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Führer zu den wissenschaftlichen Exkursionen
des
IL internationalen botanischen Kongresses,
Wien 1905.
I.
EXKURSION
in die
illyrischen Länder
(Süd-Krain, Küstenland, Dalmatien, Montenegro,
Okkupationsgebiet, d.i. Bosnien und Herzegowina).
Von
Dr. August Ginzberger und Karl Maly.
Mit Tafel I— XX, XXIII-XXV und 4 Textabbildungen.
Wien, 1905.
Im Selbstverlage des Organisations-Komitees.
Druck von Adolf Holzhausen in Wien.
no5
I.
Exkursion in die illyrisclien Länder
(Süd-Krain, Küstenland, Dalmatien, Montenegro,
Okkupationsgebiet, d. i. Bosnien und Herzegowina).
Von
Dr. August Ginzberger und Karl Maly.
(Mit Tafel I— XX, XXIII— XXV und 4 Textabbildungen.)
Einleitung.
Die Exkursion, für welche der vorliegende «Führer» abgefaßt ist, soll
ein übersichtliches Bild der pflanzengeographischen Verhältnisse der südlichsten
Teile der österreichisch-ungarischen Monarchie und des Okkupationsgebietes
geben. Daß dieses Bild auf einer relativ kurzen Exkursion in einem sehr aus-
gedehnten Länderkomplex nur ein skizzenhaftes werden kann, liegt auf der
Hand. Darum wurde auch im allgemeinen auf die Beschreibung irgend eines
Standortes wegen einer oder einiger seltenen Arten verzichtet. Vielmehr wurde
das Hauptgewicht auf die Demonstrierung pflanzengeographisch wichtiger
und instruktiver Standorte gelegt, und es wird möglich sein, wenigstens die
verbreitet eren Formationen nahezu vollständig vor Augen zu führen.
Dabei dürfte auch derjenige, der mehr auf das Kennenlernen von Arten aus-
geht, die ihm ganz oder in lebendem Zustande unbekannt waren, auf seine
Rechnung kommen, um so mehr als die Flora des besuchten Gebietes fast
durchaus sehr artenreich ist. Daß in einem an Naturschönheiten und Denk-
mälern vergangener Kunstepochen so reichen Gebiete auch dem touristischen
und kunsthistorischen Interesse ein genügender Spielraum gelassen worden ist,
wird wohl niemand als eine Beeinträchtigung des botanischen Charakters der
Exkursion empfinden, um so mehr als sich fast stets alle die genannten Inter-
essen am selben Orte in glücklichster Weise vereinigen lassen. Dabei
Exkursion in die iilyrischen Läudi;r. I
beschränkten sich jedoch die Verfasser dieses Führers auf die Anführung- der
physikalisch-geographisch und naturwissenschaftlich interessanten Tatsachen,
während alles andere den betreffenden Reisehandbüchern entnommen werden
mag, die das vorliegende ^uch nur in der angedeuteten Richtung er-
gänzen, nicht aber überhaupt ersetzen will.
Das Gebiet der Exkursion umfaßt der Hauptsache nach die nord-
westlichsten Gebiete der Balkan halbin sei; nur die am meisten gegen
Nordwesten vorgeschobenen, in den ersten Tagen zu besuchenden Punkte
können wohl nicht mehr zu dieser Halbinsel gerechnet werden. Obwohl
diesesGebiet vier verschiede nen Staate n(respektiveVerwaltungs-
gebieten), nämlich Österreich, Ungarn, Okkupationsgebiet,^) Mon-
tenegro angehört, politisch also keineswegs einheitlich ist, zeigt
es doch in orohydrographischer, ethnographischer und auch in
pflanzengeographischer Beziehung so viel Gemeinsames, daß wir
dafür mitBec k^) den kurzenNamen «Hlyrien» mitVorteil anwenden
können; «lUyricum» hießen diese Länder und noch einige Grenzgebiete zur
Zeit der Römerherrschaft.
Trotz mancher gemeinsamen Züge besteht innerhalb des illyrischen
Länderkomplexes ein bedeutsamer Unterschied zwischen der Küste und
den ihr vorgelagerten Inseln einerseits und dem Innern des Landes
anderseits. Dieser Unterschied prägt sich namentlich in den klimatischen und
im engsten Zusammenhang damit in den pflanzengeographischen Verhältnissen
dieser beiden Teile des Gebietes aus; die Nähe des Meeres einerseits, die teil-
weise überaus schwierige Zugänglichkeit des Innern anderseits hat aber auch
ganz bedeutende Unterschiede in Kultur und Lebensweise der Bevölkerung ge-
schaffen. Auch die Art des Reisens ist natürlich in dem an Eisenbahnen
armen Küstenstrich mit seiner reichen Inselwelt eine ganz andere als im
Binnenlande.
Diesem Gegensatze entsprechend soll auch der vorliegende «Führer»
geteilt werden. Derselbe wurde natürlich den Bedürfnissen eines internationalen
Publikums nach Möglichkeit angepaßt. Wenn trotzdem der Standpunkt des
Mitteleuropäers manchmal stärker hervorgetreten ist, so wird dies wohl ent-
schuldigt werden, wenn man bedenkt, wie naheliegend es doch für jeden ist,
bei Schilderung fremder Verhältnisse diejenigen der Heimat zum Vergleich
heranzuziehen.
') Nominell zur Türkei gehörig, von Österreich-Ungarn verwaltet.
-) Die Vegetationsverhältnisse der illyrischen Länder in «Engler und Drude, Die
Vegetation der Erde», Bd. IV. Da dieses grundlegende Werk oft zitiert wird, so möge das
Zitat «Beck, Hlyrien» genügen.
I. Das Küstengebiet und die angrenzenden
Teile des Innern; die Inseln.
Von
Dr. A. Giniberger
(Wien).
A) Allgemeine Schilderung des Gebietes.
1. Geographisch-geologische Übersicht.
Illyrien wird im Westen durchaus vom A driatischen M eere begrenzt;
die Ostküste dieses Binnenmeeres ist — gänzlich verschieden von der die ita-
lienische Halbinsel begrenzenden Westküste — überall (mit Ausnahme des
äußersten Nordendes und einzelner beschränkter Partien an den Mündungen
von Flüssen und Wildbächen) ausgesprochene Steilküste, die an vielen
Stellen mit schroffen Abstürzen zum Meere abfällt, reich an Vorsprüngen,
Landzungen und tief eingeschnittenen, zum Teile als Häfen ausgezeichnet ver-
wendbaren Buchten. Nur zwei Halbinseln sind von bedeutenderer Größe:
Istrien und Sabbioncello. Unter den Buchten sind der Golf von IViest und der
Quarnero, welche Istrien im Westen und Osten vom F'estlande trennen, ferner
das Mare di Novigrad, der Canale della Narenta (der Sabbioncello vom P'est-
lande scheidet) und endlich die berühmten «Bocche^) di Cattaro» die bedeu-
tendsten.
Die Küste verläuft im großen und ganzen von Nordwest nach Süd-
ost. Die Länder, die ans Meer grenzen, sind von Norden nach Süden fol-
gende: Görz und Gradiska, das Territorium von Triest, Istrien-),
das Territorium von Fiume^), Kroatien^), Dalmatien'^) (an zwei Stellen
durch die Herzegowina^) auf kurze Strecken unterbrochen), Monte-
negro ^).
Eine große Zahl von Inseln begleitet, oft in mehreren Reihen hinter-
einander, die ganze illyrische Küste vom Innenwinkel des Quarnero bis in die
') Bocche ist die Mehrzahl von bocca (ital.) ^= Mund, Mündung, Einfahrt.
-) Diese drei Gebiete haben separate gewählte Vertretungsliörper («Landtage»), bilden
aber zusammen einen politischen Verwaltungskomplex, der als «Küstenland» bezeichnet
wird und zu Österreich gehört.
^) Zu Ungarn gehörig; werden hier nicht berührt, daher im Haupttitel weggelassen.
*) Zu Österreich gehörig.
^) Zum Okkupationsgebiete gehörig.
'') Souveräner Staat.
I*
Gegend von Ragusa vecchia. Nur die Westküste Istriens (mit Ausschluß des
südlichsten Stückes), dann ein Küstenstrich in Mitteldalmatien und der süd-
lichste Teil der ganzen Küste ist frei oder fast frei von Inseln. Als Fort-
setzungen der Höhenzüge des F'estlandes, mit dem sie zweifellos einst
in Verbindung gestanden sind, von dem sie nur durch Einsinken des ganzen
Landes unter das Niveau des Meeres getrennt wurden, ahmen sie getreu den
Verlauf der Höhenzüge der benachbarten Festlandsküste nach; ihre Längsachse
ist im allgemeinen von Nordwesten nach Südosten gerichtet; ausgenommen
hieven sind die nordsüdlich gerichteten nördlichsten, politisch zu Istrien ge-
hörigen, sowie die großen mitteldalmatinischen Inseln, deren Längsachse von
Ost nach West verläuft.
Die Inseln — als Reste untergesunkener Höhenzüge — liegen meist in
mehr oder weniger deutlich erkennbaren Reihen oder Ketten. Von ganz be-
sonderer Bedeutung ist diejenige Reihe von Inseln, die, mit Lagosta beginnend,
die kleinen Eilande Pelagosa, Pianosa ^) und die Tremiti-Gruppe^) umfaßt, denn
sie stellt die Reste des Nordufers eines Meeresteiles dar, der in der Pliocänzeit
bis hierher reichte, zu einer Zeit, als die dalmatinischen und istrianischen
Inseln noch mit dem illyrischen Festlande zusammenhingen und eine breite
Landbrücke von Dalmatien zu dem damals von Italien getrennten Monte Gar-
gano herüberzog.
Noch heute spricht sich dieser erdgeschichtliche Werdegang aufs deut-
lichste in den Tie fenve rhä It ni sse n des nördlichen und südlichen Beckens
der Adria aus. Ersteres ist sehr flach, überschreitet beispielsweise im Golf
von Triest fast nirgends die Tiefe von 3om, in den übrigen Teilen, mit Aus-
nahme einer schmalen Stelle südwestlich von Sebenico, die tiefer ist als 200 m,
kaum die von 15077z; letzteres fällt südöstlich von der obenerwähnten Inselreihe
alsbald zu einer Tiefe von nahezu 1600777 ab.
Das ganze Gebiet ist ausgesprochenes Bergland; bisweilen ist die
Höhe der Bodenerhebungen allerdings eine sehr geringe, und dann sinkt das
Land zu einem sanftwelligen Hügellande herab — so im südlichen Istrien und
nördlichen Dalmatien — aber eigentliche Ebenen gibt es nur sehr wenige, und
diese sind von ziemlich geringer Ausdehnung. Dagegen ist die Oberflächen-
form des Plateaus sehr verbreitet; derlei Plateaus stürzen dann oft mehrere
hundert Meter steil zum Meere ab, solchergestalt wirkliche Gebirgszüge vor-
täuschend. Der Absturz des Koziak bei vSpalato, der Abhang des montene-
grinischen Hochlandes gegen die Bocche di Cattaro sind Beispiele für Plateau-
abstürze. Sonst kommen natürlich auch sanft geformte Hügelreihen, sowie
höhere Gebirge mit oft sehr scharfen Formen vor.
Die Tiefen formen des Terrains sind von denen des mittleren Europa
ganz verschieden. Die Erosionstäler, die, zu leicht übersehbaren Systemen ver-
') Politisch zu Italien gehörig
einigt, die meisten unserer Gebirge und Hügelhindscliaften in einer die Orien-
tierung so sehr fördernden Weise gliedern und ausgezeichnete Leitlinien ab-
geben, fehlen im illyrischen Küstengebiete natürlich nicht ganz, spielen aber
doch lange nicht die Rolle wie in Mitteleuropa und bilden selten reich ver-
zweigte Talsysteme ^). Vielmehr haben die Niederungen meist den Charakter
schmälerer oder breiterer, rundlicher oder langgestreckter und in letzterem
Falle oft verzweigter oder gelappter Einsenkungen zwischen den Bergen.
Die für das illyrische Küstengebiet charakteristischste Tiefenform ist die
Doline^). Dolinen sind namentlich auf den wenig geneigten Plateaus zu finden,
treten hier bisweilen in ganzen Schwärmen auf und tragen durch das ewige
Auf und Ab viel zur schwierigen Zugänglichkeit solcher Gebiete sowie zur
Gefahr, sich darin zu verirren, bei; sie stellen kreisförmige oder elliptische Ver-
tiefungen meist von trichterförmiger Gestalt dar. Ihre Größe ist außerordent-
lich verschieden, ihr Durchmesser beträgt wenige Meter bis fast ikm; ihre
Hänge sind oft sehr sanft und dann meist mit Erdreich bedeckt, oft auch steil,
felsig; manche Dolinen, so die berühmte Grottendoline von St. Canzian, sind
zum Teil von senkrecht abstürzenden Wänden begrenzt.
Alle größeren, namentlich die langgestreckten und die gebuchteten Ver-
tiefungen werden in den illyrischen Ländern von den Einwohnern als «Polje»^)
(serbokroatisch = Feld) bezeichnet; dieser Name ist auch in die wissenschaft-
liche Nomenklatur übergegangen. Zwischen Doline und Polje läßt sich eine
scharfe Grenze nicht ziehen.
Die Gestalt und Obe rflächen fo rm der Inseln mag noch mit
wenigen Worten besprochen werden. Die Größe der Inseln ist außer-
ordentlich verschieden; Veglia (420 A-?»^), Cherso {5ggkm~) und Brazza (390 A-?);^)
sind die größten. Auch die Länge der Inseln ist sehr verschieden; während
Cherso und Lesina nahezu 6^ km, respektive 70 A-?72 lang sind, gibt es anderseits
zahlreiche kleine Inselchen, die manchmal nur wenige Meter im Durchmesser
haben; diese sogenannten «Scoglien» liegen namentlich in größerer Zahl an
der Küste des nördlichen Dalmatien zerstreut, umsäumen jedoch auch größere
Inseln und liegen teils einzeln, oft meilenweit von jedem anderen Lande entfernt
(vScoglio Pomo), oft aber sind sie zu Reihen, Gruppen, ja zu ganzen Schwärmen
vereinigt. Bei ihrer geringen Größe können sie der Schiffahrt leicht gefährlich
werden ; daher sind diejenigen unter ihnen, an denen frecjuentiertere Dampfer-
linien vorüberführen, mit Leuchttürmen versehen. Die Form der ganz kleinen
Scoglien ist meist die eines abgerundeten Kegels mit ziemlich sanften Hängen ;
an einigen Stellen, so bei Gravosa und Ragusa vecchia, steigen kurze Reihen
scharf gezackter Felseneilande aus dem Meere auf; wegen ihrer Form werden
sie als «Pettini» (d. i. Kämme) bezeichnet.
^) Vgl. das auf Seite 12 über die Flyschlandscliaft Gesagte.
2) Tafel X, XVII. ^) Tafel XVIII.
Die größeren Inseln sind teils sehr langgestreckt (bis etwa neunmal
so lang als breit), teils von gedrungener Gestalt; erstere Form ist entschieden
die häufigere. Die Küstengliederung ist wie beim Festlande eine außerordent-
lich reiche; auch hier entsprechen die Vorsprünge den Höhenzügen, die — oft
sehr tiefen — Buchten den unter das Meeresniveau gesunkenen Tälern.
Unter den größeren dalmatinischen Inseln unterscheiden sich die süd-
lichen in ihrer gesamten Oberflächengestaltung in sehr bemerkenswerter Weise
von den übrigen. Während bei letzteren die ganze Insel einen gegen einen
Gipfel kulminierenden Höhenzug bildet (der freilich durch zahlreiche Sättel
meist eine zackige Kontur bekommt), kann bei jenen eine derartige oro-
graphische Leitlinie nicht gefunden werden; vielmehr stellt die ganze Insel eine
mehr oder weniger unregelmäßige Berggruppe dar, und zwischen den Bergen
sind kesseiförmige oder langgestreckte, oft vielfach gelappte und verzweigte
Niederungen eingesenkt. Grossa, Brazza, Lesina sind Vertreter des ersten
Typus; der zweite wird am reinsten durch Lagosta repräsentiert, aber auch
Meleda, Curzola und teilweise auch Lissa sind hierher zu rechnen.
Die absolute Höhe der einzelnen Teile des illyrischen Küstengebietes
ist in den verschiedenen Teilen eine recht verschiedene. Das System der krai-
nisc h-küstenländischen Plateaus zeigt deutlich mehrere hintereinander-
liegende und verschieden hohe Stufen, die durch sehr ausgesprochene und in
der Landschaft auffallende Steilhänge voneinander geschieden sind. Nordöstlich
von Görz zieht der lange Plateauabsturz des Ternovanerwaldes, der in seinem
südöstlichen Teile in den Birnbaumerwald übergeht und in der Gegend von
Adelsberg einen weithin sichtbaren mauerartigen Abhang, den Nanos, bildet.
Die Höhe dieser Plateaus beträgt an einigen Punkten dicht am Rande des Ab-
sturzes noch über i3ooiu und übersteigt in den kulminierenden Erhebungen
1400m. Südwestlich von dieser höheren breitet sich eine viel niedrigere Plateau-
stufe, der Triestiner Karst, aus, der, von Nordwesten nach Südosten all-
mählich ansteigend, in der Gegend von Triest eine durchschnittliche Höhe von
400 ?n besitzt; nach Südosten höher werdend, geht er in das langgestreckte
Plateau des Tschitschenbodens über, das, gegen Südwesten steil gegen
Inneristrien abfallend, mehrere Gipfel über 1000 »z Höhe aufzuweisen hat und,
bei Abbazia in südliche Richtung umbiegend, im Monte Maggiore, dem
höchsten Berge der istrischen Halbinsel, iSgöm erreicht. Vom nordöstlichen
Teile derselben wird noch später zu sprechen sein; der übrige Teil der Halbinsel
südlich der Linie Fianona — Pisino — Salvore ist größtenteils Plateau- und flach-
welliges Hügelland mit zahlreichen Dohnen.
Das kroatische Küstengebiet ist ein Plateau- und Bergland, auf
dessen nähere Beschreibung hier verzichtet werden kann, da es ganz außerhalb
der Reiseroute liegt. Der Steilhang desselben tritt überall ganz nahe an die
Küste heran, wird nach Südosten immer höher und erhebt sich zu der mächtigen
zackigen Mauer des Velebit (höchste Erhebungen über 1750 »/), der bei jeder
P'ahrt in den norddalinatinischen Gewässern stundenlang den östlichen Abschluß
des Horizontes bildet. Im grüßten Teile seines Verlaufes ist der Velebit Küsten-
gebirge; wo sich jedoch die niedrige Landmasse Norddalmatiens an das höhere
Binnenland angliedert, zieht er, die Grenze zwischen üalmatien und Kroatien
bildend, im Innern bis in die Gegend von Knin, wo der Zug der Dinarischen
Alpen (üinara i83i)?!, Troglav igi3?;/) beginnt, der bis etwa in die Breite von Spa-
lato die Grenze zwischen Üalmatien und Bosnien bildet. Im ganzen nördlichen
Dalmatienbis in die Gegend von Spalato streichen also die höheren Gebirge tief
im Innern an der Grenze des Okkupationsgebietes. Das Innere dieses Teiles
von Dalmatien ist teils von ausgedehnten, fast ebenen Plateaus erfüllt, teils von
Hügel- und niedrigem Bergland, nur wenige Punkte sind höher als iooo;n.
Erst östlich von vSpalato tritt wieder ein höheres Gebirge, der Monte Mossor
(i33o77z) näher an die Küste heran; nach Südosten schließt sich der Biokovo an,
der dicht über der Hafenstadt Makarska einen prachtvollen Steilabsturz bildet und
dessen Plateau im Sveti Juro 1762 ?n erreicht. Wiederum ist die Küste nur von
niedrigeren Bergen begleitet; auch im Gebiete von Ragusa sind sie nur von
mäßiger Höhe, fallen aber ziemlich steil ab. Erst in den Bocche di Cattaro
trittdasGebirgslandder KrivoSije und die «Schwarzen Berge» (Montenegro)
mit gewaltigen Abstürzen dicht an die Küste heran. Am steilsten und höchsten
ist dieser Absturz wohl oberhalb Cattaro, wo der von der Küste nur i^j^kin ^)
entfernte Pegtin grad 1072 m Höhe erreicht. Übrigens liegt im Berglande der
KrivoSije unweit des Trifmiums von Dalmatien, der Herzegowina und Monte-
negro der höchste Gipfel Dalmatiens, der Orjen (1895 m).
Die Berge der Inseln sind — wie schon aus ihrer Entstehung als ver-
sunkener Festlandsteile hervorgeht — meist niedriger als die des benachbarten
Kontinents ; nur in Norddalmatien ist zum Teile das Umgekehrte der P'ali.
Die höchste Erhebung der dalmatinischen Inselwelt ist der Monte San Vito
auf Brazza (778?;?) ; rechnet man jedoch auch Sabbioncello, das nur durch eine
sehr schmale Landenge mit dem Festlande zusammenhängt, zu den Inseln,
so wird der genannte Berg noch durch den Monte Vipera (961 m) übertroffen.
Es folgen dann der Monte San Nicolo auf Lesina (626 m), der Hum auf Lissa
(585 ?n), die Klupca auf Curzola (568 m) und der Veliki grad auf Meleda (514 "0-
Die drei großen istrianischen Inseln haben gleichfalls Gipfel über 5007/1 auf-
zuweisen: den Monte Syss (638 m) auf Cherso, den Monte Ossero {588 m) auf
Lussin-), die Obzova (569 ;h) auf Veglia.
Die Gesteine, welche den Boden des illyrischen Küstengebietes und
seiner Inseln zusammensetzen, gehören fast durchaus zwei Formationen
an, der oberen Kreide und dem unteren Tertiär. Da die petrographische
Ausbildunor der beiden Gesteine eine sehr verschiedene ist, da sich dieselben m
') Horizontal gemessen ; vgl. Tafel XX.
-) Eine der markantesten Berggestalten dieser Gegend.
bezug auf Farbe, Verwitterbarkeit sowie durch die Art, wie das fließende Wasser
auf sie einwirkt, sehr stark voneinander unterscheiden, so treten sie — da ja
durch die weitgehende Denudation dieser Länder die Bedeckung des Bodens mit
Dammerde eine sehr geringe ist und die geologische Unterlage selten stark ver-
deckt wird — in der Landschaft außerordentlich scharf hervor, und diese erhält,
wo die beiden Gesteinsarten aneinander grenzen, ein sehr wechselvolles Aussehen.
Die obere Kreide ist im ganzen Gebiete von den Plateaus des Terno-
vaner- und Birnbaumerwaldes durch das Triestiner Gebiet, Istrien, Kroatien
bis ans äußerste Ende Dalmatiens vertreten durch einen weißen, sehr reinen
Kalkstein, den «Rudistenkalk». Er bildet den weitaus größten Teil des
Bodens dieser Länder, er dehnt aber sein Gebiet auch noch weithin über das
westliche Bosnien, die Herzegowina, Montenegro, Albanien bis ins westliche
Griechenland aus. Er bildet die ausgedehnten, von Dohnen durchsetzten Pla-
teaus, die Hügellandschaften und nicht minder auch einen Teil der Gebirge
dieser Länder. Seine Farbe ist ein sehr reines Weiß, daß an sonnigen Tagen
durch seine außerordentliche Helligkeit in pflanzenarmen Landstrichen — • an
denen ja in unserem Gebiete kein Mangel ist — dem Auge wehe tut.
Die Leitfossilien dieses Gesteines sind die sogenannten Rudis ten,
Muscheln von sehr eigentümlicher Form, die namentlich den Gattungen
Hippurites und Radiolites angehören; die ganze Familie ist lediglich auf
die Kreide beschränkt, ja nur in der oberen Kreide stärker entwickelt — und
gerade dieses Verhalten bedingt ja ihre Brauchbarkeit als Leitfossilien. Ihre
Form ist höchst seltsam und von der uns geläufigen Muschelform sehr stark
abweichend. Die beiden Schalen sind sehr ungleich. Die größere Schale ist
kegelförmig und gleicht etwa dem Hörn eines kurzhörnigen Rindes; die kleinere
ist fast flach, nur in der Mitte schwach emporgezogen; die Höhlung ist wegen
der bedeutenden Dicke der Schale sehr klein; die kleinere Schale trägt überaus
mächtig entwickelte Schloßzähne. Es ist begreiflich, daß diese so abweichende
Tierform lange Zeit systematisch falsch beurteilt worden ist — erst die Auf-
findung von Ubergangsgliedern zu normalen Formen ermöglichte die richtige
Einreihung. In der jetzigen Lebewelt stellt die Gattung (Ihaina («Lazarus-
klappe») den letzten Rest dieser Entwicklungsreihe dar.
Es mag auch schon hier die Einwirkung des fließenden Wassers
auf die Kalklandschaften der illyrischen Küstengebiete geschildert werden,
besonders deshalb, weil dieselbe — wie oben erwähnt — mit der Gesteinsart
aufs innigste verknüpft ist. Erst wenn man diese Einwirkung kennt, kann der
eigentliche Landschaftscharakter dieser Länder richtig erfaßt, erst dann eine
Anzahl von Erscheinungen verstanden werden, die unter dem Namen «Karst-
erscheinungen»') zusammengefaßt werden und die, obwohl in anderen
') Herr Dr. F. Kerner von der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien hatte
die große Freundlichkeit, mir die modernen Anschauungen über die Geologie <ler illy-
Ländern mit älinliclien geolüoischen Bedingungen (Schwäbische Alb, Plateau-
gebirge der nördlichen Kalkalpen, «Gausses» in Südfrankreich) keineswegs
fehlend, doch nirgends in so ausgesprochener, ja großartiger Entwicklung auf-
treten, weshalb die illyrischen Küstengebiete samt den angrenzenden Teilen
der Nachbarländer direkt als «Karstländer» bezeichnet werden.
Am wenigsten treten diese Eigentümlichkeiten dort hervor, wo stark
geneigte Abhänge vorhanden sind. Dort läuft das Wasser teilweise in Erosions-
tälern oberirdisch ab. Wo aber die Neigung der Hänge geringer ist, oder in
Plateaulandschaften, dort könnte das Wasser auf die oben erwähnte Art nur
langsam abfließen, und solche Gegenden sind es, in denen die Karstphänomene
mit voller Klarheit auftreten. Sie werden hier bedingt durch zwei Eigen-
schaften der reinen Kalksteine: die starke Zerklüftung und die große
Löslichkeit in kohlensäurehaltigem Wasser. Durch das außerordentlich
entwickelte System von Klüften und Spalten sinkt das Wasser rasch in die
Tiefe, und so kommt es, daß die Zirkulation desselben, die sich in anderen
Gegenden größtenteils oberflächlich abspielt, hier fast durchaus unter die Erd-
oberfläche verlegt wird. Man kann in den Karstländern stundenweit wandern,
ohne, auch in der regenreicheren Zeit, auch nur eine Spur von oberflächlich
fließendem Wasser zu finden. (Daß im illyrischen Küstengebiete als einem Lande
mit ausgeprägter Trockenperiode während dieser natürlich auch die Rinnsale
etwa vorkommender kleinerer Bäche trocken sind, ist selbstverständlich.)
Das in den Spalten und Klüften zirkulierende Wasser löst natürlich das
angrenzende Gestein auf, erweitert so die Hohlräume, in denen es sich bewegt,
und gibt schließlich Anlaß zu den zahlreichen Grotten und Höhlen, die in
großer Zahl den Boden der Karstländer durchsetzen und von denen einige zu
den großartigsten der Welt gehören. Zwei der berühmtesten dieser Grotten
liegen im Bereiche der in diesem Führer beschriebenen Route: die allbe-
kannte Adelsberger Grotte und die weniger berühmte, aber weit großartigere
Höhle von St. Canzian bei Triest, eine typische Wassergrotte, in welcher das
fließende Wasser sozusagen noch bei der Arbeit beobachtet werden kann,
während die Höhle von Adelsberg vom Wasser, das sich einen anderen Weg
gesucht, längst verlassen worden ist. Dafür hat das auf Klüften durch die
Höhlendecke sickernde, mit aufgelöstem Kalk beladene Naß allenthalben eine
wahre Wundervveit von Tropfsteingebilden geschaffen, die der mehr durch
gigantische Formen imponierenden Höhle von vSt. Canzian wenigstens in diesem
Ausmaße fast völlit>- fehlen.
rischen Länder, die sein Forschungsgebiet sind, ausführlich auseinanderzusetzen; ich bin
ihm hierfür im allgemeinen, besonders aber für die Mitteilungen über die moderne Auf-
fassung der Karstphünomene zu großem Danke verpflichtet. Vgl. über diese Phäno-
mene: Penck, «Über das Karstphänomen» in den Schriften des Vereines zur Verbreitung
naturwissenschaftlicher Kenntnisse XLIV, S. 3. Dieser Vortrag enthält vornehmlich die
Resultate der einschlägigen Arbeiten von J. Cvijic und A. Grund.
Nicht selten stürzt die Decke einer Höhle ein, die darüberliegenden Ge-
steinsmassen sinken nach, und an der Erdoberfläche entsteht dann eine Doline.
Es soll damit nicht gesagt werden, daß Üolinen sich nicht auch auf andere Art
bilden können — aber vivile derselben sind gewiß auf diese Art entstanden; in
manchen Dolinen findet man im Grunde die Öffnung eines in die Tiefe setzenden
vSchlotes, häufiger IVümmerwerk, das ihn verstopft. In einigen Fällen wurde
ein derartiges Nachsinken der oberflächlichen Gesteinsmassen direkt beobachtet,
in anderen (so an einigen Stellen der Adelsberger Grotte) konnte nachgewiesen
werden, daß bestimmte Blockanhäufungen in der Grotte genau unter Dolinen
liegen. — Andere Dolinen sind entstanden, indem der Kalk an irgendeiner
Stelle durch das Wasser von der Erdoberfläche aus aufgelöst worden ist. ^)
Die oben erwähnten «Poljen» können gleichfalls auf verschiedene Arten
entstanden sein. In einzelnen Fällen, allerdings nicht häufig, entsprechen sie
direkt einer Schichtmulde, sodaß also die Oberflächengestaltung mit der Tek-
tonik übereinstimmt; andere, namentlich solche Poljen, in deren Grund keines
der unter dem Rudistenkalk lagernden Gesteine (Dolomit, Werfener Schiefer,
ersterer der mittleren Kreide, letzterer der Trias angehörig) zutage treten,
sind in derselben Art wie die Dolinen entstanden, von denen sie ja nicht scharf
getrennt werden können ; die großen Poljen endlich, so z. B. das Sinjsko polje,
stellen «Faltenaufbrüche» dar, und die älteren Gesteine treten dann in ihrem
Grunde zutage. ^)
Die größeren Poljen treten oft in Beziehung zu den oberirdischen
Flüssen, deren es in unserem Gebiete allerdings nur wenige gibt.
Bei einer mehrfach vorkommenden Form derselben, die z. B. durch das Sinjsko
polje, das Mostarsko polje ^) repräsentiert wird, tritt der Fluß (im erwähnten
Falle die Cetina, respektive die Narenta) in das Polje durch ein gewöhnliches,
enges Erosionstal ein und nach Durchstromung des Kesseltales durch ein ähn-
liches Tal wieder aus, um in normaler Weise in das Meer zu münden.
Es kommt aber auch vor, daß ein Fluß überhaupt nur im Polje zu-
tage tritt, sonst dagegen durchaus unterirdisch fließt. So verschwindet die
Poik nach kurzem Laufe bei Adelsberg unweit des Einganges in die be-
rühmte Grotte im Gebirge und kommt erst wieder zirkasA-^n weiter nord-
östlich zum Vorschein, durchfließt als «Unz» das Polje von Planina und ver-
^) Die so entstandenen Dolinen werden in dem oben erwähnten Vortrage Pencks
als Dolinen (im engeren Sinne) bezeichnet; die vorher genannten, den eigentlichen Dolinen
im fertigen Zustand sehr ähnlichen «Karstlöcher» werden daselbst als «Lichtlöcher* be-
zeichnet, und es wird die Ansicht ausgesprochen, daß relativ wenige von den trichter-
ff'irmigeu Karstlöchern so entstanden seien.
2) Diese Darstellung beruht auf den mündlichen Mitteilungen Dr. Kerners;
in dem oben erwähnten Vortrage Pencks ist die Ansicht vertreten, daß die «echten
Poljen» durch Einbruch entstandene Senkungsfelder sind.
^) Nach den Städten Sinj, respektive Mostar so benannt.
schwindet an dessen Nordende wieder, um erst lo km weiter nordöstlich bei
Ober-Laibach als «Laibach» zutage zu treten, worauf sie das «Laibacher
Moor» durchströmt und schließlich in die Save mündet.
Viele Poljen sind in der Regenzeit überschwemmt und gleichen
dann Seen. Diese periodischen Überschwemmungen, welche für die Boden-
kultur der Poljen von großer Bedeutung sind, sind zum Teile direkte Folgen
starker Regengüsse, zum Teile aber werden sie dadurch verursacht, daß der
Grundwasserspiegel, dessen freie Oberfläche in dem zwar klüftereichen, sonst
aber undurchlässigen Kalkgestein relativ gering (jedenfalls geringer als in
Schotter oder Sand ^) ist, durch starken Regen rapid steigt, wobei das Wasser
meist aus «Speilöchern» (auch «Ponore» genannt) hervordringt. In diesen
Ponoren verschwindet es auch wieder, wenn der Wasserspiegel sinkt; übrigens
bezeichnet man mit dem Namen Ponore auch die Schlünde, durch die ein Karst-
fluß in die Tiefe strömt.
Das unterirdisch zirkulierende Wasser kann natürlich an geeigneten
Stellen als Quelle zu Tage treten — wie anderwärts, doch fehlen derlei
Quellen weiten Strecken; daher spielen im illyrischen Küstengebiete die
Zisternen eine wichtige Rolle, deren Wasser zum Teile wenigstens den
schlechten Ruf, in dem es steht, absolut nicht verdient. In besonders trockenen
Jahren sind die Zisternen im Hochsommer bereits erschöpft, und dann leiden
manche Gebiete (so z. B. die Insel Lesina) so sehr unter Wassernot, daß sogar
Staatshilfe in Anspruch genommen werden muß.
Eine den Karstländern eigentümliche Erscheinung sind die höchst merk-
würdigen kurzen, dabei sehr breiten und wasserreichen Flüsse, die
schon nach einem Laufe von wenigen Kilometern das Meer (Timavo bei Duino,
Ombla bei Ragusa) oder einen anderen Fluß (Buna bei Mostar) erreichen.
Häufig sprudelt das Wasser in gewaltiger Menge und mit voller Breite am
Fuß einer mächtigen senkrechten Felswand hervor, und durch diese Umrahmung
sowie durch den Kontrast der überaus üppigen Vegetation, die das belebende
Naß schafft, gegen die öde steinige Umgebung gehören gerade diese Punkte zu
den landschaftlich reizvollsten der Karstländer. Nicht immer gelingt es, einen
derartigen Küstenfluß mit einem weiter landeinwärts fließenden und in der
Tiefe verschwindenden Wasserlauf in bestimmte Beziehung zu setzen. Zur
Erklärung des Phänomens genügt bisweilen auch die Annahme, daß eine der-
artige Quelle, wie sie eben geschildert wurde, dem Zusammenströmen der
^) Die Zwischenräume zwischen (kugelförmigen) Sandkörnern oder Gerollen machen
bei dichtester Lagerung zirka ein Viertel des Ganzen aus; beim Kalk beträgt das Vo-
lumen der Klüfte nur 2 — 6°/oo des Ganzen. Daher kann schon eine relativ geringe Ver-
mehrung des Grundwassers im Kalkstein (des «Karstwassers») ein sehr starkes Steigen
des Wasserspiegels hervorrufen. — Die Feststellung der Ähnlichkeiten und Unterschiede
zwischen dem gewöhnlichen Grundwasser und dem Karstwasser ist eigentlich das Haupt-
ergebnis der oben erwähnten Arbeit von A. Grund.
unterirdischen Wasseradern eines größeren Gebietes ihre Entstehung ver-
dankt. In anderen Fällen freilich zwingen gewisse Erscheinungen zur Annahme
größerer unterirdischer Reservoirs. Übrigens wird der Timavo mit der in der
St. Canzianer Höhle verschwindenden Reka, die Ombla mit der Trebinjcica in
Beziehung gebracht.
Unzertrennlich mit den Rudistenkalken verbunden ist eine bestimmte
Erdart, die ebenso zu den Karsterscheinungen gehört wie die eben erwähnten
Phänomene, die «Terra rossa», d.h. rote Erde. Ihr augenfälligstes Merkmal,
die intensiv braunrote Farbe, wird durch den Namen genügend gekennzeichnet;
sie bedeckt — wo sie nicht abgeschwemmt ist — überall die Rudistenkalke,
kann in flachem oder schwach hügeligem Terrain, wo die Wegschwemmungs-
gefahr gering ist, weite Strecken überziehen — sie hat beispielsweise dem
ganzen südwestlichen Teile von Istrien, wo sie stellenweise in großer Mächtigkeit
dem Kalk auflagert, den Namen «Istria rossa» («das rote Istrien») verschafft;
wo klüftereicher Boden oder Vertiefungen der verschiedensten Art (Dolinen,
Poljen) sich finden, dort wird sie in den Spalten des Gesteins, in den Trichtern
und Kesseltälern zusammengeschwemmt und macht den Besitz solcher erd-
erfüllter Vertiefungen in erdarmen Gegenden überaus wertvoll.
Chemisch ist die Terra rossa ein stark eisenhaltiger Ton; ihrer Ent-
stehung nach stellt sie den Rückstand dar, der nach der Auflösung des Kalkes
durch kohlensäurehaltiges Wasser zurückbleibt.
In den Mulden der Kalklandschaften sowie dort, wo dieselben zum Meere
hinabsinken, treten vielfach in den illyrischen Küstengebieten mehr oder weniger
ausgedehnte alttertiäre Ablagerungen auf, die dem oberen Eozän zu-
gerechnet werden und derjenigen petrographischen Ausgestaltung desselben
angehören, die man als «Flysch» (auch wohl als «Macigno») bezeichnet. Es
sind sehr versteinerungsarme und leicht verwitternde Sandsteine, Schiefertone
und Mergel, die durch alle ihre Eigenschaften vom Rudistenkalk ganz außer-
ordentlich abweichen und der Gegend, in der sie auftreten, ein von der Kalk-
L'indschaft grundverschiedenes Aussehen verleihen.
Was die Flyschlandschaft von letzterer vor allem unterscheidet, ist
die gelblichgraue Farbe des Bodens und die Art der Erosion durch das fließende
Wasser, welches in normalen, meist sehr tief in das weiche Gestein einge-
rissenen Erosionstälern zirkuliert, reich verzweigte Talsysteme hervorbringt
und so Terrainformen schafft, wie wir sie von unseren mitteleuropäischen
Hügellandschaften gewohnt sind. Von Plateaubildung, von sämtlichen Karst-
erscheinungen (Höhlen, Dolinen etc.), von Terra rossa ist hier keine Spur: die
Dammerde wird hier nicht durch Auslaugung, sondern durch Verwitterung
gebildet.
Von den beiden größten Flyschlandschaften des illyrischen Küsten-
gebietes bildet die eine den größten Teil des nordöstlichen Istriens von den
Abhängen des Tschitschenbodens bis zur Linie Fianona — Pisino — Salvore, die
i3
andere erfüllt den mittleren Teil des nördlichen üalinatien.^) Erstere bedeckt
auch die meerwärts gerichteten Abhänge des Triestiner Karstes und steht nach
Osten zu mit einer gleichfalls bedeutenden Flyschlandschaft («Berkin») in Ver-
bindung, die sich vom Trifinium der Länder Krain, Görz und Istrien nacli
Südosten erstreckt und gegen Nordwesten einen mächtigen Ast gegen Adels-
berg und bis in die Gegend der Stadt Görz entsendet. Der nördliche Teil dieser
Flyschlandschaft wird von der Südbahn gequert, und so läßt sich schon wäh-
rend der Eisenbahnfahrt ihr Landschaftscharakter und ihre Verschiedenheit
von der Kalklandschaft mit außerordentlicher Schärfe erkennen.
Kleinere Flyschgebiete, meist lange schmale Streifen, sind mehrfach
in die Kalklandschaften eingelagert und begleiten besonders gerne die Abfälle
des Landes gegen das Meer. So beginnt bei Trau in Mitteldalmatien ein solcher
Flyschstreif, der, mehrmals zu größerer Breite anschwellend und nur zweimal
(an der Narentamündung und bei Ragusa) unterbrochen, den ganzen Abfall der
Kalkberge gegen das Meer begleitet und der, in den Bocche di Cattaro sehr
breit werdend, zusammen mit anderen, gleich zu besprechenden Tertiärge-
steinen die ganzen Berglandschaften der «äußeren» Bocche bildet. Für manche
Gegenden wie gerade für die Küsten ist das Vorkommen des Flysch ein
wahrer Segen: das leicht verwitterbare Gestein ist eine unversiegliche Quelle
für die Bildung von Üammerde, und auch die Abschwemmung derselben schadet
nicht viel. Derlei Landstriche gehören zu den kultiviertesten und bevölkertsten
des Landes: es seien nur die «sette Castelli», die Spalatiner Halbinsel, das
Canalital genannt; die hinter dem schmalen Flyschstreif ansteigenden kahlen
Kalkberge zeigen, daß diese Gebiete nicht wären, was sie sind, wenn ihnen
der Flysch mangelte.
Ökologisch stellt der Flysch einen «kalten» Boden dar, auf welchem eine
ganze Reihe von Pflanzen, die auf Kalk (respektive Terra rossa) wachsen, nicht
vorkommen. Marchesetti^) zählt für die weiteren Umgebungen Triests deren
i3g auf und sagt, daß diese Zahl noch sehr vergrößert werden könnte, wenn
man alle diejenigen Arten dazu nehmen wollte, die, ohne dem Flysch völlig zu
mangeln, ihn doch nur spärlich besiedeln. Pflanzen der höheren Regionen
steigen öfter im Flysch ungemein tief herab, so (nach PospichaP) die Buche
in Mittelistrien bis 3oo m, während sie auf Kalk kaum unter 600 m vorkommt.
Das Tertiär tritt aber auch noch in einer anderen, petrographisch völlig
verschiedenen Form auf, dem Numm ulitenkalk. Derselbe ist fast durchaus
aus den wohlerhaltenen Schalen der Riesen unter den Foraminiferen, der
Nummuliten, zusammengesetzt. Die Schalen dieser Tiere sind meist linsen-
^) Hier ist der eigentliche Flysch durch die nahe verwandten «Promina-Schichten>^
(Konglomerate, Plattenmergel) vertreten.
2) Flora di Trieste etc., S. XXXII f.
^) Flora des österr. Küstenlandes I. Siy.
förmig; ihr Uurchmesser beträgt 2 — 60111m, das Innere der Schale, das an
Bruchflächen oder auch an den natürlichen Grenzflächen des Gesteines vielfach
sichtbar wird, ist in zahlreiche Kammern geteilt. Häufig findet man durch Ver-
witterung herausgefalIenc'.Schalen, von denen man stellenweise ganze Hände
voll sammeln kann.
Die Nummuliten sind für das Eozän ebenso bezeichnend — sie sind in
den älteren und jüngeren Schichten nur spärlich vertreten — wie die Rudisten,
mit denen sie zum großen Teile die Verbreitung gemeinsam haben, für die obere
Kreide. Die Nummulitenkalke stehen im geologischen Alter zwischen Rudisten-
kalk und Flysch und treten demgemäß meist in Form schmaler Streifen am
Rande der Flyschablagerungen, dort, wo dieselben an den Kalk grenzen, auf;
doch sind nicht selten schmale Streifen von Nummulitenkalk auch allein in den
Flysch eingelagert. Aus Nummulitenkalk bestehen auch die äußersten Halb-
inseln der Bocche di Cattaro.
Als Grenzschichten zwischen Eozän und Kreide treten, namentlich am
Rande der Flyschablagerungen, zwischen den Nummuliten- und Kreidekalken
die sogenannten «Cosinaschichten» auf, die eine Süßwasserbildung darstellen
und eine sehr reiche und eigenartige Schneckenfauna enthalten.
Andere geologische Formationen sind im illyrischen Küstengebiet
relativ spärlich vertreten. Wenn ich mich auf die Anführung derjenigen be-
schränke, die hier von Interesse sind, so mag erwähnt werden, daß der Kern
des Velebit aus Kalken der Trias besteht; auch der Berg Vermaö bei Cattaro
enthält in seinen höheren Teilen Triaskalk, übrigens auch jurassische Schichten.
Eruptivgesteine (triassischen Alters; Diallagite, Diorite, Porphyrite)
kommen im illyrischen Küstengebiete nur an wenigen Punkten und da nur in
geringer Ausdehnung vor, so bei Knin, Sinj,^) S. Stefano bei Budua, ferner
bei Comisa auf der Insel Lissa. Die Scoglien Pomo und Mellisello (Brusnik)
bestehen ganz aus Eruptivgesteinen.
2. Klimatische und pflanzengeographische Verhältnisse.
Während die geschilderten geographisch-geologischen Eigentüm-
lichkeiten des illyrischen Küstengebietes, namentlich die unter dem Namen
«Karsterscheinungen» zusammengefaßten Phänomene, sich ziemlich weit
landeinwärts verfolgen lassen und auch in den Hochgebirgen des westlichen
Bosnien, der Herzegowina und Montenegros auftreten, tritt in den klimati-
schen und den von ihnen sosehr abhängigen pflanzengeographischen Ver-
') Wenn man von Sinj zirka 10 Minuten auf der Straße nach Vrlika gegen Norden
geht, kommt man zu einem von Westen herabziehenden Wasserriß. Diesen verfolgt man
einige Minuten aufwärts und kommt dann links zu einem Vorkommen von dunkelgrünem
Diorit. (Mitteilung von F. Kern er.)
15
hältnissen ein deutlicher Gegensatz zwischen dem u n mittelbar am Meere
gelegenen oft sehr schmalen Landstreifen samt den ihm vorgelagerten
Inseln einerseits, den höher gelegenen, an den Küstenstrich unmittelbar
angrenzenden Gebieten anderseits zutage — ein Gegensatz, der — freilich
zum Teil aus ganz anderen Gründen — auch in den ethnographischen, sprach-
lichen und kulturellen Verhältnissen der Bewohner zum Ausdruck, kommt.
Der Küstenstrich nämlich gehört klimatisch und pflanzengeographisch
demjenigen großen Länderkomplex an, der die Grenzen des Mittelmeeres
bildet und dessen einzelne Teile trotz aller Verschiedenheiten doch soviel Ge-
meinsames und Charakteristisches haben, daß sie mit Recht unter einem Namen
als «Mediterrangebiet» zusammengefaßt werden. Das mediterrane Gebiet
reicht — das mag schon hier erwähnt werden — nirgends in bedeutendere
Meereshöhen (im Süden unseres Gebietes zirka 500 m) und daher greift dasselbe
nur dort tiefer ins Land ein, wo dieses allmählich ansteigt, beschränkt sich aber,
wo die Küste steil ist, auf einen ganz schmalen Küstensaum. Täler von ge-
nügender Breite bieten gleichfalls Gelegenheit zu tieferem Eindringen.
Durch Klima und Vegetation vom mediterranen Gebiet verschieden sind
die sich an dieses unmittelbar anschließenden Plateau- und Hügelländer, für die
wir, da in ihnen die Karstphänomene in ausgezeichneter Weise entwickelt sind,
den Namen «Karstregion» ^) gebrauchen wollen.
An sie grenzt nach innen zu das Gebiet des «höheren Berglandes
und der Hochgebirge» (Beck) an, das erst im zweiten Hauptteile dieses
Führers ausführlich behandelt werden soll.
a) Klimatische Verhältnisse.
Das Klima des mediterranen Hlyrien besitzt die beiden Haupt-
eigentümlichkeiten des mediterranen Klimas überhaupt, nämlich
milde Winter, in denen Temperaturen^) unter 0° selten sind oder wenigstens
nicht lange andauern und — noch charakteristischer — die ungleiche Ver-
teilung der Niederschläge auf die einzelnen Monate: der Sommer ist
außerordentlich trocken, das Maximu m der Niederschläge fällt im Spät-
herbst und Winter.
Die mittleren Jahrestemperaturen bewegen sich zwischen i4'2°
(Triest) und i6*6° (Ragusa, Lissa). Die mittlere Januartemperatur von Triest
ist 47°, die von Ragusa 9*2°. Temperaturen unter 0° kommen in den nörd-
lichen Teilen des Gebietes wohl fast jeden Winter vor; als absolutes Minimum
wurde für Triest — ii'9°, für Ragusa — 6° gefunden. Die Julitemperaturen sind
^) Im Sinne von Beck (Hlyrien); der Ausdruck «Karstländer» umfaßt natürlich
ein weiteres Gebiet als die «Karstregion».
^) Dieselben sind stets in Celsiusgraden angegeben.
i6
ziemlich hoch und der Unterschied zwischen den nördlichen und südUchen
Gebietsteilen in diesem Punkte viel geringer als bei den Januartemperaturen:
Triest 24*5°, Ragusa 25*3°. Die absoluten Maxima liegen zum Teile erheblich
höher (Mostar 437°). Wie man aus diesen Beispielen ersieht, ist das Klima
keineswegs als ausgesprochenes vSeeklima zu bezeichnen, obwohl sich natür-
lich, verglichen mit den Verhältnissen in den großen Ebenen Ungarns oder
Galiziens, der mildernde Einfluß des Meeres sehr deutlich geltend macht; die
Unterschiede zwischen höchsten und niedersten Temperaturen sind sogar recht
groß, und nur bei den weiter draußen im Meere liegenden Inseln erscheint
dieser Kontrast mehr gemildert. ^)
Für die Niederschäge im mediterranen Gebiet ist, wie schon erwähnt,
vor allem ihre ungleiche Verteilung charakteristisch : überall ist der Sommer
regenarm, und infolge der hohen Temperaturen tritt überall eine Zeit der
Dürre ein, welche die Pflanzen zur Ausbildung von Transpirationsschutz-Ein-
richtungen zwingt. Gerade der Hochsommer ist, wenn auch nicht die an-
genehmste, so die charakteristischste Jahreszeit des mediterranen Ge-
bietes: da spannt sich wochenlang, kaum hie und da durch ein Wölkchen unter-
brochen, der oft beschriebene tiefblaue «südliche» Himmel über das Land, da
entfaltet sich die ganze Pracht von ausgeprägten, oft scharf kontrastierenden
Farbeneffekten, die das Auge des Nordländers so sehr entzückt.
Die sommerliche Trockenheit wird umso ausgeprägter, je weiter
man nach Süden geht. Nach der Zusammenstellung von Hann-) ist im nörd-
lichsten Teile des Gebietes (46° — 45° n. Br.) die Menge des Niederschlages
während der drei Sommermonate nicht kleiner als während des Frühlings- oder
Wintervierteljahres (je 22°/^ der Gesamtmenge); nur die drei Herbstmonate
übertreffen (34°/^) die übrigen Vierteljahre. Der Juli ist (6°/^) am trockensten,
der Oktober (i3°/o) am regenreichsten. Der nördlichsfe Teil des illyrischen
Küstengebietes hat also vorzugsweise Herbstregen. In der Breite von 45° bis
43° wird die Trockenheit schon ausgesprochener, im Sommerquartal fallen nur
mehr i5°/o, im Juli nur mehr 3°/^ des Gesamtniederschlages. Zugleich rückt
das Niederschlagsmaximum gegen den Winter vor: Von Oktober bis Dezember
fallen 38 °/o des Gesamtniederschlages; dann nimmt die Regenmenge ab, um
im März (10%) noch einmal anzusteigen. Südlich vom 43° n. Br. sind die er-
wähnten Verhältnisse noch ausgeprägter; November und Dezember sind am
regenreichsten {32° j^), von Oktober bis Jänner fallen 56°/^ des Gesamtnieder-
schlages; der März ist gleichfalls relativ regenreich (9°/o); dann nimmt die
Regenmenge sehr rasch ab, beträgt im Juni und August nur mehr je 4°/o,
') Zum Vergleich mögen hier die betreffenden Zahlen für Wien angeführt werden:
absolutes Maximum: 36-2°, absolutes Minimum: — 20°, Julimittel: 19-6", Januarmittel
— 2-3°, Jahresmittel 9-2°.
-) Nach Beck, Illyrien.
17
im Juli gar nur i °/q der Gesamtmenge. Wir sind in einem Gebiete mit selir
ausgesprochener Sommerdürre und mit Winterregen.
Für die Wirkung dieser Verhältnisse auf die Vegetation ist noch die Tat-
sache wichtig, daß sowohl die Sommer- als auch die Herbst- und Winterregen
meist den Charakter heftiger, mit großer Gewalt niederprasselnder Güsse
und nur selten den von Landregen haben, wodurch sie oft mehr schaden als
nützen, indem das Wasser in der kurzen Zeit nicht in den Boden eindringen
kann, sondern — wo oberflächlicher Abfluß stattfindet — in den Runsen der
Wildbäche («torrenti») rasch abströmt und dabei das an Erdreich ohnehin
nicht sehr reiche Gestein noch mehr entblößt; im Karstterrain verschwindet
überdies ein guter Teil in den Klüften des Gesteins. — Ferner muß berück-
sichtigt werden, daß bei der großen Hitze das Wasser der Sommerregen sehr
rasch verdunstet, sodaß dieselben für das Gedeihen der Vegetation so gut wie
nutzlos sind.
Das sind die Gründe, warum das mediterrane Illyrien auf jeden Be-
obachter den Eindruck eines trockenen Landes macht. Die absolute
Regenmenge ist dabei im allgemeinen gar nicht gering, im Mittel sogar
größer als die mittlere Niederschlagsmenge Deutschlands {jioinm), welche bei
ihrer fast gleichmäßigen Verteilung über das ganze Jahr (mit dem Maximum
im Sommer) und bei den niedrigeren Sommertemperaturen zum üppigen Ge-
deihen der Pflanzen während der ganzen wärmeren Jahreszeit genügt. —
Es mögen noch einige Niederschlagsmengen'^) angeführt werden:
Triest iii\o mm
Zara 76 1 mm
Ragusa 1422 mm
Cattaro 1877 "^"^
Die Niederschlagsmenge ist also im Norden und im Süden erheblich
größer als in Nord- und Mitteldalmatien, dessen warmes Hügelland der Er-
haltung darüber wegziehender Wolken wenig günstig ist. Im Süden ist die
bedeutende Niederschlagshöhe namentlich durch die Meeresnähe höherer Ge-
birge oder Plateau-Abstürze bedingt.
Daß in einem verhältnismäßig warmen Gebiete fast der ganze Nieder-
schlag als Regen fällt, ist selbstverständUch ; trotzdem kommen Schneefälle
im ganzen Gebiete vor, in den nördlichsten Teilen alljährlich, während im
Süden oft mehrere Jahre hindurch kein Schnee fällt. Niemals aber bleiben die
Schneemassen längere Zeit liegen.
Trotzdem also der Winter im mediterranen Gebiete deutlich und kräftig
ausgeprägt ist, ist er doch viel milder als unser mitteleuropäischer Winter;
selbst die regnerischesten, stürmischesten Tage sind nie so trübselig wie die
des Nordens ; die bei uns vorkommenden wochenlangen Trübungen gibt es
^) Wien: 617 mm.
Exkursion in die illyrischen Länder.
einfach nicht, und Tage, an denen man die Sonne überhaupt nicht zu sehen
bekommt, sind viel seltener als bei uns.
Die Winde spielen im Klima der Ostküste der Adria eine noch viel
größere Rolle als anderwärts und greifen — wie leicht begreiflich — so tief
in den Lebenslauf des Küstenbewohners ein, daß er sich nicht damit begnügt,
dieselben nach ihrer Richtung zu bezeichnen, sondern sie mit eigenen Namen
benennt.
Die wichtigsten und bekanntesten Winde, die zugleich durch ihre scharfen
Gegensätze in bezug auf Temperatur und Feuchtigkeit auch dem oberfläch-
lichsten Beobachter auffallen, sind Bora und Scirocco.
Die Bora gehört zu den sogenannten Fall winden. Sie entsteht, wenn
über der Adria geringer, über dem Hinterlande hoher Luftdruck herrscht. Kommt
dann noch ein größerer Temperaturunterschied zwischen dem warmen Meere
und der kalten Hochfläche des Binnenlandes hinzu, wie dies namentlich im
Winter der Fall ist, dann stürzt die Bora in kurzen, aber überaus heftigen
Stößen («refoli») auf die Küste hinab und richtet oft furchtbare Verheerungen
an. Die Schädigungen an der Vegetation sind — wie die jedes anderen Sturmes
— teils rein mechanische (Entwurzeln und Abbrechen von Bäumen, Anpressen
an den Boden, Krümmungen), teils sind sie durch die niedrige Temperatur und
die große Trockenheit des Windes (Vertrocknen der Zweige) bedingt, sowie
auch dadurch, daß die Bora bei ihrem Hinfegen über den Boden eine Menge
Erde fortführt oder, sich aufs Meer hinabstürzend, das Meerwasser zerstäubt
und über benachbarte Landstriche verbreitet.
Die Richtung der Bora steht auf derjenigen der Küste beiläufig senk-
recht ; sie kommt daher meist aus Nordosten oder Ostnordosten. Am stärksten
ist sie dort, wo hohe Steilhänge dicht ans Meer herantreten, also namentlich im
nördlichen Teile der Adria (Triest, Fiume, Zengg), oder wo ein flaches Vorland die
Gewalt des Sturmes nicht mindert (Zara); in Mitteldalmatien ist sie schwächer
und seltener, tritt aber im Süden wieder stärker auf. Daß sie im Winter am
stärksten weht, wurde schon erwähnt; doch fehlt sie zu keiner Jahreszeit
völlig, sie tritt manchmal an der adriatischen Küste noch im Spätfrühling
auf; im Sommer weht sie nur in einer milderen Form («Borino»).
Sehr charakteristisch ist das Wolkenbild während der Bora: eine lang-
gezogene Wolkenbank, vorne ganz gerade abgeschnitten, liegt auf dem oberen
Rande des Gebirgshanges ; sie scheint unveränderlich zu sein, verschwindet
aber in Wirklichkeit immer vorne und wird von hinten her erneuert. Sonst
ist der Himmel während der Bora meist heiter.
Der Scirocco ist in jeder Hinsicht das gerade Gegenteil der Bora: er
ist ein feuchter, warmer, aus Südost wehender Seewind, der den Himmel mit
schweren Wolken überzieht und Regen bringt. Er ist weniger heftig als die
Bora, kann aber durch Erzeugung einer sehr starken Brandung und Zerstäu-
19
bung des Meerwassers den Pflanzen fast so schädlich werden wie diese. Auf
den Menschen wirkt der Scirocco namentlich im Sommer sehr unangenehm,
indem er Müdigkeit und nervöse Abspannung erzeugt.^)
Bora und Scirocco wechseln, namentlich in den stürmischen Winter-
monaten, häufig miteinander ab, wobei die Bora oft ganz plötzlich eintritt.
Während des im großen und ganzen schönen Sommerwetters aber wehen,
wenn keine allgemeineren und verbreiteteren Luftströmungen überwiegen, die
in täglicher Periode abwechselnden Küstenwinde, der überaus angenehme See-
wind bei Tage, der Landwind bei Nacht. Ein solcher Seewind ist der von Nord-
west kommende «Maestro».
Das Klima der Karstregion ähnelt in bezug auf die Niederschläge
im großen und ganzen sehr demjenigen des mediterranen Gebietes; wie dort
ist der Hochsommer die trockene, der Herbst oder Winter die feuchte Jahres-
zeit; es gibt aber auch ausgiebige Frühlingsregen. Dabei ist die Niederschlags-
höhe zum Teile erheblich höher als im mediterranen Gebiet (Cetinje in 665 ?h
Meereshöhe hat 2935 mm).~)
Sehr verschieden vom mediterranen Gebiete sind jedoch die Tempe-
ratu rverhältnisse. Die Julitemperaturen sind im Mittel um 3 — 5° niedriger
als bei Orten des mediterranen Gebietes in beiläufig gleicher geographischer
Breite (z. B. Cetinje 21*8°), die absoluten Maxima erreichen diejenigen des
Mediterrangebietes oder übertreffen sie sogar (Cetinje 40°). Total verschieden
und wohl das größte Hindernis für die Verbreitung der Mediterranpflanzen
landeinwärts sind jedoch die niedrigen Wintertemperaturen. Die mittlere
Januartemperatur ist fast überall unter o, die absoluten Minima gehen sehr tief
(Cetinje: — ■2*6°, respektive — 22°). Dabei liegen auch die mittleren Dezember-
und Februartemperaturen noch vielfach unter o. Der kalte Winter ist der be-
deutsamste Unterschied zwischen Mediterran- und Karstregion; er deprimiert
natürlich auch die mittleren Jahrestemperaturen dieser ganz bedeutend; die-
selben schwanken etwa zwischen 8° und 11 ^/^^ (Cetinje io*4°). Dementsprechend
fällt in höheren Lagen auch alljährlich Schnee, nur in den tieferen Teilen der
Karstregion (im kroatischen Karst etwa unter 440 in) gibt es gänzlich schnee-
lose Winter, oder der Schnee bleibt nur kurze Zeit liegen.
Von der Bora hat die Karstregion ebenso zu leiden wie die Küsten-
striche; einige in ihr gelegene Orte wie St. Peter (Krain) sind durch die Furcht-
barkeit der Stürme geradezu berüchtigt.
^) Die Ähnlichkeit der physiologischen Wirkung ist vielleicht der Grund, Avarum
mit dem Namen Scirocco in Unteritalien, Sizilien und Griechenland ein ganz anderer
Wind bezeichnet wird. Derselbe kommt aus Süden, ist aber sehr trocken und heiß. Er
entspricht etwa dem Samum Nordafrikas.
^) An der Grenze der Karst- und der Voralpenregion liegt im südlichen Dalma-
tien (der «Krivosije») Crkvice in 1050 m Seehöhe, welcher Ort die höchste in Europa
beobachtete Niederschlagshöhe, nämlich 436o mm aufweist.
Das Klima des höheren Bertjlandes, welches hier nur mit einigen
Worten charakterisiert zu werden braucht, ist natürlich durch die geringeren
Temperaturen und alle daraus folgenden Erscheinungen, ferner aber auch
dadurch charakterisiert, da^ sich immer mehr und mehr die Tendenz zu gleich-
mäßigerer Verteilung der Niederschläge über das ganze Jahr mit dem Maximum
im Sommer geltend macht, wodurch der Anschluß an die mitteleuropäischen
Verhältnisse gegeben ist.
b) Allgemeiner Eindruck der Pflanzendecke; Waldverwüstung und
Bodenzerstörung,^)
Wer nur für die sanften Formen unserer mitteleuropäischen Hügel- und
niederen Berglandschaften, nur für unsere Wiesen und Wälder schwärmt, auf
den macht die Landschaft der illyrischen Küstenländer gewiß im Anfang keinen
sehr günstigen Eindruck; erst wer es lernt, diese Landschaft überhaupt von
•j-anz anderen Gesichtspunkten zu beurteilen, wer das nutzlose Vergleichen mit
etwas total Verschiedenem aufgibt, findet in dem Scharfen, Blendenden, Kon-
trastreichen der Formen und Farben einen Reiz; dann aber zieht es ihn immer
wieder in den Süden, und der Zug dorthin ist wohl nicht nur aus politischen
und rein praktischen Gründen ein weltgeschichtlicher F'aktor geworden.
Der Botaniker vollends, der bisher nur in Mitteleuropa gesammelt hat,
der an den dichten Zusammenschluß der Vegetation gewöhnt ist und nun viel
mehr Gestein als Pflanzen sieht, könnte vielleicht vermuten, eine pflanzen-
arme Wüstenei vor sich zu haben; aber bald wird er gewahr, daß er —
speziell im mediterranen Anteil unseres Gebietes — sich in einem der pflan-
zen reichsten Länder Europas befindet, dessen Gewächse ihn für lange
Zeit nach beiden Gesichtspunkten — ökologisch und systematisch — zu fesseln
imstande sind.
Die weitgehende Zerstückelung der Vegetation ist — pflanzen-
physiognomisch betrachtet — das hervorstechendste Merkmal der Karstländer.
Dazu kommt — mit den Verhältnissen bei uns verglichen — der fast völlige
Mangel der Wiesen und die Waldarm ut.
Um nun den nicht sehr erfreulichen Eindruck, den diese Verhältnisse
hervorrufen, auf sein richtiges Maß zurückzuführen, muß man vor allem fest-
halten, daß man es in den Karstländern größtenteils keineswegs mit
einem ursprünglich wüsten, sondern mit einem verwüsteten Gebiete
zu tun hat.
An dieser Verwüstung sind zwei Faktoren schuld: das Klima und
der Mensch. Wen die größere Schuld an dem großenteils wirklich trostlosen
^) Zur Vervollständigung des Bildes vergleiche man das im zweiten Teil dieses
Führers über den Gegenstand Gesagte.
Zustande der Karstländer trifft, ist schwer zu sagen, nur das ist sicher, daß
beide Faktoren zusammenwirken mußten. Hätte der Mensch nicht in unvor-
sichtiger und leichtsinniger Weise die Wälder gerodet, unbekümmert um
den Nachwuchs, nicht darauf achtend, ob er einen sanften oder steilen Hang
abholzte, ob es sich um einen freien Hang oder um das Sammelbecken eines
Baches handelte, hätte er dann wenigstens dem spontan aufkeimenden Nach-
wuchs oder den Stockausschlägen die nötige Ruhe gegönnt, statt seine Ziegen
in den verwüsteten Wald auf die Weide zu schicken, hätte nicht Un-
vorsichtigkeit bei der Hantierung mit Feuer vernichtet, was Axt und Ziegen
übrig gelassen — dann könnten die Karstländer heute zu den waldreichsten
Gebieten Europas gehören, während sie jetzt nach den Steppengegenden zu
den holzärmsten zählen. Dieser Raubbau ist, obgleich er leider auch heutzutage
noch lange nicht aufgehört hat, doch stark beschränkt worden; er wird haupt-
sächlich auf die Ausbeutung durch die Venezianer zurückgeführt, und es ist in
der Tat auffallend, daß die Inseln Meleda und Lagosta, die seit alten Zeiten der
Republik Ragusa Untertan waren, sowie die Umgebung dieser Stadt selbst, viel
weniger verwüstet sind, ja sogar zum Teile noch sehr schöne Waldungen tragen.
Den Anstoß zu der Verwüstung der Karstländer hat wohl überall der
Mensch gegeben; ist aber einmal ein Hang oder eine Fläche gründlicli ent-
waldet, dann spielt sich die Entblößung des Gesteines von Erde unter
dem spezifischen Einfluß des dortigen Klimas ab, das in zweifacher Weise
schädigend wirkt. Einmal wird die Erde von den Borastürmen weggetragen
oder von den heftigen Regengüssen massenhaft fortgeschwemmt. Am Monte
Maggiore konnte ich beobachten, daß nach einem Regen alle Bäche ein durch
große Mengen von Terra rossa getrübtes und tief braunrot gefärbtes Wasser
führten. Man kann dann noch von Glück sagen, wenn die Erde nicht — wie es
leider nur zu häufig geschieht — ins Meer geführt, sondern in Dolinen und
Poljen zusammengeschwemmt wird; dies geschieht manchmal in solchem
Ausmaße, daß (so z. B. auf Lagosta) die Erdschichte im Grunde der Poljen meh-
rere Meter Mächtigkeit erreicht; freilich stellt sie dann oft das einzige anbaufähige
Terrain dar, während die benachbarten Hänge von großer Sterilität sind.
Man wird mit Recht einwenden, daß z.' B. auch in Mitteleuropa vielfach
steile Hänge kahlgeschlagen wurden und noch werden, ohne daß es — auch
im Kalkgebirge nicht — auch nur annähernd zu derartigen Verwüstungen
kommt. Doch daran ist wiederum das Klima schuld, das bei uns, wo höchste
Wärme und größte F'euchtigkeit zusammenfallen, der mechanischen und che-
mischen Verwitterung der Gesteine viel günstiger ist als im Mediterrangebiete
mit seinen heißen und trockenen Zeiten.^) «So ist am Mittelmeer einmalige
Entwaldung infolge der sehr langsamen Bodenbildung zumeist gleichbedeutend
') Vgl. A. Philippson, Das Mittelmeergebiet. Leipzig, B. G. Teubner, 1904.
S. 145 ff.
mit Bodenzerstörung und dauernder Vernichtung des Waldes. Nur wo der
Ackerbau unmittelbar an Stelle des Waldes tritt, vermag er diesen Vorgang
aufzuhalten»;^) dies kann z.B. sehr zweckmäßig durch Terrassierung der
Gehänge bewerkstelligt werden. ^)
Freilich wird die durch menschliche Tätigkeit eingeleitete,
durch das Klima erzeugte Verwüstung zu einer vollständigen und
dauernden nur wieder durch die Tätigkeit des Menschen und der
Haustiere. Würde nämlich ein einmal verwüsteter Hang längere Zeit voll-
ständig sich selbst überlassen, so könnte das Geschehene wenigstens einiger-
maßen repariert werden. Etwas Erde bleibt ja doch in den Ritzen des Gesteines
zurück, in ihr siedeln sich genügsame krautige Pflanzen an, die ihrerseits zur
Festigung des alten, zur Bildung neuen Bodens beitragen; andere Pflanzen ge-
sellen sich ihnen zu, schließlich kommen auch Holzgewächse, und es kann noch
immer ein ganz erträglicher Wald oder Buschwald entstehen. Die verödeten
Flächen brauchen nichts als ■ — Ruhe; Aufforstungen, so sehr sie zu begrüßen
sind, sind meist nicht unbedingt nötig.
Diese so nötige Ruhe gönnt man aber den verödeten Flächen meist
nicht. Die spärlichen Holzreste werden weiter ausgebeutet, ganz dünne
Stämme werden gefällt, manchmal sogar die Wurzeln ausgegraben und als
Brennholz verwendet. Das ist zweifellos eine nicht unbedingt nötige Mißwirt-
schaft, denn wenn es in anderen holzarmen Ländern gelingt, das wenige Vor-
handene zu schützen, so muß es hier auch gehen. Daß die Verhältnisse so
sind, liegt wohl zum Teile an mangelhafter Beaufsichtigung; aber es muß
anderseits nachdrücklich hervorgehoben werden, daß in einem Lande, dessen
Bevölkerung für alles, was mit dem Walde irgendwie zusammenhängt, nicht
nur nicht das mindeste Verständnis hat, sondern den auf Schutz und
Wiederherstellung der Waldungen gerichteten Bestrebungen der Behörden
direkt feindlich gegenübersteht, diese einen viel schwereren Stand haben als
bei uns, wo doch der Einsichtsloseste von dem Werte und der Wichtigkeit gut
erhaltener Waldungen überzeugt ist.
Sehr erschwert wird die Herbeiführung erträglicher Zustände durch die
eigentümlichen Weide Verhältnis se der Kar st lande r. Stallfütterung spielt
daselbst eine sehr geringe Rolle, weil es nur sehr wenig halbwegs gute Wiesen
gibt und diese meist nur in höheren Gebirgen. So ist das Vieh (meist Schafe
und Ziegen, auch Esel und Maultiere, wenig Rinder und Pferde) fast nur auf
die Weide im Freien angewiesen, der ungeheure Strecken preisgegeben sind.
«Dalmatien ist eine große Viehweide» — dieses Wort ist nicht viel übertrieben.
Das Weidevieh beschränkt sich natürlich, namentlich wenn die Trockenzeit
beginnt, nicht auf die krautigen Pflanzen, sondern verbeißt mit Vorliebe die
1) A. a. O., S. 147.
2) Tafel XVII.
23
jungen Triebe der Holzgewächse, die dadurch für immer niedrig, verkrümmt,
sparrig, reich verästelt bleiben und verkümmern.
Gegen den Mangel an guten Wiesen, der im Klima begründet ist, läßt
sich natürlich nichts machen; man sollte aber nicht vergessen, daß namentlich
die vom Weidevieh verschonten lichten Eichenwälder der Karstregion einen
ziemlich dicht bewachsenen wiesenartigen Grund besitzen, der ganz gut ge-
mäht werden kann und in manchen Gegenden auch gemäht wird. Eine der-
artige Ausschaltung von der Beweidung ist natürlich nicht im ganzen Gebiete
zugleich möglich, sondern muß so erfolgen, daß Immer in einzelnen Parzellen
das Weiden verboten, in benachbarten gestattet ist. Wie ich höre, wird
diese Methode in Dalmatien und noch mehr im Okkupationsgebiete bereits ge-
übt und stößt natürlich ebenso wie die Maßregeln zum Schutze des Waldes
noch vielfach auf den Widerstand der Bevölkerung.^)
Mit den eigentümlichen Weideverhältnissen der Karstländer steht auch
in Zusammenhang die dort allgemein geübte Umfriedung der Grund-
stücke mit Mauern, die das Gelände nach allen Richtungen durchziehen und für
den Fremden eines der auffallendsten Merkmale der Landschaft darstellen.
Häufig trennen diese nur aus übereinandergelegten unbehauenen Steinen ohne
Bindemittel gefügten, meist nicht über i m hohen Mauern die Grundstücke ver-
schiedener Besitzer, manchmal mögen sie — sowie die Steinhaufen, die man
bisweilen mitten in den Grundstücken findet — bloß dem Bedürfnisse ent-
sprungen sein, die Steine, die man behufs Verbesserung des Grundstückes ent-
fernt, irgendwie zusammenzuschlichten; sehr oft aber umfrieden sie Äcker,
Wiesen, Weinberge, Waldparzellen, die der Weide entzogen werden sollen,
und trennen dieselben von Weideflächen und Verkehrswegen. Um diesen Schutz
wirksamer zu gestalten, wird oft die Krone der Mauern mit den Zweigen des
in den Karstländern massenhaft vorkommenden Stechdorns (Paliunis australis)
garniert, dessen Nebenblattdornen — der eine lang, schmal und spitz, der andere
kurz, kräftig, gekrümmt — dem Übersteigen der Mauern tatsächlich ein ernst-
haftes Hindernis sind.
Es muß noch bemerkt werden, daß man das ohnehin schon mehrdeutige
Wort «Karst» auch für derartig entwaldete, verwüstete Gebiete anwendet;
man nennt sie «verkarstet» ; -) man gebraucht diesen Ausdruck auch für ähn-
^) Nach der Darstellung in dem offiziellen Werke: Die österreichisch-ungarische
Monarchie in Wort und Bild (Band Dalmatien, S. 322) sind in Dalmatien in den Jahren
1874— 1890 im ganzen 493.685 ha — das ist fast 38% der ganzen Fläche des Landes —
Wald und Hutweide von der Beweidung befreit und so der natürlichen Wiederbewaldung
zugeführt worden. Die Zahl der Ziegen hat sich von 280.656 im Jahre 1869 auf 169.098
im Jahre 1890 vermindert.
2) Auch dieses Wort wird oft verwendet, «um eine bestimmte Oberflächen-
beschaffenheit» zu bezeichnen, «die einen Teil des Karstphänomens bildet und die
am meisten dort zur Geltung kommt, wo das Land zugleich pflanzenleer ist». Penck,
1. c. (vgl. S. 9, Anm.), S. 5.
24
liehe Vorkommnisse außerhalb der Karstländer^ und für sehr viele Leute ist
der Karst gleichbedeutend mit einer Steinwüste. Daß dem nicht so ist, kann
oft genug konstatiert werden; die hübschen Wiesen desTriestiner Karstes, die
ausgedehnten Waldungen dJs Ternovanerwaldes zeigen zur Genüge, daß «Karst»
mit «Steinwüste» keineswegs gleichbedeutend ist, daß ein Gebiet ganz wohl alle
als «Karsterscheinungen» geschilderten Phänomene zeigen und sich dabei einer
üppigen Vegetation erfreuen kann. Diese Erkenntnis ist natürlich auch sehr
wichtig für die schon erörterte Frage, wie es mit der Waldbedeckung der
Karstländer aussah, bevor der Mensch so verheerend in dieselbe eingriff: alle
Anzeichen sprechen dafür, daß dieselbe eine allgemeine war.
c) Ausdehnung der einzelnen Vegetationsgebiete.
Das illyrische Küstengebiet gehört pflanzengeographisch vier Ge-
bieten an, von denen aber nur zwei im ersten Teile dieses Führers
eingehender besprochen werden sollen. Diese vier Gebiete sind überein-
ander angeordnet, entsprechen also dem, was man in der Pflanzengeo-
graphie als «Regionen» bezeichnet. Zunächst soll von den beiden unteren
Stufen die Rede sein, nämlich dem mediterranen Gebiete und der «Karst-
reo-ion». Es wurde bereits mitgeteilt, daß ersteres vom Meeresstrande
an sich auf einen im allgemeinen recht schmalen Küstenstreif beschränkt, der
nicht hoch hinaufreicht und daher — wo die Küste rasch ansteigt — nicht
weit landwärts vordringt. Sanft ansteigende Küste, niedriges Vorland, breitere
Täler geben Gelegenheit zu weiterem Vordringen.
Das mediterrane Gebiet — so weit es für uns in Betracht kommt —
umfaßt den östlichsten Winkel der lombardischen Tiefebene, ^) der politisch
zu dem Kronlande Gorz und Gradiska gehört und nebst den angrenzenden
bereits zu Italien gehörigen Gegenden auch als «Friaul» bezeichnet wird.
Hier erstreckt sich also das mediterrane Gebiet ziemlich weit landeinwärts,
reicht gegen Osten bis nach Görz 2) und umfaßt außer der Tiefebene natürlich
auch die niedrigen Vorhöhen des Karstes. Im Gebiete des Triester Golfes
verläuft die Grenze des mediterranen Gebietes ungefähr am Rande des Karst-
l)lateaus und dann — einen ziemlich breiten Küstenstrich umfassend — parallel
mit der Westküste Istriens bis etwa zum Canale di Leme.^) Durch einen nach
Norden zu offenen Bogen begrenzt, umfaßt das Mediterrangebiet dann die
ganze Südspitze Istriens und an der steilen Ostküste dieser Halbinsel einen
sehr schmalen Küstenstreif, ebenso an der kroatischen Küste, und endigt in der
Gejjend des Hafenstädtchens Novi. Der südlich davon gelegene kroatisch-
') Nach der «Florenkarte von Österreich-Ungarn» von A. v. Kern er. Vgl.
hierzu das auf S. 28 Gesagte.
2) GleichfalLs nach der zitierten Karte. Vgl. die Bemerkungen auf S. 27 und 28.
25
dalmatinische Küstenstrich bis in den Winkel des Mare di Novigrad ist nach
Beck (lUyrien), dem wir auch in den weiteren Darstellungen folgen, von der
mediterranen Vegetation ausgeschlossen — mit alleiniger Ausnahme der Umge-
bung von Carlopago. Das niedrige norddalmatinische Hügelland ist in seiner
Westhälfte ganz von der mediterranen Vegetation besiedelt, die überdies längs
des Kerkaflusses bis an den Fuß der Üinara vordringt. Auch das niedrige Land
zwischen Sebenico und Spalato ist größtenteils mediterran; von Spalato süd-
wärts aber hält die mediterrane Vegetation im allgemeinen nur einen schmalen
Küstenstreifen besetzt, dessen Grenze von der Narentamündung bis in die
Bocche di Cattaro größtenteils mit der politischen Grenze Dalmatiens zu-
sammenfällt. Zweimal jedoch schneidet das mediterrane Gebiet tief ins Land
ein: einmal längs der Narenta, wo es sich bis über Mostar ins Narentadefilee
vorschiebt und überdies gegen Nordwesten einen Arm bis Imotski entsendet;
der zweite mediterrane Keil ins Binnenland umfaßt das Becken des Skutari-
sees und die Täler der in denselben mündenden Flüsse.
Die istrianisch-dalmatinischen Inseln gehören durchaus dem mediterranen
Gebiete an.
Das mediterrane Gebiet ist landeinwärts fast durchaus von der Karst-
region begrenzt, nur im äußersten Nordwesten (nördlich von Gürz) stößt es
(nach der Kernerschen «Florenkarte von Österreich-Ungarn») direkt an das
Gebiet der «baltischen Flora» an. Sonst aber umgürtet überall die Karstregion
landwärts als schmälerer oder breiterer Streifen das Mediterrangebiet; ihr
gehört das Plateau des Triestiner Karstes, Südkrain, das ganze Innere von
Istrien, ebenso die niedrigeren Teile des kroatischen Karstlandes, ferner der
nicht mediterrane Anteil Nord- und Mitteldalmatiens an. Wo die mediterrane
Vegetation tiefer ins Land eindringt, reicht die Karstregion naturgemäß noch
weiter landeinwärts. Wo die Gebirge mit steilem Absturz an die Küste heran-
treten, ist die Karstregion natürlich auf einen schmalen, hie und da nicht völlig-
klar ausgesprochenen Streifen reduziert; ihre obere Grenze findet sie «in
jenen Höhen, in welchen die Rotbuchen (Fagiis silvatica) oder die Tannen
(Abies alba) die Oberhand gewinnen».^) An den — wie oben erwähnt — von
der mediterranen Vegetation nicht besetzten Teilen der kroatischen Küste
reicht die Karstregion abwärts bis ans Meer.
Die nächsthöhere Region, von Beck als «Voralpenregion» bezeichnet,
umfaßt verschiedene Laub- und Nadelwälder. Für uns kommt nur der Rot-
buchenwald in Betracht. Es sei erwähnt, daß nach den Forschungen Becks
diese Region sogar im illyrischen Küstengebiete einen sehr viel größeren
Raum einnimmt, als z.B. Kerner annahm, daß ihr insbesonders die höheren
Berge Istriens (Tschitschenboden, Monte Maggiore), ferner der größte Teil des
Inneren von Südkroatien (also auch die höheren Teile des Velebit) angehört;
I) Beck, Illyrien, S. 191.
26
von den dalmatinischen Bergen, die in diese Region hinaufreichen und vom
Meere aus aufifallen^ seien der Mossor und der Biokovo genannt, ferner die
Berge der Krivosije und einzelne Partien des später zu beschreibenden Teiles
von Westmontenegro.
In die Region der «Hochalpen» ragen einige Spitzen des Velebit und
der Dinarischen Alpen sowie die höchsten Gipfel der Krivosije (Orjen) und
der Lovcen bei Cattaro.
d) Das mediterrane Gebiet.
a) Begründung der Abgrenzung und Unterteilung.
Die Abgrenzung desselben ist bereits eingehend besprochen worden.
Ich habe mich dabei an Becks grundlegendes Werk über die Vegetationsver-
hältnisse Illyriens und bezüglich der nördlichsten Teile unseres Gebietes, die
von Beck nicht einbezogen worden sind, an Kerners pflanzengeographische
Karte gehalten. Beck steckt das mediterrane Gebiet nach der Verbreitung
einer Anzahl von «Leitpflanzen» ab; als solche verwendet er:
Juniperus Oxvcedrux
Quercus Hex
Phillyrea latifolia
seltener :
Juniperus phoenicea \ Pistacia Lentiscus
Ruscus aculeatus (ob mediterran?^) ] Laurus nobilis
— Hypoglossum
Ephedra campylopoda
— nebrodensis
Zur Absteckung des mediterranen Gebietes genügt nach Beck das «Auf-
treten mehrerer solcher zerstreuter immergrüner Gehölze der Mittelmeer-
flora in Verbindung mit mehreren laubabwerfenden Gehölzen, wie:
Pistacia Terebinthus
Punica Granatum
Erica verticillata
Rosa sempervirens
Buxus sempervirens
Colutea arborescens
Coronilla emeroides
Vitex aernus castus.
Celtis australis
Rubus idmifolius
Pirus amygdaUformis
nebst der Kultur von Ölbäumen (Olea europaea), F'eigen (Ficiis carica) und
Massenpflanzungen von Maulbeerbäumen (Monis alba und M. nigra).-» Dazu
kommen noch eine Anzahl krautiger Gewächse. Es gehören demnach nach
seiner Auffassung nicht nur die von dem geschlossenen immergrünen Busch-
walde der Mittelmeerländer, der «Macchie»^) bedeckten, respektive bedeckt ge-
wesenen Landstriche zum Mediterrangebiet, sondern auch diejenigen^ in denen
einige der oben genannten Bestandteile der Macchie (nebst mehreren der
genannten anderen Pflanzen) — wenn auch nur zerstreut — vorkommen. Die
') Ein Zusatz Becks.
-) Nebst gewissen Waldformationen.
27
Macchie, die sozusagen den Höhepunkt und die charakteristischste Ausgestal-
tung der mediterranen Vegetation bezeichnet, erfüllt die Südspitze von Istrien^)
und beherrscht^) die ganze istrianisch-dalmatinische Inselwelt, fehlt jedoch auf
Veglia und hält von Cherso nur den südlichsten Teil, von Arbe und Pago nur die
von der kroatischen Küste abgewendeten, der Bora wenig ausgesetzten Teile
besetzt. Auf dem Festlande beginnt die Macchienregion erst in der Breite von
Sebenico, sie geht, auf einen schmalen Küstenstreif beschränkt, zum Teile,
namentlich im Norden, nicht so weit ins Innere als die mediterrane Vegetation
überhaupt und wird durch die Niederungen der Narentamündungen gänzlich
unterbrochen, während südlich von diesen ihr Areal mit demjenigen der Mittel-
meervegetation (als Ganzem) identisch ist.
Durch den scharfen Küstenvorsprung «punta Planka» (halbwegs zwischen
Sebenico und Spalato) wird die «istrisch-dalmat inisc he» von der «süd-
dalmatinischen» Macchienregion getrennt.^)
Die übrigen dem mediterranen Gebiete zugezählten Gegenden sind nach
Beck als «Übergangsregionen» aufzufassen. In ihnen verlieren die immer-
grünen Gehölze ihre Vorherrschaft, sie «zersplittern ihren Zusammenschluß,
gewinnen als Gehölzbildner nirgends mehr die Oberhand».^) Hand in Hand
damit tritt eine ausgiebige Vermengung der mediterranen mit den Pflanzen der
Karstregion ein, die laubabwerfenden Gehölze der letzteren treten immer mehr
und mehr in den Vordergrund. Besonders ist dies in der «liburnischen Re-
gion» der Fall, die einen quer über Istrien (nördlich von der mediterranen
Südspitze) verlaufenden Streifen, ferner einen schmalen Strich der (sehr steilen)
istrianischen Ostküste umfaßt und an der kroatischen Küste bis in die Gegend
von Novi reicht, ferner auch das Gebiet von Carlopago in sich schließt. Ebenso
gehört fast ganz Veglia, das nördliche Drittel von Cherso und die der kroa-
tischen Küste zugewandten Teile von Arbe und Pago zur liburnischen Region.
Was nach Ausschaltung dieser und der Macchienregionen vom Mediterrangebiet
noch übrig bleibt, gehört zu den eigentlichen «Übergangsregionen», der
«norddalmatinischen» im Norden, der «herzego winisch-montenegri-
nischen» im Süden.
Zu diesen «Übergangsregionen» gehören wohl auch die Küsten West-
istriens und des Golfes von Triest, die trotz des Besitzes einer ganzen Anzahl
mediterraner Pflanzen doch schon Übergänge zur Karstregion darstellen.
PospichaF) will diese Gebiete ganz aus dem Mediterrangebiet ausgeschaltet
^) Bis zu zirka llöm (Freyn).
^) Nebst gewissen Waldformationen.
^) Um eine zusammenhängende Darstellung zu ermöglichen, mußte im zweiten
Teile dieses Führers einiges von dem hier Gesagten Aviederholt werden.
■*) Beck, Illyrien, S. 43i.
^) Flora des österreichischen Küstenlandes. Leipzig und Wien, F. Deuticke, 1897,
Bd. I, S. XL.
28
wissen und bezeichnet sie als «submediterran». Die beiden Auffassungen sind
schließlich nichts anderes als der Ausdruck, für die Bedeutung, die verschiedene
Autoren dem mehr vereinzelten Auftreten mediterraner Pflanzen (also nicht in
der geschlossenen Formation der Macchie) beimessen: dem einen genügt diese
Art des Auftretens für die Zurechnung zum Mediterrangebiet, dem andern nicht.
Nach meinem Empfinden wäre zum mindesten die Küste südlich von Abbazia
bis gegen Mogcenice, deren Vegetation ich einigermaßen kenne, vom mediter-
ranen Gebiet völlig auszuschließen. Schließlich ist das aber bis zu einem
gewissen Grade Geschmacksache, und die Hauptsache bleibt immer die, daß
die zuletzt besprochenen Gebiete als Misch- oder Übergangsgebiete hingestellt
werden. Eines ist sicher, daß nämlich die in allen diesen Ubergangsgebieten
vorkommenden Pflanzen — freilich sehr wesentlich unterstützt durch die
Kulturpflanzen, die ja aber auch ein Ausdruck der klimatischen Verhältnisse
des Landes sind — genügen, «um ihrer Pflanzenwelt einen ausgesprochen süd-
lichen Charakter zu verleihen».^) Das gilt auch von Friaul, das oben (S. 24)
zum mediterranen Gebiete gerechnet wurde. Auch hier handelt es sich um ein
Lfbergangsgebiet.
ß) Jährlicher Entwicklungsgang der Vegetation.
Das auffallendste Kennzeichen des jährlichen Entwicklungsganges der
Vegetation im Mediterrangebiete ist der Mangel jener langdauernden und ein-
schneidenden Unterbrechung der Lebenstätigkeit der Pflanzen, die bei uns
durch den Winter verursacht wird. Eine starke Reduktion des ganzen pflanz-
lichen Lebens findet natürlich auch hier im Winter statt, eine völlige, all-
gemeine Winterruhe gibt es jedoch nicht. Dieser Eindruck einer un-
unterbrochenen Entwicklung wird insbesondere hervorgebracht durch das
massenhafte und landschaftlich so bedeutsame Vorkommen der Hartlaub-
gehölze, die immergrün sind, wogegen die schwach vertretenen blatt-
wechselnden Gehölze zäh an ihrer Winterpause festhalten. Außerdem setzt
das Blühen auch während des Winters niemals ganz aus. Namentlich gibt es
in der Macchie einige Winterblü her: Arbutus Unedo, Vibiirmim Tiiiiis, Jiini-
perus Oxycedrus und macrocarpa, Erica arborea, Ruscus aculeatus. Andere sind:
Hyacinthus orientalis. Crocus-Arten, Amygdalus communis und Prunus Persica,
Cheiranthus Cheiri u. a. Außer diesen regelmäßigen Winterblühern blühen in
milden Wintern noch Nachklänge der Herbst- und Sommerflora, anderseits
aber entwickeln sich manche Frühlings-, ja sogar Frühsommerblüher unter
dem Einfluß eines warmen, bis tief in den Winter verlängerten Herbstes zum
zweiten Male, und so wird es begreiflich, daß in dem allerdings außerordentlich
') «per imprimere un carattere spiccatamente meiidionale alla sua vegetazione».
Marchesetti C, Flora di Trieste e de' suoi dintorni. Trieste 1896/97, S. XL.
29
warmen Jänner des Jahres i8g8 nach den Beobachtungen von li. Nikcjlic^) in
den Umgebungen von Ragusa nicht weniger als 65 Pflanzenarten blühend ge-
funden werden konnten. Marchesetti gibt für die Flora von Triest als im
Dezember blühend 12, im Jänner 4 — 8 Pflanzenarten an.
Hier möge noch die Frage erörtert werden, wie sich die mediterrane
Pflanzenwelt gegen Fröste verhält. Solche kommen, wie in der klimatischen
Übersicht bereits erwähnt wurde, auch in den mildesten Teilen des Gebietes
gelegentlich vor. Ein häufigeres Auftreten solcher Fröste setzt, besonders
wenn es, wie an der kroatischen Küste, mit Bora kombiniert ist, der Verbreitung
der mediterranen Gewächse überhaupt ein unüberwindliches Hindernis ent-
gegen; kürzere Fröste werden von den immergrünen Holzgewächsen — auf
die es ja hier in erster Linie ankommt — ohne Nachteil ertragen (^Laiirus
nobilis z. B. bis — 10°). Manche sicher zur Mediterranflora zu zählende Pflanzen
sind gegen Kälte so wenig empfindlich, daß sie hoch in die Gebirge hinauf und
weit ins Innere des Landes hinein reichen und so sich oft mit tiefer herab-
gehenden subalpinen Typen mengen, wodurch ungemein reizvolle Vegeta-
tionsbilder entstehen ; eine Exkursion nach Montenegro gibt Gelegenheit,
derlei auf dem steilen Hange über Cattaro zu beobachten. Als Beispiele für
besonders widerstandsfähige Mediterranpflanzen führt Beck unter anderem an:
Ceterach officinaniin (1629 '"' Spitze des Trebevic bei Sarajevo), Asphodelus
albus (1500 m, Cincer bei Livno), Marnibiwn candidissimum (1173 m), Salvia
officinalis (iioo?;z; ich fand sie auf dem höchsten Punkte der Straße Cattaro —
Cetinje, dem «Golo brdo», bei 1274 "0» Euphorbia spinosa (iioo m), Juniperus
Oxycedrus (1020 m), Chrysanthemum cinerariaefolium (1000 ?n), Inula Candida
(910 m). Es ist beachtenswert, daß unter diesen Pflanzen eine ganze Anzahl zu
den an die üürre des mediterranen Sommers bestangepaßten Arten gehört.
Spezifische Kälteschutzmittel sind bei Mediterranpflanzen ebensowenig bekannt,
wie sie bei anderen Pflanzen sicher nachgewiesen werden konnten.
Ein stärkeres Einsetzen der Vegetationstätigkeit — Frühlingsanfang
— beginnt um die Wende von Februar und März. Natürlich ist da —
sowie in den übrigen phänologischen Erscheinungen — zwischen dem Norden
und dem Süden des Gebietes ein beträchtlicher Unterschied; Ragusa ist der
Quarneroküste um zirka 3o, Lussinpiccolo um 20 — 25 Tage voraus. In kalten
Jahren ist es aber schon vorgekommen, daß Zara gegen Wien um 3 — 8 Tage
zurück war !
Im April steuert die Vegetation bereits mächtig ihrem Höhepunkte zu;
jetzt ist die Blütezeit vieler Zwiebel- und Knollenpflanzen. Um die Wende
von Mai und Juni wird der Höhepunkt erreicht; zahllose einjährige
Pflanzen, viele andere krautige Gewächse ohne Schutzeinrichtungen gegen
^) Phänologische Mitteilungen aus der Winterflora Ragusas. Österreichische bota-
nische Zeitschrift, Jahrgang 1898, S. 45 i f.
3o
übermäßige Transpiration, daher mit frischgrünen, zarten Blättern, bedecken
die steinigen Triften, die C7.s7»5-Bestände stehen in Blüte, tausende von blühen-
den Salbeibüschen zaubern einen violetten Ton auf die Berghänge. Nur in
sehr trockenen Sommen/j^ wie im vorjährigen (1904) kommt es vor, daß schon
Ende Mai die nicht besonders geschützten Pflanzen verdorrt sind, die Land-
schaft schon um diese Zeit ein ganz sommerliches Aussehen bekommt und man
recht enttäuscht von einer oder der andern botanischen Exkursion zurückkehrt.
Aber das ist ein Ausnahmsfall; der Mai ist im allgemeinen die gün-
stigste Zeit zu einer botanischen Bereisung unseres Gebietes,
Ende Juni beginnt die Dürre. Eine krautige Pflanze nach der andern ver-
gilbt, verdorrt, verschwindet. Die Perennen ziehen ein, die Annuellen gehen
nach Ausreifung der Samen ganz zugrunde, und nur die Hartlaubgehölze
und eine Anzahl anderer zur Überdauerung der Dürre besonders angepaßter
Pflanzen vegetieren weiter. Manche unter ihnen sind distelartig, andere haben
graues oder fast weißes Laub — fast keine zeigt freudige Farben: das Wort
von der «staubigen» Pracht des Südens gilt jetzt auch für die Vegetation.
So stellt die Zeit von Anfang Juli bis in den September, wenn
wieder die ersten ausgiebigen Regen fallen, für die meisten Pflanzen des Medi-
terrangebietes eine Zeit der Ruhe dar — viel einschneidender als die nur
angedeutete Winterpause. Eine Ausnahme machen die meisten Halophyten,
die an dem der Feuchtigkeit niemals entbehrenden Meeresstrande gerade um
diese Zeit auf der Höhe ihrer Entwicklung stehen.
Wenn dann im September die Temperatur sinkt und die ersten Herbst-
regen sich einstellen, beginnt sich — freilich in viel bescheidenerem Maße als
vorher — pflanzliches Leben zu regen: manche ein- und zweijährigen Ge-
wächse keimen, manche Perennen treiben nochmals aus, und frisches Grün
tritt wieder an die Stelle des fahlen Gelb. Einige Sträucher (so Ligiistrum
vulgare, Cornus sanguinea, Piriis communis) blühen zum zweiten Male, und
dieser «Nachsommer» kann unter günstigen Witterungsverhältnissen ohne Un-
terbrechung bis in den Winter dauern und ebenso unmerklich in den Frühling
übergehen — wie oben bereits geschildert worden ist.
7) Ökologie der Mediterranpflanzcn.
Das dem Pflanzenleben der Mediterranländer am meisten
feindliche klimatische Erei gnis ist die Sommerdü r re und die damit
verbundene Wasserno t. Die Einrichtungen der Pflanzen, diese böse Zeit
ohne Schaden zu überdauern, sind sehr mannigfach.
Die einjährigen Pflanzen beschließen ihr Leben vor Beginn der
Dürre oder beginnen dasselbe erst nach derselben ; sie überdauern die Zeit der
Vegetationsruhe als Samen.
Die perennen, nicht holzigen Pflanzen («Stauden») ziehen ein oder
reifen höchstens ihre Samen aus ; ihre unterirdischen, oft sehr saftreichen Or-
3i
gane (Zwiebeln, Knollen) sind bisweilen durch trockenhäutige Schalen, bei
Gräsern durch «Tuniken» ^) geschützt.
Sehr auffallend sind die Transpirationsschutz-Einrichtungen bei
denjenigen Pflanzen des Mediterrangebietes, die mit oberirdischen Organen
die Dürre überdauern.
Die Hart lau b geh ölze (Sklerophyllen), eine Vegetationsform, die in
allen Gebieten der Erde mit Winterregen und Sommerdürre — außer dem Medi-
terrangebiet: Südwestecke Afrikas, Südwestaustralien und Teile Südaustra-
liens, Mittelchile, ein Teil der kalifornischen Küste^) — in großer ökologischer
Einförmigkeit, wenn auch floristisch sehr verschieden auftritt, haben folgende
Einrichtungen gegen übermäßige Transpiration aufzuweisen:
1. Stark verdickte Epidermis und dicke Cuticula; daher sind die
Blätter steif, «lederig»; diese Beschaffenheit der Blätter begünstigt auch die
Widerstandsfähigkeit derselben gegen die mechanische Wirkung der heftigen
Regengüsse.
2. Versenkung der Spaltöffnungen, manchmal in mit Haaren aus-
gekleidete Gruben (Nerium).
3. Einrollung der Blattränder nach unten (Erica).
4. Bekleidung mit vertrockneten lufterfüllten Haaren, vornehmlich auf
der Unterseite : Schildhaare bei Olea eiiropaea, büschelige Sternhaare bei Qiier-
ciis Hex.
5. Wasserspeichernde Gewebe als Schutzmittel gegen das Ver-
trocknen spricht Schim per ^) den Hartlaubgehölzen ab; Beck betrachtet
als solche «Epidermiszellen mit schleimigem Inhalte oder wässerigen Säften»
(Ceratonia siliqiia) sowie wasserführende Hypodermbildungen (Rosmarinus offi-
cinalis, Nerium Oleander, Pinns). Bei Pistacia Lentiscus und Qiierciis Hex ist
vorzugsweise oder ausschließlich der Blattrand mit einem Wassergewebe ver-
sehen.
Die Phyllo kl ad ien -Pflanzen (Ruscus aculeatus, Asparagus acutifolius)
sind ökologisch den vSklerophyllen eng verwandt.
Die V er minderung der transpirier enden O ber fläche kann erreicht
werden :
I. Durch Blattarmut, geringe Größe der Blätter und Verlust
der meisten Blätter vor Beginn der Sommerdürre; bei diesen «Ruten-
1) Haclcef (Verb, d, zool.-bot. Ges. XL [1890], S. i32) versteht darunter die
aus den abgestorbenen, am Grunde der Halme und Innovationssprosse vieler Gräser
dicht gehäuften Blattscheiden gebildeten Hüllen; er unterscheidet «Strohtuniken» (Scheiden
ganz vorhanden) und «Fasertuniken» (nur die Gefäßbündel sind übrig).
2) Alle diese klimatisch ähnlichen Länder liegen an der Westseite der Konti-
nente unter annähernd derselben geographischen Breite! Philippson, Das Mittel-
meergebiet, s. 93.
•') Pflanzengeographie, S. 54-^'
32
sträuchern» übernimmt die Stengelrinde die Assimilation {Ephedra-Arten,
Osyris alba, Sparthim junceimi, Calycotome infesta, Cytisiis radiatus). Bei
Calycotome infesta und Cytisus radiatus kleidet das grüne Assimilationsgewebe
Längsfurchen des Stengels aus, in die, von dichtstehenden Haaren bedeckt, die
vSpaltöffnungen eingesenlct sind. — vStammsukkulente sind (abgesehen von ge-
wissen Halophyten) in unserem Gebiete nicht heimisch; dagegen spielen gewisse
eingeschleppte und verwildernde Kakteen (0^»»//ö!-Arten) landschaftlich manch-
mal eine nicht unbedeutende Rolle.
2. Durch Ausbildung von «Dickblättern» (Sediim, Cotyledon).^)
Die wenigen sommergrünen Holzgewächse unseres Gebietes lassen
an ihren Blättern entweder keine Schutzmittel gegen übermäßige Transpiration
erkennen (Colutea arborescens), oder dieselben sind nicht so ausgesprochen wie
bei denen der Hartlaubgehölze: Epidermis verdickt und stark kutinisiert bei
Celtis, Rhamniis, Fraxiuiis onnis, Acer monspessidamnn, Ficiis carica, wodurch
die Blätter oft etwas «lederig» werden. Häufiger sind nicht außergewöhnlich
stark verdickte Epidermiszellen mit schleimigem, wasserspeicherndem Inhalt
(Monis, Ulmus, Celtis, Qiiercus, Carpinus,. Castanea, Rhamnus, Paliiirus etc.).
Starke Behaarung der Unterseite findet sich bei Qiiercus laniiginosa und Vitex
agnus castus.
Diejenigen mediterranen Stauden und Halbsträucher, welche die
Sommerdürre beblättert überdauern, weisen besonders zwei Arten von Ein-
richtungen gegen übermäßige Transpiration auf:
1. Starke Behaarung der Blätter oder aller oberirdischen Teile der
Pflanze; hierher gehören namentlich einige Labiaten (Salvia officinalis, Marrii-
bimn candidissimiim, Phlomis fruticosa, Teiicrium Poliuiu) und Kompositen
(Imila Candida, Helichrysum italiciim, Centaurea ragusina, Chrysanthemum cine-
rariaefolium); andere sind: Convohnihis tenuissimus, Arten der Gattungen Ver-
bascum, Alyssimi und Artemisia. Unter den genannten Arten sind einige, die
durch ihre auffallende Tracht, ihr massenhaftes Auftreten, noch dazu zu einer
Zeit, wo die meisten anderen krautigen Pflanzen der Dürre bereits erlegen oder
vom Weidevieh abgefressen worden sind, zu den auch dem Nichtbotaniker am
meisten auffallenden Pflanzen gehören; auf den entwaldeten «Felsenheiden»
Dalmatiens sind sie geradezu landschaftlich tonangebend.
2. Reichtum an ätherischen Ölen. Hierher gehören unter anderen
die oben (sub i) genannten Labiaten, ferner Imila Candida und Helichrysum
italiciim. Die Mengen ätherischen Öles, welche die Blätter dieser Pflanzen ent-
halten, sind sehr bedeutend. Wandert man an einem heißen Tage über eine
mit Salvia officinalis bestandene Fläche, so kann man beobachten, daß die Luft
ganz erfüllt ist mit dem Duft des in Menge verdunstenden ätherischen Öles.
Es ist nicht etwa nötig, behufs Wahrnehmung des Geruches das Gesicht den
I) Die blattsukkulente Agave americana kommt häufig verwildert vor.
35
Pflanzen zu nähern, auch ist der Uuft nicht auf einzehie Stellen beschrankt,
sundern die ganze über dem Bestände lagernde Luft riecht nach Salbei. Die
Sonnenstrahlen müssen also diese Luftschicht passieren, und Tyndall hat
gezeigt, daß solche mit ätherischen Ölen geschwängerte Luft für Wärme-
strahlen viel weniger durchlässig ist als reine Luft, die «üiathermansie» der
ersteren ist viel geringer, oder — was dasselbe besagt — die Absorption der
Wärmestrahlen ist erheblich größer. Bezeichnet man diese für Luft mit i, so
beträgt sie für Luft, die erfüllt ist mit Dämpfen von
Lavendelöl 60
Thymianöl 74
Rosmarinöl 74
Spiköl (Lavandida Spica] . . 355^)
Die Stellung, welche die verschiedenen Autoren der Tyn dal Ischen
Theorie gegenüber einnehmen, ist verschieden. Haberlandt scheint in seiner
«Physiologischen Pflanzenanatomie» (IL Aufl., S. 436 f.) derselben zuzustimmen,
ebenso — etwas reservierter — Warming in der «Ökologischen Pflanzen-
geographie» (II. Aufl., S. 205) und Beck (Illyrien, S. 117). C. Detto meint in
dem in der Fußnote erwähnten Aufsatze, die Tyndall sehe Hypothese habe
gerade mit Rücksicht darauf sehr viel Bestechendes, daß die Pflanzen, die
reichlich ätherisches Öl in den vegetativen Organen führen, meist Bewohner
von Gebieten mit ausgeprägter Trockenzeit sind oder in Gegenden mit Reo-en
zu allen Jahreszeiten die trockensten, sonnigsten Standorte bewohnen. Doch
meint er anderseits, daß diese Pflanzen durch andere Einrichtungen genücrend
vor dem Vertrocknen geschützt seien, daß ferner die ölgeschwängerte Luft
nur bei Windstille oder schwachem Luftzug wirksam sei und daß daher der
Schutz gegen Tierfraß — für den gerade die oben erwähnten Labiaten und
Kompositen ausgezeichnete Beispiele sind — mindestens die Hauptfunktion des
ätherischen Öles ist, daß aber jedenfalls «nicht die vSonnenwärme, sondern die
tierischen Feinde als Zuchtwahlfaktoren der ölbildenden Organe» anzusehen
sind. Dies kann wohl zugegeben werden; trotzdem kann die mit ätherischem
Öl beladene Luftschicht, welche über den Pflanzen lagert, unter den ent-
sprechenden äußeren Verhältnissen ganz wohl die Wirkung der übrigen Tran-
spirationsschutz-Einrichtungen unterstützen.^)
Beiläufig sei an dieser Stelle noch bemerkt, daß manche Pflanzen, so
Euphorbia spinosa, Wiilfenii, durch giftige Milchsäfte vor dem Zahne der
Weidetiere geschützt sind, wogegen den distelartigen Kompositen (Carduus,
^) Vgl. Detto C, Die Bedeutung der ätherischen Öle und Harze im Leben der
Pflanze. Naturwissenschaftliche Wochenschrift XIX, Kr. 21 und 22. — Derselbe: Über
die Bedeutung der ätherischen Öle bei den Xerophyten. Flora, igoS.
-) Auch bei einigen Hartlaubgehölzen kommt ätherisches Öl vor (Pliillyrea, Lau-
ras, Arbutus, Myrtiis).
Exkursion in die illyrischcn Länder. 3
34
Cirsium, Scolynius, Echinops) und LJmbelliferen (Eryngiinii) ilire Stacheln nur
wenig nützen; dagegen ist die Struktur dieser Pflanzen zweifellos als xerophy-
tisch zu betrachten.
Die xerophytisc^en Gräser des Mediterrangebietes weisen fast durch-
wegs an ihren Blättern einen durch den Turgor bestimmter Zellen regulierten
EinroUungs- oder Zusammenfaltungsmechanismus^) auf, wodurch bei trockenem
Wetter die hier auf der Oberseite befindlichen Spaltöffnungen in «windstille»
Räume einmünden.
Die Halophyten^) haben bekanntlich größtenteils den Bau von Xero-
phyten, nach Schimper deshalb, weil durch Verringerung der Transpiration
weniger Wasser aufgenommen und damit auch weniger von dem in zu großer
Menge als Gift wirkenden Salz in der Pflanze angehäuft wird. Dieser Ansicht
Schimpers ist vielfach widersprochen worden (vgl. Warming, Ökologische
Pflanzengeographie, II. Aufl., S. Sogf.); Stahl hat insbesondere darauf hin-
gewiesen, daß die Halophyten, auch wenn sie welken, nicht imstande sind, die
Spaltöffnungen zu schließen, wodurch die Ausbildung anderer Schutzmittel
gegen übermäßige IVanspiration nötig wird.
Unter den mediterranen Halophyten sind folgende xerophytische Typen
vertreten:
1. Blattsukkulente (Siiaeda, Atriplex, Spet-gitlaria, Cakile maritima,
Critlunum viaritimum, Imila crithmoides).
2. Stamm sukkulente ('S^/Zcor»/^^ Arthrocnemum).
3. Pflanzen mit dichter Behaarung (Medicago marina).
4. Disteln (Echinophoj'a spinosa, Eryngiiim maritimiim).
5. Grasartige Pflanzen mit einrollbaren oder einfaltbaren Blät-
tern {Agropyrum-hrt&n).
6. Blattarme Cyperazeen und Junkazeen («junkoide Sprosse» nach War-
ming; ökologisch den Rutensträuchern verwandt): Scirpus, Holoschoemis,
Jimcus.
0) Die Pflanzenformationen des Mediterrangebietes.
Zu den «Busch- und Baumformationen» des illyrischen Küstenge-
bietes rechnet Beck folgende:
I. Die Macchie,^) den immergrünen Buschwald des Mediterrangebietes,
zugleich seine bezeichnendste Formation, welche von Spanien bis Palästina
weite Strecken der Küstengebiete überzieht. Der Name «Macchia» ist ita-
lienisch; in Spanien heißt die Formation «Monte bajo», in der Literatur wird
meist der korsische Ausdruck «Macjui» gebraucht.
') Tschirch, Beiträge zur Anatomie und dem Kinrollungsmechanismus einiger
Grasblätter. Pringsheims Jahrbücher, XIII (1882).
2) Tafel XI und XII.
^) Tafel IV. und V.
35
In unserem Gebiete bedeckt die Maccliie — - allerdings in sehr verschie-
denen Erhaltungszuständen — das früher als «Macchienregion» abgegrenzte
Gebiet, das sie im südlichen Teile allerdings mit den sjjäter zu besprechenden
mediterranen Waldfürmationen teilt.
Die Gehölze der Macchie sind fast durchaus immergrün; eine
Ausnahme bilden (loronilla ojieroides und Ligustrum vulgare, deren Laub jedoch
bisweilen (namentlich bei Ligustrum) sogar den Winter wenigstens zum Teile
überdauert; dazu kommt noch Pistacia Terebinthus.
Beck führt als Gehölze der Macchie an (die Namen der charakteristischen
und häufigsten Arten sind gesperrt gedruckt):^)
Ccratonia siliqua (verwildert)
Juniperus Oxycedrus
— macrocarpa
Laurus nobilis
Rhamnus Alaternus
Mrrtus italica
Punica Gvanatum
Arbutus Unedo
Phillyrea latifolia
Olea europaea (verwildert)
Viburnum Tinus
Quercus coccifera
— II ex
Pistacia Lentiscus
Blattlos oder blattarm:
Ephedra campylopoda
Osrris alba
— phoenicea
Erica arbnrea
— vcrticillata
— midtiflora
Ruscus aculeatus
Cistus monspeliensis
— villv s u s
— salvifolius.
Sp arti u m j n n c e u m
Calycotome infesta.
Die Macchie ist sicher eine ursprüngliche Formation des Medi-
terrangebietes. Wie alle anderen Gehölzformationen dieser Länder ist jedoch
auch sie durch die Axt, durch Brände, die in Dalmatien förmlich an der Tages-
ordnung sind, und durch den Zahn des Weideviehs arg mitgenommen und nur
an wenigen Punkten dank eigentümlicher Besitzverhältnisse vor diesem Schicksal
bewahrt worden. Eine solche Macchie, wie man sie auf Lacroma und im
nordwestlichen Teile der Insel Meleda sehen kann, stellt einen mehrere Meter
hohen, überaus dichten, schwer durchdringlichen Niederwald dar, dessen licht-
armer Grund des Niederwuchses fast ganz entbehrt, umsomehr als eine dicke
Lage schwer verwesender Blätter den Boden bedeckt. Die Undurchdringlich-
keit des Busch Waldes wird noch vermehrt durch reichliche Kletterpflanzen; als
solche führt Beck an:
Immergrüne:
Smilax asper a
Rosa sempervirens
Rubu s u l m i/o l i u s
Rubia peregriua
') Hier sowie bei der ScViilderung der folgenden Formationen halte ich mich
zunächst an die auf zahlreichen Beobachtungen und der gesamten einschlägigen Lite-
ratur beruhenden Angaben Becks. Eigene Beobachtungen an den verschiedenen be-
suchten Standorten sollen mehr im speziellen Teile Raum finden.
3*
36
Sommergrüne :
Ta >ii II s c o in m ii ii i s
Clematis Viticclla
— Fl am mit/ ja
Lonicera implexa^)
Lonicera etnisca
Vincetoxicuin Hiiteri
Althaea cannabina
Rubiis discolo r
Aus dem grünen Blättermeere einer solchen unberührten Macchie erheben sich
bis zu Höhen von Sin die Kronen der Erdbeerbäume,") noch höher die der
Steineichen,^) sodaß schließlich ein Steineichen-Niederwald, '^) in günstigen Fällen
sogar ein derartiger Hochwald entstehen kann. Ein Wald der ersteren Art
befindet sich z. B. auf Meleda, Steineichen-Hochwälder finden sich noch auf
einigen dalmatinischen Inseln (Arbe, in geringer Ausdehnung auf Lagosta).
Wo die Macchie der Abholzung und Be weidung unterworfen wird,
werden vor allem die Sträucher niedriger, ästiger; außerdem wird die Macchie
zerstückelt, überall entstehen freie Plätze, verschlungene Pfade ziehen sich
durch das früher kaum durchdringbare Buschwerk. Allerhand niedere Pflanzen
siedeln sich dann an; sie gehören größtenteils der noch zu besprechenden For-
mation der «Felsenheide» an; auch ein der Macchie fremder, sommergrüner
Strauch, Paliiirus australis, erscheint. Eine solche niedrige und zerstückelte
Macchie von bedeutender Ausdehnung liegt bei Sucurac nächst Spalato. Wo
die Zerstörung der Gehölze vollständig durchgeführt wird, tritt die Felsenheide
an die Stelle der Macchie, die ihrerseits vielfach — aber gewiß nicht überall
— die Stelle ehemaliger Wälder einnimmt.
Typisch ausgebildet ist die Macchie ein Gemenge aller der erwähnten
Holzarten oder wenigstens eines guten Teiles derselben. Lokal kann natürlich
die eine oder die andere dominieren, und so kann es nicht fehlen, daß stellen-
weise diese oder jene Art reine oder fast reine Bestände bildet. Bei Juniperus
Oxycedriis ist das am öftesten der Fall, auch bei Myrtiis italica und Sparthmi
junceuni^) kommt es häufig vor. Auf Meleda sah ich auch einen fast reinen Be-
stand von Juniperus phoenicea. Auch die Cistus- Arten (so namentlich C. nion-
speliensis auf den südlichen Inseln) halten oft ausgedehnte Plätze allein oder vor-
zugsweise besetzt.
Da die Macchiengehölze fast durchaus immergrün sind, da sie überdies
auch die Sommerdürre unverändert überdauern, so ist gerade die Macchie die-
jenige Formation, in der sich der fast ununterbrochene Entwicklungsgang der
mediterranen Vegetation am klarsten ausspricht. Dazu kommt, daß sie bei der
so sehr verschiedenen Blütezeit ihrer Bestandteile niemals des Blütenschmuckes
enträt, und sollten die Blüten nicht ausreichen, so erfreut der Anblick prächtig
gefärbter Früchte das Auge. Den Höhepunkt ihrer Schönheit aber erreicht
^) Nach Fritsch, Fokorny (Österreichs HolzpOanzen) immergrün.
-) Arbutus Unedo.
^) Quercus Hex.
") Tafel III. ') Tafel X.
37
die Macchie im Mai, wenn Cistrosen und Spartium einen ganzen Regen von
weißen, rosenfarbenen und hochgelben Blüten über das immergrüne Busch-
werk streuen.
2. Der Strandföhren wald.^) Das Küstengebiet und die Inseln Dalma-
tiens südlich des 43. Grades n. Br. beherbergen einen Nadelbaum, der dort
früher gewiß viel weiter verbreitet war, sich aber auch heute noch an einzelnen
Punkten in ganz prächtigen Beständen findet: die S trandföh re oder See-
strandkiefer, auch wohl Aleppokiefer genannt (Pinus halepensis). Die
nächste Umgebung von Ragusa (die Halbinsel Lapad und das Eiland Lacroma),
vor allem aber die Insel Meleda, besitzen noch schöne Strandführenwälder, und
alle drei genannten Lokalitäten sollen später beschrieben werden. Habituell ist
die Strandföhre in vorgerückterem Alter sehr ausgezeichnet. In der Jugend ist
sie pyramidenförmig, später sterben die Äste bis in eine bedeutende Höhe des
Stammes ab, und da sie ihrerseits auch erst an der Spitze sich stärker ver-
zweigen, da ferner die Krone oben nur wenig gewölbt ist, so bekommt der
Baum einen pinienartigen Habitus, ohne jedoch die Form des «aufgespannten
Regenschirms», wie sie die Pinie besitzt, völlig zu erreichen. ^j Sehr auffallend
ist der überaus große Zapfeureichtum, zum Teile dadurch verursacht, daß die
älteren Zapfen jahrelang nicht abfallen.
Die Strandföhre ist in ihren Ansprüchen an den Boden sehr bescheiden:
sie gedeiht auf dem verkarstetsten Terrain; dagegen braucht sie Küstenklima.
Sie steigt nicht hoch empor, nach Beck nicht viel über 200m. Nördlich des
43. Breitegrades kommt sie nur angepflanzt vor.
Ein dichter Strandföhren-Jungwald hat nur sehr geringen Unterwuchs oder
ist überhaupt vegetationslos. Wie in unseren Wäldern findet eine Durch-
lichtung des Waldes statt: die alten Strandföhrenwälder sind reichlich von
Licht erfüllt; in sie dringen dann aus den benachbarten Macchien alle die
Sträucher und Schlingpflanzen ein, die wir oben kennen lernten — die Macchie
wird zum Unterholz des Strandföhrenwaldes, dessen Grund öfters auch von
einem tiefen dichten Rasen von Brachj'podium ramosiim bedeckt wird.
3. Der «mediterrane Seh warzföh ren wald», welcher die Höhen von
Sabbioncello und Brazza besiedelt hat, sei der Vollständigkeit halber erwähnt.
Der charakteristische Baum dieser Wälder ist Pinus nigra ; das Unterholz
besteht größtenteils aus Macchiensträuchern.
4. Der Lorbeerwald ist namentlich im Winkel des Quarnero, in der
Umgebung von Abbazia, entwickelt. Die dem Lorbeer beigemengten übrigen
Holzarten sind, wie es in diesem Übergangsgebiet nicht anders zu erwarten
ist, fast alle sommergrün und gehören der Karstregion an. Als Macchienstrauch
können wir den Lorbeer auf Meleda kennen lernen.
I) Tafel II und III.
^) Die botanisch nicht geschulten Touristen nennen den Baum auch meistens
c Pinie» (vgl. Tafel I.)
38
5. Der litorale Eichenwald. Nach den spärHch vorhandenen Resten
und nach gewissen historischen Anhaltspunkten zu schließen waren an den illv-
rischen Küsten und zum Teile auch auf den nördlichen Inseln außerhalb der
Macchienregion Wälder /pn sommergrünen Eichen sehr verbreitet. Beck be-
zeichnet diesen der Küste eigentümlichen, jetzt nur mehr in einzelnen Hainen
und Baumgruppen erhaltenen Wald als «litoralen Eichenwald», da er im
Norden kaum bis zoom, aber auch im südlichen Dalmatien nur an günstigen
Stellen bis 500?» ansteigt. Das Oberholz dieser Waldformation besteht
aus Qiierciis lanuginosa , sessiliflora, Robiir und anderen Arten, denen sich einige
typische Karstwaldgehölze, so Ostrya carpinifolia und Fraxinus ornus an-
schließen. Im Unterholz sind eine ganze Anzahl Macchiensträucher vertreten,
aber überdies auch einige sommergrüne, ebenfalls für den Karstwald charakte-
ristische Sträucher, so Carpinus duinensis, Palhinis australis u. a. Diese beiden
Sträucher bilden zusammen mit Jiiniperus oxycedrus an vielen Stellen der illy-
rischen Küste ein Gestrüpp, das nach Becks Ansicht den Rest verwüsteter
litoraler Eichenwälder darstellen dürfte. Der Nieder wuchs des litoralen
Eichenwaldes besteht größtenteils aus Pflanzen der Felsenheide.
6. Die dalmatinische F eisen heide^) ist wohl die verbreitetste
Formation der illyris chen Küstengebiete; alle die weiten verödeten,
abgeholzten Strecken, die früher Wälder oder Macchien trugen, sind von ihr
besetzt. Anderseits aber können die in der Felsenheide immer auftretenden,
anfangs natürlich nur zerstreut wachsenden Sträucher sich schließlich zu
einer Macchie zusammenschließen — vorausgesetzt, daß die Beweidung ein-
gestellt wird, was allerdings nur selten der Fall ist. Eine unangetastete
Felsenheide ist außerordentlich ptlanzenreich, namentlich im Mai, wenn die
zahlreichen des Transpirationsschutzes entbehrenden krautigen Gewächse in
Blüte stehen. Die Sommerdürre überdauern mit oberirdischen Organen nur
relativ wenige Pflanzen, die Einrichtungen zum Schutze vor übermäßiger
Transpiration haben; überdies sichert ihnen ihre üngenießbarkeit für Weide-
tiere ein bedeutendes Übergewicht über viele Kommensalen, sodaß sie geradezu
einen Einfluß auf das Landschaftsbild erlangen. Es sind namentlich die schon
bei anderer Gelegenheit erwähnten Labiaten ^a/v/j officinalis, Phlomis fruti-
cosa, MarriibiiiDi candidissiviuni, Teiicriiim Poliiim, die Kompositen Inula Can-
dida und Helichrysuui italicum, endlich einige Euphorbia- Arten, wie E. Wulfen i
und E. spinosa.
Die Formation der dalmatinischen Felsenheide umfaßt naturgemäß auch
die eigentlichen «Felsen pfl anze n».
Eine Aufzählung der Bestandteile der sehr artenreichen Formation wäre
zu weitläufig; es mag diesbezüglich auf Beck (Illyrien, S. 160 f.) verwiesen
werden; was ich an einzelnen Lokalitäten fand, wird im speziellen Teile des
') Tafel VII, VIII.
