Full text of "Falco"
—
FORTHE PEOPLE
FOK EDVCATION
i FORSCIENCE
LIBRARY
OF
THE AMERICAN MUSEUM
OF
NATURAL HISTORY
FALCO,
unregelmäßig im Anschluß an das Werk
„BERAJAH,
Zoographia infmita"
erscheinende Zeitschrift.
IX. Jahrgang, 1913.
in 3 Heften.
Herausgeber :
0. Kleinschmidt,
Dederstedt, Bez. Halle a. d. S.
Preis für Berajah und Faico jährlich 9 Mark.
-^1^
Kommissionsverlag Gebauer- Seh wetschke, Druckerei u. Verlag m. b. H.
Halle a. d. S.. Gr. Märkerstr. 10.
.^v '^^oa.a.^y^'^^^ 3
Inhalt des neunten Jahrffanffs.
Seite
Verzeichnis der erscilienenen Teile vou Berajah und Falco 1 v
Die neue Systematik 2 (J"^)
Über einige Falken der Kirgisensteppe v. Suschkin, übers, v. Grote 6
Die Familie Naumann in Ziebigk usw. v. Eckstein 18
Dr. Wilhelm Wurm f v. W. Bacmeister 14
Die Familie Naumann in Ziebigk, Fortsetzung 17
Ein Rotkehlchen als Nährvater von Tannenmeisen v. Eembold u.
Oberhauser 22
Über zwei Veröffentlichungen des Prinzen Don Francesco Chigi über
die Kleider der Falken. Bericht v. G. Vallon 23
Eine neue Form aus Baluchistan Sarcogrammus indicus aigneri subsp.
nov. V. Laubmann 30
Phaetomis fuliginosus, eine neue Kolibriart v. Schlüter 32
Über iberische Kohlmeisen v. Kleinschmidt u. Weigold 32
Noch eine neue Kohlmeisenform aus Ostasien 33
Parus salicarius submontanus, Form nov. v. Kleinschmidt u. v. Tschusi
zu Schmidhoffen 33
Aufzählung der Vögel des Kiautschou- Gebietes 34
Seltene Gelegenheit für Sammler 40
Die Flügelform des jungen Wendehalses 40
Adresse 40
Tannenheherzug in Sicht 41
Zwei neue Kolibriformen v. Schlüter 42
Beschreibung neuer Formen von den Balearen v. A. v. Jordans . . 43
Naumanns allgemeiner naturhistorischer Atlas 44
An der Hochspannungsleitung verunglückte Vögel 46
Kritik 53
Mitteilung 56
Abbildungen.
Keine.
Neu beschriebene Formen.
Sarcogrammus indicus aigneri Laubmann 30
Phaetornis fuliginosus Schlüter 32
IV Inhalt des neunten Jahrgangs.
Seite
Parns wladiwostokensis Kleinschmidt 33
Parus salicarius submontanus Kleinschmidt u. Tschusi 33
Accipiter nisus subsp. unbenannt gelassen 37
Astur gentllis subsp. „ „ 37
Emberiza castaneiceps subsp. unbenannt gelassen 39
Metallura thyriantina harterti Schlüter 42
Leucippus leucogaster longirostris Schlüter 42
Sylvia sarda balearica Jordans 43
Muscicapa striata balearica Jordans 43
Parus coeruleus balearicus „ 43
Parus major mallorcae 44
Ausgegeben wurde:
Falco in 3 Nummern, April, August, Oktober.
Berajah, Parus Salicarius Tafel III \
Falco Peregrinus Tafel VI— X I
Bastardstudien, Seite 1 — 16 j P ^ '
Tafel I u. n '
Falco Peregrinus Tafel XI— Xni ^ , . , .^ ^ , ,c.. a -,
-^.y_-^Yj-ry I zugleich nut Falco 1914, 1
-r, " Ol.". A 'i 1 I an der Jahreswende.
Parus Salicarius Anlage 1 -'
Eine Anzahl bereits fertiger Teüe von Berajah werden bis zur
nächsten Lieferung zurückgehalten, um die Tafeln künftig in fortlaufen-
der Reihe mit dem Text zusammen auszugeben.
FALCO.
Neunter Jahrgaug.
^/'^
Nr. 1.
Appil.
1913.
Schriftleiter: O. Kleinschmidt, Dederstedt, Bez. Halle a. d. S. — Kommis-
sionsverlag: Gebauer-Schwetsclike Druckerei u. Verlag m.b.H., Halle a.d.S.,
Gr. Märkerstr, 10. — Preis aller Veröffentlichungen von Berajah u. Falco:
jährlich 9 Mark.
Verzeichnis der bis jetzt erschienenen Teile und
Beilagen von Berajah und Falco.
Die älteren Jahrgänge 1905 bis Mitte 1908 w^erden nicht durch die
damaligen Verleger, sondern durch den jetzigen Verlag, die Firma
Gebauer-Schwetschko, geliefert.
Anträge auf Probesendungen, Naclüieferungeu und Bezug älterer
Jahrgänge am besten direkt an den Herausgeber. Berajah und
Falco werden nur in ganzen Jahrgängen abgegeben. Abonnenten
sind nicht zur Abnahme früherer oder künftiger Jahrgänge verpflichtet.
Abmeldungen müssen jedoch vor dem 1. Januar erfolgen. Sie können
nicht für den laufenden Jahrgang angenommen werden.
Bis jetzt sind erschienen:
Falco 1905. 108 Seiten Text, 1 bunte Tafel.
Berajah 1905. Saxicola Borealis, 6 bunte, 3 schwarze
Tafeln, 22 Seiten Text.
Falco 1906. 104 Seiten Text, 1 schwarze Tafel.
Beilage. Tabelle der Brehmschen Schleiereulen.
Berajah 1906. Strix Flammea, 7 bunte, 3 schwarze
Tafeln. 20 Seiten Text.
Falco 1907.
Beilage.
Berajah 1907.
106 Seiten Text, 4 schwarze Tafeln.
Deutsches Vogelschutzbuch, Titel und
Vorwort.
Erstes Heft, Strix Athene, 3 Tafeln,
6 Seiten Text.
Zweites Heft, Eritliacus Domesticus,
Tafel I— IV, Neudruck vom Text zu
Strix Athene. Nachgeliefert: Neu-
druck von Tafel I u. 11, Erithacus
Domesticus, Text Seite 1—12, Ta-
fel V u. VI, TabeUe A.
Preis für nach-
bestellende
Abonnenten
8 Mark.
Preis für nach-
bestellende
Abonnenten
8 Mark
Preis für nach-
bestellende
Abonnenten
8 Mark.
O. Kleinsclimidt:
Falco 1908. 54 Seiten Text, Tafel I-III.
Beilage. Deutsches Vogelschutzbuch, S. 1 — 16.
Berajah 1908. Erithacus Domesticus, Tafel VII, Eri-
thacus Arboreus, 2 Tafeln, 12 Seiten.
Erithacus Diplootocus, 1 Tafel, 4 Seiten
Text.
Anfang und Ende (Vorwort), 8 Seiten,
Tabelle A.
Die fremden Formenkreise des Sub-
genusPhoenicurus, 9 Seiten, 3 Tafeln. J
Preis für den
Jahrgang
9 Mark
Falco 1909. 55 Seiten, Inhaltsübersicht, 2 Tafeln.
Beilage. Deutsches Vogelschutzbuch, Tafel I.
Berajah 1909. Corvus Nucifraga Seite 1—6, Tafel
i-xvn.
Erithacus Sialia Seite 1—2, Tafel I.
Preis 9 Mark.
Falco 1910.
Beilage.
Berajah 1910.
Falco 1911.
Berajah 1911.
Falco 1912.
Berajah 1912.
28 Seiten und Inhaltsübersicht.
Deutsches Vogelschutzbuch, Tafel II,
Rundschreib, an unsere Abonnenten.
Erithacus Arboreus, Seite 13 — 14, Tafel
III— IV. Corvus Nucifraga S. 7—30,
Tafel XVIII - XXVI. Erithacus
Sialia, Tafel 11 und Druckfehler-
berichtigung.
36 Seiten.
Corvus Nucifraga, Seite 31—40, Tafel
XXVn— XXXI. Corvus Perisoreus,
Seite 1 u. 4 (Seite 2 u. 3 Tafeln).
Corvus Cyanopica, Seite 1 u. 4 (Seite
2 u. 3 Tafeln). Parus Superciliosus,
Seite 1 u. 4 (Seite 2 u. 3 Tafeln).
84 Seiten u. Inhaltsverzeichnis, 2 Taf.
Falco Peregrinus, Seite 1 — 6, Tafel
I— V und Tafel XIV. Parus Sali-
carius, Seite 1 — 6, Tafel I u. n.
Erithacus Poeta, Tafel I. Mappe
„Erithacus".
1913 erscheinen die Fortsetzungen von Falco Pere-
grinus und Parus Salicarius, sovv^ie Bastard-
studien I und vielleicht vi^eitere Veröffent-
lichungen (Falco), deren Ausgabe zurzeit noch
nicht fest vorgesehen ist.
Preis 9 Mark.
' Preis 9 Mark.
Preis 9 Mark.
Preis 9 Mark.
Verzeichnis d. bis jetzt erschienenen Teile ii. Beilagen v. Berojah u. Falco. 3
Da zu fast allen Teilen von Berajah immer wieder Fortsetzungen
und Nachträge erscheinen (Zoographia infinita!), eignet sich Berajah
nicht zum Einbinden wie Falco, sondern muß lose in Mappen ge-
ordnet werden. Soweit möglich, werden solche später gratis geliefert.
Über den Inhalt von Falco und die Ausgabetermine von Berajah
orientiert das nach Abschluß jedes Jalirgangs in Falco ausgegebene
Inhaltsverzeichnis. In dem von 1912 ist „Titel Falco 1911"
nachzutragen. Vogelschutzbuch erschien bis Seite 16 u. Taf. II.
Vor dem Einlegen von Berajah in die Mappen empfiehlt es sich,
die farbigen (grünen, roten oder blauen Umschläge) auf 30 »/g cm Höhe
zu besclineiden, wenn man nicht vorzieht, sie ganz zu beseitigen.
Liste zum Ordnen.
{Blaues Heft, Anfang und Ende bis S. 8 Tabelle A.
Grünes Heft, Strix Flammea bis S. 20, Taf. X, Beilage (ein
Doppelblatt): Brehmsche Schleiereulen.
Grünes Heft, Strix Athene bis S. 6, Taf. UI.
Grünes Heft, Erithacus Arboreus bis S. 14, Taf. FV.
Grünes Heft, „ Domesticus bis S. 12, Taf, VII,
Tabelle A.
Die fremden Formenkreise des Subg. Phoenicurus
Titel.
Allgemeines über Phoenicurus bis S. 2.
Rotes j Erithacus Diplootocus bis S. 4, Taf. 1.
Heft I ,. Auroreus „ „ 2, „ 1.
,. hodgsoni ,, „ 1.
,, Grandis ,, „ 2, „ 1.
Die asiat. Gebirgsrotschwänze bis S. 2, Taf. 1,
Rotes Heft, Erithacus Sialia bis S. 2 nebst Berichtigung,
Tafel n.
Ohne Umschlag, Erithacus Poeta, Taf. I.
Grünes Heft, Saxicola Borealis bis S. 22, Taf. IX.
Grünes Heft, Corvus Nucifraga bis S. 40, Taf. XXXI.
Ohne Umschlag, „ Perisoreus ,, ., 4.
Ohne Umschlag, „ Cyanopica ,. „ 4.
Ohne Umschlag, Parus Superciliosus bis S. 4.
Ohne Umschlag, „ Salicarius » ^^^„ .
rx-u -rr i , t:i i n . 1913 ui Ausgabe be-
Ohne Umschlag, Falco Peregrmus | . ^
Ohne Umschlag, Bastardstudien I. J e •
Mappen „Strix", „Saxicola", „Corvus", ,, Parus", „Falco" und vor-
läufige „Sammelmappe" können auf Kosten der Besteller schon jetzt
geliefert werden. (Bestellung an den Herausgeber.) Preis a u ß e r
Ve rpackung und Porto je 1 M. pro Mappe. Falls die betr. Mappe
später gratis allgemein geliefert wird, wird Vorausbestellern 1 M. ver-
gütet.
1*
Mappe
Erithacus
gratis
zwei
Mappen
zu 1 M.
Noch
ohne
Mappen
4 0. Kleinsclimidt:
Ich bitte die Abonnenten, mir Wünsche betreffend Ergänzung
fehlender oder beschädigter Teile recht bald mitzuteilen. Dieselben
werden tunlichst gratis bei der nächsten Lieferung erledigt, können aber
später vielleicht nicht mehr erfüllt werden.
Eine Anzahl beschädigter Teile gebe ich an Subskribenten zum
Zwecke der Anwerbung neuer Abonnements-Mitglieder gratis ab.
Wenn die freundliche Weiterempfehlung des Werkes dauernd so
gute Erfolge zeitigt, wie in den letzten Monaten, so wird sich der Um-
fang und die Zahl der Lieferungen, besonders aber die der Tafeln, wie
es mein dringender Wunsch ist, erheblich vermehren lassen.
O. Kleinschmidt.
Die neue Systematik.
Von 0. Kleinschmidt.
„Systematik" nannte man seitlier den trockensten Zweig
der Biologie*), der sich mit Benennung und Unterscheidung,
sowie mit der Reihenfolge (Aufzählung) oder Anordnung von
Tierformen abmüht. Seitdem man aber „systematisch" an die
Erforschung bionomischer Grebiete herangetreten ist (z. B. an
die des Vogelzugs, Magenuntersuchungen, oologische Tabellen,
graphische Darstellung der Stimmen), ist es nicht mehr richtig,
nur nominale Fragen zum Gebiete der Systematik zu rechnen.
Der erste Teil ihrer Aufgabe besteht darin, Ordnung
d. h. Übersichtlichkeit nicht nur in die Namen, sondern ebenso
auch in das bionomische Wissen zu bringen, etwa so, wie ich
dies kurz und in populärer Form in einem Schriftchen:
„Die Singvögel der Heimat" **) versucht habe und wie es für
einzelne G-ebiete des Vogellebens schon von anderer Seite ge-
schehen ist (Lindner, Krause u. a.).
Die genaue Kenntnis der Brutzeit und Zugzeit eines
Vogels, die Schwankung seiner Ankunft, seines G-ewichtes,
*) „Biologie" ist unser Wissen von den Tieren und Pflanzen im
Gegensatz zu den Gebieten der Wissenschaft, die sich mit der anorganischen
Natur beschäftigen. Wo Ornithologen von „Biologie" reden, meinen sie
fast immer „Bionomie". Der falsche Sprachgebrauch ist so eingebürgert,
daß er sich kaum ändern lassen wird.
**) Bei Quelle & Meyer, Leipzig, April 1913, 84 farbige Vogeltafeln
mit systematisch-biologischem (bionomischem) Text. Preis B,40M. Man
lasse sich vom Buchhändler zugleich die Mappenausgabe vorlegen,
in der die Tafeln besser vergleichbar sind.
Die neue Systematik. 5
seiner Flügellänge oder Eiergröße ist für uns mindestens ebenso
wichtig wie die Ermittlung seines ältesten Namens und bedarf
gleich sorgfältiger Registrierung.
Jetzt, wo die Systematik mit ihrer gröbsten Aufräum-
arbeit in Nomenklatur und Bestimmungsschlüsseln nahezu
fertig ist, weist man der fleißigen, stillen Magd die Tür. Sie
„hat ihre Schuldigkeit getan", sie „kann gehen". Jeder Nicht-
Systematiker kann ja nun alles aus bequemen Handbüchern
ablesen. Man braucht keine systematische Wissenschaft mehr,
weil man ihre Arbeitsresultate schon hat. Sie war die Dienst-
magd aller. Dem Sammler, dem Beobachter, dem Händler,
dem Liebhaber, der Schule, der Kinderstube diente sie und
erntete als Dank steten Tadel und Hohn über ihren öden
Beruf, teils von denen, die nicht Arbeit, sondern Vergnügen
in der Natur suchten, namentlich aber von Schulmännern und
Pädagogen, die sich nur dank ihrer (d. h. der Systematik)
Vorarbeit so leicht orientieren können.
Mit einem Schlage ist es anders geworden. Eine zweite
ganz neue, riesige Aufgabe ist der Systematik er-
wachsen durch die Fragen nach der natürlichen Verwandt-
schaft, der Entstehung der Tiere und dem Verständnis des
ganzen Lebens. Die dienende vielgeschmähte Magd kehrt als
Königin zurück, die nicht mehr engen und oft engherzigen
Interessen folgt, sondern sie alle freundlich in ihre Dienste
nimmt, denen sie beim ersten Teil ihrer Arbeit diente. Wer
könnte diese veränderte Lage, diese ganz neue Aufgabe der
Systematik ableugnen? Sie hat nun nicht mehr Artnamen
in Genera, sondern die ganzen Ergebnisse unsres Forschens
mit denen der außerbiologischen Wissenschaften (Greologie,
Paläogeographie, Metereologie usw.) zusammenzufassen und
alles auf Sondergebieten Erarbeitete zu verknüpfen und zu
überschauen. Diese Systematik muß viel genauer forschen,
als die, welche für Kinderstube, Schule, Händlerkataloge,
Sammlungs- und Museumsetiketten Aufräumdienste tat.
Dadurch erweckt sie vorübergehend neuen Unwillen.
Aber sie darf nicht mit dem groben Kehrbesen arbeiten und
Pastellporträts mit dem Staublappen abwischen. Diese neue
Systematik hat andre Aufgaben und darum andre Werkzeuge,
6 P. Snsnhkin:
eine andre Technik, eine andre Nomenklatur, eine andre Sprache
und andre Sitten für alle die, die einen Malerpinsel von einem
Besen unterscheiden können.
Über einige Falken der Kirgisensteppe.
Von Prof. P. Suschkin.
(Autorisierte Übersetzung aus dem Kussischen von H. (trote, Auszug aus:
., Die Vögel der mittleren Kirgisensteppe" |rnss.] Moskau, 11K)8. 80.3 u.VIp.)
Falco peregriuuH Brins.
Faico peregrinus L. : Eversinann, Orenb. Kray III, .56. Falco
peregrintis Tunst.: Sarudny, Orn. Fauna 198. Falco peregrinus
Briss.: Nazarow, Pecli.; Menzbier, Ornitli. Turkest. .•504; Menzbier, Vög.
i{ußl. U, 44; Sarudny, Nachtr. 273.
