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Full text of "Eulenspiegels Tagebuch"

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Eulenſpiegels Tagebuch. 


Eul. Tageb. 1 


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R. Hirſch. 
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Pest. 


Verlag von Guſtav Heckenaſt. 
1:8 8 


Prulagus. 


Eulenſpiegel iſt getreten 

In die Legion Poeten; 

Er verbirgt den Schalk, die Schnacke 
Im geſchweiften ſchwarzen Fracke 
Und gar zahm, gar wohlerzogen, 
Neigt er artig ſich im Bogen. 

Daß der Hut erbaulich ſitze, 

Birgt er d'runter ſeine Mütze; 

Nun, Ihr kennt ſie ja, die knappe, 
Farbenbunte Narrenkappe, 

Und Ihr kennt am Klingeln, helle, 
Unſ'res Freund's verborg'ne Schelle; 
Doch wird über dem Geklingel 
Gram wohl Keiner dieſem Schlingel! — 
Was er ſagt, das iſt poſſirlich 

Und ſo ziemlich auch manierlich; 


>4 6 4 


Mag nur Keiner an den Zeilen 
Gar zu ſchnell vorübereilen, 
Denn dazwiſchen eben ſitzen 
Oftmals die verborg'nen Spitzen. 
Seid nur nicht zu pietiſtiſch, 
Sondern immer caſuiſtiſch; 
Wittert ferner keine Zote, 

Die verſtößt an die Gebote! — 


Gilt es wo, ein Bild zu meißeln, 
Gilt es auch, den Stein zu geißeln, 
Daß vom Stein' die Funken ſpringen 
Und die Hämmer pfeifend klingen; 
Bis, vom Schutte losgebunden, 

Ihr das Urbild aufgefunden 

Und befreit von ird'ſcher Flocke 

Gott entſtieg dem Marmorblocke. 
Denn der Gott, der iſt das Schöne 
In der Welt des Wort's, der Töne, 
Bis hinab zum Steinbereiche 
Immerdar derſelbe, gleiche, 


S 7 D 


Wenn auch witzelnd Menſchennormen 
Ihm, dem Herrn, gezogen Formen. 
Oftmals ſind die kleinen Kinder 
Mancher ſchönen Muſchel Finder; 
Beſſer auch, vom Wein getrunken 
Als Kaltſchalen heiſ'rer Unken, 
Wenn auch dann mitunter Narren 
Im Gehöfte gröblich ſcharren; 

Ja der Arzt darf Manches wagen, 
Viel verträgt des Kranken Magen! 


Und aus ſeiner Bonboniere 
Daß ein Jeder gaſtlich zehre, 
Bietet Till Euch manche Priſen, 
Manche luſtige Deviſen: 
Liebe, Kunſt, das laute Leben 
Sind heut' ſeine Fächer eben, 
Ob er gleich zu and'ren Themen 
Nächſtens will die Wege nehmen, 
Meinend, freundlich aufgenommen, 
Könne man auch zweimal kommen, 


24 8 4 


Ob es auch im Reich’ der Geiſter 
Widerrieth ein großer Meiſter. 

Wie mich dünkt, auf's Applaudiren 
Scheint der Herr zu ſpeculiren; 
Denn er denkt, wie jetzt die Sachen, 
Sei das beſte Ding — zu lachen. 
Till! hoff' nicht auf zu viel Einheit 
In der großen Allgemeinheit; 

So viel deutſche Fürſtenthümer, 

So viel deutſche Publikümer; 

Ach! es gibt ſo viele Spötter, 

Ach! es gibt ſo viele Götter, 
Währt noch die Geſchichte lange, 
Wird ſelbſt einem Narren bange! — 


Eulenſpiegel! gab bis heute 
Dir das freundliche Geleite, 
Kannſt jetzt 'mal alleine gehen 
Und auf eig’nen Füßen ſtehen. 
Du erlaubſt wohl, theure Seele! 
Daß ich Dir mich nun empfehle?! 


* 9 »4 


Schlägt der Burſch', eh' ich mich wende, 
In den Nacken mich behende, 
Seiner Kraft mich zu verſichern 
Und erhebt ein ſchamloſ' Kichern: 
Ei, wer hat denn dich gebeten, 
Als mein Herold aufzutreten? 
Ich verſchreib' für meine Euren 
Eigenhändig die Mixturen; 
Sollſt nicht aus der Schule ſchwatzen, 
Daß am Dach' es zwitſchern Spatzen; 
Eulenſpiegel iſt ſchon findig 
Und ſeit ein paar Jahren mündig! 


Den Geſellen nicht zu reizen, 
Möcht' ich ſelber mich bekreuzen; 
Wirft der Fant, der Eulenſpiegel, 
Mir auf meine Wege Prügel! 

Will denn auch nicht lange ſchmollen, 
Will mich lieber weiter trollen; 
Wahr iſt's doch: die Humoriſten 
Sind verzweifelt ſchlechte Chriſten; 


D 10 + 


Schlagen Bruder, Schweſter, Vetter, 
Und entladen ihre Wetter 

Ueber'n Freund und die Geliebte, 
Ob ſie Keines auch betrübte. 

Doch die Steine, die ſie ſtreuen, 
Erſt dem Gegner Glanz verleihen; 
Was ſie werfen, wie ich meine, 
Sind gar ſelt'ne Edelſteine, 

Daß wir es geſchehen laſſen, 

Sie für uns zum Schmuck' zu faſſen. 
Der Humor liebt nicht Verhöhnung, 
Seine Sendung heißt: Verſöhnung! 


Genug! So zieh' allein die Bahn, 
Das alte Spiel erneu're: 
Ich hab' das Meinige gethan, 
Herr Till! thut nun das Eure! 


Wien, Faſchingsdienſtag 1855. 


Siebesfrühling. 


Min Ber; 


Mein Kind! Du ſollſt es wiſſen, 
Wie ſehr Du mich verletzt: 
Mein Herz iſt nicht nur zerriſſen, 
Noch mehr, es iſt zerfetzt. 


Blick' in des Herzens Kammer, 
Schau mich geſchlagenen Mann! 
Der Grünſpan — Katzenjammer — 
Setzt rings an den Wänden ſich an. 


Vielleicht mit Deinen Blicken 

Heilſt Du mein Herz noch, Marie! 
O tummle Dich, Kind! es zu flicken, 
Sonſt wird es zu blut'ger Charpie! 


D 14 * 


Angensprarhe. 


Sie kann mit den Augen erzählen 
Romanzen, Legenden und Mährchen: 
Es flüſtern ſogar und lispeln 

An ihren Wimpern die Härchen. 


Es grinſen roßhaar'ne Zeloten, 
Hohläugig wie Skelette, 

Schimpfiren mein ſeid'nes Zerlinchen: 
Nichtsnutzige Kokette! — 


Ihr mögt in Betrachtung des Mondes 
Und ſeines Hofes ſitzen: 

Mich freut, wenn durch Myrthenhecken 
Die Sonnenlichter blitzen. 


* 15 >» 


Wie mir zumeilen ist. 


Aushauchen möcht' ich mein Sehnen 
In ſchmachtenden Cantilenen, 
Wenn Deines Leibes ich denke 

Und Deiner Zephyr-Gelenke. 


Du lebſt ſo züchtig und ſittlich, 
Für Liebe ſtreng unerbittlich; 

Oft ſteh' ich vor Dir auf Kohlen — 
Es iſt zum Teufelholen! t 


Da wird mir bisweilen zu Sinne: 


Ich ſtände auf hoher Zinne 
Und müßte auf Steine und Wurzeln 
Sehr unſanft herunterpurzeln. 


2% 16 #4 


Adelgund. 


Dich preiſt mein Lied, mein Federkiel, 
Ich nehme voll den Mund; 

Es wird mir des Gefühls zu viel, 
Vielholde Adelgund! 


Es iſt im Ernſt, es iſt im Spiel', 

Du biſt mein ſchönſter Fund, 

Und wärſt Du nicht mein höchſtes Ziel, 
Ich wär' ſchon auf dem Hund. 


Du bleibeſt mein, für jeden Fall, 
Sonſt ging ich mit Grund zu Grund; 
O Adelgund! mein Weltenall! 

Und alles And're iſt Schund! 


4 17 > 


Prennende Frage. 


Sie lehnte am Marmorkamine, 
Hell brannte das Feuer im Ofen; 
Geſenkt war die Fenſtergardine, 
Zu ſchlafen juſt gingen die Zofen. 