39
Fülirers an entsprechender Stelle erwähnt werden. Hier mögen nur noch einige
der sehr auffallenden Bew oh ner der Mauern und Festungs wälle') der
illyrischen Städte genannt werden, wobei bemerkt werden muß, daß nicht nur
an verfallenden, sondern auch an ganz unversehrten Mauern von noch in Ge-
brauch stehenden Gebäuden eine reiche Flora zu finden ist; diesen Umstand
erklärt einerseits die große Gleichgültigkeit der Südländer gegenüber einem
derartigen Schmuck, der bei uns wahrscheinlich alsbald entfernt würde, ander-
seits aber und vorzugsweise der Mangel eines Bewurfes an den meisten dieser
aus Kalkquadern erbauten Häuser; in den Ritzen zwischen den Steinen ist
sonach reichlich Raum zur Ansiedlung gewisser genügsamer Pflanzen. Als
solche Bewohner der Mauern, die sich aus der F'ormation der Felsenheide re-
krutieren und nur in der Nähe des Meeres durch einige Charaktergewächse
der Strandklippen (so namentlich Crithiiiinn maritiniinn) verstärkt werden, führt
Beck (Illyrien, S. 15g) unter anderen folgende an:
CeteracJi officinavum,
Parietaria diffusa
Corrdalis ochroleuca
Capparis riipestris
Cheiranthus Clieiri
Matthiola incana
Reseda alba
CritJimum maritim um
Cotylcdon Umbilieiis
Salvia officinalis
Antirvliinum malus
Llnarla Cvmbalarla
Campanula pyramidalis
Centranthus ruber
Valllantla muralls
Inida Candida.
7. Die hal ophy tischen Formationen^) sowie die Bewohner der
Sümpfe sollen nach meinen eigenen Aufsammlungen im speziellen Teile be-
sprochen werden.
8. K ul t urp flanze n. In einem so alten Kulturlande, wie es das illyrische
Küstengebiet ist, spielen natürlich die Kulturpflanzen eine sehr große Rolle
und wie fast überall im Mediterrangebiete beeinflussen sie (in Verbindung mit
einigen leicht verwildernden Pflanzen) das Landschaftsbild in einem Grade, der
in Mitteleuropa etwa nur in den Getreideebenen übertroffen wird. Dabei ist
jedoch immer festzuhalten, daß die produktive Bodenfläche relativ
sehr gering ist.
Das Terrain für Kulturen muß meist in hartem Kampfe dem sterilen
Boden abgerungen werden. Am schwersten ist dieser Kampf an den Hängen
der Berge und Hügel. Die meisten nicht zu großen Steine und Felsblöcke, die
aus dem Boden hervorragen, werden ausgehoben oder ausgesprengt; trotzdem
sieht man noch immer ziemlich viele Steinblöcke in den Kulturen stehen. Dann
muß das abschüssige Terrain durch Terrassierung^) vor dem Verlust der Erde
durch Abschwemmuncr bewahrt werden. Einfacher gestaltet sich die Sache
») Tafel XIII.
2) Tafel XI, XII.
^) Tafel XVII.
40
dort, wo die Terra rossa in Do] inen und Poljen zusammenoresch \v emm t
ist und — wie schon erwähnt — mächtige steinarme Ablagerungen im Grunde
dieser Vertiefungen bildet. Dort beschränkt sich (so namentlich auf den süd-
lichsten Inseln) die Kultu.'.auf diese Erdansammlungen, ^) und die daneben sich
erhebenden Hänge sind verödet oder mit Macchie bedeckt. 2) Am trostlosesten
sind die Bedingungen auf den — allerdings nicht mehr zum Mediterrangebiete
zu rechnenden — Flächen im Innern des Landes, wo sich der Ackerbau viel-
fach auf die winzige, manchmal nur ein paar Quadratmeter haltende Boden-
fläche von ein paar Dolinen erstreckt. Sorgsam entfernt der Besitzer dieses
Schatzes alle vSteine aus der Erdansammlung, sorgsam schlichtet er um sein
«Feld» Steine zu einer niedrigen Mauer auf, um ungebetenen Gästen den Ein-
tritt zu wehren; es soll sogar vorkommen, daß er seine Erde gegen seinen
Nachbarn schützen muß, der, um ein paar Handvoll des köstlichen Gutes sich
anzueignen, der Doline einen nächtlichen Besuch abstattet.
Das wichtigste Kulturgewächs nicht nur des mediterranen Anteils
unseres Gebietes, sondern der Mittelmeerländer überhaupt ist der Ölbaum^)
(Olea europaea)-. seine Frucht, die Olive, wird in verschiedener Zubereitung
verspeist, das Öl aber spielt eine viel größere Rolle wie bei uns, da es auch
die meisten tierischen Fette ersetzt. Er ist eines der bezeichnendsten
Gewächse der mediterranen Flora und wird mit vollem Recht als eine
der wichtigsten «Leitpflanzen» dieses Florengebietes überhaupt betrachtet.
Er ist sosehr ein getreues Abbild des mediterranen Klimas, daß er in alle die
oben'^) genannten, mit den Mittelmeerländern klimatisch übereinstimmenden
Gebiete mit mehr oder weniger Erfolg eingeführt werden konnte. Landschaft-
lich ist er eines der hervorstechendsten Gewächse: sein graues Laub verleiht
ganzen Landstrichen einen eigentümlichen, wenn auch keineswegs freundlichen
Charakter.
Die Heimat des Ölbaumes erstreckt sich nach der Meinung Th.
F'ischers,^) der in einer kürzlich erschienenen Schrift alle diesbezüglichen
Beobachtungen zusammengestellt und kritisch beleuchtet hat, «vom Ostrande von
Iran bis in das südwestliche Marokko, anscheinend nur ausnahmsweise nörd-
lich vom 40. Parallel». Dabei liegt seine größte Verbreitung im Südwesten
des Mittelmeergebietes, wo er (so im südlichen vSpanien und in den Atlas-
ländern) waldbildend auftritt. Das Gesagte gilt für den «Oleaster», den wilden
(Ölbaum, denn das V^erbreitungsgebiet des kultivierten Fruchtbaumes deckt sich
') Tafel XVir.
-) Tafel XVIII. Die hier dargestellte Landschaft gehcirt allerdings der Karst-
region an.
^) Tafel XV.
") S. 3i.
*) Der Ölbaum. Seine geographische Verbreitung, seine wirtschaftliche und kultur-
hislorische Bedeutung. Petermanns Mitteilungen, Ergänzungsheft Nr. 147, 1904.
41
— wie schon erwähnt — ziemlich mit dem Mediterrangebiet (in pflanzengeo-
graphischem Sinne); als Zierhaum kommt er auch in viel nördlicher gelegenen
Gegenden vor, so hie und da in h^ngland und der Bretagne, wo er jedoch nicht
einmal blüht. Die Höhengrenze des Ölbaumes liegt im Quarnero bei zirka 150 ;;;
(Lorenz), bei 'Priest bei 200m (Marchesetti), bei Ragusa bei 3oom (Beck).
Eine andere Frage als die nach der Heimat des Oleasters ist die, woher
die Kultur des Ölbaumes ihren Anfang genommen hat. Und da läßt sich (vgl.
Fischers Schrift, S. 4) historisch nachweisen, daß dieselbe sich von Syrien
aus nach Westen allmählich über die ganzen Mittelmeerländer verbreitet hat.
Wenn ich Fischers Ausführungen recht verstehe, meint er, daß aus dem
()li)aum nie durch Rückschlag ein Oleaster werden könne. Die gelegentlich
in den Macchien üalmatiens vorkommenden, klein- und relativ breitblättrigen
Exemplare entsprechen aber ganz der Beschreibung, die Fischer vom Oleaster
gibt; und in üalmatien gibt es kaum wilde Ölbäume, sondern nur verwil-
derte (vgl. auch Beck, Illyrien, S. 128 und 175). Übrigens behauptet Fischer
auch nirgends ausdrücklich, daß gerade in Dalmatien wilde Ölbäume
vorkommen.
Die zweitwichtigste Kulturpflanze unseres Gebietes ist der Weinstock
(Vitis vinifera), dessen Kulturen nach Zotti (vgl. Beck, Illyrien, S. 17g, Anm.)
8°/o des gesamten Flächeninhaltes Dalmatiens und 37° jo der Kulturfläche
dieses Landes einnehmen. Der Weinstock ist — wie ja schon sein Anbau in
Mitteleuropa vermuten läßt — keineswegs auf das Mediterrangebiet beschränkt,
sondern reicht weit in die Karstregion hinein, so im Becken von Njegus in
Montenegro, wo er bis goo 711 ansteigt (Baldacci).
Am reichsten an Weinanpflanzungen sind die Flyschgebiete (Castelli,
Spalatiner Halbinsel, Canali), ferner die großen mitteldalmatinischen Inseln
(Lissa, Lesina, Brazza). Die Triebe des Weinstockes werden meist nicht so
tief unten abgeschnitten wie bei uns, sodaß der Stamm etwa meterlang wird.
Für manche Gegenden, so namentlich für Friaul, ist eine interessante Kombi-
nation von Obst-, Wein- und Getreide- oder Gemüsebau charakte-
ristisch. Man pflanzt da die Obstbäume in größeren Abständen voneinander,
sodaß dem Boden genügend Licht zufließt, benützt sie oder andere nicht als
solche nutzbringende, sondern nur zum Zwecke der Weinkultur gepflanzte
Baumarten (Ulmen, Acer cavipestre) als Stützen für die Rebe, die sodann ihren
ursprünglichen Lianenwuchs wieder bekommt, und baut zwischen alledem noch
Getreide oder Gemüse. Statt der Obstbäume können auch Ölbäume verwendet
werden; auch die Kombination dieser mit Getreide allein — ohne Wein — ist
nicht selten.
Die istrianischen und dalmatinischen Weine sind zum größten Teile sehr
dunkle Rotweine.
Die Phylloxera hat noch nicht alle Weingärten ergriffen; gegenwärtig
ist sie noch auf die Nordhälfte des illyrischen Küstengebietes beschränkt; die
42
Südgrenze ihrer Verbreitung kann etwa durch eine von Sebenico zur üinara
gezogene Linie dargestellt werden.^) Dagegen \st Plasmopara viticola im Küsten-
land und in Dalmatien allgemein verbreitet, tritt jedoch nicht jedes Jahr überall
und nicht in gleicher Stär'^e auf.
In der Nähe der Weingärten wird das «Rohr» (Ariindo doitax), dessen
kräftige Halme als Stützen, sowie die Silberweide (Salix alba), deren Zweige
zum Festbinden der Reben Verwendung finden, vielfach kultiviert.
Der Feigenbaum (Ficus carica) mit seinen großen gelappten Blättern und
seinem breitausladenden Wüchse ist ein landschaftlich überaus auffallendes
Kulturgewächs. Er dringt horizontal und vertikal weiter vor als der Ölbaum,
überschreitet somit die Grenzen der mediterranen Flora, wie er ja auch an
günstigen Stellen (z. B. an sonnigen Mauern) in Mitteleuropa ganz gut gedeiht.
Der Granatapfelbaum (Punica Granatum) gehört gleichfalls zu den
härteren Mediterranpflanzen; er ist nach Becks Ansicht in Illyrien wild und
dringt (nur wildwachsend) bis ins Narentadefilee vor.
Der Johannisbrotbaum oder Karobenbaum (Ceratonia siliqua) wird
namentlich auf den südlicheren Inseln gebaut; die größte Anpflanzung befindet
sich in der Umgebung des Hafenstädtchens Comisa auf der Insel Lissa. Als
kleinen Strauch findet man ihn hie und da verwildert.
Die Orangen- und Zitronenbäume (C7/rz/i-Arten) spielen im illy-
rischen Küstengebiete so gut wie keine Rolle. Einzelne Exemplare finden sich
in den Gärten Süddalmatiens.
Das Kernobst spielt gleichfalls keine große Rolle ; eine interessante,
nicht selten (so im Gebiet des Monte Maggiore) kultivierte Kernobstart ist der
«Speierling» (Sorbus domestica).
Unter den Steinobstarten sind namentlich diejenigen reich vertreten,
die bei uns nur in wärmeren Lagen gedeihen, so Pfirsich (Prunus Persica),
Aprikose (Prunus Anneniaca) und namentlich der sehr häufige Mandelbaum
(Prunus communis). Die interessanteste Steinobstart Dalmatiens ist jedoch
Prunus Cerasus var. Marasca, die in der Umgebung von Zara und in dem Land-
strich zwischen Spalato und Almissa kultiviert wird, und zwar — wenigstens
bei Zara — so, daß Edelreiser auf den Stamm des dort häufigen Prunus Ma-
haleb aufgepfropft werden. Die Pflanze unterscheidet sich übrigens recht wenig
') Nach Mitteilung des Leiters der k. k. landwirtschaftlichen Lehr- und Versuchs-
anstalt in Spalato, Herrn J. Slaus-Kantschieder. — Verseucht oder wenigstens
seuchenverdächtig waren (im Jahre igoS), ausgedrückt in Prozenten der Gesamt-Anbau-
fläche: in Görz-Gradiska 78'53°/o
im Gebiete von Triest lOO "/o
in Istrien 90'98"/o
in Dalmatien 3l-i6°/o
(Mitteilung von Herrn Prof. Dr. F. Krasser von der önologisch-pomologischen Lehr-
anstalt in Klosterneubur'').
43
von der gewöhnlichen Weiclisel (Prunus Cerasus). Die Früchte werden bei
Zara zur üarstelking eines Likörs, des Maraschino, verwendet.
Maulbeerbäume (Monis alba und nigra) werden sehr häufig kultiviert.
Die Getreidearten spielen im Verhältnis zu den übrigen Kulturpflanzen
eine recht geringe Rolle. Außer den in Mitteleuropa vorkommenden Zerealien^)
werden noch kultiviert: in Friaul nebst anderen Maisrassen eine Sorte von sehr
kleinkörnigem Spätmais («cinquantina»), ferner die Mohrenhirse (Sorghum vul-
gare) und in einzelnen Gegenden auch Reis (Ory:^a sativa), dessen Kultur aber
als unrentabel immer mehr und mehr zurückgeht. Hirse (Panicum miliaceum)
und Kolbenhirse (Setaria italica) werden stellenweise kultiviert.
Unter den Hülsenfrüchten ist die auf Feldern nicht selten gebaute
Kichererbse (Cicer arietiiUDuJ erwähnenswert.
Die mitteleuropäischen Gemüse gedeihen wohl alle in unserem Ge-
biete; Kürbisse (Cucurbita Pepo) und Flaschenkürbisse (Lagenaria vulgaris)
spielen eine viel größere Rolle als bei uns; sehr beliebt ist auch die Artischocke
(Cynara Scolymus), von der die noch nicht holzigen Hüllschuppen der jungen
Köpfchen samt dem Blütenboden genossen werden.
Bei der Genügsamkeit der Bewohner der illyrischen Küstenländer werden
vielfach wildwachsende Pflanzen als Gemüse genossen, so die jungen
Schößlinge einiger Smilazeen (Ruscus aculeatus, Asparagus aculifolius, Sniilax
aspera) ; die Fischer nehmen bei Mahlzeiten auf abgelegenen kleinen Eilanden
oft mit den Blättern verschiedener Halophyten vorlieb. Auch die jungen Blüten-
knospen der Kappernstaude (Capparis rupestris) werden gerne gegessen.
Der Tabak (Nicotiana Tabacum) ist für manche Gebiete sehr wichtig;
da dieselben jedoch meist der Karstregion angehören, so sei davon später die
Rede.
Eine Dalmatien und Montenegro durchaus eigentümliche Nutzpflanze ist
die Stammpflanze des dalmatinischen \ns&]^te:n\i\i\v t-.rs (Chrysanthe-
mum einer ariaefoliimi) . Dieselbe wächst an steinigen Orten und an Felsen in
Süddalmatien und Montenegro wild, wird aber seit einigen Dezennien auch in
anderen Teilen des Landes (so auf Brazza, Lissa, Meleda) kultiviert. Das In-
sektenpulver wird durch Mahlen der an der Sonne getrockneten Köpfchen
gewonnen. Solche Pulvermühlen finden sich bei Zara. Auf einem großen ver-
kehrsarmen Platze an der Peripherie der vStadt Sebenico sah ich einmal auf
großen Tüchern tausende von Köpfchen an der Sonne trocknen. Da diese
Kultur ziemlich einträglich ist, werden noch immer neue Flächen (so auf
Meleda) mit diesem Gewächs bepflanzt; leider nimmt man, um einen möglichst
hohen Gewinn aus einer sonst wenig rentabeln Fläche zu ziehen, keinen An-
stand, Abhänge, die mit ganz gut erhaltenen Macchien oder mit Wald bestanden
sind, mit Axt und Feuer zu verwüsten.
^) Die an rauheres Klima gewöhnten Arten (Roggen und Hafer) sind selten.
44
Der wildwachsende Rosmarin (Rosinarinus officincilis) wird auf Lesina
und Lissa zur Bereitung von Rosmarinöl verwendet.
vSchon oben wurde erwähnt, daß wie überall im Mediterrangebiet, so auch
in den illyrischen KüstenUndern einige zum Teile leicht verwildernde Zier-
pflanzen landschaftlich eine wiclitige Rolle spielen.
Hierher gehört vor allem die Zypresse,^) und zwar besonders die pyra-
midenförmig wachsende Form (Cupressus sempervirens var. pyramidalis), deren
schmale dunkle Gestalten zur unvermeidlichen Staffage von Kirchhöfen und
Gärten gehören.
Die Pinie (Pinus Pineap) ist an der ganzen Oslküste der Adria gewiß
nicht heimisch; ihr Name wird von Unkundigen oft zur Bezeichnung verschie-
dener anderer Kiefernarten mißbraucht. Bemerkenswert ist der kleine Pinien-
hain bei Belvedere und Centenara nächst Aquileja in Friaul, der einen Rest
eines großen Pinienwaldes darstellt, der sich einst von Ravenna um das Nord-
ende der Adria herum erstreckt haben soll. ^) Auch sonst findet man die Pinie
hie und da angepflanzt, jedoch bei weitem nicht so häufig wie in Italien. Wo
sie, wenn auch nur ganz vereinzelt, auftritt, fällt sie natürlich in der Land-
schaft sehr auf.
Dasselbe gilt von der Dattelpalme (Phoenix dactylifera), die nur hie
und da und dann stets ungenießbare (aber manchmal mit keimfähigen vSamen
versehene) Früchte trägt, sonst aber noch auf Lussin leidlich fortkommt,
sodaß sie (namentlich in Süddalmatien) als Zierbaum in Gärten nicht selten ist.
So gut wie eingebürgert haben sich einige aus Amerika stammende Sukku-
lente, nämlich Opiintia vulgaris (östliche Union") und O. Ficiis inJica und Agave
americaua (beide in Mexiko heimisch), die mit dem mediterranen Landschafts-
bilde überhaupt im Bewußtsein der meisten so innig verwachsen sind, daß sie
— zur Erheiterung der Wissenden — auch auf Gemälden, die Szenen aus dem
grauesten Altertume darstellen, mit großer Hartnäckigkeit immer wiederkehren.
Noch wären einige Bäume zu erwähnen, die zu Aufforstungen ver-
wendet werden und bisweilen auch verwildern. Letzteres gilt namentlich von
zwei sommergrünen Laubbäumen, die in den verschiedensten Teilen Öster-
reichs immer mehr und mehr heimisch werden, nämlich der Robinie (Rubiiiia
Pseudacacia) und dem Götterbaume (Ailanthus glandiilosa).
Für die Aufforstung verkarsteter P" lachen sind namentlich einige
Pimis-kvt&n von Bedeutung. Für die Küste und die Inseln wird begreiflicher-
weise die im Lande heimisclie Pinus halepensis verwendet, und zwar mit großem
I) Tafel II. ^) Tafel I.
') Pospichal, Flora des Küstenlandes I, S. 24/25. Der Wald von Ravenna
(die «Pineta») ist nach V. Hehn (Kulturpflanzen und Haustiere, 6. Aufl., S. 295) erst
im Mittelalter angelegt worden, aber jenes ganze Territorium war schon früher reich an
Pinien. Wirklich wild ist die Pinie (Hehn, a. a. O., S. 296) in Kaukasien, Kleinasien
und Syrien (?), Italien (?), Spanien.
45
Vorteil, voraitst;"esetzt, daß man i]cn Anbau dieser Art auf die tiefliegenden
Gegenden besehränkt. Etwas härter und demgemäß auch zu Aufforstungen in
höher gelegenen Gegenden geeignet ist die in Kalabrien und den Gebirgen
Kieinasiens, Syriens, Cyperns und Kretas heimische Piuiis brutia (=pyrenaica).
Nach Beck (Illyrien, S. 185) gedeiht dieselbe «auf Lussin besser als jede
andere P/n//^- Art», PospichaH) berichtet, daß sie «auf der Karstkante von
Grignano bis Sistiana-) besser als P.halepensis» fortkommt; ich selbst habe sie
(zusammen mit P. halepensis) an den Hängen eines Vorberges des Monte Mag-
giore noch bei zirka 600 ;n Meereshühe beobachtet (also weit außerhalb des
Mediterrangebietes).
Die Unkräuter und Rüde ralpflanzen sind in einem Lande mit so
vielem nachlässig bebauten Lande, mit so vielem zeitweise wegen Mangels an
Dünger brachliegenden Terrain natürlich sehr zahlreich vertreten. Ein Teil der
hierher zu zählenden Pflanzen kommt auch in der Felsenheide vor, ein anderer
(etwa 3o°/q) findet sich auch in Mitteleuropa vor — immerhin wenig genug,
um derlei verachteten Lokalitäten das Interesse fremder Botaniker zu sichern.
i) Statistische Angaben über das mediterrane Florengebiet.
Der floristische Charakter des Mediterrangebietes, seine Unterabteilungen
nach floristischen Gesichtspunkten und die interessantesten Endemismen der
adriatischen Küstenländer werden im betreffenden Kapitel des IL Hauptteiles
dieses Führers behandelt. Hier mögen nur noch einige statistische Zusätze
und Bemerkungen Platz finden.
Eine derartige statistische Behandlung läßt namentlich das österreichische
Küstenland zu, da für seine pflanzengeographischen Hauptteile sehr genaue
Florenwerke vorliegen. Allerdings gilt dies nicht von dem nördlichsten, den
Julischen Alpen angehörigen Gebietsteile (zu Görz und Gradiska gehörig) ;
der mittlere Teil jedoch (südliches Görz und Gradiska, Triest, Nord- und
Mittelistrien), dessen Pflanzen neben starken mitteleuropäischen (baltischen)
Einschlägen vorzugsweise der Karstflora angehören, hat in Pospichais «Flora
des österreichischen Küstenlandes» eine ausgezeichnete Bearbeitung erfahren,
und die Südgrenze dieses Gebietes fällt fast zusammen mit der Nordgrenze^)
von «Südistrien», wie es Freyn in seiner «F'lora von Südistrien» begrenzt."^)
Während nun Pospichais Gebiet relativ wenige Mediterranpflanzen beher-
bergt, ist Südistrien ausgesprochen mediterran; von 1086 Arten (Phanerogamen
und Pteridophyten) erreichen 117 hier ihre Nordgrenze.
') Flora des Küstenlandes I, S. 25.
^) Nordwestlich von Triest. ^) Dem 45. Parallelkreis.
"*) Dieses Gebiet umfaßt auch die kleinen küstennahen Inseln westlich und süd-
lich von der Südspitze Istriens, nicht aber die Quarneroinseln, die politisch ja auch z\x
Istrien gehören.
46
Zunäclist ist der Artenreichtum dieses sehr kleinen Gebietes interessant.
Reachtenswert ist ferner die Verteilung der Pflanzenwelt desselben auf die
einzelnen Familien und der Vergleich dieser Verhältnisse mit denjenigen der
Flora Deutschlands^) (n.ich Garcke «Illustrierte Flora von Deutschland»,
i8. Aufl., li
Südistrien
Flächeninhalt ca. 400 km^
Altenzahl
in °/q der
Gesamtzahl
Deutschland
Flächeninhalt: 545.000 frm^
Altenzahl
in °/o der
Gesamtzahl
Gesamtzahl .
Gramineen
Papilionazeen
Kompositen .
Rosazeen .
Zyperazeen .
1086
125
122
iig
32
24
11*5
11-3
II
3
2*2
2614
l3l
329
188
139
100
6-6
5
12-5
7'2
5-3
Trifolium .
Gar ex .
Medicago .
Rubiis .
Rosa
Hieraciiim
3i
16
14
6^)
21
99
8
82
28
72
I Subspezies
\ nicht mit-
)
gezählt
Sehr lehrreich ist auch ein statistischer Vergleich der mediterranen
Flora des Küstenlandes mit der Flora des übrigen Österreich (mit
Ausschluß von Galizien, Bukowina und Dalmatien). Dieser Vergleich läßt sich
relativ leicht vermittels der «Exkursionsflora» von K. Fritsch, welche
Österreich in der oben angegebenen Begrenzung umfaßt, und der «Schul-
flora» desselben Autors, die außer den genannten Ländern noch das
Küstenland ausschließt, durchführen.
Dieser Vergleich ergibt zwar zunächst nur diejenigen Familien und
Gattungen, welche nur im Küstenlande vorkommen, ohne im übrigen Osterreich
vertreten zu sein. Da es jedoch keine nicht mediterrane^) Familie und nur 14
nicht mediterrane^) Gattungen gibt, die im Küstenlande vertreten sind, aber im
übrigen Österreich fehlen, so gilt diese Betrachtung auch für die Medi terran-
flora des Küstenlandes; soll jedoch die gleich anzuführende Zahl der aus-
') Bei Beurteilung,' der folgenden Tabelle ist zu beachten, daß Garcke die all-
gemein gebauten Kulturpflanzen aufgenommen hat, Freyn dagegen nicht. An den Er-
gebnissen ändert dies jedoch so gut wie nichts.
2) Nebst 5 Subspezies. ^) Nebst 5 Subspezies. ") Nebst 8 Subspezies.
*) Nämlich mit der Beschränkung auf Österreich in der obigen Begrenzung.
47
schließlich mediterranen GaUiingen die durch die ganze Betrachtung angestrebte
Bedeutung haben, so müssen zu den dem Küstenlande ausschließlich
eigentümlichen mediterranen Gattungen noch diejenigen (mediterranen)
Genera gezählt werden, die außer im Küstenlande auch in Südtirol, Krain,
Südsteiermark vertreten sind. Bei dieser Vergleichung ergibt sich folgendes:
Von den 126 Familien der «Exkursionsflora» sind 7 nur in der medi-
terranen F'lora vertreten, und zwar: Gnetaceae (auch in Südtirol), Rafflesiaceae,
Thelygonaceae, Lauraceae (auch in Südtirol), Capparidaceae (auch in Südtirol),
Punicaceae (auch in Südtirol), Myrtaceae. ^)
Von den 837 Gattungen der «Exkursionsflora» sind 114^) auf die medi-
terrane Flora beschränkt,^) und zwar finden sich:
76 nur im Küstenlande
23 im Küstenlande und in Südtirol,
3 » » » » Krain,
I » » » » Südsteiermark,
6 » » Krain und Südtirol,
I » » Krain, Südtirol und Südsteiermark
4 nur in Südtirol.
Wie die mediterrane Flora an der Zusammensetzung der Pflanzenwelt
der einzelnen die adriatische Ostküste bildenden Länder beteiligt ist, geht aus
folgender Zusammenstellung'^) hervor:
Land
Kroatien
Dalmatien .
Herzegowina
Montenegro
Artenzahl
Davon mediterran
Anzahl
/o
2416
23og
2068
1975
409
858
394
334
17
37
19
17
1) Die auch in Südtirol vorkommenden Familien kommen natürlich in der «Schul-
ilora» vor, mußten aber hier mitberücksichtigt werden, da es sich um eine Charakteristik
des Mediterrangebietes handelt. — Die nur in Südtirol und im Küstenlande verwildert
vorkommende Phrtolacca decandra (Phytolaccaceae) kommt auch unter anderem in
dem an Niederösterreich unmittelbar angrenzenden Teile Ungarns, also weit vom Medi-
terrangebiet entfernt vor. Die in Südtirol verwilderte Opitntia vulgaris (Cactaceae) findet
sich auch im nicht mediterranen Teile Südtirols (Bozen). Daher wurden diese beiden
Familien in der vorstehenden Übersicht übergangen.
2) Davon entfallen 22 auf die Gramineen, 16 auf die Kompositen, 10 auf die Le-
guminosen, je 8 auf die Kruziferen und Umbelliferen.
^) Die nur verwildert vorkommenden wurden ausgeschlossen.
*) Nach Beck, lUyrien, S. 458 f. — Für Bosnien betragen die betreffenden Zahlen:
2143, 143, 6-6. Für das Küstenland konnte ich eine entsprechende Zusammenstellung
nicht finden.
48
e) Die illyrische Karstregion.
y.) Abgrenzung.
Die Abgrenzung der Karstregion gegen das Mediterrangebiet wurde
schon früher genauer dargelegt und begründet, ebenso die obere (respektive
Binnenlands-) Grenze dieser Region genannt. Es mag nur noch erwähnt
werden, daß Beck die Karstregion mit anderen gleichfalls durch das massenhafte
Vorkommen sommergrüner Eichen charakterisierten Regionen als «Eichen-
region» zusammenfaßt. In dieser unterscheidet er:
1. die Karstregion,
2. die Eichenregion des Binnenlandes. ^)
Die Beziehungen dieser beiden Regionen, sollen noch später — bei
Besprechung der Formationen — erörtert werden; hier sei nur erwähnt, daß
im ersten Teile der Exkursion nur die Karstregion berührt wird und daß es
sich hierbei ausschließlich um die im großen und ganzen vom Isonzo bis nach
Oberalbanien ziemlich gleichmäßig ausgebildete «illyrische Karstregion»
handelt, die nach Süden zu (in Montenegro) in die «albanesische Karstregion»
übergeht, von der «serbisch-bulgarischen Karstregion» aber durch mächtige
Hochgebirge geschieden ist.
ß) Jährlicher Entwicklungsgang der Vegetation.
Im Gegensatz zum Mediterrangebiet ist in der Karstregion eine ausge-
sprochene Winter ruhe die Regel, eine Unterbrechung der Vegetation, die
insbesondere durch den Laubfall der fast durchaus sommergrünen Holz-
gewächse aufs schärfste markiert ist. Die relative Dürre des Sommers hat auch
hier zur Folge, daß — wenigstens in den baumlosen Formationen — der
Höhepunkt der Vegetation in die Zeit vor der Trockenperiode fällt und daß
dann — wie im Gebiete der Mittelmeerflora — die gegen Transpiration in
irgend einer Weise geschützten krautigen Pflanzen (die übrigens zum Teile
mediterranen Ursprungs sind) dominieren.
y) Ökologie der Karstpflanzen.
Die niedrige Temperatur des Winters drückt sich im Leben der
Karstpflanzen in derselben Weise aus wie in Mitteleuropa: die Holzgewächse
verlieren fast durchaus ihr Laub, die krautigen Gewächse überwintern mit
unterirdischen l'eilen oder als Samen.
Unter den als Schutz gegen die Sommerd ürre genannten Einrichtungen
der Mediterranpflanzen finden wir einige auch bei den Karstpflanzen, so das
Auftreten starker Behaarung; dagegen felilen Hartlaubgehölze fast völlig.
^) Dieselbe wird erst im zweiten Teile des Führers beschrieben.
49
3) Die Pflanzenformationen der illyrischen Karstregion.
I. Der Kars twald^). Wie das mediterrane, so war auch das Karstgebiet
der illyrisciien Küstenländer größtenteils bewaldet, aber infolge der bereits
geschilderten unrationellen Ausbeutung dieser Wälder sind von der alten Herr-
lichkeit nur mehr kleine, sorgfältig umfriedete Parzellen, mehr Haine als Wälder
zu nennen, übrig, die, in halbwegs gutem Zustande befindlich, wenigstens an-
nähernd eine Vorstellung von der ursprünglichen Beschaffenheit geben; alles
andere zeigt alle Übergänge vom stark gelichteten Walde zu Gebüschen mit ein-
zelnstehenden, stark zerstörten Bäumen und weiters zu baumlosem, weite Flä-
chen einnehmendem Eichengestrüpp, reichlich gemengt mit Paliurus aiistralis,^)
ferner mit Crataegus inonogyna und Prunus spinosa, Cotinus Coggygria, Juniperus
Oxycedrus und communis; öfters bleiben auch die Juniperus-Arten^) als einziges
Gehölz zurück, oder Paliurus australis besetzt in schütterem Stande die sonst
gehölzlose Fläche ; geht dann die Verwüstung noch weiter, werden die Holz-
gewächse ganz vernichtet, so wird das Terrain von den Pflanzen der «Karst-
heide» okkupiert, und aus ihr können sich endlich jene furchtbaren Steinwüsten
entwickeln, die gerade im Gebiete des Karstwaldes weite Strecken einnehmen,
ja geradezu den Typus jener Landschaftsform repräsentieren, die man in
engerem Sinne als «Karst» bezeichnet.
Die Bäume und Sträucher des Karstwaldes sind nach Beck (Illy-
rien, S. 207) folgende:
Oberholz:^)
Quere US lanug i n o s a
— sessiliflora
— Ce r r i s
— Iiungarica
Ostrya carpinifolial
Carpinus diiinennisl
— Betulus
Corrlus Colurna
Popuhts tremula
Ulmiis campest ris C= Ulmus
glabra)
— montana
Celtis australis
Acer monspessulanum l
— campestre
— obtusifolium (va.)
Tilia cordata
— argentea
Prunus Mahaleb !
— Ma rasca
Pirus communis
Malus communis (■= Pirus Malus)
Aria (^= Sorbus) torminalis
— nivea (= Sorbus Aria)
Sorbus aucuparia
Fr axinus Ornusl
I) Tafel V, VI.
^) Dieser Strauch gehört nach Beck zu den Vorhölzern des Karstwaldes und
ist von der Karstregion ins Mediterrangebiet eingedrungen. Auf den ausgesprochen
mediterranen südlichen Inseln fehlt er oder ist selten und kann möglicherweise auch
eingeschleppt sein. — Vgl. Taf. VI.
^) Tafel IX.
*) ! = typische Karstwaldpflanzen, (m.) = mediterran, (va.) = voralpin. Gesperrter
Druck bezeichnet häufige und charakteristische Arten.
Exkursion in die illvrisciien Länder. 4
50
U n t e r h (j 1 z :
Jn n ip er US c o m m tt n is
— O.xvccdrus (ra.)
Corylus Ave II an a
Pistacia Terebintlius (m.)
Acer tatariciim
Rhamnus fallax (^ Rh. caniio-
lica) (va.)
— intermedia
Frangula Wulfenii C= Rhamnus
riipestris)
Pa liiirus acti leat us l (== P.
aiistralis)
Cotiniis Coggj'grial
Evonymus europaeiis (■= E.
vulgaris)
— verrucosa
Pru}ius spinosa
Rosa austriaca
— repens
Rubus idaeus
Crataegus tnonogrna
Cotoneaster integerrima
Cornus sanguinea
— mas
Coronilla emeroidesl
Colutea arborescensl (m.)
Crtisus ramentaceusl (va.)
Daphne alpina
Sambucus nigra
Ligust riini vulgare
Viburnum maculatum (va.)
— Opulus
Clematis Vitalba Hedera Heli.y
Vitis vinifera Lonicera etrusca (m.)
Dazu kommt noch eine ganze Anzahl Stauden und einige Kräuter; als
besonders charakteristisch werden von Beck hervorgehoben: Helleborus multi-
fidiis, Anemone hortensis, apennina, Omphalodes verna, Satiireia niontana, Digi-
talis laevigata.
2. Die Kars theide^). Was die dalmatinische Felsenheide für das Medi-
terrangebiet Illyriens, das ist die Karstheide für die Karstregion dieser Länder.
Wie dort werden auch hier die abgeholzten und abgeweideten Strecken von
einer ganzen Anzahl größtenteils ausdauernder, nicht holziger Gewächse bedeckt.
Physiog nomisch sind die beiden Formationen einander recht
ähnlich: dasselbe Gestein, dieselbe weitgehende Zerstückelung der Vegetations-
decke hier wie dort. Floristisch dagegen können sie am Zurück tret en
der mediterranen Typen, am Auftreten montaner Pflanzen von einander
unterschieden werden; wo sich nicht andere Formationen zwischen sie ein-
schieben, ist natürlich der Übergang der einen in die andere nur ein allmäh-
licher. Daß ferner das verschiedenartige Klima der Gebiete, in denen die
beiden Formationen vorkommen, eine verschiedene Entwicklung derselben zur
Folge hat, ist klar; die größere Feuchtigkeit des Karstgebietes, insbesondere
aber die geringeren Gegensätze zwischen Regen- und Trockenperiode bedingen
eine üppigere Entwicklung der Karstheide, die sogar zu einer wiesenartig-
dichten Bedeckung des Bodens führen kann — vorausgesetzt, daß die Be-
weidung daselbst eingestellt wird. In diesem F'alle ist es sogar möglich, daß
an Stelle der Karstheide Karstwald tritt.
^) Tafel IX.
51
Es würde viel zu weit führen, selbst nur die allercharakteristischesten
Pflanzenarten der Karstheide anzuführen. Diesbezüglich muß im allgemeinen
auf die Aufzählung in Beck, Illyrien, S. 252 ff. verwiesen werden. Im beson-
deren werden im speziellen Teile dieses Führers die Bewohner der einzelnen
Standorte genannt werden. Nur das sei erwähnt, daß vielleicht die charakte-
ristischesten und häufigsten Pflanzen der Karstheide einige grünblühende
Hellebonis-Arten (H. odorus, multifidiis, diimetorum) sind, die vom Weidevieh
verschont werden und gerade dadurch auch auf den ödesten Karstheiden noch
eine bedeutende physiognomische Rolle spielen.
3. Kulturpflanzen. Im Karstgebiete fehlen natürlich alle typisch
mediterranen, gegen Kälte empfindlichen Kulturgewächse, vor allem
der Ölbaum. Dagegen kommen die in wärmeren Lagen der Länder Mittel-
europas kultivierten Arten, namentlich der Weinstock und die empfindlicheren
Obstsorten (Mandel-, Pfirsich-, Aprikosen- und Maulbeerbäume) hier
noch fort. Die sonstigen Kulturpflanzen sind fast durchaus dieselben wie in
Mitteleuropa. Im übrigen ist das bei den Kulturpflanzen des Mediterran-
gebietes Gesagte zu vergleichen.
Eine wichtige Kulturpflanze der illyrischen Karstregion ist der Tabak^)
Über den Tabakbau in Dalmatien hat Herr Dr. Karl Preissecker, Sekretär
der k. k. Tabakregie, eine kleine Abhandlung geliefert, die im nachstehenden
abgedruckt ist In den übrigen illyrischen Küstengebieten wird kein Tabak
kultiviert. 2)
Der Tabakbau in Dalmatien. vSchon unter der venetischen
Herrschaft wurde in Dalmatien Tabak gebaut, und zwar angeblich ein dem
Mazedonier nahestehendes Gewächs, doch mit geringem Erfolge und vielleicht
zum größeren Teile bloß für den eigenen Bedarf der Pflanzer, weil die Re-
gierung an einem Aufschwünge dieser Kultur wenig Interesse zu haben schien.
Als im Jahre 1797 Dalmatien an Österreich fiel, trat das josefinische Tabak-
patent von 1784 auch dort in Geltung, der Tabakbau wurde verboten
und hörte auf, soweit er offen betrieben worden war. So blieb es auch während
des französischen Interregnums (1806 — 1814) und noch weiterhin, obwohl die
Ergebnisse von Tabakbauversuchen, welche mit behördlicher Genehmigung
von 1860 — 1866 im Canalitale, um Stagno, in der Poljica am Monte Mossor und
an einigen anderen Orten angestellt wurden, nicht als durchaus ungünstige be-
zeichnet werden dürfen.
In den nächsten zwei Jahrzehnten aber vollzog sich ein Umschwung,
der eine Erzeugung inländischen Tabaks gerade in Dalmatien eher
wünschenswert erscheinen ließ: die Zigarette hatte ihren Sieg-eslauf in der
I) Tafel XVI.
') Über den Tabakbau in Bosnien und der Herzegowina vergleiche den II. Teil
dieses Führers.
4*
52.
Raucherwelt angetreten, und Dalmatien war das einzige Kronland, welches
einen feineren Rauchtabak zu produzieren vermochte; den türkischen Rohstoff
hatte die Konkurrenz arg •'^erteuert, und aus den okkupierten Ländern (Bosnien
und Herzegowina) konnte nicht genügender Ersatz bezogen werden. Also
wurde im Jahre 1884 der Tabakbau im südlichen Teile Dalmatiens unter den
R 0 A T I E N
n 0 S \ I E f[
H ERZE (1 0 W 1 NA
MüXTEXEORO
MEER ~^^^~-%4l^.
, 5fadb I
Fi^. I. Übersichtskarte des dalmatinischen Tabakbaueebietes.
durch das Tabakmonopol bedingten, noch jetzt gültigen Beschränkungen ge-
stattet (Bewilligung der Staatsverwaltung und Ablieferung der ganzen Ernte
an die letztere zu festgesetzten Preisen). Der erste Anbau wurde 1884 in der
Gemeinde Imotski und in der Vergoracer Poljica von 8g Pflanzern mit 188.000
Pflanzen unternommen. Derzeit erstreckt sich der Tabakbau in Dalmatien auf
dem Festlande von der Südspitze bis einschließlich Knin und Benko\ac, dann
auf die Inseln Giuppana, Meleda (1900 — 1902), Lesina, Lissa, Brazza, Pago und
Arbe. In dem obigen Kärtchen ist das Tabakbaugebiet durch Schattierung ge-
kennzeichnet.
Von der raschen Entwicklung der Dalmatiner Tabakkultur und ihrer
Bedeutune für die Landwirtschaft eibt folgende Tabelle ein Bild.
53
Jahr
Pflan-
zer
Anbau-
fläche
in
Hektar
Pflanzen
(Viel-
fache
von 1000
Stück)
Ernte
(trok-
kene
Blätter)
in
Meter-
zentnern
Ver-
gütung
(Viel-
fache
von
1 000 K)
Durch-
schnitts-
preis per
Kilo-
grammin
Hellern
Durchschnittsertrag
einer
Pflanze
an
trockener
Ware in
Gramm
eines Hektars
Meter-
zentnern
Kronen
1884
1885
1890
1895
igoo
igoi
igo2
igo3
89
142
2954
i3o8o
15515
17418
18700
19793
5-3
9-1
iji'6
727 '5
897-6
1018-3
1115-7
1257-2
188
328
9048
36080
44567
50465
55566
62859
48
65
2017
17505
16010
13560
17207
57
77
•211-5
1070-3
2205-6
192 i-o
i745'i
2481*1
II»
119
104
119
126
120
128
144
25-5
19-8
22-3
24-9
39-3
3i-7
24-4
27-4
i4'5
7-1
II-8
12-3
i9"5
157
12-2
i3-7
1727
853
1233
1471
2457
1887
1564
1974
Der Jahrgang- igoo war also nach Menge, der Jahrgang 1903 nach QuaHtät
der beste.
Der Same für den dalmatinischen Tabakbau wurde aus der Herze-
gowina (zuerst aus Medjugorje und Trebezat) bezogen. Der dort gebaute
Tabak von gedrungenem Habitus, breiten Blättern mit leicht gewellter Spreite
und eng zusammengezogener Blütenrispe, ist ein Bastard von Nicotiana macro-
pliylla Spr. mit einer asiatischen Varietät von Nicotiana Tabacum L. ; Com es
bestimmt ihn als A'^. Tabacum L. var. brasiliensis Com. X var. havanensis (Lag.)
Com. X var. viacrophylla Sehr. Bis 1891 wurde nur Originalsame verwendet,
von da an auch in Dalmatien gezogener; um die Rasse zu veredeln, ließ man
das Gewächs von i88g an mit mazedonischem Tabak («Ghiubek» und «Kir
Yaka») bastardieren, welcher nach Com es kleinblättrige Formen der Hybride
Nicotiana Tabacum L. var. macrophylla Sehr. X var. havanensis (Lag.) Com.
darstellt. Die beiden Abbildungen auf Seite 54 — ein Original-Herzegowiner
Gewächs aus Drinovce und eine Ghiubekpflanze — zeigen die Grenztypen,
zwischen denen sich die mannigfaltigen Formen des Dalmatiner Tabaks ein-
reihen lassen. Von besonderem Interesse sind eine Form aus Gradac mit über
50 Blättern an 2-2 m hohem Stamme und ein kleiner Bastard aus der Doline
Brista bei Imotski, dessen Blatt in Farbe und Feinheit manchem türkischen
Tabak fast gleichkommt. Die Mehrzahl der Dalmatiner Bastarde steht aller-
dings dem Herzegowiner als der stärkeren Urrasse näher.
Der Tabak wird in einfachen, meist offenen Beeten im Februar
oder März gesät; die Setzlinge werden in der Regel ohne Pikierung anfangs
Mai auf das F'eld (roter Karstlehm, seltener Kalkmergel) ausgepflanzt. Der
Boden wird dann noch zweimal behackt. Viele Pflanzer schneiden die Blüten-
54
stände ab, um die Entwicklung^ der Stammblätter zu fördern; aus demselben
Grunde werden die Geiztriebe^) ausgebrochen. Während der Kultur auf dem Felde
findet eine doppelte gefällsämtliche^) Kontrolle statt, die Pflanzenzählung im
/ Juni und die Ernteschätzung im August. Die
Blätter werden von Ende Juli an nach Maßgabe
ihrer Reife in apikaler Folge abgenommen, von
den Pflanzern selbst auf .Schnüren getrocknet,
geglättet, sortiert und gebüschelt und von An-
fang November bis Mitte Dezember zur Ein-
lösung gebracht. Der Tabak wird von beson-
deren Kommissionen nach bestimmten, in sechs
Klassen abgestuften Preisen übernommen^ in den
Fig. 2. Original-Herzego-
winer Tabak aus Drinovce
zirka 14 mal verkleinert.
Fig. 3. Oiiginal-Ghiubek-Tabak
zirka 141113! verkleinert.
Einlösungsmagazinen (zu Gravosa, Imotski, Metkovic, Sinj, Spalato und Ver-
gorac) und ihren Dependenzen eingelagert und hier einer leichten Fermen-
tation unterzogen. Nach 8 bis 10 Monaten ist der Tabak zur Verarbeitung
') = Axillarsproße.
^) Das ist eine von Beamten der Tabakregie und der Finanzwache ausgeübte
Kontrolle.
55
geeignet; man fabriziert daraus Zigarettentabake und speziell für Ualmatien
die sogenannten Turice, Tabakstränge in Zopfform, welche die Raucher selbst
schneiden.
Wie überall ist auch in Dalmatien die Tabakpflanze den Angriffen vieler
Schädlinge aus dem Tier- und Pflanzenreiche ausgesetzt. In den Samenbeeten
erregt eine Abart des Olpidium 'Brassicae ( Wor.) Dang. ^) eine schwere Wurzel-
erkrankung, die sich durch rasches Vergilben der Blätter äußert; ähnlichen,
aber minderen Schaden verursacht Heterodera radicicola (Greef) Müll.^) Die
jungen Kulturen auf dem Felde werden alljährlich zum Teile von den Larven
d&r Agrotis segetum Schiff.^) und mehrerer Elateriden-'*)Arten zerstört; später
fressen Orthopteren (namentlich Acridiiuii AegyptiiDU L.) an den Blättern, und
Thrips coniiiuinis \Jz.^) verursacht Blatttlecken. Cusciita alba Presl und Oro-
banche Muteli Schultz schmarotzen auf der Stammbasis und den Wurzeln, und
ein Oidiiim (wahrscheinlich zu Erysiphe cichoriacearinn DC. gehörig) treibt
seine Haustorien in die Blätter. Am Westabhange des Prolog findet sich auch
die Mosaikkrankheit (im Sinne Iwanowskis).
Zu Aufforstungen wird mit Vorteil die Schwarzführe (Piniis nigra)
verwendet, die ja an den dem Meere zugewandten Flanken einiger dalmati-
nischen und kroatischen Gebirge (Velebit, Dinara, Pljesevica, Kapela) noch
ganze Bestände bildet, somit im Gebiete selbst heimisch ist. Auch die Auf-
forstungen von Pimis briitia reichen weit in die Karstregion.
Die Liste der Ruderalpflanzen und Unkräuter zeigt eine große
Übereinstimmung mit derjenigen Zentraleuropas. Nur das Auftreten einzelner
mediterraner Arten (wie Marrubium candidissiminn, Scrophularia canina, Eryn-
gium amethystinum, Centaurea Calcitrapa) bringt einen fremdartigen Zug in
das Bild.
t) Die pflanzengeographische Stellung der Karstflora.^)
Die Karstflora hat dem Versuche einer Einreihung in die vier von
Kern er für Österreich-Ungarn unterschiedenen Florengebiete (mediterranes,
pontisches, baltisches, alpines) von jeher große Schwierigkeiten bereitet.
Kerner rechnete sie zum «illyrischen Gau der pontischen F'lora», und
') Familie der Olpidiaceae, Unterordnung der Chrtvidüneae (Wettstein, Hand-
buch d. System. Botanik I, 109).
-) Familie der Angiiillulidae (Älchen), Ordnung der Nematodes (Fadenwürmer).
^) Noctuidae (Nachtschmetterlinge).
■♦) Schnellkäfer.
') «Blasenfuß»; Familie der Thrsanoptera (Insekten).
^) Vgl. auch den zweiten Teil dieses Führers.
56
auch Beck betrachtet sie als zur politischen Flora gehörig. Krasan^) hingegen
nimmt eine «banato-insubrische Pflanzenzone» an, die von der Siid-
schweiz an sich am Südrande der Alpen, weiters über Untersteiermark, die
zum Karst gehörigen Teilvi des Küstenlandes und Krain, Kroatien und Slavo-
nien bis ins Banat und das südliche Siebenbürgen erstreckt und nach Süden
teils in die Balkanhalbinsel, teils in die Apenninen eingreift. Hayek^) bekämpft
die Aufstellung eines eigenen einheitlichen F'lorenbezirkes, indem er ein-
wendet, daß nur wenige Pflanzen durch die ganze Zone verbreitet, eine umso
größere Anzahl aber gewissen Teilen derselben eigentümlich seien, anderen
fehlen. Dagegen läßt er die von Kra§an eingeführte Bezeichnung gelten,
«wenn damit nichts anderes gesagt sein will, als daß sich zwischen den Floren
der mitteleuropäischen Gebirge und den sich südlich an dieselben anschließen-
den Regionen eine Übergangszone einschiebt».
Ich glaube, daß diese Zone doch etwas mehr ist als ein Übergangs-
gebiet, daß allen Meinungsverschiedenheiten gegenüber die eine Tatsache
unbestreitbar feststeht, daß zwischen die mitteleuropäische Flora der Alpen
und die südlich davon liegenden Florengebiete (in unserem Falle das medi-
terrane) eine Flora eingeschoben ist, die von beiden so verschieden ist, daß sie
füglich als etwas Eigenes, von beiden Nachbarn Verschiedenes ange-
sehen werden muß. Daß sie sich dabei (so z. B. in Untersteiermark ^) mit diesen
gemischt hat, wird niemanden wundernehmen; wollte dieser Umstand einen
abhalten, die Selbständigkeit dieser Flora anzuerkennen, so müßte man in
den meisten Fällen überhaupt auf die Aufstellung von F'lorengrenzen verzichten.
Auch über den Zusammenhang der illyrischen Karstflora mit anderen
Floren am Südrande der mitteleuropäischen Hochgebirge zum mindesten gegen
Westen, bin ich eher mit KraSan einer Meinung. Zu einem ausführlichen Be-
weise derselben fehlen mir dermalen die Zeit und die nötigen Vorarbeiten; ich
möchte nur auf zwei Beispiele hinweisen, die mir für diese Meinung zu sprechen
scheinen. Die sogenannte mediterrane Flora der Umgebung von Bozen in Süd-
tirol zeigt große Übereinstimmung mit der Karstflora; eine interessante Zu-
sammenstellung der Holzgewächse des südlichsten Zipfels des Kantons Tessin"*)
(Umgebung des Lago di Lugano, «Sottoceneri») belehrt uns, daß in dieser
Gegend eine große Anzahl von Charakterpflanzen des illyrischen Karstes vor-
kommen.
") Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark, Jahrgang 1902,
S. 3oi und Jahrgang 1895, S. 89. — In letzterer Publikation nimmt Kragan an, daß
sich diese Zone am Innenrande der Alpen bis Nizza erstreckt.
^) Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft LIV, S. 632,
^) Vß^* Hayek, Österreichische botanische Zeitschrift, LI, S. 102.
"*) A. Bettelini. La flora legnosa del Sottoceneri. Zürich 1905.
57
B) Schilderung der Reiseroute.
Vorbemerkungen über Land und Leute.
Die an der Ostküste der Adria liegenden Länder wurden schon an anderer
Stelle genannt und bezüglich ihrer politischen Zugehörigkeit charakterisiert.
Hier mögen nur noch einige Worte über die Ethnographie der illyrischen
Küstenländer Platz finden. ^)
Fast das ganze illyrische Küstengebiet ist von Südslawen bevölkert, und
zwar im Norden von den Slowenen, deren Sprachgebiet, anfangs noch von
deutschen Sprachinseln durchsetzt, bereits in Südsteiermark beginnt und durch
Krain und die gebirgigen Teile von Görz und Gradiska bis ins nördliche Istrien
reicht. Das mittlere, östliche und südliche Istrien ist — mit einer gleich zu
erwähnenden Einschränkung — von vSerbokroaten bewohnt, die auch das
ganze weite Gebiet bis fast an die montenegrinisch-türkische Grenze einerseits,
bis zur serbisch-bulgarischen Grenze anderseits, und in nordöstlicher Richtung
bis ins südliche Ungarn bevölkern.
Trotzdem dieses ganze serbokroatische Gebiet sprachlich einheitlich ist,-)
mangelt es hier doch nicht an Gegensätzen. Ein solcher ist der zwischen
«Kroaten» und «Serben», die einander, obwohl sie dieselbe Sprache oder
wenig verschiedene Dialekte reden, ^) doch aufs heftigste bekämpfen. Liegt
dieser Gegensatz in letzter Linie auch in politischen Aspirationen, die hier
nicht weiter auseinandergesetzt werden sollen, so hängt er doch auch mit der
Religion zusammen (die Katholiken werden meist «Kroaten», die Ortho-
doxen «Serben» genannt) und wird auch äußerlich durch den Gebrauch der
') Im ersten Teile der Exkursion werden (abgesehen von Dahiiatien) immer nur
bestimmte Teile der einzelnen Länder berührt, die von den übrigen politisch dazu-
gehörigen Teilen geographisch, geologisch und botanisch oft stark abweichen. Dies ist
insbesondere beim Küstenlande der Fall. Daher wird hier von einer Angabe des Flächen-
inhaltes und der Einwohnerzahl der einzelnen Gebiete abgesehen; welches die betreffenden
Zahlen für die in unser Gebiet fallenden Anteile der einzelnen Länder sind, ist kaum zu
eruieren. Es mag also nur erwähnt werden, daß das geographisch mehr einheitliche
Dalmatien, das auch ganz zu unserem Gebiete gehört, 12.841 A'w^ und (nach der Zählung
von 1900) 591-597 Einwohner hat. Montenegro hat 9085/cw^ (nach anderer Messung
9475 /cMZ^) Flächeninhalt und (nach einer Schätzung) 240.000 Einwohner.
-) Es gibt natürlich Dialekte; als Schriftsprache wird der im südlichen Teile des
Sprachgebietes gesprochene Dialekt gebraucht.
^) Es muß jedoch liemerkt werden, daß ein, wenn auch nicht sprachlicher, so
doch auf der Abstammung beruhender Gegensatz besteht, der mit dem oben erwähnten
zum Teile zusammenfällt. Ein Vergleich zwischen den nur mittelgroßen Bauern aus
der Umgebung Zaras («Morlaken») und den riesenhaften Bocchesen, Montenegrinern
oder Herzegowzen (die wohl eines Stammes sind) lehrt, daß da ethnographisch
Verschiedenes vorliegt.
58
lateinischen, respekti\e der cj^rillisciien^) Schriftzeiclien zum Ausdrucke ge-
bracht. Kroaten und vSerben leben vielfach durcheinander, in Süddalmatien
überwiegen entschieden die Serben, in Montenegro bilden sie überhaupt die
ganze Bevölkerung, mit Aufnahme der von Albanesen bewohnten türkischen
Grenzdistrikte.
Abgesehen von diesem unbedeutenden fremden Bevölkerungselement lebt
aber in den östlichen Küstenländern der Adria ein anderes, an Zahl hinter den
den Slawen weit zurückstehendes, aber kulturell sie weit überragendes Volk,
das, wenn auch heutzutage durch das erstarkende nationale Bewußtsein der
Slawen in seinem Einfluß immer mehr und mehr zurückgedrängt, doch aus der
Zeit der venezianischen Herrschaft so deutliche Spuren zurückgelassen hat,
daß man oft meint, in seiner Heimat zu sein — die Italiener. In größerer
Menge bewohnen sie nur das Küstenland, wo sie 43 °/o ^^^ Bevölkerung bilden.
Friaul ist ganz von dem mundartlich stark verschiedenen Stamme der Furlaner
oder Friauler bewohnt; wirkliche Italiener (zum Teile natürlich italianisierte
Slawen^) bewohnen die Stadt Triest, ferner die nord- und westistrischen Küsten-
orte samt einem nicht gar breiten Küstenstreifen. In Dalmatien sinkt ihre Zahl
auf 3°/q der Gesamtbevölkerung^), und unter allen größeren Orten Dalmatiens
hat nur Zara einen offiziellen italienischen Charakter (Straßentafeln). Überall
aber an der Küste und auf fast allen Inseln wird die italienische Sprache
gesprochen und verstanden — ein Umstand, der das Reisen in Dalmatien
sehr erleichtert. Sowie man sich aber auch nur einigermaßen von der Küste
entfernt, hört die Herrschaft des italienischen Elementes auf oder sinkt auf ein
Minimum herab. Somit besteht in dieser Hinsicht ein scharfer Gegensatz
zwischen der Küste und den Inseln Istriens und Dalmatiens einerseits, dem
Innern dieser Länder anderseits, ein Gegensatz, den wir bei Besprechung der
klimatischen und pflanzengeographischen Verhältnisse bereits konstatieren
konnten und der sich auch im Bildungsniveau, in der Lebensweise und manchen
anderen Beziehungen der Bevölkerung ausspricht. Dieser Parallelismus zwischen
klimatisch-pfianzengeographischen und ethnographischen Verhältnissen ist es
auch, der mich bestimmte, letztere etwas ausführlicher zu besprechen; außer-
dem sind die Anschauungen über die Bevölkerung dieser vom Zentrum Öster-
reichs so weit entfernten Länder selbst in Österreich zum Teile recht sonder-
bare. —
Deutsche leben in nennenswerter Anzahl nur in den Städten, nament-
lich in solchen mit Garnisonen. Im Küstenlande machen sie immerhin 4°/q der
Gesamtbevölkerung aus. Die deutsche Sprache wird von vielen Gebildeten
im ganzen Gebiete leidlich verstanden und gesprochen, natürlich lange nicht
in dem Ausmaße wie die italienische.
^) Den russischen sehr ähnlich.
-) Es gibt natürlich auch slawisierte Italiener.
^) Wird verschieden angegeben, bis zu 6°Iq.
59
Die nürcllichsten Länder sind fast rein katholiscli. In Krcjatien ^)
gibt es schon 28 °/q nicht unierte Grieclien (= «Serben» oder «Ortho-
doxe»), in Dalmatien deren i6°/q. Die Bevölkerung Montenegros gehört bis
auf 6°/o Mohammedaner und 2°/o Katholiken der griechisch - nichtunierten
Kirche an.
Reiseroute.
Wien — Adclsberg.^)
I3ie Stadt Wien liegt im nordwestlichen Winkel des Wiener Beckens,
eines Senkungsfeldes, das durch zwei in der Gegend von Gloggnitz zusammen-
laufende Brüche begrenzt wird: einen ungefähr südnördlich verlaufenden
schrägen Bruch (Gloggnitz — Wien), der die äußeren Zonen der Ostalpen
(von Nord nach Süd: Sandsteinzone und nördliche Kalkzone), ferner die Zen-
tralzone derselben^) fast gerade abschneidet, sodaß diese Zonen nach-
einander von Nord nach Süd das Wiener Becken begrenzen; der andere Bruch
(Gloggnitz — Hainburg) verläuft von Südwest nach Nordost. An seiner Ost-
seite taucht der Kern der Zentralzone in dem aus Gneis bestehenden
Leithagebirge auf. In den Karpathen treten alle die genannten Zonen der
Alpen wieder auf: der ehemalige Zusammenhang der durch die erwähnten
Brüche und das Donautal auseinandergerissenen Gebirge ist zweifellos. Beide
oben erwähnten Brüche sind durch das Auftreten von Thermen bezeichnet;
der westliche, den die bekannten schwefelwasserstoffhaltigen Thermen von
Meidling, Mauer, Mödling, Baden, Vöslau, Fischau begleiten, hat daher den
Namen «Thermalspalte» erhalten; unter den Quellen des östlichen Bruches ist
die bei Sauerbrunn die bekannteste.
Die Südbahn hält sich stets am Bruchrande des Gebirges in größerer oder
geringerer Entfernung von demselben. Die Sandsteinberge des Wiener-
waldes sind nur ganz im Anfang rechts in einiger Entfernung sichtbar. Bei
Liesing beginnen rechts die (mesozoischen) Kalkberge (Ausläufer der Kalk-
zone der Alpen) und erstrecken sich, immer höher werdend, bis ins Semmering-
gebiet. Von Mödling bis Baden sind sie am Abhänge gegen das Wiener Becken
und am Eingange der Täler sehr felsig (Standorte zahlreicher pontischer und
einiger mediterraner Pflanzen,'^) wie Convolvulus cantabrica und Plantago Cynops,
die als Tertiärrelikte, ferner von F'el senpflanz en der Alpen, wie Primula
aiiricula und Draba-kvt&n aus der Gruppe der D. ai:^oides, die als Eiszeit-
^) Samt Slawonien.
^) Die in diesem Teile vorkommenden geologischen Angaben verdanke ich größten-
teils Herrn Dr. O. Abel (geologische Reichsanstalt in Wien).
^) Und zwar den nördlichsten Zug derselben, die (nach der geologischen Karte
von Hauer) aus silurischen Schiefern und Kalken bestehende «Grauwackenzone».
■•) Hier auch südeuropäische Tiere, wie Mantis religiosa, Saga serrata.
6o
relikte Beachtung- verdienen). Von den Liesinger Bergen bis ins Schneeberg-
gebiet (dort bis zirka 1400 »n) ist der Charakterbaum die Schwarzföhre
(Pinus nigra), deren Hauptverbreitungsgebiet in Illyrien liegt, während das
Vorkommen in Niederosterreich, wo sie ihre nordwestlichsten Standorte hat,
vom übrigen Areal durch eine große Lücke getrennt ist. Sie ist in dem ge-
nannten Gebiete zweifellos wild, wird aber auch öfter zu Aufforstungen ver-
wendet. Ihre dunkle Farbe sticht von dem frischen Grün der die höheren
Berge besiedelnden Buchenwälder scharf ab (Grenze zwischen den Ge-
bieten der pontischen und baltischen Flora). In der Gegend von
Baden und Vöslau sind (namentlich an der rechten Seite der Bahn) ziemlich
große Flächen von Kulturen der Steinweichsel (Prunus Mahaleb) bedeckt; man
verwendet die Stockausschläge dieses Strauches zu Spazierstöcken, Pfeifen-
rohren («Weichselrohren») etc. Bis gegen Wiener-Neustadt links in der Ferne
das Leithagebirge (im Zentrum Gneis, an den Hängen miozäner Nulliporen-
kalk; höchster Punkt 441 m). Dieses ist durch eine tiefe, mit jungtertiären
Schichten bedeckte Einsenkung von dem Rosalienge birg e (Gneis und Glim-
merschiefer) getrennt, an welches die Bahn bei Wiener-Neustadt ziemlich nahe
herantritt. Dasselbe geht in den Wechsel über (Gneis; 1738 m), der als langer
Rücken die Aussicht nach Süden abschließt. Rechts der lange Absturz der aus
mesozoischen Kalken zusammengesetzten «Hohen Wand» (typisches Plateau-
gebirge, ii35?72); vor derselben eine mit P/;n/5 nigra bestandene Hügelreihe.
Links von der Hohen Wand der 2075»! hohe Schneeberg (Triaskalk), der
höchste Berg Niederösterreichs. Schon vor Wiener-Neustadt betritt die Bahn
das mit Gerollen besäete «Steinfeld», das, aus zwei von den Flüssen Piesting
und Schwarza gebildeten Schuttkegeln bestehend, langsam gegen Südwesten
ansteigt (Wiener Neustadt 250«, Neunkirchen 36o;n, Entfernung der beiden
Orte 14 km). Das wenig fruchtbare Steinfeld ist zum großen Teile von einem
zirka 10km langen, schon im 18. Jahrhunderte angelegten Seh warz föhren-
walde bedeckt.
Bei Neunkirchen betritt die Bahn das Tal der Schwarza, das nun
immer enger wird. Bei Gloggnitz beginnt die «Se mme ringbahn», die älteste
größere Gebirgsbahn der Erde (begonnen 1848, vollendet 1854). L)ie Bahn hält
sich durchaus im Gebiete der Grauw ack en zone (Kalk und Schiefer). Aus-
sicht fast nur links; rechts einigemale Ausblicke auf die Abstürze der Rax. Bei
Payerbach die Abhänge des Gahns (Plateaugebirge, Vorberg des Schneebergs),
bei der Station Semmering (896m) rechts der ganze Südostabsturz der Rax
(200g m, Triaskalk), links der S onnwends tein (i523m2)' ^^ dem nun folgenden
1430 m langen Haupttunnel liegt der höchste Punkt der Bahn (8977») und die
Grenze zwischen Nieder Österreich und Steiermark.
Bis Mürzzuschlag im Tale der Fröschnitz, dann im Mürz-, von Brück
an im Murtale. Bis Graz rechts und links meist Berge mit sanften ge-
rundeten Formen, bis Mixnitz aus krystallinischen Schiefern, weiterhin
6i
namentlich links (rechts nur in den unteren Partien) aus devonischen Kalken
und Schiefern bestehend, mit Fliehten- und Tannenwäldern und Wiesen be-
deckt, das typische Bild «der grünen Steiermark» ; auf den Talwiesen G>-
shtm 1-ivulare massenhaft.^) Von Brück bis Graz rechts die Vorberge der Glein-
alpe. Bei Station Pernegg rechts oberhalb des Dorfes Kirchdorf ein Serpentin-
stock (Asplenhnn cuneifolinm und adulterininn). Vor Peggau an der «Badlwand-
galerie» Saxifraga altissima. Bei Peggau links die Peggauerwand (Anemone
stiriaca, Moehringia Malyi, Alsine setacea, Thalictrnm foetidnm).
Von Graz bis Spielfeld in der sehr breiten Tal ebene der Mur («Grazer
Feld»), links Auen, rechts die Ausläufer der Koralpe (Gneis). Das Murtal ist
hier im Westen bei Graz von Devon, weiterhin von mitteltertiären Gesteinen,
im Osten von dem niedrigen jungtertiären oststeirischen Hügellande, das
dem Flußgebiet der Raab angehört, begrenzt. Bei Spielfeld (deutsch-slowenische
Sprachgrenze^) verläßt die Bahn die Mur, die sich nach Osten wendet und zieht
durch die (mitteltertiären) teilweise mit Wein bepflanzten «Windischen Bühel»
(Standort von Spartiuni junceum, wild?). Bei Marburg wird die Drau erreicht,
und die Bahn durchzieht das obere Pettauerfeld [Cirsium rivulare massenhaft).
In den Teichen bei Station Kranichsfeld Marsilea qiiadrifolia und Trapa natans.
Rechts das Bachergebirge (Granit und Gneis, mehrere Gipfel über 1500)»)
mit Wäldern von Fagus vmd Castanea, oben Fichtenwälder und Torfmoore,
Südgrenze der Zentralzone der Alpen ; es beginnt die südliche Kalkzone.
Bei Pöltschach links der Wotsch (980 m, Triaskalk, sehr pflanzenreich).
Auf diesem Berge kann das für Untersteiermark so charakteristische Zu-
sammentreffen illyrischer mit baltisch - subalpinen Florenele-
menten^) sehr gut studiert werden. Solche illyrische Florenelemente, die
hier zum ersten Male dem von Norden Kommenden entgegentreten, sind: Fra-
xinus Ornus, Ostrya carpini/olia, Lilium carnioliciim, Hacquetia Epipactis, Vero-
nica pinnatifida, Lamhun Orvala u. a. m. Bei Cilli beginnt das enge Sanntal
(öfterer Wechsel der geologischen Formationen; Gebüsche von Qiiercus- und
Crataegus- Arttn, Cotinus Coggygria, Fraxinus Ornus). Bei Tüffer links der
Pflanzenreiche Hum. Bei Romerbad Daphne Blagayana. Bei Steinbrück
mündet die Sann in die Save, deren anfangs enges, felsiges Tal landschaftlich
und botanisch dem Sanntale ähnlich ist. Mehrere Braunkohlenbergwerke.
Gegenüber von Trifail der kleine Mitala- Wasserfall (Standort von Asplenium
Seelosn, Heliosperma Eriophorwn, Saxifraga tenella). Von Steinbrück an bildet
die Save ein Stück die Grenze zwischen Steiermark undKrain; zwischen
^) Die Angaben aus dem Gebiete von Steiermark und Oberkrain verdanke ich
größtenteils Herrn Dr. A. v. Hayek, dem für dieselben hermit bestens gedankt sei.
^) Nur das T.and ist slowenisch; die Städte sind noch viel weiter gegen Süden
zu vorwiegend deutsch.
^) Vgl. J. Murr, Auf den Wotsch! Deutsche botanische Monatsschrift XIII,
S. ii3.
62
Trifail und Sagor wendet sich die Grenze nach Norden und wird hier von der
Bahn überschritten.
Hinter Sava wird das Tal weiter, die Bergformen (Gesteine der Karbon-
formation) sanfter. Hinter Läse gelangt die Bahn zur Mündung der Laibach
in die vSave; erstere wird bei Saloch von der Bahn überschritten. Vor Laibach
schönes Hochgebirgspanorama : rechts (Norden) die Sanntaler Alpen
(üachsteinkalk; Grintouc 2560 »z), links davon (Nordwesten) in der Ferne der
Triglav (Terglou; Dachsteinkalk, 2865771). Laibach liegt zwischen zwei
vorgeschobenen Gebirgsriegeln am Nordende des jetzt größtenteils entwässerten
Laibacher Moors, das die Bahn in südwestlicher Richtung durchzieht, wo-
rauf sie sich auf die dasselbe im Süden begrenzenden Berge (Triaskalk, Tannen-
und Fichtenwälder) hinaufzieht. Etwas vor Loitsch erreicht sie das Gebiet
der Kreidekalke und tritt damit in den Karst ein, den sie bis 'Priest nicht
mehr verläßt. Hinter Loitsch links eine dolinenübersäete Hochfläche,
rechts das von der Unz durchflossene Polje^). Rakek, südöstlich davon der
Zirknitzersee, bald darauf Adelsberg.
Adelsberg (548 711) liegt am nördlichen Ende des Tales der von Süden
kommenden Poik, die hier etwa i km nordwestlich vom Orte ihren oberirdischen
Lauf beendet und in einer Höhle verschwindet. 19 111 höher liegt der Eingang
in die gegenwärtig von der Poik verlassene «Adelsberger Grotte», und
zwar am Fusse eines zirka i-^/^ k}ii langen Hügelrückens, an dessen südöstlichem
Ende sich der Ort Adelsberg ausdehnt. Gegen Westen zu sieht man einen sehr
auffallenden, langen Bergabhang; es ist der Nanos, der Ausläufer des Birn-
baumerwaldes.
Der erwähnte Rücken (6y6m hoch), gewöhnlich als Schloßberg (auf der
Karte alsSovid) bezeichnet, ist botanisch sehr interessant, da er außer mehreren
baltischen (Salix Caprea, Carpinus Betulus [sehr häufig], Amelanchier ovalis,
Sorbiis Aria), namentlich baltisch-subalpinen Arten (Orchis mascula, Thalictrinn
aquilegifolhim) bereits eine ganze Reihe von typischen Vertretern der illyrischen
Flora (Aristolochia pallida, Helleborus odorus, iniiltifidus, Tlilaspi praecox, Spi-
raea ulmifolia, Areuionia agrimonioides, Rhauiniis carniolica,'^) Lamiiim Orvala),
namentlich einige Gehölze des Karstwaldes (Ostrya carpinifolia, Prunus Mahaleb,
Rhainuus rupestris, Fraxinus Ornus) beherbergt. Auch einige illyrisch-süd-
alpine Arten finden sich hier, so Daphne alpina, Laburnum alpinuin, Globularia
bellidifolia. Außerdem wurden bei einer Exkursion am ig. Mai 1904 noch be-
obachtet:
Aethionema saxatile
Arabis arenosa
— Tiirrita
Asparagtis tcnitifolius
Asplen in m Trick oman es
Coronilla vaisinalis
^) Vgl. S. IG und II.
2) Nach Beck der voralpinen Region der illyrischen Gebirge angehörig.
Crtisus hirsutus
Festuca picta^)
denisia sjgittalis
Globlila ria Willko m m ii
Hippocrepis coinosa
Juglans regia (verwildert)
Moehringia itiitscosa
Orobanche caryophyllacea^)
Peucedaniim Oreoseliniim
63
Pinus nigra (massenhaft auft^eforstet)
Polvgala coniosa
Qiierciis sessilißora
Rhamnus cathartica
— piimila'^)
— saxatilis
Robinia Pseudacacia (gepflanzt)
Seduni glauciim (■=hispanicum)
Route: In der Mitte des Ortes, dort, wo die Grottenstraße gegen Nord-
west abzweigt, ein Stück steil aufwärts, dann mache man nach rechts einen
Abstecher in die Abstürze (dort unter anderem mehrere Rhamyms-AvX.&n) und
gehe auf den durch eine Stange markierten Vorgipfel; dann zurück (nach links)
auf den Hauptweg und rechts auf einem mit zwei Steinstufen beginnenden Pfad
auf den Hauptgipfel, der übrigens auch direkt vom Vorgipfel auf einem auf dem
Kamme verlaufenden Wege erreicht werden kann. Vom Hauptwege zweigt links
ein durch Föhrenwald im Zickzack zur Grotte hinabführender Wee ab.
Adelsberg — Divaca (St. Canzian) — Triest.
Bei Adelsberg hat die Landschaft zwar morphologisch bereits alle Cha-
raktere der Karstlandschaft, zeigt aber infolge der relativ reichen Bewal-
dung und der Bedeckung mit Wiesen noch nicht jene Verwüstung, welche
vielmehr erst bei St. Peter beginnt und daselbst bereits sehr ausgesprochen
auftritt. Bis St. Peter ist die Bahnstrecke links von Rudistenkalk, rechts meist
von eozänen Gesteinen begleitet; bald hinter St. Peter, wo sie sich scharf nach
Westen wendet^ durchfährt sie anfangs wieder Karstlandschaft, dann quert sie
Cosinaschichten und Nummulitenkalk und betritt hinter dem ersten Tunnel
eine überaus charakteristische, durch viele kleine Krosionstäler ungemein reich
gegliederte Flyschlandschaft (Fagiis silvatica; Ailanthus glandiilosa und Robinia
Pseudacacia aufgeforstet). Durch Nummulitenkalk und Cosinaschichten (Grenze
zwischen Krain und Görz - Gradisca) ziehend, betritt die Bahn wieder
den Karst (Aufforstungen von Pinus nigra, an deren einseitig übergebogenen
Wipfeln die Wirkung der hier sehr starken Bora zu sehen ist) und erreicht
bald Divaca (kurz vor der Station links Blick auf St. Canzian).
3 km südöstHch von Divaca, bei dem eben genannten Dörfchen St. Can-
zian verschwindet die von Südosten (aus dem nordöstlichen Teile von Istrien)
kommende Reka, die bis hierher (und zwar stets oberirdisch) eine ausgedehnte
Flyschlandschaft («Berkin») durchfließt, sowie sie ins Gebiet des Rudisten-
') Det. H. Freih. v. Handel-Mazzetti.
2) Der Adelsberger Schloßberg ist auch der Originalstandort der Rhamnus Mul-
levana Fritsch ('= Rh. carniolica 'Xpumila).
64
kalkes kommt, unter der Erdoberfläche, und bildet die St. Canzianer Grotte,
die wohl die großartigste der Karstländer ist. ^)
Der (markierte) Weg von Divaöa nach vSt. Canzian ist botanisch sehr
interessant, also entschieden zu Fuß zurückzulegen. Man geht vom Bahnhof
Divaca auf der Straße ein Stück nach rechts parallel mit der Bahn, bei der
Straßenkreuzung nicht links (in den Ort), sondern rechts über die Bahn; gleich
darauf bei der zweiten Straßenkreuzung schlägt man den linken F'ahrvveg nach
Unter-Lesece ein. Bei der Kirche dieses Ortes nicht den rechts abbiegenden
Fahrweg, sondern den links gehenden Fußweg, der an mehreren Dolinen vorbei
nach der Häusergruppe Mattaun führt, wo man im Wirtshause die Eintritts-
karten und den Führer für die Grotte erhält.
Auf dieser Wanderung kann man mehrere Formen von Dolinen be-
obachten: bei Unter-Lesece eine solche mit sanften, wiesenbedeckten Hängen,
im Grunde Getreide und Gemüse mit Pflaumenbäumen (vgl. Tafel XVII); die
zweite Doline (gerechnet von der Grottendoline gegen Divaca) repräsentiert den
Typus der steilwandigen Dolinen (vgl. Tafel X) mit waldigem und von Wiesen
bedecktem Grunde (hier unter anderen Hacquetia Epipactis, an den Wänden
Primula auricula'^) und Saxifraga incriistata); endlich als höchste Ausgestaltung
dieses Typus die Grottendoline mit größtenteils lotrechten, oft ganz glatten
Wänden, so z. B. unter der am Wege nach Mattaun liegenden «Stephaniewarte»,
unter der die Wände mit Sesleria temiifolia, Saxifraga incriistata, Genista sericea
besetzt sind.
Bei Unter-LeseSe an den sanften Hängen einer großen Doline schöne
Wiesen; tonangebende Pflanzen Alectorolophus subalpinus und minor, ^) Anthyllis
Vulneraria, Bromus erectiis, Polygala nicaeensis ; ferner fanden sich hier :
Ajuga genevensis
Anemone montana
Bri:^a media
[Carduus collinus (^candicans)
Chrysanthemum leucanthemum
Euphorbia verrucosa
Bromus ercctus^)
(Uobidaria Willkommii
Ilieracium ßorentinum'')
Hippocrepis comosa
IJnum catharticum
Orchis Moria
Orobanche lutea
Plantago carinata
Salvia pratensis
Sanguisorba minor
\Scor:{onera villosa
Scrophidaria canina (mediterran)
ISenecio lanatiis
Silene venosa
Tliesium divaricatum,
— int er medium
IThlaspi praecox
Tragopogon Tommasinii
Trifolium montanum
Trinia glauca
Veronica multifida
Widm.
') Vgl. S. 9.
2) Nach Pospichal im Küstenlande nur die var. Bauhini J^ehm. — albocincta
^) Det. H. Freib. v. Handel-Mazzetti.
'') Det. C. V. Marche.setti.
65
Vergleicht man diese Liste mit der von Beclv. (lUyrien, S. 252 ff. und
256 ff.) für die Formationen der «Karstheide» sowie der «Bergvviese und Heide>^
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Fig. 4. Aus der Grottendoline bei St. Canzian: Eingang in die «Schmidl-Giottex.
(Nach einer käuflichen Photographie.)
gegebenen, so ergibt sich große Übereinstimmung mit ersterer, teilweise
auch mit letzterer, da beide Formationen eine Anzahl Pflanzen gemeinsam
haben. Die Charakterpflanzen der Karstheide sind mit ! bezeichnet.
Exkursion in die illyrischen Lander. 5
Unser Weg führt auch durch kleine Karstvvaldparzellen fOstrj'a car-
pinifolia, Prunus Mahaleb, Acer campestre, Fraxinus Ornus)'^) unterbrochen
durch baumlose, steinige «Karstheiden> mit der (mediterranen) Riita divari-
cata, mit Globularia bellidifolia, Genista sagittalis, Aethionema saxatile, Thlaspi
praecox und zwei typischen Karstheide-Ginstern (Genista silvestris und sericea).
Auch gänzlich verwüstete, vom Weidevieh bis auf niederes Gestrüpp von Juni-
perus communis fast ganz kahlgefressene Flächen (vgl. Tafel IX) werden passiert.
Auf anderen steinigen Weideflächen fanden sich unter anderen Alyssiim mon-
tanum. Rhamniis rupestris, Ferulago nodißora {== galbanifera, um diese Zeit nur
die fein geteilten Blätter), Thymus longicaulis'^).
Botanisch am interessantesten ist zweifellos die Grottendoline^) von St.
Canzian. Dieselbe zeigt in ausgezeichneter Weise jene Erscheinung, die mau
mit Beck'*) als «Umkehrung der Pflanzenregionen» bezeichnen kann. Während
nämlich sonst auf höheren Bergen der Karstländer an den Karstwald sich höher
oben eine Buchenregion mit vielen baltischen Pflanzen anschließt, ist dies hier
umgekehrt. ^) Die Hänge der Grottendoline sind mit Karstwald bedeckt, in
welchem sich auch Charakterpflanzen der Karstheide (!) finden; bei einer
Exkursion am 20. Mai 1904 wurde hier gefunden:
Acer campestre
— monspessuIa7ium
Artemisia camphorata
Athamanta rupestris
Fraxinus Ornus
IGeranium nodosum
Hacquetia Epipactis
Lactuca perennis
Lathrrus ('= Orobus) variegatus
Ostrya carpinifolia (sehr häufig)
IPotentilla Tommasiniana
Veronica multifida
Sehr zahlreich sind die baltischen,^) teilweise auch baltisch-subalpinen
Elemente, welche schon an schattigen Stellen der Abhänge der Doline, nament-
lich aber im kühlen, feuchten Grunde derselben zu finden sind und von denen
') Daselbst unter anderen: Scor^onera austriaca, Ornithogalum Kochii. Um
Mattaun wurde ferner gefunden: Ulmus glabra, Thesium divaricatiim, Medicago pro-
strata, Trifolium campestre, Euphorbia epithymoides (=fragifera), Inula ensifolia und
auf Wiesen: Trifolium incarnatum var. Molineri, Alectorolophus Freynii, minor und
subalpinus, (letztere drei det. H. Freih. v. Handel-Mazzetti.)
2) Det. C. V. Marchesetti.
') Ein ausschließlich in den Grotten der illyrischen Karstländer lebendes Tier ist
der zu den zeitlebens durch Kiemen atmenden IMolchen gehörige Grottenolm (Proteus
anguineus). Derselbe kommt in der Adelsberger Grotte nicht ursprünglich vor.
") Sitzungsbericht des Deutschen naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines für
Böhmen «Lotos» 1904, Nr. 7.
^) Die im Ternowanerwalde in der Buchenregion gelegene Doline Smrekova draga
zeigt diese Umkehrung in noch höherer Ausgestaltung; sie besitzt unter dem Buchen-
walde einen schmalen Fichtengürtel, an den sich dann Krummholz mit Rhododendron
hirsutum und anderen Alpensträuchern anschließt. (Beck 1. c.)
*) Die im folgenden mit * bezeichneten Arten kommen auch im Wienerwalde,
einem ausgesprochen baltischen Waldgebirge, vor.
67
einige sogar die dämmerigen Eingänge in die Grotten besiedeln.^) Von hierher
zu rechnenden Arten wurden bei der oben erwähnten Exkursion gefunden :
'^Hieracium silvaticum^)
■"'■Lactuca muralis
*Lilium Martagon
f*Acer Pseudoplatanits
'*Allium ursiniim
* Anemone Hepatica
\Aposeris foetida
*Aruncus Silvester
^■Asarum europaeitm
Aspidiiim Filix nias
f — lobatum
^Carpintis Betuliis-)
'"•Cephalanthera alba
* Cerastium silvaticum
*Convallaria maialis
*Cyclamen eiiropaeiim
*Daphne Laureola
* — Me:{ereum
*Dentaria enneaphylla
^Euphorbia angulata
*Fagus silvatica
jGentiana asclepiadea
'^Geranium robertianum
*Melica mit ans
* — uniflora
*Melittis Melissophyllum
*Moehringia trinervia
Parietaria officinalis
*Polygonatum multißoriim
*Prena7itlies purpurea
*Riibus Idaeus
*fSalvia glutinosa
Sambucus nigra
■fScolopendriiim vulgare
Scrophidaria vernalis (Eingänge
in die Grotten)
*Senecio nemorensis
*Serratula tinctoria
*Staphylea pinnata
\Veronica latifolia
* Viola mirabilis
*Hedera Helix^)
Bemerkenswert sind ferner zwei an feuchten, schattigen Stellen wachsende
Lebermoose: Fegatella (Conocephalus) conica und Reboulia hemisphaericaj)
Es kann nicht zweifelhaft sein, daß das Vorkommen der meisten von
diesen Pflanzen als Glazialrelikt angesehen werden muß. Ganz besonders gilt
dies für die mit f bezeichneten subalpinen Arten. ^) In derselben Weise ist
wohl auch das Vorkommen alpiner Felsenpflanzen wie Primiila Auricula und
Saxifraga incriistata zu erklären. Sesleria temiifolia dagegen ist eine illyrisch-
^) Zu diesen gehört auch die illyrisch-südalpine Saxifraga petraea.
^) Auch im Karstwalde.
*) Kommt nicht nur im baltischen Gebiete vor.
■*) Det. C. V. Marchesetti.
-') Gelegentlich einer Exkursion am 22. April 1905 konstatierte Herr Prof. R. v.
Wettstein in der Doline noch folgende Pflanzen:
")
noch an;
.'Lamiiim Orvala
*Lathyrus vernus
fLiinaria rediviva
*Primiila acaulis
* — officinalis
Ruscus aculeatus
Sedum maximum
*Symphytum tuberosum
*Viola Riviniana
Beck gibt 1. c. für die Doline von St. Canzian außer den genannten Arten
Aconitum rostratum, Evonymus latifolia, Campanula pusilla.
5*
*Abies alba
Adiantum Capillus Veneris
*Anemone nemorosa
* — ranunculoides
Asplenium Ruta muraria
— Trichomanes
*Corydalis cava
*Galanthus nivalis
*Isopyrum thalictroides
68
voralpine Felsenpflanze; CeteracJi officinarwn ist wohl mediterraner Herkunft,
aber weit über die Grenzen des Mediterrangebietes (bis nach England und
Siebenbürgen) verbreitet. — Von sonstigen in der Grottendoline gefundenen
Pflanzen seien Veratrum nigrinn, Parietaria raiiiißora f= diffusa), Galiinn ari-
statum erwähnt.^)
Divaca — Triest. Die Bahn hält sich bis Nabresina im Gebiete des
Rudistenkalkes (lichte Bestände von Eichen). Gleich hinter Nabresina über-
schreitet sie die Kante des Plateaus und senkt sich langsam längs des aus
Tertiärgesteinen (hauptsächlich Flysch) bestehenden Abhanges, der zum Teile
mit Wein und Ölbäumen bepflanzt ist, hinab nach Triest.
Triest.
Triest liegt am Nordwestende der großen mittelistrianischen Flyscli-
niulde, dort, wo die Kante des Karstplateaus von der Küste zurücktritt. Der
FI3 seh reicht sehr hoch hinauf und begrenzt den ganzen Golf von Triest mit
Ausnahme eines kurzen Stückes bei Duino, wo der Rand des Kalkplateaus un-
mittelbar ans Meer herantritt, sowie der ganzen im Nordwesten gelegenen, von
Alluvionen gebildeten Flachküste. Pflanzengeographisch stellt die Um-
gebung Triests ein «Ü be r gangsge bi et» mit mancherlei mediterranen Ele-
menten und «südlichem Vegetationscharakter» dar (vgl. S. 27 und 28). Die
Umgebung der Stadt enthält viele Wein- und ülpflanzungen, Gärten, aber
auch wüste Strecken, die allerdings jetzt großenteils aufgeforstet sind. Die
zur Aufforstung vorzugsweise verwendeten P/;;;;.s-Arten wurden schon auf
S. 45 und S. 55 besprochen. 2)
Natur\visscn schaftliche Institute in Triest.
I. Die k. k. zoologische Station (passeggio di vS. Andrea Nr. 2).
Über dieselbe teilt mir der Direktor der vStation, Herr Prof. Dr. C. I. Cori,
folgendes mit :
Die k. k. zoologische Station in Triest wurde 1875 gegründet. Das Ge-
bäude derselben enthält i3 für wissenschaftliche Arbeiten eingerichtete Zimmer,
ferner eine physiologische und eine chemische Abteilung, eine reiche Bibliothek,
eine Typensammlung der Meeres-Fauna und -Flora, Aquarieneinrichtung mit
') Die im unteren Teile der Doline in einigen Exemplaren vorkommende Iris
(illyrica?) ist nach Aussage der Grottenführer gepflanzt.
^) Im Gebiete von Triest spielt in dieser Hinsicht Pinus nigra die Hauptrolle.
— Einer Alitteilung des Herrn Dr. C. v. Marchesetti entnehme ich, daß bisher im
Triester Territorium zirka \000 ha aufgeforstet worden sind. — Die Ausführung, respek-
tive Überwachung der Aufforstungen obliegt einem eigenen Landes-Forstinspektor (vgl.
z. B. dessen Referat in der «Triester Zeitung» vom 7. Oktober 1904).
69
zirkulierendem Seewasser und Druckluftleitung; ferner besitzt die Station eine
Motorbarkasse, ein Segelboot und reichen Bestand an Fiscliereigeräten. Platz
ist für 3o Gäste. Die Arbeitstische sind mit usueller Ausrüstung versehen, und
das Untersuchungsmaterial wird, sofern es ohne besondere Kosten beschafft
werden kann, unentgeltlich beigestellt. In den Osterferien und im September
werden Kurse über die Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Biologie der
marinen Fauna und über die marinen Algen abgehalten. Die zoologische vStation
hat alle österreichischen biologischen Universitätsinstitute mit lebenden und
konservierten Seetieren und Meeresalgen zu versehen. Geöffnet ist die Anstalt
das ganze Jahr.
2. Das städtische natur historische Museum («civico Museo distoria
naturale», Piazza Lipsia). Der Direktor desselben, Herr Dr. C. v. Marche-
setti teilt mir folgendes mit:
Das naturhistorische Museum wurde im Jahre 1846 gegründet. Es ent-
hält zoologische, botanische, mineralogische, geologische und anthropologisch-
prähistorische Sammlungen. In der botanischen Abteilung werden die Herbare
von Tommasini, Biasoletto, E. Braig, P. Kammerer etc. aufbewahrt.
Publikation: Atti del civico Museo di storia naturale. Jubiläumspublikation:
C. Marchesetti, Flora di Trieste e de' suoi dintorni ; 1896/97.
3. Der botanische Garten (auf einem Hügel südöstlich vom Zentrum
der Stadt, der «il colle» oder «il pineto di Chiadino» genannt wird)^) früher
privat, jetzt städtisch (Direktor Dr. C. v. Marchesetti). Der Garten wurde in
der letzten Zeit sehr vergrößert und durch sehr zahlreiche Pflanzen bereichert.
4. Naturwissenschaftliche Vereine: Societa adriatica di scienze
natural! (Publikation: «Bolletino»); Societa agraria (Publikation: L'amico dei
campi).
Exkursionen:
I. Zu dem an der Kante des Karstplateaus gelegenen Obelisken von
Oböina (346???)» ™it der elektrisch betriebenen Zahnradbahn eine Viertelstunde
(kurzer Abendausflug). Während der Fahrt prachtvolle Rückblicke auf die
Stadt und den Golf. Vom ObeHsken verfolge man den nach Nordwesten ver-
laufenden, ziemlich ebenen Weg ein Stück weit. Derselbe führt durch Auf-
forstungen von Pinus nigra mit vielen Resten der ehemaligen Karstwälder, wie
Qiterciis lanuginosa, Cotinus Coggygria, Rhammis rupestris ; ferner fand ich hier
am 24. Mai 1904 :
Aspenila cynanchica \ \Genista silvestris
ICrepis chondrilloides \ ISatureia montana
iGenista sericea |
Anm. ! = typische Pflanzen der Karstheide.
') In den Schwarzföhren-Aufforstungen unweit des botanischen Gartens kommt
Coriaria mrrtifoUa (westmediterran) verwildert vor.
70
2. Nach Schloß Miramare; elektrische Tramway bis Barcola, dann
noch zirka eine Stunde zu Fuß auf der Straße dicht an der Küste. Auch
Dampferverbindung mit Triest, — Die von sehr bröckeligem Gestein gebildeten
Flyschabhänge beherbergen ma.ssenha.it Spartiwnjim ceinn ; ferner fand ich
am 24. Mai 1904 daselbst und am Rande der Straße:
y^Cynodon Dactylon
Galium lucidum
jfLepturus inciirvatus
Linum tenuifolium
fPl antago maritima
*Apocyniim venetiim
Arundo Donax
Avena sterilis
yCCatapodium loliaceum
y.Coronopits procumbens
Anm. f:=Halophyt, *^= speziell Dünenpflanze, X = Ruderalpflanze. Diejenigen
Halophyten, deren Name gesperrt gedruckt ist, kommen auch an entsprechenden Loka-
litäten der Küsten des Deutschen Reiches vor.
An den Fe 1 se n, S te inbl öcken und xMauern am Meere fand ich :
Centranthus ritbra^) Initla viscosa
Crithmum maritimum
Crithmitm maritimum ist ein ausgesprochener Halophyt, der nur an
Felsen und im Schotter in der Spritzzone vorkommt, Sand und Schlammboden
aber durchaus meidet. Inula viscosa kommt auf allen Bodenarten vor und geht
auch weiter landeinwärts. Beide Pflanzen fehlen den deutschen Küsten. Der
Park von Miramare ist für den Nordländer besonders durch die vielen süd-
lichen Pflanzenarten (namentlich viel immergrüne Holzgewächse) interessant,
die in Mitteleuropa im Winter nicht mehr im Freien aushalten. V^on wild-
wachsenden Pflanzen, die hier vorkommen, seien Centrosis abortiva und Oro-
banclie Hederae ^j genannt.
3. In die aufgelassenen Salinen von Zaule (Station der Lokalbahn
'Priest — Parenzo). Dieselben liegen im Grunde der Bucht von Muggia im
Schwemmlande des Rosandrabaches. Man kann die Exkursion als V^ormittags-
partie machen; man fährt in diesem Falle per Dampfer nach Muggia, geht dann
auf der Straße bis fast nach Zaule (zirka drei Viertelstunden) und wendet sich
nach links hinab auf die Wiesen, die sich in unmittelbarer Nähe der Bahnstation
befinden. Rückkehr mittags mit der Lokalbahn.
Die Abhänge gegen das Schwemmland sind üppige Wiesen,
in deren Vegetation Ornithogalum pjrrenaiciim^) besonders auffällt.
An sie schließen sich bereits dem vSchwemmlande angehörige, mit
Phragmites communis und Junciis- Arten (siehe weiter unten) bestandene Flächen,
auf denen zur Zeit meiner Exkursion (21. Mai 1904) Gladiolus illyricus sowie
mehrere Orchideen in schönster Blüte standen:
') Eine Pflanze der «StrandkHppen» ; auch an Mauern in der Nähe des Meeres;
vielleicht Gartenflüchtling (Pospichal).
^) Det. E. Janchen.
^1 Det. C. V. March esetti.
71
Anacat np tis pyramida lis
Oplirys arachnites
— apifera
Orchis coriophora (fragranx)
Ferner fand sich hier:
Orchis incarnata
! — laxißova
Serapias longipetala
Alectorolophiis glandulosus^) 1 Gratiola officinalis
Genista tinctoria Scabiosa Columbaria'^)
Wie man sieht, treten schon hier einzelne Sumpfwiesenpflanzen auf; ton-
angebend werdendieSumpfpflanzenauf den etwas tiefer 1 iegenden Flächen,
auf denen Cyperaceen und Juncaceen die Hauptrolle spielen. Hier fand ich:
\Atropis festucaeformis
Brachypodium pinnatum
Carex distans
t — extensa
— flacca
Daucits Carota
Equisetum maximum
— ramosissimiim
Heleocharis iiniglumis
Holoschoenus australis
fJunciis acutus
f — Gerardi
\Lotus (Tetragonolobus) siliquosiis
Phragmites cotnmimis
flPlantago Cornuti
ISamolus Valerandi
Schoenus itigricans
Scirpus maritimiis
\Triglochin maritim um
Die beiden eben beschriebenen Pflanzengesellschaften entsprechen etwa
der Formation der «Strand wiesen» (Beck, lUyrien, S. 171), die Übergänge
zwischen den Landwiesen und den tiefer liegenden eigentlichen Strandforma-
tionen darstellen. Die (nach Beck) für diese Strandwiesen charakteristischen
Pflanzen sind in beiden Verzeichnissen mit ! bezeichnet, f = Halophyten; die
an den deutschen Küsten vorkommenden Halophyten sind durch gesperrten
Druck gekennzeichnet.
An diese Bestände schließen sich dann gegen das Meer zu die eigent-
lichen Bestand e von Halophyten an, unter denen zunächst noch Juncus
maritimiis die Hauptrolle spielt, während der graue, salzgetränkte und — wie
die bleichen, vertrockneten Zostera-Blätter beweisen ■ — oft überschwemmte
Schlammboden dicht am Meere eine Auswahl der interessantesten Halophyten
trägt. Massenhafte Artemisia coerulescens^) und Atriplex (Halimus) portu-
lacoides'*) bringen einen grüngrauen Grundton hervor, den die Blattbüschel
von Statice Limonium mit ihrer freudig-grünen Farbe unterbrechen.
Zu den typischen Halophyten^) gehören auch Salicornia fruticosa, Imila
') Del. H. Freih. v. Handel-Mazzetti.
2) Det. C. V, Marchesetti.
^) Blätter wechselständig, seidenhaarig, blaugrau, die meisten um diese Zeit sicht-
baren lanzettlich, ganzrandig, teilweise auch an der Spitze gespalten oder ganz fieder-
spaltig.
'') Blätter gegenständig, verkehrt-eilänglich, ganzrandig, schiilferig.
') Im Mai blühen die meisten Halophyten noch nicht; die Blütezeit derselben
fällt in den Juli bis September; eine Art (Suaeda maritima) war sogar noch recht
72
crlthinoides^) und Spergularia media (= niarginata). Die angeführten
Pflanzen sind fast sämtlich charakteristische Vertreter der «Salztriften-
formation» (Beck, lUyrien, S. 169). Die auch an den deutschen Küsten vor-
kommenden x^rten sind durih Sperrdruck gekennzeichnet. —
An der Straße Mu^-gia — Zaule fanden sich:
Aegilops triaristata
Althaea cannabina
Anacamptis pyramidalis
Aristolochia Clematitis
Blackstonia perfoliata
CardamineNast!trtiiim(mWasser-
gräben)
Chrysopogon Gryllus
Galiiim lucidum
Koeleria gracilis
Loiiicera etrusca
Lotus corniculatus
Melampyrum barbatum
Onosma echioides
Orlaya grandißora
Plantago carinata
Poa trivialis
Potentilla laeta'^)
Rumex pulcher
Spartium junceum
Tliy mus pannonicus'^)
Trifolium rubens
Vicia glabrescens
— tenuifolia
4. Nach Duino. Von der Station Duino — Sistiana der Linie Nabresina —
Görz — Cormons zirka drei Viertelstunden, eine halbe Stunde westlich von
dem Seebade Sistiana (Dampfer von Triest).^) Ein vom Hauptareal der Medi-
terranflora abgetrennter Standort mehrerer typisch mediterraner Pflanzen, der
übrigens zu den nördlichsten Standorten dieser Art im Küstenlande gehört.
Es finden sich hier (Exkursion vom 22. Mai 1904) :
Clematis Flammula
Convolvulus cantabrica
Osyris alba
Pistacia Terebinthus
Quercus Hex
Ruta divaricata
Smilax asper a
Von typischen Karstpflanzen seien erwähnt: Paliiirus aiistralis, Cotimis
Coggygria, Satiireja montana. Ruderalpflanzen: Centaurea Calcitrapa, Carduus
pycnocephalus.
Der Standort bei Duino ist zwar pflanzengeographisch interessant, beher-
bergt aber keine Pflanze, die nicht auch weiter südlich angetroffen würde.
^1^ Stunden von Duino liegt die Quelle des Flusses Timavo (vgl. S. 11 und 12).
5. Einer der interessantesten Ausflüge von Triest aus ist der nach G r a d o,*)
einem Fischerstädtchen, seit einiger Zeit auch Seebad, das am äußersten Rande
jener Lagune liegt, die hier die Reihe der Lagunenmeere eröffnet, welclie sich
an der Nordwestküste der Adria von der Isonzomündung über Venedig und
unentwickelt. Daher werden bei einigen derselben Merkmale angegeben, an denen sie
auch im sterilen Zustand erkannt werden können,
') Blätter alle saftgrün, kahl, die der KLurztriebe gebüschelt, kurz, walzlich,
stumpf, Blätter der Langtriebe viel länger, lineal, vorn kurz dreispitzig. — Vgl. Tafel XII.
2) Det. C. V. Marchesetti.
^) Nur während der Badesaison; Fahrtdauer 1 — l'/a Stunden.
") Vegetationsbilder von Grado: Tafel XI und XII.
73
Chiog-gia bis Comacchio erstrecken. Tagestour. Üampferverbindung mitTriest
(nur während der Badesaison jeden Tag; Fahrtdauer zwei Stunden). vSehr
empfehlenswert, aber etwas teuer ist folgende Tour: Triest — Nabresina —
Monfalcone — Villa Vicentina (Bahn). Villa Vicentina — Aquileja (6 km), dann
nach Belvedere und Centenara (5 km), von dort mit Barke nach Grado (Fahr-
zeit verschieden, bei Ebbe länger). Auch zwischen Aquileja und Grado ver-
kehrt ein kleiner Dampfer.
Bei Monfalcone betritt die Bahn die lombardische Tiefebene, und zwar
deren östlichen Teil, der zu Österreich gehört, aber mit den angrenzenden
italienischen Landesteilen die Natur und den Volkstamm (die von den Italienern
mundartlich verschiedenen Furlaner oder Friauler) gemeinsam hat; das ganze
Gebiet dieses Volksstammes wird Friaul genannt. Vor Villa Vicentina über-
setzt die Bahn das zirka ^2 ^""' breite Flußbett des Isonzo (im Unterlauf
«Sdobba» genannt), der gewaltige Schuttmassen mit sich führt. Die Straße
Villa Vicentina — Aquileja führt durch den fruchtbarsten Teil Friauls. Überall
«sieht das Auge des Beschauers ein grünes Meer von Baum-, Reben- und Ge-
treidesaaten, die jeden Fußbreit Landes bedecken. Hinter dichten Hecken von
Christusdorn ^) und Paliurus, welche ein ganzes Labyrinth von Straßen und
Wegen begrenzen, schlingen sich die langen, von Feldahorn gestützten Reben-
girlanden zwischen Ulmen und Maulbeerbäumen, und entlang der engen Reihen
steht noch die Weizen- oder Gerstensaat; Hülsenfrüchte und Spätmais (soge-
nannte cinquantina); der schmale Rain muß Obstbäume und Nutzweiden
ernähren, und um Zaun und Grabengebüsch ranken allüberall großblättrige
Kürbisgewächse. Grün ist Bachrand und Au, grün der Weggraben und Straßen-
rand, grün der Anger und das Dorf . . . .■».'^)
Unweit von Belvedere und Centenara befindet sich eine Sandhügelland-
schaft, die von einem sehr sehenswerten Pinienhain (vgl. S. 44 und Tafel I)
bedeckt wird. Dort fand ich am 23. Mai 1904 folgende Pflanzen:
Galium lucidum
Globularia Willkommii
Koeleria cristata
Anacamptis pyramidalis
Bromiis erectus
Campamda sibirica
Chrysopogon Gryllus
Dactylis glomerata
Equisetum ramosissimmn
Euphorbia nicaeensis
Filipendula hexapetala
— gracilis
Lonicera etrusca
Ophrys arachnites
Orchis coriophora
Thesium divaricatum ^)
Die Barkenfahrt durch die Lagunen ist landschaftlich sehr eigenartig
und bei Ebbe und Flut gänzlich verschieden. Große Teile der Untiefen sind
von ganzen Seegraswiesen (Zostera marina) bedeckt. Auf den etwas höher
') Cotoneaster Pyracantha.
~) Pospichal, Flora des österreichischen Küstenlandes I, S. XX f.
^) Det. C. V. Marchesetti.
74
gelegenen, stets aus dem Wasser ragenden Schlammbänken hat sich eine typi-
sche Halophytenflora angesiedelt. Auf einigen dieser Inseln haben sogar arm-
selige Fischerhütten Platz gefunden.^)
Von Grado aus gehi'man am besten auf dem nach Nordosten ziehenden
Damme hin und wendet sich dann nach etwa einer halben Stunde auf einem
zweiten (einen Kanal überschreitenden) Damme nach Südost gegen das Finanz-
wachhaus Rotta. Auf dem ersten Teile dieser Exkursion kann die Halophy-
tenflora der Schlammböden studiert werden, und zwar schon in der aller-
nächsten Nähe von Grado. Bei -einer Exkursion am 23. Mai 1904 wurden
gefunden :
■fAgropyrum litorale'^)
Althaea officinalis
\Artemisia coerulescens
■\Arthrocnemum macrostachyum ')
fAsparagus maritimus
fAtriplex portulacoides
— roseum *)
fAtropis festucaeformis
fCrithmiim maritimum (nur an
den Steinen der Dämme)
Dactylis glomerata
f Iniila crithmoides^)
fJitncits acutus
Plantago altissima^)
Rumex sanguineus^)
fSalicornia fruticosa
■fSalsoIa Soda
■fStatice Limonium
f — caspia
fTamarix africana (kultiviert)
f — gallica (wild und kultiviert)*")
Die Formation enthält hauptsächlich Elemente der «Salztriftenformation»
(Beck). Sperrdruck der Namen der Halophyten (f) bedeutet: Vorkommen an
den deutschen Küsten.
Die Düne beim Finanzwachhause Rotta beherbergt eine reiche und
eigenartige Flora. Gefunden wurden auf derselben bei der oben erwähnten
Exkursion:
'^'■A m mophila arenaria
'^Apocynum venetum
Asperula cynanchica
fCakile maritima
*Calj'stegia Soldanella
*Clematis Flammula var. maritima
Crataegus monogyna
Cynodon Dactylon
*Cyperus capitatus (= Sclioenus mu-
cronatus)
Dactylis glomerata
*Echinophora spinosa •')
Equisetu m ra mosissim u m
'*Erianthus Ravennae')
0 Tafel XI.
^) Auch noch andere Arten, zum Teil steril; viele Exemplare mit Ustilago hypo-
dytes (det. V. Schiffner).
^) Tafel XII.
•*) Det. K. Rechinger.
^) Det. C. V. Marchesetti.
*") Außerdem fand ich bei Grado Mespilus germanica kultiviert vor.
') Blüht im Mai noch nicht. Leicht kenntlich an den langen, schmalen, am Rande
sehr rauhen Blättern mit dickem, tjelblich-weißem Mittelnerv. Vorjährige Blutenstände
oft noch vorhanden.
75
f £■ )•_>' n g i u m m arit i m ii m ')
f Euphorbia Paralias
Fumaiia prociimbens
■fdlaiicittm flavum^)
Helianthemum obscuritm (i. angustifolia)
Hieracium ßoreyitinum^)
Holoschoenus vulgaris
\Juncus acutus
Juniperus communis
Linum tenuifolium
Lonicera etrusca
*Medicago marina
*Phleum arenarium
'*Plantago arenaria*)
Scabiosa agrestis
Schoenus nigricans
Scolymus hispanicus^)
Stachys recta
Teucrium Chamaedrvs
— Polium
Thymus montanus^)
Tragopogon maior
Vulpia uniglumis
Die mit * bezeichneten Arten sind — wenigstens im österreichischen
Küstenlande — nur als Pflanzen der Dünen und des sandigen Meerstrandes
bekannt, die mit f versehenen sind Halophyten, die auch auf anderem als san-
digem Roden wachsen. Unter diesen mit Zeichen versehenen Pflanzen kommen
diejenigen, deren Namen gesperrt gedruckt sind, auch an den deutschen
Küsten vor.
Zur Festigung des Sandes werden kultiviert:
Alnus glutinosa (vielleicht wild)
Pinus halepensis
— Pinea
Populus nigra (vielleicht wild)
Robinia Pseudacacia (massenhaft)
Tamarix gallica
Verwildert:
Allium Cepa Brassica oleracea Oenothera biennis
Sehr empfehlenswert ist ein Abstecher auf den Badestrand von Grado.
Au den zur Zeit der Ebbe trockenen Fußes zugänglichen Pfosten der Kabinen
wächst in großer Menge Fiicus virsoides; auf dem Strande findet man mehrere
Arten von Seegräsern in leidlichen Exemplaren vom Meere ausgeworfen:
Zostei'a marina massenhaft, darunter die im Golf von Triest seltene Posidonia
oceanica, die an den mit Gefäßbündelresten der abgestorbenen Blätter dichtbe-
setzten («faserschopfigen») Rhizomen leicht erkannt werden kann, während
Cymodocea nodosa (im Golf häufig) sich durch den dünnen, starren, rotgefärbten,
durch die Blattnarben dicht geringelten Wurzelstock auszeichnet. Beide blühen
selten, während Zostera marina in den Lagunen massenhaft blühend zu finden
ist. — In den deutschen Meeren kommt von den genannten Arten nur Zostera
marina vor.
I) Tafel XI.
^) Nach Pospichal, Visiani, Marchesetti nur in der Nähe des Meeres; in
Deutschland und bei uns Ruderalpflanze.
^) Det. C. V. Marchesetti.
■*) Im Küstenlande nach Pospichal ausschließlich, nach Marchesetti vornehm-
lich Dünenpflanze; in Deutschland und bei uns Sandpflanze überhaupt.
') Tafel XII.
76
Triest— Pola — Zara — Sebenico.
Die Seefahrt an der flachen Westküste Istriens ist — bis auf einzelne
hübsche Städtebilder — wenig anziehend, die Fahrt mit der Eisenbahn dagegen
landschaftlich und geologisch sehr interessant. Die Eisenbahn zieht vom Triester
Staatsbahnhofe nach Osten und erreicht bald — immer im Gebiete der eozänen
Gesteine — die Hochfläche des Tschitschenbodens, ^) der drei durch die
Stationen Herpelje-Kozina, Podgorje, 2) Rakitovic bezeichnete Stufen besitzt,
die durch Steilhänge voneinander getrennt sind. Die Hochfläche besteht aus
Rudistenkalk und ist in jeder Hinsicht typischer Karst. Die Bahn hält sich je-
doch durchaus im Bereiche des hier sehr breiten Streifens von Nummuliten-
kalk (Farbe etwas grauer als die des Rudistenkalkes), der das Grenzgebiet
zwischen dem eigentlichen Tschitschenboden und der inneristrischen Flysch-
mulde bildet. Links die sehr auffallenden, auf Hügeln liegenden Orte Pinguente
und Rozzo. Die ISahn fährt direkt gegen den Monte Maggiore zu, der als flache,
dunkle Kuppe sich repräsentiert und (von dieser Richtung) am besten von
Lupoglava aus bestiegen werden kann. Ein Stück hinter Lupoglava beginnt
die eigentliche Flyschlandschaft (das «gelbe Istrien»); die Bahn betritt das Tal
der «Foiba»,'') die bei Pisino (Mitterburg), wo der Rudistenkalk wieder zutage
tritt, in einer steilwandigen Schlucht verschwindet. Hier beginnt das «rote
Istrien» (vgl. S. 12); von hier nach Süden zu ist der Rudistenkalk das einzige
Gestein. Das Land wird immer niedriger, ist meist flachhügelig, dolinenreich,
teilweise mit ganz hübschen Eichen-Wäldern und -Hainen oder mit Ol- und
Weinpflanzungen bedeckt. In der Gegend von Confanaro liegt für viele medi-
terrane Pflanzen die Nordgrenze; als nördliche Grenze der entschieden medi-
terranen Südspitze wird gewöhnlich der 45. Parallelkreis (ein Stück vor Dignano)
angenommen. In der Umgebung von Pola und auf den nördlich davon der
Küste vorgelagerten Brionischen Inseln ist die mediterrane Flora prachtvoll
entwickelt, nur ist die freie Beweglichkeit des Botanikers durch die vielen
Wegverbote (wegen der Fortifikationen) stellenweise etwas eingeschränkt.
Bald nach dem Verlassen des Hafens von Pola erreicht man die Süd-
spitze Istriens, vor der auf dem Scoglio Porer ein großer Leuchtturm steht.
Nun quert man den — meist stärker als die benachbarten Meeresteile bewegten
— Meeresarm zwischen Istrien und der verkarsteten Insel Cherso (den «Quar-
nero»). Der 588 )h hohe Monte Ossero (auf Lussin) tritt im Landschafts-
bilde auffallend hervor. Die meisten Schiffe fahren zwischen Lussin (schöne
') Auch das «weiße Istrien;» genannt. — Die dieses Gebiet bewohnenden «Tschi-
tschen» sind rumänischer Abstammung, jetzt aber größtenteils slavisiert. Die in ganz
Österreich bekannten Essighausierer sind Tschitschen.
^) Links der Slavnik (1029 )?j).
^) Eigentlich kein Eigenname, sondern ein Gattungsname für im Boden verschwin-
dende Wasserläufe.
77
Mediterranflcjra, nürdlichstes Vorkommen von Phoenix dactylifera) und der
schief abgedachten, fast nur aus Sand bestehenden Insel vSansego (mit Leucht-
turm) durch und hiufen Lussinpiccolo an. Bald darauf (beim Leuchtturm
Gruizza) wird die Grenze zwischen den istrianischen und den dalma-
tinischen Gewässern überschritten. Der Dampfer schwenkt nun in den
«Canale di Zara» ein; links die niedrigen, wüsten Höhenzüge der Insel Pago
und des davon nicht zu unterscheidenden norddalmatinischen Hügellandes; da-
hinter die zackige Mauer des Velebit. Zara, die Hauptstadt Dalmatiens,
liegt gegenüber der Insel Ugljan auf einer flachen Landzunge, die durch den
«alten Hafen» vom Festlande getrennt ist. An der Kestlandseite liegt die
Insektenpulvermühle der F'irma Eugenio Godnig, sowie mehrere Maraschino-
fabriken (K. Drioli, G. Luxardo, R. Vlahov). Prunus Marasca (vgl. S. 42 und
43) wird bei Zara viel kultiviert (so im Garten der Fabrik Vlahov und in dem-
jenigen des bischöflichen Seminars,)'^) und zwar überall a.u.{ Prunus Mahalcb
gepfropft. Botanisch ist die nähere Umgebung von Zara nach meinen Erfah-
rungen nicht sonderlich interessant und lohnt kaum ein längeres Verweilen.
Durch die norddalmatinischen Gewässer mit ihren meist niederen, ein-
tönigen Inseln — von denen nur die den Horizont nach Westen abschließende
Insel Grossa genannt sei — mit ihren zahllosen vScoglien, von denen einige
mit Leuchttürmen oder Semaphorstationen besetzt sind, mit ihrer flachen, reiz-
losen Festlandsküste, gelangt der Dampfer nach Sebenico, dessen tief einge-
schnittener Hafen durch einen engen, steüwandigen Kanal mit dem offenen
Meere in Verbindung steht.
In der Nähe des über der Stadt gelegenen katholischen Friedhofs (durch
die Anlage beim Hafen, dann links) konnte ich am 28. Mai 1904 auf wüsten Plätzen
und an den Felsen einige mediterrane Ruderalpflanzen (mit f bezeichnet) nebst
Pflanzen der Felsenheide beobachten:
Alyssum sinuatum
fCirsium Acarna
Delphin in m Staph isai:!;ria
\Ecballii<m Elaterium
fEchium pustulatum
•ffjyoscvamus albus
Inula Candida
Lagurus ovatus
■\Marrubium candidissimum
Pallenis spinosa
Satureia (Micvomeria) luVuvia
fScrophularia canina
■\Tordylium apulnm
f Urtica piliilifera
Ausflug zu den Kerka fällen.-)
Die Exkursion wird gewöhnlich zu Wagen gemacht; man kann bis zu den
Fällen fahren. Der Dampfer nach Scardona macht einen großen Umweg;
Fahrt per Barke interessant. Für die folgende Beschreibung ist angenommen:
') Hier fand ich am 27. Mai 1904 unter anderen: Trifolium cinctum, Orobanche
crenata (dat. E. Janchen).
2) Tafel XIX.
78
Dampfer bis Scardona, dann zu Fuß (zirka i Stunde) zu den Fällen, Überfahrt
unterhalb der Pralle, zu Fuß nach vSebenico (zirka 4 Stunden ; schattenlos, zur
heißesten Zeit nicht zu empfehlen).
Die Kerka entspringt bei Knin, fließt durchaus in einem tief in die Hoch-
fläche eingeschnittenen, mehr oder minder steilwandigen Bett, hat mehrfach
seeartige Erweiterungen und bildet mehrmals Stromschnellen, deren unterste
die bekannten «Kerkafälle» sind. Knapp oberhalb derselben mündet die hier
gleich der Kerka seeartig erweiterte, von Osten kommende Cikola ein. Unter-
halb Scardona ist das Wasser schon brackisch, und die mächtige Ausweitung
des Kerkabettes, der See «Prokljan» (Ausblick nach Nordost auf den 1148 }ti
hohen Promina) hat kein Gefälle mehr und wird schon von Ebbe und Flut be-
einflußt. Der Fluß geht ohne merkliche Grenze in den Fjord über, an dem
auch Sebenico liegt und dessen Endabschnitt schon oben erwähnt wurde.
Das landschaftlich Reizvollste an den Kerkafällen ist der Gegensatz zwi-
schen den vollkommen verödeten Hängen des Tales und der geradezu üppigen
Vegetation in unmittelbarer Nähe der Fälle und auf den Felsmassen, welche
die einzelnen Arme der Kaskaden voneinander trennen. Hier gedeihen:
Celtis aiistralis \ Popuhis pyramidalis
Juglans regia Salix alba
Monis alba \ — purpurea
Von krautigen Pflanzen seien erwähnt:
Asplcnium Trichomanes Eupatorium cannabinum
Adiantum Capillus Veneris Po^ aH?n<<3 ') (mitten im Wassersturz)
Ära bis sag it lata
Moose: 2)
Hypnum commutatum \ Marchantia paleacea
Der Weg von Scardona zu den Fällen führt meist an stark verwüsteten
Berglehnen vorbei, an denen ich am 28. Mai 1904 folgende Pflanzen beobachtete:^)
Centaurea Calcitrapa
Cephalaria leucantha
Cütoneaster Pyracantha
Crucianella latifolia
Dactylis hispanica
■fEchium altissimum
Imila Candida (sehr häufig)
Koeleria phleoides
Prächtige Feigenbäume, Ailanthus glandulosa in Menge verwildert; Tama-
rix africana bildet bei Scardona ein Wäldchen. Der Fluß ist stellenweise fast
erfüllt von Massen von Schilf und Binsen. Hier fand ich:
Reicliardia picroides
Satiireja Itdiana
Sedum glaucum (r=hispanicum)
Stachys italica
Tragopogon crocifolius
Trifolium campestre
^Verbasciiyn siniiatum
^) Det. H. Freih. v. Handel-Mazzetti.
2) Det. V. Schiffner.
^) Meist typische Bestandteile der «dalmatinischen Felsenheide» ; f = Ruderal-
pflanzen.
79
Cladiiim Mariscus I Raniinciilus Sardoits
Jiincus obtusiflorus | Schoenoplectiis lacustris
Der Rückweg nach Sel^enico führt fast durchaus über stark verkarstetes
Terrain.
Sebenico — Spalato.
Die Seefahrt ist ziemlich uninteressant, die Eisenbahnfahrt, die einen
guten EinbUck in die landschaftlichen Eigentümlichkeiten Innerdalmatiens ge-
währt, ist jedenfalls vorzuziehen. Von Sebenico benützt die Bahn eine nach
Ostsüdost ziehende mit Wein, Ol-, Feigen- und Mandelbäumen gut angebaute
Niederung (Tertiär) und erreicht erst kurz vor Perkovic-Slivno den Ru-
distenkalk. In der Umgebung dieser Station zahlreiche Eichen Wäldchen, ^)
die, von Mauern umgeben und vom Weidevieh verschont, ein gutes Bild der
ursprünglichen Bewaldungsverhältnisse dieser Gegend geben. Ein solches
Wäldchen liegt dicht an der Bahn, v'Or der Gabelung in die beiden Linien
(nach Sebenico und nach Spalato), und zwar an der rechten (nordwestlichen)
Seite des Bahnkörpers^) (gegen Sebenico).
Der tonangebende Baum ist Qiiercus lanuginosa, von der einzelne Exem-
plare so stark sind, daß man den Stamm nur mit Mühe umspannen kann.^)
Ferner wurden am 2g. Mai 1904 in diesem Wäldchen von mir konstatiert:"*)
Bäume und höhere Sträucher:
lAcer monspessulanum
! Carpinus diiinensis
! Cohitea arborescens
Crataegus monogyna
l Fraxiniis Orniis
IPaliiirus australis
*Pirus amygdalifovmis
Anthoxanthum odoratum
Anthyllis adriatica
Astragalus glrcyphrlliis
*Pistacia Terebinthus
\ Prunus Malialeb
Rhamnus intermedia
Rosa canina
Rubiis tomentosus var. meridionalis^)
Ulmus glabra'')
Nieder wuchs:
Astragalus Muelleri
Bellis silvestris
Bromus erectus
1) Tafel V und VI.
2) Daselbst im Schotter des Bahndammes Andrachne telephioides.
^) Am Grunde der Stämme Hoinalothecium sericeum (det. V. Schiffner); an der
Rinde Pertusaria globulifera, Phrscia venusta (det. J. Steiner).
*) Die Bestimmungen dieser Pflanzen, sowie derjenigen des folgenden Verzeich-
nisses besorgte Herr stud. phil. E. Janchen. — Die mit * bezeichneten Pflanzen sind
mediterran, die mit ! bezeichneten Karstpflanzen; unter den übrigen sind mehrere auch
in Mitteleuropa verbreitet.
^) Det. E. V. Haläcsy.
*) Nach der von Fritsch («Exkursionsflora») akzeptierten Nomenklatur. — Nach
Pospichal (Flora des Küstenlandes I, 847) gehört diese strauchige Ulme mit Kork-
leisten an den Zweigen zu einer eigenen Art (Ulmus tctrandra).
8o
'^Campanula Rapiinculits
Ccntaurea vaviegata
*Chaerophrllum coloratum
*Chrysopogon Grvllus^
'^Convohnilus cantabriciis
*CofO)2illa scorpioidcs
Crepis adenantlia
! — vesicaria
*C)-)iosiirus ccbinatus
Dactylis hispanica
! Dianthus sangitineits^)
Dictamnus albus
*Dorycniitm lürsiitiim
'^Eryngium amethystiniim
Erythraea Centaurium
^Euphorbia spinosa
Filipendula hexapetala
Galiiim asperum
Geraniiim sanguineiim
Helianthemum obsciinim
Hievacium Baithini
Hippocrepis comosa
Inula spiraeifolia
Isatis tinctoria
Koeleria gracilis
Lithospermum piiypurco-cocntlcum
Lotus corniculatiis
Myosotis hispida
'*Nigella damascena
*Onosma echioides
Orlaya grandißora
Peiicedanum crassijulium ~)
Phleutn plialaroides
* — subulatiim
Poa attica
! Polygala nicaeensis
*Pterotheca bifida
Ranmicidus ncapoUtanits
Salvia Bertolonii
! Scor^onera villosa
Silene venosa
*Stachj's italica
Thesium divaricatiim
Trifolium campestre
*— supinum
Tunica Saxifraga
Vicia varia
^Clematis Flamniula,
Kletter jjflanzen:
'■''■Tauius comininiis.
Südlich von der Station Perkovic-Slivno steigen die Abhänge des 492 ni
hohen Berges Trovra auf. Gerade gegenüber dem oben erwähnten Eichen-
wäldchen befindet sich eine Aufforstung von Pinits nigra und halepensis, die
durch eine den Berg gerade hinaufziehende Mauer von einem Terrain getrennt
ist, das zwar stark verkarstet ist, aber immerhin noch soviel Baumreste trägt,
daß das ehemalige Bestehen eines «Karstwaldes» an dieser Stelle unschwer
gefolgert werden kann.