Der Wanderfalk horstet nirgends in unserem Gebiet und
kommt ausschlicßlicli auf dem Durchzuge vor. Eversmann
waren Brutplätze nur für das Uralgebirge und die bergigen
Abhänge der Kama und Wolga bekannt. Nazarow führt den
Wanderfalken als Brutvogel nur für die Waldzone, d. h. für
das waldige Baschkirien Orenburgs auf, in der Zone der Feld-
gehölze imd der mit Pfriemengras bewachsenen Stellen wird
der Wanderfalk als Durchzügler vorkommend angegeben und
für die Feldhölzor außerdem als Irrgast. Bei Orenburg fand
Sarudny ihn nur auf dem Durchzuge und zwar ist der Wander-
falk in manchen Jahren hier nicht selten. Ich habe außer
direkten Beobachtungen sorgfältig Nachrichten über die Falken
bei den Kirgisen gesammelt, unter denen man noch Lieb-
haber und wahre Kenner dieser Vögel findet. Erlangte Er-
kundungen ergeben folgendes: Ein Brüten des Wanderfalken
ist im Gebiet nicht ein einziges Mal beobachtet worden; un-
sichere Gerüchte vermuten ein Brüten dieses Vogels „näher
nach Troizk" hin, und Sewerzow hat in der Tat auf dem
Wege von Werchne-Uralsk nach Swerinogolowsk Wander-
falken an den Flüssen Ui und Tobol am 7. August gesehen,
etwas früh für Durchzugsvögel! An der Emba ist der Wander-
falk als Durchzügler weder von mir noch von Sewerzow ge-
funden worden. Im östlichen Teile des Gebiets stellte ich
den Falken am oberen Trgis und in der Nordostecke des
■ über einige Falken der KirgiKensteppe. 7
Bezirks auf rlem Herbstzuge fest. In dieser letztgenannten
Gegend ist der Wanderfalk zur Zeit des Durchzuges sogar
eine gewöhnliche Erscheinung, soweit ein solcher Vogel über-
haupt gemein sein kann. Weiter südlich am Unterlauf des
Irgis ist der Wanderfalk nicht gefunden worden, also jeden-
falls selten, am unteren Turgai jedoch und am Tschai kar-Tenis
gemein auf dem Durchzuge. Hier werden die Wanderfalken
von den Kirgisen, die der Falkenjagd obliegen, gefangen;
augenscheinlich ziehen die Wanderfalken der Nordostecke des
(rebiets südwärts den Turgai entlang.
Am Oberlauf des Irgis kamen durchziehende Wander-
falken im letzten Septemberdrittel zur Beobachtung. Um eben
dieselbe Zeit wurde ein stärkerer Zug solcher auch im Nord-
ostwinkel des Gebiets beobachtet; mit anderen Worten, sowohl
hier wie dort fällt der Wanderfalkenzug mit dem Massenzuge
von Wasservögeln zusammen. Einzelnen Individuen begegnet
man in der Nordostecke unseres Gebiets sehr früh, in den
ersten Tagen des Septembers, was wiederum auf irgendwo in
der Nähe befindliche Nistplätze hindeutet. Solche Stücke
halten sich bei Ansiedlungen auf, wo sie den Tauben nach-
stellen.
Mein erbeutetes Exemplar — ein junger Vogel im frischen
Kleide — gehört der Form griseiventris an.
Exempl. Coli: 1. ^ j., 2. IX. 98, bei der Borowoi-An-
siedlung.
Faico cherrug Gray.
Faico lanarius L. Eversmann, Orenb. Kray Jll, .55. H i e r o-
falco .sacer Schleg. , Nazaro w , R6ch. Faico lanarius Pall,
Sarudny, Gm. Fauna 198. Gennaia saker Gm. Menzbier, Orn.
Turkest. 286. Hierofaico saker Grn. Menzbier, Vög. Kußl. 5.3.
Hierofalco sacer Gm. Sarudny, Na<;htr. 272.
Der Würgfalk hat sein Brutgebiet im ganzen Bezirk.
Nach Eversmann ist dieser Falk in den Steppen und den
südlichen Vorbergen des Ural nicht selten und verbreitet sich
am Uralflusse bis zum Kaspischen Meere. Nazarow verzeichnet
das Nisten des Saker für die Zone der Inselwälder, läßt aber
den Charakter des Vorkommens dieses Vogels in der Region
des Pfriemengi-ases zweifelhaft. Sarudny traf in seinen ersten
Beobachtungsjahren den Würgfalken als Brutvogel nicht an,
8 P. Suschkin:
hat sich späterhin aber übei*zeugt. daß der Vogel in besagtem
Gebiet von Orenburg bis zu den nördlichen Mugodscharbergen
(genauer bis zu den nordwestlichen Ausläufern der Mugod-
scharen) horstet. In der von mir zusammengebrachten Samm-
lung befindet sich ein Exemplar, das am Horste in der Um-
gegend von Ak-tübe geschossen wm-de, also im Rayon der
Forschungen Sarudnys. Im ganzen von mir durchforschten
Gebiet, von der Grenzscheide des Kok-Dschid an der Emba
und vom Tschalkar-Tenis bis zum Nordostwinkel des Bezirks,
findet sich der Würgfalk überall und zwar durchaus nicht
selten. Am häufigsten ist er. Avie es scheint, im Wald von
Naursum.
Dort, wo hohe Bäume vorkommen, horstet der Sakerfalk
vorzugsweise auf ihnen; in einer gänzlich waldlosen Gegend
wählt er seinen Horst an felsigen Abhängen und dann ist der
Horst der Brutstätte des Wanderfalken auf Felsen durch-
aus ähnlich. Daher hält sich der Würgfalk in waldlosen und
zudem ganz ebenen Plätzen nur auf dem Zuge oder auf der
Jagd auf; so kommt er sehr selten am unteren Irgis vor.
Im Frühling wurde dieser Falk in der Temirumgegend zuerst
am 24. März gesehen. Ein Weibchen mit stark ausgebildeten
Brutflecken wurde in der Nähe von Ak-tübe am 12. April
erbeutet. Die Jungen werden anfangs Juli flügge, wenigstens
soweit die Nordostecke des Gebiets in Betracht kommt.
Einen beträchtlichen Teil der Nahrung des Saker bilden
kleine Nager, und daher kann man an Stellen, die an Nagern
reich sind, ständig Würgfalken auf der Jagd treffen, und
wenn die zum Brüten geeigneten nächsten Plätze 20 Werst*)
entfernt sein sollten. So kommt der Würgfalk in der Salz-
steppe, die sich vom Delta des Turgai bis zum Hange des
Bosyngen-Nur ausdehnt, ziemlich häufig vor, obgleich er erst
im Bosyngen-Nur horstet. Bei Gelegenheit solcher Jagdzüge
trifft er mit Konkurrenten zusammen, und interessant ist sein
Verhältnis zu anderen Vögeln zu beobachten. Den Steppen-
bussard (Buteo ferox) neckt der Würgfalk heftig, zuweilen
halbstundenlang, und verdirbt ihm gründlich die Jagd; ebenso
verfolgt er den Steppenadler; Larus cachinnans zeigt bei Er-
scheinen des Saker feindliche Demonstrationen, beeilt sich
') 1 Werst = 1.06 km [G.]
über einift-e Falkou der Kirfnsenst^eppe. 9
aber rechtzeitig, sich in Sicherheit zu bringen. Andrerseits
wirft sich Larus ichthyaetus, paarweise oder gar einzebi.
ihrerseits auf den Wüi'gf alken , wenn er nah vorbeifliegt und
veranlaßt ihn zu fliehen. Seinen kleineren Verwandten, den
Kleinfalken gegenüber, verhält sich der Würgfalk ziemlicli
gleichgültig, doch behästigt der beim Horst zänkische Bauni-
falk den Saker sehr, wovon ich mich zu meinem großen
Verdruß zu überzeugen Gelegenheit hatte: Durch den Wald
von Naursum mit Postpferden reisend, bemerkte ich ein
prächtiges altes Exemplar des Würgfalken; auf Schußnähe
heranzufahren, gelang nicht, doch entfernte sich der Falk
nicht weit. Da beschloß ich mein Glück mit dem Uhu (Bubo
turcomanus), den ich lebend mit mir führte, zu versuchen.
Nachdem ich meine Jagdtasche an die Fänge des Uhus be-
festigt hatte, damit der Uhu nicht allzuweit flöge, warf ich
ihn hin. Kaum erhob sich der Uhu in die Luft, als der
Saker sich wütend auf ihn stürzte und ihn veranlaßte, sich
nach etwa 70 Schritt zu Boden zu lassen. Ich beeilte mich
zu schießen — und fehlte. Der Schuß veranlaßte den Uhu
noch zirka 50 Sclii'itt weiterzufliegen. Der Würgfalk schien
eher erstaunt als erschrocken zu sein, und nachdem er einige
Sekunden aufgebäumt hatte, führte er einige effektvolle Stöße
nach dem Uhu aus. Unglücklicherweise befand sich ein
Baumfalkenhorst in der Nähe und die Fälkchen hielten sich
in der Angelegenheit mitinteressiert. Mit Geschrei warfen
sich beide Alten sowohl auf den Uhu wie auf den Saker und
mit solchem Erfolg, daß ich keine Zeit mehr gewann, hinzu-
zulaufen und den Würgfalken zu erlegen.
Im Herbst wurden durchziehende Sakerfalken bei Oren-
burg im August, September und Oktober beobachtet. Zu
meinem Erstaunen fand ich im Gebiet des oberen Irgis und
in der Nordostecke des Bezirks nach dem 8. September keine
Würgfalken mehr. Weiter nach Südosten, östlich vom Tschal-
kar-Tenis, hält sich dieser Falk auch im Oktober auf, wie mir
ein kirgisischer Jäger, der durchziehende Falken zu Dressur-
zwecken einfangen wollte, mitteilte. Nichts, was auf einen
deutlich ausgeprägten Zug hinwies, gelang mir zu beobachten:
augenscheinlich ziehen die Würgfalken zerstreut durch unser
Gebiet, ohne irgendwelche bestimmten Straßen einzuhalten.
10 P. Suschkin:
Gegen den Herbst hin, wenn die Enten sich auf offenen
Seen sammeln, habe ich manchmal gesehen, wie der Saker
auf sie Jagd macht., Er tut dies lange nicht mit der Ge-
wandtheit und Grazie wie der Wanderfalk, der sich zuweilen
auf fliegende aus Entfernung von mehr als einer "Werst stürzt.
Der Würgfalk bemüht sich stets, soweit ich feststellen konnte,
sich niedrig, unbemerkt an die sitzenden Enten heranzustehlen
und stößt überrumpelnd in das Sclioof, das, durch die uner-
wartete Erscheinung erschreckt, auseinanderstiebt.
Wie überall in Rußland, kommt der Würgfalk in der
Kirgisensteppe in zwei Formen vor — in der typischen Form,
und ferner in einer blasseren und im Alterskleid mehr oder
minder quergebänderten Spielart, die von Menzbier unter dem
Namen Gennaia sacer gurneyi beschrieben worden ist. (Orn.
Turk. 289.) Diese letztere Form ist in der Kirgisensteppe
keine Seltenheit und wurde auch von mir gefunden (Nr. 1
und 2), und ebenso von Sarudny. Der ausgewachsene Vogel
bildet zweifellos eine Annäherung an Falco milvipes und die
Jagdfalken. Interessant ist nun, ihre Bedeutung festzustellen.
Dies ist durchaus keine besondere Rasse oder verschiedene
Art, da sie erstens keine bestimmte geographische Verbreitung
hat, zweitens unter Familien normaler Sakerfalken als indi-
viduelle Aberration vorkommt: Alte Vögel vom gurneyi- Typ
können durchaus normale Junge haben, und unter der Brut
normaler finden sich nicht selten ein oder zwei Junge vom
gurneyi -T3rp. Folglich haben wir es hier mit plötzlich auf-
tauchenden und krassen individuellen Abänderungen zu tun,
oder wie de Vries ähnliche Fälle zu benennen vorgeschlagen
hat, mit Mutation. Die Frage geht dahin, handelt es sich im
gegebenen Falle um Mutation in atavistischer Richtung, um
Rückkehr zum Typ der Vorfahren, oder nicht. Ich habe
früher „gurneyi" als atavistischen Typ aufgefaßt (Vög. d. Gouv.
Ufa [russ.] 99), habe mich jetzt aber von der Fehlerhaftigkeit
dieser Anschauung überzeugt. Nach seinen Altersveränderlich-
keiten, die, wie man sagen kann, für einen Falken sehr ge-
ringe sind, und nach dem Bau des Skeletts erweist sich der
Würgfalke als mehr primitiv als Falco milvipes, der Jagdfalke
und der Wanderfalke. Folglich hat die Annäherung an diesen
Typ — den im Alter Querzeichnung tragenden Typ — für
über einige Falken der Kirgisensteppe. 1 1
den Würgfalken als Fortschritt zu gelten; zudem ist die Ver-
schiedenheit der Alterskleider beim gurneyi-Typ ausgedehnter
als beim normalen Saker: Bei letzterem bleibt der Charakter
der Rückenzeichnung unverändert, bei ersterem dagegen zeigt
sich mit fortschreitendem Alter ein mehr oder weniger aus-
geprägtes neues Kennzeichen in Form einer Bänderzeichnung.
So haben wir in der Aberration Falco cherrug ab. gurneyi
ein deutliches Beispiel von progressiver Mutation. Gleich-
zeitig bildet dieser Fall ein schönes Beispiel von paralleler
Entwicklung, da hier die Änderung in der Richtung vor sich
geht, in der die Entwicklung verwandter Formen stattfand.
Exempl. Coli. 1. cf j. 24. VIII. 94, Klein-Burlü. 2. cf j.
3. cf j. 4. 9j. 16. VII. 98, Wald von Naursum. 5. 9 ad. 12.
IV. 93, Dschaksy-Kargala, ümg. v. Ak-tübe.
Falco lorenzi Mcuzb.
Falco lorenzi, Menzbier: Bull. Brit. Ornith.Club, vol. XI N. LXXIV (1900).
Ein Exemplar dieses seltenen und interessanten Edelfalken wurde
liei der Festung Swerinogolowsk , also in unmittelbarer Nähe der Nord-
ostgreuze unseres Gebiets, erbeutet. Leider wurde das Stück durch
Th. Lorenz von einem Fellaufkäufer gekauft und deshalb ist nichts über
Zeit und Umstände der Erbeutung dieses Vogels bekannt. Dem Gefieder-
zustand nach zu urteilen, ist der Vogel im Herbst erlegt worden ; es ist
ein vollständig vermausertes altes Weibchen.
Von den bekannt gewordenen Fundstellen von F. loi-enzi ist dies
die westlichste, weitere Stücke sind in den Gouvernements Tomsk und
Jenisseisk erbeutet worden.
Es ist möglich, daß mit der Zeit, wenn in unserem Gebiet Lokal-
beobachter vorhanden sein werden, Falco lorenzi auch hier und gar be-
deutend südlicher gefunden werden wird. Unwillkürlich denke ich da
an mein Gespräch mit einem Kirgisen, der am Oberlaufe des Sary-Turgai
und südlicher, an der Grenze das Akmolinsker Bezirks nomadisierte. Er
war Liebhaber und guter Kenner zur Jagd abgerichtete)- Vögel. Die
Alterskleider des Steinadlers und des Sakerfalken beschrieb er mir bei-
spielsweise mit verblüffender Klarheit. Eben dieser Kirgise versicherte
mich, daß in der östlichen Grenzgegend des Gebiets, südlich vom oberen
Sary-Turgai, noch irgend ein großer Falk vorkäme, der Ähnlichkeit so-
wohl mit dem Saker wie mit dem Jagdfalken habe. Falco lorenzi war
damals noch nicht bekannt; wenn man schon diesen Falken bei Seite
läßt, kommt die vom Kirgisen gegebene Beschreibung dem Falco milvipes
sehr nahe. Da das Vorkommen des letzteren an der Grenze des Turgai-
und Akmolinsk-Gebiets eine offenbare Unvereinbarkeit wäre, so schenkte
ich diesem Teile der Unterhaltung meines Berichterstatters weniger Auf-
merksamkeit, als gut gewesen wäre. Der Kirgise sagte auf das bc
12 P. Suschkin: Über einige Falken der Kirgisensteppe.
stimmteste aus, der Vogel sei selten und zeige sich im Herbst. Axif
meine Einwände, daß es sich möglicherweise um einen alten Würgfalken
handele, erwiderte der Kirgise, er habe mehrmalig und lange Zeit Würg-
falken gehalten, und nie hätten sie derartige Färbung angenommen.
Nicht unwahrscheinlich ist es, daß der Kirgise eben den Falco lorenzi
im Auge hatte.
Falco islandicus Briss. und F. candicans Gm.
Falco gyrfalco L.: Eversmann, Orenb. Kray U 52. Hierofalco
uralensis Sev. Menzb. Nazarow, Rech.; Sarudny, Orn. Fauna 198;
Menzbier, Orn. Turkest. 275.
Den in den Sammlungen vorhandenen Stücken nach zu urteilen,
vei-fliegt sich sowohl der Polar- wie auch der Isländische Jagdf alk "Winters
bis zur Nordwestgrenze unseres Gebiets. Im orenburgischen Baschkirien
wurde ein junger Polaredelfalk erbeutet, während ein Isländischer Jagd-
falk, gleichfalls ein junger, von Kraschennikoff bei Orenburg erlegt wurde
(beide Exemplare werden in Menzbiers Sammlung aufbewahrt). Im Ge-
biet selbst sind keine Jagdfalken gefunden worden; die Kirgisen wissen
von ihnen, daß sie seltene und wertvolle Vögel sind, welche zuweilen
von Baschkiren zum Verkauf nach Troizk gebracht werden. Möglicher-
weise haben wir einen Anklang an das Gerücht, daß der Jagdf alk sich
einstmals in besagtes Gebiet verflogen habe, im Namen eines Hügels,
Sunkar-Kia (wörtlich: Jagdfalkenberg), der sich nördlich vom Turgaidelta
befindet. Was die Literaturangaben betrifft, so spricht Eversmann, der
unter der Benennung Falco gyrfalco mehrere Arten vereinigt, vom Bräten
des Jagdfalken im Ural (jetzt haben diese Angaben nur noch historischen
Wert; vgl. meine Abhandlung: „Die Vögel des Gouvernements Ufa").