Das Lämpchen ſchien zu verdämmern, 
Es war ein tieflaufchiger Friede; 
Mein Herze begann zu hämmern 
Wie Hämmer in einer Schmiede. 


Die Pulſe nach ihr nur zuckten, 
Aufſprang ich verzweifelter Miene: 
Die Hände barbariſch mich juckten, 
Irrthümlich verbrannt am — Kamine. 


Eul Tageb. — 


>+ 18 24 


Hoturanschanung. 


O Luft! im Abendſcheine 

Zu wandeln durch das Thal, 
Am Arm' die böhmiſche Kleine 
Und ihren türkiſchen Shawl. 


Die Käfer, dieſe Tummler, 
Umkrabbeln uns ſo traut! 
Gar viele Frühlingsbummler 
Sind noch im Hage laut. 


Wie ſtrahlt Sie vor Entzücken! 
Horch! was meine Cordula ſpricht: 
O dieſe vertrackten Mücken, 

Was mich die Bagage ſticht! 


D 19 4 


Kleine Fiss, 


Aber Liebſte, Zuckerſüße! 

Haſt du allerliebſte Füße! 

Set, mein Kind! gar ſchön gebeten, 
Ein klein wenig mich zu treten. 


Denn es klingt die holde Sage, 
Daß der Boden Blumen trage, 
Wo hinab die Elfen ſchweben, 

Daß ſich Wüſten ſelbſt beleben. 


Neulich konnt' ich es verſpüren: 
Thät Dein Füßlein mich berühren 
Und in meiner Bruſt zur Stelle 
Grünte eine Immortelle! 


2* 


24 20 >24 


Der kluge Pudel. 


Kann nicht zu der Liebſten ſchleichen, 
Vor dem Thore bellt der Hund. 
Unverſchämter! willſt du weichen? 
Bin kein Dieb, bellſt ohne Grund. 


Doch ſo mancher Hund iſt edel, 

Streicheln will ich ihm das Fell. 
Ich bemerk' am Schweifgewedel, 
Daß der Burſch' rationell. 


Sein Geſetz zu formuliren 

Weiß der Vierfuß als Portier: 
Ich darf nicht in's Haus ſpazieren, 
Doch Sie darf heraus zu mir. 


D 21 4 


Allusinnen, 


Du menſchliche Filomele! 

Ich faſſe dich menſchlich und draſtiſch; 
Es fließen da Seel' in Seele, 

Dein Leib iſt wie Schilfrohr elaſtiſch. 


Es zieht mich zum Wellenbade 
Gewitterſchwül, zum verhauchen; 
Es flüſtert in's Ohr die Najade: 
Komm, laß uns untertauchen! 


Wir ſchwimmen in Blüthenflocken, 
Uns bergen kriſtall'ne Paläſte, 
Und tauſend Loreleiglocken 
Erklingen zum Trauungsfeſte. 


24 22 24 


Müdthen und Terchen. 


Eiferſüchtig wird die Lerche, 

Wenn ſie Deinen Triller hört; 

Iſt es denn, mein Kind! ein Wunder, 
Wenn Du ſelbſt mein Herz bethört? 


Doch der Lerchen Heimath, Mädchen! 
Iſt der Himmel, klar und blau; 

Wo nun eben Deine Heimath, 
Nimmſt Du nicht ſo ganz genau. 


Nun — ich liebe Dich zum Freſſen, 
Dich, ſehr appetitlich Kind! 

Weiß man doch, daß auch gebraten 
Lerchen äußerſt ſchmackhaft ſind! 


* 23 Da 


Drahung. 


Ich ſchwimme bald in — Entzücken 
Und bade mich bald in — Thränen, 
Beliebt es Dir freundlich zu blicken, 
Beliebt's Dir, mich anzugähnen. 


Ich bin von Dir gehudelt, 
Genarrt und perſtfliret, 
Was man ſo ſagt, gepudelt 
Und gründlich maltraitiret. 


Wär' nur vorbei mein Leben 

Und ich in ewiger Ruh’ —: 

Ich würd' als Geſpenſt Dich umſchweben — 
Hu hu! Du Du! Du Du! Hu hu! 


24 24 * 


Wriberlist. 


Wenn die Unſchuld weißer Farbe 

Und wenn ſchwarz Leviathan 

Und Du, Louischen! wärſt die Sünde, 
Zög' ich ſie in Roſa an. 


Ja, Du roſenrothe Sünde! 
Schlänglein aus dem Paradies! 
Und die beiden Aepfel ſchmecken 
Ueber alle Maßen ſüß. 


Manches wollt' ich noch erzählen; 
Aber, Schatz! wie klug biſt Du: 
Schließeſt, holder Kerkermeiſter! 
Mir den Mund mit Küſſen zu! 


>24 25 4 


Als ich Ahr Cnschentuch fand. 


Ich bin noch ganz von Sinnen, 
Ich bin noch ganz verdutzt: 
Mit dieſen feinen Linnen 

Hat Laura ihr Näschen geputzt. 


Ich war der glückliche Finder, 
Mir iſt ſo wohl, ſo weh! 
Vorüber, ihr Schafe und Rinder! 
Davon habt ihr keine Idee. 


Mich faßt ein ſüßes Grauen, 
Entfalten muß ich's doch, 

Werd' Ihren Namen wohl ſchauen, 
Und ſeh' nun ein großes — Loch!! 


»4 26 * 


Ihr Partrait. 


Ja, Du haſt den Wuchs der Ceder 
Oder jenen auch der Tanne; 

Deine Haut iſt feinſtes Leder, 
Deine Taille mißt 'ne Spanne. 


Deine Locken ſind von Seide, 
Perlenſchnüre deine Zähne, 
Deine Augen Prunkgeſchmeide — 
Engel ich zu ſehen wähne! 


Ja, mein vielgeliebtes Leben! 

Glücklich, glücklich — wer dein Gatte —; 
Alles, Alles zugegeben —, 

Doch Dein Herz — das iſt von Watte! 


D 27 4 » 


Risse und Weine. 


Wenn Du ſchwärmſt und wenn Du koſeſt, 
Werd' ich lyriſch, und Dein Mund 

Und Dein Kuß, bei meiner Ehre! 
Schmeckt wie Trauben von Burgund. 


Wenn Dich Liebesfeuer heizen, 
Werd’ ich epiſch⸗toll dabei, 
Und es wärmen Deine Küſſe 
Wie der Gluthwein von Tokay. 


Aber wenn Du launiſch, zänkiſch, 
Schrumpft Gott Amor ein zum Zwerg, 
Und Du ſchmeckſt, mein' Seel'! ſo bitter 
Wie der Wein von Grüneberg. 


* 28 * 


Die Rugenmangen. 


Ich küßte Sie füngſt, nicht flüchtig, 
Ich küßte Sie ganz tüchtig; 

Es ſchien mein Herz zu glühen, 
Mein Kleid in Feuer zu ſprühen. 


Und doch war es kein Wunder, 
Daß Feuer gefangen der Zunder; 
Wollt Ihr das Geheimniß wiſſen: 
Man ſoll — Geſchminktes — nicht küſſen! 


Die Roſen Ihrer Wangen — 
Die waren ſanft übergangen, 
Als ich ſie küßte auf's Beſte, 
Auf meine weiße Weſte 


d 29 * 


ir irh ein Vüglein! 


Wär' ich ein Vöglein — ich flöge zu Dir! 

So heben viel deutſche Lieder an. 

Wärſt Du ein Vöglein — fragt Ihr mich — 
Was hätteſt Du, loſer Vogel! gethan? 


Du ſtillteſt vielleicht dein Herzensweh 
Und würdeſt geſund zu jener Friſt, 
Verkröchſt dich in Ihres Buſens Schnee 
Und in Ihr Hemdlein von Battiſt? — 


Das iſt das Lied vom alten Ton; 

Ich thät' was Anderes alſobald: 

Wär' ich ein Vöglein, ich flög' davon 
Und ſchnurgrad' in den — freien Wald! 


De 30 #+ 


Tusinkta. 


Ich hab' mir ein Windſpiel gekauft, 
Schlank, prächtig, wie wenige ſind, 
Und hab' es Lyſinka getauft, 

Juſt wie Du benamſet, mein Kind! 


Das Windſpiel verſteht ſich zu dreb'n 
Und blickt mit den Augen kokett: 

Ich glaube Dich ſelber zu ſeh'n, 

So blank und ſo ſchlank und ſo nett. — 


Kein Hund hat die Holde berührt, 
Selbſt der nicht vom Hofmarſchall — 
Da hat mir das Kind verführt 

Ein zotiger Pintſch aus dem Stall!! 