In der Aufforstung fanden sich außer typischen Vertretern der Karst-
flora ^) auch mehreie mediterrane Gewächse,'*) was wegen der ziemlich geringen
Seehühe des Punktes (zirka 200 m) nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt,
wie günstig verkarstetes Terrain für die wärmeliebenden Gewächse der Fel-
senheide ist.
'^•Brachypodium distachvuyn
Butiium divaricatiim
! Carpinus duincnsis
*Ceterach officinarum
*Chaerophyllum coloratum
*ClirysopogO)i Grj'llus
') Det. F. Vier ha p per.
^) Det. E. V. Haläcsy.
^) Mit ! bezeichnet.
'') Mit * bezeichnet.
Cotoneaster J'\-racantlia
! Euphorbia i'pilln-)iioiJcs
* — spiitosa
Filipen ditla hcxapctala
! Fra.xinus Ormis
*(ienista dalmatica (häufii;)
*Heliclir\'sut)i italiciDii (IkuiII^)
Hieracium Baiihini
Hippocrepis comosa
*Inula Candida
Koeleria gracilis
Lathyrus megalantlnis
Mcdicago prostrata
Ornithogalum pt -ra m idale
! Ostrra carpinifolia
\Paliiinis australis
'■^■Plilcinii cchinatuin
opinis a mrgdalifüi^m is
'■"•Pistacia Terebinthus
! Prunus Mahaleb
! Quercus pubcscens
Reseda lutea
Rhamnus saxatilis
Rubus ulmifolius var. dalinaticus^)
Rubus ulmifolius X tuiiicntosus (=
baldensis) ')
\Satureja montana
Scleropoa rigida
! Scor:{onera villosa
Seduni glaucum
Stipa pennata
Auf dem verkarsteten Terrain neben der Auffürstuny fanden sich — wie
ervvälint — typische Vertreter der Karstwaldflora, wie Qiiercus lanuginosa, Car-
pimis diiinensis, Acer juonspessulanum neben Pflanzen, die sich sicherlich erst
nach der Verkarstung angesiedelt hatten, wie Carduus nutans, Helichrysum
italicnm.
Hinter Perkovic-Sli vno umfährt die Bahn zunächst die teils mit Eichen-
waldresten und Kiefernaufforstungen bedeckten, teils total verkarsteten West-
und Südhänge der Trovra und gelangt dann wieder an den Rand der von
Sebenico nach Ostsüdost ziehenden eozänen Niederung (hier Nummulitenkalk);
ein Stück vor und hinter Labin durchzieht sie wieder Kreidekalkgebiet und
tritt dann in die eozäne Landschaft ein, die sich unter den nach Süden gerich-
teten Abstürzen des Plateaugebirges Koziak (780 ;h) ausbreitet, die «Sette
Castelli»;-) das Fiyschterrain, von zahlreichen Rinnsalen («torrenti») durch-
zogen, ist von Weinbergen bedeckt, über denen sich bis an den Fuß der Wände
zum Teile noch recht ausgedehnte Macchien erstrecken.
Eine große, schon von ferne als dunkler Fleck sichtbare Macchie liegt
oberhalb Sucurac. Um sie zu besuchen, schlägt man den etwas links
(westlich) von der Haltestelle Sucurac gerade hinauf führenden Weg ein, der
über Fiyschterrain, mehrfach vonNummulitenkalk-Einlagerungen unterbrochen,
durch Weinberge bis zur Kapelle Sveta Gospoja (121 m) führt; gleich ober-
halb derselben beginnt rechts die stark zerstückelte und niedrige Macchie.
Auffallend ist die Häufigkeit von Spartium junceuui, sonst ist das Vorkommen
von Qiiercus lanu<^inosa, Erica verticillata, Cistus salvifolius und villosus, Rosa
sempervirens, Pirus amygdalifunnis sowie von Arceuthobium Oxycedri (auf
Juniperus oxycedrus) bemerkenswert. Bei 350 — 400 m beginnt schon die Ein-
1) Det. E. V. Haläcsy.
2) Die «Castelli» sind 7 Dörfer.
Exkursion in die illyrischcii Länder.
82
menjjung von Karstptlanzen: Fra.vimis Oi-inis.'^) Coti)ius Coggygria, Paliuriis
australis; Qiierciis laniiginosa und Pistacia Terebinthiis^) werden häufiger; noch
weiter oben, am Fuße der Wände finden sich (nach F, Kern er) außerdem:
Ostrya carpinifoUa, PrunuL Mahaleb, RJiavinus rupestris, Colutea arborescens,
Coronilla emeroides. In den Wänden kommt die voralpine Felsenpflanze Moltkia
petraea •') an einem ihrer nördlichsten Standorte vor.
Auf offenen Plätzen in der Macchie fand ich am i. Juni 1904:
Alyssum urgent eiim
Campaniila divergens
Cerastiiim glutinosum "*)
Dianthits tcrgestinus^)
Iberis umbellata
Linaria repens
Hinter Sucurac umfährt die Bahn die Bucht von Salona, in welche der
zirka 4 km von seiner Mündung" entspringende Karstfluß Jadro sich ergießt, und
erreicht die Stadt Spalato, die am Südrande einer aus Flysch bestehenden,
vornehmlich mit Weinkulturen bedeckten Halbinsel am P'uße des aus Nummu-
litenkalk aufgebauten Monte Marian (178 m) sich ausbreitet. Im Nordwesten
und Norden der Stadt zieht sich die lange Mauer des Koziak hin, im Nordosten
erhebt sich die Bergmasse des Monte Mossor. Nach Süden zu hat man die
Aussicht auf zwei von den mitteldalmatinischen Inseln : rechts Solta, links
Brazza.
Spalato.
In Spalato besteht eine staatliche «landwirtschaftliche Lehr- und
Versuchsanstalt» (früher «landwirtschaftlich-chemische Versuchsstation»),
die vor kurzem in ein neues Gebäude (unweit des bischöflichen Seminars)
übergesiedelt ist. Leiter derzeit Herr J. Slaus-Kantschieder. Diese Anstalt
besitzt auch eine Versuchswirtschaft in Glavica bei Knin und entfaltet eine sehr
segensreiche Tätigkeit durch Nahrungs- und GenußmittelkontroUe, Studien
über Vertilgung der landwirtschaftlichen Schädlinge, Bestrebungen, neue Kul-
turpflanzen einzuführen oder schon kultivierte rationeller zu behandeln u. dgl.
An Mauern an der Peripherie der Stadt fand ich am 3o. Mai 1904:
Agave americana
Alyssum sinuatum
Antirrhinnm maiiis
Bvachypodittm ramosti m
Capparis rupestris
Centrantlius ruber
Cotyledon hori^ontalis
Dactylis glomerata
Inida Candida
Malva silvestris
Parietaria diffusa
Tunica saxifraga
^) Tritt — von unten gerechnet — als erste auf.
^) Dieser Strauch tindet sich auch in den sonst fast aller Macchienstriiucher ent-
behrenden «Übergangsgebieten», z. B. in der «liburnischen Region».
^) Tafel XIV.
'') Det. F. Vierhapper.
83
E X k u r s i o n c n
I. Auf den Monte Mari an. Man sclilaj^e einen der Wege ein, die an
der Südseite des Hügels (also unter dem Kamine) liintühren, gehe bis zu der
am Fuße steiler Wände einsam gelegenen Kapelle (die zweite!) S. Girolamo,
dann ein Stück auf demselben Wege zurück und suche nun, indem man sich
links hält, den auf dem Kamme hinziehenden Hau[)tweg zu erreichen; dieser
führt durch Aufforstungen von Pinus halepensis, Pinea und Pinaster {= maritima).
Der Monte Marian hat eine sehr reiche, typisch mediterrane Flora. Bei einer
Exkursion am 3i. Mai 1904 fand ich hier:
Agave amcricana
Ah'ssiivi argentcum
Anacvclits clavatus
Anchusa italica
Andropogon pubcscens
Antivrliiniim malus
Avena sterilis
Bonaveria Secitridaca
Carduus pycnocephalus
Cephalaria leitcantha^)
Cirsium Acarna
Convolvnlus cantabricus
Covonilla cmeroidcs
— glauca^)
Delph in iu m Consolida
Ecltiu m altissiinu m
Epliedra campvlopoda
— nebrodeiisis
Erica verticillata
Eryngium campcstre
— creticum
Eicus Carica (kultiviert)
Fumana glutinosa
Helichrysum italicum
Heliotropium europaeum
Hypericum veroncnse
Inula Candida
— viscosa
Lactuca viminea
Linuni spicatum
— tcnuifolium
Melica ciliata
Odontospermutn aquaticuin
(= Asteriscus aquaticus)
Onopordon illyricum
Onosma ecliioidcs
Orlaya grandißora
Osvris alba
Palhirus australls (in Blüte)
Phagnalon rupcstre
Fi Stada Lcntlscus
— Tcreblnthus
Psoralea bltumlnosa
Pnnlca Granatum (in Blüte)
Rliamnus rupcstris
Salvla Horminum
— officinalis
— Sclarea
Scablosa Columbaria
Scrophularla canlna
Sedum ochroleuciim
Smllax aspera
Spartlum junccum
Teucrium Polium
Tyrimnus leucograplius
Bei S. Girolamo fand ich:
Brl:^a maxlma
Centaurea raguslna-)
Chrysanthemum einer ariaejoinitn
') Det. E. Janchen.
=) Tafel XIV.
Opuntia vulgaris var. nana
Prasium malus
6*
84
2. Nach den Ruinen von Saluna. Mit diesem Austliig, der vornehmlich
historisch interessant ist, kann man einen Abstecher auf die Wiesen am Jadro
verbinden. Dort fand ich am i. Juni 1904:^^)
Agropynim repens-)
Alopecunis iitriculatus
Callitriche venia (im Wasser)
Cardamine Nasturtiiim (im Wasser)
Carex divisa
Cyperus longiis
Galiiim constrictum-)
Heleocharis palustris
Helosciadiiim nodijlonim
Horden})! bulbosum
— secalinum
Oenanthe fistitlosa
— silaifolia
Poa attica-)
Rannncidus accr
— paucistamiiieiis (im Wasser)
— Sardoiis
Riimex crispiis
Salix alba
— purp Urea
Trifolium patens (massenhaft)
3. Nach Sinj ([jer Bahn). LandschaftHch hochinteressante Eisenbahn-
fahrt. Die Bahn erklimmt in großen Windungen, hoch über der Quelle des
Jadro sich hinziehend, den durch die ehemalige Bergfestung Clissa geschützten
Sattel zwischen den Ausläufern des Koziak (im Westen) und dem furchtbar
wüsten Gebirgsstock des Monte Mossor im Osten. Dann quert sie zwei Poljen
(im ersten prächtige Eichen) und gelangt in das große, von der Cetina durch-
flossene Sinjsko polje, in dessen Nordwestwinkel die Stadt Sinj liegt.
Daselbst befindet sich ein staatliches Tabak-Einlösungsamt; in der Umgebung
viel Tabakbau.
Spalato — Ragusa.
Die mittel- und süddalmatinischen Inseln sind größtenteils land-
schaftlich sehr schön und, obwohl botanisch naturgemäß etwas ärmer als das
benachbarte Festland, doch zum Teile durch einzelne Endemismen ausge-
zeichnet und jedenfalls wegen der besseren Unterkunft und Verpflegung viel
angenehmer zu bereisen als das Festland in größerer Entfernung von den
Städten. Nur ist infolge der komplizierten Dampferverbindungen das Reisen in
diesem Gebiete sehr zeitraubend, und die Zusammenstellung des Programmes
für eine Route kostet oft ein wahres Studium. Die im folgenden beschriebene
Fahrt könnte daher in 2 — 3 Tagen nur mit einem Separatdampfer gemacht
werden; bei Benützung der fahrplanmäßigen Dampfer dauert sie viel länger.
Von Spalato südwärts durch den Kanal zwischen Solta (rechts) und
Brazza-') (links). Vor uns Lesina, die botanisch weitaus am besten bekannte
^) Auf felsigen Hängen unweit der gegen den Jadro-Ursprung gelegenen Mühle
fand ich Callistemma Sibthorpiatium. — Die Bestimmung der Pflanzten vom Jadro be-
sorgte größtenteils Herr stud. phil. E. Janchen.
2) Det. H. Freih. v. Handel-Mazzetti.
^) Interessante Landtour: Durchquerung Brazzas auf der Linie: San Pietro — Ne-
resi — Bol; mediterrane Schwarzföhrenwälder.
85
Insel Dalmatiens. Das Schiff wendet sich gegen Südwest, in der Richtung auf
die Insel Lissa. Rechts von Lissa die Insel San Andrea, rechts von dieser der
vScoglio Pomo (vulkanisch, Endemismen). Um die Nordwestspitze von Lissa
umbiegend sehen wir vor uns die Insel Busi und landen zu kurzem Aufenthalt
in dem Fischerstädtchen Comisa; hier sind botanisch namentlich die pracht-
vollen Exemplare von Ceratonia siliqua interessant (habituell dem Ölbaum
ähnlich, cauliflor; Blütezeit: August, September). In geringer Entfernung ober-
halb des Ortes auf unkultivierten Plätzen Bestände von Cistus monspeliensis
und Ononis Natrix. Von hier erreichen wir nach kurzer Fahrt Busi, An der
Nordwestküste derselben befindet sich eine blaue Grotte, die wegen des in-
folge künstlicher Erweiterung 1^2 '" hohen und 2^/2 m breiten Einganges viel
bequemer zugänglich ist als die berühmte blaue Grotte von Capri, und zwar
sogar auch bei mäßigem Wellengang. Beste Besuchszeit zwischen 10 und 11 Uhr
vormittags. — Der auf der einen Seite schief ansteigende, auf der andern steil
abstürzende Felsen über der blauen Grotte, schon von der Ferne als heller,
dreieckiger Fleck sehr auffallend, liegt größtenteils in der Brandungs- oder
mindestens Spritzzone und beherbergt eine spärliche, aber interessante Flora.
Ich fand dort am 20. Mai 1901:
Centaurea ragusina (am Absturz) ')
Jimiperiis phoenicea'^) (sehr ver-
krüppelt)
Lagurus ovatus
Lotus cytisoides
Plantago Coronopus
Von Busi östlichen Kurs haltend, fährt das Schiff längs der ganzen Nord-
küste der großen Insel Curzola^) hin. Anfangs sieht man links in größerer
Entfernung die Insel Lesina in ihrer ganzen Länge, dann fährt man in den
engen Meeresarm zwischen Curzola (rechts) und der Halbinsel Sabbioncello
ein; rechts die Stadt Curzola, schief gegenüber davon (auf Sabbioncello),
vom Monte Vipera (961 vi) überragt, das Hafenstädtchen Orebici, wo wir zu
2 — 3 stündigem Aufenthalt*) anlegen. Nach Beck (Illyrien, S. i3i, i32, 184,
ferner briefliche Mitteilung) ist ein Ausflug zu dem nordwestlich von Orebic in
I) Tafel XIV.
^) Derjenige unter den Macchiensträuchern, der sich (nebst Pisfacia Lentiscux) am
weitesten gegen das Meer vorwagt.
^) Eine zoologische Merkwürdigkeit von Curzola ist das Vorkommen des Schakals
auf dieser Insel. Häufiger ist er jedoch auf Sabbioncello ; auch für sein ehemaliges Vor-
kommen auf Meleda existieren Beweise. In den übrigen illyrischen Ländern fehlt er,
findet sich dagegen in allen Küstengegenden der europäischen Türkei und in vielen
Teilen Griechenlands. Von dem indischen (Canis aureus) ist der dalmatinische Schakal
bestimmt verschieden. (Nach Mitteilungen von Kustos Dr. L. Lorenz v. Liburnau,
naturhistorisches Hofmuseum, und nach O. Reiser, Vorkommen des Schakals auf der
Balkanhalbinsel, in A. Hugos Jagdzeitung, 48. Jahrgang, Nr. 7.
*) Für solche, die sich auf Sabbioncello längere Zeit aufhalten, ist (nach Beck)
die Durchquerung der Halbinsel (Orebic — Trappano) sehr zu empfehlen (3 — 4 Stunden).
— Auf dem Monte Vipera mediterraner Schwarzfdhrenwald.
86
178 }n Seehöhe gelegenen Kloster Carmine sehr lohnend (zirka ^J^ Stunde).
An den Bachbetten, ferner an den Felsen des Monte Vipera bildet der Oleander
(Neriinn Oleander) fast reine oder gemischte Bestände. Beim Kloster Carmine
prachtvolle Zypressen (Cypressiis sempervirens, und zwar die F'orm «hon-
:^ontalis-» und die F'orm ^pyramidalis-»). Oberhalb der Kirche ein Wald von
K e r m e s e i c h e n (Qiierciis coccifera) .
Meleda.
Von Orebic fahren wir nach Südosten gerade auf die Insel Meleda
los. — Meleda ist wegen seiner landschaftlichen Schönheit für jeden Touristen,
wegen seiner teilweise noch im Urzustände befindlichen Strandföhren wälder
und Macchien^) auch für den Botaniker sehr besuchenswert; derlei noch
wenig berührte Gehölze finden sich jedoch nur im nordwestlichen Teile der
Insel, da nur dieser Staatseigentum ist; der übrige Teil Meledas ist stark ab-
geholzt, wenn auch nicht so verwüstet wie die meisten anderen Inseln und das
Festland Dalmatiens.
Die Postdampfer legen zweimal wöchentlich in dem ungefähr in der
Mitte der Nordküste gelegenen Hafen Porto Sovra (oder Porto Mezzo) an; von
dort geht man noch zirka x^j^ Stunden bis zu dem Hauptorte der Insel, Babino-
polje, und noch zirka 5 Stunden bis zu dem staatlichen Forstamt (ehemals
Kloster «Santa Maria del lago»). Mit Separatdampfer landet man entweder
in dem am Nordwestende der Insel gelegenen Porto Palazzo oder weiter
östlich in der Bucht Tatinica, an der ein Forsthaus liegt.
Für diejenigen, die nur einige Stunden auf Meleda bleiben, empfiehlt es
sich, im Porto Palazzo zu landen und den in südwestlicher Richtung ver-
laufenden Weg einzuschlagen, der zu dem Hause «PristaniStje» führt. Dieses
liegt am Nordufer des «Lago grande», der, vielfach gebuchtet und gelappt,
im Nordwesten durch eine schmale überbrückte Einschnürung mit dem «Lago
piccolo» zusammenhängt. Beide Gewässer sind aber keine wirklichen
Seen, sondern nur die innersten Teile einer tief ins Land einschneidenden
Meeresbucht, des «Porto Soline». Beide enthalten Meerwasser und haben
marine Flora und F'auna (große Holothurien). Der Spiegel der beiden Seen
liegt aber etwas höher als der des Meeres, da die gleichfalls überbrückte Ein-
schnürung zwischen dem Porto Soline und dem Lago grande durch eine (künst-
liche?) Barre abgesperrt ist. — Von Pristanigtje kann man sich zu dem auf
einem Eiland im Lago grande liegenden Forstamt überfahren lassen (durch
Vermittlung der Fischer im Porto Palazzo), oder man geht (links oder rechts)
um den Lago grande herum bis ans Südufer zu der Stelle, wo die Klosterinsel
liegt ;^) um überzufahren, mache man sich durch Anrufen bemerkbar. Spazier-
I) Tafel III— V.
^) Von hier führt ein Weg in wenigen Minuten auf den schmalen Hügelrücken,
der den Lago grande vom Meere trennt; prachtvolle Aussicht auf das ofl'ene Meer.
gänge an den Ufern des Lago grande und piccolo und der Besuch der Kloster-
insel genügen für den bequemeren Touristen vollkommen; ein Abend auf dem
Inselchen in dieser wahrhaft idyllischen Landschaft gehört zu den schönsten
Genüssen. Hart am Seeufer prächtige Bestände von Pimis halepensis und
Macchien in charakteristischer Zusammensetzung^) bei Abwesenheit fast aller
Karstpflanzen (nur Fraxinus Ormis spärlich).
Wer ungefähr einen ganzen Tag auf Meleda bleiben will, besuche die am
Abhang des Berges Grabova gelegene Lokalität «Vela Dolina» ; daselbst ein
Niederwald von Qiiercus Hex, der etwa den landschaftlichen Eindruck eines
Buchen-Jungwaldes von 20 Jahren macht: die Stämme sind aber zirka 70 Jahre
alt, 2) dabei bis 10 m hoch und stehen sehr dicht, so daß wegen der Lichtarmut
(übrigens auch wegen der den Boden dicht bedeckenden abgefallenen Blätter)
fast jede andere Vegetation fehlt. Ein derartiger Steineichenwald ^) ist aus
einer Macchie hervorgegangen; die zu höherem Wüchse befähigten Macchien-
sträucher (Arbutus Unedo*) und Qiiei'cus Hex) überflügeln bald die übrigen
und unterdrücken sie; schließlich wird auch ersterer von letzterer unterdrückt,
und es bleibt ein Steineichenwald übrig.
Unweit dieser Lokalität liegt eine «Pistet» genannte Mulde mit einem
prachtvollen Walde von alten Strandföhren, ^) der ziemlich im Ur-
zustände belassen, nur etwas durchforstet worden ist. Unterholz: die Macchien-
sträucher; Boden wiesenartig.
Diese und manche andere botanisch und landschaftlich interessante Loka-
litäten sind selbst mit der Karte schwer zu finden, da nicht alle Wege darauf
verzeichnet sind und das Terrain sehr unübersichtlich ist. Es ist daher am
besten, im Forstamte um eine Begleitung zu bitten; vorsichtshalber kann man
sich vorher schriftlich an die «k. k. Forst- und Domänendirektion» in Görz
wenden, die dann dem Forstamte den betreffenden Auftrag gibt. Einzelne
Personen können nach vorheriger Anmeldung auch im Forstamte kurze Zeit
beköstigt und beherbergt werden; bei mehreren Personen oder bei längerem
Aufenthalt muß man selbst für Proviant sorgen; einiges bekommt man in dem
nahen Dorfe Govedjari, in dessen Nähe übrigens ein sehenswerter Ölwald liegt.
Außer den gewöhnlichen Macchiensträuchern fand ich auf Meleda am
5. und 6. Juni 1904 noch folgende Pflanzen:
Adiantum nigrum
Asplenium Onopteris (Steineichenwald)
Bupleitriim aristatmn
') Von Erica-Arten: E. avborea und verticillata ; von Ci st 11 s- Äxten: C. villosus
und salvifohis ; Spartum junceum konnte ich nicht konstatieren.
^) Mitteilung des Herrn Forstverwalters V. v. Savorgnani; vgl. Tafel III.
^) Mitteilung des Herrn Forstverwalters V. v. Savorgnani.
•*) Wird bis 8 m hoch.
5) Tafel III.
A'uaiitia integrifolia ') (Piätet)
Latinis }wbilis (am Kuezevo polje wild)
Leontodon crispiis
Lonicera implexa
Olea europaea (verwildert-)
Ory:[opsis miliacea (Klosterinsel)
Pints amrgdaliformis (in den Poljen kultiviert)
Potentilla pedata (Piätet)
Raynalina dalmatica^) (an Zweigen der Strandföhren im Piätet)
Ritbus tomentnsiis^) 1
, ..... ,. ( Lichtungen im Steineichenwalde
— ulmijoliiis^) > ^
Sclevopodium pitrtnn^) (im Grunde der Wälder)
Sedum ochroleiicum ')
Die Weiterfahrt fülirt uns zunächst durch den Kanal zwischen Meleda
und Sabbioncellü. 13ann kommen links die Inseln Jakljan, Giuppana, Mezzo,
Calamotta in Sicht und bald wird der Hafenort von Ragusa, Gravosa,^)
erreicht.
Ragusa.
Geologisch bemerkenswert ist, daß der früher genannte Flyschstreif,
der die dalmatinische Küste weithin begleitet, hier aussetzt; er fehlt von der
Ombia an bis zirka 4 A"?n südöstlich von Ragusa.
Botanisch ist die Umgebung von Ragusa sehr ergiebig. Die Flora
ist ausgesprochen mediterran; in dem milden Klima^) gedeihen eine Menge sub-
tropischer Pflanzen ausgezeichnet. Von den wildwachsenden Pflanzen erreichen
einige (so Phlomis friiticosa, Putoria calabrica) im Gebiete von Ragusa ihre
Nordgrenze.
Schon eine Wanderung von Gravosa nach dem zirka 3 km ent-
fernten Ragusa zeigt die südliche Pracht der Vegetation im vollen Glänze.
Jenseits des Hafens von Gravosa ^) erhebt sich hinter einem schönen Zypressen-
haine der mit prächtigem Strandföhrenwald bedeckte Monte Petka, welcher den
südlichen Zipfel der zweiteiligen Halbinsel Lapad bildet. Dann quert die Straße
den Isthmus, der Lapad mit dem Festlande verbindet. Hart an der Straße
kleine Haine von sommergrünen Eichen, am Rande derselben die prachtvolle
Phlomis friiticosa. Ein kurzes Stück hält sich die Straße hart am Meere («bella
') Det. E. Janchen.
^) Die var. «Oleaster» ; man findet auch Exemplare mit fast kreisfiirmigen Blättern,
auch solche, auf die Zweige des kultivierten Baumes aufgepfropft sind.
3) Det. J. Steiner.
") Det. E. v. Haläcsy.
=) Det. V. Schiffner.
'') Es ist viel praktischer in Gravosa als in Ragusa zu wohnen.
') Ragusa hat diesellie Jahrestemperatur (16°) und dieselbe Jännertemperatur (8")
wie die Riviera.
«) Tafel II.
89
vista»); überall an Felsen und Mauern die riesigen Rlattschöpfe und Bluten-
stände der Agave americana. Als Rückweg
Pille weiter oben führenden Weg benützen.
stände der Agave americana. Als Rückweg mag man den \on der Vorstadt
Exkursionen.
I. Auf den Monte Petka^) (197 ?n). Weg: Um den Hafen von Gravosa,
immer längs der elektrischen Leitung, bei der Wegteilung (durch fünf Cypressen
bezeichnet) rechts, durch die Zypressenallee bis zum Hause Nr. 3o, dort links
längs der Außenseite der Mauer bis zu einer Tafel «Put u Petku» (Weg auf
den Petka). Dort beginnt ein hübscher vSerpentinenweg, der bis zum Gipfel
führt. — Der erste Teil des Weges führt vorbei an mächtigen sommergrünen
Eichen {Qitercus lanuginosa) mit Macchiensträuchern als Unterholz, an Kulturen
von Öl und Feigen. Der Strandfohrenwald beginnt bei der obengenannten
Wegtafel; Unterholz: Macchiensträucher ; sehr tiefer Rasen von Brachypodium
7-amosiim. Außerdem fand ich bei dieser Exkursion (3. Juni 1904) :
Allinm subliirsiitum
Blackstonia perfoliata
Calycotome infesta (Gipfel des
Petka)
Campanula Rapunciiliis
Carduus clirvsacanthus (Gipfel
des Petka)
Carex panicea
ChrYsanthemum cinerariaefolium
— graminifolium
Cotyledon hori:{ontalis (Mauern)
Evythraea Centaurium
Euphorbia Wulfenii
Fraxinus Ornus
Genista arciiatd^)
Gladiolus illrricus
Koeleria australis (Gipfel des
Petka)
Lonicera itnplexa
Muscari comosum
Ornithogalum narbonense
Phlomis fruticosa (Gipfel des
Petka)
Phyteuma limoniifölium
Reichardia picroides
Rubia peregrina
Satureja cuneifolia^)
Sedum glaucum (Mauern)
2. Nach Cannosa (slawisch Trsteno) ; i^km (Luftlinie) nordwestlich von
Ragusa. Über die Verbindung mit Ragusa vergleiche man die Reisehand-
bücher. — An den Felsen beim Landungsplatze Crithmum maritimum, Statice
virgata'^), Euphorbia dendroides, Calycotome infesta. Bald gelangt man zum
Garten des Grafen Bassegli-Gozze (50 h Entree). Derselbe enthält eine Anzahl
subtropischer Pflanzen, ferner aber einige prachtvolle Exemplare von ein-
heimischen Bäumen, so eine mächtige Qiiercus lamiginosa,^) ferner eine sehr
große Carpinus duinensis, deren vStamm mit seinen tiefen Furchen und starken
Wülsten ganz den Carpinus-Ch2Lr2.kt&v zeigt. — Unter den schönen Bäumen
Cannosas haben die beiden Platanen, welche ein Stück oberhalb des Gozze'
sehen Gartens im Orte Cannosa stehen, Weltruf erlangt. Der Umfang der
') Tafel II.
2) Det. E. Janchen.
^) In deren Nähe auch ein Lorbeerhain.
go
Stämme, deren Borke nicht die Form der uns geläufigen ^) großen, dünnen,
unregelmäßig begrenzten Tafeln besitzt, sondern vielmehr 2) dicke Schuppen
bildet, beträgt in einer Höhe von i^a'" ^'^^"^ Boden fast lom. Die Blätter sind
auffallend tief gelappt; {vg\. Platanus Orientalist, digitata Koehne, Deutsche
Dendrologie, S. 206.)
3. Ins Omblatal und zur Omblaquelle. Die Ombla entspringt nord-
östlich von Gravosa am F'uße einer mächtigen Felswand und ergießt sich nach
zirka ikm langem Laufe in einen ^km langen Meeresarm, Der Botaniker mache
einen Weg (zirka 1^/2 Stunden von Gravosa) jedenfalls zu Fuß, und zwar auf
der Straße an der Südseite des Omblatales. Die steilen Hänge, an denen die
Flügelbahn Gravosa — Uskoplje hinaufzieht, beherbergen mancherlei Felsen-
pflanzen, aber an den vor den Sonnenstrahlen geschützten, kühlen, feuchten
Stellen finden sich auch noch im Sommer zarte, des Transpirationsschutzes
entbehrende Kräuter.
Bei einer Exkursion am 7. Juni 1904 fand ich daselbst:
Harnaldia villosa
Iberis umbell ata
Itiula Candida
Acer monspessulanum
Aegilops triaristata
Agrostis alba
Aspidiitm spinulosum
Asplen iu m Trick 0 man es
Avena barbata
Blackstonia perfoliata
Buplcurum aristatum
Calrstegia silvestris
Ca mpanula cap it ata
Carduus chrysacanthus
Centaurea glaberrima
CeteracJi officinarum
Cliaerophrllum coloratum
Chrysanthemum einer ariaefuUum
— graminifolium
Clematis Vitalba
Coronilla cretica
Cytisus ramentaceus ')
Digitalis laevigata
Euphorbia Wulfenii
Ferulago nodißora
Fraxinus Ornus (unter dem sonst
typisch mediterranen Buschwerk
häufig)
Galiiim aureum*)
— lucidum*)
Junciis acutus (Ufer)
— articulatus (Ufer)
— glaucus (Ufer)
Jurinea mollis
Laurus nobilis
Lepidium gram inifolium
Linum tenuifolium
Melissa officinalis
Onosma echioides
Opopanax Chironium
Phlomis fruticosa
Phyteuma(Podanthuyn)limonüfolium
Polypogon monspeliensis (Ufer)
Quercus lanuginosa
Reseda luteola
Rhamnus rupestris
Rosa sempervirens
Rubus ulmifolius
Samolus Valerandi (Ufer)
Satureja Juliana
— vulgaris {— Calamintha Clino-
podium)
Schoenoplcctus Taberriacmontani
(Ufer)
') Solche Borke haben nur die Äste.
-) Vgl. die Anmerkung in Boissier, Flora orientalis IV, 1162.
^) Typische Karstwaldpflanze.
") Det. H. Freiherr v. H andel-Mazzetti.
91
Thlaspi praecox
Torilis arvensis
Zi:(rplius vulgaris fkult.)
Sedum glaiicnm
— ochroleucum
Teuer iiim Cliamaedrrs
— ■ ßavum
4. Nach Lacroma. Dieses i^j^km lange und 6oo?7/ l^reite, durch seine
üppige mediterrane Vegetation berühmte Eiland liegt südöstlich von Ragusa,
zirka 600 7n von der Küste entfernt. Von der südöstlichen Bucht der Insel ge-
langt man links in schönen hochstämmigen Strandföhrenwald ^), ferner führt ein
Weg ins Schloß. Gleich oberhalb des Landungsplatzes rechts an einer Mauer
Putoria calabrica. — An der Westküste von Lacroma läßt sich in der Nähe
des «arco naturale» die Wirkung von Meer und Stürmen auf die Land-
vegetation gut studieren. Die äußersten der fast horizontalen, landeinwärts
staffeiförmig ansteigenden Kalkbänke werden bei jedem stärkeren Wellengang
überflutet, sie sind fast ganz vegetationslos ; weiter landeinwärts, aber sicher
noch in der Spritzzone fand ich am 8. Juni 1904 :
Aethionevia saxatile
Capparis rupestris
Crysopogon Gryllus
Crithmum maritimum
Helichrysurn italicum
Juniperus plioenicea
Lotus cytisoides
Sclioenus nigricans
Silene venosa (Form mit
fleischigen Bliittern)
Statice cancellata
Ebenda findet man auch niedrige Strandführen von krummholzähnlichem
Wuchs: Stamm und Hauptäste bilden mit dem Boden einen Winkel von 45°
und sind genau oder nahezu gegen Norden gerichtet — ein deutlicher Beweis,
daß hier der Scirocco Ursache des schiefen Wuchses ist. Ähnliche Wuchs-
formen zeigt auch Myrtus italica. — Der nördliche Teil der Insel, dessen
höchsten Punkt (gi m) ein aufgelassenes Fort krönt, ist am besten auf einem vom
Landungsplatze gleich rechts an der Ostküste hinziehenden Waldpfade zu er-
reichen; er ist von vStrandföhrenwald und hoher Macchie bedeckt.
Ragusa — Cattaro.
Die Fahrt bietet nichts Außerordentliches. Das Meer ist hier bis auf
einige Scoglien frei von Inseln. Bald öffnen sich links die «Bocche di Cattaro»,
der Eingang in jenes großartige Buchtensystem, das gleichfalls den eben ge-
nannten Namen führt. Am Nordufer der ersten Bucht liegt Castelnuovo, viel-
leicht der schönste Ort Dalmatiens, dessen Reiz namentlich in dem Kontrast
zwischen den mit üppiger Vegetation bedeckten niedrigeren Plateauabhängen
und den dahinter schroff und fast kahF) aufsteigenden Kalkbergen^) besteht.
') Hier unter anderem Allium subhirsutum.
2) Einzelne dunkle Flecke (Reste von Rotbuchenwiildern) fallen sehr auf.
^) Links die Dobrostica (1570m), rechts der Radostak (1446 j?2).
92
Die Vegetation um Castelnuovo ist typisch mediterran'') (Macchien, litoraler
Eichenwald).
Durch den «Canale di Kumbur» geht es dann in die große Bai von Teodo
und weiter durch die nur zirka '^f^km breite Meerenge «Le Catene» (d. h. die
Ketten) in die «inneren» Bocche, u. zw. links in das Becken von Risano, über
dem sich die Abstürze des Hochlandes der KrivoSije auftürmen, rechts in den
Golf von Cattaro, der im Osten von den gewaltigen Abstürzen des monte-
negrinischen Hochlandes begleitet wird und in dessen innerstem Winkel auf dem
durch einen kurzen, in zwei Armen mündenden Gebirgsbach (Fiumara oder
Scurda) ins Meer vorgebauten Schuttkegel die Stadt Cattaro liegt. ^) Über die
Stadt (östlich) ragt der PeStingrad (1072772) auf, gegenüber (westlich), auf der
anderen Seite der 768 m hohe Vermaö, beide Berge so nahe, daß sie die Dauer
des Sonnenscheines in der Stadt erheblich einschränken.
Cattaro — Cetinje.
Von Cattaro aus kann eine in jeder Hinsicht überaus lohnende zwei-
tägige Tour nach Cetinje, dem Hauptorte von Monte negro, unter-
nommen werden. P"ür Botaniker empfiehlt es sich, zum Hinaufgehen den alten
Reitweg zu benützen, der südlich von der Schlucht der Scurda in zahllosen
Serpentinen aufsteigt und beim Wirtshause Krstac die neue Straße erreicht
(963772); auf dieser bleibt man, höchstens hie und da einen Abkürzungsweg
benützend, bis Cetinje. — Für den Rückweg benütze man die Straße, lasse
sich aber durch deren schier endlose Serpentinen nicht abhalten, sie voll-
ständig zu begehen, da man sonst mancherlei Interessantes nicht findet. Vor
der Benützung des Reitweges als Rückweges wird gewarnt! Der Reitweg
führt anfangs über kahle, felsige, aber an niedrigen Pflanzen ziemlich reiche
Hänge. In der Gegend der montenegrinischen Grenze (zirka 600772) findet man
von mediterranen Elementen noch Marrubium candidisshnimi'^) und Teuerhan
Polium; bald darauf gelangt der Reitweg ins Bett der Scurda (an einer Stelle
massenhaft Robinia Pseitdacacia) und zu einer einsam gelegenen Mühle, ober-
halb deren ein verkrüppelter Feigenbaum steht.
Von Krstac führt die Straße zunächst durch ein kleines Polje"*) und quert
dann einen verkarsteten Rücken,^) der dieses vom Polje von Njegusi^) (882 772)
trennt.
') Bei einem kurzen Spaziergange am i3. Juni 1904 fand ich am Wege vom Hafen
zur Stadt und an der Straße gegen Savina unter anderem: Altliaea rosca subsp. ßci-
folia, Anthemis Cota, Galega officinalis.
2) Tafel XX.
') Auch auf dem Golo brdo (det. E. Janchen).
*) Weizen- und Maiskulturen.
^) Spärliche Karstwaldreste, viel EupJiovbia Myrsinites.
*) Seeale cereale war hier am 10. Juni 1904 eben in Blüte.
93
Rechts (im Süden) ist die Ber^jmasse des Lovcen (1759;») sichtbar, der
teils verkarstet, teils noch mit ziemlich ausgedehnten Rotbuchenbeständen be-
deckt ist. Hinter Njegusi steigt die Straße wieder; zuerst herrschen noch
Karstwaldgehölze vor, bald aber sieht man die ersten Rotbuchen, welche
nun immer häufiger werden; wir haben damit das Gebiet des Karstwaldes ver-
lassen. Die Straße erreicht in großen Serpentinen den höchsten Punkt der
Straße, den Golo brdo (1274772); Salvia officinalis, die bei zirka 3oo77Z zuerst
konstatiert wurde, okkupiert verkarstete Hänge oft in großer Menge und reicht
bis in diese bedeutende Höhe, wo sie oft dicht neben Rotbuchen steht. Auch im
PoljevonCetinje kommt sie vor. Eine Strecke unterhalb des Wirtshauses Cekanje
(instruktive Aussicht auf die Dolinenlandschaft) beginnt wieder der Karstwald.
Es folgt nun der ermüdendste Teil der Wanderung: in schier endlosen Win-
dungen zieht die Straße in das gut angebaute (Weizen, Roggen, Mais) Polje,
an dessen südöstlichem Ende Cetinje liegt. Von hier hübscher Spaziergang
auf der nach Rijeka führenden Straße zu der Aussicht auf den Skutarisee.
Auf dem Rückwege wollen wir — wie erwähnt — uns durchaus an die
Straß(; halten. Das Stück Cetinje — Krstac wurde bei Schilderung des Hinweges
schon beschrieben. Von Krstac zieht die Straße nach Süden (Karstwaldreste,
Viburnum maculatiivi). Bald wird die österreichische Grenze erreicht, und dort
beginnen die zahlreichen Serpentinen, die zur Überwindung einer Höhendifferenz
von 5^o 77Z angelegt werden mußten.^) Zwischen den Serpentinen Reste von
Karstwald, Aufforstungen von AilantJiiis glandulosa und frischgrüne, pflanzen-
reiche Rasenplätze, die sich auch ein Stück auf die Berghänge hinaufziehen
und besuchenswert sein dürften. Bei ca. 600777 beginnen mediterrane Elemente
(Marrubhnn candidissimum, Teiicriiim Poliiim) aufzutreten; jedoch zeigte die
Vegetation hier (am 11. Juni 1904) noch keine Anzeichen der nahen Sommer-
dürre; erst bei 450772 macht sich das mediterrane Klima geltend: ein Teil der
Ptlanzen beginnt bereits zu verdorren, und nicht viel tiefer findet man die ersten
Feigen und Granatäpfel. Die Straße zieht dann an den Hängen des Flysch-
hügels Gorazda hin, wo Acanthits spinosissivius, Cytisus nigricans, Inula viscosa,
Spartiwn jiinceuui auffallen. Von der Straßenkreuzung (Cote 23i777) durch-
zieht die Straße teils Kulturen von Wein, Ol- und F'eigenbäumen, Granat-
äpfeln, teils interessante Eichenhaine (gebildet von Q,7/t?/T77.v lamiginosa) mit.4at77-
thus spinosissimus, Coliitea arboi-esceiis, Euphorbia Wulfenii, Fraxinus Orniis,
Laurus nobilis, Pistacia Terebintinis, Spartium junceum. Die Straße tritt dann
hart an die Abstürze der Kalkberge, an denen sich noch allerlei interessante
Pflanzen finden, heran und erreicht das Dorf Skaljari und bald darauf Cattaro.
Bei den Exkursionen am 10. und 11. Juni 1904 wurden außer den schon
genannten Pflanzen gefunden:
^) Diese Gegend ist in dem später folgenden Pflanzenverzeichnis kurzweg mit dem
Worte «Serpentinen» bezeichnet.
94
I. Länys des Reitweges von Cattaro Ijis Krstac:^)
AcLintliiis spinosissimiis (unterste Region)^)
Arabis venia (untere Region)
Armeria cancscens (Mühle — I\/rstac)
Aspleniiim Trichomanes
Campanula capitata (Grenze — Krstac)
— ramosissima
— Rapitncidits
Carduus nutans (untere Region)
— pycnocephalus (untere Region)
Cerinthe lamprocarpa (Grenze — Mühle)
Ceterach ofßcinarum
Chaerophyllum coloratum (Grenze — MühleJ
Chrysanthemum cinerariaefolium (Mühle —
Krstac)
Crepis neglecta (untere Region)
Dianthus tergestinus (mittlere Region)
Dorvcnium gerynanicum (Grenze — Mühle)
Euphorbia Myrsinites
— spinosa (bis zur Mühle)
Galium aureum (bis loom)
Genista sericea (Mühle — Krstac)
(ilobularia bellidifolia (Grenze — Mühle)
Haynaldia villosa (Grenze — Mühle)
Hedraeanthus caricinus (Grenze — Krstac)
flclianthcmum obscurum (Mühle — Krstac)
Linum tenuifolium (mittlere Region)
Malcolmia Orsiniana (Grenze — Mühle)
Malva silvestris (rauhhaarige Form; Mühle
— Krstac
2. Auf der Strecke Krstac-
kürzungswege ^).
Acanthus lojigifolius (Cetinsko polje)
Acer monspessulanum (hinter Njeguäi)
Aethionema saxatile (hinter Njeguäi)
Alectorolophus mediterraneus^) (Polje
hinter Krstac)
Arabis hirsuta (hinter Njeguäi)
Aspidium pallidum (hinter Njeguäi)
Bunium alpinum (Golo Ijrdo)
Cerastium scmidecandrum (Golo brdo)
Chaerophyllum coloratum (hinter Njeguäi)
Cirsium eriophoriim (Krstac— Njegusi)
Mcdicago falcata (Mühle — Krstac)
Moltkia petraea (mittlere und obere Re-
gion)
Muscari comosum (Grenze — Mühle)
Myosotis hispida
Onopordon illyricum (untere Region)
Papaver apulum (untere Region)
Paronychia Kapela (Grenze — Mühle)
Phyteuma (Podanthum) limoniifolium
(Grenze — Mühle)
Potcntilla pedata (Mühle — Krstac)
Punica Granatum (Grenze — Mühle)
Rliamnus cathartica (mittlere Region)
Rosa dalmatica (Grenze — Mühle)
Satureja dalmatica (mittlere Region)
— Juliana
— montana (mittlere Region)
— parviflora (mittlere und obere Region)
— Patavina (untere und mittlere Region)
Scleropoa rigida (Grenze — Mühle)
Scrophnlaria canina (Mühle — Krstac)
Sedum glaucum (untere Region)
Sideritis romana (untere Region)
Specularia Speculum (Grenze — Krstac)
Stachys menthaefolia (mittlere Region)
Teucrium Arduini (Grenze — Mühle)
Verbascum pulveridentum (untere Region)
Vesicaria graeca (Grenze — Mühle)
Vicia ochroleuca (hinter Njegusi)
-Cetinje (Straße und zum Teile Ab-
Eupliorbia Lathyris (Polje hinter Krstac)
— Myrsinites (Polje hinter Krstac)
Galium corrudaefolium (Golo brdo)
Globularia bellidifolia (Golo brdo)
Hedraeanthus tenuifolius (oberhalb Njeguäi)
Heliosperma Tommasinii (Golo brdo —
Cekanje)
Marrubium candidissimum (Cetinsko polje,
Krstac — Njeguäi)
— vulgare (Polje hinter Krstac)
Melampyrum barbatum (Polje hinter Krstac)
') Bestimmungen größtenteils von Herrn stud. phil. E. Jan che n.
^) Diese und die folgenden Verbreitungsangaben sollen nur bezeichnen, wo ich
die Pflanze gefunden habe.
^) Det. II. V. Handcl-Mazzctti.
95
Moltkia petfiieti (an der Straße bei Bajce
oberhalb Cetinje)
Nepeta pannonica (Polje hinter Krstac)
Paronychia Kapcia (Krstac — Njcguäi)
Quercus cerris (hinter NjeguÄi)
Ribes alpiniim (hinter Njegusi)
Rhamiitis caruiolica (hinter NjeguSi)
— riipestris (Lekanje — Cetinje)
Satureja Acinos var. villosa (Golo brdo)
Scutellaria commutata (hinter Njeguäi)
Senccio riipestris (bis auf den Golo brdo)
— Visianianiis (Polje bei Krstac, Ce-
kanjc)
Stachys Alopecurus (Cekanje)
— labiosa (Njegusi — Golo brdo)
l'erbasciim Thapsus (Krstac — Njeguäi)
Vibtirnum maculatiim (Krstac — Cekanje)
3. Auf der Strecke Krstac — Cattaro, län<>s der Straße:
Acanthus spinosissimns (Gorazda bis
Cattaro)
Anacamptis pyramidalis (Serpentinen)
Calystegia silvest ris
Campanula ramosissima
— Rapiinculus
Convolviilus cantabricus (Gorazda)
Crepis neglccta (Serpentinen)
— setosa
Euphorbia Wtilfenii (letzte Serpentinen)
Euphrasia tatarica^)
Iberis umbellata (Gorazda)
Moltkia petraea (gleich unterhalb Krstac)
Nepeta pannonica
Onosma echioidcs
Ophrys Bertolonii (Serpentinen)
Orchis picta (Serpentinen)^)
Pallenis spinosa (Gorazda)
Peltaria alliacca (Serpentinen)
Portenschlagia ramosissima
Psoralea bitiiminosa (Gorazda)
Riimcx tuberosiis
Stachys menthaefolia (letzte Serpentinen
bis gegen Skaljari)
Teucrium Arduini (oberhalb Skaljari)
Vicia ochroleiica (Serpentinen)
^) Det. R. V. Wettstein.
^) Det. H. Fleisch mann.
96
IL Das Binnenland.
(Bosnieh und die Herzegowina.)
Von
Karl Maly
(Sarajevo).
A) Allgemeine Schilderung des Gebietes.
1. Geographisch-geologische Übersicht.')
Bosnien und die Herzegowina sind fast ganz von Gebirgen durchzogen,
die ein System für sich bilden und als «IllyrischesGebirgsland» dem «Ser-
bischen Gebirgsland» gegenübergestellt werden können. Die Grenzen der
beiden Gebirgssysteme verlaufen längs derBojana, des Skutarisees, derMoraca,
des Lim und der ürina. Die sich im Westen und Südosten außerhalb Bosniens
und der Herzegowina anschließenden Gebirge, die noch zum «Illyrischen Ge-
birgsland» gezählt werden müssen, werden hier nicht weiter erörtert. Bevor
wir jedoch an eine nähere orographisclie Gliederung schreiten, wollen wir
uns mit dem Flußsystem dieser Länder vertraut machen.
Die Mehrzahl der Gewässer unserer Länder gehört dem Stromgebiet
der Donau, beziehungsweise ihres bei Semlin-Belgrad mündenden rechts-
seitigen Nebenflusses, der Save (Sau) an. Diese bildet auch zum größten Teil
gegen Norden, ähnlich wie im Osten die Drina, eine natürliclie Landesgrenze.
Die bedeutendsten der ihr auf der rechten Seite aus Bosnien zufließenden Ge-
wässer sind: i. Der tief in das Terrain einschneidende Vrbas, welcher auf der
Vranica planina entspringt und links die Pliva aufnimmt. Diese bildet in iiirem
Unterlauf einen See, dessen Abfluß sich bei Jajce in prachtvollen Kaskaden
in den Vrbas stürzt. 2. Die Bosna, welche als mächtige Quelle am Fuße des
Igman bei Sarajevo entspringt und unter anderem rechts die Miljacka, an
welcher Sarajevo liegt, aufnimmt. 3. Die in ihrem Unterlauf schiffbare Drina,
die an der bosnisch-montenegrinischen Grenze durch die Vereinigung der Piva
mit der Tara entsteht und welcher rechts der Lim zufließt. Viel weniger be-
wässert ist die Herzegowina. Die Narenta entspringt als Neretva nördlich
von Gacko und umfließt in breitem Bogen den Prenj-Gebirgsstock. Von der
Station Rama an windet sie sich durch eine enge Schlucht, das Narenta-Defdee,
südwärts, durchströmt das Mostarsko polje und erreicht die Adria in versumpftem,
^) Nach G. Lukas in den Wissenschafdichen Mitteilunj,'en aus Bosnien und der
Herzegowina VIII (1901), S. 3o3fl".
97
seenreichem Terrain. Im Südwesten Bosniens wie in der Herzegowina, also
in den ausgeprägten Karstlandschaften, die von den Kalken der Kreide- und
Triasformation gebildet werden, finden wir mit alleiniger Ausnahme derNarenta,
welche diese Landstriche quer durchschneidet, kein fließendes Gewässer von
größerer Bedeutung. Flüsse mit kurzem, zuweilen unterbrochenem (unterirdi-
schem) Lauf, die oft am Rande der Poljen bereits in ihrer ganzen Stärke hervor-
brechen, um dann wieder auf ähnliche Weise in Schluckschlünden (Ponoren)
zu verschwinden, oder in mehrere Arme aufgelöst sich auf der Oberfläche
verlieren, sind bezeichnend für den Karst. Die eben erwähnten Poljen stellen,
da in ihnen viel Erde von den benachbarten Hängen zusammengeschwemmt
und da diese durch die periodischen Überschwemmungen genügend durch-
feuchtet wird, in der großen trostlosen Steinwüste gleichsam grünende Oasen
dar und tragen ihren Namen zumeist von einer der zahlreichen, ihren Rand
besiedelnden Ortschaften. Die bedeutendsten sind in Bosnien das Livansko,
Glamocko und Sarajevsko polje, in der Herzegowina das Nevesinjsko und das
Po{30vo i)olje. Durch das letztere fließt die Trebinjcica. An ständigen, niemals
austrocknenden Seen ist unser Gebiet nicht reich, hingegen gibt es namentlich
im Karstgebiete und an der Mündung der Narenta mehrere stehende Gewässer,
die zur Regenzeit Seen gleichen, zur Zeit der Trockenheit aber versumpfen
(«Blato», Sumpfsee) oder fast ganz austrocknen. Von ersteren ist der Plivasee
bei Jajce, dann einige Gebirgsseen, (z. B. Blidinje und Borke jezero), von
letzteren das Mostarsko und Hutovo blato bemerkenswert. Nur an zwei Stellen
besitzt die Herzegowina durch schmale Landzungen, welche die Grenze von
Dalmatien unterbrechen, kleine Küstenstriche an der Adria. Es ist dies bei
Neum und in der Sutorina der Fall. ^)
Im illyrischen Gebirgslande läßt sich vor allem nach der geologischen
Unterlage, die auch eine verschiedene Oberflächengestaltung bedingt, ein süd-
westliches und ein nordöstliches Gebiet unterscheiden. Jenes, dem
die Kalke des mesozoischen Zeitalters zufallen, bildet im ganzen ein großes
Karstplateau, das nur einmal durch den Flußiauf der Narenta durchquert und
unterbrochen wird. Das bekannte südöstliche Streichen kennzeichnet die durch
Längentäler von einander getrennten Gebirgsfalten. Das nordöstliche Ge-
biet ist durch waldreiche Gebirge mit ausgeprägter Rückenbildung, die sich
im NO. gegen die vSave zu abdachen und im wesentlichen die Merkmale unserer
mitteleuropäischen Berge haben, ausgezeichnet. Tertiäre Sandsteine (Flysche),
paläozoische Elemente (Schiefer) und neogene Süßwasserablagerungen setzen
in der Hauptsache den Boden zusammen. Eine Grenze zwischen diesen beiden
Gebieten, von denen das eine als Küsten-, das andere als B innengebiet
') Der Grund für diese zweimalige Unterbrechung Dalmatiens durch hcrzego-
winisches (also ehemals türkisches) Gebiet liegt darin, daß die ehemalige Republik Ra-
gusa diese beiden Landstriche an die Türkei abtrat, um weder im Norden noch im
Süden unmittelbar an venetianisches Gebiet anzugrenzen.
Exkursion in die illyrischcn Länder. 7
bezeichnet werden mag^ kann längs der Sana nach Kljuc, von dort nach Jajce,
am Vrbas bis G. Vakuf, über den Makljen-Sattel (ii23»2) nach Rama und am
Oberlauf der Narenta bis/ zum Cemernosattel (13297») bei Gacko gezogen
werden. Weiterhin geht die Grenzlinie auf montegrinischem Boden bis zur Mün-
dung der Bojana in das Meer.
Im Küstengebiete können wir ein «We s t b o s n i s c h e s Kalk-
plateau» (Jura- und Triaskalk) von der «Illyrischen Küstenzone»,
welcher der weitverbreitete Kreidekalk zufällt, trennen. Der letzteren gehören
unter anderen die Dinarischen Alpen an, ferner das jenseits der Narenta sich
erhebende zusammenhängende Hochplateau, auf dem sich nur wenige Berg-
rücken vorfinden, die terrassenförmig gegen Süden abfallen und zum Teil durch
Poljen getrennt sind (höchster Punkt: Orjen, 1895 m). Dem Westbosnischen
K al kpl ateau, dessen Erhebungen gegen SO. zunehmen, gehört unter anderen
die Crnagora südwestlich von Jajce an, ferner die gewaltigen Hochgebirge, die
das Narenta-Defilee einsäumen, nämlich die Cvrstnica (2228 in), die Cabulja
(17807«) und die großartig-majestätische Prenj -G ru ppe, wohl das schönste
Hochgebirge des Landes mit ihrer Fortsetzung, dem Vele2 (196977z) bei Mostar.
Der Prenj ist reich gegliedert und hat zahlreiche Gipfel (Prenj 1916772. Lupo-
glav 2102 77Z, Bora2nica 1887 ?7z).
Im Binnengebiet scheiden wir das nördlich der Orte Konjica, Ivan,
Sarajevo, Mokro, Olovo, Kladanj, Zvornik liegende Land als Hauptvorkommen
tertiärer Bildungen (Flysch) von den südlich bis zur Narenta verbreiteten Trias-
kalken und bezeichnen ersteres als «Bo snisches Mittelgeb irge», letzteres
als «Ostbosnisches Kalkgebirge». Dieses hat bereits zum größten Teil
den Karstcharakter eingebüßt und schließt sich daher am besten hier an. Ihm
gehören die unweit von Sarajevo gelegene Romanja planina ^) (1629777), ferner
die Jahorina planina (1913772) mit ihrem nordöstlichen Ausläufer, dem Trebevic
(1629777) an, die beide in den unteren Lagen entlang der Taleinschnitte aus
Werfener Schiefern, über denen Triaskalk lagert, bestehen. Bei Sarajevo liegt
auch die fast kahle Bjelagnica planina (2067777), auf welcher sich die höchst-
gelegene meteorologische Beobachtungsstation der Balkanhalbinsel befindet.
Der Bjelagnica ist gegen das Sarajevsko polje der waldreiche Igman vor-
gelagert. Andere für unsere Exkursion beachtenswerte Teile des ostbosnischen
Kalkgebirges sind die Preslica (1605777) und die Treskavica (2088777). Im Süd-
osten schließen sich die montenegrinischen Hochgebirge an, von welchen der
Maglic (2387777) und der Volujak (2298 7n) die Grenze und zugleich die höchsten
Gipfel des Landes, der Durmitor (2606777) und der Kom (2448777) (beide in Monte-
negro) die höchsten Erhebungen des illyrischen Gebirgslandes bilden. In Ost-
bosnien liegt auch das größte geschlossene Trachytgebiet des Landes (bei
Srebrenica); gebirgsbildend tritt bei Vi§egrad Serpentin auf. Das Bosnische
') plauiiia (serbo-kroatisch) = Gebirge.
99
Mittelgebirge, das nun noch zu besprechen bleibt, entbehrt fast ganz des
unwirtlichen Karstcharakters und ist gleich unseren mitteleuropäischen Ge-
birgen reich bewaldet. Die Erhebungen erreichen meist nicht mehr die Höhe
der ostbosnischen Kalkgebirge, ihre Rücken sind abgerundet, das Flußnetz
normal ausgebildet, so daß die Auffindung brauchbarer orographischer Linien
sehr erleichtert wird. Geologisch ist das bosnische Mittelgebirge reich gegliedert
und von Eruptivgesteinen (Serpentin an der Bahnstrecke bei Han Begov,
Acpce, Maglaj und Doboj) oft durchbrochen. Hierher gehört das zentral-
bosnische Kalkgebirge zwischen Jajce und Banjaluka an beiden Seiten des
Vrbas, von anderen Formationen umsäumt, mit dem Vla§ic (1919 m) bei
Travnik, ferner das Bosnische Erzgebirge mit vorwiegend paläozoisciien und
im Süden Werfener Schiefern (Vranica planina 2107m). Die nördlichsten Teile
des Bosnischen Mittelgebirges sind im allgemeinen Flyschgebirge. Längs der
Save und ihrer Zuflüsse erstreckt sich noch ein ausgebreitetes Diluvial- und
Alluvialgebiet.
Zum Schlüsse seien noch einige Worte der aktuellen Frage der Ver-
gletscherung in unseren Gebieten gewidmet. Hat ja der Balkan bis vor
wenigen Jahren als ein zur Diluvialzeit unvereist gebliebenes Land gegolten,
und ist die ehemalige Vergletscherung gerade von nicht geringem ptlanzen-
geographischen Interesse. Es ist das Verdienst Becks, ihre Spuren zuerst, und
zwar auf der Treskavica, festgestellt zu haben. Später hat J. Cvijic diese
Beobachtungen bestätigt und Gletscherspuren auch auf der Prenj planina, der
Cvrstnica und dem Maglic, A. Penck auf der Bjelagnica und dem Orjen vor-
gefunden. Nachträglich wurden diese auch auf der Vranica festgestellt. Soweit
die bisherigen Erfahrungen reichen, dürften im Lande zwei durch eine Inter-
glazialzeit getrennte Vergletscherungen stattgefunden haben. ^)
2. Klimatische und pflanzengeographische Verhältnisse.
a) Klimatische Verhältnisse.
Im Berglande, dem «bosnischen Eichenwaldgebiet», sind die mittleren
Jahrestemperaturen gegenüber jenen der Karstregion nur wenig verschieden.
Sie betragen im allgemeinen etwa 8° — 11°. Hingegen sind die Temperatur-
minima sehr bedeutend, so daß im Winter Kältegrade von 32° — 32*6° (2epc5e,
Rogatica) erreicht werden, während im Sommer gleichwie im Karstgebiet,
dessen Klima bereits früher behandelt wurde, selbst 40° Wärme vorkommen
(Bjelina). Die Temperaturunterschiede sind also sehr groß und betragen an
den beiden oben angeführten Orten 68°, respektive 68*6°. Der Frühling ist
') Vgl. A. Penck, Die Eiszeit auf der Balkanhalbinsel. Zeitschrift «Globus>;
(Braimschweig) 1900, S. 184 ff.
lOO
mild, sogar wärmer als im Karst. Die größten Niederschläge fallen im nörd-
lichen Bosnien in den Spätherbst (Oktober, November), in Mittel- und Süd-
bosnien in den Winter (Tifüvember, Jänner). Die Monate April und Februar
sind hingegen durch einen großen Mangel an Niederschlägen ausgezeichnet.
Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt etwa 700 — 1400 )nm.
Durch reichlichere Niederschläge und eine langandauernde Winterszeit,
im allgemeinen durch eine bedeutende Herabsetzung der mittleren Jahrestem-
peraturen kennzeichnet sich das voralpine und alpine Klima. Eine mittlere
Jahrestemperatur unter dem Eispunkt wurde aber bis jetzt noch nicht be-
obachtet.^) Der Frühling und Herbst ist kühl, ersterer sehr regenreich. Ver-
hältnismäßig niederschlagsarm ist die Winterszeit (November, dann Jänner und
Februar), während im Sommer ergiebige, oft sehr heftige Gewitter in den
Hochgebirgen häufig sind. Schnee fällt selbst noch oft im Mai und findet sich
meist schon im Oktober wieder ein. Sehr auffallend ist die Tatsache, daß die
(allerdings oft geradezu kolossalen) Schneemassen trotz der südlichen Lage
der Gebirge kaum früher abschmelzen als in den Alpen. Die Vegetations-
periode dauert in der Bergregion etwa 8, in der subalpinen und alpinen Region
3—6 Monate.
b) Einfluß des Menschen auf die Veränderung der Pflanzendecke.
Es ist nachgewiesen, daß ein großer Teil der Kulturländer noch in histo-
rischer Zeit reich bewaldet war und daß an Stelle unseres fruchtbarsten Acker-
landes mächtige Wälder standen. Ausgedehntes Wiesenland unterbrach mit
freudigem Grün und tausendfältigem Blütenschmuck die Eintönigkeit des Waldes.
Mit der Zunahme der Bevölkerung und der Ausbreitung ihrer Wohnstätten
stiegen auch ihre Bedürfnisse und hatten zunächst den Waldabtrieb zur P'olge.
Die Urbarmachung des Bodens, die Verwandlung desselben in Ackerland, schließ-
lich die Trockenlegung von Sümpfen und überschwemmtem Land veränderte
nachhaltig die Physiognomie der Erdoberfläche, der Pflanzendecke und sogar
auch das Klima.
Schon seit langem wurde die Frage aufgeworfen, ob die bekannte
trostlose Steinwüste des Karstes, die Nacktheit seines Gesteins,
eine Folge absichtlicher Entwaldung sei. Oft genug wurde die Schuld
daran den venezianischen Beherrschern der Karstländer gegeben, obwohl den
Römern und Türken kaum ein geringerer Anteil zukommt. Wenn auch für
den vSchiffbau, die Ausfuhr in fremde Länder, im Krieg oder, um die Ansied-
lungen gegen Feinde zu schützen, mancher schöne Wald der Axt oder dem
Feuer zum Opfer fiel, so liegt doch nach der heutigen Ansicht die HaujU-
ursache derKahlheit des Karstes in dessen petrographisc her Be-
') Bjelasnica plauina bei Sarajevo (2067 >n): -|-0-2°.
schaffenheit, und auch in der Vorzeit dürften große Teile desselben
einen ähnlichen Charakter wie heute gezeigt haben. ^) Nichtsdesto-
weniger steht fest, daß in bestimmten Teilen des Karstes, die heute un-
wirtliche Gegenden darstellen, einst üppiger Wald stand. Dies geht aus
folgenden Tatsachen hervor, i. Noch im Mittelalter wurde am Unterlaufe der
Narenta Schiffbauholz gefällt und ausgeführt. In Brgtanik nächst Pocitelj be-
standen gegen Ende des 14, Jahrhunderts sogar Schiffswerften. Damals gab
es auch noch bei Ragusa, Perasto, Imotski und anderen Orten größere Wälder.
2. Die Namen vieler im Karst gelegenen Ortschaften sind von Bäumen abge-
leitet, die heute in der Umgebung nicht mehr vorkommen oder nur mehr spär-
lich vorhanden sind. 2) Manche Ortsnamen deuten auf eine holzreiche Gegend
iiin, wie z.B. Drievo (=Holz) der alte Name von Gabela. Die Insel Corc)a-a
nigra (Curzola) erhielt diese Bezeichnung wegen der dunklen Färbung des sie
bestockenden Föhrenwaldes, von dem heute nur mehr Spuren vorhanden sind.
3. Manche römische Ansiedlung ist heute allen Unbilden des Wetters direkt
ausgesetzt, da die Umgebung einer trostlosen Steinwüste gleicht. Aus dem
Umstand, daß in diesen Orten weder Zisternen noch sonstige Wasserbauten
zu finden sind, dann aus dem Inhalt der Gräber, in welchen Reh- und Hirsch-
geweihe, Eberzähne usw. in nicht geringer Zahl liegen, muß auf eine ehemals
waldreiche Gegend mit natürlichen Quellen gesclilossen werden. Auch vermißt
man nur zu oft Abzugsgräben zur Ableitung des Wassers nach Gewittern.
Der Wald nahm eben alle Feuchtigkeit in sich auf und schützte dadurch vor
Überschwemmungen. 4. Mehrere Orte, wie z. B. Delminium (2upanjac) und
Metulum (jetzt Munjava) waren größtenteils aus Holz erbaut, das in der Nähe
gefällt wurde. ■^)
Auch heute hat der Karstwald unter der Behandlung der Bewohner sehr
zu leiden, besonders in Dalmatien und auf den Inseln, wo der Waldabtrieb
noch immer Fortschritte macht. Leider leben die Karstbewohner fast ganz von
der Viehzucht, und das Vieh, meist Ziegen und Schafe, ist auf Laubfütterung
angewiesen. Unter solchen Verhältnissen sind die Schwierigkeiten einleuchtend,
mit welcher eine regelrechte Karstaufforstung, abgesehen von den bedeu-
tenden Kosten und dem großen Zeitaufwand, zu rechnen hat. Trotzdem sind
die in unseren Ländern erzielten Resultate relativ sehr gut, wie z. B. die in
größerem Maßstabe erfolgte Karstaufiforstung im Bezirke Zupanjac"*) beweist.
Durch die Berührung mit dem Orient, durch den Handel, welcher einen
immer lebhafteren Verkehr mit fernen Gegenden unterhielt, gelangten wie in
das übrige Europa auch zu uns zahlreiche fremde Ge wach se und fanden
') Vgl. S. 20 ff.
2) Vgl. auch Beck, lUyrien, S. 3i3.
^) Nach K. Patsch in Beiträge zur alten Geschichte und griechisch-römischen
Altertumskunde, (iQo3), S. 198—204.
•*) Südöstlich vom Livansko polje gelegen.
hier eine neue Heimat. Einige V'on diesen haben sich schon in alten Zeiten
derart verbreitet, daß sie mangels irgendwelcher Kenntnis über ihre Herkunft
von unseren autochthonen Pflanzen kaum mehr als Fremdlinge getrennt werden
können und deshalb mit dem Namen Halbbürger belegt wurden, wie z. B. Afte-
misia Absinthiiim u. a. m. Die eingewanderten und verwilderten Pflanzen können
hier wegen Raummangels nicht angeführt werden. Ich will nur erwähnen, daß
wir der im Bau^^begriffenen Bahn Sarajevo — Ostgrenze den neuesten Ansiedler,
Phacelia tanacetifolia, aus Nordwest-Amerika verdanken. Unsere Kulturpflanzen
sollen später behandelt werden.
Schließlich sei bemerkt, daß auch in Bosnien und der Herzegowina
mehrere saisondimorphe Pflanzen festgestellt wurden, deren Entstehung
nach Wettstein auf den Jahrhunderte lang regelmäßig wiederkehrenden
Wiesen-, beziehungsweise Feldschnitt zurückzuführen ist.
c) Die Vcgctationsgcbicte.
a) Ihre Verbreitung, Begrenzung und Unterteilung.
A) Das jnediterrarie Gebiet.
Da das mediterrane Gebiet bereits im ersten Abschnitt des Führers be-
sprochen wurde, obliegt es mir nur noch, dessen Verbreitung innerhalb der
Grenzen der Herzegowina zu besprechen. Bekanntlich beherrschen die medi-
terranen Pflanzenformationen den südlichen Teil Istriens, den sich daran
anschließenden Archipel und einen meist nur schmalen Landstrich an der Steil-
küste Dalmatiens. Die mediterrane Vegetation ist also strenge an die Küste
gebunden, ihre eigentümlichste Erscheinung, die Macchie, reicht nirgends weiter
landeinwärts. Die Niederungen, die einigen Flußläufen entlang in das Innere des
Landes führen, weisen jedoch noch viele mediterrane Genossenschaften auf, sind
aber bereits von den Elementen der Eichenwaldformationen durchdrungen und
stellen daher mediterrane Übergangsgebiete dar. Wo das Meer die herze-
gowinischen Küsten bespült, also nur in der Sutorina und bei Neum, findet man
auch noch Macchien entwickelt, während an der versumpften Mündung der
Narenta dieselben Sumpfpflanzen wie in Mitteleuropa zu beobachten sind. Auf-
fallend sind daselbst nur wenige südliche Typen, wie z. B. Periploca graeca im
Hutovo blato. Das Gelände an der unteren Narenta ist als Eintrittsort zahl-
reicher mediterraner Formen umsomehr beachtenswert, als es die einzige, tief
in das Binnenland eindringende mediterrane Enklave bildet und sich bis an den
Fuß der hochaufragenden Prenj- und Cvrstnica planina erstreckt. Außer diesem
Vorkommen ist die Umgebung von Trebinje als mediterrane Insel bemerkenswert.
io3
B) Die Eichenregionen.
D if, K b e n e, d a s 1 1 ü g e 1- u n d d a s B e r g" 1 a n d des i 1 1 y r i s c h e n B i n n e n-
1 an des ist pflanzengeographisch durch den Besitz von — wenigstens ursprüng-
lich — sehr ausgedehnten Waldungen ausgezeichnet, die allerdings vielfach
gerodet und daher sehr zerstückelt sind und für die das Vorherrschen mehrerer
Qiierctis-A r t e n besonders charakteristisch ist. Beck nennt sie deshalb, wie schon
S.48 erwähnt wurde, «Eichenregionen» und unterscheidet zwei Hauptgruppen
derselben: die bereits im ersten Teile besprochene «il lyrische Karstregion»
und die «illyrische Eic h en regio n»^). Die Karstregion umfaßt die Berg-
region der Herzegowina und das nordwestliche Bosnien; ihr gehören vornehm-
lich die Kalke der Kreide- und Triasformation, viel seltner die des Jura und die
eocänen Sandsteine des Tertiärs an. Sie beginnt bei Karlstadt in Kroatien, be-
tritt am Oberlauf der Glina bosnischen Boden und zieht, im Norden Sanskimost
berührend, ostwärts bis in die Gegend von Banjaluka. Hier wendet sich die
Grenzlinie der Karstregion längs des Vrbas gegen Süden, wo die Voralpen-
region ein weiteres Vordringen in das Landesinnere verhindert. Die Quell-
gebiete der Flüsse Sana und Una liegen an der Grenze der beiden Vegetations-
regionen. Am Vrbas gehört zur Karstregion noch die Umgebung von Jajce;
hier zeigt sich aber bereits ein Gemisch mit Voralpenelementen, die zeitweilig,
wie an der Straße nach Banjaluka, sogar die Vorherrschaft gewinnen. Gewöhn-
lich sind auch die zahlreichen Poljen von den charakteristischen Eichen {Qiiercus
lanuginosa, cerris u. a.), der Mannaesche (Fraxinus ornus) und von Carpinus
ditinensis besäumt oder an trockenen Stellen auch besetzt. In der Herzegowina
schiebt sich die Karstregion zwischen das mediterrane und das Voralpengebiet
ein und erreicht hier auf der Wasserscheide des Ivan ihren nördlichsten Punkt.
Sie umfaßt somit fast die ganze Bergregion der Herzegowina.
Das Hügel- und niedere Bergland, welches den höheren Gebirgen Bos-
niens im Norden vorgelagert ist und das sich südwärts von den Niederungen
der Save ausbreitet, gehört der «illyrischen Eichenregion» an. In hori-
zontaler Richtung erstreckt sich dieselbe aber weit über die Landesgrenze.
Sie beginnt etwa an der Korana und umfaßt ganz Nordbosnien und fast das
ganze Stromgebiet der Morava innerhalb Serbiens. Ihr gehören also haupt-
sächlich die Eocän- und Neogenformationen, die Serpentinausbrüche und die
paläozoischen Schiefer an. Ihre charakteristischen Waldbäume, die Trauben-
eiche (Qiiercus sessiliflora) und die Weißbuche (Carpinus betulus) besitzen aber
noch zwei hiervon völlig getrennte, von der alpinen Region eingeschlossene
Areale, deren eines sich im Flußgebiet der Bosna verbreitet und von Travnik
bis Sarajevo reicht, während das andere am Oberlauf der Drina (etwa von
ViSegrad bis Hum) und am Lim liegt.
') Dieselbe bildet mit der schon größtenteils außerhalb Illyriens liegenden «unga-
rischen Eichenregion» die «Eichenregion des Binnenlandes» (S. 48).
I04
Cj Die i'oralpine Region.
Unsere bekannten Waldbäume, die Rotbuche (Fagtis silvatica), Fichte
(Picea excelsa) und Tanne (Abies alba) sind hierzulande die Bewohner des
höheren Berglandes bis zur Baumgrenze und können daher zur Absteckung der
Voralpenregion dienen. Sie finden sich zuweilen zwar schon in den Eichen-
regionen, doch ist ihr Vorkommen daselbst gewöhnlich ein vereinzeltes, und
ihr Unterwuchs entbehrt zumeist der ihm sonst eigentümlichen Voralpen-
pflanzen. Nur die Buche macht diesbezüglich eine Ausnahme, von welcher
später noch die Rede sein wird. Im mediterranen Gebiet sowie im Sumpf-
lande an der Save und Narenta fehlen die drei Bäume vollkommen. Bei der be-
deutenden Höhe des Binnenlandes reicht die subalpine Vegetation oft bis an
die Talsohle, was die Ursache ist, daß es daselbst zu keiner deutlichen Aus-
bildung einer Bergregion kommt. Eine Nadelholzregion findet sich über dem
Buchenwalde nur selten ausgebildet. Hie und da steigt die Buche sogar höher
an als Fichten und Tannen. Dies wurde übrigens auch in den Pyrenäen und
in den Südalpen beobachtet ^). Nur die Panzerföhre (Piniis leiicodermis) bildet
auf den unwirtlichen Höhen einiger herzegowinischer Hochgebirge, wie auf der
Prenj, Cvrstnica und Pla§a einen deutlichen, wenn auch unterbrochenen Wald-
gürtel an der Baumgrenze.
Was die Höhe anlangt, bis zu welcher die Buchen, Fichten und Tannen
in Baumform auf den Gebirgen ansteigen, so finden wir nach Becks Angaben^)
folgende Werte : Herabreichen
Baumgrenze , , . -r, ■
*' der alpinen Region
Mittelwerte in Metern
Südkroatischer Karst 1500 1165 NO.'')
Dinarische Alpen 1690 1400
Westbosnien 1675 ?
Mittelbosnien 1650 1575 ')
Südbosnien ijSi 1560*)
Herzegowina l683 •^) 1500 ')
Montenegro 1900^) 1700
Die ermittelten Höhenangaben zeigen, daß die Baumgrenze mit ab-
nehmender geographischer Breite in die Höhe rückt.
') Vgl. A. Engler, Die Pflanzenformationen etc. der Alpenkette (1901), S. 64 — 65.
2) Illyrien, S. 287 — 3o3.
^) Pinus leucodermis.
*) Meerseite (SW.) 85OW.
') Nach Beck, 1. c. S. 3o3. Auf der Südseite des Vlaäic i3oom.
*') Auf dem Trebevi(5 (Nordseite) und auf der Visocica etwa 140OW. Auf der Hrani-
5>ava, Lelija und auf dem Maglid 160OW.
') Prenj und Cvrstnica. Auf der Bjelaäica bei Gacko 1400m, auf dem Velez 1500m.
105
D) Die alpine Region
zeigt nur selten das anmutige Bild blühender Pflanzenmatten und grüner Halden,
das uns aus den Geländen der deutschen Alpen bekannt ist. Von den Kreide-
kalkgebirgen der Herzegowina abgesehen, die in ihrer scheinbar völligen Kahl-
heit und Öde ein großartiges Bild des ungezügelten Waltens der Natur dar-
stellen, reichen nur noch die reicher bewässerten, aus Triaskalk aufgebauten
Berge, auf welchen aber gleichfalls die offenen Formationen tonangebend
sind, in die alpine Region. Nur der Niederwald aus Legföhren und anderem
Dickicht streut zuweilen dunkle Flecken auf das eintönig helle Kalkgestein der
Hochgebirgshalden. Eine Ausnahme machen die sanften Schieferkuppen der
Vranica (2107???) und des Vjeternik (1867 nz) in der Ljublana planina, wo es zur
Bildung von ausgedehnten Alpenmatten kommt. Die sorgsame Ausnützung
eines jeden grünen Angers durch Ziegen und vSchafe, die man im Sommer
selbst aus den Steinwüsten der südlichen Herzegowina auf die bosnischen Hoch-
gebirge zur Weide treibt, bringt es mit sich, daß die Wiesen nur zu bald ihres
schönsten Blumenschmuckes beraubt sind und dem forschenden Besucher
manche Enttäuschung bereiten.
Die Hochgebirge Bosniens und der Herzegowina erreichen gewöhnlich
nur eine Höhe von wenig über 2000 ;jz. Selbst die höchste Erhebung, der Maglic,
ist nur 238S m hoch. Das landschaftliche Bild der südbosnischen und der Kreide-
kalk-Hochgebirge der Herzegowina erinnert zuweilen lebhaft an die Dolomiten
Südtirols. Ewiger Schnee findet sich nirgends. Schneeflecken sieht man hin-
gegen in den Felsschluchten und Dolinen liegen; sie schmelzen manches Jahr
überhaupt nicht ab. Da die Vegetationsperiode durchschnittlich nur vier Monate
dauert, sind alle Lebenserscheinungen in diesen kurzen Zeitraum zusammen-
gedrängt, was zur Folge hat, daß fast ausschließlich perennierende Gewächse
vorkommen. Die hochgradige Insolation, der gesteigerte Lichtgenuß, dem
die grünen Bewohner der Hochgebirgshöhen während des länger andauernden
Tages ausgesetzt sind, erfordern, um einer allzustarken Verdunstung vorzu-
beugen, die mannigfaltigsten ök ol o g i s c h e n Ein ri chtungen. Wir finden
daher in der alpinen Region sehr oft polsterförmige Rasen, deren Laub sich
dachziegelförmig deckt. Die grünen Organe sind gleichwie auf der Felsenheide
der mediterranen Flora mit einem silberfarbigen oder grauen Pelz versehen,
die Blätter fieischig, lederartig oder mit Kalk inkrustiert. Das «warme» Kleid,
das unsere Alpenpflanzen zum Unterschiede von den fast kahlen hochnordischen
oft umhüllt, ist auf den illyrischen Hochgebirgen noch häufiger zu beobachten
und nicht ein Schutzmittel gegen die Kälte, sondern gegen die Vertrocknung.
Was das Vorkommen der alpinen Region betrifft, so findet man sie in
größter Ausdehnung besonders auf der Vranica, Bjelasnica, Treskavica, Lelija,
Maglic-Volujak, auf der Cvrstnica und Prenj planina.
io6
i'j) Die P f 1 a n z e n f o r m a t i o n c n .
A) Waldformationen.
1. Der Karstwald.
Der bereits im ersten Teile dieses Führers besprocliene Karstwald er-
hält stellenweile durch die Einmischung von zwei interessanten Eichen ein
verändertes Bild. Es sind dies Qiiercus conferta und Qii. macedonica. Die
Zigeunereiche {Qu. conferta [Kit.] Schult., serbo-kroatisch dubovina, bijeli
cer ^), kann wegen ihrer großen, sehr kurz gestielten, nach vorne stark ver-
breiterten, tiefgebuchteten Blätter, die an den Enden der Zweige zusammen-
gedrängt stehen, wohl die schönste der laubabwerfenden europäischen Eichen
genannt werden. Sie stellt bis in das Alter dicht und tief herab belaubte Bäume
mit schön gewölbter Krone und hellbrauner Borke dar, die in dichtem Schluß bei-
sammenstehen und an welchen man häufig Stockausschläge und auch Wurzelbrut
findet. Das Wachstum geht langsam vor sich, das Holz ist dicht, schwer spalt-
bar, stark rissig, dauerhafter als das der Stieleiche und daher als Bauholz, für
Schwellen usw. sehr geschätzt. Die Eicheln sind etwas kleiner und meist auch
dünner als bei der Wintereiche, ziemlich süß^) und als Mast geschätzt, doch
sind fruchtbare Jahre nicht häufig. Die Zigeunereiche kommt in Sardinien,
Süditalien (Kalabrien, Apulien), im südlichen (Komitat Bacs, Slavonien) und
östlichen Ungarn, in Siebenbürgen und Rumänien vor, ist in ganz Serbien die
«gemeinste Art» und auch in Bulgfarien sehr häufio". vSie findet sich ferner auf
der ganzen übrigen Balkanhalbinsel, wo sie im Malevogebirge (Peloponnes ^)
wohl den südlichsten bekannten Standort hat. Nicht selten bildet sie Busch-
werke, wie in Albanien, Serbien"*) und Bulgarien. Über Serbien zieht ihr Ver-
breitungsgebiet längs der Save, des Lim und der Drina nach Bosnien. Hiervon
getrennt findet sie sich noch an mehreren Orten Bosniens und der Herzegowina
zerstreut vor. Als Bestandteil des Karstwaldes kommt sie mit Carpiniis didnensis
im Drinatale und in der Herzegowina besonders im Dubravawalde vor. Von
hier aus verbreitet sie sich längs der Narenta bis gegen Konjica zu. Auf der
Palez planina bei Gorazda dürfte sie noch bei iooo?n gedeihen, auf der Stara
planina in Serbien fand sie Adamovic noch bei gSom. Abarten der Zigeuner-
eiche haben Borbäs, Haussknecht und Haläcsy beschrieben. Kreuzungen
') Nach Simonkais Monographie «Quercus et Querceta Hungariae» (1890), S. II
und 32 mit Qu. Farnetto Ten. identisch. Qu. hungarica Hubeny ist nach Borbäs in «Österr.
bot. Zeitschrift^ 1890, S. 80 nur eine Abart davon (vgl. auch 1. c. 1886, S. 282). Beide
Namen sind viel jüngeren Datums als der von Kitaibel stammende. Unter Anlehnung an
den slavonischen Volksnamen dieser Eiche «Kittnyak» (Zigeunerholz) bestrebe ich mich,
den Namen «Zigeunereiche» einzuführen. Eine schöne Abbildung findet sich in Hempel
und Wilhelm, Bäume und Sträucher des "Waldes II, Taf. XXIV.
^) Daher die serbischen Namen sladun, blagun, sladka granica usw.
^) Vgl. Haläcsy, Consp. flor. graecae III, S. 129.
"*) Bestandteil der «Sibljakformation».
107
wurden bisher mit Qji. robur, Qji. sessilißora und Qii. cerris bekannt. Der Unter-
wuclis der von ihr gebildeten Bestände ist noch zu studieren.
Querciis viacedonica A. DC. erreicht in der Herzegowina ihren nörd-
lichsten Standort. Im Dubravawalde trifft sie mit der Zigeunereiche zu-
sammen und wurde ostwärts davon bis Pobrati und Stolac beobachtet. Ver-
breiteter ist sie bereits in Montenegro, von wo ihr Areale zungenförmig bis in
die Umgebung von Trebinje (Herzegowina) reicht. In Albanien wurde die
mazedonische Eiche an vielen Orten beobachtet, und in Epirus ^) liegt ihr süd-
lichster bekannter Standort. Das Laub erinnert in der Form an das der Ca-
stanea sativa, ist aber kleiner, lederig und dunkelgrün. Unter den verwandten
Eichen des Gebietes steht ihr Qit. Hex am nächsten. Zusammenhängende Busch-
werke bildet die mazedonische Eiche gewöhnlich nur in geringem Umfange,
meist tritt sie mit anderen Eichen auf (Qii. cerris, lamiginosa und conferta), ferner
mit Carpinns duinensis, Ostrya carpinifolia, Palhirus aiistralis, Phillyrea, Pxinica,
Junipcrus oxycednis etc. In Montenegro und Albanien drängen sich ihre Be-
stände häufig in die mediterrane Felsheide ein. Höhere Lagen werden von ihr
gemieden, nur in Montenegro soll sie angeblich noch bei ii5o;n von Hassert
beobachtet worden sein.
2. Der bosnische Eichenwald.
Während die Niederungen an der Save stellenweise von fast reinen Be-
ständen der Stiel- oder Sommereiche (Qiierciis robur ~) bewaldet werden
(«Slavonische r Eichenwald»), zeigt das tertiäre Berg- und Hügelland,
welches in Nordbosnien den höheren Gebirgen vorgelagert ist, eine Genossen-
schaft von Bäumen, Sträuchern und Kräutern, die Beck mit dem Namen
«Bosnischer Eichenwald» belegt hat. Diese Waldformation bildet jedoch
nicht nur in Nordbosnien, südlich etwa durch die Orte Novi, Sanskimost, Ban-
jaluka, 2epce, Srebrenica begrenzt, eine eigentümliche Vegetationszone,
sondern sie reicht auch ostwärts bis nach Serbien (Morava) hinüber und findet
sich Weiters inselartig im Innern Bosniens, wie z. B, an den Bergabhängen
längs der Flüsse Miljacka, Bosna, La2va u. a. m. Der tonangebende Baum
ist Qiiercus sessilißora, die Trauben- oder Wintereiche, zu welcher auf den
niederen Berggipfeln gerne Q_u. cerris (die Zerreiche) hinzutritt. Auf den süd-
westlichen Gehängen findet sich oft auch Qii. robur ein. Von den übrigen
Bäumen, die für diese Pflanzenformation eigentümlich sind, seien die Weiß-
buche (Carpinus Betulus), die gemeine Esche (Fraxinus excelsior), der Kirsch-
baum (Prunus avium), der Birnbaum (Pirus coiniminis), der Maßholder (Acer
^) Auf dem Berge Handja beim Kloster Hag. Ilias im Distrikt Philippiadia. Siehe
Baldacci, Rivist. della coUez. bot. fatta nel. 1895 i° Albania, S. 70.
-) In Ungarn Sumpfeiche genannt.
io8
campestre), der Walnußbaum {Julians regia), die Silberlinde (Tilia tomentosa)
und die Edelkastanie (Castanea sativa) genannt. Eine interessante Abänderung-
erfährt der bosnische Eichenwald auf vSerpentingestein, wo neben der
Wintereiche auch die Schwarzführe (Pimis nigra) auftritt. Im höheren
Berglande mischen sich die Eichen immer mehr mit der Buche, Fichte und
Tanne und werden schließlich von diesen gänzlich verdrängt. Im Unterwuchs
findet man besonders häufig: Jiiniperiis communis, Ligustrum vulgare, Crataegus
monogyna, Prunus spinosa, Corylus avellana, Acer tataricum, Cotinus Coggy-
gria, Clematis vitalba, Rubus liirtus, Pteridium aquilinuiu, Helleborus odorus,
Sanicula europaea, Primula acaulis, Thymus montanus, Melampyrum pratense,
Campanula glonierata, persicifolia und Jrachelium, Galiuin vernum, Chrysan-
tliemum corymbosum und viele andere Pfianzen, deren Aufzählung zu weit
führen würde. Auf Serpentin ist fast überall Erica carnea zu beobachten. Im
ganzen ist das Vorherrschen baltischer Elemente sehr auffallend.
Es ist (nach Beck, Illyrien, S. 221) mitunter nicht leicht, den Karstwald
vom bosnischen Eichenwalde scharf zu trennen. Derlei «Lokalitäten, auf denen
ein Zusammentreffen der beiden Formationen angenommen werden kann»,
finden sich unter anderen bei Travnik und bei Varcar Vakuf (nordwestlich
von Jajce). Es läßt sich jedoch eine Anzahl Pflanzen auffinden, die einander in
den beiden Formationen vertreten.
K a r s t w a 1 d :
Quercus lanuginosa
Fraxinus Ornus . .
Carpinus duinensis
Ostrya carpinifolia
Prunus Malialeb . .
Acer monspessulanum . .
Juniperus oxycedrus. . .
Cytisus ra}nentaceus . .
Bosnischer Eichenwald:
Qiiercus sessilißora
Quercus Cerris
Fraxinus excelsior
Carpiinis Betulus
Prunus avium
Acer tataricum
Acer campestre
Juniperus communis
Cytisus nigricans
Die übrigen Baumformationen sind von geringerer, meist örtlicher
Bedeutung und seien daher nur kurz angeführt.
Die Schwarzführe (Pinus nigra = P. austriaca) bildet nur im Südosten
Bosniens, am Oberlaufe der Drina und im Novibazar am Lim größere ge-
schlossene Waldgebiete. Sonst tritt sie zumeist im Verbände mit Pinus silve-
stris. Picea excelsa, Fagus silvatica oder Qiiercus sessilißora als Waldbildner
auf, oder sie breitet, einzeln oder horstweise an den felsigen Bergabhängen
nistend, ihre schirmförmige Krone horizontal in die Lüfte aus. Sie ist eine Be-
wohnerin der Bergregion, steigt aber zuweilen auch bis in die subalpine Region
auf und zieht paläozoisches Gestein vor, ohne den Kalk zu meiden. Ihr Unter-
log
wuchs zeigt, wie auch in Niederösterreich, keine charakteristischen Gewächse.
Nur auf Serpentin wird die Schwarzführe ständig von Krica carnea begleitet,
der sich zuweilen aucii die Königsblume (Daphne Blagayana) zugesellt.
Birkenwälder (gebildet von Betiila verrucosa) kommen vereinzelt vor,
wie auf der Vranica und Stit planina, wo sie von Calliina vulgaris und Erica
carnea begleitet werden.
Uferauen werden meist aus Erlen (Almis gliitinosa, seltener incana),
Weiden (Salix purpitrea, fragilis, cinerea, alba), Pa[:)peln (Populiis nigra, alba,
tremula) und Ulmen (Ulmus campestris und pedunculata) gebildet. Unter ihren
Begleitern sind Sambncus Ebiihis, Eupatoriinn cannabimnn, Lycopus europaeiis,
Filipendula Ulmaria, Thalictnnn angiistifoliimi und als Schlinggewächse Cle-
matis vitalba, Hianulus Lupuhis und Calystegia sepiiun auffallend.
3. Voralpine Waldformationen.
I. Der Buchen wald. Die Rotbuche (Fagus silvatica) nimmt in reinen Be-
ständen etwa ein Drittel des gesamten Waldlandes ein. In tieferen Lagen gesellt
sie sich sehr häufig den Eichen zu, verliert dann aber ihr eigentümliches Gepräge,
das erst in der subalpinen Region zur Entfaltung gelangt. Hier bildet sie im Verein
mit zahlreichen voralpinen 'ry[)en eine Formation, die lebhaft an ihr Vorkommen
in den Alpen erinnert und sich davon in nichts zu unterscheiden scheint. Dringen
wir aber tiefer in den Buchenhochwald ein, so gibt er nicht selten die Spuren
seines Urzustandes zu erkennen. Vom Sturm, Blitzschlag oder Felssturz gefällte
Stämme schlagen zuweilen eine Bresche in das schattige Waldinnere, und in
der sonnenbestrahlten Lichtung entwickeln sich dann schnell die im Waldes-
dunkel unterdrückten Kräuter und Stauden. Die morschen gefallenen Stämme
vermodern in wenigen Jahren, junge Buchenstämme überragen den Niederwuchs,
und bald ist der Hochwald wieder geschlossen. An anderen Orten, wo die
Macht der Gewitter nicht so verheerend wirkt, oder in Buchenhainen, wie sie
die gehölzlosen Formationen der Voralpen oft unterbrechen, gewinnt der Wald
ein freundlicheres Aussehen.
Die vertikale Verbreitung der Rotbuche kann aus nachstehender Tabelle
ersehen werden: Untere Obere
Buchenwaldgrenze Gürtelbreite
Dinarische Alpen .... 933 l632 699
Westbosnien 95° 1660 7 IG
Mittelbosnien 1016 1542 526
Südbosnien 878 1661 (1740) 783
Herzegowina io37 1576 (1900) 539
Montenegro 1050 161 5 (2060) 565
Sie lehrt uns, daß: i. die obere und untere Höhengrenze der Buche mit
abnehmender geographischer Breite aufwärts rückt und die Gürtelbreite dabei
abnimmt; 2. wenn man nach Beck (lUyrien, S. 32i) die Gürtelbreite des
Buchenwaldes in den österreichischen Alpen mit 1050 m annimmt, dieselbe in
den südillyrischen Gebirgen nahezu die Hälfte ihrer Mächtigkeit eingebüßt hat.
An ihrer oberen Hohengrenze sehen wir die Buchen oft strauchfürmig und leg-
föhrenartig bis in das alpine Gebiet vordringen und ist ihr höchstes Vor-
kommen durch die eingeklammerten Hohenvverte in der Tabelle gekenn-
zeichnet.
Wenn auch der illyrische Voralpenwald im allgemeinen nicht in Zonen
geteilt werden kann und in manchen Gebirgen wie in der Treskavica, Lelija
und auf dem MagHc sogar abwechselnd Buche und Nadelhölzer die Baumgrenze
bilden, so treten die letzteren doch durchgehends erst in höheren Lagen auf
und lassen an ihrer oberen Verbreitungsgrenze die Buche meist zurück. Nur
auf der Vranica bilden die Nadelhölzer über dem Buchenwalde eine deutlich
erkennbare Zone.
Die Rotbuche neigt mehr als alle übrigen Bäume zum Vorkommen in Misch-
wäldern. Vornehmlich geschieht dies durch das gesellige Auftreten mit der
Tanne, mit welcher sie meist die nördlichen Abhänge der Gebirge bedeckt, und
mit der Fichte. Auch mit beiden Nadelhölzern vereint sie sich oft, wie z. B. in
der Crna gora (am Ursprung der Sana), wo die Buchen 45 %, die Tannen 32° j^
und die Fichten 24^/0 des Waldbestandes ausmachen. Der Unterwuchs der
Buche erleidet in dieser Mischung solange keine Änderung, als der Lichtzutritt
ein genügender ist. Viel seltener, wie z. B. im Südostbosnien (Romanja planina,
Semec) findet man Kiefern (Pimis silvestris und P. nigra) im Verbände mit der
Buche an. Ein anderer Mischwald wird durch das Eindringen der Buche in den
bosnischen Eichenwald hervorgerufen. Daselbst findet man sie häufig mit Car-
pimis Betulus, Qiierciis Cerris, Q. sessilißora, Popiihis tretnula, Betula vennicosa,
Acer campestre, Tilia tomentosa u. a. beisammen. Mit der Panzerföhre (Pinus
leucodennis) trifft die Buche auf der Preslica, Prenj, Plasa und Cvrstnica planina
zusammen.
Die verschiedenen Höhenlagen, welche die Rotbuche bewohnt, bringen
es mit sich, daß daselbst die Belaubung und der Blattfall zu sehr verschiedenen
Zeitpunkten erfolgt. Nach Beck (Illyrien, S. 324) beginnt die Belaubung bei
einer Höhe von 800 — 900 m Ende April, bei 900 — 1000 m Anfang Mai, bei
1000 — xioom Mitte Mai, bei iioo — 1200111 Ende Mai, über 1200 ;n Anfang Juni,
und zwar ergrünen stets die nach Osten abfallenden Gebirgshänge zuerst.
Nachstehend wird eine kleine Auswahl der wichtigsten Bestandteile der
Buchenwaldformation mitgeteilt (v. = voralpin). ^)
O b e r h o 1 z :
Fagus sUvatica I Quercus sessiliflora
Carpinus Betulus 1 Popiilus tremuLi
Quercus Cerris Tilia tomentosa
') Dieses und alle folgenden Pflanzenverzeichnisse sind größtenteils nach dem
Werke von Beck zusammengestellt, enthalten aber auch Resultate eigener Literatur-
studien und Beobachtungen.
Sorbiis aucuparia
— Aria
Acer obtusatum
— Pseudoplaianus (v.)
Acer campesfre
Corylus Avellana
Daphne Me\ereHm
Crataegus monogvna
Prunus spinosa
Rosa arvensis
— alpina (v.)
Hedera Helix
Abi es alba
Picea excelsa
Pinus silvestris
— nigra
Unterholz:
Kubus idaeus
Rhamnus f= Rh. carniolica) (v.)
Cornus mas
Vaccinium Myrtillus
Lonicera alpigena (v.)
— Xylosteum
Kletterpflanzen:
I Clematis Vitalba.
N i e d e r w u eil s :
Poa nemoralis
Milium effusum
Dactylis glomerata
Festuca silvatica
Ory:{opsis miliacea
Lu:{ula nemorosa
Allium ursinum
Polygonatum verticillatum
Paris quadrifolia
Crocus venius
Neottia nidus avis
Moehringia muscosa (v.)
Anemone nemorosa
— Hepatica
Actaea nigra
Thalictrum aquilegifolium (v.)
Ranunculus lanuginosus
— platanifolius (v.)
Dentaria bulbifera
— enneaphyllos
— trifolia
Viola silvestris
Asarum europaeum
Euphorbia amygdaloides
Mercurialis perennis
Geranium phaeum
— macrorrhi:{um (v.)
Sanicula europaea
Aruncus silvester (v.)
Saxifraga rotundifolia (v.)
Epilobium montanum
Circaea lutetiana
Aretnonia agrimoninides
Fragaria vesca
Geum urbanum
Vicia oroboides (v.)
Lathyrus vernus
Monotropa hypopitys
Primula acaulis
Cyclamen europaeum
Gentiana asclepiadea (v.)
Erythraea Centaurium
Myosotis silvatica
Pulmonaria officinalis
Symphytum tuberosum
Lamium luteum
Salvia glutinosa (v.)
Melittis Melissophyllum
Calamintha grandiflora (v.)
Veronica Chamaedrys
— latifolia (v.)
Digitalis ambigua
Campanula persicifolia
Phyteuma spicatum
Aspei'ula odorata
— taurina
Galium silvaticum
Adoxa moschatellina
Knautia silvatica
Adenostyles Alliariae (v.)
Aposeris foetida
Doronicum Columnae (v.)
Senecio sarracenicus
Solidago Virga aurea
112
Buph thahnum sa licifo Hu m
— (Telekia) speciosiim
Chrysanthemum macroplivllum
— corymbosum /
Senecio rupestris (v.)
Lactuca muralis
Mulgedhan Pancicii (v.)
Prenanthes purpiivea (v.)
Hieracium transsilvanicum (v.)
— silvaticum
Aspidhnn Filix mas
— lobatum (v.)
Pteridiiim aquilinum
Atliyrium Filix femina
Äsplenium viride (v.)
IL Fichten- und Tannenwälder (Picea excelsa und Abies alba). Gleich
wie die Buchen besiedeln auch Fichten und Tannen das höhere Bergland bis zur
Baumgrenze. Ihr Vorkommen gewinnt schon deshalb an Interesse, da sie in Illy-
rien ihre südHche Verbreitungsgrenze erreichen. Sie fehlen in Dalmatien gänz-
lich^) und treten selbst in den Dinarischen Alpen nur an den gegen Nordost ab-
fallenden Höhen auf, wo ihren Lebensbedingungen durch die größere Feuchtig-
keit der Luft und des tiefgründigeren Bodens entsprochen wird. In der Herzego-
wina treten Fichte und Tanne erst wieder an den Nordhängen der (Sabulja, des
Velez, der Crvanj und Baba planina auf. Auf dem Orjen in der Bjela gora be-
finden sich die gegen die Adria zu am meisten vorgeschobenen, vielleicht isoliert
liegenden Standorte, da diese Nadelhölzer sowohl auf dem Lovcen als auch auf
den zwischen dem Skutarisee und der Adria liegenden Bergen (Rumija etc.)
fehlen. Sie beginnen überall erst tief im Lande waldbildend aufzutreten und reichen
südwärts nur bis zu den Nordalbanischen Alpen. 2) Im Norden haben die Fliehten
und Tannen gegen das Tiefland der Save zu eine zweite Verbreitungsgrenze,
die über die Grmec und Borja planina, sowie das Kladanjer Mittelgebirge nach
Osten verläuft. Ihre untere Höhengrenze liegt in Bosnien bei 800—1000 ni, die
Gürtelbreite ist wegen des erst in bedeutenderen Höhen beginnenden Auftretens
viel geringer als bei der Buche und kann mit 498 m im Mittel angenommen
werden. Nicht selten finden sie sich noch urwaldartig vor, wie z. B. auf der
Crna gora^) im Quellgebiet der Sana, wo selbst vStämme von 60 bis 70 m Höhe
vorkommen.
Die Fichten und Tannen finden sich sowohl in reinen Beständen jede für
sich, als auch beide vereint, oder mit Buchen, seltener mit Schwarzföhren,
Weißföhren (Pintis nigra und silvestris) und nur an wenigen Orten mit Eichen
und Birken verbrüdert vor.
Da bei halbwegs gutem Schluß der Wälder der Lichtzutritt in den Wald-
grund sehr gering ist, können sich daselbst auch nur wenige Gewächse be-
haupten. Der Boden ist jedoch oft, namentlich auf Schieferunterlage, von einem
smaragdgrünen Moosteppich bedeckt.
■) Für den Biokovo wurden beide Bäume angegeben, aber die Angabe ist nicht
bestätigt worden (vgl. Beck, Illyrien, S. 338).
^) Die südlicher gelegenen Standorte sind zweifelliaR oder isoliert.
^) Tafel XXIII.
ii3
Ü b e r h o 1 z :
Picea excelsa
Abies alba
Pinus nigra
— silvestris
Salix silesiaca (v.)
Hex Aquifolium (v.)
Rhamnus fallax (v.)
Lii:{ula silvatica (v.)
Maja n th em u m bifo Hu m
Streptopus amplexifoliits
Dentaria enneaphyllos
— bulbifera
Oxalis acetosella
Saxifraga rotundifolia
Circaea lutetiana
Genista sagittalis
Monotropa hypopitys
Gentiana asclepiadea (v.)
Salvia glutinosa (v.)
Unterholz:
Niederwuchs:
Fagus silvatica
Acer obtusatum
— Pseudoplatanus
Rosa pendiiUna (v.)
Vaccinium Myrt Ullis
Lonicera alpigena (v.)
Lamiiim luteum
Galium rotundifolium
Asperula odorata
Adenostyles Alliariae (v.)
Homogyne silvestris (v.)
Doronicum austriacum (v.)
Prenanthes purpurea (v.)
Aspidium Filix mas
— lobatum
— spinulosum
Athyrium Filix femina
III. Der voralpine Misch w^ald. Wie bereits früher erwähnt, findet
man in der voralpinen Region nicht selten auch Wälder, die aus einem bunten
Gemenge verschiedener Laub- und Nadelhölzer zusammengesetzt sind. Sie
fallen aber nicht nur durch die Verschiedenheit der das Oberholz bildenden
Arten auf, sondern auch durch die den lichten Waldgrund in großer Zahl be-
wohnenden subalpinen Kräuter und Sträucher. An ihrer oberen Grenze dringen
häufig Legföhren (Pinus Pumilio) und Zwergwacholder (Jiiniperus nana) in ihre
sich zumeist in einer Höhenlage von 1400 — 1700 m erstreckenden Bestände ein.
Der Unterwuchs des voralpinen Mischwaldes zeigt sich am schönsten an lichten
Waldstellen, wo durch Quellen oder Bächlein für eine genügende Feuchtigkeit
gesorgt wird.
Oberholz:
Picea excelsa
Abies alba
Populus tremula
Fagus silvatica
Pinus Pumilio
Corylus Avellana
Ribes petraeum
Rhamnus fallax
Rubus idaeus
Exkursion in die illyrischen Länder.
Unterholz:
Acer obtusatum
— Pseudoplatanus
Sorbus aucuparia
— Mougeotii
Daphne Me:{ereum
Erica carnea
Vaccinium Myrtillus
Lonicera alpigena
— Xylosteum
114
Nieder wuchs:
Descliampsia caespitosa
Lu:{ula silvatica
Veratrum albmn
Melandryum rubrum
Thalictrum aquilegifolium
Ranunculus aconitifolius
Anemone nemorosa
Hesperis dinarica
Mrrrhis odorata
Anthriscus nitidus
Filipendula Ulmaria
Saxifraga rotundifolia
Aruncus Silvester
Euphorbia amygdaloides
Epilobium montanum
Agrimonia Eupatoria
Vicia oroboides
Gentiana asclcpiadea
Salvia glutinosa
Veronica latifolia
Adenostyles A lliaria e
Doronicum austriacum
Chrysanthemum macrophyllum
Senecio sarracenicus
Buplithalmum speciosum
Cirsium pauciflorum
Mulgedium Pancicii
— alpinum
Prenanthes purpurea
Aposeris foetida
Aspidium Filix mas
— lobatum
— spinulosutn
— Lonchitis
Scolopendrium vulgare
A thyrium Filix femina
IV. Die Formation der Panzerföhre (Pinus leucodermis, «Smrc» ;
vgl. Tafel XXIII und XXIV). Dieser Baum wurde im Jahre 1864 von F. Maly
auf dem Orjen entdeckt, blieb jedoch bis zum Jahre 1887 "ur von diesem Orte
bekannt. Beck hatte zwar schon zwei Jahre früher in der Herzegowina (Prenj
planina) eine F'öhre gefunden, die ihm neu zu sein schien und die er Pinus
prenja nannte, aber erst später stellte sich heraus, daß die beiden Kiefern nicht
voneinander verschieden sind. In rascher Folge wurden nun zahlreiche Stand-
orte dieser im Nordwesten der Balkanhalbinsel endemischen Baumart bekannt.^)
Viele von ihnen liegen innerhalb unseres Gebietes in der Herzegowina, wo die
Panzerföhre für die aus Trias- und Kreidekalk aufgebauten Hochgebirge höchst
charakteristisch ist. vSie wurde daselbst auf der Preslica, Visocica, dem Prenj-
Gebirgsstock, der Plasa, Cvrstnica und Cabulja und in Bosnien auf der Hrani-
sava gefunden.^) Der letztere Standort ist am weitesten gegen Norden vor-
geschoben. Außerdem kommt sie auch im nördlichen Montenegro, bei Plevlje
im Sandzak Novibazar und sehr spärlich im serbischen Landkreise Uzice vor.
Die Panzerföhre ist der Schwarzföhre sehr ähnlich, aber von ihr ent-
schieden als Art zu trennen. Der aus bogigem Grunde gerade aufstrebende
Stamm trägt eine kegelförmige, schön gewölbte, auch an steilster Felswand
nie schirmförmig oder einseitig entwickelte, dunkle Krone. Die Borke ist weiß-
^) Im ymphäischen Pindus kommt niclit P. leucodermis, sondern P. nigra {P.
pindica F orm.) vor. Ob P. Heldreichii Christ vom Thessalischen Olymp ein Synonym
von P. leucordermis darstellt, scheint noch nicht mit Sicherheit festgestellt zu sein. Vgl.
Ascherson und Graebner, Synopsis I, 215; hingegen Haläcsy, Consp. flor. Graec.
III, 453.
^) Nächst dem Waldhause Ljuäa bei Donji Vakuf kommt nicht Pi)ius leucodermis,
sondern P. nigra vor (O. Reiser mündlich).
"5
grau, durch stumpfwinklige Furchen gefeldert. An der Grenze der jährhchen
Zuwachszone erscheinen die sehr biegsamen Zweige deutHch geringelt. Andere
wichtige Unterscheidungsmerkmale liegen in der Gestalt und Farbe des Zapfens, ^)
Wie in den Alpen die Zirbe (Pinus cembra) bewohnt in den illyrischen
Hochgebirgen die Panzerföhre die höheren Lagen der Voralpen und bildet zu-
weilen an der Baumgrenze in mehrhundertjährigen Stämmen einen meist zer-
stückelten Waldgürtel. Die untere Höhengrenze ihres Vorkommens liegt in
der Herzegowina bei etwa looo m, die obere bei 1800 m, wo die Panzerföhre
noch immer ihren eigentümlichen Wuchs behält. Vegetationsarme, öde Fels-
heiden in unwirtlichen, von Wind und Wetter bedrohten Höhen, senkrechte,
unerklimmbare Felszinnen stellen ihren Wohnort dar, den sie in langsamem
Wuchs, allen Unbilden der Natur zum Trotz, bezwungen hat. Im Waldschluß
zeigt sie ein eigenartiges Bild, das durch die dunklen Baumkronen, die von dem
hellen Trümmerfelde aus Kalkstein stark abstechen und scharf begrenzte
Schatten werfen, hervorgerufen wird. Freundlicher ist die Physiognomie des
Waldes, wenn Legföhren, Zwergwacholder, Sadebaum (Juniperus sabina) oder
Rhamnus fallax sich als Unterholz in die lichten Bestände mischen, was aber
nur selten vorkommt. Mit anderen Laub- und Nadelhölzern trifft die Panzer-
föhre nicht oft zusammen. Von solchen seien die Rotbuche, Schwarzföhre und
Fichte genannt.
V. Die Formation der Omorikafichte (Picea Omorika, vgl. Tafel
XXV). Im Jahre 1876 beschrieb der bekannte südslawische Naturforscher Dr.
Josef Pancic eine neue Konifere, die er im Grenzgebiet Südwestserbiens, durch
den im Volksmunde verbreiteten Namen «Omorika» aufmerksam gemacht, 2) ent-
deckt hatte. Die Omorikafichte ist wohl eine der merkwürdigsten Erscheinungen
unter den Waldbäumen und kann im Habitus mit keinem unserer europäischen
Nadelhölzer verglichen werden. Der schlanke kerzengerade Stamm ist bis hoch
hinauf nackt und trägt eine auffallend schmal-pyramidenförmige dichte Krone.
Jüngere Bäume sind bis zum Grunde beästet und haben durch das silbergrau
schimmernde Grün eine gewisse Ähnlichkeit mit der Tanne. Die Nadeln
älterer Äste sind flach-rhombisch, spitz, gescheitelt und «drehen sich derart,
daß die weißstreifige Oberseite nach abwärts gekehrt ist» (Wettstein, S. i3).
Nach Wettstein ^) ist die Omorikafichte als ein Relikt aus der Tertiär-
zeit aufzufassen, in welcher Mitteleuropa eine P'lora beherbergte, die zur heutigen
') Vgl. Fiala, Zwei interessante Nadelhölzer des bosnischen Waldes. Wissenschaft-
liche Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina, Bd. i, S. 2.
^) Der Name ist nach Pancic von der Donau bis zur Adria bekannt und kommt
auch in Volksliedern vor, was vielleicht auf die größere Verbreitung in noch historischer
Zeit hinweist. Aber auch die gewöhnliche Fichte wird von den Siidslawen Omorika
genannt.
■') Vgl. die monogr. Studie in Sitzungsber. d. Akademie d. Wissensch. Wien,
Bd. 49 (1890).
8*
ii6
ostasiatisch-nordamerikanischen deutliche Beziehungen hatte. Diese Ansicht
wird durch die nahe Verwandtschaft der Picea Omorika mit zwei die ge-
nannten Gebiete bewohnenden Arten, P. ajanensis^) und P. Glehnii sowie mit
einigen tertiärfossilen Fichten bekräftigt. 2) Es ist aber auch die Annahme ge-
stattet,, daß die Omorikafichte in der Tertiärzeit weiter verbreitet war als jetzt,
wo sie nur an wenigen Orten der Kalksteingebirge vorkommt und dem Aus-
sterben geweiht zu sein scheint. Sie bewohnt die felsigen, schattenreichen
Schluchten und die Anhöhen am Mittellauf der ürina ^) und wurde auch nächst
Jelec im Bezirk Foca'*') beobachtet. Vor kurzem (1904) fand sie V. Curcic in
dem bereits von Pancic erwähnten Distrikt Drobnjaci in Montenegro wieder
auf, wo sie die steilen Felszinnen schmückt.
Picea Omorika kommt gewöhnlich in einer Hohe von 800 — 1600 »n einzeln
oder horstartig im Mischwalde, selten in größeren reinen Beständen, wo sie
viel höher wird, vor. Der Mischwald wird aus Piniis nigra, P. silvestris, Picea
excelsa, Abies alba, Fagus silvatica, Acer Pseudoplataniis, Popiilus tremula und
Betula verrucosa gebildet, den die hochschäftigen Omorikafichten weit überragen.
Junge Pflanzen und Stangenholz findet man spärlich und gewöhnlich nur an
der Sohle feuchter schattiger Schluchten und Täler. Keimlinge sind gegen
Trockenheit und starkes Licht sehr empfindlich. Die Omorikafichte senkt ihre
Wurzeln tief in den felsigen Grund, wächst ziemlich langsam und erreicht an
ihrem Stammgrunde bei einer Höhe von 32 — 42 »z nur eine Dicke von 60 bis
yoan. Von den Elementen des Unterwuchses seien Corwins Avellana, Cotinus
Coggygria, Spiraea cana. Riiavinus fallax und Loiiicera alpigena genannt.
B) Strauchformationen.
1. Hügel- und Berg-Buschwälder.
Auf der Balkanhalbinsel findet man das Gelände häufig mit Buschwerk
bedeckt, dessen Entstehung oder Verbreitung auf die Rodung der Wälder zurück-
geführt wird. In diesen weitverbreiteten vStrauchformationen fällt uns vor allem
der nie fehlende Haselnußstrauch (Corylus Avellana) auf, der oft ganze Berg-
halden und Hügel überzieht. Zuweilen ist es aber auch anderes Buschwerk,
welches die Oberhand gewinnt, wie z. B. Ligiistruin vulgare, Crataegus niono-
gyna, Juniperus conununis, Prunus spinosa, Acer tataricuni usw. Nach Ada-
^) Vgl. hingegen Ascherson und Gräbner, Synopsis I, 195.
-) Vgl. auch P. omorikoides bei C. A. Weber in Englers Bot. Jahrb., Bd. 24,
Heft 4, S. 510 ff.
^) Südliche Abstürze der Tovarnica und Ljutica in der Javor planina, Igrisnik,
Semed planina zwischen Rogatica und Viäegrad und das nordöstlich von dieser Stadt
längs der Grenze sich zum Drina-Kuie hinziehende Gebirge. Auf der Borja planina in
Bosnien, im Rhodopegebirge (bei Belova) und in Ost Serbien kommt P. Omorika zu-
versichtlich nicht vor.
■') Westliche Abstürze der Radomiälje planina gegen den Govca potok.
117
movic ^) handelt es sich hier um zwei verschiedene Formationen: den eigent-
lichen Buschwald, welcher aus dem Unterholz der Wälder bei deren Ab-
treibung hervorgeht und sich nur solange erhält, als der Nachwuchs durch den
Menschen oder durch das weidende Vieh verhindert wird, und die sogenannte
«§ i bljak-Forma tion», gebildet aus pontischem Gesträuch, das den Wald-
formationen fremd ist oder doch nur selten darin vorkommt. Auch das letztere
Buschwerk bestockt sehr gerne ausgerodete Waldflächen, ist aber nicht aus dem
Unterholz hervorgegangen und dürfte daher schon früher als natürlicher Pflanzen-
verein bestanden haben. Das Vegetationsbild ist ein sehr wechselndes und wird
durch die vorherrschende Strauchform bedingt. In unserem Gebiete (einschließ-
lich des Karstes) sind Cytisus ramentaceiis, Juniperiis communis, J. Oxycedrus,
Cotinus Coggygria, Paliurus australis, Syringa vulgaris und Qiiercus-Kvt&n als
tonangebende Gehölze der «äibljak»-Formation anzusehen. Der Unterwuchs
der beiden Buschformationen ist sehr verschieden und richtet sich nach der vor-
herrschenden Strauchart. Nicht selten verdrängt der «überall im Buschwerk
lauernde» Adlerfarn (Pteridium aquilinum) fast alle anderen Pflanzen, sogar
das niedere Buschwerk, und bildet ein mehrere Meter hohes Gestrüpp, das oft
weithin die Berghänge überzieht.
2. Alpine Strauchformationen.
Unter den alpinen Strauchformationen gebührt, gleichwie in den Alpen,
dem «Krummholz» die erste Stelle, das durch Pimis Miighus und P. Pumilio
vertreten erscheint. Es findet sich auf fast allen Gebirgen im Innern des
Landes^), vi'ird aber in der Herzegovi^ina gegen Süden immer spärlicher und
fehlt schließlich ganz. Das Vorkommen auf dem Orjen ist bereits ein ganz iso-
liertes. Krummholz-Buschwälder treten im Mittel in einer Höhe von 1586m auf
und finden bei 1920 ?n ihre obere Verbreitungsgrenze, wobei die Werte für die
Höhengrenzen mit der Abnahme der geographischen Breite zunehmen. Alpen-
rosen (Rhododendron hirsulum)^), die im Norden als treue Begleiter des Krumm-
holzes bekannt sind, finden sich nur auf kalkreichem Boden in der Vranica
(1800- — 2000 »z). Mit Legföhren vereint, zuweilen auch allein, tritt das Zwerg-
wacholder- und Sevengebüsch (Juniperus nana und sabina), letzteres
auf die Herzegowina beschränkt, auf. An der oberen Grenze der Voralpenregion
trifft man nicht selten die Buche in Strauchform an. Von der Berg- bis in die
Alpenregion (2000»;) ist der Strahlenginster (Genista radiata) verbreitet und
durch seine Tracht und die zahlreichen gelben Blüten recht auffallend. Die
Grünerle (Alnus Alnobetula == A. viridis) tritt uns nur auf der Vranica ent-
gegen, reicht aber längs den Gebirgsbächen bis nach Fojnica herab. Alpen-
^) Englers Bot. Jahrbücher, Bd. 3i (1901).
2) Fehlt aber auf dem Vlasid bei Travnik.
^) Rhododendron ferrugineum wurde an südlichster Stelle von Bierbach auf
dem äar-dagh (Albanien) gesammelt. Vgl. Ungar, bot. Blätter I (1902), S. 92.
ii8
weiden (Salix arbuscida, silesiaca) spielen
ganz untergeordnete Rolle. Die übrigen Str
Zusammenstellung entnommen werden
Populus tremula (strarfchig)
Salix glabra
— caprea
Empetrum nigriim (Vranica)
Sorbus Chamaemespilus
— Mougeotii
— aucuparia (strauchig)
Spiraea cana
— media var. oblongifolia
Rhamnus fallax (^= camiolica)
Rosa pendulina
— reversa
— gentilis
Rubus idaeus
— saxatalis
in den illyrischen Gebirgen nur eine
äucher können aus der nachfolgenden
Ribes alpinum
— petraeinn
— multißorum
Daphne Me^ereiun
Genista radiata
Bruckenthalia spicidißova (Ostbosn.)
Erica carnea
Arctostaphylos Uva ursi
— alpina (Vranica)
Vacciniiun Myrtillus
— Vitis idaea
— uliginosum
Lonicera alpigena
— caerulea
— glutinosa fOrjen)
C) Baumlose Formationen.
1. Wiesenformationen.
I. Berg- und Talwiesen. Geschlossene Wiesenformationen sind, ab-
gesehen von den Karstgegenden, in den Tälern und auf den niedrigeren Bergen
nicht selten anzutreffen. Namentlich kommen sie in den aus paläozoischen
Schiefern, diluvialen und alluvialen Ablagerungen gebildeten Landschaften im
nördlichen und mittleren Bosnien vor. Da aber der Haupterwerb der Be-
wohner in der Viehzucht besteht, wird der größte Teil des Wiesenlandes als
Weide benützt und nur zu bald von ungezählten Schafen gründlichst abgenagt.
Was noch von Wiesen verschont bleibt, wird als Winterfutter abgemäht. Bei
andauernder Beweidung stellt sich stets der unvermeidliche Adlerfarn (Pteri-
diiim aquilinwn) ein. Wie die Karstheide, so geht auch die Bergwiese auf den
höheren Gebirgen in die Voralpenwiese über. Der Florencharakter der
Tal- und Bergwiesen ist vorwiegend mitteleuropäisch. Die wichtigsten
Typen seien im folgenden aufgezählt:^)
Dactylis glomerata
Bri^^a media
Cynosurus cristatus
Koeleria cristata
— gracilis
Anthoxanthum odoratum
Poa pratensis
Festuca elatior
Agrostis vulgaris
Andropogon Ischaemum
Phleum pratense
Avena elatior
Bromus erectus
Carex caryophyllea (venia)
Orn itli ogalu m pyren a icu m
Colchicum autumnale
') O = einjährig, © = zweijährig.
iig
Orc/iis ustulata
— Mario
— sambiicina
— spcciosa
Gymnadenia conopea
Rumex Acetosa
Euphorbia Cyparissias
Mocncliia mantica O
Dianthus croaticus
— deltoides
Kohlrauschia prolifera O
Silene venosa
— niitans
Ranuncitlus millefoliatiis
Ranunculiis bulbosus
— Steveni
— acer
Helleborus odorus
Helianthemum vulgare
— obscurum
Polygala major
— comosa
— vulgaris
Geranium malle O
— brutium O
Linum catharticum O
Malva maschata
Daucus Carola 0
Feridago silvatica
Peucedanum Cervaria
Agrimania Eupatoria
Sanguisorba minor
Filipendula hexapetala
Genista sagittalis
— tinctoria
Ononis spinescens
Trifolium pratense
— montanum
— pannonicum
— rubens
— ochroleucum
— dalmaticum O
— arvense O
— campestre O
— procumbens O
Medicago lupulina O
— arabica O
Hippocrepis comosa
Vicia Cracca
AntJiyllis vulneraria
Lat/iyrus megalantlius
Galega officinalis
Primula Calumnae
— acaulis
Gentiana utriculosa O
Erythraea Centaurium O
Cuscuta EpitJivmum
Salvia pratensis
— verticillata
Nepeta pannonica
Satureia vulgaris
Stachys recta
— officinalis
Brunella vulgaris
— laciniata
Thymus montanus
Origanum vulgare
Teuer ium Chamaedrys
Veronica multifida
Alectorolophus rumelicus O
— minor O
Verbascum phlomoides 0
— Lychnitis 0
— Blattaria 0
Linaria vulgaris
Euphrasia Rostkoviana O
— tatarica O
— liburnica O
Orobanche caryaph vllacea
— gracilis
— Pancicii
Campanula glotnerata
— patula
— RapiinculusQ
Galium verum
— Cruciata
Knautia arvensis
Succisa pratensis
Scabiosa leucophylla
Bellis perennis
Antennaria dioica
Chrysanthemum Leucanthemum
Achillea Millefolium
— nobilis
— odarata
Inula Oculus Christi
— hirta
— Helenium
Hypochoeris maculata
— radicata
Centawea Jacea
— Fritschii
— stenolepis i
Carlina acaulis
— acanthifolia
Tragopogon pratensis
Leontodon hastilis
Picris hieracioides
Cichorium Intybiis
Taraxaciim officinale
Crepis biennis ©
Hieracium Hoppeanum
— Banhini
Pteridium aquiliniim
II. Vo ralp e n wies e n. Selbst wo der Voralpenwald in ungestörter
Entfaltung die Höhen mit einem grünen Mantel überzieht, zeigt er ab und
zu größere oder kleinere Lücken, in welchen es zur Bildung blumenreicher
Wiesen kommt. Solche Stellen sind freilich im Kreidekalkgebirge nur selten
anzutreffen, finden sich aber im Innern des Landes häufig vor, wo andere geo-
logische Formationen einen humusreicheren, besser bewässerten Boden hervor-
bringen. Wir sehen daselbst den Einfluß der sommerlichen Hitze und Trocken-
heit schon bedeutend abnehmen und das Höhenklima mit seinen häufigen
Niederschlägen sich Geltung verschaffen. Die meist über 1000772 hoch ge-
legenen Voralpenwiesen sind aus einer Genossenschaft von Kräutern und
Stauden zusammengesetzt, welche besondere Schutzmittel gegen die sommer-
liche Dürre nicht mehr brauchen. Der Bauer kennt den Wert der fruchtbaren
Wiesen, die ihm das wertvollste Futter für den Stall liefern, und umfriedet sie
zum Schutze gegen das Weidevieh mit vSteinmauern. Mitte Juli, zur Zeit des
serbischen Petrov-dan (Peter- und Paulsfest), werden sie gemäht und später der
Beweidung überlassen. Wenn der Schutz des Menschen jedoch ganz entfällt
und die Wiesen schonungslos dem gefräßigen Vieh preisgegeben sind, ver-
schwinden bald die saftigen Kräuter und eine magere, niedere Grasnarbe be-
deckt eintönig die Flur.