Bei Nazarow wird der Jagdfalk (unter dem Namen Hierofalco uralensis)
mit einem Fragezeichen aufgeführt als Brutvogel der Zone der Wälder
und Inselwaldungen und als Irrgast der Grassteppenzone. Soviel ich
weiß, sind diese Angaben nicht auf Grund eigener Beobachtungen ge-
macht worden. W^as eigentlich Hierofalco uralensis, den Sarudny bei
Orenburg erbeutete, ist, kann gegenwärtig nicht entschieden werden, da
dieses Exemplar nicht mehr vorhanden ist. In der „Ornithologie du
Turkestan" sind unter dem Namen Hierofalco uralensis u. a. auch die
beiden erwähnten Stücke aufgefühi-t. Späterhin, in den „Vögeln Ruß-
lands" sah Menzbier den Hierofalco uralensis als einen als selbständige
Form nicht existierenden Vogel an und spricht von verflogenen Isländischen
und Polarjagdialken bei Orenburg auf Gniud obengenannter Exemplare.
Anmerkung des Herausgebers. Auf eine von mir an-
geregte Anfrage, ob „Horstbauen" der Edelfalken beobachtet sei, schrieb
Herr Prof. Suschkin an Herrn Grote: „Ich habe nicht gesehen, daß
F. cherrug selbst Zweige zum Nestbau trug. Mit dem Horste, den
ich in der mittleren Kirgisensteppe (bei Karabutak im Jahre 1894) ge-
sehen habe, aber verhält es sich folgendermaßen : Es war dies ein Horst,
der aus einer geringen Zahl von Zweigen bestand, von der Größe eines
Krähennestes, auf einem Felsen- Vorsprung. Angenommen, der WürgfaUc
J. Eckstein: Die Familie Naumann in Ziebigk usw. 13
habe ihn nicht selbst gebaut, wessen war er aber denn? Falco perogrinus
horstet gerade in dieser Gegend nicht und kommt im Sommer hier nicht
vor. Die Krähe brütet bei Fehlen von Bäumen im Rohr. Bleibt als in
Betracht kommend übrig der liabe — der in dieser Gegend sehr selten
ist und brütend hier nicht angetroffen wurde, und ferner Buteo ferox,
der jedoch die lehmigen Abhänge bevorzugt."
Die Familie Naumann in Ziebigk während der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Lichte
ihrer damaligen Zeitgenossen.
Von 0. Eckstein, sen., Naumburg a. d. S.
Es ist sonderbar, daß aus dem Privatleben vieler be-
rüh.mter Männer nichts weiter bekannt ist, als was sie selbst
für gut fanden, uns in einem manchmal recht knappen Lebens-
abriß mitzuteilen, in dem meistens ihr Familienleben nur
flüchtig gestreift wird. Weil nun aber gerade das letztere
für uns von besonderem Interesse ist, und manchmal gerade
Kleinigkeiten im Leben der betreffenden Person ihrer ganzen
Entwicklung eine andere Wendung geben, vor der man nach-
her ratlos steht, wenn man diese Kleinigkeiten nicht kennt,
so sind vielleicht meine Aufzeichnungen nicht unwillkommen.
Es handelt sich um die 4., 5. und 6. Generation der Famihe
Naumann in Ziebigk, die einzigen von den bis heute bekannten
8 Q-enerationen , die hier in Frage kommen. Die einst so
reichlich sprudelnde Quelle ornithologischen Interesses scheint
in den letzten Generationen vorläufig versiegt zu sein. Wenn
wir gerecht sein wollen, müssen wir schon den Vater des
Joh. Andreas besonderer Beachtung würdigen. Denn, wenn
wir von ihm auch weiter nichts wissen als den Namen Theodor
Andreas und das Wenige, was uns sein Sohn Joh. Andreas
in seiner Biographie mitzuteilen für gut befindet, so müssen
wir doch gestehen, daß er es eigentlich war, der trotz seines
frühzeitigen Todes für Sohn und Enkel die richtige Grund-
lage geschaffen, dadurch, daß er es in den schlechten Zeiten
während des Siebenjährigen Krieges ermöglichte, seinen augen-
scheinlich gut beanlagten Sohn fünf Jahre die Stadtschule
in Cöthen besuchen zu lassen. Wer weiß, ob es Joh. Andreas
14 O. Eckstein: Die Familie Naumann in Ziebigk usw.
mit seinem Gaben soweit gebracht haben würde, wenn ihm
dieser Unterricht nicht zuteil geworden wäre.
In der näheren und weiteren Umgegend von Ziebigk
wurden nicht nur die Naumanns, sondern auch die ebenfalls
in Ziebigk ansässige Tierarztfamilie Warmbold für außer-
gewöhnlich kluge Leute gehalten. Denn daß beide Familien
im Jahre 1800 bereits einen bedeutenden Ruf wenigstens in
ihrem engeren Vaterlande Anhalt genossen, geht daraus hervor,
daß sie in der im obengedachten Jahre herausgekommenen
Geschichte von Anhalt von L. L. Bäntsch als schon da-
mals hervorragende Leute ehrenvoll erwähnt werden. Bäntsch
sagt in seiner Geschichte wörtlich: „Hier (sc. Ziebigk) lebt
der berühmte anhält. Naturforscher Joh. Andreas Naumann
auf seinem Gute, der sich besonders durch die herausgegebene
Naturgeschichte ,der Vögel des Fürstentums Anhalt' so rühm-
lich bekannt gemacht hat. Auch wohnt hier der geschickte
Roßarzt Warmbold." Als diese Notiz niedergeschrieben wm-de
(1799), waren aber von der Naumannschen Naturgeschichte
kaum die ersten zwei Bände erschienen. Leider wurde jedoch
in den damaligen kriegerischen Zeiten weder dieses Geschichts-
werk, noch das mit ihm gleichzeitige Vogelwerk von Naumann
auch auf dem Dorfe gelesen und noch viel weniger gekauft,
denn nach dem Abonnentenverzeichnis bei Bäntsch befinden
sich darin von wirklichen Dorfbewohnern im Kreise Cöthen
merkwürdigerweise außer einigen Geistlichen nur noch die
beiden Naumann und Warmbold aus Ziebigk als einzige Ver-
treter der damaligen bäuerlichen Kreise. Dies ist nach
meiner Ansicht gar nicht verwunderlich, denn ich weiß aus
eigener Erfahrung, daß z. B. mein Großvater, der nur sechs
Jahre jünger war als Joh. Friedrich, in seinem Leben gar
keine Bücher gekauft hat, während ich von seinem bereits
1805 verstorbenen Schwiegervater noch verschiedene gedruckte
Bücher besitze. (Fortsetzung in näclister Nummer.)
Dr. Wilhelm Wurm t«
Am Sonntag, den 16. Februar 1913 starb Hof rat Dr. Wurm
in Bad Teinach im württenbergischen Schwarzwald nach
langem, schwerem Leiden im 82. Lebensjahre. Am 4. April
Waltlier Bacmeister: F)r. Wilhelm Wann f- ^5
1831 zu Nürnberg als Solin des Gymnasialprofessors Wurm
geboren, sollte er Philologe werden, entschied sich jedoch,
seiner Vorliebe für die Naturwissenschaften folgend, für das
Studium der Medizin, dem er in Erlangen oblag. Im Jahre
1870 wurde ihm die ärztliche Leitung des Bades Teinach
übertragen, nachdem er schon 1865 vorübergehend sich dort
niedergelassen hatte. Mit seinem neuen Heimatsorte verwuchs
er auf das innigste. Er brachte das Bad wieder zu Ehren
durch Wort und Schrift und durch Ausübung seiner ärztlichen
Kunst. So verfaßte er eine Beschreibung von Teinach, schrieb
über das Jakobifest daselbst, über alte Steine bei Teinach und
behandelte in mehreren Aufsätzen die Geschichte und Natur-
geschichte des Krokusflors (Crocus vernus) des nahen Berg-
städtchens Zavelstein, dessen Blütenmeer im zeitigen Frühjahr
das Auge des Wanderers entzückt. Medizinische Abhandlungen
über das Wasser, über physikalische Heilmethoden wurden
veröffentlicht, eine Arbeit über Tier- und Menschenseele her-
ausgegeben. Sein Buch „Waldgeheimnisse", ansprechende
und geschmackvolle volkstümliche Schilderungen eines fein-
sinnigen Naturbeobachters, fand viele Leser und erlebte mehrere
Auflagen. Fruchtbar war seine schriftstellerische Tätigkeit
vor allem auf dem Gebiete der Jagdwissenschaften. Er ver-
öffentlichte: „Auerhahnjäger", „Waldhühnerjagd", „Natur-
geschichte der zur hohen Jagd gehörenden Tiere Mitteleuropas",
„Auf den Fuchs!" und war Mitherausgeber des Sammelwerks
„Hohe Jagd". Am bekanntesten aber wurde wohl sein Name
durch seine Monographie des Auerwildes, die erstmals im Jahre
1874 erschienen ist und seither wiederholt, letztmals 1909 (bei
Parey-Berlin) aufgelegt wurde. Diesem edeln Wilde, das er
in den Wäldern seines Wohnsitzes beobachten und bejagen
konnte, wie den übrigen Waldhühnern, widmete er sein regstes
Interesse. Auf diesem Gebiete war er maßgebend, weshalb
es auch fast selbstverständlich war, daß gerade er in der Neu-
ausgabe des Naumann die Rauhfußhühner bearbeitete. Her-
vorgehoben soll werden Wurms bekannte Auffindung neuer
chemischer und anatomisch-physiologischer Tatsachen, die sich
auf die Naturgeschichte des Auerhahns beziehen: aus der
Rose des großen Hahns gewann er durch makro- und mikro-
skopisch-chemische Versuche einen chemisch neuen Farbstoff,
16 Walther Bacmeister: Dr. Wilhelm Wurm f.
den er Tetraonerythrin oder Wildhahnrot nannte und den er
in gleicher oder doch ganz ähnlicher Zusammensetzung beim
Birkhahn, Haselhahn, Fasanhahn, Rebhahn und bei wilden
Tui-teltauben feststellte. Auf Liebigs und Bischoffs Aufforde-
rung hin veröffentlichte er diese Entdeckung zuerst in von
Siebolds und von KöUickers „Zeitschrift für wissenschaftliche
Zoologie" 1871, S. 535. Ferner fand oder entdeckte er wieder
(denn nur Meckel erwähnte denselben ganz flüchtig in seiner
vergleichenden Anatomie vom Jahre 1825) am Unterkiefer
des Auerhahns einen Knochenfortsatz, der eine besondere Be-
ziehung zum Gehörorgan des Tieres hat und der — mit
anderen Ursachen — beim Balzen des Auerhahns durch ein
förmliches Zusammenpressen des weichen Gehörgangs die
Taubheit des Vogels bedingt. Er nannte diesen Fortsatz
„Processus maxiUae inferioris auricularis". Weitere Unter-
suchungen über das Tetraonerythrin wurden angestellt und
in den Jahresheften des Vereins für vaterländische Naturkunde
in W^ürttemberg Jahrg. 41 (1885), S. 262—265, veröffentlicht,
in welcher Zeitschrift er u. a. auch eine Arbeit „über das
Vorkommen des Birkhuhns auf dem Schwarzwalde", (Jahrg. 38
[1882] , S. 284—290) brachte. Weitere Abhandlungen über die
Waldhühner ließ er im „Zoologischen Garten" und in Jagd-
zeitschriften erscheinen. So schrieb er u. a. in erstgenannter
Zeitschrift im Jahrg. 1878 Nr. 10 ff. über die deutschen Wald-
hühner, im Jahrg. 1880, S. 201 ff., 270 ff., über Bonasia bonasia
(L.), im „Weidmann" im Jahrg. 1894 S. 195 ff. über Tetrao
tetrix L.
Vor etwa zehn Jahren mußte Wurm, durch ein zu-
nehmendes Gehör- und Augenleiden genötigt, die ärztliche
Tätigkeit aufgeben. Obwohl das letztere Leiden allmählich
die völlige Erblindung herbeiführte, setzte der geistig noch
sehr frische Mann, von seiner Gattin unterstützt, bis in die
letzte Zeit seine literarische Tätigkeit fort. Jetzt rauschen
über dem Grabe des vielseitigen Gelehrten und menschen-
freundlichen Arztes die Tannen des Schwarzwaldes, den er
so eifrig durchforscht und den er so innig geliebt hat.
Walther Bacmeister.
FALCO.
Neunter Jahrgang.
Nr. 2. August. 1913.
Schriftleiter: O. Kleinschmidt, Dederstedt, Bez. Halle a. d. S. — Kommis-
sionsverlag: Gebauer-Schwetschke Druckerei u. Verlag m.b.H., Halle a.d.S.,
Gr. Märkerstr. 10. — Preis aller Veröffentlichungen von Berajah u. Falco:
jährlich 9 Mark.
In dem Verzeichnis auf Seite 2 sind die in Falco 1910
erscMenenen Tafeln (siehe Inhaltsübersicht) nachzutragen.
0. Kl.
Die Familie Naumann in Ziebigk während der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Lichte
ihrer damaligen Zeitgenossen.
Von 0. Eckstein, sen., Naumburg a. d. S.
(Fortsetzung von S. 14.)
Gewiß ist dies ein Zeichen, daß sich seit den Friedens-
jahren unter Friedrich dem Großen die Zeiten bedeutend ge-
ändert hatten. Nun ist aber leider anzunehmen, obwohl wir
kein Abonnentenverzeichnis von der Naumannschen Natur-
geschichte mehr besitzen, daß es derselben im Anfang des
19. Jahrhunderts kein Haar besser gegangen ist, denn sie
kostete für die damaligen Verhältnisse viel Geld. Jedes
Heft der Folioausgabe, von der bis 1805 24 Hefte mit je
8 kolorierten Foliotafeln erschienen sind, kostete 1 Tlr.
16 gr. = 5 M., oder nach heutigem Werte vielleicht 10 M.,
in Sa. also 240 M. Das war ja das Werk auch wert, aber
wer gab denn damals für ein Buch so viel Geld aus? Da
nun wegen der gerade damals recht mangelhaften Postverbin-
dung auf die Auswärtigen noch nicht viel zu rechnen, in
den nächsten Städten aber nur mangelhafter Absatz zu
erzielen war, so ist es kein Wunder, daß um 1803 die
bange Frage an die beiden Naturforscher herantrat — Joh.
Falco. 2
18 O. Eckstein:
Friedr. war damals bereits Mitarbeiter — : entweder aufhören
oder ändern? Denn wenn das Werk damals viel gekauft
worden wäre, müßten ja viel mehr Folioexemplare noch vor-
handen sein.
Die beiden Verfasser entschieden sich nun kurz und
bündig für Ändern, und Joh. Friedr. unterzog sich unter
Beibehaltung des noch vorrätigen Textes der Riesenarbeit
des Umstechens sämtUcher Foliotafeln in Oktavformat sowie
der noch dazu gekommenen Nachträge in den nächsten
14 Jahren. Leider ist von dieser Oktavausgabe, obwohl sie hand-
licher war, auch nicht mehr viel im Publikum. Zudem waren
die Freiheitskriege diesem neuen Unternehmen fast noch
ungünstiger; denn gerade dieser Zeit haben wir es zu ver-
danken, daß es sowohl von der Folioausgabe, als auch von
der Oktavausgabe infolge der Kriegswirren so viel unvoll-
ständige Exemplare gibt, weil die sonst ziemlich regelmäßigen
Postverbindungen in dieser Zeit manchmal recht lange unter-
brochen wurden. Wie gesagt, beide Autoren hatten bei
diesen ihren ersten Ausgaben (la u. b) unendliches Pech und
haben dabei zweifellos viel Geld zugesetzt, obwohl sie außer
den Druckkosten fast alle Arbeiten dazu eigenhändig ausge-
führt haben. Auch später ist Joh. Friedrich bei seiner letzten
großen Ausgabe trotz des bessern Absatzes ebenfalls wohl
kaum auf seine Kosten gekommen.
Dies zur bessern Orientierung vorausgeschickt, komme
ich nun zu meinen eigenen Erinnerungen und Erlebnissen
mit der Familie Naumann.
Als nämlich im Jahre 1851 mein alter Lehrer Franz
Weber ^) als Schulfreund meines Vaters, des damaligen Orts-
schulzen von Arensdorf b. Cöthen, von Ziebigk, dem Orte
seiner bisherigen Wirksamkeit, an die neugegründete Schule
1) Sein Nachfolger in Ziebigk wurde der spätere Gymnasiallehrer
Moritz Schneider in Cöthen, der als Kandidat des höhern Schulamts
vorläufig mit einer Dorfschullehrerstelle in Ziebigk fürliebnehmen mußte,
weil die damaligen Anstellungsverhältnisse in Cöthen noch recht mangel-
haft waren. Es ist ihm dafür aber auch vergönnt gewesen, nach dem
Tode Joh. Friedrichs, im Verein mit Baldamus den letzten Band
vom sog. großen Naumann zusammenstellen zu helfen und dann seinem
alten Freunde und Lehrer noch einen tiefempfundenen Nachruf in der
Cöthenschen Zeitung vom Jahre 1857, Nr. 129 u. 131 widmen zu dürfen.
Die Familie Naumann in Ziebigk usw. 19
von Arensdorf versetzt wurde, brachte er nicht nur ein vor-
zügliches Exemplar der Folioausgabe der Naturgeschichte der
Vögel von Joh. Andr. N. nebst einem tadellosen Text mit
(welche Naumannschen Reliquien er wie seinen Augapfel
hütete, obwohl sie schon damals nach Fertigstellung der
großen Ausgabe von Joh. Friedrich bereits als Makulatur be-
trachtet wurden) sondern zugleich auch die erste Kunde von
dem damals bereits weltberühmten Professor Joh. Friedrich
Naumann, der zwar allen persönlich bekannt war und auch
sein Gut als richtiger Bauer selbst bewirtschaftete, dabei aber
auch noch Bücher schrieb, Vögel malte und auch noch aus-
stopfte. Da jedoch in der ganzen Umgegend diese Bücher
weder gekauft, noch gelesen und verstanden wurden, fiel es
damals trotzdem keinem Menschen ein, von der Familie des
Professors in Ziebigk großes Aufhebens zu machen, nur die
vielen Krähen im Ziebigker Busche hießen schon damals wie
auch heute noch „die Tauben des alten Naumann". Und
wenn wirklich einmal bei den fast täglichen Besuchen des
„Herrn Kantors" in meinem Elternhause auch mal das Ge-
spräch auf Ziebigk kam, machte es auf ims ganz den Ein-
druck, als wenn das alles, was uns der Herr Kantor von dort
erzählte, gar nicht in hiesiger Gegend passiert sein könnte.
Denn vor allem kam uns schon die eine Tatsache ganz un-
glaublich vor, daß ein Bauer, wie wir, dort ein großes Buch
geschrieben haben sollte und dafür vom Herzog Heinrich den
Professortitel und vom Herzog Leopold in Dessau dazu noch
den Bärenorden bekommen hätte. Außerdem war es damals
für uns gänzlich unfaßbar, wenn wir erfuhren, daß der Herr
Professor nicht nur selber gern Geige spielte, sondern daß
sogar von seinen Kindern jedes ein Instrument spielen lernen
mußte, und daß dann häufig mit Hilfe guter Freunde ein
Konzert veranstaltet wurde, wozu doch in damaliger Zeit
kaum die Lehrer genügend vorbereitet waren.