D 31 >E+ 


Die Marht des Finden, 


Mit Deiner Reize Kette, 
Da haſt Du mich gefeit; 
Ich häng' wie eine Klette 
An Deinem Merinokleid. 


Ich fing’ : Das Gold tft Chimäre 
Und Liebe nur hat Beſtand! 

Ich ſinge zu Deiner Ehre 

Bis in den höchſten Discant. — 


Sie will mir was Schönes erwiedern 
Und meint es ſo gut, gewiß: 
Geliebter! bei Deinen Liedern — 
Wie ſchläft es ſich gar ſo ſüß! 


* 32 #4 


Tieheshekenutniss. 


Es find verſchiedene Damen bier, 
Die ich beſing' und fei're; 
Es lebt ein weites Herz in mir, 
Darin ſo manche Theure. 


Das lange Namenalphabet 
Wär' mir viel zu geringe; 
Ich lief're als ein Haus poet 
Nur ſehr beſcheid'ne Dinge. 


Ich lieb', und ich geſteh' es ein, 
Gleich Schwarze, Braune, Gelbe; 
Diverſe Damen mögen's ſein, 
Die Liebe — bleibt dieſelbe! 


D 33 D 


Allmacht der Zicke, 


Und, ob ich Dich liebe und — ob und ob, 

Das weißt Du, mein Liebchen, gottlob, gott- 
lob! 

Und wie Du unendlich mir theuer biſt, 

Darüber auch, gottlob, kein Zweifel iſt. 


Das Herz ſo voll, die Taſchen ſo leer, 

Mein liebliches Liebchen! was willſt Du noch 
mehr? 

Du haſt Diamanten und Perlen und mich, 

Und ſiehe, mein Schätzlein! ich hab' jetzt nur — 
Dich! 


Eul. Tageb. 3 


4 34 * 


Ja, Kindlein! und glaub' mir, wenn ich ſag': 
Daß Liebe auch Alles, auch Alles vermag; 
Wir gingen zuſammen ſo lange zu Zwei'n, 
D'rum laſſ' ich Dich ſitzen und geh' nun allein! 


Kunſt und WMiſſenſchaft. 


An den Tiedercampasitenr X. 


Häſcher mögen gleich mich faſſen, 
Stellen mich vor ein Gericht; 
Will mich üb'rall ſetzen laſſen, 
In — Muſik nur von Dir nicht! 


Schuſterjungen der Kamöne, 
Witze reiſſend, ſind ein Fund; 
Doch im Spülicht Deiner Töne 
Gehen Unken ſelbſt zu Grund'. 


Helft mir, alle guten Geiſter! 
Daß ich nicht mein Ohr verlier', 
Und Du ſelbſt, Kapellenmeiſter! 
Ungethüm! laß ab von mir! 


Dirhterurgprang. 


Geiſter tragen keine Stiefel; 

Biſt darum auch einem Gotte 
Nur begegnet, leicht beflügelt, 
Aber niemals noch im Trotte. 


Von Verwandten, wenn ſie ſterben, 
Kann man Liebe, kann man Hader 
Bis in's zehnte Glied ererben, 

Ja ſogar die gold'ne Ader. 


Dichter blüh'n aus Götterdünger; 
Bin im Fall nun, einzuſehen, 
Warum wohl die Muſenjünger 
Meiſt auf ſchlechten Füßen ſtehen. 


4 39 >4 


Die Calussalen. 


Ihr glaubt, wenn Ihr geht auf Stelzen, 
Daß größer darum Ihr geworden, 

Und meint wohl, die Herzen, ſie ſchmelzen 
Bei Euren geſchwoll'nen Accorden? 


Je mehr Ihr Natur verlernet 

Und ſucht in den Wolken zu fliegen, 
Je mehr Ihr Euch dann entfernet 
Von Wahrheit und ihren Siegen. 


Und ſtolpert wer über die Beine, 

Er hebt ſich empor doch im Graſe; 
Doch fällt mit den Stelzen der Eine, 
Feſt liegt er dann auf ſeiner Naſe. 


>24 40 4 


Mlisterthmm. 


Im Hausflur ſpielt der Orgelmann, 
Er werkelt ungeheuer; 

Es iſt, was man nur wünſchen kann, 
Die liebe alte Leier! 


Der Hausherr protegirt die Kunſt 
Und ſchenkt ihm einen Dreier, 
Sogar die Magd im Küchendunſt — 
Sie lauſcht der alten Leier. 


Das Alte iſt halt ſo bequem, 

Das Neue hol' der Geier! 

Was mich betrifft, ich wähl', 2 nehm' 
Die liebe alte Leier! 


me. 


> 41 9 


Trtzten Pedürkniss. 


Gewinner eines Loſes, 

Des großen, geworden war, 

Mein Freund Herſch Anſelm Moſes; 
Der ſprach zum Antiquar: 


Bin jetzt ein Mann von Tone, 
Bin wie der Rothſchild möblirt, 
Das funkelt in meinem Salone, 
'S tft Alles enchantirt. 


Es kümmen geſcheidte Leute 

Und Künſtlerbagage zu mir, 
D'rum ſenden Sie mir noch heute 
Zwei Centner Letteratür! 


4 42 4 


Die Jungkran nan Orleans. 


Die Dame ſaß am Kamine 
In ihrem Boudoir; 

Sie ſelbſt und ihre Umgebung 
Von feinſter Sorte war. 


Sie las „Die Jungfrau von Orleans“ 
Von Schiller, dem deutſchen Mann', 
Und als ſie den Goldband geſchloſſen, 
Da trat ich zu ihr heran. 


Madame! Ihr Urtheil, ich bitte! 
Ich wurde ganz perplex — 
Madame hüſtelte reindeutſch: 
Mein Gott, 's war halt a Hex! 


>4 43 > 


Mrurate Ziterachistoriker. 


Ausgeſchnitt'ne Zeitungsartikel 
Schnüre feſt in ein Fascikel, 
D'rüber gieß' dann ohne Mühe 
Etwas hochgelahrte Brühe. 


Lobe Dich vor Allen ſtündlich, 

Ein paar Leut' verarbeit' gründlich; 
Viele magſt Du maſſacriren, 

And're ſollſt Du ignoriren! 


Buchbinder wird ſchon mit Zwirne 
Binden, was noch fehlt an Hirne; 
Sieh', das iſt, beſeh'n beim Lichte 
Manche Literaturgeſchichte! 


D 44 9 


Die jungen Kritikaster. 


Ja, der König kann die Recken 

Mit dem Schwert' zu Rittern ſchlagen, 
Doch der Viehhirt mit dem Stecken 
Rechts und links nur Ochſen jagen. 


Dieſe Kinder, neue Größen, 
Kritiſiren mit der Feder; 

'S iſt, als ob die Affen ſäßen 
Doctrinirend am Katheder. 


Und das iſt beim ganzen Liede 
Ein gar ſehr verſchied'ner Paſſus, 
Und ſteht da im Unterſchiede 

Wie der Mehlſack zum Parnaſſus. 


> 45 + 


Ein Portrait. 


Herr Aigner verſteht zu malen, 
Dies Bild! Dieſe himmliſche Frau! 
Es iſt nicht mit Geld zu bezahlen, 
Will handeln darnach auch genau. 


Sie tritt aus dem goldenen Rahmen 
Lebendig im Augenblick; 

So ſagen die Herren und Damen 
Und weichen befangen zurück. 


Ich bin ſchon dem Teufel verſchrieben, 
Ich ärg're mich grün und blau: 
Man kann doch mit Anſtand verlieben 
Sich nicht in die eigene Frau! 


>24 46 P<+ 


Oekkeutliche Biblietheken. 


Dort ftehen fie ſteif gebunden, 
Die hunderttauſend Bücher! 
Gebunden zu allen Stunden 
Und ſind vor Dieben ſicher. 


Daß Leſer ſich müde laufen, 

Ein Mittel probat iſt ſehr: 

Braucht ſo man nur Bücher zu kaufen, 
Da kommen ſie aus dem Verkehr. 


Denn was Ihr thät leſen wollen, 
Ihr gar nicht leſen ſollt, 

Und was Ihr thät leſen ſollen, 
Ihr eben nicht leſen wollt. 


* 47 94 


Rusikalische 3Mansschule. 


Welch' ſchönes Leben führet Ihr 

Im Eheſtandsduette! 

Sie hämmert Tag und Nacht Clavier, 
Er bläſt die Clarinette. 