Viele Pflanzen, die wir bereits auf den Bergwiesen kennen gelernt haben,
finden wir hier oben wieder; dieselben treten sogar noch in Schwärmen auf,
vi'ie Alectorolophus rumelicus und minor. Hingegen werden die Preisen, welche
die Voralpenwiesen umrahmen oder, wo sie häufiger zutage treten, zerstückeln,
schon oft von hochalpinen Pflanzen besetzt. Es kommt auch vor, das grö-
ßere Blöcke sich von den Felsschroffen loslösen, in die Tiefe stürzen und an
geeigneten Orten, z. B. in den Dohnen samt ihrer ihnen anhaftenden hoch-
alpinen Vegetation jahrelang erhalten bleiben. Eine eigentümliche, sehr auf-
fallende Erscheinung ist das Herabreichen der Voralpenpflanzen in die Berg-
region und sogar bis an die Sohle der Täler. So findet man z. B. auf dem
Bergrücken, der sich zwischen dem Miljacka- und MoScanicatal bei Sarajevo
erhebt, in einer Höhe von 600 ?7! unter anderem: Orchis globosa, Piatanthera chlo-
rantha, Lilium .bosniacum, Geraniinn phaeum, Ranunculus lanuginosus, Astrantia
elatior, Potentilla Gaudini var. Boosiana, Gentiana verna und utriculosa (ver-
einzelt), Salvia glutinosa, Satiireia alpina und Melampyruni Hoermannianinn.
In gleicher Höhenlage gedeihen im Miljackatale schon Saxifraga Ai~oon,
Avena Blavii und bei etwa 700 m bereits Rhatnnus fallax, Saxifraga rotundi-
folia, Valeriana montana, Eiiphrasia salisbiirgensis und Doronicum (lohimnae.
Im unteren Trstenicatale und um Konjica kann man bei etwa 3oo bis 400 m
Seehöhe Stachys anisochila und Sendtneri, Euphorbia Barrelieri , Dianthus
strictus, Centaiirea variegata var. pseitdomoutana und sehr häufig und in schönster
Blütenpracht Satiireia alpina beobachten. In den Alpen ist diese Erscheinung
seit längerer Zeit bekannt. Die Voralpengewächse wanderten während der
Glazialperiode in tiefere Gegenden herab, wo sie sich an einzelnen Orten bis
heute erhalten haben.
Bestandteile der
A yithoxanthum odoratum
Bri^a media
Dactylis glomerata
Koeleria cristata
Deschampsia caespitosa
Festuca ovina
Sesleria nitida
Bromiis erectiis
— ramosus
Nardus striata
Nigritella nigra
Piatanthera bifolia
Orchis sambiicina
— speciosa
— globosa
— iistulata
Gymnadenia conopea
Lilium bosniacum
Veratrum album
Colchicum autiimnale
Polygonum Bistorta
Riimex alpinus
Chenopodium Bonus Henricus
Dianthus croaticus
— deltoides
Silene Sendtneri
— Antelopum
Thalictrum aquilegifolium
Ranunculus platanifolius
— aconitifolius
— lanuginosus
— montanus
Aconitum rostratum
— Napellus
Aruncus Silvester
Polygala major
Viola declinata subsp. bosniaca
Linum capitatum
Geranium phaeum
Voralpen wiesen.
Geranium silvaticum
Hypericum alpigenum
— quadranguhim
Ferulago silvatica
Astrantia major
Myrrhis odorata
Anthriscus nitidus
Peucedanum austriacum
Pancicia serbica
Laserpitium siler
Potentilla aurea
— Gaudini
— montenegrina
— erecta
Alchimilla vulgaris
— pubescens
Agrimonia Eupatoria
Geum rivale
Trifolium pratense
— pannonicum
— montanum
— alpestre
Anthyllis alpestris
Lathyrus megalanthus
— pratensis
Genista sagittalis
Primula Columnae
— intricata
Gentiana verna
— tergestina
— utriculosa
— symphyandra
— cruciata
— carpathica
Mrosotis alpestris
— suaveolens
Veronica multifida
Pedicularis verticillata
122
Pedicitlavis Hoennayiniana
Melampyrum Hoermannianum
Alectorolophus rumJlicus
— minor
Euphrasia Rostkoviana
— hirtella
— salisburgensis
— illyrica
Galeopsis speciosa
Salvia glutinosa
Stachys alpina
— recta
Stachys officinalis
Origanum vulgare
Satureia alpina
Plantago reniformis
Galium verum
Asperula cynanchica
Campanula patula
— Cervicaria
— glomerata
Phyteuma orbiculare
— spicatmn
Scabiosa Icucophylla
Knautia arvensis
Bellis perennis
Antennaria dioica
Achillea linsnlata
Doronicum austriacum
Clirysanthemum I.eucanthcmum
— corymbosum
Buphthalmum salicifoUum
— speciosum
Arnica montana
Senecio riipestris
— Fussü
Solidago alpestris
Adenostyles Alliariae
Carduus collinus
Centaurea Kotschyana
— Fritschü
Cirsium pauciflorum
— Erisitliales
Hypochoeris maculata
Scor:{onera rosea
— hispanica
Mulgedium alpinum
— Pancicii
Crepis cony^ifolia (^ grandiflora)
— montana
— bicnnis
— dinarica
Leontodon hastilis
Hieracium Hoppeaninn
— cymosum
— Bauliini
III. Alpenmatten. Der steinige Boden der Kalkgebirge läßt nur selten,
zumal in den Dolinen, eine geschlossene Grasnarbe aufkommen. Wo dies aber
der Fall ist, kommt durch übermäßige Beweidung nur zu oft eine eintönige,
aus wenigen Gräsern und Seggen zusammengesetzte Grasmatte zustande. In
üppiger Weise gedeihen außer diesen mit zumeist starren^ borstenförmigen
Blättern versehenen «süßen» und «sauren» Gräsern besonders solche Gewächse,
welche vom Vieh gemieden werden. Geschlossene Kräutermatten, wie sie in
den Alpen durch die lebhaften Farben der Blumen unser Auge erfreuen, sind
auf den Kalkgebirgen Illyriens sehr selten und finden sich häufiger nur im
Schiefergebiet. Ein liebliches Bild bieten hingegen die Kalkgebirge dort, wo
sich der abschmelzende Schnee in kleinen Flecken in den Vertiefungen und
Dolinen des Geländes erhalten hat. An seinem Rande treten herdenweise ein
violettblühender Safran (Crocus vermis), das Alpenglöcklein (Soldanella alpina),
dann Viola Zoysii, Primula intricata u. a. auf.
a) AI [)en matten auf Kalkhochgebirgen.
Festuca pungens
Sesleria tenuifolia
— nitida
Festuca spadicea
Poa alpina
Nardus stricta
123
Koelevia splendens
Bromus transsilvanicus
Phleiim Micheln
Carex laevis
— praecox
Lu:{iila campestris
Muscari botryoides
Narcissus poeticus
Crocus vernus
Orchis sambucina
Nigritella nigra
Polygonitm viviparinn
Silene Sendtneri
Dianthus sanguineus
— strictiis
Ranunculiis montanus
— thora f. scutatus
— gracilis
Anemone narcissiflora
Viola declinata subsp. bosniaca
Biscutella laevigata
Arabis alpina subsp. crispata
Helianthetnum glabrum
Hypericum alpigenum
Cardami ne glauca
Polygala bosniaca
Linuni capitatum
Astrantia elatior-
Potentilla aurea
— Crant^ii
Alchimilla glaberrima
Dryas octopetala
Anthyllis alpestris
Hippocrepis comosa
Onobrychis montana
Oxytropis campestris subsp.
dinarica
Soldanella alpina
Primiila Columnae
— intricata
Armeria canescens
— majellensis
Gentiana symphyandra
— crispata
— verna
— tergestina
— dinarica
Satureia alpina
Thymus acicularis
Euphrasia salisburgensis
— hirtella
Pedicularis verticillata
— leucodon var.
Globularia bellidifolia
Plantago montana
Asperula aristata
Scabiosa silenifolia
Achillea lingulata
— abrotanoides
Gnaphalium norvegicum
Centaurea variegata
Crepis cony^ifolia
— dinarica
Scor:{onera rosea
b) Alpenmatten auf vSchiefergebirgen (Vranica planina und Vje-
ternik in der Ljublana planina).
Lycopodium alpinum
Deschampsia flexuosa
Calamagi'ostis villosa
Nardus stricta
Festuca rubra
Lu:{ula silvatica
— nemorosa
— sudetica
Juncus trifidus
Polygonum alpinum
Ranunculus crenatiis
Sedum annuum
Sedum repens
Trifolium badium
Primula glutinosa
Gentiana punctata
— latifolia
Jasione orbiculata
Phyteuma confusum
— obtusifolium
Knautia dinarica
Arnica montana
Centaurea bosniaca
124
2. Die Vegetation der Felsen und Geröllfluren.
a) Bergregion. Während in Ostserbien die Felspflanzen der montanen
Region sich als echte Xerophyten erweisen und sehr oft mit einem dichten
Haarfilz bekleidet sind, entbehren sie in Bosnien meist eines jeden derartigen
Schutzes gegen die Trockenheit. Den Petrophilen gehört ein großer Teil der
seltensten, zum Teile sogar endemischen Arten an. [(v.) bedeutet : voralpine,
(a.) alpine.]
a) Auf Triaskalk.
Ceterach officinarum (medit.)
Asplenium Trichomanes
— lepidum
— Ruta muraria
Cvstopteris fragilis (v.)
Stipa Calamagrostis
Sesleria autumnalis
— varia (v.)
— tenuifolia (v.)
Melica ciliata
— nutans
Festnca oi'ina (s. lat.)
Carex Halleriana (v.)
— humilis (v.)
— laevis (v.)
Anthericum ramosum
Allium sphaerocephalum (v.)
— carinatum (v.)
Parietaria officinalis
Silene nutans (v.)
Tunica saxifraga
Kohlrauschia prolifera
Dianthus papillosus
— strictiis (v.)
— Kitaibelii (v.)
— inodorus (v.)
Cerastium brachypetaliim
— tauricum
— caespitosum
— tomentosiim
Alsine bosniaca (v.)
— venia
Moehringia muscosa (v.)
Arenaria serpyllifolia
Corydalis ochroleuca
Aethionema saxatile
Hutchinsia petraea
Draba muralis
— verna
Arabis alpina auhsp. crispata (v.)
Arabis hirsuta
— muralis
Erysimum pannonicum (v.)
— silvestre
Alyssum Moelleyidorffianum
— calycinum
Wilckia serbica
Sedum acre
— boloniense
— album
— ochroleucum (v.)
— dasyphyllum (v.)
— glaucum (v.)
Sempervivum Heuffelii (v.)
Saxifraga tridactj -Utes
— Blavii (a.)
— rotundifolia (v.)
— Ai:{00n (a.)
Spiraea cana (v.)
Cotoneaster integerrima (v.)
Potentilla Tommasiniana{\.)
Genista pilosa
— triangularis
Coronilla emeroides
Vicia pannonica
Vicia tetrasperma
Geranium lucidum (v.)
Ruta divaricata
— patavina
Cotinus Coggygria
Evonrmiis verrucosa
Rhamtius saxatilis
— rupestris
Helianthemum vulgare
Daphne alpina (v.)
Bupleurum exaltatum
— aristatum
Athamanta Haynaldi (v.)
Seseli rigidum
Syringa vidgaris
125
Onosnia echioides
— stellulatum (v.)
Ajitga Chamaepitys (Geröll)
Teucriiim montanum (v.)
Galeopsis Ladanum var. (Geröll)
Stachys recta var.
— labiosa var. (v.)
— Sendtnevi
Salvia pratensis var. (Geröll)
Satureia alpina (v.)
— elatior (= hiingarica)
— Acinos
— thymifolia (= rupestris)
— bosniaca (Geröll)
— montana
— croatica (v.)
Thymus praecox
Scrophiilaria canina
Euphrasia dinarica (v.)
Globiilaria bellidifolia (a.)
Plant ago carinata
Asperula aristata (a.)
— cynanchica
Cialium lucidum
Valeriana montana (a.)
Campanula Ungulata
Hedracanthus Kitaibelii (a.)
Riiph tlia Im u m sa licifo Hu m
Xeranthemum annuum
Crupina vulgaris
Centaurea variegata (a.)
— deusta
Leontodon asper
— crispus
Tragopogo n ba Ica n ic u s
Pterotheca bifida
Chondrilla juncea
Taraxacum Hoppeanum
Lactuca Scariola
Crepis alpestris var. (v.)
Hieracium Hoppeanum (v.)
— bupleuroides var. (v.)
— Tommasinianum
— humile var. (a.)
— plumulosum (thapsiforme)
— Schlosseri
Galium purpureum (med it.)
ß) Auf Serpentinfelsen finden sich in Bosnien Notholaena Marantae,
Aspleniiim cuneifolium (=serpentini), Scleranthus perennis, Silene Anneria, Thlaspi
alpestre u. a. Bemerkenswert ist das isolierte Vorkommen von Haldcsya (Ztvack-
hia) Sendtneri im Norden von Maglaj.
Y) Auf Schiefer ist Asplenium septentrionale und die endemische Syni-
phyandra Hopnanni, eine gelblichblühende Glockenblume, die auch auf Ser-
pentin wächst, zuhause. Sie kommt unter anderen bei Doboj, Travnik, Jajce,
Banjaluka vor.
b) Voralpine und alpine Region.
a) Auf Kalkstein. Die Flora der Kalkfelsen ist sehr formenreich,
aber individuenarm. Viele Gewächse finden sich nur auf wenigen Gebirgen
vor, oder sie sind auf einzelne Stellen beschränkt. Eine nicht unerhebliche An-
zahl ist endemisch. Um Wiederholungen zu vermeiden, werden jene Pflanzen,
die bereits für die Bergregion verzeichnet wurden und auch der Voralpenregion
angehören (v.) oder in dieselbe aufsteigen, nicht mehr erwähnt.
Allium ochroleucum
Asplenium fissum
— viride
Aspidium rigidutn
Cystopteris alpina
Sesleria nitida
Festuca pungens
— spadicea
Poa alpina
Scilla pratensis
Rumex scutatus
Paronrchia Kapela
Arenaria gracilis
Alsine graminifolia
Cerastium strictum
— grandiflorum
126
Cerastium lanigerum
— moesiacum
— dinaricum
Drypis spinosa
Silene Antelopum
— Saxifraga
Dianthus strictus
Heliosperma pusillum
Ranunculus gracilis
— Thora f. sciitatus
Aquilegia dinarica
Cardamine glatica
Draba Ai:{Oon
Arabis Scopoliana
Alyssum montanum
Thlaspi alpinum
Biscutella laevigata
Kernera saxatilis
Helianthemum alpestre
— glabrum
Viola Zoysii
— biflora
Sedum magellense
Saxifraga coriophylla
— incrustata
— prenja
— glabella
Bunium alpinum
Linum capitatum
Geranium macrorrlüium
Euphorbia capitulata
Dryas octopetala
Alchimilla Hoppeana
Potentilla Clusiana
— Crant^ii
— apennina
Spiraea media var. oblongifolia (v.)
Trifolium noricum
AnthylUs Jacquini
Oxytropis prenja
Androsace villosa
Arctostaphylus Uva ursi
Primula Kitaibeliana
Armeria canescens
— majellensis
Myosotis suaveolens
Moltkia petraea
Gentiana dinarica
Scutellaria alpina
Thvmus acicularis
Scrophularia laciniata
Veronica satureioides
Campanula pusilla
Hedraeatithus serpyllifolius
Scabiosa silenifolia
Erigeron polymorphus
Achillea abrotanoides
Leontopodium alpinum
Senecio rupestris
— Visianianus
— Doronicum
Artemisia eriantha (Villarsii)
ß) Auf Urgestein. ') Die P'lora des Schiefers auf der Vranica entbehrt
besonders auffallender Gewächse. Die sanften Höhen sind zumeist von Alpen-
matten überzogen.
D) Das Kulturland.^)
Daß in einem Lande, welches erst seit einem Vierteljahrhundert der
mitteleuropäischen Kultur erschlossen ist, die wirtschaftliche Bodenproduktion
nicht die Höhe und Verbreitung erreicht haben kann, zu der die natürlichen
Bedingungen vorhanden sind, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung. Zur
Zeit der türkischen Herrschaft wurde infolge des oft gefährdeten Besitzstandes
gewöhnlich nur soviel gebaut, als für den eigenen Hausbedarf nötig war.
^) Die Flora der aus Urgestein aufgebauten Gebirge der Balkanhalbinsel zeigt eine
bemerkenswerte Übereinstimmung. Vgl. Beck, lUyrien, S. 473.
^) Vgl. Die Landwirtschaft in Bosnien und der Herzegowina, Sarajevo 1899.
127
1. Ackerbau.
Die Behandlung des Ackerbodens ist noch heute in den abseits der
größeren Verkehrsstraßen gelegenen Orten eine sehr einfache und die übliche
Art des Pflügens ganz unzureichend. Das noch oft gebrauchte «Ralo«
stellt die Gestalt des alten römischen Hakens unverändert dar, und auch die
beiden übrigen landesüblichen Pflugformen sind so einfach gebaut, daß sie
ein tieferes Ackern des Bodens nicht gestatten. Dies und die oft erst spät
erfolgende Mahd bewirken, daß manche Unkräuter, und zwar besonders der
Adlerfarn, auf den F'eldern nur schwer auszurotten sind. Die Düngung des
Bodens war früher fast unbekannt oder wurde nur zeitweilig durch das soge-
nannte «Pferchen» besorgt. Hierzu wird das Vieh mehrere Nächte hindurch in
beweglichen Einfriedungen, die auf dem zu düngenden Boden errichtet werden,
eingepfercht. Mais, seltener auch Hafer und Winterweizen wird oft gesät, wor-
auf erst der Boden geackert wird. Am meisten gebaut wird Mais (Kukuruz,
Zea mays), welcher im ganzen Lande mit Ausnahme der Bezirke Gacko und
Nevesinje verbreitet ist. Sein Hauptverbreitungsgebiet umfaßt die Niederungen
und das Gebiet der bosnischen Eichenwaldregion, ferner die Bezirke LjubuSki,
Ljubinje und Trebinje. Nach dem Mais folgt die Gerste, von deren Rassen
die zweizeilige, viel seltener die vier- und sechszeilige gebaut wird. Außerdem
kommen Hafer, Roggen und Spelz (Triticum spelta) in Betracht. In Westbosnien
wird der Feldbau noch bei 1400?», in den Dinarischen Alpen und in der Herze-
gowina noch bei i3ooj» (1450 ?;?) betrieben. Mais wird an vielen Orten Bosniens
noch bei über 700/7; Seehöhe, Winterweizen noch bei 1000 ;n und Sommer-
getreide in Höhenlagen von über 1400 /n gezogen. In manchen Gegenden der
Herzegowina wird zweimal im Jahre geerntet. — In bezug auf den jährlichen
Ertrag reihen sich die Getreidearten in absteigender Folge nachstehend an-
einander: Mais, Gerste, Weizen, Hafer, Kolben- und Rispenhirse (Setaria italica
und Panicum miliaceiim), Spelz, Roggen, «Mengfrucht», Mohrenhirse (Andro-
pogon Sorghum = Sorghum vulgare) und Buchweizen (Fagopyrum sagittatiim).
Mengfrucht wird namentlich in höheren Lagen gebaut, und zwar Spelz und
Weizen, Spelz und Gerste, Gerste und Hafer. Die Mohrenhirse ist besonders in
den Bezirken Bjelina, Mostar, Ljubuski und Ljubinje verbreitet. Die Mahd er-
folgt nach Beck in der bosnischen Eichenregion Ende Juni bis Mitte Juli, in
den mittelbüsnischen Tälern, im oberen Drinatale und im höheren Berglande in
der zweiten Hälfte des Juli, in der Voralpenregion anfangs bis Mitte August.
Anfang bis Ende September wird die Sommerfrucht (Gerste), Mais meist anfangs
Oktober geerntet.
Futterpflanzen waren früher im Lande unbekannt. Das Vieh war auf
die natürlichen Wiesen und auf das Laubfutter allein angewiesen. Der Kleebau
beginnt sich erst in den letzten Dezennien zu heben. Gebaut werden Wiesenklee
(Trifolium pratense) und Schneckenklee oder Luzerne (Medicago sativa). Außer-
dem wird auch die Futterrübe {Beta vulgaris var. cicla) gezüchtet.
128
2. Weinbau.
In Bosnien kommt ier Wein nur im Bezirke Prozor in Betracht, da die
ergiebigsten Orte für Weinbau in der Herzegowina liegen. In den Niederungen
an der Save und anderwärts im nördlichen Bosnien sollen jedoch häufig verwil-
derte (wilde?) Reben vorkommen, woraus geschlossen werden kann, daß der Wein
ehemals daselbst kultiviert wurde. In Sarajevo findet man alte W^einstocke zu-
weilen in den Höfen der muhammedanischen Häuser. Hier reift die Rebe oft
noch in einer Höhe von über 600 m, doch dürften die Trauben nicht mehr
besonders schmackhaft sein. Beachtung verdienen die Kulturen auf den Hügeln
nächst AlipaSinmost bei Sarajevo, wo seit einigen Jahren Wein gekeltert wird.
Unter den gefürchteten pflanzlichen Feinden der Rebe wurden bis jetzt der
falsche und der echte Mehltau (Plasmopara \^Pe7-onospora\ viticola und Oidiinn
Tiickeri) festgestellt. Da jedoch von Seite der Regierung sofort energische
Schritte zu deren Bekämpfung unternommen wurden, dürfte es zu einer ernsteren
Gefahr für den Weinbau kaum mehr kommen, umsomehr als der Hauptfeind
desselben, die Phylloxera, bisher weder in Bosnien, noch in der Herzegowina
konstatiert worden ist.
3. Obst- und Gartenbau; Handelsptlanzen.
I. Obstbau. — Steinobst. Das wichtigste Obst sind die Pflaumen
(Prunus domestica), die im großen ausgeführt werden und als «gedörrte bos-
nische Pflaumen» eine wichtige Rolle im Handel spielen. Der Hauptproduktions-
ort ist der Kreis Donja Tuzla, dem sich dann die Kreise Banjaluka, Travnik,
Sarajevo und Bihac anschließen. (Die Ernte betrug im Jahre 1898 über
2,200.000 q). Die Vermehrung geht zumeist durch Wurzeltriebe vor sich, wo-
durch eine gleichmäßige Güte der Frucht erzielt wird. Den Hauptertrag liefern
die Bäume vom 10. bis zum 3o. Jahre. Die Menge der von einem Baume ge-
lieferten Frucht schwankt im Mittel zwischen 40 und 8oA-o-. Freistehende gut
entwickelte Bäume liefern jedoch bis über 150 kg: Außer der verbreiteten
blauen «Zwetschke» wird auch die gelbe bosnische Pflaume (Eierpflaume),
in Bauerngärten seltener auch die Kirschpflaume oder Myrobalane (var. myro-
balana), die «Reine Claude» (var. italica) und die Kriechenpflaume oder Hafer-
schlehe {Prunus insititia) gezogen. Auch Weichsel- und Kirschbäume (Prunus
cerasus und avium) sieht man nicht selten.
Kernobst. Nach der Pflaume ist der Apfel die wichtigste Obstart, die
durch Verteilung von Setzlingen und Edelreisern seitens der Regierung in
späterer Zeit nahezu eine ähnliche Einnahmsquelle bilden dürfte. Auch die
Birne bildet einen Ausfuhrartikel. Sonst kommen noch die Quitte, Mispel und
der Speierling (Sorbits domestica) in Betracht.
Schalenobst. Sowohl die Walnuss (Juglans regia) als auch die
edle Kastanie (Castanea sativa) kommen waldbildend vor. Ihre Samen werden
129
aber zum grüßten Teile im Inlande verbraucht. Ebenso verhält es sich auch
mit den Haselnüssen.
Beerenobst wird gewöhnlich nur in neueren Obstgärten vorgefunden,
und zwar: Rubiis idaeus (Himbeere), Ribes Grossularia (Stachelbeere), Ribes
j'iibnim (Johannisbeere), Fragaria spec. (Erdbeeren). Maulbeerbäume (Monis
alba und nigra) findet man allenthalben zerstreut im Lande an. Als Obst haben
dieselben jedoch keine Bedeutung. Zur Zeit der ti:irkischen Herrschaft wurde
die Kultur des Maulbeerbaumes wegen der Seidenraupenzucht betrieben und
neuerdings durch die Bemühungen der Landesregierung wiedererweckt.
IL Handels pflanzen. Die wichtigste Handelspflanze ist der Tabak,
der, obwohl schon früher gebaut, doch erst durch sachgemäße Behandlung eine
hervorragende Bedeutung erlangte und auch monopolisiert wurde. Die wich-
tigsten Ertragsgebiete fallen in die Herzegowina (Bezirke Mostar, Ljubuski,
Stolac, Ljubinje, Trebinje), aber auch in den Bezirken Bihac, Donja Tuzla,
Bjelina, Srebrenica, Vlasenica, Foca und Zvornik in Bosnien wird Tabak gebaut.
Das Erträgnis der Ernte hängt sehr von den Witterungsverhältnissen ab, so
daß die jährliche Produktion nicht unerhebliche Schwankungen zeigt. Sie be-
trägt etwa 35.000 — 45.000^. Die übrigen Handelspflanzen, wie z. B. : Krapp
(Rubia tinct07-mn), Kichererbse {Cicer arietinum, persisch: «Nohud», Hanf
(Cannabis sativa),l^&\n (Linum usitatisshmim), Raps (Brassica napits) und Insekten-
pulverkraut (Chrysanthemum einer ariaefoliiim, nur in der Herzegowina) sind nur
von örtlicher Bedeutung.
III. Gemüse, Gewürze etc. — Hülsenfrüchte. Als solche werden
Erbsen (Pisum sativum), Saubohnen (Vicia faba), Fisolen (Pliaseohis vulgaris
und multißo7-us), Linsen (Lens esculenta) gezüchtet. Das Hauptertragsgebiet liegt
in den Kreisen Donja Tuzla, Banjaluka und Bihac. Die Linse wird namentlich
in der Herzegowina gezogen.
Die Kartoffel (Solanum tuberosum), welche früher besonders im Innern
des Landes fast unbekannt war, wird seit der Okkupation immer mehr und
mehr gebaut, und zwar hat sich der Ertrag in der Zeit vom Jahre 1882 bis
zum Jahre i8g8 verfünffacht.
Sonstige Gemüse sind: Rettich (Raphanus sativus), weiße und rote
Rüben (Brassica Rapa und Beta vulgaris var. cicla), Möhren (gelbe Rüben, Daucus
Carola), Pastinak (Pastinacasativa), Kohl und Kr2int{Brassicaoleracea var.), Spinat
(Spinacia oleracea), Spargel (Asparagus altilis), Salat (Lactuca sativa), Endivien
(Cichorium Endivia), Brunnen- und Gartenkresse (Roripa Nasturtium und Lepi-
dium sativum), Rapunzel (Valerianella olitoria), Ampfer (Rumex Acetosa und
scutatus), Gurken (Cucumis sativus), Zucker- und Wassermelonen (Cucumis
Meto und CitruUus vulgaris), Kürbisse und Kalebassen (Cucurbita Pepo und
Lagenaria vulgaris), Paradiesäpfel und Eierfrüchte (Solanum Lycopersicuni und
Melongena); letztere werden fast nur in der Herzegowina gezogen. Als türki-
Exkursion in die illyrischen Länder. 9
i3o
sches Gemüse, das auch stellenweise kultiviert wird, sei das «Bämiat» ^) (Abel-
moschus [Hibiscus] esculeutus) genannt. Von Zwiebeln sind zu erwähnen : die
Sommer- und Winterzwiebel (Allium Cepa und ßsiulosiun), der Knoblauch und
der Porrei (Allium sativum und Porrum). Letzterer bildet ein wichtiges Nahrungs-
mittel der einheimischen Bevölkerung.
Gewürze: Kümmel (Carum Carvi), Fenchel (Foeniculum vulgare), Anis
(Pimpinella Anisum), Koriander (Coriandrum sativum), Dill (Anethum graveolcns),
S(t\\eriQ.(Apiimi graveolens), PetersUie (Petroselitjum sativum), Kren (Meerrettich)
(Cochlearia Armoracia), Schnittlauch (Allium Schoenuprasum), Mohn (Papaver
somniferum), Schwarzkümmel (Nigella sativa, «curekot»), Thymian (Thymus
vulgaris), Raute (Ruta graveolens), Majoran (Origamim Majorana), Pfefferkraut
(Satureia hortensis), Estragon (Artemisia Dracunculus) usw.
Auf den Marktplätzen (Carsije) werden auch verschiedene pflanzliche
Produkte verkauft, welche nicht der heimischen Flora entstammen, denen
jedoch eine gewisse Bedeutung im Volksleben zukommt. Zunächst sei des Ge-
tränkes «Salep» gedacht, das aus den Wurzelknollen verschiedener Orchis-
Arten (vgl. Dragendorff, Die Heilpflanzen, S. 148 — 150 und Österr. botan.
Wochenblatt 1851, S. 56) zubereitet und aus Albanien und Mazedonien bezogen
wird. Zum Färben der Nägel verwenden die Muhammedanerinnen das im
Orient seit uralter Zeit bekannte Kosmetikum Henna oder Hinna, welches von
der in Ostafrika über Indien bis nach Nordaustralien verbreiteten Lythracee
Lau'sonia inermis stammt. In den letzten Jahren (etwa seit 1899) wird von den
Verkäufern auf den Marktplätzen häufig die Erdnuß (Arachis hypogaea), viel
seltener die westindische Feige (Opuntia Ficus indica) 2) feilgeboten. Bis jetzt
nur einmal (1900) beobachtete ich die Scheinfrüchte der japanischen Mispel
(Eriobotrya japonica) auf dem Sarajevoer Markte.
IV. Die Flora der Bauerngärten enthält außer zahlreichen bereits
erwähnten Nutzpflanzen noch viele Gewächse, die als Volksheilmittel zur Ver-
wendung kommen oder die sonst in der Folklore eine Rolle spielen. Die Auf-
zählung derselben würde hier zu weit führen.
4. Flora wüster Plätze und Brachen; Ackerunkräuter.
Da sehr viele hierhergehörende Pflanzen auch in Mitteleuropa an ähn-
lichen Orten häufig vorkommen, so werden im folgenden nur diejenigen Typen
aufgezählt, die für unser Gebiet von größerem Interesse sind.
Ausdauernde Gewächse.
Pteridium aquilimnn
Rtimex pulcher
Daucus Carota
Lathvrus tuberosus
Leonurus Cardiaca
Ballota nigra
Marrubiiim candidissim um
— percgrinum
') Heimat: Trop. Afrika (P. Ascherson brieflich).
-) Vgl. Sprenger in «Der Tropenpflanzer» V (1901), Nr. 2.
i3i
Echium italicum
Nonnea pulla
Scrophularia canina
ScabiQsa leucopliylla
Achillea nobilis
Pitlicaria drsenterica
A n n u e 1 1 e G e vv ä c ii s e
Amarantus patuhts
Moenchia mantica
Fiimaria rostcllata
Coronopus procumbens
Thlctspi alliaceiim
Bertcroa mutabUix
— incana
Neslea paniculata
Reseda Phyteuma
Hibiscns Trionum
Geranium bnitiiini
Tribiilus terrestris
Eryngiiim campestre
— - amet/iystinitm
Smvrniitm perfoliatum
Bupleurum rotimdifoUum
Caucalis daucoides
Bifora radians
Orlaya grandißora
— Daiicorlaya
Trifolium dalmaticum
Lathyvus Apliaca
Cerinthe minor
Datlira Stramonium
Hyoscyamus niger
Kickxia spuria
— Elatine
Verbascum piilvenilentiim
— plilomoides
Melampyrum barbatum
Specularia Speciilum
Cirsium candelabrum
Centaurea Calcitrapa
Xanthium spinosum
— strumarium
Xeranthemum annmini
— cylindraceum
Crepis setosa
— rhoeadifolia
Carthamiis lanatits
Chondrilla juncea
d) Die Florengebiete.
Wenn wir die Florengebiete lUyriens im nachstehenden in etwas
anderer Weise, als dies in Becks bekanntem Werke geschah, zu
schildern versuchen, so geschieht dies nur in der Absicht, die vorliegenden
Verhältnisse möglichst so darzustellen, wie sie dem vom Norden kommenden
Wanderer entgegentreten. Das westpontische Florengebiet Becks, entstanden
in Anlehnung an die von O. Drude ^) abgegrenzte «Westpontische Wald-
region», welche sich im Osten der Alpen und am inneren Rande der Kar-
pathen bis zu den pontischen Steppen und im Süden bis zur mediterranen
Flora verbreitet, enthält in unserem Gebiet noch so viele baltisch-mittel-
europäische Typen, daß der Wechsel in der Vegetation nur in gewissen
Formationen (Karstwald, Karstheide, Schwarzföhren- und Panzerföhren wald
usw.) bezeichnend hervortritt. Wir wollen daher versuchen, die Florengebiete
Illyriens so darzulegen, daß sie sich an die bisher in den Ländern der öster-
reichisch-ungarischen Monarchie gewonnenen Kenntnisse von der Verteilung
der Gewächse möglichst gut anschließen, und hoffen dies ohne Zwang erreichen
zu können.
^) Handbuch der Pflanzengeographie (1890), S. 379.
I32
über das Bestehen der mediterranen Flora an den Gestaden der Adria
und auf den Inseln war seit jeher kein Zweifel. Auch die Zuweisung der bos-
nischen Eichenwaldre^ion zur baltisch-mitteleuropäischen Flora
dürfte kaum Anstoß erregen. Anders ist es mit der illyrischen Karst-
region und mit der Hochgebirgsflora. Diese enthalten so viele eigentüm-
liche und endemische Pflanzen, daß die Frage aufgeworfen werden kann, ob
sie nicht die Schafifung eines eigenen, des «Illyrischen Florengebietes»
erfordern oder gestatten. Wir wollen jedoch von der Erörterung dieser Frage,
welche eingehende Untersuchungen über die Flora der Nachbargebiete voraus-
setzen würde, hier absehen,^) und rechnen mit Beck (und Kerner) den
Karstwald und die Karstheide, welche sehr gut charakterisiert sind, zur
pontischen Flora, während wir die subalpinen und Hoc hgebirgs pflan-
zen als «illyrischen Gau der alpinen Flora» oder kurz als «Illyrisch-
alpine Flora» zusammenfassen.
a) Die mediterrane Flora.
Das Gebiet der mediterranen Flora ^) (also floristisch oder systema-
tisch betrachtet) stimmt mit dem früher geschilderten und nach ökologisch-
physiognomischen Gesichtspunkten abgegrenzten mediterranen Vege-
tationsgebiet wohl vollständig überein. Es erübrigt daher nur mehr, eine
Unterteilung des Gebietes nach floristischen Gesichtspunkten vorzunehmen.
Nach dem Vorkommen oder Fehlen des Strandföhren- und des mediterranen
vSchwarzföhrenwaldes sowie vieler mediterraner Gewächse kann man eine
«istrisch-dalmatinische Zone» («Liburnischer Gau»^) und eine «süd-
dalmatinische Zone» («Dalmatischer Gau»'^) unterscheiden.
A) Die istrisch-dalmatinische Zone.
In ihr können wir weiter voneinander trennen:
1. die Macchienregion, welche gegenüber Cittanuova in Istrien beginnt,
längs der Westküste über Dignano nach Altura führt, den südlichen Teil der
Insel Cherso und die sich in gleicher Richtung anschließenden Inseln, dann den
schmalen Küstenstrich von Sebenico über Trau bis Spalato beherrscht,
2. die norddalmatinischeÜbergangsregion, welcher Teile der In-
seln Cherso, Veglia, Arbe und Pago sowie das nördliche Dalmatien zufallen, und
^) Leider hat auch die Flora Illyriens bisher keine zusammenfassende kritische
Bearbeitung gefunden. Von Becks Flora von Bosnien, der Herzegowina und des Sandzaks
Novipazar, Wien 1904, liegt nur der erste Teil (Gymnospermen, Monocotyledonen) vor.
"-) Vgl. S. 45-
^) Nach Kerners «Florenkaite von Österreich-Ungarn» (1888).
i33
3. die liburnische Region, welche einen schmalen Landstreifen an
der Meeresküste bildet, der bei MoScenice in Istrien beginnt und sich über
Fiuine bis Novi (Kroatien) hinzieht. Auch der Küstenstrich um Carlopago,
dann der nördliche Teil der Inseln Cherso und Veglia und die der Festlandseite
zugekehrten Teile von Arbe und Pago sind hierher zu rechnen, ferner ein
schmaler Streif quer durch das mittlere Istrien. Ob sich diese Region von der
norddalmatinischen Übergangsregion dauernd wird trennen lassen, erscheint
mir mindestens zweifelhaft.
In den beiden letzteren Regionen überwiegen bereits die Karstwald-
pflanzen. In der norddalmatinischen Übergangsregion treten die immergrünen
Buschwerke sehr zerstreut auf, und nur an wenigen Orten kommt es zu isoliert
stehenden, inselartigen Macchien. Diese mangeln der liburnischen Region, in
welcher die Bestandteile des Karstwaldes die Oberhand gewinnen und die medi-
terrane Felsheide in die Karstheide übergeht, vollständig.
Die meisten mediterranen Pflanzen erreichen innerhalb der
istri seh - dalmatinischen Zone ihre Nordgrenze. Von endemischen
Pflanzen seien erwähnt:^)
Agrostis stolonifera var. dalmatica
Aegilops iiniaristata
Ophrys Tommasinii
Sternbergia colchicißora var. dal-
matica
Brassica mollis
Genista pulchella
Bemerkenswert ist, daß in dieser Zone nicht nur auf dem Festlande, sondern
auch auf den Inseln voralpine und alpine Pflanzen vorkommen, wie z. B. Sesleria
tenuifolia, Thalictrum aquilegifoliimi, Rinnex scutatus, Paronychia Kapela, Drypis
spinosa, Buniinn divaricatiim und Scrophularia laciniata.
B) Die siiddalmalinische Zone.
I. Die Macchien region umfaßt den schmalen Küstensaum von Trau
bis Dulcigno (Montenegro) und die Inseln südwärts der Punta Planka.^) Eigen-
tümlich sind dieser Region die Wälder der Strandföhre (Piniis halepensis) und
auf den höchsten Erhebungen, wo auch noch einige subalpine Typen anzu-
treffen sind, der (mediterrane) Schwarzföhrenwald. Auf dem Festlande tritt uns
der litorale Eichenwald mit Qiiercus sessilißoi-a und lamtginosa entgegen. Im
immergrünen Buschwalde finden wir (gegenüber der Macchie der istrisch-
Statice dalmatica
Orobanche Borbdsiana
Cerinthe Smithiae
Chrysanthemum platylepis
Centaurea dalmatica
Scolopendriiim hybriditm
'■) In den Verzeichnissen der von Beck angeführten endemischen Pflanzen befinden
sich auch solche, die auch außerhalb des Gebietes vorgefunden wurden. Ihre Heimat
dürften dieselben aber in den illyrischen Ländern haben.
^) Ungefähr auf halbem Wege zwischen Sebenico und Spalato.
i34
dalmatinischen Zone) häufig: Ephedra campylopoda und uebrodensis, Qiier-
cus coccifera, Calycotome infesta, Erica multiflora und verticillata sowie den
Rosmarin, in der ¥c\sh.e.\d&:: Avena filifolia, Andropogon hirtus, Asphodelus albus
und ramosus, Euphorbia spinosa und Wulfenii, Chaerophyllum coloratum, Nerium
Oleander, Phlomis fruticosa, Teucrium Polium, Campanula ramosissima, Ver-
bascuDi siiiuatiini, Iiiula Candida und Chrysantlieniitin cinerariaefoliiun. Ende-
misch sind in dieser Region:
Aegilops biuncialis
Crocus dalmaticiis
Romulea crocifolia
Muscari speciosum
Oni ith ogalu m Visia n ia mint
Ophrys Bertolonii var. ßavicans
Kohlrauschia obcordata
Dianthus miiltinervis
Silene remotißora
Delphin iiim brevicorn e
Ibcris Zanardinü
Brassica Botteri
Alyssiim latifolium
Fibigia [Farsetia) triqiictra
Matthiola glandulosa
Ononis brachystachya
Genista dalmatica
Vicia dalmatica
Lathyrus saxatilis
Potentilla adriatica
Geraniiim macrorrhi^um var. dal-
maticum
Rhamnus Sagorskii
Seseli globiferum
— tomentosum
Portenschlagia ramosissinia
Peiicedamnn Neiimayeri
Vincetoxicum fuscatitm
— adriaticum
— Huteri
Stachys menthaefolia
Satureia dalmatica
Phlomis fruticosa
Linaria microsepala
Acanthiis spinulosiis
Plantago Weldeni
Asperula Staliana
Campanula Portensclilagiana
Hedraeantlnis caiidatus
Centaurea Friderici
— melitensis
— crithmifolia
— glaberrima
— salonitana
— Tommasinii
Tragopogon Tom masin ii
2. Die herzegowinisch -montenegrinische Übergangs region
umfaßt zwei getrennte Gebiete, von denen das nürdliclie im unteren Flußgebiete
der Narenta, das südliche im Recken des Skutarisees und im Mündungsgebiete
der Moraca liegt. Getrennt davon, aber doch hierher gehörig ist das medi-
terrane Eiland von Trebinje und die Umgebung des Popovo polje. An der
Narenta reicht diese Region etwa bis 200 7n Seehöhe, und zwar aufwärts bis
Jablanica, westlich bis Ljubugki und Imotski, östlich bis Ljubinje. In der hier
vorherrschenden Felsheide mischen sich mediterrane Elemente mit den in der
Überzahl vorhandenen Karstgewächsen. Immergrüne Sträucher treten nur
mehr einzeln, seltener horstweise auf. Häufig ist der wilde Granatapfelstrauch
(Punica Granatu?n). Bemerkenswert ist an der unteren Narenta das Vorkommen
von Echinops Neumayeri, Periploca graeca, Glycyrrlii:^a eciiinata und Fraxinus
oxycarpa.
^35
ß) Die politische Flora.
(In unserem Gebiete vertreten durch die illyrische Karstregicjn.)
Als typische Formationen derselben sind der Karstwald und die Karst-
heide zu nennen. Ihrer Zusammensetzung und Verbreitung wurde schon früher
gedacht. Von den Gehölzen der mediterranen Flora finden sich nur mfthr Pistacia
Terebinthus und Colutea arborescens vor. Cytisus ramentaceus bildet häufig
Buschwerke. Auffallend ist in der Karstheide der Reichtum an eigentümlichen
Gewächsen, von welchen mit Einschluß einiger Karstwaidpflanzen genannt
sein mögen :
Sesleria autumnalis
Poa jubata
Ornitliogalum flavescens
Iris illyrka
Ariim nigi^um
— Petteri
Ophrrs cornuta
Dianthus sangiiineus
Stellaria bulbosa
Ranunculiis calt/iaefoliiis
Anemone blanda
Helleborus odorus
Paeonia peregrina
Roripa lipicensis
Cardamine Fialae
Thlaspi praecox
Euphorbia epithymoides (^= fragi-
fera)
— Tommasiniana
Polygala carniolica
— Jorojiilensis
Hacqnetia Epipactis
Seseli Tommasinii
Ferulago galbanifera
Pencedaniim Schottii
— venetum
— coriaceum
Chaerophyllum laevigatiim
Freyera cynapioides
Potentilla australis
— carniolica
— Tommasiniaiia
Genista sericea
— silvestris
— holopetala
Cytisus diffiisiis
— purpureus
Anthyllis aurea
Medicago prostrata
— carstiensis
Onobrychis Tommasinii
— Visianii
Lathyrus variegatus
Gentiana tergestina
Onosma stelhdatum
Thymus bracteosus
Lamium Orvala
Salvia Bertolonii
Satureja variegata
— subspicata
— thymifolia (riipestris)
Veronica poljensis
— mitltifida
Digitalis laevigata
Euphrasia illyrica
Hedraeanthus teniiifoliiis
Galium aurenm
— Schultesii
Valeriana tubcrosa
Centranthiis Velenovskyi
Knautia illyrica
Inula spiraeifolia
Senecio lanatiis
Carduus collinus
Serratula radiata
Cent aurea sordida
— dalmatica
Scor^onera villosa
Leontodon saxatilis
Crepis chondrilloides
Hieracium stupposum
— Tommasinii
— Transsilvanicum
— lasiophyllum
i36
Y) Die baltisch-mitteleuropäische Flora.
(In unserem Gebiete vertreten durch die illyrische Eichenregion.)
Schon Sendtner, der im Mai 1847 nach Ostbosnien kam, war es aufge-
fallen, daß die Vegetation dort «überhaupt aller östlichen Eigenti:imlichkeiten»
entbehrt. Die Formationen des nördlichen Berg- und Hügellandes, wie der
bosnische Eichenwald, die Buschwälder, Uferauen und Wiesen zeigen nicht
nur in ihrer Physiognomie, sondern auch in ihrer Zusammensetzung so viel
Ähnlichkeit mit den entsprechenden Formationen der baltisch-mitteleuropäischen
Flora, daß sie derselben zwanglos angegliedert werden können.^) In der Flora
des bosnischen Eichenwaldes verhalten sich z. B. die mitteleuropäischen zu den
übrigen Pflanzen (Karstpflanzen, balkanisch - pontischen, illyrisch - alpinen und
bulgarischen Typen) wie 7:2. Ein viel bedeutenderer Anteil fällt den Balkan-
pflanzen an der Zusammensetzung der illyrischen Eichenregion in Serbien zu.
In Bosnien finden wir an pontischen, beziehungsweise der Balkanflora ange-
hörenden Gehölzen, die aber meist nur lokale Bedeutung erlangen, besonders:
Piniis nigra, Qiiercus Cerris, Castanea sativa, Jiiglans regia, Tilia tomentosa, Co-
tiniis Coggygria und Acer tataricum.
0) Die illyrisch-alpine Flora.
Die illyrischen Gebirge, welche sich von Krain bis an den Drin^) er-
strecken und im Osten die Wasserscheide zwischen der Ürina und der ser-
bischen Morava bilden, beherbergen in den Formationen der voralpinen und
alpinen Region einen eigenartigen, einheitlichen Bestand an Arten und For-
men, den man vielleicht am besten mit dem Namen «illyrlsch-alpine Flora» zu-
sammenfassen kann. Wie wir aus der von Beck mitgeteilten Übersicht^)
ersehen können, haben die illyrischen Hochgebirge nahezu oder mehr als
die Hälfte ihrer Gewächse mit den Alpen gemein. Es muß besonders hervor-
gehoben werden, daß hiezu auch die meisten und durch ihre große Ver-
breitung wichtigsten Waldbäume und Sträucher gehören. Das Vorkommen der
Alpenpflanzen auf den illyrischen Hochgebirgen ist aber kein gleichmäßiges,
denn die Artenzahl nimmt gegen Süden allmählich ab. Im liburnisch-südkroa-
tischen Karst beträgt sie 66-9°/^ der gesamten Hochgebirgsflora, sinkt jedoch
auf den montenegrinischen Gebirgen bis auf 48-2 °/q herab, um im Sar-dagh
(vScardus)in Albanienoder wenigsüdlicherdavon vöUigzuerlöschen."^) Diehervor-
ragendste Rolle spielen die den illyrischen Hochgebirgen eigentümlichen und ende-
') Diese Tatsache kommt in der Kernerschen Florenkarte nicht zum Ausdrucke;
auf derselben erscheint Bosnien fast ganz dem pontischen Gebiete zugerechnet.
^) Die Nordalbanesischen Alpen sind zum größten Teile noch völlig unerforscht.
^) lUyrien, S. 445.
*) V. Wettstein, Beitrag zur Flora Albaniens (1892), S. I2.
i37
mischen Formen, welche den mit den Alpen (gemeinsamen Elementen in der An-
zahl nur wenig nachstehen und gegen Süden zu von 32*5°/o auf 437°/^ anwachsen.
Hingegen hat die Hochgebirgsflora der übrigen Bergriesen der Balkanhalbinsel,
so der serbischen und albanesischen Hochgebirge, der eigentliche Balkan
(Stara planina), die Rhodope und der Pindus mit seinen Ausläufern, gleich den
dazischen Kar[)athen nur einen sehr geringen Anteil an der Zusammensetzung
der illyrisch-alpinen Flora. Umso überraschender wirkt die Tatsache, daß sich
eine Menge von den der illyrisch-alpinen Flora eigentümlichen Arten in den
Apenninen wiederfinden, aber nicht mehr weiter nach Norden verbreitet sind.
Es ist dies eine Erscheinung, welche auf die alte Landbrücke hinweist, die zur
Tertiärzeit das südliche Dalmatien mit dem gegenüberliegenden Italien, Sizi-
lien und Nordafrika verband und von welcher heute nur mehr die Rücken und
Gipfel einiger Gebirgszüge als kleine Inseln und Scoglien den Meeresspiegel
überragen. ^) Um den zur Verfügung stehenden Raum nicht allzusehr zu über-
schreiten, muß von einer Aufzählung der mit den Alpen gemeinsamen Hoch-
gebirgspflanzen abgesehen werden. Auch die zahlreichen endemischen Sippen
der illyrischen Flora, die übrigens oft noch einer kritischen Überprüfung und
der Klärung ihrer systematischen Stellung bedürfen, können nur in einer Aus-
wahl angeführt werden,
I. Eigentümliche und endemische Sippen.-)
Picea Omorica
Pinus leucodennis
Avena Blavii
— Neumayeriana
Festiica dalmatica
— • pungens
— affinis
Carex laevis
Fritillaria tenella
— neglecta
Allium ßexum
— Javorjense
Crocus vernus
— Malvi
— monteuegrinus
Iris bosjiiaca
Thesiiim auriculatinn
Arenaria gracilis
— Haldcsyi
— orbicularis
— rotundifoUa
Silene dalmatica
Silene Reiclienbachii
Heliosperma pusilhnn
— glutinosum
— Tomniasinii
— Ret:{dorffianum
Dianthus papillosus
— stricttis
— Kitaibelii
— Freynii
— Knappii
Aquilegia Kitaibelii
— grata
— dinarica
Aconitum Sostaricianum
— Pantocsekianuni
— bosniaciim
Corydalis blanda
Biscu tella monten cgrin a
Iberis carnosa
Peltaria alliacca
Barbaraea bosniaca
Cardamine carnosa
I) Vgl. S. 4.
^) Pflanzen, die nicht nur in lUyrien, sondern auch in den Apenninen oder im
übrigen Balkan wachsen, werden später aufgezählt.
i38
Cardamine croatica
Draba Ai^oon
— arviata I
Arabis Scopoliana
— bosnictca
— croatica
Aiibrietia croatica
Erysimiim carniolicum
Berteroa Gintlii
Hesperis dinarica
Sediim Horakii
Sempervivwn blandum
Saxifraga Blavii
— prenja
Potentilla motitenegrina
Rosa dalmatica
— Malyi
Cytisiis ciliatus
— bosniacits
Trifolium noriciim
Anthyllis praepropera
— intercedens
Astragalus Fialae
Oxytropis prenja
Lathyrus laevigatus
— Nicolai
Geranium oreades
Polygala bosniaca
— croatica
Euphorbia triflora
— filicina
Viola Beckiana
— Nicolai
— Zoysii
— speciosa
Viola prenja
Daphne Blagayana
Astrantia illyrica
— elatior
Anthriscus fumarioides
Freyera montenegrina
Physospermum verticillatum
Pimpinella hercegovina
Bunium tenuisectum
Bupleurum Karglii
Athamatita Haynaldi
— aurea
Libanotis nitida
Seseli Malyi
A n crelica brachvradia
Peucedanum marginatum
Primula Kitaibeliana
Gentiana crispata
— tergestina
— dinarica
Cerinthe lamprocarpa
Myosotis suaveolens
Stachys Sendtneri
Salvia brachyodon
Satureia croatica
Thymus balcanus
— Velenovskyi
Scrophularia bosniaca
Veronica orbiculata
— satureioides
Wulfenia Baldaccii (Nordalban.
Alpen)
Melampyrum trichocah -ein um
— velebiticum
— Hoermannianum
Euphrasia illyrica
— liburnica
Alectorolophus asperulus
— bosniacus
— anceps
— dinaricus
— illyricus
— praesignis
Pedicularis Friderici August i
— leucodon
— brachyodonta
— Hoermanniana
Orobanche Pancicii
Planta go reniformis
Asperula pilosa
— hercegovina
— Wettsteinii
— scutellaris
Galiiim Baldaccii
Viburnum maculatum
Lonicera glutinosa
Valeriana bertiscea
— Pancicii
Knautia dinarica
— rigidiuscula
Succisa Petteri
Phyteuma obtusifolium
— pseudoorbiculare
Campanula hercegovina
— Waldsteiniana
Campamtla Velebitica
Hedraea n th us da Im aticus
— dinaricus
— niveus
— Piimilio
— serprllifolius
— montenegrimis
— Wettsteinü
Gnaphalhim Pichlcri
Adiillea abrotanoidcs
Chrvsantliemum larvatum
Senecio Visianianiis
— bosniacus
— Fussii
Carduus ramosissimus
Cirsium paucißorum
Centaurea heterotoma ( Murbcckü)
— tuberosa
2. Arten, die auch auf den
Alpen aber fehlen oder doch höc
Sesleria nitida
Koeleria splendens
Alliiim ochroleucum
Crocus Orsinii
Orcliis quadripunctata
Paronychia Kapela *
Cerasfium tomentosum
Alsine graminifolia *
— trichocalycina
Stellaria glochidisperma (?)
Drypis spinosa
Saponaria bellidißora
Silene Roemeri *
— multicaulis
Ranunculus brevifolius
— millefoliatus *
— serbicus
Barbaraea bracteosa
Ärabis albida
— nivalis
Carda mine che Udo n ia
— glauca
— graeca
Vesicaria graeca
Alyssuni nebrodense
— cuneifolium
i3g
Centaurea cuspidata
— incompta
— Harnaldi
— smolinensis
— aterrima
— bosniaca
Mulgedium Pancicii
Reichardia macrophylla
Crepis dinarica
— moesiaca (Vandasii)
— Kitaibelii
Hieracium^) Pichleri
— plumulosiim
— thapsiforme
— Orient
— lanifolium
— Schlossert
— porimense
A p e n n i n e n \' o r k o m m e n , in den
hst selten sind^)
Draba armata
— ■ affinis
Iberis gaiTCA-iana *
Sediim magellense
Ribes multißorum
Saxifraga Friderici Augusti *
— Boryi*
Geiim molle
Potentilla apennina
— Detomasii
Lathyrus sessilifolius
Geranium reflexum
Linum capitatum
Euphorbia Barrelicri
Acer obtusatum
Viola gracilis
Daphne glandulosa
Astrantia carniolica
Frey er a tuberosa
Bunium alpinum
— divaricatum
Heracleum Orsinii
Laser pitiu m garga nicum
Physospermum aquilegifolium
Ferulago silvatica*
Armeria canescens
') Zwischenformen blieben unberücksichtigt.
^) * bedeutet: In der vilcariierenden Sippe.
140
Armeria majellcnsis
(ientiana dinarica (V)
Thym its aciciilaris '••'
Lamium garganicum
— longißorum
1 'erbasciim longifolhim
Pinguicula hirtißora
Asperiila aristata
Scabiosa leucophrlla*
— crenata *
— silenifolia
Campa^mla foUosa
Das Verzeichnis dieser Pflanzen künnte noch um viele gemeinsame
Arten ergänzt werden, die aber nur in den niedriger liegenden Landstrichen
vorkommen.
3. Albanesisch-griechische Typen.
Hnus Peuce^)
Ca mpa n 11 la garga n ica
— trichocalycina
Hedraeanthus graminifoUus
Anthemh Barrelieri
Leontodon illrricus'^-
Centaitrea deiista
— dissecta
— nipestris
Hieracium macrantluim
■ — crinitum
— Virga aiirea*
Jimcus alpigenus
Tiilipa Grisebachiana
Lilium albanicum
Theshnn Parnassi
Cerastium lanigcrum
— tomentosiim
— rectum
Silene Asterias (V)
Heliospenna pudibundum
— chromodontnm
Dianthus crnentiis
Ranunculus brevifoliiis
— Sartorianus
— psilostachvs
— serbicus
Arabis albida
— muralis
Alvssum repens
— murale
Draba athoa
— parnassica
Aubrietia deltoidea
Erysimum Boryanum
— pectinatum
Sedum Grisebachii
Saxifraga olympica
— Spruner i
— Boryi
Potent illa speciosa
Rosa Heckeliana
— glutinosa
Prunus prostrata
Trifolium patuhim
— dalmaticum
Anthyllis albanica
— scardica
— variegata
Geranium subcaulescens
Euphorbia capitulata
Acer Heldreicliii
Rhamnus fallax (carniolica)
Viola bosniaca
— aetolica
— gracilis
Daphne oleoides
Pimpinella polyclada *
Bruckenthalia spiculißora
Moltkia petraea
Alkanna boeotica
Myosotis idaea
— olympica
Stachys scardica
— menthifolia
Scroph u laria Scopolii
— laciniata
Linaria peloponnesiaca
Verbascum Gnicciardii
— Baldaccii
Melampyrum ciliatum
^) Auch bei Oroäi in Albanien. Vgl. K. Steinmetz, Eine Reise durch die
llochländergaue Oberalbaniens, Wien 1904, S. 42.
141
Plantago montana var. graeca
Asperitla suberosa
Lonicera Formanekiana
Valeriana Dioscoridis
Cephalaria graeca
Achillea muliiflda
4. Arten aus den Karpathen,
Piniis Peuce (Rhodope)
Festuca Panciciana
— Porcii
Junciis alpigenus
Liliiim Jankae
Grmnadenia Frivaldskrana
Orcliis cordigera
Scleranthus neglectus
Alsine bosniaca
Cerastiiim moesiaciim
— rectum
Dianthus cmentus
— Velenovskri (Panciäi)
Silene Sendtneri
— Asterias
Ranimculus crenatus
— psilostachys
— Serbiens (Orplia)iidis)
DelpJiininm dinaricum
Barbaraea balcana (alpicola)
Erysimum Boryaniim
Cardamine acris
Alyssum repens
— murale
Sempervivum patens
— rubicundum
Saxifraga cymosa
— moesiaca
— Rocheliana
Geum bulgaricum
— molle
Oxytropis argentata
Linum liologvnum
Euphorbia lingulata
Pancicia serbica
Carum Veleuovskyi
Peucedaniim serbicum
Achillea aggeratifolia
Amphoricarpus Neumayeri
Senecio Wagneri
Chrysanthemum chloroticum
Hieracium pannosum
dem Balkan und der Rh()dt)[)e.
Eryngium palmatum
Gentiana carpathica
Bruckenthalia spiculißora
Androsace hedraeantha
Myosotis idaea
Veronica crinita
Scrophularia glandulosa
Verbascum Bornmidleri
— glabratum
Plantago gentianoides
Campanula macrostacJya
— moesiaca
Knautia lancifolia
Scabiosa triniifolia
— silaifolia
Achillea lingulata
— aggeratifolia
Anthemis carpathica
Chrysanthemum macrophyllum
Telekia speciosa
Senecio carpathicus
— Wagneri
— transsilvanicus
Petasites Kablikianus
Cirsium Velenovskyi
Leontodon croceus
Picris Tatrae
Tragopogon balcanicus
Centaurea micrantha
— atropurpurea
— mollis
— triniifolia
— Kotschyana
Crepis viscidula
Hieracium Transsilvanicum
— olympicum
142
B) Schilderung der Reiseroute.
Vorbemerkungen über Land und Leute.
Bosnien und die lltrzcgow'ma wurden im Auftrage des Berliner Kon-
gresses (Juli 1878) von Österreich-Ungarn besetzt und werden seitdem vom Reichs-
Finanzministcrium (welches für beide vStaaten gemeinsam ist) verwaltet. Das
Land hat 51.027 /f?72^ Flächeninhalt, ist also fast so groß wie Böhmen. Es ist in
sechs Kreise (Sarajevo, Banjaluka, Bihac, Donja Tuzla, Travnik und Mostar)
und 53 Bezirke eingeteilt. Der Kreis Mostar bildet zugleich die Herzegowina.
Die Einwohnerzahl beträgt (Zählung von 1895) 1,568.092, wovon 42 °/q griechisch-
orientalischer (nicht unierter, «serbischer» oder orthodoxer), 34°/^ muham-
medanischer ^), 2i°/q römisch-katholischer, o'5 °/q israelitischer Konfession
sind. Die Israeliten sind vorwiegend Spaniolen, die vor 400 Jahren aus Sj^anien
hierherkamen. Die meisten Einwohner («Bosniaken», «Herzegowzen») sind
Südslawen und bedienen sich der serbo-kroatischen Sprache. ^) Außerdem
gibt es im Lande noch Zigeuner (ansässige und Halbnomaden), eingewanderte
Deutsche (als Kolonisten) und Amanten (Albanesen). Spanisch, untermischt mit
Turzismen und Bosnizismen, sprechen die eingewanderten Lsraeliten unter
einander. Die interne Amtssprache ist die deutsche.
Die Katholiken und Muhammedaner bedienen sich der lateinisclien, die
Orthodoxen der z) rillischen Lettern, die mit den russischen zum größten Teile
gleich sind.
Reiseroute.
Zelenika — Mostar.
Aus den Bocche di Cattaro führt seit kurzer Zeit eine schmalspurige
l)ahn, die in der Station Gabela die Hau[)tlinie der bosnisch-herzegowinischen
.Staatsbahn erreicht. Dieselbe beginnt wenige Kilometer östlicli von Castelnuovo
in Zelenika und führt zunächst am Ufer des Meeres hin, bei dem von herr-
lichem Kastanienwalde (Castanea sativa) umsäumten Kloster Savi na vorbei,
nach Castelnuovo. Kurz darauf wird bei Igalo zum ersten Male herze-
go wi nischer B od e n betreten. Der schon erwähnte zur Herzegowina ge-
hörige schmale Landstrich, die nach dem gleichnamigen Fluß benannte Suto-
rina, reicht hier bis ans Meer. Hinter dem Orte Sutorina (io37«) führt ein
Tunnel unterhalb des Gumanac-Sattels wi("der nach Dalmatien. Beim Orte
') Die Muhammedaner werden oft fälschlich (sogar in Reisehandbüchern!) als
«Türken» bezeichnet; sie sind aber ebenso Südslawen wie die christlichen Bewohner
des Landes.
-) Ofli/Jell als «bosnische» Landessprache bezeichnet.
143
Plo^ice zieht die Bahn abwärts in das tVuchthare, mit Obst- und Ölbäumen
sowie Wein beptUmzte Can alit al. Den östHchen Teil desselben bewässert
die Ljuta, die am Fuße der Snijeznica (1204;//) als mäohtioer Fluß entspringt
und sich zwischen Gruda und Komaj durch einen unterirdischen Abtluß ins Meer
ergießt. Am Nordwestende des schönen Tales liegt auf einer Halbinsel, in das
Meer hineinragend und auf den Ruinen der römischen Stadt Epidaurus erbaut,
Ragusa vecchia. Die Bahn wendet sich hierauf ostwärts, verläßt das Canali-
tal und erklimmt hinter dem Orte Mihanici, fortwährend steigend und einen
Kehrtunnel durchfahrend, den sich am Fuße der Snijei?nica im Norden des Tales
ausdehnenden Rücken. Brotnjica ist daselbst die letzte österreichische Bahn-
station. Bald darnach sind wir wieder auf herzegowinischem Boden, indem w ir
den Sattel und dann die Station Glavska erreichen. Von dort zieht sich
die Bahn am Rande des Plateaus, dessen Südabfall das Breno- und Omblatal
im Norden umsäumt, dahin und erreicht die am Fuße der Vlastica (909»») ge-
legene Station Uskoplje »^349 ni). Eine Bahnstrecke zweigt von dort auf öster-
reichisches Gebiet ab und führt in mehreren Serpentinen abwärts nach Gra-
vosa. Uns führt der Weg nach Norden, wir diirchtahren einen oflcnen \un-
schnitt und gelangen durch einen 150» langen Tunnel zur Station llum, von
wo eine Zweigbahn nach Trebinje führt. Trebinje ist ptlanzengeographisch als
eine mediterrane Insel im Gebiete des Karstwaldes autzufassen. Die Land-
senkung, in welcher Hum am gleichnamigen, isoliert stehenden Berge liegt und
die von der TrebinjiSica ^) bewässert wird, beginnt bei Trebinje, verbreitert
sich am Unterlauf des Flusses und windet sich dann, durcii steil aut-
steigende Gebirge im Norden (^hier die Bjela^Snica, 1096;») und Süden be-
grenzt, gegen Nordwesten, wo sie bei stetig abnehmender Seehöhe nächst
Hrasno endet. Am Lhiterlauf der Trebinj^ica, etwa von Trebinje bis Poljice
ist diese Karstsenkung von Gebüsch bewachsen, späterhin senkt sich das l'errain
stetig und bildet das baumlose Popovopolje (^deutsch: Pfaffenfeld), eines
der charakteristischesten Poljen der Karstländer, Von Oktober bis Mai ist
diese trogartige Landsenkung in einen See verwanilelt, wi^lcher an einzelnen
Stellen bis 40 ui Tiefe i>rreicht. Die Bewässerung des Sees erfolgt unterirdisch
durch «Speilöcher», die zumeist am Rande des oberen Polje liegen, während
in ähnlicher Weise die Entwässerung durch zahlreiche, gegen den Ursprung
der Trebinjtiica gelegene Schluckschlünde besorgt wird. Zur Zeit, wenn im
Frühjahre das Wasser aus dem Polje abzieht, wird Feldfrucht gebaut (Sori^liiini
vuli^are). Bei Zavala gegenüber dem Kloster liegt die durch ilire Ventarolcn
berühmte, etwa 2 Ion lange Vjetrenicahöhle, in tlcren Innern zwei Seen ver-
borgen sind. Gegen Hutovo zu steigt die Bahn aufwärts, senkt sich dann
jedoch wieder und wir erblicken das Hutovo Blato (Nympluwa alba, Pcriploca
gracca, Cladium Mariscus), das Quellgebiet der Krupa, eines linksseitigen Neben-
') V"l. S. 12.
144
flusses der Narenta, in welche sie nächst Gabela mündet. Der Zug eilt mit
einem Gefälle von ly^/gQ^abwärts, übersetzt die Krupa, dann die Narenta und
erreicht die an der Strecke Metkovic — Mostar gelegene Station Gabela.
Von Gabela gelangt man mit der Bahn in etwa einer Viertelstunde nach
Capljina (g ;n), von wo sich eine botanische Exkursion in den Dubravawald
lohnt. In der Umgebung des Ortes werden Tabak, vor kurzem wurden daselbst
auch Mohn und probeweise Baumwolle kultiviert. Am Ufer der Narenta: Ta-
marix gallica und africana, Vitex Agnus castus, Veronica acinifolia. Südwärts
von Capljina (Jj^ Stunde) wurde bei Mogorelo im Jahre 1899 ein gut erhaltenes
römisches Kastrum bloßgelegt. Am Wege dahin wächst auf feuchten Wiesen
Alopecurusutriciilatus,3i\x{F&\(lQ.x:n Calepina Corvini, Stenophragma Thalianum u.a.
Auf den Ruinen selbst beobachtete ich am 22. April 1905 u. a. Alyssum cam-
pestre, Bunias Eriigaco, Cotyledoii hori::^ontalis, Erodium cicutariinn var. albi-
ßorum, Herniai-ia glabra, Ornithogabnn montamnn, Phleum echinatutii, Rhaga-
diolus edulis, Tordyliuin apulum, Vicia melanops usw. Von Capljina führt die
Landstraße über eine Holzbrücke auf das linke Ufer der Narenta nach Tasovöic
(baumartige Exemplare von Juniperus Oxycedriis) und in Serpentinen auf das
Plateau der Dubrava. Bereits vor Domanovic (175772) sehen wir rechts und
links von der Straße die ersten Spuren des interessanten Dubravawaldes,
dessen botanische Eigentümlichkeiten in dem geschlossenen, waldbildenden
Auftreten der Zigeunereiche (Qjiercus conferta Kit.) besteht, der zuweilen auch
Qiiercus mcicedonica beigesellt ist. Von Tieren sind daselbst besonders der
Scheltopusik (Pseudopus Pallasn) und die griechische Landschildkröte (Testudo
graeca) durch ihr häufiges Vorkommen auffallend.
Außer den gewöhnlichen Karstpflanzen findet man hier unter anderem:^)
*Gladiolus segetum
*Hesperis Visiann
*Lamiu7n bifidwn
Limodorum abortivum
Linaria Pelisseriana
Loranthus europacus (auch auf
Qiiercus conferta)
*Moltkia petraea -)
Myagrum perfoUatum
Orchis laxißora
— picta
Ornithogaliim exscapiim
— nanum ß longipes
'*Phleiim teniie
Phytolacca decandra
*Picnomon (Cirsium) Acarna
Adonis flammea
*AUium margaritaceum
* — roseum
*Anemone hortensis
* Arceuthobium Oxycedri
*Aristolochia rotunda
*Arum italicum
* — Orientale
Bellardia latifolia
*Bellis silvestris
*Brachypodiiim glaiicovircns
*Carthamus lanatus
* Convolviilus cantabricus
* — tenuissimus
*Cytisus ramentaceus
* Gladiolus illyricus
') Dieses Verzeichnis wurde aus der Literatur zusammengestellt. — Über die
Sternchen bei manchen Namen vergleiche das Pflanzen Verzeichnis auf S. 146 f.
2) Tafel XIV.
'^Sidcritis vomana
Spiranthes aiitumnalis
Thymus dalmaticiis
*Tribulus orientalis
''!■ Urtica pilulifera
Valerianella trimcata
Vicia grandiflora
Tamarix africana
— gallica
*Vitex Agnus castus^)
H5
■^■Pirus amj-gdiiliformis
*Pistacia Terebinthus
*Plumbago europaea
Quercus Cerris
— conferta
— Hex
— lamiginosa
— macedonica^)
Salvia clandestina
Scilla pratensis
'^Scolymus liispanicus
In Domanovic verfolgen wir die linke, nach Buna führende Straße.
(Capljina — Domanovic y^ km, Domanovic — Buna ly km). Ungefähr 6 km
nordöstlich von Buna (Eisenbahnstation) entspringt bei Blagaj (hier Crepis
Blavii) am Fuße einer prachtvollen, lotrechten, teilweise sogar überhängenden
Felswand die Bu na (typische Karstquelle). Reges Vogelleben : Cypselus melba
(Alpensegler), Columba livia (Felsentaube), Neophron percuoptenis (ägyptischer
Schmutzgeier) u. a. Von hier führt die Straße durch das Mostarsko polje nach
Mostar, der Hauptstadt der Herzegowina. An dieser Straße liegt, zirka ^km
von Mostar, eine von der Landesregierung errichtete Wein- und Obstbaustation.
Mostar.
Mostar^) liegt in dem schon stark verengten nördlichsten Teil des nach
der Stadt benannten Polje an beiden Ufern der Narenta ; im Westen erhebt
sich der Hum (436 jjz), um welchen die Straße am Mostarsko blato vorbei nach
Ljubugki führt, im Osten der sanfter ansteigende Podvele2, ein Vorberg des
Velez (1969772). Die Ufer der Narenta in und bei Mostar sind auffallend durch
die zahlreichen Höhlungen, welche die Nagelfluhbänke aufweisen und welche
bei schlechtem Wetter als Zufluchtstätte der Hirten und des Viehes dienen.
Empfehlenswerte botanische Ausflüge: zur Radob o 1 jeq uelle, die der Stadt
das Wasser liefert (5 km), und auf den Hum.
Die Umgebung von Mostar beherbergt eine reiche Flora, die vornehmlich
aus mediterranen Elementen besteht. Die im Pflanzenverzeichnisse auf Seite 144 f.
mit * bezeichneten Arten kommen auch hier vor; ferner sind zu erwähnen:'*)
^) Ist nicht immergrün, wie dies von verschiedenen Botanikern angegeben wird!
2) Tafel XIII.
^) Während des sehr heißen Hochsommers (absolutes Maximum 437°) wird dem
Menschen eine kleine, unter dem Namen «Papadaiü» (auch in Istrien und Dalmatien)
berüchtigte Stechmücke (Phlebotomus Papatasii) lästig. In den Sumpfgegenden an der
Narenta und im Mostarsko blato kommt Anopheles maculipennis (Überträger des Malaria-
Parasiten) vor. Hier wie in ganz Bosnien und der Herzegowina findet sich auch die
Pferdelausfliege (Hippobosca equina).
*) Das Verzeichnis ist aus der Literatur zusammengestellt. Die Pflanzen des Velez
wurden hierbei nicht berücksichtigt.
Exkursion in die illyrischen Länder. 10
146
Abutilon Avicennae
Acanthus longifolhis
— spinosissimus
Acer campestre X monspessiilanum
— hyrcanum var. paradoxiim
Achillea virescens
Adiantiim Capillus Veneris
Adonis autitmnalis var. ignea
Aegilops ovata
— triaristata
— tr hm Cialis
Aethionema gracile
Alkatina tinctoria
Allitim flaviim
— tenuiflorum
Alopecurus niYOsiiroides {■= agrestis)
Alsine tenuifolia
Alyssum catnpestre
— murale
Anchusa italica
Andropogon Grylhis
— Ischaemum
Anemone apennina
Anthemis brachycentros
— altissima
Anthyllis Dillenii
— praepropera
Arabis verna
Artemisia camphorata
Asparagus aciitifolius
Asperugo procumbens
Asperula aristata
— canescens
Asphodeline liburnica
Asterolimim stellatiim
Astragaliis illyricus
Ballota rupestris
Bellis silvestris
Bifora radians
Bonaveria Securidaca
Bitnium divaricatum
Butomus umbellatus
Bromus erectus var. australis
— madritensis
Cachrys laevigata
Calendula arvensis
Calepina Corvini
Camphorosma monspeliacum
Capparis spinosa
Carlina corymbosa
Celsia orientalis
Celtis australis
Centaurea Calcitrapa
— deusta
— glaberrima
— solstitialis
Cephalaria leucantha
Cerastium campan ulatum
Cheilanthes persica
Chlora perfoliata
Circinus circinatus
Clematis ßammula
— Viticella
Co lutea arborescens
Coronilla emeroides
— cretica
— scorpioides
Crepis Blavii
Crocus reticulatus
Cro^ophora tinctoria
Cuscuta planißora
Cymbalaria muralis
Cynanchum contiguum
Cynoglossum Columnae
— pictum
Crnosurus echinatus
Cyperus Inngus
Delphinium paniculatum var. adeno-
cladum ')
Dianthus dalmaticus
— papillosus
Diplachne serotina
Ecballium Elaterium
Echium altissimum
Ephedra campylopoda
— nebrodensis
Euphorbia dalmatica
— Dominii
— epithymoides
— spinosa
Wulfenii
Ferulago nodiflora
Festuca dalmatica
Galium purpureum
Geranium brutium
Harnaldia villosa
') Vgl. D. consülida var. glanduligerum Peterm. (1846).
147
Hedraeanthus dalmaticus
Hedypnois cretica
Heliotropiiim europaeiim
— siipinum
Hibisciis Trionum
Hippocrepis ciliata
— comosa
Hyosevis scabra
Iberis roseo-purpurca
In lila Candida
— vulgaris
Knaidia integrifolia
Kohlrauschia obcordata
— prolifera
Laminm bifidiim
Lappula echinata
Lathyrus Aphaca
— setifoliiis
— sphaericus
— tuberosus
Linaria dalmatica
— microsepala
Liniim liburnicum
— corymbidosum
Lithospermum apidiim
Lonicera etrusca
Lycopsis variegata
Marrubiiim candidissimum
Medicago apiculata
— lappacea
— orbicularis
— tribuloides
Melilotus neapolitamis
Myrrhis (Chaerophyllum) colorata
Olea eiiropaea
Onobrychis Tomrnasinü
— Caput galli
Ononis antiquorum
— Columnae
Onopordon illyricum
Onosma echioides
■ — ■ stellulatum
Ophrys arachnites
— Bertolonii
— cor mit a
Orlaya Daucorlaya
Ornithogalum comosum var. her:{ego-
vinicum
— montanum
— pyramidale
Orn ith ogahim refractu m
— tenidfolium
Osyris alba
Parietaria officinalis
— ramiflora
Pliillyrea latifolia
Phleiim echinatiim
Picris echioides
Phyteuma (Podanthum) limoniifolium
Polycarpoti tetraphyllum
Potentilla adriatica
— australis
Psoralea bituminosa
Punica Granatum
Ranunculus millefoliatus
— neapolitamis
Reichardia picroides
Rhagadiolus stellatus
Rhamnus rupestris var. cinerascens
— infectoria
Romulea Biübocodium
Rosa sempervirens
Ritmex angiocarpus
— pulclier
— tuberosus
Ruscus aculeatus
Ruta divaricata
— Patavina
Salvia Bertolonii
— Sclarea
Satureia croatica
— cuneifolia
— Kernen
— montana
— Nepeta
Scabiosa graminifolia
Scandix Pecten VeJieris
Scilla autumnalis
Sclerochloa rigida
Scor:{onera villosa
Scutellaria orientalis var. pinnatißda
Seduni rupestre
Selagitiella denticiilata
Seseli promonense
Sideritis purpurea
Smilax asper a
Sparganium junceiim
Stachys italica
— subcrenata
Statice elonsrata
148
Stellaria palllda
Sternbergia lutea
Stipa Aristella
Tamarix parvißora
Teucrium Ardiiini
— flavum
— Pol i um
Thvmelaea Passerina
Thymus acicularis
Tordylium apiiliim
Trifolium angustifolium
— dalmaticum
— nigrescens
Trifolium subterraneum
— stellatum
— tenuifolium
Trigonella corniculata
Valeriana tuberosa
Valerianella coronata
■ — hamata
Vesicaria utriculata
Vicia onobrychioides
— peregrina
Viola adriatica
Zacvntha verrucosa
Mostar — Sara j e vo.
Nördlich von Mostar zieht die Eisenbahn weiter am rechten Ufer der
Narenta hin und betritt bei Ra§kag'ora das großartige Narenta-Defilee, ge-
bildet von steilen, bis zu 600 m hohen Felswänden mit zahlreichen Wasserfällen
und wildromantischen Szenerien. Besonders schön sind die Kaskaden, welche
die Komadinaquelle bildet. Rechts bei der neuen Haltestelle Prenj ein schöner
Ausblick auf die Prenj planina (Lupoglav, 2102 ?;;). Links davon Bestände
von Qiierciis conferta, die sich bis zur nahe gelegenen Station Jablanica
ziehen. Dort von der Landesregierung errichtetes Hotel und geeignetster Aus-
gangspunkt für Hochtouren in die Prenj, Plasa und Cvrstnica planina (2227 m).
Bei Ostrozac treten die Berge zurück und machen einem fruchtbaren breiten
Talgrunde Platz (Weinbau). Wir erreichen nach kurzer Fahrt Konjica an der
Mündung der von der Wasserscheide des Ivan kommenden Trstenica in die
Narenta. Die Stadt hat eine prachtvolle Lage und gewährt einen hübschen
Ausblick auf die imposante Prenjgruppe und auf die Boraznica. Konjica (279 jji)
ist botanisch bemerkenswert durch das Vorkommen des endemischen Alysswn
Moellendorffianum sowie der zahlreichen subalpinen Typen im Tale wie z. B.
Calamintha alpina, Stachys Sendtneri, Dianthus strictus, Centaurea variegata var.
pseudomontana u. a. Hinter Konjica beginnt die Zahnradstrecke, die später
Steigungen bis zu 6o°/oo ^^ überwinden hat und (mit wenigen Unterbrechungen)
erst bei Pazaric endet. In zahlreichen Windungen und durch mehrere Tunnels
zieht sich die Bahn meist am linken Ufer der Trstenica aufwärts und verläßt
dieselbe erst bei der Station Brdjani (529 tu). An den Böschungen ist daselbst
Castanea sativa und Juglans regia in alten Stämmen zu sehen. Von Brdjani aus
kann ein Standort von Pinus leucodennis^) mit leichter Mühe besichtigt werden.
Man geht den Preslica-Abhang längs der alten, jetzt verlassenen Straße entlang
bis Bradina, wo man wieder den Zug besteigt. Diese Exkursion kann in zirka
') Tafel XXIII und XXIV.
149
drei Stunden ausgeführt werden. Pi'nii.s leiicodennis kommt hier nicht weit ab-
seits vom Wege einzeln im Buchenwald eingesprengt und in reinen Beständen
an tiefster Stelle vor (looo ni)^ ebenso weiter oben an den Felszinnen. Unter-
holz zeitweilig Rhamnus carniolica. Bemerkenswert ist bei Bradina Agrostis by-
:^anthina und Chrysanthemum temiifolium.
Die Bahnstrecke führt nun steil hinauf auf den Ivansattel (876 m), der
mittels eines 65g m langen Tunnels durchfahren wird. Hier ist die Grenze
zwischen Bosnien und der Herzegowina und zugleich die Wasserscheide
zwischen den zur Adria und den zum Flußgebiet des Schwarzen Meeres ge-
hörigen Gewässern. Der Ivan bildet aber zugleich eine Scheide zwischen dem
warmen südlichen und dem rauheren Klima des nordwärts gelegenen Binnen-
landes, was sich auch im Charakter der Flora und Fauna diesseits und jenseits
des mit schönen Buchenhochwäldern bewachsenen Sattels kundgibt. Bei Tar-
öin und Pazaric rechts in der Zugrichtung schöner Ausblick auf die Hrani§ava
(1965 m), einen Teil der Bjelasnica planina, deren höchste Spitze (2067 m, mit
meteorologischem Beobachtungshause) erst bei Sarajevo sichtbar wird. Die Bahn
überbrückt nach der Station Hadfici zweimal den Zujevina-Bach und erreicht
Blazuj, welcher Ort am Rande des Sarajevsko polje und am Fuße des Igman
liegt, wo bei Vrelo-Bosne nächst dem bereits den Römern bekannten Schwefel-
bade Ilidze^) die Bosna als mächtiger Quell entspringt. Bald darauf wird vSa-
rajevo erreicht.
Sarajevo.
Sarajevo,^) die Hauptstadt des Landes, ist der Sitz der obersten Be-
hörden und des Landeschefs. Durch die Stadt fließt die Miljacka, ein Neben-
fluß der Bosna. Zu beiden Seiten des Flusses erheben sich Gebirge, und zwar
im Süden der Trebevic (1629 m), im Norden der Pasin brdo und die Gradina,
an deren Abhängen sich die Gebäude hinaufziehen. Eine wissenschaftliche
Sehenswürdigkeit ist das «Bosn isc h -he rzegowinis che Landesmuseum»
(nächst der katholischen Kathedrale). Dasselbe umfaßt eine archäologisch-
historische und eine naturwissenschaftliche Abteilung. Seine Aufgabe ist die
Erforschung der ganzen Balkanhalbinsel in den angedeuteten Richtungen.
Administrativer Leiter derzeit Sektionschef K. Hörmann. Die zum Teile sehr
vollständigen Sammlungen, sind in 52 Räumlichkeiten untergebracht. Die bota-
nische Sammlung umfaßt: eine Schausammlung (biologische Typen, Ende-
mismen, Handelspflanzen, eßbare und giftige Pilze); ein «Herbarium euro-
paeum» (7 Kästen), ein «Herbarium bosniacum» (2 Kästen), ferner unbestimmte
Pflanzen und Doubletten (5 Kästen); eine kleine Bibliothek (450 Nummern). —
^) In Butmir bei Ilidze befindet sich eine von der Landesregierung errichtete
landwirtschaftliche Station.
2) Mittlere Jahrestemperatur 8-9°, Seehöhe 540)«; 42. OOo Einwohner.
I50
Besuchsstunden: Freitag, Samstag-, Sonntag lo Uhr, für Fremde gegen An-
meldung bei einem Kustc^ auch an anderen Tagen. — Publikationsorgan:
«Glasnik zemaljskog muzeja u Bosni i Hercegovini» (vierteljährig, seit 1889
erscheinend, in lateinischen und cyrillischen Lettern). Deutscher Auszug in
den «Wissenschaftlichen Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina (seit
1893; Wien C. Gerolds Sohn).
Botanisch interessante Ausflüge von Sarajevo aus sind: i. In das
Miljacka-Tal bis zur Kozija-öuprija (Ziegenbrücke) und in die Lapisnica-
vSchlucht (Nachmittagspartie. Stehen nur 2 — 3 Stunden zur Verfügung, so gehe
man auf den Kastellberg (627 ;n, schöne Aussicht), dann hinab in die Mo§canica-
Schlucht und durch das Miljacka-Tal zurück.
Von interessanteren Pflanzen des Miljacka-Tales wären zu nennen:^)
'^■Aethionema saxatile
*Ajuga Chamaepitys
*Alsine bosniaca
Arabis auricitlata
*Asplenium lepiditm
*Astragalus glycypliyllits var. bosniaciis
'^Athamanta Harnaldi
Bromus her^egovinus
"^Calrstegia silvestris
*Campa>jula capitata
'■"'Ceiitaurea Müllneri
*Chondrilla juncea
*Dianthus Kitaibelii
^Erysimimi silvestre
'^Euphorbia polychroma
Evonymus verrucosa f. laevifolia
*Genista triangularis
'^■Geranixim briitium
'"'■Hieracium plumulositm
* — racemosum
* — Tommasinii
* Marrubium candidissimiim
Medicago orbicularis
— rigidula
*Onosma stellidatum
Potentilla Gaudini
*Pterotheca bifida
'^■Reseda Phyteiima
* Rum ex pu Icher
*Salvia pratensis var. Varbossania
*Satiireia elatior
— bosniaca
* — thymifolia
— Varbossania
'■'^'Scabiosa leitcophylla
Scandix Pecten ^'eneris
Scrophidaria canina
Scutellaria altissima
*Sedum dasypJiylhim
* — glaucum
* — ochroleucum
Seseli rigid um
Stachys recta var. Sarajevensis
Syringa vulgaris (wild?)
*Taraxacum Hoppeanum
'^•Tragopogon balcanicus
'^Trifolium dalmaticum
Verbascum phlomoides
— pulverulentum
— speciosiim
*Veronica multifida
* Vicia incana
*Wilckia maritima
Xeranthemiim annuum
'*Ranunculus Aleae
2. Auf den Trebevic (1629 7n); Tagespartie. Einer der pflanzen-
reichsten Berge Bosniens mit schöner Aussicht. Von der Haltestelle Hrid
der Ostbahn führt der «Appelweg» in 2 Stunden zum unteren Forsthaus; für
Schwindelfreie interessanterer Aufstieg durch dieBistrica-Schlucht. Vom Forst-
^) Obige Zusammenstellung beruht auf eigener Anschauung
151
haus 2 Stunden zum Gipfel; Reiten fast bis zur Spitze möglich. Schöne Aussicht auf
die Plasa (Muharnica), den Igman, die Bjela§nica, Zec planina, Vranica, den Vlasic,
Ozren, die Romanja, den Stolac, Kiek (bei Praca), die Jahorina, den Durmitor (in
Montenegro), Crni vrh, Maglic, Volujak, die Treskavica und Visocica (Lelijen).
Formationen: Buschwald von Coryliis avellana, Mischwald, Berg- und
Voralpenwiesen, Bestände von Pinus Miighus. ^)
Alectorolophus rumelicus
— abbreviatus
Aconitum bosniaciim
Anemone nemorosa var. bosniaca
Anthyllis illyrica
Anthoxanthum odoratum var. triaristatiim
Arabis alpina
— hirsuta
— muralis
— bosniaca
Arum maculatum var. immaculatum
Astrantia elatior
Avena Blavii
Bromus erectus var. Moellendorffianus
— — var. pannonicus
— — var. puberuliis
— fibrosus
Bupleiirum exaltatum
— aristatiim
Caltlia cornuta
— laeta
Carduus candicans
Carex echinata
— Halleriana
— laevis
— ornithopoda
Centaurea Fritschii
— stenolepis
Cerastium brachypetalum
■ — lanigerum
— moesiacum
— tauricum
Chaerophylhim aromaticum var. brevi-
pilum
Chrysanthemum Lcucanthcmum var. bos-
niacum
— tenuifolium
Coronilla emeroides
Crepis dinarica
— viscidula
Cynoglossum Haenkei
Cytisus bosniacus
— falcatus
— hirsutus
— Kitaibelii
Danthonia calycina
Daphne alpina
Dianthus croaticus
— cruentus
Echinops commutatus
Erythi'onium Dens canis
Euphorbia carniolica var. Varbossania
— Myrsinites
Euphrasia hirtella
— liburnica
— tatarica
Festuca Panciciana
Galanthus nivalis var. major
Gentiana crispata
— carpathica
— tergestina
Geum molle
Hedraeanthus Kitaibelii
Hieracium adriaticum
— brachiatum
— brevifolium
— cruentum
— cymosum
— Fussianum
— ; Helhvegeri
— Hoppeanum
— humile f. Sarajevense
— laevigatum subsp. melanothj-rsum
— lanceolatum
— Malyi Caroli
— pallescens
— praecurrens
— prenanthoides
— subcaesium
— Transsilvanicum
') Die folgende Zusammenstellung beruht auf eigener Anschauung. Die auf S. 150
mit einem * bezeichneten Pflanzen kommen auch hier vor.
152
Ilieracium Tvebevicianum
— valdefvondosum
— j'illosum
Hypericum alpigeniim
— quadranguhim var. immacidätiim
Iris bosniaca
Knaiitia dumetonim
■ — lancifolia var. Sarajevensis
— dinarica
Laserpitium margiiiatuin
Lilium bosniaciim
Liniim capitatiim
Lii^iila Forsteri
Melandryiim nemorale
Moenchia mantica
Mulgedium Pancicü
Myosotis suaveolens
Orobanche Pancicü
Pancicia serbica
Pedicularis Hoermanniana
Picris Tatrae
Plantago carinata
Poa alpina var. glaucescens
Polygala croatica
Polygonatum officinale var. ambigiiiim
Potcntilla montenegrina
Potcntilla Tommasiniaiia
Pritnula Bosniaca
Raniinciilus breytiiniis
— millefoliatus
— Serbiens
— Steveni
Rhamniis fallax (carniolica)
Rosa mollis var. Conrathiana
— tomentella
Salix silesiaca
Saxifraga Blavii
Sempervivitm Heiiffelii
Senecio Fiissii
Silene Sendtneri
Sorbiis Mougeotii
Spiraea mollis
Stachys labiosa var. Karstiana
— — var. Zepcensis
Taraxacum Hoppeanimi
Thymus Jankae
Trifolium pratense f. Lojkae
— ochroleucum
— pannonicum
Vicia oroboides
Viola declinata var. bosniaca
Sarajevo — ^Jajce — Banjaluka — Wien.
Von Sarajevo führt die Eisenbahn nun im Tale der Bosna nach Lasva.
Die Hauptlinie geht nordwärts weiter nach Bosnisch-Brod. Obwohl auch diese
vStrecke ihre landschaftlichen Schönheiten besitzt, empfiehlt es sich doch, nun-
mehr die westwärts abzweigende Nebenlinie zu benützen, die, dem Flußlaufe
der Lagva, eines Nebenflusses der Bosna, folgend, nach Travnik ^) führt (rechts
der Abhang der mächtigen Vla§ic planina, igig m). Mittels Zahnstangenbe-
triebes erreicht die Bahn den Komarsattel (777 m), die Wassersclieide zwischen
Bosna und Vrbas. Bei Komar ein iZbz m langer Tunnel. Von Donji Vakuf
kann ein zweitägiger Ausflug ins Gebirge zum Waldhaus Ljusa unternommen
werden. Urwälder von Fichten und Tannen. Bestände von Pinus nigra. Ab-
stieg ins Plivatal, am See vorbei nach Jajce. Letzterer Ort liegt auf einem
Hügel in dem Winkel, welchen die zirka 3o m tief in 6 — 8 Armen in den Vrbas
stürzende Pliva mit diesem bildet.
In der näheren Umgebung von Jajce finden sich unter anderem:-)
') In Travnik: Jesuitenkollegium und Gymnasium, kleines Museum mit dem vou
P. Erich Brandts angelegten Herbar; Obstbaustation der Landesregierung.
^) Dieses Verzeichnis ist nach der Literatur zusammengestellt. — Von Algen wären
Bangia atropurpurea und Lemanea Grossi zu erwähnen.
153
Aspenda longißora (? aristata)
Beta vulgaris var. orientalis
Campanula bononiensis
Centaurea micrantha
— subjacea
Cladhim Mariscus
Corydalis leiosperma
Dianthus deltoideiis var. serpyllifolius
Erysimum pannonicum
Etiphrasia libtirnica
Galium purpureum
Hieracium crinitum
— humile
— Virga aurea
Hvssopus officinalis
Knautia purpurea
Rhamnus fallax
Roripa lipicensis
Rosa pimpinellifolia var. Humensis
Senecio nemorensis var. Zahnü
Succisa inflexa
Sj 'mphra n dra Hofm ann i
Von Jajce aus können die Urwälder der Crnagora^) (Fliehten und
Tannen von enormen Dimensionen) besucht werden (zweitägige Exkursion).
Die Rückkehr nach Norden erfolgt am besten über Banjaluka. Die wild-
romantische Strecke des Vrbastales zwischen Jajce und Banjaluka gehört
zu den schönsten Gegenden Europas. Den Verkehr vermitteln Diligencen (Ent-
fernung 72 km, Fahrtdauer 7 Stunden). Kurz vor Banjaluka wird die Grenze
zwischen dem bosnischen Eichenwald und dem Karstwald überschritten. Vor
Karanovac verlassen wir das letzte Vrbas-Defilee, es erweitert sich das Tal, und
wir kommen nach Banjaluka (156 m), der zweitgrößten Stadt des Landes.
Um Banjaluka findet man u. a. : ^)
Acer obtusatum
— tataricum
Achillea nobilis
Angelica nemorosa
Carpinus duinensis
Centaurea osmana
— stenolepis
Cirsium arvense var. Fischeri
Cyperus flavescens
— fuscus
Dianthus croaticus
EcJiinops commutatus
Gypsophila spergulifolia var. serbica
Hypericum Androsaemum
Knautia bosniaca
— dumetorum
Oenanthe media
Ononis spinescens
Ory:{opsis virescens
Peucedanum Chabraei (Carvifolia)
Pulicaria idiginosa
Salvia Sonklari
Senecio aquaticus
Symphyandra Hofmanni
Tlialictriim minus
Thesium intermedium
Trifolium dalmaticum
— scabrum
— glabratum
Verbascum Orientale var. bosyiiacum
— phlomoides var. nemorosum
Xeranthemum cylindraceum
Lecrsia ory.'^oides
Von Banjaluka führt die Militärbahn nach Doberlin an die bosnisch-kroa-
tische Grenze. Von Doberlin ist Wien über Agram-Gyekenyes in 22Stündiger
Eisenbahnfahrt zu erreichen.
^) Tafel XXIII.
^) Dieses Verzeichnis ist nach der Literatur zusammengestellt.
Exkursion in die illvrischen Länder.
ANHANG.
Die bis zum fahre igoi über unser Gebiet erschienene botanische Lite-
ratur ist in großer VoUständig-keit auf vSeite 25 — 45 und 476 des grundlegenden
Werkes von Reck (l'itel siehe S. 2, Anm. ^) angeführt. Die wichtigsten
Arbeiten finden sich unter: Beck 2, i3; Freyn 3; Hauck 3; Lorenz 3;
Murbeck i; vSchlosser und Vukotinovic 2; vSmith 2; Visiani 4; Zahl-
bruckner i (ferner „Österr. botan. Zeitschrift'', 1903 JS. 147, 1905 S. i).
Im übrigen vergleiche diesen Führer: S. 27 Anm. ^), vS. 28 Anm. ^), S. 46,
S. i32 Anm. i).
Die pflanzengeographischen und floristischen Verhältnisse II-
lyriens sind in ihren Grundzügen gut bekannt; im Einzelnen ist noch außer-
ordentlich viel zu tun.
In der Nomenklatur und der Schreibweise der Namen haben sich
die V'erfasser im Allgemeinen an Fritsch, Exkursionstlora gehalten.
Aussprache der serbokroatischen Namen. Orthographie streng
phonetisch. Keine stummen Buchstaben. Jedem Zeichen entspricht immer nur
ein bestimmter Laut. Aussprache im allgemeinen wie im Deutschen. Aus-
nahmen hie\'on :
serbokroatisch deutsch
c wird ausgesprochen wie tz
c ,. ,, „ tsch
c .. „ . „ tch (ungefähr)
h .. „ „ ch
s .. ,. „ SS
§ .. „ „ sch (scharf)
\- .. .. ,, A\
z .. .. .. s (weich)
z .. .. ,, sch (weich)
dj. gj .. .. :, dsch.
Druckfehler: S. 43, Alinea 7: Der Name Nicotiana Tabacwn ist zu
streichen; \gl. vS. 53. — S. iii, Z. 7 w o. Nach Rhamnus ergänze fallax.
Inhaltsübersicht.
Seite
E i n 1 e i t u n c,' I
I. Das Küstengebiet und die angrenzenden Teile des Innern; die Inseln . 3
A) Allgemeine Schilderung des Gebietes 3
1. Geographisch-geologische Übersicht 3
2. Klimatische und pflanzengeographische Verhältnisse 14
a) Klimatische Verhältnisse ir
b) Allgemeiner Eindruck der Pflanzendecke ; Waldverwiistung und Boden-
zerstörung 20
c) Ausdehnung der einzelnen Vegetationsgebiete 24
d) Das mediterrane Gebiet 26
a) Begründung der Abgrenzung und Unterteilung 26
ß) Jährlicher Entwicklungsgang der Vegetation 28
y) Ökologie der Mediterranpflanzen 3o
tf) Die Pflanzenformationen des Mediterrangebietes 34
f) Statistische Angaben über das mediterrane Florengebiet 45
e) Die illj'rische Karstregion 48
a) Abgrenzung 48
ß) Jährlicher Entwicklungsgang der Vegetation 48
y) Ökologie der Karstpflanzen 48
cTJ Die Pflanzenformationen der illyrischen Karstregion 49
i) Die pflanzengeographische Stellung der Karstflora • • 55
B) Sclülderung der Reiseroute , zy
Vorbemerkungen über Land tind Leute 57
Reiseroute 59
AVien — Adelsberg 59
Adelsberg — Divaca (St. Canzian) — Triest 63
Triest 68
Triest — Pola — Zara — Sebenico 76
Sebenico — Spalato 79
Spalato 82
Spatato — Ragusa 84
Ragusa 88
Ragusa — Cattaro 91
Cattaro — Cetinje 92
156
Seite
II. Das Binnenland (Bosnien und die Herzegowina) 96
A) Allgemeine Schiklerung des Gebietes 96
1. Geographisch-geologische Übersicht 96
2. Klimatische und pflanzengeographische Verhältnisse 99
a) Klimatische Verhältnisse 99
b) Einfluß des Menschen auf die Veränderung der Pflanzendecke .... 100
c) Die Vegetationsgebiete 102
a) Ihre Verbreitung, Begrenzung und Unterteilung 102
ß) Die Pflanzenformationen 106
d) Die Florengebiete l3l
cc) Die mediterrane Flora • l32
ß) Die pontische Flora l35
y) Die baltisch-mitteleuropäische Flora i36
(TJ Die illyrisch-alpine Flora i36
B) Schilderung der Reiseroute 142
Vorbemerkungen über Land und Leute 142
Reiseroute 142
Zelenika — Mostar 142
Mostar 145
Mostar — Sarajevo 148
Sarajevo 149
Sarajevo — Jaice — Banjaluka — Wien 152
Anhang 154
Druck von ADOLF HOLZHAUSEN in Wien,
K. UND K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHDRUCKER.
Führer zu den wissenschaftlichen Exkursionen
des
IL internationalen botanischen Kongresses,
Wien 1905.
IL
EXKURSION
in das
österreichische Küstenland.
Von
Prof. Dr. Viktor Schiffner.
Mit Tafel I, IV— VI, IX— XIII, XV, XVII, XXI, XXII und 1 Textabbildung.
Wien, 1905.
Im Selbstverlage des Organisations-Komitees.
Druck von Adolf Holzhausen in Wien.
IL
Exkursion in das österreicliisclie Küstenland.
Von
Prof. Dr. Viktor Schiffner.
(Mit Tafel I, IV— VI, IX— XIII, XV, XVII, XXI, XXII und i Textabbildung.)
I. Allgemeine Schilderung des Gebietes.')
I. Allgemeines. — Begrenzung und Konfiguration des Gebietes.
Die Exkursion in das österreichische Litorale bezweckt, den
Teilnehmern die der mediterranen Flora angehörenden Pflanzenformationen,
soweit sie in dem zu bereisenden Gebiete vertreten sind (und dies sind nahezu
alle überhaupt in Österreich vorkommenden), an Stellen, wo sie besonders
schön und charakteristisch ausgebildet sind, zu zeigen und ebenso die sehr
interessanten Übergangsformationen der Mediterranflora in die angrenzende
illyrische und von dieser in die subalpine F'lora.
Das Gebiet der Exkursion ist fast ausschließlich das österreichische
Küstenland (Istrien, Triest, Görz und Gradisca), dessen Küstenstrich an
verschiedenen Punkten, beginnend von der Hafenstadt Fiume, die an der Küste
Kroatiens hart an der Grenze Istriens gelegen ist, besucht werden soll; zum
Schlüsse der Exkursion soll noch Adelsberg berührt werden, welches schon
im Kronlande Krain liegt, um die weltberühmte Adelsberger Grotte den
Exkursionsteilnehmern zu zeigen und noch an einer interessanten Stelle (am
Adelsberger Schloßberge) die Übergangsformation der illyrischen und sub-
alpinen Flora vorzuführen.
^) Denen, welche außer dem vorliegenden, die botanischen Interessen in den
Vordergrund stellenden Führer noch ein Reisehandbuch anzuschaffen wünschen, sei
empfohlen: Illustrierter Führer durch Triest (Wien, Hartlebens Verlag, Preis 4 K.),
welcher sich nicht nur auf Triest sondern auf das ganze Küstenland bezieht und sogar
noch einen Teil der Südalpen und Venedig mit einschließt.
Exkursion in das österreichische Küstenland. I
Die mediterrane Flora ist nur auf einen verhältnismäßig schmalen
Streifen rings um die istrjanische Halbinsel und die benachbarten Inseln be-
schränkt und zieht sich dann nordwestlich längs der Küste von Görz und Gra-
disca bis gegen die oberitalienische Tiefebene hin. Nur im Süden verbreitert
sich das Gebiet der Mediterranflora erheblich, so daß sie fast den ganzen süd-
lichen Teil Istriens bedeckt. Die an ein großes Wärmeausmaß angepaßten
Mediterranpflanzen können nur in den im Sommer heißen, im Winter milden
Küstenstrichen gedeihen und gehen im allgemeinen nicht über 250 m nach auf-
wärts über den Meeresspiegel, die meisten steigen aber nicht einmal so hoch
empor. Da das nördliche Istrien so konfiguriert ist, daß fast überall das Terrain
nicht weit von der Küste steil aufsteigt zu dem das Innere der Halbinsel aus-
füllenden Plateau, so ist das Gebiet der Mediterranflora im allgemeinen ein recht
schmaler Streifen am Gestade des Adriatischen Meeres und umfaßt auch die an
der Südv/estküste Istriens gelegenen Brionischen Inseln.
Das Plateau des Inneren Istriens beherbergt zumeist Formationen des
il lyrischen Florengebietes und steigt vom Südengegen Norden an, so daß es
im Norden Istriens in einem Höhenzuge kulminiert, der die Halbinsel fast der
ganzen Breite nach von Nordwest nach Südost durchquert, den Tschitschen-
boden, dessen östlichster und höchster Gipfel der 13967» hohe Monte Mag-
giore ist, der schon hoch über die Mediterranflora hinaus und in die subalpine
Flora hineinragt.
Auch gegen Osten steigt das Plateau des Inneren Istriens allmählich an
und fällt gegen die Nordostküste, und zwar gegen den Quarnero steil ab.
Dieser Umstand bedingt, daß an der Nordostküste Istriens die Mediterranflora
nicht so typisch entwickelt ist, wie an der Westküste und im Süden der Halb-
insel und manche Pflanzengeographen rechnen diesen Teil des Küstenstriches
überhaupt nicht mehr der mediterranen Flora zu. (Übergangsgebiet, «libur-
nische Region» nach Beckj.
In dem hier abgegrenzten Gebiete der Exkursion werden solche Punkte
des Küstenstriches besucht werden, welche ganz besonders charakteristisch die
einzelnen Formationen der Mediterranflora zeigen. Ferner sollen solche Lo-
kalitäten berührt werden, wo die zweite für das genannte Gebiet maßgebende
F"lora: die Flora der illyrischen Karstregion (= südliche pontische F'lora,
illyrischer Gau nach A. Kerner) in ihren einzelnen Formationen teils rein, teils
im Übergange in die mediterrane Flora zu sehen ist. Endlich werden die Über-
gänge von der Karstflora in die subalpine (zur baltischen Flora nach A. v.
Kerner) am Monte Maggiore in sehr schöner und klarer Weise studiert
werden können. Die illyrische Karstflora wird am Schlüsse der Exkursion
nochmals in schönster Ausbildung im nördlichen Küstenlande bei St. Canzian
in einigen charakteristischen Formationen (Karstheide, Karstwiesen etc.) in
Augenschein genommen werden und daselbst werden auch stellenweise schon
die sehr interessanten Eindringlinge aus der subalpinen (baltischen)
Flora auffallen. — Ein sehr merkwürdiges Gemisch der illyrischen Karstflora
und der subalpinen werden die Teilnehmer der Exkursion schließlich am End-
punkte der Reise bei Adelsberg im südlichen Krain zu sehen bekommen.
St. Canzian und Adelsberg bieten gleichzeitig in ihren unvergleichlich
schönen und großartigen Grotten Sehenswürdigkeiten allerersten Ranges.
2. Die geologischen Verhältnisse des Gebietes.
Diese sind äußerst einfach und übersichtlich. Die Hauptmasse des Gesteines
ist der Rudistenkalk,^j der oberen Kreide angehörig. Diesem ist aufgelagert
der dem oberen Eozän angehörige Flysch. Der Rudistenkalk ist schon durch
tlie weiße Farbe von dem gelblichgrauen Flysch in der Landschaft sofort zu
unterscheiden. Der Rudistenkalk nimmt den ganzen südlichen Teil Istriens ein,
zieht sich an der Ostküste der Halbinsel hin bis zum Tschitschenboden, dessen
südöstlicher Teil ebenfalls aus diesem Gestein besteht. Auch der nordwest-
liche Teil des Tschitschenbodens und die benachbarten Partien von Görz und
Gradisca bauen sich aus Rudistenkalk auf. Längs der Meeresküste rings um den
Golf von Triest verläuft eine Flyschzone von meist nur mäßiger Breite, stellen-
weise sogar recht schmal, die sich südlich vom Tschitschenboden in Form
eines Dreieckes tief in das Innere des Landes hinein verbreitert und durch
einen schmalen Streifen, der die südöstlichen und nordöstlichen Rudistenkalk-
massen des Tschitschenbodens trennt, mit dem großen nördlich vom Tschit-
schenboden gelegenen Flyschbecken kommuniziert. Der ganze Süden der
Halbinsel Istrien und die Karsthöhen sind also vom Rudistenkalk gebildet. Die
Mulden sind vom Flysch ausgefüllt. An den Rändern der Mulden schiebt sich
zwischen Flysch und Rudistenkalk hie und da in unbeträchtlicher Ausdehnung
Nummulitenkalk(unteresEozän)ein,derimLandschaftsbildekeineRollespielt.
Die oben erwähnten Farbenunterschiede der vorherrschenden Gesteine
sind so auffallend, daß das Volk in Istrien drei Bezirke unterscheidet: den
nördlichen Teil als «weißes Istrien» (Rudistenkalk), den mittleren als «gelbes
Istrien» (das F'lyschbecken und die Zone um den Golf von Triest) und den
südlichen Teil der Halbinsel als «rotes Istrien», so genannt, weil sich hier
allenthalben dem Rudistenkalke die rote Erde «terra rossa» auflagert.
3. Klimatische Verhältnisse.
Während die Verbreitung der Florengebiete nicht wesentlich von der
geologischen Beschaffenheit des Terrains beeinflußt wird, ist sie im hohen
Grade von den klimatologischen Verhältnissen abhängig. So ist beispielsweise
die mediterrane Flf)ra im Gebiete ausschließlich auf die Punkte beschränkt, wo
') Der Name bezieht sich auf eigentümlich geformte Muscheln, Rudisten oder
Hippuriten genannt, die für diese Kalke charakteristische Leitfossilien sind.
1*
die mittlere Temperatur des kältesten Monats über +4° beträgt, obwohl die
tiefsten überhaupt daselbs? beobachteten Temperaturen noch — io° erreichen
können, also noch vereinzelte starke Fröste vorkommen und die höchsten ab-
soluten Temperaturen von den in Wien beobachteten nicht viel abweichen. ^)
Das Vorkommen von mediterranen Pflanzen ist also durch die milden Winter
ermöorlicht. Als weiteres Beispiel des Einflusses des Klimas auf den Charakter
der Vegetation sei hier noch hervorgehoben, daß fast alle Gewächse der Medi-
terranflora xerophytisch sind. Die jährliche Niederschlagsmenge im Gebiete
der Mediterranflora ist nun keineswegs eine sehr geringe,^) jedoch ist dieselbe
in den regenärmsten Monaten äußerst niedrig und kommen oft lange völlig
regenlose und sehr trockene Perioden vor, über welche die Pflanzen nur mit
Hilfe von Schutzmitteln gegen zu große Transpiration hinwegkommen können,
wie wir solche bei den Bürgern der Mediterranflora, in mannigfacher Weise
ausgebildet, ganz allgemein verbreitet sehen. -Die xerophilen Anpassungs-
erscheinungen sind so bekannt, daß auf sie nicht im Detail eingegangen zu
werden braucht.
Triest
Pola
Abbazia
Monte
Maggiore ^)
Divaca
Mittlere Jahrestem-
peratur
Mittlere Temperatur
des wärmsten Monats
Mittlere Temperatur
des kältesten Monats
Höchste absolute
Temperatur
Niederste absolute
Temperatur
Jährliche Nieder-
schlagsmenge
Alonat der größten
Niederschlagsmenge
Monat der niedrig-
sten Niederschlags-
menge
14-0° C
Juli
24-2°
Jänner
+ 4-5°
37-5°
Juli 1873
(Jan. 1905)
X 1 1 4 m m
Oktober
166 mm
Februar
62 mm
14-0"
Juli
24-0°
Jänner
+ 5-4°
35-5°
(seit 1857)
— 8-4°
891 mm
Oktober
125 mm
Juli
46 mm
i3-5°
Juli
22-5°
Jänner
I r .oO
35-8°
(Aug. I
— 7-0°
Febr. 1901
1809 mm
Oktober
268 min
Juli
94 mm
7-5°
Juli
167°
Jänner
— 1-1°
29-4°
(Aug. 1890)
— 237
Jänner 1901
^ g
2 ^ 'S
^ ö -^
(LI r-l
10*9"
Juli
207°
Februar
4- 1-1°
36-0°
(Aug. 1900)
seit 1897
— I2'6
Febr. 1898
1068 m)n
Oktober
146 m)n
Jänner
57 '"'"
1) Sie beträgt für Wien +36-2° für Triest 37-5°, Pola 35-0°, Abbazia 35-8° C.
2) Sie beträgt z.B. in Triest 1114mW, also nahezu das Doppelte als in Wien
(617 mm) und in Abbazia fast das Dreifache (1809 mm).
^) Die Daten beziehen sich auf das Schutzhaus, wo sich die meteorologische
Station befindet.
Die klimatologischen Daten für die Hauptpunkte des Exkursionsgebietes
kann man aus der nebenstehenden Tabelle entnehmen. Adelsberg mußte
dabei übergangen werden, weil die Messungen für diesen Ort lückenhaft sind.
Die Daten der Tabelle verdanke ich der Direktion der k. k. Zentralanstalt
für Meteorologie und Geodynamik in Wien.
Bemerkt muß zu dieser Tabelle werden, daß die Temperaturmittel (jähr-
liche und monatliche) von Triest, Pola, Abbazia und Monte Maggiore
reduzirt sind auf die 50jährige Periode 1851 — 1900; dieselben Daten von Di-
vaca sind das Mittel aus Beobachtungen vom Juli 1897 bis Jänner 1899 '^"^1
Jänner 1900 bis Dezember 1902.
Von größter Bedeutung für die Vegetation sind die für das Gebiet cha-
rakteristischen Winde. Dr. Ginzberger schildert die W^irkung derselben
sehr zutreffend in folgender Weise: «Die Bora ist ein kalter, trockener Nord-
ostwind, der zu allen Jahreszeiten vorkommt, aber am stärksten in den Winter-
monaten weht. Da stürzen sich die Luftmassen mit furchtbarer Gewalt von
dem kalten hohen Binnenlande herab auf die wärmere Meeresküste. Starke
Bäume werden entwurzelt oder abgebrochen. An der Seite, von welcher die
Bora kommt, haben die Bäume oft keine oder ganz kurze Äste, das Strauch-
werk ist platt dem Boden angepreßt. Die Bora ist aber nicht auf die Winter-
monate beschränkt und kann, wenn sie im Frühling losbricht, namentlich da-
durch schaden", daß sie, mit voller Wucht auf das Meer hinabstürzend, das
Wasser desselben fein zerstäubt und den salzhaltigen Staub verderbenbringend
über die Kulturen verbreitet. Der Scirocco ist gerade das Gegenteil der
Bora. Er ist feucht, warm, kommt von Südost und bringt immer Regen. Auch
er kann durch Zerstäubung des Meerwassers die Kulturen schädigen.» (Vgl.
Das Wissen für Alle, 1902, p. 414.)
4. Charakteristik der im Gebiete vertretenen Floren und Formationen.
Es soll hier absichtlich nicht in Details eingegangen werden, da jeder-
mann, der eine eingehendere Information über die Vegetationsverhältnisse im
mediterranen und Karstgebiete Österreichs wünscht, eine sehr gute Darstellung
der betreffenden Tatsachen in dem allgemeinen Teile zu dem «Führer» für die
Exkursion in die illyrischen Länder von Dr. August Ginzberger findet,
welcher diese Darstellung bereits in dem vSinne abgefaßt hat, daß sie gleichzei-
tig auch als Einführung in die Vegetationsverhältnisse unseres Gebietes dienen
kann. ^) Dabei muß aber darauf hingewiesen werden, daß die erwähnte vor-
zügliche Schilderung das ganze Mediterrangebiet und Karstgebiet der öster-
reichischen Monarchie umfaßt, während wir uns hier nur für einen bestimmten
') Im zweiten (speziellen) Teile dieses Führers wird sich bei Besprechung der
einzelnen zu beziehenden Lokalitäten Gelegenheit bieten, auf weitere besonders charak-
teristische Pflanzen, die dort zu finden sind, aufmerksam zu machen.
Teil interessierf-n, in dem einige der dort geschilderten Formationen fehlen
(z. B. der Strandföhrenwald, der mediterrane Schwarzföhrenwald etc.). ^) Wir
können uns darauf beschränken, mit wenigen Worten die Eigentümlichkeiten
der in Betracht kommenden Floren und Formationen anzudeuten.
A) Mediterrane Flora.
Das Klima in dem mediterranen Gebiete ist ausgezeichnet durch große
vSommerwärme, verbunden mit bedeutender Trockenheit, und sehr milde Win-
ter' Winterfröste fehlen zwar nicht vollkommen, die mittlere Temperatur des
kältesten Monats (Jänner) sinkt aber nie unter o° herab. ^) Die Vegetation macht
also keine Winterruhe durch, wohl aber tritt wenigstens teilweise ein Still-
stand der Vegetation in der heißen, dürren Sommerszeit ein (Sommerschlaf).
Die Holzgewächse dieser F'lora sind fast ausnahmslos immergrün.
Die Formationen der mediterranen F'lora, welche im Gebiete vertreten
sind, sind folgende:
I. Die Macchia, der immergrüne Buschwald, ist die auffallendste und
charakterischeste F'ormation der Mediterranflora (nicht nur in unserem Ge-
biete, sondern in der ganzen Mediterranzone sich mit wenig Abwechslung
wiederholend) und kann mit keiner anderen Formation Mittel- und Nordeuropas
verglichen werden.^) Die Macchia ist ein äußerst dichtes, meistens vollkom-
') Für noch eingehendere Information über das Gebiet in pflanzengeographischer
und floristischer Hinsicht sei nur auf folgende Werke verwiesen: R. v. Beck, Die Vege-
tationsverhältnisse der illyrischen Länder (IV. Bd. von Engler und Drude, Die Vege-
tation der Erde), Leipzig, Verlag von W. Engelmann, 1901. — Freyn, Die Flora von
Süd-Istrien (Verh. d. zool.-bot. Ges., Wien 1877, p. 241 ff.) und Nachträge dazu (ebenda
1881, p. 350 ff.). — Smith A. M., Flora von Fiume (Verh. d. zool.-bot. Ges., Wien 1878,
p. 335 ff.). — Marchesetti, La Flora dl Parenzo (Atti del Museo di storia nat. di
Trieste 1890, p. 25 ff.). — Marchesetti, Flora di Trieste e de suoi dintorni, Trieste
i8g6 — 1897. — Pospichal, Flora des österr. Küstenlandes, Wien, F. Deuticke, I. Bd.
1897, II^- Bd. 1899.
^) Man vergleiche die Tabelle auf Seite 4.
^) So viel mir bekannt, ist der Gedanke merkwürdigerweise noch nirgends aus-
gesprochen worden, daß die Macchia lediglich mit dem tropischen Regenwalde (oder
noch besser mit der von den Brasilianern «Capoeira» genannten Formation) verglichen
werden kann und sozusagen das letzte Ausklingen, die zwerghafteste und verkrüppelte Form
dieser herrlichsten und vollkommensten Pflanzengemeinschaften der Erde darstellt. Es ist
meiner Ansicht nach ganz ungereimt, unsere Nadelwälder und sommergrünen Laubwälder
mit dem Tropenwalde in eine Parallele zu stellen, oder gar engere Beziehungen zwischen
beiden aufdecken zuwollen, welche vollkommen mangeln. Beide müssen total verschiedenen
Ursprunges sein, was schon aus dem Umstände hervorgeht, daß die Bäume und Sträucher
unserer Wälder ganz anderen Gattungen, ja fast durchwegs auch anderen Pflanzenfamilien
angehören als die Gewächse des Tropenwaldes. Daß aber zwischen letzterem und der Mac-
chia tatsächliche «Verwandtschaft» oder Zusammengehörigkeit besteht, bedarf für den, der
in den Tropen den Urwald in seiner krüppelhaftesten Form, nämlich auf den Gipfeln der
men unduichdrinj^liches Strauchwerk von meistens 2 — 3 m Höhe, fast ganz
ohne Unterwuchs: nur an ungünstigeren Stellen wird sie niedriger und oft auch
mehr zerrissen und dann finden sich auf ihrem Grunde verschiedene krautige
Mediterranpflanzen ein. Das Aussehen der Macchia soll hier nicht beschrieben
werden; es soll nur auf folgende Punkte hingewiesen werden: Die Macchia
setzt sich aus einem bunten Gemisch verschiedener Holzgewächse zusammen,
niemals aus einer einzigen oder zwei bis drei Arten (wie unsere Wälder).
In diesem Gemisch ist bald die eine, bald die andere Art reichlicher vertreten,
bald fehlt die eine oder die andere Spezies. Immer aber wiederholen sich in
der Zusammensetzung der Macchia im wesentlichen eine geringe Anzahl von
Arten, die verschiedenen F'amilien angehören und als hauptsächlichste Kom-
ponenten der Macchia gelten können. Die charakteristischesten sind fol-
gende: Qiiercus Hex, Laurus nobilis, Myrthus italica, Phyllirea latifolia, Arbiitus
Unedo f Rhamnus Alatermis , Pistacia Lentiscus , P. Jerebinthns , Vibiirnum
Tinus, Spartium jiinceum, Erica arborea, Jiiniperus Oxycedrus, Coronilla Eme-
roides, Cistus monspeliensis, C. villosus, C. salviaefolius, Rosa sempervirens, Li-
gitstrum vulgare, Smilax aspera, Lonicera implexa, L. Etrusca, Clematis Flam-
niula, Neriimi Oleander und Vitex Agnus castus (die beiden letztgenannten nur
stellenweise). Einige der genannten Pflanzen findet man auf Tafel IV, V, X und
XIII abgebildet.
Es ist von besonderem Interesse, daß fast alle aufgezählten Charakter-
pflanzen der Macchia immergrüne (Hartlaub-) Gewächse sind; nur Pistacia
Terebinthus und Coronilla Emeroides sind laubwechselnd.
2. Der Lorbeer wald, im Gebiete am schönsten bei Abbazia am Quar-
nerobusen entwickelt, bildet eine verhältnismäßig schmale Zone an den bis nahe
an das Gestade des Meeres herantretenden Abhängen. Die schön und dunkel
belaubten Bäume von Laurus nobilis erreichen nur mäßige Dimensionen, die
Stammdicke beträgt meistens nur 10 — 20 cm im Durchmesser. Beigemischt
findet man dem Lorbeer von Bäumen: Qiiercus lanuginosa, Castanea sativa,
Ostrya carpinifolia; von Sträuchern sehr häufig und charakteristisch einige
sommergrüne Holzgewächse der Karstregion: Fraximis Orniis, Paliurus au-
stralis, Carpinus duinensis, Cotinus coggygria etc. Im Unterholze ist charakteri-
stisch und häufig Ruscus aculeatus und zahlreiche Kräuter, unter denen weiß-
blühende Melittis melissophyllmn besonders häufig und auffallend ist, die hier
nicht genannt werden sollen, da der Lorbeerwald von Abbazia im speziellen
Teile nochmals besprochen werden soll. P3s möge hier nur noch erwähnt
Hochgebirge als sogenannte alpine Strauchvegetation gesehen hat, gar keines Beweises.
Diese alpine Strauchregion ähnelt nicht nur äußerlich durch das fast ausschließliche Vor-
herrschen immergrüner Gehölze von ganz übereinstimmendem Habitus der Macchia,
sondern wir finden hier auch wirklich phylogenetisch zusammengehörige Formen, die
wenigstens denselben Familien angehören z. B. Myrthaceen, Lauraceen, Erikaceen,
Anacardiaceen, Apocynaceen (vgl. Neriitm) etc.
werden, daß die große Menge von Kletterpflanzen im Lorbeervvalde äußerst
aulifallend ist; von solchen ^ind besonders zu erwähnen: Tamus communis, Cle-
matis vitalba, Hedera Helix, Smilax aspera und Asparagiis acutifolius.
3. Der Pinienwald. Im ganzen mediterranen Gebiete Österreichs ist
ein wahrscheinlich autochthoner Pinienwald (Piniis Pinea) nur bei Belvedere
im Friaul, welcher im speziellen Teile nochmals erwähnt wird, und dort sollen
auch die anderen Bestandteile desselben aufgezählt werden.
4. Der litorale Eichenwald. Dieser ist im Gebiete nur sehr spärlich
vertreten. Er wird gebildet aus sommergrünen Eichen (Qiierus lamiginosa,
Qu. sessilißora, Qu. Robur) mit Unterholz, teils von Macchiensträuchern, teils
von Karstpflanzen (Carpinus duinensis, Paliunis u. a.)