Aber der Herr Kantor erzählte uns nicht nur von Herrn
Naumann, sondern er tat noch mehr und nahm uns mal kurz
vor dem Tode des Herrn Professors, von dem mir merk-
würdigerweise nur wenig in der Erinnerung geblieben, mit
nach Ziebigk, um uns dort die ganzen Herrlichkeiten noch
persönlich zu zeigen. Hierzu gehörten nun außer dem Busche
20 J. Eckstein:
mit dem Grabe Job. Andreas' auch, noch das alte Garten-
haus (bekannt als Junggesellenheim von Job. Andreas). Na-
türlich wußte ich von dieser berühmten Eigenschaft damals
noch nichts, es blieb mir nur deshalb im Gedächtnis, weil
dort in einer Ecke ein großer Haufen damals gänzlich
unnützer Foliokupfer lag, von denen wir uns jeder
(mein Bruder und ich) eine Handvoll mitnehmen
durften (!), denn wir hatten ja solch schöne Vogelbilder
nocb gar nicht gesehen. Von großen Büchervorräten habe
ich jedoch weder damals , noch mehrere Jahre später beim
zweiten Besuche, etwas gesehen, wenigstens habe ich davon
keine Erinnerung mehr. Aber in der Oberstube wurden
uns noch verschiedene Sehenswürdigkeiten gezeigt, z. B.
verschiedene Seepferdchen und das Modell eines Fachwerk-
hauses. Von der großen Vogelsammlung, die sich damals
bereits im Schlosse zu Cöthen befand, waren nur noch einige
unbedeutende Reste vorhanden.
Als nun Joh. Friedrich das Zeitliche gesegnet und mit
ihm, wie ich schon andeutete, auch das ornithologische Inter-
esse in der Familie ausgestorben war, bewirtschafteten die
den Vater überlebenden drei noch unverheirateten Kinder
(zwei Töchter waren von seinen vielen Kindern erst verhei-
ratet und die andern alle jung verstorben) das ihnen trotz
seiner ungewöhnlichen wissenschaftlichen Leistungen in gutem
Zustande hinterlassene Gut vorläufig gemeinschaftlich weiter,
wobei jedoch der eigentliche Besitzer Edmund, geb. 1821,
noch nicht viel zu sagen hatte, weil er sich bereits daran
gewöhnt, seinen beiden älteren Geschwistern: Julius, geb.
1809, im Familienkreise nur „der junge Herr" genannt, und
Alwine, geb. 1811, in der Wirtschaft nichts drein zu reden.
Erst als diese beiden Geschwister kurz hintereinander (1867
und 1870) gestorben waren , verheiratete er sich mit Frl. Eüse
Matthes, die schon mehrere Jahre vorher bei seiner Schwester
die Wirtschaft erlernt und mit der Familie Naumann be-
freundet geblieben war. Eine ornithologische Ader war ihm
jedoch nicht beschieden, doch war er ein allzeit liebens-
würdiger Gesellschafter und tüchtiger Landwirt. Als einer
der größten Besitzer der Umgegend gründete er die Zucker-
fabrik in Prosigk mit, erhielt von Sr. Hoheit dem Herzoge
Die Familie Naumann in Ziebigk usw. 21
den Titel Amtmann und war bis zu seinem Ableben Repräsen-
tant (erster Vorstand) der Zuckerfabrik. Er starb im Jahre
1898 in dem hohen Alter von 77 Jahren gerade kurz vor
der Verheiratung seiner drei Töchter und hinterließ die ge-
samten Naumannschen Besitzungen in Ziebigk in Größe von
ca. 330 Morgen, die er während seiner Wirtschaftszeit noch
bedeutend verbessert und vergrößert hatte , seiner Witwe und
seinem damals noch unmündigen einzigen Sohne Hugo Theo-
dor Naumann,
Über die weitern Schicksale der Nachkommen Joh.
Friedrichs und seiner Brüder Karl Andreas und Gottl.
Lebrecht Naumann, sowie über einen verbesserten Stamm-
baum gedenke ich, wenn ich meine Nachrichten soweit als
möglich vervollständigt, vielleicht später zu berichten, damit
ich mich bei meiner Arbeit über das Leben Joh. Andreas' und
Joh. Friedrichs, mit der ich jetzt beschäftigt bin, nicht zu
zersplittern brauche. Denn daß der uns so früh entrissene
Leverkühn in seinen Beiträgen im neuen Naumann über die
Familie nur das Wichtigste berichten konnte, ist ja selbst-
verständlich, denn diese Aufgabe erfordert erst noch ein
sehr eingehendes Suchen in verschiedenen Kirchenbüchern ^
1) Auf Wunsch des Herausgebers noch einige Mitteilungen über
die Familie W a r m b o 1 d. Sie erscheint in Person des tüchtigen
Tierarztes Balthasar Christoph "Warmbold im Jahre 1785
ganz plötzlich in Ziebigk, wo er sich mit einer Henriette Sophie
Gr r i e b s c h , wahrscheinlich einzigen Tochter eines dortigen Einwohners
und Grundbesitzers, verheiratet. Er stammte aus Hannover und hatte
vier Kinder (zwei Töchter und zwei Söhne), die beide Tierärzte wurden.
Der Älteste, Joh. Lebrecht W., ließ sich im Jahre 1830 in Ballen-
stedt als solcher nieder, während der Jüngste, Joh. Friedr. August, geb.
1789, den väterlichen Beruf in Ziebigk fortsetzte, nachdem sein Vater
1815 gestorben war. Seit Mitte der sechziger Jahre verschwindet jedoch
die FamiHe von Ziebigk wieder, der letztere war aber jedenfalls noch
der Lehrmeister des dritten Sohnes Joh. Friedr., Friedr. Theodor, geb.
1817, der ebenfalls Tierarzt wurde und im Jahre 1878 zu Calbe starb.
Die Familie W. verkehrte nachweisbar schon seit 1807
gesellschaftlich mit der Familie Naumann (Pate usw.)
und wird auch später überall mit Naumann zusammen genannt.
22 Rob. Rembold und Ant. Oberhäuser:
Ein Rotkehlchen als Nährvater von Tannenmeisen.
Zum Zwecke einer Nacht-Exkursion hatten wir uns am
31. Mai 1913, nachmittags von München aus nach Wolfrats-
hausen begeben, abends sollten noch Teilnehmer eintreffen.
Die Zwischenzeit wollten wir durch einen Spaziergang
gegen Münsing zu ausfüllen. Wir hatten kaum die Höhen
außerhalb Wolfratshausen erreicht, als wir links des durch
einen Wald gemischten Bestandes führenden Weges, auf
einem mit dürrem Buchenlaube bedeckten Abhang ein Amsel-
männchen bemerkten, welches sich auf dem Boden zu schaffen
machte und in dessen Nähe wir das laute Pipsen junger
Vögel hörten. — Als wir ganz nahegekommen waren, zog
die Amsel ab, und an der Stelle, von welcher sie aufflog,
sahen wir einen jungen, noch flugunfähigen Vogel, einen
Meter oberhalb nebeneinander deren zwei und etwas seit-
wärts von diesen, auf einem Häufchen beisammen, drei des-
gleichen, auf dem Laube hockend, taumelnd die Schnäbel
sperrend und laut schreiend. Junge Meisen ! Unterseite und
Backen gelblich: junge Tannenmeisen! Hier konnten sie
nicht bleiben. Die Stelle war abschüssig und ungeschützt,
dazu neben einem Wege gelegen. — Rasch wurden sie auf
ein Tuch gekugelt, ca. 8 Meter unterhalb des Fundplatzes
neben einer Fichtenwurzel unter einer überhängenden, mit
G-räsern bewachsenen Erdscholle eine Höhlung gemacht, diese
mit einer Handvoll Moos ausgepolstert und die sechs jungen
Meisen in dieses künstliche Nest gesetzt. — In einiger Ent-
fernung nahmen wir gedeckte Aufstellung, um zu sehen, ob
die Eltern ihre Kinder suchten und fänden, sowie ob die
Amsel wiederkäme. —
Wir hatten kaum unser Versteck bezogen, erschienen
bei den kräftig schreienden Jungen fast gleichzeitig vier alte
Vögel, welche rasch wieder verschwanden; drei schienen
Meisen , der vierte zeigte Rostgelb im Gefieder, Wir näherten
uns gedeckt dem Neste auf ca. 5 Meter, versteckten uns
unter Buschwerk und hinter einem Baumstamme und konnten
nun durch eine Ritze seitwärts des Kunstnestes die gelben
Schnäbel der Jungen, sowie die Eingangsöffnung der Höh-
lung sehen. — Zwei alte Vögel flogen ab wechslungs weise mit
Ein Rotkehlchen als Nährvater von Tannenmeisen. 23
Futter im Schnabel zu, atzten die Jungen und trugen deren
Kot weg. Der eine — eine Meise — durch den blauschwarzen
Scheitel und den weißen Nackenfleck ohne weiteres als Tannen-
meise Parus ater L. bestimmbar, war wohl die Mutter oder
der Vater der Jungen, — es schien immer der gleiche Vogel
zu sein — , der andere , welcher fast jedesmal nach Verlassen
des Nestes diesem gegenüber auf einem Aste eines Busches
den Schnabel wetzte und einige Strophen sang, war ein kräf-
tiges Rotkehlchen Erithacus rubecula L.
Innerhalb der 2^2 Stunden, während welcher wir (mit
Prisma Binocle, 6 fach) beobachteten — von 4 bis ^2^ Uhr
nachmittags — ereignete es sich fünfmal, daß die beiden
gleichzeitig mit Futter im Schnabel beim Neste eintrafen,
dann entstand ein Geraufe, es gab ein tüchtig Geflatter auf
dem Boden und durch das Gezweige, und einmal die Tannen-
meise, einmal das Rotkehlchen kehrte als Sieger allein zu
den Jungen zurück. Kaum aber hatte der fütternde Vogel
diese verlassen, stellte sich auch schon wieder der in die
Flucht gejagte andere Teil ein und fütterte gleichfalls.
Wir hatten uns überzeugt, daß in der Nähe kein Rot-
kehlchennest war; das fütternde Rotkehlchen, das ziemlich
kräftig sang, dürfte ein unbeweibtes Männchen gewesen sein.
Die Amsel war nicht mehr gekommen.
Hob. Rembold, An t. Oberhauser,
I. Vorsitzender Schriftführer
der „Ornis", Gesellschaft für biologische Vogelkunde in München, E. V.
Über zwei Veröffentlichungen des Prinzen Don
Francesco Cliigi über die Kleider der Fällten.
Bericht von G. V a 1 1 o n.
Im Bollettino della Societa zoologica italiana. Fase. V bis
VIII. Rom. Juni 1912., bespricht Prinz Chigi die Alters-
stufen des Federkleides von Falco feldeggi Schi. Er
stützt sich auf die von Prof. G. Martorelli in der gleichen
Zeitschrift 1911 veröffentlichte äußerst interessante Arbeit
„Der Falco feldeggi und seine Abarten". Das Material, über
welches Chigi verfügte, bestand aus 15 Exemplaren des
Feldeggsfalken. Zwei davon als Nestjunge erhalten, leben noch
24 G. Vallon:
und dienen ihm dazu, um das Wechseln des Kleides zu
studieren. Der Autor gelangte zu folgenden Schlüssen:
1. Bei Falco feldeggi ist die Verengung der zweiten
Schwungfeder nicht immer konstant: bei der Mehrzahl der
Exemplare ist sie verschieden ausgeprägt, und bei einigen fehlt
sie ganz. Das Fehlen der Verengung dürfte, nach Chigi, auf
Abnutzung der Feder zurückzuführen sein.
2. Die erste Altersstufe ist diejenige, in welcher die
oberen Körperteile eine gleichmäßige dunkle Farbe annehmen,
die nur im frischen Kleide von feinen rötlichen Federsäumen
unterbrochen wird, die bald durch Abnutzung verschwinden.
Die zwei mittleren Steuerfedern sind fleckenlos, die anderen
aber haben runde oder elliptische Längsflecken.
Die runden Längsflecken, welche auf den oberen Körper-
teilen, besonders auf den Achselfedern, bei gewissen Exem-
plaren vorkommen und als scheinbare Bänder angeordnet
erscheinen, sind von sekundärem Charakter und als Anlage
zur zweiten Altersstufe zu betrachten.
3. Die zweite Altersstufe ist nichts anderes als ein
niederer Grad der Vollkommenheit der dritten Altersstufe
und zeigt sich nicht notwendig zwischen der ersten und
dritten Stufe. Dies wird durch einige Exemplare, die in
der ersten Stufe stehen, darunter die zwei jungen lebenden,
vortrefflich bestätigt, die Federn der dritten Stufe und nicht
der zweiten Stufe zwischen denen der ersten aufweisen.
4. Ein Charakter der zweiten und dritten Altersstufe
verdient Beachtung, da derselbe die Verbindung zwischen
Gerfalken und anderen Falken vermittelt. Auf den oberen
Teilen längs des Schaftes bilden sich, besonders sichtbar auf
den Federspitzen, sehr dunkle Tropfenflecken.
Inder „Rivista italiana di Ornitologia" Nr. 1 vom
September 1912, dehntder Prinz seine Studien auf die Alters-
stufen sämthcher Edelfalken (Unterfam.: Falconinae) aus und
beruft sich wiederum auf die erwähnte Note von MartoreUi
vom Jahre 1911, in welcher der Parallelismus der Alters-
stufen in der ganzen Gruppe der Ger-, Saker- und Lanner-
falken bestätigt wird, einer Gruppe, die MartoreUi vom Pere-
grinus als richtig getrennt unterscheidet.
über zwei Veröffentlichungen des Prinzen Don Francesco Chigi usw. 25
Dieser Ornitholog bezieht sich, auf die vorangegangenen
Studien von Kleinschmidt „Der Formenkreis Falco Hierofalco"
Aquila 1901, welcher die Gerfalken, Saker und Lanner, vom
arktischen Falco islandus bis zum südafrikanischen Falco
biarmicus als unter sich gleichwertige Formen eines Formen-
kreises betrachtet. Der Formenkreis, dem Kleinschmidt den
Namen Falco Hierofalco gibt, ist nach diesem Autor
vom andern Formenkreis Falco Peregrinus verschie-
den, anders gesagt: es handelt sich um zwei verschiedene
Arten. Den Begriff von Kleinschmidt gewürdigt, ist eine
solche Trennung richtig und logisch; es könnte vielleicht
übertrieben erscheinen, daß sämtliche Ger- und Lannerfalken
unter ein und dieselbe Art vereinigt werden, es wird aber
nicht verlangt werden können, daß auch Peregrinus und deren
Abarten unter die gleiche Art zusammengezogen werden.
Wenn aber, wie Martorelli behauptet, die verschiedenen
Formen des Formenkreises Gerfalken-Lanarien und die ver-
schiedenen Formen des Kreises Peregrinus, als gute Arten zu
betrachten sind, dann, wenn man die Gerfalken-Lanarien von
Peregrinus trennen will, ist die spezifische Trennung nicht
genügend und ist man genötigt, zwei verschiedene Genera
aufzustellen.
Martorelli weist sogar, für die zwei Formenkreise, drei
Genera auf : Hierofalco, Gennaja, Falco. Chigi bemerkt
hier, daß, wenn Kleinsclimidt behauptet, daß man nie im-
stande sein wird, einen Übergang, eine Verschmelzung,
zwischen Falco Hierofalco und Falco Peregrinus fest-
zustellen, dies auf den Begriff, welchen er über die „Art"
hat, zurückzuführen ist und keinen Wert hätte, wenn man
eben diesen seinen Begriff nicht annehmen würde.
„Über diese Ansicht", schreibt Chigi, „welche die Klein-
schmidtsche Thesis zergliedert, kann ich meinem Lehrer nicht
beistimmen. Er verwirft die erste Schlußfolgerung von Klein-
schmidt: spezifische Einheit der Gruppe Gerfalken-Lanarien,
und nimmt nur die zweite an: Trennung der Gruppe Ger-
falken-Lanarien von Peregrinus. Diese zwei Schlußfolgerungen
können nicht getrennt werden, und die zweite ist der ersten
untergeordnet." Martorelli sagt, um die Trennung der Ger-
falken-Lanarien von Peregrinus zu bekräftigen, daß alle bis
26 G. Vallon:
jetzt gemachten Studien auch, ihm die Überzeugung ver-
schafften, daß infolge der Verschiedenheit der Formen, der
G-rößen Verhältnisse , der Altersstufen, der Färbung, der Be-
schaffenheit der Federn und endlich der Lebensgewohnheiten
diese Trennung bedingt wird. Dies würde die K^einschmidt-
sche Aufstellung der zwei Formenkreise bestätigen ; eine Auf-
stellung aber, die nur auf spezifische Verschiedenheiten basiert
ist. Man kann ja nicht behaupten, daß solche Differenzen
unter den verschiedenen Formen der beiden Gruppen gänzlich
fehlen. Eine größere Bedeutung hätte die beständige Ver-
schiedenheit der Entwicklungsstufen, Besteht aber eine
solche faktisch?
Chigi verneint ohne Zögern die Frage, dabei aber be-
tonend, daß zweifellos die Stufen des Peregrinus und dessen
Abarten nicht identisch mit den Stufen der einzelnen Formen
des Gerfalken - Kreises, Dieselben sind vielmehr überein-
stimmend, parallel, d. h.: sie unterliegen den gleichen Ent-
wicklungs- und Erbschaftsregeln. Chigi geht sogar in seiner
Behauptung noch weiter, er meint nämlich, daß diese Regeln
für alle Edelfalken und deren Abarten, welche in unseren Re-
gionen vorkommen, gleich sind.
Das typische Jugendkleid ist sehr einförmig, und evident
ist die Herkunft des Alterskleides aus diesem Jugendkleide,
welches in sämtlichen Arten konstant ist.
In gleicher Weise, nach der Meinung des Prinzen Chigi,
muß die Aufeinanderfolge der Kleider der Gruppe Gerfalken-
Lanarien verstanden werden. Es ist z. B. nicht nötig, ob-
schon es normal wäre, daß ein jedes Individuum, um vom
ersten Kleid zum dritten zu gelangen, durch das zweite über-
gehe. Das in mehreren Fällen diese zweite Stufe eliminiert
wird, ist genügend durch jene Falco feldeggi, welche
zwischen den Federn des ersten IQeides solche des dritten
und nicht des zweiten aufweisen, bewiesen.