Es faßt die Nachbarn, fern und nah, 
Ein aſchfarbdunkles Grauen, 

O heilige Cäcilia! 

Die Katzen ſelbſt miauen. 


Ein Rudel Kinder quickt und ſchreit — 
Muſik-Genie's, mein Beſter! 
Herr Gott, wenn all' die Brut gedeiht, 
Welch' gräßliches Orcheſter! 


De 48 4 


Aesthetiache Zirkel, 


Sie handeln mit Barchent und Flanellen 
Und geben am Dienſtag äſthetiſche Thee's 
Celebren Autoren, Ballet-Mamſellen 

Und ehren die Künſte mit magern Soupers. 


Die Hausfrau iſt ſchön, das muß man ſagen, 
Jedoch der Hausherr verſteht davon 

So viel wie der Mulo vom Lautenſchlagen — 
Das heißt bei den Leuten der gute Ton! — 


Garnir' den Flanell mit Brüßlerſpitzen, 
Da zeigt ſich der Unterſchied erſt hell: 
Das Zeug wird nur um ſo toller ſitzen — 
Flanell bleibt eben nur immer Flanell! 


D 49 «+ 


Wie man dichtet! 


Den Kiel nimm! friſch ihn aufgeſchlitzt, 
Die Feder fein dann zugeſpitzt! 

Die Muſe muß, wenn ſie nur ſitzt, 
Dann ſei ſie mit Gewalt benützt. 


Die Fantaſei mit Gas durchſchwitzt, 
Schlau Bild und Reim zuſammſtibitzt; 
Ja, wo es flunkert, wo es blitzt, 
Wird bald das liebe Volk erhitzt. 


Und wenn auch Einer dummdreiſt ſpricht: 
Das iſt noch lange kein Gedicht! 
So ſag' ihm einfach in's Geſicht: 
Sie Eſel! das verſteh'n Sie nicht! 


Eul. Tag eb. Ak 


D 50 »4 


Zur Maturgeschichte der Canchilien. 


Im Muſeum eines Schloſſes — 
Nichts zur Sache thut der Name — 
Sah ſich Kleines an und Großes 
Eine hochberühmte Dame. 


Mineralien und Foſſilien, 
Mißgeburten, Schmetterlinge, 
Neben Fiſchen auch Conchilien; 
Sprach die Frau enorme Dinge!! 


Schließlich frug ſie den Cuſtoden, 
Ob die bunten Muſcheleien 

Aus dem vaterländ'ſchen Boden, 
Von dem Schloßgebirge ſeien? 


* 51 DE 


Das Attentat. 


Spazieren ging ich vor's Thor, 
Im nahen Gebüſch mich verlor. 
Es war ſpät Abends um Zehn, 
So ließ ich gemüthlich mich gehn. 


Da rauſcht's aus dem Dunkel hervor, 
Ich ſpitze gewaltig das Ohr 

Und lehn' mich an einen Block 

Und ſchwinge den Bambusſtock. 


Ich witt're ein Attentat, 

Doch hört nur, ein Männchen bat: 
Erlaubt, daß ich Lieder von mir 
Ein Duzend Euch declamir'! 


4 52 N 


Der kranke Pegasus. 


An *** 


Was fehlt deinem Pegafufe ? 
Iſt ſehr unpaß, wie mir däucht; 
Führ' ihn lieber ſelbſt zu Fuße, 
Weil er ſo entſetzlich keucht. 


Sieh, da hilft kein wenn, kein aber; 
Mag're Koſt ſind Heu und Stroh, 
Feuerroſſe wollen Haber, 

Sind ſonſt nicht des Lebens froh. 


Müd' tft er, Europa-müde, 

Und das Uebel währt ſchon lang’; 
Helfen kann nur Freund Caſtelli: *) 
Läßt ihn aushau'n auf der Bank! 


*) Bekanntlich der Schutzpatron der Thiere und zugleich no⸗ 


tabler Pferdefleift confument. 


* 53 4 


Puktisches Glanbenabekenntniss. 


Will als Vogel meine Lieder, 

Was man ſagt, vom Blatte pfeifen; 
Will in Wolken nicht und nieder 
Nicht in Schachte ſchwitzend greifen. 


Vielſtudirte Papageien, 

Die aus Händen Zucker freſſen, 
Sind am End' nur Tändeleien 
Und ſchon über Nacht vergeſſen. 


Jeder mag's nach Luſt probiren, 
Seinen Brei beliebig kochen: 
Doch, mein Guter! — ſillabiren 
Heißt noch lange nicht geſprochen! 


24 54 > 


netische Stoffe. 


Es ſucht der Dichter nach Stoffen, 
Nach Stoffen, neu und fein; 

Die Welt, ſie ſteht ihm offen, 
Wird doch was zu finden ſein. 


Um Neues gar oft ein Dichter 
Nicht wenig verlegen war, 

Es ſind dem armen Gelichter 
Die Stoffe zu theuer und rar. 


Ich ſuche nicht Veilchen, nicht Roſen, 
Bin nicht ſo frühlingsfroh: 

Ich ſuche nach Stoffen — zu Hoſen 

Und leidigem Paletot. 


Schöne Welt. 


Drei Gehete. 


Es ſchafft der Landmann keuchend hüben, drüben, 

Horch, Veſperzeit! er hebt die Händ' ver- 
ſchlungen: 

Daß ihm der Himmel ſchütz' die Saat der 
Rüben, 

Das Winterfutter für des Aermſten Jungen! — 


Vorüber iſt des Fabrikanten Fete; 

Er ſtochert in den Zähnen, glozt in's Blaue 
Und bittet Gott, auf daß er die Paſtete, 

Die ſchwer im Leibe liegt, heut' leicht verdaue. — 


Ein Mädchen ſchlägt das Kreuz und brennt am 
Bette 

Ein Lichtlein an zu der Madonna Ehre 

Und geht geputzt, geſchminkt wie zum Bankette, 

Daß bonne fortune die Gaſſe ihr beſchere. 


»4 58 4 


Deutache Gutmüthigk eit. 


Deutſche! wohin ſoll das führen? 
Spricht man zu Euch kotzengrob, 
Denkt Ihr d'ran zu applaudiren, 
Nehmt das Ding noch hin wie Lob! 


Iſt's denn Eurem Sinn entſchwunden, 
Daß ein Mann aus Eurem Blut, 
Daß das Pulver Ihr erfunden, 

Und Ihr duldet Uebermuth?! 


Alle Welt mag nur dictiren, 

Was da lenkt der Zeiten Lauf: 
Während And're Noten ſchmieren, 
Seid Ihr nur der Streuſand d'rauf. 


4 59 2» 


Alles au seinem Platze. 


Alles recht an ſeinem Platze, 
Alles recht zu rechter Stunde: 
Einem Bären ſeine Tatze, 
Auf die Haſen flinke Hunde. 


Der Champagner für die Kehle, 
Frommen Mönchen ihre Kutten, 
Den Filiſtern die Kameele 

Und der Freiheit ihre Hutten! — 


Wer ſo denkt mit klarem Sinnen, 
Findet ſich zurecht im Leben, 
Und erlaubt auch Tänzerinen, 
Daß fie hoch die — Beine beben. 


2% 60 »<4 


Aaupeugesellarhakt. 


Sieh zum vollen Birnenbaume, 
Süßen Früchten, Aprikoſen, 

Sieh zur Kirſche, ſieh' zur Pflaume: 
Wie da prächtig Raupen koſen! 


Wie ſie herrlich dort gedeihen, 
In dem leckern Schaume baden: 
Gleichwie unter Schmeicheleien 
Schlemmer ſich zu Großen laden! 


Sieh den Nußbaum dort hingegen, 
Jenen derben, herben Alten; 

Sieh den Bauer Mahlzeit pflegen — 
Wie ſich fern da Raupen halten! 


D 61 


Rein Erkennen. 


Meine Minna geht vorüber, 

Meine Minna kennt mich nicht; 

Das nun ſtimmt mich juſt nicht trüber, 
Ewig brennt kein Liebeslicht. — 


Hundert Mal mit Lob geadelt 
Ward von mir ein Komödiant; 
Hab' ihn einmal leiß getadelt — 
Bin ihm heut' ganz unbekannt. 


Allen Beiden ſei verziehen, 

Geh' mit Keinem in's Gericht; 

Hab' dem Freund' jüngſt Geld geliehen, 
Und — mein Petrus kennt mich nicht! 


„ 62 4 


Erlündungen. 


In einem kleinen deutſchen Staate 

Jahrlang' ein Deutſcher ſann auf das Syſtem, 
Zu binden ganz apart die — Halscravate, 
Geſchmackvoll und dabei auch ſehr bequem. 


