyd 
ohne Kohlensäure tatsächlich an Trockensubstanz ergeben haben. 


XVI Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 


Keine ernährungsphysiologische Arbeit dürfte mit höheren Pflanzen 
ausgeführt werden können, wenigstens soweit es sich um organisches 
Nährsubstrat handelt, solange es nicht möglich ist, die Kulturen steril 
zu halten. Aber selbst in anorganischen Nährlösungen ist es auf die 
Dauer schwer, Infektion hintanzuhalten, da abgestoßene Wurzelanteile 
oder abgestorbene Pflanzenteile die Veranlassung zur Ansiedelung von 
Mikroorganismen geben. 

Gerade die Aufzucht von normal autotrophen Pflanzen in Nähr- 
lösungen, denen organische Substanzen beigegeben sind, ist ein Problem, 
dem viele neue Beobachtungen und Fragestellungen erwachsen dürften. 
So habe ich es mit Rücksicht darauf, daß die Wurzeln der höheren 
Pflanzen ihre Nährstoffe dem Substrat in Ionenform entnehmen, und 


314 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 


mit Rücksicht auf die starke Herabsetzung der Giftwirkung von sonst 
toxischen Elementen in wenig dissoziierten Verbindungen versucht, 
die Bestandteile der normalen Nährlösung bei höheren Pflanzen durch 
wenig oder gar nicht dissoziierte organische Verbindungen zu ersetzen, 
also z. B. KNO, durch Kaliumstereat und Äthylnitrat usw., aber wie- 
wohl höchst interessante Erscheinungen auftreten (Bohnen wachsen 
z. B. ausgezeichnet in Schmierseife und bilden ein ganz merkwürdiges 
Wurzelsystem aus), konnten doch keine publikationsfähigen Resultate 
erhalten werden, da trotz aller Vorsichtsmaßregeln sehr bald Pilz- 
infektion und damit eine unkontrollierbare Veränderung der Nährlösung 
eintrat. Zu welchen Irrtümern mangelnde Sterilität der Pflanzenkulturen 
führt, beweist eine ausgedehnte Untersuchung von Lef&vre, welche 
die Lösung der Frage bezweckte, ob die Pflanzen auch bei vollständigem 
Mangel an Luftkohlensäure ihren ganzen Kohlenstoffbedarf aus 
Aminosäuren, wenn diese ihrem Nährsubstrat hinzugefügt werden, zu 
entnehmen imstande sind und ihre Gewebe damit aufbauen können. 
Auf Sterilhaltung der Kulturen wurde kein Gewicht gelegt, weil, wie 
Lef&vre ausführt, die verwendeten Aminosäuren und Säureamide 
bei Gärung und Fäulnis als letzte Produkte der Bakterientätigkeit 
auftreten, demnach kein Substrat ihres Stoffwechsels bilden könnten. 
Meine Nachprüfung dieser Untersuchungen !), aus welchen Lefevre 
den Schluß gezogen hatte, daß höhere Pflanzen bei Ausschluß von CO, 
ihren gesamten Kohlenstoff- und Stickstoffbedarf dem Aminosäuren- 
substrat entnehmen können, ergab, daß höhere Pflanzen in kohlensäure- 
freier Atmosphäre auch bei Vorhandensein von Aminosäuren zugrunde 
gehen, sobald ihre Reservestoffe aufgebraucht sind, vorausgesetzt, daß 
für möglichst sterile Kulturen gesorgt wird. In den Versuchen des 
französischen Forschers aber hatte das Moos, welches als Substrat 
benutzt wurde, in seiner Atmung Kohlensäure abgegeben und Boden- 
bakterien hatten aus den Aminosäuren Ammoniak freigemacht, welche 
beiden dann von den grünen Keimlingen zum Aufbau ihrer Körper- 
substanz verwendet worden waren. 


In meinen Versuchen wurden die lufttrockenen Samen mit einer 

1 0/,o. Sublimatlösung mit der Bürste gerieben, dann in sterilisiertem, 
destilliertem Wasser sorgfältig abgespült und dann in der bekannten 
Hansenschen Kammer auf Filtrierpapier keimen gelassen, das vorher 
im strömenden Dampf sterilisiert, steril in die Kammer gebracht und 
mit sterilisierttem Wasser befeuchtet worden war. Die Kulturgläser 
wurden im Dampftopf sterilisiert, mit Filtrierpapier umwickelt zur 
Kammer gebracht, von der Hülle befreit und rasch hineingeschoben. 
Drinnen wurden sie mit Organtin bespannt und mit der vorher bereiteten 
und sterilisierten organischen Lösung beschickt. Dann wurden nach 
Entfernung der Testa die Bohnen durch die Maschen gesteckt und nun 
möglichst rasch in die mit Sublimat gewaschene, völlig adjustierte und 
neben die Kammer aufgestellte Glocke gebracht. Nach jeder Sublimat- 
waschung muß natürlich sorgfältig mit sterilisiertem Wasser nach- 
gespült werden. Zwischen Testa und Samen sitzen die Bakterienkeime 
besonders hartnäckig fest; es ist deshalb zweckmäßig, die abgezogenen 


I) V, Grafe, Untersuchungen über die Aufnahme von stickstoffhaltigen 
organischen Substanzen durch die Wurzel von Phanerogamen bei Ausschluß der 
Kohlensäure, Sitz,-Ber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien 118, (1909). 


XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 315 


Samenschalen sofort in ein innerhalb der Kammer befindliches Gefäß 
mit Sublimatiösung zu werfen und die angekeimten, von der Testa 
befreiten Samen vor dem Hineinstecken in den Organtin noch einmal 
kurz in sterilisiertes Wasser zu tauchen und dort leicht mit Filtrier- 
papier abzureiben. Das Hantieren innerhalb der Hansen schen 
Kammer wird leicht und völlig steril durch eng an den Armen anliegende 
ziehharmonikaartige Kautschukmanschetten ermöglicht, die an den 
beiden seitlichen Fenstern der Kammer befestigt sind und durch welche 
die nackten Arme durchgesteckt werden, nachdem alles (Arme, Man- 
schetten, Fenster usw.) gründlich mit Sublimatlösung und Bürste ab- 
gerieben wurde. Durch den paraffinierten Kork der Kulturglocke 
ragt ein geräumiger Tropftrichter, der mit der sterilisierten Nährlösung 
beschickt wurde und statt des Glasstöpsels oben einen gedrehten, 
abgeflammten Wattepfropf trägt, wie er für die in der bakteriologischen 
Technik verwendeten Eprouvetten gebraucht wird. Statt der 1 °/‚igen 
Sublimatlösung bewährt sich besser eine 1 prozentige Bromlösung wegen 
ihrer stärkeren Desinfektionskraft und wegen des Umstandes, daß das 
verdunstende Bromgas auch den Luftraum der Hansenschen Kammer 
sterilisiert. Eine ähnliche Methodik wurde auch von Grafe und von 
Portheim!) mit Erfolg angewendet. 


In neuerer Zeit hat sich Iw. Schulow der Frage angenommen, 
wie es möglich wäre. Kulturen steril zu erhalten, bei denen die Sprosse 
aus den Behältern normalerweise in der freien Luft sich entwickeln, 
wobei die Infektion des Substrates sehr leicht geschehen kann. Ich 
gebe im folgenden Schulows Schilderung der Methode wieder ?): 


Hohe Glaszylinder enthielten je sieben Liter recht verdünnter 
Nährlösung. In jedes Gefäß wurde oben dicht auf Watte ein Holz- 
deckel miteingebohrten (zu zwei großen und zwei kleineren) Öffnungen 
hineingedrängt. Diese Rundplatte adhärierte an den Gefäßwandungen 
vermittels dreier daselbst eingeschraubter Häkchen. In die breiten 
Öffnungen wurden alsdann auf Watte (zu je zwei auf ein Gefäß) 
zylindrisch kegelförmige Röhrchen r (Fig. 84) hineingesteckt, während 
in die eine der engen Öffnungen ein langes Glasröhrchen eingeführt 
wurde, das fast bis an den Boden des Gefäßes reichte und von 
außen mit einem großen Pfropfen aus Watte und Abzweigungen 
versehen war, während die andere Öffnung ein kurzes Röhrchen 
trägt. Das lange Rohr dient zum Ausblasen der Luft, seine Ab- 
zweigung zur Entnahme von Proben des Substrates vor Abbruch 
des Versuches, um die Sterilität festzustellen. Das kurze Röhrchen 
läßt die Verbindung mit dem kleinen Kolben herstellen, in dem sterili- 
siertes Wasser oder Nährlösung sich befindet, die so steril in das Kultur- 
gefäß gebracht werden können. In das zylindrisch kegelförmige oben 
durch Schlauch k und Quetschhahn v verschlossene Röhrchen, das unten 
mit einem Netz n umbunden wurde, trat bis zu letzterem ein etwas 
längeres, zylindrisches Glasröhrchen, um das sterilisierte und gequollene 
Samenkorn aufzunehmen. In den unteren Teil des äußeren Rohres 
bis zur Höhe von 7—8 cm vom Netz wurde Watte w, in kleinen Bäusch- 


!) V.GrafeundL.v. Portheim, Untersuchungen über die Rolle des 
Kalkes in der Pflanze. Sitz.-Ber. d. kais. Akad. d. Wiss., Wien 115 (1906). 

:2) J. Schulow, Zur Methodik steriler Kultur höherer Pflanzen, Ber. d. 
deutschen bot. Ges. 29, 504 (1911). 


316 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 


chen untergebracht, welche nicht allzustark zusammengedrückt wurde. 
Oberhalb dieses Vorrates von Watte wurde ein (zirka 1 cm) Zwischen- 
raum zw belassen, durch den das innere Rohr sichtbar wurde, und noch 
höher, bis zum Ende des breiten Rohres K, befand sich ein kompakter 
Pfropfen aus Watte w, in welchen bis zur unteren Watte drei Glasstäbeg 
eingelassen wurden, die nach oben so weit hervorragen, daß man nach- 
träglich mit ihnen möglichst gut die untere Watte verdichten konnte. 
Die dergestalt montierten Behälter (überdies noch von oben mit 
einer genügenden Schicht Watte bedeckt) wurden dreimal jedesmal 
zwei Stunden lang vermittels Dampfes bei 100 ® sterilisiert, alsdann mit 
speziellen Samensterilisatoren verbunden, mit deren Hilfe die Körner 
mittels Bromwasser 20 Minuten sterilisiert, ausgewaschen und gequollen, 
in das innere zylindrische Röhrchen eingeführt wurden. Am achten 
bis zehnten Tage vom Beginn des 
Hervortreibens der oberirdischen Teile 
des Keimlings sp an erheben sich 
dieselben innerhalb dieses Röhrchens 
und gelangen in den Zwischenraum 
inmitten des Vorrates von sterili- 
sierter Watte ober- und unterhalb 
des breiten äußeren Rohres. In 
diesem Moment fand die Befreiung 
des Keimlings statt, und zwar folgen- 
dermaßen: Allmählich, zu %, cm auf 
einmal, wurde das innere 
zylindrische Röhrchen em- 
porgehoben und nach je- 
weiligem Emporheben die 
untere Watte möglichst 
stark mit den Glasstäben 
festgedrückt. Der große 
Vorrat an Watte des zylin- 
drischen Teiles im breiten 
Rohr wurdeaufdieseWeise 
in’ die’ sich verengende 
halbkugelförmige Abtei- 
lung gedrängt und mög- 
Fig. 84. Schulows Sterilzucht. lichst vollkommen zur 

Ausfüllung derselben, so- 

wie als Hülle für Samen und Sproß ausgenützt. Diese Manipulation 
kann bequem und gründlich durchgeführt werden, da ja oberhalb 
sowohl die Stäbchen als auch die obere Watte allezeit sterilisiert ver- 
blieben. Durch den Zwischenraum konnte bequem der Gang des Ein- 
pressens beobachtet werden. Sobald die Schicht der unteren Watte 
nicht gehörig hoch erschien, konnte man sie aus dem oberen Vorrat 
ergänzen (mit dem Stäbchen wurden Flocken aus dem letzteren los- 
gerissen und an die untere Watte gezwängt). Sobald sämtliche Be- 
obachtungen, die man durch den Zwischenraum vornehmen kann, da- 
für sprachen, daß der Keimling zuverlässig mit Watte umhüllt sei, 
wird das innere Röhrchen sowie der Rest; des oberen Wattevorrates 
entfernt. Auf der beigefügten schematischen Abbildung sind einige 
Stadien dieser Operation skizziert. Zeichnung 1 zeigt die integrierenden 


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XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 317 


Details der Geräte und auch, daß der Keimling durch den Zwischen- 
raum nach Befreiung verlangt. Zeichnung 4 zeigt den völlig befreiten 
Keimling, während 2 und 3 verschiedene Übergangsstadien darstellend, 
die Entfernung des innern zylindrischen Röhrchens neben gleichzeitiger 
allmählicher Verdichtung der unteren Watte veranschaulichen, wobei 
die Stäbchen zum Einhüllen des Keimlings in Watte benutzt werden. 
Das Resultat der Sterilität beträgt 75 %. 

Eine andere Methode ist für Wasserpflanzen von G. Pollacei 
ausgearbeitet und beruht auf der relativen Unempfindlichkeit grüner 
Pflanzen gegenüber H,O,, welches niedere Organismen stark schädigt. 
Bevor die Beschreibung der einfachen Apparatur vorgenommen wird, 
sei darauf hingewiesen, daß sich auch gasförmiger Formaldehyd zur 
Sterilisierung grüner Pflanzen eignen dürfte, da derselbe bei intensiv 
bakteriziden Eigenschaften von höheren Pflanzen in Konzentrationen 
von 0,1 Volumprozenten vertragen wird !), wofern absolut reiner Form- 
aldehyd angewendet und für sorgfältigen Abschluß der Kulturerde oder 
Nährlösung vor dem Eindringen des Gases gesorgt wird. Freilich er- 
scheinen die enzymatischen Leistungen so behandelter Pflanzen nicht 
ungeändert), die Pflanzen also, obwohl nicht geschädigt, doch nicht 
mehr normal. 


Bach und Chodat machten die Beobachtung ?), daß entgegen 
der Anschauung von O0. Loew, reines Wasserstoffsuperoxyd, 
wenn es nicht allzustark konzentriert ist, für das lebende Protoplasma 
kein Gift vorstellt. Setzt man eine höchstens lprozentige H,O,-Lösung 
einer Salpeterlösung zu, so erzeugt diese normale Plasmolyse. Dagegen 
übt Wasserstoffsuperoxyd auf Mikroorganismen noch in großer Ver- 
dünnung sehr schnell vernichtende Wirkung aus. Untersucht wurden 
Wasserpflanzen wie Lemna, Salvinia, Azolla, Nymphaea usw., die zum 
Teil sehr zarte Wurzeln besitzen. Die Pflanzen können für kurze Zeit 
ganz untergetaucht und dann mit sterilisiertem Wasser nachgewaschen 
werden. Bei den Versuchen wurde je eine der gebadeten Pflanzen in 
eine entsprechende Nährlösung, die andere in sterile Gelatine gebracht, 
wobei einerseits die vollkommene Sterilisation, andrerseits die voll 
erhaltene Lebensfähigkeit der Pflanze sich zeigte. Der Grad der Kon- 
zentration des zu verwendenden H,O, und die Dauer der Sterilisation 
hängen natürlich von der Art der Pflanze ab. Der verwendete ein- 
fache Apparat ist folgender (Fig. 85): 

Ein Gefäß Fl von sterilisiertem Glas mit einigen Litern Fassungs- 
raum mit einem oberen und einem unteren Tubus ist mit sterilisiertem 
Wasser gefüllt, mit dem die erste Waschung vorgenommen wird. Der 
obere Tubus trägt sterilisierte Watte, der andere vermittelt die Ver- 
bindung mit einem andern Gefäß w, durch eine bis auf den Boden 
von mw, reichende Röhre, die den Zulauf besorgt, während der Ablauf 
in die nächsten Gefäße w, und w, auf dieselbe Weise geschieht. Jedes 


1) V. Grafe und L. v. Portheim, Orientierende Untersuchungen 
über die Einwirkung von gasförmigem Formaldehyd auf die grüne Pflanze. Ost. 
bot. Zeitschr. 1909. — V. Grafe und Emmy Vieser, Untersuchungen über 
das Verhalten grüner Pflanzen zu gasförmigem Formaldehyd I. Ber. d. d. bot. Ges. 
27, 431 (1909). — V. Grafe, Untersuchungen über das Verhalten usw. II. Ebd. 29, 
19 (1911). — V. Grafe, Die biochemische Seite der Kohlensäureassimilation 
durch die grüne Pflanze. Biochem. Zeitschr. 32, 114 (1911). 

®) BachundChodat, Ber. d. deutschen chem. Ges. 35, 1275, 2466 (1902). 


318 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 


dieser Gefäße trägt in einer dritten Bohrung ein Glasrohr, das auch 
wieder sterilisierte Watte trägt, so daß die Luft, ohne Keime mitzuführen, 
die Gefäße passieren kann. In das zweite Gefäß — die Gefäße sind, 
wie man sieht, stufenförmig angeordnet — kommt das zu sterilisierende 
Pflanzenmaterial. Man läßt nun den Strom des sterilisierten Wassers 
durch Offnen des Hahnes aus dem großen Gefäß durch die übrigen 
laufen, die Pflanzen können so hinlänglich gewaschen werden, ohne 
mit der äußeren Luft in Berührung zu kommen. Unter Benutzung 
eines genügend weiten Abflußrohres kann man die kleinen Pflanzen, 
welche gut gewaschen worden sind, direkt aus w,, ohne dieses Gefäß 
zu öffnen, herausspülen. Das Material kann so nach w, gebracht werden, 
welches Gefäß zum eigentlichen Wa- 
schen mit H,O, bestimmt ist. Vorher 
wird durch den Schlauch am unte- 
ren Tubus von ı, das Wasser heraus- 
gelassen und statt dessen durch ein 
mit Hahn versehenes Trichterrohr 
von obon die Wasserstoffsuperoxyd- 
lösung zufließen gelassen, mit dem 
Pflanzenmaterial eine bestimmte 
Zeit in Kontakt gelassen, um dann, 
ebenso wie früher das Wasser, durch 
den unteren Tubus entfernt zu wer- 
den. Nun wird wieder aus Fl mit 
reichlichen Mengen - sterilisierten 
Wassers nachgewaschen. Aus Fl 
gelangen die Pflanzen auf dieselbe 
Weise wie früher nach w,, wo das 
Wasser abgelassen und wie früher 
das Wasserstoffsuperoxyd nach ı,, 
so hier die Nährlösung eingefüllt 
wird. w, wird dann steril abgelöst 
und dient direkt als Kulturgefäß. 
Salvinia verträgt eine 45 Minuten 
| dauernde Behandlung mit 3prozen- 
Fig. 85. Sterilisierapparat nach Pollaci. tigem H,O, und noch 30 Minuten 
mit 3,6prozentigem, Lemna major 
45 Minuten mit 1,8prozentigem und 5 Minuten mit 3,3 prozentigem, 
aber nicht mehr mit 3,6prozentigem H,0,. 

Die große Widerstandskraft ungequollener Samen gegen trockene 
Wärme bringt es mit sich, daß man sie, z. B. Erbsen, ohne weiteres 
im Dampfdrucktopf sterilisieren kann (mit überhitztem Wasserdampf 
von 120° C durch zehn Minuten). Bei seinen Versuchen mit Giften, 
deren Einwirkung auf die Keimung untersucht wurde, fand Arcichovskij, 
daß die Resistenz der Samen gegen Entwicklung von Mikroorganismen 
durch die Gifte herabgesetzt wird, was die Verunreinigung der Samen 
erleichtert. Man muß in diesem Falle die Samen einzeln in be- 
sonderen Gefäßen aseptisch auskeimen lassen. Ein kleines kupfernes 
Stativ mit 24 Eprouvetten wird für jeden Versuch im Autoklaven 
sterilisiert. Jedes Stativ besitzt ein Scharnier, welches Auf- und Zu- 
klappen ermöglicht. Am Boden jeder Eprouvette befindet sich eine 
2cm hohe Flocke hygroskopischer Watte, die mit 2 cem sterilisierten 


XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 319 


Wassers angefeuchtet wird. Um das Herauspressen der Watte durch 
kochendes Wasser zu verhindern, wird in die Eprouvetten ein dünnes 
Röhrchen gestellt, dessen oberes Ende etwas über die Watte heraus- 
ragt. Das sterilisierte Stativ mit den Probiergläsern wird in die Saat- 
kamera eingestellt und die nach der Behandlung mit der Giftlösung 
in fließendem Wasser gewaschenen Samen mit sterilen Pinzetten in die 
Probiergläser gelegt. Die Keimungen verlaufen völlig aseptisch. 

R. Combes (Comptes rendus de l’acad&mie des sciences, T. 154, 
891, 1912) gibt folgende Methode an, die der von Schulow ähnelt: 
Die Samen werden in 1°/,igem Sublimat gewaschen und nach dem 
Abspülen mit Wasser in sterilisierten Eprouvetten auf feuchter Watte 
zum Keimen ausgelegt. Sowie das Keimen begonnen hat, wird je ein 
Samen in das im folgenden zu beschreibende Gefäß gebracht: Ein Glas- 
gefäß mit abgerundeten Ecken (Fig. 86) besitzt einen seitlichen Tubus /u 
und endigt mit dem ausgebauchten Tubus r, der bei e, und e, eingeschnürt 
ist. Die eingeschnürte Partie bei e, ist von dem übrigen Gefäß durch 
die Ausbauchung r abgetrennt. In den Hals des 
Tubus bei e, wird ein zylindrisches Glasrohr / ein- 
geführt, das vorher in einen Wattebausch co ein- 
gehüllt worden ist, so daß es gerade noch in den 
Tubus eingedreht werden kann. Die untere Öff- 
nung des in den Tubus eingeführten Glasrohres ist 
vorher mit einem weitmaschigen Organtin über- 
spannt worden. Auch in die Einschnürung e, wird 
sterilisierte Watte eingeführt. Die obere Öffnung 
der Glocke cl, welche jetzt über den Tubus so ge- 
stülpt wird, daß sie vermittels der bei e, eingeführten 
Watte eng aufsitzt, wird ebenso wie die obere Öff- 
nung des seitlichen Tubus mit sterilisierter Watte 
versehen, wie das bei den Kultureprouvetten 
der bakteriologischen Technik üblich ist. Darüber 
wird dann noch das Glas ca gestülpt. Jeder solche Fis- 8%. Steriler Apparat 
kleine Apparat wird nach seiner Montierung eine 
halbe Stunde bei 150° C sterilisiert. Das vorher sterilisierte 
flüssige Kulturmedium der höheren Pflanze wird nun steril beim 
seitlichen Tubus so eingefüllt, daß der die untere Öffnung von { 
verschließende Organtin benetzt ist. Nachdem man sich durch mehr- 
tägiges Stehen des adjustierten Apparates und eventuell entnommene 
Probe zur bakteriellen Prüfung überzeugt hat, daß alles steril ist, wird 
der angekeimte Samen g aseptisch auf die Organtinunterlage des 
Apparates gebracht, wo nun die weitere Entwicklung erfolgt. Die 
junge Wurzel dringt in die sterile Nährlösung, der Sproß in den Luft- 
raum von {. Nachdem der Sproß hinreichende Länge erreicht hat, 
wird die Röhre / mit einer abgeflammten Pinzette langsam heraus- 
gezogen und in dem Maße, als sie sich heraushebt, sinkt die umgebende 
Watte tiefer und umgibt schließlich von selbst den sich erhebenden 
Sproß. Man muß nur rings um denselben die Watte mit der ab- 
geflammten Pinzette zurechtdrücken und ausbreiten. Auf diese Weise 
kommt die Wurzel im sterilen Nährmedium, der oberirdische Teil der 
Pflanze in freier Luft zur Entwicklung. 

Die bisher üblichen Methoden der sterilen Aufzucht höherer Pflanzen 
geben doch immerhin, wie Schulow bemerkt, nicht immer die ge- 


390 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 


wünschte absolute Sterilität. Diesem Übelstande sucht der einfache, 
von J. Gieklhorn konstruierte Apparat abzuhelfen, welcher den 
Prozentsatz der sterilen Pflanzen bedeutend erhöht und ebenfalls von 
dem Prinzip ausgeht, daß peinlichste Sorgfalt in erster Linie auf den 
vollkommen sterilen Abschluß des Wurzelsystems zu legen ist, während 
die oberirdischen Teile sich von frühester Jugend auf in einem sterilen 
Luftraum frei erheben, dessen steriler Abfluß aber, wenn die oberirdischen 
Organe erstarkt sind, nicht mehr strikte eingehalten werden muß. Das 
Verfahren ist dem einfachen Impfverfahren der Bakteriologie nachgebildet. 
Als Kulturgefäß wird eine ungefähr 5000 ccm fassende weithalsige 
Flasche @ benutzt (Fig. 87), über die einmal im Kreise herum eine un- 
gefähr vier Finger breite Lage Watte W gewickelt wird. Die Watte ragt 
über die Mündung der Flasche noch etwa zwei Finger breit hinüber. 
Der Wattestreifen wird an seinem heraus- 
ragenden Ende mit den Fingern erfaßt 
und leicht in die Mündung der Flasche 
deren Rande angedrückt. Uber diese 
Watte wird ein mäßig feuchtes Perga- 
mentpapier P locker darüber gespannt 
und mit einem in die Mündung der 
Flasche passenden Glas- oder Holz- 


Fig. 87. Fig. 88. 
Apparate zur sterilen Aufzucht von J. Gicklhorn., 


stopfen P ungefähr zwei Finger tief hineingedrückt. Der überragende 
Teil des Papiers wird über die Watte geglättet und mit einem Kautschuk- 
band w (Fig. 88) locker festgehalten. Über das so montierte Kultur 
gefäß wird ein passender Zylinder K gesetzt, für dessen Einpassung auf 
die beginnende Wölbung G der Flasche noch ein einfacher Wattestreifen 
zwischen Zylinder und Flaschenhals gewunden wird, welcher Wattestreifen 
den Zylinder festklemmt. Bevor man das Festklemmen vornimmt, kommt 
in die durch den Stöpsel bewirkte Vertiefung ein lockerer, die Ver- 
tiefung ganz ausfüllender Wattepfropf Wa. Watte und Pergamentpapier 
werden mittels eines Trichters durchbohrt und durch den Trichter die 
(etwa organische) Kulturflüssigkeit eingefüllt. Dann wird der Aufsatz- 
zylinder, dessen oberes Ende mit einem Glasboden verschlossen ist 
(man verwendet am besten ein umgekehrtes, nicht gerandeltes Becher- 
glas) und der ein seitliches, schief angesetztes Zuführrohr R trägt, mittels 
des Watteringes fest aufgesetzt und der ganze so adjustierte Apparat 
in den Sterilisator gestellt. 

Ein birnenförmiges (Fig. 89) Gefäß Ra mit breiter Mündung K,, an 
dessen Verschmälerung unten ein dickwandiger, mit Klemmschraube ver- 
sehener Gummischlauch angebracht ist, wird oben mit einem passenden. 


XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. apa 


‚doppelt durchbohrten Pfropfen verschlossen. Die eine Bohrung trägt ein 
engeres, mit sterilisierter Watte verschlossenes, die andere ein so weites 
'Glasrohr, daß z. B. Erbsen bequem durchfallen können. Dieses breite 
Glasrohr trägt einen Kautschukschlauch S, der unmittelbar über dem Rohr- 
ende einen Quetschhahn H, angesetzt hat. Das andere Ende des etwa 
Y, m langen Schlauches ist über ein erweitertes Glasrohr gezogen (un- 
mittelbar vorher ist wieder ein Quetschhahn FH, vorgesehen), dessen 
schmälerer Teil in der Bohrung eines Stöpsels sitzt, mit dem ein wasser- 
gefüllter Erlenmeyerkolben E verschlossen ist. Die ganze Apparatur 
wird heiß sterilisiert, der Stöpsel des birnenförmigen Behälters danach 
einen Moment abgehoben und die Samen Sa eingeschüttet und mit 
10/,niger Bromlösung bedeckt, 
der Stöpsel wieder eingesetzt 
und nun wiederholt geschüttelt, 
so daß Samen und das breite 
Rohr samt dem Stück Kaut- 
schukschlauch bis zum Quetsch- 
hahn gründlich desinfiziert wer- 
den; das Bromwasser wird nun 
unten aus der Birne abgelassen 
und aus dem Kolben unter 
entsprechendem Öffnen der 
Quetschhähne das sterilisierte 
Wasser in die Birne eingeführt 
und die Samen zwei- bis drei- 
mal damit geschüttelt, so daß 
das Bromwasser vollständig aus- 
gewaschen wird. Zuletzt wird 
der ganze Rest des Wassers aus 
dem Kolben in die Birne ein- 
gelassen und die Samen darin 
zur Quellung gebracht. Darauf 
wird die Birne umgekehrt und 
unter Öffnen des der Birne be- 
nachbarten und Verschluß des 
dem Erlenmeyerkolben benach- 
barten Quetschhahnes die Samen 
durch sanftes Schütteln in den Fig. &9. 
weiten Kautschukschlauch ge- Apparat zur sterilen Aufzucht von J. Gieklhorn. 
bracht, so daß sie nun in diesem 
sterilisierten Behälter wie in einem langen Beutel ruhen. Die ganze Appe- 
ratur ist an den Stativen Si, und St, fixiert. Eine mit Filtrierpapier 
ausgekleidete Petrischale wird in der gewöhnlichen Weise sterilisiert, 
auf einen Tisch gestellt und, nachdem die nun nicht mehr sterilen 
Enden des Gummischlauches jenseits der Quetschhähne in heißes Wasser 
gesteckt und so wieder steril geworden sind, die Samen in die sterilisierte 
Petrischale ausgeschüttet, wo sie also steril ankeimen. Dann wird der 
Keimapparat und die Petrischale nebeneinander auf den Tisch zur 
Seite einer Flamme gestellt, der Samen mittels einer langarmigen, ab- 
geflammten Pinzette mit breiten Schuhen gefaßt, zwischen welchen 
der Samen bequem ruht. Inzwischen ist, wie beim bakteriologischen 
Arbeiten, der Wattebausch aus dem seitlichen Ansatzrohr des Zylinders 
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 21 


322 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 
herausgezogen worden, der Samen wird mit der Pinzette eingeführt 
und in den Wattebausch der Flaschenmündung eingedrückt, so daß 
er genau in das vorher für das Durchführen des Trichters in die Watte 
und das Pergamentpapier gebohrte Loch zu liegen kommt. Die Watte 
des Ansatzrohres wird abgeflammt und wieder hineingesteckt. Der 
Samen ist also völlig steril hineingebracht, die Möglichkeit der In- 
fektion ist nicht größer als beim gewöhnlichen bakteriologischen Arbeiten. 
Nachdem der Samen Wurzel und etwa 2 cm hoch seinen Stengel aus- 
getrieben hat, wird durch den seitlichen Ansatz eine steril vorrätig 
gehaltene Mischung von Vaselin, Paraffin und Wachs einfließen gelassen, 
die nicht härter ist, als daß in ihr das Wachstum der Keimpflanze leicht 
vor sich gehen kann und beim Einfließen nicht heißer, als daß sie gerade 
dünnflüssig ist. Die Mischung durchtränkt Watte und Pergament 
vollkommen, so daß eine spätere Infektion der Nährlösung von oben 
ausgeschlossen ist. Nachdem die Pflanze noch etwas größer geworden 
ist, wird der Aufsatzzylinder abgenommen, der Wattering, der ihn 
abgedichtet hatte, entfernt und der Keimling entwickelt sich im freien 
Luftraum mit vollkommen steril gehaltenem Wurzelsystem 
und Nährlösung. Es ist klar, daß nur mit Hilfe derartiger 
minutiöser Versuchsanstellungen Stoffwechselfragen mit or- 
ganischer Lösung, Wurzelausscheidungsfragen u. dgl. einwand- 
frei zu lösen sind. 

W. Schmidt!) verwendet in einfacher Weise Gasglüh- 
lichtzylinder b (Fig. 90), die mit dem einen Ende in Becher- 
gläser d gestellt wurden, wo sie mit einem Wattering c fest- 
gehalten werden. In die Röhre sowohl wie in das Becherglas 
war zuvor gut ausgeglühter Sand f gegossen worden, in be- 
liebiger Höhe, je nach den zu verwendenden Pflanzen und 
der Weite der Röhren. Auf die Sandschicht, die die Röhre 
außen e im Becherglase umgibt, wird soviel Knopsche Nähr- 
Fig. 9. Sterile lösung gegossen, bis in dem Zylinder die ganze Sandsäule 
weormns®® schwach durchfeuchtet ist. Der Zylinder wird oben mit einem 

Wattebausch a verschlossen und nunmehr das ganze im Dampf- 
topf dreimal je Y, Stunde sterilisiert. Um nun das Austrocknen zu 
verhindern, andrerseits die mögliche Infektion bei Lüften der Zylinder- 
bedeckung zu vermeiden, wird die untere Öffnung des Zylinders mit 
einer Zelloidinschichte g verschlossen, durch die die Nährlösung durch- 
diffundiert, wenn der Zylinder in die Lösung gestellt wird, während die 
Pilzkeime zurückgehalten werden. Um die Zelloidinplatte in dem 
Zylinder anzubringen, stellt man diesen zweckmäßig mit dem zu ver- 
schließenden Ende auf Quecksilber, gibt zirka 3—4 mm hoch Zelloidin 
in das Rohr und läßt das Alkoholäthergemisch abdunsten. In bezug 
auf späteres Sterilisieren ist zu bemerken, daß das fertig montierte 
Kulturgefäß mit trockenem, ausgeglühtem Sande in den Dampftopf zu 
bringen ist, nicht schon mit Knop scher Nährlösung wie vorher be- 
feuchtet. Es gelang auf diese Art speziell Rübenpflänzchen vollkommen 
steril aufzuziehen. Eine andere Methode besteht in der Verwendung von 
sterilem 2prozentigem Agar zur Anzucht höherer Pflanzen in weit- 
lumigen Reagenzröhren. Der Agar wird gut gekocht und heiß zweimal 


1) W, Schmidt, Zur Methodik von Infektionsversuchen an höheren 
Pflanzen. Centralbl. f. Bakt. II, 25, 426 (1910). 


XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 39233 


durch Filtrierpapier und Watte mittels der Wasserstrahlpumpe filtriert. 
Das Filtrat wird in weite Glasschalen gegossen und nach dem Erstarren 
über die zirka 2 em starre Schichte destilliertes Wasser gegossen und 
das Ganze sich selbst überlassen. Nach einigen Tagen wird das Wasser, 
das einen leichten Fäulnisgeruch angenommen hat, abgegossen, durch 
frisches Wasser ersetzt usf. Nach etwa zwei Wochen wird der Agar 
neu aufgekocht, mit 20prozentiger Knop scher Nährlösung versetzt 
und in große Reagenzrohre (20 mm innere Weite) in 3—4 cm hoher 
Schichte gefüllt. Die Röhren werden dreimal je 4, Stunde im Dampf- 
topf sterilisiert; der Agar muß dann so durchsichtig sein, daß man 
Druckschrift durch ihn hindurch lesen kann. Ungeschälte Rüben- 
samen keimten allerdings in solchem Substrate schlecht und wuchsen 
schlecht, geschälte schon etwas besser; daher wurden später junge in 
Erdkästen im Freien herangezogene Rübenpflänz- 
chen gewissermaßen als Stecklinge verwendet, in- 
dem die Wurzeln abgeschnitten und das Hypo- 
kotyl mit der Pinzette in die Agarmasse einge- 
schoben wurde. Die Rübenpflänzchen waren zuvor 
in stark strömendem Leitungswasser, dann in destil- 
liertem, schließlich in sterilem Wasser gewaschen 
worden, die Wurzel wurde mit alkoholsterilisiertem 
Messer entfernt und das Hypokotyl schnell mit 
steriler Pinzette in das bereitgehaltene Röhrchen 
eingeführt. Die Pflänzchen trieben in wenigen 


| 


Fig. 91a. Fig. 91b. 
Anordnung von Petri zur sterilen Kultur. 


Tagen kräftige Wurzeln, welche bald die ganze Kuppe des Reagenzrohres 
durchzogen hatten. Der Blattapparat war üppig grün, Pilze traten selbst 
nach Wochen nicht auf. Die Gläser standen in großen Reagenzrohr- 
gestellen direkt am Fenster und wurden von der Sonne voll getroffen; 
etwas mehr dunkel gehaltene Kulturen gingen zugrunde, die Wurzeln 
wurden schwach oder gar nicht gebildet. Der Blattapparat muß also 
lebhaft assimilieren können, um die Regeneration der Wurzel zu unter- 
stützen. 

Zur sterilen Kultur von aus Samen stammenden Weinreben hat 
L. Petri einen Apparat konstruiert. Zunächst wurden die Samen 


!) L. Petri, Nodositätenbildung auf den Rebwurzeln durch die Reblaus 
in sterilisiertem Mittel. Centralbl. f. Bakt. II, 24, 146 (1909). 
21* 


324 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 


in einem geeigneten Gefäß mittels Durchleitens eines Stromes von lprozen- 
tiger Sublimatlösung durch 2—3 Minuten desinfiziert, dann mit sterilem 
Wasser nachgewaschen und dasselbe Wasser zum Anquellen der Samen 
benutzt. Der Apparat (Fig. 91a und b) besteht aus einem mit drei- 
röhrigem Kautschukpfropfen und einem Hahn T versehenen Glas- 
trichter. Der zylindrische Teil des Trichters ist unten durch das Sieb r 
aus Tüll oder Porzellan geschlossen, über welchem die zu sterilisierenden 
Weinbeerkerne V sich befinden. Der Trichter ist an dem Absauge- 
kolben b durch einen Kautschukstöpsel befestigt, der seitliche Ansatz 
des Kolbens ist durch sterilisierte Watte verschlossen. Die beiden 
seitlichen Röhren des oberen Pfropfens des Trichters befinden sich in 
Verbindung mit den beiden Flaschen A und B, welche die Sublimat- 
lösung, respektive das sterilisierte Wasser enthalten. Die beiden Flaschen 
sind mit einem zweiten Rohre versehen, damit Luft durch das Filter F 
ziehen kann. Das mittlere Rohr des Trichterpfropfens ist in Verbindung 
mit zwei Schwefelsäure enthaltenden Kolben. Ein Dreiweghahn T, 
verbindet abwechselnd die beiden Kolben mit dem Trichter. Wenn 
man einen Strom Sublimatlösung in den Trichter einlassen will, setzt 
man das Rohr eines Aspirators an das Rohr a des linken Kolbens, indem 
man die Hähne T, und T geschlossen hält und 7, und T, öffnet. 
Die Wirkung des Aspirators soll aufhören, sobald der Trichter ganz voll 
ist. Dann schließt man den Hahn T, und öffnet T und 7, (des rechten 
Kolbens). In dieser Weise wird das Sublimat abgezogen; dann muß 
man, um mit Wasser nachzuwaschen, den Hahn 7 schließen und den 
Hahn T, und T „öffnen (beim linken Kolben). Dann läßt man den Aspirator 
wirken. Das Wasser wird 4—5mal gewechselt und die Samen dann 
zirka neun Tage bei einer Temperatur von 20—22 ° C unter Wasser 
gehalten. Für manche Samen ist zweimaliges Desinfizieren notwendig, 
weil sich sonst doch ein Pilzmyzel bilden kann, das den Embryo zer- 
stört. Dagegen werden die erwachsenden jungen Pflänzchen nicht 
mehr angegriffen. Die Keimfähigkeit leidet unter der Desinfektion 
gar nicht, selbst wenn sie vier Minuten gedauert haben sollte. Die 
Glasröhren, in welche die desinfizierten Samen eingesät werden, zeigt 
Fig. 91b. Die Bohrung, welche die beiden weitesten Teile des Rohres 
verbindet, zeigt, entsprechend der Verengerung, einen Durchmesser 
von höchstens 3 mm, so daß es unmöglich ist, den Samen durchzuziehen. 
Der Samen wird vielmehr, wenn er ausgesät werden soll, in den oberen 
Teil a des Rohres hineingeworfen, indem man die Watte c ein 
wenig hochhebt. In den unteren Teil b wird ein wenig mit Bruch- 
stücken von Granit vermengter Sand gelegt, damit die untere Schicht 
sehr porös wird und die Ausbreitung der Wurzeln ermöglicht. Ein 
wenig Glaswolle !v verhindert das Durchfallen von Erde durch das 
den Pfropfen m durchziehende Rohr, das zum Abgießen des Wassers 
dient; dieses Rohr wird durch das Glasstäbchen n mit dem dazu- 
gehörigen Kautschuktubus geschlossen. Der mit Erde gefüllte Teil b 
ist mit einem kurzen seitlichen Rohre versehen, welches sich in Ver- 
bindung mit dem durch den Stopfen o geschlossenen Glasrohre e be- 
findet. Die Erde sowie die Granitbruchstücke in dem Glasrohr, mit 
Ausnahme der Teile aus Kautschuk, werden im Trockenschrank bei 
130° © eine Stunde lang sterilisiert. Die Abgießungsröhre mit dem 
dazugehörigen Deckel und die Röhrchen e mit dem Kautschuktubus 
werden im Dampftopf sterilisiert. Diese Teile werden dann dem 


XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 325 


Apparat angefügt, die Erde mit einem Strom sterilisierten Wassers 
begossen, welcher durch das Rohr e ziehend, durch das untere Rohr 
schließlich abläuft. Darauf werden die Kulturapparate von neuem 
sterilisiert, indem man sie durch 20 Minuten feuchter Wärme von 
105 0 C aussetzt. In den oberen Teil des Apparates a wird dann ein 
Kern getan und durch ein geeignetes Reagenzglas sofort ein wenig 
feinen sterilisierten Sandes s darauf gegossen, sowie eine ungefähr 3—4mm 
dicke Schicht von Specksteinpulver r. Indem der Sand die nasse Erde 
des Teiles b des Apparates berührt, feuchtet er sich durch Kapillarität 
nach und nach an, während die Specksteinpulverschichte trocken bleibt; 
sie läßt daher den zur Keimung des Samens notwendigen Sauerstoff 
durch. Gleichzeitig dient diese Schichte als ein Filter für die Luft, 
gleichsam wie ein Wattepfropfen, indem sie das Durchdringen der in 
der Luft vorhandenen Keime verhindert. In den Entwicklungsapparaten 
kann man ferner dem Wurzelsystem die nötige Luft zuführen, indem 
man einen Luftstrom durch das Rohr e in das untere ziehen läßt oder 
indem man dieses letztere einfach offen stehen läßt; dann muß man aber 
das untere Ende des Apparates in ein langes sterilisiertes Reagenzglas 
einführen, nachdem das Stäbchen n entfernt worden ist. 


XVII. Bestimmung der Oberflächenfpannung, der 
Permeabilität und des osmotifchen Druckes durch 
Plasmolyse '. 


Durch eine Reihe neuer Untersuchungen, die sich, von De Vries 
ausgehend, namentlich an die Namen Czapek, Lepeschkin, 
Dohkland, van Rysselberghe, Tröndle knüpfen, ist 
die große Bedeutung der Plasmaoberfläche für den Stoffwechsel der 
Zelle in das rechte Licht gerückt worden, so daß heute beim Studium 
der Lebenserscheinungen die Beachtung der physikalisch-chemischen 
Momente des Zellebens ausschlaggebend werden dürfte. 

Von F. Czapek wurde eine Methode zur direkten Bestimmung der 
Oberflächenspannung der Plasmahaut von Pflanzenzellen ausgearbeitet, 
welche in der Feststellung der Grenzkonzentration von Lösungen ober- 
flächenaktiver Stoffe von bekannterOÖberflächenspannung, z. B. Athyl- 
alkohol, besteht, welche Konzentration eben imstande ist, aus Pflanzen 
zellen die Exosmose von leicht nachweisbaren Stoffen des Zellinhaltes 
zu erregen. Der Apparat, welcher hier für die Bestimmung der Ober- 
flächenspannung verschiedener Substanzen zweckmäßig benutzt wird, 
beruht auf dem Prinzip, nach welchem die Oberflächenspannung durch 
die Druckhöhe einer Flüssigkeitssäule gemessen werden kann, durch 
welche eben eine Luftblase durch die zu prüfende Lösung hindurchgepreßt 
werden kann. Czapek nennt seinen Apparat (Fig. 92), der im wesent- 
lichen ein Wassermanometer ist, dessen kürzerer Schenkel, nochmals 
U-förmig nach abwärts gebogen, mit einem Kapillarrohre endigt, 
Kapillarmanometer. Seine Kapillarweite beträgt 1 mm ; um durch 
eine Kapillare von solchen Dimensionen eine Luftblase durchzupressen, 
ist ein Druck notwendig, der einer Wassersäule von etwas über 50 mm 

1) Unter Zugrundelegung meines gleichnamigen Beitrages im VI. Bande der 
„Biochemischen Arbeitsmethoden‘; ebenso der vorhergehende Abschnitt. 


326 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 


entspricht. Die Gleichmäßigkeit der Kapillarmündung ist für den Erfolg 
der Bestimmung sehr maßgebend: als Kapillare wird eine Thermometer- 
kapillare gewählt, die genau halbkugelig abgeschliffen ist und deren 
Mündung Hochpolitur erhalten hat, die Lupe muß möglichste Dünne und 
Glätte der Mündung zeigen; die Länge ist hier 2 mm. Von der abgelesenen 
Druckhöhe muß man die Höhe der Flüssigkeitssäule von der Mündung der 
eingetauchten Kapillare k bis zum äußeren Flüssigkeitsniveau abziehen. Zu 
diesem Zweck ist auf der Wand des die Flüssigkeit enthaltendenGläschensE 
eine Millimeterteilung eingeritzt, das Gläschen wird unter Beobachtung 
mit einer starken Lupe in den federnden Haltern solange verschoben, 
bis die gewünschte Einstellung genau erreicht ist. Zum Einfüllen des 
Wassers in das Wassermanometer wird ein kleines Gläschen mit genau- 
gearbeitetem Glashahn benutzt, welches 
über dem offenen Manometerschenkel in 
Klammern angebracht ist. So kann das 
Wasser mit gut regulierbarer Tropf- 
geschwindigkeit zufließen gelassen wer- 
den; das Zufließen soll nicht schneller 
erfolgen, als man die Steighöheder Flüssig- 
keit im Manometer M an der Porzellan- 
Millimeterskala bis auf halbe Millimeter 
ablesen kann. Die Tropfen müssen an der 
Wand des Rohres herabfließen, weil eine 
Erschütterung durch freies Herabfallen 
ein frühzeitiges Losreißen der Luftblase 
an der Mündung der Kapillare bewirkte. 
Die Luft wird also langsam aus dem 
kürzeren Manometerschenkel und der 
Kapillare verdrängt, die Luftblase wölbt 
sich an der Kapillarmündung, um bei 
einem bestimmten Überdruck loszureißen, 
worauf das Wasser im kürzeren Mano- 
meterschenkel eine Strecke weit empor- 
steigt. Der Stand des Niveaus im kürze- 
ren Schenkel wird abgelesen, dann wartet 
man, indem man das Wasser im offenen 
Fig. 92. Kapillarmanometer von Schenkel langsam nachfließen läßt, bis 
Eu DEDBER- ein neuerliches Abreißen einer Blase er- 
folgt, die Differenz wird notiert und gleich eine nächste Bestimmung 
angeschlossen, wobei die Ablesungen um nicht mehr als \, Millimeter 
differieren dürfen, aus mehreren Bestimmungen schließlich das Mittel 
genommen. 

Am Schlusse der Beobachtung wird zunächst das Gläschen mit 
der zu untersuchenden Flüssigkeit so weit gesenkt, daß die Kapillare 
nicht mehr eintaucht. Dann wird der in der Biegung des Manometers 
angebrachte Hahn geöffnet, worauf das Wasser aus dem Manometer 
abfließt. Nun befestigt man an dem Glasrohre des Hahnes einen 
Kautschukschlauch, schließt den offenen Manometerschenkel mit dem 
Finger und bläst den in der Kapillare festgehaltenen Flüssigkeitsrest 
heraus. Nun muß die Kapillare sofort zunächst mit destilliertem 
Wasser, dann mit heißer Chromsäuremischung sorgfältig wiederholte 


XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 397 


Male ausgespült werden. Die Waschflüssigkeit wird durch Ansaugen 
in die Kapillare gebracht. Schließlich wird mit vollkommen fettfreiem 
Wasser nachgewaschen, worauf sofort eine neue Bestimmung an- 
geschlossen werden kann. Das graduierte, etwa 10 ccm fassende Gläs- 
chen wird ebenfalls sorgfältigst gereinigt und dann die zu untersuchende 
Flüssigkeit hineingefüllt, von der 2—3 ccm im Notfalle genügen. Durch 
Ansaugen der Untersuchungsflüssigkeit und wieder Zurückdrücken in 
das Gläschen wird der Fehler vermindert, der gegeben ist, wenn die 
Kapillare noch feucht geblieben war. Hat man etwa verschiedene 
Konzentrationen einer und derselben Flüssigkeit zu untersuchen, so 
genügt das Ausspülen mit Wasser und das genannte An- und Absaugen 
der neuen Quantität. Das Wasser für die Manometerfüllung muß 
gleichfalls staub- und fettfrei sein, gewöhnliches destilliertes Wasser 
muß jedenfalls nochmals destilliert werden. Sehr bedeutend ist der 
Einfluß der Temperatur; am Stative des Apparates ist deswegen mög- 
lichst nahe der zu untersuchenden Probe ein Thermometer f angebracht, 
die Temperatur zu Beginn und am Ende des Versuches wird abgelesen, 
die Resultate werden unter Zugrundelegung der Gleichung o- = % (I-+yl) 
umgerechnet, wobei für y = 0,002 angenommen wird, was dem Wasser 
und den stark verdünnten organischen Lösungen, die hier in Betracht 
kommen, annähernd gleich entspricht. Die Resultate werden ferner 
auf Wasser (s) — 1,00 berechnet, welches den Vorteil einer sehr hohen 
Oberflächenspannung besitzt, so daß die Differenzen zwischen den 
untersuchten Werten entsprechend groß ausfallen, wogegen freilich der 
Nachteil steht, daß minimale Fettspuren die Oberflächenspannungs- 
werte sehr beträchtlich ändern. 

Die zahlreichen, von Czapek durchgeführten Bestimmungen des 
Wasserwertes ergaben für das benutzte Kapillarmanometer die besten 
Resultate bei einer Niveaudifferenz von 51,5 mm. Die Fehlergrenze 
der vorgenommenen Bestimmungen liegt bei 1 %, die Genauigkeit ist 
also bemerkenswert groß. Czapek hatte schon früher gefunden, 
daß die Gerbstoffexosmose aus den subepidermalen Blattzellen von 
Echeveria unter der Einwirkung verschiedener Alkohole bei Kon- 
zentrationen beginnt, welche dieselbe Oberflächenspannung haben. 
Solche Lösungen werden äquikapillar genannt. Die Unter- 
suchungsobjekte sind die gerbstoffreichen, unter der Oberhaut liegenden 
Blattzellen verschiedener Echeveriaarten. Mit Ammoniak, Koffein, 
Antipyrin, Pyridin, Ca(OH),, Ba(OH),, aliphatischen Aminen usw. 
sind hier Gerbstoffniederschläge zu erhalten. Befindet sich in der 
Pflanzenzelle der normale Gerbstoffgehalt (bei absterbenden oder ge- 
töteten Zellen diffundiert eine größere Menge des Gerbstoffes durch 
die veränderte Plasmamembran heraus, so daß in diesem Falle keine 
deutlichen Niederschläge zu erhalten sind), so treten mit Koffein ganz 
charakteristische, zu Ballen vereinigte Niederschlagstropfen, die Ag- 
gregationen auf; durch Zusammenfließen solcher Flüssigkeitstropfen 
entstehen eigenartige, schaumige Myelinformen. Mit Tannin treten 
die Fällungen um so leichter ein, je konzentrierter die Gerbstofflösung 
ist, und werden mit abnehmender Konzentration immer kleinertropfig, 
bis sie schließlich nur mehr als weiße (im auffallenden Licht) oder braune 
(im durchfallenden Licht) Trübung zu erkennen sind. 

Von den verwendeten Echeveriablättern (besonders geeignet ist 
die diekblätterige Echeveria Scheideckerii) trennt man mit mehreren 


398 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 


großen Schnitten von der Unterseite des Blattes mit dem Rasiermesser 
die Epidermis mit den anhaftenden Lagen von Mesophyll ab und dreht 
dann die Schnitte um, so daß die Mesophylizellen nach oben zu liegen 
kommen. Außer den Crassulaceen sind aber zur Untersuchung der 
Oberflächenspannung der Plasmahaut auch geeignet: Rosa, Oxalis, 
Paeonia (Blumenblätter), Fragaria (Blattepidermis), Pelargonium zonale 
(Haare und Epidermis), Primula sinensis (Blattepidermis), Taraxacum 
offiecinale (Wurzeln) usw. Bei Saxifraga sarmentosa, Tentakeln von 
Drosera, Epidermis von Acer bietet außer dem Gerbstoff auch noch 
der Anthokyanfarbstoff Vorteile der Beobachtung, der die Gerbstoff- 
ballen tiefrot färbt und so leicht unterscheidbar macht. Aber nicht 
nur Gerbstoffexosmose, sondern auch Exosmose von gelösten Zellsaft- 
pigmenten kann zur Beurteilung der Oberflächenspannung der Plasma- 
haut herangezogen werden, wobei man schon, wie bei der roten Rübe, 
in der Färbung des umgebenden verdünnten Alkohols ein Kriterium 
der eintretenden Exosmose besitzt, oder man beobachtet mikroskopisch 
den Zeitpunkt der Zellenentfärbung. Solche anthokyanführende Schnitte 
dürfen nicht allzulange in verdünntem Alkohol liegen, weil das zu 
sekundären Störungen Veranlassung geben kann; Schnitte aus roter 
Rübe werden in fließendem Wasser sorgfältig ausgewaschen und der 
Versuch der Abhängigkeit der Exosmose von der Oberflächenspannung 
wässeriger Alkohollösungen etwa zwölf Stunden nach der Aufstellung 
vorgeführt. 

Schnitte von Echeveriablättern läßt man in wohlverschlossenen 
Glasfläschehen in zirka 50 ccm der Lösung an lichtgeschütztem Orte 
mehrere Stunden stehen, bevor man die Bestimmung des Exosmose- 
grenzwertes vornimmt. Soll auf Koffeinreaktion z. B. bei Spirogyra 
geprüft werden, so können die Schnitte aus dem Alkohol nach kurzem 


Auswaschen in destilliertem Wasser in die Lösung (2,12 auf einen 


m 
100 
Liter) des Koffeins gebracht werden, und die Prüfung wird nach mindestens 
einstündigem Verweilen in dieser Lösung vorgenommen. Am genauesten 
arbeitet man, soweit Alkohole in Betracht kommen, mit den beiden 
Propylalkoholen, welche von Prozent zu Prozent der Konzentration 
deutliche Tensionsdifferenzen aufweisen. Der kritische 'Tensionswert 
der Alkohole schwankt für die von Üzapek untersuchten Pflanzen- 
zellen zwischen 0,68 und 0,69 der Oberflächenspannung des Wassers. 

Bei Verwendung von wässerigen Atherlösungen, wie überhaupt bei 
Flüssigkeiten niederen Siedepunktes ergibt sich in den Sommermonaten 
bei der Bestimmung der Oberflächenspannung die Schwierigkeit, daß 
infolge des großen Dampfdruckes eine Verzögerung des Durchpressens 
der Luftblase durch die Kapillare eintritt, so daß die Druckwerte zu 
hoch ausfallen. Durch leise Erschütterung des Manometers, wodurch 
die Luftblase zum Austreten gebracht wird, vermeidet man diese Fehler- 
quelle. 

Nach den Untersuchungen von Czapek beginnen alle wasser- 
löslichen und oberflächenaktiven Stoffe auf die Exosmose von Inhalt- 
stoffen lebender Pflanzenzellen in jenen Konzentrationen zu wirken, 
welche dem Tensionswerte 0,685, bezogen auf die Oberflächenspannung 
des Wassers, entspricht. Nach dem Gibbsschen Theorem finden sich 
diejenigen Stoffe, welche die Oberflächenspannung am meisten er- 
niedrigen, am reichlichsten in der äußersten Plasmaschichte. Wenn 


XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 329 


— dies ein Resultat der Üzapekschen Versuche — unabhängig 
von der chemischen Natur der betreffenden oberflächenaktiven Substanz 
jedesmal bei einer bestimmten Oberflächenspannung die abnorme Durch- 
lässigkeit der Plasmahaut auftritt, so muß die eingedrungene Flüssig- 
keit die obertlächenaktiven Stoffe der Plasmamembran verdrängt haben, 
d. h. die eingedrungene Substanz muß selbst stärker oberflächenaktiv 
sein als zum Bestandteile der Plasmahaut. Auf diese Weise 
kann man aus der kritischen Tension der betreffenden 
oberflächenaktiven Substanz, welche gerade eine 
Störung des diosmotischen Verhaltens der Plasma- 
membran hervorruft, auf die Oberflächenspannung 
der Plasmahaut schließen, ganz ebenso wie der Turgor- 
druck der lebenden Zelle durch die Konzentration der Salzlösungen 
bestimmt wird, welche auf diesen Turgordruck einwirken. Auch der 
Turgordruck ist ebenso wie die Oberflächenspannung von der chemischen 
Natur der betreffenden Stoffe weitgehend unabhängig. Die Ober- 
flächentension der Plasmahaut muß also nach den ausgeführten 
Untersuchungen sehr nahe dem Werte 0,685 der Grenzspannung des 
Wassers gegen Luft oder bei 52,37 Dynen liegen. Zur Bestimmung 
der Oberflächenspannung ist zweckmäßig eine Flüssigkeit zu wählen, 
welche wie der leicht rein erhältliche Normalpropylalkohol deutliche 
Differenzen der Oberflächenspannung bei Konzentrationsintervallen 
von 1% deutlich zeigt, ohne daß kleine Fehler in der Genauigkeit der 
hergestellten Konzentrationen allzusehr ins Gewicht fielen. Besonders 
günstige Resultate liefert auch das Äthylurethan. Die Oberflächen- 
tension des Plasmas ist ein viel konstanterer Wert als der osmotische 
Druck des Zellinnern, welcher sich durch erhebliche Änderung den 
geänderten Außenverhältnissen anzupassen imstande ist, während die 
plasmatische Oberflächenspannung sich vielmehr unter verschiedenen 
anderen Bedingungen ziemlich auf gleicher Höhe hält. 


Dieo-plasmolytische Methode ,von W. W. Le- 
pescehkin!t): Es seien zunächst die hier in Betracht kommenden 
Termini definiert. Turgor und Turgeszenz nennt man die 
Erscheinung der Straffheit der Zellen, hervorgerufen durch den inneren 
Zelldruck. Der gesamte Druck, welcher vom Zellinhalt auf die Mem- 
branen der Zelle (Zellwand oder Plasmamembranen) ausgeübt wird, 
ist als Turgordruck zu bezeichnen und wird in Atmosphären 
(1033 g auf 1 gem) ausgedrückt. Der Turgordruck ist wenigstens aus 
vier Kräften zusammengesetzt, aus dem osmotischen Druck, 
dem Zentraldruck (entstehend aus der Kohäsion der Moleküle 
des zähflüssigen Plasmas), dm QuellungsdruckdesPlasmas 
und dem osmotischen Druck der im Plasma gelösten 
Stoffe. Die beiden letzteren üben aber keinen Einfluß auf den 
Turgordruck vakuolisierter Zellen aus, weil sie gegen Zellwand und 
gegen Vakuole mit gleicher Kraft einwirken. Der Turgordruck der 
Zelle ist demnach P= p; — Pa — Pe, wobei p; = osmotischer Druck des 
Zellsaftes, p. = Druck der die Zellhaut durchtränkenden gelösten Stoffe, 
nn - Zentraldruck irgendeiner Vakuole bedeutet. Für die direkte 


1) W.W.Lepeschkin, Über den Turgordruck der vakuolisierten Zellen. 
Ber. d. deutschen bot. Ges. 26 2, 198 (1908); ders., Uber die Permeabilitätsbe- 
stimmung der Plasmamembran für gelöste Stoffe, ebenda 27, 129 (1909). 


330 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 


Bestimmung des Turgordruckes gibt es bisher keine genaue Methode, 
man muß ihn also aus den Komponenten berechnen. Der osmotische 
Druck der das Plasma umgebenden Flüssigkeit und auch der des Zell- 
saftes wird durch die Permeabilität der Plasmamembran für gelöste 
Stoffe beeinflußt. Nun ist die Permeabilität des Plasmas gerade für 
Salpeter, dessen plasmolysierende Wirkung am häufigsten für die Be- 
stimmung des Turgordruckes herangezogen wird, ziemlich groß, daher 
mußten die erhaltenen Werte des osmotischen Druckes immer mit 
Berücksichtigung dieser Permeabilität korrigiert werden. Wenn, wie 
das in der Natur meistens der Fall ist, die im Zellsatz gelösten Stoffe 
die Plasmamembran nicht so leicht durchdringen wie Salpeter, so müßte 
sich der tatsächliche osmotische Druck des Zellsaftes bei entsprechender 
Permeabilitätsänderung gerade da vermehrt haben, wo man durch 
Salpeterplasmolyse seine Verminderung feststellt. 

Der osmotische Druck ist eine Funktion der diosmotischen Eigen- 
schaften einer Membran. Wenn wir mit P den beobachteten osmotischen 
Druck einer Lösung, mit P, den osmotischen Druck derselben Lösung, 
aber in Voraussetzung der Impermeabilität der Membran für gelöste 
Stoffe, mit u eine der Permeabilität der Membran proportionale Größe 
(Permeabilitätsfaktor) bezeichnen, so ist P=P, (l—yu). Denken 
wir uns in einem Zylinder über eine Zuckerlösung reines Wasser geschichtet 
und von dieser durch eine feste, verschiebbare, absolut semipermeable 
Wand getrennt und verschieben wir diese um eine sehr kleine Strecke 
nach unten, so beträgt, wenn das Volumen, um welches der Stempel 2 
senkt wurde, mit A, bezeichnet wird, der dazu nötige Arbeitsaufwand 25 


Wäre aber die Wand für Zucker permeabel, so wäre der Lösung 2 
den Stempel nicht reines Wasser, sondern eine Zuckerlösung geringerer 
Konzentration entzogen worden, weil Zucker nach der Seite des Wassers 
hin diosmiert. Der Arbeitsaufwand wäre also in diesem Falle P le ;); 

v 


worin p den osmotischen Druck dieser entzogenen, verdünnteren Lösung 
bedeutet. Nun ist aber die Diffusionsgeschwindigkeit proportional der 
Konzentration der Lösung, von welcher aus die Diffusion stattfindet, 
also p proportional P, daher der Arbeitsaufwand P A,‘ 1 — k), wobei k 


eine Konstante bedeutet, die von der Permeabilität abhängig ist. Die 
Kraft wird dann ausgedrückt durch P, = P(1—.k). Der beobachtete 
osmotische Druck wird also wie früher durch den theoretischen Druck 
und die Permeabilität der Membran ausgedrückt. Nach der Regel 
von Arrhenius-Van t’Hoff ist der Druck von der Kon- 
zentration der Lösung, der elektrolytischen Dissoziation der gelösten 
Stoffe und der Temperatur abhängig: P = RGT[1 + (n— 1)«], worin 
R die Gaskonstante 0,0821, G die Konzentration in Grammolekülen 
pro Liter, T die absolute Temperatur, n die Ionenzahl und « der 
Dissoziationsgrad ist. Demnach ist 


P=P,(— u) = REIT + (n— 1Je](1—u). 


Die Abhängigkeit des tatsächlichen osmotischen Druckes von der 
Permeabilität der Membran für gelöste Stoffe muß sich auch am 
osmotischen Drucke des Zellsaftes und der die Zellwand durchtränkenden 
Flüssigkeit äußern, weil ja der Plasmaschlauch wohl für alle Stoffe 
mehr oder weniger permeabel ist. 


XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. sol 


Wenn man die isotonischen Koeffizienten der mittels Plasmolyse 
erhaltenen Werte mit den theoretisch berechneten vergleicht, so kann 
man den Einfluß der Plasmapermeabilität auf den osmotischen Druck 
am besten bei jenen Stoffen einschätzen, welche, wie Glyzerin, Harn- 
stoff, Salpeter, den Plasmaschlauch am leichtesten passieren. De Vries 
fand bei Glyzerin für den isotonischen Koeffizienten die Zahl 1,78, 
während der theoretische, auf Grund der Dampfspannungen von Glyzerin- 
und Zuckerlösungen berechnete Koeffizient 1,86 ist. De Vries be- 
nutzte eine Zuckerlösung von der Konzentration 0,2 Grammoleküle im 
Liter, welche eine Dampfspannungserniedrigung von 0,0168 mm zeigt. 
Die molekulare Dampfspannungserniedrigung der Glyzerinlösung 
mit der gleichen Dampfspannungserniedrigung ist 0,083 mm, daher die 


0,0168 
isotonische Konzentration der Glyzerinlösung 0.083 0,2024 Gramm- 


moleküle im Liter. Als isotonischer Koeffizient von Glyzerin ergibt 
sich, den von Zucker — 1,88 gesetzt, nach der Formel von Arrhenius 
0,2. 1,88 
0,2024 
gefundene Wert 1,7, der theoretische 1,81, für Salpeter 3, respektive 
3,38, immer werden infolge der Permeabilität der Plasmamembran die 
isotonischen Koeffizienten zu niedrig gefunden. Ist C, die Kon- 
zentration eines bestimmten plasmolysierenden Stoffes, C, die isotonische 
Konzentration eines andern, P, der gemeinsame osmotische Druck 
beider Lösungen, Impermeabilität des Plasmas vorausgesetzt. so sind 
die molekularen, osmotischen Drucke der beiden Lösungen: 


— 1,86, also derselbe wie für Zucker. Für Harnstoff ist der 


Po 
Prag = 
Cı 
P% 
Pma = 6: . 
Daher Pmı ar C, 
Pms Cr 
Bezeichnen X, und K, die theoretischen isotonischen Koeffizienten, 
5 eK 
so ist: — =, daher 
FB j 
Pmy 2 Bı 
Pm Ka 


Im Falle der Permeabilität der Plasmamembran für die beiden 
plasmolysierenden Stoffe werden andere isotonische Konzentrationen 
erhalten. Bezeichnen wir diese durch C!, und C!, und den gemeinsamen 
osmotischen Druck mit P, so ist wieder: 


Pr'ı = z 
el 
I Pr 
Pm 3 e> 
1 @] ce! Kı 
ä 2 IA: 
Pe: — n und nn — u wobei K!, und K!. 


die wirklichen isoto- Pm!;, Kt, 
nischen Koeffizienten p„!, Kt,’ 
sind 


3393 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 


Nach der früher abgeleiteten Formel ist 
Pm'ı = Pmı{l— v1); 
Pm'g = Pm; (1 — p2). 
wobei u, und u, die Permeabilitätsfaktoren sind 
RK, (l—u) 
Be nk ee 
Ist einer der ee einranden Stoffe Zucker, der nicht permeiert, 
1 


so wird u; =o undK, = Kt, = 1,88. In diesem Falle ist u, = 1— K 
Die Größe u, ist der Permeabilität proportional. Unter Permeabilität 
der Membran für einen bestimmten Stoff verstehen wir mit Lepeschkin 
das Verhältnis der Anzahl Grammoleküle dieses Stoffes, die in einer 
Stunde durch die Membran passieren zum Konzentrationsabfall, aus- 
gedrückt in Grammolekülen pro Liter. Wenn yu,>o ist, so ist 


1,88 
Mu I M, wobei M = K, (1—u,); K, ist der isotonische Ko- 


effizient von Zucker, vorausgesetzt, daß die Membran für diesen Stoff 
permeabel ist, der Permeabilitätsfaktor ist durch u, ausgedrückt. M wäre 
nahe dem Wert 1, z. B. 0,97, wenn die osmotischen Eigenschaften von 
Zucker denen des Glyzerins gleich wären. Mit Hilfe dieses Ausdrackes 
ist eine experimentelle Prüfung der Abhängigkeit des osmotischen 
Druckes von der Permeabilität des Plasmaschlauches für den plasmoly- 
sierenden Stoff möglich. 

Die Versuche wurden mit der Alge Spirogyra und Glyzerin an- 
gestellt. Die isotonischen Koeffizienten K, können für Glyzerin mit 
einer Genauigkeit von 0,002—0,005 bestimmt werden, der theoretische 
Koeffizient K läßt sich natürlich ebenso genau berechnen. Ein Spirogyra- 
faden wird durch ein Glashärchen mittels eines Gemisches von Terpentin 
und Wachs auf einem großen Deckgläschen befestigt und dasselbe über 
einen niedrigen (11, em hohen und 21, cm breiten), auf den Objekt- 
träger geklebten Glaszylinder umgekippt. Das Deckgläschen wurde 
mit dem Gemisch von Wachs und Terpentin gedichtet. In den Zylinder, 
der seitwärts einen mit Pfropfen abgeschlossenen Tubus hatte, wurde 
zunächst die Zuckerlösung bestimmter Konzentration gebracht, in der 
die Alge eine Stunde verblieb; nachdem die plasmolysierten Zellen 
gezeichnet worden waren, wurde die Zuckerlösung durch die isotonische 
Glyzerinlösung ersetzt, worin die Zellen nach 30 Minuten und nach 
2 Stunden wiederum gezeichnet wurden. 

V, = erstes Volumen 

V, = zweites % 

V, = drittes 5 

C, = Konzentration der Zuckerlösung 

( . ‚„„ Gilyzerinlösung, demnach Cx, 
d.i. die Konzentration der Glyzerinlösung, die der Zuckerkonzentration C, 


vr FI V 
V ZUR 3 i) a 
( 2 4 ar 
Vi 
Caisse 


Cx 


isotonisch ist, gleich Cz und der isotonische Ko- 


effizient von Glyzerin K, Die Permeabilität des Glyze- 


XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 333 


rins ist folgende: (Va =] ee & Grammolekül ist die Menge Glyzerin, 


die während zwei Stunden eindringt, dann ist die Permeabilität ß, die 
mittlere Oberfläche des Protoplasten mit Pq : c berechnet, 


oz 1000 P(1 & (V3 — V, (V3 + 4 = Aus den Versuchen wurde 
8 V, . v5; 


der Proportionalitätskoeffizient h aus der Gleichung h ß= u berechnet, 
wo ß die Permeabilität, „ der Permeabilitätsfaktor ist. Die Größe u 
kann aus den isotonischen Koeffizienten nach der oben angegebenen 
Formel bestimmt und aus ihr ß berechnet werden. Noch mehr als bei 
Glyzerin, wo u = 0,08 ist, beeinflußt die Permeabilität den osmotischen 
Druck der Außenlösung bei Salpeter und Kochsalz; da im Ausdruck 
h ß = u. die Größe h bei diesen beiden Stoffen größer ist als bei Glyzerin, 
lassen sich hier die isotonischen Koeffizienten noch genauer bestimmen. 


Zunächst wurde die Länge eines Spirogyrafadens in einer Zucker- 
lösung von der Konzentration 0,118 Grammoleküle im Liter und darauf 
in einer solchen von 0,16 Grammoleküle bestimmt (0,16—0,118 — 
0,042 Grammoleküle, entsprechend einer Atmosphäre), die Längenzunahme 
des Fadens pro Stunde bestimmt und die Zuckerlösung durch eine bei- 
nahe isotonische Glyzerinlösung von der Konzentration 0,19 Gramm- 
moleküle ersetzt, die Längenzunahme des Fadens infolge Glyzerin- 
endosmose und Wachstum wiederum bestimmt. Darauf die Glyzerin- 
lösung durch eine Zuckerlösung von der Konzentration 0,181 Gramm- 
moleküle ersetzt und die Längenzunahme wieder gemessen. Die Länge / 
des Fadens vergrößert sich in Glyzerin um 0,052 Teilungen des Objekt- 
trägers pro Stunde, nach den mittleren Zahlen der Versuche, das Faden- 
wachstum macht gleichzeitig 0,018 Teilungen aus, daher die Vergrößerung 
durch Glyzerinendosmose allein 0,034 Teile pro Stunde. Beim Über- 
tragen des Fadens aus der Zuckerlösung von 0,118 Grammolekülen in 
die von 0,16 Grammolekülen, also bei einer Verkleinerung des Zell- 
turgordruckes um eine Atmosphäre (s. oben), verkleinert sich derselbe 
um 0,25 Teilungen. Infolge Glyzerinendosmose vergrößert sich also 


0,25 
entspricht einer Vergrößerung der Glyzerinkonzentration in den Zellen 
um 0,0063 Grammoleküle pro Stunde. Da das Verbleiben des Fadens 
im Glyzerin fünf Stunden dauerte, so war das Konzentrationsgefälle 
bei der ersten Beobachtung c, — c, = 0,19 — 0,006 — 0,184 Gramm- 
moleküle und nach dem Verbleiben des Fadens im Glyzerin c, — (5, = 
0,19 — 0,0063 x 5 = 0,159 Grammoleküle. Das Fadenvolumen ist, 
da der innere Fadendurchmesser D — 0,28 Teilungen, die Fadenlänge — 


der Zellturgordruck um — 0,14 Atmosphäre pro Stunde: das 


2 
47,98 Teilungen beträgt, (=, !) 2.9544 kubische Teilungen des Objekt- 


trägers, d. i. 72909 - 10-19 ccm, da eine Teilung = !/,, cem ist. In 
: i 2 ; , 72909 - 10-19 - 0,0063 
einer Stunde diosmierte also in das Zellinnere — 1000.03 — 


45932 - 10-"° Grammoleküle Glyzerin, und da die Fadenoberfläche 
(r DI) 42,205 quadratische Teilungen = 77 074 * 10-7 cem ist, so ist 


334 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 


2 45 932 ° 10 F r 
die Permeabilität ß = 2 P 2 — 35 ° 10°, wobei p die 


777798072 ° 0,17 
endosmierte Glyzerinmenge, c, die Glyzerinkonzentration außerhalb, 
C, jene innerhalb der Zelle ist, und das Konzentrationsgefälle c, — C, 
nach obiger Berechnung im Mittel 0,17 Grammoleküle beträgt. 

Methode von A. Tröndle: Tröndle!) machte die Be- 
obachtung, daß Palisaden- und Schwammparenchymzellen von Schnitten 
eines Lindenblattes und anderer Objekte, die in Kochsalzlösungen von 
0,2—5 Moleküle lagen, nach zwölf Stunden noch nicht plasmolysiert, 
also für NaCl in hohem Grade permeabel waren. Während die Plasmo- 
lyse durch Kochsalz dergestalt schon nach 21,—5 Stunden völlig zurück- 
gegangen war, dauerte derselbe Vorgang bei einer annähernd gleich- 
starken Plasmolyse in Saccharose mehr als 11, Tage. Während also 
diese Zellen für Kochsalz relativ stark permeabel sind, dringt Rohrzucker 
kaum ein; diese beiden Stoffe können daher dazu dienen, eine allfällige 
Veränderung der Permeabilität für Kochsalz unter dem Einfluß der 
Belichtung festzustellen, von welchem Moment die Undurchlässigkeit 
für Saccharose unabhängig ist. 

Die Überlegung, von der Tröndle ausgeht, ist folgende: Legen 
wir einen Schnitt, in dessen Zellen der osmotische Druck P herrscht, 
in eine Kochsalzlösung, deren osmotischer Druck ebenfalls P ist, so 
tritt keine Plasmolyse ein, denn während der Versuchszeit dringt eine 
gewisse Menge NaCl in die Zellen ein, wodurch ein Teil des Außendruckes 
aufgehoben wird. Der Druck einer osmotisch höherwertigen Lösung, 
die gerade Plasmolyse bewirkt, sei P,, sie hält also, da sie eben 
Plasmolyse bewirkt, dem Zelldruck P das Gleichgewicht, übt also 
nur den Druck P aus, obwohl sie theoretisch den höheren Druck P, 
erzeugen müßte, sie hat also einen Druckverlust P,— P erlitten. 
Dieser Druckverlust, den die permeirende Lösung erleidet, ist ein Mittel 
zur Messung der Permeabilität, ein doppelt so hoher Druckverlust 
bedeutet eine doppelt so hohe Permeabilität. Nun ist der Druck P 
der Zellen nicht konstant, daher auch nicht der Druckverlust und 
wir müssen den relativen Druckverlust einführen: den wievielten 
Teil ihres theoretischen Druckes hat die NaCl-Lösung verloren, also 
den Wert PR— P =yP,, wobei P, der theoretische Druck der Koch- 
salzlösung, P,Ä,— P ihr Druckverlust und u der Druck-, respektive 
Permeabilitätskoeffizient ist. u = 1 En (1). Um u experimentell 

1 
zu bestimmen, muß der theoretische Druck P, der eben plasmolysierenden 
Kochsalzlösung und der osmotische Druck P der Zellen bekannt sein, 
der gleich ist dem Druck der eben plasmolysierenden, nicht eindringenden 
tohrzuckerlösung. Man kann aber auch, statt mit NaCl und Saccharose 
parallel zu plasmolysieren, den Permeabilitätskoeffizienten anders be- 
rechnen. Es werden die plasmolytischen Grenzkonzentrationen von 
tohrzucker und Kochsalz ermittelt. Da die beiden Lösungen isotonisch 
sind, so ist das Verhältnis der Rohrzuckerkonzentration zu der des 
Kochsalzes, wenn Kochsalz nicht eindringt, gleich dem Dissoziations- 
C-Rohrzucker 


faktor ! des Kochsalzes, also - — 1.%..'(2)\r ADeeenee 
; C-Kochsalz (2) : 


!) A.Tröndle, Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasma- 
haut. Jahrb. f. wissensch. Botanik 48, 175 (1910). 


XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. ” raB, 


wie wir gehört haben, das Plasma für NaCl permeabel ist, so tritt bei der 
Konzentration C-Kochsalz nieht Plasmolyse ein, sondern erst bei der 
höheren Konzentration C,, d. h. die Konzentration C,— NaCl übt 
nicht ihren wirklichen Druck P,, sondern nur den Druck P aus. Die 
Lösung von der Konzentration C,-NaCl hat also einen Druck- 
verlust „P, oder, mit anderen Worten, den Konzentrationsverlust 
wC,— NaCl erlitten, da Druck und Konzentration parallel gehen. 

C,-NaCl — C-NaCl = uC,-NaCl 

C -NaCl = C,-NaCl (1 —.e). 
Dieser Wert in (2) eingesetzt, ergibt: 
 G-Rohrzucker  . ie C-Rohrzucker 

Ber.) > Mae Na 


d. h. wenn die Plasmamembran für NaCl durchlässig ist, so ist der aus 
den plasmolytischen Grenzkonzentrationen von Rohrzucker und Koch- 
salz für NaCl ermittelte Dissoziationsfaktor i, identisch mit dem 
theoretischen Dissoziationsfaktor multipliziert mit 1—y. Aus (8) 


ergibt sich für den Permeabilitätskoeffizienten der Wert u — 1 SAN: 


In Tröndles Versuchen schwankte die NaCl-Konzentration zwischen 
0,6—1.1 Molekülen. Nach der FormelvonArrheniusi = 1+(k—l)a 
berechnet sich { für 0,5 Moleküle NaCl zu 1,742, für 1 Molekül zu 1,681, 
deren mittlerer Wert 1,70 für u eingesetzt wird. 


Die experimentelle Berechnung von u geschieht folgendermaßen: 
Frisch hergestellte Schnitte von derselben Stelle des gleichen Blattes 
werden in kleine Näpfe gebracht, die einerseits Kochsalz-, anderseits 
Rohrzuckerlösung enthalten, und 25 Minuten darin belassen, hierauf 
die Schnitte auf Objektträger in die gleichen Lösungen übertragen 
und die Plasmolyse mikroskopisch in der Weise verfolgt, daß zunächst 
die Kochsalzpräparate von der schwächsten bis zur stärksten Kon- 
zentration und dann ebenso die Zuckerpräparate durchmustert werden. 
Für jede Messung werden die Näpfe aus den Stammflaschen frisch 
gefüllt, nachdem sie vorher mit Wasser ausgewaschen wurden. Es 
gelangten fünf aufeinanderfolgende Kochsalz- und Zuckerkonzentrationen 
zur Verwendung, deren Differenz beim Rohrzucker 0,075 Moleküle — 
2,565 %, beim Kochsalz 0,044 Moleküle = 0,257 %, betrug, welche beiden 
Differenzen isotonisch sind, da i = 1,7 genommen wurde. Bei diesen 
Konzentrationen ist die Plasmolyse in der nächstunteren Lösung deut- 
lich schwächer, in der nächsthöheren deutlich stärker zu beobachten. 
Die Zuckerlösung muß alle 4-5 Tage, die Kochsalzlösung in entsprechend 
längeren Zeitabschnitten frisch hergestellt werden. Bei dem angewendeten 
Konzentrationsunterschied der plasmolysierenden Lösungen reagieren 
die Zellen sehr deutlich und lassen die geringste Abhebung des Proto- 
plasten erkennen, so daß die Grenzkonzentrationen sich genau fest- 
stellen lassen, welche dann angenommen werden, wenn bei den meisten 
Zellen eben leichte Plasmolyse eintritt, die bei der nächstunteren Kon- 
zentration nicht mehr, bei der nächsthöheren deutlich stärker sichtbar 
ist. Die angewendeten plasmolysierenden Lösungen gestatten die Be- 
stimmung der Grenzkonzentration mit einer Genauigkeit von 0,037 Mol. 
Saccharose — 1,282 %, und von 0,022 Molekülen NaCl = 0,128 % (= 0,22% 
Salpeter). 


336 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 


Beispiel: 
Buxus sempervirens: 
NaCl Saccharose 
Molekül 0,75 keine Plasmolyse Molekül 1,05 keine Plasmolyse 
„ 0,794 2 » 4,125 ss 
Y 0,838 schwache „, * 1,2 :schwache ‚, 
Re 0,882 etwas stärkere 1 1,275 etwas stärkere 
Plasmolyse. Plasmolyse. 
Plasmolytische Grenzkonzentration: 
NaCl 0,838 Molekül 


Saccharose 1,125 5 
I, = 1,1250,838' = 1,43 
wn—=1— nn — 0.139 — 0160 
Ka ana. a 

Um den Permeabilitätskoeffizienten „u in Salpeterwerten aus- 
zudrücken, wird die Änderung von u bestimmt, wenn während des 
Versuches nur die plasmolytische Grenzkonzentration des NaCl sich um 
einen bestimmten Betrag änderte, die des Rohrzuckers dagegen gleich 
blieb. So wurde z. B. gefunden, daß eine Änderung von 0,022 Molekülen 
NaCl eine mittlere Anderung von u — 0,0236 entspricht. Da wir 0,022 
Moleküle NaCl isotonisch setzen dürfen mit 0,022 Molekülen Salpeter 
(= 0,22 %), so entspricht einem Wert von u = 0,0236 ein Salpeter- 
wert von 0,22%. Daraus berechnet sich für u = 0,010 ein Salpeter- 
wert von 0,093 % = zirka !/,, %. Das heißt also, wenn sich bei gleich- 
bleibendem osmotischen Druck der Permeabilitätskoeffizient für NaCl 
während des Versuches um den Wert 0,01 erhöht hat, so muß man, 
um mit NaCl Plasmolyse zu bekommen, eine Konzentration nehmen, 
deren osmotischer Wert den der anfänglichen Grenzkonzentration des 
NaCl um !/,., % Nalpeter übersteigt. 

Neben den plasmolytischen Methoden gründen sich andere auf der 
Turgorspannung eines lebenden Gewebes, wobei man die Geschwindig- 
keit der Verlängerung, bzw. Verkürzung eines elastischen Gewebes in 
den betreffenden Lösungen mißt. Zur Bestimmung der Permeabilität 
eines gelösten Körpers bringt man das zweckentsprechend geformte 
Gewebestück in eine mit dem Zellinhalt isotonische oder hypertonische 
Lösung eines nicht permeierenden Körpers, z. B. Rohrzucker, wartet, 
bis er sich nicht weiter verkürzt, wechselt dann die Lösung gegen eine 
mit derselben isotonische Lösung des zu untersuchenden Stoffes aus 
und mißt die Geschwindigkeit der nun eventuell eintretenden Ver- 
längerung. Die Geschwindigkeit der Volumzunahme der Zellen ist jeden 
Moment der Beobachtung zugänglich und kann graphisch dargestellt 
werden; dabei verläuft bei Verwendung ganzer Gewebestücke Ver- 
kürzung und Ausdehnung langsam genug, um auch die Permeabilität 
schnell endosmierender Stoffe zu messen. 

H. Lundegärdh!) hat eine bei Wurzeln mit Vorteil zu ver- 
wendende Methodik ausgearbeitet. Verwendet wurden Nebenwurzeln 
von Vicia faba. Die Keimpflanzen wurden vor der Untersuchung in 
Gefäße mit Wasser gebracht und dort einige Tage belassen; dann wurde 
die Spitze mit einem Rasiermesser 10 mm hinter dem Scheitel ab- 


!) H. Lundegärdh, Kungl. Svenska ventenskapsakademiens Hand- 
lingar 47, Nr. 3, Upsala 1911. 


XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 337 


geschnitten und in den Apparat gebracht, welcher die Vorteile bietet, 
das Objekt mikroskopisch beobachten, die Ablesungen mikrometrisch 
machen und die Flüssigkeiten um das Objekt schnell wechseln zu können, 
ohne dieses selbst aus dem Gesichtsfeld zu verlieren. Zur Aufnahme 
des Objektes dient ein mit Zu- und Abflußrohr versehenes Glas- 
schälchen (Fig. 93). Dieses hat 3 cm Durchmesser, 1 cm Höhe, ist 
oben am Rande mattgeschliffen und mit zwei seitlichen Röhren 
(Z und A) am Boden versehen. In den Boden ist ein Platindraht ein- 
geschmolzen. Auf diesen Draht wird ein 
Korkstück K von 6—8 mm Höhe be- 
festigt und mit Paraffin getränkt. In 
6 mm Abstand von diesem Korkstück 
wird ein Bänkchen B von Paraffin, 
ebenfalls 6-8 mm hoch, am Boden 
am er festgeschmolzen und außerdem wird, 
a en ee um den. freien Inhalt. der Schale;mae, 

lichst zu verkleinern, ringsherum etwas 
Paraffin P gegossen. Zur genauen Temperaturbestimmung wird ein 
besonders konstruiertes Thermometer benutzt, dessen ringförmig ange- 
ordnetes Quecksilbergefäß in die Schale eingesenkt wird. Oben ist in das 
Korkstück mit einer Nadel ein enges Loch gebohrt, und hier wird das 
Objekt mittels einer eingestochenen dünnen Platinnadel befestigt, so daß 
seine Spitze auf dem Paraffinbänkchen W ruht. Während der Untersuchung 


Fig. 9%. Lundegärdhs Anordnung zur Bestimmung der plasmolytischen 
Veränderungen an Gewebestücken. 


wird ein großes Deckgläschen (24 x 32 mm) aufgelegt, jedoch so, daß 
an jeder Seite eine freie Spalte entsteht (D — Deckglas), was für das 
richtige Funktionieren beim Durchströmen der Flüssigkeit wichtig ist. 
Die Schale steht auf dem ÖObjekttische des Mikroskops und wird hier 
durch zwei Klemmen, die auf den seitlichen Röhren a liegen (Fig. 94), fest- 
gehalten. Die Röhren sind etwa 6 cm lang, die eine rechtwinklig ge- 
bogen, mit einem dreigeteilten Geißlerschen Glashahn versehen. Das 
eine Zuflußrohr desselben steht mit einem Glasbehälter für destilliertes 
Wasser in steter Verbindung (d), das andere kann mit den Behältern 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 22 


338 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 


oder Trichtern für die plasmolysierenden Agenzien und die zu unter- 
suchenden Flüssigkeiten verbunden werden (b). Das Ableitungsrohr 
der Objektschale a ist am Ende etwas aufwärts gebogen und hier 
durch eine Ligatur mit einem Glasrohre folgenden Aussehens ver- 
bunden. Das Rohr besitzt eine seitliche Ausbuchtung und am 
Scheitel dieser Ausbuchtung ein Loch von zirka 3 mm Durchmesser; 
das Loch c ist nach unten gerichtet und liegt etwas niedriger als 
der Rand des Objektschälchens; unter dem Loch ist ein Trichterrohr 
befestigt, das zu einem am Fußboden befindlichen Ableitungsgefäß 
führt. Wird die Öffnung mit dem Finger oder mit Kautschuk ver- 
schlossen, so geht die Ableitung durch das Rohr f zum Gefäße e, das 
mit f Juftdicht verbunden und mit Glashahn versehen ist; ist dieser 
geöffnet, dann entleert sich a sehr schnell. Das Röhrchen c dient dazu, 
die Flüssigkeiten zu wechseln, ohne daß das Objekt der Luft ausgesetzt 
wird. Wenn nämlich durch den Hahn 9 Flüssigkeit langsam nach a 
strömt, wird sie, sobald die Schale voll ist, bei c hinaustropfen. Bei 
richtiger Niveauregulierung dieser Öffnung kann man es so einrichten, 
daß a immer voll ist, ob Flüssigkeit durchströmt oder nicht; das Be- 
wirkende sind dabei Verhältnisse der Öberflächenspannung und aus 
diesem Grunde darf das Deckglas die Öffnung der Schale nicht voll- 
ständig bedecken. Man kann dadurch die Flüssigkeit in a schnell und 
doch sanft wechseln lassen und auch ein kontinuierliches Durchströmen 
bewirken, dessen Schnelligkeit an der Anzahl der in der Minute fallenden 
Tropfen gemessen werden kann. Bevor die Wurzelstücke in den Apparat 
kommen, werden sie mit Marken versehen, damit die Volumveränderungen 
bequem abgelesen werden können. Dazu kann man durch Glühen von 
Eisenoxalat hergestelltes, fein verteiltes Eisenoxyd oder auch Kienruß 
verwenden. 

Die abgeschnittenen Wurzelenden bieten den Vorteil einer kleinen 
Wurzelfläche, deren besondere Permeabilität man bei vergleichenden 
Versuchen mit demselben Objekt vernachlässigen kann. Beim An- 
bringen der Marken läßt man 1 mm Länge an der Spitze und 2 mm 
am Basalteil außer Betracht. Die Ergebnisse fallen wesentlich ver- 
schieden aus, je nachdem die Permeabilität, z. B. für Wasser, erhöht 
oder erniedrigt wird. Eine Erniedrigung der Permeabilität der äußersten, 
Zellschichten verlangsamt nämlich die Wasserbewegung ungemein, 
während eine entsprechende Erhöhung der Permeabilität in derselben 
Schicht nur einen geringen Einfluß auf das Resultat hat. Bei nur 
kurzer Einwirkung der permeabilitätsändernden Substanz kann man 
also eine geringe Erhöhung der Durchlässigkeit kaum, eine Er- 
niedrigung dagegen sofort nachweisen. Ein weiterer Übelstand 
liegt in den individuellen Schwankungen, die quantitative Unterschiede 
setzen, so daß aus einer unter denselben Bedingungen ausgeführten 
Bestimmung ein Mittelwert gezogen werden muß, mit dem die übrigen 
Versuchsergebnisse derselben Reihe zu vergleichen sind. 

Die Permeabilität wird nun so bestimmt, daß man die Volumver- 
änderung mikrometrisch abliest, d. h. den Abstand zwischen den künst- 
lichen Marken (oder der Marke an der Spitze und der Platinnadel) von 
Zeit zu Zeit bestimmt. Die in Mikrometerwerten ausgedrückten Volum- 
änderungen können nicht ohne weiteres für die graphische Darstellung 
benutzt werden, da ja der Initialabstand der Marken nicht immer gleich 
ist, sondern man drückt etwa die Volumänderungen in Prozenten der 


XVIIL. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 339 


beobachteten Turgordehnung (bei hypotonischen Lösungen) aus und 
hat so ein vergleichbares Maß, das auf die Ordinate aufgetragen wird, 
während die Zeitintervalle auf der Abszisse Platz finden. 

Da die Permeabilität proportional ist der Kontraktionsgeschwindig- 
keit, so verhält sich die Permeabilität der Kontraktionszeit gegenüber 
umgekehrt proportional. Stellen wir alle Versuche einer Reihe unter 
denselben Bedingungen an, vergleichen wir also übereinstimmende oder 
analoge Vorgänge, so sind die Volumveränderungen gleich groß den 
durchtretenden Flüssigkeitsmengen. Betrachten wir die Durchtritts- 
geschwindigkeit reinen Wassers. Wir haben also das Objekt in ein 
wasserentziehendes Medium gebracht. Die Verkürzung des Objektes 
geht anfangs am schnellsten vor sich, denn die elastische Dehnung der 
Zellwände ist anfangs groß, um bei fortschreitender Kontraktion immer 
kleiner zu werden, während die Konzentration des Zellsaftes fortgesetzt 
steigt. Die treibenden Kräfte für den Wasserdurchtritt werden also 
allmählich kleiner, die Volumänderung in der Zeiteinheit verringert 
sich und wird bei völliger Entspannung der Zellwand gleich Null. Die 
Kurve verläuft also anfangs steil und verflacht sich dann. Da die Zeit 
des Beginnes und des Endpunktes der Verkürzung schwieriger zu be- 
stimmen sind als dazwischenliegende Zeiten, empfiehlt es sich, beim 
zahlenmäßigen Darstellen nicht jene, sondern diese ins Auge zu fassen; 
denn der Wechsel der Flüssigkeiten in der Objektschale kann niemals 
augenblicklich geschehen, die Objekte sind von einer ungleichmäßig 
dicken Schleimschichte überzogen, der Abstand zwischen den Marken 
kann verschoben werden und endlich werden die Volumveränderungen 
gegen Ende des Versuches sehr klein. Würden also nur Anfangs- und 
Endpunkte bestimmt, so würde die Sicherheit der Ergebnisse leiden, 
und zwar desto mehr, je größer die Permeabilität und je kürzer die 
Versuchsdauer ist. Zweckmäßig wählt man nicht die Dauer der ganzen 
Verkürzung zum Vergleich, sondern die zwischen 25 und 75% der 
Turgordehnung verstrichene Zeit, welcher Mittelzeit die Permeabilität 
indirekt proportional ist. Die Ablesungen sollen nicht zu schnell auf- 
einanderfolgend gemacht werden, denn Verkürzung oder Verlängerung 
verlaufen nicht völlig regelmäßig. Immerhin muß man, wenn es sich 
um Permeabilität von Wasser handelt, Ablesungen nach Sekunden, 
jedenfalls Bruchteilen von Minuten machen, da hier die Volumver- 
änderungen sehr rasch vonstatten gehen. Im allgemeinen ist es zu 
empfehlen, entweder ganze Mikrometerintervalle oder ganze Zeitintervalle 
zu wählen und danach die Zeit- oder Mikrometerablesungen anzupassen !). 


XVII. Anwendung von Adsorption und Kapillarität 
zur biochemifchen Analyse. 


Adsorptionsmethode von A. Tswett?): Viele Farb- 
stoffe und farblosen Verbindungen, die in Petroläther, Benzol, Xylol, 
Tetrachlorkohlenstoff, Schwefelkohlenstoff löslich sind, werden aus den 
entsprechenden Lösungen durch pulverförmige Körper physikalisch 

1) Den Abschnitten XVI, XVII, XVIII sind meine gleichnamigen Beiträge 
aus Abderhaldens ‚„Biochemische Arbeitsmethoden‘ zugrunde gelegt. 

:) A. Tswett, Ber. d. d. bot. Ges. 24, 316, 384 (1906). 


22 * 


340 XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 


niedergeschlagen, indem eine Menge des gelösten Körpers an der Ober- 
fläche der festen Partikelchen adsorbiert, d. h. kondensiert wird. Die 
Verteilung des Stoffes zwischen dem Lösungsmittel und dem Adsorbator 
gehorcht nicht dem Henryschen Gesetz und der Verteilungskoeffizient 
ist von der Konzentration abhängig; für einige gelöste Stoffe und 
Lösungsmittel wird dieser Koeffizient unendlich klein und der gelöste 
Stoff wird dann vollständig niedergerissen, kann durch das reine Lösungs- 
mittel nicht ausgewaschen werden. Aus ihren Adsorptionsverbindungen 
lassen sich die Stoffe durch Alkohol, Äther, Azeton, Chloroform be- 
freien. Ein Adsorbator, welcher mit einem Körper gesättigt ist, ver- 
mag noch von einem zweiten eine kleine Menge aufzunehmen, wobei 
Substitutionen eintreten können. EsgibteineAdsorptionsreihe, 
welche vom Lösungsmittel abhängig ist. So wird z. B. aus petrol- 
ätherischer Lösung Chlorophyll festgehalten durch: einfache Körper 
(S, Si, Zn, Fe, Al, Pb, Sb), Oxyde (SiO,, MgO, MnO,, PbO, Sb,O,, 
Fe,0,, Ag,0. HgO, U,0,), Hydroxyde (B(OH),, NaOH, Ba(OH),, 
AI(OH),), anorganische Chloride (NaCl, KCl, NH,Cl, CaCl,, MgCl,, 
AIC1,, FeCl,, CoCl,, CuCl,, HgCl,), Chlorate (KC1O,), KBr, KJO,, 
KNO,, Ca(NO,),, Ba (NO,),, Phosphate, Sulfide, Sulfite, Sulfate, Kar- 
bonate, Silikate, ferner KMnO,, K,Fe(CN),, K,Fe(CN),,, Oxalsäure, Wein- 
säure, Zitronensäure, Chinasäure, Gerbsäure, Harnsäure, Pikrinsäure, 
Phenolphthalein, Oxalate, Azetate, Harnstoff, Asparagin, höhere Alko- 
hole und Kohlehydrate (Mannit, Dulzit, Saccharose, Galaktose, Inulin, 
Dextrin, Amylose), Ovalbumin, Pepton, Hämoglobin, Chloralhydrat, 
Hydrochinon, Resorzin, Pyrogallol, Anilinfarbstoffe, Knochenkohle, 
Ackererde, Kieselguhr usw. 

Wird eine Chlorophylllösung durch eine Säule eines Adsorptions- 
mittels durchgeschickt (am besten verwendet man im Trockenschrank 
getrocknetes CaCO,, das in Filterröhrehen möglichst gleichmäßig fest- 
gestampft wird, wie man sie bei der gravimetrischen Zuckerbestimmung 
verwendet), so werden die Farbstoffe, gemäß der Adsorptionsreihe von 
oben nach unten in verschieden gefärbten Zonen auseinandergelegt, 
indem die stärker adsorbierten Farbstoffe die anderen weiter nach unten 
verdrängen, die weniger intensiv zurückgehalten werden. Die Zonen 
grenzen sich viel schärfer gegeneinander ab, wenn man nach beendeter 
Filtration einen Strom des reinen Lösungsmittels durch den Adsorbator 
gehen läßt. Die Komponenten eines Farbstoffgemisches werden der- 
gestalt auseinandergelegt und lassen sich nachher qualitativ und quan- 
titativ bestimmen. Ein solches Präparat heißt Chromatogramm 
und die Methode die chromatographische. Außer Petroläther eignen 
sich auch Benzol, Xylol, Toluol und besonders Schwefelkohlenstoff 
als Lösungsmittel. Außer Chlorophyllösungen wurden chromatographisch 
schon Lezithin, Alkannin, Prodigiosin, Sudan, Cyanin, Solanorubin 
untersucht. 

Sehr wichtig ist, daß das Lösungsmittel nicht durch Wasser, Alkohol 
und dergleichen verunreinigt sei. Nehmen wir das Beispiel des Chloro- 
phylis, so löst sich dieses Farbstoffgemisch wohl in Alkohol oder Ather 
mit tiefgrüner Farbe, Petroläther, Schwefelkohlenstoff usw. aber liefern 
immer mehr oder weniger gelbliche Extrakte. Wenn aber das Blatt- 
material vorher mit Alkohol durchtränkt wurde, liefern auch die eben 
genannten Lösungsmittel sattgrüne Auszüge. Der Petroläther soll etwa 
10 %, Alkohol enthalten. Nun wird die grüne Lösung mehrmals mit 


X VIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 341 


dem doppelten Volumen Wasser im Scheidetrichter unter fortwährendem 
Umschütteln ausgewaschen. Der Alkohol geht vollständig ins Wasser 
und wird aus dem Petroläther so entfernt. Nachdem eine Trocknung 
des Extraktes über CaCl, vorgenommen wurde, filtriert man über dem 
Adsorbator, wobei man das Chromatogramm erhält, während Karotin 
als gelbe (aus Schwefelkohlenstoff als rosa gefärbte) Lösung durch- 
geht. 

Die mit dem Manometer M (Fig. 95) versehene Dreiliterflasche R 
dient als Druckreservoir, in welchem durch die Röhre D mittels der 
Gummibirne P ein gewisser Luftdruck hergestellt werden kann. P 
ist mittels des Quetschhahnes Q von dem Rest des Apparates luftdicht 
abschließbar. Die Röhre D dient als Druckverteiler; sie ist mit einer 
Anzahl röhrenförmiger Ansätze versehen, an welche die eigentlichen 
Filtrationsvorrichtungen zu befestigen sind. Dazu verwende ich zylin- 
drische Filterröhrchen, wie sie bei der gravimetrischen Zucker- 
bestimmung angewandt werden, welche wie diese in einen schmäleren Teil 
auslaufen. Ein ausgebauchtes Filtrationsreservoir r dazu zu verwenden, 
wie es Tswett tut, hat sich bei meinen Untersuchungen wegen des 


Fig. 95. Chromatographische Anordnung nach Tswett. 


schweren Hinausschiebens des Adsorbators zwecks Analyse der einzelnen 
Farbstoffkomponenten als weniger zweckmäßig erwiesen. Das Fil- 
trationstrichterchen wird mit dem Druckverteiler D mittels eines fest- 
schließenden Pfropfens in Verbindung gesetzt, durch den eine Glas- 
röhre mit Gummiansatz zieht, wodurch das Filterröhrchen mittels 
Quetschhahnes beliebig vom Druckreservoir abgetrennt oder mit diesem 
in Verbindung gesetzt werden kann. Bequemer ist es, für größere Farb- 
stoffmengen das größer gewählte Filterrohr in den Hals einer Saug- 
flasche zu montieren und mittels der Luftpumpe durchzusaugen. Frisch 
gefälltes, äußerst feinpulveriges Kalziumkarbonat ist als Adsorbens 
besonders zu empfehlen, ebenso Saccharose. Es wird zwei Stunden bei 
150 ° getrocknet, dann auf den Grund der Adsorptionsröhre ein dichter _ 
Wattepfropf eingepreßt, dann in dünnen Schichten das Pulver auf- 
gestreut und mit einem genau passenden Glaspistill sorgfältig fest- 
gestampft. Je homogener die Schicht des Adsorbens ausgefallen ist, 
desto schöner wird das Chromatogramm; die Höhe soll etwa 5—6 cm 
betragen. Dann wird eine Durchtränkung der Säule mit dem reinen 
Lösungsmittel vorgenommen; wird das unterlassen, so kommt es beim 
Filtrieren vor, daß sich die oberen Schichten des Adsorbens abheben 
und Luftblasen die regelmäßige Textur des Chromatogramms_ be- 
einträchtigen. Das Filtrieren im kleinen wird unter einem Über- 


342 XVILI. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 


druck von 250 bis 300 mm, das der größeren Röhren bei voller Kraft 
der Wasserstrahlpumpe vorgenommen. 


Nach Aufgießen der Farbstofflösung läßt man einen Strom des 
reinen Lösungsmittels folgen, wodurch das Chromatogramm sich aus- 
breitet und verschärft. Nicht adsorbirte Stoffe werden herausgeschwemmt. 
Andere wieder wandern ringförmig durch und können für sich auf- 
gefangen werden. Nach beendeter Filtration wird durch Absaugen der 
Überschuß des Lösungsmittels entfernt und die Farbsäule sorgfältig 
hinausgeschoben, um dann durch das Messer vorsichtig in feine Be- 
standteile getrennt zu werden. 


Chromogramm-Methode von J. Grüß zur Analyse von 
Enzymen!t): Auf ausgespanntes schwedisches Filtrierpapier bringt man 
zunächst einen Wasserring, d. h. man feuchtet eine ringförmige Zone 
gleichmäßig an (durch Aufdrücken von angefeuchtetem, um eine Glas- 
röhre gelegtem Filtrierpapier). In das Zentrum bringt man z. B. zwei 
Tropfen einer mit HgCl, und NiCl, gesättigten Lösung, die alsbald mit 
dem Wasserring in Berührung kommen und denselben nach außen drängen. 
Der Vorgang, der im dampfgesättigten Raume stattfinden muß und bei 
veränderlichen Körpern noch unter Wasserstoff, kommt schließlich zur 
Ruhe. Alsdann zerschneidet man das Kapillarisationsfeld in Sektoren, 
die man auf Fließpapier bringt, welches man mit den verschiedenen 
Reagenzlösungen getränkt hat. Nach der Einwirkung fügt man die 
Sektoren zum Chromogramm wieder zusammen, auf welchem dann 
verschiedene Zonen sichtbar geworden sind. Als Indikatoren kann man 
K,Fe(CN), und JK verwenden. Auf dem Chromogramm erscheinen 
dann zwei Zonen: die äußere ist blaugrün, enthält das Nickelsalz und 
hat eine Breite von 8 mm; die innere, zentrale Zone ist rot. enthält das 
Quecksilbersalz und hat einen Durchmesser von 7—-7,5 cm, die Breite 
der äußeren Zone ist ohne Wasserring nur 2 mm. 


Die mit ein wenig Toluolwasser verdünnte Masse einer obergärigen 
Hefe, die mit Glaspulver und Glyzerin zerrieben worden war, wurde in 
der Weise in das Zentrum des Wasserringes gegeben, daß die einzelnen 
Tropfen nacheinander auffielen. Nachdem unter Wasserstoff sich 
ein Kapillarisationsfeld ausgebildet hatte, wurde auf demselben die 
Oxydasereaktion mit Guajak und H,O, hervorgerufen, wodurch ein 
weißes Feld mit violetten Ringen entstand. Die Hefe enthielt demnach 
Oxydase und Hydrogenase, welche H,O, spalten. Die violetten Ringe 
entsprechen den einzelnen Tropfen. Ein ähnliches Feld, aber mit ein- 
facher Ringbildung, wurde mit Schwefelblumen gleichmäßig bestäubt 
und dann halbiert. Die eine Hälfte wurde mit Toluolwasser, das zirka 
10 % Glukose enthielt, das andere ohne Glukose angefeuchtet. Beide 
wurden mit in Bleizuckerlösung getränktem Papier, das auf einer Glas- 
platte haftete, in 1 mm Entfernung zum Auffangen des H,S überdeckt 
und kamen in Wasserstoff. Nach 24 Stunden war die Glukosehälfte 
des Bleipapiers weit mehr geschwärzt, hier war daher durch die Hydro- 
genase viel mehr H,S geliefert worden. Das vollständige Chromogramm, 
das man vom Zellsaft obergäriger Hefen erhalten kann, zeigt von außen 
nach innen die in den einzelnen Zonen bestehende Enzymwirkung an: Per- 


1) J. Grüß, Ber. d. deutschen bot. Ges. 26a, 191, 620 (1908), 27, 313 
(1909). 


XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 343 


oxydase, Hydrogenase, Oxydase, Invertase, Zymase, welche letztere 
auch stark reduzierende Eigenschaften besitzt. Die Enzyme können 
also durch gleichzeitige Kapillaritäts- und Diffusionswirkung von- 
einander getrennt, nebeneinander in ihrer Wirkung beobachtet und 
verglichen werden. 

Beispiel der Cytase: Die herauspräparierten und sogleich 
unter Wasserstoff aufbewahrten Endosperme von Gramineen werden 
mit einigen Tropfen Glyzerin zerrieben und die Masse auf ausgespanntes 
Filtrierpapier in einem Wasserring unter Wasserstoff gegeben. Wenn 
sich das Kapillarisationsfeld nicht mehr ausbreitet, sucht man mittels 
einer mit Guajak und H,O, befeuchteten Rolle Filtrierpapier die Rand- 
linie zu markieren, die jedoch meistens ohnedies hervortritt. Man schneidet 
diese Randlinie in einer Breite von zirka 1 mm aus und schichtet Stücke 
derselben auf einem großen Deckglas spaltförmig zusammen. In den 
schmalen Zwischenraum bringt man die Testobjekte, also ausgewaschene 
dünne Schnitte aus den Kotyledonen der Lupine und Stärkekörner. 
Man läßt nun von der äußeren Seite der Papierstreifen ber je 1—2 Tropfen 
Thymolwasser hinzufließen und kittet dann das so beschickte Deck- 
gläschen mittels Vaseline auf den hohlen Glasklotz, der einige Tropfen 
Wasser mit Thymol oder Toluol enthält. Nach 48 Stunden kann man 
unter dem Mikroskop sowohl die Lösung der Hemizellulose als auch die 
Korrosion der Stärkekörner beobachten. 


Beispiel der Oxydase: Die zerschnittenen Endknospen 
der jungen Triebe von Pteris aquilina werden mit Wasser ausgepreßt. 
Man bringt einige Tropfen des unter Druck filtrierten, mit Thymolwasser 
verdünnten Preßsaftes auf den Kapillarisator und behandelt das Feld 
mit Guajak und H,0,; es wird blau mit einer stärker gefärbten Mittel- 
fläche, umgeben von einer weißen Zone, die von einer intensiv blauen 
Randlinie begrenzt wird. Diese ungefärbte, weißbleibende Randzone 
enthält eine Antioxydase; dann untersucht man ein Kapillarisations- 
feld mit Ursoltartratlösung und H,O,, so erhält man eine weiße Kreis- 
fläche mit schwach dunkler, schieferfarbiger Randlinie, während unter- 
halb derselben die gelbbraune Färbung infolge Autoxydation erscheint. 
Verwendet man zur Kapillarisation einen an der Luft dunkel gewordenen 
Extrakt, so kann man sehen, daß der braune Farbstoff gleichfalls bis 
in die äußerste Randlinie vorgerückt ist, woraus man schließen kann, 
daß sich die Oxydase durch Autoxydation selbst verfärbt oder aber, 
daß sich Oxydase und Farbstoff in einer Bindung vorfinden, die durch 
Kapillarisation nicht getrennt werden kann. 

Bringt man den alkalisch gemachten, braun gewordenen Extrakt 
auf den Kapillarisator und das sich bildende Feld, bevor es seine end- 
gültige Ausdehnung erlangt hat, in Essigsäuredampf, so tritt eine Fällung 
des Farbstoffes ein und die oxydierenden Enzyme kristallisieren über 
die Farbstoffgrenze hinaus. Nimmt man dann die Essigsäure durch 
Ammoniakdampf weg, so kann man durch entsprechende Reaktionen 
Oxydase und Peroxydase nachweisen. 


Quantitative Bestimmungvon Säurenund Al- 
kalien durch Kapillarität:!) Zieht man auf einem Fließ- 


1) J. Holmgren, Zeitschr. f. Kolloide IV, 219; Biochem. Zeitschr., 
Heft 3, 4 (1908); Zd. H. Skraup, Sitz.-Ber. d. kaiserl. Akad. d. Wissensch. 
Wien, 118,(1909). 


344 XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse; 


papier Striche mit Kongolösung, läßt dann in der Mitte aus einer kapil- 
laren Pipette die zu untersuchende Säure ausfließen und mißt den 
Durchmesser der zwei Kreise, die sich nach einiger Zeit bleibend ein- 
stellen, nämlich des durch das Reagens gefärbten und des anderen 
farblosen, durch reines, kapillar aufgezogenes Wasser gebildeten Kreises, 
so hat der innere Kreis den Kongostrich gebläut, der feuchte Ring um 
diesen jedoch nicht und dessen äußere Begrenzung gibt die Strecke an, 
bis zu der das Wasser gedrungen ist, während der innere Ring angibt, 
bis wohin die Säure gedrungen ist. Holmgren hat für die quantitative 
2 
Bestimmung die Formel aufgestellt: P=K. en, wo P der Prozent- 
gehalt der untersuchten Säure, r der Halbmesser des ‚sauren‘, R jener 
des ‚feuchten‘ Kreises und K die Konstante der benutzten Papier- 
sorte ist, welche man durch einen Versuch mit einer Säure bekannter 
Konzentration ermittelt. Man kann ebensogut die Adsorption in Längs- 
streifen von Indikatorpapier verwenden, die man in die zu untersuchende 
Lösung taucht, wobei man nicht die Steighöhen, sondern deren Quadrate 
in Rechnung zieht, also die Holmgrensche Formel auch hier verwendet. 
Die Konstante für das Holmgrensche Papier ist bei . . 5 HCl 0,20, 
0,30, 0,32, bei der Absorption in Streifen 0,37, 0,30, 0,44. Läßt man 
HCl, HNO,, H,SO , in äquivalenten Konzentrationen aufsteigen, so findet 
man gar keinen Unterschied bei diesen stark dissoziierten Säuren. 
Die Steighöhe, bis zu welcher bei Lackmus- oder Kongopapier 
Farbenänderung eingetreten war, betrug, wenn das Wasser 100 mm auf- 
gestiegen war: 


re N n n N 

5 10 20 100 
Balzsaurer. 95 sl 70 55 19 
Bromwasserstoffsäure . . . . . _— — 75 St 21 
Jodwasserstoffsäure . . . .. . — — 67 54 21 
Salpetersäure . .. . 2» .... % | — 68 54 21 
Schwelsläure. “0 srmalie, ar 97 | — 65 56 19 
Nabronlauee.; "ne ee. Mike 94 — 75 66 50 
IEEHRUGON een SE 97 — 73 63 48 
Auktumiprualen. 0. al en ur — — 78 85 50 
Aihrlamm, sa Fran — — 87 83 59 
RC. 94 — 70 b3 18 
Ameischsäute 7... Ha A ne — — — — — 
En EN _ _ 87 75 39 
Peothörsanter. Wr A. ee — —, hu.’ BB 37 
Valetiausäure ehr 2 a — — 85 | B— 
Berusteinsäure. „e.. . „00“ — _— 90 87 53 
ZIETONENEATTE N er ee or pie — _ 839 712 39 
Wemsaurer Sm TE _— — 79 65 23 


Starke Alkalielektrolyten verhalten sich also bei größerer Kon- 
zentration wie starke Mineralsäuren, bei verdünnten sind die Steig- 
höhen größer; bei schwachen Elektrolyten sind die Steighöhen auch 
wieder größer als bei äquivalenten Lösungen starker Elektrolyte. 

Bei Salzen läßt sich auch die mit fortschreitender Verdünnung 
steigende Hydrolyse erkennen. 

Biologische Methoden von J. Szücs zur quan- 


XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 345 


titativen Bestimmung basischer und sauerer Farbstoffel): 
Szücs hat gefunden, daß bei Gegenwart von sauren Farbstoffen 
die Aufnahme von basischen Farbstoffen in das Plasma gehemmt wird, 
indem sich saure und basische Farbstoffe zu salzartigen Verbindungen 
vereinigen, für welche die Plasmahaut impermeabel ist. Als Versuchs- 
objekt dienten Spirogyrafäden und die Würzelchen von Lemna minor, 
als diffundierende Farbstoffe Neutralrot, Methylviolett und Kongo- 
rot. Es sei eine Tabelle wiedergegeben (Tabelle XIII der Original- 
abhandlung): 


Die letzte experimentell bestimmte 


Konzentration des Konzentration des Kon gorots, Konzentration 
Methylvioletts | die noch nicht hinreicht, den Ein- des Kongorots 
in % tritt des Methylvioletts bis auf in % 
10 Minuten herauszuschieben 
0,00025 0,0001 0,00012 
0,0005 0,00024 0,00028 
0,001 0,00052 0,00056 
0,002 0,00108 0,00112 
0,004 0,00212 0,00224 


Die hemmende Konzentration des sauren Farbstoffes steigt also 
streng proportional mit der Konzentration des basischen Farbstoffes, 


Kongorots 


en 


in Prozent 


Konzentration des 


Konzentration des Methylvioletts in Prozenten 
0,0005 0,002 


Be ER ea je = ii rer ren ERENEES | 
5 Ag a Br a are ENSE Tag UT MR: RUN KEN ae rag Wang zer hear 0 


0,00025 0,001 


was aus obiger Zeichnung noch deutlicher wird. Die verwendeten 
Spirogyrafäden müssen, sollen die Versuche untereinander vergleichbar 
sein, von derselben Art sein und von demselben Fundort stammen. 
Die Fäden werden in destilliertem Wasser sorgfältig abgewaschen und 
je nach der Empfindlichkeit der Art 5 Minuten bis eine Stunde darin 
belassen, die ausgewaschenen Fäden mittels eines am Ende gebogenen 
Platindrahtes in die betreffende Farbstofflösung gehängt und die Farbstoff- 
lösung während des Versuches beständig in Bewegung gehalten. Nach 
einer bestimmten Zeit werden die Fäden aus der Farbstofflösung heraus- 

1) J. Szücs, Studien über Protoplasmapermeabilität, Sitz.-Ber. d. kais. 
Akademie d. Wiss. Wien, 119 (1910). 


346 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


gehoben und in eine hypertonische Ca(NO,),-Lösung übertragen: da- 
durch wird der in der Zellulosemembran gespeicherte Farbstoff ent- 
fernt, die weitere Farbstoffdiffusion verhindert. Im Unterlassungsfalle 
bleibt in der Zellulosemembran eine bestimmte Menge des Farbstoffes, 
die nach dem Herausheben des Fadens aus der Farblösung noch eine 
unbestimmte Zeit hindurch weiter in die Zelle diffundiert. Durch das 
Eintauchen in die Elektrolytlösung kann man aber den Diffusionsprozeß 
nach beliebiger Versuchszeit praktisch momentan abbrechen. Die 
Versuchszeit wird mit der Stoppuhr gemessen. Bei Lemna wurden die 
Wurzeln abgeschnitten, die entwurzelten Exemplare auf nasse Garten- 
erde in Glaswannen gelegt. Die Kalyptrazellen der regenerierten jungen 
Wurzeln dienten als Versuchsobjekte. 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


Daß die grüne Pflanze atmet, d. h. wie jeder andere höhere Orga- 
nismus durch Oxydation von Körperstoffen die für ihren Lebensbetrieb 
erforderliche Energie gewinnt, ist für den Physiologen selbstverständlich, 
und doch können wir namentlich in ausgezeichneten Lehrbüchern der 
Chemie, auch in ganz modernen, Bemerkungen wie die folgende finden: 
„Auch die Pflanzen nehmen Luft auf; während aber die Tiere aus letzterer 
einen Teil ihres Sauerstoffs aufnehmen und für die Zwecke ihres Lebens 
verwenden und dafür Kohlenoxyd an die Luft abgeben, ist das Ver- 
hältnis bei den im Sonnenlichte atmenden Pflanzen ein umgekehrtes; 
sie nehmen nämlich aus der Luft vornehmlich Kohlensäure auf und 
geben Sauerstoff ab. Sie geben also gewissermaßen der Luft denjenigen 
Sauerstoff, welchen ihr die Tiere und die brennenden Körper entziehen, 
wieder zurück. Dies gilt aber nur von den grünen Pflanzenteilen im 
Lichte, die Atmung der Blüten ist der tierischen Atmung analog, und 
im Dunkeln nehmen sogar die grünen Pflanzenteile Sauerstoff aus der 
Luft auf, aber so langsam, daß nur ein Bruchteil der am Tage von einer 
Pflanze produzierten Sauerstoffmenge in der Nacht wieder von ihr 
verzehrt wird.‘‘ı) Wie man sieht, liegt hier eine und, wie gesagt, selbst 
unter Naturhistorikern anderer Disziplinen sehr verbreitete Verwechslung 
von Sauerstoffatmung und Kohlensäureassimilation vor. Während die 
Assimilation nur im Lichte vor sich geht und ihr Gaswechsel in der 
Absorption von Kohlensäure und Abgabe eines der Formation von 
Kohlehydraten entsprechenden gleichgroßen Sauerstoffvolumens be- 
steht, wird bei der Atmung bei Tag und bei Nacht Sauerstoff auf- 
genommen und Kohlensäure dafür abgegeben. Das Verhältnis der ab- 
gegebenen Kohlensäure zum aufgenommenen Sauerstoff ist natürlich von 
der Art des Verbrennungsmaterials abhängig; so ist der Atmungs- 


koeffizient n bei der Verbrennung von Kohlehydraten gleich 1, 


2 
bei der Atmung keimender Fettsamen, also bei der Verbrennung eines 
Materials, welches viel sauerstoffärmer ist als die Kohlehydrate, bleibt 
er stark unterhalb 1, da relativ viel mehr Sauerstoff aufgenommen 
werden muß; werden aber Fettsamen auf Rohrzuckerlösungen kultiviert, 


')H. Erdmann, Lehrbuch der anorganischen Chemie. Braunschweig 
1910, S. 95. 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 347 


wie das in den Versuchen von Pol wzow geschah, so wird der Zucker 
als Atmungsmaterial dem Fett vorgezogen und der Atmungskoeffizient 
nähert sich 1. Umgekehrt ist es beim Reifen von Früchten mit fett- 
haltigen Samen, also bei der Ablagerung des Reservefettes, das sich 
aus den Kohlehydraten der Assimilation bildet, wobei der überschüssige 
Sauerstoff abgegeben werden muß; es tritt also eine vermehrte Kohlen- 


dioxydabgabe ohne entsprechende Sauerstoffaufnahme ein und 2 >12; 


(0) 
so wurden von reifenden Mohnfrüchten in Versuchen Godle — skis 
23,72 cem Sauerstoff absorbiert und 32,62 cem Kohlendioxyd dafür 


i 8) e 
abgeschieden, daher 0,” 1,5 > 1. Übrigens bleibt das Verhältnis es 
2 2 


während der Entwicklung der Pflanze überhaupt nicht konstant, ist 
auch bei Stärkepflanzen nur in den ersten Keimungsstadien 1, wird 
aber mit steigender Wachstumsgeschwindigkeit immer kleiner; auch 
Palladin fand bei herausgeschnittenen wachsenden Internodien ver- 


schiedener Pflanzen ne 1, wachsende Organe absorbieren also einen 
> 
ÜberschußvonSauer- 
stoff; je kräftiger die 
Pflanze wächst, desto 
ausgiebiger ist ihre 
 Sauerstoffabsorption 
und Kohlensäureaus- 
scheidung. Ebenso 
wie es eine Wachs- 
tumskurve gibt, in 
welcher sich das an- : 
fangs langsame, dann ne a ER A a z ee ae IE 
g. 6. Atmung: ac au: : anzenphysiol. 


immer schneller wer- Praktikum p. 137. 
dend bi . Kohlendioxydabgabe pro 100 g Lupinus luteus in der Stunde 
ende, bI1S zu einem bei der normalen, —.—.—. bei der intramolekularen Atmung. 


Maximum emporstei- 
gende und dann wieder langsam abfallende Tempo des Wachstums aus- 
drückt, so läßt sich auch eine der großen Wachstumskurve fast parallel 
laufende Atmungskurve (Fig. 96) ziehen, indem beide zu Beginn 
gering sind, dann immer rascher ansteigen, um von einem Maximum 
an wieder zu sinken. Diese Atmungskurve wird zuerst von A. Mayer 
mittels Sauerstoffbestimmungen und später vonBorodinundRischavi 
(Fig. 97) durch Messung der abgegebenen Kohlensäure aufgezeigt. 
Wiewohl die beiden Prozesse der Atmung und Kohlensäureassimi- 
lation einander parallel laufen und offenbar von verschiedenen Stellen 
des Plastids ausgehen, auch durch verschiedene Momente stimuliert 
oder geschädigt werden können (so sistierten BonnierundMangin 
durch Narkose wohl die Assimilation, bewirkten aber dadurch doch 
kein Stillstehen der Atmung), so ist damit aber durchaus nicht gesagt, 
daß diese beiden Vorgänge nicht in physiologischer Korrelation stehen, 
und man kann natürlich nicht die plasmatische Grundlage der Zelle 
alterieren, ohne auch die Atmung in Mitleidenschaft zu ziehen, wie 
namentlich Palladin zeigen konnte, der die Abhängigkeit der Atmung 
von den Zellipoiden, dem ‚Kitt‘‘ des Protoplasmas, nachwies. Aller- 
dings ist die Atmung als solche, nämlich als Gaswechsel, viel wider- 


34 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


[e 0) 


standsfähiger gegen äußere Einflüsse als andere Stoffwechselprozesse, 
denn sie wird zum Teil durch Enzymtätigkeit repräsentiert. Wiewohl 
der gesamte Atmungsvorgang nicht als Summe von Fermentwirkungen 
aufzufassen ist, sondern die regulierende Plasmatätigkeit die Haupt- 
rolle dabei spielt, kann man doch neben der plasmatischen die rein 
enzymatische, auch nach dem Tode des Plasmas (besser gesagt, um 
mich des Palladinschen Ausdruckes zu bedienen, nach ‚Abtötung“ 
des Plasmas, wobei die Enzyme intakt bleiben, also nicht nach dem 
„Absterben‘‘) vor sich gehende Atmung, d. h. Aufnahme von Sauer- 
stoff und Abgabe von Kohlendioxyd beobachten. Aber auch wenn die 
enzymatische Atmung sistiert, findet noch durch katalytische Vorgänge 
ein wenn auch bedeutend herabgesetzter gleichsinniger Gaswechsel 
statt den ich als ‚tote Oxydation‘ bezeichnet habe. Nach der Pal- 
ladinschen Gefriermethode abgetötete Keimlinge gaben noch reich- 
liche Mengen Kohlendioxyd ab. Molisch konnte an im Exsikkator rausch- 
dürr gewordenen Blättern, von Lamium album mit der Leuchtbakterien- 
methode nachweisbare Sauerstoffabsorption zeigen, und ich habe nach- 
gewiesen, daß Blätter von Eupa- 
torium adenophorum nach der Er- 
hitzung auf 120°, also nachdem 
sicherlich jede Enzymtätigkeit auf- 
gehört hatte, unter aseptischen Be- 
dingungen Kohlensäure abgaben. 
Ob alle drei Formen des Gasaus- 
tausches während des Lebens der 
Zelle vereinigt sind oder ob sie ein- 
ander an der Wirkungsgrenze ab- 
= lösen, läßt sich schwer sagen, aber 
Tage 236 8 WDRWRBRBM ZEHN (das erstere ist durchaus wahrschein- 
Fig. 97. Kurve nach Rischavi (aus Jost, Vor- lich. Es ist auch die Vermutung 
Iofüngen Ober, Plan zenph rel 2 Gon micht von der Hand zu weisen, daß 
bei 210 C. die Prozesse der Assimilation und 
Atmung auch insofern miteinander 
verknüpft sind, daß die Kohlensäure als Endprodukt der Atmung unter 
geeigneten Verhältnissen gleich Verwendung als Ausgangsmaterial für die 
Assimilation Verwendung findet und umgekehıt der Sauerstoff aus der 
Assimilationstätigkeit gleich in den Atmungsgaswechsel eingeht. 

Ein Unterschied in der Atmung der höheren Pflanzen und Tiere 
liegt aber darin, daß die Pflanze längere Zeit ihr Leben ohne freien 
Sauerstoff fristen kann und in diesem Falle ihren Energiebedarf durch 
intramolekulare Spaltung höherer Kohlenstoffkomplexe deckt, während 
das Tier mit dieser Art des Energiegewinnes nicht ausreicht, sondern 
der oxybiotischen Verbrennungen bedarf (freilich sind von Pflüger 
Schildkröten und Frösche unter vollkommenem Sauerstoffabschluß tage- 
lang lebend erhalten worden). Diese intramolekulare Atmung ist wesens- 
gleich mit der Pilzgärung und führt auch zu denselben Produkten wie 
diese. Die Forschungen, namentlich der russischen Schule, haben ge- 
zeigt, daß auch die erste Phase der regulären Sauerstoffatmung die 
intramolekulare Zerspaltung ist, daß es aber nicht zur Stabilisierung 
der Endprodukte der Gärung, wie des Äthylalkohols, kommt, sondern 
daß schon die Vorstufen der normalen Gärungsprodukte der Ver- 
brennung anheimfallen. Nichtsdestoweniger hat Iwanoff gezeigt, 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 349 


daß Phosphate, welche die Alkoholgärung stark stimulieren, auch auf 
die Atmung der Samenpflanzen dieselbe Wirkung ausüben, und Za- 
leskiund Reinhardt wiesen nach, daß durch Phosphate nicht nur 
die ana&robe, sondern auch die Oxydationsphase der Atmung stimuliert 
wird. 

Sauerstoff ist schon für die ersten Keimungsstadien des Samens 
notwendig, ohne Zutritt von Luft ist keine Keimung möglich, was ja 
nicht wundernehmen kann, da die Keimung den Beginn des Wachs- 
tums darstellt, wozu natürlich Energieaufwand nötig ist. Werden 
Samen in Wasser versenkt, das nicht erneuert wird, so keimen nur die 
obenauf schwimmenden, mit der Luft in Berührung stehenden Samen. 
Bohnensamen oder Samen von Wasserpflanzen in ausgekochtes Wasser 
in ein gut verschlossenes Gefäß gebracht oder vor dem Zutritt von 
Luft durch eine Ölschicht geschützt, keimen nicht, ebensowenig wenn 
sie in sauerstoffreier Luft, in Stickstoff, Kohlensäure, Wasserstof. 
eingeschlossen sind, oder auch nicht, wenn sie sich in sehr engem Raume 
eingesperrt finden; deshalb gelingt es nie, angequellte, in eine Glas- 
röhre eingeschmolzene Samen zu weilerem Keimen zu bringen. Nach 
Osterhout (zitiert nach L. und K. Linsbauer) füllt man fünf 
gleich große Flaschen mit Wasser und wirft dann so viel trockenen Sand 
hinein, daß er die erste Flasche zu einem Sechstel, die zweite zu zwei 
Sechsteln usw., die letzte zu fünf Sechsteln ihrer Höhe anfüllt, wodurch 
ein Teil des Wassers verdrängt wird und akfließt. Nach dem Absetzen 
des Sandes gießt man auch das übrige Wasser fort, so daß in den Gefäßen 
nur luftfieier nasser Sand zurückbleibt. Nun setzt man überall eine 
gleiche Menge gequollener Samen oder gleichentwickelter Keimlinge 
hinein, verkorkt und versiegelt die Flaschen luftdicht. Den einzelnen 
Samen- oder Keimlingsportionen stehen also verschiedene Luftmengen 
zur Verfügung und man kann nun beobachten, daß diejenigen Samen, 
denen am meisten Sauerstoff geboten ist, sich am längsten entwickeln, 
die anderen je nach dem zur Verfügung stehenden Luftquantum früher 
oder später die Entwicklung einstellen. Kann zwischen das Sand- oder 
Sägespänesubstrat Luft eindringen, dann geht die Entwicklung normal 
vor sich. Besonders die Wurzeln haben ein großes Sauerstoffbedürfnis, 
und das ist auch der Grund, weshalb bei’ Wasserkulturen stets Luft 
eingeleitet werden soll. Unter Wasser versenkte Samen genießen aber 
genügend Luftzutritt, wenn das sie in nicht zu hoher Schicht bedeckende 
Wasser bewegt wird, ihre Keimung geht dann lebhaft vor sich. Eine 
kleine Menge Sauerstoff enthält ohnehin jeder Samen in seinem luft 
führenden Gewebe und je lockerer dieses ist und ein je geringeres spe- 
zifisches Gewicht es hat, desto mehr Luft schließt es ein, 7—50 % seines 
Volumens. Dieser Sauerstoff gibt den ersten Anstoß zur Keimung, 
so daß mit Wasser ganz injizierte, unter der Luftpumpe sauerstofffrei 
gemachte Samen aus diesem Grunde nicht keimen. Indessen ist umgekehrt 
auch eine überreichliche Sauerstoffdarbietung durchaus nicht keimungs- 
befördernd. In reinem Sauerstoff tritt keine Keimung ein oder zeigen 
doch die Keimlinge ein kränkliches Aussehen und gehen nachher auch 
in normaler Luft ein. Zea Mays, Ervum lens u. a. kommen nicht über 
die ersten Stadien der Wurzel- und Stengelbildung hinaus, Keime von 
Lepidium sat., Helianthus annuus bleiben in Sauerstoff durchschnittlich 
kleiner als normale und Triticum vulgaris usw. zeigen wohl größere 
Blätter als Normalpflanzen, die Blätter sind aber gelb und kränklich. 


350 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 

Die Keimung der Samen vollzieht sich auf Kosten des Reservematerials, 
welches dabei aufgebraucht wird. Aus diesem Grunde ist das Trocken- 
gewicht der Dunkelkeimlinge bedeutend kleiner als das Trockengewicht 
der Samen, aus denen sie sich entwickelt haben, und selbst bei im Lichte 
vegetierenden Keimlingen übertrifft der Verlust durch Verbrennung 
bei der Atmung die Ansatzgröße so bedeutend, daß gewöhnlich während 
der ersten Wochen kein nennenswerter Substanzgewinn gegenüber dem 
Samengewicht zu verzeichnen ist. 

Bei der Keimung von Stärkesamen ist der Verlust auf Kohlenstoff, 
Wasserstoff und Sauerstoff der organischen Substanz zu beziehen, 
während die Stickstoff- und Aschensubstanz ungeändert bleibt. Die 
Stärke wird zum großen Teil durch Diastase gespalten, so daß noch ein 
Überschuß von Zucker bleibt, auch der Betrag der Zellulose wird be- 
trächtlich vermehrt. Bei der Keimung von Leguminosensamen, die 
Eiweiß als Reservestoff führen, wird auch dieses unter Bildung von 
Asparagin und anderen Aminosäuren gespalten, als Nebenprodukt der 
Eiweißspaltung tritt Schwetelsäure in Form von Sulfaten in zunehmender 
Menge auf. Die Fettspaltung bei der Keimung ven Fettsamen hat eine 
Steigerung der Menge der Fettsäuren zur Folge, und zwar entstehen 
zuerst gesättigte und erst aus diesen ungesättigte Fettsäuren. Folgende 
‘der Physiologie von Palladin entnommenen) Zahlen sollen diese 
Verhältnisse illustrieren: 


Gsem-| c | ı ) N Asche 
gewicht g | ee | g | g 
| | 
46 Weizensamen. 1,665 | 0,758 0,095 | 0,718 0,057 0,038 
46 Weizenkeimlinge . 0,722 0,293 0,043 0,282 | 0,057 0,038 
Differenz in Grammen. | — 0,943 |— 0,465 | — 0,052 —0,436 — | — 
Trocken- | Stärke + One W Kr > 
substanz | Dextrine | Saecharose zZ Aellalage 
| | 
22 Maissamen ... | 8,6368 | 6,3868 | —....) OA | 0,516 
22 Maiskeimlinge 4,5295 | 0,7778 0,953 | 0,150 g 1,316 g 
Differenz in Grammen | — 4,107 | — 5,609 + 0,953 | — 0,313 | + 0,800 
——  — — 
Mrockan- | 2 andere | | elL 
| TEcE Eiweiß | area Nhaltige Glukose | Zellulose Se 
von - BL] 8 | g g 
Samen \ 100,00 | 45,07 | — 11,66 _ 3,24 | 0,385 
Keim- Lupinus | | 
pflanzen ) luteus 81,70 11,06 18,22 23,97 | 2,10 6,47 0,610 
Differenz in Proz. | 18,30 |—33,41 |+18,22|+12,31| +2,10| +3,23| + 0,225 


Zwanzig Mohnsamen enthielten 8,915 g Fett und 0,975 g freie 
Fettsäuren; nach viertägiger Keimung wurden 3,770 g freie Fettsäuren 
und nur 3,900 g Fett gefunden. Glyzerin war jedoch in den Keimpflanzen 
nicht vorhanden. Indessen habe ich bei Keimlingen von Cucurbita Pepo 
und anderen Keimlingen aus Fettsamen, die in einer mit Leuchtgas 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 351 


oder Azetylen verunreinigten Atmosphäre zur Entwicklung gebracht 
worden waren, nicht nur eine Vermehrung von Fettsäuren, sondern auch 
Glyzerin nachweisen können, offenbar weil das letztere nicht wie sonst 
schnell in Zucker übergeführt und veratmet wurde. 

Daß die Entwicklung des Embryo mit einer starken Sauerstoff- 
aufnahme verbunden ist, hat auch Laskovsky in Versuchen mit 
Kürbissamen konstatiert, bei welchen er folgende Zahlen fand: 


Prozent Verlust 


Trockensubst. Trockensubst. 


A FE Gewinn 
Temperatur| vor d. Keimung | nach d.Keimun Trockens. SIT 
pP Ing 5 mg 5 Weklıst CmgH ÖO in mg 
16 ® | 7081 6997 98,22 Sa) — 320 
16—25 ° 6947 6794 97,07 3385 —43 + 265 
16 ° 6838 6416 92,23 600 881 263 
16—22 6361 6081 94,59 533 61 316 
25 9 6011 5892 97,28 239 39 159 
25—32 7060 6646 95.32 601 76 249 
25—28 9 5909 5575 93,67 554 94 319 


Peters untersuchte Kürbissamen in vier verschiedenen Perioden: 
1. im ruhenden Zustand vor der Keimung, 2. nachdem das Würzelchen 
eine Länge von 2 bis 4 ccm erreicht hatte, 3. als die ersten 5 bis 
6 Nebenwurzeln 2—3 cm lang und die Kotyledonen grün geworden 
waren, 4. als die Primordialblätter in ausgebreitetem Zustand schon 
eine beträchtliche Größe erreicht hatten. Für jeden Versuch wurden 
1000 Objekte verwendet: 


Ruhender Keimpflanzen 
Bestandteile Keim 1. Periode | 2. Periode | 3. Periode 
5 8 | 3 | 8 

Bee, ..,.,... 136,65 103,51 |. 56.4222) 12,98 
ZurelREi 10.08 Spuren 3,81 | 9,48 12,98 
een Spuren 2,56 | 3,55 6,13 
Si Tuer 2 ER Er — 8,389 | 17,50 6,63 
Be een 8,34 9,33 | 12,23 | 21,20 
Bmabsintle . .. .. +... 110,07 109,60 98,33 94,62 
Be... en: 14,08 14,14 | 14,57 | 18,08 
Extraktivstoffe, Pektine, Bitter- 

Bw. 6,86 22,96 33,01 | 43,48 


Der Ölgehalt nimmt also fortwährend ab, der Zuckergehalt zu, 
weil er in den letzten drei Perioden in größerer Menge gebildet als ver- 
braucht wird; der Stärkeanteil nimmt bis zur zweiten Periode zu, von 
wo an sich die Zellwandbildung besonders stark geltend macht, was 
auch in der Vermehrung der Zellulose zum Ausdruck kommt. Infolge 
der Verbrennungsvorgänge hat sich ein Materialverlust von 21,7 % er- 
geben. Vergleichen wir damit die Keimung der Erbse, welche ohne 
Zwischenbildung von Zucker erfolgt, und zwar in dem ersten Stadium 
nach 114 Stunden, wo das Würzelchen noch zwischen den Keimblättern 
eingeschlossen ist, und nach 184 Stunden, wo schon eine Entwicklung 
der Primordialblätter und Würzelchen zweiter Ordnung beginnt, so 
gelangen wir zu folgenden Zahlen, welche allerdings mit den vorher- 
gehenden nicht direkt vergleichbar sind, da die Untersuchung in anderen 
Keimungsstadien vorgenommen wurde, was sich schon in dem ge- 
ringeren Materialverlust ausdrückt: 


352 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


In je 1000 Gewichtsteilen der 


Keimungsperiode 
bei 100° getrockneten Substanz Ruhezustand Erste j - Zweite 
Bebt Een SO RER 2327 22,4 | 20,3 
Dextrin A 65,0 50,3 54,1 
Zucker... 2 512 ar — — — 
Stärke’... 22 ve fe 421,1 377,8 330,0 
Zellulose . . . re dig.» 3 ze: 78,7 81,0 
Unbestimmbares N 137,6 153,6 157,4 
Biıweißstoffe *- Ir wen; 238,4 233,4 237,1 
INSCHB> we. 1: far: k Arab sr 40,8 40,8 40,8 
Verlusb  ‚ % ze Eee — 34,9 76,2 


Die Stoffumwandlung bei der Keimung der Sonnenblume wird 
durch folgende Zahlen erläutert, wobei 100 Gewichtsteile der Samen 
88,98 Gewichtsteile der Keimpflanzen lieferten. 


In 100 Gewichtsteilen | In 88,98 Gewichtsteilen 


Samen Keimpflanzen 
Eiweißstoffe . . BR 24,06 13,34 
Nuklein und Plastin N 0,96 4,05 
Asparagin und Glutamin .. — 3,60 
Lezithin . . . DEINEN 0,44 0,71 
Beltz ... EEE 55,32 21,82 
Rohrzucker u. del. TER 3,78 13,12 
Lösliche organische Säuren . . 0,56 2,16 
Zelluloser u: a ee 2,54 10,25 
Hemizellulosen . . . .... — 3,41 


Daß bei der Atmung Wärme entwickelt wird, ist aus dem Gesagten 
klar; wie Molisch mit Hilfe der Dewar gefäße gezeigt hat, ist die 
Wärmeproduktion bei der Atmung dicht zusammengelegter Blätter 
so hoch, daß sie auf 50 0 C über die Temperatur der Umgebung steigen 
und Äther mit Leichtigkeit zum Sieden gebracht werden kann. Nach 
den Versuchen von Bonnier wurden bei der Keimung von 1 kg 
Erbsensamen in der Minute folgende Wärmemengen in Kalorien pro- 
duziert: 


l. Gequollene Samen . . i ee 
2. Junge Keimpflanzen (Wurzellänge 5 mm) Be ee 
3. ws; > ( ir 50—60 nm). RAN 0 al A 
A Nahen “ (ein grüner Stengel von 20 mm) . 22 
2 (die Kotyledonen schrumpfen ein) . . . .... 22 

. Die Pflanze erhält nichts von den Kotyledonen. . . . „2 WER er 


Hier zeigt sich, daß die Produktion von Wärme der Wachstums- 
kurve nicht parallel geht, sondern gerade dort einen beträchtlichen 
Abfall zeigt, wo man infolge starker Neubildungen einen besonders 
großen Aufwand von Energie erwarten sollte, ein Fingerzeig dafür, daß 
ein Teil der durch Verbrennungen erzeugten Energie nicht als Wärme, 
sondern in der mechanischen Arbeit des Zuwachses zum Ausdruck 
kommt. Die maximale Wärmemenge wird zu Beginn der Keimung 
erzeugt; die auf Grund des Gaswechsels berechneten Wärmemengen 
bleiben aber anderseits unter den wirklich gefundenen zurück, es wird 
also in bestimmten Keimungsstadien wieder bedeutend mehr: Wärme 
produziert, namentlich in den ersten Keimungsstadien, wo exotherme 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 353 


Vorgänge, Hydrolyse von Stärke und Eiweißstoffen in großem Maß- 
stabe stattfinden. Die größte Wärmeproduktion erfolgt in derjenigen 
Keimungsperiode, wo der Atmungsquotient ein Minimum erreicht, die 
Sauerstoffaufnahme also ein Maximum. 


Wärmeproduktion - von 1 > Gerste Wärmemenge| in Kalorien CO» 
in 1 Minute gefunden berechnet Os 

1. Gequollene Samen . . . ..... 5 3 1,00 
2. Attlage von Wurzeln... .:.. 62 45 0,65 
3. Hauptwurzel von 3 mm ..... 40 31 0,80 
4. Ende der Keimung. . . 15 12 0,95 
5. Erwachsene, beblätterte Stengelteile 0 3 1,00 


Bei der Verbrennung des organischen Materials entsteht nicht nur 
CO, sondern auch H,O. Wasserbestimmungen bei der Atmung wurden 
von Laskovsky ausgeführt, der fand, daß im ersten Keimungs- 
stadium sehr wenig, vielleicht gar kein Wasser gebildet wird, und zwar 
um so weniger, je höher die Temperatur ist. Diese auffallende Tatsache, 
welche sich mit der gerade in den ersten Keimungsstadien höchsten 
Intensität der Verbrennungsvorgänge nur schwer in Einklang bringen 
ließ, wurde erst durch den von Palladin geführten Nachweis er- 
klärlich, daß bei der Atmung eine Assimilation von Wasser stattfindet, 
worauf aber hier nicht näher eingegangen werden kann. Natürlich wird 
auch zu den gerade im Anfang in besonders ausgedehntem Maßstabe 
stattfindenden Hydrolysen Wasser verbraucht. Demnach stehen auch 
die abgeschiedenen Wasserstoff- und Kohlenstoffmengen in keinem 
konstanten Verhältnis zueinander. Sehr eingehend ist der Einfluß der 
Außentemperatur auf die Atmung studiert. Im wesentlichen ist die 
Atmungsenergie den Wärmegraden beinahe proportional (Wolkoff 
und Mayer maßen die Sauerstoffaufnahme der Keimpflanzen). Inner- 
halb der Grenzen des Lebens entspricht die Zunahme der Atmungs- 
intensität mit Zunahme der Temperatur der RGT-Regel, nach welcher 
- bei Steigerung der Temperatur um je 10 ° sich die Intensität des Vor- 
ganges verdoppelt bis verdreifacht. Die folgende Tabelle gibt nach den 
Versuchen von Clausen die Kohlensäuremengen in Milligrammen, 
welche bei verschiedenen Temperaturen von 100 g Lupinenkeimlingen, 
Weizenkeimlingen und Syringablüten in einer Stunde abgegeben werden, 
und die Quotienten der Mengen, die einem Temperaturintervall von 
10 ® entsprechen: 


Temperatur Lupinenkeime | Weizenkeime | Syringablüten | Koeffizienten 


0° 7,27 10,14 11,60 2,5, 2,8, 2,5 
10.8 18,11 28,95 30,00 
20 43,55 61,80 78,85 2,4, 2,1, 2,6 
30 85,00 100,76 108,00 
40 ° 115,90 109,90 176,10 

50 46,20 63,90 152,80 Fl le 


Im Mittel findet also hier eine Steigerung des Stoffwechsels um 
das 2,5 fache statt, wobei man noch zu bedenken hat, daß es sich hier 
um ein kompliziertes System von ineinandergreifenden Vorgängen handelt. 

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 23 


354 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


co 


Ähnliche Werte erhalten wir in den folgenden von Wolkoff und 
Mayer ermittelten Zahlen mit Keimpflanzen von Tropaeolum majus, 
welche folgende Atmungsintensitäten aufwiesen: 


ee lume Abnahme ; 
an) ß | absolut in der Stunde Temperatur Zeit 
cem cecm 
a } 0,74 0,53 16,2 0° C a 
55,62 = 2,10 
55,36 } 20 re 2,30 
55,11 0,25 0,75 25,4 0 2,50 
54,85 0,26 0,76 3,10 
|) 0m | 200 iM 
52,99 0,32 0,96 32,8 5,00 
52,22 0,77 1,03 5,45 
122 } De sn \ 17,80 3:10 
51,06 0,16 0,48 J 8,30 


Ein Versuch mit fünf unverletzten Keimpflanzen von Tropaeolum 
majus lieferte folgende Resultate: 


Sauerstoff i in der Stunde 


Temperatur aufgenommen 

cem 
22,4°C 0,60 
DI.B2 5 0,77 
30,5 „ 0,76 
30,00 5; 0,77 
35,00 „ 1,04 
38,20 0,91 


Dieses Verhältnis bleibt aber mit weitergehender Steigerung der 
Temperatur nicht konstant, sondern nimmt immer mehr ab, bis schließ- 
lich bei 40 0° C ein Maximum erreicht ist, über welches hinaus die In- 
tensität der Atmung bis zum Tode der Pflanze nicht mehr gesteigert 
wird. Folgende, von Rischavi ermittelte Zahlen zeigen dies an etio- 
lierten Weizenkeimlingen: 


COs abgegeben 


CO: abgegeben 
pro Stunde mg 


Temperatur pro Stunde mg 


Temperatur 


5°C 3,3 300 C | 22,04 


100% „ 5,28 350 „ 28,38 
150 „ 9,90 409% „ 37,60 
200 „ 12,54 450. 37,80 
250 . 17,82 


L) 


00 A A $ 
Das Verhältnis Ö ° erreicht ein Minimum bei 10—15° und steigt 


sowohl bei höherer als auch bei niedrigerer Temperatur, und zwar ist 
in ersterem Falle die Zunahme nach Puriewitsch eine stärkere: 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 355 


| Temperatur | 

2— 4.0 0,45 

Beybridum . 2. 2 2 ae 10—12 | 0,37 
25—26 | 0,48 

ac 0,75 

Pelsssonium zonale . . .: 2.20... | 12—14° | 0,54 
34—35 0,95 


Auch Temperaturschwankungen üben großen Einfluß auf die In- 
tensität der Atmung. Palladin ließ etiolierte Keimsprosse der 
Bohne bei drei verschiedenen Temperaturen atmen; die eine Portion 
wurde bei 17—20 °, die andere bei 7—12 ° und die dritte bei 36—37 ° 
belassen. Es ergab sich aus der Bestimmung der Atmungsintensität, 
welche nach einiger Zeit bei mittlerer Temperatur vorgenommen wurde, 
daß die fortwährend bei mittlerer Temperatur belassene Portion die 
geringste CO,-Menge bildete, während die vorher bei hoher und niedriger 
Temperatur belassenen Portionen eine intensivere Atmung zeigten. 


Vorhergegangene N, = 49 . Über- 
Temperatur CO2-Menge bei 18—22° Mittel SEhER 
mittlere (17—20 °) 54,5, 53,5, 55,0, 44,9, 58,1, 65,3, 59,8 55,8 — 
niedrige (712°) | 89,8, 73,6, 80,2, 53,9, 78,9, 87,4, 829 | 781 | 0% 
0) |; 31,4, — — : 94. —  — -. —- | 841 | 8% 


Dagegen bleibt die Menge der abgegebenen Kohlensäure im wesent- 
lichen ungeändert, wenn man die Keimlinge abwechselnd in kohlensäure- 
freier Luft, dann in einem Strome reinen Sauerstoffs, in normaler Luft 
und so fort im Turnus atmen läßt. Nach Kosinskiund Palladin 
zeigt ferner die Konzentration der Nährlösung großen Einfluß auf die 
Atmungsenergie; die Übertragung aus konzentrierterer in verdünntere 
Nährlösung bewirkt einen Aufschwung der Atmung, umgekehrt das Ver- 
setzen in konzentriertere eine Abschwächung; 100 g etiolierte Bohnen- 
blätter produzierten pro Stunde folgende Kohlensäuremengen: 


mer: a en 
auf der Zuckerlösung 


Konzentration 


: - 
2 in mg 
von Rohrzucker co 5 


Differenz in °/o 


15% 3 Tage 122,7 u 

IEy 3 Ri 79,4 — 32,5 
50 9, 1 Tag 69,7 —.1,2 
0% (Wasser) Ir 154,0 + 120,9 


Kurzdauerndes Versenken der Zwiebeln von Gladiolus in Wasser 
steigert nach Zaleski die Atmungsenergie bedeutend. Durch Ver- 
wundung und durch Gifte findet eine starke Stimulierung der Atmungs- 
größe statt und Zaleski hat gezeigt, daß dies sogar bei ruhenden 
Gladioluszwiebeln der Fall ist. Alkaloide, Glykoside, Äther, höhere 
Alkohole steigern in geringen Dosen die Intensität der Atmung, während 
größere Mengen lähmend wirken. 300 g Kartoffelknollen schieden 
1,2—2 mg CO, pro Stunde aus; nachdem jede Kartoffel in vier Teile 
zerschnitten war, wurden bei derselben Temperatur in der 2. Stunde 
9 mg, in der 5. Stunde 14,4 mg, in der 10. Stunde 16,8 mg, in der 

23 * 


356 NIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


28. Stunde 18,6 mg CO, produziert; nach 5l Stunden 13,6 mg, nach 
4 Tagen 3,2 mg, nach 6 Tagen 1,6 mg. Nach der anfänglichen durch 
den traumatischen Reiz hervorgerufenen Steigerung der Atmung wurde 
also ein Abfall konstatiert, bis am 6. Tage die Atmung der zerschnittenen 
Knollen das Stadium der ursprünglich unzerschnittenen erreichte. 

Zur Erkennung der von den Pflanzen (z. B. keimenden Samen) aus- 
geschiedenen Kohlensäure haben L. und K. Linsbauer einen höchst 
einfachen, sich sehr gut zur Demonstration eignenden Apparat kon- 
struiert (Fig. 98). Inden nahe dem Fuße verengerten Glaszylinder werden 
auskeimende Samen Sa einer Pflanze gebracht. Das trockenturmartige 
Gefäß ist mit einem Pfropf luftdicht verschließbar, durch dessen Bohrung 
ein langes, bis fast auf den Grund N des Turmes reichen- 
des Glasrohr führt. Man steckt das unterste Ende des- 
selben durch ein Stück Papier und setzt den Pfropf in 
den Hals des Gefäßes, so daß zwischen Kork und Hals 
noch Raum zum Einwerfen der angekeimten Samen 
bleibt. Beim Auffallen der Samen auf das Papier ver- 
schließt dieses die Einschnürung, welche zwischen dem 
oberen und dem unteren Teile des Trockenturmes vor- 
handen ist, so daß die Samen nicht in diese untere 
Partie hineingelangen können. Sollte dies doch ge- 
schehen sein, so kann man sie mittels eines spitzen 
Drahtes bei der seitlichen Öffnung des Trockenturmes, 
welche während des Versuches luftdicht verschlossen 
bleiben muß, entfernen. Ist der obere zylindrische Raum 
etwa zu drei Vierteln mit den Samen gefüllt, so setzt 
man nun den Pfropf fest in den Hals ein. Die Samen 
produzieren Kohlensäure, welches sich als spezifisch 
schweres Gas im unteren Teile des Zylinders ansammelt; 
zu seinem Nachweise bedient man sich der Nilblaubase. 
Man gießt in die Glaskugel K bei verschlossenem Hahn 
die Lösung der Niblaubase ein und steckt in die obere 
Kugelöffnung ein Natronkalkrohr, welches die Kohlen- 
säure der durchstreifenden Außenluft absorpiert. Läßt 
man nach 6 Stunden oder später Nilblaubase in den 
unteren Teil des Gefäßes abfließen, wobei der untere 
Fig.98.Linsbauers Ftropfen gelüftet wird, so färbt sie sich sofort blau, da der 
Aupkzer zum Nalı Farbstoff die Eigenschaft hat, in wässeriger Lösung, 
weıse der ‚mungs > . , = . .. 

kohlensäure. in welcher wir ihn in den Apparat einfüllen, rot zu 
sein und sich bei Zutritt von Kohlensäure blau 

zu färben. Mit Topfpflanzen arbeitet man unter einer auf einer 
Glasplatte aufgeschliffenen und mit Vaseline gut gedichteten Glocke, 
unter welche nebst der Pflanze ein Schälchen mit klarem Baryt- 
wasser gestellt wird, während sich in einem Parallelversuch dieselbe 
Versuchsanstellung ohne Pflanze befindet. Das Barytwasser trübt sich 
in der Glocke mit der Pflanze infolge Bildung von BaCO, viel schneller 
als im Parallelversuch; natürlich muß durch Verdunkelung der Glocke 
eine Wiederverwendung der Atmungskohlensäure im Assimilationswege 
ausgeschlossen werden. Man kann übrigens die ausgeschiedene Kohlen- 
säure schon erkennen, wenn man einen Halbliterkolben zu einem Drittel 
seiner Höhe mit Askulusknospen oder mit angekeimten Samen füllt 
und in den verschlossenen Kolben, der 24 Stunden in einem warmen Raum 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 357 


gestanden hat, nach dem Öffnen des Stöpsels einen brennenden Holzspan 
durch den Hals einführt, welcher sofort verlöschen wird. Man nimmt 
einen gewöhnlichen Absaugekolben nach Büchner und befestigt an 
das Ansatzrohr desselben mittels eines dicken Stückchens Kautschuk- 
schlauch eine enge, gebogene Glasröhre, welche mit ihrem senkrechten 
Schenkel in Quecksilber taucht. Auf den Boden des Kolbens, dessen 
Mündung später luftdicht mit einem Stöpsel verschlossen wird, wird 
ein feuchtes Filtrierpapier ausgebreitet und dieses mit Weizenkörnern 
bedeckt. Getreide keimt nach 24 stündigem Anquellen und 24 stündigem 
Aufbewahren in einem warmen, feuchten Raum vor dem Versuch auch 
im Winter befriedigend. In den Kolben kommt ferner eine Eprouvette 
oder besser ein kleiner flacher Napf mit konzentrierter (2? KOH : 3 H,O) 
Kalilauge. Die entwickelte Kohlensäure wird von der Lauge absorbiert, 
der zur Kohlensäureproduktion verbrauchte Sauerstoff ist aus der 
Kolbenluft verschwunden und so wird das Quecksilber im Glasrohre 
emporsteigen. Es ist jedoch notwendig, vor Beginn des Versuches die 
Luft im Kolben zu erwärmen, bevor das offene Ende der Glasröhre in 
das Quecksilber eingetaucht wird, so daß das Quecksilber, wenn die 
Luft wieder erkaltet, im Glasrohr ein wenig emporgezogen wird, so 
daß ein bestimmter Stand des Quecksilbers als Nullpunkt für die Be- 
stimmung dient. Man kann zu diesem Zweck den Kolben einige Minuten 
in 40 warmes Wasser einstellen oder einfach die Handwärme dazu 
benutzen. Sollte das Quecksilber innerhalb sechs Stunden nicht steigen, 
so ist die Einpassung des Stöpsels daran schuld, welcher dort, wo er ins 
Glas eingepreßt ist, zweckmäßig mit einer Mischung von 15 Teilen Harz, 
35 Teilen Bienenwachs und 50 Teilen Vaseline (Wachs und Vaseline 
werden gut vermischt und das feingepulverte Harz allmählich unter 
starkem Rühren zugefügt) gedichtet wird. Wird die Kohlensäure nicht 
durch Kalilauge absorbieren gelassen, so bleibt der Stand der Queck- 
silbersäule im großen ganzen ungeändert, entsprechend der Tatsache, 
daß einem aufgenommenen Volumen Sauerstoff ein gleich großes Volumen 
ausgeschiedener Kohlensäure entspricht. 