5. Formation der Salzsümpfe (Salinenflora). Stellenweise von
fast wiesenförmigem Charakter mit dichter Vegetation bedeckt, stellenweise
wieder schlammig und nur zerstreute Halophyten aufweisend. Dazwischen hie
und da größere Tümpel und Gräben mit Zostera marina und anderen Salz-
wasserpflanzen. Von besonders charakteristischen Pflanzen dieser Formation
seien hier nur folgende genannt: Salicornia herbacea, S.fruticosa, Atriplex (Hali-
mus) portulacoides, Artln'ocnemum macrostachyum, Imila crithmoides (Tafel XII),
Artemisia caerulescens, Statice Limonium, St. cordata, Juncus acutus.
6. FormationderDünen pflanzen. Die Vegetation der sandigen flachen
Meeresufer und des Flugsandes der Düne ist eine schüttere und fast durch-
wegs aus Kräutern und Stauden bestehende; die hie und da auf der Düne vor-
kommenden Holzgewächse sind angepflanzt (Tainarix africana, Pinus Haiepen-
sis, P. Pinea, Ulmus, Platanus, Alnus). Von den Charakterpflanzen dieser For-
mation mögen hier nur erwähnt werden: Psamma arenaria, Cynodon Dactylon,
Erianthus Ravennae, Cyperus capitatus (Schoenus mucronatus) , Holoschoenus vul-
garis, Medicago marina, Euphorbia Paralias, Cakile maritima, Echinophora spi-
nosa, Eryngium maritimum, Scolymus hispanicus (Tafel XI und XII), Calystegia
Soldanella, Silene inßata, Plantago Psylliimi etc. Von Holzgewächsen sind zu
nennen: Tamarix gallica und Vitex Agnus castus (Tafel XIII).
7. Formation der Strandklippen, Ufer dämme und des stei-
nigen Meeresstrandes. Die charakterischeste Pflanze ist Crithmum mariti-
mum; ferner finden sich hier Inula viscosa, Euphorbia Paralias, Capparis ru-
pestris , Salsola Kali, S. Soda, Plantago maritima, Glaucium ßavum, Arundo
Donax, Foeniculum vulgare und viele Ruderalpflanzen, z. B. Xanthium, Lepidium
graminifolium, Coronopus procumbens, Reseda lutea, Aegilops ovata etc.
8. Ruderalflora und Vegetation alter Mauern. Erstere besteht
zum Teile aus weitverbreiteten Ruderalpflanzen; auffallendere Erscheinungen
sind: Conium maculatum, Centaurea Calcitrapa, C. solstitialis, Onopordon acan-
thium, Scrophidaria canina, Fumaria Vaillantii, Diplotaxis tenuifolia, Xanthium
strumarium, X. spinosum, Verbena officinalis, Zacyntha verrucosa, Helminthia
echioides etc. Letztere (Tafel XIII unten) ist im mediterranen Gebiete durch
einige sehr bezeichnende und zum Teile sehr schöne Pflanzen ausgezeichnet:
Ceterach officinarum, Ptvietaria ramißora, Erysimiim (C^heiranthus) Cheiri, Cen-
thranthiis ruber, Cjnnbalaria imiralis, Antirrhinum majiis, Campanula pyrami-
dalis und Capparis rupestris.
9. Kulturpflanzen. Die Getreidegräser, welche in Mitteleuropa einen
so bedeutenden Einfluß auf den Charakter der Landschaft ausüben^ treten in
der Mediterranzone ganz zurück; nur hie und da wird Zea Mays kultiviert und
noch seltener der Reis (besonders im Friaul); Citronen- und Orangenbäume
werden nur spärlich kultiviert; hingegen sind zwei andere wichtige Kultur-
pflanzen von größter Bedeutung für dieses Gebiet: der Ölbaum (Olea europaea)
und der Weinstock (Vitis vinifera). Der Ölbaum bildet lichte, schüttere Haine,
die mit ihren knorrigen und im Alter zerrissenen Stämmen und dem silber-
grauen Laube einen düsteren, unschönen Eindruck machen (Tafel XV). Dieser
Baum ist von pflanzengeographischem Interesse, da er geradezu als Leitpflanze
für das mediterrane Florengebiet gelten kann; er steigt im Quarnero nur bis
150 ;;z empor, bei Triest erreicht er 200 m. Der Weinstock ist stellenweise auch
ein wichtiges Moment in der Landschaft (Tafel XVII).
Von anderen charakteristischen Kulturpflanzen der mediterranen Region
seien noch folgende namhaft gemacht: der Feigenbaum (Ficus carica), der
Johannisbrotbaum (Ceratonia siliqua), der Granatapfelbaum (Piinica Granatum),
der als Strauch auch hie und da wild in der Macchia vorkommt, der Pfirsich-
und Mandelbaum (Prunus Persica und Amygdalus commimis), die Zypresse
(Cupressus sempervirens), welche hauptsächlich auf Friedhöfen gepflanzt wird,
der Maulbeerbaum (Morus alba), oft zwischen dem Weinstock kultiviert; auf
dürren, heißen Felsen und Mauern oft verwildert und im Landschaftsbilde bis-
weilen hervorstechend sind die Agave americana und Opuntia Ficus indica. Pinus
halepensis und P. Pinea sieht man oft kultiviert. In Anlagen, Gärten und Alleen
gedeiht eine stattliche Zahl schöner subtropischer Gewächse wie Phoenix dacty-
lifera (auf Lussin), baumartige Kamelien, ^Xc'me. Bambusa-\vl&n etc. Gewöhn-
liche Heckenpflanzen sind Evonymus Japonicus, Aucuba Japonica, Pittosporum
Tobira und Hibiscus syriacus. Unter den mediterranen Gemüsepflanzen sind be-
sonders auffallend die schönen Cy n ara- Ar i&n: C. Scolymus (Artischoke) und
C. Cardunculus (Cardoni).
IG. Die Flora des Meeres. Von Phanerogamen sind nur wenige ver-
treten, von denen Zostera marina stellenweise ausgedehnte unterseeische Wie-
sen bildet. Umso reicher und mannigfaltiger sind die Algen vertreten, die an
den Küsten bis zu einer Tiefe von etwa 100 m stellenweise eine üppige Vege-
tation bilden. Schön geformte Florideen prangen in allen Nuancen von Rot,
besonders Ceramien, Polysiphonien, Calli thamnien, Porphyra, Deles-
seria, Nitophyllum, Peyssonellia und die korallenähnlichen Kalkalgen aus den
Gattungen: Lithothamnium, Lithophyllum und Corallina. Von Grünalgen sind
besonders zu nennen: Ulva Lactuca, Enteromorpha- Arten, Codium Bursa und
C tomentosum, Halymeda Optintia und H. Tuna, Valonia ulricularis und die
zierliche Acelabiilaria medlterranea. Unter den Brauntangen fallen besonders auf:
Fuchs virsoides , Cystosira barbata, C. ericoides , Padina pavonia, Dictyopteris
polypodioides, Dictyota dichotoma und Sargassinn linifoliiim.
V^on den Formationen der Mediterranflora sind im Gebiete nicht ver-
treten: der mediterrane Schwarzföhrenwald (nur auf Sabbioncello und Brazza),
der Strandföhrenwald (Pinus halepens), der erst südlich vom 43.° südlicher
Breite auftritt.
B) Illyrische Karstflora.
Die illyrische Karstregion gehört dem westpon tischen Florengebiete
an und wird auch als pontische Flora, illyrischer Gau bezeichnet.
Sie bedeckt in unserem Gebiete die Höhen und Hochflächen im Inneren des
Küstenlandes, also vom Isonzo oberhalb des mediterranen Küstenstriches sich
nach Istrien über den Tschitschenboden bis südlich zum Canale di Lerne (also
bis zu dem südlichen mediterranen Teile der Halbinsel sich ausbreitend.)
Darüber ragen nur die höchsten Höhen des südöstlichen Tschitschenbodens
inselartig hervor (der Monte Maggiore), die der baltisch-subalpinen Flora an-
gehören. Im äußersten Norden des Gebietes bei St. Canzian und Adels-
berg mischen sich schon reichlich subalpine Flemente unter die Karstpflanzen
(näheres darüber im speziellen Teile).
Das Klima der hier in Rede stehenden Region ist charakterisiert durch
Winterfröste (der Schneefall ist im Winter meistens gering, was die Vegetation
sehr schädigend beeinflußt) und durch große Dürre im Sommer. Die Vege-
tation ist also hier an Winterruhe und an ein vStocken des Pflanzen-
lebens während der Sommerdürre (Sommerschlaf) angepaßt. Die
Holzpflanzen dieser Flora sind fast durchwegs sommergrün, während die der
Mediterranregion fast alle immergrün sind.
In der illyrischen Karsttlora lassen sich folgende Formationen unter-
scheiden:
I. Der Karstwald. Diese F'ormation hatte in früheren Jahrhunderten
eine weitaus größere Ausdehnung wie heute. Unsinnige Wirtschaft und der
Mangel jeglicher Obsorge für Nachzucht haben die herrlichen Eichenwälder,
die einst den Karst ^) bedeckten, bis auf spärliche Reste vernichtet. Die
schwerste Schuld trifft in dieser Beziehung die Venezianer, welche die Eichen-
stämme des Karstes als Piloten zum Baue der Lagunenstadt benötigten und
dadurch die Wälder verwüsteten.
Der Karstwald besteht im wesentlichen aus sommergrünen Eichen (Quercus
sessilißora, Qu. Cerris, Qii. lanuginosa), denen sich Castauea resca (Tafel XXI)
') Über die mehrfache Bedeutung, in welcher der Ausdruck «Karst» gebraucht
/ird, vgl. diesen «Führer I», S. 8 fi', 15, 23.
und andtire s()mmei-y;riine Gehölze beigesellen, die teils von Natur aus Sträuchcr
sind, teils Bäume, die aber meistens nur strauchartig auftreten, wie: (Iratacgus
monogyna, Cotinus (A)ggygria, Ostrya carpinifolia, Carpiniis Hetulus und (\ dui-
nensis, Fraximiis Orniis, Celtis australis, Acer mompes.sulaniim, A. oblusatiim,
A. campestre, Ulmus campestris, Sorbns Äria, S. totiniualis, Paliiinis australis,
Juniperus communis, J. oxycedrus, Cornus mas, (1. sanguinea, Daphne alpiiia,
Coronilla emeroides, Rhamnus rupestris etc.
2. Die Kar st hei de. Die dürftige Vegetation (Tafel IX) läßt allenthalben
das weißliche Kalkgestein zutage treten, welches in kleineren Brocken oder
größeren Blöcken umherliegt, zwischen welchen nur spärlicher Humus an-
gehäuft ist, da Regen und Wind eine reichlichere Ikimusanliäufung verhindern.
Büsche von Jiiiiiperus communis, J. Oxycedrus und Paliurus sind häufig vor-
handen und deuten darauf hin, daß daselbst einst Karstwald vorhanden war,
dessen letzte Reste sie darstellen.
Die Elemente der Vegetation der Karstheide sind etwas wechselnd, je
nach der Lage der betreffenden Lokalität; in den niedersten Lagen sind medi-
terrane, in den höchsten Lagen subalpine Elemente eingemischt. Von den
Pflanzen dieser F'ormation mögen hier nur einige der am meisten charakteristi-
schen genannt werden : Helleborus'odorus, Helleborus muUifidus, Paconiaperegriua,
Genista sericea, G. silvestris, Euphorbia fragi/era, E. nicaeensis, Gytisus an^enteus,
Gentiana tergestina, Ruta divaricata, Onosma echioidcs, Lamium Orvala, Heli-
chrysuiu italicum, Globiilaria cordifolia, Teucrium )}wntanum, Eerulago galba-
nifera, Polygala nicaeensis, Campanula pyramidalis, Carex humilis, Slipa pcn-
nata, Aristolochia pallida.
3. Karstwiesen. An Stellen, wo sich trotz der Tätigkeit der Nieder-
schläge und Winde, welche der Humusbildung störend entgegenwirken, größere
Hutnusmassen ungestört ablagern konnten und einige Feuchtigkeit herrsclit,
wie z. B. in muldenartigen 'I'errainsenkungen oder in seichteren Dolinen, ^)
schließt sich die Vegetation der Gräser, Stauden und Kräuter enger und dichter,
so daß Wiesen entstehen, die unseren Bergwiesen an Schönheit und Blüten-
reichtum nicht nachstehen. Da in den verschiedenen Jahreszeiten gewöhnlich
eine Spezies oder nur wenige Arten durch ihre ungeheure Masse an Individuen
die P'lora der Karstwiesen beherrscht, so prangen sie bald im weißen (Narcis-
sus radiißorus), violetten (Crocus variegatus und C. vernus), blauen (Gentiana
tergestina) oder im Sommer im gelben Kleide (Alectorolophus Freynii, A. minor.
') Die «Dolinen» (Tafel XVII und X) gehören zu den charakteristischen «Karst-
erscheinungen». Es sind seichtere oder tiefere trichterförmige Einsenkungen von sehr
verschiedenen Dimensionen, meistens kreisrund oder elliptisch im Umrisse, die ihre Ent-
stehung wohl meistens den im Karst so häufigen unterirdischen Wasserläufen verdanken,
welche durch Auslaugung des Gesteines unterirdische Hohlräume bilden, deren Decke
später eingesunken ist. Sie lassen sich am besten mit <len «Pingen» in den Braun-
kohlenrevieren Böhmens vergleichen.
Tragopogon Tonuiiasinii, Senecio lanatus, Hippocrepis comosa, Scor:^onera y'ülosa,
Genista sagittalis, G. sen'Jea, Anthyllis vulneraria etc.). Aus der großen Zahl
der Karstwiesenpflanzen sollen nur noch einige hier namhaft gemacht werden,
die kaum je fehlen: Muscari comosiiin und M. botryoides, Iris illyrica, Jurinea
mollis, Orobus versicolor (= O. pannonicus), Orchis Mario, Ophrys- Arten, Sera-
pias pseudocordigera, Veronica multifida, Polygala nicaeensis, Orobanclie lutea,
Globularia bellidifolia, Leitcanthemiim montanum, Bromiis erectiis, Bri:^a minor.
4. Kulturpflanzen: In der Karstregion werden die mitteleuropäischen
Zerealien, Wein und Obstbäume (hauptsächlich Prunus domestica) gebaut, und
zwar fast ausschließlich nur im Grunde er Dolinen, da nur dort genügend
Humus vorhanden ist. Diese «Kulturdolinen» mit den Getreidefeldern, zwi-
schen denen reihenweise Obstbäume gepflanzt sind, verleihen der Karstland-
schaft ein eigentümliches Gepräge (Tafel XVII).
An dieser Stelle muß auch der Karstaufforstung gedacht werden, welche
an vielen Stellen die verödeten Flächen des Triestiner Karstes mit neuen Wäl-
dern bekleidet hat. Als Waidbaum wird fast ausschließlich zur Karstaufforstung
die äußerst genügsame Schwarzführe verwendet (Pinus nigra), stellenweise
wohl auch Pinus brutia f= P. pyrenaica), so z. B. zwischen Sistana und Duino.
C. Subalpine (baltische) Flora.
In dem Gebiete unserer Exkursion ist diese Flora nur vertreten im
Norden bei Adelsberg, aber daselbst schon reichlich mit Elementen des Karst-
waldes und der Karstheide durchsetzt, ferner ist eine Anzahl von Pflanzenele-
menten dieser Flora noch in der berühmten Grottendoline von St. Canzian
sowie in den anderen großen Dolinen zu beobachten; rein tritt uns die Flora
in den höheren Regionen am Monte Maggiore entgegen.
Die Vegetation der beiden erstgenannten Orte wird besser im zweiten
Teile dieser Schrift behandelt werden können und mögen hier nur die sub-
alpinen Formationen des Monte Maggiore kurz geschildert werden.
Von Abbazia aufsteigend, lagert sich über den mediterranen Lorbeer-
wald der Karstwald (Eichen, Hainbuchen etc.) und bei etwa 800 m beginnt die
subalpine Flora.
Man kann hier innerhalb derselben drei Formationen unterscheiden:
I. Der subalpine Buchenwald. Von 800 — 1350m trifft man überall
fast ununterbrochenen Buchenhochwald (Fagiis silvatica mit Beimischungen
von Carpinus Betuliis und Acer obtusatum). Im Unterholz und Niederwuchse
der Buchenwälder sind folgende Pflanzen besonders erwähnenswert; Sambucus
racemosa, Lonicera alpigena, Cytisus alpimis, Rubus Idaeus, Daphne Me:^ereum,
Actaea spicata, Galanthus nivalis, Adoxa moschatellina, Ranunculus platanifolius,
Anthriscus fumarioides, Anemone nemorosa, Dentaria enneaphyllos, D. bulbifera,
Lathyrus Intens, Euphorbia dulcis etc. Die Zusammensetzung dieser Waldflora
ist also nahezu dieselbe wie in den baltischen Buchenwäldern Mitteleuropas.
i3
2, Die Bergwiesen. Solche sind in der Buchenregion zerstreut und
erstrecken sich über dieser bis gegen den Gipfel des Berges (i3g6 m). Diese
herrlichen Wiesenteppiche weisen einen erstaunlichen Pflanzen- und Blütenreich-
tum auf. Im Frühlinge (Ende April) sind sie bedeckt mit den zahllosen blauen
und weißen Blüten von Crociis verniis und C. albiflorus; später prangen sie in
buntester Blumenpracht. Besonders erwähnt muß werden, daß die Flora dieser
Bergwiesen ein eigentümliches Gemisch von Pflanzenformen der Karstwiesen
mit Voralpen- und Alpengewächsen darstellt. Zu ersterer Kategorie gehören
unter anderem: Narcissus radiißorus, Muscari botryoides, Asphodelus albus, Paeo-
nia pereg!-i}ia, Polygala nicaeensis, Gentiana tergestina, Lamium Orvala, Trago-
pogon Tommasinii, Globiilaria Willkommü, Genista sagittalis. Von subalpinen
und alpinen Arten sind besonders zu nennen: Orchis globosa, Liliiun carniolicum,
Ra7iiincitlus platanifolhis, Primula Colinnnae, Gentiana syniphyandra (Tafel XXII),
Pedicularis Hoermanniana, P. acaulis, Arnica montana u. a.
3. Formation der Felsen, des Felsschuttes und der steinigen
Halden in der Gipfelregion des Monte Maggiore (Tafel XXI). Unter den dieser
Formation eigenen Pflanzen sei auf folgende hingewiesen; Sesleria teniiifolia,
Stipa pennata, Saxifraga Stabiana, Eiysimum carniolicum, Arabis alpina, Kernera
myagroides, Corydalis ochroleuca, Athamanta Mathioli, Satureja alpina, Teucrium
montanuni, Satureja montana, S. variegata, Campanula Tommasiniana, Galium
lucidum, G. purpureum, Valeriana tripteris, Hieracium petraeum, Senecio rupe-
stris, S. abrotanifolius, Helichrysum italicum, Cymbalaria muralis, Globularia
bellidifolia, Cephalaria leucantha etc.
IL Spezieller Teil.
(Reiseführer,)
I. Abbazia : In herrlicher Lage am Gestade des Quarnerobusens in dem
Lorbeerhaine angelegt, im Westen überragt von dem schön geformten Monte
Maggiore. Seit 1882 im Besitze der Südbahngesellschaft und von dieser zu
einem klimatischen Kurorte ausgestaltet. Die Parkanlagen enthalten prächtige
Exemplare südlicher Gewächse und bieten dem vom Norden kommenden Bo-
taniker viel Interessantes (sehr schöne Koniferen, schöne Jucca, Beschorneria
yuccoides, Cordyline, ein Prachtexemplar von Cycas revoluta im freien Lande
am Strandwege, Lagerströmia chinensis, Magnolia grandißora, große Bäume von
Laurus Camphora, Phyllostachys nigra und andere Bambuarten, Rhynchosper-
mum jasminoides, Sterculia platanifolia, Tecoma radicans etc. ^)
') Über Abbazia vergleiche man: Schubert, Der Park von Abbazia (mit einer
Schilderung der Vegetation der Umgebung von Abbazia von Dr. G. Ritter v. Beck).
Wien, A. Hartlebens Verlag, 1894. — A. v. Seh w eiger- Lerch e n feld, Abbazia.
Idylle von der Adria (im .selben Verlag).
14
2. Monte Maggiore (13967??). Der Aufstie^r von Abbazia aus ist ebenso
interessant in botanische/ als in touristischer Beziehung. Es ist eine starlce
Tayestour, welche aber außer einiger Widerstandsfähigkeit gegen Hitze und
etwas Ausdauer kfeine besonderen touristischen Fähigkeiten voraussetzt und
selbst von kräftigen Damen gemacht werden kann; übrigens sind Wagen bis
zum Schutzhause (iooo7Ji hoch) erhältlich^) oder kann die Tour bei etwaiger
Ermüdung auf dem Schutzhause abgebrochen werden.
Es dürfte wenige Punkte geben, wo man die Aufeinanderfolge der Pflanzen-
regionen in vertikaler Reihe so schön verfolgen kann wie gerade auf dieser
Exkursion. Vom Meere an erstreckt sich zunächst die mediterrane Flora
nur wenig nach aufwärts. Sie ist hier vertreten durch die Formation des
Lorbeerwaldes, welcher auf Seite 7 bereits kurz charakterisiert wurde.
Nach oben mischen sich schon sommergrüne Eichen [Qiiercus laniiginosa,
Qu. pediinculata, Q. sessilißora^ Qu. Cerris) und Carpinus etc. unter die Lorbeer-
bäume und bald betreten wir das Gebiet der illyrischen Karstflora: den Karst-
wald. (Charakteristik desselben auf Seite 10.) Im unteren Teile des Karst-
waldes herrschen schöne Eichen und Kastanienbäume vor. Durch herrliche
Promenadewege ist dieser Teil nach allen Richtungen durchzogen und erhält
dadurch einen parkartigen Charakter. Beim Höhersteigen gestaltet sich der
Karstwald dürftiger und die Gehölze sind meistens nur strauchartig. Hain-
buche, Hopfenbuche, Carpinus duinensis, Acer obtusatum herrschen hier vor.
Stellenweise treten die Gesträuche weit auseinander, so daß kleine Flächen
dazwischen zum Vorschein kommen, die ganz das Aussehen und die Pflanzen-
formen der Karstheide (S. 11) aufweisen.
So gelangen wir nach dem Orte Veprinac, dessen Kirche malerisch auf
einem den Karst überragenden Hügel thront. Hier erreichen wir die schöne
Chaussee^, welche langsam aufsteigend gegen den Monte Maggiore und dann in
das Innere Istriens führt. Immer noch begleitet uns längs der Straße der
Karstwald und die Karstheide; stellenweise ist die sonndurchglühte Straße von
den schönen Kronen mächtiger Castanea-Mä-nmc beschattet (Tafel XXI).
Etwa über 800 m sind erreicht und man sieht hier bereits Buchen (Faiiiis
silvatica) auftreten: die subalpine Region beginnt. Noch bevor das Schutz-
haus (zirka 950 ?n) erreicht ist, welches an der höchsten Stelle der Straße ge-
legen ist, schließen die Buchen zu dichten Beständen zusammen (subalpiner
Buchenwald, siehe Seite 12), die sich fast bis zum Gipfel des Monte Mag-
giore (i3g6 m) hinauf erstrecken (Tafel XXI). Vom Schutzhause ist der Gipfel
berjuem in i'^j^ Stunden zu erreichen.
Die Flora des Gipfels ist eine spärliche, bietet aber manches Interessante;
Die wichtigsten Pflanzen sind auf S. i3 bereits genannt worden.
^) Phaeton für 2 Personen inklusive 3 Stunden Aufenthalt (tour und retour) 26 K.,
Landauer für 4 Personen 32 K.
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Von botanischem Interesse sind die subalpinen Hoch wiesen, die schon
bei zirka looo ;h bis unter den Gipfel des Berges den Buchenwald unterbrechen.
Ihr üppiger Pflanzenschmuck, ist in allgemeinen Zügen S. i3 geschildert worden
und dort die charakteristischen Formen aufgezählt. Außer den dort angeführten
Pflanzen fand ich aber zu dieser Jahreszeit daselbst noch folgende: Phegopteris
Robertiana, 0?-chis globosa, Gentiana a-uciata, G. iitriculosa, Tommasinia ver-
ticillaris, Rosa spinosissima, Vicia Gerurdi, V. grandiflora, Cirsium pannonicum,
Hj'pochaeris maculata, Plantago cariuata, Ornithogalum Kochii, Arnica montana,
Trinia glauca, Thesium montamnn, Alsine venia, Aira capillaris etc.
Die Besteigung des Gipfels lohnt auch in touristischer Hinsicht die geringe
Mühe reichlich, denn die Aussicht von diesem höchsten Punkte Istriens ist (bei
gutem Wetter) eine geradezu überwältigende, nach Ost und West schweift der
Blick über die hellgrünen Buchenwälder hin auf das blaue Meer, zu Füßen des
Beschauers nach Süd und Südwest die ganze Halbinsel Istriens wie eine riesige
Reliefkarte ausgebreitet mitseinen unwirtlichen Karstflächen und grünumsäumten
Flußläufen, nach Südost tauchen aus dem Meere die Inseln des Quarnero und
dahinter die dalmatinischen und kroatischen Hochgebirge (Velebit und Ka-
pella) auf; nach Norden begrenzen den weiten Horizont der Krainer Schnee-
berg und die Gipfel der Südalpen.
3. Pola und Brioni. Von Abbazia gelangt man zur See je nach der
Art des zur Verfügung stehenden Dampfers in 5 — 7 Stunden nach Pola. Die
P'ahrt längs der Ostküste Istriens und um das weit vorgeschobene Kap Pro-
montore an der Südspitze der Halbinsel bietet manche malerische Momente,
besonders die Einfahrt in den Hafen von Pola und der Blick auf die prächtig
gelegene Stadt von der See aus ist sehr interessant.
Pola (zirka 34.000 Einwohner) ist seit 1848 der Kriegshafen Österreichs
und daher gegenwärtig im Emporblühen begriffen. Es war einst eine be-
deutende römische Kolonie, wie man noch aus seinen prächtigen römischen
Bauwerken entnehmen kann. Im Laufe der Jahrhunderte wurde es durch
Kriege und Pest furchtbar verheert.
Für die Besichtigung der Stadt soll nur wenig Zeit verwendet werden.
Einen Überblick über den Kriegshafen mit den mächtigen Kolossen der Kriegs-
schiffe und den großartigen Werkstätten, Magazinen und Schiffsbau-Etablisse-
ments des k. u. k. Seearsenals, die teils am Festlande, teils auf der kleinen
Insel Scoglio Olivi gelegen sind, erhält man schon bei der Einfahrt in den
Hafen, jedoch wird der kurze Aufenthalt kaum Gelegenheit bieten, diese und
andere Sehenswürdigkeiten im Detail anzusehen. Jedenfalls sollen aber die
wichtigsten der Bauwerke aus der römischen Kaiserzeit besichtigt werden,
durch welche Pola berühmt ist: der zierliche Tempel des Augustus und
der Roma (errichtet 8 n. Chr.), der auffallend gut erhalten ist, der malerische
Triumphbogen der vSergier (3o v. Chr.), die Porta Gemina und das groß-
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artige Amphitheater, das einzige im Außenbau erhaltene römische Theater.
— Sollte noch einige Zeit verfügbar sein, so soll noch ein Spaziergang auf
den Monte Zarro unternommen werden. Daselbst die Seesternwarte und
das hydrographische Amt. Herrliche Aussicht auf die Stadt, den Hafen und
die Brionischen Inseln. Am Fuße die prächtigen Anlagen von San Policarpo
(vulgo Marinepark) mit schönen Exemplaren von Cedriis Deodara, C Libani,
Wellingtonia gigantea, Aiicuba japonica, Prunus Lauroc er asus, Cnpressus macro-
carpa, Magnolia grandifolia etc.
Brioni (die Brionischen Inseln: Brion Minore, Brion Majore,
Wanga und einige Felsklippen, sogenannte «Skoglien») wird von Pola ver-
mittels des Festungstenders der Kriegsmarine oder von Fasana per Barke
in etwa einer Stunde erreicht. Noch vor wenigen Jahren war Brion Majore
ein unwirtliches Eiland und wegen der dort herrschenden Malaria kaum be-
wohnbar; gegenwärtig ist es durch die Energie und rastlose Tätigkeit des
Besitzers Herrn Kupelwieser einer der gesündesten und reizendsten Punkte
des österreichischen Küstenlandes und steht im Begriffe, ein wichtiger klima-
tischer Kurort zu werden. Brioni ist durch Herrn Kupelwieser in muster-
gültiger Weise bewirtschaftet, besitzt ein gutes Hotel, Wasserleitung, Seebad^
elektrisches Licht, große Wein- und Olivenkulturen ^) und bedeutende Molkerei.
Überall durchschneiden schöne Wege das Eiland und geleiten zu einigen Aus-
sichtstürmen mit entzückenden Rundblicken. Die höchsten Punkte sind von
Forts gekrönt (das höchste das Fort Tegetthoff ^j. Was die Insel für den Bo-
taniker überaus interessant macht, ist die fast überall im Urzustände befind-
liche Vegetation. Wohl kaum an einem zweiten Punkte ist die mediterrane
Flora so prächtig entwickelt wie hier.
Der größte Teil der Insel ist mit ursprünglichen Macchien bedeckt
(vgl. S. 6) und werden die Exkursionsteilnehmer hier reichlich Gelegenheit
haben, sich über das charakteristische Aussehen und die Zusammensetzung
dieser merkwürdigen Formation zu belehren. Einen besonderen Schmuck
erhält die Macchie zur Zeit des Besuches (Juni) durch die mit weißen und
purpurnen Blüten übersäten C/i7!/5-Büsche Cistiis monspeliensis und C. villosiis ;
C. salviaefolhis ist zumeist verblüht) und die süß duftenden goldgelben Blüten-
massen von Spartium junceum (Tafel X). Ferner blühen in der Macchia : Loni-
cera etrusca, L. implexa, Rosa sempervirens, Coronilla Emeroides, Clematis Flam-
mula etc.
Wo die Macchia lichter ist, in den schütteren Hainen von Quercus Hex,
auf freien Plätzen und an den Wegen ist eine reiche Flora von krautigen und
^) Die Weine von Brioni gehören zu den edelsten südländischen Sorten.
^) Die nächste Umgebung der Forts darf nicht betreten werden und ist das
Photographieren in der Nähe derselben strengstens verboten, worauf besonders auf-
merksam gemacht werden muß, um Unannehmlichkeiten zu vermeiden.
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halbstrauchigen Gewächsen \orhancltin.
besonders folgende auf: ^)
Asplenium Adiantiim nignim
— Trichomanes
Ceterach officinale
Dactylis hispanica
Holcus mollis
Bri:{a maxima
Aegilops ovata
Ariindo Donax
Bromus sterilis
Brachypodiuni pinnatiim
— distachyon
Vulpia Myiirus
— ciliata
Loliiim perenne
Ory^opsis virescens
Arena barbata
Scleropoa rigida
Cynosuriis echinatus
Koehleria phleoides
Carex flacca
Arum italiciim
Ruscus aculeatus
Asparagus aciitifolius
Ornithogalum comosum
Tamus communis
Gladiolus segetum
Epipactis microphylla
Serapias longipetala
Anacamptis pyramidalis
Adonis ßammea
Nigella damascaena
Ranuncidus aquatilis (in einem
Teiche)
Clematis vitalba
— Flammula
Myagriim perfoliatum
Raphanus Raphanistrum
Lepidium campestre
Diplotaxis tenuifolia
Sinapis alba
Arabis hirsuta
Papaver Rlioeas
Fumavia officinalis
Rumex pulcher
Zur Zeit des Besuches der Insel fallen
Silene longißora
— gallica
Silene inßata
— italica
Arenaria leptocladus
Poterium Sanguisurba
Potent illa recta
Hypericum perforatum
Liniim nodißorum
— gallicum
— strictum
— narbonense
— tenuifolium
Althaea hirsuta
Malva silvestris
Erodium malacoides
Geranium cohimbinum
— purpureum
Sediim boloniense
Crassula rubens
Coronilla cretica
— varia
Bonaveria Securidaca
Vicia glabresceos
— gracilis
— hirsuta
Trifolium nigresccns
— lappaceum
— maritimum
— Cherleri
— agrarium
— stellatum
Anthyllis Dillenii
Dorycnium herbaceum
Lotus angustissimus
— cytisoides
Ononis reclinata
Hippocrepis comosa
Lathyrus sphaericus
Medicago orbicularis
— minima
Torilis heterophylla
Orlaya grandißora
Bupleurum aristatum
^) Alle Pflanzen des folgenden Verzeichnisses wurden vom Verfasser selbst auf
Brioni im Juni beobachtet.
Exkursion in das östcrreiclüschi; Küstenland. 2
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Tordrliiim apiilitm
Oenanthe Lachenalii
Ptychotis ammioideJ-
Eryngium campestre
— amethrstiniim
Parietaria diffusa
Parietaria officinalis
Passerina anmta
Euphorbia Pinea
— falcata
Anagallis arvensis
Campanula Rapunculus
— patula
Specularia hybrida
Erythraea Centaurium
— maritima
Clilora perfoliata
Convolvulus cantabrica
Solanum Dulcamara
Hyoscyamus niger
Globularia Willkommii
Anchusa italica
Cynoglossum pictum
Orobanche Picridis
Kickxia Elatine
Veronica peregri7ia
— Tournefortii
Scrophularia canina
— peregrina
Staclns italica
Tencrium ßavum
— Polium
Sideritis romana
Prunella laciniata
— vulgaris
Satureja hortensis
Rubia peregrina
Sherardia arvensis
Galinm cruciata
— Aparine
Crucianella latifolia
Valerianella eriocephala
Dipsacus silvestris
Sonchus asper
Chondrilla juncea
Crepis tectorum
— vesicaria
Urospermum picrioides
Anthemis altissima
Achillea virescens
Tlirincia tuber osa
Pallenis spinosa
Zacyntha verrucosa
Helichrrsum italicum
Auch die Seestrandflora ist stellenweise, besonders an den flachen Ge-
staden der tief eingeschnittenen Buchten, sehr schön entwickelt. Es seien hier
folgende Pflanzen genannt, die zur Zeit des Besuches der Insel gut entwickelt
sind: Cynodon Dactylon, Jiincus acutus, Arthrociiemuni macrostachyinn, Salicornia
herbacea, S. friiticosa, Beta maritima, Atriplex (Halimus) portidacoides, Siiaeda
mai-itima, Plantago carinata, P. Coronopus, Statice Limonium, St. cancellata,
Erythraea inaritima, Medicago marina, Vitex Agnus castus (Tafel XIII)^ Crith-
mum maritimum, Eryngium maritimum, Euphorbia segetalis, Inulaviscosa, I. crith-
moides etc. (vgl. Tafel XI, XII.)
Die Meeresalgenflora an den Küsten Brionis ist eine reiche; ich fand
unter anderem hier große Mengen von Valonia und das seltene Sargassum
Hornschuchii.
Die Moosflora der Insel ist keine reiche, wie überhaupt im mediterranen
Gebiete, aber man findet hier einige interessante südliche Arten; als besondere
Seltenheit sei erwähnt das von mir daselbst aufgefundene Astomum Levieri. Die
Pilzflora ist im Sommer arm, erwähnt seien Tulostoma mammositm und Clathrus
cancellatus.
4. Triest. Die Seefahrt von Pola (respektive Fasana) bis Triest dauert
je nach dem Schiffe 4 — 8 Stunden und ist bei schönem Wetter äußerst genuß-
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reich. Die Westküste Istriens mit ihren malerisch gelegenen Küstenorten zieht
wie eine Wandeldekoration vorüber. Der Dampfer legt in Rovigno auf
wenige Minuten an, wo sich die deutsche zoologische Station (Direktor Dr.
Schaudinn) befindet. Nördlich von Rovigno wird die Mündung des fjord-
artig eingeschnittenen Canale di Lerne passiert, welcher als scharfe pflanzen-
geograpliische Grenze zwischen Nordistrien und dem ganz der Mediterranflora
angehörigen Süden bemerkenswert ist. Die Orte Parenzo, Cittanuova werden
von den meisten Dampfern angelaufen, dann geht die Fahrt um die Punta
vSalvore (westlichster Punkt Istriens) in den Golf von 'Priest, wo das Schiff
eventuell noch in Fi ran o und Capodistria anlegt, um dann in den prächtigen
Hafen von Triest einzulaufen.
Tri est (150.000 Einwohner, mit dem Stadtgebiete zirka 200.000) ist der
bedeutendste Hafenort Österreichs und des ganzen Adriatischen Meeres.
Die wichtigsten wissenschaftlichen Institute und Sammlungen Triests
sind: I. Das Museo Civico Ferdinando Massimiliano (auf der Piazza
Lipsia), gegründet 1846. Publikation: Atti del civico Museo di storia naturale;
mit sehr sehenswerten Sammlungen betreffend die Fauna und Mineralien des
Küstenlandes, den für die Flora desselben grundlegenden Herbarien von To m-
masini, Biasoletto, Marchesetti, E. Braig und Peter Kammerer und
den großartigen prähistorischen Sammlungen (Direktor Dr. C. Marchesetti).
2. Der botanische Garten (Direktor Dr. C. M arc hesetti). 3. Die k. k. zoo-
logische Station auf dem Paseggio di S. Andrea), gegründet 1875. Besitzt
i3 Räume mit 3ü Arbeitsplätzen zu wissenschaftlichen Arbeiten, eine physio-
logische und eine chemische Abteilung, zoologische und botanische Typen-
sammlung, Aquarium, ein Segelboot und eine Motorbarkasse etc. Jährlich
werden Kurse über Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Biologie der Meeres-
tiere und Meeresalgen abgehalten. Die Station versorgt alle österreichischen
zoologischen und botanischen Institute mit lebendem und konserviertem Mate-
riale von Meerestieren und Meeresalgen (Direktor Prof. Dr. C. J. Cori). 4.
Sternwarte. — 5. Museo Civico Revoltella (Kunstsammlungen). 6. Bib-
lioteca Civica. 7. Museo Civico d'Antichitä (Piazza Lipsia). 8. Museo
lapidarioTriestinoedaquileiense fauf der Altstadt gegenüber dem Dome;
auf dem Friedhofe nebenan Winckelmanns Grab). 9. Naturwissenschaftliche
Vereine: Societä adriatica di scienze naturali («Bolletino»). Societä agraria
(Publikation: L'amico dei campi).
Ausflüg-e von Triest.
5. Opcina. Von der vStadt mit Tramway, dann elektrische Zahnradbahn.
Auf der Höhe (333;«) Flora der Karstheide. Auffallende Pflanzen sind unter
anderen: Genista sericea, G. silvestris, Jurinea viollis, Biiphthalmum salicifolium,
Paeonia peregrina, Onosma stellulatum, Crepis chondrilloides, Rhamnus rupestris,
2*
Daphne alpina, Cotinus Coggyg7-ia, Osti-ya carpinifolia. Das meiste Interesse
nehmen aber hier die prächtig stehenden Kulturen von Pinus nigra in Anspruch.
Vom Opcina genießt//nan einen überwältigenden Ausblick über den Golf
von Triest, auf die Stadt und ihren Hafen.
6. Miramar. Das herrliche kaiserliche Schloß mit prachtvollem Park,
den gärtnerische Kunst auf den wüsten Karstfelsen anzulegen vermochte, ist
eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges. Eine große Zahl südlicher Gewächse
erfreut hier das Auge. Immergrüne Eichen, Lorbeer, Zypressen, Schwarz-
föhren, große Bäume von Camellia u, a. bilden die Waldbestände des Parkes,
die üppigen Hecken sind von Evonymus japonica und Pittosporiifn Tobira ge-
bildet. Dazwischen Blumenbeete und manche interessante exotische Pflanze.
Die Mauern, Felsen und Baumstämme sind allenthalben mit Epheu bekleidet,
auf dessen Wurzeln Orobanche Hederae in großen Massen schmarotzt. Hie und
da sieht man im Waldschatten Trupps von Centrosis abortiva. Die Klippen im
Meere unterhalb des Schlosses gehören zu den an Algen reichsten Punkten im
Golfe von Triest.
Die Gemächer des Schlosses können auf Verlangen besichtigt werden.
Miramar wird von Triest mittels Lokaldampfer erreicht. Zurück auf der
Straße zu Fuß bis nach Barcola (etwa 45 Minuten). An der Straße Flora der
Strandklippen und mediterrane Ruderalflora (siehe S. 8). Es seien hier nur
folgende Pflanzen erwähnt: Sparthini jiinceum, Annido Donax, Foenicuhini diilce,
Cynodon Dactylon^ Lepturus inciirvatus, Coronopus pi-ot umbens, Plantago mari-
tima, Centranthus ruber, Apocynum venetum, Crithmiim inaritimum, Iniila vis-
cosa, Helminthia echioides. Von Barcola in die Stadt mit Tramway.
7. Duino und Quelle des Flusses Timavo (Halbtagsausflug ^).
Duino, im Norden des Golfes von IViest gelegen, wird von Triest mit der
Bahn erreicht. Vom Bahnhofe Duino-Sistiana etwa eine halbe Stunde über
ziemlich wüstes Karstterrain zum kleinen Orte Duino mit einem wohlerhaltenen
jüngeren und der malerischen Ruine eines alten Schlosses in entzückender
Lage auf einer steilen Felsenklippe am Meere. Am Wege dahin Karstheiden-
flora (besonders Paliitrus australis, vgl. Tafel VI) und Ruderalflora (Centaurea
calcitrapa, Carduus pycnocephalus, Scrophularia canina etc.). Botanisch inter-
essant ist Duino, weil hier die meisten Gewächse der Mediterranzone ihre
Nordgrenze erreichen. Die Höhen am Meere bergen macchienartige Busch-
wälder von Qjuercus Hex und Pista^ia Terebinthus, durchflochten von Smilax aspera
und an lichten Stellen mit Osyris alba, Convolvulus cantabrica, Clematis Flam-
mula etc. Zwischen diese mediterranen Gewächse mischen sich aber zahlreiche
Vertreter der illyrischen Karstflora wie Cotinus Coggygria, Riita divaricata, Dic-
tamnus albus, Onosma ecchioides, Satureja montana, Teucrium montanum etc.
') Diese Exkursion wird, falls die Zeit des Triestiner Aufenthaltes knapp werden
sollte, ausfallen.
Von Duino aus kann die Quelle des sagenuinvvol)enen Flusses Timavo
besucht werden (eine halbe Stunde entfernt). Derselbe wird schon von den römi-
schen Schriftstellern (Virgil, Strabo, Plinius, Livius, Martial, Cornelius
Nepos) beschrieben. Die Mythe berichtet, daß hier die Argonauten, nachdem
sie ihr Schiff über. Land getragen hatten, das Meer erreichten. Wenn auch
der Timavo seit dem Altertume sein Aussehen sehr verändert und viel von
seiner einstigen Großartigkeit eingebüßt hat, so ist er doch immer noch höchst
interessant. Unter einer felsigen Böschung entquillt das Gewässer als mächtiger
Bach der Erde, um sich nach einem Laufe durch Sumpfterrain von etwa i km
ins Meer zu ergießen. Man hält den Timavo für die Mündung des Flüßchens
Reka, welches meist unterirdisch fließend weiter oben die großartigen Grotten
von St. Canzian bildet. In botanischer Beziehung ist der Besuch des Timavo
minder interessant. Am Wege dahin einige Karstwiesen.
S. Zaulc (Station der Lokalbahn Triest — Parenzo). Die aufgelassenen
Salinen dortselbst bieten Gelegenheit, die Flora der Salzsümpfe kennen zu
lernen. Von Triest mit Lokaldampfer nach Muggia und von dort auf der
Straße in großem Bogen um die Bucht von Muggia nach Zaule (etwa ^/^ Stunden).
Auf diesem Wege mediterrane und kosmopolitische Ruderalpflanzen und Hecken-
pflanzen, z. B. Aegilops triaristata, Chrysopogon Gryllus, Koehleria gracilis, Poa
trivialis, Rumex pulcher, Orlaya grandißora, Plantago carinata, Althaea canna-
bina, Aristolochia Clematitis, Melavipyrimi barbatuui, Vicia glabrescens, V. tenui-
folia, Trifolium rubeus, Plantago carinata, Onosma echioides etc.
Knapp vor Zaule biegt man von der Straße links gegen das Meer ab. Die
höheren Stellen sind von üppigen Wiesen («Strandwiesen» nach Beck) ein-
genommen, die allmählich nach abwärts Übergänge zu der eigentlichen Halo-
phytenformation (Salztriftenformation nach Beck) zeigen.
Die Ende Mai auffallenden Pflanzen der Strandwiesen sind an höheren
Stellen : Orchis coriophora, O. incarnata, O. laxißora, Anacamptis pyramidalis,
Ophrys arachnites, O. apifera, Serapias longipetala, Gladiohis illyriciis, Gratiola
officinalis, Genista tinctoria; an tieferen Stellen: Eqiiisetum maximwn, E. ramo-
sissimum, Atropis festucaeformis, Phragmites communis, Brachypodiuni pinnatiim,
Carex distans, C. extensa, Holoschoenus vulgaris, Schoenus nigricans, Heleocharis
iiniglumis, Jiincus acutus, J. Gerardi, J. maritimus, Triglochin maritimum,
Samohis Valerandi, Plantago Cornuti, Tetragonolobus siliquosus etc. Die eigent-
liche Halophytenflora nimmt die tiefsten Stellen ein, welche zeitweise über-
schwemmt werden. Eine spärliche Vegetation deckt kaum vollständig den
salzigen Schlamm; es bilden hier eine eintönige Massenvegetation: Atriplex
portulacoides, Salicornia fniticosa, Inula crithmoides, Artemisia caerulescens,
Spergularia marginata, Statice Limonium und Juncus maritimus.
Die Rückfahrt nach Triest kann mit der Bahn erfolgen.
9. Grado und Belvedere (starke Tagestour). Von Triest nach Grado
mit Dampfer 2 — 3 Stunden. Grado ist ein P'ischerstädtchen mit zirka 4000 Ein-
wohnern und liegt auf einer der südlichsten Inseln, welche die Lagune des
Isonzo von der offenen See trennen. Gegenwärtig ist Grado auch als Seebad
wegen seines prächtigen Flachstrandes beliebt. Am Badestrande kann man
zur Zeit der Ebbe hübsche Meeresalgen und angespülte Exemplare von Zostei'a
marina, Posidonia oceanica und Cymodocea nodosa sammeln.
Von Grado aus ist eine ungemein lohnende Exkursion nach dem ein-
samen Finanzwachhause «Rotte» zu unternehmen. Man durchquert auf dem
nach Nordost und dann nach Südost laufenden Damme die Lagunen und kann
hier die Salzsumpfflora in prächtiger Entwicklung studieren. Außer den
meisten für diese Flora charakteristischen oben für Zaule angeführten Halophyten
findet man hier noch eine Reihe anderer, so: Agropyruin litorale, Asparagus
maritimuSj Junciis acutus, Arthrocnemuin macrostachyum, Atriplex roseus, Salsola
Soda, Statice caspia, Althaea officinalis, Taviarix gallica und T. africana (letztere
kultiviert).
Für das Studium der Flora der mediterranen Düne und des san-
digen Meeresstrandes (Tafel XI, XII) dürfte man kaum irgendwo einen
günstigeren Punkt finden können, als das Gestade bei «Rotta». Die Flora auf
dem beweglichen Dünensande und am Strande ist schütter, aber verhältnis-
mäßig artenreich; die charakteristischesten Pflanzen sind hier: Etjuiseluui ramo-
sisshnwn, Phleum arenarium, Psamma arenaria, Cynodon Dactylon, Agropyruin
litorale, Erianthus Ravennae, Vulpia nniglumis, Holoschoenus vulgaris, Schoemis
mucronatus (^= Cj^perus capitattis). Seh. nigricans, Jiincus acutus, Juniperus com-
munis, Clematis Flammula var. marititna, Brassica oleracea (vielleicht verwildert)^
Cakile maritima, Medicago marina, HeliantJiemum obscurum var. angustifolium,
H. Fumana, Glaucium flavum, Lininn tenuifolium, Silene inflata, Echinophora
spinosa, Eryngium maritimum, Plantago arenaria, Euphorbia Paralias, Teucrium
Polium, T. Chamaedr-ys, Stachys recta, Calystegia Soldanella, Asperula cynan-
chica, Scabiosa agrestis, Tragopogon majus, Scolymus hispanicus etc. Verwildert:
Allium Cepa, A. fistulosum, Oenothera biennis. Angepflanzt zur Festigung der
Düne: Pinus halepensis, P. Pinea, Robinia pseudacacia, Platanus orientalis, Alnus
glutinosa, Populus nigra, Tamarix gallica (die letzten drei vielleicht wild).
Wenn der Aufenthalt auf der Exkursion nach «Rotta» nicht zu sehr ver-
längert wird, so reicht die Zeit noch aus, um am selben Tage den Pinienhain
von Belvedere zu besuchen.
Man erreicht das jenseits der Lagune am Festlande genau nördlich von
Grado gelegene Örtchen entweder mit dem «Lagunendampfer» oder mit
Fischerbooten (Fahrt je nach Wind 2 Stunden oder mehr). Die Fahrt durch
die Lagune ist ganz anders bei Ebbe und bei Flut. Im ersteren Falle sind
überall Schlammbänke und ganze Wiesen von Zostera marina freigelegt und
nur die die Lagune durchfurchenden Kanäle sind mit Wasser gefüllt. Zur Flut-
zeit gleicht die Lagune einem fast ununterbrochenen Wasserspiegel (Tafel XI
unten").
23
Der Pinienhain vonBelvedere (Tafel I) ist von Interesse, weil er auf
österreichischem Gebiete der einzige Rest der früher sicher weiter verbreiteten
ursprünglichen Pinienwälder ist. Es ist ein schütterer Wald von meist mächtigen
Stämmen dieser durch seine schirmförmige Krone in der südlichen Landschaft
so sehr charakteristisch hervorstechenden Holzart, der sich auf einem Sand-
hügelterrain erhebt. Der Grund des Haines birgt eine Flora, die nicht viel
Charakteristisches bietet, es sind zumeist Wiesenpflanzen. Ende Mai fielen mir
hier auf: Orchis coriophora, Ophrys arachnites, Anacamptis pyramidalis, Cam-
pamila sibirica, Koehleria gracilis, Dactylis glomerata, Spiraea Filipendula, Globit-
lat'ia Willkoinmii, Andropogon Grylhis, Euphorbia nicaeensis, Galiiim lucidum
und im Unterholze Lonicera Etrusca. An feuchteren Stellen bei Belvedere
blühte in Masse Arum italiciim.
Die Wanderung bis zur Bahnstation Villa Vicentina (ii km) auf schnur-
geraden schattenlosen Straßen durch die fruchtbare Landschaft Friaul ^) mit
ihren Rebengeländen und großen, reichen Bauernhöfen dürfte für tüchtigere
F'ußgänger ein ganz angenehmer Marsch sein, zumal da die Strecke in den
Abendstunden zurückgelegt wird. Bequemere Exkursionsteilnehmer müssen
sich von Grado aus telegraphisch Wägen aus Aquileja nach Belvedere be-
stellen oder können bis Aquileja zu Fuß gehen und den Rest der Strecke
{dkm) mit dort aufgenommenen Wägen zurücklegen. Die Stadt Aquileja^)
muß ohne Aufenthalt passiert werden. Diejenigen, auf welche die Sehens-
würdigkeiten (uralter Dom, spärliche Reste römischer Bauwerke, das archäo-
logische Staatsmuseum mit sehr sehenswerten Sammlungen und zwei archäo-
logischen Sammlungen im Privatbesitze) genügende Anziehungskraft ausüben,
müßten in Aquileja übernachten und am nächsten Vormittage nach Triest
nachkommen.
lo. Divaca und St. Canzian. (Ganztagstour.) Dieser Ausflug gilt dem
Studium der Karstflora und der Besichtigung der Grotte von St. Canzian,
die zweifellos eine der großartigsten der zahlreichen Karsthöhlen ist. Von
'Priest per Bahn nach Divaca, einem kleinen slowenischen Orte mit schlechter
Unterkunft, aber einer äußerst typischen Karstlandschaft ringsumher.
Die Dolinen, jene für den Karst so charakteristischen bald ganz flach
muldenförmigen, bald tieferen trichterförmigen Einsenkungen (Tafel X, XVII)
können, hier in allen Formen studiert werden. Auf der Wanderung von Divaca
') Ist kein politischer Bezirk, sondern man bezeichnet damit den teils auf ita-
lienischem, teils auf österreichischem Gebiete gelegenen Teil der lombardischen Tief-
ebene, welche von dem Volksstamme der Friauler oder Furlaner bewohnt wird, welche
sich durch Sprache und Sitten von den Italienern unterscheiden.
^) Aquileja war zur römischen Kaiserzeit eine Weltstadt von etwa 500.000 Ein-
wohnern, wurde 452 von den Hunnen verwüstet und erholte sich nie mehr von diesem
Schlage; gegenwärtig ist es ein Städtchen mit zirka 2000 Einwohnern und ungesundem
Klima (Trinkwasser zu meiden!).
24
nach St. Canzian begegnen wir bei dem kleinen Örtchen Unter-Lesece einer ganz
flachen großen Doline, deren ganz sanft geneigte Böschung mit prächtiger
Karstwiese bedeckt ist ('^gh allgemeines darüber S. ii). Ende Mai 1904 wurde
diese Wiese besucht. Schon von weitem leuchtete sie gelb von den zahllosen
blühenden Exemplaren von Alectorolophus Fi'eynii und A. mino}-; außerdem
wurden daselbst beobachtet: Bromiis erectus, Bri:^a minor, Orchis Morio, Ane-
mone montana, Anthyllis vulneraria, Hippocrepis comosa, Trifolium viontanum,
Thlaspi praecox, Rapistrum rugosiim, Silene inßata, Linum catharticiim, Polygala
nicaeensis, Euphorbia verrucosa, Trinia glauca, Thesium intermedium, Th. divari-
catum, Salvia pratensis, Ajuga genevensis, Orobanche lutea (auf Medicago), Vero-
nica multifida, Plantage carinata, Globularia Willkommii, G. bellidifolia, Carduus
collinus (= candicans), Tragopogon Tommasinii, Scon^onera villosa, Senecio
lanatus, Leucanthemum montanum etc.
Weiterhin führt der Weg an verschiedenen sehr charakteristischen «Cultur-
dolinen» vorbei, von denen eine Tafel XVII abgebildet ist ; der Grund der letzte-
ren zeigt Getreide- und Gemüsebau und dazwischen eine Kultur von Pflaumen-
bäumen (Prunus domestica).
Die Karstflächen, über welche der Weg hinführt, weisen meistens die
Formation der Karstheide (siehe S. 11) auf. Die meisten der dort für diese
Formation als charakterisch angeführten Pflanzen sind hier zu finden. Stellen-
weise ist aber die Vegetation so dürftig, daß der zerklüftete Karstkalk fast
ganz nackt zutage liegt, dazwischen nur spärliche Büsche von Juniperus com-
munis, Rhamnus rupestris, Alyssum montanum, Genista sericea, Ferulago nodi-
üora etc. (Tafel IX).
Hie und da sieht man auch kleine Parzellen von Karstwald in dem
Ostrya carpinifolia, Fraxinus Orniis, Acer campestre, Prunus Mahaleb vor-
herrschen ; am Grunde sind hie und da Ornithogalum Kochii und Scor:^onera
austriaca, Inula ensifolia, Thesium divaricatum etc.
Von den Dolinen mit senkrecht abstürzenden Steilwänden ist die groß-
artigste die «Grottendoline», an deren Rande der kleine Ort St. Canzian
malerisch gelegen ist und in welcher die Eingänge in die Grotten liegen. Nicht
weit von dieser liegt eine zweite kleinere Doline mit Steilwänden, an denen
Primula auricula var. Bauhini und Saxifraga incrustata wachsen.
Der Weg führt am steilsten Abstürze der Grottendoline vorbei und von
hier («Stephaniewarte») hat man einen großartigen Blick in die Doline. Unter
sich an dem senkrechten Felsabsturze sieht man Büsche von Sesleria tenuifolia,
goldgelbblühende Genista sericea und Saxifraga incrustata.
Man begibt sich zuerst nach dem Weiler Mattaun, wo man im Wirts-
hause die Eintrittskarten und den Führer für die Grotte erhält. Die Wande-
rung durch die Grottendoline, oft auf schmalen Pfaden längs der senkrechten
Felswände und über die tosenden Gewässer am Grunde der Doline, bietet
Ausblicke von unbescln eiblicher Großartigkeit und ist botanisch höchst inter-
25
Aus der Grottendoline bei St. Canzian: Eingang in die «Schmidl-Grotte».
(Nach einer käuflichen Photograpliie.j
essant, indem maü hier die eigentümliche Erscheinung der «Uml<:ehrung der
Pflanzenregionen» beobachten kann. ^)
') In tiefen Dolinen (z. B. in der «Smrekova Draga» im Ternowanerwalde) folgen
vom Rande nach abwärts auf die Pflanzen der baltischen die der subalpinen und am
Grunde sogar der alpinen Flora (Legföhrenbüsche) genau wie an einem höheren Gebirge
vom Fuße gegen den Gipfel.
Exkursion in das österreichische Küsteukmd. 3
26
Die sonnigen Hänge der Doline sind mit Karstwald bedeckt, die schat-
tigen feuchten Stellen bei den Eingängen in die Grotten und der Grund der
Doline weisen eine stattliche Reihe von baltischen Elementen auf, die hier wohl
sicher als glaziale Relicte eine Zufluchtstätte gefunden haben. ^)
Die vv'underbaren Grotten, welche durch den teilweise unterirdischen
Lauf des Flusses Reka gebildet werden^ imponieren durch ihre gewaltigen
Dimensionen und die Ursprünglichkeit ihres gegenwärtigen Zustandes und bilden
eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges; die Stalaktiten weisen hier nicht die
Massenhaftigkeit und Zierlichkeit auf wie in den Grotten von Adelsberg, der
Gesamteindruck der Grottendoline und der gigantischen Grotten ist aber ein
überwältigender, dem sich nicht viele Naturwunder würdig an die Seite stellen
lassen.
Da die Unterkunft in Divaca recht schlecht ist, so wird es angezeigt sein,
per Bahn nach Triest zurückzukehren und den letzten der geplanten Ausflüge
von dort aus zu unternehmen.
II. Adelsberg, nicht mehr im Küstenlande, sondern in Krain gelegener
Marktflecken von zirka 1800 Einwohnern, weltberühmt durch seine wunder-
volle Tropfsteingrotte, die jährlich von tausenden von Reisenden bewundert
wird. Für den Botaniker ist die Flora des Schloßberges, eines schön ge-
formten, den Ort überragenden Hügels (676 nz), von großem Interesse, weil
man sich hier an der Grenze der illyrischen Karstflora und der baltisch-sub-
alpinen Flora befindet und die Elemente beider Gebiete hier in sehr eigentüm-
lichem Durcheinander auftreten.
Von typisch illyrischen Pflanzen (Pflanzen des Karstwaldes und der
Karstheide) seien genannt: Fraxinus Onuis, Ostrya carpinifolia, Prunus Maha-
leb, Rhamnus rupestris, Rh. carniolica, Hellebo?-us odorus und dessen Var. viulti-
fidiis, Lamium Orvala, Aspat-agiis tenuifoUus, Aj-emonia agrimonioides, Aristo-
lochia pallida, Globularia bellidifolia, Laburmun alpinum, Daphne alpina. (I3ie drei
letztgenannten sind nach Beck «illyrisch südalpin».)
Von nicht gerade für die illyrische Karstflora charakteristischen, doch
gelegentlich in derselben auftretenden Pflanzen wachsen hier unter anderen:
Carpinus Betulus, Rhamnus pumila, Rh. Mulleyana (Rh. carniolica X pumila,
hier der Original-Standort), Rh. saxatilis, Polygala comosa, Globularia Will-
kommii, Hippocrepis comosa, Genista sagittalis, Coronilla vaginalis, Aethionema
saxatile, Amelanchier vulgaris, Soi-bus Aria, Arabis Turrita, A. arenosa, Euphor-
bia polychroma.
Von baltischen und ba 1 tisch -s ubal pi n en Arten sind zu nennen:
Salix Capraea, Rhamnus cathartica, Plantago lanceolata, OrcJiis mascula, Tha-
lictrum aquilegifolium, Moehringia muscosa, Galium verum, Arabis hirsuta, Peu-
cedanum oreoselinum etc. Angepflanzt sind: Pinus nigra und Robinia Pseudacacia.
^) Über die Flora vgl. Führer I, S. 67.
Führer zu den wissenschaftlichen Exkursionen
des
IL internationalen botanischen Kongresses,
Wien 1905.
III.
EXKURSION
in die
O S T A L P E N.
Von
Dr. Fritz Vierhapper
und
Heinrich Freih. von Handel -Mazzetti.
Mit Tafel XXXIII, XXXVI— LH und 5 Textabbildungen.
Wien, 1905.
Im Selbstverlage des Organisations-Komitees.
Druck von Adolf Holzhausen in Wien.
III.
Exkursion in die Ostalpen.
Von
Dr. Fritz Vierhapper
und
Heinrich Freih. von Handel-Mazzetti.
(Mit Tafel XXXIII, XXXVI — LH und 5 Textabbildungen.)
Einleitung.
Dem Bedürfnisse, es dem Teilnehmer an der Exkursion durch die Ost-
alpen, iüv welche der vorliegende Führer bestimmt ist, nicht nur zu ermöglichen,
die charakteristischen Pflanzengenossenschaften und eine erhebliche Anzahl
von Arten kennen zu lernen, sondern ihm auch in großen Zügen ein Bild der
Vegetation und Flora des ganzen Gebietes zu entwerfen, entspricht die Gliede-
rung des Buches in einen allgemeinen und einen speziellen Teil. Während
demgemäß in letzterem auf eine detaillierte botanische Charakteristik der be-
suchten Örtlichkeiten besondere Sorgfalt verwendet wurde, enthält der erstere
nebst einer kurzen allgemeinen Übersicht eine ausführlicher gehaltene Schil-
derung der pflanzengeographischen Verhältnisse der gesamten Ostalpen sowohl
nach ökologischen als auch floristischen Gesichtspunkten,
Der Abschnitt über die Faktoren wurde mit besonderer Berücksichtigung
des eben im Erscheinen begriffenen Sc hröterschen Werkes,^) das Kapitel
über den Bau der Pflanzen hauptsächlich auf Grund der in den allgemeinen
Handbüchern von Schimper^) und Warming^) enthaltenen Angaben verfaßt.
In der Auffassung der Vegetationsformen sind wir, allerdings mit einigen prin-
1) C. Schröter, Das Pflanzenleben der Alpen, I. u. 2. Lief., Zürich 1904, 1905,
2) A. F. W. S c h i m p e r, Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage, Jena 1 898.
^) E. Warming, Lehrbuch der ökologischen Pflanzengeographie. Deutsche Ans-
ähe, 2. Auflage. Übersetzt von E. K noblauch, bearbeitet von P. Gräbner, Berlin 1902.
Exkursion in die Ostalpen. '
zipiellen Abweichungen, Drude gefolgt. Daß die Formationen vom physio-
gnomischen Standpunkte aus ^) gruppiert wurden, wird hoffentlich nicht übel-
genom.men werden, wenn man bedenkt, daß ja der erste Eindruck, den die
Pflanzenwelt irgend eines Gebietes in jedem hervorruft, der es das erste Mal
betritt, gerade durch ihre Physiognomie bedingt wird. Bei der detaillierten
Schilderung der F'ormationen wurden neben den Arbeiten von Beck,^) Engler,^)
Kerner*) etc. vielfach eigene Erfahrungen verwertet. Die Darstellung im
statistisch-historischen Teile basiert auf den allgemein herrschenden, durch
Christ,^) Engler, ^) Kerner^) etc. begründeten Anschauungen. InderNomen-
klatur und Schreibweise der Namen haben wir uns im allgemeinen an Fritschs
«Exkursionsflora» ^) gehalten.
Möge demnach dieses Buch allen denjenigen, welche es bei einer Reise
durch die Ostalpen als botanischen Wegweiser benützen wollen, während der
Tour wirklich ein Führer sein, nachher aber eine Quelle angenehmer Erinne-
rungen.
') Man vergleiche Grisebach, Die Vegetation der Erde, Leipzig 1884.
^) G. V. Beck, Flora von Hernstein, Wien 1884; Flora von Niederösterreich,
Wien 1890—1893.
^) A. Engler, Die Pflanzenformationen und die pflanzengeographische Gliederung
der Alpenkette (Notizblatt des kgl. bot. Gartens und Museums Berlin, Leipzig 1901).
■*) A. Kerner, Das Pflanzenleben der Donauländer, Innsbruck i863.
*) A. Christ, Über die Verbreitung der Pflanzen der alpinen Region der euro-
päischen Alpenkette, Basel 1866.
*) A. Engler, Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt, I, Leip-
zig 1879.
') A. Kerner, Studien über die Flora der Diluvialzeit in den östlichen Alpen
(Sitzungsber. der kais. Akad. d. Wissensch. in Wien, Bd. 97), Wien 1888 usw.
*) K. Fritsch, Exkursionsflora für Österreich, Wien 1897.
I. Allgemeine Schilderung des Gebietes.
A) Allgemeine Übersicht.
Von
H. Freih. v. Handel-Mazzetti.
I. Lage.
Unter den europäischen Hochgebirgen nehmen die Alpen, wenn man vom
Kaukasus absieht, sowohl an Ausdehnung als auch an Höhe den ersten Platz
ein. An der ligurischen Bucht des Mittelmeeres als Fortsetzung des italienischen
Apennins beginnend, wenden sie sich in mächtigem Bogen, die französisch-ita-
lienische Grenze bildend, gegen Norden, sodann durch die Schweiz und Öster-
reich in gerader Linie gegen Ostnordost bis zum ungarischen Tieflande und
den im Südosten anschließenden illyrischen Gebirgen, mit einer Gesamtlänge
von über looo und einer größten Breite von 250 km. Durch eine im geologi-
schen Bau begründete, vom Bodensee an der Grenze zwischen Österreich
und der Schweiz ungefähr gegen Südwesten verlaufende Linie trennt man zwei
ziemlich gleichgroße Teile, Westalpen und Ostalpen, von einander. Die
letzteren, in politischer Hinsicht den österreichischen Kronländern Ober- und
Niederösterreich, Steiermark, Salzburg, Krain, Kärnten und Tirol, mit ihren
Rändern auch Deutschland (Bayern) und Italien angehörend, bilden das Ziel
dieser Exkursion.
2. Geologischer Grundriß.")
Vier im allgemeinen parallele Kettensysteme, die Zentralalpen, die
südliche^) und nördliche Kalkzone und die Flysch- (vSandstein-) Zone
lassen sofort Faltung als den Hauptfaktor der Gebirgsbildung erkennen. Im
allgemeinen wurden sämtliche Schichten vom Silur bis zur Kreide und dem
älteren Tertiär zu verschiedenen Zeiten, zum ersten Male mit Sicherheit im
Karbon, von der Faltung betroffen. Verhältnismäßig ungestört blieben nur
die sogenannten Dolomitalpen Südtirols. Die zuerst und am höchsten auf-
gerichtete Zentralkette wurde später bis auf die Kernpartien (krystallinische
Schiefer, Gneis, streckenweise Granit und Diorit) denudiert, doch sind kleinere,
hauptsächlich triassische Kalkinseln an zahlreichen Stellen erhalten geblieben.
Zu beiden Seiten dieser Kette schieben sich in verschiedener Breite die so-
') Neumayr. Erdgeschichte, 2. Aufl. v. Uhlig, I, S. 357—364, II, S. 492—501.
-) In den Westalpen ist diese niedergebiochen und völlig verschwunden.
I*
genannten Grauwackenzonen ein, Sedimente der Silur-, Devon- und Karbon-
formation von teilweise metamorphem Habitus. Ihre weichen Tonglimmer-
schiefer bieten Gelegenheit für die Bildung der Haupttäler und auch der be-
deutendste Paß der Ostalpen, der Brenner, ist auf eine solche Zone zurück-
zuführen. Effusivgesteine finden sich in nennenswerter Ausdehnung nur in
Südtirol. In der Umgebung von Bozen wurde in altpermischer Zeit eine mächtige
Masse roten Quarzporphyrs gefördert, und in die Triasperiode fallen im
Fassatal und den südlichsten Teilen der Kalkalpen Ergüsse von Augitpor-
phyren, die heute zwischen den Sedimenten liegen, oder sehr charakteristische
Gebirgskämme aus steilen dunklen mit Massen von Bomben durchsetzten und
niemals scharfkantigen Felsen bilden. Die Granitmassen der Adamellogruppe
und der Cima d'Asta liegen abseits unserer Reiseroute und seien hier nur er-
wähnt.
3. Hydrographische Verhältnisse.
Die bedeutendsten Flüsse folgen der Grenze der Zentralalpen gegen
die beiderseitigen Kalkzonen. An der Nordseite, aus der Schweiz kommend,
der Inn, dann die vSalzach und Enns; sie durchbrechen alle, nach Norden um-
biegend, in mehr oder minder tief eingeschnittenen Quertälern die Kalkkette
sowie die der ganzen Nordseite vorgelagerte tertiäre Sandsteinzone und eilen
der Donau zu. Weiter östlich fließt auf ein kurzes Stück die Mur, dann die
Mürz in der Grauwackenzone, die mit dem Semmeringpaß am Rande des
Wiener Beckens endet. Alle diese Täler haben eine Durchschnittshöhe von
zirka 600 m und sind durch ganz niedere Einsattelungen miteinander verbunden:
Paß Grießen, Ebensattel und Schobersattel. An der Südseite fällt die Gesteins-
grenze größtenteils mit dem Laufe der Drau zusammen, deren Längstal durch
das Toblacher Feld (1204 m) mit der in den Eisack mündenden Rienz ver-
bunden ist. Dagegen fließt die Etsch mit dem Eisack von den Zentralalpen, die
durch Brüche vielfach gestörten Porphyr- und Kalkmassen durchbrechend, in
tiefliegendem (durchschnittlich 250 m) Quertale genau gegen Süden durch die
Poebene in das Adriatische Meer.
Die Seitentäler sind sämtlich durch Erosion erzeugt, ihr Verlauf daher
durch die Härte des Gesteins beeinflußt. Da die Kalke der Erosion großen
Widerstand entgegensetzten, richten sich die Paralleltäler nördlich des Inn nach
den Faltenmulden, während östlich davon die Täler der Saalach, Traun, Steyr,
Salza, Ybbs u.a., von lokalen Details beeinflußt, sich in unregelmäßigen
Windungen meist nach Norden wenden, der Abfall gegen die Grauwacken-
zone aber nur kurze Bachläufe aufweist. In den Südalpen ziehen vom Dolomit-
massiv die Täler nach allen Richtungen: nach Norden Rienz, Enneberg- und
Sextental, westlich zum Eisack Villnösser-, Grödner-, Tierser- und Eggental,
zur Etsch der Avisio, im Oberlaufe das Fassatal bildend, und gegen Südost
Buchensteiner- und Ampezzanertal. Ähnliche Erscheinungen zeigen auch die
unserer Exkursion fernliegenden südöstlichen Teile. — Ganz anders sind die
Verhältnisse in den Zentralalpen, wo die Bäche in dem weichen Schieferge-
stein auf dem geradesten Wege die nächste Längsfurche erreichen können
und daher nahezu parallel verlaufen. Ötztal, Silltal mit dem Stubaitale (von
Südwest), Zillertal, Großache und die Täler der Tauern sowie zahllose unter-
geordnete Wasserläufe ziehen genau gegen Norden. Am Südabfalle verlaufen
noch das Passeier- und Sarntal geradlinig, während östlich des Eisack eine
gefaltete Südkette der Zentralalpen das Iseltal, Mölltal und weiter das Gurktal
gegen Osten abdrängt. Geradezu modellartig, oft in gleichen Abständen von
einander, treffen die allerletzten Verzweigungen normal auf diese Täler.
Die größeren Seen des Alpengebietes, sämtlich langgestreckte Fluß-
seen, liegen nahe den Rändern des Gebirges; im Bereiche unserer Reise der
Achensee in Nordtirol, der Zellersee und die Seen des Salzkammergutes (z. B.
Mondsee, Wolfgangsee, Hallstättersee) in Salzburg und Oberösterreich.
4. Orographische Verhältnisse.
Die nördlichen Kalkalpen werden durch die Quertäler der Flüsse in
scharf getrennte Gruppen geschieden. Im Westen schließen an das Wetter-
steingebirge (2964 »z) und die Miemingerkette die vier Parallelketten des Kar-
wendels (±2600 — 2700 m), die bis zum Achensee (925 m) reichen. Östlich
davon verläuft das Sonnwendgebirge (2250 ni) allmählich in die bayrischen Vor-
alpen. Jenseits des Inns bildet noch das Kaisergebirge (it 23oo m) Ketten,
dann aber beginnen in Salzburg mit den Leoganger Steinbergen massige, pla-
teauartige Gebirgsstöcke. Im Osten Tirols besitzt die «Grauwackenzone» ihre
größte Breite und bildet die Tonschieferberge der Kitzbüheler Alpen
(± 2000 — 23oo m). Die Kalkzone besteht weiter aus den Loferer Steinbergen,
dem Hochkönig (2960 »7) und dem Hagengebirge; zu den nördlichen Aus-
läufern gehört hier der Untersberg bei Salzburg (1975 m). Über der Salzach
folgt das Tennengebirge und die mächtige Dachsteingruppe (2960 m), dann
das Tote Gebirge und der Priel. Nördliche Ausläufer trennen die Seen des
Salzkammergutes, so Schafberg, Höllengebirge, Traunstein^ (+ 1700 — igoo m)
u.a. Östlich der Enns und des Prebichlsattels (1212 »j) liegt der H ochschwab
(2269 m), dann die Raxalpe und der Schneeberg (zirka 2000 m) mit ihren Vor-
bergen.
Die Zentralalpen bilden eine zusammenhängende Kette mit oft sehr
bedeutenden Seitenkämmen und sind im westlichen Teile stark vergletschert.
Der breite Stock der Ötztaler und Stubaier Alpen (±3200 — 36oo ?n Kamm-
höhe) mit den südöstlich anschließenden Sarntaler Bergen reicht bis zur Ei-
sack-Sill-Linie, welche durch die tiefe, aber schmale Senkung des Brenner-
passes (1374 "0 markiert ist. Östlich schließt der Tuxerkamm an, durch das
Pfitscherjoch (223i m) vom Hauptmassiv der Zillertaler Alpen (i 2800 —
3500 m) o-etrennt. Vom Beginne der Hohen Tauern leitet nördlich der Ger-
lospaß (1457m) zur Grar/wackenzone über. Ein südlicher Parallelzug bildet die
Rieserfernergruppe, während der Hauptkamm in noch größerer Höhe über die
Venedigergruppe zum Glockner zieht. Südlich zweigt die Schober- und Kreuz-
eckgruppe ab. Nun nimmt die Höhe bedeutend ab; es folgen Sonnblick und
Ankogel, dann die Arischarte (2251 m) und Hafnergruppe. Der nunmehr eis-
freie Rücken gabelt sich in die in i 23oo — 2700 in Höhe nördlich der Mur strei-
chenden Niederen Tauern, die mit dem vSekkauer Zinken am Schobersattel
enden, und eine südliche Kette, die sich abermals teilt und einen von der Mur
durchbrochenen Zug in immer geringerer Höhe bis zum Wechsel (1738 m) an
der niederösterreichischen Grenze entsendet.
In den Südalpen erreichen die letzten Ausläufer der Adamello- und
Ortlergruppe (Ortler 3902 m) mit der Mendel und im Süden der Brenta-
gruppe die Etsch. Die mittelgebirgartige Quarzporphyrdecke leitet zu den
sogenannten Dolomiten über, die in zahlreiche unregelmäßig angeordnete
blockförmige Gruppen zerfallen. Ein deutliches Zentrum bildet die Sella-
gruppe (±2900—3100 m), die wenig niedrigere Äste nach Südwest zum
Schiern und Rosengarten, nach Norden zum Peitlerkofel entsendet und im
Südosten durch den aus Augitporphyr bestehenden Padonrücken und Fedaja-
paß mit der Marmolata (336o )n) verbunden ist, an die sich südlich die Pala-
gruppe und weiter das Granitmassiv der Cima d'Asta anschließt. Gegen Osten
hängt die Sellagruppe einerseits mit Pelmo und Civetta, andererseits mit Fanes-
gruppe und Tofana zusammen. Die trennenden Pässe haben ± 1900 — 2100 »2
Höhe. Östlich des Ampezzotales liegt der Cristallo- und Sorapisstock und
die Sextener Dolomiten (±2900 — 3200 m). Jenseits der Grau wackenzone
der Karnischen Alpen beginnen mit der Spitzkofelgruppe die Gailtaler
Alpen. Diese beiden Ketten sowie weiter die mächtige Triglavgruppe u. a.
liegen bereits weit abseits von unserer Route.
5. Landschaftlicher Charakter.^)
Die heutigen Detailformen der Landschaft sind in den Alpen in erster
Linie auf die Wirkung der eiszeitlichen Vergletscher ung, dann auf nach-
trägliche Wassererosion und Verwitterung zurückzuführen. Bekanntlich
waren in der Diluvialperiode nicht nur der Norden Europas, sondern auch die
Alpen zeitweise von mächtigen Eismassen bedeckt, die sich an vielen Stellen
weit über das Vorland ausbreiteten und die Erscheinungen der heutigen
Gletscher in mächtig vergrößertem Maßstabe aufwiesen. Die Eiszeiten selbst
^) Penck und Brückner, Die Alpen im Eiszeitalter. — Frech, Über das Antlitz
der Tiroler Zentralalpen (Zeitschrift des D. u. Ö. Alpenvereins igoS, S. i— 3i). — Neu-
mayr-Uhlig, Erdgeschichte, II, S. 441-427. — Diener, Bau und Bild der Alpen.
sowie diese Erscheinungen zu besprechen, ist hier niclit der Platz, doch sollen
die heute noch sichtbaren Wirkungen kurz erörtert werden. Am Nordrande
der Alpen, insbesondere in der bayrischen Hochebene und in geringerem Maße
noch in den österreichischen Ländern bilden zahlreiche Endmoränen aus den
verschiedenen Stadien des Abschmelzens Hügel, deren gerundete Formen, von
Wäldern und Kulturen bedeckt, sich von den Höhenzügen der anstoßenden
denudierten Tertiärablagerungen zuweilen sehr gut abheben. Weiter aufwärts
in den Alpentälern lagerten die Gletscher in immer größerer, looo ?« oft er-
reichender Mächtigkeit. Ihre alles Darunterliegende abschleifende Bewegung
gab den Talhängen die heutige Gestaltung: runde F'ormen mit nicht allzu
steiler Neigung und, wo in höheren Lagen der Fels zutage tritt, glatte Wand-
flächen^ die lange der Verwitterung standhielten. Auch die Kare, sanfte Mulden,
die oft reihenweise an den Flanken der Gebirgskämme eingesenkt sind und
mitunter kleine Hochseen tragen^ wurden durch die Tätigkeit des Eises erzeugt.
Wo beim Erreichen der Ebene das Gefälle der Eismassen plötzlich aufhören
mußte, wurden durch die hier selbstverständlich am mächtigsten wirkende
Korrosion die Becken der Alpenseen ausgeschliffen. In der Talsohle und
den nächstliegenden Partien setzte der Gletscher mächtige Schuttmassen
als Grundmoränen ab, zu denen sich noch verschiedene Endmoränen gesellen.
Durch nachträgliche Erosion zum Teile umgeformt, bilden sie heute im Verein
mit den Anschwemmungen der Gletscherbäche die anmutigen Terrassen,
welche, meist von Wiesen und Ackern bedeckt, die allermeisten Alpentäler
zieren. Noch mächtigere Ablagerungen sind die fluviogl azialen «Mittel-
gebirgsterrassen», wie wir sie z. B. im Inntale finden. Sie wurden in einem
Eissee abgesetzt, zu dem der Fluß über 3oo m hoch aufgestaut war. Weniger
fallen alte Moränen in höheren Regionen ins Gewicht, wo sie Höcker und
Dämme bilden, die dem Entstehen der besten Alpenweiden förderlich sind.
Beim Abschmelzen der eiszeitlichen Gletscher begannen die mächtigen
der Ebene zuströmenden Wassermassen sich in die Grundmoränen einzu-
graben und so die Talsohlen meist in ziemlicher Breite zu vertiefen. Oft betraf
diese Erosion auch das anstehende härtere Gestein; dann entstanden engere
Talschluchten, die vielen Haupttälern der Alpen ihr charakteristisches
Profil geben. An allen größeren F'lüssen werden ausgedehnte Sand- und Ge-
röllbänke durch wiederholte Überschwemmungen stets frisch erhalten.
Kleine Seitentäler zeigen in der Regel dasselbe Bild: am Ursprung eine
mehr oder minder ausgeprägte Mulde, an den Steilhängen des Mittelteiles
meist Felsen oder Schutthalden bloßgelegt, dem Ausgange endlich ein oft
ausgedehnter Schwemmkegel vorgelagert, der zur Anlage einer Ortschaft
gewöhnlich willkommene Gelegenheit bot. Zwei Fälle modifizieren diesen
Typus. Konnte eine das Tal querende Felswand nicht durchnagt werden, so
stürzt das Wasser darüber herab, es entstehen Wasserfälle, die in den Alpen
so ungemein häufig sind und mit Recht zu den schönsten Naturerscheinungen
gezählt werden. Wenn aber der Bach den harten Fels in geringer Breite
senkrecht durchsägte, so ist das Resultat ein kluftartiger Felsschlund, eine
Klamm, wie solche wegen ihrer Großartigkeit bereits an vielen Punkten zu-
gänglich gemacht wurden.
Den Bergformen prägt der Unterschied zwischen Kalk und Schiefer
einen unverwischbaren Gegensatz auf. In tieferen Lagen vermag allerdings
die Vegetation die Verschiedenheiten zu verdecken, doch treten sie auch dort
an den Wänden steiler Erosionstäler deutlich hervor. Schon in der Farbe
kontrastieren die bald hellgrauen bald blendendweißen Kalke scharf gegen den
Glimmerschiefer und Phyllit, deren schwarzgrauer Ton stets einen düsteren
Eindruck macht. Noch auffallender sind aber die Unterschiede in den Haupt-
zügen der Bergformen, die durch verschiedene Härte des Gesteins be-
dingt sind. Die welchen Schieferberge bilden Formen, die gerade durch
ihre Einfachheit imponieren, meist mehr oder weniger deutliche Pyramiden,
deren Flanken die Faltung der Gesteinsmassen deutlich aufschließen. Im
Gegensatze dazu zeigen die Kalkberge im allgemeinen Blockform; furchtbar
steile Wände konnten sich erhalten, deren Stufen die Grenzen zwischen den
verschiedenen Formationen bezeichnen.
Erst an jenen Partien, welche stets als «Nunataker» die eiszeitlichen
Gletscher überragten, treten die charakteristischen Formen des Hochgebirges,
in erster Linie schmal z u g eschärfte, dachähnliche G rate, auf. Die Atmo-
sphärilien wirkten hier ununterbrochen zerstörend, die eigentliche Verwit-
terung gibt diesen höchsten Regionen ihr Gepräge. An der Seite des stärksten
Wetteranpralles, in den Alpen Norden und Nordwesten, wo sie am intensivsten
vor sich geht, entstehen die steilsten Felshänge. Die rauhen Kalkfelsen
bröckeln kleinweise ab; abenteuerlich gestaltete Türme, Zähne und Pfeiler
bilden die ruinenartigen Gipfel. Jedes Gefrieren der Niederschläge in den
Spalten sendet einen Hagel von Steinen zutal, die sich als endlose blendende
Geröllhalden am Fuße der Felsen ansammeln. Auf Hochflächen versinkt das
Regenwasser, jeden Humus mitschwemmend, in das klüftereiche Gestein; daher
stellen solche Kalkplateaus vielfach öde Steinwüsten dar. Bei geringer Nei-
gung wirkt abfließendes Niederschlagswasser zersetzend stets in denselben
Furchen, die vertieft werden und, durch messerscharfe Kanten getrennt, be-
sonders in den Nordalpen die charakteristischen Karren bilden. Die Schiefer-
felsen zeigen plattige Oberfläche; der Spaltenfrost trennt meist ganze Partien
vom Hange ab; wie die Gipfel bilden sie pyramidenartige Zacken. Die
Grathöhe ist oft durchlöchert oder geborsten; große Gesteinsmassen hängen
über dem Abgrund, jederzeit zum Sturze bereit. Platten- oder stangenförmige
Trümmer bedecken die Hänge, werden aber in Mulden unter der winterlichen
Schneelast zu einem pflasterartigen Gefüge zusammengedrückt.
Die Höhen über ± 3ooo ;n gehören der Schneeregion an. Kleine
Gletscher und die Firnmulden der größeren füllen hier die Kare aus und
ziehen sich zu den Seh nee graten der höchsten Gi[)fel hinan. Die Gletscher-
zungen reichen durchschnittlich bis zirka 2500 nz, ausnahmsweise noch bedeutend
tiefer herab. Auch sonst überdauern speziell als Lawinen abgerutschte Schnee-
massen oft in tieferen Lagen den Sommer. In den Zentralalpen gegen Osten
bis zum Hafner ist die Vergletscherung ganz allgemein, während in den Kalk-
zonen nur Zugspitze, Hochkönig, Dachstein und Marmolata ansehnliche Eis-
felder tragen. Die Detailerscheinungen kennen zu lernen, bietet unsere Reise
kaum Gelegenheit; sie sollen daher hier unerwähnt bleiben.
6. Klima. ^)
Ganz Mitteleuropa, somit auch das Alpengebiet, ist durch ein Klima
charakterisiert, das den Übergang vom Seeklima des Westens zum konti-
nentalen des Ostens bildet. Die Wärme Verhältnisse sind im Alpengebiet
äußerst mannigfaltig; der Einfluß der Seehöhe wird durch die Lage der
Örtlichkeit vielfach mehr als aufgewogen. Die nördlichen Haupttäler
haben, wo sie nicht durch besondere Phänomene beeinflußt werden, eine durch-
schnittliche Jahrestemperatur von gegen -(-8° (Jänner — 3°, Juli + 17°) bei einer
jährlichen Wärmeschwankung von 46 — 47°. Die Temperaturabnahme in grö-
ßerer Höhe erfolgt ziemlich gleichmäßig; bei 1845 /n (Vent) beträgt der Jahres-
durchschnitt-]- 1° (Jänner — g°, Juli -f 11°). Über 2800 ;n wird auch in den
Nächten des Hochsommers der Gefrierpunkt erreicht. Die gegen Süden ge-
öffneten Täler besitzen in scharfem Gegensatz zu ost westlich streichenden
noch in hoher Breite ein beinahe mediterranes Klima, wie das untere Etsch-
tal und das Eisacktal (Bozen -)-i2'2° Jahresmittel; Jänner + o'5°, Juli 4-23°).
Die Winde sind allermeist westliche, im Detail jedoch durch orogra-
phische Verhältnisse derart modifiziert, daß ein Überblick unmöglich ist. Be-
sondere Beachtung verdient der Föhn,^) der besonders in den Westalpen, in
den Ostalpen aber noch sehr typisch um Innsbruck und seltener weiter gegen
Osten auftritt. Er ist ein ungemein trockener Wind, der im Herabstürzen vom
Zentralalpenkamme eine hohe Wärme erlangt und dann eintritt, wenn in
Westeuropa ein Barometerminimum liegt und die Luft vom Nordhange der
Alpen dorthin gesaugt wird. Die von ihm heimgesuchten Täler, wo er im
Frühjahre in kürzester Zeit mächtige Schneemassen schmilzt, haben wesentlich
erhöhte Temperaturen.
An Niederschlägen sind die Alpen verhältnismäßig reich; die jähr-
liche Menge derselben beträgt etwas über 100 cm. Während die südlichen
Täler dieselben Winter- und hauptsächlich Herbstregen wie das Mittel-
meergebiet haben, tritt gegen Norden Wintertrockenheit entschieden her-
^) Hann, Handbuch der Klimatologie, S. 472 — 492.
2) Hann, 1. c. S. 208—218.
vor. Die grüßte Niederschlagsmenge fällt hier im Sommer, bald als kurze
Regengüsse, die in yerbindung mit zwischen den Bergen tobenden Ge-
wittern zu den großartigsten Naturerscheinungen gehören, bald als Land-
regen, die Gebirge tagelang in undurchdringliche Nebel hüllend.
B) Pflanzengeographische Übersicht.
Von
F. Vierhapper.
Die Pflanzenwelt des Geländes der Ostalpen gehört zwei regional an-
geordneten, wesentlich von einander verschiedenen Vegetationsgebieten an. ^)
Das untere kann als eine Wald-, das obere als eine Hochgebirgsregion be-
zeichnet werden. Viele hygro- und mesophile Elemente, sommer- und immer-
grüne Baumformationen sind für die erstere, vorwiegend xerophile Typen und
das Fehlen jeglichen Baumwuchses für die letztere charakteristisch. Indem sie
nicht nur verschiedene ökologische Kategorien, das heißt Vegetationsformen
und Formationen, sondern auch vielfach verschiedene systematische Einheiten,
Arten und Gattungen, beherbergen, decken sich die beiden Vegetationsgebiete
mit je einem Florenbezirke, und zwar gehört das untere zum baltischen (es
bildet einen eigenen, den subalpinen Gau desselben) das obere zum mitteleuro-
päisch-alpinen Florenbezirke des extratropischen Florenreiches der nördlichen
Hemisphäre.
I. Die Grenzen der Wald- und Hochgebirgsregion.
Während die Pflanzenwelt der Waldregion die Täler und unteren Hänge
der Berge bedeckt, ist die der Hochgebirgsregion nur auf den etwa 1600 — 2000 ;n
überragenden Höhen zuhause und bildet gewissermaßen einzelne größere oder
kleinere Inseln im zusammenhängenden Bestände der ersteren.
Die große physiognomische Verschiedenheit der Vegetation der Wald-
und Hochgebirgsregion wird insbesondere durch das Auftreten von Wäldern in
der ersteren und die vollständige Baurnlosigkeit der letzteren bedingt. Das Vor-
handensein, respektive Fehlen der Wälder ist für die beiden Regionen so
charakteristisch, daß man die obere Grenze des Baumwuchses, kurz Baum-
grenze genannt, mit Recht auch als Grenze derselben und auch der alpinen
und baltischen Flora bezeichnen kann.
') Auf einzelne Formationen der den Ostrand der Alpen berührenden pontischen
Flora sowie auf gewisse nicht der baltischen Flora angehörende Elemente in den unteren
Regionen der Südalpen soll gelegentlich noch aufmerksam gemacht werden.
Wie alle derartigen Grenzen darf man sich auch die Raumgrenze nicht
als eine Linie vorstellen. Sie ist vielmehr eine in vertikaler Richtung loo bis
200 tn breite Zone, in welcher der geschlossene Wald allmählich schijtter wird,
sich zunächst in einzelne Baumgruppen (Horste) und dann in einzelnstehende
noch hochstämmige Individuen, deren Wipfel meist zerzaust oder einseitig aus-
gebildet sind, auflöst und krüppelhafte Exemplare den Abschluß des Bestandes
nach oben zu bilden. Man kann demnach innerhalb der Baumgrenze eine Wald-,
Horst-, Hochstamm- und Krüppelgrenze unterscheiden. Zwischen der Wald-
und Krüppelgrenze liegt die Kampfregion des Baumwuchses, das ist jener
Gürtel, in welchem die Bäume in ununterbrochenem Ringen um ihre Existenz
begriffen sind.
Die Kompliziertheit des Phänomens der Baumgrenze ist eine Folge der
Verschiedenartigkeit der es beeinflussenden P'aktoren. Diese sind zunächst rein
klimatischer Natur, wie die in hohen Lagen erfolgende Abnahme der Tempe-
ratur, die kurze Vegetationszeit, die auch innerhalb dieser bei mangelndem
Schneeschutz sich einstellenden Fröste und die starken mechanisch und austrock-
nend wirkenden Luftströmungen. Sie alle sind aus leicht einzusehenden Gründen
dem Baumwuchse in hohen Lagen nichts weniger als förderlich und werden noch
durch rein orographische und edaphische Momente mannigfaltig modifiziert.
So erfolgt in größeren Massenerhebungen eine Verschiebung der Isothermen-
linien und somit auch der Baumgrenze nach aufwärts (in den nördlichen und
südlichen Kalkalpen ist infolgedessen die Baumgrenze beträchtlich niederer als
in den Zentralalpen); nach Süden und Südwesten exponierte Lehnen gestatten
im allgemeinen den Bäumen höher nach aufwärts zu steigen als nach Norden
oder Nordosten geneigte; in Talecken und auf Talgehängen liegt die Baum-
grenze höher als in der Talsohle, auf vorspringenden Felskämmen höher als
in den zwischen ihnen liegenden Rinnen, da hier die Bäume durch Lawinen,
Wildbäche etc. sehr gefährdet sind. Gletscher, steile Felswände, Karrenfelder,
sumpfiger Boden usw. sind dem Baumwuchse direkt hinderlich und können die
Baumgrenze bedeutend herabdrücken. Durch dieses Zusammenwirken der
verschiedenartigsten Faktoren wird es verständlich, daß die alpine Baumgrenze
nicht in so direkter Abhängigkeit von der Temperaturabnahme erscheint wie
die der arktischen Ebenen, welche infolge der Ausschaltung orographischer
Einflüsse sich so ziemlich mit der Juli-Isotherme von 10° C deckt. Auch öko-
logische Momente, wie das Fehlen von den Bäumen unentbehrlichen Orga-
nismen (Bodenbakterien u. dgl.) oder das Überhandnehmen tierischer Feinde
und schließlich die Eingriffe des Menschen tragen dazu bei, die Baumgrenze
in den Alpen herabzudrücken.
Aus der Tatsache, daß man in Regionen der Alpen, in denen es jetzt
keine Bäume mehr gibt, vielfach noch Stümpfe mächtiger Baumindividuen
findet, läßt sich schließen, daß die Baumgrenze einmal höher war als heut-
zutage. Die Frage, ob die Herabdrückung derselben durch eine allmähliche
Depression des Klimas oder lediglich durch die devastierende Tätigkeit des
Menschen oder durch das Zusammenwirken beider Faktoren zu erklären ist,
harrt noch einer erschöpfenden Beantwortung.
Die Baumgrenze bildet also zugleich die obere Grenze der Wald- und
die untere Grenze der Hochgebirgsregion. Von einer unteren Grenze der
ersteren kann man aber ebensowenig sprechen wie von einer oberen Grenze der
letzteren. Während nämlich einerseits an dem tiefst gelegenen Punkte des
Gebietes (abgesehen von seinem Rande) noch Formationen der Waldregion
zu finden sind, steigen andererseits alpine Elemente, vor allem Flechten, bis
auf die höchsten Gipfel der Ostalpen. Der Mangel geschlossener Bestände
und das Zurücktreten oder Fehlen höher organisierter Gewächse deutet aber
darauf hin, daß das Pflanzenleben in solchen Höhen schon im Ausklingen be-
griffen ist. Den Gürtel, in welchem sich die geschlossenen Bestände auflösen,
bis zu den Hochgipfeln kann man als die Kampfregion der Alpenflora be-
zeichnen.
2. Ökologie der Pflanzenwelt der Ostalpen.
Das Studium der Beziehungen des Baues und der Lebensweise der
Pflanzen zu den sie beeinflussenden, durch Klima, Standort, Freund und Feind
bedingten Faktoren, ihres Kampfes mit diesen Faktoren, ihrer Anpassungen
an dieselben, mit einem Worte der Ökologie der Pflanzen, lohnt sich nament-
lich in Gebieten, welche in verschiedenen dieser Faktoren große Extreme auf-
weisen, denn es sind hier die Anpassungen viel auffälliger als in solchen mit
großer Gleichmäßigkeit und geringen Gegensätzen in den Vegetationsbe-
dingungen. So kommt es, daß die Ökologie der Alpenpflanzen, die, oft direkt
auf anstehendem Gestein gedeihend, meistens in auffälliger Weise an ein sehr
extremes Klima angepaßt sind, ein dankbareres Kapitel ist als die der meist in
neutralem Humusboden wurzelnden, einem viel gemäßigteren Klima ausge-
setzten Typen der Waldregion, die, abgesehen von gewissen unter ganz be-
sonderen Bedingungen vegetierenden Elementen (Wasserpflanzen, Parasiten
usw.), in ökologischer Beziehung vielfach geringeres Interesse beanspruchen.
Demgemäß soll im folgenden die Ökologie der Alpenpflanzen in den
Vordergrund treten und die der Pflanzen der Waldregion nur zum Vergleiche
herangezogen werden.
a) Die Faktoren.
Der große Unterschied zwischen der Vegetation der beiden Regionen
wird vor allem durch das verschiedenartige Klima bedingt. Unter Klima ver-
stehen wir hier das physische Klima ^), das ist den mittleren Zustand der am
^) Im Gegensatze zum solaren Klima, das lediglich durch das Maß der Sonnen-
strahlung bedingt wird.
i3
Standorte einer Pflanze herrschenden Witterungsverhältnisse. Einer der be-
deutsamsten Gegensätze zwischen dem Klima, unter welchem die Pflanzen der
Hochgebirgs- und Waldregion gedeihen, liegt in der Größe des mittleren
Luftdruckes. Die Herabsetzung desselben mit zunehmender Höhe ist eine
sukzessive. Bei 2500 m herrscht etwa 565, bei 3500 ui 497 mm mittlerer Baro-
meterstand. Ob der Änderung des Luftdruckes eine direkte Wirkung auf die
Gestaltung der Vegetation zuzuschreiben ist, erscheint sehr fraglich. Umso
größer sind aber mittelbare Einwirkungen, indem die Verdünnung der Luft eine
Änderung verschiedener anderer für das Pflanzenleben höchst wichtiger Fak-
toren zur Folge hat.
Zunächst stehen die Temperaturverhältnisse mit dem Luftdruck in
innigem Zusammenhang. Die mittlere Jahrestemperatur der alpinen ist aus
gleich näher zu erörternden Gründen geringer als die der Talregion. Die Ab-
nahme des Jahresmittels der Lufttemperatur im Schatten beträgt für 100 m
Steigung im Durchschnitte 0*57° C, die der mittleren Temperatur der Vegeta-
tionsperiode 0*65° C. Da aber die Vegetationsperiode auf den Bergen erst spät
beginnt und bis in den Herbst hinein dauert, ja im Winter sogar häufig eine
Temperaturzunahme mit der Höhe stattfindet, ist die Jahresschwankung der
Temperatur im Gebirge geringer als in der Ebene.
Die Gesamtwirkung der auf die Flächeneinheit auffallenden Sonnen-
strahlen (Insolation) nimmt mit der Höhe zu. Da nämlich die Sonnenstrahlen
bei ihrem Durchgange durch die Atmosphäre einen Teil ihrer Intensität durch
Absorption in der Luft und im Wasserdampfe verlieren, ist ihre totale erwär-
mende und auch beleuchtende Kraft umso größer, je weniger Luftschichten die
Strahlen zu passieren haben, oder mit anderen Worten je höher die bestrahlte
Fläche gelegen ist. Es ist also die Wärmewirkung der Sonne, die Wärme-
einstrahlung auf den Bergen größer als in der Talregion. Die Folge davon
ist eine sehr beträchtliche Erwärmung des Bodens während des Tages, ein
Faktor, der für das Gedeihen der Alpenpflanzen von größter Bedeutung ist.
Die starke nächtliche Ausstrahlung steht gleichfalls mit der dünnen Luft in
den Höhenregionen in Zusammenhang. Die Atmosphäre wirkt nämlich wie ein
schützender Mantel, welcher eine allzustarke Bestrahlung des Bodens bei Tage
ebenso wie eine allzustarke Ausstrahlung von demselben zur Nachtzeit verhin-
dert. Je dünner aber die Atmosphäre, desto geringer ist ihre Wirksamkeit in
diesem Sinne, desto größer also die Erwärmung des Bodens bei Tage und die
Wärmeabgabe bei Nacht. Da sich demnach der Boden in hohen Lagen während
der Nacht viel stärker abkühlt als in tiefen, so muß die neuerliche Erwärmung
desselben am Morgen im Gebirge gewissermaßen bei tieferen Temperaturen
beginnen als im Tale und es wird so leicht verständlich, warum die Durch-
schnittstemperatur der im Vergleiche zum Boden viel schwerer erwärmbaren
Luft mit der Zunahme der absoluten Höhe geringer wird. — Die an sonnigen
Plätzen gedeihenden Pflanzen werden also tagsüber sehr stark erwärmt, er-
fahren aber während der Nacht eine sehr ausgiebige Abki^ihlung. Infolge der
starken Bestrahlung tritt der Gegensatz der Vegetation verschiedener Himinels-
lagen im Gebirge viel augenfälliger hervor als in niederen Lagen, die Expo-
sition spielt in der Alpenflora eine wichtige Rolle. Schon in subalpinen, in
westöstlicher Richtung laufenden Tälern (z. B. Pustertal) macht sich der Un-
terschied zwischen «Sonn»- und «Schattseite» stark bemerkbar. Während auf
der nach Norden exponierten Schattseite bereits in looo ;n Meereshöhe kein
Getreide gedeiht und Nadelwälder und Moore die Hänge bis zu ihrem Fuße
bedecken, mußten an der nach Süden abdachenden Sonnseite die Wälder stellen-
weise bis zu 1400 m menschlichen Kulturen (Getreidefeldern) und Ansiedlungen
weichen. — Die Differenz der Temperaturen sonniger und schattiger Stellen
ist im Gebirge gleichfalls eine viel größere als in den Tälern. — Gleich der
erwärmenden ist auch die beleuchtende Wirkung des Sonnenlichtes im Gebirge
eine sehr intensive. Der Umstand, daß die ultravioletten Strahlen als die am
stärksten brechbaren des Spektrums am stärksten absorbiert werden, bedingt
es, daß das Alpenlicht im Vergleiche zu dem der tieferen Lagen sich durch
besonderen Reichtum an ultravioletten Strahlen auszeichnet. Die von der Be-
wülkungsfrequenz abhängende Sonnenscheindauer zeigt im Gebirge insoferne
eine andere Periodizität denn in der Ebene, als in ersterer die Winter, in letz-
terer die Sommer am sonnigsten sind. In den Mittagsstunden sind die Unter-
schiede am stärksten.
Mit der niederen mittleren Jahrestemperatur steht die kurze Vegetations-
zeit der alpinen Region in innigem Zusammenhange. Mit zunehmender Höhe
wird der Zeitraum zwischen dem «Ausapern»^) und dem Einschneien, also die
Zeil des dauernd schneefreien Sommers, mit welcher die Vegetationsperiode
der Alpenpflanzen zusammenfällt, immer kürzer. Um Innsbruck z. B. dauert sie
(auf der Schattenseite) bei 1500 m Meereshöhe ca. vom 2. Mai bis zum 10. No-
vember, bei 2000 772 vom 5. Juni bis zum 18. Oktober, bei 2500 m vom 21. Juli
bis zum 23. September. Der späte Beginn des Ausaperns hat zur Folge, daß
die Pflanzenwelt allsogleich, wenn sie von der schützenden Schneedecke befreit
wird, lange Tage und relativ hohe Temperaturen, also zwei ihrer Weiterent-
wicklung überaus günstige Momente antrifft. Während in den Tälern nach
der Schneeschmelze oft noch Wochen vergehen, bis die braunen Wiesen zu
ergrünen beginnen, fällt in der Alpenregion der Anfang der Aperzeit mit dem
Wiedererwachen des Pflanzenlebens zusammen. Einen vollkommen schnee-
freien Sommer gibt es aber im Gebirge nur von 1500 m an abwärts, in der
alpinen Region also überhaupt nicht. Über der Linie von 1500 772 sind auch
in den Sommermonaten Schneefälle, Reife und einschneidende Fröste zu
gewärtigen. Allerdings sind diese Fröste gewöhnlich nicht anhaltend und
die Schneemassen weichen alsbald wieder der großen Gewalt der vSonnen-
') Ausapern ^= schneefrei werden.
15
stralilen, umsomehr als auf Sommerschneefälle in den Alpen zu allermeist
schönes Wetter folgt. Der Intensität des Sonnenlichtes ist es auch zuzu-
schreiben, daß sich die Vegetationsperiode der alpinen Gewächse in gün-
stigen Lagen weit in den Herbst hinein erstrecken kann, ja daß man mit-
unter selbst im Dezember noch Gelegenheit hat, in hohen Lagen sich blühender
Alpenpflanzen zu erfreuen. Während die infolge zu geringer Temperaturen
eintretende Winterruhe der Vegetation eine der Wald- und Hochgebirgsregion
gemeinsame, in dieser kürzer, in jener länger währende Erscheinung ist, gibt
es eine Sommerruhe, hervorgerufen durch Trockenheit, weder in der einen
noch in der andern. ^)
Der absolute Feuchtigkeitsgehalt der Luft nimmt infolge der niederen
Temperaturen nach oben zu sehr rasch ab. Die Alpenluft verdankt ihre große
Reinheit dem geringen Gehalte an Wasserdampf. Die relative Feuchtigkeit
dagegen schwankt im Gebirge zwischen viel größeren Extremen als in den
l'älern. Im Sommer, also gerade zur Zeit der Vegetationshöhe, sind die Berg-
spitzen tagelang in Nebel gehüllt. Nachmittags ist meistens die Nebelbildung am
stärksten. Wann aber heiteres Wetter kommt, stellt sich alsbald große Trocken-
heit ein, da infolge der dünnen Luft, der starken Strömungen in derselben
und der abkühlenden Wirkungen der mächtigen Schnee- und Eismassen des
Gebirges die Verdunstungs- (Evaporations-) Kraft der Atmosphäre eine sehr
beträchtliche ist. Daß die Gebirge reich an Niederschlägen sind, ist eine
jedem Alpenbewohner geläufige Tatsache. Die reiche Vegetationsdecke und der
feuchte Boden wirken kondensierend auf die Wasserdämpfe ein und zwingen
sie, sich niederzuschlagen. Aber nur bis zu einer gewissen Höhe nimmt die
Regenmenge im Gebirge zu. Das Maximum der Niederschläge befindet sich
nicht viel über 2000 m. Über dieser Grenze hat der geringe Wasserdampfgehalt
der dünnen Luft eine Herabminderung der Regengüsse zur Folge. Die Regen-
güsse der alpinen Region sind meist Sprühregen und infolgedessen nicht so
ausgiebig wie die der Waldregion, deren Vegetation unter anderem auch den
reichlichen und intefisiven Niederschlägen zur Zeit der Höhe ihrer Entwicklung
im Juli ihren hygrophilen Charakter verdankt. Da schon unmittelbar oberhalb
der Baumgrenze 40 — 70°/q und in größeren Höhen noch mehr aller Nieder-
schläge des Jahres als Schnee zu Boden gelangen, ist die Schneebedeckung
in den Alpen eine sehr mächtige. Die Bedeutung der tiefen Schneedecke für
die Pflanzenwelt liegt vor allem im Schutze gegen zu tiefe Temperaturen und
noch mehr gegen das Austrocknen.
Als letzter die Vegetation wesentlich beeinflussender klimatischer Faktor
sind die Luftströmungen zu nennen, die infolge der Zunahme der Windge-
schwindigkeit mit der Höhe im Alpenklima eine viel größere Rolle spielen als
in der Ebene. Außer den regelmäßigen tagsüber talaufwärts, zur Nachtzeit
') Siehe den Abschnitt: «Der Gang der Vegetation»
i6
talabwärts streichenden Winden und dem im westlichen Teile des Gebietes noch
ziemlich häufig auftretenden, von Südosten, Süden oder Südwesten wehenden,
«schneefressenden» Föhri gibt es im Gebirge fast stets auch nicht regelmäßig
wiederkehrende Luftströmungen aller Art. Die Bedeutung der Winde liegt im
Transport der Samen, in mechanischen Zerstörungen und vor allem in der
gewaltigen Steigerung der Verdunstung, durch welche die Alpenflora im Ge-
gensatze zur baltischen ein so ausgesprochen xerophiles Gepräge erhält. Der
Föhn beschleunigt überdies das Ausapern und somit den Beginn der Vegeta-
tionsperiode der Alpenpflanzen.
Fassen wir das über das Klima der alpinen Region Gesagte zusammen,
so finden wir, daß die Alpenflora im Gegensatze zu der der Waldregion eine
Licht-, Wind- und Trockenflora genannt werden muß. Die unterbrochen intensive
Bestrahlung mit allen ihren Folgeerscheinungen (große Bodenwärme in der
Sonne etc.) und die dünne Luft sind auch die wesentlichsten Unterschiede des
Alpenklimas von dem durch kontinuierlich schwache Beleuchtung, dichte aber
stets kalte Luft und kalten Boden ausgezeichneten Klima der Arktis, deren
— allerdings viel ärmere — Flora mit der unserer Alpen gar manche Pflan-
zenspezies gemeinsam hat.
Auch die edaphischen Verhältnisse sind im Gebirge in gewisser Bezie-
hung anders geartet als in den Tälern. Während hier die Pflanzen meist in
einem Substrate wurzeln, das aus allen möglichen mineralischen Substanzen
zusammengesetzt ist, sind sie dort viel öfter auf das anstehende Gestein — Kalk
oder irgendein kalkarmes Urgestein — angewiesen. Kalkholde und kiesel-
holde Typen sind daher in der alpinen Region in viel größerer Artenzahl anzu-
treffen als in den Regionen der baltischen Flora. Von den wichtigsten Boden-
arten: Fels-, Schutt-, Sand-, Lehm-, Ton-, Mergel-, Kalk- und Humusböden
sind infolge naheliegender geologischer Tatsachen Fels- und Schuttboden im
Gebirge viel häufiger als in der Ebene, während Lehm-, Ton- und Mergel-
böden fast ausschließlich auf diese beschränkt sind, I4umusböden aber in Berg
und Tal eine große Rolle spielen. Die merkwürdige Tatsache, daß sich in der
alpinen Region nicht selten auch an quelligen Plätzen neben typisch hygro-
philen auch xerophile Elemente finden, erklärt sich dadurch, daß das betreffende
Substrat zwar physikalisch naß, aber, weil von zu niedriger Temperatur, phy-
siologisch trocken ist.
Die Wechselbeziehungen zwischen Tier- und Pflanzenleben sind so innige,
daß es nicht wundernehmen darf, daß mit der allmählichen Abnahme des
Pflanzenlebens nach oben zu eine solche des tierischen Hand in Hand geht.
Inwieweit aber in bezug auf die Wirksamkeit von organogenen Faktoren, z. B.
von Honigdieben, Wirtspflanzen für Parasiten, Nährsubstratlieferanten für Sa-
prophyten und Humusbewohner, Nitrit-, Nitrat- und Stickstoffbakterien, für
die Bodendurchlüftung und Humusbildung bedeutungsvollen Tieren (Würmer,
Myriopoden, Milben, Insektenlarven) etc. die Bedingungen in der alpinen Re-
17
gion wesentlich andere sind als in der Waldregion, ist noch lange nicht genügend
bekannt. Mit der Abnahme des Reichtumes an Bestäubung vermittelnden In-
sekten nach oben zu stehen wohl einige charakteristische Eigenschaften ge-
wisser Alpenpflanzen in Zusammenhang, von denen später noch die Rede sein
soll. Auch der Einfluß, den der Mensch auf die Vegetation nimmt, wird mit
zunehmender Hohe immer geringer.
Die Bedeutung der historischen und Konkurrenzfaktoren wird erst in dem
der Flora geltenden Abschnitt gewürdigt werden,
b) Bau und Struktur der Pflanzen.
Da der Hau der Pflanzen infolge ihres eminenten Anpassungsvermögens
immer mit den auf sie einwirkenden Faktoren in innigem Einklänge steht, ist
es ganz begreiflich, daß die alpinen Gewächse entsprechend dem extremen
Klima ihrer Wohnsitze ganz wesentlich von denen der Niederungen verschieden
sind und im äußeren Bau und in der inneren Struktur viele Eigentümlichkeiten
zeigen, welche mit denen des Klimas in Zusammenhang stehen.
Die Alpenpflanzen unterscheiden sich von denen der Ebene im äußeren
Bau vor allem durch kürzere Achsen, kleinere Blätter, relativ stärker entwickelte
Wurzeln, oft auch größere und tiefer gefärbte Blüten und ihren charakteri-
stischen, durch die Gesamtheit dieser Merkmale bedingten Habitus; in ihrer
inneren Struktur zeigen sie im Gegensatze zu ihnen vielfach xerophile Ein-
richtungen.
Bäume fehlen der alpinen Region vollständig. Das dieser Vegetations-
form zunächst kommende Krummholz (Piiius rnontana) ist durch seinen kurzen,
knorrigen, meist schiefen oder horizontalen Stamm und die lang ausladenden,
schlangenartig hin- und hergekrümmten, bogig aufsteigenden, elastischen Äste
ausgezeichnet.
Während sich aufrechtwachsende Alpenzwergsträucher (wie die Rhodo-
dendren, die größeren Alpenweiden) im Habitus nicht wesentlich von ver-
schiedenen Typen tieferer Lagen unterscheiden, ja manche sogar (Vaccinien,
Empetrum) der Hochgebirgs- und Waldregion gemeinsam sind, gibt es zu den
kriechenden Zwergsträuchern (Spaliersträuchern) der Alpenregion (Salix retusa,
serpj'llifolia u. s. w.,, Dryas, Loiseleuria) mit mächtig entwickeltem Wurzelsystem
und reich verzweigten, am Boden oder unter dessen Oberfläche horizontal aus-
gebreiteten Ästen und oft auch dem Wärme spendenden Boden dicht sich an-
schmiegendem Laubwerk im Gebiete der Waldregion kein Analogon. Gleich
dem Krummholz besitzen die meisten alpinen Sträucher immergrüne Blätter.
Sehr reich ist die alpine Region an Polsterpflanzen (Silene acaulis, Sapo-
naria Pumilio, Aretia, Eritrichium etc.). Die Achsen derselben sind dicht an-
einander gepreßt, häufig mit vertrockneten Resten abgestorbener Blätter
besetzt und nur an der Spitze dem frischen Laub und den Blüten Raum zur
Exkursion in die Ostalpen. 2
Entfaltung gewährend. Der Durchmesser dieser Polster ist sehr verschieden
und kann manchmal mehrere Dezimeter betragen. — Kriechende, dem Boden
eng angeschmiegte, dicht 'beblätterte Zwergstauden wie Saxifraga oppositifolia
und Alsine bißora sind eine Art Mittelding zwischen diesen Polsterstauden und
den früher erwähnten Zwergsträuchern. Von Gewächsen der Waldregion
sind Kräuter wie Polygoniim aviciilare und Herniaria glabra mit ihnen zu
vergleichen.
Besonders häufig finden sich auf den Matten der Alpenregion Ro-
settenstauden (Dtanthus alpinus, glacialis, Androsace-, Veronica - hrt^tn) mit
relativ kräftigem Wurzelsystem und viel kürzeren Internodien als ihnen nahe-
stehende Arten der Ebene und häufig überwinterndem Laube. Durch starke
Verholzung des Wurzelstockes und der untersten, meist stark verkürzten Aste
kommen halbstrauchartige Typen (Helianthemum-, Globularia-Art&n etc.) zu-
stande. — Zwiebel- und Knollenpflanzen sind selten (Gagea, Lloydia, Chamae-
orchis). Die Alpengräser sind meist durch ihren gedrungenen Wuchs aus-
gezeichnet und besitzen infolge intravaginaler Innovation geschlossene Rasen,
häufig auch Rollblätter von steiflicher Konsistenz und mit Anthokyan tingierte
Spelzen, die Gräser der Waldregion dagegen haben oft extravaginale, weit aus-
ladende und an den unteren Knoten sich nachträglich bewurzelnde Innovations'
sprosse, mittels derer sie als lockere Stocke oft große Flächen bedecken, laxe
Flachblätter und grüne vSpelzen.
Kräuter, in der Ebene so häufig, bilden in den östlichen Alpen nur zirka
4°/q des gesamten Bestandes an Blütenpflanzen (Sedinn atratum, Gentiana-, A/ec-
torolophus-Arten u. s. w.), Lianen gibt es nur in der Krummholzregion. Leb-
hafte Anthokyanbildung in den Achsen, Hüllblättern, Kelchen und Trichomen
ist eine bei Alpenpflanzen oft zu beobachtende Erscheinung.
Die Blüten sind meist lebhaft gefärbt, stets relativ (im Vergleiche zur
Stengelhöhe), mitunter aber auch absolut größer als die ebenderselben oder
sehr nahe verwandter Formen der Waldregion. Pflanzen mit unscheinbaren
Blüten entbehren, wie Untersuchungen der letzten Zeit gezeigt haben, nicht
selten des normalen Befruchtungsvorganges {Alchimilla, Antennaria etc.). Ver-
mehrung auf vegetativem Wege (Brutknospen) spielt bei manchen Arten (Poa
alpina, Polygoniim vivipanim) eine große Rolle.
Das Laub alpiner Pflanzen besitzt sehr oft Schutzmittel gegen allzustarke
Transpiration. Gewöhnlich sind die Blätter von derber Beschaffenheit und zum
Überwintern geeignet, bei Holzgewächsen meist lederartig, bei Stauden insbe-
sondere felsiger Plätze — mitunter stark behaart {Eritrichium-, Artemisia-
Arten) oder sukkulent (Sempervivum, Saxifraga etc.). Häufig haben die Blätter
eine die derbe Konsistenz bedingende stark ausgebildete Kutikula, enge Inter-
zellularen, ein mächtiges Palissadengewebe, also größtenteils xerophile Ein-
richtungen, wie sie in der Waldregion nur an Pflanzen ganz bestimmter Stand-
orte zu finden sind.
19
Daß viele dieser morphologischen Charaktere der Alpenpflanzen als
direkte Anpassungen an die Besonderheiten des Höhenklimas aufzufassen sind,
haben insbesondere die interessanten Kulturversuche Bonniers und Kerners
gezeigt, deren Resultate kurz gesagt darin bestanden, daß Pflanzen der Ebene,
in hohe Lagen verpflanzt und hier fortgesetzt vermehrt, im Laufe der Gene-
rationen immer mehr den typischen alpinen Habitus und die früher geschil-
derten äußerlich und innerlich morphologischen Charaktere von Alpenpflanzen
erwarben. Ja die Anpassung ging so weit, daß diese sekundär erworbenen
Merkmale auch dann noch durch mehrere Generationen festgehalten wurden,
wenn solche künstlich zu Alpenpflanzen gewordene Typen wieder in ihre ur-
sprüngliche Heimat, die Ebene, zurückversetzt wurden.
Im folgenden sollen zunächst diejenigen Merkmale alpiner Gewächse
genannt werden, von denen es besonders wahrscheinlich ist, daß sie von be-
stimmten Einwirkungen des Höhenklimas entweder direkt abhängig oder doch
im Laufe der phylogenetischen Entwicklung durch direkte Anpassung an die-
selben entstanden sind und jetzt erblich festgehalten werden. Der niedere
Wuchs der Alpenpflanzen und die Verkürzung ihrer Internodien sind wohl zum
Teile auf die wachstumshemmende Wirkung des intensiven Höhenlichtes, zum
Teile auf die eine periodische Unterbrechung des Wachstums veranlassenden
tiefen Nachttemperaturen zurückzuführen. Der starke Anthokyangehalt ist
wohl auch eine Folge der großen Intensität des Lichtes, die Entwickelung der
Blüten dürfte wahrscheinlich durch den Reichtum des Lichtes an ultravioletten
Strahlen gefördert werden. Die trocknenden Wirkungen des Höhenklimas be-
dingen offenbar die xerophile Struktur der alpinen Gewächse. Inwieweit andere
zweckmäßige Einrichtungen derselben, wie die frühe Blütenentwicklung, der
polsterformige oder dem Boden angedrückte Wuchs, die Krummholzgestalt,
das immergrüne Laub, die geförderte Respiration, Transpiration und Kohlen-
stoffassimilation, die reichliche Bildung von Zucker und ätherischen Ölen durch
direkte Einwirkung der Faktoren entstanden sind, ist noch nicht festgestellt
worden. Von manchen derselben kann man wohl einen Zusammenhang mit
äußeren Einflüssen annehmen. So ist es beispielsweise sehr wahrscheinlich,
daß der polsterformige Wuchs \ind die Krummholzgestalt ebenso wie die ein-
seitig ausgebildeten Wipfel der am weitesten gegen die Alpenregion vordrin-
genden Bäume (siehe Tafel XXXVII unten) durch die mechanischen Wirkungen
der Winde entstanden sind, der Spalierstrauchhabitus aber, der sich auch für
die Ausnützung der Bodenwärme sehr vorteilhaft erwies, durch das Gewicht
der mächtigen Schneelasten gezüchtet wurde.
Mit der kurzen Vegetationszeit steht das reichliche Auftreten perennie-
render Gewächse in Zusammenhang, deren Blüten vorläufig, d. h. schon im
Vorjahre angelegt, gleich zu Beginn der Vegetationsperiode auf Kosten der im
überwinternden Laube und in den Rhizomen aufgestapelten Reservestoffe sich
noch vor dem Heranwachsen der neuen Blätter entfalten können. Auf diese
Weise ist dem Heranreifen von Früchten und Samen ein verhältnismäßig langer
Zeitraum gegönnt.
Daß Kräuter, bei nenen in einer und derselben Vegetationsperiode der
Blütenbildung die Stamm- und Laubentwicklung vorausgehen müßte, in der
alpinen Region sehr selten sind, erscheint in Anbetracht der kurzen Vegetations-
periode derselben verständlich. Zum Teil auf dieselbe Ursache ist das Fehlen
von Bäumen zurückzuführen. Daß Lianen über dem Krummholzgürtel keine
Existenzmoglichkeit haben, braucht wohl nicht näher begründet zu werden.
Während der Charakter der Alpenpflanzen vorwiegend ein xerophiler ist,
haben die Elemente der Waldregion zum großen Teile hygro- oder meso-
philes Gepräge und weisen nur während der Vegetationsruhe bemerkenswerte
xerophile Einrichtungen auf. Die relativ lange durch keine Fröste unterbro-
chene Vegetationszeit des Gürtels der Waldregion ermöglicht das Fortkommen
von Bäumen und großen Sträuchern. Ja die großen Niederschlagsmengen zur
wärmsten Jahreszeit sind sogar dem Gedeihen der Bäume überaus förderlich.
Die Staudengewächse sind im Vergleiche zu denen der Hochgebirgsregion von
höherem W^uchse, besitzen längere Internodien, weichere Blätter, ein schwächer
entwickeltes Wurzelsystem und oft auch kleinere, minder intensiv gefärbte
Blüten. Behaarung und Anthokyangehalt sind verhältnismäßig gering. In ihrer
inneren vStruktur zeigen sie im Zusammenhange mit dem geringeren Bedürf-
nisse nach Transpirationsschutz viele hygrophile Einrichtungen, große Flächen-
entwicklung und lockeres Schwammparenchym der Blätter, dünnere Kutikula
der Blattepidermis etc. Kriechende Zwergsträucher fehlen der Waldregion,
die Rasenpflanzen und Rosettenstauden sind von laxerem Wüchse, letztere
bilden überdies einen viel geringeren Perzentsatz der Gesamtvegetation als in
der Alpenregion, Die Gräser haben oft extravaginale Innov-ation und F'lach-
blätter. Lianen treten in verschiedenen Ptlanzenvereinen auf, Kräuter von
mannigfaltigem Habitus sind in großer Artenzahl vertreten.
Von besonderem Interesse sind diejenigen Anpassungen der Gewächse
der baltischen Flora, welche sich auf die winterliche Vegetationsruhe beziehen.