Die weite ſchöne Welt erſchien ihm nichtig, 
Hohl, abgeſchmackt und ohne Symmetrie; 

Doch über Alles hielt er hoch und wichtig 

Die Hals-Cravaten-Bindungs-Theorie. 


Da glückt es ihm! Wie ward das Männlein 
heiter! 

Als ein Erfinder ging er ſtolz herum, 

Trieb das Geſchäft großhandlungsmäßig weiter 

Und nahm darauf ein — Privilegium. 


Dek 63 »< 


Zfatatune “). 


Lobenswerth iſt die Kartoffel, 

Wenn auch plump des Wortes Klang; 
Sagt doch ſelbſt der dümmſte Stoffel 
Täglich Gott dafür den Dank. 


Trefflich zu Gemüſ', Salate, 

Feinem Backwerk, Spiritus; 

Ohne Schale, im Ornate — 5 
Auch für Ochs und Schwein Genuß. 


Scheint mir ein beſond'res Zeichen, 
Will des Wälſchen Uebermuth 

Mit dem Deutſchen ſie vergleichen; — 
Iſt der auch für Alles gut?!? 


*) Mit dieſem Wort glaubt der Italiener den Deutſchen zu 
beſchimpfen; Patatone heißt beiläufig: Kartoffelfreſſer. 


24 64 94 


Gute Tehren. 


Lerne fein, mein Freund! geſchmeidig 
Von dem Waſſerhöfling — Aal, 
Und es wird Dir gehen leidig, 
Geh', verſuch' es nur einmal. 


Willſt Du noch viel beſſer fahren, 
Fahre d'rein teutoniſch grob; 
Wirſt Dir viel Verdruß erſparen 
Und einernten manches Lob. 


Doch willſt Du am Beſten zehren: 
Stelle Dich grundhältig dumm, 
Mußt Du Dich um gar nichts ſcheren 
Und ſein laſſen g'rad, was krumm! 


>24 65 »4 


An die Sterne. 


Gold'ne Sterne in der Ferne, 
Seid' mir ewig hochgeehrt! 
Eine gute Gaslaterne 

Bleibt indeß auch ſchätzenswerth. 


Wenn wir 'mal in der Taverne 

Tüchtig unſ'ren Schlund befeuchten 
Und verglommen ſind die Sterne, 
Wer ſoll uns nach Hauſe leuchten? 


Jedes Ding beim' Schopf zu faſſen, 
Iſt der Weisheit Kern zum Schluſſe; 
Schmackhaft ſich heimleuchten laſſen, 

Iſt auch nicht vom Ueberfluſſe. 


Eul. Tageb. 5 


24 66 * 


Rarffeeschwestern. 


Ei, wie fie die Zungen wegen, 

Und zifcheln und mäkeln und kritteln! 
Da gibt es was auszuſetzen 

An fremden Leuten und Kitteln. 


Ach, ſind das verdorbene Sitten! 

Zirpt Eine: Da ſeh'n Sie nur dieſe — 
Wie frech iſt das Kleid geſchnitten, 

Die Brüſte zur Schau trägt Eliſe! — 


Nun, wickelt Euch meinthalb in Blouſen 
Und übt Euch im Zungenſtechen: 
Ich weiß es, zu haben den Buſen, 
Das iſt ſchon für Euch ein Verbrechen! 


4 67 94 


Dankbarkeit, 


Bau’ auf Sand, Mattreſſenſchwüre, 
Lebenskundiger Thebaner! 

Glaub', daß zweimal zwei gibt Fünfe, 
Glaub' dem Wort der Börſianer. 


Glaub' an Alles, was zu glauben, 
Himmel, Hölle, Fegefeuer; 

Nur an Dankbarkeit nicht, Liebſter! 
Wenn Dein bischen Ruh' Dir theuer. 


Willſt Du etwas Rechtes üben, 

Fühl' Dich durch die That geehrt; 
Denn haſt Du auf Dank gerechnet, 
Biſt Du nicht des Dankes werth! 


5 * 


24 68 »4 


- Gosgentilt. 


Ste trippelt über die Straße 

Und hebt das Röckchen ſo fein; 
Iſt das eine rythmiſche Wade! 
Iſt das ein melodifches Bein! 


Wie ſitzen die ſchwarzen Stiefletten! 
Wie ſind die Strümpfe ſo weiß! 
Da wird Einem mitten im Winter 
Bei zwanzig Graden noch heiß. — 


Ein junger Kapuziner 

Der folgt Ihr in frommer Ruh; 
Er macht das Zeichen des Kreuzes 
Und drückt die Augen zu. 


Der 69 24 


Zngendzanber. 


O glückliche Jugend! deine Träume! 

Gehütet von Gottes ewiger Gnad'! 

Dir wachſen ſo ſchnell die — Purzelbäume, 
Du flechteſt und ſchlägſt dich ſelbſt auf's Rad! 


Es iſt ein gar wonneſelig Kichern, 

O Jugend, wer ewig bei dir wär'! 

Du wähnſt dich auf Klippen ſelbſt im Sichern 
Und Furcht iſt Dir eben nur Chimär'. 


So gründlich von Grund aus nichts zu wiſſen, 
Das iſt doch dein Privilegium; 

Erſt — wenn wir der Schul' uns recht befliſſen, 
Wie ſind wir dann alt und — gründlich dumm! 


a 24 70 »+ 


Eheliche Zärtlichkeit. 


Seine Frau zu careſſiren 

Vor den Leuten, ſchickt ſich nicht; 
Fremden Frauen zu hoſiren — 
Ei, das fällt ſchon in's Gewicht! 


Die ſo gar verliebt ſich ſchnäbeln, 
Sind verdächtig, Mann und Weib; 
Edle Krieger mit den Säbeln 
Klappern nicht aus Zeitvertreib. 


Ehe, hört! Ihr ſollt es wiſſen, 
Pflegt und hegt die traute Ruh': 
Was geſchieht in den Couliſſen, 
Deckt diseret — der Vorhang zu. 


4 71 >4+ 


Bin ist hin. 


Wo feid ihr hin, ihr wunderbaren Zeiten! 

Als noch mein Herz in erſter Liebe ſchlug? 
Als ich am Sonntag durft' ſpazieren reiten 
Und einen Silberling im Beutel trug. 


Wo ſeid ihr hin, ihr Paradieſesſtunden! 

Als mir das Leben roſenroth geſtrahlt, 

Und mir Papa, wenn kurz auch angebunden, 
Den Schneiderconto doch complet bezahlt?! 


Wo ſeid ihr hin? was fragt Ihr, Botokuden! 
Des Schönen Heimath iſt die Erd' zuletzt; 

Was hin, iſt hin —, das haben längſt die Juden, 
Und was noch blieb, ward mit der Zeit verſetzt. 


D 72 24 


Nindererziehung. 


Der liebe Aff' zählt ſieben Jahre, 
Franzöſiſch gar nicht ſchlecht parlirt, 
Trägt à la Chinoise die Haare 
Und Herwegh's Lieder declamirt. 


Mama pflegt ſehr des Kindes Taille 

Und ſchnürt und ölt den jungen Leib; 

Das Fräulein ſchimpft die Magd — Canaille! 
Und kneipt den Hund aus Zeitvertreib. 


Sie hämmert ſtark auf dem Claviere, 
Mama ſtrahlt freudig das Geſicht 
Gelehnt an ihrem Cavaliere — 

Das Vater Unſer kennt ſie nicht!! 


473 * 


Gewisse Junker. 


Er raiſonnirt und ſchüttelt ſeine Mähne, 

Und kennt vom Pulver das nur für die Zähne; 
Einnimmt er Putzmamſellen und Cubeben 
Und wichſt Recruten und den Bart daneben. 


Er läßt den Degen auf dem Pflaſter klirren, 
Daß Schn eiderjungen ſich die Köpf' verwirren; 
Er ſitzt bei einer Kanne dritthalb Stunden 
Und hat die Zunge weidlich losgebunden. 


Er rühmt ſich ſelbſt auf hunderttauſend Meilen; 

Ein „Mich“ für „Mir“ entſchlüpft dem Herrn 
zuweilen — — 

Gott geb' mir Sein Bewußtſein mit dem Muthe, 

Ich tauſche dann mit keinem Fürſtenhute! 


* 74 4 


Das beste Srhreihmateriale. 


Zum Schreiben ich empfehle Dir 
Ganz and'ren Stoff als das Papier; 
Mein Stoff hält feſt und conſequent, 
Iſt dauernder als Pergament. 