Zum Zwecke der quantitativen Bestimmung der ausgeschiedenen 
Kohlensäure läßt man die Kohlensäure von Kalk- oder Barytwasser 
absorbieren und wägt nach dem Abfiltrieren entweder das gebildete 
Erdalkalikarbonat oder man mißt besser (da durch Kohlensäureüberschuß 
wieder ein Teil des Karbonates aufgelöst werden kann, wenn das Kalk- 
oder Barytwasser nicht in starkem Überschuß vorhanden ist) die Ge- 
wichtszunahme der in einem Geißlerschen oder Liebigschen 
Apparat befindlichen Kalilauge (von diesen Apparaten, welche bekannt- 
lich bei der organischen Elementaranalyse zu demselben Zweck Ver- 
wendung finden, existieren zahlreiche, sehr praktische Modifikationen; 
das Prinzip ist stets, die durchfließende Kohlensäure einen möglichst 
langen Weg durchlaufen zu lassen, um ihre Absorption möglichst vo!l- 
ständig zu gestalten). Gute Dienste leisten die Pettenkoferschen Röhren, 
denen Cl. Winkler eine handlichere Form gegeben hat (Fig. 99). Es sind 
ziemlich weite, diekwandige, in einem Winkel von 130 Grad gebogene, 
130 cm lange Glasröhren, deren kürzerer Schenkel 10 cm, deren längerer 
120 cm mißt, die Breite der Röhren beträgt 14 mm. Man füllt die Röhren 
mit titriertem Barytwasser und befestigt sie in geneigter Lage; ist die 
Röhre genügend lang und etwa zur Hälfte gefüllt, so kann man einer- 
seits der vollkommenen Absorption der Kohlensäure, anderseits der 


358 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


nr 


Vermeidung des Überfließens der Lauge bei noch so schnellem Durch- 
gang von Gas sicher sein. Die mittels einer Wasserstrahlluftpumpe 
durchgesaugte Luft passiert ein Natronkalkgefäß, wo die Kohlensäure 
der Luft zurückgehalten wird, und gelangt nun in das mit den Pflanzen 
beschickte Kulturgefäß, respektive in die Glocken, unter welchen sich 
die Pflanzen befinden, respektive wird durch eine bis auf den Boden 
der Glocke reichende Glasröhre eingeführt, um dieselbe durch ein kurzes, 


Fig. 99. Pettenkofersche Röhren. 


knapp unterhalb des Glockenverschlusses endigendes Rohr zu verlassen. 
Damit das Gas die Pettenkoferschen Röhren in möglichst kleinen 
Bläschen durchzieht, bringt man an das Ende des Zuleitungsrohres, 
mittels welchen durch einen Kautschukstöpsel die Röhren mit dem 
Pflanzenrezipienten verbunden sind, mit Hilfe eines Gummischlauches 
eine ausgezogene Glasröhre an. Da behufs vollkommener Absorption 
das Durchstreichen des Gases langsam erfolgen soll, 
kann man an dem Kautschukschlauch noch eine 
Klemmschraube anbringen, durch deren festere oder 
lockerere Stellung die Gaszuleitung reguliert werden 
kann. Die Pettenkoferschen Röhren R mon- 
tiert man auf einem Holzgestell, das aus zwei senk- 
rechten, miteinander verbundenen Platten besteht. 
Die vordere Platte ist 15 cm, die hintere 24 cm 
hoch. Beide Platten sind mit Rinnen versehen, 
die mit Tuch belegt sind; in diese Rinnen legt man 
die Röhren und befestigt sie mit hölzernen Schrauben- 
haltern., Jedes Holzgestell ist für sechs Röhren be- 
rechnet ; dasrückwärtige Ende jeder Pettenkofer- 
schen Röhre verbindet man mit einer der Ansatz- 
Pig. 100. Druckregulator Jöhren eines weiteren Glasrohres: dieses Sammel- 
nach Palladin. rohr hat sechs Zuleitungsröhren und ein Ableitungs- 
rohr, das direkt zur Luftpumpe geführt werden 

kann. Da aber durch eine gutziehende Pumpe viel mehr Luft heraus- 
gezogen wurde, als in Form von Kohlensäure durch die Petten- 
koferschen Röhren geliefert wird, mußte sich im Apparate bald 
eine Luftverdünnung ergeben, die man mit Hilfe eines von Palladin 
angegebenen Regulators D vermeidet. Man gießt in eine dreihalsige 
Wulffsche Flasche (Fig. 100) eine zirka 2 em hohe Quecksilberschicht, 
darauf eine ebenso hohe Wasserschicht hinein. In die eine der beiden 
äußeren Öffnungen der Flasche führt man mittels eines durchbohrten 
Kautschukstöpsels das aus den Pettenkoferschen Röhren heraus- 


Yen 


Bl 
Il 
UT 


\ 
4 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 359 


führende Glasrohr ein und versenkt es 1 cm in das Wasser; in die andere 
äußere Öffnung der Flasche steckt man das Ableitungsrohr, in die mittlere 
Öffnung ein gerades Glasrohr, dessen unteres Ende 1 cm weit in die 
Quecksilberschicht gesteckt ist. Bei Anwendung dieser Einrichtung 
kann die Luftverdünnung im Apparat höchstens 1 cm Quecksilberdruck 
betragen, denn wird die Gasdurchleitung verlangsamt oder vollständig 
eingestellt, so wird die der Luftpumpe fehlende Luft von außen durch 
das mittlere Rohr des Regulators zugeführt. Eine jede der Petten- 
koferschen Röhren beschickt man mit 100 cem Barytwasser. Zu- 
nächst wird im kurzen Schenkel das Gaszuleitungsrohr befestigt das 
man an einem durch Schraubenquetschhahn fest verschlossenen Kaut- 
schukschlauch anschließt; dann gießt man in eine größere Flasche die 
Barytlösung und läßt aus dieser mittels einer Bürette eine abgemessene 
Menge in das offene Ende der Pettenkoferschen Röhre ein- 
fließen, wobei man die Röhre geneigt hält. Dann wird das gefüllte Rohr 
auf dem Gestell befestigt und möglichst rasch durch den Kautschuk- 
stöpsel mit dem Sammelrohr verbunden, an dem sich schon der 
Kautschukschlauch samt Glasröhre zum Anschluß an- den Stöpsel be- 
findet. Zur Herstellung des Barytwassers löst man 7 g kristallisiertes 
Bariumhydroxyd in 1000 ccm destillierten Wassers; wird aber der Ver- 
such auf längere Zeit ausgedehnt, sind also die aufzufangenden Mengen 
Kohlensäure groß, so können auch 14 g oder 21 g genommen und auf 
je 1 Liter Barytwasser 1 g Bariumchlorid zugefügt werden. Nachdem 
der Apparat instand gesetzt worden ist, werden die Pflanzen in die 
Rezipienten oder Kulturglocken eingeführt. Verwendet man große 
Glocken, so ist es zweckmäßig, entweder die Luft vorher auszupumpen, 
was aber wegen des durch Saugung veranlaßten Zurücksteigens des 
Barytwassers beim Verbinden der Glocken mit diesem, wenn man 
nicht rechtzeitig die Pumpe in Tätigkeit setzt, Unannehmlichkeiten 
veranlassen kann, oder genügend lange kohlensäurefreie Luft durch- 
zuleiten, welche man ja ohnehin zur Ausführung der Bestimmung 
durch das System durchleiten muß. Die Luft passiert zu diesem 
Zweck zunächst, bevor sie zu den Pflanzen gelangt, einen Turm 
oder U-Röhren w, teils mit Natronkalk, teils mit Atzkali gefüllt. 
An je einem Rezipienten T sind zwei Pettenkofersche Röhren an- 
geschaltet. Der Apparat wird folgendermaßen in Tätigkeit gesetzt: 
Zunächst läßt man die Wasserstrahlpumpe laufen das Luftsaugen er- 
folgt durch das mittlere Rohr des Regulators.. Dann öffnet man den 
Quetschhahn am Pettenkoferschen Rohr an dem der Pumpe 
zugekehrten Ende und lockert dann auch den Quetschhahn des dem 
Pflanzenrezipienten benachbarten Endes der Röhre; mit Hilfe dieses 
Quetschhahnes wird, wie schon erwähnt, die Gasdurchleitung geregelt. 
Nach einiger Zeit stellt man die Absaugung ein und setzt die andere 
der beiden Parallelröhren in Betrieb. Zu diesem Zweck sperrt man erst 
den rückwärtigen, dann den vorderen Quetschhahn des ersten Rohres 
und zieht den das Rohr mit dem Rezipienten verbindenden Gummi- 
schlauch aus der Ableitungsröhre des Rezipienten heraus; letztere wird 
dann in den Gummischlauch des zweiten Pettenkofer schen Rohres 
eingeführt und das Rohr wieder auf dieselbe Weise wie früher in Betrieb 
gesetzt. Das ausgeschaltete Rohr ersetzt man durch ein anderes, das 
man frisch mit Barytwasser beschickt hat, und kann so unter be- 
ständigem Röhrenwechsel unbegrenzt lange Zeit arbeiten. Das aus- 


360 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


geschaltete Pettenkofersche Rohr entleert man nach Umschütteln 
ohne zu viel Luftzutritt in eine 150 cem fassende Flasche mit ein- 
geschliffenem und mit Vaseline gedichtetem Stöpsel. Die Röhre wird 
dabei quantitativ mit Wasser abgespült und der Niederschlag in der 
Flasche mehrere Stunden sich selbst überlassen, damit er sich ordent- 
lich absetzt. Seine Menge kann nun in üblicher Weise gravimetrisch 
oder besser maßanalytisch mit Oxalsäure bestimmt werden. Man stellt 
eine Lösung von 2,8636 g reiner, umkristallisierter Oxalsäure in 
1000 ccm Wasser her; 1 ccm dieser Lösung entspricht 1 mg Kohlen- 
säure. Für die Titration mißt man 25 ccm vollkommen klar gewordener 
Barytwasserlösung mit einer Pipette ab und titriert mit der Oxalsäure 
gegen Phenolphthalein. Nachdem man die Menge der vom Baryt ge- 
bundenen Oxalsäure ermittelt hat, multipliziert man die Anzahl der 
gefundenen Kubikzentimeter mit 4, womit man direkt die Menge der 
während der Versuchszeit gebildeten Kohlensäure in Milligrammen be- 
stimmt hat. Für eine größere Zahl hintereinander 
durchzuführender Titrationen leistet Maximows 
. automatische Pipette (Fig. 101) gute Dienste. Eine 
dreihalsige, unten mit einem Tubus für den Ablauf 
versehene, 2—3 Liter fassende Flasche M wird mit 
verdünnter Natronlauge gefüllt, die eine der beiden 
oberen Öffnungen trägt ein doppelt gebogenes Glas- 
rohr, an das mittels eines Kautschukschlauches mit 
Quetschhahn eine Pipette P angesetzt ist, in die 
andere führt man ein mit Quetschhahn versehenes 
Rohr, in die mittlere einen zum Eingießen der Lösung 
dienenden, mit eingeschliffenem Hahn versehenen 
Trichter Tr. Beim Öffnen des Ablaufes des bis zum 
obersten Rande mit der Lauge gefüllten Gefäßes fließt 
die Flüssigkeit heraus und durch die Luftverdünnung 
| wird von außen Barytlösung in die Pipette auf- 
gezogen. Man schließt dann den Ablauf und öffnet 
ee eine der oberen Röhren, worauf die Barytlösung in den 
automatische Pipette. Jitrationskolben abläuft. Die in der Flasche und der 
Pipette befindliche Luft ist infolge der Lauge in der 
Flasche vollkommen kohlensäurefrei und die Bestimmung jedenfalls 
einwandfreier, als wenn man mit dem Munde angesaugt hätte. Bei 
keimenden Samen ist ein vorheriges Durchleiten kohlensäurefreier Luft 
unnötig, wenn man dafür sorgt, daß der Rezipient fast vollkommen 
mit dem Pflanzenmaterial gefüllt ist; man bedient sich da der U-Röhren 
oder Chlorkalziumzylinder. Für die Bestimmung der Almung von Ober- 
und Unterseite eines Blalles hat F. Blackmann eine Atmungs- 
kammer (Fig. 102 und 103) konstruiert, die aus zwei Messingringen K 
besteht, denen an der einen Seite Glasplatten angeklebt, seitlich 
aber je zwei Kupferröbren aufgepaßt sind. Eine jede Kammer ist 
5 mm tief, ihr Durchmesser beträgt 36 mm. Zwischen den Kammern 
wird das zu untersuchende Blatt B befestigt und mit Wachs fest- 
gemacht. Die Luft dringt durch das eine Rohr R ein und verläßt das 
System durch das andere Rohr R,; für schmale Blätter werden ent- 
sprechende längliche Kammern verwendet. Die Kohlensäure wird 
ebenso absorbiert wie oben. 
Die Pettenkoferschen Röhren, mittels deren sehr genaue 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 361 


Resultate erzielt werden, können dort, wo es sich um Bewältigung 
großer Kohlensäuremengen handelt, und wo ein rascher Wechsel der 
Absorptionsgefäße nicht tunlich ist, durch Kaliapparate ersetzt werden, 
die zu zwei Dritteln mit starker Kalilauge beschickt und mit einem 
angeschmolzenen, mit Chlorkalzium gefüllten Rohre versehen werden, 
um das aus dem Kaliapparat verdunstende Wasser aufzunehmen; zweck- 
mäßig ist es, die Hälfte des Rohres statt mit CaCl, noch mit festen 
Kalistücken zu füllen, um einem Verluste an Kohlensäure absolut vor- 
zubeugen. Die Kalilauge im Apparat ist solange zu benutzen, bis in- 
folge übermäßiger Bildung von Kalikarbonat durch sehr lange Zeit 
fortgesetzte Versuche Verstopfung der Röhren eintreten kann. Vor 
den Kaliapparat, also in diesem Fall zwischen Pflanzenrezipienten 
und Absorptionsgefäß, wird noch ein mit Chlorkalzium gefüllter 
Trockenturm und eine mit Schwefelsäure gefüllte Waschflasche 
geschaltet, weil das vom Wasser befreite Kohlendioxyd von den Ab- 
sorbentien viel vollkommener aufgenommen wird. Chlorkalzium allein 
ist als Trocknungsmittel in 
der Regel unzulänglich; 
durch das Chlorkalzium 
muß vorher einige Zeit ein 
Strom von Kohlendioxyd 
durchgeleitet werden, um 
den immer beigemischten 
Natronkalk zu sättigen. 
Sämtliche Teile des Appa- 
rates verbindet man durch 
dickwandige Gummi- 
schläuche. Durch die an- 
gebrachten Quetschhähne 
ist auch hier einerseits eine 
leichte Regulierung des 
Gasstromes, anderseits die Fig. 102. Fig. 103. 
Möglichkeit gegeben, die Atmungskammer nach Blackmann. 
Kaliapparate ohne Verlust 
an Kohlensäure auszutauschen, wobei man durch den Druckregulator den 
Vorteil genießt, die Pumpe beim Wechseln nicht abstellen zu müssen (wo- 
durch sonst leicht ein Zurücksaugen von Wasser aus der Pumpe in den 
Apparat sich ergeben könnte), da während der Inaktivität der Kaliapparate 
Außenluft durch den Druckregulator eingesaugt wird, die Pumpe also einen 
Angriffspunkt hat. Ebenso wie man nach dem Durchleiten der Sättigungs- 
kohlensäure durch den Chlorkalziumturm die Kohlensäure vor dem Ver- 
such mittels Durchleitens von Luft verdrängen muß, so leitet man, um die 
Absorption der Kohlensäure, welche nach dem Versuch noch in dem Ap- 
parat steht, zu verhindern, einen Strom von trockenem Wasserstoff durch, 
der aber vor der Wägung durch Luft verdrängt werden muß, damit die 
Wägung beide Male unter den gleichen Bedingungen vor sich gehe. 
Sachs benutzt folgenden einfachen Apparat (Fig. 104). Die beiden 
Flaschen f und g dienen als Aspirator, indem das Wasser von / nach g 
durch x hinabfließt, wobei natürlich die Luft, welche rechts bei z eintritt, 
durch die verschiedenen Gefäße des Apparates strömen muß. Sie wird 
zunächst in dem Gefäß a, welches mit Kalilauge getränkten Bimsstein 
enthält, von der kleinen Menge atmosphärischer Kohlensäure befreit: daß 


362 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


dies vollständig geschehen ist, beweist das Klarbleiben des Kalkwassers 
in der Flasche b. Die Luft kommt also völlig kohlensäurefrei in den 
Rezipienten C. In diesem befindet sich eine mit weitmaschigem Organtin 
überzogene Kristallisierschale, auf dem sich die angekeimten Samen 
befinden, deren Atmung bestimmt werden soll und die ihre Würzelchen 
in die Nährlösung in der Kristallisierschale einsenken. Die Glocke C 
ist Juftdicht auf der Glasplatte K befestigt. Die mit Atmungskohlensäure 
beladene Luft strömt durch die beiden Flaschen d und e, in denen Kalk- 
wasser enthalten ist; die Kohlensäure wird schon in d fast vollständig 
absorbiert, d. h. es bildet sich ein weißer Niederschlag von CaCO, und 
in der zweiten Flasche e entsteht, wenn die Luft vorschriftsmäßig lang- 
sam durchströmt, kaum noch eine Fällung. Sollte dies trotzdem der 
Fall sein, so muß noch eine dritte Flasche angeschaltet werden. Man 
kann natürlich auch hier sowohl die beiden Gefäße a, b, als auch die 
Flaschen d, e durch Kaliapparate ersetzen; Hauptsache ist, daß den 
Pflanzen beständig neue sauerstoff- 
haltige Luft zugeführt und die ge- 
bildete Kohlensäure entfernt wird, 
so daß die Pflanzen in einer nor- 
malen Atmosphäre atmen können, 
unddaß mandurch Wägung, respek- 
tive maßanalytische Bestimmung 
des abfiltrierten oder abgesetzten 
Kalziumkarbonates und Umrech- 
nung auf Kohlensäure in der Lage 
ist, die Atmungsgröße zeitweise zu 
bestimmen, ohne daß die Pflanze 
selbst dabei gestört wird. Was 
nun die Quantität der von einer 
bestimmten Menge Pflanzensub- 
stanz in bestimmten Zeiten ab- 
gegebenen Kohlensäure anlangt, so 
geben zwölf Knospen von Syringa 
vulgaris (Trockensubstanz 2 g) in 
K ee: 24 Stunden 70 cem CO, ab, fünf 

Fig. 104. AÜDBEeN ann CB Ern Bone Knospen von Aesculus makro- 
. stachya (Trockensubstanz 0,85 g) 

45 ccm, Keimpflanzen von Papaver somniferum (Trockensubstanz 0,45 g) 
55cem, Keimpflanzen von Sinapisnigra (Trockensubstanz 0,55g) 32ccmab. 
Die Mengen der ausgeatmeten Kohlensäure sind also relativ groß im Ver- 
gleich zu dem Trockengewicht. Oberflächliche quantitative Schätzungen 
können folgendermaßen rasch durchgeführt werden. 21 g kristallisiertes 
Bariumhydroxyd werden mit 1000 cem destillierten Wassers geschüttelt 
und 12 Stunden in verschlossener Flasche stehengelassen oder so lange, 
bis es größtenteils gelöst ist. Dann wird in eine gut verschließbare 
Flasche abfiltriert. Vor dem Versuch werden 50 cem dieser Lösung 
in die unmittelbar hinter dem Rezipienten mit den Pflanzenteilen an- 
geschaltete Waschflasche und eine weitere Quantität in den darauf 
folgenden Absaugekolben getan. Wenn am Schluß des Versuches eine 
beträchtliche Menge von BaCO,-Niederschlag in der Waschflasche sich 
gebildet hat, werden 20 ccm der Flüssigkeit aus der Waschflasche ab- 
pipettiert (die Flüssigkeit muß für diese Bestimmung nicht ganz klar 


nd 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 363 


sein, da sehr verdünnte Salzsäure auf BaCO, kaum einwirkt) und rasch 
mit . HCl gegen Phenolphthalein titriert und 20 ccm der Original- 


barytlösung mit den erhaltenen Zahlen titrimetrisch verglichen. Die 
Differenz zwischen den in den beiden Proben verbrauchten Salzsäure- 
mengen gibt ein Maß für die Barytquantität, die aus je 20 ccm der 
Flüssigkeit durch die eingeleitete Kohlensäure zum Verschwinden ge- 
bracht worden ist; der ganze Betrag der während des Versuches ge- 
bildeten CO, ist natürlich 21, mal größer und kann schnell aus folgender 


5 n 
Relation berechnet werden: 1 ccm 10 HE = 2,2 mg CO, =71.197ecm 


woher 15°C. 

Durch den Apparat von Winkler-Hempel kann das Kohlen- 
säurevolumen, welches in einer bestimmten Zeit durch Atmung ab- 
gegeben wurde, ebenfalls grob bestimmt werden. Um verläßliche Werte 
zu erhalten, ist es hier immerhin not- 
wendig, mit größeren Mengen Pflanzen- 
substanz zu arbeiten, z. B. mit 200 


Fig. 105. Hempelsche Gasbürette. Fig. 106. Timiriazeffs Eudiometer. 


keimenden Erbsen; dieselben werden in einen Kolben von 400 bis 
500 cem Inhalt gebracht, der durch einen Stöpsel gut ver- 
schlossen wird. Nach 1—2 Stunden wird eine Probe des Gases ab- 
gezogen, etwa durch die Apparatur in Fig. 45 auf pag. 113 in 
welcher in dem Maßstabe, als das Gas abgezogen wird, Wasser aus o 
nach i strömt. Der hier angegebene Apparat ist ursprünglich für 
Assimilationsversuche gemacht, wo mehrere Bestimmungen der CO, 
in dem Gefäße J zu machen sind. Für den hier besprochenen Fall der 
Atmungsbestimmung wird die Eprouvette i weggelassen und das Wasser 
fließt direkt auf den Boden des Zylinders. So kann nur eine Gasprobe 
genau bestimmt werden, da das in den Zylinder eingedrungene Wasser 
Kohlensäure absorbiert, aber man kann, wenn zwei Bestimmungen 
sehr schnell aufeinanderfolgen, auch noch eine zweite Gasprobe messen. 
Da die Eprouvette i herausgenommen ist, kann man den Zylinder vor 
der Bestimmung schütteln und so eine Anhäufung von Kohlensäure am 
Grunde des Gefäßes verhindern. In die Kugel a der Gasbürette (Fig. 105) 
wird die starke Kalilösung gebracht, bis ihr Stand 5b erreicht und dann 


364 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


mittels Hineinblasens bei f die Lauge die enge Röhre e aufwärts gedrückt 
bis in den diekwandigen Kautschukschlauch, der mit ihr in Verbindung 
steht. Sobald die Lösung an dem offenen Ende der Röhre erscheint, 
wird der Quetschhahn e geschlossen. Die Röhren G und F der Meß- 
bürette (Fig. 106) werden dann etwas über die Hälfte mit destilliertem 
Wasser gefüllt, wobei keine Luftblasen in dem verbindenden Kautschuk- 
schlauch bleiben dürfen. F wird dann gehoben, bis Wasser aus H heraus- 
dringt, dann wird der Hahn Z geschlossen und H durch einen Kautschuk- 
schlauch mit dem Zylinder verbunden, der das zu analysierende Gas 
enthält. F, nunmehr wieder leer, wird 
gesenkt und L geöffnet, so daß eine 
Gasprobe in die Hempelsche Bürette 
hineingezogen wird. L wird jetzt ge- 
schlossen und die Verbindung von H 
ausgeschaltet. Das eingezogene Gas- 
volumen wird dann durch die Teilung 
in G zurückgemessen, nachdem das 
Wasser in beiden Röhren auf dasselbe 
Niveau gebracht ist. Um CO, zu ab- 
sorbieren, wird FH mit dem Kaut- 
schukschlauch e der Absorptionspipette 
verbunden, F wird gehoben und L so- 
wie der Quetschhahn bei e geöffnet. 
Das Gas wird so nach D hinüber- 
gepreßt, wo es beiläufig eine Minute 
lang gehalten und in Berührung mit 
der Lauge sanft durchgeschüttelt wird, 
wobei die Klemme e und der Hahn L 
geschlossen bleiben. Wenn man an- 
nehmen kann, daß die Absorption des 
Gases vollendet ist, wird das Gas 
nach @ durch Senken von F zurück- 
gezogen, während eund L geöffnetsind. 
L wird dann geschlossen und G und 
F wieder zur Niveaugleiche gebracht, 
worauf die Verminderung des Gases 
abgelesen werden kann. Die Differenz 
gibt die ursprünglich vorhanden ge- 
A ' wesene Kohlensäuremenge. Will man 
N indung mit einer Gaspipette ums, Sicher sein, ob die Absorption voll- 
kommen ist, kann man das Gas wieder 
nach b führen, schütteln und wieder zurückgehen lassen, wobei keine 
weitere Volumverminderung eintreten darf. Wenn eine Spur Lauge mit 
dem Gas nach G@ gekommen ist, müssen die Röhren vor einem nächsten 
Versuch sorgfältig gewaschen werden. 

Für die genaue Analyse kleiner Gasmengen kann man die Petter- 
son schen Instrumente!) benutzen, bei denen gleichzeitig der Fehler 
kompensiert ist, welchen die Druck- und Temperaturschwankungen 
der Atmosphäre mit sich bringen. Jenach der Größe der Gasquantitäten, 
die gemessen werden sollen, bedient man sich dreier verschiedener 


1) Nach W. Hempel, |. c. p. 49. 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 365 


Formen von Gasbüretten mit Temperatur- und Barometerkorrektion ; 
in Fig. 107 und 108 zeigt / eine Bürette zur Messung von Gasquantitäten, 
deren Volumen zwischen 0,5—100 ccm schwankt; /I gibt die Einrichtung, 
die man zweckmäßig benutzt, wenn das Gasvolumen etwa 150 ccm 
beträgt; /II wird benutzt wenn das Gasquantum 10 ccm nicht über- 
steigt. Die Instrumente bestehen aus den graduierten Meßröhren A, 
den Korrektionsröhren B, den Manometerröhren F und den Niveau- 
kugeln G. Meßröhren und Korrektionsrohre 
stecken in einem Glaszylinder C von passender 
Weite, der mit Wasser zur Erhaltung der gleichen 
Temperatur gefüllt ist. Die Meßröhren sind durch 
doppelt gebohrte Glashähne geschlossen. Die 
Korrektionsrohre B bilden mit den Manometer- 
röhren F ein Stück, g ist eine Ansatzkapillare. 
Die Manometerröhren sind u-förmige Glasröhren, 
die sich bei k und { etwas erweitern. An diesen 
Erweiterungen befinden sich in gleicher Höhe 
angebrachte Marken. Mittels des etwa 11, bis 
2 mm weiten Rohres / sind sie durch Gummi- 
stücke mit den Meßröhren verbunden. Ist die 
Bürette verunreinigt, dann nimmt man das Mano- 
meterrohr einfach ab und kann das übrige In- 
strument reinigen, ohne daß an dem im Korrek- 
tionsrohr abgeschlossenen Gasvolumen sich etwas 
verändern kann. Um die Apparate für den Ge- 1. 108. Pett 
5 2 e ig. Ä ettersons Gas- 
brauch herzurichten, saugt man durch die Röhre g büretten (oberer Teil). 
etwas destilliertes Wasser in die Korrektionsröhren 
B und befeuchtet die Wände der Meßröhren A. Man füllt ferner die Niveau- 
kugelG mit Quecksilber und treibt durch Heben derselben, nachdem man 
die Glashähne in die Stellung / gebracht hat (Fig. 109), so viel Quecksilber 
in die Manometerröhren, daß dasselbe den Raum zwischen den Marken 
bei k und i erfüllt. Zur Normierung des Apparates müssen zunächst 
die Inhalte der Manometerröhren von Marke k bis a ermittelt werden. 
Das geschieht, indem man das in den Manometern befindliche Queck- 
silber bis nach a saugt, dann die Hähne D schließt I Stellung I 
und dann, nachdem die Hähne D in Stellung 2 ge- 
bracht sind, beliebig große Luftvolumina in die 
Büretten bringt. Man liest dann bei offenem Hahn 
die Größe dieser Volumina an den Skalen der Bü- 
retten ab. Hierauf dreht man die Hähne D so, 
daß die Büretten mit den Manometerröhren kom- D, D, 
munizieren, und treibt so viel von der eingeschlosse- 
nen Luft in die Manometerröhren über, bis das „Fig. 100. Gashähne der 
Quecksilber an den Marken k und i auf beiden Bu 
Seiten gleich hoch steht. Die Differenz aus der ersten und der zweiten 
Ablesung ergibt dann die Größe der Räume von der Marke k 
bis a in den Manometerröhren. Das Korrektionsrohr kann nun ent- 
weder in der Weise benutzt werden, daß man durch Abschmelzen des 
Rohres g ein beliebiges Luftvolumen zum Einschluß bringt, wie es 
dem gerade herrschenden Barometerstand entspricht, oder man kann 
den Inhalt von B mit gerade so viel Luft füllen, daß der Apparat immer 
direkt die auf 0° und 760 mm Druck reduzierten Gasvolumina angibt. Um 


LI 


a b a b 


366 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


nun die Apparate so einzurichten, daß den Beobachtungen an den Skalen 
. der Meßröhren A Volumina von 0 ° C und 760 mm Druck entsprechen, 
befestigt man am Ende der Kapillaren g ein Stück Gummischlauch 
mit Drahtligaturen. Durch Senken der Niveaukugeln saugt man das 
Quecksilber in den Manometerröhren bis in die Röhre /! und stellt dann 
die Büretten zwei Stunden in einen gleichmäßig temperierten Raum 
neben Barometer und Thermometer. Die Hähne D werden geöffnet, 
so daß die Inhalte der Büretten frei mit der atmosphärischen Luft kom- 
munizieren können. 

Sobald ein Temperaturausgleich eingetreten ist, liest man ganz 
genau die Größe der Gasvolumina, der Temperatur und des Barometer- 
standes an den Instrumenten ab und schließt die Hähne D, worauf man 
die vorhandenen Gasvolumina reduziert. Das Gasvolumen betrage z.B. 
97 ccm, der Barometerstand 753,3 mm, die Temperatur 8,75 0°C. Die 
Größe des Raumes von k bis a im Manometerrohr sei vorher mit 1,8 ccm 
ermittelt. Die Tension des Wasserdampfes ist 8,4 mm. Ist b = Barometer- 
stand, { = Temperatur, e — Tension, V — beobachtetes Volumen, so 

b—e 
760 (1 + 0,00367 1)’ 
Beispiel 92,1 ccm. Da bei der Messung mit dem Korrektionsrohr das 
Gas den Raum von k bis a ausfüllt, muß man noch die Größe desselben 
— 1,8ccm davon abziehen, daher ist V,= 90,3ccm. Um das Korrektionsrohr 
zu normieren, stellt man den Hahn D so, daß das Meßrohr mit dem Mano- 
meterrohr kommuniziert, und drückt dann das abgemessene Gasvolumen 
auf die für 0 und 760 mm berechnete Größe zusammen. Das dadurch 
aus dem Gleichgewicht gebrachte Quecksilber bringt man so in die 
Ruhelage, daß man durch den Gummischlauch bei g so viel Luft in das 
Korrektionsrohr einbläst, daß das Quecksilber ins Gleichgewicht kommt, 
worauf dann der Schlauch g durch einen starken Quetschhahn zusammen- 
gepreßt wird; zur vollkommenen Dichtigkeit muß dann noch das Rohr g 
abgeschmolzen werden zu welchem Zweck man die Kautschukverbindung 
des Manometerrohres mit der Bürette bei a löst, hierauf das Korrektions- 
rohr B in eine Kältemischung von Kochsalz und Eis stellt und es so 
lange darin läßt, bis das Quecksilber im Manometerrohr anzeigt, daß 
im Innern des Korrektionsrohres ein geringerer Druck herrscht als in 
der äußeren Atmosphäre: dann erst erhitzt man das Rohr g, welches 
man zum Schutze vor Zerspringen, mit Ausnahme der Stelle, wo sie 
abgeschmolzen werden soll, mit wassergerührtem Gips überstreicht, 
dicht vor dem angesetzten Gummischlauch mit dem Gebläse und schmilzt 
es durch Ausziehen zu. Wird das so hergerichtete Korrektionsrohr 
dann wieder mit dem Meßrohr verbunden, so geben die Ablesungen 
direkt auf 0 und 760 mm reduzierte Gasvolumina, unbekümmert um 
die Temperatur- und Druckschwankungen, wenn man nur bei den 
Messungen dem Hahn D die Stellung 7 gibt und das Quecksilber im 
Manometerrohr durch Ausdehnen oder Zusammendrücken des im Meß- 
rohre befindlichen Gases zur Einstellung auf die Marken in k und i 
bringt. Die genaue Einstellung des Instrumentes erreicht man dadurch, 
daß man zunächst durch Heben oder Senken der Niveaukugel G@ die 
beiden Quecksilbermenisken k und i ungefähr in gleiche Höhe bringt, 
hierauf den Hahn n (Fig. 107) schließt und nun durch Drehen der Druck- 
scheibe o ein Stück Gummischlauch, welches sich zwischen dem Hahn n und 
dem Endstück der Bürette befindet, so in seinem Volumeninhalt ver- 


ist das reduzierte Volumen V,=V also für unser 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 367 


ändert, bis sich die beiden Menisken in gleicher Höhe befinden. Diese 
Art der Einstellung gestattet sehr schnell und bequem kleine Änderungen 
an der Größe eines Gasvolumens vorzunehmen. Beim Zurücksaugen 
des gemessenen Gases aus dem Manometer in das Meßrohr läßt man 
zweckmäßig etwas Quecksilber mit übertreten; man führt dann das 
Gas in die Pipetten und läßt, sobald das Meßrohr ganz mit Quecksilber 
erfüllt ist, nachdem man den Zweighahn in die entsprechende Stellung 
gebracht hat, wieder so viel Quecksilber in das Barometerrohr zurück- 
treten, daß es genau sein ursprüngliches Volumen hat. Um dies ganz 
genau machen zu können, befestigt man am Barometerrohr ein schwaches 
Eisenblech als Marke, an deren unterer Kante man den Quecksilber- 
meniskus einvisiert. 

Zur Demonstration der Sauerstoffaufnahme durch die Atmungs- 
chromogene gießt Palladin die Lösungen, welche die Chromogene 
enthalten, mit recht beträchtlichen Mengen wässeriger Alkalilösungen 
(auf 100 cem Chromogenlösung werden 5 ccm oder mehr einer 50 pro- 
zentigen Lösung von KOH oder 100 ccm einer gesättigten Lösung von 
Ba(OH), hinzugefügt) in einen flachen Glaskolben mit breitem Boden, 
der ein Volumen von 420 ccm besitzt und dessen Öffnung durch einen 
doppelt gebohrten Gummistöpsel verschlossen ist. In der einen Öffnung 
steckt ein kurzes Glasrohr mit Hahn, in der andern ein enges, zweimal 
gebogenes Rohr, dessen mittlerer horizontaler Teil von 50 ccm Länge 
mit einer Millimeterskala versehen ist. Das äußere, nach unten um- 
gebogene Ende dieser Röhre taucht in ein Gefäß mit gefärbtem Wasser 
und die Sauerstoffabsorption im Innern des Kolbens ist von einer Fort- 
bewegung des gefärbten Wassers im horizontalen Abschnitt des langen 
Rohres begleitet. Es ist noch besser, dem horizontalen Rohre eine kaum 
merkliche Neigung in der Richtung nach dem Gefäße mit der Flüssig- 
keit zu geben: in diesem Falle strömt, nachdem das Röhrchen sich mit 
gefärbtem Wasser gefüllt hat, dieses letztere beim Öffnen des Hahnes 
wieder in das Gefäß zurück, um nach Schließen des Hahnes von neuem 
in dem Röhrchen aufzusteigen. Um die Sauerstoffabsorption zu be- 
schleunigen, wird der Kolben mit der Flüssigkeit geschüttelt. 


WolkoffundMayer benutzten zur Bestimmung der Sauerstoff- 
absorption einen Apparat, der im wesentlichen aus einem U-Rohr be- 
steht, in dessen weites Gelenk die zu untersuchende Pflanze eingeführt 
wird; in diesem Gefäß befindet sich ein kleines Gefäß mit Kalilauge, 
das Ende des Rohres ist mit einem eingeschliffenen Stöpsel verschlossen, 
das andere, engere Rohr sperrt man mit Quecksilber. Das von der 
Pflanze gebildete Kohlendioxyd wird durch die Kalilauge absorbiert, 
und die Menge des aufgenommenen Sauerstoffs ergibt sich aus der 
Veränderung des Quecksilberniveaus im engeren graduierten Gelenk 
des Apparates. 

Für die Bestimmung des absorbierten Sauerstoffs kann der einfache 
Apparat von Godlewski!) dienen (Fig. 110), welcher gleichzeitig die 
ausgeschiedene Kohlensäure zu bestimmen gestattet. Ein einfacher dick- 
wandiger Kolben A auf dem Tische T trägt dort, wo das Volumen von 
400 cem mittels Wassers aus einer Bürette genau eingestellt ist, die Marke a. 
In diesen Kolben werden die zu untersuchenden Samen S oder anderen 


1) E. Godlewski, Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenatmung, Jahrb. f. 
wiss. Bot. 15, 491 (1882). 


368 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


Pflanzenteile auf feuchtes Filtrierpapier gebracht und der Kolben mit 
einem gut schließenden, doppelt durchbohrten Stöpsel verschlossen, durch 
dessen Bohrungen einerseits die kürzere, rechtwinklig gebogene Röhre b 
zieht, welche an ihrem äußeren Ende ausgezogen und zugeschmolzen 
ist, während die andere Röhre e doppelt rechtwinklig gebogen ist und 
in das Quecksilber im Gefäße n taucht. Der äußere Schenkel dieser 
Röhre ist kalibriert und mit einer Millimeterskala versehen. b besitzt 
im Innern des Kolbens ein Häkchen zur Aufnahme einer kleinen Eprou- 
vette g, in der sich eine abgemessene Menge starker Kalilauge befindet. 
Für das Gelingen des Versuches ist ein absolut luftdichter Abschluß 
des Apparates erforderlich. Der Kork muß gut, aber nur 13—15 mm 
hoch sein, er wird bis zur Marke a in den Hals des Kolbens eingepreßt, 
so daß der Glashals desselben noch etwa 10 mm über die Oberfläche des 
Korkes hinausragt, und in diesen Teil des Kolbenhalses gießt man eine 
6—8 mm hohe Schicht Quecksilber und auf diese noch etwas Wasser. 
Um das richtige Luftvolumen für die atmenden 
Pflanzenteile zu erhalten, muß man zu dem Volumen 
des Kolbens A den Inhalt der Röhre b bis zum 
Strich a und der Röhre e bis zum Quecksilber- 
niveau addieren, dagegen das Volumen sämtlicher 
im Apparate enthaltenen Objekte subtrahieren. Eine 
genaue Ablesung des Quecksilberstandes in der 
Röhre e ist nur dann möglich, wenn derselbe höher 
liegt als das Quecksilberniveau im Gefäße n; man 
erreicht ein Steigen der Quecksilbersäule, indem 
man den Kolben vor dem Eintauchen des Rohres 
erwärmt, ins Quecksilber versenkt und nun ab- 
kühlen läßt; es entsteht eine kleine Luftverdünnung, 
die das Quecksilber emportreibt, worauf sein Stand 
vor Beginn des Versuches markiert wird. Das 
korrigierte Luftvolumen berechnet man nach der 
Formel: gv=lgv!+lg(b —b’ — b’), — ig 
> (1 + 0 00366 f), worin die Reduktion auf Tempe- 

DB: u ea ratur, Barometerstand und Trockensubstanz ent- 
halten ist. Man wartet nun vor der Volumenablesung 

eine halbe Stunde, damit der Apparat die Temperatur der Umgebung an- 
nehmen kann. Sobald von den Samen Sauerstoff aufgenommen und 
Kohlensäure abgegeben wird, findet die Absorption der letzteren durch 
die Lauge statt, das Volumen der Luft im Apparat wird daher vermindert, 
und das Quecksilber fängt an, in der Röhre e zu steigen, und sein Stand 
wird zuzeiten unter Berücksichtigung von Temperatur und Barometer- 
stand abgelesen und aus der Luftverminderung der Betrag des ein- 
geatmeten Sauerstoffs bestimmt. Die absorbierte Kohlensäure ist in 
der Eprouvette als kohlensaures Kali in Lösung. Zu ihrer Bestimmung 
wird die ausgezogene, zugeschmolzene Spitze der Röhre b abgebrochen, 
der Apparat geöffnet und der Inhalt von g in einen kleinen Kolben ge- 
gossen, mit Wasser verdünnt und die Kohlensäure mit BaCl, ausgefällt. 
Der Niederschlag wird normalerweise gravimetrisch weiter behandelt, 
also abfiltriert, mit ammoniakalischem, von Ammonkarbonat freiem 
Wasser gewaschen, getrocknet, geglüht und aus dem Gewichte des 
BaCO, die Menge der Kohlensäure berechnet, die man schließlich auf 
Druck und Temperatur reduziert. Da das käufliche Kali stets etwas 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 369 


Kalikarbonat enthält, wird dessen Menge vorher im Reagens gravi- 
metrisch festgestellt und das in die Eprouvette gefüllte Kali genau ab- 
gewogen. 

Der von Polowzow!) konstruierte Apparat (Fig. 111) hat den 
Zweck, die Atmung von auf verschiedenen Nährlösungen und unter ver- 
schiedenen Verhältnissen keimenden Samen zu bestimmen. Für die 
Anfangsstadien der Keimung dient ein wagrechtes, zirka 250 ccm 
fassendes, beiderseits zugeschmolzenes Glasrohr A als Rezipient. Die 
eingeschmolzenen und mit Watte gefüllten Kugeln versehenen 
Röhrchen a und b ermöglichen die Luftdurchleitung. Die Samen 
werden in das mit Kautschukstöpsel verschlossene weite Rohr e ge- 
bracht, der Stöpsel kann mittels des Glasstabes i bequem bewegt werden. 
Durch c wird die zum sterilisierenden Auswaschen der Samen dienende 
Flüssigkeit (Bromwasser) eingegossen, die durch 
das Röhrchen d wieder entfernt werden kann. 
Der mit dem Apparat durch einen dickwan- 
digen Gummischlauch verbundene Kolben B 
enthält die zur Ernährung der Samen be- 


3 


A 


Fig. 111. Fig. 112. 
Apparat von Polowzow zur sterilen Aufzucht der im Atmungsversuch verwendeten Pflanzen, 


stimmte Flüssigkeit. Apparat und Kolben werden im Autoklaven steri- 
lisiert und die mit Bromwasser gewaschenen Samen in den Apparat 
eingefült, wo sie dreimal mit der Lösung aus dem Kolben B nach- 
gewaschen werden; der Untersuchung vorgeschrittener Keimungsstadien 
dient der aufrechtstehende Apparat (Fig. 112). 

Der Apparat von Bonnier und Mangin zur Untersuchung des 
Atmungsgaswechsels höherer Pflanzen (Fig. 113) besteht aus einer Glocke, 
unter welcher sich die Pflanzen befinden. Die Luft wird durch die Kali- 
lauge in der Flasche F von Kohlensäure befreit und durch die Röhre a 
der Glocke zugeleitet und durch das Rohr b dem Aspirator zugeführt, 
welcher das Absaugen der Luft bewirkt. Nachdem die Glocke mit 
kohlensäurefreier Luft gefüllt ist, werden die Hähne 1 und 2 geschlossen. 


1) Nach W. Palladin und 8. Kostytschew, „Methoden zur Bestimmung 
der Atmung der Pflanzen“, Abderhaldens Biochem. Arbeitsmeth. Bd. III, p. 485. 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 24 


370 XIN. Die Vorgänge bei der Atmung. 


Unter der Glocke befindet sich ein Gefäß mit Wasser, das den Raum 
feucht erhält. Von Zeit zu Zeit entnimmt man dem Apparat Gasproben, 
die man analysiert. Der Dreiweghahn R wird zur Entnahme so gestellt, 
daß die Röhre b mit der einen Gaspipette kommuniziert; durch 
Senken dieses Gefäßes führt man eine entsprechende Gasmenge aus der 
Glocke in die linke Pipette; dann stellt man den Hahn R so ein, daß sie 
mit der Röhre d kommuniziert, und verdrängt das Gas durch Heben 
des Gefäßes f in die Eprouvette, welche mit Quecksilber gefüllt und 
auf die Mündung der Röhre d aufgesetzt ist. Die entnommene Gas- 
probe analysiert man am besten mit Hilfe eines der im nachfolgenden 
beschriebenen Apparate. Das Volumen der Glocke bestimmt man auf 
folgende Art: man entnimmt aus der Glocke die Gasportion v, die man 
beim atmosphärischen Druck FH mißt. Das Manometer M gibt uns die 
Verminderung des Gasdruckes unter der Glocke an; bezeichnet h den 
Gasdruck in der Glocke vor Entnahme der Portion v, h! nach deren Ent- 
vH 
h—h"Y 


nahme, so ist das gesuchte Gasvolumen x unter der Glocke = 


Fig. 113. Atmungsapparat von Bonnier und Mangin. 


Um bei der Entnahme des Gases eine Durchschnittsprobe zu erhalten, 
treibt man das Gas mehrmals in die linke Gaspipette und wieder zurück, 
wodurch ein gründliches Mischen des Gases bewerkstelligt wird. Für 
kleinere Mengen Versuchsmaterial kommt man mit der einfacheren, von 
Palladin angegebenen Versuchsanordnung (Fig. 114) aus. Wenn man für 
Keimpflanzen wohl die Bonnierschen Glocken nicht entbehren kann, 
ist es handlicher, für Samen die 200—500 cem fassenden, mit doppelt 
durchbohrtem Kautschukstöpsel und doppelt gebogenem Zu- und Ab- 
leitungsrohr versehenen konischen Kolben Palladins zu benutzen. 
Die Erweiterung c oberhalb des Stöpsels füllt man mit Quecksilber, 
um einen vollkommen luftdichten Abschluß zu erzielen. Nachdem man 
genügend lange Zeit kohlensäurefreie Luft durch den Kolben geleitet 
hat, versenkt man den rechten Schenkel des Ableitungsrohres b in 
Quecksilber, dieses Rohr dient als Manometer; das Zuleitungsrohr a 
verbindet man durch einen mit dem Schraubenquetschhahn d ver- 
sehenen dickwandigen Kautschukschlauch mit einer zur Entnahme der 
(asproben bestimmten Gaspipette. Durch Entnahme einer entsprechen- 
den Gasmenge stellt man das Quecksilberniveau im Manometerrohr 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 371 


auf beliebige Höhe ein und füllt alsdann den Gummischlauch und den 
linken Schenkel des Rohres a mit Quecksilber; dadurch wird ein voll- 
kommen luftdichter Verschluß bewirkt, da die innere Atmosphäre des 
Kolbens von der äußeren Luft durch Glas und Quecksilber getrennt 
bleibt. Die Entnahme der Gasproben und die Ermittlung des Kolben- 
volumens führt man auf dieselbe Weise aus wie beim Bonnierapparat, 
nur daß man die dortige Gaspipette durch folgende zweckmäßige Modi- 
fikation ersetzen kann (Fig. 115). Außer dem Dreiweghahn R ist an der 
Pipette noch der einfache Glashahn S zwischen den beiden Gefäßen /! und !’ 
angebracht; durch entsprechende Drehung des Dreiweghahnes stellt 
man die Kugel ! je nach Bedürfnis entweder mit dem Rohr b oder mit 
dem Rohr d in Kommunikation. Der einfache Hahn $ dient zur Regu- 
lierurg des Quecksilberstromes. Handelt es 
sich darum, den Atmungskoeffizienten sehr 
geringer Mengen von Pflanzensubstanz zu be- 
stimmen, so sperrt man die zu untersuchen- 
den Objekte mit Quecksilber in sehr dick- 
wandige Reagenzgläser ein, wo die Pflanzen 
im oberen Teile durch Glaswolle festgehalten 


‚Fig. 114. Kulturkolben nach Palladin für Samen Fig. }15. Gaspipette zur Entnahme 
oder Blätter. von Gasproben. 


sind. Die Entnahme von Gasproben erfolgt mit der Gasbürette und 
die Messung in einem der üblichen Eudiometer. 

Der genaueste der für die Pflanzenatlmung verwendeten Apparate, 
allerdings etwas komplizierter in der Handhabung ist der von Polowzow- 
Richter (Fig. 116), den ich in der Beschreibung Palladins vorführe. 
Der wichtigste Teil des Apparates ist das Meßrohr AA’A’’A’’; der kali- 
brierte Teil des Rohres befindet sich in dem mit Wasser gefüllten Glas- 
zylinder B, das äußere Ende A’’ in der Quecksilberwanne c, in welche 
auch die Enden der Gaspipetten D und E hineinragen. Das andere 
Ende des Meßrohres ist mittels eines diekwandigen Gummischlauches 
mit der Birne H verbunden, die mit Quecksilber gefüllt ist. Mittels 
dieser Birne und des Glashahnes e kann man das Quecksilberniveau im 
Meßrohr auf beliebige Höhe einstellen. Der nicht graduierte Teil des 
Meßrohres 000 A’’ A’’’ ist ein enges Kapillarrohr; dadurch wird eine 
bequemere und genauere Einstellung des Quecksilberniveaus auf dem 
Strich O erzielt; für feinere Verschiebungen des Quecksilbers dient die 
in einem Ansatzrohr in Quecksilber versenkte Stahlschraube e. 

Die Quecksilberwanne c und die beiden Gaspipetten D und E 
sind durch diekwandige Gummischläuche und durch ein T-Rohr mit 

24* 


372 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 
der Birne g verbunden. Wenn man die beiden Glashähne n und p 
schließt und den Quetschhahn M öffnet, so kann man die Wanne c 
mit Hilfe der Birne entleeren oder mit Quecksilber füllen. Wenn man 
den Quetschhahn M schließt und einen der beiden Glashähne n und’ p 
öffnet, so kann man durch die entsprechende Gaspipette Quecksilber, 
je nach Lage der Birne, in beliebiger Richtung fließen lassen. Für feinere 
Verschiebungen der Quecksilbersäule im oberen Rohre der Pipette D 
dient die Stahlschraube /; die Pipette D ist für Kalilauge bestimmt, 
die Pipette E ist eine Explosionspipette, in deren obere Räume Platin- 
drähte eingeschmolzen 

sind, die aufwärts gerich- 
tet sind und an ihren 
Enden 1—2 mm von- 
einander abstehen ; außer- 
halb der Kugel sind die 
Platindrähte mit den Pol- 
drähten eines Ruhm - 
korffschen Funken- 
induktors in Verbindung 
gebracht, der seinerseits 
einem Zink - Kohle - Ele- 
ment angeschlossen ist, 
das mit einer Chromsäure- 
lösung aus 92 g K,Cr,O,, 
93,5 ccm konzentrierter 
Schwefelsäure und 900 g 
Wasser beschickt ist. 
Durch das Überspringen 
des Induktionsfunkens in 
der Kugel E ist das Ver- 
puffen minimalster Gas- 
quantitäten ermöglicht. 
Das Ablesen des Meß- 
rohres führt man mit Hilfe 
eines Horizontalmikro- 
skopes aus, das durch 
Auszug und Zahntrieb 


= vertikal und horizontal 
= ver verstellbar ist. Man stellt 
Fig. 116. Apparat nach Polowzow-Richter, das Instrument so ein, daß 


jeder Millimeterabstand 
des Meßrohres durch das Mikrometer im Okular des Mikroskopes in 
20 Teile geteilt wird. Für die Analyse sind kleine Eprouvetten von 
6—7 em Länge mit angeschmolzenem Glashalter notwendig. 

Mittels der beiden Birnen g und H füllt man das Meßrohr, die 
beiden Gaspipetten D und E und die Wanne c mit reinem, trockenem 
Quecksilber. Nach dem Füllen der Gaspipetten und der Wanne c bis 
zum Strich Im dürfen nur 2—3 cem Quecksilber in der Birne g bleiben. 
Den Glaszylinder B füllt man mit destilliertem Wasser und deckt ihn 
mit einer Glasplatte zu. Von Zeit zu Zeit wird das Wasser abgehebert 
und durch frisches ersetzt. Die Kugel der Gaspipette D füllt man zu 
einem Drittel mit verdünnter Kalilauge (7 prozentiges KOH verändert 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 37a 


die Tension des Wasserdampfes nicht, man braucht also in diesem Fall 
nach Absorption der Kohlensäure das Gas nicht wieder anzufeuchten, 
während man es bei Verwendung stärkerer Kalilauge vor der Messung 
in die Pipette E überzuführen hat, wo es durch das den Wänden der 
Pipette anhaftende Wasser angefeuchtet wird). Das Füllen der Ab- 
sorptionsgefäße mit Kalilauge geschieht auf folgende Weise: Eine Eprou- 
vette wird mit etwa 3—4 ccm Kalilauge beschickt und die Lauge mit 
Quecksilber abgesperrt; die Eprouvette überträgt man mittels eines 
eisernen Löffels in die Quecksilberwanne c und setzt sie unter Queck- 
silber auf die Mündung der Absorptionspipette so tief auf, daß das 
Ende der Pipette in Kalilauge taucht. Jetzt saugt man mit Hilfe der 
Birne g eine entsprechende Menge der Kalilösung in die Pipette ein, 
wonach man durch Aufheben der Eprouvette das obere Ende der Pipette 
in Quecksilber versenkt; dann saugt man eine Zeitlang Quecksilber 
in die Pipette ein, um die Lauge, welche den Wandungen des oberen 
Rohres anhaftet, zu entfernen. Nach dem Füllen der Pipette ist also 
die in der Kugel enthaltene Kalilauge durch das im oberen Rohr be- 
findliche Quecksilber gesperrt; die Bestimmung des Sauerstoffs ge- 
schieht durch Verpuffung mit Wasserstoff als Knallgas, den man sich 
durch Elektrolyse von Wasser bereitet und in den durch Quecksilber 
gesperrten Eprouvetten aufbewahrt. 

Vor dem Gebrauche muß der Apparat sorgfältig kalibriert werden. 
Der linke Schenkel des im Glaszylinder B befindlichen Teiles des Meß- 
rohres ist in Millimeter geteilt, am rechten engeren Schenkel des Rohres 
ist aber nur eine Marke OÖ auf dem Niveau des Striches /Im der Queck- 
silberwanne aufgetragen. Bei der Analyse stellt man die Kuppe des 
Quecksilbermeniskus im rechten Schenkel des Rohres genau auf den 
Strich O ein; die Messung des Gases findet also bei Atmosphärendruck 
statt. Nun muß noch das Volumen des Raumes 0°0 ermittelt werden. 
Man sperrt in eine Eprouvette einige Kubikzentimeter Luft mit Queck- 
silber, überträgt die Eprouvette in die Wanne c, setzt sie unter Queck- 
silber auf das Ende der Meßrohres auf und saugt mittels der Birne H 
und des Hahnes a zuerst etwas Luft, dann eine geringe Menge Queck- 
silber, schließlich wieder Luft in das Meßrohr ein; das Volumen des 
eingeführten Quecksilbers hält man möglichst annähernd so groß wie 
der Raum 0 0’ ist, entfernt eventuell einen Quecksilberüberschuß durch 
die Schraube e. Die eingeführte Quecksilbersäule stellt man so ein. 
daß die Kuppe des unteren Meniskus mit dem Striche O zusammen- 
fällt, und notiert unter Ablesung mit dem Horizontalmikroskop die 
Lage des höchsten Punktes beim anderen Meniskus im linken Schenkel 
des Rohres; dann verschiebt man die Quecksilbersäule so, daß der 
rückwärtige Meniskus die Lage des vorderen einnimmt, und nofiert die 
neue Lage; so mißt man das ganze graduierte Rohr mit derselben 
Quecksilbersäule und kann die entsprechenden Korrekturen anbringen. 
zu denen noch die für den Raum 0° O ermittelte Zahl addiert werden muß. 

DieAnalyse: Das zu analysierende Gas muß in einer Eprouvette 
wit Quecksilber abgesperrt sein, die Eprouvette wird in die Wanne c 
übertragen, unter Quecksilber auf das Ende des Meßrohres aufgesetzt 
und eine entsprechende Gasmenge in das Meßrohr eingesaugt und dieses 
dann durch Aufheben der Eprouvette mit Quecksilber gesperrt. Dann 
entfernt man die den Gasüberschuß enthaltende Eprouvette aus der 
Wanne und ersetzt sie durch eine andere, die völlig mit reinem, trockenem 


374 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


Quecksilber gefüllt ist; diese Eprouvette läßt man im Quecksilber 
schwimmen, indem man den Glashalter an dem Haken Ah aufhängt. Nun 
stellt man das Quecksilberniveau in der Wanne c genau auf den Strich 
Im ein, den Quecksilbermeniskus im rechten engeren Schenkel des Rohres 
stellt man mit Hilfe der Schraube e und einer Lupe auf den Strich O 
ein, notiert nach Ablesung mit dem Horizontalmikroskop die Lage des 
höchsten Punktes des Quecksilbermeniskus im linken Schenkel des 
Meßrohres und berechnet nach der Korrektionstabelle das korrigierte 
Gasvolumen. ‚Jetzt führt man das Gas aus dem Meßrohr in die mit 
Quecksilber gefüllte Eprouvette über, die man hierbei unter dem Queck- 
silber auf das Ende des Meßrohres so tief aufsetzt, daß das Ende des 
Rohres die Wölbung der Eprouvette berührt. Diese überträgt man dann 
unter Quecksilber auf das Ende der Absorptionspipette D und saugt 
das Gas mittels der Birne g und des Hahnes n in die Pipette ein. Bei 
Anwendung einer verdünnten Kalilösung muß das Gas etwa 10 Minuten 
in der Pipette bleiben, während dieser Zeit läßt man durch Senken der 
Birne g und eine entsprechende Drehung des Hahnes n Quecksilber 
tropfenweise aus der Wanne in die Pipette fließen; nach Ablauf von 
10 Minuten treibt man das Gas aus der Pipette in die auf das obere Rohr 
aufgesetzte Eprouvette zurück; der größte Teil des Gases wird mit 
Hilfe der Birne g ausgetrieben; zuletzt schließt man den Hahn und ent- 
fernt den Rest des Gases mittels der Schraube /, wobei man das Queck- 
silberniveau in der Wanne c so niedrig einstellt, daß man das Ende des 
oberen Rohres mit der daraufgesetzten Eprouvette sehen kann. Beim 
Verdrängen des Gases aus der Absorptionspipette hat man dafür zu 
sorgen, daß keine Spur Lauge in die Eprouvette eindringt; sollte das 
geschehen sein, so führt man das Gas in die Pipette über und ersetzt 
die verunreinigte Eprouvette durch eine mit reinem Quecksilber ge- 
füllte, weil sonst beträchtliche Fehler bei der nachfolgenden Ablesung 
geschehen können. Nach Absorption der Kohlensäure wird das Gas 
wieder in das Meßrohr übergeführt und neuerdings das Volumen ab- 
gelesen; die Differenz beider Ablesungen ist die Menge der Kohlensäure. 
‚Jetzt treibt man das Gas in die Eprouvette zurück, in die Wanne c führt 
man eine mit Wasserstoff gefüllte Eprouvette ein, setzt sie auf das Ende 
des Meßrohres auf und saugt in das Meßrohr ein Quantum Wasserstoff 
ein, das man nach dem mutmaßlichen Sauerstoffgehalt des zu messenden 
Gasgemisches wählt. War die Menge der Kohlensäure geringer als 8 %, 
so muß die aufgesogene Wasserstoffmenge etwa zwei Fünftel des ur- 
sprünglichen Volumens des zu analysierenden Gases betragen; man 
ermittelt das Volumen des Wasserstoffes und führt ihn dann in die 
Eprouvette über, welche das zu analysierende Gas enthält; der Inhalt 
der Eprouvette wird dann in die Explosionspipette eingesogen und ver- 
pufft. Die Explosion wird dadurch hervorgerufen, daß man das Zink- 
Kohle-Element einen Moment in Betrieb setzt. Dabei senkt man die 
Birne g möglichst tief und öffnet gleichzeitig den Hahn p, wodurch ein 
Quecksilberstrom von der Wanne c in die Pipette hergestellt wird. 
Nach der Verpuffung treibt man das Gas durch Heben der Birne g 
in die Eprouvette zurück, die Eprouvette überträgt man auf das Ende 
des Meßrohres, saugt das Gas in das Meßrohr ein und ermittelt das 
Volumen des Gases. War a das Volumen des zu analysierenden Gases 
nach erfolgter Kohlensäureabsorption, b das Volumen des Wasserstoffs 
und c das Volumen der Gasmischung nach der Explosion, so ist das 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 37 


Volumen des Sauerstoffs — a Der Stickstoff wird aus der 
Differenz berechnet. Ist der Sauerstoffgehalt des zu analysierenden 
Gases sehr gering, so ist es möglich, daß beim Überspringen des Funkens 
gar keine Explosion stattfindet; in diesem Falle fügt man eine gemessene 
Menge von etwa einem Drittel vom Volumen des zu analysierenden 
Gases an Knallgas hinzu und wiederholt die Verpuffung. Man kann 
mit dem Polowzow schen Apparat selbstredend nicht nur ein Gas- 
gemisch von Kohlensäure, Sauerstoff und Stickstoff analysieren, sondern 
auch Wasserstoff, Kohlenoxyd, Methan und anderer Gase mit Hilfe 
geeigneter Absorptionsflüssigkeiten bestimmen. Zur Analyse eines Ge- 
misches von Kohlensäure, Wasserstoif, Sauerstoff und Stickstoff bringt 
man das Gas nach Bestimmung des Gesamtvolumens zunächst in Kali- 
lauge, wo die Kohlensäure absorbiert wird, dann verpufft man es zur 
Bestimmung des Wasserstoffs in der Explosionspipette, wobei man 
bei Zuführung von Knallgas dessen Menge nicht zu hoch wählen darf, 
da sonst ein Teil des Stickstoffs zu Stickoxyden oxydiert werden kann. 
Hat nach der Explosion eine Volumenverminderung stattgefunden, so 
setzt man dem Gase eine im Meßrohr genau abgemessene Menge kohlen- 
säurefreier Luft zu und bringt wieder zur Verpuffung, wiederholt diesen 
Vorgang eventuell bei nochmaliger Volumverminderung; bleibt das 
Volumen des Gases nach der zweiten Explosion unverändert, so be- 
rechnet man das Volumen des Wasserstoffs folgendermaßen: war a 
das Volumen des Gases nach der Absorption der Kohlensäure und b 


2 
nach der Explosion, so ist das Volumen des Wasserstoffs 3 (a—b). 


War das mit Sauerstoff verbrennbare Gas reiner Wasserstoff, so darf 
bei der Explosion keine Spur Kohlensäure gebildet worden sein, wovon 
man sich durch nochmalige Absorption in Kalilauge überzeugt. Für die 
Bestimmung des Sauerstoffs nimmt man besser eine neue Gasprobe 
und zieht bei der Zufügung von Wasserstoff zur Explosion die im Gas- 
gemisch bereits vorhandene Wasserstoffmenge in Rechnung. 

Die Kohlensäurebestimmungen mit dem Polowzow schen Ap- 
parat haben eine Fehlergrenze von 0,15 % die Sauerstoffbestimmungen 
von 0,1 %. Für die Genauigkeit der Bestimmungen ist vor allem exaktes 
Kalibrieren des Meßrohres von Belang, ferner die Reinheit des Queck- 
silbers. Wenn man bemerkt, daß das Quecksilber sich nicht sehr leicht 
im Meßrohr bewegt oder gar an der Wand haften bleibt, muß das Rohr 
gereinigt werden. Man setzt unter dem Quecksilber eine mit 15 pro- 
zentiger Salpetersäure gefüllte Eprouvette auf das Ende des Meßrohres 
auf und führt die Flüssigkeit in das Rohr ein; nach einigen Minuten 
treibt man die Flüssigkeit in die Eprouvette zurück und wäscht das 
Rohr ebenso einigemal mit destilliertem Wasser. Dann entleert man 
das Meßrohr, den Gummischlauch P und die Birne H und trocknet 
das Rohr mittels Durchblasens erwärmter Luft. Die Einstellung der 
Quecksilbersäule auf den Strich O im Meßrohr muß immer durch eine 
Bewegung in der Richtung des Pfeiles erfolgen. Die Ablesungen während 
einer Analyse müssen bei konstanter Temperatur vorgenommen werden, 
die Temperaturschwankungen kontrolliert man mittels eines im Zylinder 
B in das Wasser getauchten Thermometers und gleicht durch Zugießen 
wärmeren oder kälteren Wassers aus. Man kann mit Hilfe dieses Apparates 
während kurzer Zeit (eine Analyse nimmt höchstens eine halbe Stunde 


376 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


in Anspruch) eine ganze Reihe exakter Gasmessungen durchführen, für 
jede Analyse genügen sehr geringe Gasmengen; der Apparat erfordert 
wenig Quecksilber und seine Handhabung ist, einmal eingeübt, nicht 
schwierig. Die Art der Gasbestimmung durch Explosion ermöglicht 
nicht nur eine sicherere und elegantere Sauerstoffbestimmung als durch 
Absorption mit alkalischer Pyrogallollösung, sondern auch die Be- 
stimmung von Wasserstoff, Kohlenoxyd und anderer Gase. 

Einfacher ist der Apparat von Bonnier und Mangin, von 
welchem zunächst die Modifikation von Baranetzky beschrieben sei 
(Fig. 117). Auf einem Holzbrettchen ist das etwa 0,7 mm weite mit der 
Kugel e und dem Glashahn A versehene Glasrohr montiert. Der etwa 70 bis 
100 em lange Teil cd des Rohres ist in Millimeter geteilt und kalibriert. 
Ein an die Kugel angeschalteter Kautschukschlauch verbindet das Rohr 
mit der Birne /, die in einem auf einem Stativ verstellbaren Messingring 
liegt. Der Teil a des Rohres ist in eine (auf der Abbildung nicht dar- 
gestellte) mit Quecksilber gefüllte Glaswanne eingeführt. Das ganze 
Rohr, die Kugel e, der Gummischlauch und die Birne f sind mit Queck- 
silber gefüllt. Die Eprouvette, 
welche das zu analysierende Gas 
enthält, wird nun in die Queck- 
silberwanne eingeführt und unter 
Quecksilber auf das Ende des 
Rohres a aufgesetzt. Durch 
Senken der Birne / und gleich- 
zeitiges Öffnen des Hahnes h 
fängt man eine entsprechende 
Gasmenge in dem Teil ab des 
Rohres ein und sperrt das Gas 
durch Heben der Eprouvette 
r mit Quecksilber. Sobald das 
ci: sehn re a ir eingeführte Gas den graduierten 

Raum des Rohres eingenommen 
hat, schließt man den Hahn h und legt die Birne f in den Messing- 
ring. Jetzt senkt man die Nadel 9, bis sie die Oberfläche des 
Quecksilbers in der Birne berührt, und schraubt sie in dieser Lage 
fest; diese Lage der Nadel bleibt während der ganzen Dauer der 
Analyse unverändert. Nachdem man die Länge der Gassäule er- 
mittelt hat, entfernt man aus der Wanne die den Überschuß des Gases 
enthaltende Eprouvette und ersetzt sie durch eine andere Eprouvette, 
welche mit konzentrierter Kalilauge gefüllt ist. Durch Senken der 
Birne f und Öffnen des Hahnes h führt man die Lauge in den Teil ab 
des Rohres ein. Durch Heben der Birne treibt man die Lauge sofort 
in die Eprouvette zurück und führt gleichzeitig das Gas in den Teil ab 
des Rohres über, wobei man darauf achtet, daß die Gassäule den Hahn Ah 
nicht erreicht. Die den Wandungen des Rohres anhaftende Kalilauge 
absorbiert die Kohlensäure aus dem Gasgemisch. Jetzt öffnet man 
wieder den Hahn h und treibt das Gas in den graduierten Teil des Rohres, 
wonach man die Birne f so einstellt, daß die Nadel g die Oberfläche 
des Quecksilbers berührt. Dann schließt man den Hahn und liest die 
Länge der Gassäule ab, die Differenz der beiden Ablesungen gibt die 
Menge der Kohlensäure. Jetzt führt man ebenso alkalische Pyrogallol- 
lösung in das Rohr ein und bestimmt durch dieselbe Manipulation die 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. SEE 


Menge des enthaltenen Sauerstoffs. Nach Beendigung der Analyse 
entfernt man die Quecksilberwanne, verbindet das Ende a des Rohres 
durch einen Gummischlauch mit einem kleinen Trichter, füllt den Trichter 
mit verdünnter Salpetersäure, saugt die Säure in das Rohr ein und treibt 
sie in die Eprouvette zurück, welche Operation man zwei- bis dreimal 
wiederholt, um schließlich das Rohr in derselben Weise mehrmals mit 
destillierttem Wasser zu waschen. Dann entfernt man den Trichter, 
entleert durch Senken der Birne das Rohr und die Kugel e und trocknet 
das Rohr mittels Durchsaugens von Luft, wobei man den das Rohr 
mit der Birne verbindenden Gummischlauch entfernt. Der graduierte 
Teil des Rohres ist mit einer Glasplatte bedeckt, wodurch ein durch den 
Experimentator mögliches Erwärmen des Rohres verhütet wird. Auf 
diese Weise wird der Prozentgehalt an den einzelnen Bestandteilen 
eines Gasgemisches ermittelt. Ist auch die Kenntnis der absoluten Menge 
des absorbierten Sauerstoffs und der gebildeten Kohlensäure erwünscht, 
so muß nicht nur die prozentische Zusammensetzung, sondern auch 
das Gesamtvolumen des Gases im Rezipienten sowohl zu Beginn als 
am Ende des Versuches ermittelt werden. Handelt es sich aber nur 


um den Koeffizienten nn so ist der Inhalt des mit den Pflanzen be- 


2 

schickten Rezipienten nicht von Belang; in diesem Falle genügt eine 
Bestimmung der einzelnen Bestandteile des Gasgemisches am Ende 
des Versuches. Es seien a, b und c die am Ende des Versuches für 
Kohlensäure, Sauerstoff und Stickstoff (welcher physiologisch nicht in 
Aktion tritt) gefundenen Prozentzahlen. Die Zusammensetzung der 
Luft im Rezipienten zu Beginn des Versuches sei O, = 20,9%, N; = 
79,1%. Ist ce nicht — 79,1 %, so bedarf die für den absorbierten Sauer- 
stoff gefundene Zahl einer Korrektur in folgender Weise: ist die Menge 
des Stickstoffs c, so war die dem Stickstoff äquivalente Sauerstoff- 


B [6 e : - z 

menge gleich 20,9 - 97 danach ist die Menge des absorbierten Sauer- 

20,9 -c ir: CO, a 
’ Kae, y a A ee Be- 
stoffs gleich 79,1 b und der Koeffizient Ö, 20,9 e 
79,1 

ich ir den Quotienten __ mit q, so ist SE an 

zeichnen wir den Quotienten „, | mi Q, so is Wr Br 


ermittelt durch eine Reihe von Analysen den von 20,96 % bis 20,80 % 
schwankenden Sauerstoffgehalt der umgebenden Luft und berechnet 
danach die Größe von q. 

Der Apparat von Bonnier und Mangin!), der eine sehr genaue 
Analyse von Gasgemischen auf einfachem Wege gestattet (Fig. 118), be- 
steht aus dem Pumpenkörper AB, der prismatisch oder zylindrisch geformt 
ist und nach rückwärts durch einen zylindrischen Teil RR, aus Bronze 
fortgesetzt wird und dort mit einer Schraubenmutter versehen ist, in welche 
durch Reibung der Stempel des Schraubenstückes T eingepaßt ist. Dieses 
ist an einer Seite durch den Pumpenstempel P begrenzt und auf der 
andern durch eine runde Scheibe mit dem Handgriff M, welcher den 
Stempel mehr oder weniger tief in den Pumpenkörper hineinzutreiben 


1) Aubert, Nouvel appareil deM.M.Bonnier et Mangin pour l’analyse 
des gaz, Revue generale de botanique E39 ABI): 


[0 0) 


378 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


WW) 


gestattet. Dieser letztere liegt mit einer seiner Flächen auf dem Brett 
X Y aufmontiert. Die entgegengesetzte Fläche besitzt zwei Öffnungen, 
die eine, O ist kapillar und ganz am Rande des Pumpenkörpers an- 
gebracht und kann hermetisch durch die Schraube V geschlossen werden; 
in der anderen, O,, ist eine Röhre C angebracht, die durch eine Art 
Trichterrohr mit dem langen Kapillarrohr DEFGH verbunden ist, 
welches eine Innenweite von zirka 1 mm besitzt. Am Beginn dieser 
Röhre ist eine Erweiterung von 1—2 ccm Fassungsraum angeblasen, 
die Röhre ist bei D rechtwinklig gebogen. Der horizontale Teil DE 
von 70 cem Länge ist fein kalibriert und gleichmäßig der Länge nach 
graduiert. Die 600 Teilgrade umfassen beiläufig 60 em. Die Röhre be- 
sitzt überdies noch drei rechtwinklige Biegungen bei E FG. Der aufrecht- 
stehende Teil GH ist am Ende ausgezogen und bildet die senkrechte 
Achse der dickwandigen Glaswanne L. Das Ende H ist außerhalb der 
Ebene gelegen, in welcher die horizontale Achse des Rohres DE lieg!. 
Die Wanne L ist an ihrem Grunde durch eiserne Schrauben an der 
Metallstütze N angeschraubt, die ihrerseits an dem Brett XY befestigt 
ist. Diese Metallfläche bildet in ihrem oberen Teile den Boden der 


Fig. 118. Bonnier-Mangins Atmungsapparat. 


Küvette, die überdies mit einer schmalen Rinne versehen ist, deren 
Lichte sich nach außen bei N erstreckt und durch einen Metallstöpsel 
verschlossen ist. Der Apparat wird folgendermaßen mit Quecksilber 
gefüllt. Der Schraubenstempel wird völlig nach rechts mittels der 
Handhabe M zurückgezogen, die Stütze XY wird von der Seite X 
gehoben und zirka 30 Grad geneigt. Nachdem die Schraube V gelüftet 
ist, gießt man mittels eines kapillar ausgezogenen Trichters durch die 
3ohrung O vollkommen reines, trockenes Quecksilber. Nachdem der 
Pumpenkörper voll ist, klopft man ihn an seiner Oberfläche leicht, um 
eventuell hineingeratene Luftblasen bei O0 herauszutreiben, welche an 
den Wänden haften könnten. Man setzt die Schraube V wieder auf 
und bringt den Apparat in die Horizontallage. Die Wanne L wird darauf 
mit reinem trockenem Quecksilber so gefüllt, daß die freie Quecksilber- 
oberfläche über der Horizontalachse der Röhre DE liegt. Dann dreht man 
den Pumpenkolben in den Pumpenkörper ein. Das Quecksilber er- 
füllt allmählich die Erweiterung und alle Teile der Röhre DEFGH. 
So vorbereitet kann aber der Apparat noch nicht zur Analyse verwendet 
werden, da das Kapillarrohr immer noch Staubkörnchen enthält, welche 
an den Wandungen haften, so daß das Quecksilber sich nicht gleich- 
mäßig ausdehnen kann und Luftbläschen einschließt. Man wäscht also 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 379 


die Kapillarröhre mit reiner verdünnter Salzsäure und darauf einigemal 
mit destilliertem Wasser. 