Das die zweite Stufe, wenigstens bei einigen Exemplaren
vorkommt, ist durch die Arbeit von MartoreUi genügend be-
stätigt, und da ausgeschlossen ist, daß diese Stufe der voll-
ständigen Mauser vorangehe, da dieselbe die größte Ähnlich-
keit mit derjenigen eines adulten Vogels hat, so vermutet
Chigi, daß dieselbe nichts anderes sei als ein erstes Stadium
über zwei Veröffentlichungen des Prinzen Don Francesco Cliigi usw. 27
des vollkommenen Kleides (des dritten von Martorelli). Dieses
Kleid bildet sich, in allen Fällen, nach dem ersten Lebens-
jahre und vielleicht auch nach dem zweiten.
Chigi vermutet daß die zweite Martorellische Stufe als
erstes Stadium der dritten oder des Alterskleides auch aus-
bleiben könne und von dem endgültigen Alterskleid sub-
stituiert werde mehr durch Intensifikation der dunklen
Farben und Elimination der rostgelblichen Schattierung auf
den oberen Teilen als durch Mauser. Die Zeichnung der
zweiten Stufe von Martorelli unterscheidet sich äußerst wenig
von der definitiven Phase, nur die graue Farbe ist stark mit
Rost-gelblich verwaschen.
Die Kleider von Falco Peregrinus unterscheiden sich
von jenen des Falco feldegg i nur durch eine raschere
Entwicklung. Chigi vermutet, daß diejenigen Exemplare des
Peregrinus, welche ein gleichwertiges Stadium mit dem zweiten
von Martorelli beschriebenen der Gruppe Gerfalken-Lanner
zeigen, sehr selten seien; aber daß sowohl das erste jugend-
liche Kleid als auch das endgültige Alterskleid für beide
G-ruppen Lanner und Peregrinus übereinstimmend sind.
Keinen größeren "Wert legt Chigi auf die Unterscheidung
der Gerfalken-Lanner von Peregrinus nach der Einschnürung
der 2. Schwungfeder. Alle Gerfalken - Lanner sollten diese
Feder an der inneren Fahne verengt haben, was für Peregrinus
nicht der Fall sei. Wenn dies für die Gerfalken auch zu-
treffend ist, ist es nicht ebenso der Fall bei den Lannern,
bei welchen das Vorkommen der Verengung nicht konstant
ist. Unter den vielen Exemplaren, welche der Prinz unter-
suchte, hatten einige die innere Fahne stark verengt, andere
dieselbe kaum ausgebuchtet und andere noch merklich gerade.
Das gleiche Schwanken dieses Charakters, nur etwas gering-
gradiger, konstatiert Chigi bei Falco merillus, kaum mehr
bei Cerchneis tinuunculus. Andere Arten, die er unter-
suchen konnte (Falco vespertinus, Falco peregrinus,
Falco subbuteo, Falco eleonorae, Cerchneis naumanni)
zeigten keine solche Einschnürung.
Es offenbart sich ein anderes Ähnlichkeitsverhältnis
zwischen Gerfalken - Lannern und Peregrinus, welches im
Gegensatze zu denjenigen Verhältnissen steht, welche man
28 G. Vallon:
geneigt wäre, als generisclie Unterscheidungsmerkinale anzu-
nehmen, und dies wäre die allgemeine Neigung, welche sich
unter den Formen der beiden Gruppen kundgibt, das Ver-
schwinden der dunklen Bänder der Rücken- und Steuerfedern,
sowie das Verschwinden der Flecken auf den unteren Körper-
teilen. Nach der Anführung mehrerer Beispiele für die ver-
schiedenen oben erwähnten Arten gibt der Prinz zuletzt, als
eine Zusammenfassung des Gesagten, eine schematische Be-
schreibung der Reihenfolge der Entwicklungsstufen des Feder-
kleides der Edelfalken, dabei nochmals betonend, daß nicht
alle Individuen, sowie auch nicht alle Arten sämtliche be-
schriebene Stufen durchmachen ; die eine oder die andere
kann durch die individuelle Evolution eliminiert werden.
Erste Stufe oder Jugendkleid. (Der Autor spricht von
„Phasen", welches Wort bei uns in andrem Sinne gebraucht
wird und daher durch „Stufe" oder „Kleid" ersetzt werden mußte.)
Oberteile und Flügeldecken. Gleichmäßig braun
(1. Stadium); es zeigen sich lichte rostgelbliche Flecken, mehr
oder minder ausgedehnt, auf dem Rücken, auf die Schulter-
federn, auf dem Bürzel und den oberen Schwanzdecken, ent-
weder paarweise auf beiden Fahnen oder nur auf der inneren
Fahne der Federn (2. Stadium); solche Flecken breiten sich
gegen die Ränder und den Schaft aus und bilden eine
unvollständige, unregelmäßige, lichte Bänderung auf dunklem
Untergrunde (3. Stadium).
Steuerfedern. Die beiden mittleren gleichmäßig braun,
die anderen braun mit lichten runden oder elliptischen
alternierenden oder paarweisen Längsfahnenflecken (1. Sta-
dium); auch die mittleren Steuerfedern haben alternierende
oder paarweise Fahnenflecken, während die Flecken der
anderen Federn sich seitwärts ausbreiten (2. Stadium); sämt-
liche Steuerfedern haben lichte Querflecken auf braunem
Untergrund, und diese können auf den Fahnen entweder
durchgehend oder alternierend sein (3. Stadium).
Untere Teile. Grundfarbe licht mit großen verlängerten
am Rande verwischten dunklen Flecken auf den "Weichen.
Die dunklen Flecken bedecken den größten Teil der Federn,
sind aber durch lichtere, paarweise angeordnete unterbrochen
(1. Stadium); die dunklen Flecken sind besser begrenzt und
über zwei Veröffentlichungen des Prinzen Don Francesco Chigi usw. 29
mehr verengt, die lichten Flecken auf den dunklen der
Weichen verbreiten sich seitwärts (2. Stadium); die dunklen
Weichenflecken, wegen des Überhandnehmens der lichten, zer-
teilen sich in dunklen breiten Querflecken, die gewissermaßen
Bändern gleichen (3. Stadium).
Hosen und untere Schwanzdecken. Grundfarbe
ebenfalls licht, mit Flecken wie oben, oder linienförmig, oder
auch fleckenlos (1. und 2. Stadium); es bilden sich schwache,
enge und unvollständige Querbänder (3. Stadium).
Zweite Stufe oder Alterskleid.
Obere Teile und Flügeldecken. Die braune Farbe
der vorhergehenden Stufe ist durch eine tief braun-schwarze
substituiert, die Querbänder sind schärfer markiert und ins
Graue ziehend. Es entstehen dunkle, linienförmige Schaft-
flecken, die sich etwas gegen die Spitze ausbreiten (4. Stadium,
2. Stufe von Martorelli); die Färbung tritt deutlicher hervor,
die schwarz- und aschgrauen Bänder der oberen Teile sind
schärfer ausgeprägt (5. Stadium 3. Stufe von Martorelli); die
schwarzgraue ßänderung verringert sich und tritt sowohl vom
Schafte als auch vom Rande zurück, bis zum totalen Ver-
schwinden; die allgemeine aschgraue Färbung nimmt deren
Stelle ein und nur die linienförmige Schaftfleckung bleibt
bestehen (6. Stadium).
Steuerfedern. Braun- und weißlichgrau gebändert
(4. Stadium); die Bänder werden schwarz- und aschgrau (5.
Stadium); die schwarzgrauen Bänder, ausgenommen das letzte
an der Spitze vereinigen sich, und zwar, von der Wurzel aus
angefangen bis zum gänzlichen Verschwinden (6. Stadium).
Untere Teile (vom Kröpfe bis zu den Schwanzdecken).
Die Grundfarbe ist mehr oder minder rötlich, alle Flecken
werden herz-, pinsel- oder tropf förmig; auf den Weichen
und teilweise auch am Bauche und auf der Brust erweitern
sich die Flecken längs des Schaftes in Form breiter Quer-
bänder, fast dreieckig mit der Spitze nach unten gerichtet
(4. Stadium); die Flecken reduzieren sich sowohl in der Größe
als auch in der Zahl, und diejenigen, die Bänder bilden,
werden schärfer in der Zeichnung (5. Stadium); die Flecken
werden immer kleiner, und endlich verschwinden sie gänzlich
(6. Stadium).
30 G. Vallon: Über zwei Veröffentlichungen des Prinzen Chigi usw.
Hosen und untere Schwanzdecken. Die Flecken
sind, wenn vorhanden, herz- oder streif förmig (4. Stadium);
bilden sich zu Querbändern (5. Stadium); fehlen ganz (6. Stadium).
Der Übergang von einem Stadium zum andern ist gleich-
mäßig, ausgenommen vom 3. zum 4. Stadium. Die Ver-
schiedenheit der Größe des Genickfleckes und der Backen-
streifen werden nicht berücksichtigt, da selbige entweder
individuell oder nur einigen Arten eigen sind und nicht zum
Plan der Entwicklung gehören.
Zum Schlüsse bemerkt Chigi, daß eben auf Grund dieses
allgemeinen Planes der Entwicklung bei unseren Falken
dieselben in drei Gruppen geteilt werden könnten: die erste,
der Lerchenfalke (Arten : subbuteo und eleonorae), würde durch
das Bestehen der Jugendzeichnung auf den unteren Teilen
auch im Alterskleide charakterisiert sein; die zweite, die
Gerfalken, Saker, Lanner, Wanderfalken, Rotfuß- und Mer-
linfalken, würde durch eine größere Entwicklung der Stufen
und der Stadien (welche vom 1. bis 6. gehen) gekennzeichnet
sein; die dritte Gruppe, die Turmfalken, würde sich durch
das raschere Auftreten der Kennzeichen der zweiten Stufe
auszeichnen. Die zweite Gruppe würde sich noch besser
unterscheiden, wenn man die Kleinschmidtsche These an-
nehmen würde , da in diesem Falle jeder Formenkreis in den
Stadien 1 bis 6 inbegriffen wäre.
Eine neue Form aus Baluchistan
Sarcogrammus Indiens aigneri subsp. nov.
Von A, Laubmann, München.
In der von Prof. Dr. Erich Zugmayer (München) aus Balu-
chistan mitgebrachten ornithologischen Kollektion befand sich
außer einem neuen Raben, Corvus splendens zugmayeri
Laubm. (Ornith. Monatsberichte 1913, Juni, p. 93) auch noch
eine neue Charadriidenform
Sarcogrammus Indiens aigneri subsp. nov.
Von dieser neuen Form liegen mir vier Exemplare vor :
1. Nr. 41 5 Sonmiani, Mekran 2. ni. 1911 a. 235 r. 34
2. „ 354 5 Las Bela 23. in. 1911 a. 215 r. 35
3. „ 408 5 „ „ 27. in. 1911 a. 228 r. 33
4. „ 415 6 „ „ 29. m. 1911 a. 218 r. 32
A. Laubmann: Eine neue Form aus Baluchistan usw. dl
Sie unterscheiden sich alle vonSarcogrammus indicus
indicus (Bodd.), der typischen Form, durch eine auf fallend fahle
sand-bräunlich-graue Färbung der Oberseite, sowie durch den
fast völligen Mangel der metallisch-grün glänzenden Töne auf
dem Rücken. Auch die metallisch - purpurrot glänzenden
Federpartien auf den Flügeldecken mangeln fast ganz. Außer-
dem reicht auch die schwarze Färbung im Nacken weniger
weit herab als bei Sarcogrammus indicus indicus
(Bodd.).
Außer diesen Unterschieden in der Färbung existieren
aber auch noch Differenzen in der Größe. So weißt die Ba-
luchistanform etwas längere Flügel auf (55 228 bis 235, 99 215
bis 218 mm, wobei ich bemerken möchte, daß ich Nr. 354
und Nr. 415 im G^egensatz zu dem Vermerk auf der Eti-
kette für Weibchen halte) als die indische, für die ich beim
Männchen 215 mm, für Weibchen aber nur 209 bis 212 mm
konstatierte. In der Schnabelgröße ergeben sich keine wesent-
lichen Unterschiede.
Als Verbreitungsgebiet der neuen Form kann in erster
Linie Baluchistan gelten, und hier sind es wiederum die süd-
licheren Q-ebietsteile, Mekran und Las Bela, aus denen die
mir vorliegenden Exemplare stammen. Doch glaube ich, daß
auch die Vögel aus Persien und Mesopotamien zu dieser
neuen Form zu stellen sind. Bestimmte Angaben hierüber
zu machen, ist mir aber leider aus Mangel an Material nicht
möglich.
Sarcogrammus indicus indicus (Bodd.) beschränkt
sich in seinem Vorkommen auf Indien und die Insel
Ceylon.
Der Typus der neuen Form Sarcogrammus indicus
aigneri befindet sich unter Nr. 1912/1065 (Kollektion
Zugmayer Nr. 41) im Münchener Museum und wurde am
3. März 1911 von Prof. Dr. Zugmayer bei Sonmiani (Mekran)
gesammelt.
Ich habe diese Form nach Herrn Präparator Aigner
am Museum zu München benannt, der als der erste die Ver-
schiedenheit der Form erkannte.
32 Schlüter: Phaet. fulig. — Kleinschmidt u. Weigold: Iber. Kohlmeisen
Phaetornis fuliginosus Schlüt.
Eine neue Kolibri -Art aus Neu-Grranada (Kolumbien).
Von Willy Schlüter in Halle a. d. S.
Oberseite dunkel -bronze- grün, durch graue Federränder
getrübt. Oberscbwanzdecken rein kupfer- bronze -grün. Ober-
kopf grau mit schwachem metallischen Glanz. Unterseite ein-
farbig rußbraun-grau mit ganz schwachem metallischen Schim-
mer. Unterschwanzdecken mit stärkerem metallischen Glanz.
Federn hinter und unter dem Auge einen etwas dunkleren
schwarzbraunen Streifen bildend. Die mittelsten, längsten Steuer-
federn dunkel-bronze-grün mit ausgedehnten hellgrauen Spitzen.
Das nächste seithche Steuerfederpaar an der Wurzel bronzegrün,
dann schwarzgrau mit ebenfalls ausgedehnten grauen Spitzen.
Die übrigen seitlichen Steuerfedern genau so gefärbt, aber
ohne ausgedehnte graue Spitzen. Gesamtlänge 140 m/m,
Flügel 61 m/m, Schnabel 31 m/m, Schwanz 75 m/m.
Die Art fällt durch die einfarbige, rußgraue Unterseite
sofort auf und ist von allen bis jetzt bekannten Phaetornis-
Arten durchaus verschieden.
Das vorliegende, beschriebene Exemplar stammt aus
einer Bogota -Kollektion und befindet sich als „Typus" in
meiner Privatsammlung.
Über iberische Kohlmeisen.
Von O. Kleinschmidt und H. Weigold.
Sieben spanische Kohlmeisen (Sevilla, Malaga) in
Collectio Kleinschmidt, sowie vierzehn portugiesische
und zwei spanische (Sra. Nevada) in Collectio Weigold
messen 7,55 (Coli. W.) bis 6,65 (CoU. Kl.)! Sie unterscheiden
sich von major und excelsus durch geringere Größe, von
dem nahen corsus durch oft größeren weißen Keilfleck an
der äußeren Schwanzfeder, von dem sehr nahen newtoni
durch nur ganz wenig schwächeren Schnabel.
Die erwähnten zwei Malaga -Vögel in Collectio
Kleinschmidt haben (Zufall? Jahreszeit?) den Rücken so
grau und so wenig grün wie die ostasiatischen Formen der
minor- Gruppe. Wir warten zunächst das Resultat von
A. V. Jordans Balearenmaterial ab.
Neue Kohlmeisenform. — Parus salicarius suhmontanus form. nov. 33
Noch eine neue Kohlmeisenform aus Ostasien.
Von O. K 1 e i n s c h 111 i d t.
Die kontinentale Kohlmeisenform Nordostasiens hat
man seither mit Parus minor von Japan vereinigt. Es kann
sein, daß sich auf den japanischen Inseln (Jesso- Vögel sah
ich noch nicht) alle Abstufungen von ihnen zu okinawae hin
finden, aber man kann deshalb unmöglich diese lichten,
großen, langschwänzigen Vögel mit Parus major minor von
Hondo zusammenwerfen, da sonst nicht nur der Name, son-
dern jede Beschreibung der Form sich selbst widersprechen
würde. Die nördliche Kontinentalform ähnelt in der ver-
schwommeneren Färbung mehr commixtus als minor. Sie
ist jedoch auch von ersterer Rasse leicht an ihrer Größe,
reineren Flanken und der bei allem Variieren in heller
Schwanzzeichnung und beschränktem Grün des Nackens sich
charakterisierenden lichteren Allgemeinfärbung zu unter-
scheiden. Ob die Variationsskala der Flügellänge von der
von minor verschieden ist, läßt sich noch nicht sagen. Ich
nenne die neue Form, damit zugleich die terra typica be-
zeichnend, Parus wladiwostokensis. Typus in meinem
Besitz.
Parus salicarius suhmontanus form. nov.
Von 0. Kleinschmidt und Victor Ritter von Tschusi
zu Schmidhoffen.
Zwischen den Verbreitungsgebieten von Parus mon-
tanus Baldenst. und P. salicarius Brm. lebt eine Mattkopf-
meise, welche von Beobachtern bald zu dieser, bald zu jener
Salicarius-Form gezogen wurde, aber ein zu großes Gebiet
bewohnt, um nur als Mischling betrachtet zu werden. Wir
beide konnten in letzter Zeit Vögel in Fleisch aus Ober-
Österreich untersuchen und mit früher gesammelten Bälgen
vergleichen. Wir entschließen uns nach reiflicher Prüfung
zur Abtrennung der Form. Ein Vergleich mit dem Material
der bayrischen Staatssammlung ergab, daß Stücke aus der
Gegend von München und aus Oberbayern gleichfalls zu ihr
gehören. Die Flügellänge von submontanus reicht beim
F a 1 c o (1913). 3
34 Par. salic. submont. — Auf Zählung der Vögel des Kiautschou-Gebietes .
Weibchen von 6,0 bis 6,4, beim Männchen oft bis 6,6 (einmal
6,7 KoU. von Tschusi), während bei salicarius 6,5 schon selten
ist und montanus 7,1 erreicht. Die Färbung ist deutlich
dunkler als bei der großen Alpenmeise, aber dieser ähnlicher
als die Färbung von salicarius. Zwei kleine Weibchen er-
innern durch starken Seitenanflug und gelbliche Halsseiten
an rhenanus. Typen: ein Paar vom 29. III. 1913 von
Q-munden, Koll. von Tschusi. Nach Beobachtungen von
Herrn A. v. Jordans, die u. a. zur Klarstellung der Form
anregten, ist der Vogel in der Nähe von München nicht
selten. In Berajah folgt eine ausführlichere Beschreibung
mit Abbildungen einer Nisthöhle aus Ober - Österreich.