Auch kann nur der, den es betrifft, 
Sich klar entziffern jene Schrift 
Und trägt das Ding mit ſich herum, 
Und weiß davon kein Publicum. 


Geſpitzt, mein Beſter! nur Dein — Ohr 
Und ſtreck' es nur gewaltig vor: 

Was Einer hinter's Ohr ſich ſchrieb, 
Das merkt er ſich und ſtiehlt kein Dieb! 


D 75 ><4 


Crust des Einzamen. 


Wie bin ich einſam doch und ganz verlaſſen, 
Ich trag' um Herz und Hut den Trauerflor; 
Ich ſchlend're melancholiſch durch die Gaſſen, 
Gleich einem Hunde, der den Herrn verlor. 


Ob ich was eſſe, trinke, wie mich kleide, 

Um alles dies kein Menſchenkind ſich ſchiert; 
Ich bin ein dürrer Baum auf weiter Haide, 
Ich bin ein Bach, der ſich im Sand verliert. 


O mich beſchleicht ein katzenjamm'rig Ahnen, 
So ganz allein im Leben dazuſteh'n! 
Da — nahen Gläubiger mit ſüßem Mahnen — 
O Königin, das Leben iſt doch ſchön! 


d 76 #74 


Chearie des Srhuldenmarhers. 


Sei, mein Söhnchen! nie ein Lümpchen, 
Soll es ſein, dann werd' ein Lump; 
Mache nie ein ſchofles Pümpchen, 

Wage gleich 'nen derben Pump. 


Mit dem kleinen gibſt Du Blößen, 
Biſt blockirt auf jedem Schritt; 
Mit dem großen birgſt Du Größen 
Und befeſtigſt den Credit. 


Schmählich iſt es, Schulden haben 
Guldenweiſe, fad und matt; 

Aber der iſt groß, erhaben, 

Der ſie — in die Tauſend hat! 


D 77 >4 


Saubere Welt. 


Gib vom Gulden neunundfünfzig Kreuzer, 
Wie's geziemen mag dem beſten Chriſten, 
Und behalt' für Dich den letzten Kreuzer — 
Und man nennt Dich einen Egoiſten. 


Gib von Deinen Kleidern Hut und Mantel, 
Und Dein Haus, daß warm d'rin And're niſten, 
Und bewahr' für Dich nur ein paar Strümpfe, 
Und man nennt Dich einen Egoiſten. 


Haſt Du nichts, dann borg' und geh' verſetzen, 
Sorg' für And're, Stern der Optimiſten! 
Und kannſt Du zum Schluſſe nichts mehr ſchaffen, 
Schimpft man Dich den alten Egoiſten! 


Der 78 D 


Ben! Pep! der Ind! 


Und ſtellt er dumm ſich wie ein Fant, 

Er iſt doch pfiffig, klug und fein ? 
Und abgedreht und ſo gewandt, 

Stiehlt Gott ſogar den Sonnenſchein. 


Damit ſoll's nicht geſchehen ſein: 

Er ſchleppt den Sonnenſchein nach Haus 
Und präparirt den Sonnenſchein 

Und ſchlägt Dukaten blank daraus. 


Er findet Perlen in dem Miſt 

Und iſt zu Allem prompt und gut, 

Und wenn Ihr nichts mehr And'res wißt, 
Schimpft Ihr den Mann: Hep, Hep! der Jud! 


4 79 de 


Die Praktische. 


Wie Gutta Percha bald dehnbar 

Und ſpröde dann wieder wie Glas — 
Sprich, Weib! biſt Du wohl erſehnbar? 
Du treibſt ſehr grauſamen Spaß! 


Mir ſchlottern die mageren Beine, 
Ich ſinke tief in die Knie’ 

Und rufe mit Heinrich Heine: 
Madame, ich liebe Sie! 


O könnt' ich für Sie ſterben, 

Ich thät' es ſicherlich! — 

Ich will nicht, mein Herr! Sie beerben, 
Sie mögen nur — heirathen mich! 


4 80 4 


Deutarhthum. 


Wenn Menſchen zuſammenkommen, 
Geſchieht es zu ihrem Frommen, 

Und wär' es zu Bierpokalen, 

Und wär' es, um Schulden zu zahlen. 


Wenn Deutſche zuſammenkommen, 
So kommen die Hechte geſchwommen, 
Und mögen ſich redlich befleißen, 
Der Eine den And'ren zu beißen. 


Das, freilich, iſt eine Gemeinheit, 

Ich ſag' es mit Widerſtreben; 

Sie nennen's jedoch — Deutſche Einheit 
Und deutſches Familienleben! 


> 81 »<+ 


Das stille Paar. 


Es ſitzen Zwei bei Einem Glas 

Und denken ſich — ich weiß nicht, was? 
Und d'rinnen in dem Gartenhaus 
Geigt kreuzfidel der Johann Strauß. 


Er nippt, ſie nippt — o Gaudium! 
Wie freut ſich Alles ringsherum; 
Zwei Eulen gleicht das liebe Paar 
Inmitten froher Vögelſchaar. 


Er ſchweigt und gähnt in Einem fort 
Und ſie ſpricht auch kein Sterbenswort: 
O Liebeszeit, ſo wunderbar! 

Das iſt denn doch ein — Ehepaar! 


Eul. Tageb. 6 


D 82 >24 


Frührappart. 


Euer Geſtrengen, Herr Bürgermeiſter! 
Wünſche gehorſamſt guten Morgen; 
Haben geruhet wohl zu ruhen, 
Träumten nicht einmal von Sorgen. 


Schönes Wetter! zehn Grad Wärme; 
Im Theater der Lumpaci, 

Na, da wird ſich wieder freuen 
Unſer junge Herr, der Nazi! 


Hab' die ganze Stadt durchſchnopert, 
Schwitze noch vom ſcharfen Trabe; 
Wollte nur ſubmiſſeſt melden, 

Daß ich nichts zu melden habe ... 


* 83 »< 


Drei Dinge. 


Drei Dinge nenn’ ich, inhaltsſchwer, 
Die quälen uns auf Erden ſehr, 
Und wer da iſt ein kluger Mann, 
Seh' zu, daß er ſie meiden kann. 


Das Eine, wenn Du recht im Zug 

Und findeſt — ausgeleert den Krug; 
Das Zweite, ſteht nach Lieb' Dein Sinn, 
Und iſt bei Ihr — ein And'rer d'rin. 


Das Dritte, wenn Du ſingen ſollſt 
Und Dich verſchnupft zum Pulte trollſt 
Und mäkerſt wie ein Ziegenbock: 

Das iſt Malheur — ein ganzes Schock! 


Affenmirtharhakt. 


Für eine Hand hält ſeine lange Pfote 

Der Affe und gebraucht ſie flink als Hand; 
Er achtet nicht des Herrn und der Gebote 
Und ſchwänzt kokett zweifüßig durch das Land. 


Sieht den Barbier er Kunden fein raſiren, 

Er auch das Meſſer ſchnell in Pfoten hat 
Und denkt dabei: das muß ich gleich probiren, 
Es ließe mir auch ſchön die Schnauze glatt! 


Doch wenn der Affe tüchtig ſich geſchnitten, 

Fleſcht er die Zähne und es grinſt das Vieh: 
Herr Menſch! das muß ich ernſtlich mir verbitten, 
Ich bin daran nicht Schuld, das find nur Sie.... 


D 85 >4 


Ehrliche Brautwerkung. 


Wenn Du auch nicht, theures Leben! 
Adlig bift, was ſchadet's mir? 
Denn die Schulden ſind es eben, 
Die mich zieh'n ſo ſtark zu Dir. 


Brauchſt nicht in die Stadt zu fahren, 
Kennen auch am Land' bon ton; 
Denn in loco ſteh'n Huſaren, 

Eine prächtige Schwadron. 


Wir verkoſten alle Freuden 

Ohne Hader und Proceß; 

Wollen ſo Dein Geld vergeuden — 
Und Du wirſt dafür — Comteß! 


De 86 4 


Maxime. 


Sanft und freundlich ſei dem Rechten, 
Schon das Streben ſei beſegnet; 

Doch die Stirn' gezeigt dem Schlechten, 
Wo's nur immer Dir begegnet. 


Müßig iſt hier Federleſen 

Und das ſchwänzelnde Gewinſel: 
Friſch heraus mit einem Beſen, 
Nicht mit einem feinen Pinſel! 