Die Salzsäure befindet sich in einer Glasröhre, welche eng genug 
ist, um in den weniger breiten Teil der Wanne L eingeführt zu werden. 
Man kehrt die mit dem Daumen verschlossene Röhre T unter Queck- 
silber um und taucht sie soweit ein, daß der äußerste Teil der Röhre H 
in die Säure taucht. Sie sitzt jetzt fest und währenddes wird der Pumpen- 
kolben ein wenig nach rechts zurückgezogen, so daß die Säure bis gegen 
D eindringt, bis zum Beginn der Erweiterung, aber noch nicht in diese 
selbst hinein. Die Säure wird dann wieder durch vorsichtige Drehung 
des Kolbens nach links hinausgedrängt. Eventuell führt man noch eine 
Ausspülung mit der Säure durch. Wichtig ist, daß die Flüssigkeiten — 
man wäscht dann auf dieselbe Weise mit Wasser nach — nur ganz lang- 
sam hinausgetrieben werden. Dann trocknet man das Kapillarrohr: 
man nimmt eine völlig reine trockene Eprouvette, taucht sie mit der 
Mündung verkehrt in das Quecksilber oberhalb H. Man bewirkt 
eine heftige Vertikalschwingung der Eprouvette, so daß das Ende 
von H abwechselnd in Luft und Quecksilber ragt, und dreht unter- 
des den Kolben P nach rechts. Dadurch dringt in das Kapillarrohr 
abwechselnd eine Luftblase und etwas Quecksilber, das man langsam 
wieder hinaustreibt. Das an den Wänden der Röhre DE anhaftende 
Wasser wird durch den Quecksilbertropfen herausgezogen. Man tupft 
es vorsichtig mit Josephspapier ab, so daß die Quecksilberfläche in der 
Wanne trocken ist. Durch Wiederholung dieser Operation pflegt man 
eine vollkommene Austrocknung der Röhre bewirken zu können, und 
der Apparat ist zur Analyse fertig. Es sei eine Gasmischung von Sauer- 
stoff, Stickstoff und Kohlendioxyd zu analysieren. Man bereitet vor- 
her zur Absorption der Kohlensäure die Kalilauge und zur Absorption 
des Sauerstoffs die alkalische Pyrogallollösung vor. Über ein mit 
Quecksilber gefülltes sauberes Gefäß wird eine 7—8 cm hohe, 1 cm 
breite, mit dem Daumen verschließbare Eprouvette gestülpt. Man gibt 
ein kleines Stückchen Atzkali hinein und füllt den übrigen Raum mit 
Quecksilber. Mittels einer umgebogenen Pipette führt man 3—4 cem 
destilliertes Wasser ein und hat so eine Kalilösung bei Ausschluß von 
Luft hergestellt. Ebenso verfährt man behufs Herstellung des Pyro- 
gallats, nur daß man jetzt in die mit etwas festem Atzkali beschickte, 
mit Quecksilber verschlossene Eprouvette statt des Wassers 3—4 cem 
einer gesättigten, frisch in der Kälte bereiteten wässerigen Auflösung 
von Pyrogallol aufsteigen läßt. Man muß den Eintritt von Luft in 
diese Röhren verhindern und die Pyrogallollösung durch Umhüllung 
mit schwarzem Papier vor Belichtung schützen. So hergestellte Lösungen 
können für mindestens zwanzig Analysen dienen. 

Für die Analyse des genannten Gasgemisches, das sich in einer 
kleinen Eprouvette befindet, kehrt man diese, mit dem Daumen ver- 
schlossen, um und überträgt sie über Quecksilber in die Wanne L. Man 
schiebt sie darin so weit, bis das Ende des Kapillarrohres 7 mit dem 
Gas kommuniziert. Man zieht den Kolben P nach rechts, bis die auf- 
genommene Gassäule den Teil aFGH erfüllt. Die Gaseprouvette wird 
gehoben, das Quecksilber in L mit Josephspapier getrocknet und die 
Gassäule durch Rechtsdrehung des Kolbens mitgezogen und gelangt 
in den graduierten Teil der Röhre. wo das Gesamtvolumen V bestimmt 
wird. Wenn das Kapillarrohr nicht genau kalibrieıt ist, muß man die 


380 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


Gassäule beiläufig immer in dieselbe Partie der graduierten Kapillar- 
röhre hineinziehen, um den Fehler, welchen die ungenau kalibrierte 
Röhre bieten würde, zu verringern. 

Man bringt die Gassäule in den Raum bE aF zurück und appliziert 
über dem Quecksilber in L die kleine Eprouvette mit der Kalilösung. 
Durch Zurückziehen des Kolbens nach rechts wird eine kleine Menge 
der Lauge nach bDEFGH gezogen. Man treibt die Lauge wieder in ihre 
Eprouvette zurück und gleichzeitig trifft die Gassäule, welche sich in 
der Erweiterung K und dem vorderen Teile des Kapillarrohres aus- 
breiten konnte, welcher von der Laugensäule durch einen Quecksilber- 
index von mehr als 10 cm Länge getrennt ist, an der Innenwandung 
der Röhre, in bF, eine hinreichende Kalimenge, um das Kohlendioxyd 
aus dem Gasvolumen V vollkommen zu absorbieren. 

Wenn die ganze Laugensäule aus der Kapillarröhre entfernt ist, 
verhindert ein Index von einigen Zentimetern Quecksilber das Ent- 
weichen des Gases. Man entfernt die Laugeneprouvette, dann wird die 
Oberfläche des Quecksilbers in L und die Spitze des Rohres H mit 
Josephspapier abgetrocknet und die Gaskolonne im graduierten Teil 
des Kapillarrohres angeordnet. Das neue Gasvolumen sei VÄ,<V, 
dann repräsentiert V — V, das Volumen des Kohlendioxyds, welches 
in einem Volumen V der Gasmischung vorhanden war. Man läßt dann 
den Sauerstoff absorbieren, indem man von neuem die Gaskolonne 
nach b/’ im Kapillarrohr bringt und aus der kleinen Eprouvette Pyro- 
gallol einfließen läßt, das in derselben Weise wie früher die Kalilauge 
behandelt wird. Man bringt die Gaskolonne in jenen Teil der Röhre, 
die mit der Lösung benetzt ist, die Absorption des Sauerstoffs erkennt 
man an der mehr oder weniger großen Braunfärbung des Innenraumes 
der Röhre. Nachdem die Pyrogallollösung zurückgetrieben und das 
Quecksilber der Küvette sorgfältig abgetrocknet worden ist, liest man 
das Volumen V, des restlichen Gases ab. V, — V,ist dann das Volumen 
des Sauerstoffs in der Gasmischung. V, ist schließlich die Menge des 
Stickstoffs. Aus den gefundenen Zahlen kann man leicht das prozentuale 
Verhältnis der Gasmischung feststellen. Nach der Analyse wäscht man 
das Kapillarrohr mit verdünnter Salzsäure, mit destilliertem Wasser 
und trocknet schließlich so wie früher mit Luft. Zuzeiten ist es gut. 
das Quecksilber in L durch neues, trocken und sauber gehaltenes zu 
ersetzen. Man kann den Apparat auch an ein Quecksilbereudiometer 
anschließen, welches als Explosionspipette dient. 

Bringt man Pflanzen in sauerstoffreie Atmosphäre, so findet natür- 
lich keine Oxydation, aber doch Weitervegetieren auf Kosten einer 
intramolekularen Spaltung des Energiemateriales statt. Dabei wird 
neben Kohlensäure Alkohol gebildet; die Kohlensäureproduktion ist 
in der Regel bei Sauerstoffabschluß bedeutend geringer als bei Sauerstoff- 
zutritt. Wenn wir durch J die Menge des bei Sauerstoffabschluß, mit 
N die Menge des unter normalen Verhältnissen produzierten Kohlen- 
dioxyds bezeichnen, so finden wir bei verschiedenen Pflanzen nach 


Palladin bei einigen Pflanzen folgende Werte von „;: junge Keim- 


N‘ 
linge von Vicia Faba 1,197, Triticum vulgare 0,490, Zweige von Abies 
excelsa 0,077, von Ligustrum vulgare 0,816. Die Menge der gebildeten 
Kohlensäure ist vor allem von dem Kohlehydratgehalt der betreffenden 
Pflanze abhängig. Etiolierte, kohlehydratfreie Bohnenblätter erzeugen 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 3s1 


bei Sauerstoffabschluß nur geringe Mengen Kohlensäure und sterben 
bald ab, nach dargebotener Zuckernahrung dagegen produzieren sie 
große Mengen Kohlensäure und bleiben länger am Leben und ergrünen 
am Lichte. Auf Kosten der Kohlehydrate entsteht auch der Alkohol, 
etiolierte Stengelspitzen von Vicia Faba bildeten in der Anaerobiose 
CO, :C,H,OH im Verhältnis 100 : 92,6, während dieses Verhältnis bei 
nicht mit Zucker ernährten Exemplaren derselben Pflanze wie 100 : 26,5 
war. Nach sauerstoffreier Behandlung pflegt die CO,- Entwicklung 
bei Wiedereintreten normaler Verhältnisse einen starken Aufschwung 
zu zeigen, da die Produkte der intramolekularen Zerspaltung nunmehr 
oxydiert werden. Da die intramolekulare Verarbeitung eine geringere 
Energiemenge produziert als die Oxybiose, ist im ersteren Falle eine 
größere Quantität Betriebsmaterial notwendig als im letzteren. 

Die Atmung, d. h. der Gaswechsel der Atmung, hält ferner auch 
an, wenn die Pflanzen durch Mittel abgetötet würden, welche der Enzym- 
arbeit keinen Eintrag tun; solche abgetötete Pflanzen scheiden große 
Mengen Kohlensäure ab. Dieses Abtöten kann auf folgende Weise aus- 
geführt werden: 1. Autolyse unter Zusatz eines von den 
Giften, welche das Protoplasma abtöten, auf die Fermente aber kaum 
einwirken, wie Chloroform, Nitrobenzol, Toluol; 2. Trocknen bei 
niederer Temperatur und darauffolgendes Zerreiben. Das erhaltene 
Pulver veranlaßt unter sterilen Bedingungen (in Gegenwart eines Giftes) 
fermertative Reaktionen; 3. Behandlung mit Azeton; 4. die von Pal- 
ladin ersonnene Methode der Abtötung durch niedere Tem- 
peratur. Diese letztere Methode soll später geschildert werden. Durch 
Erfrieren getötete Bohnenblätter wurden im Wasserstoffstrom bis zum 
Aufhören der CO,-Produktion belassen, dann wurde der Wasserstoffstrom 
durch einen Luftstrom ersetzt. Die Blätter erzeugten auch hier wieder 
beträchtliche Mengen Kohlensäure und nahmen eine schwarze Färbung 
an. Nachdem die Kohlensäureproduktion aufgehört hatte, wurden die 
Blätter zerrieben und mit Pyrogallollösung versetzt, wodurch wieder 
Kohlendioxydabscheidung eingeleitet wurde. Schließlich wurde Wasser- 
stoffsuperoxyd zugegeben und auch die hier gebildete Kohlensäure- 
quantität bestimmt. Von den im ganzen gebildeten 1183 mg CO, ent- 
fielen auf den Wasserstoffstrom 100 mg, auf den Luftstrom 142 mg, 
nach Zusatz von Pyrogallol entstanden 648 mg und nach Zusatz von 
Wasserstoffsuperoxyd 293 mg. Als Atmungsmaterial kommen in erster 
Linie Kohlehydrate und Fette in Betracht, sie nehmen ab, während 
die Quantität der stickstoffhaltigen Anteile konstant bleibt, solange 
jene nicht erschöpft sind. Die Anwesenheit von Kohlehydraten ist 
für eine normale Atmung auch bei Überschuß an Eiweißstoffen not- 
wendig, die Atmungsenergie sinkt aber auch bei Gegenwart von viel 
Eiweiß sehr beträchtlich, wenn Kohlehydratmangel eintritt. Etiolierte 
Bohnenblätter, die sehr eiweißreich sind, scheiden trotzdem nur ge- 
ringe Mengen Kohlensäure aus, da sie nur sehr wenig Kohlehydrate 
führen; ihre Atmungsenergie steigt fast ums Doppelte, wenn sie einige 
Zeit auf Rohrzuckerlösung schwimmen gelassen wurden; doch besteht 
kein konstantes Verhältnis zwischen Kohlehydratmenge und Atmungs- 
energie. 

Die Tatsache der intramolekularen Atmung läßt sich übrigens sehr 
einfach demonstrieren. Sechs Bohnen werden 12 Stunden eingeweicht 
und dann die Samenschale abgezogen, ohne daß der Embryo verletzt 


3892 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 
wird. Ein Rest der Testa muß aber übrigbleiben, um die Kotyledonen 
zusammenzuhalten und das Eindringen von Luft zu verhindern, so 
daß gezeigt werden kann, daß Kohlensäure auch ohne Zutritt von 
freiem Sauerstoff entwickelt wird. Eine Eprouvette wird mit Queck- 
silber gefüllt und in einer Glaswanne unter Quecksilber umgekehrt 
(Nebenbei gesagt, soll man in allen Versuchen, in denen Queck- 
silber zur Anwendung kommt, das betreffende Gefäß in eine starke 
Holzfassung stecken, damit das Quecksilber, wenn irgend etwas passiert, 
nicht auf den Fußboden rollen kann.). Die geschälten Bohnen werden 
nun unter die Mündung der Eprouvette gebracht, so daß sie durch das 
Quecksilber in die Eprouvette eindringen und auf dem Quecksilber 
schwimmen. Am folgenden Tag ist die Eprouvette halb mit Gas ge- 
füllt und die Bohnen nicht mehr halb von Quecksilber bedeckt sondern 
deutlich sichtbar. Einige mit einer gebogenen Pipette eingebrachte 
Kubikzentimeter Wasser und ein Stückchen Atzkali bilden eine starke 
Kalilösung, welche das Gas 
absorbiert, so daß das Queck- 
silber fast biszur Kuppe steigt, 
ein Beweis, daß das von den 
Kohlen gebildete Gas Kohlen- 
säure ist. Nimmt man eine 
Röhre, die länger ist als 
760 mm, füllt sie mit Queck- 
silber, dreht sie ebenso unter 
Quecksilber um und läßt in 
ihr die Bohnen aufsteigen, so 
befinden sich diese in einem 
luftleeren Raum, da das 
Quecksilber auf 760 mm, ent- 
sprechend dem äußeren Luft- 
druck herabgesunken ist und 
Fig. 119. Bardelebens Apparat für intramolekulare in der BELTEIEI Toricelli- 
TR ; Atmung hahere Pflanzen. ; ; sches Vakuum freigelassen 
hat. Nach einiger Zeit wird 
das Niveau des Quecksilbers um einige Zentimeter herabgedrückt sein, 
und hinaufsteigen gelassene Kalilauge wird uns auch hier wieder durch 
Absorption des Gases zeigen, daß dasselbe aus Kohlensäure bestand. 
Um intramolekulare Atmung bei Pflanzen oder Pflanzenteilen ein- 
zuleiten, muß man ihnen entweder die Sauerstoffzufuhr absperren oder 
durch das Kulturgefäß ein anderes, nicht atembares Gas durchleiten. 
Am geeignetsten ist für diesen Zweck Wasserstoff. In dem von Barde- 
leben angegebenen Apparate (Fig. 119) wird das Gas aus chemisch reinem 
(elektrolytisch gewonnenen) Zink z und fünffach verdünnter, reinster 
Schwefelsäure entwickelt; da aber chemisch reines Zink mit chemisch 
reiner Säure keinen Wasserstoff entstehen läßt, wird als Kontaktsubstanz 
etwas Platinchlorid hinzugefügt. Der entwickelte Wasserstoff wird aus s 
zunächst durch einen konischen, mit einer konzentrierten Lösung von 
alkalischem Pyrogallol beschickten Kolben L durchgeleitet, um ihn von 
jeder Spur Sauerstoff und Kohlensäure zu befreien. Der Kolben ist 
mit einem dreibohrigen Kautschukstöpsel verschlossen ; dieser ist durch- 
setzt von einem bis auf den Boden des Kolbens reichenden, rechtwinklig 
gebogenen Glasrohr, durch welches das Gas zugeführt wird, in der 


jaja] 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 383 


mittleren Bohrung steckt ein mit zwei Hähnen versehenes T-Rohr T,, 
in der dritten Bohrung ein Einfülltrichter mit Glashahn Tr. Alle Glas- 
verbindungen des Apparates, welche durch Kautschukschlauch her- 
gestellt sind, werden durch diekwandige Schläuche bewirkt und stehen 
Glas an Glas. Der konische Kolben wird mit Kalilauge gefüllt, der 
Apparat mit dem Wasserstoffentwickler verbunden und nunmehr Wasser- 
stoff eingeleitet, wodurch der Sauerstoff vollkommen verdrängt wird; 
jetzt schüttet man durch den Trichter die Pyrogallollösung hinzu, welche 
in dem sauerstofffreien Kolben auch nach monatelangem Gebrauch 
nur ganz schwach gefärbt bleibt. Auch der Bardeleben sche 
Wasserstoffentwickler kann sehr lange Zeit benutzt werden, wenn man 
dafür sorgt, daß die gebildete konzentrierte und darum zu Boden sinkende 
Lösung vom Zinksulfat abgehebert und neue Schwefelsäure zugegossen 
wird. Der so gereinigte Wasserstoff gelangt nun in die mit Pflanzen 
bestandene Glocke, aus der er in einen Kohlensäureabsorbator, also 
eine Pettenkofersche Röhre oder einen Kaliapparat eintritt, um 
die in der intramolekularen Atmung entwickelte Kohlensäure abzugeben. 
Den so montierten Entwicklungsapparat kann man mittels des T-Rohres 
mit zwei Pflanzenglocken re- 
spektive, wenn man an jedem 
Arm des T-Rohres noch je ein 
T-Rohr anschaltet, mit vier 
solchen verbinden. 

Statt des Wasserstoffs 
kann man auch Sticksteff als 
neutrales Gas verwenden, den 
man durch Salmiaklösung aus 
Kalinitritentwickelt. Die von 
Kostytschew dazu kon- 
struierte Einrichtung(Fig.120) 
besteht aus dem 500. ccm fas- Fig. 12%. Kostytschews Einrichtung zur Entwicklung 
senden Rundkolben A, der va Stickstoff als Medium der intramolekularen Atmung. 
mit einem Gemisch von 85 g 
reinstem Kalinitrit, 53,5 g Chlorammonium und 180 ccm Wasser 
beschickt ist; das Gemisch ist zweckmäßig vor dem Gebrauch eine 
Nacht über stehen zu lassen, weil dann die Entwicklung gleichmäßiger 
vor sich geht. Der Kolben wird durch direkte Bunsenflamme erhitzt, 
wobei aber der Flammenkegel selbst den Kolben nicht berühren darf; 
der Inhalt des Kolbens löst sich bald auf und es beginnt die Gas- 
entwicklung, deren Lebhaftigkeit durch geringere Erwärmung oder 
Unterbrechen derselben abgeschwächt werden muß. Das Gas passiert 
dann zunächst das Waschgefäß B, welches mit konzentrierter Schwefel- 
säure getränkte Bimssteinstücke enthält, wo mitgerissenes Ammoniak, 
das während des Prozesses entstanden ist, zurückgehalten wird; das 
U-Rohr C ist mit Natronkalkstücken beschickt, um das entwickelte 
Chlor zurückzuhalten, und die Waschflasche D, welche konzentrierte 
Schwefelsäure enthält, dient hauptsächlich zur Kontrolle der Gas- 
blasengeschwindigkeit, welche man durch Erwärmen, bzw. Abkühlen 
des Entwicklungskolbens erzielt. Ein Quecksilberventil am Kolben 
dient zur Entfernung eines eventuellen Gasüberschusses, wenn die 
Entwicklung zu stürmisch werden sollte. Der Gasstrom wird mit der 
Wasserstrahlpumpe in Gang gehalten. Immerhin erfordert der Apparat 


384 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


beständige Aufsicht und man wird ihn, obwohl dadurch sehr reiner Stick- 
stoff zur Entwicklung kommt, bei länger dauernden Versuchen durch eine 
Stickstoffbombe ersetzen, aus der das Gas zunächst in einen Gasometer 
geführt wird. Das Ableitungsrohr der Waschflasche D verbindet man 
durch einen mit Schraubenquetschhahn versehenen Vakuumschlauch 
mit dem zur Pflanzenglocke führenden Zuleitungsrohr. Das Ableitungs- 
rohr der Glocke senkt man in Quecksilber oder in Ol ein und entwickelt 
nun Stickstoff. Wenn aller Sauerstoff aus der Glocke verdrängt ist, 
sperrt man den Schraubenquetschhahn, zieht den Schlauch vom Ab- 
leitungsrohr der Waschflasche D ab und füllt ihn mittels eines Trichters 
mit ausgezogener Spitze mit Quecksilber und setzt ihn auf das Ende des 
Rohres C der Absorptionsröhre auf. Mit Hilfe der Gaspipette werden nun 
von Zeit zu Zeit Gasproben entnommen, um die Kohlensäureausscheidung 
der Pflanze zu kontrollieren. Selbstredend muß für luftdichten Verschluß 
des Apparates und für die Abwesenheit jeder Spur Sauerstoff gesorgt 
sein, wovon man sich durch eine Gasprobe zu Beginn des Versuches 
überzeugt. Will man untersuchen, ob bei der intermolekularen Atmung 


Fig. 12]. Apparat von Nabokich für intramolekulare Atmung im luftleeren Raum. 


e, du. c1, dı—= Absorptionsgefäße: e u. eı—= Vorstoß, um Schwefelsäure, bzw. Phosphorsäureanhydrid 
zurückzuhalten; ! u. A—= Quecksilberreservoir; # = Manometer. 


neben Kohlensäure noch geringe Mengen anderer Gase entwickelt werden, 
so kann man im Kohlensäurestrom arbeiten (wodurch allerdings die 
Pflanzen wieder doppelt abnormalen Einflüssen ausgesetzt sind), indem 
mandieses Gas im Bardelebenschen Apparat aus Marmor und Salz- 
säure erzeugt, reinigt und durch die Pflanzenglocke leitet, worauf es in 
einem mit konzentrierter Kalilauge gefüllten Eudiometer aufgefangen 
wird; da die Kohlensäure hier zur Absorption gelangt, sammeln sich die 
nicht absorbierten Gase über der Lauge an und können analytisch be- 
stimmt werden. Statt ein neutrales Gas durchzuleilen, bedient sich 
Nabokich für Versuche über intramolekulare Atmung des Iuftleeren 
Raumes). Der diekwandige, beliebig große Rundkolben A (Fig. 121) wird 
mit den zu untersuchenden Pflanzenteilen beschickt, sein Hals dann 
am Gebläse zugeschmolzen und sämtliche Kolben mittels eines Sammel- 
rohres F mit einer Vakuumpumpe verbunden. In unmittelbarer Ver- 
bindung mit dem Kolben befindet sich der in ein Gemisch von Schnee 
und Kochsalz versenkte Kühlapparat b, auf welchen die Trockensysteme 
C und D folgen ; € ist mit konzentrierter Schwefelsäure, D mit trockenem 
Phosphorsäureanhydrid beschickt; das Kühlrohr a dient zur Schonung 
der Absorptionsmittel. Die Pumpe liefert infolge der vollkommenen 


1) Nach W. Palladin und 8. Kostytscher |. c. 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 3835 


Absorption des Wasserdampfes durch die Trockenröhren eine Luft- 
verdünnung bis auf 0,25 mm Quecksilber, welche durch das Mano- 
meter E kontrolliert wird und in längstens einer halben Stunde erreicht 
ist. Nachdem die Luft vollkommen aus dem Kolben verdrängt ist, 
wird sein Ableitungsrohr am Gebläse zugeschmolzen und die intra- 
molekulare Atmung kann vor sich gehen. Zur Bestimmung der ge- 
bildeten Atmungskohlensäure schaltet man zwischen die Röhren C und 
D das große U-Rohr B ein, das zwei Glashähne besitzt; dieses Rohr 
ist mit grobgepulvertem Natronkalk gefüllt, der mit gepulvertem Ätz- 
natron bedeckt ist (am besten verwendet man, vorausgesetzt, daß 
die analytische Wage eine solche Belastung zu wägen gestattet, 300 g 
schwere Rohre, deren Füllung imstande ist, 25 g Kohlensäure zu ab- 
sorbieren), ein zweites Rohr ist dann überflüssig, einem Wasserverlust 
ist durch den Überschuß an Atznatron vorgebeugt. Nach dem Füllen 
wird das Rohr zwei- bis dreimal evakuiert und sodann genau gewogen. 
Das Rohr muß, da es an die Vakuumpumpe angeschaltet wird, dick- 
wandig sein und wird nach Beendigung des Versuches wieder im 
evakuierten Zustande gewogen, die vollkommene Absorption der Kohlen- 
säure wird durch das Manometer kontrolliert. Um nun die Kohlen- 
säure aus dem Kolben in das Rohr überzuführen, verbindet man das 
ganze System samt dem abgeschmolzenen Kolben mit der Luftpumpe 
durch F, evakuiert zunächst die Absorptionsgefäße, was fünf Minuten in 
Anspruch nimmt, schließt dann den rückwärtigen Hahn des Rohres B 
und bricht dann das innerhalb des Kautschukschlauches befindliche, 
schon früher angefeilte Ende des Kolbenableitungsrohres innerhalb des 
Schlauches ab; der Schraubenquetschhahn p gestattet ein Regulieren 
des aus dem Kolben entweichenden Gases, Alkoholdampf wird im 
Kühler a zurückgehalten. Nachdem die Hauptmasse der Kohlensäure 
absorbiert ist, wird die Pumpe wieder in Tätigkeit gesetzt und so der 
letzte Rest des Gases in die Absorptionsgefäße übergeführt. Zur Aus- 
führung einer Alkoholbestimmung geht man verschieden vor, je nachdem 
während des Versuches ein konstanter Gasstrom durchgeleitet oder das 
Experiment im luftleeren Raume vorgenommen wurde. Im ersteren 
Falle schaltet man zwischen Pflanzenglocke und die zur Absorption 
der Kohlensäure bestimmten Röhren eine in schmelzendes Eis ver- 
senkte, mit Wasser gefüllte Waschflasche, deren Ableitungsrohr auf- 
wärts gerichtet und schlangenförmig gewunden ist. Nach Beendigung 
des Versuches (von da an ist die Behandlung des Versuchsmaterials die- 
selbe, wenn das Experiment im luftleeren Raume vor sich gegangen 
war) wird der Inhalt der Versuchsglocke oder des Versuchskolbens 
und der Waschflasche in einen geräumigen Destillationskolben hinein- 
gebracht, Glocke und Flasche mit Wasser nachgespült, der Kolben mit 
einer beträchtlichen Menge destillierten Wassers versetzt und nun so 
lange destilliert, bis etwa die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage über- 
gegangen ist. Das erhaltene Destillat wird von neuem destilliert, bis 
etwa die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage übergegangen ist. Das 
erhaltene Destillat wird von neuem destilliert usf., bis man schließlich 
bei 50 ccm Destillat angelangt ist, welche man in einem gewogenen 
Kölbchen auffängt, so daß man das Gewicht der überdestillierten Flüssig- 
keit bestimmen kann, deren spezifisches Gewicht man pyknometrisch 
ermittelt. Ist das erste Destillat sauer, so setzt man, um schließlich eine 
neutrale Flüssigkeit zu erhalten, vor der zweiten Destillation etwas 
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 25 


386 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


Kalilauge oder Bleihydroxyd zu; ist die Reaktion alkalisch, so fügt 
man etwas Weinsäure hinzu; völlige Klarheit des Destillates erhält 
man, wenn man vor der zweiten Destillation den Destillierkolben etwas 
schief stellt, zur Verhinderung des Schäumens etwas Tannin zusetzt 
und schließlich eventuell das Destillat durch ein trockenes Filter filtriert. 
Das Destillat kann man natürlich nach den angegebenen Methoden 
qualitativ auf Alkohol prüfen, bevor man seine Menge ermittelt. 

Da Palladin und Kostytschew das Auftreten kleiner 
Mengen von Azeton neben Alkohol bei der intramolekularen Atmung 
konstatiert haben, dieses Keton aber mit der Jodoformprobe reagiert, 
so muß man zunächst die Abwesenheit von Azeton etwa durch die 
Reaktion mit fuchsinschwefliger Säure prüfen, und erst wenn diese 
negativ ausfällt, kann man zum Nachweis von Alkohol die Jodoform- 
probe anwenden. Fällt sie aber positiv aus, so kann man die entstandenen 
Aldehyde, respektive das Azeton in der Weise entfernen. daß man die 
Flüssigkeit mit einem Überschuß von Natriumbisultit versetzt und bei 
gelinder Wärme so lange destilliert, bis die Hälfte der Flüssigkeit in die 
Vorlage übergegangen ist. Das Destillat versetzt man mit einem ge- 
ringen Überschuß von Barytwasser und destilliert nochmals, worauf 
das Destillat aldehyd- und ketonfrei ist, da diese Verbindungen in Form 
von nicht flüchtigen additionellen Körpern zurückbleiben. 

Zum Studium des Gaswechsels abgetöteter Pflanzen, in denen die 
Enzymarbeit fortwirkt, wird heute zumeist das Abtötungsverfahren 
Palladins!) durch niedere Temperaturen angewendet. Große, 
etwa 100 ccm fassende Reagenzgläser werden mit unversehrten oder 
zerstückten Pflanzen vollgefüllt und mit Kautschukstopfen gut ver- 
schlossen. Damit die Salzlösung in die Reagenzgläser nicht eindringt, 
beschmiert man die Pfropfen mit etwas Vaseline. Die Reagenzgläser 
werden in einen mit Filz bezogenen Eimer gebracht und mit einem 
Gemisch von Schnee oder feinzerkleinertem Eis, Natriumchlorid und 
Ammoniumnitrat umgeben. Man tut zuerst eine Schneeschicht von 
etwa 2—3 cm in den Eimer hinein, den Schnee bedeckt man mit einer 
Schicht des Salzgemisches und legt darauf die Reagenzgläser, wobei 
man die Zwischenräume zwischen den Reagenzgläsern mit Schnee füllt. 
Die Reagenzgläser deckt man mit einer Schneeschicht, dann mit einer 
Schicht des Salzgemisches, legt darauf wiederum Reagenzgläser usf. 
Die oberste Reihe der Reagenszgläser deckt man erst mit einer Schnee- 
schicht, dann mit einer Schicht des Salzgemisches, schließlich mit Filz 
und stellt auf den Filz eine mit Schnee gefüllte Schale. Nach einer 
Stunde sinkt die Temperatur im Innern der Reagenzgläser bis auf —20 °C. 
Der mit den Reagenzgläsern versetzte Eimer wird in einem kalten Raume 
für 24 Stunden in aller Ruhe belassen. Nach Ablauf dieser Zeit steigt 
die Temperatur der Mischung, je nach den Temperaturverhältnissen 
des Raumes, auf — 10 ° bis — 3 °. Für die Abtötung von in der Periode 
starker Lebenstätigkeit begriffenen Samenpflanzen ist eine Temperatur 
von — 20° bis — 25° nötig. Nabokich verwendete für die Er- 
frierung der Pflanzen flüssige Kohlensäure; diese verflüchtigt sich aber 
sehr schnell; für eine vollkommene Abtötung der Pflanzen ist jedoch 
nicht so sehr der Grad als die Dauer der Temperaturerniedrigung von 


1) W. Palladin, Zur Physiologie der Lipoide. Ber. d. d. bot. Ges. 28, 
120 (1910). 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 387 


Belang. Auch ist es wichtig, daß die Reagenzgläser möglichst dicht 
gefüllt sind; eine Erfrierung der Pflanzen in denselben Rezipienten, 
die dann für den Versuch selbst dienen sollen, ist zu vermeiden; ist 
dies jedoch unvermeidlich, so muß man ein Thermometer in das Innere 
des Gefäßes einführen, da die Temperatur der Kältemischung mit der- 
jenigen der zu erfrierenden Pflanzen nicht immer übereinstimmt. Für 
die Bestimmung der von den erfrorenen Pflanzen produzierten Kohlen- 
säure tut man das Versuchsmaterial in ein U-Rohr hinein und legt in 
das vordere Ende des U-Rohres etwas mit 4 cem Toluol getränkte 
Watte. Das die U-Röhre passierende Gas ist auf diese Weise mit Toluol- 
dampf gesättigt, wodurch eine Entwicklung von Bakterien verhindert 
wird. Toluoldampf hat keinen Einfluß auf den Titer des zur Absorption 
der Kohlensäure bestimmten Barytwassers. So abgetötete Pflanzen 
erzeugen viel größere Mengen Kohlensäure als bloße Preßsäfte oder als 
Pflanzen, die nach Buchner durch Azetonäther abgetötet wurden, 
wofür sich die saftreichen Samenpflanzen überhaupt nicht eignen, die 
Pflanzen sind ferner in ihrer Zellstruktur unversehrt, was sehr wichtig 
ist, da Zerstörung der Zellstruktur oder Zerkleinerung der lebenden 
Pflanzen die Enzymarbeit beeinträchtigt; dagegen liefern trockene 
Pflanzenteile sehr wirksame Azetondauerpräparate.. Wenn Weizen- 
keime mit verschiedenen Extraktionsmitteln in der Kälte behandelt 
und dann ihre Atmungsenergie bestimmt wurde, zeigte sich ein enger 
Zusammenhang derselben mit der Art des Extraktionsmittels, indem 
das betreffende Extraktionsmittel (Toluol, Azeton, Benzol, Äther, Chloro- 
form usw.) um so schädlicher auf die Kohlensäureabscheidung der be- 
treffenden Pflanzen wirkte, je mehr Phosphor es denselben entzieht, 
je mehr es also die Lipoide angreift. 

Eine eigenartige Atmung zeigen auch bei normalem Luftzutritt die 
Sukkulenten, bei denen sich in der Nacht eine Erhöhung der Azidität 
des Zellsaftes unter Absorption von Sauerstoff zeigt, es wird hier nicht 
Kohlensäure und Wasser als Atmungsprodukt gebildet, sondern eine 
organische Säure als weniger hoch oxydiertes Zwischenprodukt der 
Atmung, entsprechend dem Alkohol bei der intramolekularen Zerspaltung. 
Ein Blatt von Rochea falcata oder von Bryophytum calicinum oder 
crenatum wird am Abend eines warmen Sommertages von der Pflanze 
abgeschnitten, in Stücke geteilt und in einer maßgeteilten Eprouvette 
mit Glaswolle befestigt; die Eprouvette wird umgekehrt in Wasser ge- 
stellt. Uber Nacht zeigt sich ein beträchtliches Aufsteigen von Wasser 
in der Eprouvette als Beweis, daß Sauerstoff absorbiert, aber dafür nicht 
entsprechend Kohlensäure gebildet wurde; zugleich kann man durch 
Titration mit Sodalösung die Azidität bedeutend erhöht finden. 

Für die Bestimmung der oberen oder unteren Temperaturgrenze, 
welche die Blätter von Pflanzen aushalten, ohne zugrunde zu gehen, sind 
am besten Pflanzen zu verwenden, welche durch Anderung ihrer Farbe die 
Beschädigung anzeigen, so z. B. Oxalis acetosella, welche sich dabei in 
Braun verfärbt. Man taucht Blätter von Oxalis in Wasser ein, dasauf 250 C 
erwärmt ist, senkt ein Thermometer hinein und erwärmt nun allmählich: 
die Verfärbung tritt bei 52 °C ein. Die Verfärbung ergibt sich aber schon 
einige Grade früher, wenn die Blätter mittels der Pumpe mit Wasser 
injiziert wurden; sie vermögen also in der Luft höhere Temperaturen 
zu ertragen als im Wasser, denn die mit Wasser erfüllten Gewebe nehmen 
offenbar die Temperatur des umgebenden Wassers schneller an als jene, 

25* 


388 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 


deren Interzellularen noch mit Luft erfüllt sind. Wenn der Zellsaft, z. B. 
durch Anthokyan, gefärbt ist, dringt der gefärbte Saft erst in dem 
Moment heraus, in welchem die Zelle getötet und das Protoplasma für 
den Farbstoff durchlässig geworden ist. Man kann also dieses Verhalten 
als Indikator für die Tötungstemperatur benutzen. Schnitte von roter 
Rübe, etwa 3—4 mm stark, werden vollkommen von aus angeschnittenen 
Zellen stammendem Safte freigewaschen und nun in das 25 grädige 
Wasser eingelegt, das nunmehr sehr langsam erwärmt wird; bei 55—57 ° 
tritt eine Färbung des Wassers ein; noch genauer kann man die Er- 
scheinung mittels eines heizbaren Objekttisches mikroskopisch ver- 
folgen. Daß der Zellsait auch bei Abkühlen auf niedere Temperatur eine 
Rolle spielt, haben namentlich die eingehenden Untersuchungen. von 
Molisch und von Maximow gezeigt. Nach Molisch kann der 
Zellsaft einer Pflanze zu Eis gefrieren, es zeigen sich Eisnadeln 
im Gewebe, ohne daß die Pflanze stirbt, wobei im extremen Fall aller- 
dings ein Zerreißen des Gewebes durch die Eisbildung sich einstellt, 
welches den Tod der Pflanze bewirken kann; dagegen kann schon ohne 
Gefrieren Schädigung und Tod der Pflanze durch Erfrieren ober- 
halb des Eispunktes stattfinden; ein solches Erfrieren beruht auf Ver- 
welken, indem die Wurzeln bei dieser Temperatur zu wenig Wasser 
aufnehmen, um die fortdauernde Transpiration der Blätter zu decken; 
aber zahlreiche Gewächse warmer Gegenden erfrieren bei Wärmegraden 
über Null auch bei Ausschluß der Transpiration: in diesem Falle be- 
ruht das Erfrieren auf einer irreversiblen Verschiebung des kolloidalen 
Plasmagefüges. Wenn wir eine Gelatine erfrieren lassen, so beobachten 
wir an allen Stellen des Kolloids das Auskristallisieren von reinem Eis, 
zwischen welchem die ursprünglich homogene Gelatine nunmehr ein 
kompliziertes Maschenwerk bildet; man kann nach dem Verfahren von 
Molisch so die schönsten Eisblumen dauernd konservieren, indem 
man einen Kolben mit Gelatine an den Wänden ausgießt, diese gefrieren 
läßt und nun den Kolben innen mit absolutem Alkohol benetzt. Nach 
dem Auftauen des Eises ist die Form der Eisblumen in dem Gelatine- 
netzwerk ausgeprägt. Beim Gefrieren wird also Wasser aus dem Kolloid 
herausgepreßt und ganz ähnlich verhalten sich die Kolloide der Zellen. 
Durch den Wasserentzug schrumpfen die Zellen, indem der Turgordruck 
abnimmt und die Zellgrenzen kollabieren. Sehr häufig zeigt sich das 
Phänomen der Unterkühlung, d.h. die Tatsache, daß Lösungen von Salzen 
in Wasser nicht bei ihrem Gefrierpunkt sich in Eis verwandeln, sondern 
auf mehrere Grade unter Null abgekühlt werden können ohne zu erstarren. 
Die geringste Erschütterung bewirkt dann unter rapider Erwärmung auf 
den Eispunkt das Erstarren. Eine solche Verzögerung des Gefrierens 
findet auch bei der Verteilung der Flüssigkeit in kapillaren Räumen 
statt, wie das ja beim Plasma ebenfalls der Fall ist. Filtrierpapier mit 
destilliertem Wasser angesogen, läßt sich auf —4° © unterkühlen, eine 
wassergetränkte Tonkugel auf — 7°, Wasser in dünnen Kapillaren 
ist bei — 10° noch flüssig. Deshalb gefriert das Wasser auch nicht 
zunächst in den Zellen, sondern in den Interzellularen, welche relativ 
weitlumige Kanäle vorstellen, wobei freilich durch die spitzigen Eis- 
kristalle ein Zerreißea der Gewebe stattfinden kann. Haben sich aber 
in den Interzellularen Eisklumpen gebildet, dann ist die Gefahr des 
Gefrierens für den Plasmainhalt der Zelle selbst vermindert, denn das 
könnte nur unter Volumvergrößerung geschehen, die aber durch die 


XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 389 


Eisschollen in den Interzellularen behindert wird. Der Tod der Pflanze 
tritt schon bei der Eisbildung, nicht wie man früher vielfach glaubte, beim 
schnellen Auftauen ein. Im Zustande der Unterkühlung können Pflanzen 
lange lebend erhalten werden, auch wenn die Temperatur tief unter 
den Todespunkt herabgeht, sterben aber dann sofort bei der Eisbildung, 
während also die Temperatur steigt. 

Ganz ähnlich wie beim Tier wirken auch bei der Pflanze die Fette 
als Wärmespeicher. Wenn die Pflanze dem Winter entgegengeht, häuft 
sie eine große Menge Reservestoffe in ihren Depots auf; diese Reserve- 
stoffe werden nun durch ihre Lokalisierung gegen die Gefahr des Ge- 
frierens möglichst geschützt, indem bei Bäumen die Stärke in den ge- 
schützten Zentralzylinder der Achse geleitet oder zum Teil in Zucker, 
zum Teil in Ol verwandelt wird. Das letztere hat Lidforß für alle 
wintergrünen Gewächse festgestellt; die fetten Öle verwandeln sich vor 
der Frühlingsmobilisierung wieder in Stärke. Nach der Theorie von 
Mez sind nämlich flüssige Stoffe ‚thermisch aktiv“, d. h. bei ihrem 
Gefrieren tritt Wärmeentbindung ein, während die festen Stoffe ‚‚ther- 
misch passiv‘ sind; eine große Menge fester Stotfe bedeutet also für die 
Pflanze beim Gefrieren eine Gefahr, der Besitz von flüssigen einen ge- 
wissen Schutz. Es wurde aber schon eingangs für die Inulinpflanze 
Cichorium Intybus gezeigt, daß mitunter die thermische Aktivität des 
Zellsaftes doch eine Gefahr für die Pflanze bedeuten kann, indem die 
Lösung wohl Wasser zurückhält und dadurch ein Schutz vor Erfrieren 
gegeben ist, daß aber gerade dadurch das Wasser für die Hydrolyse 
des Inulins erhalten bleibt, wodurch eine fortdauernde Verarbeitung 
des Reservekohlehydrates und dadurch ein Verarmen der Pflanze an 
Reservestoff gegeben ist. Fett und Zucker wirken gewissermaßen für 
den Fall der Kristallisation als Wärmespeicher und erschweren überdies 
die Unterkühlung. Bei den meisten Laubbäumen bleibt ein Teil der 
Stärke im Zentralzylinder zurück und nur ein Teil wird in der Rinde 
in Zucker umgesetzt; sie sind daher weniger beständig gegen Frost als die 
Nadeln der Nadelbäume, deren Zellinhalt während des Winters reichlich 
mit Fettröpfchen erfüllt ist; auch die Birke ist ein Fettbaum unter 
den Laubhölzern. Eine Anderung der Stoffwechselvorgänge besteht 
im Süßwerden der Kartoffeln, welches im letzten Grunde auf eine 
Enzymverschiebung zurückzuführen ist, welche in Zusammenhang mit 
den geänderten Wasserverhältnissen steht. Da (physiologische) Trocken- 
heit die Kondensationsvorgänge, Feuchtigkeit die Hydrolysen begünstigt, 
so wird durch die Kälte die Kondensation von Zucker zu Stärke ge- 
hemmt sein und überdies dürfte sich die vitale Zuckerverbrennung 
verlangsamen, so daß sich Zucker anhäuft. In demselben Sinn wirken 
Narko’ika, wie Chloroform, Leuchtgas und, wie wir bereits gesehen 
haben, auch Formaldehyd. Entsprechend der Mezschen Regel ge- 
frieren süß gewordene Kartoffeln erst bei niedrigeren Temperaturen als 
normale. Ebenso wie trockene Samen eine viel höhere Temperatur 
aushalten als gequollene, so auch lufttrockene Blätter und andere 
Pflanzenteile. Eine sehr merkwürdige Erscheinung ist die „Erkältung“ 
von Topfpflanzen, die Schädigung von Pflanzen oder Pflanzenteilen, 
die nur ganz kurze Zeit, etwa eine Minute, der Einwirkung der Kälte 
ausgesetzt waren. Wird ein Exemplar von Begonia metallica, Trades- 
cantia zebrina, Fittonia usw. bei —5° C nur quer über die Straße 
getragen, so zeigt es noch am selben Tage im Warmhaus braune 


390 XX. Treiben und Wachstumsförderung. 


Flecken, die Blätter werden braun und gehen unter den Erscheinungen 
des Erfrierens, also durch Vertrocknen, zugrunde. Ein Zweig von 
Fittonia, der bei dieser Temperatur nur einmal in der Luft geschwenkt 
und dann im Warmhaus ins Wasser gestellt wurde, sah am Nach- 
mittag welk, wie abgestorben aus, war aber am nächsten Tag wieder 
frisch; er hatte sich also ‚erkältet‘‘, konnte aber die Schädigung, welche 
vielleicht auf der durch Austritt von Wasser aus den Zellen in die 
Interzellularen geschaffenen Spannungsänderungen beruht, wieder über- 
winden. 


XX. Treiben und Wachstumsförderung. 


Die wenigsten Gewächse vermögen, wie Stellaria media, ununter- 
brochen zu vegetieren und der Samen kann in der Regel nicht, sowie er 
der Frucht entfallen ist, sofort wieder keimen; nicht nur die Ungunst der 
äußeren Verhältnisse hält den Vegetationsprozeß zurück, sondern die 
meisten Pflanzen, z. B. die Holzgewächse unseres Klimas stellen gegen den 
Herbst zu ihr Wachstum ein, die Blätter der Laubbäume werden abgeworfen 
und die Pflanzen machen eine sogenannte ‚‚Ruheperiode‘ durch, d.h. eine 
Zeit, in welcher sie meistens auch bei Versetzen in die günstigsten Vegeta- 
tionsbedingungen nicht ohne weiteres zum Weitervegetieren zu bewegen 
sind. Erst bis die Ruheperiode abgeklungen hat, tritt wieder unter normalen 
Außenbedingungen Weiterentwicklung ein. So treiben Zweige der Linde, 
welche Anfang Oktober, unmittelbar nach dem herbstlichen Laubfall, 
abgeschnitten und im Warmhaus in ein Glas Wasser gestellt werden, 
selbst zu Beginn des März noch nicht aus; die Knospen desselben 
Zweiges treiben aber auch bei viel niedrigerer Temperatur, als sie das 
Warmhaus bietet, sobald die Ruheperiode beendigt ist). Eine solche 
Ruheperiode, welche nicht nur bei oberirdischen Pflanzenteilen, sondern 
auch bei Zwiebeln, Knollen, Samen zu beobachten ist, kann nicht als Ruhe 
im eigentlichen Sinne des Wortes bezeichnet werden, wir müssen uns 
vielmehr vorstellen, daß unterdes tiefgehende chemische Veränderungen 
in der Ptlanze sich vollziehen, als deren Resultat sich ein Zustand er- 
gibt, aus dem heraus erst die Mobilisierung geeigneter Baustoffe einer- 
seits und die Möglichkeit der Anlage neuer Teile anderseits mit Hilfe 
dieser Stoffe gegeben ist. Man darf sich aber nicht vorstellen, daß es 
sich beim Frühtreiben bloß um Entstehung von Stoffen handelt, daß 
also dabei nur Enzyme aktiviert werden, die aus höheren Komplexen wie 
Stärke, Eiweißstoffen usw. niedrigermolekulare, direkt verwendbare Bau- 
stoffe schaffen ; die Treibverfahren sind also nicht nur als Reizprozesse oder 
Aktivatoren von Hydrolysenwasser aufzufassen, sondern der dispönibel 
werdende Stoff muß auch in ganz bestimmter Weise zur Anlage neuer Teile 
verwendet werden. Das Sistieren der Vegetation bei Eintritt der kalten 
Jahreszeit und das ‚Wiedererwachen“ im Frühling wiederholt sich in 
unseren Klimaten regelmäßig an den betreffenden Pflanzen und erscheint 
uns als Vegetationsrhythmus; die Ruhezeit ist aber nicht notwendig auf 
den Winter beschränkt, sondern kann auch bei vielen Knollen und 
Zwiebelgewächsen im Sommer eintreten und der Vegetationsrhythmus 
fällt namentlich bei den Pflanzen tropischer Gegenden mit dem Wechsel 
der Trocken- und Regenperioden zusammen. Die Ruheperiode der 
unterirdischen Pflanzenteile, um zunächst von diesen zu sprechen, kann 


1) H.Molisch, Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen. Jena 1909. 


XX. Treiben und Wachstumsförderung. 391 


verschiedene Dauer aufweisen. So keimen manche Kartoftelsorten, 
wenn sie im Herbst aus der Erde genommen und ins Treibhaus gebracht 
werden, nicht sofort, sondern erst im Februar; die Samen. der Mistel 
keimen von selbst im Herbst und in den Wintermonaten nicht, wohl aber 
leicht im April; die Samen der Esche keimen in dem Jahre, in welchem sie 
entstanden sind und in dem darauffolgenden überhaupt nicht sondern 
erst im zweitnächsten Jahre. Die Ruheperiode ist in allen diesen Fällen 
so fest, daß sie durch Schaffung günstiger Wachstumsbedingungen, 
wie sie im Warmhaus gegeben sind, nicht überwunden werden kann. 
Diese Art von Ruheperiode nennt Molischdiefreiwillige. Eine 
andere Art der Ruhe ist eine aufgezwungene, wenn nämlich die Pflanzen 
durch ungünstige Wachstumsverhältnisse, z. B. durch Kälte, in der 
Entwicklung zurückgehalten werden, wenn man beispielsweise Mai- 
glöckchenkeimlinge im Winter in einen Kühlraum bringt und sie hier 
bis zum nächsten Herbst beläßt: sie treiben nicht, obwohl das unter 
normalen Verhältnissen im Frühling geschehen wäre. Diese von außen 
aufgezwungene Ruhe ist eine unfreiwillige. Die Ruheperiode 
der Kätzchen der Haselnuß oder der Blütenknospen von Forsythia 
klingt schon Ende Dezember aus. Wenn diese Pflanzen trotzdem sich 
nach Neujahr im Freien noch nicht entwickeln, so trägt die niedrige 
Außentemperatur daran die Schuld. Die Ruhe der Pflanzen zeigt ferner 
zu verschiedenen Zeiten verschiedene Grade der Tiefe. Johannsen 
unterscheidet drei Phasen der Ruheperiode, nämlich Vorruhe, Mittel- 
ruhe und Nachruhe. Nach ihm ist die „ganze Periode der Ausdruck 
einer Schwingung: abnehmende Austreibfähigkeit — gänzliche Ruhe — 
zunehmende Austreibfähigkeit.“‘ Beim Flieder z. B. sind die Winter- 
knospen von ihrer ersten Anlage bis etwa zum Hochsommer gewisser- 
maßen in Vorruhe, dann folgt bis etwa Ende Oktober die Mittelruhe und 
schließlich die Nachruhe, aus welcher die Knospen Ende Dezember oder 
Anfangs Januar heraustreten, um von da an nur mehr ‚unfreiwillig‘ 
durch Kälte an der Entwicklung gehindert zu werden. Während bei 
manchen Zweigen, wie bei Syringa, Forsythia, das Ausklingen der Ruhe 
sehr bald eintritt, stellt sich dieser Zeitpunkt beı der Linde und Rotbuche 
relativ spät ein, ja, die Ruheperiode kann bei verschiedenen Knospen 
eines und desselben Zweiges zu verschiedenen Zeiten abklingen, so die 
der männlichen Haselnußkätzchen schon im November, der weiblichen 
etwas später und der Laubknospen erst im März. 

Man kann nun durch verschiedene Mittel die Ruheperiode ab- 
kürzen. Bei vielen Holzgewächsen können die jungen, noch gar nicht 
fertig ausgebildeten Knospen zum vorzeitigen Austreiben veranlaßt 
werden, wenn man ihre Sprosse entblätter!. Molisch hat solche 
systematische Entblätterungsversuche mit Zweigen vom Flieder und von 
der Hainbuche angestellt. Von Ende Mai bis Anfang Juni treiben vollends 
entlaubte Exemplare wieder aus und belauben sich reichlich, wenn 
auch mit kleineren Blättern; vom halben Juli an aber unterbleibt das 
Treiben fast ganz, vom 1. August völlig. Werden nur einzelne, 20 bis 
100 cm lange Äste entblättert, während die übrige Hauptmenge der 
Äste belaubt bleibt, so findet, wenn die Entlaubung Ende Mai durch- 
geführt wird, ein Wiederaustreiben der inzwischen schon angelegten 
Winterknospen statt; das Austreiben erfolgt langsamer als bei total 
entlaubten Exemplaren, aber schon um Mitte Juni bewirkt eine teil- 
weise Entblätterung kein oder fast kein Austreiben mehr. 


392 NX, Treiben und Wachstumsförderung. 


Abkürzend auf die Ruheperiode wirkt ferner niedrige Temperatur. 
Kartoffelknollen, die von Müller, Thurgau, unmittelbar nach der 
Ernte in den Eiskeller gebracht wurden und hier 14 Tage bei einer Tem- 
peratur knapp über Null lagerten, waren imstande, sofort auszutreiben; 
Howard brachte die Zweige verschiedener Pflanzen 7—21 Tage in 
eine Temperatur von — 6 bis 8° und sah dieselben früher austreiben als 
die normal gehaltenen Kontrollzweige; dagegen wirkt nach Molisch 
ein täglich erfolgender Wechsel zwischen Wärme und Kälte, selbst 
durch mehrere Monate fortgesetzt, auf das Austreiben ruhender Knospen 
nicht nur nicht begünstigend, sondern häufig schädlich ein. Nach 
Johannsen werden Sträucher oder Zweige während der Ruheperiode 


K-- TEICHE -—1 
N \ 1I 11T 
Fig. 122. Ätherisierungskasten nach Johannsen.!) 
der Einwirkung von Ätherdampf ausgesetzt. Als Atherisierungsraum 
dienen luftdicht verschlossene Glas- oder Metallgefäße. Burger- 
stein?) verwendet Glaszylinder von 28 cdem Rauminhalt zu Treib- 
versuchen. Zur Bedeckung dient dann eine am Rande abgeschliffene und 
hier mit Talg bestrichene Scheibe aus dickem Glase, die fest angepreßt 
wird; außerdem wurde über den Glasdeckel ein Wachstuch in doppelter 
Lage gebunden und auf dieses zum Beschweren ein Gewicht gelegt. 
Für Versuche in größerem Maßstabe empfehlen sich große, festgefügte 
Holzkasten (Fig. 122 [/, II, III]), deren Innenwände mit Blech oder 
Stanniol ausgekleidet oder mit Chromleim glasiert sind; auch ein Wasser- 
glasinnenanstrich ist zweckmäßig. In eine 
Seitenwand des Kastens ist eine Tür ein- 
geschnitten, die herausgeschnittene Holz- 
; platteruht in einem Falz, der gut eingedichtet 
ist, und wird nach dem Einsetzen des Ob- 
jektes in den Kasten durch Flügelschrauben 
möglichst luftdicht angepreßt (I). Die Di- 
mensionen zeigt /J. Man kann in die Öffnung auch eine Glasscheibe 
einkitten, damit die Versuche bei gleichzeitiger Belichtung ausgeführt 


Fig. 123. Aymards Sandverschluß. 


') W. Johannsen, Das Ätherverfahren beim Frühtreiben usw. 2. Aufl, 
Jena 1900. % 

®) A. Burgerstein, Über die Wirkung anästhesierender Substanzen 
auf einige Lebenserscheinungen der Pflanzen. Verh. d. zool.-bot. Ges. Wien, 56 
(1906); s. auch das Referat dieses Forschers „Fortschritte in der Technik des 
Treibens der Pflanzen‘‘ im Progressus rei botanicae 4 (1911). 


XX, Treiben und Wachstumsförderung. 393 


werden können. J. Aymard, Montpellier, hat für an der Oberseite D 
zu schließende Atherisierungskasten einen Sandverschluß S (Fig. 123) emp- 
iohlen. In der Mitte der oberen Kastenwand ist ein Loch angebracht, 
durch das der Trichter Tr gestreckt ist, unter dem im Innern des Kastens 
das zur Aufnahme des Athers bestimmte Gefäß hängt (die Manipulation mit 
Ather darf wegen der Explosionsgefahr natürlich niemals in der Nähe einer 
Flamme vorgenommen werden). Da der Atherdampf infolge seines größeren 
spezifischen Gewichtes nach unten sinkt, muß das Äthergefäß stets im 
oberen Teil des Kastens angebracht sein. Das Loch im Kastendeckel ist 
mit einem Stöpsel verschließbar, in die Atherschale wird ein Stück Watte 
oder ein Tuch gelegt, wodurch die Verdunstungsoberfläche vergrößert 
wird. Nachdem alle Öffnungen des Kastens gut verschlossen, eventuell 
mit Gips verschmiert sind, wird durch das obere Loch mittels des 
Triehters der Ather eingegossen und das Loch dann verstöpselt. Die 
Einwirkung des Athers soll möglichst nur auf die oberirdischen Teile 
stattfinden, deshalb werden die dicht nebeneinander gestellten Töpfe 
ganz oder wenigstens zur halben Höhe mit trockenem Sand E bedeckt; 
abgesehen davon, daß der Sand die Wurzeln schützt, verstärkt er noch 
die Dichtigkeit des Kastens und absorbiert den Ätherüberschuß; er muß 
aber ganz trocken sein, weil sonst zu viel Äther eingesaugt wird. Beim 
Atherisieren von Pflanzen aus dem Fieiland werden die Wurzeln samt den 
Erdballen ganz mit Sand zugedeckt; die Erdballen müssen wohl feucht, 
aber nicht zu naß sein. Die Zweige können, wenn sie für den Kasten 
zu hoch sind, auch gebeugt, doch dürfen die Knospen nicht angestoßen 
werden. Die Äste der Topfpflanzen können auch zusamme ıgebunden 
sein, um die Knospen beim späteren Herausnehmen aus dem Kasten 
besser zu schützen. Die Erde der Töpfe darf nicht zu kalt sein, die 
Töpfe müssen also vor dem Atherisieren einen Tag in einem warmen 
Raum gestanden haben. Der Einfluß des Atherdampfes ist um so ge- 
waltsamer, je höher die Temperatur gehalten wird. Eine Ätherdosis, 
welche in 24 Stunden bei 0° C fast keine Wirkung ausübt, kann in 
derselben Zeit bei 30 °C die Pflanzen ernstlich schädigen ; die Temperatur- 
intervalle beim Atherisieren liegen zwischen 14 ° C bis 21 °C, am besten 
wirkt eine Mitteltemperatur von 17 bis 19° C, bei 25 bis 30 0 C wirkt 
eine kleine Äthermenge vorteilhaft. Die Dauer der Atherisierung und 
die Menge des Narkotikums hängen von der Pflanzenart oder Sorte, 
von der Phase der Ruheperiode, in welcher das Treiben vorgenommen 
wird, und von der Temperatur ab. Gegen Ende der Ruheperiode zu 
sind die Pflanzen auch gegen kleine Atherdosen viel empfindlicher als 
vorher. Die Ätherdosis wird am besten nach dem inneren Raume des 
Kastens berechnet, wenn Sand benutzt wird, muß man die halbe Höhe 
der Sand- und Erdschicht (respektive der Sand- und Torfschicht) in 
Abzug bringen. Wenn also diese Schicht z. B. 14 cm hoch ist, werden 
von der inneren Höhe des Kastens 7 cm abgezogen, bevor man den 
Raum berechnet. Die Dosen variieren dann zwischen 30—45 g flüssigen 
Äthers für einen Hektoliter Luftraum; die Anzahl der Gramme mit 
14 multipliziert ergibt die Anzahl der zu verwendenden Kubikzentimeter. 
Stehen die zu ätherisierenden Zweige in Wasser, so ist die große Ab- 
sorptionsfähigkeit des Wassers gegenüber dem Ather zu berücksichtigen. 
Das Wasser nimmt pro Liter etwa 22 mal soviel Äther auf als die 
Luft. Will man also z. B. ein 10 Liter fassendes Zylinderglas als 
Ätherisierungsgefäß benutzen, so verwendet man 4 g Äther, also 0,4 g 


394 XX. Treiben und Wachstumsförderung. 


pro Liter Luft für trocken zu ätherisierende Zweige. Soll aber 
Wasser dazukommen, so muß die Menge Wasser abgemessen und be- 
rücksichtigt werden, daß dem Wasser die 22fache Äthermenge zu- 
zusetzen ist, damit das Äthergleichgewicht Luft-Wasser hergestellt 
sei. Dem Wasser (es sei ein Liter verwendet) wird also vorher 22 x 0,4 

— 8,8 g Äther zugesetzt, das Wasser mit dem Äther gut durchgeschüttelt 
Bee dann noch überdies für die übrigen neun Liter Luftraum des Ge- 
fäßes 9 x 0,4 — 3,6 g flüssigen Athers genommen, die, auf ein Schwämm- 
chen aufgetropft, im Luftraum aufgehängt werden. Bei Zimmer- 
temperatur bedürfen im gut geschlossenen Kasten pro 100 Liter Luftraum 
Syringa im allgemeinen 35—40 g, Azalea mollis desgleichen, Viburnum 
Apulus 38—42 g, Tulpen (diese dürfen erst nach Beendigung der Wurzel- 
entwicklung ätherisiert werden) 20—25 g Ather. Immergrüne Sträucher 
verlieren beim Ätherisieren ihre Blätter. Nach dem Herausnehmen aus 
dem Ätherkasten müssen die Pflanzen gut begossen und bespritzt und 
sofort in einen warmen Raum zum Treiben gebracht werden; ein zu 
langer Intervall zwischen Ätherisieren und Treiben kann bewirken, 
daß der durch den Äther bedingte Reizprozeß wieder abklingt. Indessen 
kann gute Ätherisierung mitunter eine Nachwirkung von einem Monat 
haben, indem in der Nachruhe narkotisierte Sträucher einen Monat 
treibfähig bleiben. In der Mittelruhe ist das Treiben selbst bei An- 
wendung der stärksten Ätherdosen resultatlos. Um die Verwendung von 
Wasser zu vermeiden, die Zweige aber doch feucht zu erhalten, kann 
man nach Burgerstein die frisch abgeschnittenen Zweige in kleine 
Bündel binden, das Schnittflächenende des Bündels mit feuchtem Moos 
umhüllen, dieses in Wachsleinwand einschlagen, dann verbinden und 
so ins Ätherisierungsgefäß stellen. Durchschnittlich läßt man den Äther- 
dampf 48 Stunden einwirken, im Anfang der Nachruhe und in der Vor- 
ruhe läßt man 72 Stunden, am Ende der Ruheperiode 24—30 Stunden 
einwirken; bisweilen kann man zweimalige je 48 stündige Atherisierung 
mit 48 stündiger Unterbrechung anwenden; doch wirkt dieses Verfahren 
nur bei manchen Pflanzen, wie Platanus orientalis und Staphylea pinnata 
(nach Howard), günstig, bei anderen, wie Acer campestre, Tilia grandi- 
folia und anderen, ungünstig. Ein 100-140 Stunden dauernder Auf- 
enthalt in der Ätheratmosphäre schädigt die meisten Pflanzen empfind- 
lich, ein fünf- bis sechstägiger tötet ausnahmslos. Gewöhnlich bilden 
bei ätherisierten Pflanzen die Blätter weniger Farbe aus. Die Äther- 
wirkung ist eine lokale, so daß man einzelne Zweige der Pflanze, die 
man vom Ätherisiertwerden ausschloß, am Frühtreiben verhindern kann, 
die Knospenentwicklung der Pflanze fällt dann natürlich höchst un- 
gleich aus. Beim Treiben von Zwiebeln erzielte Aymard sehr 
gute Erfolge mit einem Gemisch von 20 g Äther und 5 g Chloroform 
pro 100 Liter Luft, wie überhaupt Chloroform dem Äther analog, nur 
viel stärker wirkt, so daß 6—9 g Chloroform für eine 48 stündige Chloro- 
formierung in Betracht kommen, d. i. 4-6 cem. Die Zwiebeln werden 
in Töpfe gesetzt und in frostfreiem Grunde belassen, bis sie angewurzelt 
sind und Triebe von 15 bis 20 mm Länge gebildet haben, und dann erst 
in den Ätherisierungsraum überführt. 

Ein weiteres Treibverfahren besteht in der Verwendung des Warm- 
bades (Fig. 124 und 125), welches in russischen und deutschen Gärtnereien 
schon längere Zeit mit Erfolg verwendet wird (siehe Molisch, ‚Das 
Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen‘, Jena 1909); die wissen- 


XX, Treiben und Wachstumsförderung. 395 


schaftliche Analyse des Verfahrens verdanken wir H. Molisch. Frisch 
abgeschnittene Zweige der Haselnuß und Forsythia suspensa wurden 
in Wasser von 30 ° Ö untergetaucht und hier 9—12 Stunden belassen. 
Nach Ablauf dieser Zeit werden sie aus dem Bade herausgenommen, 
mit ihrer Basis in mit Wasser gefüllte Gläser gestellt und sodann im 
Warmhaus am Lichte bei einer Temperatur von 15—18° C weiter- 
kultiviert. Nach 8 Tagen zeigen sich die Kätzchen der gebadeten Zweige 
von 2,5 cm auf 5,5—7 cm verlängert und in voller Blüte, während die 
nicht gebadeten Kontrollexemplare unverändert sind; auch die Forsythia- 
zweige stehen nach 11 Tagen in voller Blüte, während sich die ungebadeten 
erst 14 Tage später öffnen. Dieses Verfahren gelingt bei den meisten 
Holzgewächsen, doch verhalten sich nicht alle gleich, manche werden 
durch das Warmbad schnell und ausgiebig, andere mäßig und noch 
andere, wie Linde und Rotbuche, gar nicht oder erst gegen Ende der 
Ruheperiode beeinflußt. Der Erfolg hängt aber auch von der Dauer 
und Temperatur des Bades und der Tiefe der Ruhe ab; am besten wirkt 
ein 9—12stündiges Bad, im Herbst und zu Beginn des Winters muß 


Fig. 124. Warmwasserbad nach Molisch. Fig. 125. Warmwasserbad nach 
R = Dampfzohr;, W= Wasser; P —= Topt- Molisch. 
pflanzen; St = Strohmatte. h = Hahn; r = Dampfrohr. 


man länger baden als im Winter oder gar gegen Ausklingen der Ruhe; 
so genügen im Winter bei Corylus schon 6 oder nur 3 Stunden, und 
endlich kann das Bad sogar hemmend wirken. Dasselbe gilt für die 
Temperatur des Bades, die noch wirksame Minimaltemperatur ist 25 0 C, 
die Maximalgrenze 40 0° C. Auch hier ist der Einfluß ein ganz lokaler. 
Zur Durchführung des Warmbades benutzt man am besten kleine, 
zementierte, durch Dampfrohre heizbare Behälter, in welche, nachdem 
sie auf die gewünschte Temperatur gebracht sind, die zu treibenden 
Topfpflanzen, nachdem sie genügend begossen wurden, so hineinhängt, 
daß die Krone ganz unter Wasser taucht und der Blumentopf mit dem 
Wurzelballen in die Luft ragt. Zur Konstanterhaltung der Temperatur 
wird der Behälter mit schlechten Wärmeleitern umgeben. Die Wurzeln 
dürfen nicht mit untergetaucht werden, weil sie in der Regel viel emp- 
findlicher gegen höhere Temperaturen sind als die resistenten ober- 
irdischen Teile. Nach dem Bade kann man die Pflanzen sofort im Warm- 
haus zum Treiben aufstellen, aber auch hier pflegt die Reizwirkung des 
Bades mehrere Wochen latent erhalten zu bleiben. Von großer Be- 
deutung ist die Vorkultur; so kann die Dauer des Bades bei Syringa 
um so kürzer, seine Temperatur um so niedriger sein, je länger die 


396 XX. Treiben und Wachstumsförderung. 


Pflanzen vorher in der Kälte verweilt hatten. In seinem Buche (l. c.) 
gibt Molisch die Resultate von Treibversuchen. Einen ähnlichen 
Erfolg gestattet auch die Verwendung von Wasserdämpfen zu er- 
zielen, dagegen läßt sich das Warmbad in den meisten Fällen nicht durch 
ein entsprechendes Luftbad ersetzen; es ist also nicht die Wärme allein, 
sondern der Komplex von Umständen beim Warmbad: Erschwerung 
der Atmung unter Wasser, vielstündige Berührung mit dem warmen 
Wasser, Aufnahme von Wasser und dadurch hervorgerufene Quellung 
von Zellwänden und gewissen Zellinhaltsstoffen im Einvernehmen mit 
der höheren Temperatur, welche den Treiberfolg bewirken. 

Ein weiteres Mittel, die Pflanzen zu treiben, ist, sie vorher niederer 
Temperatur auszusetzen. Man beläßt die betreffenden Pflanzen durch 
eine Woche in einem Raume, dessen Temperatur zwischen 3—5 ° © 
schwankt. Einige Stunden vor dem Herausnehmen wird die Temperatur, 
um das Auftauen zu begünstigen, gesteigert. Solche gekühlte Pflanzen 
lassen sich bei niedrigerer Temperatur schneller und besser treiben als 
die nicht behandelten. Auch Kombinationen von Frost und Ätherisieren 
wurden mit Erfolg versucht. Dagegen hat eine dreiwöchige Frost- 
wirkung keinen günstigeren Effekt als eine einwöchige. Außer durch 
Frost kann man die Ruheperiode auch durch langsames Austrocknen 
in einem warmen, trockenen Raume abkürzen und die so behandelten 
Pflanzen oder ruhenden Organe zum schnelleren Austreiben veran- 
lassen. 

Molisch studierte den Einfluß des Radiums!) auf das Frühtreiben 
von Pflanzen, wie Winterknospen von Syringa, Aesculus Hippocastanum 
und anderen. Es wurden dreierlei Radiumpräparate verwendet; eines 
enthielt 46,2 mg reines Radiumchlorid, ein anderes 29,5 mg. Diese 
beiden waren in Glasröhrchen eingeschlossen, so daß nur die ß- und 
y-Strahlen zur Wirkung gelangten, während das dritte Präparat aus 
einem Lackscheibehen bestand, in dem das Radiumpräparat gleich- 
mäßig ohne Glasbedeckung verteilt lag, so daß hier die «-Strahlen 
zur Wirkung kamen, welche einen Sättigungsstrom von 123,5 elektro- 
statischen Einheiten lieferten. Die Knospen der zusammengebundenen 
Zweige lagen in einer Ebene nebeneinander und wurden den Röhrchen 
direkt so aufgelegt, daß das Röhrchen in die Rinne zu liegen kam, 
welche durch die parallel stehenden Knospenpaare gebildet war. Nach 
der zirka 24 Stunden dauernden Bestrahlung wurden die Zweige direkt 
ins Warmhaus zum Austreiben im Lichte gebracht. Der Einfluß der 
Bestrahlung macht sich im Vorherbst nicht geltend, wohl aber zu einer 
Zeit, wo die Ruhe nicht mehr allzu fest ist; die Bestrahlung darf nicht 
zu kurz, aber auch nicht zu lang (nicht über 48 Stunden) dauern. Auch 
die Emanation hebt in einem gewissen Stadium der Ruhe (Dezember) 
die Wachstumshemmung auf, und veranlaßt ein frühzeitiges Austreiben, 
doch hört ihr Einfluß auf, sowie die Ruheperiode ausklingt, und kann 
in den entgegengesetzten umschlagen, das Wachstum also hemmen. 
Diese Förderung des Treibens durch Radiumpräparate und Emanation 
ist um so merkwürdiger, als ebenso starke Präparate auf Keim- 
pflanzen gewöhnlich ganz anders wirken. Wiewohl Falta und 


ı) H. Molisch, Über den Einfluß der Radiumemanation auf die höhere 
Pflanze. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien, 121 (1912); Über das Treiben von 
Pflanzen mittelst Radium, ebendas. 


XX, Treiben und Wachstumsförderung. 397 


Schwarz einen intensiv fördernden Einfluß auf das Wachstum von 
Haferkeimlingen beobachtet hatten, die täglich erneuerter Emanation 
von 31 000—270000 Macheeinheiten ausgesetzt waren, konnte Molisch 
im Gegensatz zu diesen Autoren bei keiner Konzentration einen 
günstigen Einfluß auf Wachstum und Entwicklung weder bei Hafer 
noch bei anderen Pflanzen beobachten, vielmehr war bei allen Pflanzen 
eine Schädigung wahrzunehmen, die sich entweder unmittelbar nach 
der Bestrahlung oder kurze Zeit danach durch gehemmtes Wachstum 
oder durch Absterben äußerte. Durch die Emanation wird ferner das 
Abwerfen des Laubes in hohem Grade gefördert, selbst im Frühling, 
also zu einer Zeit, wo normalerweise vom Laubfall keine Rede ist; 
die Emanation wirkt hier wie Lichtabschluß oder Unterdrückung der 
Transpiration als Reiz auf die Anlage und die Ausbildung der Trennungs- 
schicht, veranlaßt also ganz lokal Gewebe zum Wachstum. 


Von F. Weber!) stammt die Verletzungsmethode: 
Bei dieser ist die Tatsache, daß es sich beim Treiben um lokalisierte 
Wirkung handelt, bis ins Extrem verfolgt, denn da es nicht der Pflanzen- 
organismus als Ganzes ist, welcher bei der Treiberei Veränderungen 
erfährt, sondern nur die jeweils am Pflanzenkörper gereizten Partien, 
ging F. Weber von dem Gedanken aus, daß es genügen müßte, auch 
die einzelnen, in der Winterruhe verharrenden Knospen für sich allein 
zu reizen, um sie zur Entwicklung anzuregen. 

An der Basis der zu behandelnden Knospe, dort, wo sich die Narbe 
des abgefallenen Blattes befindet, in dessen Achsel die Knospe zur 
Anlage kam, wird in dieselbe mit der Nadel der zu Injektionen in der 
Medizin gebräuchlichen Pravazschen Spritze ein Stich versetzt und 
15 ccm Wasser, welche sich in der Spritze befinden, der Wunde injiziert. 
Ist die Knospe ziemlich groß, dann kann die Nadel horizontal durch 
die Mitte der Basis gestochen werden; ist sie aber sehr schmal, so würde 
die Spitze der Nadel an der anderen Seite der Knospe wieder nach außen 
dringen, und das Wasser könnte nicht in die Knospe gelangen; in diesem 
Falle ist es zweckmäßig, die Nadel ein wenig schräg nach aufwärts zu 
richten. Da die feine Nadelspitze sehr leicht durch Gewebeteile verstopft 
wird, empfiehlt es sich, vorher mit einer feinen Nadel den Einstich aus- 
zuführen und in diesen Stichkanal erst die Nadel der Spritze einzu- 
bringen. In allen Fällen macht sich durch den Turgor der Knospen- 
zellen ein mehr oder weniger starker Widerstand gegen das Einpressen 
der Flüssigkeit fühlbar, der z. B. bei Acer platanoides oft fast un- 
überwindlich, bei Syringa vulgaris und Tilia platyphyllos relativ gering 
ist. Beim raschen Einpressen spritzt das Wasser an der Spitze der 
Knospe, dort, wo die Deckschuppen zusammenneigen, in feinem Strahle 
kräftig hervor, und man darf sich dadurch, daß die eingepreßte Flüssig- 
keit ein leichtes Auseinanderweichen der Deckblätter bedingt, nicht 
täuschen lassen und annehmen, daß unmittelbar nach der Injektion 
sich bereits ein Entwicklungserfolg geltend macht. Es wurde gewöhn- 
liches Leitungswasser verwendet und festgestellt, daß ein Teil der ein- 
gepreßten Flüssigkeit tatsächlich von der Knospe aufgenommen wurde, mit 
dem Erfolg, daß so behandelte Knospen von Syringa vulgaris und Tilia 
platyphyllos in der Phase der Nachruhe zum Frühtreiben gebracht werden 


2) E.Weber, Über die Abkürzung der Ruheperiode der Holzgewächse durch 
Verletzung der Knospen usw. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss., Wien 120 (1911). 


398 NX. Treiben und Wachstumsförderung. 


konnten und den unbehandelten Knospen um durchschnittlich drei 
Wochen in der Entwicklung vorauseilten. Für die Knospen von Tilia 
wurde festgestellt, daß die Verletzung durch den Stich allein, ohne nach- 
folgendes Einpressen von Wasser, den Frühtreiberfolg mit sich bringt, 
daß also die Verletzung an sich die Mobilisierung der Reserven bewirkt 
und dadurch in eine Parallele mit der Entblätterung zu stellen ist. Da- 
gegen bleibt die bloße Verletzung durch Stich ohne Einpressen von 
Wasser bei Acer platanoides unwirksam; es dürfte also neben der Ver- 
letzung auch dem eingepreßten Wasser eine gewisse Rolle zukommen, 
und es dürfte sich hier ebenso wie beim Warmbad eben nicht um einen 
einzigen verursachenden Faktor, sondern um einen ganzen Komplex 
von Faktoren handeln. Nach Bos wirkt auch der galvanische Strom 
auf die Abkürzung der Ruheperiode hin. 