Die gesamte Pflanzenwelt erhält jetzt ein xerophiles Gepräge. Die einjährigen
Arten gehen im Herbste nach der Samenreife zugrunde, und nur ihre Keimlinge
überdauern, in den Samen wohl geborgen, die kalte Periode. Die mit Rhizomen,
Knollen oder Zwiebeln ausgerüsteten, perennierenden Stauden «ziehen» im
Herbste — manche Zwiebelgewächse sogar schon im Frühjahre — «ein» und
führen im Winter ein unterirdisches Dasein. Die sommergrüneu Bäume und
Sträucher unterliegen dem Phänomen des Laubfalles. Durch die mächtige
Rinde der Stämme und Aste und zumeist auch durch dicke Knospenschuppen
trefflich gegen Verdunstung — von einem Kälteschutze kann man hier eben-
sowenig wie in anderen Fällen reden — geschützt, verbringen sie als typische
«fakultative» Xerophyten die Zeit der Winterruhe. Pflanzen endlich, welche
wie die immergrünen Nadelhölzer schon im vSommer xero[)hytischen Bau hal)en.
erfahren im Winter keine augenfälligen Veränderungen. Eine genauere Be-
trachtung zeigt aber, daß auch sie dadurch, daß ihre Blätter saftärmer werden,
das Chlorophyll eine ümlagerung erfährt und die Spaltöffnungen sich schließen,
gegen die Gefahren des Winters sich zu schützen wissen. Stauden mit lede-
rigen, überwinternden Blättern drücken diese häufig dem Boden an (z. B.
Hellebonis) und erfahren dadurch, wenn sie nicht ohnehin von Schnee bedeckt
werden, Schutz gegen die Stürme; Blätter zarterer Natur können überhaupt
nur dem Boden anliegend überwintern (z. B. von Gramineen, Violen, Aspentla
t in Ctoria usw.).
Diejenigen Gewächse, welche im ersten Frühling blühen, besitzen vor-
läufige, d. h. schon im Herbst vorher als Knospen angelegte und vor der Ent-
faltung meist von Knospenschiippen schützend umhüllte Blüten oder Inflo-
reszenzen.
Bei den Alpenpflanzen ist die zuletzt geschilderte Art der Überwinterung
die häufigste und der Besitz vorläufiger Blüten eine sehr gewöhnliche Erschei-
nung. Manche Arten (z. B. Soldanellen, Primula acaiilic, Crocus albißo?'iis)
blühen sogar schon im Schnee.
In bezug auf Bestäubung und Samenverbreitung sind bei Pflanzen der
Hochgebirgs- und Waldregion im großen und ganzen dieselben Einrichtungen
zu finden. Autogamie spielt vielleicht in der ersteren eine größere Rolle als in
der letzteren. Anpassungen an die vSamenverbreitung durch Luftströmungen
sind bei alpinen Typen besonders häufig. Arten mit Häckelfrüchten sind im Zu-
sammenhange mit dem häufigeren Auftreten zur Verbreitung geeigneter Tiere
in der Waldregion zahlreicher als in der alpinen.
c) Die Vegetationsformen. ^)
Die Gesamtheit der Eigenschaften des äußeren Baues eines Gewächses
bedingt die Art seiner Erscheinungsform, seines Habitus. Da die Art der Merk-
male von den äußeren Faktoren sehr wesentlich beeinflußt wird, erscheint es
verständlich, daß der Habitus einer Pflanze gewissermaßen die ökologischen
Verhältnisse wiederspiegelt, unter denen sie vegetiert. Die Ptlanzengeographie
verwendet daher auf die richtige Erfassung und Deutung des Habitus der Ge-
wächse große Sorgfalt und bezeichnet die Pflanzenindividuen, wenn sie sie nur
in bezug auf ihre äußere Erscheinungsform betrachtet, als Vegetationsformen.
Ein Vergleich der auffälligsten Vegetationsformen der Wald- und Hochgebirgs-
flora, wie ihn die folgenden Tabellen anzustellen gestatten, wirft also auch
schon einiges Licht auf die ökologischen Verhältnisse dieser beiden Gebiete.
^) Bei Abfassung der folgenden Tabellen war vor allem der physiognomische Ein-
druck maßgebend. Streng morphologisch genommen sind Typen wie Pinus rnontana,
die Rhododendren usw. nicht als Sträucher, sondern als Zwergbäume zu bezeichnen.
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28
d) Der Gang der Vegetation.
Der Verschiedenaytigkeit der klimatischen Faktoren entsprechen folgende
Verschiedenheiten im Gange der Vegetation der Wald- und Hochgebirgs-
region.
Der Winterschlaf der Pflanzen dauert im Bereiche der ersteren durch-
schnittlich fünf, in den rauhesten Lagen acht, in den mildesten vier Monate.
Der Beginn der Vegetationszeit wird durch das Aufsteigen des Frühlingssaftes
in den Stämmen der Holzpflanzen, das Entknospen der meisten Bäume und
Sträucher und das Ergrünen der Fluren bezeichnet. Er tritt an bevorzugten
Orten in günstigen Jahren schon in der zweiten Hälfte März, unter den un-
günstigsten Verhältnissen in der zweiten Hälfte des Mai ein. Zu dieser Zeit ist
der Boden noch durch die Schmelzwässer des Winterschnees reichlich durch-
feuchtet. Anfangs macht die Vegetation nur langsame Fortschritte, wird sogar
häufig durch Temperaturdepressionen im April und in der ersten Hälfte des
Mai verzögert, nimmt aber dann von den «Eismännern»^) an eine raschere,
gleichmäßige Entwicklung. Sehr günstig für die Pflanzenwelt ist es, daß im
Sommer die höchsten Temperaturen mit den größten Regenmengen zusammen-
treffen. Vom August an erfolgt zwar eine allmähliche Abnahme der Nieder-
schläge, wobei jedoch kein Mißverhältnis zwischen Bodenfeuchtigkeit und
Temperatur eintritt, so daß eine Unterbrechung der Vegetation durch Trocken-
heit, ein Sommerschlaf, im baltischen Florengebiete gar nicht möglich ist. Vom
März oder April bis in den Herbst hinein prangen die Wiesen ununterbrochen
in saftigem Grün. Anfangs Oktober stellen sich zumeist die ersten Reife und
Fröste ein und die Verfärbung und das Abfallen des Laubes kennzeichnen den
Anfang der Winterruhe.
Eine viel kürzere Vegetationszeit steht den Pflanzen der Alpenregion zu
Gebote. Sie beginnt auch hier nach dem Schmelzen des Schnees, also unter
den günstigsten Verhältnissen Ende Mai, unter den ungünstigsten Ende Juli.
Es fällt demnach der Anfang der Lebenstätigkeit der alpinen Gewächse mit
der größten Tageslänge zusammen, der Einfluß der Sonnenstrahlen kommt
während ihrer ganzen Entwicklung täglich durch 12—16 Stunden zur Geltung
und es ist infolgedessen die Entfaltung der Pflanzenwelt eine überaus rasche.
Meist schon im Verlaufe von zwei bis drei Monaten haben die meisten Typen
ihre Jahresarbeit beendet und sich für den Winterschlaf vorbereitet. Es ist
dies ein unbedingtes Erfordernis für ihre Erhaltung, denn um die Mitte des
September sinkt bereits die mittlere Tagestemperatur regelmäßig unter den
Nullpunkt und der an den beschatteten Stellen nicht mehr abschmelzende Neu-
schnee eröffnet die Herrschaft des Winters.
^) Das ist der 12., l3. und 14. Mai (Tag des Pankrazius, Servazius und Boni-
fazius).
29
Die mannigfaltigen durch die äußeren Faktoren bedingten und dem ver-
schiedenartigen Gange der Vegetation der Wald- und Hochgebirgsregion ent-
sprechenden Einrichtungen des äußeren und inneren Baues der Gewächse
wurden bereits besprochen {S. 17 — 21).
e) Die Vegetationsformationen. ^)
a) Die Formationen der Waldregion.
A. Natürliche und halbnatürliche Formationen.
1. Baumformationen (Wälder).
Ganz natürliche Waldbestände sind heute infolge des geregelten Forst-
betriebes insbesondere in den unteren Regionen der Ostalpen so selten, daß ich
mir, da hier nur die uns wirklich begegnenden Formationen geschildert wer-
den sollen, ihre Beschreibung füglich ersparen könnte. Es sei nur hervor-
gehoben, daß in ihnen Laub- und Nadelholzarten, vor allem Buchen, Fichten,
Tannen, Lärchen, Föhren, Ahorne, Birken und Eiben in den verschiedensten
Größenabstufungen in schütterem Bestände durcheinanderstehen, zwischen sich
reichlich Raum lassend für verschiedenartiges Unterholz, Staudenwerk, Moose,
Flechten und Pilze. Der Boden ist von den niedergebrochenen, vermodernden
Stämmen, auf denen sich gewöhnlich junge Bäumchen, Sträucher und Moos-
polster breit machen, uneben oder gar hügelig und nur dort, wo Laubholz
überwiegt, mit weniger dichter Vegetation bekleidet. Lianen (Hedera Helix,
Clematis Vitalba) klettern an den Bäumen empor, deren Stämme und Äste reich-
lich mit Flechten bekleidet sind. Solche urwaldartige Bestände finden sich
beispielsweise noch in geringem Ausmaße am vSüdhange des Dürrenstein in
Niederösterreich, 2) in dem hart an das Achental angrenzenden Quellgebiete
der Brandenbergerache^) und im Vompertale bei Schwaz in Nordtirol.
Die meisten Urwälder sind infolge von Kahlabhieben längst verschwunden
und ungemischte Laub- oder Nadelwälder größtenteils an ihre Stelle getreten.
Ihr Gepräge ist insbesondere in der unteren Gehölzregion im großen und
ganzen ein monotones. Wohlgepflegt, in engem Verbände steht Baum an Baum.
Die sich gegenseitig berührenden Kronen und übereinandergreifenden Aste
gestatten nur spärlichem Lichte den Durchtritt, sodaß im dämmernden Grunde
des Waldes nur wenige Arten ihr P'ortkommen finden. Von dem für einen
ursprünglichen Wald meist so bezeichnenden Unterholze ist im Inneren eines
künstlichen Bestandes fast gar nichts zu sehen und nur an seinen Rändern
^j Die Hauptgrenzen der Vegetationsformationen wurden konsequent nach den in
denselben dominierenden Vegetationsformen unterschieden.
~) Dieser Wald, der sogenannte «Rotwald», ist im Besitze des Freiherrn Albert
V. Rothschild und wird von diesem in natürlichem Zustande belassen.
^) Nach Kern er, T.
3o
haben sich aus mannigfaltigen Arten zusammengesetzte, von Lianen durch-
strickte und von Stauden durchsetzte Strauchgenossenschaften erhalten. Die
Ränder der Wasserrinnsale der Wälder sind meist von einer sehr charakteri-
stischen hygrophilen Vegetation bekleidet, Waldschläge beherbergen ein buntes
Durcheinander üppig wuchernder Kräuter, Stauden und — später — auch
Sträucher, mit fliegenden oder fleischigen Früchten oder Samen, Auf Wegen
bildet sich oft eine aus immer wiederkehrenden Typen {Glyceria ßiiitans, Poly-
gomim Hj'dropiper, Ranuncuhis repens etc.) zusammengesetzte Adventivflora.
Lichtmangel während der Vegetationszeit, beziehungsweise in immer-
grünen Wäldern während des ganzen Jahres, Abschwächung der Luftströ-
mungen und der Schlagregen, verminderte Transpiration infolge des Ab-
schlusses der Sonnenstrahlen und der sehr herabgeminderten Windstärke und
geringe tägliche Wärmeschwankungen der Luft sind die für das Pflanzenleben
bedeutsamsten ökologischen Faktoren des Waldinneren ; Erblühen vieler Typen
vor Entfaltung des Laubes in sommergrünen Wäldern, Überwiegen von Stau-
denpflanzen und saprophytischen Formen und Zurücktreten der Kräuter, zarter
Bau, Vorherrschen großer, dünner Blattflächen und geförderte vegetative Ver-
mehrung einige der wichtigsten Anpassungen der Pflanzen des Waldesgrundes
an diese Faktoren. Viele Waldbäume sind, was bei der Verteilung der Luft-
strömungen, die begreiflicherweise in den Baumkronen viel stärker sind als an
der Basis der Bäume, sehr vorteilhaft ist, in bezug auf die Verbreitung des
Pollens anemophil, in bezug auf die der Samen anemochor, während viele
Stauden des Waldesgrundes von Insekten befruchtet werden, im Falle des Aus-
bleibens des Insektenbesuches aber meist autogam sind und zur V^erbreitung
von Früchten oder Samen meist zoochore Einrichtungen aufweisen.
a) Xerophile Baumformationen.
Als solche sind hier nur diejenigen Wälder, deren tonangebende Bäume
immergrün sind, bezeichnet. Dieselben sind im Gegensatze zu unseren sommer-
grünen Laubwäldern auch im Winter ein Bild ungebrochener Kraft und un-
verwüstlichen Lebens.
° Seh warzf Öhren Wälder. Die Formation der Schwarzföhre (Piinis
nigra) ist am nordöstlichen und auch an gewissen Stellen des südlichen Randes
derOstalpen vertreten. In ersterem Gebiete,^) auf den warmen trockenen Hängen
der östlichsten niederösterreichischen Kalkalpen, gehört sie zum Bereiche der
pontischen Flora. Mangel an Unterholz und spärlicher Niederwuchs sind für
diese Wälder sehr bezeichnend. Nach Beck sind die wichtigsten Itlemente:
Oberholz: Pinus nigra, eingestreut Piniis silveslris.
Unterholz: keines oder spärlich: Juniperus communis, Berberis vulgaris,
Crataegus monogyna usw. Auf felsigem Boden: Amelanchier ovalis.
") Vgl. Beck, IL
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Niederwuclis: Genista pilosa, Chainaebiixus alpestn\s, Daphue ciieonim,
Sesleria vaj-ia. Bracliypodiuin pinnatum, Viola silvcstris, Cyclamen Europaeum,
PLxutago media, Hieraciinn Pilosella usw., in höheren Lagen auch Hellebonis
iiii^er, Erica carnea und Valeriana tripteris.
In tieferen Lagen sind, insbesondere an lichteren Stellen, viele Elemente
der pontischen Busch- und Heideformation der Schwarzführe beigesellt.
Die Schwarzföhrenwälder der südlichen Kalkalpen (Gegend von Pon-
tebba) haben eine ähnliche Vegetation.^)
Rotföhren Wälder. Auf nährstoffarmen, trockenen Sandböden wär-
merer Lagen, maximal (in den Südalpen) bis zu zirka 1500 m ansteigend, be-
findet sich die Rotföhre (Piinis silvestris) in ihrem Elemente. In den Kalkalpen
bildet sie häufig reine, dem Schwarzföhrenwalde in der Regel physiognomisch
sehr nahe kommende Bestände. Von Bäumen finden sich hin und wieder Fichten,
Tannen und Birken, häufiger Espen (Populiis tremula) eingesprengt. Das Unter-
holz besteht aus Jiiniperus communis und einigen Rubiis-P^rt^n. Als obere
Schichte des Niederwuchses herrschen oft Zwergsträucher, und zwar Ericaceen
(Vaccinium Vitis Idaea und Myrtilhis, Calluna vulgaris, auf Kalk Erica carnea)
und insbesondere in den nördlichen und östlichen Gebieten Leguminosen-Halb-
sträucher (Genista tinctoria, Germanica, Cytisus nigricans, Ratisbonensis) vor,
zwischen welchen Stauden wie Dianthus deltoides, Trifolium alpestre, Pirola
secunda, Melampyrum vulgatum, Jasione montana, Carlina und Grasartige wie
Anthoxanthum odoratum, Deschampsia ßexuosa, Sieglingia decumbens, Brachy-
podium pinnatum und Lu^iila angustifolia gedeihen. Eine unterste Schichte,
entweder gemeinsam mit den Zwergsträuchern oder auch unabhängig von ihnen
den Boden bedeckend, wird aus Flechten (Cladonia rangiferina, furcata, squa-
mosa), Moosen (Dicramim scoparium, Hypnum cupressiforme, Hylocomium
Schreberi, splendens und rugosum) und niederen vStauden (Thymus Chamaedrys,
Veronica ofßcinalis, Galiiim Austriacwn, Antennaria dioeca, in gewissen Gegenden
der Kalkalpen auch Cyclamen Europaeum) und Riedgräsern fCare.v alba, humilis)
gebildet. Vielfach ist der Grund der Rotföhrenwälder vollkommen vegeta-
tionslos und nur von den Kiefernnadeln bedeckt.
Fichtenwälder. Unter den Waldbeständen des subalpinen Gaues der
baltischen Flora haben die Wälder der Fichte (Picea excelsa) weitaus das
größte Areal inne. In den Zentralalpen, wo sie die Hänge aller Erhebungen
bedecken und früher sicherlich auch in den Tälern weiter verbreitet waren,
aus denen sie erst durch die Wiesen- und Feldkultur vertrieben wurden, reichen
sie durchschnittlich etwa bis zu 1900 m nach aufwärts. In den Kalkalpen hegt
im allgemeinen die obere Fichtenwaldgrenze um ein beträchtliches (zirka 3oo ??2)
tiefer. P'ast stets ist die Fichte eines der tonangebenden Elemente des Gürtels
der Baumo-renze- Gewöhnlich wird sie in hohen Lagen fast strauchförmig mit
■) Nach Mitteilung Prof. v. Wettsteins.
32
weit ausladenden, dem Boden angedrückten, nicht selten Adventivwuizeln bil-
denden untersten Asten.
Man kann den F'ic'l^enwald als eine Art Mittelding zwischen xero- und
mesophilen Baumformationen bezeichnen. Üie Fichte selbst und die Zwerg-
sträucher und Flechten des Bestandes sind xerophil, die Stauden aber typische
Mesophyten.
Der dominierende Baum ist also Picea excelsa. Neben ihr spielen als
Bäume die Tanne (Abies alba) und die Lärche (Larix decidua) sowie Birken
(Betula verrucosa) nur eine sehr untergeordnete Rolle. Die Sträucher Juni-
perus communis, Berberis vulgaris, Rubus-Arten (bis zu zirka 800 m), Sambucus
racemosa, Viburnum Lantana usw. treten nebst jungen Fichtenbäumchen ge-
legentlich als Unterholz auf. In dicht geschlossenen Beständen ist das Unterholz
infolge Lichtmangels überaus spärlich. Besonders charakteristisch für die meisten
Fichtenwälder ist der große Reichtum an Moosen. Hypmmi uucinatum, Crista Ca-
strensis, Hylocomium spleudens, Schreberi und triquetrum, Polytrichum commune
und juuiperinum, Dicranum scoparium und undulatum usw. überziehen große
Flächen mit ihren weichen, schwellenden Polstern. An anderen, insbesondere
trockenen vStellen bilden die Ericaceen-Zwergsträucher Calluna vulgaris, Vacci-
nium Myrtillus, Vitis Idaea, in höheren Lagen auch uliginosum ebenso ausge-
dehnte Massenbestände. Manche P'lächen, insbesondere in sehr dichten Beständen,
entbehren fast jeglicher Vegetation und nur bleiche Hymenomyceten-Mycelien
durchspinnen hier den lockeren Humus, um nach regenreichen Tagen des
vSpätsommers oder Herbstes ihre mächtigen F'ruchtkörper über den mit glatten
Fichtennadeln dicht bedeckten Boden zu erheben. Von Blütenpflanzen gedeihen
fast ausschließlich saprophytische Typen (Neottia nidus avis, Monotropa multi-
flora). Selten begegnet man an solchen öden Stellen vereinzelten Fxemplart*n
von Agrostis vulgaris, Majanthemum bifoliimi, Pirola secunda, Veronica offici-
nalis, Hieracium silvaticmn usw. Zwischen den Moosen wachsen mit Vorliebe
(Cetraria Islandica, Cladonia rangiferina, Peltigera canina, Lycopodium annoti-
num, clavatum, Blechnum Spicant, Phegopteris polypodioides, Dryopteris, Oxalis
Acelosella, Pirola unißora, secunda, minor, in manchen Gegenden auch Carda-
mine trifoUa und Soldanella montana, in den Ericaceenbeständen gedeihen meist
Pleridium aquilinum, Deschampsia caespitosa, Nardus stricta, Potentilla erecta,
an freieren Stellen mitunter dominierend, Carex pallescens, Lu~ula angustifolia,
Antennaria dioeca, Hieracium Pilosella und die aucli sonst zumeist Calluna be-
gleitenden Erdflechten Sphyridium byssoides und Baeomyces roseus. An feuchten
Orten, am Rande von Bachrinnsalen finden sich gerne Peltigera-, Sphagnum- ,
Mnium-Arten, Stellaria nemoriim, Cardamme itnpatiens, Stachys silvatica, Peta-
sites albus, Crepis paludosa, auf tiefgründigen Böden Equisetum silvaticum,
Athyrium Filix femina, Deschampsia caespitosa, zwischen Felsblöcken eine
ü])|)ige Staudengesellschaft, bestehend aus Aspidium spinulosum, dilatatum, Poa
ne)iu>ralis, Chamaenerium angustifolium, Senecio nonorensis, Cirsium hetero-
33
phyllnm und Sträucher wie Berberis vulgaris, Riibiis Idaeus, Sambuciis racemosa,
an den Rändern Pieridium aqiiilininn, Juniperus communis, Corylus Avellana,
Berberis vulgaris und verschiedene Hochstauden, auf Schlägen als Erstlings-
flora: Polytrichum juniperinum, Calamagrostis -Arten, Deschampsia ßexuosa,
Lu^ula angustifoliä, Kubus Idaeus und andere, Fragaria vesca, Epilobium mon-
tanum usw., Chamaenerium angustifolium, Atropa Belladonna, Galeopsis Tetrahit,
Veronica officinalis, Eupatorium caunabinum, Solidago virgaurea, Gnaphaliuni
silvaticum, Senecio silvaticus, Cirsium lanceolatum, Hieracium silvaticum u. a.
Die Fichten dienen meist, insbesondere gegen die Baumgrenze zu, Flechten,
namentlich dem Baumbart (Usnea), Evernia-Arten usw. zum Wohnsitz. Nur in
sehr dichten Beständen ermöglicht das spärliche Licht nicht einmal diesen
Organismen das Fortkommen, In höheren Lagen der Uralpen gesellen sich
allmählich neue Elemente, und zwar von Sträuchern Juniperus intermedia, Salix
grandifolia, Alnus viridis, Rhododendron ferrugineum, Lonicera nigra, von Bär-
lappen Lycopodium Selago, von Stauden und Kräutern Listera cordata, Aco-
nitum Vulparia, Saxifraga stellaris, Viola bißora (diese beiden an quelligen
Stellen), Melampyrum silvaticum, Campanula barbata, Homogyne alpina, Gna-
phalium Norvegicum, von Grasartigen Agrostis rupestris und Lu:^ula ßavescens
in die Bestände der Fichte.
In den Fichtenwäldern der nördlichen Kalkalpen und des kalkreichen Bo-
dens der Uralpen treten die Moose oft nicht so sehr in den Vordergrund wie in
den eigentlichen Zentralalpenwäldern. Die Staudenvegetation ist aber üppiger
und reicher. Neben Calluna vulgaris tritt hier oft Erica carnea auf. Außer vielen
der bereits genannten Arten sind hier Scolopendrium vulgare (auf F'elsen), Aspi-
dium lobatum, Bromus asper, Ranunculus lanuginosus, Lunaria rediviva, Euphor-
bia amygdaloides, Mercurialis perennis und von Moosen Tortella tortuosa häufig
zu finden. Die südalpinen Fichtenwälder^) bieten, wenn man von der in ihnen
häufigen, übrigens schon in den Nord- und Zentralalpen gelegentlich auftretenden
Anemone trifolia absieht, nur wenig Abweichendes.
Die Tanne (Abies alba) spielt, wie bereits erwähnt, im Fichtenwalde
meist eine untergeordnete Rolle, kann aber auch mitunter tonangebend werden
und bildet dann die Formation der Tannenwälder, die aber von der der Fichten-
wälder nur wenig verschieden ist. Maximal bei 1500 m findet die Tanne in den
Uralpen ihre obere Grenze.
Zirbenwälder.2) Die Zirbe (Pinus Cembra) ist ein im Aussterben be-
griffener Baum, an dessen Vernichtung sich der sein Holz nutzende Mensch und
die seinen Samen nachstellenden Tiere in gleichem Maße beteiligen.
In den nördlichen Kalkalpen sind Zirbenbestände schon selten. In den
Zentralalpen finden sich aber, zumeist an der Baumgrenze, bis zu 2000 m an-
1) Vergl. Tafel XXXIX oben.
2) Vgl. Tafel XXXVIir.
Exkursion in die Ostalpen.
34
steigend, dort und da noch größere Zirbenkomplexe und auch in den südlichen
Kalkalpen gibt es noch Zirbenwälder.
Unter allen Baumv/jreinen am reichlichsten mit Unterholz durchsetzt,
bauen sie sich aus mehreren Schichten auf, so zwar, daß sich über einer den
Boden überziehenden, aus Astmoosen oder an feuchteren Stellen auch Torf-
moosen gewebten Decke ein Gestrüpp aus Calhina, Vaccinien, Rhododendren
und Weiden, in welches viele Alpenstauden wie Aconitum Viilparia, Geratiium
silvaticuin, Getitiana- Arten, Gnaphalium supimnn, Leontodon Pyrenaicus, Hiera-
ciinn alpinum und Gräser wie Avenastrum versicolor, Lu:^ula maxima etc. ein-
geschaltet sind, über diesen ein aus Alniis viridis und niederer Betula alba
bestehendes Buschwerk und darüber endlich als Bäume, meist mit Fichten und
Lärchen vergesellschaftet, die mächtigen Zirben, reich mit epiphy tischen
Flechten (Usnea-Arien, Letharia vulpina) bekleidet, erheben,
b) Mesophile Baumformationen.
Lärchen wälder ^). Die Lärche (Larix decidua), ein sommergrüner Nadel-
baum, ist häufig der Fichte beigesellt, bildet aber oft auch, namentlich in den
mittleren Lagen der Zentralalpen, reine Bestände. Das dünne Laub der statt-
lichen, reichliche Flechten (Usneen, Evernien usw.) tragenden Bäume gestattet
dem Lichte freien Durchtritt, weshalb sich im Grunde des Bestandes eine dichte
Grasnarbe, die wie eine Wiese der regelmäßigen Mahd unterliegt, ausbreitet, vor-
wiegend aus Anthoxanthum odoratum, Agrostis vulgaris und Deschampsia ßexuosa
zusammengesetzt und auch manche Typen des Fichtenwaldes, so insbesondere
Vacciniinn Vitis Idaea, Calhina vulgaris, Pteridimn aquilinum, Veronica offici-
nalis, und der Wiesen, z. B. Dianthus speciosits, Euphrasia Rostkoviana, striata,
in höheren Lagen des Urgebirges auch Campanula barbata, Solidago alpestn's,
Arnica montana beherbergend, während das Unterholz meist nur spärlich durch
Juniperus communis (oder intermedia), Berberis vulgaris, in den Uralpen auch
durch Rhododendron ferrugineum, vertreten wird oder wie die Charakter-
moose des Fichtenwaldes wohl auch vollkommen fehlt. Gleich der Fichte
steigt auch die Lärche bis zu denjenigen Grenzen nach aufwärts, welche über-
haupt dem Baumwuchse im Gebirge gesetzt sind, gleich dieser bildet auch sie
in hohen Lagen Krüppelformen, allerdings stets ohne Bewurzelung der ba-
salen Äste.
Birkenwälder. Die Birken (Betula verrucosa, mitunter auch alba) sind
oft in die Föhren- und Fichtenwälder eingesprengt und bilden bisweilen lichte,
sommergrüne Haine, welche den Lärchenwäldern insoferne nahekommen, als
auch in ihrem lichten Grunde soweit er nicht von Juniperus oder Calhina okku-
piert ist, die Existenzbedingungen für eine mehr minder geschlossene Gras-
narbe gegeben sind. Besonders charakteristische Elemente sind aber abgesehen
I) Vgl. Tafel XXXVII oben.
35
von dem Hymenomyzeten Cantharellus cibarius für diese Wälder nicht namhaft
zu machen. — Im Gegensatze zur Lärche finden die Birken, insbesondere
Betula alba, auch auf verhältnismäßig feuchtem Boden ihr Fortkommen. Nicht
selten trifft man auf reichlich mit Gräsern und Stauden bewachsenen Böden
die Birken nur in ziemlich großen Abständen voneinander und man kann dann
wohl solche Genossenschaften, wie sie sich insbesondere auf Gehängen der
Uralpen finden, nicht anders denn als Wiesen, und zwar je nachdem der Boden
trockener oder feuchter ist und demgemäß echte oder Riedgräser überwiegen,
als echte Wiesen, respektive Sumpfwiesen mit eingestreuten Birkengruppen
bezeichnen. Solche Wiesen unterliegen dann der regelrechten Mahd, die ihnen
ihr charakteristisches., noch später zu schilderndes Gepräge verleiht. Nur um
die Birkenbäume bleiben oft Gruppen von Buschwerk, bestehend aus Berberis
vulgaris, Riibiis Idaeiis und caesius, Rosa-\rt.tn, Viburnum Opiihis, Lonicera
Xylosteian und coerulea, in dessen Schutze dann hohe Stauden wie Streptopus
amplexifolius, Polygonatinn verticillatiim, Aconitum rostratum, Ranunculus pla-
tanifolius, Geranium 'palustre, Gentiana asclepiadea u. a. gedeihen. — Im Ur-
gebirge gehen die Birken höchstens bis zu 1600 m nach aufwärts, manchmal
sind sie aber in verkümmerten Büschen selbst noch im Gürtel der Baumgrenze
anzutreffen. ^)
Buchenwälder. Sie sind der Haupttypus unserer sommergrünen Baum-
formationen. Im Gebirge bevorzugen sie die südlichen und östlichen Lehnen.
Ungemischte, noch nicht von Fichten durchsetzte Bestände reichen im nörd-
lichen Alpenlande in verschiedenen Gebieten sehr verschieden weit nach auf-
wärts. Während in den niederösterreichischen Kalkalpen, wo allerdings Süd-
lehnen selten sind, schon bei zirka 1000 jn keine reinen Bestände mehr anzutreffen
sind und nur einzelne hochstämmige Exemplare etwa 400 m höher ansteigen,
setzt die Buche auf den nach Süden exponierten Hängen der Solsteinkette bei
Innsbruck noch in 1200 m Meereshöhe ungemischte Bestände zusammen, bildet
die Baumgrenze und reicht in Buschform bis zu den bereits über derselben
befindlichen Legföhrenbeständen (1600 — 1700 m). In den Zentralalpen fehlt
Fagus silvatica fast vollständig, in den südlichen Kalkalpen tritt sie aber häufig
auf und bildet in einer gedrungenen Krüppelform mitunter sogar die äußersten
Vorposten des Baumwuchses nach oben.
Der tonangebende Baum der Buchenwälder ist stets die Rotbuche (Fagus
silvatica). Als untergeordnete Elemente finden sich die Bäume Carpinus Betulus,
Populus tremula, Sorbus Aria, Acer Pseudoplatanus und platanoides, Fraxinus
excelsior (mitunter sogar dominierend), Abies alba. Der Boden ist mit einer
mächtigen, unter dem Tritte rauschenden Schichte vermodernden Buchen-
laubes bedeckt. Das dicht zusammenschließende Laub der Baumwipfel ge-
stattet nur spärlichem Lichte den Durchtritt zum Grunde des Waldes und
I) Vgl. Tafel XLIV rechts.
3*
36
verleidet wie im Fichtenwalde sonnenliebenden Gewächsen das Dasein. Man
findet deshalb im dichten Bestände außer Daphne Me::^ei-eum und kümmer-
lichem Baumnachwuchse —^ nur Tannen sind bisweilen kräftig entwickelt — fast
gar kein Unterholz. Von Stauden sind insbesondere Polygonatiim viultißonnn,
Convallaria majalis, Galanthus nivalis, Cephalatithera inibra, alba, Asaj'um Ewo-
paeinn, Actaea tiigra, Anemone Hepatica, nemorosa, Dentaria biilbifera, Lathyriis
vernus, Mercurialis perennis, Euphorbia diilcis, Sanicula Europaea, Vinca minor,
Melittis Melissophylliim, Asperiila odorata, Phyteuma spicatinn, Lactnca mitralis,
Prenanthes purpurea, Hieracium silvaticinn, in gewissen Gegenden auch Helle-
borus niger und Cyclamen Europaeum, von Grasartigen Milium effusum, Melica
nutans, Elymus Europaeiis, Carex pilosa (in gewissen Gegenden), pendula, digi-
tata, silvatica, von Saprophyten Epipogon apliyllus, Neottia nidus avis, Corallio-
rhi^a innata , von Lianen Hedera Helix , meist am Boden kriechend, von
Moosen Arten der Gattungen Tortula, Brachythecium, Hypnum, Mnium, Plagio-
thecium u. a. im Dunkel des Waldes zu finden. Die Flechten sind insbesondere
durch Cladonia pyxidata, die Hutpilze durch zahlreiche Arten vertreten. Fels-
blöcke werden von Hypnum molluscwn, Orthothecium 7-ufescens und Neckera-
Arten überzogen, an den Stämmen der Buchen wuchern nebst epiphytischen
Moosen (vor allem Frullania dilatata) mit Vorliebe Fomes (Polyporus) fomen-
tarius und Lobaria pidmonaria.
Viel mannigfaltiger ist die Flora am Rande des Waldes, woselbst, durch
die Fülle des Lichtes begünstigt, reichliches, von den Lianen Clematis Vitalba,
Vicia dumetorum u. a. durchranktes Unterholz, bestehend aus Salix caprea,
Corylus Avellana, Berberis vulgaris, Riibus Idaeus und verschiedenen Brom-
beerenarten, Sambucus racemosa, Viburnum Lantana mit mannigfaltigen Stauden
wie Aruncus silvester, Galium silvaticum, Knautia dipsacifolia, Campanula per-
sicifolia, Trachelium u. a., gedeiht. In höheren Lagen gesellen sich auch Ribes
alpinwn, Rosa pendulina, Lonicera nigra und alpigena zum Unterholze, und
Stauden wie Aquilegia vulgaris (oder atroviolacea), Aconitum Vulparia, Gentiana
asclepiadea, Adenostyles Alliariae, Centanrea montana und die Liane Clematis
alpina machen das Bild noch farbenprächtiger. Manche Typen, wie Carpinus
Betulus finden schon in geringen Hohen ihre obere Grenze.
Am Rande von Wasserläufen wachsen gerne verschiedene Quellmoose,
ferner Ranunculus lanuginosus, Chrysosplenium alternifolium u. a., in feuchten
Schluchten Salvia glutinosa, in höheren Lagen Liinaria rediviva, auf Felsen
Scolopendrium vulgare, Asplenium viride usw.
Während das Innere eines Buchenwaldes, vom ersten Frühling abgesehen,
blütenarm genannt werden muß, ist die Vegetation der sonnigen Waldschläge
umso reicher an Blüten und Farben; Stauden und Gräsern mitfliegenden Samen,
und Beerenfrüchtler, wie sie größtenteils auch für den Fichtenwald charakteri-
stisch sind, bilden die ersten Besiedler eines Holzschlages im Buchenwalde.
Erst nach einigen Jahren gewinnen dann Holzgewächse wie Populus tremula,
37
Salix caprea, Carpinus, Fagus, Sorbiis Aria, Acer platanoides die Oberhand und
bezeichnen das zweite Stadium der Schlagvegetation. Nach einer größeren
Reihe von Jahren erst hat die schnellwüchsige Buche alle Konkurrenten über-
holt. Die lichtbedürftigen Stauden des Waldschlages sind längst zugrunde
gegangen, und nur die schon genannten Schattenpflanzen können sich im
wiederhergestellten Buchenwalde erhalten.
Die südalpinen Buchenwälder sind nur wenig von dem eben geschilderten
Typus der nördlichen Kalkalpen verschieden. Als für sie charakteristische
Elemente sind unter anderen Lahivnum alpinwn, Anemone trifolia, Dentaria
digitata zu nennen.
Sommergrün und mesophil wie die Buche selbst sind die meisten der
Bewohner ihrer Bestände. Nur gewisse Typen wie Hedera Helix, Helleborus
niger, Daphne Laiireola, die P/ro/<3- Arten, Vinca minor sind immergrün. Die
Gewächse des dichten Buchenwaldes blühen schon im ersten Frühling vor Ent-
faltung des Laubes der Bäume. Im Sommer sind, während an den Waldrändern
und auf den Schlägen der größte Blütenreichtum herrscht, im Dunkel des
Waldes außer den bleichen Saprophyten nur mehr einzelne Arten wie Lactuca
muralis oder Hieracium sihaticum in blühendem Zustande anzutreffen. Der
Herbst beginnt mit der Verfärbung der Buchenblätter, der dann allmählich das
eigenartige Phänomen des Laubfalles folgt. Die Stauden ziehen ein und die
immergrünen Gewächse schmiegen ihre Blätter zum Schutze gegen zu starke
Verdunstung dem Boden an. Vollständige Vegetationsruhe tritt aber auch im
Winter nicht ein. Viele Moose beginnen erst jetzt, wenn der Wald laublos und
traurig dasteht, aufzuleben und nicht wenige reifen jetzt erst ihre Sporen.
Mischwälder. Während in den Zentralalpen der Unterschied zwischen
den Wäldern der niederen und höheren Regionen kein allzugroßer ist, indem
bis zur Baumgrenze Fichten- oder seltener Lärchenwälder mit nur allmählich
sich veränderndem Niederwuchse dominieren, treten in den Kalkalpen, insbe-
sondere in Höhen von etwa 800 — 1400 m, also über den ungemischten Buchen-
beständen, oft Wälder mit verschiedenartigem Oberholz und überaus üppiger Ve-
getation auf, welche von den Buchen- und Fichtenforsten der tieferen Lagen ganz
wesentlich verschieden sind. Diese subalpinen Baumgenossenschaften kommen
jedenfalls demjenigen Stadium, welches die Wälder in diesen Gebieten vor der
Betätigung menschlicher Kultur besaßen, zu allernächst. In den niederöster-
reichischen Kalkalpen ist der Aufbau eines solchen Waldes etwa folgender:^)
Oberholz: a) Nadelholz: Picea excelsa, Abies alba, Larix decidua, Taxus
baccata. — b) Laubholz: Fagus silvatica, Ulmiis montana, Sorbus aucuparia,
Aria, Acer Pseudoplatanus, platanoides.
Unterholz: Nachwuchs des Oberholzes, weiter Juniperus communis, Salix
grandifolia, Corylus Avellana, Rosa alpina, Hex Aquifolium, Daphne Me^ereum,
') Nach Beck 11.
38
Sanibiicus raceniosa, Lonicera alpigena, nigra usw. Zwergsträucher: (Jhainae-
biixiis alpestris, Vaccinium Vitis Idaea, Myrtillus, Erica carnea.
Niederwuchs: Athyri'fjnfiUx feinina, Aspidium lobatum, Filix mas, spimi-
losiim, Lu^^iila silvatica, Majanthemitm bifoliiim, Polygonatumverticillatum, Actaea
nigra, Aconitum Vulparia, rostratwn, Napellus, Dentaria enneaphyllos, Lunaria
rediviva, Saxifraga rotundifolia, Chrysosplenium alternifoliwn, Aruncus silvester,
Ritbus saxatilis, Geranium Robertianum, silvaticum, Oxalis Acetosella, Mercu-
rialis perennis, Epilobium montanum, Pirola unißora, secunda, minor, Gentiana
asclepiadea, Salvia glutinosa, Melampyrum silvaticum, Sambucus Ebulus, Vale-
riana sambucifolia, tripteris, Knautia dipsacifolia, Adenostyles glabra, Alliariae,
Buphthalmum salicifolium, Chrysanthemum corymbosum, Prenanthes purpurea,
Hieracium silvaticum usw.
Sehr reich an Stauden und Kräutern ist die Vegetation der subalpinen,
durch Kahlabhieb aus einem Mischwalde hervorgegangenen Holzschläge.
Die obige Zusammenstellung kann zugleich als Schema für den Aufbau
der Mischwälder der nördlichen Kalkalpen überhaupt gelten. In den Nord-
tiroler Kalkalpen finden sich stellenweise Wälder, die, nur aus Buchen und
Tannen zusammengesetzt, relativ spärlichen Unterwuchs aufweisen. ^)
Auch in den südlichen Kalkalpen gibt es Mischwälder von ähnlicher Zu-
sammensetzung. Doch ist der Anschluß der Alpenmatten an reine Buchen-
oder Fichtenbestände oft plötzlicher als in den nördlichen Kalkalpen-^) In den
südlichsten Alpen treten in engen, der Sonne wenig exponierten Tälern'')
stellenweise, streng genommen nicht mehr der baltischen Flora angehörend,
Mischwälder mit sehr reicher Zusammensetzung auf, indem sich Carpinus,
Ostrya carpinifolia, Fagus, Qiiercus-h.rX.cn, Acer Pseudoplatanus, Tilia-Arten,
Fraxinus Ornus zu geschlossenen Beständen vereinigen, in deren Schatten
Sträucher wie Philadelphus coronarius, Evonymus verrucosa, latifolia, Staphylea
pinnata, Daphne Laureola etc. und Stauden wie Helleborus macranthus, viridis,
Isopyrum thalictroides, Anemone trifolia, Epimedium alpinum, Euphorbia Carnio-
lica, Omphalodes verna, Symphytum tuberosum, Pulmonaria Vallarsae, Litho-
spermum purpureo-coeruleum, Melittis Melissophyllum, Lainium Orvala, Scrophu-
laria vernalis, Asperula Taurina, nebst vielen anderen in üppiger Fülle gedeihen.
Im östlichsten Teile der Südalpen treten wieder andere Arten z. B. Spiraea ulnii-
folia, Hacquetia Epipactis in den Bestand des Mischwaldes ein. '^)
Eichenwälder. Baltische Eichenwälder sind, da sich die langsam-
wüchsigen Bäume nicht gut zum Forstbetriebe eignen, schon sehr selten ge-
worden. Nur im Alpenvorlande linden sich noch gelegentlich, z, B. imWiener-
walde, größere Bestände. Es dominieren in ihnen Qiiercus sessilißora und Robur.
') Nach mündlicher Mitteilung von Fih. v. Handel- Mazzctti.
2) Nach Engler IL
^) Nach Engler II.
■*) Nach Engler II.
39
Beigemengt sind die meisten unserer Laubbäume, als Unterholz sind außer
dem Baumunterwuchse alle häufigen Sträucher vertreten. Der Niederwuchs ist
reich an Stauden aber wenig charakteristisch.
Die pontische Qiiercits lanuginosa bildet am Ostrande der Alpen gleich-
falls mitunter, und zwar in Gesellschaft der beiden baltischen Eichen und der
Qii. Cerris oft ziemlich ausgedehnte Baumgenossenschaften von noch reicherer
Zusammensetzung als die baltischen Eichenwälder, weil sie außer dem für diese
charakteristischen Holz- und Staudenwuchs noch die Elemente des pontischen
Buschwerkes, mit dem sie durch Übergänge verbunden sind, enthalten.
Kastanien Wälder. In den südlichen und südöstlichen Ostalpen ist auch
die Edelkastanie (Castanea sativa) heimisch. Häufig nur als untergeordnetes
Element des Buchenwaldes auftretend, bildet sie insbesondere in Südtirol auch
reine Bestände, die zwar einen sehr reichen, aber, weil schon vollkommen der
Kulturregion angehörig, wenig bezeichnenden Unterwuchs aufweisen. Von
Grasartigen ist Danthonia calycina, von Stauden Dianthus Seginerii, Mon-
spessulaniis, Ve?'on!ca spicata, Teucriiim Scorodonia, Salvia glutinosa, Origanum
vulgare, Digitalis lutea, Galiwn i-ubrum, Buplitlialmum salicifolium u. a. zu nennen.
Auenwälder. Als sehr charakteristische Formation folgen dieselben
den Ufern der meisten Wasserläufe. Im allgemeinen ist die Grauerle (Alnus
incana) der tonangebende Baum. Als Unterholz figurieren insbesondere Weiden,
so Salix alba, triandra, purpurea, incana, daphnoides, Berberis vulgaris, Rubiis
caesius, Rhammis Frangula, Daphne Me:^ereinn, Viburnum Opulus. Das Busch-
werk der Au wird von den Lianen Humulus Lupulus, Stellaria aquatica, Cle-
viatis Vitalba, Vicia sepiuni, Solanum Dulcamara, Calystegia sepium, Cuscuta
Europaea durchrankt und viele Hochstauden, z. B. Urtica urens, Aconitum ro-
stratum, Thalictrum aquilegifolium, lucidum, Filipendula Ulmaria, Lythrum Sali-
caria, Anthriscus Silvester, Angelica silvestris, Lithospermum officinale, Stachys
silvatica, Salvia glutinosa, Valeriana officinalis, Dipsacus fullonum, Carduus per-
sonata, hochwüchsige Kräuter wie Euphorbia stricta \in6.GYäiSG.v \v\& Deschampsia
caespitosa, Poa nemoralis streben zwischen den Asten der Sträucher empor.
An feuchteren Stellen gedeihen oft Molinia caerulea, Carex ßacca, Valeriana
dioeca etc. Zwischen den Bäumen und Büschen bilden bei lockerem Schlüsse
häufig Elemente der benachbarten Wiesen eine geschlossene Grasnarbe. Wenn
aber die Erlen sehr dicht zusammenschließen, fehlt wie im dichten Buchen-
bestande jegliches Unterholz und nur einige schattenliebende Gewächse wie
Agrostis vulgaris, Urtica urens, Viola bißora, Valeriana dioeca gedeihen nebst
Moosen (Mnium serratum, Marchantia polymorpha) und Hymenomyceten im
dunklen Grunde des Auwaldes.
In tieferen Lagen ist die Zusammensetzung der Auwälder, indem sich
auch andere Bäume, so vor allem Populus alba und nigra, Alnus glutinosa,
Ulmus glabra zum Bestände gesellen und oft sogar tonangebend werden und
auch der Reichtum der Sträucher {Cornus sanguinea etc.) und Stauden (Scilla,
40
Galanthus etc.) zunimmt, eine viel kompliziertere. Die Auenwälder der Donau
zeigen inbesondere auf humösem Substrate diesen Laubmischwaldtypus in
seiner höchsten Vollendung (Becks Pappelau ^). Auf sandigen Böden domi-
nieren aber mit minder üppigem Unterwuchse die Weiden (Becks Weidenau ^).
Die Grauerle ist strenge an feuchten Boden gebunden. Während ihre
Schwester, die Schwarzerle (Almis glutinosa) schon bei etwa 800 ?n zurückbleibt,
folgt sie, stets von gewissen bezeichnenden Pflanzen wie Viola bißora u. a.
begleitet, dem Laufe der Gewässer bis zu 1500 m nach aufwärts, um dort erst
von der Grünerle {Alnus viridis-) abgelöst zu werden. Namentlich im Urge-
birge sind oft innerhalb der dunklen Fichtenbestände kleine Wassergräben an
dem helleren Grün der sie begleitenden Erlenformation schon von weitem zu
erkennen.
c) Hydrophile Baumformationen.
Erlenbrüche. Die Brüche sind Baumformationen auf sumpfigem, schlam-
migen Boden. Sie sind im Alpenlande nirgends besonders charakteristisch ausge-
bildet und finden sich insbesondere in tieferen Lagen, im Urgebirge aber auch
noch bei iioonz, am Rande stehender Gewässer, auf Wiesenmooren und an quel-
ligen Stellen. Alnus incana ist gewöhnlich tonangebend. Auch 5a/;>-Arten (S.
nigricans, aurita), Rubus Idaeiis, Rhamnus Fraugula, Viburnnm Opulus sind der
Erle häufig beigesellt und Hinnuhis Lnpuliis klettert im Geäste der Büsche und
Bäume empor. Von Stauden gedeihen mit Vorliebe Urtica dioeca, Filipendiila
Uhnaria, Lythnnn Salicaria, Menyantlies trifoliata, Valeriana officinalis, dioeca,
von Grasartigen Cyperns fuscus, Scirpus silvaticus, Carex riparia, vesicaria,
rostrata, von Farnen Aspidiiim Thelypteris in diesen Beständen. Durch den
größeren Reichtum au Elementen der Wiesenmoore, in welche sie auch oft an
ihren Rändern übergehen, sind die Erlenbrüche von den Erlenauen meist leicht
auseinanderzuhalten.
2. Strauchformationen.
Infolge der hohen Kultur in den unteren Regionen des Alpenlandes,
welche nur Wiesen, Felder und Wälder duldet, sind zusammenhängende
Strauchbestände daselbst verhältnismäßig selten geworden. Die meisten Sträu-
cher sind heute als Unterholz an den lichten Rändern der Wälder zu finden.
Selbständig formationsbildend treten die Sträucher vor allem an den die ein-
zelnen Feld- und Wiesenparzellen trennenden Zäunen, an Wegboschungen,
Feldrainen u. dgl. auf. Vor allem sind es Sträucher mit Beerenfrüchten wie
Berberis vulgaris, Rubus Idaeus, caesius, Rosa canina, Prunus spinosa und Padus
(dieser sehr häufig auch als Baum), Rhamnus cathartica, in tieferen Lagen auch
Cornus sanguinea und Ligustnim vulgare, welche da zu immer wiederkehrenden
I) Vgl. Beck II.
^) Die Bestände der Grünerle werden bei den alpinen Formationen noch genauer
besprochen.
41
Genossenschaften vereinigt sind. Auch Coryhts Avellana fehlt selten und dort
und da erhebt sich ein mächtiger Acer Pseudoplatanus oder Fraxinus excelsior
hoch über das Gesträuch. Im Schutze des Buschwerkes, gesichert gegen die
Sense und die Angriffe der Tiere, wachsen üppige Stauden, insbesondere die
Disteln Carduus acanthoides, Cirsium lanceolatum und arvense, ferner Urtica
dioeca, also Typen, die auch sonst von Mensch und Tier verschont werden und
oft auch unabhängig von den Sträuchern auftreten, ferner Poa nemoralis, Chae-
rophylluin aureuni, Aegopodium Podagraria, Lamium album, Galiiim Mollugo,
Kräuter wie Chenopodium album usw. und Lianen wie Humulus Lupulus, Vicia
sepium, die spreizklimmenden Stellaria graminea und Galhnn Aparine. Das
regelmäßige Auftreten dieser Strauchgenossenschaften an Zäunen ist höchst
wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß auf den Zäunen sich niederlassende
Vögel gerade dort sehr häufig die Samen der Beerenfrüchte deponieren. ^)
Außer diesen Beständen, die man vielleicht als halbnatürliche ansprechen
kann, gibt es aber auch noch natürliche Strauchformationen.
a) Xerophile Strauchformationen.
Pontische Buschgehölze. Diese Formation ist am Ost- und Südrande
des Alpenlandes sehr verbreitet und gehört ins Gebiet des pontischen, respektive
eines diesem sehr nahekommenden Florenbezirkes. Als Sträucher (oder auch
zum Teile niedere Bäume) dominieren am Ostabfalle der Alpen Niederöster-
reichs und Steiermarks in dieser Formation 2) Qiiercus lanuginosa und Cerris,
Prunus pumila und Mahaleb, Rosa Braunii und caryophyllacea, ferner Corylus
Avellana, Ulmus glabra, Berberis vulgaris, Cotoneaster integerrima, Colutea arbo-
rescens, Evonymus verrucosa und vulgaris, Acer campestre, Rhamnus cathartica,
Cornus mas und sanguinea, Lonicera xylosteum, bisweilen gesellen sich auch
Juniperus communis und die Liane Lonicera Caprifolium zu ihnen. Als Nieder-
wuchs sind *Poa nemoralis, * Brachypodium silvaticum, Silene otites, Clematis
recta, Adonis vernalis, Hesperis tristis, *Fragaria vesca, Cytisus nigricans, hir-
sutus, Dorycnium hirsutum, Germanicum, *Geranium sanguineum, Helianthemum
canum, Dictamnus albus, Viola Austriaca, Vincetoxicum officinale, *Teucrium
Chamaedrys, *Stachys recta, *Salvia nemorosa, *Origanum vulgare, Veronica
Austriaca, Asperula tinctoria, cynanchica, Galiiim silvaticum, Inula ensifolia, sali-
cina, hirta, Artemisia Pontica, Austriaca, Centaurea stenolepis, Rhenana, Badensis,
Scorzonera Austriaca, Lactuca quercina u. a. vertreten.
Noch viel pflanzenreicher als diese pontischen Buschgehölze sind die der
südlichen Kalkalpen. Schon am Ritten bei Bozen findet sich Ostrya carpini-
folia, bis zu ii5o;?j aufwärts steigend. Cotinus Coggygria, im eigentlichen pon-
tischen Gebiete selten, ist in diesen südlichen Buschgehölzen verhältnismäßig
') Nach unpublizierter Mitteilung v. Wettsteins.
2) Nach Beck II.
42
häufig, Ruscus aculeatus, Celtis australis, Rubus uhnifoUus, tomentosus, Rosa-
und C;^//i»^-Arten, Pistacia Terebinthus, Punica Granatum (verwildert) und viele
Stauden, z, B. Dianthus Jeguierii, Monspessulanus, Ononis Natrix, und Gräser
wie Diplachne sei'otina begegnen uns hier als völlig neue Elemente.
Je mehr man vom Ostrande der Alpen in deren Inneres vordringt, desto
mehr bleiben in der Buschformation die pontischen Elemente zurück und bal-
tische Typen wie Corylus, Berberis und Rosa-Avt&n, welche nur mehr von den
früher^) mit * bezeichneten Arten begleitet werden, gewinnen immer mehr die
Oberhand. Solchen mächtigen Cor^/w^-Beständen kann man noch in Südlagen
der Uralpen bis zu i3oo»z Meereshöhe begegnen.
Auch Juniperus communis bildet bisweilen, namentlich an trockenen, den
Rändern von Wäldern vorgelagerten Hängen eine immergrüne Massenvege-
tation, als deren Niedervvuchs neben Elementen des trockenen Waldbodens
verschiedene der für das pontische Buschwerk bezeichnenden Typen sich finden.
vSpierstaudengebüsche. In manchen Gegenden Nordsteiermarks und
Kärntens ist Spiraea salicifolia die tonangebende Pflanze einer keine charakte-
ristischen Elemente enthaltenden Gebüschformation.
Sanddorngebüsche. Den Sanddorn (Hippophae rhamnoides) haben wir
schon als charakteristischen Bestandteil freier kiesiger Stellen der Auenwälder
kennen gelernt, wo er oft in Gemeinschaft mit Myricaria Germanica auftritt.
Außerdem bewächst er aber nicht selten, hauptsächlich in den nordtirolischen
und salzburgischen Voralpen große Flächen schotteriger diluvialer Gehänge,
die, wenn der weidenblättrige Elaeagnaceenstrauch im Schmucke seiner dicht-
gehäuften leuchtendroten Beeren prangt, einen prächtigen Anblick gewähren.
Als Begleitpflanzen des Sanddorns sind Berberis, Clematis Vitalba, Rosa-Ari^n,
Prunus spinosa, Ligustrum vulgare, Artonisia campestris, Carduus acanthoides
zu nennen. 2)
Sevengebüsche. Juniperus Sabina, der Sevenstrauch, ein niedriges,
spalierstrauchartiges, immergrünes Holzgewächs mit schuppigen Blättern,
spielt nur in gewissen Gegenden der Ostalpen als bestandbildendes Element
eine Rolle. Im Lungau z. B. und in einigen Tiroler Tälern (z. B. im Brenner-
gebiet) überwuchert er oft in großen Massen felsige Abhänge, fast jede andere
Vegetation verdrängend und mit seinem widerlichen Gerüche weithin die Luft
erfüllend.
Die Krummholzgebüsche werden erst bei den alpinen Formationen ge-
schildert.
b) Mesophile Strauchformationen.
Weidengebüsche. Die Inseln und die Sand- und Schotterbänke der
Flüsse und Bäche bekleidet meist eine durch den ofrauirrünen Farbenton schon
') Auf S. 4 1 .
^) Nach mündlicher Mitteilung von Frli. v. Handel-Mazzetti.
43
von weitem ins Auge fallende Massenvegetation von in der Regel nur in losem
Verbände stehenden Weiden. Insbesondere sind es schmalblättrige Typen, wie
Salix alba, triaudra, aviygdalina, purpurea, incana, daphnoides, viminalis, sel-
tener die breitblättrigen S. nigricans und cinerea, welche hier dominieren.
Auch die der S. incana im Habitus hochstähnliche Hippophae rhamnoides und
die deutsche Tamariske: Myricaria Germanica sind nicht selten vertreten.
Zwischen den Sträuchern gedeihen häufig, durch ilire unterirdisch weithin
kriechenden Rhizome den lockeren Sandboden festigend, Baldingera anindi-
nacea, Calamagrostis pseudophragmites und Epigeios, Phragniites communis (oft
— als Landröhricht — tonangebend), Saponaria officinalis, Equisetum varie-
galum u. a. Im Kiese aber wachsen nebst Chamaeneriiim palustre, Oenothera
biennis, Erigeron angiilosus mit Vorliebe verschiedene vom Wasser herabge-
schwemmte Alpenpflanzen, so beispielsweise Gypsophila repens, Biscutella laevi-
gata, Saxifraga ai::^oides, Oxytropis campestris (selten), Linaria alpina, Cam-
panula pusilla, Hieracium staticifolium usw. Diese alpinen Elemente vegetieren
hier sehr üppig, da sie im alluvialen Schotter ihren primären Standortsbedin-
gungen sehr nahekommende Verhältnisse antreffen.
Wo in den Tälern die Wiesen und Felderwirtschaft an den Rändern der
fließenden Gewässer die Auen vernichtet hat, trennt meist nur ein schmaler,
aus Weiden gebildeter Streifen das Bach- oder Flußufer von den Kulturen.
Es sind die bereits genannten W^eidensträucher, welche die Wasserläufe getreu-
lich begleiten, vom Menschen nicht nur geduldet, sondern sogar erwünscht.
Salix alba wächst oft, S.fragilis fast immer als Baum. Solche Bäume werden
gerne zur Rutengewinnung wenige Meter über dem Boden geköpft und bilden
dann, jährlich des Stockausschlages beraubt, die charakteristische Kopfweiden-
form. In den im Alter hohl werdenden Stämmen sammelt sich Humus, in welchem
nicht selten Riibus caesius, Solanum Dulcamara u. a. epiphytenartig vegetieren),
Die Begleitpflanzen dieser Ufergebüsche sind ebendieselben wie die der
Erlenauen. Infolge der großen Transportfähigkeit ihrer wolligen Samen sind
die Salix-Ari^n zur Besiedelung und wegen ihres raschen Wachstums, ihres
tiefreichenden Wurzelsystems und ihres immensen Widerstands- und Regene-
rationsvermögens zur Festlegung jungen Schwemmlandes ganz besonders ge-
eignet. Bei Uferregulierungsbauten werden sie gewöhnlich zur Befestigung
der Dämme gebaut.
3. Zwergstrauchformationen.
(Nur xerophile, immergrüne Vereine.)
Die Calluna-Heide. Die Besenheide (Calluna vulgaris), auch Heiderich
genannt, ein immergrüner Zvvergstrauch, welchen wir schon als einen der
häufigsten Begleiter vieler P'öhren-, Fichten-, Lärchen- und Birkenwälder
kennen gelernt haben, deren Grund er oft mit einem dichten, im Spätsommer
in zartem Rosa prangenden, reichlich von Bienen besuchten Teppich über-
44
zieht, tritt auch außerhalb der Baumvereine auf nührstoffarmen Böden als
selbständifjes formationsbildendes Element auf. In dieser Heiderichformation,
die namentlich im Urgeo'irge und im nördlichen Alpenvorlande auf sonnigen
Gehängen, am Rande von Wäldern, auf trockenen Teilen von Sphagninn-
Mooren auftritt, ist entweder Calluua allein oder gemeinsam mit Vaccinium
Vitis Idaea und Myrtillus tonangebend. Nur wenige andere, anspruchslose
Gewächse, namentlich Flechten (Cetraria Islandica, Cladonia rangiferina),
Moose {Polytrichum-An^n), einige Gräser, insbesondere Nardiis striata, die
mitunter vorherrscht, Agrostis vulgaris und canina, Deschampsia ßexuosa,
Sieglingia decumbens und Stauden wie Potentilla erecta, Etiphrasia striata, Cam-
panula rotundifoUa, Solidago virgaiirea, Arnica montana, Carlina acaulis und
vulgaris sind in diese Cj/Zi/JUT-Bestände eingeschaltet.
Die Rrica-Heide. Die Heide des Kalkbodens ist Erica carnea. An Süd-
oder ostseitigen Geröllhalden und Felsbändern der Kalk- und Voralpen bildet
dieser immergrüne Zwergstrauch mit rosenroten, schon im Herbste des Vor-
jahres angelegten und sich im ersten Frühling, ja oft sogar schon während des
Winters erschließenden Blüten oft ausgedehnte Bestände, welche durch das Zu-
rücktreten der Moose, Flechten und Gräser und überhaupt in ihrer ganzen
Zusammensetzung von der Ca//?f»a-Heide total verschieden sind. Rhodothainnus
Chamaecistus, Calamagrostis varia, Sesleria varia (oft vorherrschend und so
gewissermaßen Nardiis der Calluna-Heide. vertretend), Carex humilis, Tofieldia
calyculata, Anthericum ramosum, Gymnadenia odoratissima, Epipactis rubiginosa,
Thesium alpinum, Biscutella laevigata, Chamaebuxus alpestris, Helianthemwn
obscurwn, Daphne Cneoriim, Peucedanum Oreoselinuni, Vincetoxicum officinale,
Teucrium montanuvi, Brunella grandißora, Euphrasia Salisburgensis, Globularia
cordifolia, Valeriana saxatilis, Aster Bellidiastrum, Buphthalmum salicifolium,
Hieracium glaucum sind die bezeichnendsten, immer wiederkehrenden Kom-
ponenten dieser Formation. In den östlichen Alpen sind auch noch Genista
pilosa, Hieracium porrifoliuni und in der Nähe der Fichtenwälder Helleborus
niger, in den Südalpen Euphrasia Iricuspidata häufige Begleiter der Erica carnea.
4. Grasformationen.
a) Xerophile Grasformationen.
Pontische Heidewiese. Für den bereits ins Gebiet der pontischen
Flora gehörenden Ostabfall der niederösterreichischen Alpen ist außer dem
Schwarzföhrenwalde und dem pontischen Buschgehölz eine xerophile Gras-
formation, bereits mit ziemlich ausgesprochener sommerlicher Vegetations-
ruhe, die pontische Heidewiese besonders bezeichnend. Dichtrasige Gräser
wie Stipa pennata und capillata, * Andropogon Ischaenium, Avenastrum pra-
tense, Melica ciliata, Poa Badensis, Carex nitida, *humilis, zwischen welche
zwergstrauchige Cytisus - Arten und zahlreiche Stauden und einige Krau-
45
ter, z. B. Alliiim flavum, Iris puniila, *Tunica Saxifraga, *Silene Otites, * Ane-
mone grandis, Erysimimi canescens, *Bcj-teroa incana, Sedinn ^albinn, *Bolo-
niense, Potentilla canescens, *argentea, Astragiilus Austriacus, *Oxytropis pilosa,
Linimi tenuifoUinn, Euphorbia Gerardiana, '^ Viola arenaria, Eryngium canipestre,
Seseli Hippoinarathrinn, glauciini, *anmium, Peucedaninn Oreoseliniim, *Teitcriinn
Chaniaedrys, Verbascmn phoeniceum, *Lychnitis, Linaria genistifolia, Ortantha
lutea, Orobanche - Arten, Scabiosa ochroleuca, Inula ensifolia, Oculus Christi,
Artemisia Pontica, Jurinea mollis, Centaurea *Rhenana, *Scabiosa, *Scorzonera
Jacquiniana, *Hieraciuni Bauhini nebst vielen anderen eingeschaltet sind, setzen
diese trockene, sandige, schotterige oder steinige, nährstofifarme. Böden bevor-
zugende Formation zusammen. Caryophyllaceen, Cruciferen, Leguminosen,
Umbelliferen, Labiaten und Compositen sind in beträchtlichem Übergewichte.
Auch in den Südalpen gibt es Heidevviesen, welche sich durch großen
Reichtum an Blütenpflanzen auszeichnen. Außer vielen Elementen der ponti-
schen und baltischen Heidewiese gedeihen hier: Chrysopogon Gryllus, Ery-
throniuni Dens canis, Ornithogahnn Pyrenaicwn, Serapias longipetala, Dianthus
Seguierii, Saponaria ocymoides, Linum viscosum, Blackstonia perfoliata, Scabiosa
Gramuntia, Cirsium acaule, Crepis incarnata usw. ^)
Baltische Heidewiesen. Auch weiter westlich, im Gebiete der bal-
tischen Flora, sowohl am Nordrande der Alpen als auch in den unteren Re-
gionen des Gebirges selbst, gibt es auf trockenen, mageren, schotterigen
oder steinigen Böden Heidebestände, die im allgemeinen umso ärmer an Pflanzen
der pontischen Flora^) sind, je höher sie liegen und je weiter sie vom pontischen
Florengebiete entfernt sind. Gewöhnlich werden die Heidewiesen als Weide-
plätze verwendet. Nicht selten unterliegen sie einer einmaligen Mahd, woraus
sich die Berechtigung ergibt, sie als Wiesen zu bezeichnen, obwohl sie von
den eigentlichen Wiesen auffällig verschieden sind. Im Alpenvorlande sind
derartige Bestände mitunter noch auf ebenem Terrain (z. B. Weiserheide in
Oberösterreich) zu finden, im Gebirge selbst aber auf trockene, nach Süden
geneigte Gehänge beschränkt. An derartigen Stellen gibt es z. B. in den Zen-
tralalpen noch bei iioo m Meereshöhe Genossenschaften, in denen Arten wie
Phleuin phalaroides, Avenastrum alpinum, Festuca sulcata, Carex verna, erice-
torwn, Viscaria viscosa, Dianthus Carthusianorum, Sedujii Boloniense, Potentilla
rupestris, Trifolium arvense, aureum, Euphorbia Cyparissias, Helianthemum ob-
scurum, Pimpinella Saxifraga, Libanotis montana, Seseli annuum, Gentiana cru-
ciata, Vincetoxicum officinale, Brunella grandißora, Thymus Chamaedrys, Ver-
bascmn Lychnitis, Veronica spicata, verna, Orobanche alba, Scabiosa Colum-
baria, Buphthalmum salicifolium, Carlina acaulis, Centaurea Scabiosa im Vereine
mit vielen Typen der später zu besprechenden eigentlichen Wiesen gedeihen.
') Nach Engler II.
-) Diese sind im vorangehenden Pflanzenverzeichnisse der pontischen Heide
zumeist ohne Stern.
46
Durch die geschilderte Zusammensetzung zeigen diese Grasbestände des Ge-
birges noch lebhafte Anklänge an die bayrischen Heidevviesen Englers (Berg-
wiesen Becks), die dur^h noch größeren Reichtum an Trockenheit liebenden,
zum Teile pontischen Stauden ^) von ihnen nur graduell verschieden sind.
Der pontischen Heidewiese nahekommende Bestände finden sich stets
an den nach Süden geneigten Böschungen von Bahndämmen. Der steinige, un-
gemein durchlässige, stark insolierte Boden solcher künstlich geschaffener
Lokalitäten ist für das F'ortkommen vieler Gewächse der pontischen Heide-
wiese und Sandheide und mancher Unkräuter sehr geeignet.
Mannigfaltige Einrichtungen zur Verhinderung allzustarker Transpira-
tion, Rollblätter, Wachsüberzüge, Haarfilze, Einsenkung der Spaltöffnungen,
Gehalt an leicht verdunstenden Ölen oder Milchsaft, Dornbildungen (auch
gegen Tierfraß) sind für verschiedene Typen der xerophilen Gras- und Strauch-
formationen bezeichnend.
b) Mesophile Grasformationen.
Wiesen und Weiden. Während die xerophilen und hygrophilen Gras-
und Staudenvereine der baltischen Flora größtenteils natürlichen Ursprunges
sein dürften, sind die für dieselbe besonders charakteristischen mesophilen
Wiesen und Weiden größtenteils durch den Einfluß des Menschen aus anderen
Formationen, und zwar vor allem aus Wäldern — durch Kahlabhiebe — oder
aus Wiesenmooren — durch Entwässerung — oder wohl auch aus Heidewiesen
durch künstliche Verbesserung des Bodens — als unerläßliche Bedingung für eine
gedeihliche Viehzucht entstanden. Auf natürlichem Wege, durch Überschwem-
mungen der Flüsse, gebildete Wiesen sind wohl im Alpenlande sehr selten.
Würden die Wiesen sich selbst überlassen bleiben, würde der Mensch
nicht kontinuierlich durch die Mahd oder durch die Benützung der Grasflächen
als Weiden die Existenz von Holzgewächsen unmöglich machen, durch Ent-
wässerung eine neuerliche Versumpfung des Bodens hintanhalten und ihm
durch Düngung, die infolge der kontinuierlichen Entziehung von Nährstoffen
für die Erhaltung der Wiesen dringend nötig ist, immer wieder neue Nährstoffe
zuführen, so würden sie sich alsbald wiederum in diejenige F'ormation zurück-
verwandeln, aus welcher sie hervorgegangen sind.
Je nach den Details der Bewirtschaftung kann man die Wiesen wieder in
eine ganze Reihe von Untergruppen einteilen, 2) auf welche hier nicht näher
eingegangen werden kann.
Alle Wiesen sind durch das Vorherrschen von Gräsern mit extravagi-
naler Innovation und vieler mesophiler vStauden sowie durch das Zurücktreten
der Kräuter und das Fehlen aller Holzgewächse ausgezeichnet. Infolge ihres
') Auch die im Verzeichnis auf S. 45 mit * bezeichneten Typen kommen in
diesen noch vor.
^) Vgl. Stehler und Schröter I.
47
Blütenreichtums und ihres frischen Grüns gehören sie zu den anmutigsten
Pflanzengesellschaften der baltischen Flora. Die Gräser sind in oder auf dem
Boden reich verzweigt und ihre sich gegenseitig durchdringenden Rasen bilden
einen dichten, meist spärlich von Moosen durchsponnenen, den Humus ver-
deckenden Teppich. Die Mahd und der Viehfraß ermöglichen es nur in ganz
bestimmter Weise ausgerüsteten Pflanzen zu existieren, schließen gewisse
Elemente vollkommen aus und züchten außerdem eine Reihe neuer, eigenartig
angepaßter Formen. Zu den Formen, deren Existenz auf Wiesen und Weiden
durch die Sense und die Weidetiere unmöglich gemacht wird, gehören die
Bäume und Sträucher. Von Kräutern vermögen sich nur diejenigen zu be-
haupten, welche wie Draba verna oder Veronica arvensis schon vor der ersten
Mahd ihre Samen zur Reife bringen, und solche, welche sich durch parasitische
Lebensweise ganz exzeptionelle Ernährungsbedingungen zu verschaffen wissen,
wie die Euphrasia-, Odontites- und Alectorolophus-Arten.
Das Gros der Wiesen bilden Gräser und Stauden. Sie werden durch
die Eingriffe der Menschen und der Tiere, im Naturzustande durch die Ge-
walt der die Ufer überflutenden Wassermassen in hohem Grade beeinflußt.
Die Sense oder der Biß der Weidetiere beraubt die Stauden ihrer generativen
Organe, veranlaßt dadurch eine Steigerung der Entwicklung der vegetativen,
die sich in stärkerer Verzweigung äußert, und fördert so den dichten Zusammen-
schluß der Wiesenpflanzen.
Ein eingehendes Studium der Ökologie der Wiese ist von größtem Inter-
esse. ^) Die Periode der winterlichen Vegetationsruhe der Wiesen kann man
als ihren ersten Tiefstand, die Zeit vom Erwachen der Vegetation bis zur
ersten Mahd als ersten Hochstand bezeichnen. Durch die Mahd wird der zweite
Tiefstand herbeigeführt, der dann, wenn nicht jetzt schon die Wiese als Weide
benützt wird - — also bei zweimähdigen Wiesen im Spätsommer — in einen
zweiten Hochstand übergeht. Diesem wird durch die zweite Mahd ein Ende
bereitet und es folgt jetzt der dritte Tiefstand. Dieser geht jetzt in ungünsti-
geren Lagen oder bei Weidewirtschaft allmählich in den Winter- (ersten)
Tiefstand über oder aber es folgt (bei üppigen Wiesen) noch ein dritter Hoch-
stand, der durch eine dritte Mahd oder durch die Weidetiere in den vierten,
allmählich in den ersten ausklingenden Tiefstand übergeführt wird. vSo die
Wiesen der Täler. Die einmähdigen Wiesen höherer Lagen zeigen analoge,
aber einfachere Verhältnisse.
Man kann nun viererlei ökologische Kategorien von Wiesenpflanzen un-
terscheiden, ^) und zwar:
I. Diejenigen Pflanzen, «welche die Fähigkeit besitzen, mit relativ nie-
drigen oberirdischen oder halboberirdischen oder mit unterirdischen Organen
') Vgl- Wettstein, Die Biologie unserer Wiesenpflanzen. (Vorträge des Vereines
zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien. XLIV. Jahrg. Heft ii).
48
auszudauern und, so oft die Verhältnisse günstig sind, nach aufwärts wachsende
Sprosse zu treiben». Es gehören hierher die meisten Wiesengräser und diko-
tylen Hochstauden der V/Jiesen.
2. Diejenigen, «welche mit relativ niedrigen oberirdischen Organen aus-
dauern und in der Regel nur einmal während des Jahres verlängerte blühende
Sprosse treiben». Hierher gehören hauptsächlich dikotyle Rosettenstauden.
Während des ersten Tiefstandes blühen z. B. Viola hirta, Primula acaulis, Gen-
tiana verna, während des ersten Hochstandes Primula officiualis, elatior, Salvia
pratensis, Plantago media und lanceolata, Knautia aj-vensis, Taraxacum officinale
usw. während des zweiten Tiefstandes Carlina acaulis, während des zweiten
Hochstandes neben Pflanzen, die auch schon während des ersten geblüht haben
und jetzt neue Blütensprosse treiben (z. B. Salvia pratensis) : Sauguisorba offi-
cinalis, Heradeum Sphondyliiini, Cirsium oleraceum usw. Manche dieser Typen,
z. B. Carlina acaulis, mögen sogar erst in Anpassung an diese Verhältnisse ent-
standen sein.
3. Diejenigen, welche «überhaupt nur während einer der oben erwähnten
Perioden oberirdische Organe ausbilden, auch in dieser Zeit blühen, dagegen
alle anderen Perioden unterirdisch verbringen». Es sind dies unsere monoko-
tylen Hoch- und Rosettenstauden, von denen zwei, nämlich Colchicum und
Crocus, ganz eigenartige Verhältnisse zeigen.
4. Die saisondimorphen Typen, Paare von Arten, von denen beide oder
doch die eine sicherlich in Anpassung an die ökologischen Bedingungen der
Wiese entstanden sind und «von denen entweder je eine einer Wiesenperiode
oder eine einer Wiesenperiode^, die zweite den Existenzbedingungen an einem
anderen Standorte entspricht». Hierher gehören vor allem Kräuter, und zwar
Arten der Gattungen Gentiana (Sect. Endotricha), Euphrasia, Odontites, Alecto-
rolophus und von Stauden Ononis-, Galium- und Campanula- Arten.
Besondere Erwähnung verdient auch der Umstand, daß Pflanzen mit
Schutzmitteln gegen Tierfraß (Giftstoffen, Stacheln) gerade in denjenigen Pe-
rioden der Wiesenentwicklung überwiegen, in denen eine Gefährdung durch
Tiere am ehesten zu gewärtigen ist, also vor allem im Herbste.
Je nach dem Grade der Feuchtigkeit und des Nährstoffgehaltes des Bodens
und der Art der Eingriffe des Menschen (Weiden, Mähen, Bewässerung und
Entwässerung, Besamung etc.) ist die Zusammensetzung der Wiesen eine sehr
verschiedenartige. Als die wichtigsten Elemente figurieren:
Oberes Stockwerk: Grasartige: *Äntlioxanthmn odoratum, Phleum pra-
tense, Alopecurus pratensis, Agrostis alba, *vulgaris, Holcus lanatus, Trisetum
ßavescens, Avenastriim pubescens, Arrhenatherum elatius, *Bri:^a media, Dactylis
glomerata, Cynosurus cristatus, Poa trivialis, pratensis, Festuca elatior, Bromus
mollis, von Stauden und Kräutern Colchicum autumnale, Rumex Acetosa, Silene
venosa, Lychnis flos cuculi, Melandryum rubrum, Ranunculus acer, Cardamine
pratensis, Alchimilla vulgaris, Medicago lupuUna, Trifolium pratense, '^Lotus
40
Cornicidatus, *Li}nim catharticinn, Viola tricoloi-, Anthriscus Silvester, Phnpinella
magna, Carum Carvi, Angelica silvestris, Pastinaca sativa, Heracleinn Sphondy-
lium, Primula officinalis, elatior, AJtiga reptans, Brunella vulgaris, Salvia pra-
tensis, * Veronica Chamaedrys, Euphrasia Rostkoviana, Alectorolophits minor,
*Plantago media, lanceolata, Galiimi Mollugo, Siiccisa pratensis, Knantia arvensis,
Campanula patula, Bellis perennis, Chrysanthemum Leucanthemum, Centaurea
Jacea, Leontodon autumnalis, Danubialis, Tragopogon Orientalis, Taraxacum offi-
cinale, Crepis biennis.
Unteres Stockwerk: Teppichmoose, und zwar Hylocomium squarrosum,
Hypnum Lindbergii u. a.
Alle diese Pflanzen und meist noch viele andere sind oft auf einer und
derselben Wiese zu finden. Je nach den verschiedenen Verhältnissen dominieren
aber bald diese, bald jene Gräser und Stauden und man kann zur Zeit des ersten
Wiesenhochstandes in den Alpentälern nicht selten eine Wiese von Taraxacum
officinale gelb, eine zweite daneben von Melandryum rubrum rot und eine dritte
von Umbelliferen oder Chrysanthemum Leucanthemum weiß gefärbt sehen.
Wiesen trockenerer Gehänge (Englers Burstwiese) beherbergen außer
den im vorausgehenden Verzeichnisse mit * bezeichneten Typen insbesondere:
Carex verna, montana, Lu:^ula campestris, Orchis ustulata, Gymnadenia conopea,
Ranunculus bulbosus, Silene nutans, Potentilla Gaudini, Anthyllis Vulnerarla,
Polygala vulgaris, Euphorbia Cyparissias, Viola liirta, Pimpinella Saxifraga,
Galiuni Cruciata, Carlina acaulis, Centaurea Scabiosa, Hypochoeris radicata,
Leontodon hispidus, Hieracium Pilosella, Auricula usw., also zum Teile Elemente,
die sich auch auf den Heidewiesen wiederfinden. Auch Moose treten stärker
hervor als auf den feuchteren Wiesen. Zur Zeit des herbstlichen Tiefstandes
ist auch das Auftreten von Gasteromyceten {Lycoperdon usw.) für diese For-
mation sehr bezeichnend.
Durch das Vorherrschen gewisser Gras- oder Leguminosenarten aus-
gezeichnete Kunstwiesen, welche der Aussaat der betreffenden Spezies und
besonders rationellem Düngungsverfahren ihre Entstehung verdanken., gibt es
im Alpenlande verhältnismäßig nur wenige.
An feuchteren Stellen, in der Nähe von Gräben usw., nehmen die Wiesen
allmählich den Charakter von Wiesenmooren oder Sumpfwiesen an, auf trocke-
neren Böden gehen sie nicht selten in Heidewiesen über.
Landröhrichte. Auf Sand- und Schotterbänken der größeren Flußläufe
bildet das Schilfrohr, Phragmites communis, oft große mesophile Bestände, in
deren Verband auch Baldingera arundinacea, Agrostis alba, Calamagrostis Epi-
geios, Cirsium arvense u. a. eintreten. Phragmites spielt hier, indem es mit
seinen mächtigen, reich verzweigten Rhizomen den lockeren Boden durchsetzt
und festigt, eine ähnliche Rolle wie die früher erwähnten Weiden. Die Besie-
delung des Schwemmlandes mit Schilfrohr erfolgt durch Anschwemmung zahl-
reicher Wurzelstöcke oder wohl auch durch Samenanflug.
Exkursion in die Ostalpen. 4
50
Voralpenfl uren. Je mehr man sich der Baumgrenze nähert, desto
lockerer wird infolge des Zurücktretens der Gräser der Wasen der Wiese und
desto größer zumeist die Mahl der sich zwischen den Gräsern breitmachenden
Stauden. Verschiedene Typen des Tales bleiben zurück und neue Formen, die
uns in der Alpenmatte und in den Krummholz- und alpinen Zwergstrauch-
beständen wieder begegnen werden, mischen sich in die Grasformation. Der
Einfluß des Menschen wird mit zunehmender Höhe immer geringer. Viele
solche Gras- und Staudenbestände höherer Lagen werden nur einmal oder
überhaupt nicht gemäht und dienen dann nur mehr als Weiden. Die ersteren
aber bieten infolge des Zusammenvorkommens vieler Tal- und Gebirgspflanzen
zur Zeit des Hochstandes ein besonders abwechslungsreiches Bild, wie es
Tafel XL zum Ausdrucke bringt.
Durch die Mischung zahlreicher Elemente verschiedener Zugehörigkeit
sind sie so charakteristisch, daß sie als eigene Formation angesprochen werden
müssen. In der Mannigfaltigkeit ihrer Gliederung erinnern die Voralpenfluren
an die Mischwälder unter den Baumformationen. Der Boden enthält zwar viele
Geröllstücke, ist aber tiefgründig, schwarz, reich an Humus und wird viel-
fach im Herbste durch die Weidetiere gedüngt.
Je nach dem Grade des Kalkgehaltes des Bodens ist die Gestaltung der
Formation eine sehr verschiedene.
Auf kalkarmem Boden, also im Urgebirge, enthält sie vor allem *Phleiiiu
alpiuiim, Deschampsia caespitosa, *Festiica fallax, *Veratrinn albiim, '''Orchis ma-
culata, * Gymnadenia conopea, *Rumex alpinus (in der Nähe der Almhütten).
*arifoUus, *Polygonum Bistorta, *Silene venosa, *Melandryiim rubnnii, *Ra-
nunculus acer, *Alchimilla alpestris, *Potentilla aiirea, Trifolium *pratense,
*nivale, *repens, Chaerophyllum Villarsii, *Veronica Chamaedrys, Campanula
barbata, Arnica montana, *Solidago alpestris, Gnaphaliiim Norvegicwn, Cen-
taiirea pseudophrygia, Willemetia stipitata, Crepis paludosa, Hieraciinn aiiran-
tiaciim usw.
Viel mannigfaltiger ist ihre Zusammensetzung auf kalkreichem Boden.
Außer den im vorhergehenden Verzeichnisse mit * signierten Typen finden sich
hier:^) Anthoxanthum odoratum, Phleum Michelii, Sesleria varia, Bri-a media,
*Poa alpina, hybrida, Carex atrata, capillaris, Juncus alpinus, Lilium Martagon,
*bulbiferum, Polygonatum verticillatum, Orchis globosa, Coeloglossum viride,
Gymnadenia odoratissima, Listera ovata, Thesium alpimim, *Trollius Europaeus,
Anemone alpina, narcissißora, * Raniinculus montatius, Thalictrum aquilegifolium,
Anthyllis alpestris, Astrantia major, Primula elatior, *Gentiana venia, Eiiphrasia
picta, Knaiitia dipsacifolia, Scabiosa lucida, Buphthalmum salicifoliiim, Chrysan-
themum atratum, Senecio abrotanifolius, Carduus deßoratus, (h-epis blattarioides,
Hieracium villosiceps und noch viele andere Formen, die zum Teile erst bei Be-
'") Die mit * bezeichneten auch auf kalkarmem Boden.
51
sprechung der Alpenmatten, für welche sie besonders bezeichnend sind, er-
wähnt werden sollen.
Für die Voralpenfluren der südlichen Kalkalpen sind außer den meisten
der eben genannten noch Aconitimi ranuuculifolium, Onobrychis niontana, Eryn-
giiim alpinum, Laserpitiiun peiicedanoides, Doronicum Columnae, Crepis incarnata
besonders bezeichnend.
Die Vegetation der Umgebung der Almhütten ist infolge des durch die
reichliche natürliche Düngung hervorgerufenen großen Nährstoffgehaltes und der
großen F'euchtigkeit des Bodens eine ganz besonders üppige. Außer den beiden
Unkräutern Urtica dioeca und Chenopodium bomis Henricus sind Riimex alpinus,
Ranunculus acer, Aconitum Napellus, Mentha alpigena, also insgesamt Pflanzen,
die von den Weidetieren gemieden werden, wohl fast um jede Almhütte, und
zwar zumeist in luxurianten, großblättrigen Exemplaren zu finden. (Tafel XLI,
XLII oben.)
c) Hydrophile Grasformationen.
Sumpfwiesen. (Saure Wiesen oder Wiesenmoore.) Da diese in allen
Teilen des subalpinen Gaues der baltischen Flora auftretende Formation tief-
gründigen, reichlich durchfeuchteten Boden beansprucht, kommt sie in den
Tälern insbesondere längs der Flußläufe, auf Hängen in der Nähe quelliger
Stellen zur Geltung. In die Wiesen geht sie oft allmählich über, von angren-
zenden Heidewiesen ist sie meist scharf gesondert. Ihre Elemente beanspruchen
großen Reichtum des Substrates an Pflanzennährstoffen, insbesondere an Cal-
cium und Kalium. I3ie tonangebenden Elemente sind dichtrasige oder krie-
chende Seggen, also Arten der Gattung Carex, so C. Davalliana, paniculata,
stricta, nigra, panicea, rostrata, flava, Oederi, distans, Hornschuchiana, ferner
Eriophoriim latifolium und polystachyiim, Sciipiis silvaticus, Schoenus ferru-
gineus, Rhynchos-pora alba und Gräser wie Agrostis alba, Deschampsia caespitosa,
Phragmites communis, Molinia coerulea. In den meist ziemlich dicht geschlos-
senen Bestand mengen sich zahlreiche Stauden, z. B. Equisetum variegatum,
Triglochin palustre, Veratrum album, Colchicum autm^inale, Orchis latifolia,
incarnata, Epipactis palustris, Polygonum Bistorta, Lychnis ßos cuculi, Dianthus
superbus (in höheren Lagen speciosus), Caltha palustris, Trolliiis Europaeus,
Cardamine pratensis, Parnassia palustris, Filipendula Ulmaria, hexapetala, Ly-
thrum Salicaria, Epilobium palustre, parvißorum, Angelica silvestris, Primula
farinosa, Gentiana Pneumonanthe, Myosotis palustris, Pinguicola vulgaris, Ga-
lium boreale, palustre, uliginosum, Valeriana dioeca, Cirsium oleraceum, palustre,
rivulare, die Schachtelhalme Equisetum palustre und limosum und nicht selten
auch als kleiner Strauch: Salix rosmarini/olia. Als unterste Schichte sind die
Teppichmoose Camptothecium nitens , Hypnum intermedium , trifarium u. a.
dem Boden angedrückt. Der Kalkreichtum des Bodens bedingt es offenbar,
daß die Sphagnen nur in geringer Menge, niemals aber dominierend vertreten
sind. Gleichwie auf der Wiese sind die Kräuter (Linum catharticum und Para-
4*
52
siten wie Alectorolophiis minor, Melavipyrum pratense, Pedicularis palustris) im
Vergleiche zu den Stauden sehr in der Minderzahl,
Im Gegensatze zu deh Wiesen machen die Moorwiesen infolge der dunkel-
oder graugrünen Färbung der Blätter der vSeggen, zwischen deren Polstern
nicht selten das trübe Moorwasser sichtbar wird, einen ziemlich düsteren Ein-
druck. Der durch den Wasserreichtum zustande kommende Abschluß der
absterbenden Pflanzenteile von der Luft hat in vielen Wiesenmooren die Bil-
dung von Torf, eines braunen, nur wenig Veränderte Pflanzenteile enthaltenden
Humus mit maximal zirka 60°/^ Kohlenstoffgehalt zur Folge. Manche Typen
der Wiesenmoore weisen merkwürdigerweise xerophile Einrichtungen auf, was
damit in Zusammenhang stehen dürfte, daß der Boden zwar physikalisch naß,
physiologisch aber, wegen des großen Gehaltes an Humussäuren, trocken ist,
was ja in noch höherem Grade von den Sphagmmi-Mooren gilt.
Sümpfe. In dieser nur im Vorlande und in den Tälern des Gebirges am
Rande stehender oder träge fließender Gewässer auf tiefgründigem, schlammigem
Boden auftretenden Formation sind gesellig wachsende Rohrgräser, Binsen und
hohe Seggen mit ihren hohen, kräftigen Stengeln und weithin kriechenden Rhi-
zomen die tonangebenden Elemente. Im Gegensatze zu den Gräsern der Wiesen
und Seggen der Sumpfwiesen vermögen die Rohrgräser sich nicht zu einem
dichten, den Boden verhüllenden Wasen zu verfilzen. Gewöhnlich überwiegt
eine von den folgenden Arten: Phragmites communis, Schoenoplectus lacustris,
Carex striata, Equisetimi limosum^), Typha latifolia. Als akzessorische Elemente
sind Sparganium erectiim, Älisma Plantago, Baldingera arundinacea, Poa palustris,
Cladium Mariscus, Carex vulpina, Pseiidocyperus, riparia, vesicaria, rostrata,
Acorus Calamus, Iris Pseudacorus, Riimex Hydrolapathum, Ranunculus Lingua,
Lythrum Salicaria, Epilobium hirsutum, Hippiiris vulgaris, Cicuta virosa, Sium
latifolium, Lysirnachia vulgaris, punctata, Myosotis palustris, Scutellaria galeri-
culata, Stachys palustris, Galium palustre, Senecio paludosus in erster Linie zu
nennen. Kräuter fehlen nahezu vollständig. Gleichwie in den Sumpfwiesen
findet auch in den Sümpfen infolge der Hintanhaltung der Verwesung der
unterirdischen Pflanzenorgane Torfbildung statt. Als Schlammfänger und mit
dem Wasser erfolgreich um den Boden kämpfende Pioniere der Landvege-
tation spielen die Rohrgräser und Binsen eine bedeutsame Rolle.
Als eine eigene Fazies der Sumpf bestände kann man wohl die in schlam-
migen Gräben und im weichen Boden kleiner, periodisch austrocknender
Lachen mit Vorliebe sich breitmachenden Gesellschaften hygrophiler Typen
bezeichnen. Ihre Zusammensetzung ist eine sehr verschiedenartige. Auch hier
sind Binsen, allerdings von kleinerer Statur, die vorherrschenden Elemente.
Zumeist überwiegt Heleocharis palustris. Auch Juncus- KrtG.r\, vor allem /. arti-
culatus, oft auch J. ejjfusus, alpinus und der einjährige bufonius sind oft sehr
') Dann ist der Sumpf eine Schachtelhahnformation (Equisetetum).
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häufig-. Sparganhim erectum und simplex, Alopeciirus fiilviis, Glyceria ßuitans,
Isolepis setacea, Polygoninn amphibium, Ranuucitlus sceleratus, t-epens, Roripa
palustris, Epilobium pahistre, parvißonim, roseum, Myosotis palustris, Lycopus
Europaeus, Veronica Beccabunga, Anagallis u.a. g-ehüren oft dieser auf kiesigem
Boden in die Quellfluren, auf humösem Substrate aber in die noch später zu
besprechenden Moräste übergehenden Gesellschaft an.
5. Staudenformationen.
Hydrophil.
Quellfluren. Am Rande von Wasserrinnsalen der voralpinen Region,
inmitten der eben geschilderten Voralpenfluren oder auch der bereits schütter
werdenden Baumbestände, ist in der Regel eine sehr charakteristische Pflanzen-
genossenschaft anzutreffen, die aus hygrophilen vStauden, Gräsern und Moosen
besteht. Die Stauden sind entschieden im Übergewicht. Die wichtigsten Ele-
mente der Quellfluren sind etwa folgende: Moose: PJiilonotis fontana, Aula-
comiuni palustre, Harpanthus Flotowianus, Bryum pseudotriquetrum ; Gras-
artige : Phleum alpinum, Deschampsia caespitosa, fCarex frigida, *ferruginea,
Juncus alpinus, triglumis; Stauden: *Aconitwn Napellus, jTauricum, *Ranun-
culus aconitifolius, Cardamine amara, fSediim villosiim, Saxi/>-aga rotundifolia,
Geum rivalc, Viola bißora, Hypericum quadranguliim, Epilobium *alpestre, alsine-
folium, Chaerophyllum hirsutum, Bartschia alpina, Adenostyles *glabra, Alliariae,
Senecio crispatus, alpinus, '^Cirsium Erisithales, Mulgedium alpinum, Crepis
paludosa. ^)
Solche Quellfluren begleiten die Wasserrinnsale oft weit nach abwärts in
die Wälder hinein, in deren Schatten sich gewöhnlich noch Eupatorium canna-
binum, Petasites hybridus, albus, Doronicum Aust?-iacum und Mnä/7;z-Arten an
Bachrändern einfinden^). Auch der Grünerle (Alnus viridis) begegnet man gegen
die Baumgrenze zu häufig im Gefolge der Quellflurbestände und nicht selten
sieht man, daß ihre Büsche das Übergewicht bekommen und sich zu einer
eigenen Formation zusammenschließen, in welcher die Quellflurelemente nur
mehr als Begleitpflanzen zu betrachten sind. Gegen das Tal zu gewinnen am
Bachrande zumeist über kurz oder lang die Grauerle oder, wo zum ersten Male
größere Schutt- oder Sandmassen abgelagert werden, verschiedene Weiden das
Übergewicht und nur die steilen Seitenwände enger Waldschluchten, auf denen
sich keine Bäume halten können, hat auch in tieferen Lagen nicht selten eine
aus Impatiens nolitangere, Tussilago Farfara etc. bestehende Staudengenossen-
schaft inne, die man noch als Fazies der Quellenfluren bezeichnen kann. Schließ-
lich gehören hierher noch die sehr charakteristischen Bestände von Montia fon-
tana, Cardamine Nasturtium, Berühr angustifolia, Veronica Beccabunga und
') Die mit * bezeichneten Arten sind für kaflcreichen, die mit f bezeichneten für
kalkarmen Boden charakteristisch, die nicht signierten indifferent.
2) Vgl. Tafel XXXVI.
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Anagallis und einigen anderen Stauden auf kiesigem oder sandigem Grunde
der Quellbäche des Wiesenlandes der Täler und Ebenen.
6. Wasserpflanzenformationen.
Die höher organisierten Wassergewächse unseres Gebietes gehören ent-
weder zu den Limnaeen oder zu den Hydrochariten. Die ersteren wurzeln im
schlammigen Grunde, die letzteren erhalten sich frei schwebend im Wasser
oder liegen auf der Oberfläche desselben. Alle Wasserpflanzen sind infolge der
geförderten vegetativen Vermehrung durch geselliges Wachstum ausgezeichnet.
Die Limnaeen leben in fließenden und stehenden Gewässern, und zwar
sowohl in kleineren als auch in der Randzone größerer Wasseransammlungen.
Als bestandbildende Limnaeen seien Sparganium miniminn, simplex, Arten der
Gattung Potamogeton, z. B. natans, perfoliatiis, lucens, gramineus, crispiis, alpinus,
pusillus, pectinatus, Zanichellia palustris, Elodea Canadensis, Polygonum amplii-
biiim, Nymphaea alba, Nuphar luteum, Ceratophylluui demersum, Ranunculus
divaricatus, paucistamineus, Callitriche verna, Trapa natans, Myriophyllum ver-
ticillatum, spicatum, HippuHs vulgaris, ferner Moose aus der Gattung Hypniim
und schließlich die Characeen genannt. In verschiedenen Fällen dominieren
verschiedene dieser Arten und jede derselben kann bestandbildend auftreten. In
der Randzone von Seen oder größeren Teichen sind oft Nymphaea und Nuphar
durch ihre großen auf der Oberfläche des Wassers schwimmenden Blätter sehr
auffällig, oft gesellt sich auch Potamogeton natans mit seinen älinlich geformten
aber viel kleineren Blättern zu ihnen, im Grunde, jedoch selten unter 5 m Tiefe,
bildet mitunter Zanichellia, Potamogeton perfoliatus oder Sparganium minimum
dichtgeschlossene, submers vegetierende Bestände. Elodea Canadensis bevor-
zugt den sandigen Boden der Kanäle und der Altwässer der Flüsse, die Cerato-
phrllum-, Ranunculus-, A/>^r/oj3/ij^//!»n-Arten und Characeen gedeihen mit Vorliebe
in Tümpeln mit schmutzigem Wasser, letztere oft auch in Gräben, die Calli-
trichen sind oft in klarem Wasser, auch noch in den Gebirgsbächen, anzu-
treffen, Potamogeton ßuitans (nur in kalkarmen Gegenden)^ crispus, Ranunculus
ßuitans und Fontinalis antipyretica in rasch fließenden Wässern zu finden.
Bekannt ist das Vermögen vieler Limnaeen, im Falle des Austrocknens der
Gewässer Landformen zu bilden.
Die Hydrochariten finden sich fast nur in stehenden Gewässern. Zu ihnen
gehören Hydrocharis niorsus ranae, Spirodela polyrrhi^a, Lemna trisulca, minor,
gibba, Ceratophyllum demersum (fakultativ) und die Utricularia-Arten vor allem
U. vulgaris und minor. Von diesen können alle, insbesondere aber die Lemnaceen,
die oft in ungeheuren Mengen große W^asserflächen mit einem grünen Teppich
bedecken, für sicli allein Bestände bilden, oder aber sie sind mit Limnaeen
vergesellschaftet. Auch schwebende Fadenalgen (Konjugalen) mischen sich oft
in die Hydrocharitenbestände. Auf vielen Wasserpflanzen, insbesondere in
trüben Gewässern, bilden festsitzende Diatomeen eine Epipliytenvegetation.
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Mit zunehmender Höhe über dem Meere erfolgt eine Ahnahme der Arten-
zahl der Wasserg-ewächse, Nur wenige Arten wie beispielsweise Spargatniim
inininiuui und Potamogeton marimis gehen bis über die Raumgrenze.
7. Moosformationen.
a) Hydrophile Moosformationen.
Sphagnum-Moore (Hochmoore). Die genügsamen Sphagnen, denen
diese Formation ihr Gepräge verdankt, gedeihen mit Vorliebe auf feuchten,
nährstofif- (insbesondere kalk- und Stickstoff-) armen Böden. Mit der Abneigung
der Sphagnen gegen Kalk hängt es offenbar zusammen, daß die Hochmoore
in den Uralpen viel häufiger sind als in den Kalkalpen. Auch konstant große
Luftfeuchtigkeit und relativ niedrige Temperaturen sind wesentliche Lebens-
erfordernisse für tue Sphagnen. Sie gedeihen deshalb in großen Meereshöhen
ebensogut wie in tiefliegenden Sohlen der Täler, wenn sie nur die erwähnten
Bedingungen vorfinden. Stets in geschlossenen Beständen wachsend, können sie
infolge eines sehr zweckmäßigen Baues große Wassermengen ansaugen und
festhalten, ohne jedoch aus dem Boden selbst Wasser zu beziehen. Während
die unteren Teile allmählich absterben, wachsen die Spitzen unausgesetzt mit
großer Energie in die Länge, das Moor erhebt sich höher und höher und ge-
winnt auch, solange die Luftverhältnisse günstige sind, an Umfang. Da die
Mitte meist höher emporgewölbt ist als die Ränder, kann man die Sphagnum-
Moore auch Hochmoore nennen. Aus den absterbenden Teilen der Moose und
der anderen Gewächse bildet sich Torf und zwar in viel größerem Ausmaße
als in Sumpfwiesen und Sümpfen. Außer den Sphagnen sind auch die anderen
Moose und Eriophonnn vaginatum, Trichophoriiin caespitosuin, Calluna vulgaris
u. a. an der Torfbildung beteiligt. Der Sphagnum-T ovi^) ist bedeutend ärmer
an mineralischen Bestandteilen und reicher an Kohlenstoff als die anderen Torf-
gattungen. Mit dem geringen Stickstoffgehalte des Bodens der Torfmoore
dürfte das Auftreten karnivorer Pflanzen [Drosera- Krten) in ursächlichem Zu-
sammenhang stehen. Die physiologische Trockenheit des Bodens läßt es ver-
ständlich erscheinen, daß auch im Torfmoore verschiedene Typen xerophile
Einrichtungen besitzen.
Die Zusammensetzung eines Torfmoores der xA.lpen ist etwa folgende.
Tonangebend (als untere Schichte): Sphagnen, und zwar insbesondere S. cj'mbi-
folhnn, medium, acutifolium u. a. Diesen beigesellt die Moose: Polytrichum
strictum, Äulacomniimi palustre, Meesia-, Hjynum-Arten, Cephalo:^ia usw. Als
obere, aber nicht geschlossene Schichte: Grasartige: Trichophorum Austriacum,
alpimim, Eriophorum vaginatum, Schoenus nigricans, ferrugineus, Rhynchospora
alba, fusca, Carex dioeca, paucißora, limosa; Stauden: Scheuch:^eria palustris.
') Die besseren Sorten werden als Brennmaterial, die schlechteren als Stallstreu
verwendet.
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Malaxis pahidosa (selten), Drosera rotundifolia; Kraut: Pedicularis palustris;
Zwergsträuclier: Empelriim nigriim, Andromeda poUfoUa, Vacciuiiim Oxycoccos,
Vitis Idaea, Myrtillus, nlig]nosiim, Calhina vulgaris; Sträucher: Piniis montana,
Salix 7-osviarinifolia, Betiila nana, hinnilis; Bäume: Pinus uliginosa (bisher nur
in einem Moore,) ^) Betula alba.
Mitunter wird Ertophorum vaginatum tonangebend, an trockenen Stellen,
msbesondere an den Rändern, kommt oft Calluna vulgaris zur Vorherrschaft,
und das Torfmoor wandelt sich dann in eine von der gewöhnlichen Calluna-
Heide oft nur durch den torfigen Untergrund verschiedene Moorheide um.
Auch Pinus montana überwiegt nicht selten.
Zu den hygrophilen Moosformationen sind auch die Bestände flutender
Moose in nährstoffarmen Lachen in Torfmooren (Hypnen) und nährstoff-
reichen Wässern {Fontinalis antipyretica der Quellen), gewisser Quellflurmoose,
z. B. von Aulacomnium palustre, Philonotis fontana und der feuchte Felsen über-
ziehenden Weissiaceen (z. B. Hynienostylium) zu rechnen.
b) Mesophile Moosformationen.
Auf alten Holzdächern bilden nicht selten einige Moose (Bryiim argen-
teum, Ceratodon purpureus, Tortula muralis, Hypnimi cupressiforme) dichte Be-
stände, zwischen denen ab und zu ein Kraut, z. B. Arenaria serpyllifolia, Chae-
norrhinum minus oder ein Gras (z. B. Poa pratensis), ja mitunter sogar ein kleiner
Strauch {Rubus Idaeus u. dgl.), ein bescheidenes Dasein führt. Solche Dächer
erinnern in ihrer Vegetation nicht wenig an Felsen, insbesondere dann, wenn
man, wie es noch gelegentlich geschieht, Sempervivum tectorum am Dachgiebel
anpflanzt.
Auch die Orthotrichuni- Arten und Leucodon sciuroides auf alten Holz-
zäunen und auf Stämmen von Obstbäumen bilden Moosformationen im kleinen.
8. Flechten- und Algenformationen.
a) Xerophile Flechten- und Algenformationen.
Felsen Vegetation. Als die einzigen Organismen, welche sich aus
dem nackten Gestein Nahrung verschaffen können, sind es die Flechten allein,
und zwar Krusten- und Laubtlechten, welche auf trockenen Felsen, Felsblöcken,
Steinmauern, aus Steinblöcken gebildeten Feldeinfassungen eine geschlossene
Vegetation zu bilden imstande sind. Ihre Fähigkeit, lange Trockenheitsperioden
ohne Schaden zu überdauern, kommt ihnen hierbei trefflich zu statten. Die
die Flechten begleitenden Moose dringen mit ihren Rhizoiden oft in die engsten
Ritzen, die höheren Pflanzen sind in ihrem Vorkommen auf die breiteren humus-
führenden Spalten der Felsen beschränkt. Sie zeichnen sich meist durch ein
tiefreichendes Wurzelsystem aus. Sukkulente Typen sind besonders häufig.
') Um den Fuschlsee, Salzburg.
57
Die Art des Gesteins ist begreitlicliervveise von großem Einflüsse auf die
Zusammensetzung- der Formation. Auf Kalkfelsen sind es insbesondere Verru-
caria-, auf Urgestein Lec/iiei3-, Lecanora-, Pannelia- Arten, welche das unwirtliche
Substrat als verschiedenfarbige isolierte Flecken oder zusammenhängende
Krusten i:iberziehen. In den Spalten der aus Kalk oder kalkhaltigem Urgestein
bestehenden Felsen wurzeln^) (die mit "^ bezeichneten auch auf Urgestein):
Asplenium viride, *Trichomanes, *Ruta jniiraria, * Cj'stopteris fragilis, Sesleria
varia, Melica ciliata, Allium senesceus (G), Thalictrum minus, Bisciitella laevigata
(G), Kernera saxatilis (G), ^Erysimiim silvestre, Sediini album, *BoIoniense,
Semperviviim hirtuni, ^Saxifraga Ai'^oon (G), Amelanchier ovalis , Potentilla
caulescens, Vincetoxicum officinale, Satureja alpina (G), Veronica fruticans (G),
Euphrasia Salisburgensis (G), Leontodon incanus, Hieraciuni glauciim, *ample-
xicaule und Moose wie Hymenostylium curvirostre, Gymnostomum *rupestre
und calcareum, Eucladiwn verticillatum, Seligeria pusilla. In den Spalten der
Urgesteinfelsen gedeihen neben verschiedenen der schon genannnten Asplenium
septentrionale, Jnniperus Sabina {G), Poa nemoralis, Draba Carinthiaca, Sediim
dasyphylluni, anninim, Hieraciiim vulgatum etc. und die Moose Amphidium
Mougeotii , Rhabdoweisia fugax , Cynodontium polycarpum , Rhyncliostegium
murale usw. Die Flechten sind die Pioniere der Pflanzenwelt auf anstehendem
Gestein. Erst wenn sie dessen oberflächliche Schichten entsprechend zersetzt
haben, können zusammenhängende Moosrasen, die Vorläufer einer höheren
Vegetationsdecke, den Felsen besiedeln.
Auch auf dem Holze alter Zäune und Dächer begegnet man oft Flechten-
genossenschaften, die insbesondere durch Usnea-Avten, ferner die weiße Par-
melia tiliacea und die gelbe Xanthorea parietina gebildet werden.
Als grüner Überzug auf Mauern, Zäunen, Dächern, Baumstämmen ist be-
sonders häufig die Chlorophycee Pleurococcus vulgaris anzutreffen.
b) Hydrophile Algen- und Flechtenformationen.
Felsen Vegetation. Felsen^ die in der Nähe fließenden Wassers von
sehr feuchter Luft umgeben sind oder auch periodisch vom Wasser überrieselt
werden, sind meist mit lebhaft gefärbten Überzügen von Algen oder Flechten be-
deckt. In den Gebirgstälern bilden Trentepohlia aurea orangegelbe, T.iolithus, nur
auf Urgestein, rote, nach Veilchen duftende (Veilchenstein), die niemals fruch-
tende Flechte Lepraria chlorina, gleichfalls nur auf Urgestein, gelbgrüne, Schizo-
phyceen {St igonema- Arten) — hauptsächlich in größeren Höhen bis in die alpine
Region • — schwarzgrüne Überzüge. In den Ritzen feuchter Felsen finden sich
auch hygro- und mesophile Stauden, 2) z.B. Calamagj-ostis- Arten, fPoa nemo-
ralis, '*Heliosperma quadrifidum (G), '*Moehringia muscosa (G), * Saxifraga mu-
^) Die mit (G) bezeichneten nur im Gebirge.
^) t Urgestein, * Kalk.
58
tata (G\ airoides (G), Aster BeUidiastnim (G) und Moose, ja selbst Sträiicher,
z. B. Riibiis Idaeus.
Wasser vegretaticffi. In den fließenden und stehenden Gewässern sind
die Algen zum Teile den höheren Wasserpflanzen als untergeordnete Elemente
beigesellt, zum Teile bilden sie selbständige Formationen, und zwar: i. Nerei-
denvereine, bestehend aus den auf steinigem oder felsigem Grunde stehender
und fließender Gewässer festgewachsenen Typen. Hierher gehören vornehmlich
Chlorophyceen, Schizophyceen und Diatomeen. Von Moosen kann sich Fon-
tinalis antipyretica zu ihnen gesellen.
2. Hydrocharitenvereine, das sind die insbesondere aus fadenförmigen
Conjugaten (Zygnema, Spirogyra, Moiigeotia) und Chlorophyceen {Conferva
usw.) gebildeten, an der Oberfläche befindlichen Bestände, in denen sich auch
zahlreiche andere zum Teile bewegliche (Peridineen, Bacillariaceen, Volvox)
zum Teile schwebende (Desmidiaceen) Algentypen aufhalten. In stehenden Ge-
wässern bilden die Hydrocharitenalgen oft ansehnliche Komplexe. In Drainage-
gräben gibt es auch aus Schizophyceen gebildete Limnaeenvereine.
3. Planktonvereine: Die unsichtbare, aus schwebenden oder schwimmen-
den Organismen gebildete Vegetation der stehenden Gewässer. Die häufigsten
Organismen des Phytoplanktons unserer Alpenseen sind von Cyanophyceen:
Anabaena-krie^n, von Peridineen: Ceratium Hirundinella und von Bacillariaceen:
Fragilaria, Asterionella, Synedra und Cyclotella-Arten.
9. Kräuterformationen,
(Mesophil.)
Ruderal Vegetation. Auf sogenannten Ruderalsteilen, das heißt auf
Plätzen mit übermäßigem Nährstoffgehalte, die größtenteils erst menschlicher
Einwirkung ihre Entstehung verdanken, z. B. am Rande von Häusern, in der
Nähe von Komposthaufen, in unfreiwillig gedüngten Straßengräben, trifft man
sehr charakteristische Pflanzenvereine, welche, da meistenteils Kräuter domi-
nieren, zu den Formationen des «offenen Bodens» gehören.
Auf trockenen Böden sind gewöhnlich Chenopodium- Arten die tonange-
benden Elemente, und zwar besonders häufig: Chenopodium albiim und bonus
Henricus, oft auch Ch. Vulvaria und glaucum. Außerdem sind an solchen Stellen
in der Regel zu treffen: Urtica iirens, dioeca, Rtimex crispiis, Atriplex patulum,
(Ihelidoniiim malus (auch mit Vorliebe auf Mauern), Lepidium ruderale, Sisym-
briiim Sophia, Chamaeplium officinale, Bursa pastoris, Geranium pusiUum, Malva
silvestris, neglecta, Conium maculatum, Verbena officinalis, Hyoscyamus niger,
Anthemis Cotula, Matricaria inodora, Arctium Lappa, minus, Carduus acan-
thoides, Cirsium lanceolatum, Sonchus laevis, asper. Von Gräsern stellt sich ins-
besondere im östlichen Teile des Gebietes oft Hordeum murinum ein.
In feuchten, reichlich mit organischen Abfällen gedüngten Straßengräben
dominieren Polygonum- Arien, und zwar P. amphibium (Landform), lapathi
59
foliiun, Persicaria, Hydropiper und (seltener) mite. Zu ihnen gesellen sich gerne:
Riimex obtiisifoliiis, Rammculus repens, Epilobium parvißonnn, roseum, Lycopus
Europaeus, Mentha aquatica, Pulicaria dyseuterica, Bidens cei-nua und tripartita.
An Zäunen halten sich mit Vorliebe Aegopodhim Podagraria , Lamium
maculatinn, albiiin u. a. auf. Trockene, minder nährstoffreiche, häufig von Men-
schen und Tieren betretene Stellen haben oft Rosettenstauden oder -Kräuter
inne, welche entweder in ihrer Gänze oder doch mit dem Laube dem Boden an-
gedrückt sind und häufig elastische nach jedem Tritte sich aufrichtende Stengel
besitzen. Poa annua, Lolimn perenne, Polygonwn aviculare, Potentilla anserina,
Plantago iiiaior sind die häufigsten derselben. Zwischen und neben den Geleisen
der Eisenbahnen sind meistens Eragrostis poaeoides, Bromus sterilis und tec-
tonun, Alyssinn calycinimi, Convolvitliis arvensis, Chaenorrhinum minus u. a. zu
finden. Der Reichtum an Ruderalpflanzen ist am Ostrande der Alpen, gegen
das pontische Florengebiet zu, am größten und wird mit wachsender Höhe
immer geringer.
Gewisse perennierende Typen wie Urtica dioeca und Chenopodium bonus
Henricus folgen dem Menschen bis zur Baumgrenze, indem sie noch um die
Almliütten mächtige Bestände bilden.
B) Künstliche Formationen (Kulturen).
(Mesophil.)
1. Baum-, Strauch- und Lianenkulturen.
Obstgärten. Die wichtigsten in größeren Gesellschaften kultivierten
Obstarten sind Kwnen (Pirus communis), KpioX- (Pirus malus), Kirschen- (Prunus
avium), Zwetschken- (Prunus domestica) und Kriechen- (Prunus insititia) Bäume.
Kirschen und Kriechen reichen am höchsten (bis zu etwa 1200 m) nach auf-
wärts. Birn- und Apfelbäume werden auch vielfach an Straßen gepflanzt. Der
Untergrund der Obstgärten ist Wiesenland. Zur Blütezeit, im Vorlande im Mai^
in höheren Lagen erst im Juni, verleihen die Obstbäume der Landschaft einen
ganz eigenen Reiz.
Nußbäume (Juglans regia) werden meist nur in einzelnen Exemplaren
gesetzt. Aprikosen- (Prunus Armeniaca), Pfirsich- (P. Persica), Mandel- (P.
Amygdalus), Quitten- (Cydonia vulgaris), Maulbeer- (Monis alba und nigra)
und Kastanienhäume (Castanea sativa) gedeihen hauptsächlich im östlichen und
insbesondere südlichen Alpenvorlande und in besonders milden Lagen des
inneren Alpenlandes.
Obststrauchhecken. Stachelbeer- (Ribes Grossularia), Johannisbeer-
(Ribes rubrum) und Himbeer- (Rubus Idaeus) sträucher werden des Obstes
wegen meist in Form von Hecken an Gartenrändern, seltener auch im F'reilande
gepflanzt.
6o
Weingärten. Die Weiniviiltur wird nur am Ost- und vSüdrande der
Alpen betrieben. Am Ostrande, im Gebiete der pontischen F'lora, baut man die
Weinrebe nach deutscher ^Art an Stangen, in den südHchen Alpen, insbesondere
in Südtirol, oft im Vereine mit Obstbäumen nach italienischer Art in Lauben,
(«Pergeln») wodurch die Lianennatur des Gewächses so recht zum Aus-
drucke gelangt. Der Grund der Weingärten beherbergt eine Fülle von Un-
kräutern, wie sie auch für das Gartenland und die Ruderalstellen bezeichnend
sind. In den Alpen selbst wird der Wein nur als Spaliergewächs an nach Süden
schauenden Häuserfronten gezogen.
Hopfengärten. Der Hopfen (Hiinndus Liipuliis) wird nur im nördlichen
Alpenvorlande, gegen das böhmische Massiv zu in größerem Maßstabe, nach
Art der deutschen Rebenkultur gebaut.
2. Kräuter- und Staudenkulturen.
Getreidefelder. Sie verdienen nicht nur mit Rücksicht auf die große
Rolle, die sie im Landschaftsbilde spielen, sondern auch vom ökologischen
Standpunkte aus weitaus am meisten Interesse. Die häufig kultivierten Zerealien
sind Hafer {Avena sativa), Roggen (Seeale cereale), Weizen (Triticinn vulgare,
Spelta) und Gerste (Hordeum distichum und vulgare). In tieferen Lagen werden
alle Zerealien, insbesondere aber Weizen, in höheren Lagen, maximal bis zu zirka
1400 m (an Südlehnen), Hafer und Roggen gebaut. Der in den Sommer fallende
Schnitt des Getreides bedingt ähnliche Verhältnisse wie die Mahd der Wiesen.
Nach Analogie des über diese Formation Gesagten kann man die Zeit vom
Erwachen der Vegetation bis durchschnittlich Ende Mai als den ersten Tief-
stand des Feldes bezeichnen. Dieser geht allmählich in den Hochstand über,
welcher durch den Schnitt plötzlich in den zweiten Tiefstand, das Stadium des
Stoppelfeldes, übergeführt wird. Diesem bereiten entweder beim Anbau von
Winterfrüchten (Seeale, Triticum) schon im Herbste Pflugschar und Egge ein
jähes Ende, worauf die im selben Herbste zur Keimung gelangenden Früchte
gesät werden, oder aber es geht, wenn Sommerfrüchte gebaut werden sollen,
allmählich in den winterlichen Zustand über, um erst nach der im Frühling er-
folgenden Aussaat der Sommerfrucht in den Frühlingstiefstand einzutreten.
Von komplizierten Verhältnissen, wie sie sich vielfach, bedingt durch die ver-
schiedenartige Bewirtschaftung, finden, sei hier abgesehen.
Die meisten Begleitpflanzen der Saatfelder sind gleich den Getreidearten
selbst ein- oder zweijährige Arten. Von Stauden können sich nur diejenigen
halten, welche wie Agropyrum i'epens, Heracleiim Sphondylhnn, Tussilago Far-
fara, Achillea Millefolium, Artemisia vulgaris oder Cirsiu)!! arrense infolge ihrer
tiefreichenden Rhizome der Vernichtung durch die Pflugschar entgehen. Ins-
besondere sind die aus Wiesen hervorgegangenen «Egartenfelder» reich an
perennierenden Gewächsen.
6i
Zur Zeit des Frühlingstiefstandes ist das Feld ein Verein niederer Hoch-
kräuter. Holosteum iimbellatum, Thlaspi arvense, Lamium amplexicaule, pur-
pureum, Veronica triphyllos, hederaefolia, Valerianella olitoria sind die wichtig-
sten Begleitpflanzen der jungen Saat. Verhältnismäßig rasch bilden diese Typen
ihre Samen und zur Zeit des mit der Getreideblüte beginnenden Hochstandes
sind sie längst verdorrt. Jetzt ist das Feld eine ausgesprochene Hochkraut-
genossenschaft. Etwa zu gleicher Zeit mit dem Getreide stehen Apera Spica venli,
Broinus secalmus, Agrostevima Githago, Raminciilus arvensis, Papaver Rhoeas.,
Sinapis arvensis, Raphamis Raphanistnnn, Lithospennurn arvense, Galeopsis Teträ-
hit, speciosa, Alectorolophus hirsutus, Centaurea Cjranus, Sonchus arvensis, von
Lianen Vicia hirsuta, tetrasperma, Cracca, Convolviihis arvensis, Galium Aparine
in Blüte, also ausschließlich Typen, welche, mit dem Getreide gleiche Höhe
haltend, sich das nötige Licht zu verschaffen wissen. Zur Zeit der Reife des
Getreides haben auch sie ihre Früchte gereift und ihre »Samen werden mit
denen des Getreides geerntet. Besondere Erwähnung verdient es, daß Formen,
welche mit dem raschen Wachstum des Getreides nicht gleichen Schritt halten
können, während des Hochstandes kleistogame Blüten bilden (Viola arvensis).
Das Stoppelfeld ist eine l'eppich- und Rosettenkraut-Formation. Arten mit
ausgebreiteten, dem Boden anliegenden Ästen oder Basalblättern wie Digitaria
sanguinalis, Setaria glauca und viridis, Scleranthus annuus. Arenaria serpyllifolia,
Spergularia campestris, Bursa pastoris, Erodium ciciitarium, Anagallis arvensis,
Convolvulus arvensis (kriechende Form), Kickxia spiiria, Veronica polita, Slie-
rardia arvensis, Anthemis arvensis usw. gehören zu den Charakterpflanzen der
Stoppelfelder und Brachen. Auf letzteren stellen sich dann allmählich wieder
mehrjährige Elemente der Wiesenflora ein und sie würden sich auch, wenn
sie sich selbst überlassen blieben, in Wiesen verwandeln. Auch saisondimorphe
Artenpaare kann man in Feldern beobachten. Die Frühlingsform Odontites
verna ist während des Hochstaudes im Juni, die Herbstform O. serotina während
des herbstlichen Tiefstandes, also im Stoppelfelde, zu finden. Manche Kräuter
der Felder sind zweifellos auf ausdauernde Stammformen zurückzuführen,
aus denen sie durch den Einfluß des Ackerbaues entstanden sind. Vor allem
gilt dies von den Zerealien selbst. Es ist beispielsweise gar kein Zweifel, daß
unser monokarpischer Roggen, Seeale cereale, von dem ausdauernden S. mon-
tamun des Mittelmeergebietes abstammt.^) Auch gewisse ein- oder zweijährige
Ackerunkräuter dürften auf perenne Typen, so Papaver Rhoeas auf Papaver
Rhodopaeuni, zurückzuführen sein.^)
In manchen Gegenden, insbesondere im östlichen und südlichen Teile der
Alpen, doch auch um Innsbruck, gibt es Maiskulturen (Zea Mays) in grö-
ßerem Maßstabe. Buchweizen (Fagopyrum esculentiim) und Hirse (Panicum
') Vgl. Aschcrson und Gracbner, Synopsis II/i, S. 715 (1898— 1902).
-) Vgl. Fritsch I.
62
miliaceinn), ersterer nicht selten nach Getreide, werden gleichfalls als Zerealien
gebaut.
Als Hülsenfrüchte ;ind insbesondere Erbsen (Pisiim sativum, arvense),
Bühnen (Phaseoliis vulgaris) und Saubohnen (Vicia Faba), als Knollen-, Wurzel-
und Gemüsepflanzen: Kartoffeln (Solanum tuberosum), Zuckerrüben (Beta vul-
garis), Rüben (Brassica oleracea und Rapa) in ihren verschiedenen Modifika-
tionen (Kraut, Kohl^ Karfiol etc.), Kürhis^^ (Cucurbita Pepo), als Futterpflanzen:
Rotklee (Trifofium pratense), Luzerne (Medicago sativa) und Esparsette (Ono-
brychis sativa), als Faserpflanzen: Lein (Liniim sativum) und Wani (Cannabis
sativa), als Ölpflanzen: Raps (Brassica Napus), l^ein (Linum iisitatissimum), Mohn
(Papaver somniferum) und Hanf (Cannabis sativa) Objekte ausgedehnteren An-
baues.
Die Buchweizen-, Hanf- und Leinfelder haben als Formation mit den Ge-
treidefeldern große Ähnlichkeit. P"ür die Leinfelder sind als spezifische Begleit-
pflanzen: Lolium i'emotum, Camelina dentata und der Parasit Cuscuta Epilinum,
für die Hanffelder Orobanche ramosa charakteristisch. Klee-, Luzerne- und Espar-
settefelder haben infolge des dichten Wuchses außer den Parasiten Cuscuta
Trifolii und Orobanche minor nur wenige Begleitpflanzen, Auf Kohl-, Rüben-
feldern etc. herrschen die gewöhnlichen Feld- und Garten Unkräuter vor.
Auf die vielen in Gärten gepflanzten Gemüse, Gewürz- und Zierpflanzen,
auf die Volksheilmittel und l'opfpflanzen kann hier nicht weiter eingegangen
werden. Es sei nur hervorgehoben, daß die fette Gartenerde eine Menge an-
spruchsvoller «Unkräuter» beherbergt wie: Echinochloa crus galli, Poa annua,
Chenopodium polyspermum, Portulaca oleracea, Bursa pastoris, Euphorbia helio-
scopia, exigua, Peplus, Aethusa Cynapium, Solanum nigriim, Datura Stramoniimi,
Lamium purpureimi, Veronica Tournefortii, opaca, agrestis, Senecio vulgaris,
Sonchus laevis, asper usw.
ß) Die Formationen der Hochgebirgsregion.
(Natürliche Formationen.)
1. Strauchformationen.
a) Xerophile (immergrüne) Strauchformationen.