Willſt Du zart die Neſſel ſtreifen, 
Wirſt Du tauſend Stacheln greifen; 
Derb darein, ſie auszurotten, 

Und Du kannſt des Feindes ſpotten! 


der 87 »4 


Tirhhaber und Ehemann. 


Neun Jahr' hat er um Sie geworben 
Und ſaß bei Ihr alltäglich, 

Wär ſchier aus Gram geftorbenz 

Er liebte Sie ja unſäglich. 


Nun iſt vorüber ſein Wehe, 

Er konnte zum Altar Sie führen, 
Sein iſt Sie durch Bande der Ehe; 
Die Freunde ihm gratuliren. 


Er ſtutzt und ſpricht: Sehr verbunden! 
Recht ſchön, doch was ſoll's nützen? 
Wo werd' ich die Abendſtunden 

So ſchön jetzt wie ehmals verſitzen? ... 


>4 88 24 


Die lieben Vermandten. 


Alſo, Guſtav! wirklich, biſt Du's? 

Ach, gelobt ſei Jeſus Chriſtus! 
Fortgezogen ohne Hemde, 

Kehrſt Du reich nun aus der Fremde! — 


Melden ſich da Vetter, Muhme, 

Will ein Jedes eine Krume 
Soll er all' die Hundert ſpeiſen, 
Kann er gleich nur wieder reiſen. 


Guſtav ſpricht: Gott ſchützt' im Nile 
Mich vor einem Krokodile; 

Schütz' mich, Herr! jetzt vor den Tanten 
Und dem Zahn' der Anverwandten! 


Büterliche Exhurte. 


Vernimm es, o geliebter Sohn! 

Sei vorſichtig in Wort und That, 
Behüt' des Magens Conſtruction, 
Genieß nur ſpärlich Bohnenſalat. 


Borg' nicht und ſpar' mit Kräften und Geld, 
Ein Kittel iſt genug von Zwilch; 

Lies Clauren und den Van der Veld' 

Und trinke fleißig Ziegenmilch. 


Und kommſt Du einmal in die Klemm', 
Erheb' darum kein Eſelsgeſchrei; 

Dem Deutſchen genügt eine Butterbemm' 
Und ſein Bewußtſein, groß und frei! 


d 90 »<«+ 


Vivre avec les vivants! 


Mein Wahlſpruch iſt: Leben und leben laſſen! 
Das Glück, wenn es winkt, beim Schopfe faſſen; 
Umher ſich treiben auf Bergen und Straßen, 
Darum aber nicht die Zeit verpraſſen. 


Auf ſchlechte Kerle mit Knitteln paſſen, 
Und niemals buhlen um Gunſt der Maſſen: 
Bibamus! den Humpen voll erfaſſen, 

Das Waſſer allein nur gründlich haſſen! 


Für's Vaterland freudig das Leben laſſen! 
Die Mägdelein hoch, die roſ'gen und blaſſen! 
Und ſchneidet auch Einer darüber Grimaſſen, — 
Verachtung den Heuchlern aus allen Klaſſen! 


4 91 > 


Tenzreualte. 


O ſieh' nur heut' das Weltenhaus! 
Die tauſend Bäume ſchlagen aus, 
Im Aufbruch alle Knoſpen ſind 

Und fröhlich klingen Luft und Wind. 


Es ſchießt das junge Grün ſo keck, 
Schneeglöckchen läutet vom Verſteck; 
Was nur die Erd' im Schooße hegt, 
Sich wonnig an das Licht bewegt. 


Des Eiſes letzte Kruſte klirrt, 
Im Blau die erſte Lerche ſchwirrt: 
Das iſt der Schöpfung Jubelſchrei, 
Vorbei iſt Winters Tirannei! 


* 92 4 


Was ich sein müchte. 


Ich möcht' ein Adler ſein in Eichenforſten, 
Ein Wolkenkönig, voll gewaltiger Kraft; 

Dor in den Freiheitswiegen möcht' ich horſten, 
Entfernt von ordinärer Leidenſchaft. — 


Ich möcht' ein Hai ſein in dem Oceane; 
Schöß' durch die hellen Wellen gleich dem Blitz, 
Durch nichts beſchränkt in meines Reiches Plane 
Und nähme von der Unterwelt Beſitz. — 


Am liebſten doch möcht' ich privatiſiren, 
Im großen Deutſchland als ein Vagabund; 
Man ſagt, dort ſoll viel Komiſches paſſiren, 
Und wer nur lacht, bleibt ewiglich geſund! 


4 95 >«4 


Auch ein Traum. 


Mir träumte, ich wäre geworden ein Floh, 
Und wäre, Du ſüßes, Du minniges Weib! 
Doch endlich geworden, doch einmal froh 
An Deinem ſo ſüßen, ſo minnigen Leib'. 


Da hätteſt Du plötzlich mich Freoler erblickt 

Und zürnend mich auf Deinem Nagel geknickt; 
Darüber nun wär' ich urplötzlich erwacht, — — 
Ade, ſchöne Träume! gut' Nacht, gute Nacht! 


Dann wäre gekommen ein Recenfent, 
Der hätte gebrüllt, ganz vehement, 
Und hätte genommen das Kraftgenie 
Für Pathos, was hier nur Parodie!! 


D 94 4 


Politik 


Ein politiſch Memorandum 

Iſt ein Ding, ſehr ſchwer zu ſchildern; 
Denn kaum dreht man eine Hand um, 
Wechſelt es mit ſeinen Bildern. 


Daß ſie ſei von echtem Schrote, 
Allezeit den Schreiber lohne: 
Gleichen muß die wahre Note 
Auf ein Haar dem Chamäleone. 


Damit, was Du kannſt verſchweigen, 
Wirſt Du ſelbſt an's Ziel Dich führen 
Und Dich nie verlegen zeigen 

In dem Haus mit Hinterthüren! 


Da 95 »4 


Auf Parketen. 


Um zu gehen auf Parketen, 

Braucht Ihr äußerſt grobe Sohlen 
Oder ſehr dreſſirte Füße, 

Geht und ſteht ſonſt wie auf Kohlen. 


Zu beſteh'n mit glatten Leuten, 
Braucht Ihr Proſa aus der Steppe 
Oder Zungen, fein wie Klingen, 

Sonſt weiſt man Euch bald die Treppe. 


Wollt Ihr aber zungenwedeln, 
Rutſchen gar auf allen Vieren; 
Nun, dann iſt Euch nicht zu helfen, 
Und Ihr zählet zu den Thieren. 


D 96 De 


Schneider-Apntheuse. 


Daß die Kleider machen Leute, 

Nun, das iſt kein Witz von heute; 
Doch, daß Kleider machen — Orden, 
Iſt uns heut erſt klar geworden! 


Cavaliere! alte Ritter! 

Junge Schneider! junge Schnitter! 
So bekömmt denn auch die Nadel 
Endlich ihren Werth und Adel. 


Von dem Zwirne bis zum Peche, 

— Daß ich nicht vom Schuſter ſpreche — 
Dem Verdienſte ſeine Kronen! 

Und die Ehrenlegionen! 


97 ><4 


Ehegtandsrene. 


Sie ſitzen ſo traulich beiſammen, 
Ergeben einander in Liebe: 

Ste glüht in der Eiferſucht Flammen, 
Er trinkt und parirt ihre Hiebe. 


Zehn Jahr' juſt an dieſem Abend 
Umſchlingt fie der Ehſtandsreifen: 
Es iſt ſo erquickend, ſo labend, 
Sich tüchtig auszukeifen! 


In's Glas ihm fällt eine Zähre: 
Was find wir für glückliche Leute! —, 
Was zehn Jahr' nicht ſah die Megäre, 
Das ſieht Sie denn auch nicht heute! 


Eul. Tiget 7 


98 4 


Trtztes Sibel. 


Sie konnten ihn zu gar nichts mehr gebrauchen, 
Er ſelber wurde mählich ſich zur Laſt 

Und fluchte gar dem magern Tabakrauchen 
Und ging in's fette Kloſter dann als Gaſt. 


So ward er fromm, fürwahr! je mehr, je länger, 
Und machte tauſend Proceſſionen mit, 

Und aus dem altergrauen Müßiggänger 

Da ward ein grüner Tugendproſelyt. 


Zuletzt, was nur betreibt vermummt Bagage 
Und was man trivial: Canaille nennt, 
Trieb jener noble Herr ſelbſt Spionage 
Und wurde erſter Keuſchheits präſident! 


4 99 > 


Jauliraustem. 