F. Jesenko!) verwendet als Mittel zum Frühtreiben die Injektion 
verschiedener Flüssigkeiten, wie verdünnten 
Alkohol, Äther, Säuren usw., in die Knospen. 
Die Zweige werden in die betreffenden Lösungen 
entweder eingelegt oder mit denselben injiziert. 
Die Injektion geschieht an der Schnittfläche 
mit Hilfe eines zur Einpressung von Flüssig- 
keiten in abgeschnittene Sprosse eigens von 
Jesenko konstruierten Luftkessels (Fig. 126). 
Mit der Handluftpumpe P wurde bei geschlosse- 
nen Hähnen der Druck im Kessel K auf eine 
Atmosphäre gebracht, die mit dem Kessel in 
Verbindung stehenden Glasröhren T wurden 
mit der Lösung von Alkohol oder Äther, bzw. 
Wasser gefüllt, an ihr freies Ende mittels 
eines kurzen Vakuumschlauches der zu injizie- 
rende Zweig Z angesetzt und mit Drahtklam- 
mern befestigt. Luftblasen. die sich zwischen 
Zweigende und Flüssigkeit einschieben, werden 
durch Klopfen an dem Glasrohr heraus- 
getrieben. Nun öffnet man die Hähne, worauf 
Fig. 126. Jesenkos Luftkesse. die komprimierte Luft die Lösungen unter kon- 

stantem Druck von einer Atmosphäre, durch 
das Manometer M meßbar, in die Zweige hineintreibt. Durch Abbrechen 
der Terminalknospe wurde ein rasches Durchdringen der Zweige mit den 
Lösungen (Alkohol wurde in den Konzentrationen 20 %, 10%, 5%, 1%» 
0,1% Äther in den Konzentrationen 10 Y% 5% 1: 9 GERNE 
verwendet) erreicht. Nach der Injektion wurden die Zweige mit dem 
unteren Ende in Wassergläser gestellt und in ein lichtes Warmhaus 
gebracht. Zur Zeit der Ruhe, wenn die Entwicklungsprozesse in den 
Knospen erst eingeleitet werden, ist die Wirkung der Lösungen eine 
günstige und beschleunigt die Knospenentfaltungen, während die 
Knospenentwicklung verzögert oder ganz unterbunden wird, wenn die 
Knospen bereits aus der Ruhe getreten sind. Bessere Wirkung als 
die Injektion hat das Baden der betreffenden 20-30 cm langen Zweige, 
die mit 6—10 Stück zu einem Bündel zusammengebunden werden, 


!) F, Jesenko, Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse 
abzukürzen. Ber. d. d. bot. Ges. 29, 273 (1911), 30, 81 (1912). 


XXI. Wachstumsmessung. 399 


in den betreffenden Lösungen, schon deshalb, weil so gleichzeitig eine 
größere Anzahl Knospen denselben Bedingungen ausgesetzt werden 
kann. Salzsäure und Schwefelsäure wurden dabei in Verdünnungen 
von 0,5 % bis 5 % verwendet. Die Zweigbündel wurden mit dem apikalen 
Ende nach abwärts in die Lösungen getaucht (während die Temperatur 
des Bades konstant auf 12—14 ° C gehalten wurde), so daß ein kurzes 
Stück des basalen Endes und die Schnittfläche aus dem Bade hervor- 
ragten; die Lösung konnte demnach nicht im Holzkörper aufsteigen, 
sondern nur von außen her in die Knospen eindringen. Die Dauer des 
Bades variierte zwischen 3 und 12 Stunden. Nach dem Bade wurden 
die Zweigbündel mit der Basis in Wasser gestellt und ins Warmhaus 
gebracht. Es zeigte sich auch hier wieder eine günstige Wirkung an- 
organischer und organischer Säuren (Weinsäure) während der tiefen 
Ruhe in bezug auf Frühentwicklung, während am Ausgange der Ruhe- 
periode nur ganz verdünnte Lösungen die Entwicklung beschleunigen, 
stärkere aber schaden. Eine höher konzentrierte Alkohol- oder Säure- 
lösung, kürzere Zeit angewendet, wirkt bis zu einem gewissen Grade 
ähnlich wie eine schwache bei längerer Dauer der Einwirkung. 


XXI. Wachstumsmessung. 


Die Messung des Wachstums erfolgt bei schnell wachsenden Pflanzen 
durch Beobachtung der Verlängerung der Pflanze an einem neben dieser 
senkrecht aufgestellten Maßstab. Für die Demonstration des Wachs- 
tums verwendet Pfeffer als Objekt das 25-30 mm hohe erste Laub- 
blatt des Keimlings von Avena oder Hordeum, das in eine kleine Küvette 
gebracht und kurz vor dem Versuche ganz unter Wasser gesetzt wird. 
Als fixe Marke dient der Schatten eines Stabes, den man so richtet, 
daß die fortwachsende Spitze diese Marke in kurzer Zeit erreicht. Die 
Spitze rückt bei zirka 4000 facher Vergrößerung in einer Minute um 
60 mm vor, wenn der reale Zuwachs in dieser Zeit 0,015 mm beträgt. 
Zur bequemen Beobachtung aufrecht wachsender Pflanzen dient das 
Horizontalmikroskop, welches in vertikaler Richtung an einer Säule 
verschiebbar ist, während die feine Einstellung mittels Mikrometer- 
schraube geschieht. Der Zuwachs kann an dem Okularmikrometer 
abgelesen werden. 

Zur Messung des Dickenwachstums wird um die Pflanze ein feiner 
Draht geschlungen, dessen eines Ende unverrückbar fest ist, während 
das andere Ende sich bewegt, wobei die Bewegung direkt oder vergrößert 
an einem Hebelwerk verfolgt werden kann. Man kann es auch mit dem 
Horizontalmikroskop beobachten, indem man die Pflanze an einer Seite 
einer Widerlage unverrückbar anlegt und an der entgegengesetzten Seite 
eine Marke oder Metallspitze anbringt, deren Fortrücken man im Mikro- 
skop verfolgt. Man kann ferner zwei Marken an der Peripherie anbringen 
und durch deren Auseinanderrücken das tangentiale Wachstum verfolgen. 
Wenn man die Marken derart wählt, daß der Unterschied zwischen 
Bogen und Sehne vernachlässigt werden kann, so ist es auch möglich, 
exakte Bestimmungen des Partialzuwachses auch an den sich krümmen- 
den Pflanzenteilen zu erzielen. Biegsame Maßstäbe oder Benutzung 
von geteilten Kreisbogen gleicher Krümmung können ferner ebenfalls 
diesem Zwecke dienen. Tuschmarken werden entweder mit einem 


400 XXI. Wachstumsmessung. 


feinen Pinsel oder mit Hilfe eines Systems von parallelen, über einen 
Kork gespannten Roßhaaren oder bei massiven Objekten mittels des 
Wiesnerschen Teilrädchens (Fig. 127) aufgetragen, dessen Zähne genau 
im Abstande von Imm voneinander angebracht sind. Als Farbstoff kann 
der eines gewöhnlichen Stempelkissens verwendet werden, der für die 
Pflanzen ganz unschädlich ist und der sehr distinkte und distinkt bleibende 
Marken aufzutragen gestattet, während die mit Tusche in 1 mm Abstand 
angebrachten Marken leicht bis zur Undeutlichkeit verfließen. 

Die Instrumente zur Wachstumsmessung sind entweder solche, 
bei denen der Beobachter fortwährend zugegen sein muß, oder es sind 
selbstregistrierende Auxanometer. Wenn eine Saite an der Spitze eines 
Pflanzenstengels angebracht und über eine senkrecht oberhalb der 
Pflanze angebrachte Rolle geleitet wird und am anderen Ende der Saite 
ein Gewicht hängt, so zeigt das Herabsinken des Gewichtes in einer 
bestimmten Zeit die Verlängerung des Pflanzenstengels an. Die Saite 
muß aus fein geflochtener und nicht aus gedrehter 
Seide bestehen, weil die letztere durch die Luftfeuchtigkeit 
bedeutende Längenänderungen erfährt. Solche Änderungen 
können übrigens durch Einfetten derselben oder Bestreichen 
mit Wachs vermieden werden. Das Gewicht 
darf nicht schwerer sein als notwendig ist, 
um die Saite vollkommen straff anzuspannen, 
weil sonst das Wachstum beeinflußt werden 
könnte. An der Pflanze kann die Saite durch 
einen einfachen Knoten oder eine Schlinge be- 
festigt werden ; die Gefahr, daß durch die Schnur 
ein Einschnitt in den Stengel gemacht werden 
könnte, mag durch Anbringung eines Streifens 
von gummiertem Papier zwischen Schlinge und 
Stengel vermieden werden. Jede Schwellung 
oder Schrumpfung der Erde muß natürlich 
Fehler verursachen, daher muß die Pflanze 
vor dem Versuch gründlich gewässert werden, 
Kie.128. Mikrometer. Um dann während des ganzen Versuches un- 
„Wien. ‚schraube zur Waohe- "bagossen zur! Bleiben; selbst wenn über die 

rädchen. Darwin. Topferde keine wasserzurückhaltende Schicht 

gebreitet wird, bleibt der Zustand des 
Bodens den Versuch hindurch erhalten. Der gefährlichste Irrtum 
wird durch spontane oder heliotropische Krümmung hervorgerufen, 
so daß eine Beleuchtung der Pflanze mit Oberlicht am vorteilhaftesten 
wirkt; ist das nicht möglich, so kann durch einen unmittelbar hinter 
der Pflanze angebrachten Spiegel die Wirkung des Vorderlichtes ver- 
mieden werden; durch Seitenlicht sehr wenig beeinflußt wird der Blüten- 
schaft von Nareissus. Die einfachste Art, den Weg des sinkenden Ge- 
wichtes zu verfolgen, ist, längs des Gewichtes eine Maßskala anzubringen. 
Ein Stück einer Bleiplatte, 15 x 20 mm, in der Mitte gefaltet, kann 
als Gewicht dienen und eine feine Nähnadel, die in die Falte horizontal 
gelegt wird und dort durch leichtes Hämmern festgefügt ist, dient als 
Zeiger, der das Wachstum auf 0,1 mm genau bestimmen läßt. Statt 
der horizontalen kann das Gewicht auch eine vertikale Nadel tragen, 
und ihr Abwärtssinken bringt die Nadel in Berührung mit Öl oder 
Quecksilber in einen Napf Q, der durch eine Mikrometerschraube $ 


XXI. Wachstumsmessung. 401 


gehoben oder gesenkt werden kann (H. Dar win) (Fig. 128). Der Moment 
des Kontakts ist genau zu erkennen und man kann leicht 0,01 mm an M 
ablesen. Wenn Ol verwendet wird, muß das Gefäß zunächst so weit ge- 
senkt werden, bis die Nadelspitze deutlich zu sehen ist, die Schraube wird 
dann vorsichtig gehoben, bis die blanke Öloberfläche am Berührungs- 
punkt eingesenkt erscheint. Wenn Quecksilber verwendet wird, muß 
zwischen dasselbe und die Lichtquelle, ein vertikaler Faden oder Draht 
nahe am Mikrometer aufgehängt werden und der Moment der Berührung 
der Nadelspitze und des Quecksilbers ist durch Verschiebung des Faden- 
bildes gekennzeichnet, das durch Reflexion des Lichtes im Quecksilber 
entsteht. Der Apparat muß auf einer standfesten Platte stehen. Das 
Mikrometer trägt am unteren Ende eine Nadel, welche für verschiedene 
Messungen dienlich ist. Der Haken an der Kante der Tube kennzeichnet 
die Vertikalstellung der Schraube; wenn dies der Fall ist, bleibt die 
Spitze des Hakens in einer zur Oberfläche relativ konstanten Stellung, 
wenn die Schraube gedreht wird. Wenn die Tube gefüllt ist, so daß die 
Spitze gerade in die Oberfläche taucht, 
bleibt dieser Stand während der Dre- 
hung konstant erhalten. 

Das selbstregistrierende Auxano- 
meter von. Wiesner (Fig. 129) 
funktioniert folgendermaßen: ein mas- 
siver Ständer aus Gußeisen trägt auf 
einer genau vertikalen Stahlsäule S 
einen mittels Schraube verstellbaren 
horizontalen Metallbalken, an welchem 
eine kleine aus Hartkautschuk ver- 
fertigte Rolle r drehbar befestigt ist, 
die mit einer gleichfalls aus Hart- 
kautschuk hergestellten größeren 


Rolle R fix verbunden ist. Beide r 

Rollen drehen sich konzentrisch um Fig. 129. Wiesners Auxanometer. 
dieselbe Achse, welche aus Stahl 

verfertigt ist und in einem passenden soliden Lager läuft. Jede der 
beiden Rollen hat im Umfang eine rinnenförmige Vertiefung, welche 
zur Führung je eines Fadens dient. Einer der Fäden läuft um die kleine 
Rolle. Einfache Aufrollung genügt; größerer Sicherheit wegen kann man 
den Faden doppelt aufrollen, es ist dann aber selbstverständlich ein 
größeres spannendes Gewicht anzuwenden. Eines der beiden Enden dieses 
Fadens ist mit der Pflanze verbunden, das zweite trägt ein zur Spannung 
des Fadens dienendes Gewicht G. Auf der großen Rolle wickelt sich 
ein dieselbe in einem Halbkreis berührender zweiter Faden ab, 
welcher auf der einen Seite durch das Gewicht G, auf der anderen Seite 
durch das Zeigergewicht @’ gespannt ist. Dieses Zeigergewicht ist T-förmig 
gestaltet, aus Hartkautschuk verfertigt und besitzt eine besondere 
vertikale Führung. Dieselbe besteht aus zwei genau vertikal gestellten, 
sorgfältig geglätteten zylindrischen Metallstäben, welche an prismatischen 
Hartkautschukstücken befestigt sind; diese selbst stehen wieder mit 
dem Balken so in Verbindung, daß er der Rolle möglichst nahe steht, 
ohne sie doch zu berühren. Das Zeigergewicht ist an vier Stellen durch- 
bohrt behufs Durchlaß der zur Führung dienenden Metallstäbe. Die 
vordere breite Fläche des Zeigergewichtes steht senkrecht zur Fläche 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 26 


402 XXI. Wachstumsmessung. 


der Rollen. Von der Mitte des Zeigergewichtes geht ein zur Rollenfläche 
paralleler, horizontal gestellter, gegen den Zylinder in einer Horizontal- 
ebene vorgebogener, zugespitzter, 10 cm langer, als Zeiger dienender Platin- 
draht Z aus. Zur Aufschreibung dient der Zylinder C, welcher exzentrisch 
auf dem Stundengehwerke W statt des Minutenzeigers mit hoher Führung 
aufgesetzt ist und sich innerhalb einer Stunde genau einmal umdreht. 
Der Halbmesser der kleinen Rolle beträgt 1,5 cm, jener der großen 
Rolle 12 em. Da nun beim Aufwärtswachsen der Pflanze die große 
Rolle proportional der Höhenzunahme der Pflanze sich bewegt, so ist 
ersichtlich, daß das Auxanometer nur achtmalige Vergrößerung gibt, 
welche sich aber auch noch steigern läßt. Zur Spannung der Fäden 
dienen Gewichtehen von 7—-10 g, welche Belastungen völlig ausreichen. 
Die Gewichte müssen sorgfältig gewählt sein, G muß @G’ völlig das 
Gleichgewicht halten und das andere Gewicht einen möglichst geringen 
Zug auf die Pflanze ausüben. Ist g, = z, 
so lastet auf der Pflanze bloß g. Das Zeiger- 
gewicht bewegt sich parallel zur vertikal 
wachsenden Pflanze, an deren Stengel der 
Faden angebracht ist, der über die kleine 
Rolle r gespannt ist, deren Bewegung die 
Zeigerrolle R sich bewegen läßt, so daß der 
Zeiger vertikal übereinanderliegende Marken 
schreibt, deren Abstände die stündlichen Zu- 
wachse im Verhältnis von r: R vergrößert 
angeben. Das Zeigergewicht legt einen Weg 
zurück, der achtmal so groß ist als der Zu- 
wachs. Je nachdem man das eine oder andere 
Ende des Fadens der kleinen Rolle mit der 
Pflanze in Verbindung bringt, bewegt sich 
das Zeigergewicht nach aufwärts oder nach 
abwärts. Man umhüllt den auf W aufzu- 
setzenden Zylinder mit einem dicht anliegen- 
den Papier, welches an der Vorderseite be- 
TR rußt ist, zeichnet mit Nadel und Lineal die 
Ei er Vorderkante und stellt den ganzen Apparat 
so, daß der Zeiger an dieselbe leicht an- 

gedrückt ist. Nach je einer Stunde markiert der Zeiger an der Zylinder- 
kante durch einen genau horizontalen Strich den vergrößerten Zuwachs. 
Das selbstregistrierende Auxanometer von Sachs besteht aus 
zwei Hauptteilen, von denen der erste im Prinzip den Sachsschen 
später zu betrachtenden ‚Zeiger am Bogen“ darstellt, der andere ein 
durch ein Uhrwerk langsam rotierender Zylinder ist, der ein berußtes 
Papier trägt, an welchem eine Zeigerspitze anliegt und so, ihrem 
jeweiligen Stande entsprechend, eine weiße Linie markiert. Die 
Drehungszeit des Zylinders läßt sich durch Verschiebung des Gewichtes 
am Pendel des Uhrwerkes regulieren. Der Bau und die Funktion 
des Apparates ist sehr einfach. Da der Apparat zahlreiche, z. T. schon 
von Sachs hervorgehobene Fehler zeigt und die Zuwachslinien keine 
richtigen proportionalen Werte geben, sei auf ein näheres Eingehen 
verzichtet. Der wichtigste (im Wiesnerschen Apparat vermiedene) 
Fehler ist, daß der Zeiger einen Kreisbogen (nicht eine vertikale, dem 
Zuwachs parallele Linie) beschreibt, daß der Zeiger nur bei horizontaler 


XXI. Wachstumsmessung. 4083 


Stellung mit dem exzentrisch rotierenden Zylinder Horizontallinien, in 
allen anderen Lagen aber selbst bei fixem Stande eigentümliche 
Reibungskurven verzeichnet, daß zur Vermeidung dieser Fehler ein 
großer, 90 cm im Umfang messender Zylinder und ein 60 cm langer 
Zeiger, ferner ein sehr großes Gewicht (20 g) verwendet werden muß, 
dessen Zug auf die Pflanze überdies nicht gleichmäßig ist, weil hier 
ein Zeiger und nicht, wie beim Wiesnerschen Apparat, durch die 
Rolle wieder eine Rolle bewegt wird. Die Messungen sind also hier nicht 
exakt quantitative. 

Der von Pfeffer (Fig. 130) nach dem von Baranetzky ange- 
wendeten Prinzip konstruierte Apparat zeichnet mit dem Schreibzeiger 
dadurch eine Treppenkurve, daß der mit Papier überzogene berußte 
Zylinder T, je nach der Stellung des auslösenden Uhrwerkes, jede t/,, 1, 
1, 2 Stunden usw. eine kleine Drehung macht. Die so markierten Strecken 


Fig. 131. Bovies Auxanometer. 


geben also den realen Zuwachs im Verhältnis der kleineren Rolle zur Rolle R 
vergrößert an. Wenn der durch ein Uhrwerk betriebene Zylinder, sich 
kontinuierlich drehend, in der Stunde eine Umdrehung macht, so ent- 
steht an seiner Peripherie eine Spirallinie, bei welcher der vertikale Ab- 
stand je zweier übereinanderliegender Linien den vergrößerten stünd- 
lichen Zuwachs angibt. Statt auf berußtem Papier kann man eine 
Schreibfeder mit Glyzerin-Anilinblautinte direkt auf Koordinatenpapier 
die Wachstumskurve schreiben lassen. Durch elektrische Übertragung 
kann man auch den registrierenden Apparat entfernt von der zu 
prüfenden Pflanze aufstellen, wie dies ja auch bei den Transpirations- 
messungen geschieht. Das Uhrwerk, welches elektrisch betrieben ist, 
dreht den Zylinder T, auf dem der Zeiger schreibt. Im übrigen ist 
der von der Pflanze kommende Faden F oder Draht ebenso wie beim 
Wiesnerschen Auxanometer um die kleine Rolle geschlungen, welche 
ihrerseits das große Rad R in Bewegung setzt, während ein Gewicht dem 
Zeiger das Gleichgewicht hält. 


26* 


404 XXI. Wachstumsmessung. 


Ein Auxanometer, welches vor allem die Fehlerquelle vermeidet, die 
durch Verlängerung oder Verkürzung des übertragenden Fadens gegeben 
ist, hat T. Boviet) konstruiert, welches Instrument gleichzeitig den 
Vorteil bietet, auch den kleinsten Zuwachs zu registrieren. Der Apparat, 
dessen Gesamtansicht Fig. 131 darstellt, besteht im wesentlichen aus einer 
Vorrichtung, welche aufwärtsgedrückt wird, wenn die Pflanze wächst. 
Wenn diese Vorrichtung eine kleine Strecke aufwärts gegangen ist, schließt 
sie einen elektrischen Strom, der die Schreibfeder des Chronographen in 
Tätigkeit setzt. Da die Verbindung der Pflanze mit der stromschließenden 
Vorrichtung aus einem Metall hergestellt ist, das einen außerordentlich 
kleinen Ausdehnungskoeffizienten besitzt, kann das Wachstum auf wenige 
Mikra genau gemessen werden. Die Pflanze wird (Fig. 132) mittels des 
Metallfadens a an der kleinen Feder b befestigt, welche ein wenig stärker 
aufwärts schnellt als notwendig ist, um das Gewicht des Drahtes zu 
tragen, so daß der Faden immer straff gespannt ist 


| Ei N (man kann den notwendigen Zug durch eine Schraube 
er N regulieren), aber doch dem Wachstum der Pflanze 
(et | keinen Eintrag tut. Wenn die Feder nach auf- 
Rs) | wärtszieht, gelangt sie mit dem Block c an der 
| Spitze c’ in Berührung. Dadurch wird ein elek- 
trischer Strom geschlossen, der bis dahin offen war, 


da beim Klaffen nämlich die Feder b von c an ihrem 
„ anderen Ende isoliert ist. Der Strom, welcher jetzt 
durch das System fließt, aktiviert die Spule d, 
N welche den Unterbrecherhebel aufwärts zieht. Der 
wu : Block c ist an der Schraube / befestigt, die durch 
ı ein Rädersystem bei /’' mit einer Uhrfeder ver- 
bunden ist, welche die Schraube so zu drehen strebt, 
daß der Block c aufwärtsgehoben wird. Die Schraube 
wird aber an der Drehung durch den Unterbrecher- 
hebel e gehindert, außer wenn derselbe durch den 


% Elektromagneten d aufwärts gezogen wird, worauf 
' sich die Schraube um einen Teil ihres Umfanges 
Kig. 132, Schematischh drehen kann. Dadurch wird der Block c eine be- 
Skizze des Bovieschen B e 3 = 

Auxanometers. stimmte Strecke erhoben und der Strom geöffnet. 


Die Pflanze muß also dann gerade um dieses Stück 
wachsen, damit der Strom wieder geschlossen werde. Die Aufwärtsbewegung 
von Block c ist durch die Ganghöhe der Windungen der Schraube f und 
die Anzahl der Windungen begrenzt. Durch Veränderung der Zahl der 
Zähne im Unterbrecherrade an der Spitze der Schraube / kann die Größe 
ihrer Umdrehungen bei jedem Kontakt kontrolliert werden. Sind 20 Zähne 
an dem Rade vorhanden, so kann die Schraube !/,, Umdrehung machen, 
respektive mehr, wenn einige Zähne entfernt werden bis zur vollständigen 
Umdrehung. Ist die Ganghöhe der Schraube 0,5 mm, so repräsentiert 
jede Bewegung 25 u. Um kleine Abstände zu messen, ist; eine Mikrometer- 
schraube höchst geeignet, wenn sie exakt gearbeitet ist (so leisten z. B. 
Phonographenschrauben gute Dienste). Der Unterbrecher muß so 
funktionieren, daß lediglich ein Zahn des Rades vorbeigehen kann, 


!), W.T.Bovie, A precision Auxanometer, Botan. Gazette 53, 504 (1912). 
Herrn Bovie bin ich für die Zusendung der Photographie seines Apparates zu 
großem Danke verpflichtet. 


XXI. Wachstumsmessung. 405 


wenn der Strom einmal geschlossen wird. Die Trommel des Chrono- 
graphen dreht sich einmal in sechs Stunden um sich selbst, 1 mm ihres 
Umfanges entspricht einer Zeitminute; sie kann die Aufschreibungen 
von sechs Auxanometern gleichzeitig aufnehmen und ihr Uhrwerk 
funktioniert ununterbrochen eine Woche. Die Federn sind unbeweglich, 
die Trommel rotiert unter ihnen in der Richtung ihrer eigenen Achse, 
so daß jede Feder auf dem Registrierstreifen eine Spirale zeichnet. Bei 
jeder Stromschließung markiert die Feder auf der gezogenen Linie 
einen Punkt. Wenn der Streifen abgenommen wird, zeigt er eine Serie 
paralleler Linien, von denen jede sechs Stunden entspricht. Durch 
Zählung der Punkte in einem bestimmten Zeitintervall oder durch 
Messung von deren Abständen kann das Maß des Wachstums bestimmt 
werden. Mittels eines kleinen Schaltbrettes kann eine elektrische Glocke 
oder Glühlampe in den Stromkreis eingeschaltet werden, so daß immer 
ein Zuwachs durch Aufleuchten der Lampe oder Glockenton registriert 
werden kann. Ist der Abstand so kurz, daß eine gewöhnliche Glühlampe 
nicht aufleuchtet, muß eine Wolframlampe verwendet werden. Ein 
wachsender Hyazinthensproß, der aus dem feuchten Warmhaus in die 
trockene Luft des Laboratoriums übertragen wurde, ließ die Lampe etwas 
öfter als einmal in der Minute aufleuchten, dagegen viel öfter, wenn die 
Pflanze im Warmhause belassen und nur der Registrierapparat, mit ihr in 
elektrischer Verbindung, im Laboratorium aufgestellt worden war. Ein 
junger Helianthuskeimling gab alle 18 Sekunden eine Markierung; in 
solchen Fällen, also bei sehr schnell wachsenden Pflanzen, wären bei 
Experimenten längerer Dauer die markierten Punkte zu zahlreich, um 
bequem gezählt zu werden, man entfernt dann also entsprechend viele 
Zähne des Rades. Das Prinzip, durch die wachsende Pflanze automatisch 
einen elektrischen Strom öffnen und schließen zu lassen, ermöglicht, 
die Messung des Längenwachstums mit großer Genauigkeit vorzunehmen. 
Die einzige Schwierigkeit ist, daß leicht zwischen der Feder b und dem 
Block c ein Funke überspringt. Um das zu verhindern, muß der Draht a 
nahe dem fixierten Ende der Feder b angebracht sein, so daß die Spalte 
länger ist als die Funkendistanz, oder es wird um die Spalte herum eine 
Kühlung angebracht, wodurch auch ein Abbrennen der Enden ver- 
mieden wird. Elektroden von Gold oder Platin geben die besten 
Resultate. 

Um die Unbequemlichkeiten zu vermeiden, welche beim Arbeiten 
mit berußten Papieren Regel sind, ferner um ein Versagen der Schreib- 
vorriehtung, wie sie bei den gewöhnlichen Auxanometern durch kleine 
Unebenheiten des Papiers, durch Luftströmungen gegeben sind, welche 
den Tragfaden der Feder in leichte Schwingung bringen oder die Feder 
abheben, bedient sich F. G. Kohl!) folgender Konstruktion. Die durch 
Uhrwerk U (Fig.133) in beliebig rasche kontinuierliche oder intermittierende 
Umdrehung versetzte Trommel wird mit Zelluloidfilm überzogen, natür- 
lich bei rotem Licht. Uber die Trommel T stülpt man einen viereckigen 
Kasten K, der auf einem von der Trommelachse durchsetzten Tragbrett 
ruht. Damit das Aufsetzen dieses Kastens lichtdicht und immer in 
richtiger Stellung vor sich gehe, sind auf dem Tragbrett vier Leisten 


1) F. G. Kohl, Ein neuer Apparat zur Demonstration von Wachstums- 
und Plasmolyse-Erscheinungen. Ein photographisches Auxanometer. Ber. d. 
d. bot. Ges. 20, 208 (1902). 


406 XXI. Wachstumsmessung. 


angebracht, an welche sich die unteren Ränder der Kastenseiten an- 
legen. In der einen Seitenwand des Kastens gleitet in einem Ausschnitt 
ein Schieber S aus dünnem Aluminiumblech oder aus Hartgummi, 
der etwa in der Mitte ein Loch von 1 mm Durchmesser trägt und diesem 
gegenüber in einiger Entfernung ein sehr kleines elektrisches Glüh- 
lämpchen L, welches sich mit dem Schieber, in fester Verbindung mit 
diesem, bewegt. Die lichtempfindliche Schicht des Films gleitet bei 
der Rotation der Trommel dicht hinter dem Schieber vorbei, denselben 
fast berührend. Der Schieber hängt an dem Faden oder Draht f (Fig. 133), 
welcher entweder nur über eine Nutenrolle läuft und dessen anderes Ende 
am Scheitel der wachsenden Pflanze befestigt ist, oder es ist eine Rollen- 
übersetzung zur Vergrößerung des Ausschlages eingeschaltet, wobei 
der Schieber durch ein Gewicht balaneiert wird. Die Anfangseinstellung 
des Schiebers wird so gewählt, daß das Loch eben unter dem oberen 


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Fig. 133. Kohls Auxanometer. Fig. 134. Apparat zur Demonstration von Wachtums- 
verlängerung und Verkürzung durch Plasmalyse. 
Rande der Trommel steht, die Rotation läßt man dann sofort einsetzen. 
Bei Streckung der Versuchspflanze senkt sich der Schieber und das 
durch das Loch einfallende Tageslicht oder das Licht des Glühlämpchens 
malt die Wachstumskurve auf die empfindliche Filmschicht. Nach 
Beendigung des Versuches entwickelt und fixiert man die abgenommenen 
Films; sie zeigen auf glasklarem Grunde die schwarze Kurve und können 
nun auf Koordinatenpapier aufgesteckt werden, wo dann mit Hilfe 
der von den Quadraten auftretenden durchscheinenden Linien die Ab- 
lesung vorgenommen wird. Fig. 135 zeigt den Apparat aus Fig. 133 
in der Aufsicht. Ein einfacher Apparat von Kohl (Fig. 134, 136) dient 
auch zur Demonstration nicht nur von Wachstumsverlängerung, sondern 
auch von Verkürzung durch Plasmolyse. Der Apparat besteht aus dem 
Brettchen B mit Ausschnitt, in welchem die Glasskala G eingelegt 
und befestigt werden kann. Das Brettchen trägt an jedem Ende eine 
Nutenrolle an horizontaler Achse, von denen die eine, n, einfach, die 
andere, n, n,, zusammengesetzt ist und aus zwei fest miteinander ver- 


XXI Wachstumsmessung. 407 


bundenen Rollen besteht, deren Durchmesser in einem einfachen kon- 
stanten Verhältnis zueinander stehen. Über die linke kleine Rolle n 
und über die rechte größere n, läuft ein horizontaler Faden oder feiner 
Draht f, dessen linkes Ende das kleine Spanngewicht g trägt, dessen 
rechtes Ende an einem Punkte der Peripherie der großen Rolle n, be- 
festigt ist. Die Rollen sind leicht drehbar so angebracht, daß der Faden 
genau in der Mitte der Vorderseite des Brettchens, also auch genau in 
der hier liegenden Skala verläuft. Über die kleinere der zusammen- 
gesetzten Rollen wird ein zweiter, durch das Gewicht g, gespannter 
Faden gelegt (f,), dessen zweites Ende am Gipfel des wachsenden Pflanzen- 
organs oder am oberen Ende des zu plasmolysierenden Pflanzenteils 
befestigt ist. Die geringste Verschiebung dieses Endes ruft eine Drehung 
der Rolle n, und der mit ihr fest vereinigten Rolle n, und eine Bewegung 
des horizontalen Fadens von rechts nach links oder umgekehrt hervor. 
An diesem Faden ist ein kleiner Zeiger angebracht, der mit der Spitze 
der Glasschale anliegt und auf ihr hingleitet, wenn der tragende Faden 

durch die Drehung der Doppelrolle, 
”n welche von der Pflanze veranlaßt wird, 
eine Bewegung macht. Das Brettehen B 
trägt auf seiner Rückseite den Rohr- 


OHIIMAIZZZ y satz R, den man unmittelbar über 
x 


die Beleuchtungslinsen des Projektions- 


FT 


Fig. 155. Kohls Auxanometer in der Auf- Fig. 136. Meßbrücke des Kohlschen Apparates 
sicht, 7= Trommel; SS = Spalt; ZI = Fig. 134. 
Liektkegel; NN = Befestigungsrinne. ; 
apparates schiebt, oder es ist an der einen Seite verlängert. Die 
Verlängerung V endigt mit einem Rohre f, welches auf dem Stab S 
eines Stativs gleitet und in beliebiger Höhe fixiert werden kann. Das 
Skioptikon projiziert die Skala scharf auf den Schirm, auf welchem 
demonstriert werden kann, wie der Zeiger über die Skala gleitet. In 
Fig. 134 wird die Anordnung zur plasmolytischen Verkürzung eines Mark- 
zylinders wiedergegeben. Der Faden f, ist am oberen Ende des Mark- 
zylinders m durch die Nadel na und eine Schlinge befestigt; am unteren 
Ende wird der Markzylinder durch die seitlich in den Zylinder € ein- 
geführte Nadel na, fixiert. Das den Zylinder ausfüllende Wasser kann 
durch das Rohr ru abgelassen, die plasmolysierende Lösung durch das 
Rohr ro zugeführt werden; man läßt die plasmolysierende Lösung zu- 
fließen, wenn die Verkürzung gezeigt werden soll, und nach Ablassen der 
Lösung Wasser, wenn man die Wiederverlängerung demonstrieren will. 
Für Demonstration der Zuwachsbewegung wird der Faden /, am Scheitel 
des wachsenden Stengels befestigt. Auch der Verbrauch an Wasser durch 
Transpiration läßt sich zeigen, indem das Saugrohr ss des Transpirations- 
apparates (Fig. 136), dessen Wasser zur besseren Anschaulichkeit gefärbt 
wird, durch zwei Klammern KK am Brettchen B oberhalb der Nutenrollen 
über die Skala gelegt und das Rohr solange verschoben wird, bis der 
Meniskus der gefärbten Flüssigkeitssäule auf den Nullpunkt der Skala 


408 


zu liegen kommt. 


XXI. Wachstumsmessung. 


Kohl führt folgendes Beispiel an: ein aus einer 


Kartoffelknolle ausgebohrter Gewebezylinder von 100 mm Länge ver- 
kürzte sich in 16 prozentiger Zuckerlösung bei 20° C in einer Stunde 


Fig. 137. „Zeiger am Bogen. 


240 mm über die Skala. 


um 4 mm; stehen nun die beiden 
Rollendurchmesser n, :n, im Ver- 
hältnis 1: 3, so wird der Zeiger 
auf der Skala um 12 mm ver- 
schoben;; bei einer Entfernung des 
Projektionsschirmes vom Skiopti- 
kon von 4m betrug auf jenem der 
Weg des Zeigerbildes 480 mm, also 
fast einen halben Meter. Bei der 
Demonstration von Verlängerung 
durchWachstum empfiehlt es sich, 
die Durchmesser der beiden Nu- 
tenrollen mehr voneinander ab- 
weichen zu lassen. Wählt man 
z. B. das Verhältnis der Durch- 
messer 1:6 und wächst das 
Versuchsobjekt innerhalb einer 
Stunde nur 1 mm, so bewegt sich 
unser Zeigerbild immer noch um 
Hat dieselbe in Wirklichkeit eine Zweimilli- 


meterteilung, so erscheinen die Teilstriche auf der Projektionsfläche 


o 


Fig. 138. 
Die Samen A und B sind an 
ihren Kotyledonen durch 
die Nadeln n befestigt und 
von den Spitzen angefangen 
mit Marken (A) in gleich- 
mäßigen Abständen ver- 
sehen, die in B, entsprechend 
der großen Periode des 
Wachstums, auseinander- 

rücken. 


um 8 cm voneinander entfernt, bei Imm Teilung 
um 4cm und in letzterem Falle streicht der Zeiger 
auf dem Projektionsschirm über sechs Teilstriche 
der Skala innerhalb einer Stunde hinweg. Durch 
die Wahl der Übersetzungsgröße zwischen den beiden 
Nutenrollen n,n, kann man den Ausschlag auf 
der Skala den jeweiligen Umständen beliebig an- 
passen. Einige Vorversuche klären darüber auf 
und man braucht nur das Rollenpaar ein für 
allemal für jeden Apparat (Transpirationsapparat, 
Wurzeldruckapparat usw.) zu bezeichnen, um bei 
Anwendung annähernd gleicher Objekte dieselben 
Erfolge zu erzielen. 

Das einfachste Auxanometer ist der Sachs- 
sche Zeiger am Bogen (Fig. 137): Ein von der 
Pflanzenspitze ausgehender Seidenfaden f geht über 
eine kleine Rolle r und wird durch ein kleines Ge- 
wicht gespannt gehalten. An einer leicht drehbaren 
Achse ist außer der Rolle noch ein langer Zeiger Z 
angebracht, der an einer Skala B spielt. Jede Ver- 
längerung der Pflanze bewirkt eine Drehung der 
tolle und damit eine Bewegung des Zeigers längs 
der Skala, welche die Verlängerung zu Demon- 
strationszwecken anzeigen kann. 

Für die Messung des Wachstums von Wurzeln 


(Fig. 138) ist noch heute die Methode von Sachs vorbildlich, deren 
Schilderung der genannte Forscher folgendermaßen gibt: Die Samen (von 
Vieia Faba oder Phaseolus multiflorus) werden zunächst 24—30 Stunden 


XXI. Wachstumsmessung. 409 


in Leitungswasser liegen gelassen, das man während dieser Zeit zwei- bis 
dreimal erneuert, wobei durch Bürsten den Samen anhaftende Fäulnisstoffe 
usw. entfernt werden. Noch vor dem Hervortreten der Hauptwurzel werden 
die Samen in feuchte Sägespäne gelegt, die vorher jedesmal zwischen 
den Handflächen zerrieben und zu einem möglichst lockeren Keimlager 
in großen Holzkasten zubereitet werden; dadurch werden einerseits 
gerade Wurzeln, andererseits genügende Durchlüftung erzielt und so 
Schimmelbildung vermieden. Die großen Samen, wie die von Faba, 
Phaseolus, Aesculus, Quercus, Cucurbita, werden immer einzeln aus- 
gelegt; die von Faba so mit der Mikropyle abwärts, daß die austretende 
Hauptwurzel keine Krümmung zu machen braucht, um senkrecht hinab- 
zuwachsen; die anderen legt man horizontal, so daß die Wurzel nach 
ihrem Austritt einen rechten Winkel mit der Längsachse des Samens 
bildet; kleine Samen werden einfach ausgestreut und gleich jenen mit 
Sägespänen bedeckt. Beim Herausnehmen aus den 
Sägespänen werden die Keimpflanzen sofort in reines 
Brunnenwasser gelegt und sorgfältig gewaschen, sie 
dürfen aber nicht zu lange mit dem Wasser in Be- 
rührung bleiben, weil sonst die Wurzelspitze leicht er- 
krankt; man kann beobachten, daß Wurzeln, deren 
Haube zu einer gummiähnlichen, gelatinösen Masse 
aufquillt, bald zu wachsen aufhören und erkranken. 

Um die Wurzeln in feuchter Luft oder in Wasser 
wachsen zu lassen, werden große Präparatenzylinder 
mit eingeriebenem Deckel verwendet, deren Deckel- 
hohlraum mit Kork ausgekleidet ist; die Korkplatte 
ist während des Versuches stets feucht zu halten 
und kann, wenn sich Schimmel ansetzen sollte, durch 
Abflammen leicht gereinigt werden. An dieser Kork- 
scheibe werden nun die Keimpflanzen mit langen, 
reinen, nicht verrosteten Stecknadeln befestigt. Sollen 
die Wurzeln in Wasser wachsen, so werden zwei Drittel 
des Zylinderraumes mit Wasser angefüllt, während 
noch 1 Liter Luft frei bleibt (Fig. 139); die Samen gie. 139. Sachsscher 
müssen, wenn die Wurzeln gesund bleiben sollen, so Zylinder für Erzielung 
angesteckt werden, daß die Kotyledonen sich über Wasser. 
dem Wasser in der Luft befinden. Kommt es darauf 
an, die Wurzeln in feuchter Luft wachsen zu lassen, so wird nur der 
Boden des Zylinders mit Wasser bedeckt und die Wände mit feuchtem 
Filtrierpapier ausgekleidet. Innerhalb des Zylinders ist noch ein in 
Zehntel geteiltes Thermometer aufzuhängen. Das Wasser wird, um 
sich in seiner Temperatur mit der Umgebung auszugleichen, einen Tag 
vor dem Versuch in den Zylinder gebracht. 

Um das Wachstum der Wurzeln aber auch in ihrem eigentlichen 
Element, der Erde, verfolgen zu können, dient der Sachssche Keim- 
kasten (Fig. 11 auf pag. 54), dessen Seitenwände aus Glas oder dünnen 
Glimmerplatten nicht senkrecht stehen, sondern unter einem Winkel von 
10° gegen den Horizont geneigt sind. Das Gestell des Kastens, in den die 
durchsichtigen Platten eingelassen sind, besteht aus starkem Zinkblech, 
ebenso wie der Deckel, der die obere Öffnung mit übergreifenden Rändern 
schließt; der Boden des Kastens, seine metallenen Wände sowie der Deckel 
sind mit zahlreichen Luftlöchern versehen. Zur Beobachtung des Wachs- 


410 XXI Wachstumsmessung. 


tums der Nebenwurzeln braucht man natürlich Kästen mit viel breiteren 
und höheren Seitenwänden, während das Wachstum der Hauptwurzel 
allein schon in viel niedrigeren und schmäleren Keimkästen verfolgt 
werden kann. Jedenfalls wähle man aber relativ dünnes, durchsichtiges 
Material, wenn man Form und Partialzuwachs der Wurzel zu bestimmen 
wünscht, da man nur so den an der Außenwand angelegten Maßstab 
sicher ablesen kann. Die in die Kasten einzufüllende schwarze humose 
Gartenerde wird vor dem Gebrauche soweit angefeuchtet, daß sie sich 
zwischen den Händen zu einer feinkrümeligen Masse zerreiben läßt, 
dann gesiebt und eingefüllt. 
Ein Begießen in den näch- 
sten Tagen ist dann über- 
flüssig und könnte den Ver- 
such nur stören, die Erde 
ist nur einzurütteln, nicht 
festzudrücken und muß vor 
jedem Versuche neu ein- 
gefüllt, die Scheiben ge- 
waschen werden. In die 
nicht ganz gefüllten Kasten 
werden nun die keimenden 
Samen so gesteckt oder ge- 
legt, daß gleich anfangs die 
Hauptwurzel der durchsich- 
tigen Wand dicht anliegt; 
da sie immer senkrecht ab- 
wärts zu wachsen sucht, legt 
sie sich an die geneigte Wand 
immer fester an und bleibt 
sichtbar; daß sie an der 
Fensterseite von Erde ent- 
blößt ist, tut dem normalen 
Wachstum keinen Eintrag. 
Glaszylinder oder Erdkasten 
werden, um den Einfluß des 
Lichtes und des Temperatur- 
wechsels auszuschließen, in 

| geräumige, gleichmäßig tem- 

Fig. 140. Washstumsm ırken an Stengelorganen. 

(0. kiechter.) perierte, innen geschwärzte 
Holzschränke gestellt. 

Zur Markierung der Wurzeln wird chinesische Tusche oder, wie 
schon erwähnt, die Tinte der Patentstempelkissen verwendet, die den 
Vorteil bietet, auf der Wurzel nicht zu fließen. Man kann die Tusche 
auf einer Porzellanplatte mit Wasser anreiben und dann mittels eines 
steifen, sehr spitzen Pinsels in Form möglichst dünner, tiefschwarzer 
Querstriche auf der Wurzel auftragen. Vor dem Auftragen der Striche 
muß man die Wurzel abtrocknen, was am besten mit einem Stück dünner, 
weicher Leinwand geschieht, die man um die Wurzel herumlegt und 
mit leichtem Druck gegen die Spitze hingleiten läßt. Nachdem die 
Marken aufgetragen sind, läßt man die Keimpflanzen 1—2 Minuten 
in feuchter Luft liegen, um dem Tuschanstrich Zeit zum festen Adhärieren 
zu lassen, wenn die Wurzel in Wasser oder Erde weiterwachsen soll, 


XXI. Wachstumsmessung. 411 


welche die Marke dann nicht abzuwaschen oder abzuscheuern vermögen. 
Die Lage und Entfernung der Marken richtet sich nach der Absicht des 
Versuches. Um der Keimpflanze eine feste Lage zu geben und das Mar- 
kieren mit größerer Sicherheit vornehmen zu können, wird eine große, 
glatte Korkplatte von 2 cm Dicke benutzt, die am linken Rande mit 
einer runden Feile verschieden große Kerben erhält; von jeder derselben 
gehen auf der Oberfläche des Korkes einige mit dünner, runder Feile 
gemachte Rinnen nach verschiedenen Richtungen aus. Man probiert 
nun, in welche Kerbe der Samen sich mit einiger Reibung einschieben 
läßt, so daß er darin festhält, wobei die Wurzel gleichzeitig in die Rinne 
zu liegen kommt. Legt man nun neben die in der Rinne ruhende Wurzel 
eine Millimeterteilung, so kann man die Marken gleichsam als Verlänge- 
rung der Teilungsstriche des Maßstabes auftragen. Ebenso wird dann die 
beim Wachstum resultierende Verschiebung der Marken gemessen. 
Zur Messung der Krümmungsradien und Bogenlängen gekrümmter 
Wurzeln werden dünne Glimmerplatten benutzt, auf die mit der Zirkel- 
spitze ein System konzentrischer Kreisbogen eingeritzt ist. Die Qua- 
dranten werden durch fortgesetzte Halbierung in 8, 16, 32 Teile geteilt; 


7 
Tage 


Fig. 141. Wachstumskurve nach Sachs. 


man berechnet für jeden Radius die Länge eines solchen Bogenstückes 
und benutzt die so entworfene Tabelle zur Berechnung der Bogenlängen 
an den gekrümmten Wurzeln. Man legt an die Wand des Keimkastens 
die gradgeteilte Glimmerplatte und probiert, welcher der Kreise mit 
der Krümmung der Wurzel zusammenfällt. Durch bereitgehaltene 
gummierte Papierstreifen wird die geteilte Platte auf der Glimmerwand 
des Kastens befestigt und nun die Bestimmung vorgenommen. 

Die Wachstumsmessungen sowohl oberirdischer (Fig. 140) als unter- 
irdischer Organe ergeben, daß ein wachsender Pflanzenteil mit kleinen 
Zuwächsen beginnt, dann immer schneller wächst, ein Maximum der 
Wachstumsgeschwindigkeit erreicht und von dort ab immer langsamer 
wächst, bis das Wachstum endlich zum Stillstand kommt (Fig. 141), eine 
Erscheinung, welche als die große Periode bezeichnet wird. An einem 
wachsenden Internodium zeigt jeder Abschnitt eine große Periode, die 
älteren Abschnitte haben bereits aufgehört zu wachsen oder befinden sich 
in der letzten Phase ihrer großen Periode, während die jüngeren erst zu 
wachsen beginnen: aus diesen großen Perioden der einzelnen Querabschnitte 
setzt sich die große Periode des ganzen Internodiums zusammen. Der 
Einfluß von Licht und Temperatur macht sich darin geltend, daß ein 
im Lichte gewachsenes Internodium sein Maximum früher erreicht 


412 XXI. Wachstumsmessung. 


als das etiolierte, daß die Ausgiebigkeit des Wachstums in allen Phasen 
seiner Periode geringer ist, und daß das Wachstum früher aufhört. Von 
Temperaturschwankungen zeigt sich das Wachstum insofern abhängig, 
als das grüne Internodium sein Maximum lange vor, das etiolierte lange 
nach dem während dieser Zeit eingetretenen Temperaturmaximum erreicht. 
Im allgemeinen folgt die Zuwachskurve der Temperaturkurve; zur Zeit 
der stärkeren Wachstumsfähigkeit, in der Mitte der großen Periode, 
verändern Temperaturschwankungen von einem bis zu einigen Graden 
in der Stunde das Wachstum mächtig, indem einem Steigen der Tem- 
peratur ein Steigen, dem Fallen der Temperatur ein Fallen des Zuwachses 
entspricht. Vom Abend bis zum Morgen steigen im allgemeinen die 
Wachstumskurven, auch wenn die Temperatur in der Nacht um einen 
oder mehrere Grade fällt; sie fällt dagegen nach Sonnenaufgang plötzlich 
und rasch, selbst wenn die Temperatur steigt; vom Morgen bis Abend 
herrscht also im allgemeinen eine Verminderung, während der Nacht 
eine Steigerung des Zuwachses. Wenn zu Mittag oder Nachmittag 
eine kleine Steigerung der Wachstumsgeschwindigkeit eintritt, die 
übrigens den Eintritt des abendlichen Minimums nicht hindert, so 
handelt es sich hier nur um die Wirkung der höheren Tagestemperatur, 
während die nächtliche Steigerung und das Sinken am Morgen durch 
innere Ursachen bewirkt wird. Das Licht bewirkt auf alle Fälle eine 
Retardation, die Dunkelheit eine Beschleunigung des Wachstums bei 
diesen Pflanzen. Es seien ferner einige von Sachs ermittelte Zahlen 
notiert: Phaseolus multiflorus, etiolierte Pflanze, große Periode der 
einzelnen Teile des epikotylen Internodiums; dasselbe wurde in zwölf 
Stücke zu 3—5 mm eingeteilt, die von unten nach oben mit a bis m be- 
zeichnet sind, die Messung fand in 24 stündigen Intervallen statt, die 
Temperatur war 10—11° C: 


Be- Zuwachs bis 
zeielmung. | 51. | 22. | 28. | 4 | 5 | » |. | Serge 
der Stücke | April | April | April | April | April | April ı April April | April | April 
1 1 

mm | mm mm mm mm | mm | mm mm | mm | mm 

oben m | 12 | 15.125 | 55.1 20. 9,0440 10,0 em | 2,0 
l 1,5 1,5 6,0 9,0 9,5 9,5 3,5 1,0 = — 

k 2,1 3,0 6,5 6,0 20. — — | — — — 

i 3,9 2,5 3,0 1,0 — — — — — — 

h 3,3 1,0 0,5 — — — — — — — 
en en: BEE. BE. 
BEE Ve ee Te I | re 7° Be 

© 0,6 0,3 — — — En == — — | — 

d 0,6 _ n— — — — — | — | 

c 0,3 — — — — — — — — | 

b 0,3 — — = — — — — — OB 

unten & 0,3 — - —— — — — | — — Ze 


Bei der Wurzel wird der erste Teilstrich (Marke 0) so gesetzt, daß 
ein Querschnitt an dieser Stelle den Vegetationspunkt der Wurzel- 
spitze treffen würde; das ist nur annähernd möglich, da man den Vege- 
tationspunkt nur undeutlich durchschimmern sieht, aber man ver- 
meidet dadurch den Fehler, die vor dem Vegetationspunkt liegende, 
bis ®/,, Millimeter umfassende Länge der Wurzelhaube, die gar nicht 
in Betracht kommt, in die Messung mit aufzunehmen, wodurch die 


XXI. Wachstumsmessung. 413 
erste wachsende Zone zum Teil der Haube und nur zum Teil dem 
Wurzelkörper angehört, so daß sie mit den anderen nicht zu vergleichen 
ist. Man bringt nun, vom Vegetationspunkt angefangen, in gleichen 
Abständen einige Marken an und mißt deren Entfernung nach einiger 
Zeit: man findet dann eine letzte Querzone, die sich noch verlängert 
hat, während alle hinter dieser liegenden gleich geblieben sind oder sich 
verkürzt haben. Eine in Wasser senkrecht wachsende Wurzel von 
Vicia Faba war vom Vegetationspunkt aus in zehn Querzonen von 
je 1 mm Länge geteilt worden; die Zonen sind von der Spitze aufwärts 
mit I bis X bezeichnet; die Verlängerung ist nach 15 stündigem Wachs- 
tum bei 20—20,7 ° C bestimmt. 


Zone Verlängerung Zone Verlängerung 
er | 

X 0,0 mm V | 2,0 mm 
Be 2 IV | 2,8..,, 
VIII 3 5 IT 0, 
N 0,6, , ul | Las 
VI 1,4 „ ji 0,8 ee) 

| Gesamtzuwachs 11,0 mm 


Die letzte gewachsene Querscheibe von 1 mm anfänglicher Länge 
ist also die neunte und die Länge der gesamten wachsenden Region 
umfaßt neun Querscheiben von je 1 mm Länge. Die Länge der wachsen- 
den Region zeigt bei verschiedenen Individuen derselben Art selbst bei 
gleichen äußeren Bedingungen wesentliche Unterschiede, wie aus dem 
folgenden Beispiel von fünf Pisum sativum-Pflanzen A, B, C, D, E 
ersichtlich, deren Zuwachs in demselben Zylinder bei einer Temperatur 
von 18,7—20,5 0° C nach 17 Stunden bei anfänglicher Wurzellänge von 
15 mm verzeichnet ist?): 


Zuwachs in Millimetern 


Querscheiben | 

A B | C D E 
X 0,0 0,0 0,00 0,0 
DE 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 
NIIT 0,0 0,0 0,0 | 0,0 0,0 
vi 0,5 0,0 0,0 | 0,0 0,0 
vI 0,8 0,5 0,5 0,0 0,0 
V 1,3 0,5 1,5 0,2 0,0 
IV 2,5 1,5 2,0 0,3 0,8 
ET 7,0 4,0 6,2 1,0 3,9 
II 4,0 6,5 5,5 6,5 5,7 
I 0,6 1,0 0,5 3,0 1,0 

Die Länge der wachsenden Region ist danach bei A — 6,5 mm, 


bei B = 5,5 mm, bei C = 5,5 mm, bei D = 4,5 mm, bei E = 3,5 mm. 
In feuchter Luft ist die Länge der wachsenden Region meist kleiner 
als in Wasser und in lockerer Erde, bei Phaseolus multiflorus in Luft 
zirka 5,5 mm, in Wasser zirka 8,5 mm. Wurde an der Hauptwurzel von 
Vicia Faba eine Zone dicht hinter dem Vegetationspunkt durch zwei 


1873, p. 416. 


414 XXI. Wachstumsmessung. 


daß diese an aufeinanderfolgenden Tagen um nachstehende Werte an 
Länge zugenommen hatte: 1,3, 5,7, 12,5, 10,5, 9,0 0,0. Die Größe 
des Zuwachses nimmt also anfangs langsam, dann schnell zu und hält sich 
eine gewisse Zeit auf der maximalen Höhe, um dann wieder zu fallen und 
endlich zu Null abzusinken. Es ist also auch bei der Wurzel ebenso wie bei 
den oberirdischen Pflanzenteilen die große Wachstumsperiode erkennbar. 

Jost (Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Auflage, Jena 1908, 
S. 336) gibt folgende Tabelle über den Längenzuwachs der einzelnen 
Zonen bei der Wurzel von Vicia Faba, aus der man deutlich ersieht, wie 
eine bestimmte Zone (hier die dritte) schließlich die größte Länge er- 
reicht und die Zone größter Länge sich dabei immer mehr gegen die 
Spitze verschiebt. Die Zonen von je 1 mm haben nachstehende Längen- 
werte erreicht: 


een 3 Fe a 15° Om 21 


“ 
“ 


’ 


| | 
x 0 1,2 ausgewachsen 
IX 1,0 1,5 ausgewachsen 
VIII 1,0 1,3 ausgewachsen 
VII 1,0 1,3 2,0 ausgewachsen 
VI 1,0 1,6 2,8 ausgewachsen 
V 1,0 152 2,8: | 42 | 4,6 ausgewachsen 
IV 1,0 151 TA Sao 5,0 | 6,4 ausgewachsen 
III 1.0 10 | 12 | L4.| Da a 8,6 
II 1,0 1,0 1.072217 .90 1,2 1,207 157 3,0 
I 1,0 1,0 DEE 150 | 1,0 1,0: 20 


Das Maximum des Zuwachses liegt hier nach drei Stunden in der 
7. und 8. Zone, nach 8 Stunden in 6 und 5, es rückt dann immer mehr 
vor, bis es in der 18. und 21. Stunde in Zone 3 liegt, von wo es schließlich 
nach Zone 1 rücken muß. 

Bei Vicia Faba-Wurzeln fand Sachs folgenden Zuwachs: 


Zuwachs in Millimetern nach Stunden 


Zone e an" v Berne... 7 
6 | 17 | 24 22x24 Re 

I N TE ee: 1,8 50 | 280 
II 0,3 vr 4,5 15,0 17,0 
III 0,5 5,5 5,6 6,6 6,6 
IV 0,8 3,2 3,0 3,0 3,0 
V 0,8 1,9 1,5 1,5 1,5 
VI 0,5 0,8 u) 0, 0,5 0,5 
VII 0,3 0,4 | 0,4 0,4 0,4 
VIII 0,2 0,4 0,0 0,0 0,0 
IX 0,2 0,1 0,0 0,0 0,0 
2.4 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 


w 
w 


Um von der Dauer des Wachsens der einzelnen Zonen unabhängig 
zu sein und die Geschwindigkeit selbst vergleichen zu können, ist es 
nötig, möglichst kurze Zeit nach der Markierung bis zur ersten Messung 
verstreichen zu lassen. Wortmann, welcher die Sachsschen 
Versuche wiederholte, bestätigte das Ergebnis, daß das Wachstums- 
maximum mit jedem Tage höher hinaufrückt, um mit der Streckung 
des Keimlings ganz zu verschwinden. Er markierte in Abständen von 
0,5 em und erhielt (bei 22° C im Glashause) folgende Werte: 


XXI. Wachstumsmessung. 415 


Tag Abstände der einzelnen Marken 


| | | 
23.7. 0,5 0,5 0a,,.05 | 0:5, 10.,.0:8. eo 0,5 
36.7. 0,5 0,6 0,6 08 ? Lore 08 0,5 
27.7. 0,5 0,6 0,6 0,8: | 1,2 Ve en Ber 
28. 7. 0,5 0,6 0,6 0,8. ||» 1,29. 391,9: na Se 
89,7. 0,5 0,6 0,6 0,8 12 19 | 2,6 | 23,5 
20. 7. 0,5 0,6 0,6 0,8 1,2; Be iR 3,5 
7. 0,5 0,6 0,6 0,8 1,2 1,9 2,6 3,8 
28, 0,5 0,6 0,6 0,8 1,2 1,9 2,6 3 


In allen diesen Versuchen wurde ein Wachstumsmaximum ge- 
funden, während Wiesner in seinen Versuchen, solange der Keim- 
ling nutierte, deren zwei feststellte; das zweite Maximum verschwand 
mit der Lösung der Nutation. Nach Hoke!) sind zwei Maxima aber 
nur in Laboratoriumsluft zu bemerken, in reiner Luft dagegen nur 
eines; auch die Hypokotyle von Lupinus albus, Helianthus annuus 
zeigen dasselbe Verhalten wie das Epikotyl von Phaseolus multiflorus, 
dagegen findet sich bei Phaseolus vulgaris infolge der starken Nutation 
ein zweites Maximum auch in reiner Luft. 

Daß zum Wachstum freier Sauerstoff notwendig ist, erkennt man 
an der Tatsache, daß dieses im sauerstoffreien Raume unterbleibt. 
Auch wenn die Kotyledonen ganz in Wasser versenkt sind, so daß der 
Luftzutritt gehemmt ist, findet man das Wachstum stark zurück- 
gehalten. Den großen Einfluß verschiedener Temperaturen kann man 
wahrnehmen, wenn man Erbsensamen mit eben austretenden Würzelchen 
in vier Töpfe versetzt, die bei konstanten Temperaturen, bei 39—40 °C, 
bei 35 0 C, bei 23 0 C und bei 10—12 ° © gehalten werden. Das durch- 
schnittliche Wachstum der Wurzeln bei 10 °, 23 ®, 35 ° C zeigt aufsteigende 
Folge, während das Wachstum bei 39 ° C geringer ist als das bei 35 ° C. 
Darwin gibt folgende Mittelzahlen aus Messungen nach 49 Stunden: 

ber 10% -C7 5 mm 
es27T 7, 10885 
al 2a 
2 30.3,0, De 

Auch durch Narkotika wird das Wachstum zurückgehalten. Die 
Notwendigkeit des Wassers für das Wachstum kann durch folgenden 
Versuch demonstriert werden: Erbsen, deren Wurzel die Länge von 
etwa 3 cm erreicht hat, werden in der geschilderten Weise in folgende 
Flüssigkeiten eingehängt: die einen in gewöhnliches Leitungswasser, 
die zweiten in 1 prozentige Kalinitratlösung, die dritten in 3 prozentige 
und die vierten in 5 prozentige Salpeterlösung. Während die Wurzeln 
in den beiden ersten Gläsern normal wachsen, ersehen wir aus den an- 
gebrachten Marken im dritten Glase eine sehr mäßige Verlängerung, 
im vierten sogar eine Verkürzung der Wurzeln. Der Einfluß farbigen 
Lichtes zeigt sich, wenn wir Keimlinge unter verschiedenfarbigen Glocken 
ziehen: wir beobachten, daß im roten Licht die Erscheinungen des 
Etiolements stattfinden, daß also trotz der gerade hier am stärksten vor 
sich gehenden Assimilation die Wachstumserscheinungen dieselben sind 
wie im Dunkeln, hier sind diestärker brechbaren Anteile des Spek- 


1) F.Hoke, Wachstumsmaxima von Keimlingsstengeln in Laboratoriums- 
luft. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss., Wien 121 (1912). 


416 XXI. Wachstumsmessung. 


trums diejenigen, denen die größte Bedeutung zukommt, während für 
die chemische Arbeit der Kohlensäureassimilation die schwächer brech- 
baren Anteile die Hauptrolle spielen. 

Wenn wir an den Epikotylen von im Dunkeln erwachsenen Phaseolus- 
pflanzen Marken anbringen und deren Entfernung nach je 24 Stunden 
messen, finden wir, wie schon erwähnt, daß diese nur im oberen, nicht 
aber im unteren Teile des Stengelgliedes größer geworden sind, hier ist 
also die Vegetationszone terminal; die Wachstumsregion ist recht 
ausgedehnt und kann über 30 mm betragen, während ja die Wachstums- 
zone der Wurzel nur wenige Millimeter beträgt. Wenn wir aus einem 
Halm von Secale oder einer anderen Graminee ein Internodium heraus- 
schneiden und in eine obere und untere Hälfte teilen, beide mit ihrer 
Basis in Wasser tauchen und unter günstige Wachstumsbedingungen 
bringen, so finden wir nur die untere, nicht die obere Hälfte durch 
Wachstum verlängert, da hier das an der Basis der einzelnen Internodien 
von der Blattscheide umschlossene Gewebe der Achse längere Zeit 
embryonalen Charakter behält, während die höheren Teile bereits aus- 
gewachsen sind: es ist also hier eine basale, interkalare Vegetations- 
zone vorhanden. Bringt man bei Weizenkeimlingen, die bereits das 
erste Laubblatt entwickelt haben, das auf das Scheidenblatt folgt, nahe 
der Spitze des Laubblattes zwei Marken in einer Entfernung von 3 mm 
an, ebenso ferner beim Scheidenblatt nahe der Spitze und zirka 15 mm 
höher auch beim Laubblatt, so findet man nach 24 Stunden diese Marken 
infolge des basalen Wachstums des Blattes stark auseinandergezogen, 
während an der Spitze des Laubblattes die Marken in gleicher Ent- 
fernung geblieben sind und sich nicht verschoben haben. 

Ein Auxanometer, welches besonders geeignet ist, Diekenwachstum 
zu messen, aber auch zur Messung des Längenwachstums brauchbar 
ist, hat D. Frost!) konstruiert. Es leistet wegen seiner besonderen 
Leichtigkeit und Genauigkeit besonders gute Dienste bei der Wachstums- 
messung kleiner, zarter Pflanzen und kann auch, da es aus Aluminium 
gebaut ist, unter den normalen Feuchtigkeitsverhältnissen der Pflanze 
ohne Schaden eingestellt werden; die Pflanze mit dem Auxanometer 
kann, da die Übertragung elektrisch erfolgt, beliebig weit vom Registrier- 
apparat aufgestellt sein. Das Auxanometer besteht aus einem Zahnrad 
auf einer Stahlachse, welche auch eine Serie kleiner, gekerbter Räder 
von 1, 31, und 6 mm Durchmesser sowie ein etwas größeres Rad trägt, 
auf welchem ein Draht mit Gegengewicht aufgezogen ist. Der Durch- 
messer des größeren Rades beträgt zirka 5 cm und sein Umfang enthält 
144 Kerben. Ein Sperrhaken, der in die Kerben eingepaßt ist, befindet 
sich auf einer der anderen ähnlichen Achse und trägt einen langen hori- 
zontalen Arm, welcher ein Platinende besitzt. Wenn sich das große 
Rad umdreht, greift der Haken in die Kerben ein, und die Platinspitze 
berührt beim Niederfallen einen Quecksilbertropfen, der in einem kleinen 
Napf am Arm des Balkens liegt. Dieser Arm ist vom übrigen Apparat 
isoliert und durch einen dünnen Draht mit dem einen Pol einer elek- 
trischen Batterie verbunden, während der andere Teil des Instrumentes 
mit dem anderen Pol derselben in Verbindung steht. Eine Schraube 
unterhalb des Quecksilbernapfes ermöglicht die Regulierung der Höhe 


1) W,D. Frost, On a new electrical auxanometer and continous recorder. 
Minnesota botan. studies 9, 181 (1894). 


XXI. Wachstumsmessung. 417 


des Quecksilbers und damit des Zeitintervalls, innerhalb dessen der 
elektrische Strom geschlossen oder geöffnet wird. Der Rahmen des 
Apparates ist aus Aluminium hergestellt und wiegt im ganzen 15 g. 
Er kann an dem Arm eines Stativs befestigt werden und so zur Messung 
des Höhenwachstums dienen, während er für Messung des Dicken- 
wachstums vom Stativ aus an das zu messende Objekt angelegt wird, 
eventuell dort mit einer Klammer befestigt. Wenn der Apparat an 
Ort und Stelle ist, wird ein Seidenfaden von der Spitze des Apparates 
im entgegengesetzten Sinne des Uhrzeigers um den ganzen Umfang des 
Pflanzenteils (z. B. des Stengels) herumgelegt, von wo er durch ein Loch 
in der Achse des Auxanometers zieht, um dort sorgfältig befestigt zu 
werden, wobei das Gegengewicht am Rade hinreichen muß, um ihn 
gestreckt zu erhalten. Wenn die Pflanze in die Dicke wächst, wird der 
Faden von der Rolle abgewunden, auf welcher er aufgerollt ist; und 
indem diese sich dreht und die Zähne des großen Rades die Sperrstange 
passieren, wird der elektrische Strom abwechselnd geöffnet und ge- 
schlossen. Zur Messung des Längenwachstums ist das Instrument ober- 
halb der Pflanze befestigt, und der Faden geht vom wachsenden Teil 
zu den kleinen Rädern. Steht das kleinste derselben in Verwendung, 
so werden bei einem Zuwachs um 1 mm 46 Aufzeichnungen gemacht, 
d. h. !/,, mm Zuwachs bewirkt eine Schließung des Stromes, während 
das größte Rad das Wachstum von je !/, mm registriert. 

Die automatische Registriervorrichtung besteht im wesentlichen 
aus zwei Walzen, von denen eine mit einem Uhrwerk versehen ist, durch 
dessen Bewegung ein Papierstreifen auf die andere Walze aufgewunden 
wird, und ein Elektromagnet, an dessen Anker ein Schreibstift angebracht 
ist, preßt denselben gegen das Papier. Während der Strom geöffnet 
ist, wird eine kontinuierliche Linie nahe dem Rand des Papierstreifens 
gezogen. Wenn der Strom geschlossen ist, wird der Schreibstift nach 
der anderen Seite des Papiers gezogen und die Länge des hier ver- 
zeichneten Strichs gibt die Zeitspanne an, während welcher der Strom 
geschlossen ist. Das Zahnrad des Uhrwerkes, welches acht Tage ohne 
Aufziehen funktioniert, dreht die Rolle in zwölf Stunden einmal um sich 
selbst. An der Oberfläche der Walze ist ein Zifferblatt mit in umgekehrter 
Reihenfolge stehenden Ziffern angebracht, am Stativ befindet sich ein 
Zeiger, so daß die vom Uhrwerk durchlaufene Zeit sofort abgelesen 
werden kann. Die andere Walze ist mit Ausnahme des Zifferblattes 
der ersten völlig gleich. Das Registrierpapier ist mit einem zweckmäßigen 
Liniensystem versehen, welches den Streifen in Stundenräume einteilt, 
die fortlaufend bezeichnet sind; die Zeit des Registrierens muß durch 
weitere Unterteilung von Minute zu Minute direkt vom Papier abgelesen 
werden können. 

Der Zeitmarkierer besteht aus einem Stahlstift, der groß genug 
ist, um für zwei Wochen hinreichend Registriertinte zu halten; er ist 
mit einer Spiralfeder an dem Anker eines Elektromagneten befestigt, 
der an einem Scharnier nahe der Basis angebracht ist. Wenn der Anker 
infolge der Anziehung durch den Magneten sich bewegt, wird die Feder 
ein kleines horizontales Stück weit gezogen; die Feder drückt sich gegen 
das Papier auf der Rolle und kann durch eine Vorrichtung mit jedem 
beliebigen Druck am Papiere gehalten oder von diesem entfernt werden, 
wenn das Papier entfernt oder gewechselt werden soll. 

Wenn der Strom geöffnet ist, wird der Anker durch die Uhrfeder 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 27 


418 XXII Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


zurückgehalten, die Länge der Stahlfeder ist so bemessen, daß die Feder 
dann nahe der rechten Seite des Streifens eine gerade Linie zieht. Wenn 
der Strom geschlossen ist, wird der Anker angezogen und die Feder auf 
die andere Seite des Papierstreifens geschoben und verzeichnet dort 
im rechten Winkel eine kurze Längslinie auf dem Papier. Wenn der 
Strom einen Moment geöffnet ist, wird die Zeit der Registratur bloß 
durch eine einzige Kreuzmarke angezeigt, dagegen durch eine Linie 
linksseits des Papiers, wenn der Strom eine Zeitlang geschlossen bleibt. 
In diesem Falle wird die Länge der Zeit zwischen zwei aufeinander- 
folgenden Schließungen des Stromes durch den Abstand zwischen zwei 
aufeinanderfolgenden Vorwärtsbewegungen der Feder angezeigt oder, 
was dasselbe ist, durch die Länge der gezogenen Linie, während der 
Strom geschlossen ist, zuzüglich der Länge der Linie, welche verzeichnet 
wird, während der Strom geöffnet ist, wenn also eine Kerbe den Sperr- 
haken passiert. Das Auxanometer ist mit dem Registrierapparat ver- 
bunden und beide können ebensogut nebeneinander wie weit entfernt 
voneinander aufgestellt werden. Dieser kontinuierliche Registrierapparat 
kann natürlich nicht nur in Verbindung mit einem Auxanometer, sondern 
überall dort angeschaltet werden, wo das Resultat einer längeren Versuchs- 
reihe fortlaufend automatisch verzeichnet werden soll. 


XXI. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


Zur Bestimmung der Transpiration!), d. h. zur Feststellung der 
Abgabe von Wasserdampf durch unverletzte Pflanzenteile sind mehrere 
qualitative und quantitative Methoden in Gebrauch. Die quantitative 
Messung wird am besten durch die direkte Wägung und Bestimmung 
des Gewichtsverlustes seitens der Pflanze innerhalb der Versuchsdauer 
ausgeführt. 


Qualitative Methoden. 


Der Beobachtung am besten zugänglich sind die Farbenänderungen 
hygroskopischer Salze bei Aufnahme von Wasser; wegen ihrer Einfachheit 
hat die größte Beliebtheit die Stahlsche?) Kobaltpapiermethode ge- 
funden. Streifen gewöhnlichen Filtrierpapiers werden durch Eintauchen 
in eine 3—5 prozentige Lösung von CoCl, getränkt und nach Ausbreiten 
an der Luft im Exsikkator bis zur völligen Wasserabgabe getrocknet. 
Legt man einen solchen, nunmehr tiefblauen Streifen auf die zu prüfende 
Blattfläche, so färbt sich der Streifen je nach der Menge des abgegebenen 
Wasserdampfes früher oder später rot, so auf der spaltöffnungsreichen 
Unterseite oft schon nach wenigen Stunden, auf der Oberseite langsamer. 
Durch sofortiges Bedecken des Streifens mit einer Glas- oder Glimmer- 
platte, die mit Klammern am Blatte befestigt wird, verhindert man 
möglichst den Zutritt der Luftfeuchtigkeit zum eingeklemmten Kobalt- 
streifen. Da das Kobaltpapier immerhin nicht sehr empfindlich ist, 


1) Die gründlichste, umfassende Studie über Transpiration der Pflanzen be- 
sitzen wir in der ausgezeichneten Monographie von A. Burgerstein, „Die 
Transpiration der Pflanzen‘, Jena 1904. Hier ist auch das Methodische ent- 
sprechend gewürdigt und einige der vorliegenden Abbildungen sind dem genannten 
Werke (stets im Vergleiche mit dem Original) entnommen. 

») Botan. Ztg. 52, 117 (1894). 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 419 


wäre vielleicht die Verwendung von Jodblei-Lösung zur Imprägnierung 
von Papierstreifen vorzuschlagen; man erhält dieses Salz durch Fällen 
einer löslichen Bleiverbindung mit Jodkali. Mit einem Überschuß von 
Jodkali vereinigt es sich zu einem in farblosen Nadeln kristallisierenden 
Doppelsalz, welches aus seiner Lösung durch Äther fällbar ist. Das 
Doppelsalz wird in seinem vierfachen Gewichte Azeton aufgelöst und 
mit dieser Lösung wird Filtrierpapier getränkt, das man im Exsikkator 
über Chlorkalzium trocknen läßt; Spuren von Feuchtigkeit färben solches 
Papier gelb, da das Doppelsalz durch Wasser zerlegt wird. Durch Be- 
feuchten mit Azeton läßt sich dieses Reagenzpapier regenerieren, was 
der langdauernden Trocknungsmethode des Stahlschen Papieres 
gegenüber ebenfalls einen Vorteil bietet. Versuche, mit diesem Papier 
die Transpiration von Pflanzen schnell und bequem nachzuweisen. 
haben zu befriedigenden Resultaten geführt. 

Bei Stahls Kobaltprobe wie auch bei manchen anderen pflanzen- 
physiologischen Experimenten, ist es wünschenswert, das Reagenzpapier 
auf zwei einander vollkommen entsprechenden Flächen der beiden 
Blattseiten aufzulegen; man 
verwendet dazu mit Spangen 
verschlossene Uhrgläser und 
dergleichen; besondere Ge- 
nauigkeit, Raschheit und Be- 
quemlichkeit des Arbeitens 
gewährt folgendes kleine, 
von Ganong!) angegebene 
Instrument: Zwei gleich- 
artige Messingringe, jeder 
von 3 cm Durchmesser und 
5 mm Dicke, sind an den 
Enden paralleler, biegsam- 
elastischer Stäbe so befestigt, 
daß diese die Ringe fest und Fig. 142. 
genau Rand an Rand halten, 
wobei aber ihre Trennung durch eine Klemmschraube bis zu jedem 
gewünschten Maße möglich ist. Für jeden Ring sind zwei Zusatzringe 
vorgesehen. Einer von ihnen ist rechtwinklig geteilt und hält ein 
entfernbares Deckglas, so daß es, wenn es über den exponierten Rand 
des Messingringes geschoben wird, den letzteren in eine glasgedeckte 
Kammer verwandelt. Wenn die mit CoCl, getränkten Filtrierpapier- 
streifen (zweckmäßig ein wenig breiter geschnitten als die Messingringe, 
haften sie in der Mitte zwischen ihnen und lassen sich gut ausspannen) 
in die Ringe gelegt und diese dann aufs Blatt gelegt werden, kann man 
die Farbenänderungen durch Transpiration mit größter Genauigkeit be- 
obachten. Die Enge der Kammern gestattet, daß die Papiere, vom 
Blatt entfernt, ihren jeweiligen Zustand lange Zeit beibehalten, so daß 
man in aller Ruhe arbeiten kann. Der zweite Zusatzring ist geteilt und 
ist dazu bestimmt, Zinnfolie oder irgendeinen anderen Stoff eng an den 
Kammerring zu halten. Wenn also vorspringende Blattadern eine hin- 
länglich enge Berührung von Kammer und Blattfläche verhindern, die 
für manche Zwecke nötig ist, kann durch den geteilten Ring ein dünnes 


Ganongs Glaskammer. 


l) Ganong, Botan. Gaz. 39, 145 (1905). 
27* 


420 XXII Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


Kautschukband gegen das Blatt gepreßt werden, so daß es die Räume 
zwischen den Adern ausfüllt. 