Legföhrenzwergwälder.^) Die Legföhre (Pinus montana), in den Ost-
alpen nur als Krummholz, und zwar in der Rasse Pumilio, und nur in den süd-
östlichen Alpen als P. Mughus verbreitet, bildet in der Regel unmittelbar über
der Waldgrenze, insbesondere in den trockenen Kalkalpen, seltener im feuch-
teren Urgebirge, geschlossene Bestände, welche oft zungenformig in die Wald-
region hineinreichen. Sie überzieht nicht nur die trockenen ebenen Plateaus
und die Hänge sondern vermag sich auch, gleich ihrer Verwandten, der Schwarz-
I) Vgl. Tafel XLIII, XLIV rechts, XLV— XLVII, XLVIII links.
63
föhre^ ein ausg-esprochen xerophiles Holzgewächs, selbst auf den Bändern
senkrecht abstürzender Kalkfelsen zu halten, zu deren lichten Wänden ihr
dunkles Kolorit in gar seltsamem Kontraste steht. Als Schutz gegen Lawinen
spielt sie oft eine bedeutsame Rolle. Die meisten Krummholzwälder der Alpen
haben noch ihr vollkommen ursprüngliches Gepräge bewahrt. Kern er hat
jedenfalls vollkommen Recht, wenn er diese Bestände, in denen die starken,
elastischen, nach allen Richtungen wachsenden Äste der Piniis montana ein Vor-
dringen außerordentlich erschweren, mit Urwäldern vergleiclit.
Der Aufbau eines alten Legföhrenbestandes ist nach Kerner ^) etwa
folgender;
1. Unterste Schichte: Gefilz aus Hylocomium triquetriim, splendens, Hyp-
niim (Irista castrensis, Plagiochila asplenioides, Cetrai'ia Islandica, Cladonia fur-
cata, rangiferina, Sphagniiui squarrosiini, acntl/oliuiu, mit eingewirkten Stauden
wie Lycopodium clavatiim, *Asplenhnn viride^), ^Moehringiamuscosa, Ocalis Ace-
tosella, Viola bißora, Pirola unißora, Soldanella alpina, Honiogyne alpina etc.
2. Schichte: Niederes immergrünes Gesträuch aus Jiiniperus nana, Em-
petrinn nignun, f Rhododendron ferrugineiini, *hirsiituui, Vacciniuni Vitis Idaea,
Myrtillus, uliginosinn, Calluna vulgaris, *Erica carnea.
3. Schichte: Hohes Gesträuch aus Pinus montana, über das sich manch-
mal vereinzelte Stämme verwetterter Zirben oder krüppelhafter, verzwergter
Fichten und Lärchen empordrängen.
Von anderen Elementen, die insbesondere in jüngeren Beständen auf-
treten,^) sind besonders bezeichnend: für die untere Schichte: Arabis alpina,
*Rubiis saxatilis, Geiini rivale, Saxifraga rotundifolia, Geraniwn silvaticinn, Pri-
mula elatior, Laminm hiteuni, Veronica latifolia, Centaurea montana; für die
zweite Schichte als Sträucher: 5i^//A'-Arten, und zwar *S. glabra, *arbusciila,
grandifolia, Ribes alpinum, Sorbus Aucuparia, * Chamaeviespihis, Rosa pendulina,
Daphne Me^ereum, Loniccra nigra, als Stauden ; Veratrum albutn, Polygonatum
verticillatum, Itnperatoj'ia Ostruthium, Gentiana *Pannonica, f punctata, *Adeno-
styles glabra, Mulgediuvi alpimnn; für die dritte Schichte als vereinzelte Krüppel-
bäume: Betula alba, Sorbus Aucuparia. Sehr häufig ist Clematis alpina als Liane
vertreten. Auch Athyrium alpestre, *Aspidium Lonchitis, Rumex arifolius, Aconi-
tum Vulparia und Solidago alpestris sind häufig als Begleiter der Legföhre anzu-
treffen. An freien, tiefgründigen Stellen ist oft die Formation der Milchkraut-
weide in die Legföhrenwälder eingeschaltet.
Aus den Moosen und Flechten des Krummholzwaldes, aus den Wurzeln
und Stämmchen der Stauden und Zwergsträucher und aus den Nadeln der Pinus
montana bildet sich allmählich eine lockere Torfschichte, welche — nach Ker-
ner^) — i — 2m Mächtigkeit erlangen kann. Dieses neutrale Substrat ermöglicht
') Nach K e r n e r I.
2) * bedeutet von nun an immer: nur oder doch mit Vorhebe auf Kalk, f nur
oder doch zumeist auf Urgestein.
64
es kalkfeindlichen Gewächsen, auch im Kalkgebirge zu vegetieren. Wurde ein
Legföhrenbestand gefällt, so wie es insbesondere in den Uralpen, um neue
Weideplätze zu gewinner^, nicht selten geschieht, so vereinigen sich^, wenn in
demselben Rhododendren und Vaccinien als Unterwuchs vorhanden waren,
diese alsbald zu einer geschlossenen Zwergstrauchformation, während, wenn
er noch in einem jüngeren Stadium — ohne begleitende Ericaceen — war, sich
zunächst Stauden und Sträucher mit leicht durch den Wind verbreitbaren
Samen, vor allem Arten der Gattungen Salix, Calamagrostis, Epilobium, Hie-
raciiim und dann auch Beerenfrüchtler, vor allem Rosaceen einstellen, um erst
im Laufe vieler Jahre von den Ericaceen oder vom Krummholze selbst ver-
drängt zu werden: also mutatis mutandis dieselbe Folge der Erscheinungen
wie bei Neubesiedelung eines Waldschlages im baltischen Florengebiete.
b) Mesophile (sommergrüne) Strauchformationen.
Grünerlengebüsche. Die Grünerle (Alnus viridis) bildet gleichfalls
ober der Baumgrenze, aber im Gegensatze zur Legföhre mit Vorliebe auf
feuchtem Boden und schon aus diesem Grunde vor allem in den Zentralalpen,
oft ausgedehnte Bestände. Gewöhnlich sind es geröllreiche Hänge, welche von
großen Schneefeldern oder Gletschern mit Wasser versorgt werden, oder auch
nasse, grasreiche Lehnen am Abschlüsse der Täler, welche sie herdenvveise
überzieht. Daß sie den Wasserläufen ziemlich weit talabwärts, bis zur Ver-
einigung mit der von unten kommenden Grauerle folgen kann, wurde schon
erwähnt. Im Gefolge der Erlenbüsche treten außer Alpenweiden [Salix arbiis-
ciila usw.) üppige, sommergrüne Schattenpflanzen auf, so Athyriiim Filix fe-
mina, Rumex arifolius, Stellaria nemorum, Ranunculiis platanifoliiis, Geraniiim
silvaticum, Ciiaerophylliini Ciciitaria, Senecio Sarracenicus, Crepis paludosa u. a.
In den Zirbenwäldern der Tiroler Zentralalpen ist nach Kerner die
Grünerle nebst Rhododendren usw. häufig als Unterholz zu finden und kann,
wenn die Zirben gefällt werden, zur Herrschaft gelangen. Diese Grünerlen-
formation ist natürlich von der früher beschriebenen wesentlich verschieden.
Sie ist an einen trockeneren Untergrund gebunden, und gleich einem Legföhren-
bestande von einer noch aus dem Zirbenwalde stammenden, aus Rhododendren
und Vaccinien gebildeten Zwergstrauchschichte durchsetzt.
2. Zwergstrauchformationen.
a) Xerophile (immergrüne) Zwergstrauchformationen.
Ericaceen- und Wacholder-Zwerggesträuche. Die tonangebenden
Elemente des Unterholzes der Legföhrenbestände, das sind die Alpenrosen,
und zwar Rhododendron ferrugineum auf Urgestein, hirsutinn auf Kalk, die
Heidelbeeren Vaccinium Myrtillus und iiliginoswn, die Besenheide: Calluna vul-
garis und der Zwergwacholder Juniperus nana, können auf trockenem Substrate,
wie es auch Pintis montana verlangt, entweder in ihrer Gesamtheit oder jedes
65
für sich und außerdem noch in allen möglichen Kombinationen sich entweder
um die Legföhrenbestände oder aber auch ganz unabhängig von ihnen, oft
wohl auch erst nach Ausrottung des Krummholzes zu selbständigen Genossen-
schaften gruppieren.
Zur Zeit der Blüte der Alpenrosen gehören deren Bestände zu dem
schönsten, was die Alpenflora zu bieten vermag. Rhododendron hirsutum tritt
nur in den Kalkalpen und auf Kalkboden der Uralpen auf. Es schließt sich
über der Baumgrenze meist
unmittelbar an die Legföh-
renbestände an, diese oft in
einem breiteren oder schmä-
leren Gürtel umsäumend,
und erreicht seine obere
Grenze in den nördlichen
Kalkalpen etwa zwischen
2000 und 2400 }ii. Dort, wo
es in besonders dichtem
Schlüsse auftritt, ist es oft
auf weite Strecken hin die
einzige Pflanze, wo sich aber
die Verbände lockern, fin-
den sich gerne einige Zwerg-
und Spaliersträucher ein, so
die kalkhülden Rhodothani-
nits Charnaecistiis (Taf. L
unten) der auch — gleichwie
in der £'r/c<3-Heide — grös-
sere Bestände bilden kann,
und Dryas octopetala, ferner
Arctostaphylos alpina und
Uva iirsi, Vaccinium Vitis
Idaea und schließlich auch
Bärlappe z. B. Lycopodhun
clavatum und verschiedene Elemente der angrenzenden Matten. Gegen die obere
Grenze der Verbreitung der bewimperten Alpenrose werden ihre Büsche nie-
derer und weichen immer weiter auseinander, um einer anderen bestandbildenden
Ericacee, der Loiseleuria, mehr und mehr Platz zu machen.
Was Rhododendron hirsutum für die Kalkalpen, ist R. ferriigineum (Fig. i)
fürs Urgebirge. Im Kalkgebirge gedeiht die rostrote Alpenrose nur auf neutra-
lem, tiefgründigem Boden und auf aus den Uralpen stammenden Moränenablage-
rungen, Ihre obere Grenze beläuft sich durchschnittlich auf zirka 23ooj». Aus-
gewachsene, dicht geschlossene, reine Bestände lassen in der Regel ziemlich
Exkursion in die Ostalpen. 5
Fig. I. Rhododendron ferriigineum,
die rostfarbene Alpenrose.
Aus Schröter I.
66
deutlich eine Gliederung- in drei Schichten erkennen. Über der untersten
Schiclite, welche von Moosen wie Hypmim Crista castrensis, Hylocomiwn
triquetrwn und spleudens fmd Flechten z. B. Cladonia rangiferina, Cetraria Is-
landica etc. gebildet wird, baut sich eine mittlere auf, bestehend aus sommer- und
iminergriinem Zwerggesträuch von Vaccinium Myrtillus, iilioinosum, Vitis Idaea
und Calhina vulgaris, und über dieser endlich als oberste Schichte die rostrote
Alpenrose selbst. In jüngeren, lockereren Beständen sind naturgemäß auch ver-
schiedene Typen der iVart/wÄ- Wiese und Alpenmatte zu finden. Dort, wo auf
wechsellagerndem Gestein Rhododendron hirsiitinn und ferrugineum nahe an-
einander wachsen^ springt der Kontrast in der Gliederung der beiden Forma-
tionen sofort ins Auge. An solchen Stellen begegnet man auch häufig dem Ba-
starde der beiden Arten: R. intennediinn. Daß die Rhododendren auch als
Unterholz der Fichtenwälder auftreten können, wurde schon erwähnt.
In den Zentralalpen bilden dieHeidel- und Moosbeere, Vaccinum MyrtiUiis
und uliginosum, stets mit der Preiselbeere (V. Vitis Idaea) verbrüdert, auch un-
abhängig von der Formation des Rhododendron ferrugineum selbständige Be-
stände mit ebenderselben untersten Schichte und derselben Armut an Arten
wie diese. Vornehmlich auf trockenen Südlehnen macht sich oft Calhina vul-
garis allein oder im Vereine mit Nardus stricta und Loiseleuria breit. Diese Cal-
/;/;7<7-Heide unterscheidet sich von der analogen Formation der baltischen Flora
durch die Beimengung alpiner Elemente, von denen außer Loiseleuria noch
Campanula barbata und überhaupt Elemente der Nardus- und Alpenmatte zu
nennen sind;, und auch durch den niedrigen Wuchs der oft der Erde anliegenden
CallunaStvii\ic\\\€\n.
Insbesondere dort, wo die Rhododendron-B&st'd.ndo. sich lockern, tritt
oft der Zwergwacholder (Juniperus nana), den wir schon als Bestandteil der
Krummholzformation kennen gelernt haben^ in größeren Gesellschaften auf,
begleitet von den für die Legföhrenformation und die Bürstengrasmatte cha-
rakteristischen Stauden und Gräsern (sehr häufig von Lycopodium alpinum).
An Südlehnen der Uralpen, auf trockenem, schwarzem, aber nicht sehr tief-
gründigem Boden, wie ihn auch Calhina liebt, trifft man ilin aber auch als do-
minierendes Element größerer Vereine, deren Zusammensetzung, abgesehen
von der in der Regel moosarmen, nur von Flechten (Cladonia rangiferina) ge-
bildeten untersten Schichte im großen und ganzen mit der der Formation von
Rhododendron ferrugineum und Aardus stricta übereinstimmt. Zu so dichtem
Schlüsse wie Piniis montana oder Rhododendron ferrugineum und Nardus stricta
bringt es Juniperus nana nur selten. In der oberen Waldregion ist der Zwerg-
wacholder mit dem gewöhnlichen W Rchold^r (Juniperus communis) d&r baltischen
Flora durch eine — wohl zumeist nicht hybride - — Zwischenform (Juniperus
intermedia) verbunden.
Steinr üselgesträuch. Das vSteinrösel (Daphne striata), eine vika-
riierende Rasse der D. Cneoruni. kommt nur im westlichen 'l'eile der nördlichen
67
(westlich vom Inn), in den südlichen Kalkalpen und auf Kalklagern der west-
lichen Zentralalpen vor und tritt hier oft formationsbildend auf. In Nordtirol
sind seine Bestände auf steinigen, sonnigen, süd- oder südostseitigen Gehängen
inselförmig in die grasreichen Bergwälder eingeschaltet und hie und da wohl
auch in einzelnen Streifen und kleinen Gruppen an die Legföhrengeholze ge-
schmiegt.^) Mitunter überzieht es auch größere Flächen in geschlossenem
Verbände. Chamaebuxus alpestris und Globularia niidicaulis sind die bezeich-
nendsten Elemente dieser Formation, in die oft auch Juniperus nana einge-
schaltet ist.
b) Mesophile (sommergrüne) Zwergstrauchformationen.
Zwergweidengebüsche.-) An Bachrinnsalen, auf Schutthalden, La-
winenstrichen und Moränenablagerungen, also an ähnlichen Orten wie Alnus
viridis, aber auch noch in höheren Lagen als diese, schließen sich mitunter
die Alpenweiden zu einer sommergrünen Buschformation zusammen. Diese
Weidenbestände sind aber — mangels der entsprechenden Örtlichkeiten in
der alpinen Region — bei weitem nicht so häufig und auch nicht von solcher
Ausdehnung wie die xerophilen Ericaceengenossenschaften. In verschiedenen
Gebieten der Alpen sind es verschiedene Weiden, in den Kalkalpen insbe-
sondere Typen mit kahlen, glänzenden Blättern: Salix glabra,'^) hastata und ar-
buscula, im Urgebirge behaartblättrige, wie die verhältnismäßig seltene S. Hel-
vetica, in Tirol und Kärnten auch mitunter 5. glauca, welche sich formations-
bildend betätigen. Von charakteristischen Begleitern dieser Weidengesell-
schaften kann man wohl nicht sprechen. Im übrigen sind Weiden wie S. gla-
bra und arbuscula häufig auch an trockenen Boden gebunden und dann ge-
wöhnlich als untergeordnete Elemente der Krummholzformation anzutreffen.
3. Spalierstrauchformationen.
a) Xerophile (immergrüne) Spalierstrauchformationen.
Azalee ntep piche. Die Alpenazalee oder Gemsenheide {Loiseleuria
procumbens), ein immergrüner Spalierstrauch, der schon in den höher ge-
legenen Rhododendrenbeständen und in den Alpenmatten eine ziemlich be-
deutende Rolle spielt, bildet über denselben, mit Vorliebe auf trockenen, sanften
Abhängen und flachen Rücken und Kuppen eine Formation, die zu den
wenigen gehört, welche die alpine mit der arktischen Flora gemeinsam hat.
Mit ihren spröden Stämmchen und Zweigchen innig dem Boden angeschmiegt,
bildet sie in der Regel einen dichten, unter dem Tritte beinahe knirschenden
Teppich, in welchen zumeist noch folgende Elemente eingeschaltet sind: Spa-
liersträucher und meist spalierstrauchartig aussehende Zwergsträucher: Einpe-
trum nigrum, Arctoslaphj'los alpina, Uva ursi, Vaccinium Vitis IJaea, uliginosum;
I) Nach Kern er I. -) Vgl. Taf. XLIV links.
68
Flechten : Cetraria cuaiUata, nivalis, Bryopogon ochroleuciis, Cladonia iincialis,
fimbriata, rangiferina ; Stauden und Gräser der Alpenmatte und Gesteinflur:
Agrostis rupestris, Nardus s^»icta, fCarex curvula, *firma, fJuncus trifidus, Silene
acaulis (*longiscapa, fNorica), Älsine sedoides, fPhj-teimia heniisphaericum,
Homogyne alpina, *discolor.
Je mehr die Flechten überwiegen, desto mehr nähert sich die Formation
der später noch zu erwähnenden Flechtentundra. Auch zur Borstgras- und
Krummseggenmatte gibt es Übergänge.
Loisekuria ist diejenige Ericacee, welche als bestandbildendes Element
am weitesten nach aufwärts reicht. In den nördlichen Kalkalpen tritt die For-
mation der Erica carnea von 350 — 1350 nz, des Rhododendron hirsutum von 1350
bis 2000 m, der Loiseleuria procumbens von 2000 — 23oo ?n physiognomisch am
meisten in den Vordergrund. In den Uralpen wird Erica carnea durch Calluna
vulgaris und Rhododendron hirsutum durch ferrngineiim vertreten, die oberen
Grenzen verlaufen in absolut, die der Calluna auch in relativ (im Vergleiche
zu Erica) höheren Linien. Es dominiert die Formation der Calluna etwa von
350 bis 23ao;», die des Rhododendron ferrugineuin von 1700 — 23oo?7z und die
der Loiseleuria von 23od — 2650 m.
b) Mesophile (sommergrüne) Spalierstrauchformationen.
Spalierweidenteppiche (inklusive SchneetälchenOuren). Im Gegen-
satze zu ihren bäum- und strauchformigen Verwandten beanspruchen die Spa-
lierweiden Salix retusa, serpyllifolia usw. oft keinen feuchten Boden. Sie sind
vielmehr xerophil gebaute Felsenpflanzen der oberen Alpenmatten und der Ge-
steinfluren. Auch Salix reticulata, Myrsinites und Jacquiniana wurzeln zumeist
in den Spalten des anstehenden Gesteins. Salix herbacea aber, die kleinste
vSpalierweide, kann doch zumeist ihre Weidennatur nicht verleugnen, indem sie
auf feuchtem, sandigem oder steinigem Boden höherer Lagen, im Schatten von
Felsen, insbesondere in den sogenannten Schneetälchen sich zu kleinen Tep-
pichen vereinigt, in welche gewöhnlich auch einige Moose (vor allem Poly-
trichum sexangulare) und verschiedene andere Elemente eingeschaltet sind,
welche entweder nur in dieser Gesellschaft wachsen oder auch in feuchten
Felsenritzen oder aber auf Matten im ersten Frühling vegetieren, um alsbald
von höherwüchsigen Pflanzen unterdrückt zu werden.
Namentlich bezeichnend für diese Schneetälchenformation sind: Poa mi-
nor, *Ln^ulaglahrata, fspadicea,fOxyriadigyna, Cerastium trigynum,f Arenaria
bißora, Sagina Linnaei, *Ranunculus alpestris, Cardamine falpina, fresedi/olia,
*Hutchinsia alpina, fbrevicaulis, Arabis coe>-ulea, fSedum alpestre, Saxifraga oppo-
sitifolia, androsacea, *Potentilla minima, fSibbaldia procumbens, Viola bißora,
Epilobium anagallidifoliuin, f Soldanella pusilla, * Austriaca und *minima, Gentiana
Bavarica, Veronica *aphylla, alpina, Gnaphalium supinum, Achillea atrata,
fDo!~onicum glaciale usw.
69
Auch die xerophilen Typen Salix reticidata, retusa usw. sind nicht selten
dominierende Elemente analog zusammengesetzter Formationen. Je mehr Poly-
trichuiii in den Vordergrund tritt, desto näher kommt die Formation dem später
noch zu besprechenden moostundraartigen Vereine. Mitunter fehlen auch die
Weiden und es ist dann die Formation als mesophile Staudenformation zu be-
zeichnen.
4. Gras- und Staudenformationen (Aipenmatten).
a) Xerophile Gras- und Staudenformationen.
Borstgrasmatte. Das Borstgras (Nardus stricta), das uns schon in
den xerophilen Wäldern begegnet ist und auch häufig als Begleitpflanze der
Calluna - Heide und Loiseleitria - Teppiche auftritt, bildet auch häufig auf
trockenen Böden, insbesondere in den Uralpen, mit den Juniperus-, Vaccinium-,
Calluna- und Lo/^e/et/rm-Genossenschaften abwechselnde und in diese überge-
hende, oft weit ausgedehnte Bestände, in welchen sich außer den Flechten Cla-
donia rangiferina und anderen Cladonien, Cetraria Islandica, auch Lycopodium
alpinum, von Gräsern Antho.xanthuin odoratum, Agrostis rupestris, Deschampsia
ßexuosa, *Festuca rupicaprina, Carex sempervirens, fJuncus trifidus, Lu':^ula Su-
detica und von Stauden Potentilla erecta und aiirea, Ajuga pyramidalis, fVero-
ni'ca bellidioides, Canipanula barbata, Phyteuma hemisphaericum, Solidago alpe-
stris, Homogyne alpina, Leontodon Pyrenaicus und Hieracium alpinum immer
und immer wieder zu finden sind.
Seggenmatten ^) (Alpenmatten s. s.). Während sich die bisher beschrie-
benen Formationen der Hochgebirgsregion durch Armut an Arten und eine
ziemlich große Gleichmäßigkeit in ihrer Gliederung auszeichnen, ist die Zu-
sammensetzung der Alpenmatten eine sehr mannigfaltige und die Zahl der sie
konstituierenden Elemente eine überaus große. Sind sie doch diejenige alpine
Genossenschaft, welche am meisten Alpenpflanzen enthält. Weil die gras-
artigen Gewächse, welche ihren Charakter bestimmen, oft physiognomisch
sehr wenig in den Vordergrund treten, weil ferner viele Mattenpflanzen in
betreff ihres Standortes gar nicht wählerisch sind, und weil schließlich die ein-
zelnen Fazies der Matten vielfach ineinander übergehen, ist es sehr schwierig,
die Matten als einheitliche Formation zu charakterisieren.
Infolge des Umstandes, daß die stets xerophil gebauten tonangebenden
Seggen der Matten im Gegensatze zu den meisten Wiesengräsern und den
Seggen der Sumpfwiesen intravaginale Innovation und sehr dichtrasigen
Wuchs besitzen und keine .^.usläufer bilden, wachsen sie streng gesondert
voneinander und sind nicht imstande, eine geschlossene «Narbe», wie sie für
die Wiesen so bezeichnend ist, zu bilden. Sie wurzeln vielmehr durch größere
oder geringere, entweder von nackten Steinen oder aber von all den ver-
schiedenartigen, tiefwurzelnden, niederwüchsigen und großblumigen Stauden,
I) Vgl. Taf. XLII unten.
70
welche eben die Farbenmannigfaltigkeit und den Artenreichtum der Alpen-
matten bedingen, eingenommenen Zwischenräumen von einander gesondert.
Kräuter sind auf den Matt;^n ebenso spärlich vertreten wie auf den Wiesen
und zum Teile auch wieder Halbparasiten. Besonderes Interesse verdient die
Tatsache, daß Typen, welche auf den Wiesen saisondimorph gegliedert sind,
hier mangels der den Dimorphismus züchtenden menschlichen Eingriffe (Mahd)
in ungegliederten Parallelformen auftreten {*Gentiana aspera, fKerneri). Der
xerophile Bau und das isolierte Auftreten der dominierenden Grasartigen, das
Fehlen eines geschlossenen Grasrasens und der niedere Wuchs aller Elemente
sind die wichtigsten Unterschiede der Matten der Hochgebirgsregion von den
Wiesen der Täler. Als dominierende Elemente kommen in verschiedenen
Fällen Carex sempervirens und *finna (nur auf Kalk!) in Betracht. Die zumeist
vorkommenden Begleitpflanzen sind etwa folgende:
1. Zwerg- und Spaliersträucher: Salix rcticitlata, retusa, serpyllifoUa,
herbacea, Empetrmn nigrinn, Loiseleuria procinnbens, Arctostaphylos alpina, Uva
iirsi, Vaccinium Vitis Idaea, nliginosuni.
2. Grasartige: Agrostis riipestris, alpina, Poa alpina, Festuca *nipicaprina,
fdura, pumila, Carex pai'vißora, *atrata, Juncus '^luonanthos, ftrifidus.
3. Stauden: Selaginella selaginoides (bärlappartige), Chamaeorchis alpina,
Coeloglossum viride, Nigritella nigra, Gymnadenia albida, Polygonum vivipannn,
Silene acaulis (^longiscapa, fNorica), Alsine sedoides, Gerardi, Anemone *alpina,
falba, fsulfiirea (Westen), Ranunculus montanus, Arabis pumila, Parnassia pa-
lustris, Potentilla "^minima, aurea, *Crant:{^ii, fSibbaldia procumbens, Geum mon-
tanum, *Dryas octopetala, *Anthyllis alpestris, Astragalus frigidus, Oxytropis
fcampestris, *montana, Hedysarum obscurunu *Helianthemum alpestre, Meum
Mutellina, Pachypleurum simplex, Primula minima, Androsace *lactea, '^Chamae-
jasme, obtusifolia, Soldanella alpina, Armeria alpina, Veronica alpina, Bartschia
alpina, Pedicularis incarnata, *rostrata, verticillata, Campanula Scheuch^eri,
* Aster Bellidiastrum, Erigeron *polymorphus, falpinus, Gnaphalium supinum, Ho-
mogyne alpina, Leontodon Pyrenaicus usw.
4. Kräuter: *Sedum atratum, Gentiana * aspera, fKerneri, Euphrasia mi-
nima, Alectorolnphus lanceolatus usw.
Auf etwas tiefgründigerem Boden tritt Carex firma auch in den Kalk-
alpen in den Hintergrund und es gesellen sich dann zur tonangebenden C. sem-
pervirens verschiedene höherwüchsige Gräser (z. B. Anthoxanthum odoralum,
*Phleum Michelii, *Sesleria varia, Festuca fallax. In dieser Fazies der Matte
halten sich mit besonderer Vorliebe Orchideen auf, wie *Orchis globosa, Coelo-
glossum viride, Nigritella nigra, Gymnadenia albida, conopea und *odoratissima.
Auch im Urgebirge ist dieser Mattentypus vertreten und enthält außer den im
vorangehenden Verzeichnisse nicht als *Kalkpflanzen signierten Typen noch
oft auch Hypochoeris unißora, Hieracium aurantiacum usw.
Einen Übergangstypus der eigentlichen Alpenmatte zur Borstgrasmatte
bildet eine in den Uralpen häufig auftretende Genossenschaft, in welcher
71
Ciirex ciirvula überwiegt. Als typische Regleiteleinente dieser Furmation sind
Ai^rostis riipestris, Avenastniui versicolor, Oreochloa disliclia (oft sogar tonan-
gebend), Nardus stricta, Juncus trifidus, Potentilla aurea, Pacliypleiinim simplex,
Primula minima, Campaiiiila alpiiia, Pliyteuma confusum (nur im Osten), liemi-
sphacricum, Solidago alpestris, Gnaphalium supinum, CJirysanthemiDti alpiniim,
Senecio Carniolicus, Leontodon Pyrenaiciis, Hieracium alpimim und die Flechten
Cladonia rangiferina, Cetraria Islandica, Alectoria ochroleuca und Thamnolia
vermicularis zu nennen. Auch Salix herbacea ist nicht selten vertreten.
Die hier als Matten zusammengefaßten Grasformationen reichen je nach
der Beschaffenheit des Rodens, der Exposition usw. etwa bis 2100— 2400 'h
nach aufwärts.
b) Mesophile Gras- und Staudenformationen.
Milchkrautweide. Auf tonhaltigen, weniger trockenen Böden, ins-
besondere in Mulden und Kesseln der Krummholzregion, macht sich eine üppige
Gras- und Staudengenossenschaft breit, welche durch ihr besonders frisches
Grün schon von weitem ihr mesophiles Gepräge verrät. Nach unten zu geht
diese Milchkrautweide oft allmählich in die Voralpentluren, nach oben, gegen
die steileren Hänge, in die Ericaceenbestände oder Alpenmatten über. Infolge
des Vorhandenseins einer ziemlich mächtigen Humusschichte kommt hier der
Gegensatz des Substrates viel weniger zur Geltung als bei anderen Forma-
tionen der Hochgebirgsregion.
Auf der Milchkrautweide finden sich (viele auch auf der Seggenmatte
auftretende Elemente werden nicht mehr angeführt): a) Grasartige : Anthoxanthiun
odoratitm, Phleum alpimim, Agrostis alba, Deschampsia caespitosa, Poa alpina,
Festuca fallax, Carex leporina, pallescens; b) Stauden: Tofieldia calyculata, The-
siiim alpimim, Polygomim viviparum, Silene venosa, Cerastiiim fontamim, arvense,
Sagina Linnaei, Trolliiis Europaeus, Ranunculiis montaniis, Parnas.sia palu-
stris, Potentilla aurea, Geum montamim, Alchimilla alpestris, Trifolium nivale,
repens, Lotus corniculatus, Meiim Mutellina, Soldanella alpina, Gentiana latifolia,
verna, Myosotis alpestris, Thymus Trachselianus, Veronica serpylli/olia, Eiiphrasia
Roslkoviana, minima, Bartsia alpina, Pedicularis verticillata, Campanula Scheuch-
-eri, Homogyne alpina, Leontodon Pyrenaiciis, hispidiis, Crepis aurea.
Noch üppigere Weiden, wie sie auf tiefgründigem, besonders feuchtem
Boden sich finden, werden als Mutternwiesen bezeichnet.
c) Hydrophile Gras- und Staudenformationen.
Seggen-Quellfluren. An steinigen Bachrändern und im Kiese der
Quellen sind oft Seggen, und zwar auf Kalk Carex ferrnginea, auf Urgestein
Carex frigida, die dominierenden Elemente einer Formation, deren übrige Be-
standteile dieselben sind wie in den später unter den Staudenformationen zu
besprechenden Quellfluren.
72
Alpenmoore. Hierher gehören die sphagn enarm en (nur Sphagnum
compactum steigt bis zu zirka 24007») Moorbestände der hülieren Alpenregion.
Die Zusammensetzung der nur auf schlammigem Boden, in Mulden gele-
genen seichten Lachen u.tlgl., vor allem in den Zentralalpen hin und wieder
auftretenden Formation ist eine sehr einförmige. Die tonangebende Pflanze
ist in der Regel Eriophorum Scheuch^eri, welchem, wenn es nicht überhaupt
der einzige Bewohner solcher Ortlichkeiten ist, nur noch Trichophorum Anstria-
cum und Juncus trighimis nebst einigen Moosen beigesellt sind. Meist erst in
tieferen Lagen kommen Trichophontm alpinum, Blysmus compressus, Carex
dioeca, pulicaris, paiicißora, grypos, nigra, irrigua, limosa, Oederi, rostrata,
Juncus ßlifofmis und von Stauden Saxifraga ai:^oides, Epilobium nutans, ana-
gallidifolium usw. dazu. Diese spärliche Vegetation genügt aber schon, um
noch einen ganz vorzüglichen Torf zu erzeugen ^).
In der Krummholzformation treten meist auch schon Sphagniim-G&s€[\-
schaften auf, das Krummholz selbst und in manchen Gebieten der Uralpen
auch die Zwergbirke (Betula nana) sind im Bestände zu treffen. In der Höhen-
lage der Baumgrenze haben die Moorbestände stets schon mehr oder minder
das Gepräge der Sphagnuni-Moose. der Waldregion.
5. Staudenformationen,
a) Xerophile Staudenformationen.
Gesteinfluren. ^) Mit steigender Höhe lockert sich mehr und mehr der
Zusammenschluß der Gewächse der Alpenmatten, die Humusmenge wird immer
geringer, das Übergewicht des toten Gesteines über das vegetabilische Leben
ist in stetiger Zunahme begriffen, tieferen Untergrund beanspruchende Ge-
wächse bleiben zurück und neue Elemente, zumeist xerophilen Baues und pyg-
mäenhafter Statur, gesellen sich in den Verband. Die Alpenmatte geht all-
mählich in die Gesteinflur über. Durch die minimale Humusbildung und die
Vorherrschaft des Gesteines, die großen Zwischenräume zwischen den Indi-
viduen, den niedrigen Wuchs derselben, das Auftreten vieler Polsterpflanzen
und das Überwiegen der Stauden über die Gräser sind die Gesteinfluren von
den Matten verschieden. Natürlich gibt es die verschiedenartigsten Übergänge
zwischen den beiden Formationen. Die Einwirkung des Substrates kommt in
den Gesteinfluren ganz besonders zum Ausdrucke und läßt den Unterschied
zwischen Kalk- und Urgebirgsvegetation in seinem vollen Umfange erscheinen.
Als häufige Elemente der Gesteinfluren erscheinen erwähnenswert: Spalier-
sträucher: Salix serpyllifülia, Myrsinites, Jacquiniana; Gräser : Agrostis rupestris,
alpina, Trisetum spicatum, fOreochloa disticha, fPoa laxa, Festuca varia, Elyna
Bellardi, fCai'ex curvula, Lii^ida fspadicea, fspicata; Stauden: Chaniaeorchis
^) So werden beispielsweise die ober Gurgl im ütztale in 23oow Meereshöhe
liegenden Moore auf Torf ausgebeutet (Kern er I).
2) Vgl. Taf. LH unten.
73
alpina, Silene acaiilis^) Dianthits fglacialis, Cerastiiim alpimim, Alsine sedoides, *Ge-
rardi, Arenaria ciliala, M<)ehrinf;ia ciliata, *Pelrocallis Pyrenaica, *Thlaspi rotundi-
füliitni, Hiitchinsia *alpiiia, fbrevicaulis, ''Draba ai:^oides, fSedinn alpestre, Saxi-
fraga ai^oon, fbryoides, moschata, Alchhnillaalpiiia, Hedysariim obscuriim, *Heli-
anthemum alpestre, Androsace obtiisifolia, fPhyteuma paucißorum, Aster alpinus,
fErigeron unißoriis, Leontopodhim alpinum, Senecio Carniolicus, fAchillea mo-
schata, *Crepis 7 erglouensis usw.; Kräuter: *Sedinn atratum, Gentiana fprn-
strata, ftenella fnana, fSweertia Carinthiaca, Euphrasia minima.
Im Urgebirge beginnen die Gesteinfluren je nach der Masseneriiebung
und Exposition etwa bei 2200 — 2700;», auf Südlehnen stets bedeutend höher
als auf den nach Norden exponierten Hängen, welche in Höhen, in denen auf
der Südseite meist noch ziemlich großer Blütenreichtum herrscht, nur mehr
Moose und Flechten beherbergen. Im Kalkgebirge ist der Übergang der
Alpenmatten in dieselben ein viel plötzlicherer und erfolgt oft schon bei 1800 m.
b) Mesophile Staudenformationen.
Schnee tälchenfluren. Siehe Spalierweidenteppiche (S. 68) und alpine
Moostundra (S. 73). Sehr charakteristisch ist die Massenvegetation von Cera-
stiiim trigynum und Arenaria bißora auf humösen, eben vom Schnee befreiten
Stellen der Uralpen.
c) Hydrophile Staudenformationen.
Quellfluren. Im Umkreise der Quellen und am steinigen Rande der
Bäche gedeiht eine Genossenschaft üppiger durch das frische Grün und den
lebhaften Glanz ihrer Blätter ausgezeichneter Gewächse wie: fAllium foliosum ,
Cardamine amara, Sedum roseiim, fvillosum, Saxifraga ai:^oides, stellaris, Trifo-
lium badiiim, Epilobium alsinefolium, Sweertia perennis, Veronica alpina, Jinicus
triglumis. Die Tatsache, daß manche derselben xerophil gebaut sind, kann
nicht wundernehmen, wenn man bedenkt, wie kalt das Alpenwasser ist, und
wie sehr infolgedessen die Wurzeltätigkeit erschwert ist.
6. Moosformationen.
(Mesophil.)
Alpine Moostundra. Sie ist eine nur im Urgebirge vertretene F"orma-
tion, die im Kalkgebirge kein Analogon hat. fPolytrichum sexangulare, in den
Schneetälchen mitunter ein Begleiter der Spalierweiden, wuchert oft massenhaft
in schlammiger, feuchter Erde, «an allen von Gletschern verlassenen, mit Mo-
ränenschutt bedeckten Stellen, an den Erdabrissen und den durch Muhren ent-
blößten Halden sowie in den Winkeln, Nischen und kleinen Runsen der felsigen
Höhen, in welche der Sturmwind Sand und erdigen Staub zusammengeweht
hat».-) Gewöhnlich sind es nur einige Begleitpfjanzen der Zwergweidenteppiche,
I) Vgl. Taf. L oben. ^) Kerner I.
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vvelclie sich auch hier wieder finden. Mitunter ist überhaupt nur Polytrichum
sexangulare vorhanden. Auch andere feuchtiokeitsliebende Moose, z. B. Web-
ber a- Arten, wie W. ciicullata, Hypnum pitrpitrascens, Grimmia mollis, Oligo-
tn'chiim Hercynicum, DicYanella squarrosa usw. und die Flechte Stereocaulon
toiiieiitosiini sind oft Begleitpflanzen des Polytrichiu)i sexaiigiilare. AntJielia Jiirat:^-
kana überzieht oft weithin die Ränder der Wasserläufe mit ihren unscheinbaren,
graugefärbten Polstern.
7. Flechtenformationen.
(Xerophil.)
Alpine Flechtentundra.'') Die alpine Flechtentundra, eine der echten
nordischen Flechtentundra sehr ähnliche Formation, steht zum Azaleen-
teppiche in einem ganz ähnlichen Verhältnisse wie die Moostundra zu den
Spalierweidenbeständen. Wenn nämlich im Loiseleuria-V &rü\n>i die schon des
öfteren genannten Strauchflechten Cladonia rangiferina, uncialis, fimbriata, Ce-
traria Islandica, ciicullata, nivalis, Alectoria ochroleiica usw. die Oberhand ge-
winnen, so wird eben aus ihm die Flechtentundra, welche oft in dichtem
Schlüsse weite Gehänge, insbesondere der Uralpen, überzielit. Die Begleit-
elemente sind ebendieselben wie im Azaleenteppiche.
l'lechtensc horfe. Die Krustenflechten bezeichnen den Abschluß des
Pflanzenlebens auf den höchsten Erhebungen der Gebirge. Die Zwischen-
räume zwischen den einzelnen Individuen der Gesteinfluren vergrößern sich
nach oben zu immer mehr und es bedingen schließlich niclit mehr die Stauden,
sondern die mehr oder minder reichlich mit Flechten bewachsenen Felsblöcke
und Gesteinsplatten die Physiognomie der spärlichen Vegetation. Im Kalk-
gebirge beginnt das Übergewicht der Flechten schon bei durchschnittlich
2500»?, im Urgebirge, je nach der Massenerhebung und verschiedenen anderen
Umständen, bei zirka 2500 — 2800 ?h. Als häufige Flechten des Urgebirges sind
Gyrophoracylindrica, reticiilata, Lecidea Armeniaca, aglaea, elata, declinascens etc.,
Haematomma ventosum, Lecanora polytropa, intricata, Rhi:[ocarpougeograpliicinu,
Aspicilia adunans, alpina, cinereo-rufescens, Biatorella testudinea, Toiiiiiia acer-
vulata, Thelidium umbrosum; des Kalkgebirges Man:[onia Kantiana, Biatora
incrustans, immersa, Lecidea Jurana, immergens, caerulea, Caloplaca (Amphiloma)
elegans, Verrucaria niarinorca, purpurascens, Ainphoridium Hochstetteri, The-
lidium decipiens, Arttwpyrenia saxicola zu nennen.^) Zahlreiche Grimmien,
Dicranoweisia crispula, Andi-eaea petrophila repräsentieren in diesen Höhen die
Klasse der Moose. Von Stauden, welche hier gleich diesen nur die Rolle von
Begleitelementen spielen, sind Silene acaulis, Cerastium *latifoliuin, funißorum,
Alsine *aretioides, sedoides, Ranunculus fglacialis, *alpestris, Saxifraga oppositi-
folia, fbryoides, moschata, fPrimula glutinosa, Aretia falpina, * Helvetica, Gentiana
I) Vgl. Taf. XLVm links. ^) Nach mündlicher Mitteilung von Prof. J. Steiner.
75
Bavarica, Eritnchnim Terg.ouense namhaft zu machen. Es sind die am höchsten
(auf den höchsten Erhebungen etwa liis zu 3400m ^) nach aufwärts steigenden
Stauden. Von Gräsern reichen Oreochloa disticha und (larcx ciirvnla etwa l)is
zu Zooom, Poa laxa bis zu 33qo;h.
Fig. 2. Edelweiß (Leontopodiitm alpinnm) in der Spalte eines Felsens
in den südlichen Kalkalpen, links oben Potentilla nitida.
(Nach einer photographischen Aufnahme.)
Auf besonders trockenen Felswänden, welche so steil sind, daß es nie
zur Bildung einer Humusdecke kommen kann, treten im Bereiche der ganzen
Hochgebirgsregion, wenn überhaupt eine Vegetation vorhanden ist, gleichfalls
I) Im Ötztale. (Nach Kerner I).
76
Kriistenflechten als tonangebende Elemente auf. Nur in den Ritzen sind Moose
und Blutenpflanzen in Bänder bildenden Genossenschaften vertreten. *Alsine
aretioides, Saxifraga Ai:^oon, *caesia, fbryoides, *Polentilla nitida ^) (nur in den
südlichen Kalkalpen), *Atlmmantha (Iretensis (nicht hochansteigend), *PriuiiiLi
Aiiricida (Taf. XLVIII rechts) (auch schon in der Waldregion), *Aretia Helvetica,
Valeriana *saxatilis, *eIongata, Leontopodiiim alpininn~) (auch auf Matten), fAr-
temisia laxa sind einige der bezeichnendsten Felsenpflanzen.
Auch alte Schutthalden sind eigentlich als P'lechtenformation — die aller-
dings oft nur episodischen Charakter hat — anzusprechen, und höhere Ge-
wächse wie f Cryptogramme crispa, Poa minor, Papaver aurantiacum, *Thlaspi
roliindifoliwn, Linaria alpina, spielen infolge ihres vereinzelten Auftretens zu-
meist eine so untergeordnete Rolle, daß es wohl in vielen Fällen nicht gut an-
geht, die Formation nach ihnen als eine Staudenformation zu bezeichnen.
8. Algenformationen.
(Hydrophil.)
l'^elsenüberzüge. Feuchte und überrieselte Felswände — insbesondere
der Schattseite — sind auch in der Hochgebirgsregion nicht selten von ver-
schieden, meist dunkelgrün oder schwärzlich, gefärbten Überzügen Kolonien
bildender Cyanophyceen bedeckt. Höhere Gewächse erscheinen auch hier auf
breitere Ritzen beschränkt und vermögen es nicht, sich zu geschlossenen Be-
ständen zu vereinigen. Ranunculwi fglacialis, ^alpestris, Saxifraga ai:^oides,^)
oppositifolia, Geiim reptans, * Pinguicola alpina, Doronicinn ^calcareum, glaciale
und fClu.sii,^) fHypnwn dilatatum, f Blindia acuta, sind einige der bezeich-
nendsten Pflanzen solcher Lokalitäten.
Quellüberzüge. Noch in den höchsten Regionen, auf Gestein, das von
den Rinnsalen der Schmelzwässer oder von kalten Quellen '^) überflutet wird,
bilden Cyanophyceen, insbesondere eine smaragdgrüne Prasiola und eine
schmutzigbraune Oscillaria, reichlich mit Diatomeen besetzt, eine charakteri-
stische Nereidengenossenschaft.
Firnüberzüge. Die von der Chlorophycee Sphaerella nivalis gebildeten,
als «Roter Schnee» bekannten Überzüge bedecken oft weite Strecken der Firn-
felder unserer Alpen. Der auf den oberflächlichen vSchichten des Eises abge-
lagerte atmosphärische Staub versorgt die Sphaerella und ihre Begleiter, als
welche oft verschiedene andere Algen, insbesondere Bacillariaceen [Epithemia,
Pinnularia, Stauroneis usw.) auftreten, mit den zu ihrem Fortkommen unent-
behrlichen mineralischen Nährstoffen.
1) Vgl. Taf. LI oben.
2) Siehe Fig. 2.
^) Vgl. Taf. XLTX unten.
"*) Die höchste Quelle der Ostalpen entspringt nach Kerner (I) in den Stubaier
Kernern bei zirka 3ooom. Sie ist noch ganz mit diesen Algen erfüllt.
77
f) Die Regionen.
Der große Einfluß der vertikalen Erhebung auf die Pflanzenwelt kommt,
wie bereits angedeutet wurde, in nichts auffälliger zum Ausdruck als in der
regionalen Anordnung der F'ormationen. Die beiden Hauptregionen der Flora
unserer Alpen, die Wald- und Hochgebirgsregion, welche bereits im voraus-
gehenden eine gesonderte Besprechung fanden, sind ja nichts anderes als zwei
vertikal übereinanderliegende Vegetationsgürtel, deren jeder durch das Auf-
treten respektive F'ehlen ganz bestimmter Formationen charakterisiert wird.
Innerhalb jeder dieser beiden Regionen lassen sich nun wieder Unterregionen
— und zwar je drei — unterscheiden und die beiden oberen Unterregionen
der Hochgebirgsregion gliedern sich wiederum in je zwei Gürtel, sodaß sich
folgende regionale Gliederung der Vegetation der Ostalpen ergibt:
1. Waldregion. Wälder vorhanden (Gebiet der pontischen und baltischen Flora).
a) Untere Waldregion: Schwarzföhren und Kastanienwälder. Pontisches und
südalpines Buschwerk. Pontische Steppe. Südalpine Heidewiese. Kul-
turen: Wein, Mais (Gebiet der pontischen und der ihr ähnlichen Flora
am Südfuße der Alpen).
/') Mittlere Waldregion: Rotföhren-, Fichten- und Buchenwälder. Wiesen
Baltische Heidewiese. Kulturen: Getreide (Gebiet der mitteleuropäisch-
baltischen Flora).
c) Obere Waldregion. Fichten- und Mischwälder. Voralpenfluren. Kulturen
allmählich verschwindend (Gebiet der subalpin-baltischen Flora).
2. Hochgebirgsregion. Wälder fehlen, nur Zwergwälder in der unteren Region
(Gebiet der alpinen Flora).
a) Untere Hochg^ebirgrsres'ion: Legrföhreno-ürtel. Krummholzzwerovvälder.
Milchkraut weiden.
b) Mittlere Hochgebirgsregion: Sträucher fehlen. Alpenmatten.
a) Zwergstrauchgürtel. Alpenrosen-, Zwergwacholder- und Zwergweiden-
gesträuche.
ß) Spalierstrauchgürtel. Azaleen- und Spalierweiden-Teppiche. Alpine
Flechtentundra.
c) Obere Hochgebirgsregion. Alpenmatten und Azaleenteppiche fehlen.
a) Polsterstaudengürtel. Gesteinfluren. Spalierweidenteppiche. Alpine
Moostundra,
ß) Flechtengürtel. Flechtenschorfe, Alpine Moostundra. Blütenpflanzen
allmählich verschwindend.
Da das Auftreten der verschiedenen^ die einzelnen Regionen charakteri-
sierenden Pflanzengenossenschaften nicht allein von der vertikalen Erhebung,
sondern auch von verschiedenen anderen Faktoren, so insbesondere von der
Exposition, der Massenerhebung der Gebirge, der Steilheit der Hänge, der
78
Bodenfeuchtigkeit usvv.,^) abhängt, verlaufen die Grenzen der Regionen und
Gürtel naturgemäß nicht horizontal, sondern sind ganz ebenso wie dies bereits
für die Baumgrenze^) hervorgehoben wurde, in der verschiedenartigsten Weise
nach unten und oben zu ausgebuchtete Kurven. An vSüdhängen und in größeren
Massenerhebungen erscheinen die Grenzen der einzelnen Regionen und Gürtel
bedeutend, oft um loo — 200 m, nach aufwärts und ebenso in Nordexposition und
auf isolierten Bergen, insbesondere am Rande der Alpen, sowie in den nörd-
lichen Kalkalpen überhaupt um ebensoviel noch abwärts gerückt.
g) Veränderungen der Formationen.
Im vorausgehenden wurden die Formationen im großen und ganzen
so geschildert, wie sie tatsächlich demjenigen entgegentreten, welcher sich
nur vorübergehend im Gebiete der Ostalpen aufhält: als «scheinbar festbe-
stehende, in Ruhe befindliche, in ihrer Entwickelung abgeschlossene, friedlich
nebeneinander lebende»^) Bestände. In Wirklichkeit ist aber, wie ein län-
geres Verweilen in einem Gebiete zeigt, die jeweilige Verteilung der Pflan-
zenformationen und auch die Zusammensetzung vieler derselben gewisser-
massen nur der Ausdruck einer Gleichgewichtslage zwischen den Lebens-
äußerungen der die Pflanzenvereine konstituierenden Elemente und der Summe
der sie momentan beeinflussenden Faktoren. Dieses Gleichgewicht wird sofort
gestört, wenn auch nur eine geringfügige Variation eines dieser Faktoren eine
Änderung der Lebensbedingungen der Gewächse hervorruft. Jedes Zuviel oder
Zuwenig in irgendeiner Beziehung bedeutet für viele Arten und auch Arten-
vereine eine Erhöhung, für andere eine Herabminderung der Lebensenergie
und im ersteren Falle eine Förderung im letzteren eine Benachteiligung im
Kampfe ums Dasein. Je größer die Umwandlungen, desto stärker kommt
natürlicherweise der Wettbewerb zwischen den einzelnen Arten und Vereinen
zum Ausdrucke, desto größer sind die Chancen für Sieg und Niederlage und
die Umgestaltungen, welche die Vegetationsdecke im allgemeinen und die
Pflanzengenossenschaften im besonderen erfahren. Die Veränderungen der das
Leben der Pflanzen beeinflussenden Faktoren sind entweder natürliche (ohne
Zutun des Menschen) oder künstliche (direkt oder indirekt durch den Menschen
hervorgerufen). In beiden Fällen hat man wieder zwischen plötzlichen und all-
mählichen Umgestaltungen zu unterscheiden.
Alle diese Veränderungen samt ihren Folgen hat man im Alpenlande —
natürlich nur bei längerem Aufenthalte — zu beobachten Gelegenheit. Ihre
Spuren fallen aber auch bei einer einmaligen Durchreise an vielen Stellen
ins Auge.
') Man vergleiche das unter a) Falctoren (S. 12 ff.) Gesagte.
2) Vgl. S. 10 ff.
3) Vgl. Warming.
79
1. Natürliche Veränderungen.
Plötzliche Veränderungen. Das Entstehen von Pflanzenformationen
untl ihre (gesetzmäßige zeitliche Aufeinanderfolge kann man überall dort be-
obachten, wo neuer Boden, sei es durch Sandablagerungen in Flußbetten und
-mündungen, oder durch die Tätigkeit von Gletschern oder Lawinen, oder
schließlich durch Bergstürze entsteht. Auf den Sandbänken der Donau finden
sich nach Beck — abgesehen von den offenbar zuerst den Sand durchsetzenden
und den ersten Anstoß zur Humusbildung gebenden Cyanophyceenvereinen
(Anfangsverein) — zunächst Kräuter {Polj'gouiini-, Chenopodiwn-ArtenJ, zwi-
schen welchen dann Samen von Popiiliis-, Salix-, Alniis-Arten und Myricaria
keimen. Später kommen Stauden mit kriechenden Rhizomen dazu, einige auf
trockenen, andere auf feuchten Stellen und bilden eine Wellsandflur (IJber-
gangsverein). Allmählich wachsen die Weiden, Pappeln, Erlen und andere
Bäume heran, überschatten und unterdrücken die Stauden und Kräuter und es
entsteht schließlich — als Schlußverein — auf Sandboden eine Weiden-, auf
humösem Boden eine Pappelau.
Auf neu gebildeten Schutthalden, Schuttkegeln und dergleichen siedeln
sich zunächst Flechten und eventuell auch Moose an (Anfangsverein), welche
mit ihren Hyphen und Rhizoiden in das Gestein eindringen und es je nach
seiner Porosität in kürzeren oder längeren Zeiträumen mürbe machen. Aus
den Resten der verwesenden Pflanzen, den Partikelchen des zersetzten Gesteins
und dem anfliegenden atmosphärischen Staube bildet sich allmählich eine dünne
Humusschichte, auf welcher sich später auch Stauden und Kräuter als Über-
gangsverein einfinden. In der meist tieferen Humusschichte der Zwischenräume
zwischen den einzelnen Schuttblöcken vermögen nicht nur Stauden, sondern
auch Sträucher und Bäume Wurzel zu fassen und ein Wald bildet zuletzt den
Schlußverein der ganzen Entwicklungsreihe. Auf bloßgelegten Flächen rut-
schiger Mergelschichten fassen, wie man es an den Flanken der Straßen- und
Eisenbahneinschnitte nicht selten zu sehen bekommt, alsbald vStauden wie
Tussilaoo Farfara und verschiedene Kräuter der Segetal- und Ruderalflora
festen Fuß und bilden erst allmählich eine geschlossene, meist aus Stauden
und perennierenden Gräsern bestehende Genossenschaft. Auf von Gletschern
freigegebenen Boden bildet meist Polytrichum sexangulare einen Anfangsverein
und bleibt entweder erhalten oder geht allmählich in eine Schneetälchenflur
oder in einen Spalierweidenteppich über.
Allmähliche Veränderungen. Zu den Veränderungen der Vegetation,
deren Verlauf längere Zeit in Anspruch nimmt, gehören vor allem die Verlan-
dungen, Versumpfungen, Verheidungen usw. Zumeist bilden Veränderungen
im Feuchtigkeits- oder Nährstoffgehalte des Bodens ihre Ursache.
Die Verlandungen sind Umwandlungen hydrophiler in mesophile Vereine.
Sowohl die verschiedenen Wasserpflanzenvereine als auch die ihre Ränder
einsäumenden Schilf-, Binsen- und Schachtelhalmröhrichte beteiligen sich am
8o
Verwachsen der Wasserbecken. Der Grund von Tümpeln und kleinen Seen
tieferer Lagen wird nämlich durch Anhäufung der Reste der abgestorbenen
Pflanzen sowie auch durch angewehte anorganische Teile allmählich erhöht,
das Röhricht dringt in zenfripetaler Richtung vor, bis endlich die ganze ehe-
malige Wasseransammlung in einen vSumpf verwandelt ist. Durch fortschreitende
Verringerung der Feuchtigkeit kann aus diesem mit der Zeit eine Sumpfwiese
und aus dieser eine natürliche Wiese, entstehen. Verschiedene dieser Über-
gangsstadien kann man in verschiedenen Teilen der Alpen beobachten.
Auch Umwandlungen mesophiler in hygrophile Bestände sind zu kon-
statieren. Hierher ist das «Wachsen» der Sphagtuim-Moore. zu rechnen. In
ähnlicher Weise wie — nach Gräbners Schilderung^) — in der norddeutschen
Heide, können diese Moore auch in unseren Alpen, zum mindesten vorübergehend
in feuchten Jahren, an Ausdehnung gewinnen, indem sie, an den Rändern immer
weiter um sich greifend, schließlich durch Hemmung der Luftzirkulation im Roden
Baum für Baum der an sie grenzenden Wälder zum Sturze bringen und so
über diese oder in anderen Fällen auch über Wiesenformationen den Sieg
davontragen — vorausgesetzt, daß man sie ungehindert gewähren läßt.
Tritt aus irgendeinem Grunde eine Verarmung des Bodens der Baum-
oder Grasbestände ein, so kann die genügsame Calluna-Helde zur Herrschaft ge-
langen. Ein durch viele Jahre erfolgendes Zurückgehen der Gletscher der Alpen
und eine kontinuierliche Abnahme der Luftfeuchtigkeit trägt zweifellos dazu
bei, daß die xerophilen Ericaceenbestände über die mesophilen Wiesen, Matten-
und die hygrophilen vSumpf- und Wiesenbestände das Übergewicht erlangen.
Regressive Umwandlungen, das sind Umprägungen von Formationen,
die aus höherwertigen Vegetationsformen bestehen, in minderwertige (z. B.
von Wäldern in Heiden oder Sphagmim-Moore.), sind derzeit im Alpengelände
wohl seltener als progressive. Im allgemeinen gilt die Regel daß — ausge-
nommen an solchen Lokalitäten, wo steil abstürzende Felsen, allzu extreme
Bodenfeuchtigkeit oder Trockenheit, Kälte usw. dagegen sind, die Baum- und
Zwergstrauchvereine, und zwar jene in der Wald-, diese in der Hochgebirgs-
region die Schlußglieder der Vegetation bilden. Dort aber, wo eine oder meh-
rere der eben genannten Bedingungen obwalten, also vor allem auf den
höchsten Höhen der Alpen, kennzeichnen Tundren, Gesteinfluren, Flechten-
schorfe etc. den natürlichen Abschluß der Entwicklung der Pflanzenwelt.
2. Künstliche Veränderungen.
Der Einfluß der menschlichen Kultur 2) äußert sich sowohl in der Ver-
änderung des Gepräges einzelner Formationen, respektive der Umwand-
') P. Gräbner, Die Heide Norddcutschlands. (Engler und Drude, Die Vege-
tation der Erde V, 1901).
^) Auch die Vegetationsformen werden durch den Menschen becinlhißt. Die
Fichtenbäume werden in manchen Alpenländern (Salzburg, Kärnten, Osttirol) häuiig
8i
lung; iKitürlicher in lialbnatürliche Bestände, z. B. der Urnvvandliinij von Ur-
wäldern in Forste, der Sphafiniiin -Moore und der Sumpfwiesen in Wiesen,
der Schaffung neuer Kulturformationen: der Obstgärten, Weingärten, Ge-
treidefelder, der unbeabsichtigten Einschleppung einer Menge fremder Ge-
wächse (Unkräuter) etc. Seine zum Zwecke der Nutzung der von ihm ge-
schaffenen Bestände fortwährend unternommenen Eingriffe in dieselben z. B.
direkt durch Ausschlagen der Wälder, Mähen der Wiesen, Schneiden der
Felder und indirekt durch Beweidung haben ununterbrochene Schwankungen
im Gleichgewichte der von ihm beeinflußten Vegetation und Veränderungen
der Formationen derselben im Gefolge. Diese Veränderungen sind namentlich
dann von großem Interesse, wenn sie, wie z. B. die im Alpenlande oft und oft
zu sehende Neubesiedelung eines Waldschlages und die Umwandlung desselben
in einen Wald (vgl. S. 36) — sei es nun mit künstlicher Nachhilfe oder ohne
solche — oder die Umprägung einer sich selbst überlassenen Brache von
einer Rosetten- und Teppichkrautformation in eine Wiese, gewissermaßen
natürliche Verhältnisse nachahmen.
Noch mehr Beachtung vom Standpunkte des ökologischen und flori-
stischen Botanikers beanspruchen diejenigen Veränderungen der Vegetation,
welche der Mensch, ohne es zu beabsichtigen, hervorruft. So hat beispiels-
weise die Schaffung neuen Bodens oder, besser gesagt, einer neuen Art von
Boden bei Eisenbahnbauten die Einwanderung neuer Elemente und das Ent-
stehen neuer F'ormationen zur Fcjlge. Die große Durchlässigkeit des neu auf-
geworfenen Bahnkörpers begünstigt das Emporkommen xerophiler Typen und
die Bildung von heidewiesenartigen Genossenschaften an Ortlichkeiten, auf
denen früher meist mesophile Elemente zu einer Wiese oder einem Walde ver-
einigt waren.
Zum Schlüsse sei noch daran erinnert, daß der Mensch auch Ursache
sehr tiefgreifender Umänderungen nicht nur einzelner Bestände, sondern auch
der Beschaffenheit der gesamten Vegetation sein kann. Unvernünftige Wald-
verwüstungen ohne nachfolgende Aufforstungen bedingen im Laufe der Jahre
eine Abnahme der mittleren jährlichen Luftfeuchtigkeit, eine Verminderung
der Humusschichte der Hänge, eine allmähliche Verkarstung des Terrains und
eine allmähliche Umsetzung mesophiler Wald- in xerophile Gebüschformationen.
In den Alpen ist allerdings die menschliche «Kultur» nicht soweit gegangen. Ent-
sprechende Forstschutzgesetze sichern dem Alpenlande den Besitz seiner grünen
Wälder und Wiesen und bewahren es vor dem Phänomen der Verkarstung,
das vielen benachbarten Gebieten ein so trauriges Gepräge verliehen hat.
Die Veränderungen, welche der Mensch plötzlich oder langsam, bewußt
oder unbewußt in der Vegetation hervorruft^ sind deswegen so beachtenswert.
«geschneitelt», d. h. zum Zwecke der Streuge\vinnun<^ fortgesetzt ihrer unteren Äste be-
raubt, und erhalten dadurch ein vom normalen ganz abweichendes Aussehen.
Exkursion in die Ostalpen 6
82
weil die menscliiichen Eingriffe gewissermaßen unbewußte Experimente sind,
welche in kurzer Zeit neue ökologische Bedingungen zu schaffen und Re-
aktionen einzuleiten vermögen, welche ein Symbol der oft auf ähnliche Art aber
nur mit anderen Mitteln, um vieles langsamer und daher der Beobachtung oft
viel schwerer zugänglich arbeitenden Natur sind,
3. Floristik der Pflanzenwelt der Ostalpen.
Das Endziel der floristisch-pflanzengeographischen Durchforschung eines
Gebietes ist die Gliederung desselben in natürliche Florengebiete. Ebenso wie
für die Systematik der Arten das erfolgreiche vStudium der Phylogenie der-
selben Voraussetzung ist, kann auch die floristische Pflanzengeographie nur
auf Grund der Kenntnis des Werdeganges, der Wanderung und der heutigen
Verbreitung der Arten zusammengenommen zum Ziele gelangen. Wenn nun
im folgenden dennoch nicht, wie es eigentlich logisch wäre, zunächst das, was
wir über die mutmaßliche Geschichte der Alpenflora wissen, geschildert und
dann erst eine Gliederung derselben in Bezirke versucht, sondern der umge-
kehrte Weg eingeschlagen wird, so geschieht es, weil eben unsere Kenntnisse
der Geschichte und insbesondere der Wanderungen der Arten noch viel zu
geringe sind, um sie als Basis für eine Unterscheidung natürlicher Floren-
bezirke zu benützen, und es vielmehr vorteilhafter erscheint, nach der heutigen
Verbreitung der Arten eine provisorische Einteilung in Bezirke zu versuchen,
und das, was eigentlich nur Mittel zum Zweck sein sollte, die Geschichte der
Alpenflora, vorläufig als Endziel hinzustellen.
a) Die Florenbezirke.
Es heißt wohl sicherlich den natürlichen Verhältnissen Rechnung tragen,
wenn man sagt, daß die Pflanzenwelt der Ostalpen drei F'Iorengebieten: dem
pontischen, baltischen und alpinen angehört.
Die pontische Flora ist auf die untere Waldregion des Ostrandes der
Alpen beschränkt. Der Südrand des Gebirges, und zwar ebenfalls hauptsäch-
lich die untere Waldregion, wird von einer der pontischen sehr ähnlichen
Flora, der banato-insubrischen Pflanzenzone Kragans (Kerners illy-
rischer Gau der pontischen Flora) eingenommen.^)
Das Gros der Pflanzenwelt der Ostalpen fällt aber in den Bereich der
baltischen und mitteleuropäisch-al[)inen Flora, und zwar bildet die mittlere und
obere Waldregion den subalpinen Gau der baltischen Flora (vgl. Kerner, IV.),
während die Hochgebirgsregion von der Alpenflora okkupiert ist.
^) Vgl. Kraäan, Mitt. nat. Ver. Steiermark 1895 S. 89, 1902 S. 3ot. Ginz-
bcrger, Exk. ill. Länder S. 56 (1905); hier auch weitere Literatur.
83
Die politische Flora zeiclinet sich im allgemeinen durch den großen
Reichtum an Gramineen, Leguminosen, Compositen, Cruciferen und Caryo-
phyllaceen aus. Erica, Pirola und Lycopodium fehlen. ^) Moose und Nadel-
hölzer sind selten. Die banato-insubrische Flora ist, wie erwähnt, der pon-
tischen sehr ähnlich, besitzt aber doch verschiedene charakteristische Elemente,
z. B. Sihne Saxif?'aga, Dianthiis barbatiis, Monspessulanus, Epimedium alpinuni,
Anemone trifolia, Thlaspi praecox, Philadelphus coronarius, Genista radiata, Oy-
tisiis purpnreus, Peucedanum Rablense, Lamhim Orvala, Cirsium Carnioliciim
(subalpin) usw.
In der baltischen Flora zählen neben Compositen und Gramineen die
Cyperaceen, Cruciferen und Leguminosen zu den größten Familien. Die formen-
reichsten Gattungen sind Carex, Salix, Riibiis, Rosa, Hieraciinn. Im Gegensatze
zur pontischen Flora sind die Gattungen Blechmim, Lycopodimn, Abies, Nardiis,
Calluna, Pirola, Vacciniiim, Arnica als besonders bezeichnend hervorzuheben.
Der subalpine Gau der baltischen Flora unterscheidet sich von den an-
deren Gauen derselben durch den Besitz einer ganzen Reihe von Charakter-
pflanzen wie Salix grandifolia, Hellebonis niger und ist unter allen der reichste,
indem ihm bloß die Sandheidefluren (zusammengesetzt aus Weingaertneria
canescens, Koeleria glauca, Carex arenaria usw.) und die Bestände von Salix
Silesiaca, Lediim palustre-) und Bruckenthalia spiciilifolia fehlen. In seinem nörd-
lichen Teile, im österreichischen Alpenvorlande, läßt der Gau durch das Vor-
kommen von Soldanella montana, Phyteuma nigrum usw. bereits deutliche
Beziehungen zum herzynischen Gaue erkennen, nach Osten geht er ziemlich
plötzlich in den pannonischen Gau der pontischen Flora, nach Süden in den
banato-insubrischen Bezirk, nach oben zu aber allmählich in die Alpenflora
über. Eine Gliederung des Gaues in Bezirke ist nicht zu konstatieren. Auf-
fällig ist das Auftreten verschiedener im vSüden oder Osten wiederkehrender
oder doch durch sehr nahestehende Typen vertretener Arten am Nordostrande
(z. B. Fritillaria Meleagris, Narcissns radiißorus, Hellebonis niger, Anemone tri-
folia, Cyclamen Europaeum) und Ostrande des Gebietes (z. B. Asplenium See-
losii, Veratrum nigrum, Vicia oroboides, Soldanella maior (in der Grauwacken-
zone der östlichen niederösterreichisch-steirischen Alpen), Carduus glaucus,
sowie des durch die ganzen nördlichen Kalkalpen, allerdings spärlich^ verbrei-
teten Hex aqiiifolium und von ganz besonderem Interesse das Vorkommen von
Moehringia diversifolia, Saxifraga altissima, Zahlbrucknera paradoxa, Philadel-
phus coronarius, Primula commutata an vereinzelten Standorten am Ostrande
der Uralpen.
Die alpine Flora hat das Gebiet der Hochgebirgsflora inne und ist also
in Form vieler Inseln in die baltische — beziehungsweise im Süden zum l'eile
') Nach Kerner IV.
-) Lediim palustre kommt angeblich bei Admont in Steiermark vor (vgl. Maly I).
Es wäre dies sein einziger Standort in den Ostalpen.
84
schon banato-insubrische — Flora eingeschaltet. Der alpinen Flora eigen-
tümlich oder doch im Vergleich zur baltischen durch besfinders große Arten-
zahl auffallend sind die Gattungen: Oreochloa, Elyna, Kobresia, Lloydia, Cha-
maeorchis, Nigritella, Oxyria, Alsine, Petrocallis, Draba, Braya, Sempervivum,
Saxifraga, Sibbaldia, Dryas, Astragalus, Oxytropis, Hedysarum, Meiim, Pachy-
pleuriim, Rhododendron, Loiseleuria, Rhodothmnnus, Primula, Douglasia, Aretia,
Androsace, Soldanella, Gentiana, Eritrichhim, Erinits, To:{^ia, Phytenma, Leonto-
podiiim und Sausswea. Dagegen fehlen Vertreter der Familien Chenopodiaceae,
Solanaceae, Cucurbitaceae, sämtliche Familien und Gattungen die nur Bäume
und Sträucher enthalten, ferner die Gattungen Verbascum, Orobanche usw.
Die Euphorbiaceen haben nur einen Vertreter in der subalpinen Region (E.
Austriaca).
Während die baltische Flora, namentlich in ihren unteren Regionen, in
allen Teilen der Ostalpen ein ziemlich homogenes Gepräge hat, sind von den
Alpenpflanzen nur verhältnismäßig wenige gleichmäßig über das ganze Gebiet
verbreitet. Ihre Areale greifen vielmehr in mannigfaltiger Weise übereinander
und nicht wenige schließen sich in ihrer Verbreitung vollkommen aus. Manche
sind nur auf Örtlichkeiten von geringer Ausdehnung, manchmal sogar nur auf
ein einziges Tal oder eine einzige Bergkuppe beschränkt. Von gleichmäßig
über die ganzen Alpen verbreiteten Pflanzen sind beispielsweise zu nennen:
Botrychhnn Lunaria, Anthoxanthum odoratuiu, Poa alpina, Carex semperrireus,
Nigritella nigra, Salix reticiilata, retiisa, Polygomnn viviparum, Saxifraga stel-
laris, androsacea, Crepis aurea usw. Die in den Pflanzenverzeichnissen der For-
mationen nominierten Pflanzen sind gleichfalls, soweit dies nicht ausdrücklich
hervorgehoben ist, über das ganze Alpengebiet verbreitet.
Ein Vergleich der Areale aller derjenigen Pflanzen, welche nicht in allen
Teilen der Ostalpen vorkommen, liefert, indem er zeigt, daß viele dieser Areale
zusammenfallen, nicht wenige dagegen sich ausschließen, in gewissen Gebieten
relativ viele, in anderen wenige oder gar keine Endemismen auftreten usw., die
Anhaltspunkte zu einer Gliederung der Ostalpen in natürliche Florenbezirke.
Kerner ^) teilt auf Grund solcher Beobachtungen durch ein nord-südlich
(von der Isarquelle quer über das Inntal auf die Berge an der Mündung des
Sellraintales und von da über den Tribulaun an den Brenner und dann rein
südlich in das Etschtal und auf den Monte Baldo) und eine ostwestlich (vom
Ortler an den Nordrand der Dolomiten in das Pustertal und längs der Drau
ostwärts) verlaufende Linie die Flora der Ostalpen in vier Gruppen. Die nord-
westliche ist die rhätische, die nordöstliche die norische, die südwestliche die
tridentinische, die südöstliche die karnische Gruppe.
Jeder dieser Bezirke hat seine besonderen Ranuncuhis-, Saxifraga-, Pri-
mula-, Androsace-, Pedicularis- und ('ampaniila-Arten, welche seiner Flora ein
') III, IV.
85
ganz spezifisches Gepräj^e verleihen. Die Pthtnzenwelt der rhätischen und
tridentinischen Gruppe liat mit den sicli anschließenden Schweizer und ober-
italischen Aljjen viele Pflanzen gemeinsam, die norische und karnische Gruppe
weist deutliche mit dem Vorschreiten nach Osten immer auffälliger hervor-
tretende Beziehungen zur Hochgebirgsflora der Karpathen, letztere auch zu
der des illyrischen Gebirgslandes auf.
Sehr auffällig ist auch die Tatsache, daß nicht wenige Pflanzenarten der
Ostalpen, z. B. Alsine laricifoUa, Saxifraga sedoides, Armeria alpina, Pedi-
cularis rosea, Valeriana Celtica, elongata, in den südlichen Kalkalpen viel weiter
nach Westen reichen als in den nördlichen Kalkalpen und umgekehrt die Ost-
grenze westlicher TyP^"' z- R- Viola calcarata, Daphne striata in den ersteren
bedeutend mehr nach Osten gerückt ist als in letzteren.
Die norische und rhätische Gruppe zerfallen wiederum durch die ost-
westlich verlaufende Grenzlinie zwischen den nördlichen Kalkalpen und den
Zentralalpen in je zwei Gruppen, in die norischen und rhätischen Kalk- und
Uralpen; die norischen Kalkalpen werden etwa durch die Traun, die norischen
Uralpen durch den Katschbergpaß in je eine östliche und westliche Gruppe
geschieden. In der karnischen Gruppe kann man drei Untergruppen, und zwar
von Osten nach Westen die Karawanken (inklusive Julische und Sanntaler-
alpen), die karnisch-venetianischen Alpen und die Südtiroler Dolomiten, unter-
scheiden.
Es ergeben sich demnach folgende Florenbezirke der Ostalpen:
I. Norische Gruppe.
1. Norische Kalkalpen.
a) Ostnorische Kalkalpen.
b) Westnorische Kalkalpen.
2. Norische Zentralalpen.
a) Ostnorische Zentralalpen.
b) Westnorische Zentralalpen.
II. Rhätische Gruppe.
1. Rhätische Kalkalpen.
2. Rhätische Zentralalpen.
III. Karnische Gruppe.
1. Karawanken (inklusive Julische und Sanntaleralpen).
2. Karnisch-venetianische Alpen.
3. Südtiroler Dolomiten.
IV. Tridentinische Gruppe.
I. Die Norische Gruppe. .'Vis charakteristische Arten der norischen
Kalkalpen sind unter anderen folgende zu nennen (in den südlichen Kalkalpen
sind diese Typen zwar auch vorhanden, aber seltener) : Avenastnim Parlatorei,
Jiincus monanthos, Heracleiim Aiistriacinn, Rhodothamniis Chamaecistus, Andro-
sace lactea, Cortusa Matthioli, Geiitiana Pannonica.
86
Neuendemische Typen ^) gibt es insbesondere in den ostnorischen Alpen
ziemlich viele, z. B. Doronicum calcareum und Hieracium Neilreichii, die am
Ötscher, und Callianthemum rutaefolium (= anemonoides)-), Draba slelLita,
Soldanella Austriaca nebsfihrem Bastarde mit S. alpina: S. Wettsteinii und
Euphorbia Austriaca, die etwa im Totengebirge oder in den Eisenerzer
Alpen ihre Westgrenze finden. Relativ endemische Typen sind Heliosperma
alpestre , Dianthus alpinus, plumariiis , Arenaria grandißora , Linum alpinum,
Viola alpina, Primula Clusiana, Campanulla pulla, Achillea Clusiana (vielleicht
sogar absolut endemisch). Als besonders bezeichnend für die pflanzengeo-
graphische Stellung der ostn(3rischen Kalkalpen verdient es mit besonderem
Nachdrucke hervorgehoben zu werden, daß diese Typen auch in den südöst-
lichen Kalkalpen, in den illyrischen oder auch siebenbürgischen Gebirgen, oder
in allen diesen Gebieten verbreitet sind. Manche derselben sprechen auch für
die nahen Beziehungen der ostnorischen Kalkalpen zu den Kalkkarpathen^ in-
dem sie in diesen durch nahe verwandte Typen (z. B. Dianthus alpinus durch
nitidus) vertreten werden. Erst westlich von der Erlaf beginnen oder werden
doch wesentlich häufiger: Allium Victoriaiis, Gypsophila repens, Saxifraga mu-
tata, Cortusa Matthioli, Gentiana Bavarica, Doronicum Halleri, Cirsium spino-
sissimum usw. Am Dachstein wächst der südalpine Dia>ithus Sternhergii. In den
Salzburger und ostbayrischen Kalkalpen gibt es keine Endemismen. Nur ge-
wisse Arten wie Sesleria ovata, Alsine aretioides, Draba Sauteri (auch am Hoch-
schwab), Aretia Helvetica, Plantago montana, sind hier häufiger als in den weiter
östlichen Teilen der nördlichen Kalkalpen. Sehr auffällig ist das Auftreten
südlicher Formen wie Carex Baldensis, Paeonia corallina, Aquilegia Einseieana,
Astrantia Bavarica, Horminum Pyrenaicum, Euphrasia cuspidata, in den im
übrigen armen bayrischen Alpen. Ähnliches gilt von der östlich vom Inn auf-
tretenden Daphne striata.
Der östliche Flügel der norischen Zentralalpen weist sehr viele Bezie-
hungen zu den Karpathen auf und ist gleich den angrenzenden östlichen Teilen
der norischen Kalkalpen verhältnismäßig reich an Endemismen. Als Neuende-
mismen sind Saxifraga blepharophylla, Aretia Wulfeniana, Pedicularis geminata
(auch in den östlichen Kalkalpen) zu nennen. Relativ endemische Typen, die den
Katschberg, oder gar den Eisenhut, der auch in einer wichtigen Scheidelinie
zu liegen scheint, nach Westen nicht überschreiten und erst wieder in den
Sudeten, der Tatra, den siebenbürgischen oder illyrischen Gebirgen auftreten,
sind beispielsweise Carex rigida, Ranunculus crenatus, Saxifraga Wulfeniana,
hieracifolia, cernua (auch in Südtirol), Viola Sudetica, Primula villosa, Gentiana
frigida, Phyteuma confusum, Anthemis Carpatica, Doronicum villosum und vor
') Über die Begriffe alter, neuer, relativer Endemismus vergleiche man Engler I,
und Vierhapper, Ref. im Verh. zool.-bot. Ges. LH, S. 281 (1902).
*) Das Vorkommen in Siebenbürgen sehr zweifelhaft (vgl. Witasek, Verh. zool.-
bot. Ges. XLIX, S. 326 (1899;.
87
allem erwähnenswert — weil es außer in den Judenburi^er Al[jen nur noch im
hohen Norden vorkommt — Galiuin trifidiuu. Westlich bis in die Hohen Tauern
reichen: Silene Norica, Saponaria Pumilio, Sempervivum Stiriacum, Oxytfopis
trißora, Gentiana prostrata, Phyteuma coufusum, bis in die Mitteltiroler, be-
ziehungsweise rhätischen Alpen Carex alpiua, Juncus castaneiis, Dianthus gla-
cialis, Primitla minima, ghitim)sa ") und Floerkeana, der Bastard aus den beiden
vorigen, Pedicularis asplenifolia, Doroniciim glaciale, bis in die Walliser Alpen
(in den ostnorischen Alpen zum Teile sehr selten) oder noch weiter nach
Westen Cerastium uuißorum, Draba Fladnit:^ensis, Sempervivum Wulfenii, Saxi-
fraga Rudolphiana,'^) Soldanella pusilla, noch weiter nach Westen: Salix Helve-
tica, Callianthemum coriandrifolium, Thalictrum alpinum, Primula longißora,
Erigeron Atticus, rupcstris, alpinus. Am Katschberg oder westlich vom Katsch-
berg, also erst in den Hohen Tauern beginnen: Festuca alpina, Salix Myrsi-
nites, Alsine lanceolata, Saxifraga bißora, macropetala, planifolia, Oxytropis
Halleri, Sweeriia Carianthiaca, in den Zillertalern: Saxifraga Segnierii, Cliamae-
neriiim Fleischeri, Doronicnm glabratiim. Innerhalb der Zentralalpen nur in den
an relativen Endemismen armen Tauern und in Zentraltirol wachsen Ranunciihis
pygmaeiis , Braya alpina, Gentiana nana, Taraxacum Pacheri. Taraxacum
Reichenbachii wächst nur im Brennergebiet, die subalpine Adenostyles crassi-
folia reicht von dort bis gegen den Achensee.
II. Die rhä tische Gruppe. Die rhätischen Kalkalpen sind da-
durch ausgezeichnet, daß sie außer den für die norischen nominierten charakte-
ristischen Elementen bereits einige westliche Typen, z. B. die subalpinen Ce-
rintlic alpina, Achillea macrophylla, ferner die alpinen Viola calcarata, Primula
integrifolia, Gentiana lutea, purpurea, Veronica fruticulosa, Erinus alpinus be-
herbergen. Avenastrum Parlatorei hat hier seinen westlichsten Standort in den
nördlichen Alpen, Clematis alpina wird seltener und Rhodothamnus Chamaecistus
fehlt vollständig.
Auch die rhätischen Uralpen besitzen fast keine Endemismen (nur
Saxifraga Rhaetica), wohl aber bereits verschiedene westliche Typen, welche
hier ihre östlichsten Standorte innehaben, so beispielsweise Juncus arcticus,
Lu:^itla lutea, Salix caesia (diese drei auch in den Dolomiten), Sempervivum
Widderi, alpinum, tectorum, Campanula excisa, Crepis jubata.
III, Die ka mische Gruppe. Zu ihr gehören die gesamten südlichen
Kalkalpen östlich der Etsch. Ihre Flora ist viel reicher als die der nördlichen
Kalkalpen. Als spezifische Elemente der ganzen Gruppe seien Pinus Mughus,
Sesleria sphaerocephala, ovata, Dianthus Sternbergii, Aquilegia Einseieana, Ranun-
culus Thora, Saxifraga incrustata, sedoides, Laserpitium peucedanoides (sub-
alpin), Soldanella minima (und ihr Bastard mit S. alpina: S. Ganderi), Veronica
I) Vgl. Tafel LH oben.
^) Östlichster Standort: St. Gotthard. (Hayek, Deakschr. kais. Akad. Wiss.
LXXVII. Bd. 1905).
lutea, Bonarota, Valeriana elongata, Campanula linifolia, Phyteuma Sieberi, Cre-
pis iiicarnata (subalpin) genannt, ausschließlich Typen, die in den nördlichen
Kalkalpen gar nicht oder nur in gewissen Gegenden vorkommen.
Der südöstliche Teil, des karnischen Florenbezirkes, die Sanntaler
Alpen, Julischen Alpen und Karawanken, beherbergen als Altendemismen Gen-
tiana Froehlichii und Campanula Zoysii, mit den illyrischen Gebirgen haben
sie z. B. Alyssiim Wiilfem'amiin (eine sehr nahestehende Form auch am Hoch-
schwab!) gemeinsam. Bis in die karnisch-venetianischen Alpen reichen Helio-
sperma eriophorum, Saxifraga Hohenwartii, Prhnula Wiilfeniana und die sub-
alpine Homogyne silvestris. An der östlichen Grenze des karnisch-venetianischen
Bezirkes, auf der Kühwegeralpe in den Gailthaleralpen findet sich der Altende-
mismus Widfenia Carinthiaca. Von den karnisch-venetianischen Alpen an west-
wärts treten Thlaspi cepeaefolium, Potentilla nitida, Geranium argenteiim, Hor-
niiiniin Pyrenaicum, Pedicularis elongata, Sumniana, Phyteuma comosnm ^) und
andere charakteristische Elemente des westlichen Teiles der südlichen Kalk-
alpen auf. Ein an Endemismen reicher Bezirk sind die Dolomiten. Cerastiuni
subtrißorum, Kernera alpina, Sempervivimi Dolomiticum, Saxifraga depressa,
Facchinii, Primula Tiroliensis, Campanula Morettiana gehören zu den bezeich-
nendsten Typen derselben. Insbesondere auf den eruptiven Gesteinen der Do-
lomiten sind auch viele Arten der benachbarten Zentralalpen vertreten.
IV. Die tridentinische Gruppe. Als Endemismen sind z. B. Melan-
dryiim Elisabethae, Callianthemum Kernerianum, Saxifraga Tombeanensis, arach-
noidea, Daphne petraea und Pri>uula spectabilis, als Typen, welche hier ihre Ost-
grenze erreichen: Dianthus neglectiis, Alchimilla poitaphylla, Euphrasia alpina,
Pedicularis comosa, Campanula petraea, Phyteuma humile namhaft zu machen.
Die schon in den Formationsverzeichnissen aufgeführten Typen sind, so-
weit nicht ausdrücklich das Gegenteil erwähnt wurde, ziemlich gleichmäßig
durch die ganzen Ostalpen, und zwar die mit * bezeichneten nur auf Kalk, die
mit f signierten auf Urgestein, die unbezeichneten ohne spezielle Bevorzugung
eines Substrates verbreitet. Entsprechend der mannigfaltigen Verteilung des
Gesteines sind auf den großen Kalkeinlagerungen im Urgebirge, z. B. am Rad-
städter Tauern, am Brenner und im Gschnitztale die Typen der benachbarten
Kalkalpen, ebenso wie auf Urgestein im Kalkgebirge, z. B. auf Moränen, ins-
besondere in den bayrisch-tirolischen Kalkalpen, auf den großen Eruptivmassen
der Dolomiten und auf neutralen, tiefgründigen Böden auch in den österrei-
chisch-steirischen Alpen verschiedene im übrigen auf das Urgebirge beschränkte
Arten zu finden. Gebirge mit wechsellagerndem Gestein sind infolgedessen
durch besonders reiche Flora ausgezeichnet. In ihnen ist auch die Möglichkeit
zur Bildung von Hybriden zwischen Kalk- und Urgebirgsarten (z. B. Rhodo-
') Vgl. Tafel LI unten.
89
dendron hirsiitimi X ferrugineiim, Primula Aiiricula X viscosa, Gentiana vul-
garis X latifolia) oeycben.
b) Die Elemente.
Die wichtioste Voraussetzung zum Verständnis der natürlichen tloristi-
schen Gliederuntj eines Gebietes ist die Kenntnis seines Artbestandes in ueo-
graphisclier, genetischer und historisclier Beziehung, das heißt der Gesamt-
verbreitung der einzelnen Formen, der Art und des Zentrums ihrer Entstehung
und der Zeit und Wege ihrer Wanderungen.
Unter geographischen Elementen versteht man die verschiedenen
Gruppen derjenigen Arten einer PMora, welche ebendieselbe oder doch sehr
ähnliche Verbreitung besitzen. Wenn sich auch die Entstehungszentren der
Arten durchaus nicht immer mit den Massenzentren decken, ist doch auch die
Kenntnis der letzteren von großer Bedeutung für das floristische Studium der
Pflanzenwelt eines Gebietes.
Die wichtigsten geograj)hischen Elemente der Flora der Ostalpen sind
folgende: ^)
a) Baltische Flora.
1. Das nordische Element.
Hierher gehören diejenigen Arten, welche das gesamte Gebiet des nordi-
schen Florenreiches (im Sinne D rüdes) oder doch denjenigen Teil desselben, den
Grisebach als das Waldgebiet des östlichen Kontinentes bezeichnet, bewoh-
nen, z.B.: Aspidium filix nias, Juniperus communis, Authoxanthum odoratiim,
Agrostis vulgaris, Deschampsia caespitosa, Phragmites communis, Poa annua, tri-
vialis, pratensis, Festuca elatior, Eriophorum latifolium, polystachyum, Juncus
effusus, articulatus, bufonius, Majanthemum bifolium, Paris quadrifolia, Populus
tremula, Salix Caprea, Urtica dioeca, Melandryum rubrum, Ranunciilus acer,
Bursa pastoris, Chrysosplenium alterni/olium, Rubus Idaeus, Trifolium pratense,
Vicia sepium, Oxalis Acetosella, Angelica silvestris, Calluna vulgaris, Thymus
Chamaedrys, Euphrasia Rostkoviana, Plantago maior, Campanula rotundifolia,
Solidago virgaurea, Antennaria dioeca, Senecio vulgaris, Hieracium silvaticitm usw.
2. Das mitteleuropäische Element,
bestehend aus denjenigen Arten, welche innerhalb des W^aldgürtels nur den
südlichen Teil, nördlich bis zur Nordgrenze der Eiche, also das Gebiet der
') In der pontisclien Flora und im banato-insubrischen Florenbezirke spielen
natürlich Arten des pontischen, beziehungsweise banato-insubrischen Elementes, deren
bezeichnendste bereits früher (S. 83) namhaft gemacht wurden, eine wichtige Rolle. —
Die Zusammenstellung der Arten der Elemente der baltischen Flora erfolgte zum größten
Teile nach Gradmann R. Das Pflanzenleben der schwäbischen Alb. I. (Tübingen
1898), der alpinen nach Jerosch I.
go
baltischen Flora, innehaben und im Alpen^jebiete vor allem die untere unil mitt-
lere Waldregion bewohnen, z. R.: Pleridiiim aqiiiliniim, Alopeciirus pratensis,
Arrhenathennn elathis, Dactylis gloinerata, Bromiis erectiis, Loliiim pcrenne,
Schoenoplectus laciistris, Polygonatmn inultißorum , Listera ovata , Salix alba,
Corylus Avellana, Alniis gliitinosa, Fagus silvatica, Huinulus Litpulus, Kunicx
obtiisifoliiis, Polygonum Hydropipcr, Silene nnlans, Stellaria aquatica, Raniinculus
biilbosus, Chamaeplium officinale, Sedum acre, Ribes Grossularia, Rosa canitia,
Anthyllis Vulneraria, Geraniimi piisilluni, Daph)ie Me:^ereinn, Pastinaca sativa,
Hedera Helix, Lysimachia vulgaris, Symphytinn officinale, Lamium maculatmn,
Atropa Belladonna, Veronica hederaefolia, Plantago media, lanceolata. Aspenila
odorata, Knautia arvensis, Phyteiniia spicatuni, Bellis percnnis, Senecio silvaticus,
Carlina vulgaris, (Jentaurea Scabiosa, Lampsana communis. Sie sind der Grund-
stock der baltischen Flora, dasjenige Element, welches derselben ihr charak-
teristisches Gepräge verleiht.
3. Das subalpine Element.
Es sind dies diejenigen Pflanzen, welche innerhalb der Al[)en das Schwer-
gewicht in ihrer Verbreitung in der obigen Waldregion haben. Je nachdem sie
auf das Gebiet der Alpen oder der Gebirge Mitteleuropas (meist inklusive Kau-
kasus) beschränkt sind oder aber außerdem im subarktischen Gebiete oder
in den zentralasiatischen Gebirgen (meist inklusive der Subarktis) auftreten,
kann man sie als subalpines im engeren Sinne, mitteleuropäisch-subalpines^
subarktisch-subalpines oder altaisch-subalpines Element bezeichnen. Es sind
z. B.:
a) subalpin im engeren Sinne: Poa hybrida, Euphorbia Austriaca,
Soldanella montana;
ß) mitteleuropäisch-subalpin: Gyninadenia odoratissima , Salix
grandifolia, Thesium alpinum, Rumex arifolius, Moehringia muscosa, Helleborus
niger, Limaria rediviva, Saxifraga rotundifolia, Lathyrus occidentalis, Ctiaero-
phyllum Villarsii, Erica carnea, Gentiana asclepiadea, Sweertia perennis, Salvia
glutinosa, Veronica latifolia, Lonicera alpigena, Valeriana tripteris, montana,
saxatilis, Scabiosa lucida, Adenostyles glabra, Alliariae, Homogyne alpina, Cir-
sium Eris ith a les ;
Y) subarktisch -subalpin: Aspidium lobatum, Carex ornithopoda, Jun-
cus alpinus, Polygonatum verticillatum, Salix nigricans, Melampyrum silvaticum,
Mulgedium alpinum;
o) al taisch-subal[)i n, und zwar auch im subarktischen Gebiete: Asple-
ninm viride , Aspidium Lonchitis , Clematis alpina, Rubus saxatilis, Circaea
alpina, Pirola unißora, Vacciniiim Vitis Idaea, Primida farinosa, Lonicera nigra,
coerulea; im subarktischen Gebiete fehlend: Veratriim album.
Im Vereine mit dem nordischen und mitteleuropäischen bildet das sub-
alpine Element den Grundstock des Artenbestandes des subalpinen Gaues der
91
baltischen F'lora. Typen, die schon in den der mittleren Waldregion ancjehören-
den Formationen nicht selten sind, wie: Aspidiiim lobatinn, Salix iiii^ricans, Pirola
iiiüßora, Primula farinosa, Soldanella montana iisw.^ können als montane von
den meist erst in der oberen Waldregion häufiger werdenden und gleich jenen
bis in die Krummholzregion ansteigenden eigentlich subalpinen Typen
unterschieden werden.
Als Elemente von untergeordneter Bedeutung kommen in Betracht:
4. Das alpine Element.
Typen, die in der alpinen h'lora zuhause sind, deren Areal sich aber ent-
weder direkt bis in die obere Waldregion erstreckt, oder welche in den un-
teren Regionen der baltischen Flora von ihrem Hauptareal oft ziemlich weit
entfernte Standorte bewohnen. In Torfmooren werden oft große Strecken von
Pinus montana überzogen. Auf feuchten felsigen Hängen, in kühlen Schluchten
sind mitunter, besonders am Nordfuße der Alpen, kleinere oder größere Ge-
nossenschaften alpiner Pflanzen zu finden, so beispielsweise am Lassingfalle
und in den Tormäuern am Fuße des Ötschers in Niederösterreich;, woselbst in
600 — 700 )H Meereshühe alpine Typen wie: Selaginella selaginoides, Pinus mon-
tana, Carex mucronata, ßrma, Jiincus nionanthos, Salix glabra, Thlaspi alpinum,
Arabis alvina, Saxifraga caesia, Dryas octopetala, Heracleum Austriacum, Rhodo-
dendron hirsiitiim, Rhodothammts Chamaecistiis , Primula Clusiana , Veronica
fruticans, Pinguicola alpina, Campanula pusilla, Senecio abrotanifolius mit ver-
schiedenen subalpinen Arten vergesellschaftet sind. ^) Des Vorkommens alpi-
ner Pflanzen im Kiese und Sande der Flüsse wurde bereits an anderer Stelle
Erwähnung getan. ^)
5. Das pontische Element
umfaßt diejenigen Typen, welche das Zentrum ihrer Verbreitung in dem sich
der baltischen östlich und südöstlich anschließenden Gebiete der pontischen
Flora haben. Als solche sind zu nennen: Andropogon Ischaemum, Slipa pennata,
Carex humilis, Silene Otites, Tunica Saxifraga, Cytisus Ratisbonensis, Peuce-
danum Oreoselinum, Galeopsis pubescens u. a.
6. Das Illyrische Element.
Typen der illyrischen Flora, wie: Ruscus Hypoglossum, Narcissus radii-
ßorus, Philadelphus coronarius und andere Arten, die im österreichischen Alpen-
vorlande isolierte Standorte bewohnen.
7. Das atlantische Element.
Pflanzen, deren Areal an die Küste des Atlantischen Ozeans und der
Nordsee gebunden ist, sind im Alpengelände überaus spärlich. Spiranthes aesti-
1) Nach Beck 11.
2) Vgl. S. 43.
92
valis, Cytisus scoparius, der subalpine Hex Aquifoliiiui und Teucrium Scoro-
Jo)üa, sind die wichtigsten derselben; auch Biixiis setupervirens, der um Steyr
in Überösterreich und bei Unken in vSalzburg- gefunden wurde, und der in den
südlichen Alpenländern gedeihende Tamus comniiinis gehören hierher.
ß) Alpine Flora, i)
1. Das baltische Element.-)
Es sind dies Typen verschiedener Gesanitverbreitung, welche die alpine
mit der baltischen Flora gemein hat. Zum nordischen Element der letzteren
gehören z. B.: Anthoxaiithum odoratinn, Deschampsia caespitosa, Calluna ^ndgaris,
Antennaria dioeca; zum mitteleurcjpäischen : Cerastiinn arveuse, Lotus cornicula-
tiis — die meisten mitteleuropäischen Typen (z. B. Trifolium pratense, Antliyl-
lis Vulneraria, Tliyiuus Chainaedrys) sind durch nahverwandte Parallelformen
vertreten; zum subalpinen: Trollius Europaeus, Vaccinium Vitis Idaea, Myr-
tillus, uliginosuni, A?-nica montana.
2. Das alpine Element,
das sind Arten, welche der Arktis und den asiatischen Hochgebirgen fehlen:
a) alpin-subarktisches Element:^) Nigritella nigra, HutcJiinsia al-
piiia, Saxifraga adscendens, Ajuga pyramidalis, Euphrasia minima usw.;
[j) mitteleuropäisch-alpines Element:^) Agrostis rupestris, Oreo-
chloa disticha, Festuca varia, Carex curvula, ßrma, sempervirens, Juncus Jac-
quini, Salix Helvetica, Rumex alpinus, Dianthus glacialis, Alsine sedoides, Ane-
mone Balde)isis , Ranunculus alpestris, Petrocallis Pyrenaica, Arabis pu}uila,
Sedum atratum, Saxifraga bißora, Geum montanum, Trifolium badium, Oxy-
tropis montana, Rhamnus pumila, Viola lutea, Rhododendron hirsutum, ferru-
gineum, Pi-imula longißora, Soldanella alpina, Armeria alpin a, Gentiaua vulgaris,
Horminum Pyrenaicum, Linaria alpina, Veronica bellidioides, Pediculai-is recu-
tita, Globularia cordifolia, Campanula alpina, Phyteuma hemisphaericum, Chry-
santhemum alpinum, Senecio Carniolicus, Crepis aurea, Hieracium glaciale usw.;
Y) Alpenelement: ^) Festuca rupicaprina, Salix serpyllifolia, Rumex
nivalis, Alsine aretioides , Thlaspi alpinum, Sempervivum Wulfeni, Saxifraga
Seguierii, Primula glutinosa, Soldanella Austriaca, Gentiana Bavarica, Pedicularis
asplenifolia, Valeriana Celtica, Gnaphalium Hoppeanum , Cirsium spinosissi-
mum usw.
Den Arten des alpinen Elementes gebührt der größte Anteil an der Zu-
sammensetzung der Flora unserer Alpen. Sie im allgemeinen und die Ange-
hörigen des Alpenelementes im besonderen sind es vor allem, welche derselben
') Man vergleiche Jerosch I.
^) Jerosch's Ubiquistenelement.
^) Der Name erklärt sich nach dem Vorausgehenden von selbst.
93
ihr charakteristisches Gepräge verleihen und einen so hohen Perzentsatz ur-
eigener Arten ausmachen, daß man mit vollem Rechte die mitteleuropäisch-
alpine F'lora als eigenen Florenbezirk und innerhalb derselben die Flora der
Alpen selbst als eigenen Gau bezeichnet. Gleich den subalpinen sind auch die
alpinen Arten in vertikaler Richtung nicht gleichmäßig verbreitet; es greifen
vielmehr ihre oberen und unteren Höhengrenzen in der mannigfaltigsten Weise
übereinander.
3. Das altaische Element,
die wenigen Arten umfassend^ welche im Altai und in den Alpen vorkommen,
der Arktis aber felilen, wie: Avenastrum versicolor, Allium Victoriaiis, Coelo-
glossum viride , Salix i-etusa , Silene rupestris , Astragalus australis , Veronica
aphylla, Leontopodium alpinum usw.
4. Das altaisch-arktische Element.
Dasselbe vereinigt diejenigen Arten, welche sowohl im Altai als auch in
der Arktis und in den Alpen verbreitet sind: z. B. Jiinipe7'iis nana, Phleiim
alpinum, Poa alpina, Elyna Bellardi, Cai-ex atrata, frigida, Juncus arcticiis, tri-
fidus, Lu::^ula spadicea, spicata, Lloydia serotina, Salix reticulata, herbacea, aj-bus-
ciila, Oxyria digj'na, Polygonum vivipannn, Cerastiiun trigynum, Alsine bißora,
Ranunciilus glacialis, Sedum roseinn, Saxifraga oppositifolia, stellaris, Sibbaldia
prociimbens, Dryas octopetala, Hedysanim obsciirum, Empetrum nigrtim, Viola
bißora, Epilobiinn alsinefoliiim, Loiseleuria procinnbens, Arctostaphylos alpina,
Uva nrsi, Eritrichiinn Terglouense, Veronica alpina, Bartschia alpina, Pedicu-
laris verticillata, Pinguicola alpina,^) Canipanula Scheucli:^eri, Aster alpinus, Eri-
geron unißorus, Hieracium alpinum, also eine große Menge der in unserer
Alpenflora häufigsten Typen. Ihnen schließt sich Festuca Halleri an, als eine
angeblich nur dem Himalaya und den mitteleuropäischen Gebirgen gemein-
same Art.
5. Das arktische Element,
das sind Arten, welche den Alpen und der Arktis gemeinsam sind, im Altai aber
fehlen, z. B. Eriophorum Scheuch^ieri, Kobresia bipartita, Carex brunnescens,
irris,ua, Tofieldia palustris, Chamaeorchis alpina, Gymnadenia albida, Silene acau-
lis. Arenaria bißora, Anemone alpina, Cardamine alpina, Arabis alpina, Saxifraga
Ai^oon, ai^oidcs, Potentilla aurea, Epilobium anagallidifolium, Gentiana nivalis,
Antennaria Carpatica, Gnaphalium supinum, Leontodon Pyrenaicus usw.
Diese Feststellung der geographischen Elemente führt also zu einem an-
schaulichen Bilde über die Gesamtverbreitung der Arten unserer Flora, ohne
jedoch zunächst Aufschlüsse über den Ort der Entstehung und die Art und
I) Vgl. Tafel XLIX oben.
94
Zeit der Einwanderung derselben zu geben. Das immer wieder zu beobach-
tende Zusammenvorkommen der Arten eines Elementes (Artgenossenscliaften im
Sinne Drudes, z.B. die «nordische Schluchtwaldgenossenschaft», ^) bestehend
aus Equisetiim silvaticum, Athyriiim Filix femina, Aspidiiim Filix mas, Cysto-
pteris fragilis, Stellaria nemo7-uui, Chrysosplenhnn alternifoliuin), gestattet zwar
anzunehmen, daß diese Arten gleichzeitig eingewandert sind, ohne jedoch
irgendwelche Anhaltspunkte bezüglich der Entstehung derselben sowie der Zeit
der Wanderung und der Wanderwege zu geben. Die Beantwortung derartiger
Fragen ist vor allem Aufgabe in Vereinigung mit den Resultaten der Phyto-
paläontologie und Geologie vom pflanzengeographisch-morphologischen Ge-
sichtspunkte aus anzustellender monographischer Untersuchungen der gesamten
Gattungen der Alpenflora, vor allem aber der polymorphen, heute noch in
Formneubildung begriffenen Gruppen derselben. Derartige Studien haben zu
dem Ergebnisse geführt, daß es sehr wahrscheinlich ist, daß gewisse Stammfor-
men in Anpassung an verschiedene Vegetationsverhältnisse der Alpen (z. B. ver-
schiedene Höhenlage, verschiedenes Substrat: Kalk-Urgestein der Alpenregion)
sich in verschiedene Formen, die uns heute als vikariierenden Rassen ent-
gegentreten, gegliedert haben. Derartige vikariierende Rassen sind z. B.
Südliche Kalkalpen. Nördliche Kalkalpen.
Silene longiscapa
Dianthus alpinus
Callianthemum Kerne- . Callianthemum nitae-
rianitm foliiim
Soldanella minima Soldanella Austriaca
Gentiana vulgaris
Waldregion i
Poa anniia
Zentralapen.
Silene Norica
Dianthus glacialis
Callianthemum coriandri-
folium
Soldanella pusilla
Gentiana latifolia
Hochgebirgsregion
Poa supina
Mvosotis silvatica
Myosotis alpestris
Die Ausgliederung mancher Typen dürfte schon im Tertiär, mancher
erst im Verlaufe des Diluviums erfolgt sein. Von besonderem Interesse sind
die erst nach der Eiszeit erfolgten Formneubildungen, als deren direkte oder
indirekte Ursache wir den Einfluß der menschlichen Kultur anzusehen haben,
so insbesondere das Entstehen saisondimorpher Formenpaare auf Wiesen^) z. B.
Ungegliederte Form
Gentiana aspera
Alectorolophus lanceolatus
Frühblühende Form
Gentiana Norica
Euphrasia montana
Ortantha lanceolata
Odontites verna
Alectorolophus subalpinus
Spätblühende Form
Gentiana Sturmiana
Euphrasia Rostkoviana
Ortantha lutea
Odontites serotina
Alectorolophus angustifolius
^) Vgl- Gradmann a. a. O.
2) Vgl. Wettstein, Deszendenztheoretische Untersuchungen. I. Untersuchungen
über den Saisondimorphismus im Pflanzenreiche. (Denkschr. k. Akad. Wiss., math.-nat.
Kl., LXX. Bd.)
95
Auch durch Bastardierung- sind in den Alpen Formen entstanden, welche, da
sie sich vollkommen fertil erweisen und selbständig fortpflanzen, als Arten
anzusprechen sind, so beispielsweise Rhododendron intennediinn (ferrup^meinn
X hüsutum), Prinnda pubescens (Aiiricula X viscosa) und Floerkeana (minima
y. glutinosa). Es sind viele Anzeichen dafür vorhanden, daß auch heute die
Formneubildung durch direkte Anpassung an verschiedene edaphische und kli-
matische Faktoren wie überhaupt an verschiedene Existenzbedingungen, durch
Bastardierung usw. in den Alpen noch im vollen Gange ist. Alle diejenigen Typen
von denen es sich mit einem größeren oder geringeren Grade von Wahrschein-
lichkeit nachweisen läßt, daß sie in den Alpen entstanden sind, bilden ohne
Zweifel ein eigenes Element der Alpenflora, das aber nicht als geographisclies
Element zu bezeichnen, sondern als genetisches Element anderen derartigen
Elementen, die in verschiedenen Gebieten außerhalb der Alpen entstandene
Arten umfassen, an die Seite zu stellen ist.
Viele Typen des Artbestandes unserer Al[)enflora sind nämlich, wie mono-
graphische Forschungen ergeben haben, nicht in den Alpen selbst entstanden,,
sondern in anderen Gebieten, z. B. in den zentralasiatischen Gebirgen und von
diesen aus, meist offenbar schon im Verlaufe der Tertiärzeit, in die Alpen ein-
gewandert.^) In vielen Fällen läßt es sich auch mit ziemlicher Bestimmtheit
angeben, wie die Pflanzen gewandert sind. So dürften die meisten derjenigen
Pflanzen, welche früher als Bestandteile des altaisch-subalpinen und -alpinen
Elementes aufgeführt wurden, von Mittelasien, über die persischen Ketten-
gebirge, den Kaukasus und Kleinasien nach dem Balkan und von hier entweder
über das Rhodopegebirge und die Karpathen in die nordöstlichen, oder über
Illyrien in die südöstlichen oder über den Apennin in die westlichen Alpen ge-
langt sein. Auch im Diluvium erfolgten große Wanderungen von den Alpen
nach Süden und Norden und umgekehrt auch von Süden und Norden in die
Alpen. Die kalten Eiszeiten hatten im allgemeinen offenbar eine Besiedelung
der Alpen mit arktischen, die trockenen Interglazialzeiten wenigstens zum
Teile mit pontischen Pflanzen im Gefolge. Als wichtige Wanderwege erscheinen
uns auch heute noch die breiten Flußtäler, so z. B. das nach Osten offene
Donautal, längs welches viele pontische Typen nach Westen vordringen
konnten. Durch die Pflanzenwanderungen, welche in der Jetztzeit durch den
Menschen veranlaßt werden, hat auch die Flora der Ostalpen mannigfache
Veränderungen erfahren. Verschleppungen, das sind Wanderungen im klei-
neren Maßstabe, begegnet man im Alpenlande besonders häufig an den Ufern
der Flüsse.
Besonders wichtige Daten hat auch die Phytopaläontologie geliefert.
Es sei hier vor allem auf die reichen Funde tertiärer Pflanzen bei Parschlag
^) Über das Wandern der Pflanzen vergleiche man vor allem P. Voglers Disser-
tation «Über die Verbreitungsmittel der schweizerischen Alpenpflanzen». (Flora 89. Bd.
Ergänzungsband 1901).
96
und Sotzka in Steiermark, Radoboj in Kroatien und Häring in Tirol, ^) die aus
der zweiten Interglazialzeit stammenden Fossilien der Höttinger Breccie ^) bei
Innsbruck (unter ihnen z. 3, Rhododendron Ponticuvi) und die in den alpinen
Torfmooren geborgenen Pflanzenreste erinnert.
Auf Grund dieses reichen Tatsachenmateriales und insbesondere auch
der Resultate der Geologie gelangte die vergleichend-pflanzengeographische
Forschung nicht nur zu der — sicherlich richtigen — Deutung der Enklaven
fremdartiger Elemente innerhalb der Flora der Ostalpen, für deren Auftreten
in einer ganz heterogenen Umgebung weder ein sprungweises Vordringen oder
Transport durch Gewässer, noch Verschleppung durch den Menschen als Ur-
sache angenommen werden können, als glaziale oder interglaziale Relikte,
sondern auch zur Annahme, daß die Alpenflora nebst einem großen auto-
chthonen Artbestande viele aus anderen Florengebieten stammende Arten besitzt,
welche man, soweit sie einer und derselben Abkunft sind, als die historischen
Elemente derselben bezeichnen kann. Dieselben decken sich nur zum Teile
mit den geographischen Elementen. Denn so wahrscheinlich es einerseits ist,
daß die Alpen diejenigen Arten, welche ihnen beispielsweise mit dem Altai ge-
meinsam sind (das altaisch -alpine Element), wirklich aus diesem erhalten
haben, so gewiß ist es andererseits, daß die Typen, welche sowohl in den
Alpen als auch in der Arktis vorkommen, nur zum Teile — und zwar im ali-
gemeinen nur insoweit, als sie dem Altai fehlen (arktisch-alpines Element) — von
dieser in jene gelangt, zum anderen Teile aber, soweit sie auch im Altai auf-
treten (altaisch-arktisches Element), zumeist erst von den Alpen aus der Arktis
zugekommen sind. Die wichtigsten historischen Elemente der alpinen Flora —
in der baltischen liegen die Dinge komplizierter — sind also das alpine Element
(sich deckend mit dem geographischen alpinen Element und genetisch wieder
in ein alt- und neualpines Element zerfallend, je nachdem die Entstehung in
die Tertiärzeit zurückreicht oder posttertiär ist), das asiatische Element (im
großen und ganzen den geographischen Gruppen altaisches und altaisch-
arktisches Element entsprechend) und das arktische Element, zum Teile mit dem
geographischen arktischen Elemente identisch. Was die baltische Flora anlangt,
so können beispielsweise diejenigen Typen, welche ihren Verbreitungsverhält-
nissen nach schon in der Tertiärzeit aus Ostasien in ihr Gebiet gelangt sind,
als das (historisch) ostasiatische Element derselben bezeichnet werden (z. B.
Polypodium vulgare, Equisetum arvense, Deschampsia caespitosa, Riibus Maeus,
Viburniim Opulus).
') Man vergleiche insbesondere die Arbeiten von Unger.
-) Vgl. Wettstein, I.
97
c) Die Geschichte der Flora der Ostalpen.
Die Geschichte der Flora des Gebietes der üstalpen läßt sich bis in die
letzten Epochen der Tertiärzeit zurückverfolgen. Damals war bereits der
yanze Alpenbogen in stattlicher Höhe aufgerichtet, nach Westen mit dem teil-
weise jüngeren Apennin und durch das Plateau du Centre mit den Pyrenäen
verbunden, im Nordosten an die Karpathen, im Südosten an die illyrischen Ge-
birge sich anschließend und durch diese und die Bergketten Kleinasiens, Ar-
meniens, Persiens und den Kaukasus mit den mächtigen zentralasiatischen Ge-
birgen in Zusammenhang. An den Küsten des Mittelländischen Meeres bis an
den Südfuß der Alpen lebte zu dieser Zeit noch eine tropische Flora, am Ost-
fuße des Gebirges, am Rande des damals noch das Wiener und pannonische
Becken füllenden Tertiärmeeres, hatte die Vegetation subtropischen Charak-
ter. An diese Flora schloß sich nach aufwärts, die unteren Hänge der Berge
einnehmend, eine Region immergrüner Gewächse von der Art unserer rezenten
Mediterranpflanzen. Über dieser Region bildeten sommergrüne Laub- und
immergrüne Nadelgehölze von viel größerer Mannigfaltigkeit als heutzutage
einen breiten Waldgürtel. Nebst vielen Arten ganz anderer systematischer Zu-
gehörigkeit hausten hier schon die meisten unserer heutigen W^aldbäume oder
doch nahe Verwandte derselben und hatten viele Charakterpflanzen der
heutigen baltischen Flora zur Begleitung. Sie alle waren weit, bis ins zentrale
Asien, ihre wahrscheinliche Heimat, die damals infolge des temperierenden
Einflusses des Hanhaimeeres ein ausgesprochen ozeanisches Klima hatte, ver-
breitet. Auf den Höhen des Gebirges wohnte auch damals schon eine Hoch-
gebirgsflora, welche sich aus den alten tertiären, für unsere Alpen so bezeich-
nenden Gattungen: Saxifraga, Rhododendron, Primula, Androsace, Wulfenia,
Veronica, Campamda usw. zusammensetzte, die seinerzeit entweder von Arten
der Ebenen Europas sich abgegliedert hatten oder aber bereits als alpine Typen
von Asien aus den Alpen zugekommen waren.
Gegen das Ende der Tertiärzeit wurden die Sommer feuchter, die Winter
schneereicher, die mittleren Jahrestemperaturen immer geringer. Es kam die
erste Glazialzeit. Sie machte der tropischen, subtropischen und mediterranen
F'lora des Alpengeländes und seiner Umgebung, indem sie die Pflanzen ent-
weder überhaupt vernichtete, oder aber zum Rückzuge nach Süden zwang,
ein für alle Male ein Ende. Auch die Laub- und Nadelgehölze der montanen
Region und ihre Begleiter fielen demselben Schicksale anheim. Sie gingen
zum Teile zugrunde, zum Teile mußten sie in wärmeren, unvergletscherten
Gebieten, also vor allem im Süden und Osten, Zuflucht suchen. Die Alpen-
pflanzen aber wurden gezwungen, ihre luftigen Höhen, die sich jetzt mehr und
mehr in Eis hüllten, zu verlassen. Sie fanden auf den nicht oder doch wenig
vergletscherten Höhen des Ost- und Südrandes der Gebirge, welche heute
noch durch relativ großen Artenreichtum ausgezeichnet sind (z. B. Wiener
Exkursion in die Ostalpen. 7
Schneeberg, Dolomiten) und in den dem Alpenlande vorgelagerten Niede-
rungen, in welchen sie jetzt ungefähr diejenigen Existenzbedingungen an-
trafen, welchen sie früher Jn der Alpenregion ausgesetzt gewesen waren, neue,
ihnen zusagende Wohnsitze. Da auch der ganze Norden bis an die Sudeten
und Karpathen im Süden vergletschert war, wurden die Areale der arktischen
Pflanzen sehr weit südlich verschoben und derjenige Teil Mitteleuropas, wel-
cher von den Alpengletschern im Süden und von den arktischen im Norden
begrenzt wurde, also Mittel- und Süddeutschland, ein großer Teil Frankreichs
usw., beherbergte damals, wie aus verschiedenen diluvialen Funden hervorgeht,
eine überaus mannigfaltige Mischflora alpiner und arktischer Elemente. Über-
dies hatte das feuchtkühle Klima der Eiszeit eine Expansion des Verbreitungs-
gebietes der Pflanzen der asiatischen Gebirge zur Folge und viele derselben
mögen zu dieser Zeit nach Europa gelangt sein. Durch die Mischung alpiner,
arktischer und asiatischer Typen in den Ebenen unseres Kontinentes wurde
zweifellos die Neubildung von Formen begünstigt-
Als dann wiederum trockeneres, wärmeres Klima eintrat und die Alpen
vom Eise befreit wurden, das ist in der ersten Interglazialzeit, zogen sich die al-
pinen Arten in ihre alten Wohnsitze in den Höhenregionen der Gebirge, aus denen
sie früher verdrängt worden waren, zurück. Viele altaische Typen, die natür-
lich jetzt auch aus den Ebenen weichen mußten, dürften sich ihnen angeschlos-
sen haben. Die Neubesiedelung erfolgte naturgemäß umso rascher und gründ-
licher, je weniger die einzelnen Teile der Alpen vergletschert waren, respek-
tive je rascher sie jetzt entgletschert wurden, weshalb denn stark vergletscherte
Gebiete (Ötztaler Alpen) heute noch durch relative Artenarmut gekennzeichnet
sind. Die arktischen Pflanzen wanderten wieder nach Norden, zum Teile blie-
ben sie aber im Alpenlande zurück, wo sie sich insbesondere in den Mooren
des Vorlandes bis auf den heutigen Tag erhalten haben, und nicht wenige
folgten den Alpenpflanzen auf ihre Höhenstandorte. Insbesondere in den
feuchten Uralpen haben sich viele bis in die Gegenwart erhalten und sind dort
im Gegensatze zu den relativ trockene, warme Lokalitäten bevorzugenden al-
j)inen und altaisch-alpinen Typen auf kalten, feuchten nordseitigen Stand-
orten Konstituenten der Schneetälchenfluren, Moos- und Flechtentundren, der
Vegetation feuchter Felsen usw. geworden. Daß umgekehrt auch nach der
Eiszeit echtalpine und altaisch-alpine Elemente auf dem Wege über Mittel-
europa nach Norden gelangten , ist für die Geschichte der Ostalpenflora
ziemlich belanglos. Nicht nur aus den umliegenden Ebenen, sondern auch aus
den benachbarten östlichen, südlichen und westlichen Gebirgen, den Karpathen,
dem illyrischen Berglande, dem Apennin und den Pyrenäen erhielten unsere
Alpen neuen Zuzug, um andererseits auch ihnen neue Elemente zu geben. Das
Vorland der Alpen aber und die Täler und unteren Hänge des Gebirges wurden
jetzt neuerdings von Laub- und Nadelhölzern und ihren Begleitpflanzen besiedelt.
Durch die kontinuierliche Zunahme der Temperatur und Trockenheit wurde
99
das Klima der ersten Interglazialzeit allmählich ein .Steppenklima, das bedeu-
tend wärmer und trockener war als unser heutiges Klima. Die Folge davon
war, daß das Vordringen östlicher und südlicher Elemente in das Alpengebiet
begünstigt wurde. Eine Steppen- und Waldflora bedeckte während der wärm-
sten Zeit dieser Epoche das Vorland und die unteren Hänge der Alpen, auf
deren Höhen bereits die aus echt alpinen, altaisch-alpinen, arktischen Typen
und den Deszendenten derselben gemischte Hochgebirgsflora sich ausbreitete.
Eine zweite Eiszeit, die längste von allen, schuf ähnliche Zustände, wie sie die
erste geschaffen hatte, eine ihr folgende Epoche mit Steppenklima wiederholte
das Bild der ersten Interglazialzeit. Auf diese kam eine dritte, weniger folgen-
schwere Zeit der Vergletscherung (dritte Eiszeit), welche eine neuerliche, die
postglaziale vSteppenzeit im Gefolge gehabt haben dürfte, auf welche dann all-
mählich die heutigen Verhältnisse sich einstellten.
Die Erhöhungen der Temperatur und Trockenheit innerhalb der Inter-
glazialzeiten und in der postglazialen Steppenzeit veranlaßten jedesmal ein
Zurückweichen der alpinen und arktischen und eine Begünstigung der ponti-
schen und meridionalen Elemente, die Depression des Klimas in den Eiszeiten
umgekehrt eine Förderung der ersteren und eine Dezimierung der letzteren.
In der zweiten Interglazialzeit muß ein besonders warmes Klima geherrscht
haben, welches eine Invasion pontischer, mediterran-afrikanischer und atlanti-
scher Arten ^) begünstigte. In der Höttinger Breccie, welche diesem Horizonte
angehört, sind, nebst vielen anderen, Reste von Chamaebuxus alpestrk, Buxits
sempervirens und Rhododendron Ponticiim erhalten geblieben.
Nur an ganz besonders kühlen, feuchten Stellen konnten Arten, welche
in den kalten glazialen Perioden weite Verbreitung hatten, also alpine und ark-
tische Typen, an trockenen, warmen Lokalitäten dagegen pontische und süd-
liche Elemente fernab von ihren heutigen geschlossenen Arealen bis auf den
heutigen Tag sich erhalten. Die ersteren sind die glazialen, die letzteren die
interglazialen Relikte.
Der Umstand, daß durch die einzelnen Eiszeiten die Flora der Alpen
nicht jedesmal vollkommen zugrunde ging, sondern sich vielmehr jedesmal an
geschützten Stellen Arten erhalten haben, und daß durch jede Steppenzeit die
Folgen der vorausgegangenen Eiszeit und umgekehrt durch jede Eiszeit die
der vorausgegangenen Steppenzeit nur verwischt und nicht gänzlich vernichtet
wurden, macht es sehr schwierig, den Anteil der einzelnen Epochen an der heutigen
Konstellation der Floren genauer zu verstehen. Jedenfalls dürfte aber naturgemäß
der Hauptanteil der jetzigen Pflanzenverbreitung den Einwirkungen der letzten
Eiszeit, der postglazialen Trockenheitsperiode, auf welche beide P2pochen die
meisten unserer Glazial- und Interglazialrelikte zurückzudatieren sein dürften,
und den auf diese allmählich sich einstellenden heutigen Verhältnissen gebühren.
Kerners aquilonares Element.
Infolge der ständigen Hin- und Herwanderungen und überhaupt der ver-
schiedenartigen Beeinflussungen gingen manche Formen zugrunde oder er-
hielten sich nur in Resten — diverse alpine Gattungen (Petrocallis, Widfenia,
Eriniis, To:^^ia) sind nur mehr in einer Art vertreten — manche sind entweder
in Anpassung an die geänderten Verhältnisse oder auch durch Kreuzung ver-
schiedener Elemente neu entstanden.
In der postglazialen Zeit gesellte sich die menschliche Kultur als ein
ganz neues Element zu den die Pflanzenwelt beeinflussenden Faktoren. Für
die alpine Flora bedeutete die Herabdrückung der Baumgrenze den Gewinn
neuer Standorte. Das Mähen der Matten und Wiesen, der Weidegang der
Herden und die Düngung sind für die Pflanzenwelt des baltischen und alpinen
Gebietes von gleich großer Bedeutung. Durch den Schnitt der Sense wird
mit der Zeit eine blütengeschmückte Alpenmatte in einen einförmigen Grami-
neenteppich verwandelt. Auch der Weidegang begünstigt durch die Bereiche-
rung des Bodens das Vorherrschen trivialer Typen auf den Grasbeständen der
Alpenregion. Im baltischen Florenbezirke sind überdies die Einführung ganz
neuer Gewächse, die Verschleppung der alten, die indirekte Begünstigung des
Vordringens pontischer Arten durch Schaffung für sie geeigneter Standorte
(Bahndämme usw.), auf denen sie der Konkurrenz der baltischen Typen erfolg-
reich trotzen können, die Ausrottung gewisser Pflanzen (z. B. der Zirbe), die
Vernichtung ganzer Formationen, so vor allem der Torfmoore,^) und insbeson-
dere die unbewußte Züchtung ganz neuer Elemente (saisondimorphe Typen
usw.) durch die Wiesen- und Felderkultur einige der wichtigsten Folgen der
Eingriffe der Menschen.
Aus all dem Gesagten geht wohl mit voller Bestimmtheit hervor, daß
sich die Pflanzenwelt der Ostalpen heute keineswegs in einem Gleichgewichts-
zustand befindet oder sich auch nur einem solchen nähert^ sondern daß sie viel-
mehr, preisgegeben dem ewigen Wechselspiele zerstörender und wieder auf-
bauender Kräfte, in ununterbrochener Weiterentwicklung begriffen ist.
^) Durch die Entsumpfung des Ibmermoores an der oberösterreichisch-salzburgi-
schen Grenze ist erst vor zirka drei Dezennien Alisma parnassifoüum, das dort seinen
einzigen Standort am Nordrande der Alpen innehatte, verschwunden.