Vielleicht gelingt es inzwischen, festzustellen, welche
Form der mattköpfigen Sumpfmeise an den Donauufern und
auf den Donauauen vorkommt. Hellmayr beobachtete Weiden-
meisen im Herbste in den Donauauen bei Wien (Orn. Jahrb.
1902, S. 29), von Tschusi in den Salzachauen. Dagegen
schreibt gerade in diesem Augenblick Freiherr Geyr von
Schweppenburg über Slavonien in litt. : „Weidenmeisen
kommen dort (bei Yukovar) merkwürdigerweise auf den für
sie doch so geeigneten Donauinseln nicht vor, wenigstens
gelang es mir nicht, irgendwelche Spuren von ihnen zu fin-
den". Dieser Befund stammt freilich aus den Sommermonaten.
Aufzählung der Vögel des Kiautschou-Gebietes.
Von O. Kleinsclimidt.
Die Aufzählung folgt derjenigen von K. Kothe im Journ. f. Orn.
1907, p. 379. Eingeklammerte Namen bezeichnen Arten, die Kothe an-
führt, die aber in den mir vorliegenden Sammlungen nicht vertreten
sind. Die Zahlen hinter den Namen bedeuten die Anzahl der vorhan-
denen Exemplare. Von den Buchstaben bedeutet E = CoUectio Engler,
H = Museum Hildesheim, M = Museum Magdeburg. Unter Kiautschou-
Gebiet ist das deutsche Pachtgebiet verstanden, also etwa das Gebiet
von der Kiautschou - Bucht bis zum Lauschan. Die Vögel der Coli.
Engler tragen meist keine genauen Lokalitätsangaben. Bemerkungen
über einzelne Arten folgen vielleicht später. Die von Kothe nicht er-
wähnten Arten sind durch fetten Druck hervorgehoben. Bei Auf-
zählungen bevorzuge ich zweifache vor dreifachen Namen schon wegen
der Raumersparnis.
Aufzählung der Vögel des Kiautschou-Gcbietes
35
Alken.
[1. Alca antiqua Gm.]
[2. Brachyramphus perdix (Fall.)]
Taucher.
3. Gavia stell ata (Pontopp.). 1 E.
(== Colymbus septentr. auct.)
[4. Colymbus cristatus L.]
5. „ auritus L. 1 E.
6. „ nigricollis Brm. 2 E.
[7. „ poggei Rcliw.]
Möyeii.
[8. Larus canus L.? Kothe.]
[9. „ ridibundus L.]
10. „ vegae Palmen. 1 E.
11. „ crassirostris VieUl. 3E.
Seeschwalbeii.
12. Stema tschegrava Lep. 1 E.
13. „ zimmermanniEchw. 3E.
14. „ longipennis Nordm. 2E.
15. „ sinensis Gm. 1 E.
[16. Hydrochelidon leucoptera
(Temm.)]
Kormorane.
17. Phalacrocorax fllameutosns
Temm. & Schi. 3E.i)
18. Phalacrocorax pelagicus PaU.
5 E.
Pelikane.
[19.
Pelecan
US philippensis
Enten.
Gm.]
20.
Mergus
merganser L.
1 E.
21.
„
serrator L. 1
E.
22.
))
albeUus L. 1 E.
[28.
Oidemia carbo PaU.l
[24. Nyroca
marüa (L.)]
[25.
"
fuligula (L.)]
[26. Nyroca ferina (L.)]
27. „ clangula (L.) 1 M.
[28. Anas clypeata L.]
29. „ zonorhyncha Swinh. 1 E.
Nicht ganz typisch,
Band vorm Spiegel.
30. Anas acuta L. IE.
31. „ falcata Georgi.
2 E.
32. „ penelope L. 1 E.
33. „ boscas L. 2 E.
1 H.
34. „ galericulata L.
3 E.
35. „ querquedula L.
2 E.
36. „ formosa Georgi
3 H.
37. „ creccaL. IE.
3H. 1
Höhlenenten.
38. Tadorna tadorna (L).
2 E.
39. Casarca casarca (L).
5E.
Gänse.
IM
40. Anser serrirostris Swinh. 3 E.
41. „ albifrons (Scop.) 1 E.2)
[42. ,, cygnoides (L.)]
43. Branta nigricans (Lawr.). 4E.
[Kothe gibt Branta bernicla (L.).
an.]
Schwäne.
[44. Cygnus cygnus (L.).]
[45. „ olor (Gm.).]
[46. „ janlcowskii Alpher aky.]
Vermutlich gehören die von
Kothe erwähnten Zwergschwäne
u. 1 Schantung- Vogel in H. zu
zu dieser Form.
Brachschwalben.
47. Glareola orientalis Leach. 2 E.
StrandTÖgel.
48. Uaematopns oscolans S^inh.
1 M.
1) Kothe gibt P. carbo (L.) an, von dem filamentosus eine geogra-
phische Form ist, carbo könnte auf dem Zug vorkommen, da er im nörd-
lichen Ostasien brütet.
2) Die Literaturangaben über Artkennzeichen der Bläß- und Zwerg-
gans widersprechen sich.
3*
O. Kleinschmidt:
[49. Arenaria interpres (L.).]
50. Squtarolasquatarola(L.).lE.2H.
51. Charadrius fulvus Gm. 1 E.
52. Aegialltis placlda (Gray). 2H.
53. „ dubia (Scop.). 7 H.
54. Ochthodromus veredus (Gonld).
3 E.
55. Vanellus vanellus (L.). 1 E.
[56. Lobivanellus cinereus Blytli.]
57. Himantopus liimantopus (L,).
1 E.
58. CaUdris leucophaea (Fall.). 1 E.
59. Tringa paciflca Coues. 9 H.
Kothe gibt Tringa alpina L. an.
[60. Tringa fermginea Brunn.].
[61. „ acuminata (Horsf.).]
62. „ ruflcoUis Fall. 2 H.
63. „ temmincki Leisl. 4 H.
64. „ brevipes Vieill. 3 E.
[65. ., hypoleuca L.]
[66. „ pugnax L.]
[67. „ totanus L.]
[68. „ erythropns (PaU.).]
69. „ nebularia (Gunn.). 5 H.
[70. „ stagnatilis Bebst.]
71. „ ocropbus L. 1 H.
72. „ glareola L. 1 H.
73. Limosa melanuroides Gonld. 2E.
Kothe gibt Limosa limosa (L.)
an.
74. Limosa novaezealandiae Gr.
4 H. IE.
[75. Numenius arquatus?]
76. „ variegatus(Scop.).3E.
77. „ minutus J. Gd. 2 E.
Schnepfen.
78. Gallinago gallinago (L.). 1 E.
79. „ stenura (Kühl). 1 H.
80. „ japonica Seeb. 1 H.
81. Scolopax rusticola L. 1 E.
Kraniche.
82. Gras lilfordi Sharpe. 1 E.
Trappen.
[83. Otis dybowskü Tacz.]
Rallen.
84. Rallus indicus (Blyth.). 4E.
85. PorzanaauricularlsReichenb.
2 E. 1 H.
Kothe gibt pusilla (Fall.) an.
86. Limnobaenus paykulli
(Ljungk) 2 E.
87. Eulica atra L. 1 E.
Ibisse.
[88. Ibis melanocephala Vieill.]
89. Platalea? 2 E.
Kothe gibt minor T. & Schi,
an. Die Stücke stehen aber
vielleicht zwischen major und
minor.
Reiher.
90. Nycticorax nycticorax (L.). 2 E.
91. Botaurus stellaris (L). 4 E.
92. Ardetta sinensis (Gm.). 2 E.
93. Ardetta enrythma Swinh. 7 E.
94. Butorides amurensis Schrenk.
1 E.
95. Ardea cinerea L. ? 3 E. 2 H.
Vorderhals z. T. sehr hell.
96. Ardea manillensis Meyen. 3 E.
97. Herodias timoriensis Cuv. ? 2E,
Aber ein Stück hat etwas
dunklen Schnabel. Kothe gibt
egretta an. Cf. J. f. O. 1910
p. 468.
Laufhühnchen.
98: Turnix blanfordi Blyth. 2 E.
Tauben.
99. Columba rupestris Bp. 1 E.
100. Turtur chinensis (Scop.) 1 H.
101. „ humilis Temm. 2 E.
[102. „ douraca Hodgs.]
Hühner.
[103. Phasianus torquatus Gm.]
(In CoU. Engler ein impor-
tierter Vogel kiangsuensis
But??)
Aufzählung der Vögel des Kiautschou -Gebietes
37
104. Caccabis chucar (Gr.). 3 E.
105. Coturnix japonica T. & Sch.1.
3 E.
Tagraubvögel.
106. Circus spilonotus Kaup. 2 E.
107. „ cyaneus (L.). IE. IM.
108. „ melanoleucus (Forst.).
7 E.
109. Buteo plumipes (Hodgs.). 1 E.
110. „ hemilasiusauct, 5E.1H.
Siehe „Falco" 1909, pag. 14,
asiaticus Blyth.!
111. Archibuteo pallidus Menzb.
1 E.
112. Butastur indicus (Gm.). 6 E.
1 H.
113. Accipiternisus subsp. 5E. IM.
Größer als nisus.
? Accipiter nisus pallens Stejn?.
1 E.
Gleiche Färbungen besitze
ich von Europa.
114. Accipiter gularis T. & Sclil.
3 E. 3 H.
115. Astur cuciiloides (Temiu.). IE.
Junger Vogel, dem vorigen
täuschend ähnlich gefärbt.
116. Astur gentilis subsp. 5 E.
Von Kothe als palumbarius
bestimmt, aber kleiner und
dunkelköpfiger.
117. Pandion haliaetos (L.). 1 H.
118. Pernis Orientalis Tacz. 1 E.
119. Milvus melanotis T. & Schi.
4 E. 2 H.
120. Falco rudolfl K. 1 E.
Kothe gibt F. peregrinus
an, vielleicht harterti But.?
121. Falco jalcutensis (Bat.). 2 E.
122. „ regulus subsp. 5 E. 3 H.
Lichter und wenig größer als
Europäer.
123. Falco japonicus T. & Schi.
9 E.
124. Falco amurensis Radde. 1 E.
5H.
Eulen.
[125. Bubo kiautschensis Rchw.]
[126. „ turcomanus Eversm.
Erfordert nähere Mittei-
lungen, wohl falsch von K. be-
stimmt. Vielleicht neue Form?]
127. Asio flammeus (Pontopp.). 4 E.
2 H.
128. Asio otus (L.). 2 E. 1 H.
129. Scops seraitorques Sohl. 1 E.
130. Scops stictonotus Sharpe. 4 E.
131. Ninox scutulata (Rafft.). IE.
132. Atliene plumipes Swinli. 2E.
2 H.
Kuckucke.
133. Cuculus telephonus Heine.
2 E. 3 H.
Spechte.
134. Jynx chinensis Hesse. IE. IH.
Flügel 85, Kehle ockergelb, am
Kinn weißliche (verblichene?)
Federchen wie bei Europäern.
Ein Vogel mehr rötlich, der
andere wie der Sardinier.
135. Picus zimmermanni Rchw.
2 E. 12 H.
Färbung und Unterseiten-
fleckung schwankend. Frag-
lich, ob teils Brut-, teils Zug-
vögel.
[136. Dryobates cissa (Pall.).]
Genauer zu bestimmen, ob
etwa tscherskii?
137. Dryobates cabanisi. IE. 4 H.
Z. T. mit endwärts weiß-
gefleckten Skapularen (An-
näherung an tscherskii?).
Eisvögel.
138. Alcedo pallasi Reiclienb. 4E.
3 H.
Kothe nennt allgemein ispida
L. Hartert gibt bengalensis
an. Maße aber nicht selten bis
74,5, vielleicht form. nov.
3Ö
O. Kleinschmidt :
139. Halcyon pileatus (Bodd.). 5 E.
140. Cerylelugubris(Temm.)? IM.
Noch mit typ. lugubris und
guttulata zu vergleichen. In
BT. 2 Vögel von Jchang.
Baken.
141. Eurystomus calonyx Sharpe.
7E. IM.
Wiedehopfe.
142. Upupa saturata Lönnb. 2 E.
2H. IM.
Sehr wenig von epops ver-
schieden, ein wenig grauer.
Ziegenmelker.
143. Caprimulgus jotaka. Temm. &
Schi. 2E. 3H-
Raupenfresser.
144. Pericrocotus cinereus Lafr.
1 H.
Seidenschwänze.
[145. Bombycilla garrula (L.)]?
[Bombycilla japonica (Sieb.)].
Fliegenschnäpper.
146. Muscicapa cyanomelana
Temm. cf. Falco 1907 p. 96.
2E.
147. Muscicapa latirostris Eaffl.
IH.
[148. Terpsiphone incii (J. Gd.)].
Würger.
149. Lanius lucionensis L. 1 H.
Im Mus. Hildesh. noch ein
Vogel von Zentral - Schantung
mit blasser (isabellinus) Färbung
und gelber (cristatus) Unter-
seite.
150. Lanius tigrinus Drap. 1 E.
151. Lanins sphenocercus Gab. 5 E.
IH.
162. Lanlag bncephalns T. & Schi.
IE. IH.
Brillenvögel.
153. Zosterops palpebrosa subsp.
IE.
"Wohl Simplex. Nachzuprüfen !
Meisen.
154. Parus hellmayri Bianchi. 5 H.
Raben.
155. Corvus hassi Echw. 1 E.
156. „ pastinator J. Gd. 1 E.
3H.
157. ,, torquatus Less. 2 E.
4H.
168. Colaeus neglectus (Schi.). 5 H.
159. Pica sericea J. Gd. 1 E. 11
H.
160. „ bactriana Bp. 1 E.
"Wohl alles Zwischenform
zwischen beiden.
161. Cyanopica swinhoei Hartert
6E. 14 H.
Pirole.
162. Oriolus indicus Jerd. 4 E. 10
H. IM.
Stare.
163. Sturnia sturnina (Fall.). 1 E.
164. Spodiopsar cineraceus (Temm.)
4 E. 9 H. IM.
Finken.
168. Passer j ubilaeus Rchw. Albino.
IE.
[166. Coccothraustes japonicus T. &
Schi.].
166. Eophona niigratoria Hartert
IE.
Eophona magnirostris Hartert
IE.
[168. Chloris sinica L.]
169. CarpodacQS grebnitzkil Stejn.
IH.
Nicht erythrinus (Kothe), da
Flügel 81 mm.
170. FrIngiUa snbcaneolata Kl.
IE. 2H.
Aufzählung der Vögel des Kiautschou - Gebietes.
39
171. Loxla curvlrostra subsp. 1 E.
IH.
Die von Hartert V. p. F. p.
119 erwähnte Form (Farbe
prächtig, Flügel 9,7; 10,0) nicht
albiventris.
Ammern.
[172. Emberiza tristami Swinh.].
173. „ castaneiceps 1 H.
yy SUbSp. 1 1 E.
Flügel nur 7,7. Bismarck-
berg 8. Apr.
174. Emberiza spodocephala Fall.
2H.
[175. Emberiza personata Temm.].
176. „ rutila PaU. 2 H.
177. „ rustica Fall. 1 E.
IH.
Bachstelzen.
[178. Budytes thunbergi Bülberg].
179. „ tairanus Swinh. IH.
[180. „ citreolus (Fall.).]
181. Motacilla lugensKittl.I 1 H.
[182. „ ocularis Swinh.].
„ melanope Fall. 1 E.
Pieper.
[183. Anthus maculatus Hodgs.]
184.
rlchardl Tielll. 1 H.
Lerchen.
185. Alauda intermedia Swinh. 4H.
186. Calaudrella cheleensis
(Swinh.). 6 H. IM.
187. GaleridacoreensisTacz? IE.
20 H.
Noch nicht verglichen.
Sänger.
188. [Dryonastes perspicillatus
(Gm.)].
189. [Acrocephalus orientalis (T. &
Schi.)].
190. Geocichla varia (Fall.). 3 E.
191. „ sibirica (Fall.). 1 E.
192. Turdus fuscatus (Fall.). 1 E.
IM.
193. Turdus naumanni (Temm.).
2E. 4H.
194. Turdus hortulorum (Schi.). 1
E. IM.
195. [Turdus obscurus Gm.]
— [Monticola cyanus (L.).]
196. ,, philippensis (F. L.
S. MüU.)- 2 E.
197. Monticola gularis (Swinh.).
(Ein Käfigvogel.)
198. Fratincola stejnegeri Farrot.
IE. IM.
199. Erithacus calliope (Fall.). 1 E.
6H.
cf. Falco 1905, S. 69.
[200. Erithacus cyane (Fall.).]
[201. „ suecicus (L.).]
Wohl robustus (But.) oder
form. nov. Von Kreyenberg
südlicher, bei Faotou, gesam-
melte Stücke (Mus. Magdeb.)
messen 7,3, 7,5, 7,5. Färbung
dunkel wie gaetkei, Schnabel
dünner, länger, Schwanzbinde
schmaler, Stern groß, einen
rostroten Querkragen bildend.
202. Erithacus auroreus (Fall). 3 E.
40 Verscliiedenes.
Seltene Gelegenheit für Sammler.
Der Unternehmer einer von zwei Zoologen von Fach
begleiteten Expedition nach West-China (Szetschwan) will ver-
suchen, mir die in Sammlungen überaus seltenen dortigen
Sumpf meisenf ormen , denen ich in Berajah eine besonders
eingehende Untersuchung widmen muß, zu verschaffen.
Der eine oder andere Leser wird gewiß ähnliche Wünsche
hegen, die jenes interessante, uns seither fast am meisten
verschlossene Gebiet betreffen, und daher diese Mitteilung
dankbar begi'üßen. Genaue Nachrichten über Desiderata
werden baldigst an mich erbeten. Da es sich um kein Ge-
winnunternehmen handelt, sind die Preise voraussichtlich
mäßig. Der Unternehmer möchte nicht mehr sammeln, als
für wissenschaftliche Zwecke erwünscht und nötig ist.
Der Herausgeber.
Die Flügelform des jungen Wendehalses.