F. Darwins Horn-Hygroskopmethode!): c (Fig. 143) ist ein Kork- 
stück (5 x 4 x 4 mm), auf dessen Unterseite ein Streifen von einem 
Rasiermessergriff aus gepreßtem Horn (zirka 8 mm lang und 3 mm dick) 
angekittet ist, {. Dieser stellt einen hygroskopischen Streifen vor, der 
an seinem freien Ende eine Borste b trägt, die auf einer Einteilung spielt. 
Das aus dem Rasiermesser quer durch den Strich geschnittene Horn- 
material wird vorher zwischen Glasplatten über einer Gasflamme erhitzt. 
Ein Quadrant @ aus Pappendeckel ist an der Unterseite der Kork- 
scheibe befestigt und trägt längs der Krümmung die 
Skala. Wenn das Hygroskop sich auf einer trockenen 
Fläche befindet, so bleibt der Zeiger in Ruhe auf 0 
stehen, auf einer transpirierenden Fläche dagegen, z.B. 
auf der spaltöffnungsführenden Seite eines Blattes, 
krümmt sich der Zeiger sofort von der Feuchtigkeits- 
quelle weg und streift dabei über die Skala. Der 


Tuak : Vorteil des einfachen Instrumentes liegt darin, daß es 
A ra in wenigen Sekunden ein Bild über die Transpiration 


gibt; es wird auch bei der später zu besprechenden Be- 
urteilung des Offenseins oder Geschlossenseins der Spaltöffnungen an- 
gewendet. Nach dem Grade der Abweichung ist auch ein Schluß auf 
die Größe der Transpiration möglich. Darwin hat eine Reihe von 
Transpirationsbestimmungen bei Ficus elastica gemacht, in welchen 
der Gewichtsverlust des transpirierenden Blattes in Milligramm mit den 
Hygroskopablesungen verglichen wurden: 


27. August 1897 £ j ö A IM _ Januar 1898. Ei 
Verlust | Mittelwert || Verlust per 
Zeit per Ihund des Zeit 100 ebem in Hygroskop 
100 gem Hygroskops || der Stunde 
mar 310 0 | 10%a.m 
11751155 a,m, { a . ee } 216 15 
96 _ 19:6 169 15 11192a%m: 116 10 
12° - 12° p.m. { 96 12 U Tann: 61 5 
9°__99 12 3 12% p, m 47 4 
u { 60 2 | 920 » m 2 2 
3°”—4® p. m. { 24 -— EM 2 % 


Das Hygroskop muß sehr sorgfältig gearbeitet sein, das Horn sorg- 
fältig präpariert. Ein möglichst dünnes Rasiermesser von gepreßtem 
und erhitztem Horn, das auf einer Drehbank quer durchschnitten wurde, 
ist notwendig. Die besten Schnittstücke werden ausgesucht, mit destil- 
liertem Wasser befeuchtet und zwischen zwei Glasplatten ausgebreitet, 
die aneinandergepreßt werden. Das Horn wird so flach ausgespannt, 
während es sorgfältig über einer Gasflamme erhitzt wird. Die Scientific 
Instrument Cie., Cambridge, hat in der Regel ein Lager von brauch- 
barem Horn; sollte aber solches nicht erhältlich sein, so kann auch 
das Material (Zelluloid), aus dem hygroskopisches Spielzeug, wie 


!) Philos. Transact. B., 190, 533 (1898). 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 421 


Fische usw., gemacht wird, verwendet werden, das aber freilich nicht 
annähernd so haltbar ist wie Horn. Bei Ausführung der Messung ist 
es ratsam, das Instrument nur wenige Sekunden auf dem Blatte zu 
belassen, weil sonst das Horn sich dauernd krümmt. Beim Ablesen ist 
es am besten, die Stellung des Zeigers nach einer bestimmten Frist, 
z. B. 10 Sekunden, abzulesen oder auch abzuwarten, bis der Zeiger 
zur relativ längsten Ruhe gelangt ist. Für die Beobachtung ist es zweck- 
mäßig, das Blatt mit den Spaltöffnungen nach aufwärts auf einer hori- 
zontalen Unterlage durch kleine Metallgewichte zu befestigen. Sobald 
die Ablesung gemacht worden ist, muß das Hygroskop beiseite gestellt 
werden, bevor die nächste Beobachtung stattfinden kann. Der Zeiger 
krümmt sich oft mit der Zeit leicht, so daß der Nullpunkt oder die 
Differenzstrecke sich verschiebt. Es ist daher notwendig, jedesmal 
den Nullpunkt zu notieren und ihn von der Ablesung zu subtrahieren; 
so daß z. B. wenn die Ruhestellung des Zeigers auf 5 weist und die Ab- 
lesung bei der Bestimmung auf 30, der Versuchswert 25 beträgt. Die 
Hornunterlage des Instrumentes wirft sich bisweilen, die Blattfläche 
pflegt nicht eben zu sein, so daß der Zeiger oft eine plötzliche Bewegung 
ausführt, wenn das Instrument aufgesetzt wird. So ein Ruck ist aber 
leicht von der normalen Zeigerbewegung zu unterscheiden, denn wenn 
das Instrument abgehoben wird, kehrt der Zeiger nach einer regelrechten 
Aufriehtungallmählich zur Ruhelage zurück, dagegenplötzlich 
nach einem unregelmäßigen Ruck. DBisweilen ist es notwendig, das 
Hygroskop ganz leicht über die Oberfläche emporzuheben und einen 
dünnen Papierstreifen unter den Kork zu legen oder ein stärkeres Objekt 
unter das Eck des Papierquadranten; auf diese Weise steht die Fehler- 
quelle des Ruckes unter Kontrolle, wenn auch auf Kosten der äußersten 
Grenze der Empfindlichkeit. Die bedeutendste Fehlerquelle der Methode 
besteht aber darin, daß der Zeiger immerwährend zu Abbiegungen ge- 
neigt ist, wogegen nur ein angemessener Vorrat neuer Instrumente hilft. 
Wenn das Hygroskop auf eine warme, aber trockene Fläche gestellt 
wird, erhebt sich der Zeiger ebenso als wäre die Oberfläche feucht; die 
Temperaturänderungen werden auch von anderen hygroskopischen Sub- 
stanzen registriert. Jedoch ist diese Fehlerquelle praktisch nur für 
große Temperaturintervalle vorhanden und auch hier nicht unüberwind- 
lieh. Darwin führt folgenden Versuch aus: Um zu zeigen, daß die 
Spaltöffnungen sich schließen, wenn das Blatt abstirbt, wurde das Blatt 
zur Hälfte durch Darüberhalten über eine Gasflamme zum Einschrumpfen 
gebracht; die sofort vorgenommene Ablesung am Hornhygroskop zeigt, 
daß die Spaltöffnungen in der abgetöteten Hälfte scheinbar offen stehen, 
der Irrtum rührt daher, daß die Fläche noch warm ist; aber nach zwei 
Minuten, wenn das Blatt die Zimmertemperatur angenommen hat, 
zeigt sich diese Wärmewirkung nicht mehr: die Ablesung auf der toten 
Hälfte ist nunmehr Null, auf der lebenden so wie es der Öffnung der 
Stomata entspricht. Natürlich wird das Instrument auch durch die 
Luftfeuchtigkeit beeinflußt, aber diese Fehlerquelle fällt kaum ins Ge- 
wicht, außer bei annähernder Feuchtigkeitssättigung der Luft, und 
kommt um so weniger in Betracht, als ja meist nicht absolute, sondern 
Vergleichsbestimmungen gemacht werden. Ferner sollen die Be- 
stimmungen bei möglichst ruhiger Luft, jedenfalls nicht bei starker 
Windbewegung gemacht werden, weil dadurch (durch das Herbeiführen 
immer neuer Luft) die Transpirationsgröße schnell wechselt. Das Hygro- 


422 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


skop zeigt eigentlich bloß den Ort der Transpiration an, es ist aber des- 
halb so wertvoll, weil es, indem es die Länge des Weges der auf dem 
Horn aufgeklebten Haarspitze zahlenmäßig zu bestimmen erlaubt, auch 
approximativ verschiedene ÖOffnungsweiten der Stomata ergibt (Mo- 
lisch); es bildet ferner einen Übergang zu den quantitativen Methoden, 
indem es, wenigstens bei vergleichenden Messungen, über die relative 
Weite der Spaltöffnungen etwas auszusagen erlaubt. 

F. Darwins Yucca-Hygroskop (Fig.144): Wenn Stahls feuchtigkeits- 
empfindliches Papier unter eine Glasplatte gelegt wird, die auf der 
Oberfläche des Blattes befestigt ist, kann die Kobaltmethode sehr kleine 
Transpirationsgrößen anzeigen. Das Hornhygroskop dagegen kann als 
Indikator für de angesammelten Produkte der Transpiration 
nicht verwendet werden. Wollte man das Instrument unter jener auf 
der Blattoberfläche befestigten Glasdecke belassen, so würden die Ab- 
lesungswerte ab- statt zunehmen. Eine Zunahme von Wasserdampf 
zeigt dagegen das Yucca-Hygroskop an. Das Material besteht aus der 
getrockneten Epidermis von Yucca aloifolia; in trockener Luft ist es 
auf der einen Seite so konkav, daß es aussieht wie eine Papierrolle; in 
feuchter Luft rollt es sich sogleich auf, wird flach und rollt sich dann 
nach der entgegengesetzten Seite ein. 
c ist eine kleine Glaskammer (10x 5mm), 
wie sie für Pilzkulturen verwendet wird, 
auf einer Seite mit einem Deckstreifen 
geschlossen (in Fig. 145 ist die Decke s 
links, die offene Seite, die auf das Blatt 
zu liegen kommt, rechts). An der verti- 
kalen Wand der Röhre ist ein Stückchen 
Kork befestigt, welches einen Streifen 

Fie. 14. Darwins Fir. 14 Dasein, Ger Yuccaepidermis trägt EEigzusE 
en im Quersehnitt. zeigt das Yuccahygroskop in der Auf- 
sicht mit eingerollter Membran, also in 

der Trockenstellung. Eine an der Glasbedeckung des Zylinders angeklebte 
Papierskala gestattet eine Messung der Formveränderung der Yucca- 
membran a (resp. yin Fig. 145), welche am Korkstück k befestigt ist. Auf 
ein selbst nur sehr wenig transpirierendes Blatt gelegt, rollt sich dieMembran 
sofort auf, indem sie innerhalb weniger Sekunden von 0 bis 2 oder selbst bis 6 
wandert. Das Yuccahygroskop kann nur in trockenen Räumen verwendet 
werden, in feuchter Luft ist der Zeiger so stark aufgerollt, daß man das 
Instrument nicht benutzen kann. Da die Stellung des Zeigers nicht 
davon abhängt, ob die Luft auf der einen Seite der Membran mehr 
feuchtigkeitsgesättigt ist als auf der anderen, sondern einfach von dem 
Feuchtigkeitsgehalte der Luft, so ist es natürlich, daß es dazu dienen 
kann, um geringe Anhäufung von Dampf anzuzeigen. Die Empfindlich- 
keit des Yuccahygroskops ist nicht immer von Vorteil; es ist leicht da- 
mit die Transpiration von spaltöffnungslosen Oberflächen zu messen 
und deshalb ist man bei kleinen Transpirationswerten nie sicher, wie- 
viel von stomatärer und wieviel von kutikularer Transpiration her- 
rührt. Bei dem folgenden, von Darwin beschriebenen Beispiel war 
die kutikulare Transpiration praktisch gleich null und eine sehr 
geringe stomatäre Transpiration war nachweisbar. Zwei Efeublätter 
wurden 19 Stunden lang nach dem Abpflücken welken gelassen und 
Yuccahygroskope dann mit Wachs auf der Ober- und Unterseite be- 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 493 


festigt; eine Bewegung des Zeigers erfolgte nur an dem auf der Unter- 
seite befindlichen Instrument, also als Ausdruck der Spaltöffnungs- 
tätigkeit. Dasselbe wäre auch durch die Kobaltprobe oder durch Wägung 
gezeigt worden, nicht aber durch das Hornhygroskop. Die Kobalt- 
probe ist von Stahl nach zwei Richtungen ausgewertet worden, näm- 
lich um den Effekt bei Blättern, die vollkommen zwischen Glasplatten 
eingeschlossen waren, in ein bis zwei Minuten zu erkennen, oder in der 
Weise, daß das Reagenzpapier von einem kleinen auf dem Blatte be- 
festigten Gefäß bedeckt war. Diese beiden Anwendungsarten analo- 
gisieren im großen und ganzen das Horn- und das Yuccahygroskop, 
wobei jedoch zu bemerken ist, daß das erstere empfindlicher ist als die 
Kobaltmethode, wogegen zugunsten dieser ins Gewicht fällt, daß Be- 
obachtungen, welche mit einer bestimmten CoCl,-Lösung und einer 
bestimmten Filtrierpapiersorte angestellt wurden, vergleichbarer sind 
als die Ablesungen mit zwei Hygroskopen, daß ferner die Herstellung, 
Haltbarkeit und Manipulation des Kobaltpapieres leichter ist. Ein 
Blatt der Gartenchrysantheme gab auf Kobaltpapier zum Teil einen 
roten Abdruck, während der andere Teil des Papieres blau blieb; die 
Ablesung des Hornhygroskopes ergab für die blauen Partien die Zahl 7, 
für die roten 13, d. h. also, das Hornhygroskop zeigt noch Transpiration 
in dem Teile des Blattes an, welcher Kobaltpapier unverändert blau 
ließ. Die Erhärtung der Ergebnisse aller Methoden erfolgt schließlich 
durch Wägung. So, wenn z. B. ein Blatt auf seiner spaltöffnungführenden 
Oberfläche mit Wachs bekleidet ist: Wägung ergibt die Verdunstung 
seitens der Kutikula und so ist eine Korrektion der Wägungen eines 
Blattes möglich, das auf der stomatalosen Fläche mit Wachs bedeckt 
ist. Natürlich gewinnt man so nicht absolut genaue Werte, aber immer- 
hin die besterreichbaren. Darwin klassifiziert die Empfindlichkeit 
der verschiedenen Methoden folgendermaßen: 1. Vergleichende Wägung, 
2. Yuccahygroskop und Kobaltmethode (bei langdauernder Exposition), 
3. Hornhygroskop, 4. Kobaltmethode (kurze Exposition), 5. mikro- 
skopische Untersuchung des unverletzten Blattes. Diese letztere Methode 
ist von Lloyd!) modifiziert worden, indem die Oberhaut vom 
lebenden Blatte abgezogen, ganz kurz in absoluten Alkohol eingetaucht 
und dann unter dem Mikroskop betrachtet wird. Diese Arbeitsweise, 
welche hauptsächlich bisher bei Fouquiera splendens und Verbena 
ciliata erprobt wurde, soll an der Epidermis genau die Spaltenweite 
fixieren, welche am lebenden Blatte im Momente des Abtötens vor- 
handen war. 


F. Darwin und D. F.M. Pertz?) beschreiben einen weiteren leistungs- 
fähigen einfachen Apparat zur Beurteilung der Spaltöffnungsweite, das 
Porometer (Fig.146 und 147): Eine kleine, glockenförmige Glaskammer C 
mit breitem Rand wird auf der spaltöffnungführenden Fläche des Blattes 
L befestigt. Ein Kautschukschlauch verbindet C mit einem T-Rohr (T') 
aus Glas, dessen langer Schenkel graduiert ist und in ein Gefäß V 
mit Wasser taucht. Der kurze Schenkel links trägt einen Kautschuk- 
schlauch, der durch die Klammer M verschließbar ist. Nachdem die 
Glaskammer auf dem Blatte (mit Gummi) angekittet ist, wird in der 


Lloyd, Carnegie Institution, Washington 1908, Publication Nr. 82. 
a 


la 
.Darwin und M. Pertz, Proceed. of the r. Soc. B., Vol. 84, 136 


494 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


Richtung des Pfeiles angesaugt und dann der Quetschhahn M geschlossen, 
wodurch aus dem Wassergefäß eine Wassersäule, etwa bis A, empor- 
steigt. Durch die Spaltöffnungen wird in den luftverdünnten Raum in C 
Luft eingesaugt, und die Wassersäule fällt bis zu Punkt B. Durch wieder- 
holtes Ansaugen kann die Wassersäule wieder zum Steigen gebracht 
und die Beobachtung beliebig oft wiederholt werden. Die Zeit, welche 
verstreicht, während die Säule etwa von A nach B sinkt, wird notiert 
und so eine Reihe von Ablesungen, die zur Bestimmung des Absink- 
maßes beim Mitteldruck %, (A + B) dienen. Das Mittel ist gewöhnlich 
20 cm Wassersäule, indem das Absinken des Meniskus zeitlich zwischen 
23—17 em oder 22—18 cm begrenzt wird, wie es eben am bequemsten 
ist. Das Kaliber der Röhre ist gewöhnlich so gewählt, daß 1 cm Länge 
0,1 ccm entspricht. Es ist klar, daß, wenn aufeinanderfolgende Ab- 
lesungen bei einem bekannten Mitteldruck gemacht wurden, eine Ver- 
minderung der Spaltöffnungsweite die Wassersäule langsamer von A 
nach B sinken lassen wird. Die Zahl der 
Sekunden, welche beim Fallen der Wasser- 
säule um eine bestimmte Höhe abgelesen 
werden, geben also geradezu die relative 
Weite der Spaltöffnungen an. Die beste 
Methode, die Glaskammer luftdicht 
und gleichzeitig ohne Schädigung des 
Blattes darauf zu 
befestigen, ist ge- 
wöhnlicher Leim, 
welcher sowohl am 
Glas als auch an 
der Blattflächehaf- 
tet und diese kaum 
schädigt. Der Leim 
wird auf zirka 30°C 
EEE FSRTTEEE r abkühlen gelassen 
ae Giöckenkanmerdes Poto. und dann dick auf 

rg den Kammerrand 
aufgetragen, der sodann sanft auf die spaltöffnungsreiche Unterseite 
des Blattes so aufgedrückt und befestigt wird, wobei das Blatt auf 
einer horizontalen Glasplatte adjustiert ist. Eine andere Methode 
besteht darin, aus einer Lage 20—25 prozentiger Gelatine einen Ring, 
d. h. eine durchbohrte Scheibe von zirka 1 cm Dicke auszustechen und 
die Kammer fest auf den Ring niederzupressen und in dieser Lage zu 
befestigen. Hier muß das Blatt mit der Spaltöffnungsseite nach oben 
gerichtet und durch eine horizontale Glasplatte gestützt werden. Dieses 
Verfahren eignet sich besonders für lederartige Blätter, wie die von 
Ficus elastica, Prunus laurocerasus, Hedera helix usw., welche selbst 
beim Zusammenpressen zwischen Gelatine und Glasplatte nicht leiden; 
übrigens kann man mit der nötigen Vorsicht auch zartere Blätter diesem 
Verfahren unterziehen; Glyzerinzugabe zur Gelatine erweist sich als 
schädigend, ebenso Vaseline oder andere Substanzen, wie Fette usw. 
Die Pors»metermethode ist als eine direkte mit der mikroskopischen 
Probe zu vergleichen, indem bei beiden Werte sich ergeben, in welchen 
der durch die Stomata ziehende Gasstrom in keiner Weise durch den 
Wasserdampf beeinflußt ist, der durch dieselben Öffnungen dringt. Die 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 425 


eben beschriebene Methode ist also scharf von den hygroskopischen zu 
trennen, sie dient nicht zur Messung der Transpirationsgröße, sondern 
mißt die jeweilige Weite der Spaltöffnungen (Fig. 148), die 
durch die hygroskopischen Methoden nur indirekt angegeben wird, wobei 
Änderungen der Öffnungsweite nur in sehr großen Zügen offenbar werden. 
Mit den genannten Methoden teilt das Porometer den großen Vorzug, 
eine kontinuierliche Methode zu sein, d. h. zu gestatten, daß ein Blatt 
durch längere Zeit beobachtet wird. Ferner beobachtet man hier das 
lebende Objekt, während bei Lloyds Verfahren das tote Blatt zum 
Versuche dient, wobei überdies jedem Versuche ein Blatt geopfert werden 
muß. Ein fernerer Vorteil des Porometers ist seine große Leistungs- 
fähigkeit. Die Größe des Gasstromes kann in einem beleuchteten Blatt 
jene des verdunkelten Blattes um das vierhundertfache übertreffen. 
Darwin hatte Gelegenheit, mit dem viel empfindlicheren Porometer 
Ergebnisse zu bestätigen, die er Jahre vorher mit den hygroskopischen 
Methoden über das Welken von Blättern gemacht hatte, bei denen die 
Stomata offensichtlich noch lange offen waren, nachdem das Blatt auf- 
gehört hatte mit dem Hornhygroskop zu reagieren. 

Ein großer Vorteil des Lloydschen Verfahrens besteht darin, 
daß es absolute Werte liefert, d. h. es zeigt die wirkliche Weite der 
Spaltöffnung, während das Porometer nur 
relative Zahlen ergibt. Lloyds Methode 
leidet an dem Übelstande, daß an einem 
gegebenen Blatte und in einem gegebenen 
Zeitpunkt die Spaltöffnungen von 1 bis zu 
10 Einheiten im Durchmesser wechselnd 
sefunden werden. Und da es unmöglich 
ist, auf jede Bestimmung unbegrenzte Zeit ‚ NN 
zu wenden, so folgt daraus, daß Lloyds "* * orehiedenen Weiten in 
Bestimmungen der Spaltöffnungsgrößen 
ziemlich ungenau sind. Das Porometer dagegen umfaßt in seinen Angaben 
einen Durchschnittswert von vielen hundert Spaltöffnungen bei jeder 
Ablesung; nun ist an einem gegebenen Zweig zu einer gegebenen Zeit bei 
den verschiedenen Blättern eine Vielheit von Spaltöffnungen in den 
verschiedensten Zuständen der Öffnungsweite vorhanden. Jeder Ver- 
gleich zwischen Transpiration und Spaltöffnungsweite, wenn er durch 
den Befund des Luftstromes an einem einzigen Blatte gezogen wurde, 
ist unzutreffend, da die Transpiration eines Zweiges von der durch- 
schnittlichen Öffnung der Stomata einer Anzahl von Blättern abhängt, 
während der Wert des Luftstromes von dem Verhalten des einzelnen 
Blattes abhängt. Daher müssen, wie Lloyd selbst hervorhebt, bei 
seiner Methode zahlreiche Blätter geprüft werden. 

Infiltrationsmethode von H. Molisch: Die von 
M olisch!) beschriebene Methode, welche heute wohl als die leistungs- 
fähigste bezeichnet werden muß, beruht auf dem Gedanken, daß es 
möglich sein müsse, daß Offensein der Spaltöffnungen dadurch zu de- 
monstrieren, daß man auf die Stomata führende Epidermis Tropfen 
von Flüssigkeiten bringt, die rasch in sehr kleine Kapillaröffnungen 
einzudringen vermögen, wie sie durch die Spalten der Spaltöffnungs- 
apparate repräsentiert werden. Die Flüssigkeiten, welche durch die 


1) H. Molisch, Zeitschr. f. Bot. 4, 107 (1912). 


496 XXII Messung von Gas- und Wasserbewegung. 


Spalten rasch in die Atemhöhle und von hier aus in die Interzellularen 
des Schwammparenchyms des Blattes eintreten, infiltrieren also das 
Blattgewebe an der betreffenden Stelle, welche dann im auffallenden 
Lichte dunkel und im durchfallenden durchscheinend aussieht. Sind die 
Stomata geschlossen, dann unterbleibt natürlich die Infiltration. Das ist 
in sehr schöner Weise z. B. bei Verwendung von absolutem Alkohol der 
Fall, welcher binnen wenigen Sekunden in die Spalten eindringt und 
das Blatt in der obenbezeichneten Weise infiltriert (Fig. 149). Molisch 
arbeitet in der Weise, daß aus einem kleinen Stiftfläschehen durch den 
Stift oder durch eine Glasröhre der Tropfen auf das Blatt gebracht wird, 
wobei aber jede unsanfte Berührung und damit eventuell einhergehende 
Verwundung des Blattes unterbleiben muß. Als Folge der Infiltration 
zeigen sich entweder zahlreiche dunkle zerstreute Punkte oder größere 
zusammenfließende, respektive getrennt bleibende Inseln oder schließlich 
ein momentanes Dunkelwerden der ganzen vom Tropfen bedeckten 
Fläche. Sehr gute Resultate lieferten die turgeszenten, 
im starken diffusen oder direkten Sonnenlicht befind- 
lichen Blätter von Syringa vulgaris, Stellaria media, 
Papaver somniferum, Senecio vulgaris, Plantago 
major, Urtica virens usw. Ein viel empfindlicheres 
Reagens als absoluter Alkohol ist Benzol, Xylol oder 
Terpentinöl; denn der Alkohol vermag unterhalb 
einer gewissen Spaltöffnungsweite nicht mehr ein- 
zutreten, die anderen genannten Flüssigkeiten aber 
wohl, wobei sehr oft das Xylol an Leistungsfähigkeit 
das Benzol übertrifft. Wenn der kapillare Wider- 
stand einer zu engen Spalte das Eintreten auch dieser 
Flüssigkeiten unmöglich macht, dann sind sie als 
praktisch geschlossen zu betrachten. Ather und 
Chloroform sind wegen ihrer allzugroßen Flüchtig- 
Kie. 1. Syringablattnach Reit, die namentlich beim Arbeiten im Freien die 
a nerdun- Infiltration nur sehr kurze Zeit andauern läßt, nicht 
her geschlossen gewesen. zu empfehlen. Zunächst wird mit Alkohol geprüft; 
dringt dieser nicht ein, so sind die Spalten jedenfalls 
nur wenig offen, man geht dann mit dem nächstfeineren Indikator Benzol 
oder Xylol vor, die durch ihr eventuelles Eindringen zeigen, daß die Spalt- 
öffnungen doch, wenn auch nur wenig, offen waren. Dabei hat man den 
Vorteil, daß Alkohol, wenn er nicht durch die Spalten eindringt, das Blatt- 
gewebe eine kleine Zeit unbeschädigt läßt, während Xylol, Benzol, Terpen- 
tinöl die Epidermiszellen sehr schnell töten, auch wenn sie nicht durch die 
Spalten eindringen. Dieses Durchdringen durch die geschlossene Wand 
der Oberhaut kann aber kaum zu einer Fehlerquelle werden, da sich die 
Infiltration durch die Spaltöffnungen sofort oder wenigstens nach sehr 
kurzer Zeit zeigt, während das Durchdringen durch die Oberhaut doch 
etwas länger in Anspruch nimmt, so daß man beides, besonders bei 
einiger Übung, leicht auseinanderhalten kann. Charakteristisch ist, 
daß beim Alkohol die Infiltration die von Tropfen bedeckte Fläche 
kaum jemals überschreitet, wohl aber bei Benzol, Xylol und ähnlichen 
Flüssigkeiten. 
Die großen Vorteile der Methode sind ihre Einfachheit, die Tat- 
sache, daß die Frage nach dem Offen- und Geschlossensein der Spalt- 
öffnungen augenblicklich beantwortet, ad oculos demonstriert und auch 


XXI Messung der Gas- und Wasserbewegung. 497, 


der Grad des Offenseins durch die verschiedenen Indikatoren angegeben 
wird. Über die Transpiration der Blätter allerdings sagt die Methode 
ebensowenig aus wie Darwins Poromete. Die Hygroskop- 
methode und die Kobaltprobe weisen also direkt 
auf die Transpiration hin, Molischs Infiltrationsmethode 
läßt das Offen- oder Geschlossensein der Spaltöffnungen erkennen und 
steht darin in einer Parallele mit Dar win s Porometer, dessen Angaben 
ebenfalls von der Transpiration unabhängig und lediglich abhängig sind 
von der relativen Weite der Spalten; dabei ist aber zu bemerken, daß 
die Infiltrationsmethode einfacher ist und kein Instrument erfordert. 
Ferner kann das Offen- oder Geschlossensein der Spaltöffnungen sogar 
am trockenen, toten Blatte damit erkannt werden, während die Kobalt- 
und Hygroskopmethode in solchen Fällen natürlich ganz versagt, da- 
gegen können geringe Differenzen in der Spaltenweite nicht angezeigt 


werden, während das mit dem Porometer möglich ist. 


filtrationsmethode von Molisch baut E. Stein!) 
eine Erweiterung derselben auf, indem sie die Reihe 
Petroläther, Petroleum und Paraffinum liquidum be- 
nutzt, welche Kohlenwasserstoffe infolge ihrer ver- 
schiedenartigen Viskosität die Öffnung der Spalten in 
drei Abstufungen beobachten läßt. Dringt Paraffin 
ein, so ist das ein Zeichen, für außerordentlich weit 
geöffnete Stomata; dringt Paraffin nicht, wohl aber 
Petroleum ein, so ist die Öffnung eine mittlere; Petrol- 
äther endlich dringt durch noch stärker verengte 
Spalten. Es ist also hier die Beobachtungsgrenze etwas 
weiter gesteckt, indem Paraffin in Spaltöffnungen nicht 
mehr eindringt, die für absoluten Alkohol geöffnet sind, 
während Petroläther noch den Weg in Interzellularen 
findet, die für Benzol und Xylol nicht mehr zugäng- 
lich sind; die für das Eindringen von flüssigem Paraffin 
nötige Spaltenweite wird überhaupt nicht von den 
Schließzellen aller Pflanzen erreicht. 

Eine Methode zum Infiltrieren auch von Koni- 
ferennadeln veröffentlichte A. Dengler?): Ein etwa 
10 cm langes, an einem Ende zu geschmolzenes 


Auf der In- 


u 


Fig. 150. Schema des 
Denglerschen Infil- 
trationsapparates. 


Stück Bleirohr 


(Fig. 150), das 0,8 em lichte Weite und zirka 2,5 mm Wandstärke 
hat b, wird mit der Klinge des Taschenmessers auf der einen 
Seite mit etwa sechs kleinen Schlitzen versehen, welche dazu dienen, 
die zu untersuchenden Nadeln n mit etwas Spielraum aufzunehmen; die 
Wände des Schlitzes werden zur besseren Adhäsion etwas aufgerauht 
und die äußere Mündung des Schlitzes nach außen etwas trichterförmig 
erweitert, damit der Kitt, mit dem die Nadeln später befestigt werden, 


gut zusammengedrückt werden kann. Dann wird der Kitt 


am besten 


das in den Apotheken in Stangenform erhältliche Bleipflaster, das sich 
in der warmen Hand gut kneten läßt und nach dem Erstarren erheblichen 
Druck aushält — in die Schlitze fest eingedrückt, in den Kitt mit einer 
kleinen Lanzette r ein Spalt gestoßen und die zu untersuchende, an ihrer 


ı) E. Stein, Ber. d. deutschen bot. Ges. 30, 66 (1912). 
®) A. Dengler, Ber. d. deutschen bot. Ges. 30, 452 (1912); s. a. 


F. W. Neger, ebendas. 30, 179 (1912). 


498 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


Basis gekappte oder angestochene Nadel, die frisch abgepflückt worden 
ist, so in den Spalt geschoben, daß die geöffnete Stelle sich im Hohl- 
raum der Röhre befindet. Mit Hilfe eines Modelliereisens wird dann der 
Kitt zu beiden Seiten der Nadel und besonders nach untenhin sorg- 
fältig abgedichtet, so daß beim späteren Untertauchen keine Luftblasen 
durch etwaige Undichtigkeiten des Kittes aufsteigen; wäre das der Fall, 
so müßte die betreffende Stelle mit Filtrierpapier abgetrocknet und nach- 
gedichtet werden. Das Bleirohr mit den Nadeln wird dann durch einen 
Druckschlauch S mit einer Druckpumpe (etwa wie sie zum Aufpumpen 
von Fahrradschläuchen verwendet wird) verbunden, bei welcher die 
Führungsstange des Kolbens mit Marken versehen und bis zu einer 
bestimmten Marke hineingeschoben wird. Je nach dem Zustande des 
Spaltöffnungsapparates erfolgt nun bei der Kompression ein größerer 
oder geringerer Austritt von Luftblasen ! an der spaltöffnungführenden 
Nadelfläche, den man beim Untertauchen in einer flachen Schale mit 
Wasser mit Auge oder Lupe verfolgen kann. Die einzelnen Stufen der 
Blasenbildung wären dann mit Hilfe einer ad hoc festzusetzenden Skala 
einzuschätzen, nachdem eine Zählung der Luftblasen, die bei einem 
bestimmten Druck auf der Nadeloberfläche erscheinen, nicht möglich 
ist, weil sie sich sehr schnell ablösen, zerfließen, zerplatzen, weil es ja 
ferner nicht nur auf die Zahl, sondern auch auf die Größe der Blasen 
ankommt. Dengler bildet sechs Stufen, von 0 an, wo keine Blase 
auftritt, über Stufe 4, bei der die Nadel ganz dicht mit Blasen bedeckt 
ist, und Stufe 5, wo außer dieser Blasenbedeckung noch ein lebhaftes 
Perlen auftritt, bis zu Stufe 6, dem Maximum dieser Erscheinungen, 
während auf Stufe 1 nur wenige kleine Blasen auftreten; auf Stufe 2 
erscheint dann etwa die Hälfte der Blasenanzahl, welche bei voller Be- 
deckung auftreten würde; natürlich kann man zwischen diesen Stufen 
noch Zwischenglieder einschalten. Diese sehr bedenkliche Unsicherheit 
welche in der subjektiven Schätzung gelegen ist, sucht Dengler 
dadurch zu vermeiden, daß er das Bleirohr nicht mit einer Druckpumpe, 
sondern mit einem Quecksilbermanometer M verbindet, dessen Schenkel 
durch einen diekwandigen Kautschukschlauch zusammenhängen und 
gegeneinander verschiebbar sind. Dadurch kann man in dem einen 
Schenkel einen beliebigen Überdruck erzeugen und dessen Ausgleich 
auf dem Wege durch die Spaltöffnungen zeitlich messen; an einem 
zwischen den beiden Manometerschenkeln angebrachten Maßstab kann 
man die Höhe des Überdruckes bestimmen: so wäre also ein zahlenmäßig 
darstellbares Maß für die Durchlässigkeit und damit für die Öffnungs- 
weite der Spaltöffnungen gegeben. Es ist klar, daß diese Methode nur 
bei großer Übung im Abschätzen und nur für Vergleichswerte ein brauch- 
bares Ergebnis liefern und hauptsächlich dort Dienste leisten wird, wo 
es sich darum handelt, Resultate, die mit anderen Methoden gefunden 
wurden, zu überprüfen; ihre besondere Verwendbarkeit liegt ferner dort, 
wo die einfache und sichere Infiltrationsmethode von Molisch keine 
Anwendung finden kann, also bei den Koniferennadeln. 

Das Verfahren von L. Buscalioni und G. Pollaccit!) beruht auf 
der Fähigkeit des Kollodiums bei Berührung mit Spuren von Wasser aus- 
zufa'ien. Es wird eine verschieden starke Lösung von Kollodium in Alko- 


ı) L. Buscalioni und G. Pollacci, Atti de R. Istituto Botanico 
dell’ universita di Pavia, Vol. VII (1901). 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 499 


hol oder Äther verwendet, da es auf die Natur des transpirierenden Organs 
(Dicke der Kutikula, Zahl der Spaltöffnungen usw.) ankommt, ob das Kollo- 
dium kürzere oder längere Zeit flüssig bleibt. Die Lösung wird mit einem 
Pinsel auf die zu prüfende Organoberfläche in dünner Schicht aufgetragen, 
frei von Luftblasen; in wenigen Minuten ist bei Zimmertemperatur das 
Lösungsmittel des Kollodiums verdunstet, das Reagens bildet dann ein 
trockenes Häutchen, welche das Organ genau in dem Zustande bedeckt, 
in welchem es aufgetragen worden war und ihm anhaftet (Fig. 151), 
aber mittels einer Pinzette mit Leichtigkeit abgezogen werden kann; das 
Lostrennen erfolgt übrigens bei der Zusammenziehung des Häutchens 
von selbst. Während des Eintrocknens des 
Kollodiums beobachtet man, daß, wenn das 
untersuchte Organ wenig oder gar nicht tran- 
spiriert, das Häutchen durchscheinend bleibt, 
während es bei einigermaßen vor sich gehender 
Transpiration bald eine milchähnliche Färbung 
annimmt, die um so intensiver wird, je stärker 
die Wasserabgabe erfolgt. Das Abnehmen der 
Häutchen ist schwieriger und mitunter nicht 
ohne Zerreißen möglich, wenn die Oberfläche Fie. 151. Kol oh en zu 
des betreffenden Organs rauh, haarig oder es 

dergleichen ist. Um gute Resultate zu erhalten, muß man mit ver- 
schieden konzentrierten Lösungen arbeiten; außerdem ist es unter 
manchen Verhältnissen gut, die kollodiumbestrichenen Organe einige 
Zeit in einem luftverdünnten und mit Atherdampf erfüllten Raume 
zu halten, um das Austrocknen des Kollodiums zu verzögern. Die 
Kollodiumhäutchen können nunmehr der mikroskopischen Untersuchung 
unterworfen werden, sie tragen den genauen Abdruck des Gewebes, 
an dem sie gehaftet hatten, und gestatten somit die Erkennung des 
Zustandes, in welchem sich die transpirierenden Organe im Momente 
des Auftragens des Häutchens befunden hatten. Das Häutchen wird 
auf einem Objektträger aufgespannt und dieser ganz mit einem Deck- 
glas bedeckt, das den Zweck hat, das Häutchen anzuspannen; das Ein- 
schließen in Wasser oder in einer anderen Flüssigkeit unterbleibt besser. 


Quantitative Methoden. 


Die zuverlässigsten Resultate werden erreicht, wenn man die ge- 
samte Versuchspflanze vor und nach dem Versuch wägt und aus der 
Gewichtsdifferenz auf die Menge des verdunsteten Wassers schließt. 
Hierbei sind einige Vorsichtsmaßregeln zu beachten; vor allem muß 
dafür gesorgt werden, daß die mechanische Verdunstung des Wassers 
aus dem Kulturgefäße und aus der Kulturerde möglichst aus- 
geschlossen sei; am besten ist es, Glasgefäße oder solche aus gla- 
siertem Steingut ohne durchlochte Bodenplatte zu verwenden, poröses 
Tongeschirr kann man durch Eintauchen in geschmolzenes Paraffin 
leicht luftdicht machen. Natürlich muß auch der Kulturboden 
selbst gegen Verdunstung geschützt sein, was am leichtesten durch 
Belegen mit Stanniol oder Guttapercha geschieht; freilich kann 
durch bleihaltiges Stanniol eine Schädigung der Kulturpflanzen er- 
folgen. Die Öffnungen, welche zwecks Durchtretens des Stammes 


430 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


oder, wenn es sich um Keimpflanzen handelt, zum Einstecken 
des Würzelchens beim angekeimten Samen in den Nährboden, in die 
Bodenbedeckung gebohrt werden müssen, können mit Vaseline oder 
Paraffin zugeschmiert werden. Ich habe wiederholt mit Vorteil Weich- 
paraffin zur Bedeckung des Bodens benutzt, welches sogar über die 
Kulturerde im Gartentopf gegossen werden kann, wenn schon die 
Pflanzen eingewurzelt sind, denn eine Temperatur von höchstens 40 0 C, 
bei welcher das Paraffin noch gießbar ist, schädigt die Pflanzen keines- 
wegs und das Weishparaffin, welches leicht knetbar ist, läßt sich leicht 
an den betreffenden Pflanzenteil andrücken, so daß ein absolut dampf- 
dichter Verschluß geschaffen ist. Kann man den Boden vor dem 
Einsetzen der angekeimten Samen mit dem Paraffin übergießen, so 
sticht man in die Decke mit einer Nadel beliebig weite Löcher, setzt 
die Pflanzen ein und drückt, am besten nach einigen Tagen, wenn sich 
die Pflanzen erhoben haben, das Paraffin so zurecht, daß die kleine 
Öffnung vollkommen verschmiert ist. Bei Wasserkulturen erfolgt der Ab- 
schluß der verdunstenden Wasseroberfläche gewöhnlich 
mit einer 3—4 cm hohen Schicht von Olivenöl Oe 
(Fig. 152). Abgesehen davon, daß unter dieser Schicht 
die Wurzeln bei halbwegs länger andauernden Versuchen 
unter Sauerstoffmangel leiden, dringt das Öl doch auch 
nach relativ kurzer Zeit in die Pflanze. Zweckmäßiger 
ist es, nach dem Vorgange J. Gieklhorns die Be- 
deckung des Kulturglases nicht mit Organtin, sondern 
mit Leinwand vorzunehmen, die in geschmolzenes 
Paraffin getaucht worden war; dieses Verfahren ist 
bereits auf S. 63 beschrieben worden. Zur Messung 
der ausnützbaren Bodenfeuchtigkeit bedienten sich 
L. J. Briggs und H. L. Shantz!) zur Bedeckung 
des Kulturbodens einer Mischung von Paraffin, Paraf- 
finöl, Bienenwachs und Rindstalg (80% Paraffin, 
Schmelzp. 45°C, 20%, Paraffinöl), welche Mischung 
bei sehr niederer Temperatur schmilzt und sich beim 
ee en Erkalten an Glas und Pflanze fest anlegt. Auf ähn- 
Pflanzensproß, zum lichen Prinzipien basiert C. Hoffmanns Methode 
Bd ee der schwimmenden Paraffinblöcke (Paraffin Blocks 

for growing seedlings in liquid culture solutions, 
Centralbl. f. Bakter. II, 33, 430 (1912), welche leicht in beliebige Form 
gegossen und mit Pfriemen für das Durchstecken der Würzelchen 
durchstochen werden können und vor den Korkverschlüssen jeden- 
falls den Vorteil haben, die Nährlösung nicht zu verunreinigen. Auch 
Drahtstützen für krautige Pflanzen lassen sich in ihnen leicht be- 
festigen. 

Wenn man Topfpflanzen aus ihrem Kulturboden in das auf die 
Wage zu stellende Gefäß überträgt, respektive die Erde samt der darin 
wurzelnden Pflanze, so darf das nicht unmittelbar vor Anstellung des 
Transpirationsversuches geschehen, weil dabei die feinsten Wurzel- 
enden, welche gerade für die Wasseraufnahme sehr wichtig sind, leicht 
abgerissen oder verletzt werden; das ist namentlich dann der Fall, 


ı) L. J. Briggs und H. L. Shantz, A wax seal method for deter- 
mining t the lower limit of available soil moisture, Bot. Gaz. 51, 210 (1911). 


XXIII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 431 


wenn das Ausheben nicht aus einem anderen Kulturgefäß, sondern direkt 
aus der Erde des Gartenbeetes, etwa mit dem Spaten erfolgt. Soll der 
Versuch sich über mehrere Tage erstrecken, so ist für den Ersatz des 
Wassers Sorge zu tragen, welches die Pflanze dem Boden entzogen hat, 
denn der Wassergehalt des Bodens übt einen verändernden Einfluß 
auf die Transpirationsgröße. Am bequemsten ist «eine solche Wasser- 
zufuhr, wenn die Bedeckung des Kulturbodens mit zwei halbkreis- 
förmigen Glasplatten erfolgt war, von denen jede zentral eine Aus- 
nehmung besitzt, welche beiden Ausnehmungen beim Zusammenlegen 
der Platten einen Hohlkreis zum Durchtritte des Stammes bilden, wobei 
die noch offen bleibenden Lochteile durch Paraffin oder dergleichen ver- 
schlossen werden können. In eine solche Glasplatte, respektive in eine 
Bohrung derselben, kann dann durch einen Kautschukstöpsel die mit 
eingeriebenem Stöpsel versehene Röhre eingeführt sein, durch die das 
Wasser in den Kulturboden einfließen gelassen werden kann. Wenn der 
Versuch längere Zeit dauert, vergrößert die Pflanze ihre Blattoberfläche 
und ihr Gewicht; selbstredend wäre dadurch ein Fehler in der Rechnung 
bedingt, wie ja überhaupt neben der Gewichtsveränderung durch Wasser- 
verlust die Gewichtsveränderungen durch Zunahme an Pflanzensubstanz 
durch Kohlensäureassimilation und deren Abnahme durch Atmung 
Hand in Hand gehen. Bei Keimpflanzen von Phaseolus vulgaris über- 
wiegen beispielsweise die Verluste durch Atmung die Assimilations- 
zuwächse anfangs so bedeutend, daß bis zum 21. Kulturtage die Trocken- 
substanz der Keimpflanze noch nicht die Trockensubstanz des Samens 
erreicht, aus dem sie sich entwickelt hat. Man wird daher, um diese 
Fehlerquelle soviel wie möglich zu vermeiden, die Transpirations- 
messungen auf die Gewichts- oder noch besser auf die Flächeneinheit 
beziehen; aber selbst in diesem Falle sind womöglich langsamwüchsige 
Pflanzen für den Versuch zu wählen, bei denen die Vergrößerung der 
Blattoberfläche nicht allzusehr in Betracht kommt. Die Verwendung 
von Nährlösungen an Stelle fester Nährböden bietet vor allem den Vorteil, 
daß man die Ausbildung des Wurzelsystems besser beobachten kann; 
es hat sich nämlich gezeigt, daß die Ausbildung des Wurzelkörpers die 
Transpiration beträchtlich beeinflußt, so daß dieselbe Blattfläche eine 
viel bedeutendere Transpirationsgröße zeigt, wenn der Wurzelkörper 
stärker ist, als wenn er mangelhaft ausgebildet ist, ja, eine Erkrankung 
des Wurzelsystems kann unter Umständen die Transpiration gegen- 
über einem wurzelgesunden Exemplar derselben Blattoberfläche um die 
Hälfte herabsetzen. Das ist besonders dann wichtig, wenn man für den 
Versuch möglichst gleiche Exemplare auswählt, wobei also nicht nur die 
gleiche Ausbildung der oberirdischen Organe, sondern auch die des Wurzel- 
systems leicht beobachtet werden kann. Ferner darf man nicht Pflanzen 
der Erdkultur zur Anstellung des Transpirationsversuches in Wasser- 
kultur übertragen oder Pflanzen der Wasserkultur mit solchen der 
Landkultur bezüglich der Transpiration vergleichen, denn Versuche 
von Giltay!) haben ergeben, daß die letzteren mehr als doppelt so 
stark transpirierten wie die ersteren nämlich im Verhältnis 27 : 13 
während des Tages zu 19: 12 während der Nacht, daß sie von der 
Witterung betreffs der Transpiration viel stärker beeinflußt werden 
und daß die Wasserabgabe bei Pflanzen der Wasserkultur von Tag zu 


!) E. Giltay, Beihefte z. Botan. Zentralbl. 9, 112 (1900). 


432 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


Tag abnimmt. Ferner ist es zweckmäßig, den Teil des Kulturgefäßes, 
welcher das Wurzelsystem umschließt, mit einer lichtdichten Umhüllung 
zu versehen. Die Versuchsdauer mit einzelnen Blättern oder abgeschnitte- 
nen Zweigen sollte sich nur auf höchstens einige Stunden ausdehnen 
und die Zweige unter Wasser abgeschnitten werden. Hier wird 
es sich natürlich immer empfehlen, in Kulturflüssigkeiten 
zu arbeiten, in die das Objekt durch einen halbierten, zentralgebohrten 
Kork (analog den oben erwähnten Glasplattenhälften) befestigt wird, 
wobei die beiden Korkhälften den Stammteil des Versuchsobjektes 
zwischen sich nehmen. Freilich kann es sich bei dieser Versuchsanstellung 
an zarteren Stengeln leicht ereignen, daß durch Quetschung die Wasser- 
leitung abnorm gestaltet wird. Kleinere Zweige, Blüten, Blätter usw. 
adjustiertt man deshalb lieber in kleinen Eprouvetten mittels dünnen 
Blumendrahtes wie in Fig. 152. Um den Rand 
der Eprouvette läuft ein stärkerer, an seinem 
freien Ende hakenförmig umgebogener Draht d, 
mittels dessen man die ganze Eprouvette an der 
Wage aufhängen kann, wobei die Verdunstung der 
Nährlösung an 
der Öberflächein 
der Eprouvette 
durch aufge- 
schüttetes Oli- 
venöl verhindert 
wird. 

Für die Wä- 
sung kleinerer 
Pflanzen, so- 
lange diese nicht 
an den Wage- 
balken anstrei- 
fen, dienen die 
gewöhnlichen analytischen Wagen, aber auch große Objekte mit vielen 
Kilo Gewicht können auf großen, eigens konstruierten Hebelwagen 
mit einer Genauigkeit von 0,1 g per 20 kg jederseitiger Belastung 
gewogen werden. Gute Dienste leistet die selbstregistrierende Wage 
von Richard freres, Paris, das evaporometre enregistreur (Fig. 153), 
eine Tarawage, auf deren eine Wagschale zu Beginn des Ver- 
suches die im Blumentopf entsprechend adjustierte Pflanze gestellt 
wird, worauf man durch entsprechendes Auflegen von Gewichten auf 
die andere Wagschale genau äquilibriert. Mit dieser Wagschale steht 
durch eine Hebelübertragung ein Schreibhebel Z in Verbindung, der auf 
einem mittels Uhrwerkes rotierenden Zylinder Tr streift, auf den das 
tegistrierpapier aufgezogen ist. Hebt sich bei Wasserverlust die Wag- 
schale mit dem Blumentopf, so sinkt die andere, mit welcher der Schreib- 
hebel in Verbindung steht, so daß dieser seine registrierende Schreib- 
bewegung auf dem Registrierpapier ausführt. Ein Laufgewicht ermöglicht 
eine verschiedene Einstellung des Schwerpunktes der Wage zum Mittel- 
punkt der Drehachse und damit eine Regulierung der Empfindlichkeit 
j’; nach der Schwere des Versuchsobjektes; eine andere Einrichtung 
ermöglicht auch die Anwendung dieser Wage zu Versuchen im Freien, 
indem sie deren Oszillation durch Windbewegung verhindert. Statt 


Fig. 153. Evaporometre enregistreur von Richard Freres, Paris. 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 433 


der Konstatierung der Gewichtsverluste in bestimmten Zeiten kann man 
umgekehrt auch bestimmen, in welchen Zeitteilchen das Versuchsobjekt 
einen bestimmten Gewichtsverlust erfährt: man äquilibriert dann die 
Wage, hebt eine kleines Gewicht ab und notiert die Zeit, welche ver- 
streicht, bis der Wasserverlust des Objektes die Wage wieder in Balance 
bringt, und operiert in dieser Weise mehrere Male. Die bis zur Erreichung 
des Gleichgewichtes notwendigerweise verstreichende Zeitdauer steht 
in umgekehrter Proportion zur Transpirationsgröße. 

Statt der Wägung kann man auch den von der Pflanze abeeeaeeh 
Wasserdampf volumetrisch oder gewichtsanalytisch messen, indem man das 
Wasser von irgendeiner hygroskopischen Substanz, ambesten Chlorkalzium, 
absorbieren läßt oder indem man den kondensierten Wasserdampf als tropf- 
bar flüssiges Wasser aufsammelt. Wenn diese Methode dem Chemiker natur- 
gemäß am nächsten liegt, wird sie doch beim Physiologen wenig Beifall 
finden, denn die Behandlung des Versuchsobjektes bei diesem Verfahren 
ist durchaus nicht den nätürlichen Verhältnissen entsprechend. Im 
Falle der Aufsammlung des kondensierten Wassers muß die Pflanze 
oder der mit der eingewurzelten Pflanze in Verbindung stehende Pflanzen- 
teil in einem Glasgefäß luftdicht eingeschlossen sein, wobei durch eine 
entsprechende Ablaßvorrichtung für die Entfernung des kondensierten 
Wassers Sorge getragen wird. Für kleine Pflanzen oder kleinere Pflanzen- 
teile ist diese Methode überhaupt nicht verwendbar, weil nur größere 
Mengen kondensierten Wassers eine annähernd verwendbare Bestimmung 
ermöglichen; dabei muß, wenn mit einem Zweig experimentiert wird, 
der in natürlicher Verbindung mit einer Topfpflanze steht, wobei also 
der betreffende Zweig in einen Ballon hineinragt, dessen Tubus an der 
Abzweigungsstelle des Astes vom Stamm mit Guttapercha oder dergleichen 
gasdicht verschlossen ist, die Erde des Topfes ausgiebig begossen werden 
(über die Verwendung von S. Bakers automatischer Bewässerungsvor- 
richtung s. Fig. 30 auf pag. 267), weil sonst die anderen, frei transpivieren- 
den Sprosse der Pflanze dem im Glasballon eingeschlossenen Zweige Wasser 
entziehen. Dazu kommt, daß überhaupt die Transpirationsgröße solcher 
eingeschlossener Pflanzenteile beträchtlich vermindert ist, weil das Glas- 
gefäß sehr bald dunstgesättigt ist; arbeitet man im Dunkeln, so häuft 
sich auch die Atmungskohlensäure bis zu einem schädigenden Maße an, 
während im Lichte diese Kohlensäure wohl im Prozesse der Assimilation 
wieder Verwendung findet. Solche Versuche können also jedenfalls nur von 
kurzer Dauer sein, wobei aber wieder, wenigstens bei kleineren Pflanzen- 
teilen, die Menge des erhaltenen Wassers ungenügend ist. Läßt man das 
abgegebene Wasser durch CaCl, oder dergleichen absorbieren, so ver- 
meidet man diesen Übelstand, schafft aber freilich mitunter zu trockene 
Lufträume. Zweckmäßiger ist es in diesem Falle, das mit CaCl, be- 
schickte Gefäß nicht unter dieselbe Glocke zu bringen, unter welcher 
die Versuchspflanze steht, sondern dasselbe durch einen diekwandigen 
Kautschukschlauch mit derselben zu verbinden; man verwendet dann 
Röhren mit CaCl, wie bei der Elementaranalyse, während die Versuchs- 
glocke mit einem paraffiniertem Korkstöpsel verschlossen ist, der in seinen 
beiden Bohrungen eine kurze und eine lange, rechtwinklig gebogene 
Glasröhre trägt, die mit den Kautschukschläuchen versehen sind, an 
welchen sich Quetschhähne befinden. Nach einer bestimmten Versuchs- 
zeit saugt man mittels Aspirators die Luft aus der Glocke in die vor- 

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 28 


434 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


gelegten gewogenen CaCl,-Röhren, wobei natürlich die Quetschhähne 
geöffnet und das lange Glasrohr, durch welches die Außenluft eingesaugt 
wird, mit einem vorgelegten Wasser absorbierendem Medium versorgt 
werden, welches dazu dient, die äußere Luft vor ihrem Eindringen zu 
trocknen. Nach einiger Zeit des Durchsaugens schließt man wieder die 
Quetschhähne und vermeidet so, die Gefahr des wasserdampferfüllten 
und auch des zu-trockenen Raumes. Es wäre noch zu bemerken, daß 
der Luftabschluß einer solchen Glocke nie durch Quecksilber bewirkt 
werden darf, dessen Dämpfe die Versuchspflanze schwer schädigen. 
Am besten ist es, eine auf Glasplatten aufgeschliffene Glocke zu ver- 
wenden, die durch Vaseline auf die Glasplatte gedichtet ist. Den Stöpsel 
für den oberen Tubus der Glocke kann man entweder (nach dem 


Fig. 154. Apparat von Geneau de Lamarliere zur Bestimmung der relativen Transpirationsgrößen 
von Sonnen- und Schattenblättern. 


festen Einsetzen in den Tubus) paraffinieren oder mit Kollodium über- 
gießen oder durch belichtetes Kaliumchromat abdichten. 

Um die relativen Transpirationsgrößen von Sonnen- und Schatten- 
blättern zu bestimmen, hat Geneaude Lamarliere!) folgenden 
Apparat (Fig. 154) konstruiert: Die durch einen Aspirators angesaugte 
Luft passiert zuerst die mit Schwefelsäure gefüllte Flasche B zur Absorption 
des Wassers, dann das mit Atzkalistücken beschickte Rohr u, um mit- 
gerissene Schwefelsäure aufzufangen, um sich dann im T-Rohr T zu 
teilen und in die beiden luftdicht aufgeschliffenen und verschlossenen 
Glocken geleitet zu werden. Unter der einen Glocke steht die Sonnen-, 
unter der anderen die Schattenpflanze. Die aus den Glocken durch D 
austretende Luft durchzieht je zwei mit CaCl, gefüllte, gewogene 
U-Röhren D', welche den von den Pflanzen abgegebenen Wasserdampf 
auffangen. Den U-Röhren sind die Schwefelsäureflaschen E und E’ 


1) L. Geneau de Lamarliöre, Revue gen. de Bot. 4, 529 (1892). 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 435 


vorgelegt, um keine Feuchtigkeit aus dem Aspirator sp hineingelangen 
zu lassen. Ein Rohr vereinigt die Luftströme wieder, die durch die 
Wasserflasche F', die mitgerissene Schwefelsäure auffängt, zum Aspirator 
ziehen. M ist ein Mano- 

meter, das den unter 

den Glocken herrschen- „ 
den Luftdruck anzeigt. 

Verschäffelt!) 
hat einen Apparat (Fig. 
155) gebaut, um den 
Einfluß des Kohlen- 
duozyds auf die 
Wasserdampfabgabe zu 
bestimmen. Inder Zeich- 
nung ist nur die eine 
Hälfte des symmetri- 
schen Apparates darge- 
stellt, nur daß in der 
linken Hälfte das eine a 
GEB #r mit meet Fig. 155. Apparat von Verschaffelt. 
fehlt. Auf einem Gestell befindet sich beiderseits unter einer zylindrischen 
Glasglocke Z und P je ein Exemplar der Versuchspflanze, deren Wurzel- 
system in die Nährstofflösung (das Gefäß ist auf ° 
der Zeichnung nicht sichtbar) taucht. Durch beide 
Glocken, deren Temperatur durch ein Thermo- 
meter gemessen wird, wird Luft gesaugt, welche 
die Waschflasche /l passiert, an das Atzkali und 
CaCl, in den beiden Türmen /r Kohlendioxyd und 
Wasserdampf abgibt, und dann in den Versuchs- 
zylinder P gelangt, von wo sie mit dem Tran- 
spirationsdampf der Pflanze beladen, durch Rohr 
und Schlauch b zu dem gewogenen u-förmigen 
CaCl,-Rohr w und aus diesem durch den mit Hahn 
verschließbaren Schlauch s zum Aspirator gelangt. 
Die andere Hälfte des Apparates hat dieselbe Ein- 
richtung, nur daß die Versuchspflanze dort infolge 
Fehlens des Kaliturmes trockene kohlensäure- 
haltige Luft erhält. 

Eines besonderen Apparates (Fig. 156) be- 
diente sich Hellriegel?), um den Einfluß der 
Luftfeuchtigkeit auf den Ernteertrag von 
Gerstenpflanzen und auf die Transpiration kennen 
zu lernen. Auf den Pfosten A wird eine 120 cm 
hohe Glasglocke aufgesetzt, die, in einer ein- ! 
geingeschnittenen Rinne desselben stehend, 
am Rande mit einer Mischung von Wachs, 
Harz und Paraffin luftdicht verkittet wird. Die obere Mündung der 
Glocke wird durch die gebogene Glasröhre a mit der Zinkblechbüchse C 


LIE NS JELZARmm 
il 


Fig. 156. Apparat von Hellriegel, 


')E. Verschaffelt, Botanisch Jahrboek uitgegeven door het kruit- 
kindig genostschap ‚„‚Dodonaea‘“ te Gent 2, 305 (1890). 
:)H. Hellriegel, Beiträge zu den naturw. Grundlagen des Acker- 


baues. Braunschweig 1883. 
28* 


436 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


verbunden, die an dem Pfosten E angeschraubt ist, der seinerseits 
wieder von der Säule D getragen wird. In der Mitte des Büchsen- 
deckels befindet sich eine zirka 4 cm weite Öffnung mit kurzem 
Rohrstutzen, der zum Einsetzen einer 66 cm hohen Glasröhre b 
dient, die am Ende zum Schutze gegen mechanische äußere Einflüsse 
eine Blechkappe trägt. Der Boden der Büchse C kann durch einen 
Bajonettverschluß leicht auf- und abgeschraubt werden, so daß eine 
Petroleumlampe f leicht eingeschoben und entfernt werden kann. In 
den Pfosten unterhalb der Glocke sind zwei Öffnungen eingesägt; die 
zentral gelegene dient zur Aufnahme des oberen Teiles vom Kulturgefäß 
G, die andere kleinere, seitliche trägt das Glasrohr c, das den Eintritt 
der Außenluft ermöglicht. Nach Einsetzen der Lampe in € entsteht ein 
lebhafter Luftzug in der Pfeilrichtung. Nach 
Belieben kann durch c trockene oder feuchte 
Luft eingelassen werden, je nachdem man 
das zirka 2 Liter enthaltende Gefäß AH mit 
schwefelsäuregetränktem Bimsstein oder mit 
einer 1—11, cm hohen Wasserschicht be- 
schickt, in der sich ein schlangenförmig ge- 
bogener und mit Filtrierpapierstreifen dicht 
behängter Glasstab befand. Die Vegetation 
von Gerstenpflanzen in einer solchen Glocke 
ist eine durchaus normale, auch wenn siemonate- 
lang darin verweilen; die Verdunstungsgröße 
der Pflanzen kann durch tägliche Wägung der 
Gewichtsabnahme der Gefäße ermittelt werden. 

Bei dorsiventral gebauten Blättern führt 
die Blattoberseite ungleich weniger Stomata 
als die Unterseite, aber auch andere anatomische 
Verschiedenheiten bewirken, daß die Unterseite 
wesentlich mehr Wasserdampf abgibt als die 
Oberseite. Jedenfalls ist es oft wünschenswert, 
einen Vergleich der Transpirationsgröße bei 
den beiden Blattseiten zu ziehen. Einen Apparat 
(Fig. 157) zur experimentellen Bestimmung 
eines solchen hat M. Garreau!) konstruiert: 


Fig. 157. Garreaus Apparat . : En 2 
zur Bestimmung der meet AA sind trichterförmige Glasbecher 5 deren 


ration beider Blattseiten. 


jeder am Rande einen Leinwandring B trägt, der 
mit einer Mischung von Wachs und Burgunder- 
pech bestrichen und dann mit feinem Fett eingeschmiert ist, so daß er 
nach leichtem Druck fest an der Blattfläche haftet. Jeder Becher ent- 
hält ein Schälchen D mit CaCl, und trägt an seinem Ende, durch einen 
Kautschukstöpsel eingesetzt, ein gebogenes Röhrchen C mit einem 
Tropfen Ol zur Absperrung der äußeren Luft. Die Schalen mit dem 
CaCl, werden vor und nach dem Versuch gewogen, das Chlorkalzium 
darf aber in nicht zu großer Menge enthalten sein, um den Luftraum 
nicht zu sehr auszutrocknen. 

Eine viel benutzte Methode beruht in der Messung des von der 
Pflanze aufgenommenen statt in der Bestimmung des durch Transpiration 
abgegebenen Wassers. Freilich muß man sich bewußt bleiben, daß man es 


ı) M. Garreau, Anm. sciences nat. Bot. (3) 13, 321 (1849). 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 437 


mit einem Lebewesen zu tun hat, bei dem es sich also nicht verhält wie 
bei einem Schwamm, bei dem allenfalls das eingesogene Wasser sowohl 
durch Abnahme des Wassers in dem Aufnahmegefäß, als auch durch 
Wägung des aus dem Schwamm ausdrückbaren Wassers bestimmen 
kann, mit anderen Worten, daß Wasseraufnahme und Wasserabgabe 
durch die Pflanze zwei voneinander physiologisch geschiedene Vorgänge 
sind, die nicht ohne weiteres quantitativ miteinander in kausale Ver- 
bindung gebracht werden können; nur bei länger andauernden Ver- 
suchen, nicht aber bei kürzeren Ablesungen ist ein gewisser Parallelis- 
mus vorhanden, während der Assimilationstätigkeit wird überdies ein 
Teil des aufgenommenen Wassers chemisch verwendet usw. Keines- 
falls kann man also statt Transpirationsgröße einfach Aufnahme- 
größe des Wassers setzen, dazu kommt noch, daß Veränderungen’der 
äußeren Verhältnisse, wie Temperatur, Licht usw., E 
die beiden Prozesse in verschiedener Weise 
beeinflussen, daß auch innere Verhältnisse der 
Pflanze in verschiedener Weise auf dieselben Ein- 
fluß nehmen können. Eine zartblätterige Pflanze 
aus einem kühleren Raum in einen wärmeren, 
aus dem zerstreuten Tageslicht in direktes Sonnen- 
lieht gebracht, wird viel mehr Wasser durch 
Transpiration abgeben, als die Wurzeln aus dem 
Nährsubstrat aufnehmen können, die Pflanze wird 
im extremen Falle trotz reichlicher Wasserzufuhr 
welken; wurde dagegen bei einer Topfpflanze der 
Boden trocken werden gelassen, so wird bei folgen- 
dem Begießen zunächst das Einsaugen des Wassers 
die Abgabe bei weitem übertreffen, eine konstante 
Parallelität ist also in keinem Falle gegeben. Immer- 
hin ist unter konstanten äußeren Verhältnissen 
und längerer Versuchsdauer die Methode auch für 
die Erlangung von approximativen Transpirations- Fig. 15%. Pfeffers Appa- 
E = E z ra estimmung von 
werten geeignet. Auf alle Fälle aber ist es vielfach Wasseraufnahme und -ab- 
eine Aufgabe für sich und physiologisch wünschens- a 
wert, die Menge des von einer Pflanze unter bestimmten Verhältnissen 
und in einer bestimmten Zeit zu kennen. 

Wenn es mit einem Apparat möglich ist, sowohl den Betrag der 
Wasseraufnahme als auch den der Wasserabgabe zu bestimmen, ist die 
Beantwortung zweier physiologischer Fragen gegeben, man darf nur 
nicht in den einzelnen Versuchszeiten eine Übereinstimmung beider 
Werte erwarten, da, wie bereits erwähnt, die physiologischen Vorgänge 
der Wasseraufnahme und Wasserabgabe Leistungen der Pflanze ent- 
sprechen, die getrennt ablaufen und auch verschiedentlich beeinflußt 
werden. Pfeffer beschreibt (Pflanzenphysiologie I, S. 214) einen sehr 
einfachen derartigen Apparat (Fig. 158), bestehend aus einem graduierten 
Gefäß nach Art eines Meßzylinders Z, dessen obere Öffnung aber ver- 
engert und in welcher die Versuchspflanze mit Hilfe eines Stöpsels 
luftdicht befestigt ist; in der Nähe des Bodens besitzt der Zylinder 
elnen Tubus, welcher, mit einem Kautschukstöpsel versehen, das recht- 
winklig gebogene, mit einer Maßeinteilung versehene, mit dem Zylinder 
kommunizierende Glasrohr M trägt. Auch hier wird das Ursprungsgewicht 
des ganzen Apparates samt Pflanze und dann dessen Gewichtsabnahme 


438 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


durch Wägung bestimmt und so die Größe der Transpiration gefunden, 
während gleichzeitig das Flüssigkeitsniveau im kommunizierenden Meß- 
rohr die aufgenommene Wassermenge anzeigt. Zu berücksichtigen ist 
dabei das von den Wurzeln verdrängte Wasservolumen, welches in ver- 
schiedenen Niveauhöhen ungleich ist. 

MacDougals!) ,‚Potometer‘“ (Fig.159) besteht aus einem etwa meter- 
langen, engvolumigen Glasrohr, dessen Teilstrichabstände 100 mg Wasser 
entsprechen. Das eine Rohrende ist rechtwinklig nach abwärts gebogen a 
und taucht in ein kleines Gefäß mit Wasser, das andere Ende ist u-förmig 
nach aufwärts gebogen und dient zur Befestigung der Versuchspflanze. 
Nachdem der Apparat mit Wasser gefüllt wurde, läßt man durch Heben 
des Schenkels a eine Luftblase eintreten und 
notiert die Zeitintervalle, die verlaufen, wenn 
diese Luftblase von einem Teilstrich zum andern 
vorrückt. Verwendet man gefärbtes Wasser, 
so ist die durch das Vorrücken der Luftblase 
angezeigte Aufnahme des Wassers durch den 


Fig.159. Mac Dougals Potometer. 


Sproß einem größeren 
Auditorium sichtbar zu 
machen, die Transpira- 
tionsgröße wird allerdings dadurch nicht 
angegeben. 
Pfeffer?) hat für feinere Transpira- 
tionsmessungen, als sie mit seinem oben 
RR r beschriebenen einfachen Apparat möglich 
nn sind, ein Instrument ee . bei ee 
ein ganz ähnliches Versuchsgefäß verwendet 
wird wie bei jenem, nur daß hier der Tubus oben statt unten an- 
gebracht ist. Der Stöpsel, welcher das Gefäß (Fig. 160) verschließt, 
trägt in der einen Bohrung den zum Versuche verwendeten Sproß, in 
der anderen ein Thermometer, das ebenfalls in das Wasser eintaucht. 
Das englumige, in dem Tubus befindliche Rohr a trägt einen Maßstab 
und liegt horizontal, wodurch eine Veränderung des Wasserdruckes ver- 
mieden wird. Ein Wiederfüllen des Rohres ist durch den Hahn b mög- 
lich, welcher die Verbindung mit einem höher gestellten Gefäße her- 
stellt. Mittels dieses Apparates ist die Ablesung innerhalb sehr geringer 
Zeitintervalle und die Beobachtung der Aufnahme von sehr geringen 
Wassermengen möglich. 


ı) Mac Dougal, Botan. Gaz. 24, 110 (1897) 
:) W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie I, S. 223. 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 439 


Zur Bestimmung der Transpiration hat Vesque!) einen Apparat 
beschrieben (Fig. 161). Ein Kapillarrohr aus Kristallglas a ist an seinen 
beiden Enden rechtwinklignach abwärts gebogen ; das wieder nach aufwärts 
gekrümmte Ende reicht einerseits von unten in den mit Wasser gefüllten 
Zylinder b, der oben in der üblichen Weise mit dem Stöpsel verschlossen 
ist, in den die Versuchspflanze luftdicht eingepaßt wurde. Das andere 
nach aufwärts gebogene Ende ist mit folgendem Apparat verbunden: 
Der kleine Zylinder e ist an seinem unteren Ende mit einem doppelt 
gebohrten Stöpsel verschlossen, in dessen eine Öffnung eben das ge- 
bogene Ende des Rohres a eingeführt ist, in die andere Bohrung reicht 
der Schenkel des Zylinders d, der nach unten verschmälert ist und eben 
in jener gebogenen Röhre ausläuft; e und d sind mit Wasser gefüllt, 
in der Mitte von d ist eine nach aufwärts gerichtete Nadel c befestigt, 
deren Spitze zu Beginn des Versuches den Flüssigkeitsspiegel berührt. 
Das Kapillarrohr geht durch die Fassung /, mit der ein auf dem Balken g 
aufliegendes Prisma befestigt ist. : 

Das ganze Instrument funktioniert 
wie eine Wage, und so wie bei 
einer solchen läßt sich mittels der 
Schraube s der Schwerpunkt nach 
oben oder nach unten verschieben. 


Die Pflanze entnimmt ihr Wasser 2 Y 
aus dem Zylinder e, während das 
Gefäß b ständig mit Wasser gefüllt 
bleibt. Angenommen, zu Beginn 
des Experimentes sei das Instru- 
ment im Gleichgewicht, die Nadel- 
spitze sei auf Null eingestellt und das Gewicht 
jedes der Wagebalken sei mit P bezeichnet. Ist p 
der Betrag des durch die Wurzel aufgenommenen, 
pı der des durch die Pflanze in der Transpiration 
abgegebenen Wassers, so ist das Gewicht des 
Wagebalkens auf der Seite des mit der Pflanze pi. ı61. Vesques 
versehenen Zylinders b Transpirometer. 
FTD —pı- 
Das Gewicht des anderen Wagebalkens 
P—p. 


Um das Gleichgewicht wieder herzustellen, muß auf dieser Seite Gewicht 
zugelegt werden, uns zwar 
We DB) — (PP)  2D Do 

Diese Zahl wird in der Regel positiv sein, d. h. das Gefäß b wird ge- 
sunken sein; im Falle sich c gesenkt haben sollte, wäre p, >2p,d.h. 
die Pflanze hätte mehr als das doppelte des aufgenommenen Wassers 
abgegeben. Wenn die Pflanze gerade doppelt so viel Wasser abgibt, 
wie sie aufnimmt, bleibt die Wage im Gleichgewicht. Sobald der Ver- 
such beginnt, sehen wir das Niveau des Wassers fallen und die Nadel 
aus d emportauchen. 

Angenommen es wäre p>p,, d. h. die aufgenommene Wasser- 
menge sei größer als die abgegebene. Aus einem tarierten Fläschchen 


1) J. Vesque, Annal. sc. de nat. Bot. 6, 201 (1878). 


440 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


wird in das Gefäß e so viel Wasser gegossen, bis das Nullniveau in d 
wiederhergestellt ist. Die Gewichtsdifferenz des Fläschchens entspricht 
dem Gewichte des aufgenommenen Wassers p; das Gleichgewicht ist 
aber noch nicht hergestellt, man muß noch, um das zu erreichen, eine 
kleine Menge Wasser, entsprechend p — p,, hineinschütten, welche mit 
der erstzugefügten zusammen die Menge x ergibt. Wir kennen 2 =p 
+ (p—p,). Kennen wir nun p und z, so ist die in der Transpiration 
abgegebene Wassermenge aus der Gleichung 
Pı=2p—ı 
zu bestimmen. Der Apparat eignet sich vor allem zu Demonstrations- 
zwecken. An einem trockenen Ort auf den Boden gestellt, sinkt der 
Arm mit c. Unter gewöhnlichen Vegetationsbedingungen, in feuchter 
Luft und diffusem Licht, bemerkt man, daß gleichzeitig mit der Ein- 
stellung von Niveau d man das Gleichgewicht p herstellt. Es geschieht 
häufig, daß man mit einemmal nicht fertig wird, sondern eine neue Menge 
Wasser zufügen muß, um die Nadel wieder auf Null einspielen zu lassen. 
Ein einfacherer von Vesque konstruierter Apparat 
(Fig. 162) besteht aus folgendem: Ein Glaszylinder z ist 
mit einem Stöpsel verschlossen, in dem der Pflanzensproß 
luftdicht T befestigt ist; unten kommuniziert dieser 
Zylinder mit einem engeren Zylinder B, der so gekrümmt 
ist, daß er einen langen, vertikalen Schenkel bildet. An 
der Stelle a desselben ist der Zylinder eingeschnürt. In 
den Stöpsel des ersten Zylinders ragt das gebogene und 
ausgezogene Kapillarrohr K, durch das dieser mit der 
äußeren Luft in Verbindung steht. Der ganze kleine 
Apparat, der ungefähr 7—8 cm Höhe mißt, ist auf einem 
kleinen Holzbrettchen fixiert. Um den Apparat mit 
Wasser zu füllen, verbindet man B durch einen Kautschuk- 
schlauch mit dem unteren Tubus eines mit Wasser ge- 
füllten, erhöht aufgestellten Gefäßes; die Luft entweicht 
Fig. songatvon durch die Kapillare K; durch zweckmäßiges Neigen 
des Apparates kann man leicht die letzten Luftblasen 
entfernen, die an den Glaswänden oder an den Wurzeln haften. 
Wenn das Rohr C mit Wasser gefüllt ist, verschließt man es mit 
dem Finger, zieht den Kautschukschlauch von B ab, verschließt 
auch B mit dem Finger, und schmilzt an der Lampe das Ende 
des Rohres K ab. Indem die Pflanzenwurzeln beständig Wasser auf- 
nehmen, sinkt das Wasserniveau in B und man kann leicht die Menge 
des verschwundenen Wassers messen; die Menge des durch Transpiration 
abgegebenen Wassers zeigt die Gewichtsabnahme des Apparates an. 
Im Experiment entfernt man mit Filtrierpapier das Wasser jenseits der 
Einschnürung von B, wägt dann den Apparat möglichst schnell, ver- 
merkt sich die Zeit und überläßt ihn dann sich selbst. Die Versuchs- 
dauer muß möglichst lang sein, damit die kurze Zeit zwischen der Ein- 
stellung bei a und der Wägung vernachlässigt werden kann. Bei Be- 
endigung des Versuches wägt man von neuem und betrachtet den 
Gewichtsverlust als Transpirationsgröße. Dann schüttet man aus einem 
Fläschchen, nachdem dieses zur Hälfte mit Wasser gefüllt und gewogen 
wurde, Wasser in die Röhre B, bis wieder das Niveau von a erreicht ist, 
und wägt das Fläschchen wieder, dessen Gewichtsverlust das auf- 
genommene Wasser angibt. Es ist übrigens nicht notwendig, das Fläsch- 


XXIII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 441 


chen zu wägen, es genügt, die Pflanze am Schlusse des Experimentes 
zu wägen, in die Röhre B aus dem Fläschchen Wasser einzugießen, bis 
das Niveau a erreicht ist, und dann wieder zu wägen: die Gewichts- 
differenz ergibt die aufgenommene Wassermenge. Wenn man gleich- 
zeitig auch das Fläschchen wägt, besitzt man eine wünschenswerte 
Kontrolle, welche es ermöglicht, Versuche auszuschalten, in die sich ein 
Fehler infolge der Zeit eingeschlichen hat, die zwischen den einzelnen 
Operationen verstreicht. 

Höchst einfach ist auch der von Krutitzky erfundene Apparat 
(Fig.163), mit dem Transpiration und Wasseraufnahme gleichzeitig be- 
stimmt werden können. Auf die Schale einer FederwageW wirdein Glasgefäß 
gestellt, in das die in Erde eingewurzelte Versuchspflanze P gestellt wird. 


Fig. 163. Krutitzkys Transpirationswage. Fig. 164. Selbstregistrierendes Transpirometer von 
sanong. 
Der Topf besitzt nahe der Basis einen Tubus, in den ein doppelt gebogenes 
Siphonrohr abzweigt, das in einen aräometerähnlichen Schwimmer M 
taucht, der in einem nahe der Wage stehenden, mit Wasser gefüllten 
Glaszylinder stabil schwimmt. Seitlich von diesem Apparat steht auf 
einem Stativ ein Mariottesches Gefäß FI, welches dazu dient, das 
Wasserniveau im Zylinder konstant zu erhalten. Die freie Oberfläche 
im Schwimmer kann mit einer Olschicht bedeckt sein. Saugt die Pflanze 
durch den Siphon Wasser aus dem Schwimmer, so hebt sich dieser und, 
zeigt, da er in Kubikzentimeter eingeteilt ist, die Menge des aufgenommenen 
Wassers. Anderseits gibt der Zeiger auf dem Zifferblatt der Wage das 
jeweilige Mehr- oder Mindergewicht des Topfes samt Pflanze in Grammen 
an. Der Apparat kann auch selbstregistrierend eingerichtet werden. 
Zu diesem Zweck befindet sich auf dem Schwimmer nahe seiner Mündung 
ein Korkring, auf dem eine Glasnadel mit einem Gegengewichte befestigt 
ist; diese berührt wieder die berußte Oberfläche einer Trommel, welche, 


442 XXIII Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


um eine vertikale Achse drehbar, in 24 Stunden eine Umdrehung macht. 
— Gehen wir nun zu den sehr genauen, aber auch entsprechend kom- 
plizierteren Transpirometern über, so.seien hier nur die von Ganong, 
den Transeau!) vereinfacht hat, von Anderson, Woods 
und Vesque genannt. 