Im Wirthshaus iſt es öd' und leer, 

Es gähnt der Wirth zur „ſchwarzen Katz“: 
Nun endlich kommt ein Gaſt daher 

Und nimmt an einem Tiſche Platz. 


Dem folgt ein Zweiter, ſetzt ſich ſtill 
Zum zweiten Tiſch, ganz iſolirt; 
Der Dritte Gleiches üben will, 

Der Vierte ſitzt auch ſeparirt. 


Ein Fünfter kommt und ſieht ſich um: 

Kein Tiſch frei? — ihn färbt Galle roth — 
Kein Platz?! — fortgeht er mit Gebrumm — — 
Fünf Deutſchen thun — ſechs Tiſche noth! 


* 100 94 


Dirhterliehe. 


Kleine Füſſe, kleine Schuhe, 
Bringen Dichter oft um Ruhe, 
Und ein ſchmales, knappes Mieder 
Weckt im Sänger tauſend Lieder. 


Was im Mieder ſchlägt, verborgen, 
Stört ihn bis zum hellen Morgen 
Und dann quellen Lieder, brauſend, 
Wohl gar einmal hunderttauſend! — 


Hat Sie Dich nur erſt umfangen, 
Bleibſt Du wie betrunken hangen — — 
Doch wenn Du Sie nur beſeſſen, 
Dann ſind Lied und Sie vergeſſen! 


»4 101 4 


Ich weiss nicht, mas soll es bedeuten? 


Ich weiß nicht, was ſoll es bedeuten, 
Daß ich ſo traurig bin? 

Verſchiedene Gläubiger ſchreiten 

Vor meinem Fenſter bin, 


Sie drohen mit Scandalen, 
Der Schuldthurm liegt nicht fern: 
Für welche Schuld bezahlen 
Soll ich zuerſt, Ihr Herrn?! 


Ich fürchte, daß man mich faſſe, 

Die Leute ſind wunderlich doch! 

Sie ſchreien: Der Freiheit 'ne Gaſſe! 

Und ſtecken mich ſelbſt dann in's Loch 


4 102 4 


Zu apüt! 


Nicht mit Wochen, nicht mit Tagen 
Sollſt Du Dich im Zeitlauf ſputen; 
Soll die Zeit Dir Früchte tragen, 
Mußt Du kargen mit Minuten. 


Biſt Du wo zu ſpät gekommen, 

Gilt es gleich, um wie viel ſpäter; 
Was Du haſt nur kann Dir frommen, 
Und der Preis gilt nur dem Thäter! 


Gib wohl Acht! das Heer der Schnecken, 
Ob Du ſelbſt auf flinken Sohlen, 

Kann Dich, vielgewandten Recken! 

Eh' du's träumteſt, überholen! 


D 103 #4 


Papierne Grüber. 


Ihr könnt mich überall finden 
Wo Menſchen weinen und lachen, 
Ich laſſe ſogar mich binden, 

Nur nicht in — Almanachen. 


Die ſind des Geiſtes Arreſte, 

D'ran mag ſich kein Menſch mehr laben; 
Was d' rin ſteht, beſorgt iſt's auf's Beſte 
Und iſt lebendig begraben. 


Die Herren Redacteure 

Das ſind die Todtengräber — 
Ich danke ſchön für die Ehre 

Ich liebe nicht Grab und Gräber! 


>4 104 »4 


Die Müsgigkrita-Aungtel. 


Glaubt Einer zu fein wie mäßig, 
Weil er nur beim Brode gefräßig 
Und läßt bei Seite den Braten — 
Das ſind wohl erhabene Thaten?! — 


Säuft Einer ſich halb zu Tode 

An Waſſer — das gilt ihm als Mode — 
Und ſchilt, die ſich letzen am Biere 

Und Weine — beſoffene Thiere! — 


Ich bitt Euch es nicht zu vergeſſen, 
Beim Trinken, ihr Herren! und Eſſen: 
Und ob es nun Wein oder Waſſer, 
Ihr ſeid d'rum nicht weniger Praſſer! 


>4 105 »+ 


Ordeng-auuellette. 


Decorirt zur Stadtergötzung 

Ward mit Kreuz und Band und Oehre 
Jüngſt ein Mann für — Ueberſetzung, 
Dante's? — nein, der Ofenröhre! 


Thät dem fremden Fürſten rauchen 
Gar zu ſehr aus dem Camine, 

Thät den Haushofmeiſter brauchen, 
Daß er Ihn recht flink bediene. — 


Solches hat ſich zugetragen 

— Aller Täuſchung ſind wir ledig — 
Eben nicht vor vielen Tagen, 

In der Märchenſtadt Venedig! 


d 106 »< 


Sala der Grubheit. 


Wenn ſich ſtreiten Zwei im Leben, 
Gärben ſie ſich durch die Felle 
Und ſind's Cavaliere eben, 
Schlagen ſie ſich im Duelle. 


So thun Schweden und die Frieſen, 
Wenn ſie grimmig ſich erboſen 

Und die Spanier, Portugieſen, 
Engeländer und Franzoſen. 


Ein Volk — mag es was verdrießen 
Das hat ganz beſond're Regel: 
Sieht ſich, ohne ſich zu grüßen — 
Und das ſind die deutſchen Flegel! 


D 107 ?< 


Iunere Beruhigung. 


Mögen fie ſich nur moquiren, 
Ueber mich beliebig keifen, 
Weil ich pflege zu raſiren, 
Ohne früher einzuſeifen. 


Vorſichtig ſind die Barbiere 
Und gehäbig Gaſſenkehrer, 
Vorſichtig die zahmen Thiere 
Und nun gar die Pudelſcherer. 


Flink will ich die Bilder ſchaffen, 
Ein Daguerre im Wortgewande: 
Sollen ſie ſich ſelbſt begaffen, 
Wenn ſie treiben Affenſchande! 


Inhalt. 


Nele 5.2.3868 

Liebes frühling: 
Mein Herz „ 
Augenerage 
Wie mir zuweilen iſt 
Adelgund 
Brennende Frage 
Naturanfhauung . N 8 
Ka d : RE, 
Der ae m ĩ]ĩ?iX 
Illuſionen 
Mädchen und Lerchen 
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MWeiberlit . x 
Als ich Ihr Taſchentuch fand. 


Seite 


4 109 + 


// ĩ ͤ ß 
| — m 8 
Die Roſen wangen 
Bär ich ein Böglei s 
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Die Macht des Liedes 
Liebesbekenntniß ara 
Allmacht der Liebte 


Kunſt und Wiſſenſchaft: 
An den Liedereompoſtteur x. 
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Die Coloſſalen. 5 
IW 
Letztes Bedürfniß. 

Die Jungfrau von Orleans 
Neueſte Literarhiſtoriker 

Die jungen Kritikaſter 

Ein Portrait 

Oeffentliche Bibliotheken 

Muſikaliſche Pflanzſchule 

Aeſthetiſche Zirkel 

Wie man dichte? Be 
Zur Naturgeſchichte der 1 

Das Attentat 


* 110 »<+ 


Der kranke Pegaſus 

Poetiſches Glaubensbekenntniß 

Poetiſche Stoffe 
Schöne Welt: 

Drei Gebete 

Deutſche Gutmüthigkeit 

Alles an ſeinem Platze 

Raupengeſellſchaft 

Kein Erkennen 

Erfindungen 

Patatone . 

Gute Lehren 

An die Sterne 

Kaffeeſchweſtern 

Dankbarkeit 

/ 

Jugendzauber 

Ebeliche Zärtlichkeit 

Hin iſt hin 

Kindererziehung 

Gewiſſe Junker 

Das beſte Schreibmateriale 

Troſt des Einſamen 

Theorie des Schuldenmachens 


D 111 d 


Saubere Welt 

Hep! Hep! der Jud! 
Die Praktiſche 
Deutſcht hum 
Das ſtille Paar 
Bm A 
TT 
Affenwirthſchaft 
Ehrliche Brautwerbung . 
Marime - 
Liebhaber und Ehemann . 
Die lieben Verwandten 
Väterliche Exhorte 

Vivre avec les vivants! 
Lenzrevolte A 
Was ich fein möchte 
Auch ein Traum 

Politik 

Auf Parketen 
Schneider⸗Apotheoſe. 
Eheſtandſcene 

Letztes Ziel 
Iſolirſyſtem 
Dichterliebe 


der 112 9 


Seite 
Ich weiß nicht, was ſoll es bedeuten 101 
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Die Mäßigkeits⸗Apoſte“ll 0 nn 104 
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Veit, 1856. Gedruckt bei Landerer und Heckenaſt. 


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