Der junge Wendehals hat eine vom alten Vogel ganz
verschiedene Flügelform. Die erste Schwinge ist etwa 3 cm
lang und wohl ausgebildet mit rundem Ende, während sie
bei der ersten — wahrscheinlich sehr frühen — Schwingen-
mauser einer nur etwa 1 cm langen verkümmerten „Sprosser-
schwinge" Platz macht. Ich habe diese Tatsache noch nir-
gends erwähnt gefunden, kann mir aber vorläufig kaum
denken, daß sie noch ganz unbekannt ist. Eine ähnliche
Veränderung der ersten Schwinge findet sich bei vielen Vögeln,
aber in viel geringerem Grade. Man wird hiernach meine
Vereinigung von Nachtigall und Sprosser „natüi'lich" finden.
0. Kl.
Zusendung von Vögeln, die anÜberlandzentralen
gefallen sind, erbittet von Mitte August an zu wissen-
schaftlicher Untersuchung gegen Erstattung des Portos Gurt
Tanner t, Leipzig, Elisenstr. 115.
Die Ausgabe der nächsten Berajah -Lieferung erfolgt im Herbst.
Jede Gewinnung neuer Abonnenten durch die Subsliribenten erweitert
den Umfang und die Zaiil der jährlichen Lieferungen.
Druck von Gebaaer-Sohwetachke G. m. b. H., Halle a. S.
FALCO.
Neunter Jahrgang.
Nr. 3. Oktober. 1913.
Schriftleiter : 0. Elleinschmidt, Dederstedt, Bez. Halle a. d. S, — Kommis-
sionsverlag: Gebauer-Schwetschke Druckerei u. Verlag m.b.H., Halle a.d.S ,
Gr. Märkerstr. 10. — Preis aller Veröffentlicliungen von Berajali u. Ealco:
jährlich 9 Mark.
Taiinenheherziig in Sicht!
Herr Professor Dr. Thienemann und Herr Amtsricliter
Tischler melden von der Kurischen Nehrung starken Tannen-
heherzug. 26 junge (!) Exemplare haben sie bereits in Hän-
den gehabt und 10 davon beringt.
„Ich grüßte ihn, und er flog in die herbstliche Pracht.
Ihr Jäger, schont ihn!" Mit diesen schönen Worten schloß
ein deutscher Weidmann in der Neudammer Jägerzeitung die
Schilderung von seinem Zusammentreffen mit dem Sibirier
gelegentlich des letzten Zuges. „Bravo!" dachte ich, als ich
diese Stelle las. Trotzdem bitte ich meine Freunde auf dem
Gebiet des Naturschutzes, nicht jeden Abschuß von Tannen-
hehern zu verdammen. Zu verdammen ist es, wenn Vögel
aus Neugier oder Langeweile geschossen und darauf ohne
Untersuchung weggeworfen werden.
Wer einen sibii-ischen Tannenheher besitzen möchte,
kann ihn aber m. E. bei solcher Gelegenheit unbedenklich ab-
schießen, da die Züge des Vogels sowieso einen Überschuß
darstellen dürften, der, mit wenigen Ausnahmen, in den Tod
wandert.
Aber auch da, wo in un weidmännischer Weise Stücke
ohne bestimmtenZweck getötet werden, soUte man den
übereifrigen Schützen nicht einschüchtern, sondern veranlassen,
daß die einmal getöteten Vögel auf Form, Alter und Ringe
untersucht und — präpariert werden.
Ich rate, in diesem Sinne auf die Presse einzuwirken.
Leider wendet sich nun einmal, auch ohne unser Zutun, das
42 WiUy Schlüter:
Interesse der Laienwelt mehr den abnormen als den viel
wichtigeren normalen Erscheinungen zu.
0. Kl.
Zwei neue Kolibriformen,
Metallura thyrianthina liarterti subspec. nov.,
Leucippus leucogaster longirostris subspec. nov.
Von Willy Schlüter, Halle a. S.
Metallura thyrianthina harterti Schlüt.
Mir liegen sechs Exemplare vor, und zwar vier alte, aus-
gefärbte Männchen und zwei Vögel im Jugend gefieder.
cfad. Oberseite bronzegrün, aber bei auffallendem Lichte
deutlich schwarz schimmernd. Steuerfedern oben und unten
mit tiefem Purpurschimmer. Unterseite mehr schwarzgrün,
der grüne Kehlfleck stumpfer grün, nicht so glänzend, Kehl-
seiten von vorn gesehen noch schwärzer erscheinend, als bei
thyr. typica.
Die jungen Vögel zeigen die Unterschiede der Ober- und
Unterseite sowie den tiefen Purpurschimmer der Steuerfedern
etwas weniger kräftig als die alten Männchen, aber immer-
hin sehr gut erkennbar.
Weibliche Vögel konnte ich nicht untersuchen. Sie wer-
den aber vermutlich den jungen Vögeln in den etwas weniger
deutlichen Unterschieden gleich sein.
Die Typen, ein cfad und ein Vogel im Jugendkleid, so-
wie die Cotypen befinden sich in meiner Privatsammlung und
sind von S. Briceno in Merida (venezuelanische Anden) ge-
sammelt.
Herr Direktor Dr. Hartert in Tring, mit dem ich wegen
dieser neuen Form korrespondierte, machte mich darauf auf-
merksam, daß ihm die Abweichung der Venezuelavögel von
der typischen Form schon länger aufgefallen sei. Ich be-
nenne die Venezuelaform nach ihm.
Leucippus leucogaster longirostris Schlüt.
Von dieser neuen Form liegen mir zwei Exemplare, ein
cT und ein 9, im Alterskleid vor.
Zwei neue Kolibriformen. 43
Die Vögel unterscheiden sicli von der tjrpischen Form
in der Färbung nur durch die etwas mehr goldgrüne Färbung
der Oberseite und den matteren Oberkopf, während die Haupt-
unterschiede in den Größenverhältnissen liegen.
L. 1 e u c o g. 1 0 n g i r. L. 1 e u c o g. t y p.
Flügel . . 60 mm 57— 58 mm
Schwanz . 38 mm 35 — 36 mm
Schnabel . cf 27 mm 1 ^3 nim
9 25 mm J
Außerdem ist der ganze Vogel größer als leucog. typicus.
Die Typen, je 1 cf und 1 9» befinden sich in meiner
Privatsammlung und sind von Lindner in der Provinz Salta
in Argentinien gesammelt.
Vorläufige kurze Beschreibung neuer Formen
von den Balearen.
Von Adolf von Jordans.
Von meiner Reise nach den Balearen brachte ich dies
Frühjahr schöne Serien der dortigen Vogelarten mit und gebe
im folgenden eine kurze Diagnose einiger neuer Formen:
Sylvia sarda balearica subsp. n.
Zwergform des Sardensängers. Flügellänge cf 48 — 51,
$48—50 mm (sarda sarda 56—59!). Ich sammelte 10 c^, 7 9
und 2 iuvenes. Typus cf . 19. IV. 1913 Isla Dragonera vor der
Westküste Mallorcas. Coli. v. Jordans.
Muscicapa striata balearica subsp. n.
Von überraschend lichter Färbung. Oberkopffedern mit
breiten weißen Rändern. Rücken und Unterseite sehr hell.
Sehr ähnlich M. str. neumanni Poche, aber noch heller, vor
allem am Oberkopf, Bedeutend kürzere Flügel. Flügellänge
cT 79,5—81,5, 9 76— 80 mm (M. str. striata 85—89, M. str.
neumanni 86 — 90,5 mm). Typus "in meiner Sammlung.
Parus coeruleus balearicus subsp. n.
Bauch- und Brustmitte — abgesehen natürlich von dem
dunkeln Mittelstreif — sehr hell, weiß mit grauem Anfluge,
beim 9 stärker als beim cf ausgeprägt, jedoch auch bei letz-
terem sofort auffallend. Weibchen die bei dem Männchen
44 Adolf V. Jordans: Besclireibuiig neuer Formen von den Balearen.
meist vorhandene intensiv reinzitrongelbe Färbung der Vorder-
brust und der Seiten nie erreichend. Rücken des 9 grau,
selten schwacli grünlich überflogen. Rücken des cf auch ins
Graue gehend, hier aber schwächer. Starker heller Nacken-
fleck und sehr reinweiße Stirn. Flügellänge cf 61 — 70, 9 64
bis 68 mm. Typus 9 11. III. 1913. Valldemosa. Mallorca.
Coli. V. Jordans.
Parus maior mallorcae subsp. n.
Neigung zur Graufärbung des Rückens und sehr helle
rahmfarbene, oft weißliche Färbung der Unterseite. Das
schwache Gelb der Brust reiner als bei maior maior, fast stets
ohne grünliche Tönung, nur bei wenigen Stücken intensiver.
Drei Vögel von den Pityusen (Museum Rothschild. Tring),
zwei von Malaga und fünf von Sevilla aus der Coli. Klein-
schmidt (vgl. hierüber vorige Nummer dieser Zeitschrift!)
scheinen in der Mitte zwischen portugiesischen und mallor-
canischen zu stehen. Ich möchte diese vorläufig aber weder
trennen, noch einer der beiden Formen zurechnen, sondern
weiteres Material abwarten. Flügellänge cf 70 — 73, 9 69 bis
71 mm. Typus in meiner Sammlung.
Diese vier Formen sind sämtlich bedeutend heller als
ihre mediterranen Verwandten. In einer in Angriff genom-
menen größeren Arbeit gehe ich ausführlicher auf die Einzel-
heiten ein.
Naumanns „Allgemeiner Naturhistorischer Atlas".
Herr Amtmann Eckstein erzählt in seinen Mitteilungen
(s. oben Seite 20), daß er in seiner Kindheit bei einem Be-
suche im Naumannschen Hause mehrere Seepferdchen sah.
Offenbar waren dies Modelle zu dem von Naumanns Sohn
Julius herausgegebenen Atlas, dessen Titel in Band I des
„Neuen Naumann" , pag. XXIII nicht ganz genau zitiert ist.
Er lautet auf dem letzten Heft: „Allgemeiner | Naturhisto-
rischer Atlas. I zunächst | zu | Gräfe und Naumann's | Hand-
buch der Naturgeschichte nach allen drei Reichen, | aber auch
bei jeder andern Naturgeschichte brauchbar. ] Unter Mitwir-
kung I Professor J. F. Naumann's, | (Verfasser der Natur-
Naumanns „Allgemeiner Naturhistorischer Atlas". 45
geschichte der Vögel Deutschlands und Mitglied mehrerer
gelehrten Gesellschaften) | gezeichnet, in Kupfer gestochen
und herausgegeben | von j dessen Sohne, | Julius Naumann. |
— I Fünftes und sechstes Heft (Schluß). | Eisleben, 1840. Ver-
lag von Georg Reichardt".
Das erste Heft trägt die Jahreszahl 1835. Es fehlen
auf seinem Umschlag die Worte „Zunächst bis brauchbar"
und der Titel „Professor".
Ich besitze von dem Atlas ein vollständiges Exemplar.
Er gibt in kolorierten Kupferstichen zahlreiche kleine Ab-
bildungen vorwiegend ausländischer Tiere in systematischer
Reihenfolge auf 23 Tafeln. Dann folgen 120 Pflanzenarten
auf 5 Tafeln, gleichfalls farbig. Die 5 mineralogischen Tafeln
geben Schnittmuster zur Herstellung von Modellen der Kristall-
formen. Der Text enthält nur ein Vorwort, ein alphabetisches
Verzeichnis der deutschen Namen, ein gleiches der lateinischen
Namen aller abgebildeten Tiere und eine systematische Über-
sicht über den Inhalt aller Tafeln. Über dem Verzeichnis der
Pflanzentafeln, die keine Unterschrift tragen, steht: „(Von
Dr. D. Dietrich)".
Unter sämtlichen Tafeln des Tierreichs steht „Julius
Naumann del. & sculps.", „Julius Naumann fec." oder
„J. Naumann fec." oder „J. Naumann sculps."
Auch das Vorwort ist von Julius Naumann allein
unterzeichnet. Es heißt darin, daß der Atlas für Schule und
Haus, nicht für Gelehrte von Fach angefertigt sei^).
Es lag also wohl nicht in seiner Absicht, neue Namen aufzu-
stellen, so daß z. B. der Name „Sibirisches Blaukehlchen,
Sylvia coerulea" vielleicht weiter ignoriert oder als Ge-
dächtnisirrtum aufgefaßt werden kann % Von den Abbildun-
gen wird im Vorwort bemerkt, daß sehr viele Original-
zeichnungen sind, und daß allbekannte Tiere weggelassen
wurden.
1) Heute wii'd es sehr wenige Naturforscher von Fach geben,
welche die darin abgebildeten Tierarten alle kennen.
2) Während nach anderer Auffassung gerade die „im Unterricht
gebräuchlichen" Namen als gültig bezeichnet werden. So ist dieser
Atlas ein interessantes Beispiel zu den 1912 von der Deutschen Zoo-
logischen Gesellschaft angeregten Nomenklaturfragen.
46 All der Hochspannungsleitung verunglückte Vögel.
Jedenfalls bleibt dieser Atlas eine achtenswerte und be-
achtenswerte Leistung, mag nun der Sohn das gute Auge
und die geschickte Hand vom Vater geerbt und die Technik
des Kupferstiches von ihm erlernt haben, oder mag der Vater
der eigentliche „Urheber" sein, der dem Sohn nicht nur seinen
Eat lieh und seinen Namen, sondern auch seine Kenntnisse
und seine Kunst. Herrn Ecksteins Eifer wird es vielleicht
gelingen, darüber Klarheit zu schaffen. 0. Kl.
Die im Jahre 1913 an der hiesigen Hoch-
spannungsleitung yerunglücliten Vögel.
An der hiesigen Starkstromleitung verunglückten in
diesem Jahre wieder mehr Turmfalken als 1912, da deren
Zug durch häufigeres Vorkommen von Mäusen entweder mehr
in unsere Gegend gelenkt wurde oder in derselben eine An-
stauung erfuhr. Viel öfter als früher fand ich in letzter Zeit,
daß den Falken ein Fuß oder gar beide Füße ab-
gebrannt oder im Sturz völlig abgebrochen waren.
Ich gebe nachstehend einen Auszug aus meinen Auf-
zeichnungen. Wo nicht ausdrücklich bemerkt ist, daß die
Vögel lebten, wurden sie tot aufgefunden.
28. 6. 1913. Einjunger(d.h. vorjähriger) Turmfalke. Linker
Flügel fast abgebrannt.
1. 7. Mast 250 bis 208 kein toter Vogel, obschon Stare nahe
in einem Baum und reife Kirschen unter den Drähten.
3. 7. Junge Rabenkrähe, Beine aufgeschlitzt, im Magen
Kirschkerne.
6. 7. Junger Star, VII., VIII. Schwinge in Mauser.
13. 7. Desgl., VI., X. Schwinge in Mauser, 1 trockener Star-
kadaver angefressen.
14. 7. Jungstar zugetragen, V.— X. in Mauser, Kirchsaft
am Schnabel.
23. 7. Mast 242. 1 Star, Mumie, VI.— VIII. in Mauser.
„ 239. 1 Star, frisch, V.— IX. in Mauser.
Federn eines zweiten.
„ 238. 1 Star, Mumie.
235. 1 zerrissene Mumie.
An der Hochspannungsleitung verunglückte Vögel.
47
23. 8.
Mast 234.
1
zerrissene Mumie.
))
233.
1
»
»)
232.
Ein paar Starfedern.
7?
236.
1
Flügel von Mumie.
»
224.
1
V )) ))
„
208
am
Transformator 2 Mumien
)>
253.
1
zerrissene Mumie
»
256.
2
Mumien
Zwischen 259
u. 258. 1 junge Lerche frisch
Mast 259.
1
Star, Mumie
von Herrn
Primaner
Wentrup
abgesucht.
Nahe Mast 6. 1 Kiebitz verfault und trocken.
Schochwilz
268 . (l)!
ohne Nummer
(32)
Räther
nach Höbnstedt
20-
12'
50^
Schwittersdorf
1.217'
218
234
251
• Transformator
208
Elbitz
Transformator
Dederstedt
Hedersleben
Oberrißdorf-
Unterrißdorf
Schematisierte Darstellung der abgesuchten Mastreihen.
28.
29.
7. Von Herrn Primaner Görnitz 3 Stare, 1 Steinkauz-
mumie, 1 Lanius coUurio gefunden.
7. Von Herrn Görnitz Strecke Hedersleben— Oberrißdorf
2 Star-Mumien, Oberrißdorf— Unterrißdorf 9 Star-Mumien
und ein madiger Steinkauz gefunden.
48 An der Hochspannungsleitung verunglückte Vögel.
3. 8. Dederstedt — Höhnstedt von mir abgesucht.
Mast 221. 2 Mumien von Sturnus. 1 Turmfalke fliegt
heil ab.
„ 263. 1 Star-Mumie.
Sonst nichts, auch vor Räther nichts, wo 1911 viele
Stare lagen.
10. 8. 3 Starenflüge zugleich über Dederstedt nach S. Abends
wieder welche. 1 Sturnus und 1 Junglerche von Kin-
dern zugetragen. Herr P. M. sah tote Stare an der Lei-
tung.
12. 8. Junges g von Accipiter nisus von der Leitung er-
halten. Laufbekleidung losgesprengt.
15. 8. Buteo juv. von einem Arbeiter lebend, gelähmt unter
der Leitung gefunden.
30. 8. Lebenden Turmfalken von der Leitung erhalten. Ein
Flügel und ein Fuß gelähmt. In meiner Abwesenheit
(17. 8. bis 29. 8.) von dem Überbringer, einem Jungen,
einmal angeblich 8, von einem Schäfer 2 Turmfalken
von der Leitung aufgenommen.
31. 8. Mast 236. 1 Turmfalk.
„ 232. 1 Star bis auf den Kopf vermausert.
„ 230. 1 Turmfalk. Buteo fliegt von einem Mast ab.
„ 229. 1 Turmfalk, ziemlich frisch, und 1 Star
bis auf den Kopf vermausert.
Zwischen 229 u. 228. 1 Star, 1 Turmfalkenmumie.
Mast 228. 1 Turmfalk, Mumie.
„ 227. 1 Star, Mumie.
„ 225. 1 Turmfalk, Mumie, 1 Turmfalk, ziemlich
frisch.
„ 223. 1 Turmfalk, Mumie.
„ 221. 1 Turmfalk, schon skelettiert.
„ 218. 1 Star.
Von Mast 1 bis 12 nur bei 11: 1 junge Saatkrähe
(Mumie) und 1 Star (Mumie).
Nach der andern Seite Mast 214: 1 Starfeder, 213:
1 Star, fast frisch; bis 208 (am Transformator)
nichts. Ein Rotschwanz flog heil vom Trans-
formator ab.