Das selbstregistrierende Transpirometer von Ganong (Fig. 164) be- 
steht aus einem Zylinder R, der auf einem Spiralgeleise zwischen Außen- 
und Innenwand ca. 250 Kugelgewichte von 1 g trägt. Diese Gewichte sind 
Kugeln aus Stahl von 11% Zoll (englisch) Durchmesser, wie wir sie auch bei 
der Andersonschen Wage kennen lernen werden, welche untereinander 
nicht mehr als zirka 1 mg an Gewicht variieren. Diese versorgen durch 
ihre Schwere einzeln eine einfache Fallklappe, welche so angebracht ist, 
daß, wenn durch einen Elektromagneten ein Antrieb ausgeübt wird, 
eine gleitende Bewegung entsteht, die einen Ball durch eine Röhre in 
eine Wagschale G fallen läßt, worauf sofort ein neuer Ball dessen Platz 
auf der Gleitfläche einnimmt. An dieser Fallseite ist ein Stab angebracht, 
an dem eine Schreibfeder so adjustiert ist, daß sie die Gleitbewegung 
in Tätigkeit setzt, d. h. immer wenn eine Kugel fällt, zeichnet die Feder 
mit Chronographentinte eine feine, vertikale Linie auf dem Registrier- 
papier, das durch einen rotierenden Zylinder langsam vorbeigeführt wird. 
Die Pflanze P wird in der für Transpirationsversuche üblichen Weise be- 
festigt und befindet sich im Gleichgewicht auf der Wagschale irgend einer 
guten analytischen Wage, während das Transpirometer daneben ad- 
justiert ist. Wenn die Pflanze bei der Transpiration Wasser abgibt, er- 
hebt sich diese Wagschale und berührt auf der Höhe ihrer Schwingung 
einen Draht, wodurch ein elektrischer Strom geschlossen wird. Dieser 
setzt einen Elektromagneten E in Tätigkeit, welcher dann das Gleiten 
der Bälle bewirkt und eine Kugel in die Wagschale fallen läßt; diese 
wird dadurch sofort herabgedrückt und der Strom mithin unterbrochen. 
Dadurch entsteht ein Zeichen auf dem Registrierpapier. Dieser Vorgang 
vollzieht sich dann jedesmal, wenn die Pflanze ein Gramm Wasser ver- 
loren hat. Die Registriertrommel dreht sich einmal in 24 Stunden um 
ihre Achse, und das Papier ist in numerierte Abschnitte rastriert, welche 
den Stunden entsprechen. Diese Räume sind wieder in zwölf Teile unter- 
geteilt, von denen also jeder fünf Minuten entspricht. Jeder von ihnen 
ist 1 mm breit, so daß man also auch gewöhnliches Millimeterpapier ver- 
wenden kann. Diese wiederum können leicht abgelesen werden, so daß 
man durch Schätzung auch Zwischenräume von einer Minute bestimmen 
kann. Daher ist es möglich, von der Trommel direkt die Zahl der Minuten 
abzulesen, welche vergehen, während die Pflanze 1 g Wasser verliert, 
welche Zahlen leicht in andere Daten umgewandelt werden können. 
Nach horizontaler Richtung ist das Papier in sieben Räume geteilt, 
welche durch Anfangsbuchstaben bezeichnet werden, die je einem Tage 
der Woche entsprechen. Die Feder gleitet auf dem Stabe, welcher sieben 
Einkerbungen enthält; jeden Tag, wenn die Pflanze (alle 24 Stunden) 
begossen und das Uhrwerk aufgezogen wird, gleitet die Feder am Stabe 
entlang um eine Einkerbung tiefer. ‚Jeder Streifen des Registrierpapiers 
reicht daher für eine Wochenarbeit. Der Dreifußständer des Apparates 
ist nach der Höhe verstellbar und kann entsprechend eingestellt werden, 
während des Gebrauches wird der Apparat von einer Glasglocke bedeckt 


1) E. Transeau, Botan. Gaz. 52, 57 (1911). 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 443 


arbeiten gelassen. Für den Gebrauch im Freien ist es besser, den Gewichts- 
zylinder und die Registriertrommel getrennt aufzustellen, so daß man 
die letztere an beliebigem Orte, im Laboratorium, im Zimmer usw., 
plazieren kann, während das Meßinstrument beliebig entfernt davon 
arbeitet. Die Gewichte sind gewöhnlich Grammgewichte, aber es können 
natürlich auch leichtere oder schwerere Verwendung finden. 

Die Andersonsche!) Registrierwage (Fig. 165) besteht im wesent- 
lichen aus einer Wage, deren einer Wagarm w sinkt, wenn das Gewicht 
eines wasserabsorbierenden Chlorkalziumgefäßes k wächst. Wenn der Arm 
sinkt, wird ein elektrischer Strom geschlossen, und ein elektromagnetischer 
Mechanismus läßt ein Gewicht los, welches auf den anderen Arm r des 
Wagebalkens oder besser direkt in die Wagschale fällt. So wird die Schale 
automatisch ins Gleichgewicht gebracht, nach- 
dem ein gleicher Zuwachs des Gewichies sich 
eingestellt hat. Sowie das Gewicht fällt, wird 
es auf dem Registrierzylinder verzeichnet, der 
in jeder beliebigen Entfernung von der Wage 


Fig. 165. Andersons Registrierwage. 


aufgestellt sein kann. Die Wage mitsamt dem ganzen Fallmechanis- 
mus ist in eine Kasette eingeschlossen, um vor Feuchtigkeit bewahrt 
zu sein. Die Wägevorrichtung besteht aus einer flachen Schale 
und ist auf !/,, g empfindlich mit einer Belastungsmöglichkeit von 5 kg. 
Der Balken ist 11 Zoll (englisch) und mit seinen Stützen an einer Eisen- 
platte angeschraubt, die am Boden der Kasette montiert ist. Die Messing- 
schalen haben 7 Zoll Durchmesser und werden durch Messingträger 
gehalten, welche an den Armen des Wagebalkens angebracht sind; die 
Träger der Wage sind aus Diamantstahl. Der elektromagnetische Balance- 
mechanismus besteht aus einem Gewichtehalter und einem Elektro- 
magneten e, ferner aus Metallkontakten auf dem Wagebalken, dem Queck- 
silbergefäß, Draht und Batterien. Der Gewichtehalter r ist eine spiralig 
zusammengedrehte Messingröhre, welche 125 Stück Gewichte enthält. 
Am unteren Ende dieser Rolle ist ein Hebel, der an einem Zapfen vor- 
und rückwärts gedreht werden kann. Ein Ende dieses Hebels ist durch 


1) Anderson, Minnesota botan. studies 1, 177 (1894). 


444 XXIL Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


einige Kettenglieder mit der Armatur des Elektromagneten verbunden 
und das andere Ende, welches durch eine Feder an seiner Stelle gehalten 
wird, wenn der Strom geöffnet ist, trägt eine Gewichtstasche, welche 
ein Gewicht von der Gewichtsröhre aufnimmt, wenn der Strom sich 
schließt, und läßt es, nachdem es zirka ?/,, eines Zolls seitlich geschoben 
wurde, durch ein Loch in der Messingplatte fallen, von wo es in die 
Wagschale gleitet. Sowie der Strom durch Wiederherstellung des Balkens 
ins Gleichgewicht wieder geöffnet ist, kehrt der Hebel in seine frühere 
Stellung zurück und empfängt ein anderes Gewicht aus der Röhre und 
ist von neuem bereit, es in die Wagschale fallen zu lassen, sobald das 
notwendige Anwachsen des Gewichtes am andern Ende des Balkens 
den Strom schließt. Der Gewichtehalter ist etwa !/,, Zoll breiter 
als der Durchmesser der Gewichte, er ist an den Elektromagneten an- 
geschraubt und erstreckt sich oberhalb und seitlich der Kasette, in welche 
er luft- und wasserdicht durch einen Kautschukstöpsel eingepaßt ist. 
Er kann also gegen einen solchen größeren oder kleineren Kalibers ein- 
getauscht werden, je nach der Größe der verwendeten Gewichte. Ge- 
wöhnlich werden Gewichte zu 1 g verwendet, Stahlballen, die im 
Gewichte um nicht mehr als 1 mg voneinander differieren dürfen. 
Ein gutes Kohle-Zinkelement genügt, um den Mechanismus in Tätig- 
keit zu setzen. Der Strom geht von der Batterie zu einem Quecksilber- 
gefäß durch den Magneten, dann durch den Kontakt am Wagebalken 
zu der Verbindungsstelle an der Kasette und von da zur Batterie 
zurück. Ein mit einem Schwefelsäureabsorptionsgefäß verbundenes 
CaCl,-Rohr wird auf die eine Wagschale gestellt. Die vorher in R 
getrocknete Luft, welche lie Transpirationsfeuchtigkeit aus der Versuchs- 
glocke g mit der Pflanze fortführt, wird durch die Absorptionsgefäße 
mit Hilfe eines Aspirators durchgeführt. Zwei Kautschukschläuche 
verbinden den Absorber mit der Glocke und den Aspirator vermittels 
durchgesteckter Glasröhren. Die Kautschukschläuche befinden sich 
im Innern der Kasette und können von außen nicht angegriffen werden, 
bewegen sich mit der Wagschale und den Absorptionsgefäßen. Beim 
Beginn des Versuches werden beim Tarieren der Wage diese Kautschuk- 
schläuche zum Teil mitgewogen und bilden einen Teil vom Gewichte 
des Absorptionsgefäßes, was aber im Vergleich, da ihr Gewicht konstant 
bleibt, keine Fehlerquelle bedeutet. 

Der Registrierapparat (Fig. 166) von J. Vesque!) beruht auf folgen- 
dem Prinzip: Auf der einen Schale einer sehr empfindlichen Wage steht ein 
kleines Glas b mit Wasser, das von einer Ölschicht bedeckt ist. Eine in 
einem festen Zylinder befestigte Pflanze nimmt daraus ihr Wasser mittels 
einer zweimal gebogenen Kapillarröhre. Dadurch wird das Gewicht der 
Schale geringer und die Wagschale c sinkt. Ein kleiner Platinkontakt, 
der unterhalb dieser Wagschale befestigt ist, berührt das in einem kleinen 
Eisennapf befindliche Quecksilber und schließt einen elektrischen Strom, 
der durch den Elektromagneten x streicht. Der Kern f wird angezogen 
und gibt die Schwingung der Achse von Hahn s frei, welche durch ein 
Uhrwerk bewirkt wird. Dieser Hahn ist ungebohrt und trägt an zwei 
entgegengesetzten Enden zwei gleiche konische Ausnehmungen. Das 
kleine Gefäß 1 ist mit Quecksilber gefüllt und ergießt nach jeder halben 
Umdrehung des Hahnes stets eine genau gleiche, kleine Quantität, 


1) J. Vesque,l.c. 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 445 


0,09 g Quecksilber in das Glas a. Gleichzeitig mit Beendigung dieser 
etwa halben Umdrehung senkt sich der Stift p und sticht eine Punkt- 
marke auf die rotierende Trommel V. Die Wage ist auf einem Holzblock 
befestigt, eine ihrer Schalen trägt zwei kleine Gläser, von denen das 
eine, a, die Quecksilbertröpfchen enthält, die herausfallen sollen, das 
andere, b, das Wasser, welches zur Aufnahme durch die Pflanze be- 
stimmt ist. Das Wasser ist von einer Ölschicht bedeckt, um die physi- 
kalische Wasserverdunstung auszuschließen. Die Wagschale c trägt 
mitten an ihrer Unterseite die kleine Platinöse, die in den Quecksilber- 
napf eintaucht, wenn der Wagebalken eine bestimmte Neigung erreicht 
hat. Eines der Elektroelemente ist am Kontakt d befestigt, der an der 
Unterseite des Blockes mit der Wagesäule C kommuniziert; von hier 
geht der Strom durch die Aufhängeschneide in die Schale c. Wenn die 
Platinöse eintaucht, gelangt er durch e in den Elektromagneten x und 


Fig. 166. Registrierapparat von Vesque 


kehrt ins Element zurück. Die Achse des Hahnes s ist mit Hilfe eines 
Stiftes r (in Fig. B) an der Welle /g befestigt, von drei Stützen unterhalten 
und trägt ein gezahntes Rad u, das durch die Bewegung des Uhrwerkes ge- 
dreht wird, und ein Rad j, das an zwei entgegengesetzten Punkten ein- 
gekerbt ist. Die Uhrfeder q sucht die Welle beständig in den Hahn ein- 
zuführen. Der vertikale Schenkel des gebogenen Hebels hj, der um die 
Achse w sich dreht, ist durch eine kleine Rolle begrenzt, die an der 
Peripherie des Rades j läuft, bis einer der Einschnitte sich darbietet; 
dann senkt sich infolge des Zuges, den die Feder ih am anderen Ende 
ausübt, der Hebel; eine kleine vertikale Stange, die am Knie des Hebels 
angebracht ist, senkt sich gleichzeitig und läßt den kleinen Sperrhaken 
fallen, der das Uhrwerk zum Stehen bringt. Wenn der elektrische Strom 
den Elektromagneten durchläuft, wird das Stück /, das um Punkt g 
beweglich ist, angezogen und zieht mittels des Seidenfadens fh den 


446 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


Horizontalarm des Hebels mit; der Haken k wird emporgehoben, die Be- 
wegung setzt ein und bewirkt eine halbe Umdrehung der Stange Is, 
bis sich dem Hebel von neuem eine Einkerbung des Rades j darbietet. 
Ein Quecksilbertröpfchen von 0,09 g wird dann in das Glas a geschüttet, 
die Schale c der Wage steigt in die Höhe und der Strom ist unterbrochen. 
Der Hahn muß besonders sorgfältig gearbeitet sein, wobei großes Gewicht 
auf die absolute Gleichmäßigkeit der beiden Ausnehmungen und auf die 
leichte gegenseitige Verdrängung von Luft und Quecksilber zu legen 
ist. Der Schenkel ! der Hahnstange trägt einen Hebearm, der bei jeder 
halben Umdrehung auf den um m beweglichen Hebel mn aufdrückt. 
Der Hebel seinerseits bewirkt eine Senkung der Spitze p, die ein kleines 
Loch in die Scheibe V einsticht und dann wieder durch die Wirkung 
einer Feder an ihren Platz zurückkehrt. 

Es seien hier die ausführlichen Beschreibungen von Vesque 
als Beispiel einer Versuchsanstellung gegeben, wenn man nicht mit dem 
selbstregistrierenden Apparat arbeitet: 

1. DieGrößederAbsorptionwirddureh Wägung 
bestimmt. Auf die eine Wagschale einer etwa auf 5 mg genauen 
Wage ohne Gehäuse wird ein etwa 6 cm hohes, mit Wasser gefülltes 
Gläschen gestellt. Die Pflanze, welche ihre Wurzeln in Wasserkultur 
entwickelt hat, ist an ein Thermometer angebunden, das ihr als Stütze 
dient und dessen Kugel beiläufig in der Mitte des Wurzelsystems steckt; 
die kleinen Würzelchen sind durch einen locker gebundenen Faden 
zu einem Zopf vereinigt. Eine Klemme hält Thermometer und Pflanze 
in aufrechter oder leicht geneigter Stellung, so daß die Wurzeln ganz 
im Wasser schwimmen, ohne am Boden oder an den Wänden des Ge- 
fäßes anzustoßen. Auf die Wasserfläche wird, um die Verdunstung zu 
hindern, eine dünne Ölschicht gegossen, die auch zarten, krautigen 
Stengeln kaum schadet; die Wurzeln bleiben so drei Wochen lang völlig 
gesund und erst nach dieser Zeit beginnen sie sich schwarz zu färben, 
die oberirdischen Organe waren aber noch vierzehn Tage nachher ganz 
intakt. Nachdem die Wage tariert ist, wird neben das Gefäß auf die 
Wagschale ein 20—30 mg schweres Gewicht aufgelegt. Die Pflanze 
nimmt Wasser auf, das Gleichgewicht wird wieder hergestellt und die 
Zeit notiert, die von Beginn des Versuches bis zu diesem Moment ver- 
läuft. Die Schwingungen der Wagezunge werden, um sie nicht zu be- 
einflussen, mit einer Lupe aus einiger Entfernung beobachtet. Diese 
Methode gibt bei gewöhnlichen Temperaturverhältnissen und genügend 
langen Beobachtungszeiten ausgezeichnete Resultate; aber die Einzel- 
versuche dauern sehr lange; um die Temperatur des Wassers zu ändern, 
muß man die Luft des Arbeitsraumes anders temperieren, wobei sich 
aber wieder die Transpirationsverhältnisse ungleichmäßig ändern. Eine 
einfache Heizvorrichtung, welche am wenigsten Übelstände zeigt, be- 
steht darin, daß neben die Wage ein zylindrisches Glas- oder Metall- 
gefäß gestellt wird, welches ins Wasser taucht, ohne die Wand des 
Wassergefäßes zu berühren. In diesen Zylinder läßt man einen Strom 
warmen Wassers laufen, den man durch einen Hahn reguliert, wo- 
durch man beliebige Temperaturänderungen herbeiführen kann. Frei- 
lich sind so Täuschungen infolge der Ausdehnung des Gefäßes und 
infolge der kleinen am Glas oder Metall haftenden Luftblasen nicht aus- 
geschlossen; so senkte sich die Wagschale, sobald das heiße Wasser 
in dem Glasgefäß zu rinnen begann, sofort und bei einer Temperatur 


XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 447 


von 30—40 ® C war eine Zugabe von 0,15 g zur Wiederherstellung des 
Gleichgewichtes notwendig: Der Versuch darf also erst begonnen werden, 
wenn ein Temperaturgleichgewicht hergestellt ist. 

2. DieAbsorption wirdgemessen. Das Wurzelsystem 
der Pflanze wird hermetisch in einem kleinen Glaszylinder befestigt 
(Fig. 167). T ist das erweiterte Ende eines Trichterrohres, welches zur 
Aufnahme der Pflanzenwurzeln dient. Der Stöpsel trägt außer der Pflanze 
ein in Zehntelgrade eingeteiltes Thermometer /, welches zur Anzeige der 
Temperatur des die Wurzeln umgebenden Wassers dient. Um die Wasser- 
menge zu vermindern und die immer wenig Sicherheit gewährenden 
Stöpsel zu vermeiden, kann man folgende Versuchsanstellung verwenden: 
Die Röhre b (durch einen Glashahn verschließbar) dient zum Einfüllen 
von Wasser aus der Flasche k in den Zy- 
linder T. Die Röhre c, deren innerer 
Durchmesser sehr klein ist, ist geeicht und 
soll die Schnelligkeit der Absorption messen. 
Der ganze Apparat befindet sich in einer 
umgekehrten Glocke A von einem Fassungs- 
raum von 2—3 Litern, die mit Wasser ge- 
füllt ist; der Hahn a, der den Tubus der 
Glocke schließt, ermöglicht den Ersatz von 
kaltem durch wärmeres Wasser. Um die 
Temperatur während der Versuchszeit kon- 
stant zu erhalten, dient folgendes Ver- 
fahren: Der Zylinder T ist als Kugel eines 
Thermometers zu betrachten, dessen Säule 
die Röhre c ist. Dieses wassererfüllte Ther- 
mometer ist in Zehntelgrade einge- 
teilt. Die Graduierung geschieht 
durch das im Stöpsel steckende Ther- 
mometer {. Es genügt, die Tempe- 
ratur des Wassers unter Ablesung 
des Thermometers { zu erhöhen und 
gleichzeitig den Meniskus des Was- 
sers in der Röhre c zu markieren. 
Dabei muß natürlich angenommen Fig. 167. Apparat zur Messung der Absorption 
werden, daß der Ausdehnungskoeffi- nach-Yesdur: 
zient von Pflanzenwurzeln und Wasser derselbe ist, was aber wohl kaum 
jemals der Fall ist; man kann das Thermometer auch kalibrieren, wenn die 
Pflanze schon in Teingeschlossen ist, aber dann muß der Temperaturwechsel 
sehr rasch vorgenommen werden, damit die Pflanze währenddes keine 
erhebliche Quantität Wasser aufnimmt, was zu erreichen immer schwierig 
ist, so daß der ersten Methode der Vorzug gebührt. Wenn der Apparat 
also kalibriert ist, wird 0,1° als Volumeinheit genommen und die 
Ausdehnungsgröße des Wassers in der Röhre c gemessen. Angenommen, 
die Anfangstemperatur sei 15 °C. Ich will nun die Absorption während 
einer Temperaturerhöhung von 15° auf 20° C beobachten; während 
des Versuches macht z. B. der Meniskus den Weg von 30 Einheiten 
der Teilung. Die Ausdehnung an und für sich läßt ihn 5 x 10 = 50 
Teilungseinheiten fortschreiten, die Absorption betrug also 50 — 30 
— 20 Einheiten. Diese Methode hat manche Nachteile, die Kalibrierung 
der Röhre, welche eine Fehlerquelle ist, die Ungleichheit der Ausdehnung 


448 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 


von Wurzeln und Wasser, die fortwährende Änderung der Ausdehnung 
durch den Druck des eingeschlossenen Gases. Ein kleiner Kunstgriff 
gestattet vielleicht die peinliche Konstanterhaltung der Temperatur zu 
vermeiden. Angenommen, wir sollen die Absorption bei zirka 25° messen, 
während die Temperatur des Laboratoriums 15 ° beträgt. Man erwärmt 
das Wasser der Glocke A, indem man nach und nach warmes Wasser 
zufließen läßt. Wenn das Thermometer ?{ 25 ° anzeigt, hört man auf, 
liest die Stellung des Meniskus in ce ab und notiert die Zeit. Die Tem- 
peratur des Zylinders T erhöht sich noch ein wenig und das Thermo- 
meter zeigt z. B. nach einer bestimmten Zeit die Maximaltemperatur 
27°C. Bis hierher kann die Bewegung des Meniskus keine präzise Ab- 
lesung ermöglichen, weil sie gleichzeitig von der Ausdehnung des Wassers 
und der Absorption bestimmt wird. Aber von diesem Zeitpunkte an 
sinkt die Temperatur und erreicht nach einiger Zeit 25° ©. Jetzt liest 
man den Stand des Meniskus ab, be- 
zeichnet die Zeit und hat so den 
Einfluß der Ausdehnung ausgeschal- 
tet. Man erhält so die Absorption 
bei einer Temperatur zwischen 25 ° 
bis 27°C. Man muß sehr langsam 
arbeiten, um den Gasen der Pflanze 
zu ermöglichen, sich in den Luft- 
wegen der Pflanze frei zu bewegen, 
ohne in den Wurzeln lokale Drucke 
auszuüben, welche die Absorption 
beeinflussen müßten. 

Schließlich möge noch die Be- 
schreibung des selbstregistrierenden 
Apparates vonCopeland!) Platz 
finden, und zwar vor allem deshalb, 
weil im Gegensatz zu den vorstehen- 
den selbstregistrierenden Instrumen- 
ten die Kosten dieses Apparates bei 
. En gleicher Leistungsfähigkeit bedeutend 
Fig. 108. Belbeirseninieronder Apparat von  eringer sind als die jener; denpansr 

Apparat (Fig. 168) stellt sich auf be- 
läufig 150 Mark. Das aus Eisenröhren $1 hergestellte Gestell ist 25 Zoll (eng- 
lisch) hoch und 15 breit. Jeder Arm endigt an seinem oberen Teile mit einem 
stabförmigen Stück Spiegelglas, das mit seiner Oberseite genau horizontal 
liegen muß. Zwei Aluminiumräder von 6 und 12 Zoll Durchmesser, so 
ausgeschnitten, daß sie möglichst leicht und vollkommen zentriert sind, 
R und r, besitzen eine gemeinsame Achse, deren Enden schmale Zylinder 
vorstellen, welche auf den genannten Glasplatten rollen. Über das kleinere 
Rad läuft eine Seide nschnur, die einerseits die Versuchspflanze g, ander- 
seits ein im untergetauchten Zustande im Gleichgewicht schwimmendes 
Aräometer sb trägt. Dieses besteht aus einem halb mit Quecksilber ge- 
füllten Fläschchen mit einem gut schließenden Stöpsel, in den eine 
Glasröhre eingekittet ist. Die Seidenschnur ist mit gekochtem Wachs 
geglättet, so daß die Reibung möglichst verringert ist. Wenn die Pflanze 
beim Transpirieren Wasser abgibt, sinkt das Aräometer, indem es genau 


ı!) Copeland, Botan. Gaz. 26, 343 (1898). 


XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 449 


diejenige Wassermenge verdrängt, welche durch Transpiration am 
anderen Ende verlorengegangen war. Natürlich muß lie Schnur, welche 
durch die Glasröhre des Aräometers läuft und dort befestigt ist, gegen 
hygroskopische Änderung ihrer Länge und sorgfältig gegen Berührung 
mit Wasser geschützt sein. Wenn beispielsweise der Querschnitt des 
Zylinders 1 qcm beträgt und das Aräometer 1 cm sinkt, so hat die Pflanze 
lccm = 1g Wasser verloren. Das größere Rad dreht sich und eine dar- 
überlaufende gespannte Schnur, die mit einer Schreibfeder / in Verbindung 
steht, gestattet die Aufzeichnung der Drehung auf einem rotierenden be- 
rußten Zylinder Tr in der Art, wie das bei einem Auxanometer geschieht. 
Wenn der Apparat ordnungsgemäß behandelt wird, zeigt er nur einen 
Mangel, nämlich die Trägheit der Radlast. Die Achse dreht sich leichter, 
als dies auf Kugellagern möglich wäre. 

Reibung ist praktisch keine vorhanden, das einzige, was der voll- 
kommenen Leichtigkeit der Bewegung Eintrag tut, ist die Oberflächen- 
spannung des Wassers; aber selbst ihr theoretisches Maximum ergäbe 
noch keinen sehr beträchtlichen Fehler und jedenfalls äudert sie sich 
kaum, wenn die Röhre sinkt, sobald diese nur gleichmäßig und rein ist; 
natürlich muß Zug und unregelmäßige Bewegung vermieden werden. 
Es können sowohl Topfpflanzen als auch Wasserkulturen verwendet 
werden; von der Enge der Glasröhren hängt die Empfindlichkeit des 
Apparates ab, eine dünne Röhre ist geeignet, wenn die Beobachtungs- 
intervalle sehr kurz sind, sonst sinkt das Aräometer so rasch, daß es 
sehr bald den Boden erreicht. Wenn der Durchmesser zirka °/, ccm 
beträgt, sinkt es 8 cm tief bei einem Wasserverlust von 5 g seitens der 
Pflanze. Wenn das Aräometer gesunken ist, steigt das Wasser ein wenig, 
aber das ist keine Fehlerquelle, weil das Wasser in demselben Gefäß 
war, als die Bewegungseinheiten beim Messen der Abstände auf dem 
berußten Zylinder bestimmt wurden. Bei den Messungen wird eine 
Genauigkeit von 0,1 mm erreicht. Es ist nicht zweckmäßig, das Rad 
höher zu belasten als mit 3,5 kg. 


XXIN. Beobachtung des Transpirationsstromes. 


Um in kleineren Pflanzen den Wasserstrom festzustellen, können 
wir erstens die Arbeit der Wurzeln in Betracht ziehen, also das, was man 
Wurzeldruck nennt, oder die Saugung durch den Sproß. Wenn wir 
auf dem Wurzelstumpf einer Pflanze, z. B. einer Fuchsie, einen Druck- 
messungsapparat befestigen, so wird das Wasser, welches aus dem 
Stumpf herausgepreßt wird, imstande sein, das Quecksilber des einen 
Manometerschenkels in die Höhe zu drücken; wenn man gleichzeitig 
an dem Sproß derselben Versuchspflanze ein Potometer anbringt, so 
kann man auch die Saugung durch den Sproß feststellen. Durch die 
gewaltsame Trennung von Sproß und Wurzel vollziehen sich aber Vor- 
gänge, die ein Urteil von den Erscheinungen bei den getrennten Pflanzen- 
teilen nicht mehr auf die bei der intakten sich vollziehenden Vorgänge 
übertragen lassen; es empfiehlt sich daher für solche Versuche einen 
von O. V. Darbishire!) beschriebenen und Pinometer ge- 
nannten Apparat zu benutzen, welcher mit Pflanzen zu arbeiten ge- 
stattet, bei denen diese Lostrennung von Sproß und Wurzel nicht voll- 


1)0. V. Darbishire, Botan. Gaz. 39, 356 (1905). 
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 29 


450 XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 


kommen erfolgt ist, sondern wo die beiden durch ein Verbindungsstück 
des Apparates in Konnex stehen, so daß, obwohl die Pflanze entzwei- 


geschnitten ist, doch die 
Sproßsaugung mit dem 
Wurzeldruck und um- 
gekehrt verbunden ist. 
Das Pinometer (Fig. 169) 
besteht auseinergeraden 
Glasröhre bD—d, an wel- 
che ein anderes kurzes 
Glasrohr c—/ schräg an- 
geschmolzen ist. An der 
entgegengesetzten Seite, 
aber etwas höher, ist 
ein U-Rohr mit schie- 
fem Verbindungsstück 
angeschmolzen (a—e). 
Der Apparat; besitzt also 
hier vier Öffnungen, 
nämlich a, b, c, d. Die 
ZUHIIDI lichte Weite der für das 


Fig. 169. Darbishires Pinometer. Pinometer verwendeten 


Glasröhren hängt aus- 


schließlich von der Sproßdicke der Versuchspflanze ab und wird un- 
gefähr der Stammdicke entsprechend gewählt. Die Glasröhren müssen 
vor dem Versuch sorgfältig gereinigt sein, weil namentlich kleine Erd- 


Fig. 170. Darbishires Anordnung 
mit zwei Pinometern. 


teilchen das Eindringen winziger Luftbläs- 
chen in das Röhrensystem ermöglichen. 
Auch die Kautschukschläuche sollen mög- 
lichst von Luft befreit und alle Mani- 
pulationen überhaupt so schnell als mög- 
lich ausgeführt werden. Wenn alle Teile 
des Apparates zusammengesetzt sind, wird 
die Pflanze mit ihrem Topf so in eine Unter- 
tasse mit Wasser gestellt, daß sie einige Zoll 
oberhalb des Punktes eintaucht, wo sie 
durchschnitten werden soll; die Blätter 
dürfen nicht mehr benetzt sein, als dies ab- 
solut notwendig ist. Der Pflanzenstengel 
wird nun so unter Wasser durchschnitten, 
daß oberhalb und unterhalb der Schnitt- 
stelle beiläufig ein Zoll des Stammes ohne 
Knospe oder Seitenzweig sich befindet. 
Wenn der Stamm schon einen vollkomme- 
nen Holzkörper besitzt, kann die Rinde 
einen halben Zoll oberhalb des Schnittes am 
Sproß und unterhalb an der Wurzel mit 
einem scharfen Messer entfernt werden. Das 
untere Ende des Sprosses wird nun, ohne 


aus dem Wasser gehoben zu werden, mit einem Kautschukschlauch 
an der Öffnung a befestigt und der Teil a«—e des Pinometers bleibt 
mit Wasser gefüllt, selbst wenn es aus dem Wasser entfernt wird, und 


“ 


XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 451 


kann zeitweise durch die Klemme i in einem Stativ gehalten werden. 
Die Pflanze wird am besten durch einen Druckschlauch und eine 
Schraubenklemme, nicht aber durch Umschnürung festgehalten. Dann 
wird ein Stück Kautschukschlauch über das obere Ende des Wurzel- 
stumpfes geschoben, auch dieses mit Wasser gefüllt und nunmehr der 
ganze Blumentopf weggehoben. Das Ende b des Pinometers wird nun 
schnell mit diesem Schlauchende über dem Wurzelstumpf verbunden, 
an c wird ein Manometer k befestigt und Wasser vom Reservoir rin Fig. 170 
nach d fließen gelassen, bis das ganze Röhrensystem mit Wasser gefüllt 
ist, Dann wird Quecksilber in den Außenschenkel des Manometers ge- 
schüttet und dadurch bewirkt, daß Wasser bei d zum Ausfließen kommt, 
wo ein Druckschlauch fest angebracht worden war. Wenn im Mano- 
meter genug Quecksilber vorhanden ist, so daß die Säulen entsprechenden 
Spielraum zum Steigen und Fallen haben, wird die Öffnung bei d durch 
einen Quetschhahn geschlossen, wodurch der Versuch eingeleitet ist; 
ein Millimetermaßstab k wird am Manometer befestigt. 

Wenn Luft austritt, sammelt sie sich unter d, wenn sie aus irgend- 
einem Teil der Pflanze, den unteren Teil des Sprosses ausgenommen, 
kommt; sie kann durch Öffnen des Quetschhahnes und Einlaufen von 
Wasser aus dem Reservoir entfernt werden. Sollte sie sich aber unter a 
sammeln, so muß der Sproß aus dem Kautschuk herausgenommen 
und ins Glas getaucht werden, worauf man bei d vorsichtig Wasser ins 
Pinometer einfließen läßt; dieses fließt dann langsam bei a aus, worauf, 
nachdem das Wasser jede Spur Luft entfernt hat, der Sproß wieder be- 
festigt wird. Das Öffnen des Quetschhahnes und die Verdrängung 
der Luft bewirkt wieder einen Rückgang des Quecksilbers zur Aus- 
gangsstellung. Das kann aber vermieden werden, wenn man zwischen 
das schiefe Stück —c und das Manometer einen Stöpsel einschaltet. 
Das ist übrigens nicht absolut nötig, weil der Apparat ohnehin 
kaum für quantitative Zwecke zu benutzen ist. Die Resultate, die 
mit dem Pinometer zu erlangen sind, hängen sehr von der Stelle ab, 
an welcher man die Pflanze befestigt; es sollen daher einige Experimente 
von Darbishire in dessen Beschreibung wiedergegeben werden: 
Ein Pinometer wurde am Hauptsproß durch Abschneiden des Stammes 
ein wenig oberhalb des untersten Seitensprosses befestigt. Kurze Zeit 
darauf stieg das Quecksilber in dem der Versuchspflanze zugekehrten 
Manometerschenkel, da diese aus dem Pinometer Wasser ansaugte. So- 
bald das Quecksilber steigt, wird der Zug am unteren Ende des Sprosses 
und oberen Ende des Wurzelstumpfes der Pflanze stärker, Hand in 
Hand damit die Blätter des Sprosses oberhalb welker, während die Blätter 
des untersten Seitensprosses ganz frisch bleiben. Hier zeigt sich also, 
durch das Pinometer angegeben, Saugung durch den Sproß, die auch 
automatisch registriert werden kann, wenn ein Schwimmer auf der 
Quecksilberoberfläche des offenen Manometerschenkels angebracht wird. 
Derselbe ist an einem feinen Faden befestigt, der über eine Rolle 
läuft und an dem freien Ende eines Hebels angreift, dessen anderes 
Ende eine Schreibfeder versorgt, die auf einer rotierenden Trommel 
schreibt. In einem anderen Versuch wurde das Pinometer an eine Fuchsie 
befestigt, und zwar zirka einen Zoll über der Erde und knapp unterhalb 
des untersten Seitenzweiges. Hier zeigte sich der Wurzeldruck sehr bald, 
und das Quecksilber wurde aus dem inneren Schenkel herausgedrückt 
und stieg schnell im anderen Manometerschenkel. Die Blätter des Sprosses 

23 


452 XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 


blieben so lange frisch, als der Druck andauerte, nämlich 16 Tage, an 
diesem Tage war der Höhenunterschied der beiden Manometerschenkel 
20 mm. In einem dritten Versuch wurden zwei Pinometer (Fig. 170) ver- 
wendet. Eins war an einer Fuchsienpflanze gerade oberhalb der Erde be- 
festigt, ein anderes gerade oberhalb desuntersten Seitenzweiges. Die Pflanze 
war somit in drei Teile geschnitten, deren unterster, der Stumpf, jedes 
Seitenzweiges beraubt war. Das an dem unteren Pinometer P, be- 
festigte Manometer zeigte sehr bald Wurzeldruck, das des oberen Pino- 
meters P, Saugung von seiten der beiden Sproßteile an. Wurzeldruck und 
Sproßsaugung machte sich also hier durch die Höhendifferenz bemerkbar. 
Der Unterschied im Aussehen der Blätter an den beiden Sproßteilen war 
sehr auffallend. Die Blätter des oberen Sproßteiles waren tot, hier war 
ein starker Zug am unteren Ende vorhanden. Die Blätter des mittleren 
Sprosses waren frisch, da hier am unteren Ende ein Druck vorlag, ob- 
zwar das untere Pinometer von dem oberen nur durch zwei Zoll etwa 
getrennt ist (zwischen a, und b,). Nach 14 Tagen zeigte eine neuerliche 
Ablesung eine Differenz von 18 mm in der Höhe der beiden Quecksilber- 
säulen im unteren Pinometer, was einen Druck von seiten der Wurzel 
anzeigte, und eine Differenz von 20 mm im oberen Pinometer, eine Saugung 
seitens des Sprosses anzeigend. Auch mit drei Pinometern wurde an einer 
Fuchsie ein Versuch aus- 
geführt. Nach einiger Zeit 
zeigte das untere Pino- 
meter Wurzeldruck mit 
einer Differenz von 3l mm 
der Quecksilbersäulen ‚das 
mittlere zeigte Saugung 
mit einer Höhendifferenz 
von 85mm und das obere 
Pinometer ebenfalls Sau- 
sung mit 63,5 mm Diffe- 
h. 3 renz. Die Zahlen waren 
Fig. 171. Potometer von Renner. am nächsten Tag in Milli- 
metern: 39 (Zunahme um 
8 mm) 127,2 (also 42,2) und 128 (d. i. 64,5). Die zwei unteren Pinometer 
befanden sich unterhalb der untersten Zweige. Das hier beschriebene 
Pinometer ist vor allem für Vorlesungs- und Demonstrationsversuche ge- 
eignet. Natürlich ist das Ansetzen des Pinometers an einen Fuchsien- 
sproß für diesen keinesfalls gleichgültig, so daß immer der Einwand ge- 
macht werden kann, die Vegetationsverhältnisse, unter denen der Ver- 
such durchgeführt wird, seien unnatürliche. Jedenfalls ist es mittels des 
Pinometers möglich, die Beziehungen zwischen Wurzeldruck und Sproß- 
saugung deutlich zu machen. 

Das von OÖ. Renner zur Messung der Wasseraufnahme benutzte 
Potometer besteht aus einem ziemlich engen T-Stück (Fig. 171), in das 
der Versuchssproß durch enge, kurze Schlauchstücke luftdicht befestigt 
ist; diese müssen unter Umständen noch durch Bestreichen mit Pumpen- 
fett besonders gedichtet werden. Hat man mehrere Schlauchsorten 
verschiedener Lumina, so lassen sich Kombinationen für die verschiedenste 
Dicke der Versuchsobjekte herstellen. Das Darüberschieben der Schlauch- 


1) O0. Renner, Flora 8 (n. F.), 173 (1911). 


XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 453 


stücke über den Stammteil geschieht unter Wasser, nachdem unter Wasser 
die Schnittfläche erneuert wurde. Auch durch Abschälen der Rinde 
läßt sich das Objekt in den Schlauch einpassen. Der Sproß wird nun 
unter Druckanwendung an seinem Kautschukbesatz in das enge T-Rohr 
eingeschraubt. An den horizontalen Arm des T-Stückes, dessen enges 
Lumen Temperaturschwankungen weniger empfindlich fühlbar macht, 
ist eine zirka 1 m lange Kapillarröhre P angesetzt, deren zirka 1 qmm 
starke lichte Weite möglichst konstant im ganzen Verlaufe eingehalten 
sein soll. Am anderen Ende derselben ist ein Kautschukschlauch mit 
Quetschhahn angebracht, der in das Sauggefäß g taucht. Am unteren 
Ende des T-Stückes befindet sich ein Dreiweghahn, der mittels eines 
längeren Kautschukschlauches die Verbindung mit einem wassergefüllten 
Trichter herstellt, der sich in gleicher Höhe mit dem Versuchssproß be- 
findet. Die seitliche Bohrung, welche den Hahn zum Dreiweghahn 
macht, und die gewöhnlich durch einen zugedrückten Schlauch ge- 
schlossen ist, gestattet Luft auszutreiben, wenn solche aus dem Trichter 
ins Potometer gelangt ist. Durch Ansaugen des T-Rohres wird die Kapil- 
lare vom Sauggefäße her mit destilliertem Wasser gefüllt, dann wird 
soviel Wasser wieder abgelassen, bis vom 
T-Stück her eine als Index dienende 
Luftblase in die Kapillare eintritt, wor- 
auf der Schlauch durch den Quetsch- 
hahn verschlossen wird. Jetzt läßt man 
vom Trichter aus mittels des Dreiweg- 
hahnes Wasser in die Kapillare ein- 
treten, wodurch die Luftblase zwischen 
zwei Wassersäulen eingeschlossen ist und 
nun durch ihre Bewegung als Index die- 
nen kann. Die Pflanze wird eingesetzt, 
der Schlauch zwischen Kapillare und 
Sauggefäß geöffnet und durch Manipu- 
lation mit dem Trichter die Luftblase 
en ne bestimmte, beliebige Stelle zu- Fig. 11. Polometer mit bewurzelter Keim- 
rückgeschoben. Gibt die Pflanze Wasser pflanze. 

ab, so wird die Luftblase vom T-Stück 

weggeschoben und läßt sich durch Senken des geöffneten Trichters 
unter das Niveau des Sauggefäßes oder durch Ansaugen des sonst 
abgeklemmten Schlauchstückes am Dreiweghahn wieder einstellen. 
Werden bei kräftiger Saugung längere Zeit keine Ablesungen ge- 
macht, so wird der Schlauch der Kapillare abgeklemmt, der 
Trichter geöffnet und so der Index eingestellt. Zwischen Kapillare 
und deren Saugschlauch kann auch mittels eines Dreiweghahnes an 
einem abwärts gerichteten Arm r als Widerstand eine weite, Queck- 
silber gefüllte Röhre oder ein blattloses, in Wasser tauchendes Zweig- 
stück in die Saugbahn eingeschaltet werden, so daß nicht aus dem 
normalen Sauggefäß, sondern aus der unter Quecksilber oder Zweig- 
widerstand stehenden Röhre das Wasser genommen wird. Zur gleich- 
zeitigen Messung von Wasseraufnahme und Transpiration wird ein 
wägbares, aus T-Stück und langer Kapillare bestehendes Potometer 
ohne Sauggefäß verwendet und die Regulation der Indexluftblase durch 
einen in dem unteren Teil des T-Stückes verschiebbaren Glasstab be- 
sorgt. Die Weite des Kapillarlumens muß genau bekannt sein und 


454 XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 


die Bestimmung geschieht durch Wägung einer Quecksilbermenge, 
deren Länge am Maßstab der Kapillare vorher gemessen wurde. 

Wurde statt eines Zweiges eine bewurzelte Keimpflanze (Phaseolus 
multiflorus) verwendet (Fig. 172), so wurden die Pflanzen in großen Gefäßen 
mit Nährlösung zur Entwicklung gebracht, aber jedes einzelne Wurzel- 
system entwickelte sich in einer 15—30 cm langen, 2 cm weiten zylin- 
drischen, in dem gemeinsamen Gefäß durch einen durchbohrten Pappen- 
deckel festgehaltenen Röhre, die dann folgendermaßen als Potometer 
benutzt wurde. Die Pflanzen wurden am Epikotyl in einen einfach durch- 
bohrten, einseitig aufgeschnittenen Gummistöpsel gefaßt und dieser 
unter Druck in die Röhre gesteckt, die Bohrung eventuell noch weiter 
gedichtet. Die Röhre Z wurde dann 
umgekehrt mit Wasser oder Nähr- 
lösung gefüllt und dann ein zweiter 
Gummistöpsel mit Kapillare r und 
Maßabteilung eingesetzt. Das über- 
schüssige Wasser wird dabei aus der 
Röhre in die Kapillare gedrückt, 
welche dadurch gefüllt wird. Will 
man die als Index dienende Luft- 
säule, die sich durch Saugung ver- 
schiebt, wieder zurücksetzen, so steckt 
man die Kapillare entsprechend 
tiefer ein. 

Noch einfacher ist das von F. 
Darwin!) verwendete Potometer 
(Fig. 173): Es besteht aus einem T- 
Rohr, dessen Schenkel a so gebogen 
ist, daß er zu den beiden anderen 
Schenkeln parallel steht, und in dem 
ein abgeschnittener Pflanzensproß 
mittels eines Kautschukschlauches be- 
festigt ist. Die beiden anderen Röh- 
renschenkel sind durch Kautschuk- 
stöpsel geschlossen, von denen einer 
von der Thermometerröhre b durch- 
gezogen ist. Das T-Rohr und die 
Thermometerröhre werden mit Wasser 
gefüllt und der Apparat im Stativ 
so befestigt, daß das Ende von b 
' in das kleine Gefäß c mit Wasser 

Fig. 173. Darwins Potometer. taucht, aus dem also alles vom 

Stamm gebrauchte Wasser kommen 
muß. Um eine Ablesung zu machen, braucht man nur die Holzunter- 
lage d wegzuschieben und c zu entfernen: am Ende von b wird 
jetzt statt Wasser Luft eingesaugt, und wenn eine Luftsäule von 
einigen Millimetern in das Rohr b gelangt ist, wird c wieder an 
seinen Platz zurückgestellt. So ist nun eine Luftblase in c ein- 
geschlossen, welche das Rohr aufwärts steigt und die Schnelligkeit der 
Wasserbewegung in b anzeigt, indem die zum Durchlaufen einer be- 


1) F. Darwin und R. W. Phillips, Proceed. of the Cambridge 
Philosoph. Soz. 5, 331 (1885). 


un u 


XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 455 


stimmten Strecke nötige Zeit abgestoppt wird. Indem man die rezi- 
proken Werte dieser Ablesungen nimmt, erhält man eine Reihe von 
Zahlen, die den vom Zweig in einer bestimmten Zeit absorbierten Wasser- 
mengen entsprechen. Wenn die Ablesung z. B. 10’’ ist, deren reziproker 
Wert 0,1 ist, so ist die Absorption —= 100, bei 5’’ = 200, 20’’=50 usw. 
Die wirklichen, diesen Zahlen entsprechenden Wassermengen variieren 
entsprechend dem Lumen der Röhre. Die Zahl 100 2.B.in Darwins 
Versuchen bedeutet eine Quantität Wasser zwischen 4 und 8g pro Stunde. 
Bei jeder Ablesung tritt eine kleine Luftblase ins Potometer ein, und diese 
Luftblasen vereinigen sich unterhalb des oberen Stöpsels im T-Rohr 
und können durch fallweises Entfernen des oberen Stöpsels und Auf- 
füplen mit Wasser entfernt werden. In seltenen Fällen gelangen auch 
Luftblasen unter den Zweig im Schenkel a, was freilich eine bedenk- 
liche Fehlerquelle ist. Der Aufstieg der Luftblase in das Ende von b 
begegnet einigem Widerstande, infolgedessen tritt sie nicht ruhig, 
sondern mit einem Ruck ein und nicht erst, nachdem sie eine kleine 
Strecke in der Röhre zurückgelegt hat. Daher darf man die untere Meß- 
marke für die Wegstrecke der Luftblase nicht unmittelbar am Ende 
von b, sondern etwas weiter oben anbringen. Die ganze Strecke von b bis 
zum oberen Stöpsel ist zirka 10 cm lang, und das obere Ende ist gleich- 
zeitig die obere Marke der Meßstrecke. Die als Index verwendeten Luft- 
blasen sollen gleichgroß sein, abwechselnde Größen der Indices machen 
die Ablesungen ungenau, da längere Luftblasen schneller wandern. Der 
Verschluß des Apparates muß überall ein äußerst sorgfältiger sein. Der 
Apparat ist höchst einfach, schnell zusammengesetzt und abgenommen, 
jede Ablesung braucht nicht länger als einige Sekunden, so daß man in 
kurzer Zeit eine Reihe von Beobachtungen machen kann; die Pflanze 
wird schließlich nicht unnötig geschüttelt oder sonst unsanft behandelt. 
Beim Sinken des Wasserniveaus in c beim Aufnehmen von Wasser durch 
die Pflanze bleiben die Bedingungen wohl nicht ganz gleich, aber das 
spielt kaum eine Rolle, ebensowenig die kleinen Temperaturänderungen 
des Wassers. Die Prüfung des Apparates durch Ersatz der Pflanze 
mittels eines Saughebers, und durch Vergleichung der Ablesungen mit den 
gewogenen Wassermengen, die aus dem Heber geflossen waren, im Vergleich 
mit den von der Pflanze abgegebenen und schließlich mit den Ablesungen 
an einem Psychrometer ergaben seine gute Brauchbarkeit. ‘Wenn ein ab- 
geschnittener Zweig am Potometer befestigt wird, sind die Ablesungszahlen 
zunächst sehr hoch, sinken dann rapid und werden erst nach zirka einer 
Stunde annähernd konstant; diese Erscheinung muß sehr beachtet werden, 
weil arge Fehler resultieren können, wenn die Beobachtung früher ein- 
setzt, wie folgende Zahlen der englischen Forscher beweisen: Prunus 
lusitanica, unter Wasser abgeschnitten und sofort am Potometer befestigt, 
zeigte bei aufeinanderfolgenden Ablesungen folgende Werte: 


SES3TR ID. TS ee ee 263 
Se 5 ee 208 
SE DD. a AT en 167 
BeDAnın. AM er 159 
A Eee 118 
Be SR N LITE 87 
DISS rar ee 76 
DAMALS u a a Sa 80 


Die Zahlen werden also erst ungefähr 1V, Stunden, nachdem der 
Zweig ans Potometer angesetzt worden ist, annähernd konstant. 


456 NXIV. Das Bluten. 


XXIV. Das Bluten. 


Die Ausscheidung von tropfbar flüssigem Wasser kann entweder 
schon an der unversehrten Pflanze oder erst an der verletzten be- 
obachtet werden; letztere wird als Bluten oder Tränen bezeichnet. 
Bringt man am Wurzelstumpf (Fig. 174 Pf) ein gebogenes Glasrohr durch 
die Kautschukligatur K an, so kann man aus der Höhe der Wassersäule, 
die in dem Glasrohr emporgetrieben wird, die Menge, durch die Höhe der 
Quecksilbersäule, die durch das Blutungswasser emporgedrückt wird, die 
Kraft des Ausfließens bemessen. Dem Stengelstumpf d oder der Schnitt- 
fläche eines beblätterten Stengels einer in Erde oder Wasser gezogenen 
Pflanze (W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie I, S. 238) wird mittels 
Kautschuks, der gut mit Draht oder Bindfaden umwickelt sein muß, 
das Glasrohr f angepaßt, in welches mit Hilfe eines Kautschukstöpsels 
das in eine Kapillare ausgezogene Glasrohr @ eingesetzt ist und die 
Kapillarspitze so abgeschmolzen, daß keine Luft im Apparate bleibt. 
Durch Herunterschieben von G kann man das Quecksilber 
im Manometer steigen lassen und so die Erreichung der 
endlichen Druckhöhe beschleunigen. Statt G kann man 
auch vorteilhaft einen Glashahn verwenden. Statt des 
Manometers kann man auch das 
abwärts gebogene (Fig. 175) Rohr r 
anbringen, das die Blutungsflüssigkeit 
in den Meßzylinder z führt, der durch 
den perforierten Kork «a (nicht luft- 
dicht) verschlossen wird. Mit Hilfe 
eines Gummistopfens kann man ein 
Manometer oder ein Ausflußrohr an 
das an einem Stamm angebrachte 
Bohrloch einsetzen, wofür die von 
4 S 4 Schwendener verwendeten pfriem- 

Fig. 174. Fig. 175. förmigen Einsatzstücke mit seitlicher 
Pfeffers ABER be RE EBENE, des Blutungs- Bohrung geeignet sind. Bara- 
Br netzky!) verwendet folgenden selbst- 

registrierenden Apparat (Fig. 176), der auf dem Prinzip des Schwim- 
mers beruht, welcher mit dem steigenden Niveau der Flüssigkeit in 
einer Röhre gehoben und mit schreibendem Zeiger versehen ist. Die 
Röhre a ist eine 8&—10 mm weite kalibrierte Bürettenröhre, b ein 
12 mm weites ebenfalls kalibriertes Röhrchen, die beide durch das 
dreiarmige Röhrchen r miteinander verbunden sind, dessen freier 
Arm durch ein Stückchen mit Quetschhahn versehenen Kautschuk- 
schlauches überzogen ist. Die beiden Röhrchen a und b sind in 
zwei Querbalken d aus Kork, mit dem dieselben verbindenden 
Stock ce parallel, gegeneinander unverschiebbar befestigt. Durch das 
Haltestück h, das am Stock c befestigt ist, kann die ganze Vorrichtung 
in vertikaler Lage fixiert werden, worauf durch Eingießen von Wasser 
aus einer Bürette in die Röhren die Länge der Wassersäule bestimmt 
wird, welche 1 cam Wasser in den kommunizierenden Röhren einnimmt. 
Wenn die Röhren so weit sind, daß 1 cem Wasser eine Säule von 25 


1) J. Baranetzky, Abhandl. d. naturf. Ges. zu Halle, 13, 19 (1873). 


XXIV. Das Bluten. 


457 


bis 26 mm Länge bildet, wobei das Steigen des Niveaus um Y, mm 
0,01 ccm entspricht, so können Hundertstel eines Kubikzentimeters 


noch sicher beim Steigen des Schwimmers abgelesen werden. 
Faßt der Apparat 12 ccm Wasser, so reicht das für 
12 Stunden vollkommen aus. Das Röhrchen b dient zur 
unmittelbaren Aufnahme des von der Pflanze ausgeschie- 
denen Wassers, in der damit kommunizierenden Röhre a 
bewegt sich der Schwimmer s; derselbe ist ein mit Queck- 
silber beschwerter Bürettenschwimmer aus Glas und be- 
wegt sich im Rohre dicht, aber doch frei, er soll zirka 
3 cm messen; oben ist er in eine Spitze ausgezogen, an 
der ein ganz gerade ausgezogener Glasfaden m von zirka 
11,—2 mm Dicke mittels Siegellack so befestigt ist, daß 
er mit der Achse des Schwimmers genau parallel läuft. 
Der Schwierigkeit, daß Röhrchen und Schwimmer nie 
ideal zylindrisch sind und die Kapillarität der Flüssigkeit 
um den Schwimmer herum diesen an die eine Röhren- 
wand andrückt, wodurch. die freie Beweglichkeit ver- 
loren geht, wird man in der Weise Herr, daß man den 
Schwimmer bis zur Hälfte mit Quecksilber füllt und am 
Glasfaden eine über eine Rolle gehende Seidenschnur be- 
festigt, die ein den Schwimmer äquilibrierendes Gewicht 
trägt, so schwer, daß der Schwimmer das Wasserniveau 
gerade nur mit seiner konischen Spitze überragt. UÜber- 
dies wird an das obere Ende der Röhre a eine Blech- 
kappe n angesetzt, welche in der Mitte eine kleine Öffnung 
für den Durchgang des Glasfadens besitzt, so daß seine 
seitliche Ablenkung verhindert wird. Diese Führung n 
befindet sich aber erst am Ende eines 10—12 cm langen 
Glasrohraufsatzes, der a verlängert, so daß auch beim 
Emportauchen des Schwimmers eine seitliche Ablenkung 
unmöglich wird. Die Rolle k hat zirka 3 cm im Durch- 
messer und ist ein leichtes, feingearbeitetes, sehr leicht be- 
wegliches Messingrädchen. Wesent- 
lich ist auch eine absolut vertikale 
Aufstellung der ganzen Apparatur. 
In das Röhrchen b wird das Abfluß- 
rohr f der Versuchspflanze mit sei- 
nem dünn ausgezogenen Ende ein- 
geführt und an die Wand des 
Röhrchens angelegt, damit das 
Wasser nicht tropfenweise, sondern 
in kontinuierlichem Strom einfließe. 
Damit das Wasser nicht zusammen- 
laufe und durch seine, von Luft 
unterbrochene Ansammlung das 
Röhrchen verstopfe, muß es durch 
Alkoholäther von jeder Verunreini- 


Fig. 176. Selbstregi- 
strierender Apparat 
von Baranetzkly. 


gung sorgfältig gesäubert sein. Das Fig. 177. Scheibenapparat nach Baranetzky. 


Röhrchen mit dem Quetschhahn 


gestattet fallweise ein Auslassen des Wassers zur Fortsetzung der Beobach- 
tung, wenn aund bvollsind. Vor der Ansatzstelle der Seidenschnur ist der 


458 XXIV. Das Bluten. 


Glasfaden rechtwinklig abgebogen und dient als Zeiger, welcher den Stand 
des Schwimmers auf dem Zylinder des Apparates aufzeichnet. Auf das 
Ende dieses Zeigers wird ein 4—5 cm langes Stück Grashalm aufgeschoben, 
der zugespitzt wird; es ist zweckmäßig, den ganzen Schreibhebel nicht 
länger als 10—12 cm anzufertigen, aber auch nicht wesentlich kürzer. 
Die Spitze des Zeigers wird der Oberfläche des berußten Zylinders seit- 
lich in der Richtung der Zylinderbewegung angelegt. Damit aber bei 
der freien Bewegung von Schwimmer und Glasfaden um seine Achse die 
Spitze der Feder nicht vom Zylinder entfernt werde, hängt neben dem 
Zeiger an seiner, dem Zylinder abgewendeten Seite ein glatter Seiden- 
faden, der am unteren Ende durch ein, am Aufhänger p befestigtes 
kleines Gewicht geepannt ist, dieser beschwerte Faden wird mit seinem 
Ständer so nahe an den Zylinder angerückt und an den Zeiger angelehnt, 
daß er ihn nur leise andrückt, ohne sein Steigen zu behindern. Beim 
Beginn der Beobachtung wird der Stand des Zeigers durch einen Strich 
markiert und die Zeit notiert. Am Ende des Versuches zieht man eine 
vertikale Linie durch die Marke, um die Abstände der einzelnen Linien 
voneinander an dieser Vertikalen zu messen. 

Ein anderer selbstregistrierender Apparat (Fig. 177) wurde von 
Baranetzky (l.c.)nach einem anderen Prinzip konstruiert. Die Holz- 
scheibe a von 20 cm Durchmesser und 2 cm Dicke ist nahe dem Rande mit 
einer Anzahl in zwei konzentrischen Kreisen stehender Löcher versehen. 
Ein Lochkreis dient zur Beobachtung mit je einer Pflanze, so daß man 
soviele Lochkreise in der Scheibe haben muß, als gleichzeitig Versuchs- 
pflanzen beobachtet werden. Die Zahl der Löcher richtet sich nach der 
Anzahl der Stunden, für welche, ohne Eingreifen des Beobachters, der 
Apparat ausreichen soll. In die Löcher werden schmale, kalibrierte 
Eprouvetten k eingesenkt, die an ihrem verbreiterten Rande auf der 
Scheibe aufsitzen. Das Ende des Ausflußrohres jeder Pflanze befindet 
sich über der Mündung der Eprouvetten in einer Lochreihe. Die 
Scheibe macht in der Stunde eine ruckweise Drehung um den Abstand 
zweier Eprouvetten, so daß das Abflußrohr nach Ablauf einer Stunde 
über die nächste Eprouvette zu stehen kommt usf. Nach Ablauf einer 
Anzahl von Stunden sind alle verfügbaren Eprouvetten beschickt worden 
und braucht einfach den Stand der Flüssigkeit in jeder abzulesen. An 
der Achse der Scheibe befindet sich unterhalb ein Messingrad b, welches 
mit genau gleich geschnittenen Zähnen in der Zahl der vorhandenen 
Eprouvetten versehen ist. Neben dem Rade ist ein an seiner Achse 
horizontal beweglicher Haken h angebracht, welcher in den Zwischen- 
raum zwischen zwei Zähnen hineinpaßt und durch eine schwache Feder 
angedrückt wird. Dadurch wird die Bewegung des Rades nur in einer 
Richtung ermöglicht. Der ungleicharmige Hebel c, c dient dazu, die 
Bewegung von Rad und Scheibe durch das Triebwerk zu vermitteln; 
er ist um seine vertikale Achse d drehbar, sein vorderer Teil c, ist außer- 
dem mit dem übrigen Teil an einem Scharnier so verbunden, daß er 
sich in der Horizontalebene, aber nur rückwärts, ablenken läßt. An 
einem Rade des Triebwerkes m, welches eine Umdrehung pro Stunde 
macht, ist ein Stift n angebracht, der bei seiner Bewegung den langen 
Hebelarm c vor sich stößt; der kleinere Hebelarm c, biegt sich dabei 
rückwärts ab, um an dem Zahn vorbeizugehen; wenn er diesen ver- 
lassen hat, wird er aber durch die am Stifte / befestigte Feder mit dem 
langen Hebelarm c wieder in eine Linie gestellt; ist der Stift n an dem 


XXIV. Das Bluten. 459 


Ende des Hebels vorübergegangen und läßt ihn wieder frei, so schnellt 
der Hebel, durch die Spiralfeder d gezogen, in seine frühere Lage zurück; 
das Ende c,, welches jetzt den Zahn nicht mehr umgehen kann, schlägt 
an ihn und treibt ihn vor sich, bis der Hebel sich an den Stift / anlehnt 
und stehen bleibt. Der Haken h läßt bei dieser Bewegung einen Zahn 
vorbeigehen und wird durch seine Feder in den Zwischenraum zwischen 
die zwei folgenden Zähne eingedrückt, wodurch eine weitere Verschiebung 
des Rades b verhindert wird. In dieser Weise wird bei jeder Umdrehung 
des Rades m das Rad b um die Breite eines Zahnes und somit die Scheibe 
a um eine Eprouvette verschoben. Die Drehung der Scheibe kann auch 
elektromagnetisch durch eine Kontaktuhr bewirkt werden. Die Enden 
der Ausflußröhrchen p sind in dünne Spitzen ausgezogen und mit Fett 
beschmiert, so daß das ausfließende Wasser sich in kugelrunden Tropfen 
lange an der Ausflußspitze hält und beim Umdrehen der Scheibe nicht 
verloren geht. Das Röhrchen braucht nicht höher als 1 mm über dem 
Schiebeniveau zu stehen, so daß jeder Tropfen in die Eprouvette fällt 
und selbst, wenn während des Ausfließens eine Umdrehung der Scheibe 
erfolgt, am Rande der Eprouvette abgestreift wird. Die Verdunstung 
aus Tropfen und Eprouvette dürfen als sehr unbedeutend vernachlässigt 
werden. Zu den Versuchen werden am besten gehörig in Erde ein- 
gewurzelte, in geräumigen Töpfen längere Zeit gezogene Pflanzen ver- 
wendet. Der Stengel der Versuchspflanze wird nicht über 5 em hoch 
über dem Boden abgeschnitten und das Ausflußrohr mittels eines T- 
förmigen Röhrchens angesetzt, wobei kurze Stümpfe durch den ver- 
bindenden Kautschukschlauch gegen Verdunstung geschützt sind, 
während längere zu diesem Zwecke noch mit Stanniol umwickelt werden 
müssen. Eine gleichmäßige Feuchtigkeit des Bodens während des Ver- 
suches ist schon deshalb notwendig, weil die Hauptmasse der Wurzeln 
sich an der inneren Fläche des Topfes befindet, wo die dünnen Wurzel- 
fasern einen förmlichen Filzbelag bilden. Ein Begießen des Bodens 
während des Versuches würde den regelmäßigen Gang des Versuches 
stören, aber es genügt ein Verhindern der Verdunstung seitens der 
Oberfläche des Topfes, um die Feuchtigkeit des Bodens gleichmäßig 
zu erhalten. Man begieße den Boden so lange, bis er vollständig ge- 
sättigt ist und reichlich Wasser durchfließt; dann wird die Oberfläche 
des Topfes mit feuchtem Filtrierpapier und dann Boden und Wände 
sorgfältig mit Stanniol bedeckt, worauf der so gegen Verdunstung ge- 
schützte Topf in einen möglichst genau passenden Blechtopf eingehängt 
wird. Die Temperatur des Bodens soll mittels eines in hundertstel Grade 
geteilten Thermometers kontrolliert werden, dessen Kugel sich dicht 
am Rande des Topfes befindet, wo die Hauptmasse der tätigen Wurzeln 
sich ausbreitet. 

Sehr häufig kommt es darauf an, den Blutungssaft so aufzufangen, 
daß er bis zur Untersuchung steril bleibt, was namentlich bei zucker- 
haltigen Säften in feuchten, höher temperierten Räumen nicht leicht 
ist, da sich hier Gärungsvorgänge schon binnen wenigen Stunden zeigen 
können. Die folgende, von J. Gieklhorn, Wien, angegebene Methode 
(Fig. 178) ermöglicht das sterile Auffangen von Blutungssäften oder 
Guttationstropfen: 

a ist ein gebogenes, in eine Kapillare ausgezogenes Rohr, das einer- 
seits in ein auf beiden Seiten offenes zylindrisches Rohr K ragt. Dieses 
trägt zwei bakteriologisch geformte Wattepfropfen w, den einen als 


460 XXIV. Das Bluten. 


Umhüllung der Einmündungsstelle des gebogenen Rohres, den zweiten, 
zum Verschluß der freien Öffnung des Zylinderrohres. An diesem 
Ende ist ein kurzer Kautschukschlauch über das Rohr geschoben. 
Das kapillare Ende des gebogenen Rohres ragt ziemlich tief in das Glas- 
gefäß (etwa eine Eprouvette) E und auch hier ist die Einmündung durch 
den Wattepfropf verschlossen. Der ganze Apparat wird nun im Steri- 
lisator in gewöhnlicher Weise sterilisiert, dann wird die Versuchspflanze 
dort, wo sie abgeschnitten werden soll, mit 1°/,„iger Sublimatlösung ab- 
gewaschen, der Apparat mit der linken Hand bereit gehalten, während 
die rechte mit einem sterilisierten Messer den Schnitt durchführt. Der 
untere Wattebausch wird mit der Bunsenflamme abgebrannt, entfernt 
und der Pflanzenstumpf sofort durch den Kautschuk des Zylinderrohres, 
der über den Stumpf / gestülpt wird, mit dem Rohre verbunden, dann 
werden die Kautschukränder, die über die Schnittstelle ragen, mit vene- 
zianischem Terpentin verschmiert. So hat man einen luftdichten, voll- 
kommen sterilen Abschluß geschaffen, die Wundstelle ist steril und der 
Blutungssaft gelangt in einen vollkommen sterilen Behälter, wo er be- 
liebig lange belassen werden 
kann. Will man das Auf- 
fangegefäß wechseln, so 
kann das ebenfalls voll- 
kommen steril geschehen, 
indem man eine neue steri- 
lisierte Eprouvette nimmt, 
in deren Wattestöpsel vor- 
her eine entsprechende 
Bohrung zum Durchführen 
des Kapillarrohres gemacht 
TE = worden war. Durch Ab- 
et on Pie SO Eee ng ende Stöpsels, bzw. 

des Kapillarrohres kann 
diese Einführung in steriler Weise geschehen. Der einfache Apparat 
hat sich schon wiederholt beim praktischen Arbeiten bewährt. 


Wie groß der Unterschied der Transpirationsgrößen sein kann, je 
nachdem man bewurzelte Pflanzen oder abgetrennte Blätter verwendet, 
dafür ein Beispiel aus Burgersteins ausgezeichneter Monographie. 
Bei einer eingetopften Aucuba japonica (Topf sorgfältig verschlossen) 
fandBurgerstein die 24 stündige Transpiration in sechs aufeinander- 
folgenden Tagen pro 100 gem Blattspreitenoberfläche 482, 520, 524, 
610, 585, 601 mg während gleichzeitig ein isoliertes, mit dem Stiel in 
Wasser tauchendes Aucubablatt pro 100 gem an Gewicht verlor: 304, 
215, 144, 65, 62, 5l mg., die Wasserabgabe pro 100 ccm war also beim 
isolierten Blatt bedeutend kleiner als an der ganzen Pflanze und ver- 
minderte sich überdies hier ansehnlich. 

Daß die Wasseraufnahme und Wasserabgabe verschiedene physio- 
logische Prozesse und durch Anderung der äußeren Verhältnisse in 
verschiedener Weise zu beeinflussen sind, so daß man nicht einfach 
eine konstante quantitative Proportionalität des einen mit dem 
anderen Vorgang annehmen kann, ergibt sich aus den von Kröber 
ermittelten Zahlen über Absorption und Emission von Wasser bei Tag 
und Nacht: 


XXIV. Das Bluten. 461 


Absorption | Transpiration cem 
9h 15’ a. m. bis 6h 25’ p. m. 11,30 | 12,80 | +15 
Be725/ p. m. „ 96h 50’ a. m. 8,05 | 6,48 EB 
3u=50’ a: m. ,„ 7h 05° p. m. 11,30 11,80 | +05 
sp. m. „ Th 25’ a m 7.67 5,21 | — 2,46 


Das Verhältnis der Absorption bei Tag und Nacht ist 100 : 70, 
das der Transpiration 100 : 50; im Dunkeln ist also die Absorption 
im Verhältnis zur Transpiration größer als im Licht, man kann also die 
Verdunstungsgröße nicht durch das von der Pflanze aufgenommene 
Wasser messen. Wenn auch bisweilen das von der Pflanze in 24 Stunden 
abgegebene Wasser fast gleich ist dem in der gleichen Zeit aufgenom- 
menen, so ist die Aufnahme und Abgabe doch während der einzelnen 
Tageszeiten sehr verschieden groß. Die Reduktion der gefundenen 
Transpirationswerte erfolgt entweder auf gleiche Oberfläche oder auf 
gleiches Gewicht der transpirierenden Teile und hier wieder auf gleiches 
Lebend- oder gleiches Trockengewicht. Vielfach ist die Reduktion auf 
die Fläche vorzuziehen, z. B. beim Vergleich von Sonnen- und Schatten- 
blättern, weil erstere bei gleicher Fläche mitunter doppelt so viel wiegen 
als letztere. Bei Topfpflanzen von Hydrangea hortensis und Opuntia 
cylindrica, also Pflanzen, die in Bau- und Lebensweise sehr diver- 
gieren, fand Burgerstein das Gewicht der Hydrangeablätter (lebend) 
12,310 & mit einer Oberfläche von 496 gem, das Gewicht der Opuntia- 
blätter 97,665 &g mit 260,8 qcem Oberfläche. Der Transpirationsversuch 
ergab: 


| Hydrangea | Opuntia 
Absolute Transpirationsgröße . -. .:......- 324 8 051 g 
Transpiration pro 100 g Gewicht ......... 263,2 DA 
„ »1007eem Oberlläche. .. .- 2! „= 6,54 „ 0,2027 


Die Transpiration der Hydrangea ist also bei Reduktion auf die 
Fläche 32,7 mal, bei Reduktion auf Lebendgewicht 506 fach größer als 
bei Opuntia. Das absolute Verhältnis der Transpirationsgröße zwischen 
Spreite und Stiel bei Roßkastanienblättern wurde zu 67 : 1, das Ver- 
hältnis derselben pro 100 g Lebendgewicht wie 135 : 1 und pro 100 qem 
Oberfläche wie 1: 1 gefunden. 

Wiewohl die Blattunterseite infolge ihres größeren Reichtums an 
Spaltöffnungen stärker transpiriert, hängt doch die Menge des ver- 
dunsteten Wassers nicht allein von der Zahl der Stomata ab, es besteht also 
keine Proportionalität zwischen Transpirationsgröße und Spaltöffnungs- 
zahl. Bei vielen Pflanzen tritt nach 24 stündiger Verdunkelung Spalten- 
schluß ein oder die Spalten schließen sich nur teilweise; mitunter tritt 
diese Erscheinung (Avena) schon nach wenigstündiger Verdunkelung 
ein. Es bedarf auch keiner absoluten Verdunkelung, und deshalb können 
die Blätter einer und derselben Pflanze, je nachdem sie stark oder wenig 
vom Lichte getroffen werden, sich verschieden verhalten. Molisch 
fand diesbezüglich mit seiner Infiltrationsmethode folgendes: 


462 XXV,. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


LE sseeeeeeeeeeeerrerrrrrsrerenlll m — — 


Name der Pflanze Spalten um 10h a. m. | Spalten um 91, hp. m. 
Polygonum fagopyrum . .... weit geöffnet | mäßig geöffnet 
a convolwulus . .. . ».» mäßig en | geschlossen 

& lapathifolium . . . . weit „> ' nahezu geschlossen 
Cornus sanguinea .....x.. mäßig 5 | geschlossen 
Piras damesliea ‚I. wer: weit | ” 
Melandrium album . . . ... . S = weit geöffnet 
Solanum tuberosum. . . 2... r h; | geschlossen 
Trifolium pratense . . - .... % 5 , nahezu geschlossen 


Bambteus nigea:"..%.,.= oa ae 
Chenopodium Bonus Henricus . 


” | „> 


„ E I ’ 
Brise mutlata,.. er ee mäßig er geschlossen 
Saponaria officinalis . . . .. .- weit > | R 
Arena Baar Be NS weit en | S 
Phasedlus ap. „nal ar.: Bade mäßig 6 | r 


Wachsüberzüge an der Epidermis, Haarüberzüge usw. setzen be- 
kanntlich die Transpiration herab und die Wasserabgabe wird sofort 
größer, wenn der Überzug entfernt wird; grüne Pflanzen transpirieren 
stärker als etiolierte; rot gewordene Blätter von Vitis vinifera verlieren 
viel langsamer Wasser als grüne; junge Blätter geben unter gleichen 
Verhältnissen mehr Wasser ab als alte; die Transpirationsgröße der 
Keimblätter übertrifft die der Laubblätter ums Doppelte; Benetzung 
von Blättern befördert deren Transpiration und Wasserleitung. Was 
den Einfluß der Lichtfarbe anlangt, so fand Wiesner, daß der leuch- 
tende Spektralteil (orange, gelb) für die Transpiration weniger leistet 
als die roten und die blauen Strahlen. In kohlensäurefreier Luft findet 
nach Verschaffelt stärkere Transpiration statt als in normaler. 
In trockener Luft erreicht die Transpiration einen höheren Betrag als 
in feuchter, höhere Lufttemperatur steigert die Verdunstung, ebenso 
Luftzug. Man kann den ‚‚Wurzeldruck‘, der dadurch zustande kommt, 
daß Wasser durch die äußeren Gewebe der Wurzel bis zu den Gefäß- 
bündeln gelangt, in deren Leitungsbahnen es eingepreßt wird, auch künst- 
lich ersetzen, wenn man einen etwas welk gewordenen Sproß durch einen 
Kork in das eine Ende eines mit Wasser beschickten U-Rohres so ein- 
paßt, daß die Schnittfläche in Wasser taucht. Wird nun durch den 
längeren Schenkel Quecksilber eingegossen, bis es etwa 10 cm höher 
steht als im kürzeren Schenkel, so wird Wasser in den Sproß eingepreßt, 
der dadurch schließlich wieder straff wird. Wenn wir zu diesem Ver- 
suche einen Balsaminensproß wählen, Quecksilber im längeren Schenkel 
bis auf etwa 30 cm höher als im kürzeren eingießen und das Ganze in einen 
feuchten Raum stellen, so sehen wir an den Blattspitzen oder Blatt- 
rändern Wassertropfen auftreten , wie man sie auch ohne Quecksilber im 
feuchten Raume an Weizen- oder Maiskeimlingen oder an Wiesengräsern 
beobachten kann. (Guttation.) Es wäre interessant — was bisher 
nur in einzelnen Fällen (z. B. von Lepeschkin) geschehen ist — die 
Beschaffenheit der im Guttationstropfen gelösten Substanzen unter ver- 
schiedenen Verhältnissen zu untersuchen. 


XXV. DerosmotifcheDruc pflanzlicherFlüssigkeiten. 


Alle Flüssigkeiten des Organismus sind wässerige Lösungen von Elek- 
trolyten, wie Salzen verschiedener Art, und Nichtelektrolyten, Lösungen 
der verschiedensten organischen Substanzen bis hinauf zu den Proteinen, 


XXV, Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 463 


in welchen Lösungen man außerdem Kolloide verschiedener Art, Ei- 
weißstoffe, höhere Kohlehydrate, Gerbstoffe suspendiert findet. Wir 
besitzen aber kein sicheres Kriterium darüber, ob eine Lösung eine wirk- 
liche ist oder ob sie nur eine weitgehende Suspension vorstellt und bei 
welcher Kleinheit die vorhandenen gelösten Teilchen einen osmotischen 
Druck ausüben. Der osmotische Druck, welcher viel mehr an die Fähig- 
keit der Stoffe, Lösungen zu bilden als in Ionen zu zerfallen, gebunden 
ist, kann in erster Linie durch die Fähigkeit des betreffenden Stoffes, 
den Gefrierpunkt seiner Lösung zu erniedrigen oder ihren Siedepunkt 
zu erhöhen, bestimmt werden. ‚Der im Innern eines Lösungsmittels 
bis zu dem höchstmöglichen Grade zerteilte Stoff übt immer einen 
gewissen osmotischen Druck aus (erniedrigt immer den Gefrierpunkt 
der Lösung usw.), und wenn der Wert des osmotischen Druckes bei 
konstanter Temperatur nach dem Boyle-van't Hoffschen Ge- 
setze direkt proportional der Konzentration des ‚aufgelösten‘ Körpers 
ist, so versteht man, daß bei Gleichheit des Gewichtes der aufgelösten 
Substanz in einem gegebenen Volum der Lösung diejenige Substanz 
einen größeren osmotischen Druck ausüben wird, welche beim Auflösen 
sich in eine größere Anzahl von osmotisch wirksamen Teilchen zerteilt. 
Diese Teilchen können klein sein wie die H- und Cl-Ionen einer verdünnten 
wässerigen Lösung oder groß wie die Glykogen- oder Kaseinkörner 
einer stark konzentrierten Lösung dieser Substanzen; das ist von sekun- 
därer Wichtigkeit, sie verleihen fast immer der Flüssigkeit in höherem 
oder geringerem Grade die Eigenschaft der Lösungen, einen osmotischen 
Druck auszuüben.“ (Botazzi.) So üben auch die gelösten Eiweiß- 
stoffe als kolloidale Bestandteile der organischen Flüssigkeiten einen 
gewissen osmotischen Druck aus; dieser ist dann die Summe der par- 
tiellen Drucke, welche in diesen Flüssigkeiten die einzelnen aufgelösten 
Substanzen ausüben: Elektrolyt- und Nichtelektrolyt-Kristalloide und 
-Kolloide. Für alle Flüssigkeiten des Organismus, die man in größerer 
Menge haben kann, dürfte sich für die Bestimmung des osmotischen 
Druckes die kryoskopische Methode der Feststellung ihrer Gefrier- 
punktserniedrigung am meisten eignen; die Werte derselben, mit A 
bezeichnet, sind approximativ proportional der ganzen osmotischen 
Konzentration der Lösungen. Da jedem tausendstel Grad der Gefrier- 
punktserniedrigung ein osmotischer Druck von 0,0120 Atmosphären 
entspricht, ist es leicht, die Werte von A in Atmosphären zu berechnen. 
Man muß aber, wenn man den osmotischen Druck von Zellsäften grüner 
Pflanzen bestimmt, immer darauf Rücksicht nehmen, daß die Chloro- 
plasten durchaus nicht denselben osmotischen Druck zeigen müssen 
wie diese, ebenso wie ja die Blutkörperchen nicht den osmotischen Druck 
der Lymphe besitzen, und daß die Differenzen zwischen beiden zu inter- 
essanten Schlüssen führen könnten. Am gebräuchlichsten ist es, die 
zerkleinerten Organe mit der Presse auszudrücken und den Preßsaft zu 
filtrieren; hat man die Teile vorher mit Quarzsand gut zerrieben, so er- 
hält man gewöhnlich einen hinreichend klaren Saft; ein die Säfte sicherer 
unverändert lassendes Verfahren ist es aber, den Blutungssaft der de- 
kapitierten Pflanzenstengel aufzufangen, der, wenn die Transpiration 
genügend gehemmt ist, gewöhnlich in sehr großer Menge gewonnen werden 
kann. Die in der Pflanze zirkulierende Flüssigkeit führt die Produkte der 
assimilativen Chloroplastentätigkeit, entzieht den Chloroplasten ihre 
Erzeugnisse, gibt sie wieder durch Diffusion an andere Zellen ab und 


464 XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


muß so, je nach der Stoffwechseltätigkeit, nach der Art der Pflanze, 
nach den Bedingungen des Milieus, in dem sie lebt, nach Maßgabe der 
äußeren Bedingungen überhaupt in ihrer Zusammensetzung und ihrem 
osmotischen Druck sehr wesentlich wechseln (vie inconstante nach 
Cl. Bernard), was schon daraus hervörgeht, daß die Pflanze sich 
wechselnden äußeren Bedingungen sehr weitgehend anzupassen ver- 
mag. Reine Flüssigkeiten kann man besonders in den Milchgefäßen 
der Euphorbiaceen, Papaveraceen usw. und den Blutungssäften er- 
halten. Die Methode der Gefrierpunktserniedrigung (bestimmt man 
die elektrische Leitfähigkeit von Lösungen, so zieht man natürlich nur 
die Elektrolyte in Betracht) beruht darauf, daß gelöste Stoffe den Ge- 
frierpunkt des reinen Lösungsmittels herabsetzen, und zwar proportional 
der Zahl der gelösten Grammoleküle (des Molekulargewichtes der Sub- 
stanz in Grammen, auf den Liter gelöst), unabhängig von deren chemischer 
Natur. Man kann also aus dem Betrage der Gefrierpunktserniedrigung 
von Lösungen die Zahl der in der Volumeinheit darin gelösten Moleküle 
bestimmen, sobald man die Gefrierpunktserniedrigung einer gleich- 
artigen Lösung bekannter Molekularkonzentration ermittelt hat. Für 
Wasser beträgt die Gefrierpunktserniedrigung durch ein Grammolekül, 
im Kubikzentimeter gelöst, 1850°C. Hat man demnach die Konstante 
für ein bestimmtes Lösungsmittel experimentell bestimmt, so findet 
man die Zahl der im Kubikzentimeter einer Lösung von bekannter 
Gefrierpunktserniedrigung A gelösten Grammoleküle nach der Gleichung 


. A A h Er ’ 
ı — 1880: 7 180° Besitzt ein Stoff das bekannte Molekulargewicht M, 


x ‚ worin p = Prozente be- 
deutet, die für jede Konzentration in Prozenten Gramm pro 100 ccm 
Lösung zugehörige Gefrierpunktserniedrigung A ausrechnen und 
umgekehrt für jede Gefrierpunktserniedrigung die zugehörige Kon- 
zentration. Die Gefrierpunktserniedrigung bei einer bekannten Kon- 
zentration gestattet ferner die Ermittlung eines unbekannten Mole- 
kulargewichtes. Man bestimmt also zunächst den Gefrierpunkt des 
Lösungsmittels (z. B. des Wassers), dann die Gefrierpunktserniedrigung 
einer Lösung, welche ein Grammolekül eines Stoffes von bekanntem 
Molekulargewicht in einem bekannten Volumen des Lösungsmittels ent- 
hält. Die Gefrierpunktserniedrigung ist dann für das Grammolekül 
eines beliebigen Stoffes in diesem Lösungsmittel eine konstante 
Größe K. Bestimmt man nun die Gefrierpunktserniedrigung A eines 
Stoffes von unbekanntem Molekulargewicht M, so ist AM = konstant. 

Für die praktische Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung ist 
der von Beekmann konstruierte Apparat in Gebrauch. Derselbe 
besteht in der Hauptsache aus einer weiten, dickwandigen Eprouvette, 
welche zum Einführen der Substanz mit einem seitlichen Aufsatzrohre 
versehen ist. In der Eprouvette befindet sich ein in Hundertstel Grade 
geteiltes Thermometer und eine Rührvorrichtung, die am besten elektrisch 
in Bewegung gesetzt wird. Das ‚Gefrierrohr‘‘ befindet sich in einem 
weiten, gläsernen Gefäß, das eine Flüssigkeit enthält, die das Lösungs- 
mittel bis unter seinen Gefrierpunkt abkühlt, und um dieses Abkühlen 
gleichmäßig zu gestalten, befindet sich das Ganze in einem gläsernen 
Luftmantel. Die Lösung läßt man unter fortwährendem Rühren bis 


3 K 
so können wir nach der Gleichung M = - 


XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 465 


zur beginnenden Erstarrung abkühlen, wobei man das Erstarren eventuell 
durch Einimpfen eines Kristalls der festen Substanz einleitet. Dann 
hört man mit der Abkühlung auf, der Quecksilberfaden des Thermo- 
meters, welcher bis tief unter den Erstarrungspunkt gesunken war, 
steigt jetzt infolge Freiwerdens der latenten Wärme und hält sich schließ- 
lich 2—-3 Minuten an einem Punkte konstant, der als der wahre Gefrier- 


punkt der Lösung betrachtet wird. 


Noch einfacher gestaltet sich die Handhabung des in der Biochemie 
viel benutzten Friedenthalschen Apparates (Fig. 179). Das Außengefäß 
ist mit einem Gemenge von Eis und Kochsalz gefüllt, darauf wird soviel 
Wasser aufgegossen, daß das in Grade geteilte Außenthermometer — 2° 
anzeigt. Jetzt taucht man das mit etwa 25 ccm wiederholt destillierten 


Wassers beschickte Innengefäß, in dem sich das geeichte, in 


Hundertstel- 


grade geteilte Thermometer T befindet, direkt in die Außenlösung und 


beobachtet unter gleichmäßigem Rühren mit dem Platin- 
rührer r das Fallen des Quecksilbers. Wenn in der unter- 
kühlten Flüssigkeit die Eisbildung beginnt, steigt das Queck- 
silber wieder; in diesem Moment nimmt man es aus der 
Kältemischung, setzt es in den inneren Luftmantel und 
beobachtet mit der Lupe unter fortwährendem Rühren auch 
mit R das Erreichen des höchsten Standes, auf welchem 
Schwankungen von höchstens !/,.. Grad eintreten. Das 
ist nun der Gefrierpunkt reinsten Wassers, welcher ge- 
wöhnlich nicht mit dem am Thermometer ? angegebenen 
Nullpunkt übereinstimmt. Auf diesen gefundenen Null- 
punkt, der als Mittel von mehreren Beobachtungen gewählt 
wird, bezieht man die spätere Bestimmung. Für diese 
selbst wird der Innenzylinder mit einer Lösung bekannter 
Konzentration gefüllt und deren Gefrierpunkt bestimmt. 


Mit Hilfe der Formel M = - m überzeugt man sich, ob 
das bekannte Molekulargewicht der gelösten Substanz in 
der bekannten Konzentration p aus der gefundenen Er- 
niedrigung A sich tatsächlich ergibt. Als Konstante 
nimmt man am besten 18,900 die Abweichung; des 


Fig.179. Frieden- 
thals kryoskop.- 
scher Apparat. 


bestimmten 


vom berechneten Molekulargewicht soll nieht über 2 % betragen. Um 
das Versagen der Eisabscheidung zu vermeiden, ist dem Apparat ein 
kleiner Impfstift K beigegeben, bestehend aus einem Glasröhrchen mit 
kleinem Wattebausch an der Spitze. Tränkt man die Watte mit etwas 
Wasser und taucht den durch ein Außenrohr geschützten Impfstift in 
die Kältemischung, so gefriert das Wasser im Wattebausch und ver- 
anlaßt beim Berühren des Platinrührers mit den Eiskristallen und Ver- 
senken des Rührers in die unterkühlte Lösung sofortigen Beginn des 
Gefrierens. Die Unterkühlung kann mit Hilfe des Impfstiftes bei einer 
beliebigen Temperatur unterbrochen werden. Bisweilen bleibt der dünne 
Quecksilberfaden im Thermometer an einer Stelle hängen ohne sich 
weiterzubewegen. Man kann das vermeiden, indem man mit einem Kork- 
hammer die Kugel des Quecksilbers leise erschüttert; auch dieses Klopfen 
kann ebenso wie das Rühren durch einen elektrischen Mechanismus be- 


sorgt werden. 


Eine thermoelektrische Methode zur Bestimmung der Gefrierpunkts- 


Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 


30 


466 XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


erniedrigung sehr kleiner Flüssigkeitsmengen mit bemerkenswerter 
Genauigkeit beschreiben Dixon und Atkins. Das Beckmannsche 
Quecksilberthermometer wird von ihnen durch ein Thermoelement 
ersetzt und der Gefrierpunkt des Wassers direkt mit dem des Saftes 
in Relation gesetzt. Mit einem passenden Galvanometer und einem 
einzigen Element kann man leicht eine Bewegung des vom Galvano- 
meterspiegel herkommenden Lichtstreifens auf der Galvanometerskala 
um 1 mm bei einer Temperaturdifferenz von 0,01° C erzielen. 

Ein Stück durch Seide isolierten Nickeldrahtes von 0,15 mm 
Durchmesser und 30 cm Länge wird zur Temperaturmessung benutzt. 
Die Enden des Drahtes sind einige Millimeter weit von der Seiden- 
umwicklung entblößt und an ein gut isoliertes Kupferblech angelötet. 
Der Nickeldraht ist in V-Form gebogen und jedes Blech ist an den 
Arm des V-Stückes angebracht, zu welchem es gehört. Am Zusammen- 
stoß der V-Enden sind die Bleche zusammengeklemmt und divergieren 
von da wieder, um mit den Galvanometerpolen in Verbindung zu 
stehen, und winden sich um die Stützen r und r herum, 
die gleichzeitig als Rührer dienen. Die betreffende Be- 
wegung wird in beiden Eprouvetten durch Führung mit- 
tels der Schraube S gleichmäßig gestaltet. Die Versteifung 
der V-Arme wird durch paraffinierte Holzstäbchen bewirkt. 
Die zu prüfende Lösung einerseits, das destillierte Wasser 
anderseits werden in kleine Eprouvetten J und J’ von 
10 cm Länge und 1 cm Durchmesser gebracht und diese 
mittels eines großen Korkstückes c, das durch den starken 
Draht w festgehalten ist, in einem zylindrischen Glas- 
gefäß e untergebracht, welches letztere durch d in eine 
breitere Glaswanne m mit einer Kältemischung eingetaucht 
wird. Bezüglich der näheren Details, der Fehlerquellen und 
deren Vermeidung sowie des Kalibrierens muß auf das Original 
zus Anmarat verwiesen werden. Der Saft (es genügen 2,5—5 cem) kann 

ig.160. Apparat % ä 

BE aus Blättern leicht folgendermaßen _ gewonnen werden: 
erniedrieungauf Einige Blätter werden längs der Mittelrippe abgezogen 
yelektrischm und zu einem kleinen Kügelchen zusammengeknüllt, das 
sonuAtkins. Kügelchen in eine doppelte Umhüllung von feinem Leinen 
getan und zwischen zwei kleine Silberplatten einer starken Schrauben- 
presse gesteckt, wobei entweder schon nach der ersten mehr oder weniger 
starken Pressung oder nach wiederholtem Pressen genügend Saft ge- 
wonnen wird. Diese Methode liefert zuverlässigere Werte, als wenn 
etwa Blätterbrei mit Wasser versetzt und filtriert oder ausgepreßt 
würde. Sobald Galvanometer und Skala an Ort und Stelle und die 
Drahtenden an den Polen des Galvanometers befestigt sind, wird frisch 
gekochtes destilliertes Wasser in die eine Eprouvette und ca. 3 cem 
des Preßsaftes in die andere eingefüllt und die Leitenden des Thermo- 
elementes hineingetaucht. Die Kältemischung wird auf eine um ca. 
1° © tiefere Temperatur gebracht ‘als der erwartete Gefrierpunkt des 
Saftes. Im destillierten Wasser bildet sich eine Eissäule, in der die 
Drahtleitung steckt. Die Kristallisation des unterkühlten Saftes wird 
durch Impfung mit einem Eiskristall bewirkt. Nachdem diese ein- 
getreten ist, wird der Rahmen mit den beiden Eprouvetten in den 
Gefrierraum gebracht und durch die Klemmen die Verbindung mit 
dem Galvanometer hergestellt; während dieser Zeit dienen die Stützen 


XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 467 


der Leitungsdrähte in dem gefrierenden Saft als Rührer. Sobald die 
Verbindung hergestellt ist, wandert der Lichtfleck des Galvanometer 
spiegels nach aufwärts und seine endliche Einstellung bezeichnet die 
Gefrierpunktserniedrigung unter 0°C. Man läßt wieder aufschmelzen 
und wiederholt die Bestimmung mehrere Male und nimmt schließlich das 
Mittel. Durch Umkehrung des Stromes läßt man den Lichtfleck nach 
der entgegengesetzten Seite wandern und notiert auch hier den Punkt 
seiner Einstellung. Die Gefrierpunktserniedrigung A kann nach der 
Nernstschen Formel A: 12,03—= P in Atmosphären zur Berechnung 
des osmotischen Druckes verwendet werden. 

Nach den Untersuchungen von Dixon und Atkins!) bleibt der 
osmotische Druck bei einem Individuum unter ähnlichen Bedingungen 
derselbe, verändert sich aber unter verschiedenen Verhältnissen sehr 
stark; so wurden bei Syringa vulg. Werte von 11,58 bis zu 24,58 Atmo- 
sphären gefunden, ohne Unterschied aber, ob die Blätter höher oder 
niedriger am Baume standen der osmotische Druck ist stets viel höher 
als der Wasserversorgung entspricht. Die Natur der den osmotischen 
Druck bedingenden Substanzen ist hauptsächlich durch die Kohlensäure- 
assimilation bedingt, ferner durch die Hydrolyse der osmotisch un- 
wirksamen hochmolekularen Komplexe in solche von osmotischer 
Wirksamkeit, wenn die abgepflückten Blätter im Dunkeln gehalten 
werden; er sinkt dagegen in Schattenblättern (z. B. von 18,10 zu 
11,58 Atm.). Wurzeln zeigen immer geringe Drucke (4—6 Atm.). Die 
größte Gefrierpunktserniedrigung, — 2,234° © entsprechend 26,87 Atm., 
wurde beim Safte von Syringa vulg., die niedrigste, — 0,314 °C = 3,97 Atm., 
bei Chamaerops humilis beobachtet; aber dieses sind noch nicht die Grenz- 
zahlen, sondern es sind im Sommer, bei großem Zuckerreichtum der 
Blätter, bei Syringa sicherlich Werte von 30—40 Atm. erreichbar. 

Kryoskopische Bestimmungen von Pflanzensäften sind vielfach, 
aber nur wenige methodisch gemacht worden. Es sei hier eine Reihe 
nach dem Referate von F. Botazzi (,Osmotischer Druck und elek- 
trische Leitfähigkeit der Flüssigkeiten der einzelligen pflanzlichen und 
tierischen Organismen‘, Ergebnisse der Physiologie 7, S. 222 [1908]) 
wiedergegeben. Sutherst stellte fest bei: 


A 'osmot. Dr. in mm Hg 
Kürbis, Blatt und Stengel 0,95% | 6 880,0 
ss IRlaricchibt 2 06 Be BER en 0,75-:0% 8 6 880,0 
Schwedische Futterrübe (ganze Pflanze). 500% 9 173,2 
Sellerie (grüner Stengel, Blatt) 1,420. 12 842,48 
es (weißer Teile). . „2... (re 6 880,0 
Gelbe Rübe, Blatt und Stengel . . 18940 11 007,84 
FR > Wurzel . . be 1,0.C 971732 
Kohl, äußeres Blatt I 10 090,52 
Muztlerz) , . 0,85 ° 107022 
Apfel (Frucht) . 1,29 12 842,48 
Birne (Frucht) . 1,75 2 16 053,2 


1) H. Dixon and G. Atkins, On osmotie pressure in plants; and on a 
thermoelektrie method of determining freezing-points. Notes from the botanical 
school of Trinity College. Dublin 2, November 1910. 


30* 


Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


XXV. 


468 


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469 


XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


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XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


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Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


XXV. 


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XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


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XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


474 


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XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 475 


Pantanelli ermittelte, daß die weißlichen Zellen von Sam- 
bucus nigra und Acer negundo einen konzentrierteren Zellsaft besitzen 
als die grünen, bei absterbenden Pflanzenteilen zeigt sich im allgemeinen 
eine Steigerung des osmotischen Druckes. 

In systematischer Weise untersuchte Cavara die osmotischen 
Druckes sehr verschiedener Pflanzen und Pflanzenorgane in den ver- 
schiedensten Lebens- und Entwicklungszuständen, und durch diese Be- 
stimmungen wird erst klar, wie sehr das innere Milieu jeder Pflanze 
und sogar jedes Pflanzenteiles für sich, je nach den Lebensbedingungen 
sich ändert und wie die osmotische Konzentration durch die Stoffwechsel- 
vorgänge verändert wird. Wegen ihrer Wichtigkeit seien diese Tabellen 
hier S. 468—474 aus Botazzis Referat voll reproduziert. 

In den Blättern oder Organen, welche sehr intensiv assimilieren, 
sehen wir den osmotischen Druck bei den verschiedenen Pflanzen sehr 
variieren und je nach dem Standort wechseln, in der Nähe von Salz- 
lagern bis zu 33 Atmosphären steigen. Die folgende Tabelle gibt, aus 
der Gefrierpunktserniedrigung berechnet, einige der Werte in Atmo- 
sphären: 


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Bei der großen Ungleichheit der verschiedenen Werte ist doch eine 
gewisse Gleichmäßigkeit zwischen den Arten einer Gattung vorhanden, 
besonders wenn man ein und dasselbe Organ in Betracht zieht, ebenso 
wie dann wieder zwischen Gattungen derselben Familie. Diese Verwandt- 
schaft in den Werten für den osmotischen Druck ist der Ähnlichkeit der 
ökologischen Anpassungen zuzuschreiben. Saftige Pflanzen haben einen 
weniger konzentrierten Saft als fette, aber der osmotische Druck auch 
jener wird stark in die Höhe geschraubt, wenn sie auf sehr salzreichem 
Boden vegetieren !); Mittelwerte des osmotischen Druckes werden von 
Pflanzen mit sauren oder alkalischen Säften gegeben, wie von Poly- 
gonaceae, Rhammaceae, Oxalidaceae, Rosaceae usw. Die ökologischen 
Anpassungen bedingen aber osmotische Druckwerte, welche sich mit 
einer gwissen Konstanz erhalten, auch wenn das betreffende Exemplar 
auf andere Standorte übersiedelt; am interessantesten verhalten sich 
nach dieser Richtung die Halophyten, welche überhaupt die höchsten 
vorkommenden Drucke aufweisen. Im allgemeinen stammen bei allen 
Pflanzen die niedrigsten Werte von Pflanzen oder Organen, die im 
Frühjahr untersucht wurden, die höchsten von solchen, die im Sommer 
oder Herbst gesammelt sind: 


1) H. Fitting, Die Wasserversorgung und die osmotischen Druckverhält- 
nisse der Wüstenpflanzen. Zeitschr. f. Bot. 3, 209 (1911). 


476 XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


März— April Aug.— Sept. 
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Atriplex crassifolia . TER rn, 7 _ A= 5258 

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Arthrochnemum marecostachys . . - » » - srl Dr 

Obione portulaccoids . . - ... - - - - NW ea 

Salicornia herbacea .... nl.mcmi nn Ra Da „= 4209 

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Sehr große Saftkonzentrationen, wie die von Salicornia (A —= 6,62 9), 
werden auch durch die rötliche Färbung dieser Pflanzen angedeutet 
und es ist ja bekannt, daß auch im Experiment auf Zuckerlösungen 
schwimmende Blätter Anthokyanbildung zeigen. Da Anthokyan ein 
Gerbstoffderivat ist, erscheint es wahrscheinlich, daß unter dem Ein- 
flusse der hohen Salzkonzentrationen im Zellsaft vielleicht eine Kon- 
densation organischer Komponenten zu dem roten Zellfarbstoff statt- 
gefunden hat. Die von anthokyanhaltigen Organen resultierenden kryo- 
skopischen Werte sind unter sonst gleichen Bedingungen immer höher 
als die von grünen Pflanzen erhaltenen: 


| Grüne Organe | Rote Organe 


Halochnemum strobilaceum ah = Ta N —E8508 
Salicornia fruticosa . 462 u rAS 
.. herbacea ea ‚> 6b 


Der osmotische Druck ist erklärlicherweise stark von Ernährungs- 
verhältnissen beherrscht; am Morgen, vor Beginn der Assimilation, 
sind die Werte andere als am Abend. Ferner verändert die Transpiration 
den osmotischen Druck. Begreiflicherweise ändern sich die osmotischen 
Drucke, je nachdem sich die Pflanze im Licht oder im Dunkeln ent- 
wickelt. Ich konnte darin Verschiedenheiten erkennen, die auch durch 
das mikroskopische Bild ergänzt wurden, also z. B. je nachdem in den 
Zellen Aleuron (a in Fig. 181) oder Asparagin (A in Fig. 182) angehäuft 
war, oder fortschreitende Steigerungen im osmotischen Druck, wenn beim 
enzymatischen Abbau die Stärkekörner in aufeinanderfolgenden Stadien 
der Korrosion (Fig. 183) gesehen wurden. Turgeszente Blätter von Sedum 
maximum ergeben A = 0,40, verwelkte A = 0,58, frische Stiele dieser 
Pflanze haben A— 0,42, verwelkte 0,70°, frische Äste von Cereus Napoleonis 
A 0,40 ®, verwelkte 0,57°. Mit der Reife der Früchte nimmt der osmotische 
Wert regelmäßig zu (bei Pirus communis vom 9. Mai A = 1,031 ° bis zum 

Juli A = 2,460) oder ab (Citrus medica A der Frucht von 14 mm 


XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. Ale 


Durchmesser = 1,386 °, der reifen Frucht = 0,690°). Oder es kann der 
osmotische Wert (bei Vitis, Opuntia), nachdem er allmählich zugenommen 
hat, plötzlich auf einen ziemlich hohen Wert springen, wahrscheinlich 
indem lichtchemisch eine Zerspaltung osmotisch unwirksamer Inhalt- 
stoffe in solche von osmotischer Potenz bei der Reife stattgefunden 
hat. Auch über die elektrische Leitfähigkeit von Pflanzensäften liegen 
Versuche vor; es wurde gefunden, daß die spezifische Leitfähigkeit von 
Säften aus Pflanzenwurzeln immer beträchtlich geringer ist als des aus 
oberirdischen Pflanzenorganen stammenden Saftes. Auf Anregung Bo - 
tazzis unternahm Nicolosi eine Reihe solcher Bestimmungen 
und fand: bei dem ausgedrückten Saft von Keimwurzeln von Rieinus 
communis mit zwei kaum entwickelten Keimblättern war A = 0,415, 
K 355° = 117,9 - 10%; wenn die Pflänzchen außer den Keimblättern 
auch die zwei ersten Blättchen entwickelt hatten, war A = 0,68°, K ,.5° 
— 104,7 - 10%. Hypokotyl derselben Pflanze mit kaum entwickelten 
Keimblättern K,,,,;’ = 91 - 10%, Saft des Epikotyls mit Plumula 
Kyı5 — 12512109 Sakırdes 
Hypokotyls mit entwickelten 
Keimblättern und ersten Blätt- 
chen .A——0,45517 Ra 20 l67 
- 10#, Saft des Hypokotyls vom 
Einsetzen der Keimblätter 6 bis 


Fig. 181. Zellen mit Fig.1°2. Asparaginin den Zellen Fig.183. Durch enzymatischen Abbau 
Aleuron. etiolierter Keimpflanzen. korrodierte Stärkekörner. 


8cm abwärts A =0,77° K,,;' = 169 - 10-#. Saft des Stammes (Holz und 
Mark) von Cacalia anteuphorbium A = 0,69 °, K,;’ = 118,7 : 104. Saft 
von Rinde und Bast K,,° = 118,3 - 10. Milchsaft von Euphorbia helios- 
copia K,,,;' = 233 - 10. Milchsaft von Ficus sicomorus K,,,;' = 93,9 
-10-4, Saft der Blätter von Gasteria maculata A —=0,28°, K,,’ = 63,6: 10, 
Saft des Stammes von Bulbine frutescens A = 0,03, K,,' = 185,4 - 104, 
Saft der Blätter A = 0,45°, K,,' = 118,3 - 10%. Es besteht also eine 
große Verschiedenheit der Werte der Gefrierpunktserniedrigung und 
der elektrischen Leitfähigkeit, je nachdem der osmotische Druck des 
Saftes vornehmlich von Elektrolyten oder von Nichtleitern herrührt. 
Mit Hilfe des osmotischen Druckes, welcher auf semipermeable 
Membranen (Fig. 184) ausgeübt wird, wäre es vielleicht möglich, die 
quantitative biochemische Analyse der Mineralsalze zu vereinfachen. 
Möglicherweise ist dazu das von K. Rosenberg zu Demonstrations- 
zwecken angegebene einfache Osmometer (Fig. 185) geeignet!). 


1) K. Rosenberg, Experimentierbuch für den Unterricht aus Naturlehre. 
Wien 1912, p. 77. 


478 XXV, Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 


Bei dieser Gelegenheit sei auf einen von mir konstruierten Apparat 
(Fig. 186) aufmerksam gemacht, welcher zu quantitativen Messungen sehr 
geeignet wäre, wenn es gelänge, etwa nach dem Vor- 


Fig.184. Semiperme- Fig 


gange von Pfeffer oder von Morse und Horn!), eine 
dauerhafte semipermeable Membran herzustellen. Bei 
vielen ernährungsphysiologischen Versuchen mit einer 


Salzlösung ist es von Wert, den Be- 
trag des durch das Wurzelsystem auf- 
genommenen Salzquantums einfach 
und schnell zu bestimmen. Ein 
zylindrisches Gefäß trägt eine Glas- 
platte, die in der Mitte eine weitere, 
in der Peripherie eine Reihe kleinerer 
Bohrungen besitzt; die weitere Boh- 
rung trägt einen Kautschukstöpsel, 
in den eine feingraduierte Meßröhre 


5 3 eingesetzt ist, welche ihrerseits wieder 
. 185. Rosenbergs 


able Membran nach semiperm. Membran (E. luftdicht in einer Tonzelle 2 befestigt 


Pfeffer. 
M= Manometer; Z= M 
Thonzelle. 


Heilpern del. - : : 
= en Has ko. Ist; dieser letzteren wurde vorher die 


lodiumgefäß. semipermeable Membran eingelagert 
(sei es, daß sie mit Kupferchlorid 


gefüllt in Ferrozyankalilösung eingetaucht worden war, sei es, daß durch 
die Lösungen der elektrische Strom durchgeleitet wurde, wobei die 


Fig.186. Grafes Apparat 

zur quantitativen Bestim- 

mung der Entnahme von 
Mineralstoffen. 


') Morse und 


beiden Lösungen, innerhalb der Tonwand miteinander 
in Kontakt geratend, das Ferrozyankupferhäutchen 
bilden); die äußeren peripherischen Bohrungen dienen 
zur Aufnahme der angekeimten Samen, deren Würzel- 
chen durch das Loch in die Nährlösung eintauchen, der 
freibleibende Raum wird mit paraffinierter Watte oder 
dergleichen gedichtet. Das zylindrische Gefäß sowohl als 
auch die semipermeable Zelle sind mit derselben Lösung 
gefüllt, die in der Meßröhre zu Beginn des Versuches 
bis zu einer bestimmten Marke reicht. Das ganze 
Gefäß samt Pflanzen befindet sich unter einer Glocke; 
die Verluste durch Transpiration können bei länger 
dauernden Versuchen ersetzt werden. Nehmen nun die 
sich entwickelnden Pflanzen Mineralstoffe aus der 
Nährlösung auf, so sinkt die Konzentration im Kultur- 
gefäß im Vergleich zur Konzentration der Lösung 
innerhalb der Zelle; es erfolgt also in diese von außen 
eine Wassereinströmung, der aber nur das Wasser 
folgen kann, nicht die gelösten Stoffe, bis sich ein 
Gleichgewicht einstellt; mit fortdauernder Mineral- 
stoffentnahme wird das Gleichgewicht wieder ver- 
schoben und die Höhe der Wassersäule in der Meß- 
röhre S bei Abbruch des Versuches gibt die Menge der 
aufgenommenen Mineralstoffe an, da ein Parallelis- 
mus zwischen der Höhe der Wassersäule und der 
Menge der verschwundenen Mineralstoffe besteht. Es 
ist nur notwendig, ein für allemal durch quantitative 


Horn, Amer. chemie. ‚Journ. 26, 89 (1901); Morse und 


Frazer ebendas. 28, 1 (1902), 34, 1 (1905). 


XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 479 


Analyse die Parallelität dieser beiden Meßwerte zu bestimmen, um zu 
absoluten Zahlen zu gelangen. Selbstredend ist diese Methode nicht nur 
für einzelne Salze, sondern für jede Nährlösung anwendbar, wenn einmal 
das Zahlenverhältnis zwischen Wasserhöhe und Mineralstoffentnahme 
dafür tabellarisch festgestellt worden ist. Es ist auf diese Weise auch 
möglich, die von Monnier und Deleano und anderen Autoren 
festgestellte Wanderung von Mineralstoffen aus der Pflanze in die Nähr- 
lösung zu verfolgen und sichtbar zu machen; durch entsprechende 
Wägungen des ganzen Apparates ist es auch hier notwendig, den Betrag 
der Transpiration festzustellen. Eine große Schwierigkeit besteht aller- 
dings in der Herstellung der halbdurchlässigen Membranen, eine Schwierig- 
keit, die zu überwinden mir erst in ganz wenigen Fällen gelungen ist. 


XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 


Sehr häufig kommt man in die Lage, die Reaktion von Säften oder 
Ausscheidungen gegen Indikatoren zu bestimmen; im pflanzenphysio- 
logischen Laboratorium sind aber in der Regel nur die von der Maß- 
analyse her gebräuchlichen Indikatoren in Verwendung, während die 
Säfte häufig von einer solchen Beschaffenheit sind, daß uns nur andere 
Indikatoren Anhaltspunkte zu ihrer Beurteilung geben können. Aus 
der folgenden Tabelle können wir durch Vergleich die H+-Ionenkonzen- 
tration des zu prüfenden Saftes innerhalb enger Grenzen ermitteln. 
Wenn wir eine Säure mit einer Lauge titrieren, soll uns der zugesetzte 
Indikator den Punkt anzeigen, wo wir die genau äquivalente Menge der 
Base zugesetzt haben und umgekehrt; aber der Aquivalenzpunkt ist nur 
bei starken Basen und Säuren mit dem Neutralitätspunkt identisch, 
wenn also Säure und Base die gleiche Dissoziationskonstante besitzen ; 
anders, wenn Säuren und Basen verschiedener Stärke sich miteinander 
zur Salzbildung vereinigen; das entstandene Salz ist dann wohl chemisch 
neutral, reagiert aber sauer, wenn die Dissoziation der Säure überwog, 
alkalisch, wenn die der Base stärker war. Kennen wir die Dissozia- 
tionskonstante von Säure und Base, so können wir für jede Konzen- 
tration der Salzlösung den dazugehörigen H+-Ionengehalt berechnen. 

Titrieren wir z. B. die schwache Borsäure mit der starken Natron- 

n 
10 
lösung rechnerisch ermitteln. Die Hydrolysenkonstante von NaBO,:K — 


lauge !), sokönnen wir den H+-Ionengehalt einer Natriummetaborat- 


a, k-Wasser = 1,2 - 10-29 (25° C), k-Borsäure = 1,7 - 10-12 
2 
25%); K = ar a — Hydrolysengrad, c = molekulare Konzentration 
der Salzlösung. En DEE 
ce k-Säure Sauter, ne 
Ben _ V !-Wasser x k-Säure ae V 1:2x 109: 1:7x10° 
Con Feet 10-: 


Gr 2 le lo 


ı) Nach H. Friedenthal, Methoden zur Bestimmung der Reaktion tieri- 
scher und pflanzl. Flüssigkeiten, Abderhaldens Biochem. Arbeitsmeth. I, 541. 


480 XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 
CHaı+ 2n N | N N N N n N 
g in ccm 10-3 > | 1 Vase a I 10=3 1077 10 20% 
| | | i 
lizarin .. u 202 8 rün- E— rn == — —, bräun- 
u, Salk | lichgelb 
AlizarinblauS... .: . bräun- gelblich, — B: = r Be > 
lichrot | fast 
farblos 
Alizaringrün B.... lila fleisch — — — = e> = 
rot 
Alizarinsulfos, Natron . | gelb- | — _ — _ = braun rot 
grün 
Bikslierun ua alas dunkel-| grün — _ — hell- schwach ganz 
grün grün | hell- | schw 
grün hell- 
| | grün 
Aalkanımn 20 By. rosa | — _ _ _ u = 
j Br _ | 2 
Azolithmin 2 22.08 rosa | — — _ _ — —_ rosa, 
| Stich 
| violett 
Benzopurpuriu B blau blau- [violett — rot- rosa |] gelb, = 
violett violett Stich 
rot 
Bittermandelölgrün . . | gelb- _ grün |} blau _ _ _ 
braun 
—- | - 
Cochenille. .. „2... gab a _ _ E= bräunl.|| lila 
| rosa 
KRONE de ee blau r082 — _ -- — - - 
Quzeumem. . 2..% lila rot- gelb | = — E= = = - 
orange 
DIaNIE N se Birblos]| ‚era _ u — = 
A BEN: me 
Dimethylamidoazobenzol| him- | — _ —_ fleisch-[|| gold- _ —_ 
beerrot | farben || gelb 
ECHIROL.E N Eat ee gelbrot| gelb- rot — Se -_ — 
braun | 
Eosinmethylenblau. , grün hell- blau | — blau- _ | — —_ 
blau | violett | 


XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 


481 
N N N N n n N N In 
10-19 | 10-11 | 10-2 | 10=13 | 10-4 | 10-3 | 0-16 | 10-7 | 10-8 
blaßlila lila —_ — — violett| — blau, | blau —_ 
Stich 
violett 
grün- ‚schw. — grün _ violett || blau blau- | grün en zB 
lieh | grün grün nennen 
sehr schwach. 
N: _ r — — bräun- !bräunl., — — — 
lichgelbf| dann | 
grün | 
| u | er 2 ze lila [violett — — = = 
Spur E E= E= _ —; | Sarhlaae — 
grünl., 
dann | 
| farblos 
== — rot- violett || blau — — | — er — 
violett | | 
violett || blau- | blau dz — — 0 — = _ 
violett | 
| 
— — — —_- | — — — rosa —_ _ 
| | 
_ — E - — blau, | blau, |[farblos — — 
dann |schnell 
heller | farblos 
2 En Br a a — en | — ).— . ‚Gesättigte Lösg., 
| | | 2 Tropfen. 
— —_ — — — — rot- [violett — _ 
violett 
an Ss = —- —= — '—  |bräunl.-|| grün- E 
rot lieh 
Spur || violett 23 e = =. — — = 
hell- blau | | 
blau, | 
fast | 
farblos 
-— | ui 
B 24 u 2£ er en = — = Sehr verdünnte 
| | Indikatorlösg. 
en we u Br 5 Ei PER u Ben a Rotfärbung nach 
der alkal. Seite 
| immer dunkler, 
2 Tropfen. 
| er in se — — — violett || lilarot | _ 
Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 3l 


482 XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 
CH+ 2n n a n | n n 
g in cem i0= | 10# | = | 95 | m ua | 10-3 | 109 
Fluoreszein ...... grün- Zu | = grüne 
gelb | Fluoresz, 
| | | 
Gallen N orange — — gelb | gelb, orange-| rot rot, 
Stich rot Stich 
| rot violett 
I 
Guajaktinktur. .. . . farblos — | — — _ .- E= | _ 
amaleine: au him- rosa grün- | grün- _ grün- —_ | bräun- 
beerrot lich- | gelb gelb lich, 
grau | dann Stich 
grau rot 
ahaskhin TV. 2. 2%: rosa | orange — — — le | — 
em | i ER: 
Hrhantiın II... rosa || grün-  — - — — E= | — 
gelb | | 
Andenan. . 2.2... grün- || rosa _ — Be: — En 
gelb 
Konsarot „2. 2,2 5%; blau — _ u _ violett || schar- —_ 
lachrot 
Baker u... 40.0. r098 | — — — — |). —  mioletkı aelar 
| | blau 
| | 
Magdalarot : .-... . - gelb | rosa | -- _ Be: | = Br 
| zenz 
Mauren. 2... gelb grün || grün- || blau [|violett) — — — 
blau 
Methylgrün. grün- A grün || blau | — — — = 
gelb | 
| 
Methylorange . . rosen- — le orange-||orange| gelb — 
rot rot 
Methylviolett . . gold- || zeisig- || grün- || blau [[violett — — — 
gelb grün blau 


#-Naphtholbenzoin . . 
gelb 


bräunl. 


a ua 


XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 483 
n n n n | n |ın n n In 
10 | 100 | 102 | 108 | WR OS pe oe | ne 
| | | | 
20 a Er IE a Rn 3 
| allmanj.| violett 
braun 
- grün- =. = | — — — _ — | — 
gelb | | | 
hell- || violett|| rot- ee rot- |Idunkel- dunkel- |dunkelr.,|]| plau- | Die meisten 
lila violett [| später || violett,|| rot, rot, BUaNEE violett' Farben sind 
rot- |jschnellfl violett | später dann’ nicht lange be- 
braun || braun ' braun |gelbgrün ständig. 
| rg fe ee T 
— — a — orange- rot | — En —_ 
| | rot 
= - er u ee 2 
| | gelb | 
| I 
—_ —_ ee _— _ 2 Rosafärbg., all- 
| mähl. stärker. 
Zu - -| 11-1015 = 
| | | | 
blau, | blau | — Pe ERW — | 1. Allmssber 
Stich | | | gänge, keine 
violett | Umschläge. 


lila 


blau, 
sehr 


langsam 


rot 


violett-| gelbrot 


Färbungen in den 

drei letzten Kolon- 

nen verblassen all- 
mählich. 


allmäh- 
lich 


blau, hellblau, farblos 


sehr | 
schnell 


| 
| 
| 
| 
| 


heller | farblos farblos | 


farblos 


Sehr verdünnte In- 
dikatorlösung 
50 mg auf 100 H2O, 
sonst Umschläge 
unscharf. 


violett, ||violett, 
langsaml|sehnell 
farblos |[farblos 


farblos 


| grün | grün- 


blau | 


” 


484 XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 
CH+ 2n n | n n n n n n 
g in cem 10? | 107® | 107% | 1076 || 10% |. 1077 | De 
Meutralret. „.. Zen. eyan- |} blau- || him- — _ — — —_ 
blau |} violett [|beerrot 
p-Nitrophenol .. . . . farblagıl, » 5) 0 Meer ae a — hell- 
grünl. 
Phenacetolin ..... gelb _ —_ -— _ bräun- | bräun- || rosen- 
lich- | lichrot rot 
gelb 
Phenolphthalein.. . farblos | — — — _ —_ — —_ 
Bosolsaure2.,..2..... gelb — Zr an hell- Er er a 
bräun- 
lich 
PRERBBIN a ae er blau lila || rosen- — = = — = 
rot 
Säurefuchsin. . . . lila | lilarot —_— | — _ _- — — 
Tetrabromphenol- farblos — | — - —_— | — — a 
phthalein . | 
| 
E Ed SPERERBIEFTSRH | 
Thymolphthalein. . . — — = = — —- = — 
le: | 
IEODADIMEN. 722.0 tea sed, rot- |ifleisch-|| gelb — _ — — Bone 
violett || rot | 
ropaolin: 0:7. =. sm gelb — _ — E — grün- — 
| gelb 
ii 
Tropßelin 00... ;: - rot- | — him- |[fleisch-[| gelb — _ ai 
violett | beerrot|| rot 
Tropäolin 000... . . ros4 gold- —-— | — _ — = ar 
gelb | 


Trinitrobenzol. . 


XXVI Reaktion von Sätten gegen Indikatoren. 485 
N n | N 7) N n n N IN 
10-10 10 u | 10-12 10-13 10-14 10-15 10-16 10-17 10-18 
l 
rosen- ||orange| gelb N — — E — = = 
rot | | 
i | IE 
grun- — I - _ — I u — === 
gelb | | 
a e | | | 
| — = ,\ —. .[vielett-| violett, farblos‘ — _ _ 
| rot |langsam 
| | heller | 
_ _ rosa rot — —_ _ | rot, |jrot ein- Verdi Lone: 
Sons 1ederschla 
schnell [[fallend, i. starken ee 
farblos || darauf | Stufe 8 mit ein. 
gleich TrepfonTarbiosuhei 
% T. 4usatz ganz 
farblos een Sr 
rosa | rot | — | — — — | — rot, | rot, u 
| | l langsam] schnell 
| | | heller | farblos 
| | | 
| | 
| | 
— — — — — — _ — violett — 
2 Kae 2 TE | | 3 F ” T - 
2 es —  lilarot,, —  |blaßlila,llila ein-| farblos| — = 
| lang- später | fallend, | 
| sam | farblos | später 
| blasser farblos | 
z je BEE a RE Br ie 
| 
== _ violett — = == | violett, | violett, || farblos Stufe 8 bei weit. 
| langsam schnell Zus. schwach 
| farblos farblos | violett. 
— — — hell- blau — _ — blau, = 
| blau schnell 
| farblos 
—_ fleisch-[| rosen- u — | _ —_ _ — — 
| rot rot | | 
| F SE a 3 | 5 
= — — = = orange| rot- — = 
| orange 
Be | 2 | _| |) 0] Mo 4 
| | | | farblos 
Tee | | | 
— == E — == orangelorange- — — —— 
| rot 
— — - —_ — E orange|| rot- fast — 


orange || farblos 


YsejyaswnuagJeg J9p a]jaqgeL 


01 
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i | | | . 
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XXVII. Anhang. Die Herstellung von Normallösungen. 487 


Wir suchen daher bei Titration von Borsäure einen Indikator, welcher bei 
Cu+ =1 - 1071!eine möglichst scharfe Farbenänderung erleidet. Die vor- 
stehenden Tabellen (S. 480—486) von Salm und Friedenthal geben Indi- 
katoren für alle möglichen H+-Ionenkonzentrationen an, der Doppelstrich 
bezeichnet den scharfen Farbenumschlag, und durch Verwendung solcher 
Indikatoren, welche alle im Handel zu haben sind und deren Bereitung 
in dem kleinen Buch von F. Glaser, Indikatoren der Azidimetrie 
und Alkalimetrie, Wiesbaden 1901, nachgesehen werden kann, ist es 
leicht möglich, den H+-Ionenkonzentrationsgrad des zu prüfenden Saftes 
zu erkennen. Bei der Schärfe der Indikatoren ist es natürlich nicht ge- 
stattet, die betreffenden Pflanzenteile etwa mit Glaspulver oder mit 
Sand zu zerreiben, da von beiden Medien an den Saft lösliche Bestand- 
teile abgegeben werden, welche auf die Indikatoren wirken. Man muß 
das Zerreiben für sich in der Achatreibschale vornehmen. Linsbauer 
und Grafe verwendeten für die Aziditäts-, respektive Alkaleszenz- 
prüfung der ausgepreßten filtrierten Säfte in Vergleichsproben gleich- 
große (5ccm fassende) mit eingeriebenem Stöpsel verschließbare Röhrchen, 
in die je die gleiche Menge Saft und drei Tropfen der Indikatorlösung ge- 
tan wurden. Nach dem Durchmischen wurde die entstandene Färbung 
gegen eine weiße Unterlage kontrolliert und mit dem nächstliegenden 
Ton in den Raddeschen Farbentabellen verglichen. 

Indikatoren mit sehr scharfen Umschlägen sind Dimethylamido- 
azobenzol, Neutralrot, Rosolsäure und Thymolphthalein. Starke Mineral- 
säuren können mit ätzenden Alkalien und alkalischen Erden gegen Methyl- 
orange sowohl als gegen Phenolphthalein und Lakmoid titriert werden, 
aber die Laugen müssen bei Lakmoid und Phenolphthalein frei von 
Kohlensäure sein, wenn nicht in der Hitze titriert wird, wobei die Kohlen- 
säure entweicht. Die stärkeren organischen Säuren, wie Oxal-, Milch-, 
Wein-, Zitronensäure, lassen sich nur gegen Lakmoid oder Phenolphthalein, 
schwache Säuren nur gegen letzteres titrieren. Ebenso sind bei den starken 
Basen, den Hydroxyden der Alkalien und Erdalkalien alle drei Indika- 
toren anwendbar, bei Aminbasen und bei Ammoniak nur Methylorange, 
allenfalls Lakmoid. Bei kleinen Mengen Alkaloiden verwendet man am 
besten Jodeosin (außer bei den Chinaalkaloiden), dessen Umschlag 
(Säure — orange, Alkali — kirschrot) scharf wird, wenn man die Titration 
im Schüttelzylinder bei Gegenwart von Ather ausführt (2 mg Jodeosin 
auf 1000 ccm säurefreien Äthers); für Chinaalkaloide eignet sich Häma- 
toxylin in alkoholischer Lösung 1 : 1000. 


XXVI. Anhang. Die Herftellung von Normal- 
lösungen. 


Unter Normallösungen, wie sie in der Maßanalyse verwendet 
werden, versteht man Lösungen, die im Liter ein Grammäquivalent 
(bezogen auf H = 1) des betreffenden Stoffes gelöst‘ enthalten. Z. B. 
Salzsäure HCl: eine normale Salzsäure enthält das Molekulargewicht 
von HCl = 36,5 g im Liter gelöst, entsprechend 1 Grammatom H; 
Salpetersäure HNO, ebenso 63 g HNO, im Liter, Schwefelsäure H,SO, 


98 
ein halbes Grammolekül H,SO, = — 


ae entsprechend einem 


488 XXVII. Anhang. Die Herstellung von Normallösungen. 


Grammatom H, im Liter gelöst. Kalilauge KOH enthält 56 g Ätzkali 
im Liter; Natriumkarbonat Na,CO, ein halbes Grammolekül Na,CO, 

106 
I 
ganats KMnO, zu bestimmen, müssen wir auf seine Wirkungsweise 
zurückgehen, welche durch die Gleichung ausgedrückt ist 2KMnO, 
— K,0 + 2MnO + 50. Zwei Grammoleküle KMnO, entwickeln also 
5 Grammatome Sauerstoff, entsprechend 10 Grammatomen Wasser- 


A 15 
stoff, und !/, Grammolekül KMnO, =: en — 31,63 g entwickelt 


5) 
1, Grammatom Sauerstoff, entsprechend 1 Grammatom Wasserstoff. 
Wir müssen also 31,63 g KMnO, im Liter auflösen, um eine normale 
Permanganatlösung zu erhalten. Da die normalen Lösungen vielfach zu 
stark sind, bereitet man durch a: der halben, zehntel, zwanzigstel, 


a a 
hundertstel Menge 2’ 10° 20° o 


Als molar e Lösungen bezeichnen wir die Auflösung des Molekular- 
gewichtes im Liter ohne Rücksicht auf die Äquivalenz. Es ist klar, daß 
l ccm einer nHCl einem Kubikzentimeter jeder anderen Normallösung 
äquivalent ist, nicht aber z. B. 1 cem molarer HCl 1 ccm molarer Ba(OH),, 
denn beide beziehen sich nicht auf dieselbe Äquivalenzeinheit, während 
alle normalen Lösungen auf 1 Grammatom Wasserstoff bezogen 
sind. 

Alle Normallösungen der Alkalimetrie und Azidimetrie stellt man unter 
Verwendung von besonders gereinigter und getrockneter Soda her, einem 
Salz, das leicht absolut rein hergestellt und unzersetzt aufbewahrt werden 
kann. Um z. B. eine normale Salzsäure herzustellen, verdünnt man reine 
konzentrierte Salzsäure mit Wasser unter Verwendung eines Aräometers in 
einem hohen Zylinder bis auf zirka 1,020 spezifisches Gewicht'!). Nun wägt 
man in einem Wägegläschen mit eingeschliffenem Stöpsel diejenige Menge 
der reinen, getrockneten Soda ab, die ungefähr 35—40 ccm der Säure 
entsprechen wird (1000 cem nHC]l entsprechen 1000 cem nNa,CO,, 
also einer Lösung von 53 g Na,CO,, daher entsprechen 40 cem nHCl 
einer Menge von 2,12 g Na,CO,). Man wägt also auf der analytischen 
Wage eine Sodamenge ab, die um 2 g herumliegt (lieber etwas weniger), 
löst sie in einem Becherglas in zirka 100 ccm destillierten Wassers auf, 
fügt 5—6 Tropfen Methylorange hinzu, bis die Lösung ganz schwach 
gelb erscheint, und läßt die Salzsäure unter beständigem Umrühren aus 
der Bürette zufließen bis der Umschlag von Gelb in Orange erfolgt, 
liest den Stand in der Bürette ab und fügt einen oder zwei Tropfen der 
Säure hinzu, bis eben die Rosanuance auftritt. Angenommen wir hätten 
zur Titration von 2,1132 g Na,CO,, 39,20 cem Salzsäure gebraucht. Wäre 
die Säure richtig normal gewesen, so hätten wir 39,83 cem nach der Propor- 


—53g. Um die Menge des im Liter zu lösenden Kaliumperman- 


Lösungen. 


!) Den Gehalt einer Salzsäure an Chlorwasserstoff in Gewichtsprozenten er- 
fährt man, wenn man ihr spezifisches Gewicht mit dem Aräometer bei Zimmer- 
temperatur bestimmt und die beiden ersten Dezimalen mit 2 multipliziert. Zeigt 
also die Salzsäure z. B. das sp. G. 1,02, so enthält sie 4°/, HCl, eine Säure vom 
sp. G. 1,15 ist 30 prozentig ete.; bei Kali- oder Natronlauge lautet diese 
empirische Regel noch einfacher, hier drückt die Zahl hinter dem Dezimalpunkt 
(die Mantisse) direkt die Prozente KOH etc. aus, so daß also eine Kalilauge 
vom sp. G. 1,01 ein Prozent KOH enthält, eine solche vom sp. G. 1-19 ca. 20°/, 
u. #. f. nur bei den höchsten Konzentrationen ist die Übereinstimmung mangelhaft). 


XXVII Anhang. Die Herstellung von Normallösungen. 489 


tion 53,05 : 1000 = 2,1132: x verbrauchen müssen. Da wir nur 39,2 ccm 
verbraucht haben, ist unsere Säure zu stark, wir müßten also Wasser hin- 
zufügen. Gewöhnlich tut man das aber nicht, sondern berechnet folgender- 
maßen den Faktor: da 39,2 ccm der von uns verbrauchten Säure 39,83 ccm 
exakt normaler entsprechen, so entspricht 1 ccm unserer Säure x cem exakt 
normaler, nämlich 1,01607 ccm. Mit dieser Zahl müssen wir also jeden 
Kubikzentimeter der von uns hergestellten Säure multiplizieren, um den 
exakt normalen Titer zu erhalten. Diese Zahl wird also als ‚Faktor‘ 
auf die Säureflasche geschrieben. Um eine n-Natronlauge (40,06 g NAOH 
im Liter) herzustellen, wägen wir auf der Handwage 46 g reinsten Ätz- 
natrons (selbst dieses ist immer mit einer Schicht Natronkarbonat 
überzogen) ab, lösen in 1000 ccm Wasser und lassen die Lösung eine Stunde 
neben der eben hergestellten n-Salzsäure stehen. Dann pipettiert man 
40 ccm der Lauge ab und titriert gegen Methylorange mit der Säure. 
Angenommen wir hätten für die 40 ccm Lauge 39,87 ccm Säure verbraucht, 
also mit dem Faktor multipliziert, 40,5 ccm exakt normaler Säure, so 
müssen zu 40 Kubikzentimetern Lauge noch 0,5 ccm Wasser hinzu- 
gefügt werden, also zu 1000 ccm Lauge 12,5 ccm Wasser, um die Lauge 
exakt normal zu machen. Man kann statt dessen natürlich auch hier 
den Faktor bestimmen. 


. KMnO ‚-Lösung herzustellen, müssen wir 3,163 g des 
in hohem Reinheitsgrade käuflichen Salzes in 1000 cem Wasser lösen. 
Da aber das Wasser gewöhnlich Spuren oxydabler Substanzen enthält, 
wägen wir rund 3,2 g KMnO, ab, lösen auf und lassen nun 8—14 Tage 
n 
10 
vornehmen. Von dieser zweibasischen Säure (COOH), + 2 H,O = 126,05 
lösen wir also den 20 ten Teil = 6,303 g im Liter auf. Nachdem wir 
eventuell noch die Exaktheit dieser Lösung durch Titration mit exakt 
n 
10 
ein Becherglas ab, fügen 10 ccm verdünnter Schwefelsäure (1:4) hinzu, 
verdünnen mit kochendem Wasser auf zirka 200 ccm und lassen die zu 
stellende Permanganatlösung aus der Bürette zufließen. Anfangs bleibt 
die Lösung mehrere Sekunden rot, wird dann beim Umrühren entfärbt, 
und von da an wird jeder zufallende Tropfen sofort farblos. Sobald ein 
Tropfen beim Umrühren nicht mehr entfärbt wird, die ganze Lösung 
sich also rosa färbt, ist die Oxydationsreaktion der Oxalsäure beendigt. 
Da zur Oxydation von 1 Grammolekül Oxalsäure 1 Grammatom Sauer- 


Um eine 


stehen, bevor wir die genaue Einstellung, am besten mit Oxalsäure, 


Natronlauge überprüft haben, pipettieren wir 25 cem derselben in 


stoff erforderlich ist und 1000 cem . Oxalsäure !/,, Grammolekül Oxal- 


n 


10 Oxalsäure !/,, Grammatom 


säure enthalten, so entsprechen 1000 cem 


Sauerstoff = 0,8g und 1 cem . Oxalsäure daher 0,0008 g Sauerstoff. 


Sind z. B. zur Oxydation unserer 25 ccm ÖOxalsäure 24,3 cem Per- 
manganatlösung verbraucht worden, so entsprechen diese 24,3 ccm — 
25 - 0,00088 — 20 mg Sauerstoff oder 1 ccm Permanganatlösung — 
0,020 


eo Ss stoff. 
24.3 0,8304 mg Sauerstof 


490 XXVII. Anhang. Die Herstellung von Normallösungen. 


Als Grundlage der schärfsten Bestimmungsmethode, der jodo- 
metrischen, ist die Gleichung: 2Na,S,0; + J, = 2NaJ + Na,S,O, 
anzusehen, d. h. das in seiner Lösung (Jod löst sich in Jodkalilösungen 
überaus leicht) braunschwarze Jod wird durch Natriumthiosulfat in 
das farblose Jodnatrium und Tetrathionat verwandelt, ein Umschlag, 
der sich durch Verwendung des mit Spuren freien Jods tiefblau, mit 
größeren Mengen schwarzgrün sich färbenden Stärkekleisters überaus 
n 
10 
her, indem man von dem Salze Na,S,0, + 5H,0, von dem nach der 
Gleichung 1 Grammolekül einem Grammatom Jod entspricht, den 


scharf zu erkennen ist. Man stellt eine Natriumthiosulfatlösung 


zehnten Teil des Molekulargewichtes = 
löst und nach einiger Zeit den Titer mit dem kristallisiert sehr rein 
erhältlichen Kaliumbijodat bestimmt, von dem 389,858 g äquivalent 
sind 1512,5 g Jod. Löst man 3,2488 g reinen Kaliumbijodats in 1000 cem 
Wasser auf, (d. i., da man auf ein Grammatom beziehen muß und 
1 Molekül Kalibijodat 12 Atome Jod ausscheidet, 389,858: 12 für eine 
Normal-, und weiter durch 10 dividiert, für eine Zehntelnormal- 
lösung), so scheiden 10 ccm dieser Lösung beim Versetzen mit über- 
schüssigem Jodkali und Salzsäure genau so viel Jod aus wie in 10 cem 


— rund 25 g im Liter auf- 


einer n 0 Jodlösung enthalten sind; 1—2 g reines Jodkali werden in einem 


Becherglas in möglichst wenig Wasser aufgelöst, 5 ccm Salzsäure 1:5 
dazugefügt und dann 20—25 ccm der Bijodatlösung; das Jod scheidet 
sich sofort quantitativ aus und wird nach Verdünnen mit 200 cem Wasser 
mit Natriumthiosulfat zurücktitriert. 20 cem unserer Kaliumbijodat- 
lösung schieden 0,2537 g Jod aus. Angenommen wir hätten zur Titration 
20 cem Thiosulfat gebraucht, so ist die Natriumthiosulfatlösung exakt 
zehntelnormal, brauchen wir mehr oder weniger, so ist der Faktor nach 
der obigen Überlegung zu berechnen. Der Titer der Thiosulfatlösung 
wird in Grammen Jod ausgedrückt. 
n 

10 
kali in möglichst wenig Wasser im Literkolben, fügt zirka 12,7 g Jod 
dazu, das man auf dem Uhrglas und auf der Handwage abwägt, schüttelt 
bis zur Auflösung und füllt bis zur Marke auf. Von der gut durchgemischten 


Um eine Jodlösung herzustellen, löst man 20—25 g reines Jod- 


Jodlösung titriert man 25 ccm mit der er Natriumthiosulfatlösung. 


n 
25 cem ‚Jodlösung hätten 25,16 ccm 10 Na,S,0,-Lösung verbraucht, 


; Le 
daher ist 1 ccm = 1,0064 ccm einer exakt 10 Lösung. 


Abkühlung als Treibver- 
fahren 392. 

Ableitung der Assimilate 
140. 

Abschluß des Kultursub- 
strates gegen 
dunstung 430. 

Absorption und Transpira- 
tion, verschiedene, bei 
Tag und Nacht 461. 

Absorptionsbestimmung 
durch Wägung und 
Messung 446 ff. 

Absorptionsbüretten 363. 

Absterben 348. 

Abtöten 348. 

— durch Erfrieren 386. 

Adsorptionsmethode 339. 

Adsorptionsreihe 340. 

Apfelsäure 261. 

Aquikapillar 327. 

Aquıvalenz 479. 

Atherisieren 392. 

Atherzahl 185. 

Athylalkohol 268. 

Aldehyde 264. 

Alkalien, qualitative Prü- 
fung 73, 902. 

—, quantitative Prüfung 
76. 

Alkaliausscheidung 58. 

Alkaloide 273. 

—, quantitat. Bestimmung 
285. 

—, kapillartitrimetrische 
Bestimmung 29. 


Amide 207. 

Aminosäuren bei der Kei- 
mung 222. 

Ammoniak 211. 

Anaesthesierende Stoffe 


als Treibmittel 392. 
Aschenanalyse 69. 
Asparagin 208. 
Assimilationskurven 115. 
Assimilationsprodukte 135. 
Assimilatorischer 

197. 

Atmung 346. 


Ver- | 


Sachregister. 


Atmung auf verschiedenen 
Nährlösungen 969. 

— Einflüsse der Tempe- 
ratur und des Sauer- 
stoffmangeis 355. 

—, intramolekulare 331. 

Atmungsapparate 361 ff. 

Atmungschromogene 235. 

Atmungskoeffizient 346. 

Atmungskurven 348. 

Atmungsverluste bei der 
Keimung 350. 

Atropin, Bestimmung 2833. 

Aufbewahrung von Samen, 
Erhaltung der Keim- 
fähigkeit 9. 

Aufnahme von Wasser 
bei der Samenquellung 
3, 5. 


198. 
Aufzucht, sterile 320 ff. 
Auslegen der Samen 14. 
Autolyse 331. 
Auxanometer 400. 
, selbstregistrierende 
401 ff. 
— , elektrisches 404. 


der intramolekularen 


Atmung 386. 


| Azetylzahl 187. 


Bakterienmethoden zum 
Sauerstoffnachweis 102. 
Benzoesäure 262. 


\ Bernsteinsäure 262. 


Bewässerungsapparat 266. 


' Blasenzählmethode 103. 


Blattflächen, Atmung 360. 
Blatthälftenmethode 111. 


Blattober- und -unterseite, | 


Transpiration 436. 


| Blüten 456. 


| Blut, 
| Sauerstoffnachweis10l. 
Effekt 


defibriniertes, zum 


Blutungssaft, 
457. 


Auffangen 


Bodensterilisation 19. 
Bromwasser als Desinfi- 
ziens 321. 


Chinin, Bestimmung 283, 
289. 

Chloride, quantitative Prü- 
fung 74. 

Chlorose 60. 

Chromatogramm 340. 

Chromatogramm-Methode 
zur Enzymanalyse 342. 

Cytase 343. 3 


Dextrose, Nachweis 194. 
Dialyse 213. 

Diastase 223, 227. 
Dickenwachstum 399, 416. 


' Dissoziationskonstante479. 


' Druck, osmotischer bei der 
Aufschließen des Bodens | ein ao 


Quellung 1. 


' Dunkelsamen 23. 


‘ Einserton 121. 


Einsiedegläser mit Gaze- 
bedeckung 55, 69. 
Eisen 59. 


' —, qualitative Prüfung 72. 
| —, quantitative Prüfung 
Azeton und Alkohol bei 


75, 78. 
Eiweißreaktionen 203. 
Eiweißstickstoff 207. 
Elektrizität, Einwirkung 

auf das Wachstum 81. 
—, pflanzliche, als Mittel 

zur Keimkraftprüfung 

16. 


| Elektrokultur 8. 


—, steriles Auffangen 459. | 


Emanation, Einwirkung 
auf das Wachstum 8. 
Emulsin 223. 
Entblätterung als Treib- 
verfahren 391. 
Enzyme 217. 


| —, glykolytische 220. 


—, proteolytische 221. 

—, quantitat. Feststellung 
der Wirkungsweise 226. 

—, Wirksamkeit bei der 
Keimung 1. 


492 


Epidermismethode 475. 

Erdalkalien, qualitative 
Prüfung 73. 

—, quantitat. Prüfung 75. 

Erde als Substrat &8. 

— als Substrat, Behand- 
lung 52. 

Erfrieren 388. 

— und Hydrolyse 2. 

Erkältung 389. n 

Erstarrungspunkt von Ol 
180. 

Etiolement 130. 

Exsikkatoren 300. 

Extraktion 177. 

‚ systematische, von 

Pflanzenmaterial 306. 


Farbenreaktionen der Al- 
kaloide 275, 278. 
Fällungsreaktionen 
Alkaloide 273, 278. 
Farbentabellen 487. 
Farbstoffbestimmung 
durch Bio-Kapillarität 
345. 
Fette 176, 181, 183, 189. 
— als Wärmespeicher 389. 
Fettsäuren, Bestimmung 
der 186, 189. 
Feuchtigkeit, Bestimmung 
301. 
Filtrierpapier als Keimbett 
17; 
Flammenreaktionen 73. 
Flüssige Luft als Trocken- 
mittel 300. 
Formaldehyd 137. 
—, Bestimmung 264. 


der 


Galvanische Ströme, Ein- 
wirkung auf dasWachs- 
tum 8. 

Gasabsorptionsgefäße 98. 

Gasanalyse 373. 

Gasdosierung 36. 

Gasmengen, Bestimmung 
kleiner 365. 

Gaszerstäuber 303. 

Gefrieren 388. 

Gelatine als Substrat 49. 

Gerbstoffe 248. 

Gerbstoffexosmose 327. 

Gesamtanalyse 297. 

Gesamtanalysen aus 
nährungsphysiologi- 
schen Versuchen 308. 

Gewichtsveränderung bei 
der Quellung 5. 

Gifte der Ausscheidungen 
von Samen 17. 


eT- 


 Giftwirkung, Abhängigkeit 


Sachregister. 


v. d. Konzentration 38. | 
Glaskammer 419. 
Glukoside 256. 

Glutamin 208. 

Glyzerin, Bestimmung 191. 
Goochtiegel 77. 
Grammäquivalent 487. 
Grammolekül 487. 
Guttation 462. 


Hautpulvermethode 255. 
Hehners Zahl 187. 
Hemizellulose, Bestim- 
mung neben Lignin, 
Pentosanen, Zellulose 
173. 
Hexosen, Nachweis 144. 
Hungerstoffwechsel 69. 
Hydrolyse 1, 4. 
Hydrolysen von Reserve- 
stoffen bei der Atmung 
352. 
Hygroskopmethoden 420ff. 


Indigolösung zum Sauer- 
stoffnachweis 101. 
Indikatoren, gebräuch- 

liche 497. 
—, Reaktionen der Säfte 
gegen verschiedene 479. 
Infiltration, graduelle 426. 
von Koniferennadeln 


427. 
Infiltrationsmethode 425. 
Injektion von Flüssig- 

keiten als Treibver- | 


fahren 398. 
Inosit, Nachweis 145. 
Insolator 122. 

Inulin 2, 136. 
—, Bestimmung 165. 
Invertase 223. 


Jodlösung 49%. 

Jodometrie 489. 

Jodprobe 135, 138. 

Jodzahl 188. 

Ionenaufnahme aus Nähr- 
lösungen 58. 


Kaliapparate 9. 

Kaliumpermanganat- 
lösung 489. 

Kalk 64. 

Kälteschutz bei Samen 12. 

Kapillaranalyse 179. 

Kapillarisationsmethode 
zum Enzymnach weis246. 

Kapillaritätsanalyse 343. 

Kapillarmanometer 325. 

Kautschuk 294. 


Karbonate, 
Prüfung 74. 
Katalase 240. 
Keimapparat 26. 
Keimbett, Befeuchtung 14. 
Keimdauer 4. 
Keimfähigkeit 3, 8. 
—, äußere Einflüsse 9 ff. 
Keimkasten 54. 
Keimkraftprüfung 15. 
Keimlinge, Anzucht |]. 
—, Einwirkungen auf das 
Wachstum 81. 
Keimpflanze 47. 
Keimprozent 3. 
Keimschale 13. 
Keimstadium, Beendigung 
132. 
Keimung 1. 
—, Einfluß von Kälte und 
Licht 12 ff., 19. 
—, Abhängigkeit 
Sauerstoff 41. 

‚ Beeinflussung durch 
fließendes Wasser 41. 
—, Beeinflussung durch 
H- und OH-Ionen 39. 
—, Beeinflussung durch 

Gifte 30. 
—, Beeinflussung durch 
elektrische Ströme 42, 
‚ Beeinflussung durch 
Radium 44. 


qualitative 


von 


' —, Beeinflussung durch 


Röntgenstrahlen 76. 
‚ Beeinflussung durch 
Dämpfe 31. 


| —, Beeinflussung durch 


nasse und trockene 
Wärme 10. 

—, Temperaturgrenzen 29. 

Keimungsenergie 9. 


Keimungsreize 4. 


' Kjeldahlbestimmung 202. 


Kleine Flüssigkeitsmen- 
gen, Bestimmung der Ge- 
frierpunkterniedrigung 
466. 

Kobaltpapiermethode 418. 

Koffein, Bestimmung 292. 

Kohlendioxyd, Einfluß auf 
die Transpiration 435. 

Kohlensäureabsorptions- 
gefäße 357. 

Kohlensäureassimilation 
96. 

—, Abhängigkeit von der 
Temperatur 111. 

Kohlensäureaufnahme, 
Messung 112, 


a 


Kohlensäure, Bestimmung 
356 ff. 


 Kohlensäureentwicklung 


bei der Keimung 18. 

Kohlensäurefreies Wasser 
141. 

Kohlensäuremangel 
Siärkebildung 141. 

Kollodium zur Abformung 
der Epidermis 428, 

Koniin, Bestimmung 234. 

Konstanterhaltung der 
Keimungstemperatur 

Konstante Temperatur- 
erhaltung, Apparat für 
24. 

Kryoskopische Bestim- 
mung verschiedenarti- 
ger Pflanzensäfte 467. 

Kulturgefäße 52. 


und 


t, Abschluß | 
Kultursubstrat, Abschlu We 


des 37, 48. 
Kutin 168. 


Laboratoriumsluft 37 ££. 


Laesionsstrom 16. 


Laevulose 2. 

—, Nachweis 144. 

Lakkase 238. 

latentes Leben 9. 

Lichtfilter, flüssige 22, 115. 

Lichtgenuß 122. 

Lichthart 20. 

Lichtfarbe, Einfluß auf die 
Keimung 21. 
Licht, Erzeugung ver- 
schiedenfarbigen 114. 
Lichtintensität, Bestim- 
mung 120 f. 

—, Anderung der 28. 

Lichtmessung, kontinuier- 
liche 127. 

Lichtsamen 20. 

Lichtzeiger bei Auxano- 
metern 406. 

Lignin 168. 

Lipasen 221, 225. 

Luftfeuchtigkeit, Einfluß 
auf den Ernteertrag 435. 

Luftkultur 68. 

Luftleere bei intramole- 
kularer Atmung 384. 


Maltose, Nachweis 146, 

Malzbestimmung 231. 

Mangan, qualitative 
Prüfung 73. 

Markierung 410. 

Membranen, semiper- 
meable 477. 


Sachregister. 


Mikro-Eudiometer 113. 

Mikroanalysator 110. 

Mineralstoffe, Entbehrlich- 
keit 63. 

—, quantitative Analyse 
auf osmotischem Wege 
478. 

Mineralsubstanzen, Ver- 
luste beim Anquellen 
ne 

Minimum, Gesetz des 59. 

Molare Lösungen 488. 

Morphin, Bestimmung 284. 
289. 


Nachreifung 23. 


| Nährlösungen 50, 56. 


Nährstoffetiolement 59. 

Natriumthiosulfatlösung 
4. 

Neutralfett 190. 

Neutralisation 479. 

von 

bungsstoffen 306. 


Trü- 


‚ Nikotin, Bestimmung 284, 


2». 

Nitrate 198, 209. 

Nitrite 199. 

Nitrosit des Kautschuks 
29. 


Normallösungen, Herstel- | 


lung 487. 
Normalton 121. 


Oberflächenspannung 325. 
Öle 176. 


—, Spezialreaktionen 182. | 


—, trocknende und nicht- 
trocknende 182. 
Ösmotischer Druck 

330. 

—, Bestimmung durch 
Gefrierpunktserniedri- 
gung 462. 

—, Verschiedenheit je nach 
denLebensbedingungen 
475. 

Oligodynamische Wirkung 
37, 40. 

Oxalsäure 260. 

Oxydasen 343. 

Öxydierende Enzyme 232. 

Oxydimetrie 489. 


325, 


Papayotin 225. 

Papier als Keimbett 17. 

Pentosen, Nachweis 143, 
159. 

Pepsin 223, 228. 

Perkolatoren 304. 

Permanganatmethode 256. 


493 


Periode, große 411. 

Permeabilität 325, 333 ff. 

— bei Wurzeln 336. 

Permeabilitätskoeffizient 
338. 

Phosphate als Atmungs- 
stimulatoren 349. 

Phosphatide 214. 

Phosphor 61. 

— zum Sauerstoffnachweis 
100. 

Phosphorsäure, qualitative 
Prüfung 72. 


| —, quantitative Prüfung 


8l, 215. 
Phytin 214. 
Pinometer 449. 
Pipette, automatische 360. 
Plasmamembran 298, 325. 
Plasmolyse 325, 329. 


| Porometer 423. 


| Potometer 


von Renner 
452. 

— von Darwin 454. 

Potometer 438. 

Proteine, pflanzliche 200. 

—, Farbenreaktionen 201. 

—, quantitative Bestim- 
mung 202. 

--, Darstellung 212. 


Quellung 1. 

—, Einfluß äußerer Ver- 
hältnisse 5 ff. 

Quellungsdauer 5. 


Radium als Treibmittel 
396. 

—, Einwirkung auf das 
Wachstum 86. 


Reduktionskoeffizient, 


enzymolytischer 257. 
Region, wachsende 413. 
Registrierwage 445. 
Reichert-Meißlzahl 185. 
Reinasche 72. 
Reservestoffe 1. 


—, Abhängigkeit des 
Wachstums von der 
Menge 133. 


Rohfaser 168. 
Rohrzucker, Nachweis 145. 
Ruhe, freiwillige und un- 
freiwillige 391. 
Ruheperiode 1, 23, 39%. 


Samenhaut, Durchlässig- 
keit 1, 6. 

Samenreinigung 70. 

Samenspelzen 24. 


494 


Sauerstoff beiderKeimung 
349. 
—, quantitative Messung 
104 ff. 
Sauerstoffabgabe,Messung 
97. 
Sauerstoffabsorption 99. 
—, Bestimmung 367. 
Sauerstoffaufnahme, 
monstration durch 
Chromogene 367. 
Sauerstoffnachweis 100 ff. 


Säuren, organische, Be- 
stimmung nebenein- 
ander 262. 


Säurezahl 154. 

Schmelzpunkt des Fettes 
180. 

Schwefel, qualitative 
Prüfung 73. 

Sesamöl 183. 

Skioklisimeter 128. 


Sachregister. 


' Teilrädchen 400. 


De- 


Thermisch-aktive Stoffe 
12, 389. 

Thermoelektrische Me- 
thode der Bestimmung 
der Gefrierpunkts- 
erniedrigung 469. 

— — zur Bestimmung der 
Lichtintensität 119. 


‚ Tonfilter 219. 


Transpiration 418. 

Transpirationsmessung, 
feinere 438. 

Transpirationsgrößen, re- 
lative, von Sonnen- und 
Schattenblättern 434. 


' — bewurzelter Pflanzen 


' Transpirometer, 


Solanin, Bestimmung 293. | 


Spaltöffnungsweite 425. 
Spektralanalyse 302. 
Spezifisches Gewicht des 


Fettes, Bestimmung 179. | 


Stärke 136, 139, 161. 

—, Nachweis neben Zellu- 
lose 162. 

Sterilisieren höherer leben- 
der Pflanzen 313. 

— des Bodens, Einfluß auf 
das Wachstum 19. 
Stickstoffassimilation 193. 

—, Bestimmung 203. 

Stickstoff, qualitative Prü- 
fung 306. 

—, quantitative Prüfung 
203. 

Strahlenfilter, flüssige 22. 

Strychnin, Bestimmung 
2834. 

Sublimation 300, 304. 

Substanzen, organbildende 
130. 

Substrat, Einfluß auf die 
Keimung 26. 

Sukkulente, Atmung 387. 

Sulfate, qualitative Prü- 
fung 74. 


und abgeschnittener 
Blätter 460. 
Transpirationsstrom 449. 


sche 442 ff. 
Treibverfahren 3%. 
Trocknen von Pflanzen- 
material 299. 
Trypsin 224. 
Turgordruck 329. 
Tyrosinase 239. 


Veraschung 69. 
—, feuchte 78. 
—, praktische 302. 


 —, trockene, Methoden 71. 
 Veraschungsgeräte 70. 


Verletzung als Treib- 
methode 397. 

Verpilzen von Samen 4, 
12, 14, 17, 89. 

Verseifungszahl 134. 


Wachstum, Einfluß von 
Narkotika und Licht- 
farbe 415. 

—, terminales und basales 
416. 

Wachstumskurven 411. 

Wachstumsmaxima 415. 

Wachstumsmessung 399. 


' Wägen der Pflanze 429. 
Warmbad als Treibmittel 


394. 


Wärmeentwicklungbei der 
Atmung 352. 

— bei der Keimung 18. 

Waschapparat für Samen 
38 


Wasseraufnahme und Ab- 
gabe, gleichzeitige Be- 
stimmung 3, 437. 

Wasser, Messung des von 
der Pflanze aufge- 
nommenen 437. 

Wasserdampf, volumetri- 
sche und gravimetri- 
sche Bestimmung 433. 

Wasseretiolement 14. 

Wasserkultur 54, 62. 

Wasserstoff und Stickstoff 
bei  intramolekularer 
Atmung 382. 


nn | Wasserstoffsuperoxyd als 


Desinfiziens 317. 
Weinsäure 260. 
Wurzelausscheidungen 

198. 

Wurzeldruck 449. 
Wurzelknöllchen 19. 
Wurzelmeßmethoden 409. 


Zeiger 
408. 

Zelle, Pfeffersche 478. 

Zellulose, Bestimmung 166. 

Zentrifugieren 305. 

Zichorie 2. 

Zitronensäure 261. 

Zucker, Assimilation von 
142. 

—, qualitativer Nachweis 
137, 143. 

—, quantitative Methoden 
147 ff 


am Bogen 402, 


 Zuckeranreicherung beim 


Erfrieren 389. 
Zuckerarten, Hydrolyse 
komplexer 159. 


Aa Unterscheidung neben- 


einander 146, 151 ff. 


| Zuwachs 412. 


Zymase 229. 


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