An der Hochspannungsleitung verunglückte Vögel. 49
2. 9. Zwischen Dederstcdt und Schwittersdorf Reste einer an-
geflogenen Alauda unter Telephondrähten. Ein großer
Starenflug früh in breiter Front nach NW., ein zweiter
kleiner, 1 Schwärm in einem Rübenfeld. Bei Schwitters-
dorf flüchten Kinder mit einem lebenden Star. Nach-
mittags auf Umweg Starkstromleitung Schwittersdorf —
Dederstedt abgesucht.
Von Mast 50 bis 20 nur 2 Stare unter 39, 1 Star bei
29, 1 Turmfalke bei 21, alles Mumien. — 1 Turmfalke
fliegt auf dieser Strecke mehrmals heil ab und fußt jedes-
mal zwischen zwei Masten auf dem ungefährlichen Blitzseil.
Mast 19 — 1 nichts.
Vor 224 eine vorgestern übersehene junge Saatkrähe
(Mumie).
Unter 224. 1 Turmfalk frisch, ein abgebrannter Fuß
liegt daneben.
Mast 227. 1 Star frisch, arg verbrannt, von Wespen
zerfressen.
3. 9. Mast 224. Wieder 1 Turmfalk mit abgebrannten Füßen.
„ 225. 1 Turmfalk mit einem Fuß.
„ 230. 1 Star.
„ 237. 1 Turmfalk, beide Füße liegen daneben,
4. 9. (Mit A. von Jordans):
Mast 234. 2 Stare, 1 Saxicola, früher übersehen, Mumien.
„ 233. 1 Star frisch.
Zwischen 230 und 229 2 Turmfalken - Mumien früher
übersehen. (Ich zeichne aUe gefundenen Turmfalken-
mumien durch Ausziehen der rechten mittleren
Schwanzfeder, so daß keine zweimal notiert wird.
In Rübenfeldern kann man leicht Vögel übersehen.)
Mast 227. 1 Turmfalk frisch.
„ 224. 1 Star wohl gestern übersehen.
5. 9. Dr. Curt Feige findet an derselben Strecke 2 frische
Turmfalken.
6. 9. Adolf V. Jordans findet 2 Turmfalken, davon 1 lebend,
der mit einem abgebrannten Fuß und wundem Flügel
vergebens zu flüchten sucht.
1 Star von Kindern gebracht.
7. 9. Mal glücklich nichts.
50 An der Hochspannungsleitung verunglückte Vögel.
10. 9. Vor Elbitz von Adolf v. Jordans eine Schwarzamsel
(Mumie), jung, wie alle verunglückten Vögel, gefunden.
11. 9. Nichts.
12. 9. Scliwittersdorf — Dederstedt (gleiche Strecke wie 2. 9.)
abgesucht. Ein Wiedehopf fliegt lange vor mir her,
immer wieder auf Bäumen ruhend oder auf der Erde
Würmer fangend, beim Niedersetzen jedesmal die Haube
fächernd und wieder schließend. Auf Mast 21 (mitten
in freiem Feld!) sitzt eine wandernde Kohlmeise auf
den Ausschaltungsspitzen, fliegt aber unbeschädigt weiter.
3 Steinschmätzer sitzen dicht nebeneinander am Weg,
1 Turmfalk sitzt oben auf einem Mast (zirka 224) und
fliegt heil ab. Viel Lerchen an ihrem Lieblingsplatz,
überhaupt viel Vögel, Rotschwänze, Motacilla alba und
flava, längs der Leitung sich umhertreibend. Unter den
Masten liegen nur die alten, schon notierten Mumien.
15. 9. Dr. C. Feige findet zwischen Dederstedt und Heders-
leben, also fern von den Starkstromleitungen, 1 toten
Goldammer im Nestkleid mit einer Fußwunde. An dem
Vogel scheint deutlicher Brandgeruch wahrnehmbar.
Unter Mast 224 findet derselbe 1 Turmfalken, neben dem
beide abgebrannten Fänge liegen. 1 ganz vermauserter
Jungstar an einem nahen Mast (zirka 228). 3 Bussarde
kreisen, von 2 Krähen angegriffen, 1 Turmfalk schreit,
Steinkauz ruft abends.
16. 9. Nichts.
17. 9, Unter zirka 30 Masten zwischen Hedersleben und Ober-
rißdorf (vgl. 29. 7.) Mumien von 1 Waldkauz und 1 Stein-
kauz. Nach Aussage des Chausseewärters auch Stare
gefallen.
19. 9. 1 junge Saatkrähe, beide Füße abgebrannt.
20. 9. Dederstedt — Höhnstedt, 1 Buteo sitzt oben auf einem
Mast, fliegt heil ab. Gleichzeitig fliegen 3 Fasanen auf
unter den Masten, wo im Vorjahr ein verluderter lag.
Mast 226. 1 Star frisch.
„ 258. 1 Singdrossel, wohl nur angeflogen, Brust-
bein zerbrochen, 1 Turmfalk verwest.
„ 259. 2 Stare frisch.
„ 260. 1 Turmfalk verwest.
vor dem Dorf Räther.
An der Hochspannungsleitung verunglückte Vögel. 51
Mast 262. 1 Star.
„ 267. 1 junge Saatkrähe, nicht mehr frisch.
„ 268. Nichts. Rechts abbiegend an 32 nicht
numerierten Masten:
Vom 1. bis 15. Mast nichts.
Unterm 16. Mast 2 Stare
17. „ 1 Star
10 1
20. „ 1 „
„ 22. „ 1 „
Vom 23. bis 32. Mast (durchs Dorf) nichts. Beim 32.
Mast biegt die Leitung von meinem Wege ab. Stare
fast alle ganz frisch. Fünf Stück davon auf Magen-
inhalt untersucht: In Menge die sehr schädlichen Erd-
raupen (Agrotis) und Käferreste, die noch genauerer Be-
stimmung harren.
22. 9. 1 Singdrossel fliegt in der Nähe. Ein Gewölle von
Mistkäfern liegt unter Mast 240. Von 250 bis 208 und
251 bis 258 nur unter dem gefährlichen Mast 224 1 Star
und Federn eines anscheinend von einem Raubvogel auf-
gefressenen daneben. Ein großer Starenflug braust in
der Nähe in Schwenkungen umher. Mast 1 — 12, wo
1911 viel tote Vögel, gar nichts, auch keine Mumien,
obschon großer Starenflug in der Nähe auf der Erde in
Stoppeln.
23. 9. Je 1 frischer Star unter 224 und 223. Sonst von 250
bis 218 und 1 bis 11 nichts.
Bisherige Ergebnisse.
1. Die Möglichkeit, der hier durchziehende Turmfalken-
stamm sei 1911 vernichtet und darum 1912 ausgeblieben,
wird durch die Beobachtungen von 1913 widerlegt.
2. Alle gefundenen Vögel waren wieder junge 1913 er-
brütete Stücke bis auf 2 Turmfalken, die 1912 erbrütet (also
auch noch in unfertigem Gefieder) waren.
3. Man darf die Funde von Tagen starken Zuges und
von einzelnen Teilen der Leitung nicht verallgemeinern und
etwa nach Tagen und Mastzahl Berechnungen aufstellen.
52 An der Hochspannungsleitung verunglückte Vögel.
4. Daß an einzelnen Masten mehr Opfer gefunden wer-
den (z, B. 224 !), liegt nicht an dem Mast, sondern an der Be-
bauung der Felder. Kleeacker zieht durch die Mäuse die
Turmfalken, Rübenacker durch die Erdeulenraupen die Stare
an. 1911 waren Mast 1 — 12 am schlimmsten, die diesmal un-
gefährlich waren.
5. Es sind fast ausschließlich die zum Schutz des Men-
schenlebens angebrachten Erdungsbügel, die den Vögeln ge-
fährlich werden. Die verunglückten Vögel stellen nur einen
kleinen Teil der durchziehenden dar.
6. Daß die länger hier verweilenden Vögel bald die Ge-
fahr kennen lernen, beweist das Fehlen von Funden zu an-
derer Jahreszeit. Es ist ganz verständlich, da Landleute über-
einstimmend beobachteten, daß beim Kurzschluß (Herabstürzen
eines Vogels) ein Knall wie von einem „Pistolenschuß" oder
lautem „Peitschenschlag" hörbar ist, der die dicht daneben
auf Leitungsdrähten und Blitzseil oft zu 30 sitzenden Stare
ebenso erschreckt und verscheucht, als würde einer aus ihrer
Mitte herabgeschossen. Doch konnte ich dies selbst noch
nicht beobachten. Kleinere Vögel sitzen oft ungestraft auf
den Bügeln, und die Drähte selbst sind so gut wie gefahrlos
für alle kleineren Vogelarten. Die Vorschläge zur Abhilfe,
die man liest, sind meist sehr töricht. Man überlasse sie den
eifrig daran arbeitenden Ingenieuren. Bis jetzt scheinen
die Resultate an den Masten, wo man die Erdungsbügel etwas
herabbog, günstig.
7. Man darf nicht meinen, daß das Vogelleben in der
Nähe der Leitungen verarmte. Unter manchen Masten und
Drähten ist der Boden getüncht von den Exkrementen der
darauf ohne Nachteil ruhenden Vögel. Steinkäuzchen, die
1911 vielfach verunglückten, scheinen jetzt ziemlich die Bügel
zu meiden. Ich sah und hörte sie viel in der Nähe des Abends
und am Tage, und sie sind hier häufiger als je. Der eine
Sperber gleicht die Opfer an Staren aus. So bleiben nur die
Turmfalken und die Scheußlichkeit, daß Vögel mit abgebrann-
ten Füßen zuweilen nicht gleich tot sind. Man hat vorge-
schlagen, die Bügel ganz zu entfernen. Das mag tun, wer
um der Vögel wiUen Menschenleben gefährden mag. Warten
Kritik. 53
wir lieber verbesserte Konstruktionen ab oder geben wir den
Vögeln gefahrlosere Sitze an den Masten !
Ich schickte die meisten Vögel an Herrn Tannert (als
Fachmann auf elektrotechnischem Gebiet) zur weiteren Unter-
suchung der Verletzungen. 0. Kl.
Kritik.
„Falco" war von Anfang an als kritisches Organ
gedacht. Jene Art von Kritik, die sich über andere erheben
und lustig machen will, soll ihm fern bleiben. Es gibt eine
Kritik, die das Gute will. Auch sie schmerzt, aber sie macht
es wie der Arzt, der da weiß, daß ein scharfer Schnitt mehr
im Interesse des Patienten liegt, als eine zögernde und zaghafte
Behandlung. Die Redaktion übernimmt die Verantwortung
dafür, daß alle Kritiken die hier ohne Nennung der Verfasser
erscheinen, nur deshalb anonym sind, um jeden Verdacht
egoistischer Besserwisserei zu meiden, und daß alle Kritiken,
die den „scharfen Schnitt" ausführen, nur Dinge behandeln,
über die keine Meinungsverschiedenheiten mehr möglich sind.
Da zu Literaturberichten vorläufig der Raum fehlt, soll
wenigstens zur Abstellung von Mängeln in der Literatur bei-
getragen werden. Die Redaktion.
Mehrere Vogelschutzorganisationen halten es leider immer
noch nicht für nötig, sich um die Kritik ornithologischer
Fachleute zu bekümmern, und behandeln die moderne wissen-
schaftliche Arbeit und ihre Literatur mit deutlicher Gering-
schätzung. Den Schaden hat nicht diese. Ihn haben die
Verächter der „allzu fachwissenschafthchen Arbeit" der „Balg-
ornithologie" usw. selbst! Warum wendet man sich z. B. in
der Paradiesvogelangelegenheit nicht an einen wirklichen
Kenner der vielen verschiedenen Paradiesvogelarten ? Warum
hat man noch nie einen Kenner der südamerikanischen Ornis
zu Rate gezogen.
54 Kritik.
Oder waren die Fachleute seither zu zaghaft in der
Kritik? Wer Fachmann in gewissen Vogelschutzmaßnahmen
ist, ist es deshalb noch nicht in ornithologischen Dingen.
Nr. 8 des laufenden Jahrgangs der Ornithol. Monats-
schrift enthält eine flott gemalte Tafel „Buntspecht und Eich-
hörnchen". Als „altes Männchen" des großen Buntspechtes
ist ein Vogel mit ganz rotem Oberkopf, also ein junger
Vogel im Nestkleide abgebildet, der das Eichhorn zu ver-
treiben sucht. Das „zur Hilfe" eilende „Weibchen" hat ein
rotes Nackenband, ist also ein altes Männchen. Zwei aus
dem Nest lugende, angeblich junge Vögel haben schwarzen
Oberkopf, sind also zwei alte Weibchen.
Besonders schmerzlich ist es, an einem Buche Kritik
üben zu müssen, das, mit Liebe zur Sache von einem sym-
pathischen und geschickten Beobachter geschrieben, wegen
mancher guten Ausführungen und Ratschläge Empfehlung
verdient: Karl HaeiieP): Unsere heimischen Yögel und ihr
Schutz, Würzburg 1913. Vielleicht dient das Folgende zur
besseren Durchsicht der zweiten Auflage. Der Leser urteile
selbst.
Genaue ornithologische Kenntnisse sollen nicht unbe-
dingt nötig sein zu Vogelschutzarbeiten (S. 5). Der Wander-
falke soll „natürlich auch junge Hasen keineswegs ver-
schmähen" (S. 185), der Baumfalke seltener sein als der
Wanderfalke (S. 185). Der Rauchfußbussard wird als Abart
des Mäusebussards (S. 23), Gartenammer und Gerstenammer
werden als Abarten des Goldammers (S. 25) bezeichnet. Der
Pirol soU nur sehr vereinzelt in Deutschland brüten, in den
Isarauen „noch" in größerer Zahl heimisch sein (S. 18). „Der
(sie!) Paradiesvogel" „kommt (nach S. 65) gegenwärtig fast
nur noch in dem deutschen Teil der Insel Neu-Guinea vor".
Hier ist es deutlich, daß man die Vögel z. T. gar nicht kennt
1) Sachverständiger der staatlich autorisierten Kommission fi
Vogelschutz in Bayern.
Kritik. 55
und geradezu ignoriert, für die man neue Gesetze verlangt^).
Der Gartenrotscliwanz soll in geringer Zahl (S. 12) fast
überall in Deutschland vorkommen. Der Edel- oder Silber-
reiher soll aus Deutschland vollständig verschwunden sein
(S. 9 — wann?), das Blaukehlchen seinen starken Rückgang den
Gefahren des Zuges und der Käfigliebhaberei verdanken (S. 9)
und dabei sollen Sträucher wie Weiden zur Erzielung von
Nestunterlagen kaum brauchbar sein (S. 109)! Die Liste auf
S. 208 u. 209 ist kein Lob für Bayern und den Ornithologen,
der dazu riet. Der Bachstelze werden grüne (!) Eier, dem
Zaunkönig gelbliche, dem Kuckuck Eier von Drosseleier-
größe zugeschrieben (S. 35)! „Eine höchst merkwürdige Be-
obachtung eines (!) Herrn Adolf Müller", wonach der
Kuckuck zuweilen selbst brütet, wird als eine neue und
glaubwürdige Mitteilung bekanntgegeben (S. 35)! Sammlungen
und Lehrmittelhandlungen werden nicht von jeder Schuld
freigesprochen, weil in der Regel mehr Vögel erlegt werden,
als unbedingt nötig wären und der Eiersammler sich nicht
mit „einem Ei von jeder Vogelart" begnügt (S. 57).
AVas sagen unsre Vogelkenner zu vorstehenden Proben?
Ach wenn doch unsre Vogelschützer mehr Oologen wären
oder einmal Eiersammler gewesen wären, tausendmal mehr
würden sie leisten! —
Der geschmackvoll ausgestattete Vogelschutzkalender
1914 des Bundes für Vogelschutz Abt. Berlin möge auf
Seite 175 mit der berechtigten Kritik auf Seite 152 des
Haenelschen Buches verglichen werden. Dort ist dasselbe
Futter bauschen abgebildet, als Beispiel, wie es nicht sein
darf — während es der Kalender empfiehlt. Der „dankbare
Buchfink" (S. 129) sang nicht sein Danklied für Hilfe in
Wintersnot, sondern, wenn draußen Vegetation den Boden
deckt, und die freiliegenden Samen gekeimt sind, kommen
1) Paradisea apoda, wolil zuweilen scWeclitlüii als „der Paradies-
vogel" bezeichnet, lebt auf den Aru- Inseln. Neuguinea beherbergt in
seinen erforschten und natürlich auch in seinen unerforschten Gebieten
eine ansehnliche Zahl von Paradiesvogel-Arten und -Formen. Vogelschutz,
der sich nicht auf konkrete Vogelarten bezieht, wird sinnlos.
56 Kritik.
wirklicli abgemagerte, hungrige Finken, die im Winter fett
waren, zum Futterplatz. Wenn sie Gefühle haben, sind es
solche der Enttäuschung. Die Gredichte stehen hoch über
dem Durchschnitt ähnlicher Darbietungen, aber ein Christ-
kind mit Zöpfen wagen die Madonnenmaler nur in China.
Ebenso ist die Bezeichnung des Vogelmords als Frevel an
der Wissenschaft und daher für den modernen Kulturmenschen
gleich der „Sünde wider den Heiligen Geist" (Bölsche)
eine alberne Blasphemie^). Wie diese Dinge auf den religiös
Gebildeten halb mitleiderweckend, halb verstimmend wirken,
so wirkt es auf wirkliche Naturkenner und wissenschaftlich
Gebildete lächerlich und schmerzlich zugleich, wenn die Ent-
rüstungen und Gefühlsregungen unserer Naturschutz freunde
mit ihnen durchgehen wie ein wildes Pferdchen. Wir Ornitho-
logen sitzen in demselben Wagen! Es ist uns nicht gleich-
gültig, ob er umwirft und all die schöne Begeisterung dann
verfliegt. Darum mehr Kritik!
1) Möchte doch auch der Vogelschutz nicht fortwährend an der
Wissenschaft sündigen und seine verständigen Vertreter sowie sein eigenes
Interesse damit schädigen. Der geforderte ,, Sachverständige im Eeichs-
kolonialamt für Naturschutz im Hauptamte" wäre dann wohl überflüssig.
Wozu sind unsere Museen und Ornithologen da?
Mitteilung.
An der Eeise des Herrn Stötzner nach Westchina
(Szeschwan) wird voraussichtlich Herr Dr. Weigold teil-
nehmen, nicht Herr Flückiger. Weitere wissenschaftliche
Wünsche, welche das außerordentlich vielversprechende Unter-
nehmen betreffen, wollen Zoologen bald direkt an Herrn
Dr. Weigold richten.
^^^ Noch immer rückständige Abonnementsbeträge für
Berajali und Faico werden nacli dem 1. Oktober durcli Nacli-
nahme erliobenl
Druck von Qebauer-Schwetschke O. m. b. H., Halle a. S.