IL Schilderung der Reiseroute.
A) Von Wien durch Nordsteiermark nach Salzburg.
(Ostnorische Kalk- und Zcntralalpcn.)
Von
F. Vierhapper.
Wien — Kapfenbcrg — Thörl. ^)
Wenn man vom Wiener Südbahnhof aus über den Semmering nach
Steiermark reist, so durchfährt man zunächst von Norden nach Süden eine
beiderseits von mehr und mehr ansteigenden Bergen umrahmte Ebene, das so-
genannte Wiener Becken. Wien selbst ist in seinem nordwestlichen Winkel
gelegen. Das Wiener Becken ist ein Senkungsfeld, welches von zwei in der
Gegend von Gloggnitz zusammentreffenden Bruchlinien, einer nord-südlich von
Wien nach Gloggnitz verlaufenden im Westen und einer bei Hainburg be-
ginnenden und in nordost-südwestlicher Richtung gleichfalls bis Gloggnitz rei-
chenden im Osten, begrenzt wird. Beide Bruchlinien sind durch das Auftreten
von Thermen bezeichnet; die westliche wird von den Schwefelwasserstoff häl-
tigen Quellen von Meidling, Mauer, xMödling, Baden, Vöslau und Fischau be-
gleitet, unter den Thermen des östlichen Bruches ist die von Sauerbrunn
die bekannteste.
Der westliche Bruch, längs dessen die Bahnlinie hinzieht, schneidet die
äußere Zone der Ostalpen — von Norden nach Süden die Sandstein- und Kalk-
zone und den nördlichen Teil der größtenteils aus silurischen Schiefern und
Kalken bestehenden Grauwackenzone — in einer fast ganz geraden Linie ab.
An der Ostseite des östlichen Bruches taucht in dem aus Gneis bestehenden
Leithagebirge, einem Ausläufer des sich südwestlich anschließenden Rosalien-
gebirges und des Wechselstockes, der Kern der Zentralzone der Alpen empor.
Vom Südbahnhofe ausfahrend, hat man zur Rechten, über das Häuser-
meer von Wien hinblickend, die Berge der Sandsteinzone (Kahlengebirge,
Tiergarten) vor sich. Durch das Kaltenleutgebnertal von diesen getrennt, be-
ginnen bei Liesing die mesozoischen Kalkberge und erstrecken sich, sukzessive
an Höhe gewinnend, bis zum Semmering. Die unteren Hänge und die Ebene,
welche die Bahn durchquert, gehören, wie man aus dem mannigfaltigen Wech-
^) Die geologischen Daten dieses Abschnittes nach A. Ginzberger, Exkursion
in die illyrischen Länder, S. 59.
sei von Schwarzführenwäldern, Buschgehölzen, Heidevviesen und VVeinkulturen
ersehen kann, noch zum Gebiete der pontischen Flora. Sehr auffällig ist der
Kontrast zwischen den dujaklen Wäldern der Sciiwarzführe und dem freudigen
Grün der Buchenbestände. Die Grenzlinie zwischen diesen Wäldern ist zu-
gleich die Grenze zwischen pontischer und baltischer Flora, die bereits im
Inneren des Wienerwaldes dominiert. Die Schwarzföhre ist zweifellos wild,
wird aber vielfach auch, und zwar mehr des Harzes als des Holzes wegen, auf-
geforstet. (Großer aus dem i8. Jahrhundert stammender Schwarzföhrenwald
zwischen Wiener-Neustadt und Neunkirchen.) An den Bahndämmen fallen die
orauen Büsche des eingeschleppten Lyciimi Ewopaeiim durch besonders häu-
fia-es Vorkommen auf. In der Gegend von Baden sieht man große Kulturen der
hier auch wild wachsenden Prunus Mahaleb («Weichselstücke»).
Zur Linken erblickt man schon bald außer Wien das die Ebene des
Beckens im Osten begrenzende, langgestreckte Leithagebirge, welches östlich
von Wiener-Neustadt durch eine tiefe, mit jungtertiären Schichten bedeckte
Einsenkung (Thermen von Sauerbrunn) vom Rosaliengebirge getrennt ist.
Letzteres geht, wie bereits erwähnt, in den Wechselstock über, welcher als
langer Rücken mit dem Otter, vSonnwendstein usw. die Aussicht nach Süden
abschließt. Schon vor Wiener-Neustadt betritt die Bahn das unfruchtbare, ge-
röllreiche, aus zwei durch die Flüsse Piesting und Schwarza gebildeten Schutt-
kegeln bestehende Steinfeld (pontische Heidewiese, bescheidene Maiskulturen).
Hinter Wiener-Neustadt zur Rechten der lange Absturz der aus mesozoischen
Kalken aufgebauten Hohen Wand (typisches Plateaugebirge), im Hintergrunde
der Schneeberg (Triaskalk, 2075 m).
Von Neunkirchen an läuft die Bahn im Tale der Schwarza, das nun
immer enger wird. In Gloggnitz beginnt die zirka 42 km lange, berühmte
Semmeringbahn, die älteste größere Gebirgsbahn der Erde. Der Bahnkörper
ist bis zur Semmeringhöiie zumeist in die Triaskalke und stellenweise auch in
die Grauwacke eingeschnitten. Herrliche Ausblicke auf die grotesken Kalk-
felsen und -Wände, die in kühnen Serpentinen genommen werden. Rechts
stellenweise die Abstürze des Plateaus der aus Triaskalken bestehenden Rax-
alpe. Auf den Felsen subalpine Pflanzenarten, auf den Gehängen Wälder mit
Schwarz- r.nd Rotföhren, Buchen und Fichten. Bei der vStation Semmering hat
man zur Linken den der Grauwacke angehörenden Sonnwendstein (1523 m) in
allernächster Nähe. Unmittelbar vor dem Tunnel rechts das Denkmal Ghegas,
des Erbauers der Semmeringbahn. Im Tunnel selbst der höchste Punkt der Bahn
(897 m), zugleich die Grenze zwischen Niederösterreich und Steiermark. Die
Bahn tritt jetzt ins Tal der Fröschnitz, eines linken Zuflusses der Mürz, und bei
Mürzzuschlag ins Mürztal selbst. Zur Linken erhebt sich das Stuhleck (1783;»),
eine sanft geformte Gneiskuppe, der höchste Gipfel der Wechselgruppe, zur
Rechten die Grauwackenkette mit der kalkreichen Kampalpe, dem Drahte-
kogel und anderen Kuppen. Die üppiggrünen Wiesen des Mürztales und die
io3
dunklen Fichtenwälder auf den Berghängen lassen uns erkennen, daß wir in
der grünen Steiermark sind. Links auf den Bergen über Krieglach das Alpl
und die Waldheimat mit der Geburtsstätte Peter Roseggers, des berühmten
steirischen Volksdichters.
In Kapfenberg verlassen wir die Südbahn, um mit der Linie Kapfen-
berg — Aflenz der steiermärkischen Landesbahn im Graben des Thürlbaches,
eines rechten Zuflusses der Mürz, die hier stark verschmälerte Grauwacken-
zone durchquerend, an vielen Eisenwerken und Gipsstampfen vorbei nach 'I'hörl
zu fahren. Bei der Station Margarethenhütte reclits Sa.vifi-aga altissima.
Der Hochschwab.
Von Thörl zu Fuß oder mit Wagen durch den Fölzgraben zum Fölz-
(Hochschwab-)hotel (1^/2 Stunden).^) Von hier aus durch die enge, oft nur
klafterbreite Felsenschlucht derFölzklamm zum Fölzboden und über die Schlag-
hütte zur Fölzalm (1472 m); dann über den Fölzsattel (i663 m) und den Ochsen-
steig (nur für Schwindelfreie!) zur Voisthalerhütte (1670;;?); dann längs des
Fußes des Wetterkogels über den Edelsteig (Schneewanderung!) zum Plateau,
und zwar über den Schwabenboden desselben zum Schiestlhaus (2198 jh) und
zum Hochschwabgipfel (2278 m), ^^j^ Stunden.
Über der Grauwackenzone erheben sich die Triasablagerungen, aus
welchen der Hochschwabstock aufgebaut ist. Die Basis besteht aus Werfener
Schiefern. Die darauffolgenden Kalk- und Dolomitmassen sind nur stellen-
weise durch eine mergelige Einschaltung in zwei unterscheidbare Abteilungen
gegliedert, welche am eigentlichen Hochschwab einen in sich geschlossenen
Komplex bilden, dessen oberer Teil in jeder Weise den obertriadischen Dach-
steinkalken entspricht. In den Gipfelkalken Diploporen (Gyroporellen und
andere Fossilien). 2)
Die Flora des Hochschwabs ist sehr reich. Sie enthält die meisten der
für den östlichen Teil der norischen Kalkalpen charakteristischen Elemente
(S. 86).
Die Wälder auf der Ostseite (von Thörl an) sind größtenteils Fichten-
wälder mit eingesprengten Rotföhren^ Lärchen und Buchen. Die Buchen bilden
keinen geschlossenen Gürtel. Die obersten Föhren im Fölzgraben bei 1125 ;n,
die Baumgrenze im Tale, am Wege, bei 1400 111, rechts an den Hängen bei zirka
1500 m, links erst bei 1700 nz.^) In der Fölzklamm finden sich schon bei zirka
Sog m Pinus niontana, Rhododendron hirsutuni, Rhodotliauinus Chamaecistiis,
') Zeitangaben beziehen sich stets auf Fußtouren.
^) Diese und die folgenden geologischen Angaben verdanke ich Mitteilungen
Herrn Dr. F. Kossmats, welche sich hauptsächlich auf Diener: «Bau und Bild Öster-
reichs», "Wien 1903 und den Führer zu den Exkursionen des 9. internationalen Geologen-
kongresses Wien 1903 stützen.
^) Angabe v. Hayeks.
I04
Saxifraga caesia, Priviula Clusiana, Carex ßnna, Selaginella selagiiwides usw.
Von Pflanzen des Untervvuchses der Wälder sind Erica carnea, Salj'ia glitt i-
nosa usw.;, an freien Stellen: Trisetiim alpestre, Tlialictrmn minus, Alectorolophus
angiistifolius, Buphthalmun,r'^alicifoliuin, Senecio alpestris usw. zu nennen. Um
die Fölzalpe Massenvegetation von Riimex alpinus und Aconitum Neubergense
(S. 51). Auf Geröllhalden Papaver alpinum und eine alpine Form der Silene
\enosa (S. alpina). Das oberste Krummholz bei zirka 2000 m. Auf Alpenmatten
um die Fölzalpe Botrychiwn Lunaria, Henninium Mono?-chis, Dianthus alpinus,
Ranunculus hybridus , Saxifraga adscendens (sehr üppig);, Helianthemum gla-
brum, Meutn athamanticiim, Soldanella alpina, Pedicularis incarnata, Erigeron
polyniorphus, Crepis alpestris usw.; auf den feuchten Felsen, über welche der
Ochsensteig hinführt, Cystopteris alpina, Ranunculus alpestris, Hutchinsia al-
pina, Soldanella Austriaca, Valeriana elongata, Doronicum calcareum. Um die
Voisthalerhütte große Bestände von Rhododendron hirsutuni und Rhodothaninus
Chamaecistus mit Anemone narcissißora, Potentilla Crant^ii, Gentiana vulgaris
usw.; am Rande der Schneegruben Ranunculus alpestris, inontanus, Saxifraga
ai^oides, androsacea, Geum montanum, Soldanella Austriaca, alpina und der
Bastard S. Wettsteinii, Getitiana puinila, verna, Achillea Clusiana u.a. Auf dem
Schwabenboden Salix reticulata, retusa, Silene longiscapa und Norica (Rassen
der acaulis), Thlaspi alpinum, Soldanella Austriaca, pusilla, alpina, Gentiana verna,
Favrati, Valeriana Celtica, Antennaria Carpatica, Homogyne discolor usw. Am
Hochschwabgipfel Gesteinfluren (S. 72) mit Sesleria ovata, Alsine aretioides,
sedoides, Petrocallis Pyrenaica, Draba stellata, Sauteri, ai^oides und dem Bastard
aus diesen beiden, Saxifraga ai^oides, sedoides.
Auf dem Gipfel befindet sich ein gußeisernes Monument zur Erinnerung
an Erzherzog Johann. Die Rundsicht ist von unendlicher Ausdehnung und
überraschender Großartigkeit. Im Norden und Nordwesten sieht man die lange
Reihe der nördlichen Kalkalpen — unter ihnen die charakteristischen Gestalten
des Ötschers und Dürrensteins besonders auffallend — bis zum Totengebirge,
Dachstein und Höllengebirge. Vom Westen winken die zackigen Kalkberge
des Gesäuses herüber und aus dem Hintergrunde tauchen einzelne Gipfel der
Niederen Tauern empor. Ja selbst die bereits den Hohen Tauern angehörende
Hochalpenspitze ist bei klarem Wetter zu sehen. Gegen Südwesten und Süden
schauend, überblickt man die ruhigen Linien der steirisch-kärntnerischen Ur-
alpen (Brucker, Stainzer Alpen, Saualpe usw.), welche in blauer Ferne von
einzelnen hellen Karawankengipfeln (z. B. Obir) überragt werden. Nach Süd-
osten zu breiten sich die Fischbacher Alpen (Hochlantsch) und das steirische
Hügelland mit seinen welligen Höhenzügen aus; im Osten aber erheben sich
Stuhleck und Wechsel und links an diese anschließend Schneeberg, Rax,
Schneealpe und Veitsch.
Vom Hochschwabgipfel Flateauwanderung über den Großen Speikboden,
Hundsboden, links am Sackwiesensee vorbei zu den Sonnschienalpen (4 Stun-
105
den), von diesen über die Hörndlboden- und Kulmaljjen (schöner Blick auf die
in der Tiefe liegenden Pfarrlacke) zum Neuvvaldeggsattel (1605 m, prachtvoller
Rückblick auf den Hochschvvab) und von hier aus Abstieg ins Gsohltal und
durch dieses (eventuell mit Wagen) nach Eisenerz, 4^/2 Stunden.
Während der östliciie Teil des Hochschwabmassivs die höheren Spitzen,
steile Wände und große Schluchten enthält, hat der westliche Teil mit seinen
zahlreichen kleineren Mulden mehr minder karstähnliches Aussehen und er-
innert dadurch an das Tote Gebirge, Steinerne Meer und Tennengebirge. Das
Plateau, an dessen nördlichem Rande zwei mächtige Gipfel, der Hundstein und
Ebenstein, aufragen, fällt in Terrassen nach Westen zu ab. Beim Abstiege nach
Eisenerz gelangt man wiederum zur Basis der Triaskalkmassen, welche, aus
Werfener Schiefern und buntem Sandstein bestehend, auf den nach Westen zu
sich anschließenden Bildungen der nördlichen Grauwackenzone lagern.
Auf den Matten und in den Schneetälchen im obersten Teile des Hoch-
schwabplateaus (vSpeikboden usw.) findet man außer verschiedenen der bereits
genannten das Moos Saiiteria alpina, ferner Selaginella selaginoides , Sesleria
varia, Poa minor, Carex parrißora, atrata, sempervirens, Lu:iiila glabi-ata, Cha-
maeorchis alpina, Nigritella nigra, Polygonimi viviparum, Alsine Gerardi, Trollius
Europaeus f. humilis, Arabis coerulea, Seduni atratiim, Saxifraga nwschata, Po-
tentilla Cliisiana, Dryas octopetala, Astragalus frigidus, Oxytropis montana,
Hedysarum obscuriim, Helianthemuni alpestre, Viola alpina, Meinn Mutellina,
Loiseleuria procumbens, Primula Clusiana, minima, Androsace Chamaejasme, Ar-
meria alpina, Gentiana vulgaris, Favrati, Bartschia alpina, Pedicitlaris rostrata,
asplenifolia, geminata, verticillata, rosea, Galium anisophyllum, Campantila pii-
silla, Scheuch:[eri, alpina, Chrysanthemum atratum, Cirsium spinosissimum usw.
Über alpine Flechten vergleiche man das auf S. 74 Gesagte.
Von den tieferen Plateauterrassen sind große Flächen mit dichten Be-
ständen von Rhododendron hirsutum und auch ferrugineum sowie Rhodotham-
nus Chamaecistus bedeckt, zwischen welchen sich außer Moosen und Flechten
verschiedene Stauden, z. B. : Aspidium rigidum, Lu^ula angustifolia, Alchimilla
Anisiaca , Myosotis alpestris , Veronica fruticans , Scabiosa lucida, Campamila
Scheuch~eri, Solidago alpestris, Achillea Clavenae, Homogyne alpina, Senecio
abrotanifolius , Hieracium villosiceps usw. erheben. Auch Juniperus nana ist
nicht selten. Auf feuchteren Felsen ober der Hochsteinalpe gedeiht Sedum
roseum, die Ränder der mit Schnee gefüllten Trichter werden durch Saxifraga
androsacea, Geum montanum, Soldanella Austriaca, alpina, Wettsteini, Veronica
alpina geschmückt. Auch das Lebermoos Hypenantron Lindenbergianum ist hier
zu finden. Die ersten (obersten) Legföhrenbüsche begegnen uns bei zirka 1950 m,
die ersten verkrüppelten Fichten und Lärchen ober der Häuselalm bei zirka
1450 jn.^) In der Nähe dieser Almhütte wächst auf humusreichem Boden Gagea
^) Nach Mitteilungen v. Hayeks.
io6
minima. Um den Sackwiesensee (1421 m) bereits Fichtenbestände. Hinter ihm
steigt die Kalkwand der Seemauer auf. Auf den sumpfigen Böden um den See,
welche zum Teile infolge der Anwesenheit von Sphagnen hochmoorartigen
Charakt(?r haben, sind unter*anderen das Lebermoos Scapania irrigua, ferner
Phragmites communis, Glyceria ßiiitans, Eriophonmi vaginatum, latifolium, poly-
stachyum, Trichophoriun alpinum, Heleocharis palustris, Jimcits alpinus, Parnassia
palustris, Trifolium badium, Viola palustris, Bartschia alpina, Pedicularis recu-
tita, Cirsium palustre u. a., auf trockenen tiefgründigen Stellen (Voralpenfluren,
S. 50), Nigritella rubra, Gymnadenia albida, conopsea, Heracleum Austriacum,
Gentiana Pannonica, Crepis blattarioides usw., im Kiese quelliger Plätze Saxi-
fraga ai:^oides, stellaris , Campanula puUa zu finden. Am Wege vom See zu
den Sonnschienalpen Listera cordata, Moehringia hybrida (ciliata X muscosa). ^)
Bei den am Fuße des Ebensteins gelegenen Sonnschienalpen üppige Milch-
krautweiden (S. 71) mit Phleum alpinum, Deschampsia caespitosa, Potentilla
aurea, Crepis aurea. Auf den Gehängen in der Nähe der Kulmalpen Avena-
strum Parlatorii mit Gymnadenia odoratissima, Euphrasia picta, Erigeron poly-
morphus in Menge. Blick auf die Pfarrlacke. Bei den Neuwaldeggalmen
Bryum Schleicheri. Unterhalb der über den Neuwaldeggalmen zwischen
Frauenmauer (mit Frauenmauerhöhle, die in der Länge von 645 m den
ganzen Berg von Osten nach Westen durchsetzt) und Griesmauer gelegenen
Einsattelung mischwaldartige Bestände, zusammengesetzt aus Picea excelsa,
Sorbiis aucuparia, Acer Pseudoplatanus, Pinus montana, Vaccinium Myrtillus,
Clematis alpina usw. mit üppigem Staudenwuchse. Vom Sattel selbst prächtiger
Ausblick auf die Hochschwabgipfel und gegen Eisenerz. Steiler Abstieg ins
Gsohltal. Auf dem Hange mächtige Bäume des Bergahorn (Acer Pseudo-
platanus), Gebüsche von Alnus viridis, Sambucus racemosa, Lonicera Xylosteum,
alpigena etc., üppige Stauden, wie: Melica nutans, Poa alpina, Veratrum album,
Liliiim Martagon, Polygonatum verticillatum , Aconitum Vulparia, Ranuncuhis
platanifolius, Geranium silvaticum, Hypericum quadrangulum, Stachys alpina,
Adenostyles glabra, Alliariae, Solidago Virga aurea, Doronicum Austriacum,
Senecio Sarracenicus, Carduus Personata, Mulgediiim alpinum usw.
Die das Gsohltal flankierenden Hänge tragen dichte, wohlgepflegte
Fichtenforste. Die Ufer des Gsohlbaches, eines rechten Zuflusses des Erz-
baches, an welchem Eisenerz liegt, sind mit Alnus incana, Evonymus vulgaris
und mitunter auch Cornus sanguinea bewachsen.
Eisenerz.
Der Marktflecken Eisenerz (692 m) ist der Sitz eines uralten Bergbaues
auf Spateisenstein. Dieses wichtige Mineral ist in die paläozoischen Kalke
eingelagert, welche zusammen mit Tonschiefern den wesentlichsten Bestand-
') Leg. Handel-Mazzetti.
107
teil der den Erzberg aufhauenden Grauvvacke bilden. Es wird durch Tag-
bau und auch durch Ausbeutung von Gruben gewonnen. Von der beim
Barbarahause (Eisenerzer Berghause) am Erzberge gelegenen Restauration,
^L Stunden (in den Fichtenwäldern des Erzberges Pirola minor, Soldaueila
montana usw.), hat man einen instruktiven Überblick über die Abbauterrassen
des Erzberges und des dahinter aufragenden Eisenerzer Reichensteins. Der Be-
such des Bergbaues selbst und des noch hoher liegenden Vordernberger Berg-
hauses (^/^ Stunden) ist gegen vorherige Anmeldung gestattet. Die Durchwan-
derung der in nahezu 50 Etagen übereinander Hegenden Gruben und Tagbaue
(großartige maschinelle Fördereinrichtungen!) beansprucht mehrere Stunden.
Sprengungen täglich viermal. Besonders empfehlenswert ist die Besichtigung
eines Hochofenanstiches. Der Hochofenbetrieb ist jetzt auf einen in der Nähe
des Bahnhofes befindlichen, modern eingerichteten Hochofen konzentriert^ der
40 Waggons Eisen pro Tag zu erzeugen vermag. ^)
Ein sehr lohnender Ausflug von Eisenerz aus ist der Besuch des grünen,
waldumrahmten Leopoldsteinersees (619 m) , welchem die schroff abfallende
Seewand (auf ihr oft Gemsen zu sehen) einen malerischen Hintergrund ver-
leiht. Man gelangt zu ihm entweder zu Fuß über die untere oder obere Pros-
sen (zirka i^j^ Stunden) oder per Bahn (Haltestelle Leopoldsteinersee).
Eisenerz — Leoben — Knittelfeld — Sekkau.
Zwischen Eisenerz und Leoben ist die Grauwackenzone von bedeutender
Breite. Im letzten Teile der Fahrt, kurz vor Leoben, tritt man in eine Zone
archaischer Phyllite und anderer archaischer Gesteine ein, welche auch gele-
gentlich innerhalb der Grauwackenzone zur Geltung gekommen sind.
Von Eisenerz mit der Erzbergbahn, einer der schönsten Alpenbahnen
(Zahnstangenbetrieb), in südöstlicher Richtung nach Vordernberg. Bis zur
Station Erzberg fast ununterbrochen Ausblick auf die Gruben und Tagbauten
des Erzberges. Mehrere interessante, Gräben übersetzende Viadukte. Im Pre-
bichltunnel höchster Punkt der Bahn bei 1204 m. Von Vordernberg im Tale
des der Mur zufließenden Vordernbergerbaches abwärts nach der im Murtale
gelegenen ansehnlichen Stadt Leoben (532 »n; 8480 Einwohner), dem größten
Orte Obersteiermarks. Bei Leoben ein braunkohlenführendes Tertiärbecken.
Leoben ist Sitz einer Bergakademie und Mittelpunkt großer Eisen- und Kohlen-
bergbaue. Hüttenwerke im Seegraben. Die sanften Linien der größtenteils der
kristallinischen Zone angehörigen Berge und Vorberge, deren Hänge mit aus-
gedehnten Fichtenwäldern bekleidet sind, und die grünen Wiesen des breiten,
von der Mur durchflossenen Tales vereinigen sich in der Leobener Gegend zu
einem überaus anmutigen Landschaftsbilde. Lohnende Spaziergänge.
^) Nach Förster -Ronniger, Touristenführer. i3. Auflage. Wien, Verlag
Holder, 1905.
loS
Von Leoben führt die Staatsbahn in südwestlicher Riclitiin^ in dem rechts
und links von sanft geformten, der kristallinischen Zone angehörigen Bergen
bec-renzten Murtale aufwärts, bei Kraubath eine Serpentinmasse {Asplenium
adulterinum, ciineifoUum, Alyssiim Preismanni, Sempervivum Pittonii, Anneria
elon^ata) durchsetzend, nach Knittelfeld, dem Ausgangspunkte für die Be-
stei-J-uno- des Sekkauer Zinken. Der Kraubather Serpentin ist durch Umwand-
luno- eines Olivin-Bronzitgesteines entstanden. Bei St. Michael übersetzt die
Bahn den Liesingbach, einen linksseitigen Zufluß der Mur, welcher zusammen
mit dem in die Enns mündenden Paltenbach die Grenze zwischen den ost-
norischen Ur- und Kalkalpen bildet.
Von Knittelfeld (628 nz) (Eisenindustrie) per Wagen nach Sekkau. Auf
den Wiesen des Murtales Geraniiim pratense. Man durchquert eine ziemlich
kompliziert gebaute Zone tertiärer Ablagerungen. Auf Rainen am Rande des
Sträßchens, gegen Sekkau zu, Spierstaudengebüsche (S. 42) mit Spiraea salicifoUa
nebst Rosa canina, glauca, dumetorum, Genista sagittalis, tinctoria, Cytisus sii-
pinus, Aconitum rostratum, Peucedanum Oreoselimnn, Galimn verum, Mollugo usw.
Sekkau (842 ??z) mit Domkirche und Stift. Spaziergang auf den Kalvarien-
ber'x. In den Wäldern Carex ornithopoda, Actaea nigra, Aconitum Vulparia,
Ranunculus nemorosus, Cardamine trifolia, impatiens, Daphne Me^ei'eiim, Pirola
unißora, sccunda, Erythraea Centaurium, Sympliytum tuberosum, Stachys alpina,
Knautia intermedia, Galium rotundifolium, Prenanthes purpurea, Hieracium sil-
vaticum und vulgatum in verschiedenen Formen usw. Auf Preisen Asplenium
viride. Auf feuchten Wiesen Rhynchospora alba, Filipendula hexapetala, Senecio
crispatus, Cirsium rivulare, in den Teichen Utricularia vulgaris. Am Südhange
des Kalvarienberges bildet die Rotbuche größere Bestände.
Der Sekkauer Zinken.
Von Sekkau zum «Steinmüller» in den Graben des Zinkenbaches und
diesem entlang in nördlicher Richtung aufwärts über die Schwaigerhütten
(1395 m), Eberlhütten auf die Spitze des Sekkauer Zinken (2398 m). Abstieg
zu den Gotsthalerhütten (1488 m) und durch den Gotstalgraben abwärts in
das Tal des Liesingbaches nach Kallwang (753 "2), 8^/2 Stunden. Die Partie ist
vollkommen ungefährlich und erfordert nur im Gipfelgebiete Schwindelfreiheit
und einige Vorsicht. Der Sekkauer Zinken ist der östlichste Hochgipfel der
Niederen Tauern und ein typischer Repräsentant der archaischen Zentralzone
der Ostalpen. Man wandert über ein mächtiges aus den Granatglimmerschiefern
auftauchendes Gewölbe von Gneisen, in welchen zum Teile, Glimmer zum Teile
Hornblende überwiegt.
Die Pflanzenwelt des Zinken ^) gibt uns ein typisches Bild der Flora der
ostnorischen Zentralalpen, welche sich von jener der ostnorischen Kalkalpen,
I) Vgl. Tafel XL, XLVII, LH oben.
log
die wir am Hochschvvab kennen zu lernen Gelegenheit hatten, ebenso auffällig
unterscheidet wie die schroffen Felsabstürze dieses Kalkstockes von den sanft
gerundeten Rücken und Kuppen, die wir jetzt überschreiten.
Der dominierende Baum im Zinkenstocke ist Picea excelsa. Sie bildet
einen breiten geschlossenen Gürtel und erreicht bei zirka 1600 — -1700 m ihre
obere Grenze. Lärchen (Larix decidua) sind in den Fichtenwäldern ziemlich
verbreitet, Rotföhre (Pinus silvestris) treten nur vereinzelt auf, die Zirbe (Pinits
Cernbra) ist auf den Nordgehängen sehr zerstreut, die Buche aber fehlt be-
zeichnenderweise vollkommen. Acer Pseudoplatanus ist nicht gerade selten,
ohne sich jedoch zu geschlossenen Beständen zu vereinen.
Am Wege zum Steinmüllergraben wächst auf Felsen Asplenhim septen-
trionale, im Graben selbst ist Alniis incana am Bache tonangebend, ferner sind
Poa Chaixii, Polygonatinn verticillatum, Aconitum Vulparia, Clematis alpina,
Thlaspi alpinum, Arabis alpina, Saxifraga ai:[^oides, Cytisus nigricans (selten),
Geraniiun phaeinn, Pulmonaria Stiriaca, Myosotis silvatica, Lamium maculatum
(diese Pflanze ist im Urgebirge viel seltener als das allenthalben anzutreffende
L. album), Salvia glutinosa, Lonicera caerulea, Knautia intermedia, Aster Belli-
diastrum, Doronicum Austriacum, Carduus Personata, Cirsium Erisithales, erio-
phorum und viele andere zu finden. Auf den Felsen gedeihen Silene i-upestris,
Moehringia miiscosa, Arabis arenosa, Sempervivinii hirtum, Sedum dasyphyllum,
Formen des Hieraciiun vulgatum usw., in den Wäldern Moehringia trinervia. Sehr
instruktiv sind die Voralpenfluren (S. 50) um die Schwaigerhütten. ^) Des-
champsia caespitosa, Veratrum album, Gymnadenia conopea, Silene venosa,
Lychnis ßos cuculi, Ranunculus acer, Myosotis strigulosa, Arnica montana u. a.
sind in üppiger Fülle vertreten. Auch Phleiim alpinum, Dianthus speciosus,
Hypericum quadrangulum, Campanula barbata, Arnica montana, Senecio alpe-
stris, Willemetia stipitata sind Elemente der Voralpenfluren des Zinken. Gele-
gentlich auch Ranunculus platanifolius, Imperatoria Osthruthium, Adenostyles
glabra. Um die Almhütten (S. 51) Urtica dioeca, Rumex alpinus, Chenopodium
Bonus Henricus usw. Am Rande der Wasserrinnsale sind Caltha alpestris, Car-
damine amara, Saxifraga rotimdifolia, Epilobium alsinefoliimi, Chaerophylhmi
Cicutaria und andere zu typischen Quellflurbeständen (S. 73) vereinigt. Auf
Mooren Viola palustris.
Von etwa 1400 — 1500 m an übernimmt am Bachrande Alnus viridis die
Rolle der Alnus incana (S. 40). Auch auf feuchten, üppig begrasten Geiiängen
bis über die Baumgrenze hinauf sind nicht selten größere Flächen von Alnus
viridis bedeckt (S. 64).
Die Legföhre, Pinus montana, ist zwar gegen die Grenze des Baum-
wuchses zu und über diese hinaus nicht selten, vereinigt sich aber nur selten
(z. B. auf den Mitterplanku[)pen) zu größeren geschlossenen Beständen. In
I) Siehe Tafel XL.
ihrem Geful^e befinden sich mit Vorliebe Juniperus nana, die in tieferen La<^en
durch /. intermedia, in noch tieferen durch J. conununis ersetzt wird (S. 66),
das etwa bei 1400 m beginnende Rhododendron ferrugineum, Vaccinium Myr-
tillus und Vitis Idaea. Die Bereinigung dieser Elemente an der Baumgrenze
bei zirka 1640 m — mit einer krüppelhaften Fichte im Hintergrunde bringt
Krasküvits' Aufnahme (Tafel XLVII) in anschaulicher Weise zum Ausdrucke.
Juniperiis nana, Rhododendron ferrugineum und Vaccinium Myrlillus bilden auch
in der unleren Alpenregion ohne das Krummholz entweder jedes für sich oder
zu zweien vereinigt oder alle drei zusammen größere Bestände (S. 64 ff).
Auf den Alpenmatten (S. 69) des Sekkauer Zinken finden sich Lycopo-
dium alpinum, Agrostis nipestris, alpina, Oreochloa disticha, Poa alpina, Festuca
dura, nigrescens, varia, Carex sempervirens, Lu::^ula spadicea, Coeloglossum viride,
Nigritella nigra, Gymnadenia albida, Thesium alpinum, Polygonum viviparum,
Silene Norica, Saponaria Pumilio, Cerastiiim arvense, Alsine sedoides, Gerardi,
Anemone alba, Ranunculus montanus, Sempervivimi Stiriacum, Sedum alpestre,
Saxifraga Ai^^oon (brevifolia), Potentilla aurea, Geum montanum, Dryas octo-
petala, Oxytropis campestris, Meum Mutellina, Loiseleuria procumbens, Primula
villosa, minima, Androsace obtusifolia, Soldanella pusilla, Armeria alpina, Gen-
tiana punctata, latifolia, frigida, verna, nivalis, Myosotis alpestris, Ajuga pyra-
midalis, Veronica bellidioides, fruticans, Euphrasia minima, Alectorolophus lanceo-
latus, Valeriana Celtica , Campanula alpina, barbata, Phyteuma confusum,
Gnaphalium supinum, Anthemis Carpatica, Chrysanthemum alpinum, Homogyne
alpina, Senecio Carniolicus (Form incanescens und glabrescens) , Hypochoeris
unißora, Leontodon Pyrenaicus, Hieracium Pilosella subsp. vulgare, melaneilema
{Aiiricula-Gr\\^^€), glaciale, intybaceum usw.
Auf Milchkrautweiden (S. 71) gedeihen Phleum alpinum, Poa alpina, Aco-
nitum Tauricum, Geimi montanum, Pedicularis verticillata, Crepis aurea; am
Rande von Wasserrinnsalen, Quellfluren (S. 73) bildend, Juncus triglumis, Sedum
roseum, Saxifraga stellaris, Veronica alpina, Bartschia alpina und andere, auf
feuchtem steinigen Boden ist Cardamine resedifolia häufig. Die Schneetälchen-
fluren werden durch Alsine biflora, Rammculus alpestris, Geum montanum, Viola
bißora, Soldanella pusilla, Veronica alpina gebildet.
Die Alpenazalee, Loiseleuriaprocumbens, in 2000172 Meereshöhe und darüber,
bildet im Vereine mit den mitunter die Oberhand gewinnenden Tundraflechten
ausgedehnte Bestände von der auf S. 67 und 74 geschilderten Zusammensetzung.
Typische Repräsentanten der Gesteinfluren der Hochregion sind Cryp-
togramme crispa, Oreochloa disticha, Poa laxa, Lu^ula spicata, Lloydia serotina,
Salix retusa, Silene Norica, Alsine sedoides, Hutchinsia brevicaulis, Sedum
alpestre, Saxifraga blepharophylla, bryoides, moschata, Geum reptans, Primula
glutinosa,'^) Pedicularis asplenifolia, Oederi, Phyteuma paucißorum, Achillea mo-
I) Vs,'l. Tafel I.TI oben.
schata und Doronicwn Clusii subsp. villosinn. Auch der Gipfel, an dessen Nord-
abstürzen auf Felsen Raniinculus glacialis und Coclilearia Pyrenaica ^) vvaclisen,
wird von Gesteinfluren okkupiert.
Von Moosen 2) sind unter anderen Gymnomitrhnn coralloides, Anastro-
phrllum Reichardtii, Pleuroclada albescens, Anthelia Jurat:[kmia, Anoectangiian
cotupactum, Dicranum foliatum, albicans, Rhacomitrium microcarpum, Eucaly-
pha rhabdocarpa, Dissodon Froehlichiamis, Aulacomnium turgidum, Lesciiraea
saxicola, Brachythecium glaciale, Hypnum harnulosinn, Hylocomiwn Pyrenaicinn
in der alpinen Region des Sekkauer Zinken vertreten. Über die Flechten ver-
gleiche man die Angaben auf S. 74.
Das Gipfelpanorama ist ebenso umfassend und großartig wie das des
Hochschwab. Im Norden und Osten sieht man viele Gipfel der nördlichen
Kalkalpen, im Süden die Karawanken, im Westen die Niederen Tauern (Bösen-
stein, Hohenwart, Hohe Wildstelle etc.) und den Dachstein.
Am Abstiege fallen am Ursprung des Gotstalgrabens bei 1700 m Meeres-
höhe ziemlich große, urwüchsige Bestände der hier mit Lärchen und Fichten
die Baumgrenze bildenden Zirbe (Pinus Cembra) auf (S. 33). Reiches Unterholz,
gebildet von Piniis niontana, Rhododendron ferrugineum usw. Rechts oben auf
feuchten, geroUreichen Hängen des Hochreut ausgedehnte Vereine von Alniis
viridis. Bei zirka 1500 m wurde in Felsritzen Erigeron rupestris, der hier seinen
östlichsten Standort erreicht, gefunden. Der Rest des Weges bis ins Liesingtal
in monotonem Fichtenwalde.
Kallwang — Admont.
Bei der Station Wald überschreitet die Bahn den Schoberpaß (849 m),
die Wasserscheide zwischen Liesing- und Paltenbach (Mur- und Ennstal). Die
Palten abwärts in nordwestlicher Richtung (in der Grauwackenzone). An den
Straßenrändern häufig Sorbits Aucuparia gepflanzt. Die Fichtenwälder der Berge
reichen bis ins Tal. Bei Gaishorn links der kleine Gaishornsee mit versumpften
Ufern (Schilf und Binsen, S. 52). Im See massenhaft Nymphaea biradiata.
Moore im Talboden. Bei Selztal mündet der Paltenbach in die Enns. Auf der
in östlicher Richtung die Enns abwärts erfolgenden Fahrt von Selztal nach
Admont sieht man im Norden die Abstürze der nördlichen Kalkalpen, deren
Basis aus Triasmassen sich aufbaut;, während die Gehänge weithin aus den
weichen Schiefer- und Sandsteinbildungen der oft ziemlich bunt gefärbten Wer-
fener Schichten bestehen. Die im Süden sich erhebenden Berge gehören zur
nördlichen Grauwackenzone. Die Enns bildet von hier an aufwärts die Grenze
') Vgl. Pernhoffer G., in V'erhandl. der zool.-bot. Ges., Wien XLVI, S. 884
bis 425 (1896).
2) Nach Breidler, Die Laubmoose Steiermarks (Mitt. naturw. Verein. Steiermark
1901) und Die Lebermoose Steiermarks (a. a. O. 1904).
zwischen den nördliclien Kalkalpen und der Zentralkette. Bald außerhalb Selz-
tal links die im Bau befindliche neue Bahnlinie, welche, von Linz über Klaus-
Steyerling- führend, den Bcjruck in einem ^ktn langen Tunnel durchquerend,
bei Selztal in die Hauptstrecke einmünden wird. Im Talboden mehrere aus-
tredehnte Hochmoore mit dichten Legföhrenbeständen. Bei Frauenberg eine
Fabrik, in welcher aus Torf Pappe hergestellt wird.
Admont (641?«) unweit dem Eintritte der Enns in das «Gesäuse». Herr-
liches Gebirgspanorama. Im Norden die Gipfel der «Haller Mauern»: Pyrgas
(2244?n), Hexenturm und Natterriegel, im Osten der Buchstein und Himbeer-
stein als Talabschluß; im Südosten Hochtor und vSparafeld. Admont besitzt
ein Benediktinerstift mit bald tausendjähriger Vergangenheit. Stiftsbibliothek.
Die Moorwirtschaft Admont.^)
Die Entstehung der zahlreichen Moorbildungen des Ennstales ist mög-
licherweise auf die Zeit, in welcher das Bett der Enns noch höher lag als heut-
zutage, das ist vor dem Zustandekommen des Ennsdurchbruches in seiner heutigen
Gestalt, zurückzuführen. Ostlich von Admont liegt ein ausgedehntes Hochmoor
«Neu-Amerika» (daselbst Torfstreufabrik), westlich das Wolfsbacher Moor,
welches zur Anlage der Versuchszwecken dienenden Moorwirtschaft Admont
der k. k. landwirtschaftlich-chemischen Versuchsstation, Abteilung für Moor-
kultur und Torfverwertung, herangezogen wurde.
Das Wolfsbachermoor, von Admont aus zu Fuß in einer Viertelstunde
zu erreichen, liegt am rechten Ennsufer in einer Höhe von 641 7n über dem
vSpiegel der Adria. Gegenwärtig bedeckt es eine Fläche von 3i-i2liii. Den
Untergrund bildet eine bläulich graue, kalkhaltige, mit unzähligen Glimmer-
blättchen durchsetzte Lettenschichte. Einst viel ausgedehnter, hat es erst
durch die Gewalt der Hochwässer der Enns, welche große Teile desselben
hinwegrissen, seine heutige Gestalt erhalten. An der halbkreisförmigen Ein-
buchtung und dem steilen Abstürze des Moores im Westen erkennt man noch
die Folgen dieser Zerstörungen. Die Regulierung der Enns machte derartigen
elementaren Eingriffen ein Ende.
Die Geschichte des Moores sei hier als glänzendes Beispiel für sukzessive
Veränderungen von Formationen (S. 80) nach den Angaben Berschs^) etwas
ausführlicher geschildert.
') Der Leiter der «Moorwirtschaft Admont der k. k. landwiitscliaftlich-chemischen
Versuchsstation Wien», Herr Adjunkt Dr. Wilhelm Bersch, hat mir einschlägige Daten
in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt, wofür ich ihm zu bestem Danke ver-
pflichtet bin. Man vergleiche die Berichte Berschs in der in Wien erscheinenden
«Zeitschrift für Moorkuhur und Torfverwertung».
2) «Bericht der Moorwirtschaft Admont 1904» in «Zeitschrift für Moorkultur und
Toifverwertung» III, S. i3 — 3o (1905).
ii3
Das Moor dürfte an der Stelle eines ehemaligen durch yVnderung des
Laufes der Enns entstandenen toten Flußarmes gebildet worden sein. Dieser
Arm trocknete nicht aus, sondern ließ versumpftes Gelände und einige Tümpel
zurück, welche durch zusitzende Wässer der nahen Abhänge und Überschwem-
mungen des Ennsflusses gespeist wurden. Am Rande dieser Tümpel ent-
wickelten sich im Laufe der Zeit üppige Rohrgras-, Seggen- und Binsen-
bestände, welche, infolge des reichen Nährstoffgehaltes des Bodens trefflich ge-
deihend, allmählich die ganzen Tümpel ausfüllten und sich zu geschlossenen
Sumpfbeständen, in welchen später mehr und mehr Wiesenmoorelemente die
Oberhand gewannen, vereinigten. Mit fortschreitender Erhebung über die Nähr-
stoffcjuelle wurden die Bedingungen für die anspruchsvollen Sumpf- und Wiesen-
mof)rpflanzen schlechter und schlechter, anspruchslose Gewächse wie Sphag-
?2»n2-Arten und Eriophoriini vaginatimi machten ihnen mit Erfolg den Boden
streitig, und über dem Niveau der ehemaligen Tümpel entstand ein typisches
Sphagnum-Moor. Da dasselbe als natürlicher, Wasser ansaugender Wall den von
den Abhängen zufließenden Wässern den Abfluß versperrte, begann allmählich
auch das umliegende Gelände zu versumpfen, um mit der Zeit in ein Wiesen-
moor («Flachmoor») überzugehen und schließlich auch vom «wachsenden»
Hochmoor okkupiert zu werden. Dieser Prozeß der gleichzeitig und gewisser-
maßen konzentrisch erfolgenden Ausdehnung des Sumpfes, Flach- und Hoch-
moores läßt sich auch heute noch beobachten, wenn auch, infolge der Ableitung
des zusitzenden Wässer, die Bedingungen für die Moorbildung ungünstigere
geworden sind. Der Torfbefund bestätigt die eben geäußerten Annahmen: zu
Unterst liegt Schilf-, über diesem Riedgras- und zu oberst Sphagmim-Yovi. Indem
sich nun zwischen den Flachmoor- und Hochmoorschichten überall eine zirka
20 — 3oc;n starke Erlenholztorfschichte findet, beweist er auch, daß der Über-
gang zwischen Flach- und Hochmoor durch Erlenbrüche vermittelt wurde.
Entlang des südlichen Randes des Moores ist dieser Erlengürtel heute noch
erhalten.
Die Mächtigkeit der Flach- und Hochmoortorfschichte beträgt im Durch-
schnitte je 2 — im. Früher muß das Moor noch mächtiger gewesen sein. Durch
das Hinwegschwemmen des Westrandes wurde nämlich^ indem jetzt das früher
festgehaltene Wasser entwich, der Torf fester und sein Volumen kleiner.
Die heutige Vegetation des — intakten — Moores hat folgendes Gepräge:
I. Hochmoor: Verschiedene Sphagnum- Arten, teils allein, teils mit Poly-
triclium strictimi, gracile, Scheuch:^eria palustris, Eriophorum vaginaturn, Rhyn-
chospora alba, Drosera rotundifolia, Anglica, Potentilla erecta, Andromeda poli-
folia, Vaccinium Oxycoccos, Calluna vulgaris und an trockenen Stellen auch
Vaccinium Vitis Idaea, Myrtillus und idiginosum, verschiedene Cladonia- Arten.
Über das ganze Moor zerstreut ist Pinus montana, gelegentlich finden sich
auch einzelne Exemplare von Juniperus communis, Belula alba und verkrüppelte
Fichten.
Exkursion in die Ostalpcn. 8
114
2. Flachmoor. Carex-Arten, Ei'iophonmi latifolhiui, Caltlia palustris, Viola
palustris, Primula farinosa, Menyanthes trifoliata, Pinguicola alpina, vulgaris,
Equisetum palustre. Hypnutii-Arten usw. So ist jedoch nur die Vegetation
derjenigen Flachmoorpartien beschaffen, welche unmittelbar an Hochmoor-
flächen angrenzen, die übrigen sind bereits durch den Einfluß der Kultur in
wiesenartige Bestände übergeführt worden.
An nassen Stellen des Moorrandes bildet Alnus glutinosa schüttere Be-
stände.
Der Zweck der Moorwirtschaft Admont ist die Anstellung praktischer
Versuche über rationelle Moorkultur und Torfverwertung. Das Wesen der
Moorkultur besteht in der Nutzbarmachung des Moorbodens durch Umwand-
lung in Kulturland. Derselben geht in der Regel eine Entwässerung des Moores
und, wenn das Alter desselben ein hohes ist, eine Rodung der zu kultivierenden
Flächen voraus. Die Entwässerung erfolgt entweder mittels offener Gräben
oder durch Stangendrainage. Verwertung des Torfes als Torfstreu, Torfmull,
Brenntorf, Torfbrikets, Torfpappe, Torfgewebe, Isoliermittel, Verpackungs-
material usw.
Admont — Aussce.
Die Route Admont — Selztal wurde ijereits geschildert. Von Selztal bis
Steinach-Irdning fährt man noch ennsaufwärts und hat zur Rechten (im Norden)
die mesozoischen Kalke der Warscheneckgruppe, zur Linken (im Süden) die
sanft geformten Grauwackenberge. Gleich ober Selztal rechts große Torfstiche.
Der aus denselben gewonnene Brenntorf dient zur Versorgung umfangreicher
Eisenwerke. Ober Liezen links im Tale große^, viele hunderte Hektar umfas-
sende Flachmoorbildungen (Tr/^ Sibirica). Bei vSteinach-Irdning verläßt die Bahn-
linie das Ennstal und hiermit die Grenze zwischen Zentral- und nördlichen Kalk-
alpen, begibt sich ins Gebiet der letzteren und fährt zunächst, den imposanten
Grimming zur Linken, steil aufwärts. Der Grimming ist der östlichste Abschnitt
des Dachsteinplateaus. Er besteht aus Kalken der oberen Trias mit gelegent-
lichen Resten der Juraformation. Bald treten die schroffen Abstürze dieses
Berges zurück, die Bahn erreicht die Wasserscheide zwischen Enns und Traun
und fährt nun auf dem Wasserscheidengebiete weiter. Rechts und links Hoch-
moorbildungen. Bei der Haltestelle Kainisch tritt die Bahn ins Tal der aus
dem Odensee kommenden Ödensee- oder Kainisch-Traun, an deren grünen
Gewässern entlang sie nach Aussee führt. Im allgemeinen folgt sie auf der
Fahrt von Steinach-Irdning nach Aussee jener geologisch sehr komplizierten
Region, welche, das Totengebirge vom Dachsteinplateau trennend, durch das
Emporbrechen Salz und Gips führender Werfener Schichten inmitten der Kalke
ausgezeichnet ist. Salzbergbau: Aussee, Ischl, überhaupt Salzkammergut.
Aussee (662»2), rings von Kalkbergen umgeben, in überaus malerischer
Lagre an der Vereini-'untr der Altausseer- und Grundlseer Traun. Salzbero-.
it5
Große Salzsudhäuser mit jährlich zirka 170.000^ Salzproduktion. Klimatischer
Kurort. Solbad und andere Bäder.
Spaziergänge zum Altausseer See (709 ?7?) und Grundlsee (709?)?; 5 /<:;h
lang, ikiii breit, 61 ;n tief).
Der alpine Versuchsgarten auf der Sandlingalpe.
Vom Markte Aussee kann derselbe in drei Stunden erreicht werden. Zu-
nächst auf der Pötschenstraße, eventuell per Wagen bis Lupitsch, dann, von
der Straße reclits abbiegend, über versumpfte Bergwiesen, Voralpenfluren und
durch subalpine Mischwälder (S. 37) zum Leißlingschlag (schöner Ausblick auf
Dachstein, Donner kogeln, Ennsfeld, Koppengebirge, Grimming, Niedere 'I'auern);
von hier aus am Unsinnigkirchenfels und einer salzhaltigen Quelle vorbei zur
Vorderen Sandlingalpe und, einen Teil der freien Alpweide passierend, zur
Juliushütte, an welche sich der Versuchsgarten anschließt.
Geologisch gehört das Sandlinggebiet der Trias an, und zwar der be-
rühmten, sehr fossilreichen (Ammoniten!) Hallstädter Entwicklung derselben.
In Form von Aufbrüchen taucht an mehreren Stellen der schon erwähnte salz-
führende Werfener Schiefer auf (Haselgebirge). Der Gipfelstock des Sandling
besteht aber nicht aus Trias, sondern aus einer Kalkkuppe des oberen Jura
(größtenteils lichte, stellenweise Hornstein führende Kalke).
Der Versuchsgarten (1400772) liegt gerade in der Region der aus Fichten
gebildeten Baumgrenze. Die Felsabstürze und Schutthalden des Sandling
tragen ausgedehnte Legföhrenbestände. Selbst an den unzugänglichen Stellen
gegen den Gipfel (1716777) zu, sind schmälere oder breitere Krummholzbänder
zu sehen (S. 62). Die Flora enthält die meisten der für die nördlichen Kalk-
alpen charakteristischen Elemente, doch fehlen bereits verschiedene der noch
am Hochschwab häufigen Typen, z. B. Viola alpina, Doroniciim calcareum usw.
Als eine im Ausseer Gebiet überhaupt häufige Pflanze ist Euphorbia Austriaca
zu nennen.
Der Hauptzweck des im Jahre 1890 errichteten i Joch großen, unter der
Leitung des Direktors der k. k. Samenkontrollstation in Wien, Herrn Hofrates
Dr. Theodor Ritter von Weinzier 1 ^) stehenden Versuchsgartens ist die Hebung
des Futterbaues in praktischer und wissenschaftlicher Hinsicht durch Ver-
besserung des Pflanzenbestandes alpiner Futterflächen und Förderung der
wissenschaftlichen Grundlagen des Futterbaues überhaupt.^) Als wichtigste
zur Erreichung dieses Zweckes zu lösende Aufgaben kommen in Betracht:
«I. Die Samenkultur von Alpenfutterpflanzen sowie von P'utterpflanzen
der Ebene, respektive von den bereits akklimatisierten Arten und Sorten.
') Ich fühle mich dem Genannten für die liebenswürdige Übermittlung der den
Versuchsgarten betreffenden Daten zu wärmstem Danke verpflichtet.
2) Vgl. Weinzierl, Der alpine Versuchsgarten auf der Sandlingalpe. Nr. 142 der
Publikationen der k. k. Samenkontrolstation in Wien (1896).
8*
ii6
2. Das Studium der verschiedenen Futterpflanzen hinsichtlicli Verände-
rungen ihrer ökonomischen Eigenschaften unter dem Einflüsse des Alpenklimas,
3. Heranziehung neuer, ertragreicher und ausdauernder Sorten von Grä-
sern und Kleearten.
4. Versuche über die Veredelung von Futterpflanzen unter dem Einflüsse
des Alpenklimas.
5. Anbauversuche mit Samenmischungen für Alpwiesen und -weiden
hinsichtlich der Ausdauer und des Futterertrages.
6. Meteorologische Beobachtungen und Beobachtungen über die Ver-
schiebung gewisser periodischer Erscheinungen im Pflanzenleben, besonders in
der Blütezeit und Samenreife unter dem Einflüsse des Alpenklimas.
7. Wissenschaftliche Versuche, und zwar erstrecken sich letztere gegen-
wärtig auf Versuche über Assimilationsstärke, über den Einfluß der chemischen
Intensität des Lichtes auf die Formbildung gewisser Kulturpflanzen usw.» ^)
Auch «die Ermittlung der Anpassungsfähigkeit des Ertrages, der Anzahl
der Schnitte, der Futterbeschaffenheit, der Bestockungs- und Nachwuchsver-
hältnisse, der Samenkultur, des Grades, der Reife und der Ergiebigkeit der
Samen» und der Steigerung der wertvollen Eigenschaften geeigneter Pflanzen
bildet den Gegenstand eifriger Studien.
Die zur Lösung der angedeuteten Aufgaben unternommenen Versuche
und angelegten Kulturen sind des allgemeinsten Interesses würdig. Ganz be-
sonders sehenswert sind die Versuche mit verschiedenen Samenmischungen
für Alpwiesen. Es wird eine Mischung von zwölf verschiedenen Arten in
i3 Kombinationen, so daß bei jeder Mischung je eine Art ausgelassen wird,
angebaut, während eine Mischung alle zwölf Arten in durchwegs glei-
chem Prozentsatze der Reinsaat enthält und es kann so der Einfluß jeder
einzelnen in die Mischung aufgenommenen Pflanzenspezies auf die Ausdauer
und den Futterertrag der Mischung in einwandfreier Weise ermittelt werden.
Auch die vergleichenden Kulturversuche mit Klee- und Grasarten verschieden-
ster Provenienz, die Experimente bezüglich des Einflusses der chemischen In-
tensität des Lichtes auf die Organbildung, die in einem zweiten, 800 »2^ großen
Versuchsfelde zum Zwecke der Erprobung einzelner Pflanzen und Samen-
mischungen in bezug auf ihre Fähigkeit der Wiederberasung von Rutsch-
terrain angelegten Kulturen usw. sind überaus instruktiv.
Die Ergebnisse der Versuche fanden auch schon vielfach erfolgreiche
praktische Verwertung. So wurden beispielsweise von verschiedenen Servi-
tutsberechtigten Alpwirten der Sandlingalpe Alpwiesen nach den Grundsätzen
des rationellen F'utterbaues angelegt und auf ihnen Durchschnittserträge von
75 ^g pf'o 100 m'^ erzielt, was, wenn man damit die geringen Erträge der «Alm-
feldeln» (Lägerböden usw.) vergleicht, als ein glänzender Beweis für die emi-
') Weinzierl, a. a. O.
H7
nente Hebung des alpinen Futterbaues durch die Arbeiten des alpinen Ver-
suchsgartens auf der Sandlingalpe gelten kann.
Von der Sandlingalpe aus eventuell Besuch des Sandünggipfels (3 Stun-
den) (Krummholzzvvergwälder, Felsenvegetation) und dann in nordwestlicher
Richtung durch das Tal des Graben- und Rettenbaches (dieser ein rechter
Zufluß der Traun, der kurz vor seiner Mündung die «Rettenbachwildnis» durch-
fließt), Abstieg nach Ischl. (Von der Sandlingalpe 3 ^j^ Stunden.)
Man geht größtenteils über Jurabildungen, stellenweise ist sogar noch
die Kreide erhalten. In der Rettenbachwildnis unter anderen Orobanche Salviae
und Carduus viridis. Cyclamen Europaewn überall um Ischl häufig.
Ischl — Salzburg.
Ischl (468 m), Zentrum des Salzkammergutes an der Mündung der Ischl
(links) in die Traun. Die Sole des Salzberges liefert jährlich 160.000 q Salz.
Salinen, Schlamm- und Moorbäder. Ischl ist rings von der mesozoischen For-
mation angehörigen Kalkbergen umgeben. Im Norden erhebt sich das Höllen-
gebirge mit dem Höllkogel, im Nordwesten die Zimnitz, der Leonsbergzinken
und Gartenzinken, im Südwesten das Kattergebirge und der Hainzen, im
Südosten der Salzberg, im Osten beziehungsweise Nordosten die zum Toten-
gebirge gehörigen Hohe Schrott, Wilder Kogel (2093 m), Mittagskogel usw.
Spaziergang auf den Sirius- oder Hundskogel (598 m). Auf der Spitze
Taxus baccata in kleinen Exemplaren. Prächtiger Ausblick auf die Dachstein-
gruppe.
Von Ischl per Bahn über Strobl, St, Gilgen, Mondsee, Thalgau nach
Salzburg, Man fährt zunächst in westlicher Richtung das Tal der Ischl auf-
wärts nach Strobl, dann am Südufer des Wolfgang- (Aber-) Sees entlang bis
zur Station St. Wolfgang.
Von hier aus läßt sich eventuell der Schafberg besteigen, der berühm-
teste Aussichtsberg der Ostalpen. Man fährt mit Dampfschiff über den See
nach dem am Nordufer gelegenen Markte St. Wolfgang, von wo aus man die
Schafbergspitze (1780 in) zu Fuß in 4 Stunden oder mittels Zahnradbahn in
I Stunde erreicht.
Der Schafberg gehört der Außenseite der nördlichen Kalkalpen an. Im
Norden grenzt er an die dieser vorgelagerte Flyschzone. Sein Sockel, im
Süden in den Wolfgangsee, im Norden in den Atter- und Mondsee tauchend,
besteht aus einer im wesentlichen gegen Süden fallenden Serie der verschie-
densten Abteilungen der Trias- und Jurabildungen, welche vom Lias, der die
gegen Norden senkrecht abfallende Gipfelplatte bildet, überlagert werden.
Die Hochregion beherbergt die triviale Flora der westnorischen Kalk-
alpen (S. 86). In den Wäldern Lathyrus occidentalis.
ii8
Am Gipfel sieht man vierzehn Seen. Im Norden wird die Aussicht durch
die fernen Berge des Böhmerwaldes, im Westen durch den Chiemsee begrenzt.
Im Süden entfaltet die Alpppwelt ihre ganze Fülle und Großartigkeit.
Von Station St, Wolfgang aus führt die Bahn in nordwestlicher Richtung
am Südufer des Sees entlang nach St, Gilgen und von hier aus am malerischen
Krotensee vorbei (Wasserscheide zwischen Mondsee und Wolfgangsee 580 m)
zum Südufer des Mondsees und diesem entlang an den Abstürzen des Drachen-
steines, eines Ausläufers des Schaf bergstockes, ein ziemlich ausgedehntes
Moor passierend nach Mondsee, Dieser Markt liegt bereits samt dem See in
der Flyschzone, welche wir jetzt bis Salzburg durchfahren. Von Mondsee zu-
nächst im Tale der Grieslerache, des den Mondsee speisenden Baches, Vor
Thalgau links der trotzige Schober (1828 m), der letzte westliche Vorposten
der Schafberggruppe. Bei Kraiwiesen höchster Punkt der Bahn (593 m).
Wasserscheide zwischen Salzach und Traun, Vor Salzburg links die Dolomit-
kuppe des Gaisberges (1286 m) mit dem keck aufragenden Nockstein (1040 m),
Salzburg.
Wohl an keinem zweiten Orte der Alpen findet man eine so glückliche
Vereinigung von Berg- und Flachland, nirgends sieht man die sanfte grüne
Ebene so unmittelbar bis zu den starren Wänden des Kalkgebirges sich hin-
breiten u^ie in Salzburg, von dem schon Alexander von Humboldt schrieb, daß
seine Umgebung zu den schönsten der Erde gehöre,
Salzburg (420 m), mit gegen 3o,ooo Einwohnern, die Hauptstadt des Her-
zogtums gleichen Namens, liegt zu beiden Seiten der es in südost-nordwestlicher
Richtung durchfließenden Salzach. Ihr linkes Ufer wird von den Nagelfluliwän-
den des Mönchsberges (501 m) (Festung Hohensalzburg 542 »72), das rechte vom
Kapuzinerberge (650 m) flankiert. Dieser ist durch eine nicht einmal i km
Ijreite Einsenkung von den Vorbergen des Gaisberges, jener durch eine 8 km
breite Ebene von dem unvermittelt aus derselben aufsteigenden Untersberg
getrennt. Das Panorama von Salzburg umfaßt im Norden die wellig geformte
bayrisch-oberösterreichische Hochebene und die langen Höhenrücken der salz-
burgischen Alpenvorberge (Haunsberg usw.), im Süden das bis Hallein ziem-
lich breite Salzachbecken, das von drei Seiten (Westen, Süden und Osten) von
einem Kranze edelgeformter Kalkberge, als deren markanteste (von Westen
nach Osten) der vStaufen, Untersberg, Watzmann, Hohe GöU, das Hagen- und
Tennengebirge genannt seien, umfaßt wird. Im Osten vermittelt der Gaisberg,
Schwarzenberg und Heuberg, im Westen das Lattengebirge den Übergang
zur Hochebene.
Die malerische Lage Salzburgs ist eine Folgeerscheinung der geologi-
schen Vorgeschichte dieses Gebietes. Salzburg liegt nämlich in einem inmitten
der Flyschzone entstandenen, bis in die Kalkalpen hineinreichenden Senkungs-
iig
felde. Deshalb «fehlt dieser Geg;end das waldige Vorgebirge, welches sonst
das landschaftliche Mittelglied zwischen dem grünen Flachlande und den schrof-
fen Abstürzen des Hochgebirges bildet, aber gerade der dadurch hervorgeru-
fene Gegensatz bedingt die unvergleichliche Lage der Stadt und den gewal-
tigen Eindruck, welchen die Hölie des Staufen und des Untersberges hervor-
bringt» (Suess, Antlitz der Erde).
Als Sehenswürdigkeiten sind die Domkirche, die Residenz, der Hüf-
brunnen, das Denkmal Mozarts, die Kapitelschwemme, das Benediktinerstift
(Bibliothek), die Stiftkirche und der Friedhof St. Peter, die Feste Hohensalz-
burg, das Neutor, der elektrische Aufzug auf den Mönchsberg, das Museum
Carolino - Augusteum (historische Sammlungen), das Schloß Mirabell, der
Kurgarten (mitKosmoramen und Panorama von Salzburg, Voliere), nebst vielen
anderen hervorzuheben. Beim Gebäude der einstigen Universität befindet sich
der botanische Garten (Kustos: Prof. Dr. Fugger) mit hübscher Alpenanlage.
Spaziergänge und größere Ausflüge.
1. Mönchsberg (501 m). Sein Besuch kann mit dem der Festung
Hohensalzburg verbunden werden. In Felsritzen wachsen hier: Moehn'ngia
niuscosa, Arabis alpina, Potentilla caulescens, Valeriana niontana, saxatilis, Hie-
raciiim amplexicaule usw. Unter der Festung ein prächtiges Exemplar blühen-
(.len Efeus. In den Buchenwäldern des Plateaus die in der Salzburger Um-
gebung überhaupt sehr häufigen Cyclamen Europaeiim und Aposeris foetida.
2. Kapuzinerberg (650 nz). Subalpine Flora mit Rhododendron hirsu-
tum etc.
3. Schloß Hellbrunn, 5 km südlich von Salzburg. Haltestelle der
Lokalbahn Salzburg — Drachenloch. Park, Vexierwasserkünste, «Steinernes
Theater». Alpinetum. Die Heilbrunner Allee besitzt prächtige alte Bäume.
4.1ns Leopoldskroner Moor. Mit der Lokalbahn Salzburg — Dra-
chenloch bis Grödig. Von hier nach Glanegg. Am Wege dahin am Fuße des
Untersberges: Riibiis caesius X Idaeus. In einem ausgetrockneten Bachbette
bei Glanegg: Pleurospermum Austriacinn, Orobanche ßava auf Petasites niveus,
auf einer Mauer bei Glanegg: Hieracium hiimile. Von Glanegg ins Moor.
Sphagninn-Moor. Torfstiche. Reiche F'lora. Besonders erwähnenswert: Cani-
pylopus turfaceus, Helosciadhim repens (in Gräben). Auch Potentilla Norvegica
und Pedicularis Sceptrinn Carolinum wurden gefunden.
5. Nach Berchtesgaden und zum vielgepriesenen Königsee (mit der
Lokalbahn bis Drachenloch, von dort per Omnibus nach Berchtesgaden, oder
von Salzburg per Bahn über Freilassing — Reichenhall nach Berchtesgaden.
B) Von Salzburg über Nord- und Südtirol
nach Heiligenblut
(Westnorische Kalk- und Zentralalpen und Dolomiten.)
Von
H. Freih. p. Handel-Manetti.
Salzburg — St. Johann im Pongau.
Sofort nach Verlassen des Bahnhofes von Salzburg" biegen wir in großem
Bocren nach rechts und fahren unter fortwährendem Blick auf den Gaisberg (links)
und Hohensalzburg (rechts) im breiten, freundlichen und belebten Tale nach
Süden. An den Talhängen Buchen-, später Fichtenwälder, beiderseits der
Salzach ausgedehnte Erlen- und Weidenauen, An mehreren Schlüssern und
dem industriereichen Hall ein (Saline) vorbei, bei Vigaun durch die Trümmer
eines alten Bergsturzes, nach Kuchl und Golling. Vor uns rechts der Hohe
Gull und das Hagengebirge, links das Tennengebirge,
Das bisher breite und von sanften Hängen eingefaßte Tal endet hier
plötzlich und wird durch eine hochinteressante Schlucht abgelöst, den Paß
Lueg, der von der Salzach zwischen den beiden eben genannten Gebirgen
erodiert wurde. Derselbe besitzt hauptsächlich zwei Engpässe: Der erste
nördliche, «die Öfen», eine nur dem Flusse Raum bietende Klamm mit glatt-
gewaschenen Felsen, wird von der Eisenbahn durch einen 928 m langen Tunnel
überwunden, von der Straße hoch am Hange umgangen und gestattet uns nur
einen ganz kurzen Einblick; der zweite obere ist von 1500 »2 hohen unabseh-
baren Felswänden des Triaskalkes mit schön sichtbarer, etwas gegen Norden
einfallender Schichtung begrenzt und läßt in der Tiefe auch für Straße und
Eisenbahn Platz.
Die Bahn übersetzt hinter Golling den Fluß (rechts kurzer Blick in die
Salzachöfen) und erreicht durch den Ofenauer Tunnel die großartige Enge.
Gleich nach dem Tunnel Brücke über die Salzach mit Rückblick (links) in die
wilde Schlucht flußabwärts. Gegen Station Sulzau an den trockenen Felsen
niedere Rotföhrenbestände, auch Legföhren bis gegen den Fluß herab; an
breiteren Stellen der Talsole Buchen, Ahorne und Lärchen. An der Mün-
dung des Blühnbachtales (rechts) die Konkordiahütte, Eisenwerk mit
Erzförderung an über den Abgrund gespannten Drahtseilen. Die auf vor-
springendeni Hügel malerisch über Fichtenwäldern gelegene Feste Hohen-
werfen umfahrend nach dem alten Markte Werfen. Kleiner Eschenhain
nahe der Station. Beginn der Grauwackenzone. Nun im immer breiteren Tale
zwischen Lärchen-, Fichten- und Birkenwäldern nach Bischutshofen. \im-
mündung der Ennstalbahn von Selztal, (He nach links durch einen Tunnel ab-
Fig. 3. Liechtensteinklamm bei St. Johann im Pongau.
(Nach einer käuflichen Photographie.)
zweigt. Weiter im freundlichen Tale mit prächtigem Rückblick auf die Fels-
massen des Tennengebirges nach St. Johann im Pongau,^) am Buge des
Tales, welches hier eine westGstliche Richtung annimmt.
^) Alte Einteilung des Kronlaades Salzburg in Pongau, Pinzgau, Lungau und
Salzach gau.
Liechtensteinklamm.
Bei St. Johann mündet von Osten das Kleinarltal und etwas weiter süd-
lich, in y^enau nordsüdlicher Richtung vom Hauptkamme der Tauern herab-
kommend, das Großarltal. Ursprünglich nur in seinem weiten oberen Teile in
das Gebirge eingesenkt, lag dieses mit seinem Ausgang hoch über der Salzach.
In diese Talstufe sägte der Bach sein Bett tief ein (vgl. S. 8) und dadurch ent-
stand die nur wenige Meter breite Liechtensteinklamm (Fig. 3). Senk-
rechte und überhängende Felswände, an einer Stelle hoch oben durch einen
eingeklemmten Felsblock völlig zusammenschließend, glattgewaschene
Nischen und der bald weißschäumende, bald dunkelgrüne Tümpel bildende
Bach bieten großartige Bilder. Am vSchlusse der Klamm ein 50 n; hoher Wasser-
fall. Zur Erhaltung des bequemen, auf Brettern, Stiegen und durch einen
Tunnel angelegten Weges werden 40 h Eintrittsgebühr eingehüben.
Von St. Johann Straße bis zum Eingange der Klamm i^j^ Stunden (fahr-
bar). Ober dem Ort mächtige alte Lärchen, botanisch sonst wenig interessant.
Durch die Klamm ^j^ Stunde, meist sehr kalt, daher bei Erhitzung vorher
abkühlen! P2ventuell ^2 Stunde weiter zur Stegen wacht und auf der Straße
mit schöner Aussicht zurück, i^j^ Stunden.
St. Johann im Pongau — St. Johann in Tirol.
Im Salzachtale aufwärts nach Schwarzach -St. Veit, woselbst Abzwei-
gung der im Bau begriffenen Tauernbahn, die am südlichen Talhange ansteigt
und über Gastein, den Hauptkamm der Tauern durchfahrend, an die Puster-
talbahn anschließt. Die Bauten derselben links sichtbar. Das Tal verengt sich
wieder und macht mit seinen dunklen Phyllitfelsen, Fichtenwäldern und aus-
gedehnten Grauerlenbeständen an den Steilhängen, dem vielfach zwischen Fels-
blöcken tosenden Flusse einen vorwiegend düsteren Eindruck. Der schöne
Wasserfall an der Mündung des Gasteiner Tales (links) durch Anlage einer
Aluminiumfabrik ruiniert und nur mehr selten (Sonn- und Feiertags) wasser-
reich. Über Lend, Eschenau, woselbst die Bahn bereits öfter durch Hoch-
wasser und Rutschungen zerstört wurde, durch mehrere Tunnels nach Taxen-
bach und im wieder breiteren Tale (am Nordhang reichliche Linden und Bir-
ken) im Anblick der Eiskuppe des Hohen Tenn (links) nach Brück. Hier
verläßt die Bahn das Tal der Salzach, welches sich als Ober-Pinzgau gerad-
linig bis Krimml fortsetzt, und biegt nach Norden ab. Am schön restaurierten
Schlosse Fischhorn (rechts) vorbei durch sumpfige, mit Schilf bestandene
Wiesen zum 4 A-;n langen und 1^/2 ^"'" breiten Zellersee. Station Zell am See;
Hochgebirgspanorama: im Süden die vergletscherten Kämme der Hohen
Tauern (Kitzsteinhorn, Hoher Tenn, Brennkogel); im Norden das zerrissene
Kalknr-ebiro-e derLoferer Steinberoe. Im freundlichen Tale der Saalach
123
nördlich weiter nach Saalfelden (Rahnhüfrestauratiun, länoerer Aufentlialt).
Nun wenden wir uns wieder nach Westen und fahren in starker vSteioung am
vSüdfuße der Leoganger Steinberge, die breite Schutthalden herabsenden,
hoch über der Talsohle zum Paß Grießen (g68 m). Daselbst der Grießensee
mit Torfmoor. Station Hochfilzen, Grenze von Tirol; Krummholz reicht nahe
an die Bahn herab.
Die trockenen Rasenhänge sind hier durch das weidende Vieh so beein-
flußt, daß sie von den durch die fortwährenden Tritte entstandenen, dicht an-
einandergereihten Steigen ganz regelmäßig horizontal gestreift erscheinen und
für die Physiognomie der Landschaft charakteristisch werden.
Von Hochfilzen rasch herab durch die freundliche waldreiche Gegend;
links der Wildseeloder, weiter das schön geformte Kitzbüheler Hörn, im
Vorblick das massige Kaisergebirge. Vor Station Fieberbrunn 32 jh hohe
Brücke über die Moosbachschlucht. Weiter hinab an der Schwarzache ^) nach
dem ansehnlichen Dorfe St. Johann in Tirol, an der Großache in einem wei-
ten fruchtbaren Becken 643 m hoch ungemein freundlich gelegen.
Über das Kitzbüheler Hörn (1998 m) nach Kitzbühel.
(Tagestour; Aufstieg 4 — 4'/,, Abstieg 2— 2V2 ^td.)
Das Kitzbüheler Horn^) ist in dem Zuge des. Grauwackenschiefers
(S. 4, 5) einer der hervorragendsten Gipfel. Vermöge seiner freien Lage zwi-
schen den nördlichen Kalkalpen und Zentralalpen ist derselbe einer der
besten Aussichtspunkte unter den niedrigeren und leicht zugänglichen
Gipfeln der Alpen und als solcher weit berühmt und viel besucht, daher auch
mit bequemen Wegen versehen. Auch in botanischer Hinsiclit übertrifft
das Kitzbüheler Hörn die meist landschaftlich höchst eintönigen Berge, welche
dieselbe arme voralpine und alpine Urgebirgsflora der westnorischen
Zentralalpen (S. 87) tragen, indem einerseits einige kleine Dolomitauflagerungen
die Artenzahl vergrößern, ohne den Gesamteindruck zu beeinträchtigen, anderer-
seits zwischen den nördlich abstürzenden, nunmehr zugänglich gemachten Fel-
sen die Vegetation, vor dem weidenden Vieh völlig geschützt, sich in seltener
Üppigkeit und Natürlichkeit entwickelt.
Unser Weg (rot markiert) cjuert die Bahn westlich der Station und er-
reicht durch eine junge Gartenanlage, in der unter anderem aucli Ailanthiis
glaiiditlosa ganz gut gedeiht, den Fuß des Berges. Über einige sanft anstei-
gende Terrassen durch üppige Tal wiesen (S. 46) (hier Trifolium hybridiun,
') «Ache», Lokalbezeichnung für einen sehr wasserreichen Bach.
2) Sauter A., Über die Vegetation der tyrolischen Gebirgsgegend um Kitzbühel,
Flora XIII (l83o, S. 457—468, 477—482). — Unger, Über den Einfluß des Bodens
auf die Verteilung der Gewächse, Wien i836.
124
Hypochaeris radicata, Centaurea elatior [== pseudophrygia] sehr reichlich) und
kleine Waldpartien, an deren Rändern häufi^r Acer Pseudoplatanus sich findet,
zum Beginne der subalpinen Wälder, die sich aus Fichten, Tannen und im
unteren Teile, entsprechend 'einer kalkreichen Zone, auch Buchen zusammen-
setzen, aber hier stark gelichtet wurden und keinen ganz zusammenhängenden
Gürtel mehr bilden. In einer kleinen etwas moosigen Sumpfwiese (S. 51) rechts
Vaccinhim uliginosum und Drosera rotundifolia , an Bächen darunter Alnus
incana in auffallender Menge. Über der Alpe Ziedlbuch Beginn der Borst-
"^j-rasmatten (S. 69), die typisch hier an freien Partien noch innerhalb der Wald-
region am besten ausgeprägt sind; oberhalb der sehr tief (bei 1450 — 1550 »z)
liegenden Waldgrenze wird Nardus striata selbst durch die seiner Formation
nahestehenden Ericaceen völlig verdrängt. Ein schönes Beispiel für Se-
lektion bildet hier Aspidium montanum, welches auch an ganz abgeweideten
Stellen, vom Vieh verschmäht, in Menge stehen bleibt. Ober der Pointalpe,
den steilen Felsen des Nordabfalles ausweichend, nach links auf den vom
Gipfel nach Nordosten ziehenden Rücken; inzwischen immer umfassenderer
Ausblick auf die nördlichen Kalkalpen, insbesondere das Kaisergebirge.
Längs des Rückens aufwärts auf den Ostgrat des Gipfels, woselbst mit einem
Schlage der Glanzpunkt der Rundschau, die Hohen Tauern, sichtbar wird.
Nun quer nach rechts hinüber zum Schutzhaus; wenige Meter darüber der
Gipfel mit einer Kapelle und Bänken.
Zu unseren Füßen die grünen Täler der Großache und ihrer Seitenbäche
mit dunklen Waldpartien, belebt durch Dörfer, Gehöfte und Almen, südwestlich
Kitzbühel und der tiefblaue Schwarzensee. Diese grüne Zone des Schiefer-
gebirges im Westen über das Zillertal hinaus bis gegen Innsbruck sichtbar.
Nördlich anschließend die grauen zerklüfteten Kalkgebirge von den Ketten
des Wetterstein- und Karwendelgebirges bis zum Hochkönig. Rechts vom
Kaisergebirge Blick auf den Chiemsee in der bayrischen Ebene. Am süd-
lichen Horizont blendendweiß die vergletscherte Kette der Zentralalpen.
Die Hohen Tauern mit der Eisnadel des Großglockners und der breiten Pyra-
mide des Venedigers; westlich anschließend die Zillertaler Alpen und schließ-
lich die Stubaier Gruppe.
Der sehr lohnende Weg «durch das Loch» (nur für Schwindelfreie!)
zeigt Kalk- und Schieferpflanzen in üppiger Entwicklung. Vom Gipfel in
einigen Serpentinen nördlich steil hinab, dann nach links; in schöner Fels-
szenerie durch ein natürliches Felsentor (Drahtseil) zum Sattel westlich des
Gipfels, den auch der gewöhnliche Weg nach Kitzbühel berührt. Ungeübte
können von hier aus einen Teil des Weges begehen.
Bemerkenswerte Pflanzen in der Gipfelregion sind: Botrychium Lunaria,
Festuca alpina (selten) und piimila, Salix reticulata, retusa und serpyllifolia,
Silene alpina, Draha tomentosa, Saxifraga aphylla, Sediim atratum, Potentilla
Crant^ii, Alchimilia Hoppeana, Epilobiiini alpestre und anagallidifolium, Meiun
125
MutelUna, Veronica bellidioides, Achillea atrata. An den Felsen große Polster
von Didyniodon giganteus, Rhacojnitriiini lamiglnosiDU u. a.
Der weitere Abstieg auf bequemem Wege nach Süden über eine Do-
lomitauflage (hier Aspidium Lonchitis, Potentilla caulescens, Helianthemum
alpestre, Gentiana nivalis, Veronica fruticans) zum unteren Schutzhause und der
Trattalpe. Rechts hinab nach Passierung eines Einschnittes zwischen Kalk-
blöcken (Carex brachystachys) zum Beginn der Waldregion. Prächtiger ebener
Spaziergang mit schönen Ausblicken. Zwischen den locker stehenden Lär-
chen (S. 34) Alchimilla Hoppeana, Geraniinn silvaticum, Gentiana aspera, Eii-
phrasia picta und Salisburgensis, Valeriana montana, Carduus viridis. Am fol-
genden steileren Hange jüngerer Fichtenwald, mit Usnea barbata behangen
und dicken Moosj)olstern im Grunde. Weiter unten über Wiesen, an deren
Rändern Calluna-H&'iAc (S. 48), und durch eine letzte Waldpartie (über
einem Wasserlaufe auch Tannen sichtbar) zur Talsohle. Hier noch einige mäch-
tige freistehende Acer Pseudoplatanus und Qiiercus Robur. An einer quelligen
Stelle Stellaria uliginosa und Cirsium palustre X oleraceum. Über die Eisenbahn
und die Kitzbüheler Ache in das Städtchen Kitzbühel, dessen Bauart, regel-
lose Gassen, hohe Dächer mit der Straße zugekehrten Giebeln an alte Zeiten
gemahnt. Heute vielbesuchter Sommerfrischplatz; in der Umgebung Bergbau
auf Kupfer.
Schwarzensce.
Der bequeme Promenadeweg führt zum Schwarzensee^) zwischen dem
Hügellande «Bichlach» und dem Schiefergebirge in '^j^ Stunde über einen nie-
drigen Sattel, den die Bahn, in weitem Bogen die Stadt umfahrend, erreicht.
Der kleine tiefblaue See, 780 m hoch gelegen, ist von grünen Wiesen und dunklen
Fichtenwäldern umgeben, über die das hellfarbige Kaisergebirge und das ernste
Kitzbüheler Hörn hereinblicken. Das zwar kleine, aber recht charakteristische
Hochmoor (S. 55) an seinem Ufer bildet den botanischen Anziehungspunkt.
Der größte (äußere) Teil des Moores gehört der sphagnenreichen Fazies
der Rhynchospora alba und Molinia caerulea an; Krummholz findet sich sehr
wenig. Bemerkenswerte Pflanzen in dieser Partie: Lycopodium inundatum,
Scheuch:^eria palustris (auf nacktem Schlamm), Heleocharis paucißora, Carex
lasiocarpa (filiformis), Juncus ßiformis, Calla palustris (an Wassergräben),
Vaccinium Oxycoccos, Sciitellaria galericulata etc.
Nahe dem Ufer schwimmen die Rasen, völlig unterwaschen und nur
durch das Wurzelwerk der Pflanzendecke zusammenhaltend, auf dem Wasser-
spiegel und sind nur mit großer Vorsicht zu betreten. Hier viele interessante
Pflanzen: Rhynchospora fusca, Carex Oederi, Drosera Änglica, Potentilla (Co-
marum) palustris, Viola palustris, Peucedanum (Thysselinum) palustre, Andro-
') Vg. S. 123, Anm. 2.
126
meda poli/olia und endlich, spärlich und schlecht zugänglich, die auch biolo-
gisch durch ihre vegetative Vermehrung interessante Malaxis paludosa. Im
See selbst Nymphaea alba, Potamogeton ßuitans, Myriophylluin spicatum.
Gehen wir über die Badeanstalt hinaus gegen die Hügellandschaft des Bich-
lachs, so gelangen wir in eines der hier recht bezeichnenden moosreichen (bes.
Leucobryum glaucum) und als Unterwuchs außer Rubus-Krt^n fast nur Rham-
nus Frangula aufweisenden F'ichtengehölze. Am Wegrande bei der Haltestelle
Hypericum humifusuin.
Schwarzcnsee —Jenbach.
Die Bahn führt nach Westen durch die wiesen- und waldreiche Gegend
an den wohlhabenden Dörfern Kirchberg, von wo links Blick auf den Felskopf
des Rettenstein, Lauterbach und Brixen vorbei. Die Fichten werden hier
durchwegs geschneitelt (S. 80), daher das sonderbare zerzauste Aussehen
der Wälder. Rechts oben die Graskuppe der Hohen Salve. Unter Station
Westendorf mit starkem Gefälle im mehr schluchtartigen Brixentale abwärts.
Es folgt eine steile Talstufe von über 80 ?h Höhe; darunter die Mündung des
Windautales, welches von der Eisenbahn zur Überwindung der Steigung
mittels einer Schleife benützt wird. Durch einen Tunnel erreichen wir das-
selbe und erblicken die Trasse rechts tief unter uns. Am Hange steil abwärts,
auf 24 »z hoher Brücke über den Bach und im Bogen durch den 33o »z langen
Leidecker Tunnel. Die Windauer Ache trat hier im Jahre 1897 über die Ufer
ihres vorher ganz schmalen Bettes und vermuhrte die Wiesen. Die damals an-
geschwemmten Schotterbänke sind heute mit über mannshohem Erlengebüsch
völlig überwachsen, ein Beispiel für die schnelle Besiedelung solcher Alluvien.
Am Ausgange des oben verlassenen Brixentales (rechts) Wasserfall. Mit mäßi
gem Gefälle an Hopf garten und Schloß Itter (rechts auf bewaldetem Vor-
sprung) vorbei, öfter durch Tannenwald dem breiten Inntale zu, das mit
Station Wörgl erreicht wird.
Im reichbebauten (auch Maisfelder [S. 61]), aber eintönigen Inntale
über Kundl (hier in den Materialgräben links Sümpfe mit Schoenoplectus la-
custris, S. 52) nach Rattenberg; altes Städtchen am Inn, vom Schloß über-
höht. Unter diesem kurzer Tunnel, dann Station Brixlegg; das große Dorf mit
Kupferschmelzwerk links. Vorne rechts die vordersten Grate des Sonnwend-
gebirges sichtbar, nördlich Dorf Kramsach an der Mündung des waldreichen
Brandenbergertales. Auf steinerner Brücke über den Inn, durch einen in der
Talsohle stehengebliebenen Fichtenwald; links über dem Fluße die Schlösser
Matzen und Lichtwert und die Ruine Kropfsberg, darüber Bergwerkshalden.
Zwischen dem Reiterkogel und der von steilem Felsen herabschauenden Ka-
pelle Brettfall der breite Eingang des berühmten Zillertales; im Hinter-
grunde desselben einige Fels- und Eisgipfel seiner Umrahmung sichtl)ar. Am
127
aufgelassenen Tiergarten (rechts) und der Innbrücke der Zillertalbahn (links,
über derselben die landwirtschaftliche Anstalt Rotholz) vorbei zur Station Jen-
bach. Unter dem Dorfe Eisenschmelze mit Hochofen. Erzförderung an Draht-
seilen vom gegenüberliegenden Bergwerke Schwader herab.
Sonnwendgebirge.
(1V2 Tage.)
Nördlich von Jenbach schneidet das Achental mit dem gSo m hoch ge-
legenen, ig km langen und gegen 1Y2 ^"'" breiten Achensee tief in die Nordtiroler
Kalkalpen ein, gegen das bayrische Isartal geöffnet und durch einen niedrigen
Sattel mit dem Inntale verbunden. Eine wenig ausgedehnte Berggruppe, das
Sonnwendgebirge, wird dadurch von den Parallelketten des Karwendel-
gebirges abgetrennt. Es besteht aus einem westöstlich verlaufenden Haupt-
kamme mit mehreren Gipfeln, darunter dem Hochiß (2298 7h) und Rofan
(2260 m), und drei nach Süden von diesem abzweigenden Graten. Am Nordende
des Achensees ist der Unutz vorgelagert, nordöstlich ziehen sich bis zum
Quertale des Inn waldige Vorberge. Die Gipfel des Sonnwendgebirges bieten
einen instruktiven Einblick in die Flora der westnorischen Kalkalpen {S. 86)
und einige schöne Seltenheiten, sowie auch eine prächtige Fernsicht.
Der Besuch der Rofanspitze ist ganz bequem (nur Abstieg etwas steil), in
Verbindung mit dem Hochiß erfordert die Tour Ausdauer. Unterkunft in der
Erfurterhütte gedrängt.
Jenbach-Erfurterhütte (1860»w).
Die Straße führt sonnig durch den langgestreckten Ort aufwärts in das
Tal des Kasbaches; beim Sensenwerk Epilobium parviflorumy. roseum; am
Bachufer (S. 53) Salix nigricans und grandifolia, charakteristische Stauden-
vegetation, auch viel Equisetum Tehnateja, an quelligen Stellen Hypericum
acutum u. a. Erst sanft durch Mischwald, dann steiler nach rechts im Fichten-
walde aufwärts nach Maurach, 1^/2 Stunden. Die Zahnradbahn führt durch
Birken- und Lärchenwälder am Dorfe Eben vorbei dorthin.
Weiter zuerst sanft (Weg rot markiert) durch trockenen Fichtenwald
der Kalkalpen mit Aposeris foetida (S 33), dann steiler längs des Wasser-
laufes aufwärts. Im BachgeröUe Petasites niveus. Auf den trockenen Vor-
alpenfluren (S. 50) beim Niederleger Charakterpflanzen dieses Gebietes: Plan-
tago montana, bis auf die Gipfel verbreitet, Astrantia Bavarica, etwas weiter
oben Euphrasia liii'tella (ganz isoliertes Vorkommen). Über 1600 m im Graben
bereits Krummholz; hier unter anderem Pimpinella rubra, Valeriana montana,
Polystichum Lonchitis. An der Waldgrenze (schmaler Zirbengürtel, S. 33) eine
Hochfläche, an deren Rande die Erfu rterhütte (zirka 1860 m) liegt, (2^2 ^is
3 Stunden von Maurach). Schöner Blick auf die Felsgipfel der Umgebung und
in die Tiefe zum Achensee.
128
Erfurterhütte— Rofanspitze (2260 »w)— Wiesing— Jenbach.
(Tagestour: Aufstieg 2 Std. [Geübtere über Hochiß, 2298 m, S'/, Stunden, Route b];
"'Abstieg 4 — 4^/2 Stunden).
Route <7) : Von der Erfurterhütte (daselbst Cirshim spinosissimum ge-
mein) auf rotinarkiertem Wege gegen Osten durch eine grasige Mulde, dann
auf den Grat, der vom Roßkopf südlich zur Heiterstellspitze zieht und weit
gegen das Inntal vorspringt. Zwischen Blockwerk und Gerolle auf einen zwei-
ten diesem parallelen Seitengrat (hier links eine frische Quelle) und von da
längs des Hauptkammes weiter zum grünen Gipfel des Rofan.
Route b) (ebenfalls rot markiert): Von der Hütte gerade nördlich über
den zum Gschollkopf vorgeschobenen Riegel und durch eine blockreiche Mulde
(an den Felsen ihres oberen Randes Aretia Helvetica) zu einem Sattel im Haupt-
kamme. Nun nach Westen unter dem schroff abstürzenden Hochiß durch
(hier Rhamniis puniila); von dieser Seite steil auf den schmalen Grat und zum
wenig geräumigen Gipfel, i'^j^ — 2 Stunden. Aussicht ähnlich der vom Rofan;
schwindelnder Blick über die senkrechte Nordwand in die Tiefe. Zurück bis
unter den Sattel und östlich über Rasen auf das Spieljoch (2287 m), dann auf
im Felsen ausgehauenem Steige mit Drahtseil (hier Trisetiim distichophyllum)
hinab und unter dem Roßkopf durch auf den letzten Seitengrat; weiter wie
unter ä).
Aussicht von der Rofanspitze sehr umfassend: Bayrische Hochebene,
die wilden Ketten des Karwendelgebirges, der Eiskranz der Zentralalpen von
der Ötztalergruppe bis zum Großglockner, davor dunkle Schiefergebirge, be-
sonders schön der Einblick in das Zillertal; Unterinntal, Salzburger Kalkalpen.
Bemerkenswertere Pflanzen (vgl. auch S. 86): In der Gipfelregion mehr
oder weniger verbreitet: Carex atrata, parvißora, Silene alpina (weit herab),
Cerastium fontanum, Alchimilla fissa, Potentilla Ci-ant^ü (^ Salisburgensis),
Trifolium Thalii, Hedysarum obscurum, Pachypleurum simplex, Plantago mon-
tana, Chrysanthemum atratum, Gnaphalium Hoppeanum, Antennaria Carpathica,
im Geröllfelde nördlich derselben: Trisetum spicatum, Saxifraga stenopetala,
Saussurea pyginaea, Crepis Terglouensis, am höchsten Punkte: Salix serpylli-
folia, Primula minima, Alectorolophiis lanceolatiis, Euphrasia hirtella.
Besuchen wir den Südgrat bis zum sogenannten Sagzahn, so treffen wir
im Rasen Juncus Jacquini, an Felsen Aretia Helvetica.
Abstieg nach Süden (rot markiert) durch Gerolle und Alpenweiden zur
Scherbensteinalpe (1853 ?n), deren Hütten, an eine Felswand angelehnt,
ganz versteckt liegen. An einer Lache (Alpenmoor S. 72) da,se.\hst Eriophorum
Scheuch:^eri, an üppigen Grasplätzen Peucedanum (Imperatoria) Ostruthium.
Weiter über eine steile, steinige Stufe zur bereits in der Waldregion gelegenen
AUbüchlalpe; hier die üppige Vegetation der gedüngten und wasserreichen
Umgebung der Sennhütten (S. si") besonders stark entwickelt. Nun wieder
i2g
reclit steil hinab durch schönen Fichtenwald (im oberen Teile auch Buchen)
zum oberen Ende eines Alluvialkegels (zirka 950;»), über den es sanft nach
rechts, häufio- durch Birkengehölze, nach Wiesing und auf dem Fahrwege durch
Wiesen und Acker nach Jenbach geht.
Jenbach — Innsbruck.
Die Eisenbahn führt am linken Ufer weiter. Rechts unter hohem, durch
einen Waldbrand entblößtem Felsgehänge das Schloß Tratzberg, dann vor
Stans (rechts) kurzer Blick auf Georgenberg, auf einem Felsblock in wal-
diger Schlucht gelegen; links die hohen Bergwerkshalden des Kellerjoches, an
dessen Fuße die alte Stadt Schwaz, vom Schlosse P'reundsberg überragt.
Über das Geröllbett des Vomperbaches, dann nahe dem Flusse in dem von
Dörfern (Pill, Weer, Kolsaß, Wattens, Volders links, Terfens, Fritzens, Baum-
kirchen rechts) reich belebten Tale nach Westen. Nördlich das bewaldete
Mittelgebirge des Gnadenwaldes, an dessen Fuße Eichenbestände, im Süden
das Weertal, Wattental und Voldertal mit ihren Gebirgsumrahmungen. Die alte
Salinenstadt Hall (rechts) mit dem charakteristischen Münzturm zieht sich am
Schuttkegel des Halltalerbaches hinauf, überragt vom dunklen Zunderkopf und
den trapezförmigen Mauern des Bettel wurfkam m es. Gerade fort unter dem
diluvialen Gehänge (rechts) von Thaur, Rum und dem Arzler Kalvarienberge;
jenseits des Flusses ausgedehntes Mittelgebirge. Beim Vororte Mühlau stei-
nerne Brücke über den Inn, dann langer Viadukt bis zum Bahnhofe von Inns-
bruck.
Innsbruck.
Innsbruck (Fig. 4), die Landeshauptstadt Tirols (mit Wilten, dem römi-
schen Veldidena, zirka 48.000 Einwohner) liegt 574 m hoch in der Talebene zwi-
schen dem Inn und der von Süden kommenden Si 11. Den Ruf einer der schön-
sten Alpenstädte verdankt Innsbruck den Reizen seines Mittelgebirges und
der abwechslungsreichen Hochgebirgsumrahmung. Im Südosten die Ausläufer
der Zillertaler Alpen (Tuxergruppe), mit der Kuppe des Patscherkofels,
(2248 ju) endend; genau im Süden als Glanzpunkt die schöne regelmäßige
Pyramide der Serles oder Waldrasterspitze (2715 m), rechts davon die drei-
gipflige vSaile (2402 vi), beide Reste der Trias in den Zentralalpen; im Südwesten
dunkle Schieferberge, der Roßkogel und Grieskogel (2887 ;n) im Seilraintale.
Im Hintergrunde des Oberinntales (Westen) der vielspitzige Muttekopf bei Imst.
Nördlich des Inn die Kalkmauer der Solsteinkette, bei Zirl mit der sagenbe-
rühmten Martinswand beginnend, mit Solstein (2641 ;n), Brandjoch etc., da-
hinter im Osten die Bettel wurfkette (Großer Bettelwurf 2725 ;n). Beiderseits
des Tales ziehen in 800 — 900 tu Höhe fluvioglaziale Ablagerungen (S. 7) hin,
welche, von der Erosion des Flusses noch übriggelarssen, heute die für die
Exkursion in die Ostalpcn. n
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Gebend su charakteristischen Mittelgebirge bilden. Die südliche Terrasse,
teilweise vom Urgestein, welches als höchsten Punkt die Lanser köpfe ("gSi ju)
bildet, gestützt, ist eine reichkultivierte Fläche mit bewaldeten Hängen, deren
Zusammenhang nur durch die tiefe Schlucht der Sill (Fig. 4 vorne) unter-
brochen wird. An der Mündung derselben liegt der Berg Isel, die Wahlstatt
der Jahre 1703, 1797 und 1809, mit Denkmal Andreas Hofers. Das bekannte
Sciiloß Ambras weiter östlich am Hange. Die nördliche Mittelgebirgsterrasse
(vgl. Fig. 4) ist viel weniger ausgedehnt, meist bewaldet und in Ermanglung
einer festeren Stütze im unteren Teile in mehrere Sandhügel zerfallen und vom
Höttingergraben und der Mühlauerklamm tief durchfurcht. Der ober der
Stadt sichtbare rötliche Steinbruch liegt in der pflanzenführenden interglazialen
H ö 1 1 i n g e r B r e c c i e. '^)
Von Sehenswürdigkeiten der Stadt liegen für unseren Besuch am näch-
sten: der botanische Garten der Universität mit schöner Alpenanlage, das
«Güldene Dachl», die Triumphpforte in der Maria Theresienstraße, der Ru-
dolfsbrunnen, dann die berühmte Hofkirche, nahe der kaiserlichen Burg, das
Panorama der Schlacht am Berge Isel (1809), ein 1000 ?n- großes Rund-
gemälde Zeno Diemers, das, abgesehen von der Darstellung der Kämpfenden,
die Landschaft gerade in ihrer schönsten Stimmung, am Abende nach einem
Gewitter, in berückender Natürlichkeit wiedergibt, die große, aus den natür-
lichen Gesteinen hergestellte Reliefkarte von Tirol im Maßstabe von i : 7500,
das Landesmuseum (Ferdinande um) mit besonders archäologisch sehr
reichen Sammlungen.
Nördliche Mittelgebirgsterrasse.^)
(Halbtagstour, 4 Stunden).
Über die Innbrücke in das alte Dorf Hötting, durch dessen enge Gas-
sen aufsteigend nach Überschreiten des Baches der Diluvialhang erreicht wird.
Über diesen (Sanddorngebüsche, S. 42) steil zum Planötzenhofe; dort zwi-
schen Maisfeldern in den hohen F'öhrenwald, der später Fichten und Buchen
Platz macht, und fast eben zum H ö ttingerbild, einer Kapelle mitten im
Walde {qo6 in), i'^j^ Stunden. Nun rechts, den Höttingergraben, dessen Hänge
mit Kalkgerölle bedeckt (hier Eiiphrasia Salisbiirgensis) und mit Alniis incana
bewachsen sind, querend, zum Gramartboden, einer Waldwiese mit ausge-
dehntem Blick auf die Gelände südlich von Innsbruck bis zu den Brennerbergen
und dem mächtigen Habicht im Stubaitale. Restauration. Durch schattio^e Fichten-
') Wettstein, R. v., Die fossile Flora der Höttinger Breccie. Denkschr. Akad.
"Wiss., Wien 1892, S. 479—524.
^) Blaas, Ein geolog. Spaziergang im Höttinger Graben und Dalla Torre,
Pflanzen- und Tierwelt im nördlichen Mittelgebirge bei Innsbruck (22. Jahresber. des
Innsbrucker Verschönerungs Vereines).
9*
l32
Wälder fast eben über das Plateau fort, später sanft ansteigend zur Arzleralpe,
die bereits am Gürtel der Kru inmholzbuchen (S. 35) liegt. Weiter^) gegen
Nordosten ansteigend, werden bald die hochstämmigen feuchten Buchenwäl-
der (S. 35) an der Lehne der Müh lauer Klamm erreicht (1^/2 Stunden). Hier
(zirka 1150 vi) im faulenden Buchenlaube mitunter in ganzen Gruppen Epipognn
aphyllus. In der Klamm selbst an den feuchten Felsen Saxifraga unitata; reiche
Algenvegetation an den Steinen im Bache, die von Hydruriis, Diatomaceen,
Rivularien u. a. Gallertüberzüge (S. 58) erhalten, auch an Felswänden {Scj'-
tonema etc.). Weiter auf steilem, steinigem Wege an den Kaskaden des Baches
und unter mächtigen Felsen hin zum Ausgange der Klamm, dann rechts über
sandige, mit Kalkmuhren überdeckte Hänge mit Sanddorngebüschen nach
Müh lau (i Stunde) und über die Kettenbrücke und den Saggen oder mittels
Tramway in die Stadt.
Viller Wiesenmoor und Lanserköpfe.-)
(Halbtagstour, 2^/4 Stunden).
Mittels Tramway durch die Stadt zum P'uße des Berges Isel, ^/^ Stunde;
von dort Mittelgebirgsbahn, ^/^ Stunde. Nach Osten über die Sill ; rechts
kurzer malerischer Blick auf den künstlichen Wasserfall derselben am Aus-
gange der Schlucht, daneben Eingang des ersten Tunnels der Brennerbahn.
Am Hange des Paschberges durch Fichtenwälder immer weiter ansteigend
unter stetem Ausblick auf die herrlichen grünen Gelände des Inntales, am
Tummelplatze (rechts), einem alten Soldatenfriedhofe, vorbei zur Haltestelle
Ambras. Unweit davon (links) das Schloß, darunter das gleichnamige Dorf,
Nun in mehreren Serpentinen mit immer abwechselnden Fernblicken aufwärts
zur Station Aldrans; dann gegen Westen zurück an steilen Schotterhängen hin
auf die Höhe des Mittelgebirges zur Haltestelle Lansersee. In der Nähe der
«große Lansersee», 842 m, ein kreisrundes Wasserbecken; auf Moorboden
seines Ostufers Potentilla Non'egica.
Ein ziemlich ausgedehntes Wiesenmoor (vgl. S. 51) füllt eine Senkung
gegen Vill (westlich) aus. Von bemerkenswerten Arten sind hier zu erwähnen:
Eriophontm gracile, Heleocharis paucißora, RhyncJiospora alba, Polygala Austria-
cinn, Drosera rotundifolia, Anglica, obovata, Carex dioica, Buxbaumii, lasiocarpa
(«ßlifo}-mis»), fulva (ßava X Hornschiichiana), in seichten l'ümpeln blüht in
Menge Utricularia minor, an deren Rändern Sturmia Loeselii.
^) Falls, was vorher rekognosziert werden wird, Epipogon noch nicht entwickelt
sein sollte, kann dieser Teil unterbleiben und über die Hungerburg und Weiherburg steil
nach Innsbruck abgestiegen werden.
-) Murr J., Die Lanserköpfe bei Innsbruck und ihre Umgebung. Deutsche bot.
Monatschr. XIX (1901), S. 152—154.
133
In 20 Minuten wird die Schieferkuppe des Lanserkopfes, g3i iii, erreicht,
der beste Aussichtspunkt für die Umg-ebung Innsbrucks. Besonders schön der
BHck über die mit Dörfern besäten Mittelgebirge, über den eleganten Kurort
Igls auf den mächtigen Habicht und andere Gipfel der Stubaier Eisberge, in
das Unterinntal bis Kufstein und dem Kaisergebirge; sonst wie S. 129 erwähnt.
An Gestein Soiipervivuni Doellianuni, Aspleniuni septeutrionale, Saxifraga Ai:^oon
etc. Abstieg zunächst zum «kleinen Lansersee», der mit Nymphaea alba,
Elodea Canadeusis etc. bedeckt ist. Zwischen dem Schilf A.spidiinn Thelypteris
und Carex Pseiidocyperiis, jedoch nur mit größter Vorsicht zugänglich. Von
hier auf schlechtem Fahrwege durch einen Birkenhain (S. 36) nach Norden
(Senecio Jacobaea X alpinus in großen Stöcken), dann gegen Westen abwärts an
den Rand der Sillschlucht (Libanotis viontana) und auf der Iglser Straße, die
Sill querend, zur IVamway, i Stunde. Der Besuch der Reliefkarte von
Tirol (s. oben) am besten hier anzuschließen.
Innsbruck— Brenner (1370 m\
Bald nach Verlassen des Bahnhofes fahren wir über einen hohen Damm,
der Ausblicke nach rechts und links über das Inntal gestattet, in den 660 m
langen Berg Isel-Tunnel ein. Jenseits desselben befinden wir uns in der Sill-
schlucht. Links der Paschberg, rechts führt die neue Stubaitalbahn zum
Mittelgebirge. Nach der gänzlich zerfallenen Ruine Sonnenburg auf hoher
Brücke über die Sill. Weiter an abgesprengten Felsen fortan am rechten Ufer
hin durch mehrere Tunnels, über Dämme und Stützmauern hoch über dem im
silbergrauen Phyllit eingegrabenen Schlund der schäumenden Sill, an dessen
Steilhängen Birken und Erlen Gestrüppe bilden. Beim Weiler Gärberbach zahl-
reiche Linden, die ihre Existenzbedingungen dem Föhn (S. 9) verdanken. Gegen-
über die dreigipfelige Saile, vor uns die Seriesspitze. An der Mündung des
Stubaitales die Stephans brücke der Brennerstraße sichtbar, ein hochgewölbter
steinerner Bogen von 44 m Spannweite. Weiterhin Fichtenwälder an den weni-
ger steilen Hängen; an kahlen Stellen setzen Chrysanthemum (Tanacetiim) vul-
gare, Arteinisia Absinthiwn, Tommasinia verticillaris und Libanotis montana die
charakteristische Vegetation zusammen. Auf einer kleinen Wiese in der Tiefe
eine der größten elektrischen Kraftanlagen, zu deren Betriebe das Wasser der
Sill y6 km weit nahezu horizontal am Hange hingeleitet wurde und dort aus
i83 m Höhe durch mannsdicke Rohre außerordentlich steil herabstürzt. Bei
Station Patsch in großer Menge die durch den Bahnbau eingeschleppte Isatis
tinctoria. Hier beginnen allmählich die Lärchen wälder (S. 34), die bis über
Steinach hinaus dominieren. Erster Blick auf das Hühnerspiei beim Austritt
aus dem Mühltaltunnel, dem längsten der Strecke (878 m). Auf hohem Damme
und Durchlaß über den Fluß, dann den Schloßberg von Trautsohn mittels
Tunnels durchfahrend nach Matrei. Bald darauf im fast ebenen Talbecken
i34
Mündung des Navistales, in dessen Hintergründe die Tarntalerköpfe (Serpen-
tin), Bei Steinach (rechts) Blick in das berühmte Gschnitztal mit Blaser,
Kirchdachspitze und Habichj^ In starker Steigung biegt die Bahn nach Osten
in ein Seitental (die steilen Felsen links von den niederhängenden Sträuchern
der Juniperus Sabina überwuchert), welches sich alsbald in das Schmirntal
und Valsertal gabelt, deren schroffe Bergformen nur auf Augenblicke zu sehen
sind. Der IVennungsrücken dieser beiden Täler wird bei St. Jodok mittels
Kehrtunnels durchfahren, an der gegenüberliegenden Tallehne wieder der Hang
des Silltales erreicht und so nahezu loo m Steigung überwunden. Am Fuße des
Padaunerkogels, hoch ober dem Dorfe Gries (gegenüber am Abschlüsse des
Obernbergertales die mächtige Tribulaungruppe), dann am tiefgrünen
Brennersee (rechts) vorbei und über die Mündungen des Venna- und Gries-
bergtales zu der am höchsten Punkte der Bahn gelegenen Station Brenner
(iSyo in) der Wasserscheide zwischen Schwarzem und Adriatischem Meere.
Rechts kommt der Eisack herab, an dem durch das meist von kaltem Wind
durchwehte Hochtal abwärts Brennerbad erreicht wird.
A. Vcnnatal.^)
(Halbtagstour, 3 Stunden).
Vom Kraxentrager, einem Gipfel im Südkamme der Tuxergruppe, zieht
zum Brennersee das nur 6 kvi lange, geographisch ganz unbedeutende, aber
landschaftlich schöne Vennatal herab. Im unteren Teile ganz sanft geneigt,
mit Lärchen- und Fichtenwäldern bewachsen, zwischen denen üppige Wiesen
und Voralpenfluren sich ausbreiten, schließt es mit einem geröllbedeckten Steil-
hange, über den der Abfluß des kleinen Kraxentragerferners in einem Wasser-
fall herabstürzt. Die rechte (nördliche) Talseite ist streckenweise aus steilen
Felsen stark kalkhaltigen Phyllites gebildet, der Kalk- und auch Urgesteins-
pflanzen die Existenz ermöglicht. Eine große Anzahl von Arten der Hoch-
alpenregion steigen dort bis 1500 m herab, während andererseits einige xero-
phile Talpflanzen, ja selbst solche der banato-insubrischen Zone im Zusammen-
hange mit der Wirkung des Föhns (S. 9) noch existieren können. Die dadurch
entstehende Pflanzengesellschaft bildet den botanischen Anziehungspunkt.
Etwa ^/^ Stunde nördlich der Station Brenner wird die Straße verlassen
und nach rechts über die Bahn in das Tal eingebogen. Schon hier an Felsen
alpine Pflanzen, z. B. Pr'nnula longißora. Bequemer ebener Weg in Y2 Stunde
zum Weiler Venna. Am Bache, der hier überschritten wird, Peucedanum Ostru-
thium, Phyteiima Hallen', Hieracium aurantiacum etc. in üppiger Entwicklung.
Unweit nördlich davon steigen die Felsen an. Stipa pennata, Aster alpinus,
Leontopodium alpituun, dessen «Sterne» oft aufgelöst erscheinen, Arteinisia laxa
') Nach Angaben von Herrn H. Fleiscli manu (Wien).
i35
und Art. campestris mögen die Flora charakterisieren. Weiter taleinwärts beim
Ansteigen gejgen den Wasserfall Cystopteris mnnlana, Alliyrium alpeslre, Cerinthe
alpina, Pn'mula viscosa, Achillea moschata.
B. Hühnerspiel (Amthorspitze) ^) 2751 m.
(i'/a 'JL''^ge; Aufstie;,' 5 — j'/o Stunden; Al)stie<j 4 Stunden).
IDas Hühnerspiel 2) gehört dem südlichsten Teile der Tuxer G e-
Ijirgsgriippe an, der, durch das Pfitschtal vom Hauptstocke der Zillertaler
Alpen getrennt, einen von Nordosten gegen Südwesten neben dem ILisacktale
verlaufenden Rückini darstellt. Nach einer weiten Einsattelung schwingt sich
dieser zu einer mächtigen Herggruppe empor, die in der scharfen Pyramide
der Rollspitze (2800 in) kulminiert. Auf ihrem von steilen Felswänden flan-
kiertem Ostgrate erhebt sich das Hühncrspiel (2751 m), südlich davon die Weiß-
s[)itze (2716 m), nördlich ist die Daxspitze (2648 m) vorgelagert. Wie in touri-
stischen Kreisen die prachtvolle Fernsicht, so hat der von Kerner ent-
deckte^ erschöpfend aber erst seit wenigen Jahren bekannte Pflanzenreich-
tum für Botaniker das Hühnerspiel zu einem der ersten Anziehungspunkte ge-
macht. Es ist nicht eine bestimmte Formation, die sich dort besonders gut
studieren ließe, sondern die überaus große Anzahl von vielfach pflanzen-
geographisch gar nicht zusammengehörenden Arten, die diesen f^erg zu einem
der lohnendsten Punkte unserer Reise macht. Geographische Lage, Klima und
geologische Beschaffenheit tragen dazu gleichinäßig bei. Viele Arten der öst-
lichen Alpen, insbesondere Charakter[)flanzen des Tauernzuges, haben hier die
Westgrenze ihrer Verbreitung, während von der nahen eisstarrenden ütztaler-
gruppe noch einzelne westalpine Pflanzen herüberreichen, um sich hier mit
jenen zusainmenzufinden. In klimatischer Hinsicht stehen die Brennerberge
unter dem I^influsse des Föhns (Scirocco), der sich von hier in die nördlichen
und auch in die südlichen Täler hinabstürzt. Das Fortkommen einer ganzen
Reihe von Pflanzen der Südtiroler Dolomitalpen ist zweifellos seiner Wirkung
zuzuschreiben. Das Gestein, aus dem die ganze Berggruppe aufgebaut ist, ist
streckenweise stark kalklialtiger Phyllit, dem außerdem, wie auf der Weiß-
spitze, Kalke unsicheren Alters aufliegen. Von der großen Anzahl der hier
zusammen vorkommenden Arten soll, da sie sich teils überall zertreut finden,
teils ihre Standorte in der Natur wenig gekennzeichnet sind, gleich hier eine
Auswahl gegeben werden: Trisetinn spicatiim und distichophylliim, Sesleria
ovata (östlich), Carex nipestris, Chamaeorchis alpina, Dianthus glacialis (östlich),
') Wir wollen den schönen Vollcsnamen «Hühnerspiel» dem durch Gemeinde-
beschluß dem Berge nach seinem verdienten Erschließer Dr. It. Amthor gegebenen
vorziehen.
-) Noc, Gossensaß, Blätter der Erinnerung an die Gletscherwelt Tirols, Meran
1888, S. 06 — 98. — Kerner A., Korrespondenz, Österr. bot. Zeitschr. XIX, 1869, S. 223.
i36
Silene Norica (östlich), Alsine lanceolata (südlich), Cerastium strictum, Raniin-
ciiliis plantagineus (südlich), Anemone sulphurea (westlich), Arabis coenilea,
Draba Fladnit:^ensis und Caii^thiaca, Papaver aiirantiacinn (westlich), Sedum
Cay-inthiacum, Saxifraga biflora, bißora X oppositifolia und Riidolphiana, Poten-
tilla g7-andißora, nivea und frigida (westlich), Alchimilla fissa und ßabellata,
Oxytropis Tiroliensis, Astragahis australis, alpinus und frigidus, Trifolium alpi-
nnm (westlich), Primiila ghitinosay^ minima, longißora (südlich), Anneria alpina,
(östlich), Gentiana brachyphylla (westlich), postrata (östlich), nana (östlich),
tenella, Kerneri und calycina (südlich), Swertia (LomatogOniiim) Carinthiaca (spät
blühend), Pedicularis asplenifoUa und Oederi (beide westlich), P. tuberosay^ro-
strata, Erigej-on imißorus, Antennaria Carpathica, Leontopodium alpinum, Arte-
misia laxa und Genipi, Doronicwn glaciale (östlich), Saussurea alpina, Carduus
Rhaeticus (südlich), Taraxacimi Pacheri (östlich), Reichenbacliii (endemisch),
Crepis jubata (westlich) und Terglouensis, Hieracium dentatum, piliferum etc.
Der Weg- zweigt zirka ^^ Stunden von Brennerbad abwärts beim Gast-
hause Pontigl ab, das nach angenehmer Wanderung auf der Straße erreicht
wird. Aufwiesen Massen von Carduus agrestis und Ranunculus Kerneri, Cha-
rakterpflanzen des Brennergebietes. Der markierte Steig führt nun bequem in
Serpentinen durch vegetationsarmen Fichtenwald empor. Galium Leyboldii
und Hieracium Bocconei sind die einzigen bemerkenswerten Pflanzen. Immer
schöner öffnet sich im Ansteigen der Blick in das Pflerschtal mit seiner eisge-
panzerten Umrahmung und der über 4 km langen Kehre der Eisenbahn. Unter
der Waldgrenze wird in i^/^ Stunden die bewirtschaftete Amthorhütte erreicht.
In zahllosen Serpentinen führt der markierte Reitweg am Hange empor.
Ericaceengürtel (S. 67) schmal und wenig ausgeprägt; mittlere und obere
Hochgebirgsregion gehen ganz allmählich ineinander über. Es empfiehlt sich,
weiter oben etwas rechts vom Wege ab ober den Felsen (aber nicht zu nahe)
hinzugehen, da dort die reichste Flora. Zuletzt über einen schmalen Grat zum
Gipfel, 2^/2 — 3 Stunden.
Aussicht die Hochgebirge fast ganz Tirols umfassend. Sehr zu-
sammengeschoben die eisgepanzerten Zentralalpen: im Osten die Zillertaler
Alpen, besonders schön die Tuxergruppe; im Westen über dem Pflerschtale
die zahllosen Gipfel der Stubaier und Ötztaler Alpen mit Wildspitze (3776 m)
und Weißkugel; gleich über dem Brenner die schroffen Kalkberge der Tribu-
laungruppe. Im Norden über der grünen Sillfurche die Nordtiroler Kalkalpen
bis zur Hungerburg bei Innsbruck herab sichtbar. Im Süden die formenreichen
Dolomitalpen (Ampezzaner Berge, Marmolata, Langkofelgruppe, Schiern etc.);
näher düstere Schieferberge des Sarntales, darüber hinaus die Brentagruppe,
endlich in weiter Ferne die Gletschergipfel der Adamello-, Presanella- und
Ortlergruppe bis knapp unter den Gipfel des Ortlers {3go2m) selbst. Talblick
in das liebliche Sterzinger Becken; das Pfitschtal zum großen Teile durch die
nahe Rollspitze verdeckt.
i37
Für Seh \v indelfreie lohnt die noch ^1^ Stunde weitere Rollspitze
einen Besuch. Der markierte Weg führt zuerst über den schmalen, scheinbar
ganz ungestörten Grat, muß aber bald in tief eingerissene Scharten absteigen.
Auf dieser luftigen Höhe Alsine decandra, Arenaria frigida, Hutchinsia brevi-
caulis, Draba Fladnit:^ensis und seltene Moose (Pottia latifoUa, Eurhynchium
cirrhositm, Stylosteghnn caespiticiinn) als zwergige Vertreter der Vegetation.
Der Berg besteht aus dem äußerst brüchigen Quarzphyllit und zeigt besonders
am Nordhange in großartiger Weise das Zerstörungswerk des Windes und
Regenwassers (S. 8), während der Südhang mit glattgewaschenen Platten ge-
panzert ist. Vom Gipfel schöner Blick auf das ganze Pfitschtal.
Abstieg gleich unterhalb des Gipfels nach Süden auf markiertem Fuß-
steig in den vSattel zwischen Hühnerspiel und Weißspitze. Nun diesen ver-
lassend rechts über festes Gerolle und Rasen in der Tiefe der Platzerberg
genannten Mulde abwärts. Unter der Alpe wird über den nördlichen Hang der
Reitweg erreicht und auf diesem nach Gossensaß abgestiegen, 3-^/^ — 4 vStun-
den. Das wohlhabende Dorf liegt 1061 m hoch, am Ausgange des Pflersch-
tales, am eigentlichen Südfuße des Brennerpasses, und ist seit wenigen Jahren
ein gutbesuchter Luftkurort geworden.
Gossensaß — Bozen.
Gleich unterhalb Gossensaß passiert die Bahn eine kurze Talenge, in
welcher die Trasse im ehemaligen Bette des Eisack liegt, dieser selbst aber
durch einen künstlichen Wassertunnel (rechts) braust. In südlicher Rich-
tung abwärts durch steile Lärchenwälder, die hier von grauen Felsbänken
durchsetzt sind, am Dörfchen Ried (links) vorbei, in das Talbecken von Ster-
zing. Hier münden, umrahmt von den vergletscherten südlichen Ausläufern
der Stubaier Gruppe, das Ridnauntal und Jaufental, von Nordosten das Pfitsch-
tal. Am Fuße bewaldeter Hänge das altertümliche Städtchen Sterzing ^) male-
risch gelegen; südöstlich davon, uns hinter den Weidenbeständen des Flußufers
nicht sichtbar, das nunmehr fast trockengelegte Sterzinger Moos, ein letzter
Rest des diluvialen Sees.
Das folgende, nach Südosten verlaufende Durchbruchstal des Eisack
in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zunächst im unteren Teile waldloser
Nordhang, mit insbesondere in der Umgebung der schön renovierten Schlösser
Sprechenstein und Weifenstein (links) xerophytischer Vegetation, mit durch
Viehverbiß verstümmelten kleinen Wachholdersträuchern bestanden. Unterhalb
Mauls zwischen den genäherten Talwänden streckenweise nur Raum für den
zwischen Felsblöcken schäumenden Fluß, die Straße und Bahn. Die sehr stei-
^) Die römische Kolonie Vipitemim. Daher der Name Wipptal für die keineswegs
einheitliche Talfurche von hier bis Innsbruck.
i38
len, trockenen und von Erosionsrissen durchfurcliten nördlichen Hänge
tragen hier schütteren Wald von Pinits silvestris, nur in ganz vereinzelten
schattigeren Schluchten firjd^en sich spärliche Fichten, während gleich gegen-
über die ebenfalls steile südliche Talseite mit prächtigem Fichtenwald,
gemischt mit Birken (B. verrucosa) bedeckt ist, ein Kontrast, der sich bei der
Gleichheit des Gesteins (Granit) nur durch die verschiedene Lage und die da-
mit gegebene Verschiedenheit der Beleuchtungs- und Feuchtigkeitsverhältnisse
erklären läßt. Kleine Wiesen der Talsüle von mitunter prächtigen Birken um-
geben. Bei Grasstein (links) ein Denkmal für die Gefallenen der zahlreichen
Kämpfe sichtbar, die im Jahre i8og um diesen Engpaß zwischen Tirolern,
Bayern und Franzosen tobten.
Unterhalb Mittewald die ersten Kastanienbäume (Castanea sativa) kulti-
viert; auf den Höhen vor uns bereits Weingärten. Wir befinden uns an der
klimatischen Grenze Südtirols. In der Station Franzensfeste längerer Auf-
enthalt, Bald darauf links die mächtige gleichnamige Talsperre. Die hier ab-
zweigende Pustertalbahn übersetzt mit 200111 langer Brücke, deren mittlerer
Teil aus Militärrücksichten in die Festung eingezogen werden kann, das Tal
und damit in 80 in Höhe, gerade über der Straßenbrücke, den Felsschlund des
Flusses. In südlicher Richtung wird das freundliche Brixener Becken mit
der Mündung des Pustertales erreicht. Die Hänge des von Norden weit vor-
geschobenen diluvialen Schabser Plateaus mit Weingärten bedeckt, auch Mais
wieder im großen kultiviert. Kastanienhaine und Weingärten grenzen nicht
bald wo so knapp an die baltischen Fichtenwälder der Talhänge, ja selbst an
Alpenrosenbestände, wie beim folgenden Dorfe Vahrn. An der Mündung der
Rienz (links) die Stadt Brixen, 550 in, überragt vom Schlosse Krahkofel, dem
nördlichsten Standorte zahlreicher südlicher Pflanzen. Weiter abwärts am
Flusse (links) Eschenbestände, dann prächtige alte Auen aus Erlen, Weiden
und Populus nigra, deren Boden von Riibus caesiiis überwuchert ist. Die Bahn-
dämme mit Robinia Pseudacacia bepflanzt; auf dem schotterigen Untergrunde
üppige Ruderalflora (Echiinn vulgare, Artemisia vulgaris, Galeopsis speciosa,
Verbascuin-\rte.n). Bevor sich das Tal wieder verengt (bei Albeins) kurzer
Blick auf die Dolomitzacken der Geislerspitzen (links). Bald nach Passieren
des Villnössertales das Kloster Säben auf hohem, senkrecht abstürzendem Fels-
kopfe (rechts); an seinem Fuße das Städtchen Klausen. Die Fichtenwälder ver-
schwinden weiterhin fast völlig, an ihre Stelle treten Rotbuchen (Fagus silva-
tica). Die hier noch spärlichen Weingärten hochwüchsiger und bereits der
italienischen Kulturart ähnlich. Bei Waidbruck mündet links das Grödnertal,
berühmt durch die kunstvollen Holzschnitzereien seiner ladinischen Bewohner.
Beim Bahnhofe (links) eine mächtige Trauerweide.
Unterhalb Waidbruck beginnt der sogenannte Kuntersweg, eine
Schlucht, die sich der Eisack von hier bis gegen Bozen tief im Porphyr aus-
gewaschen hat. An den von senkrechten roten Felswänden durchsetzten Steil-
liängen finden sich von Süden eingedrungene Elemente in seltsamer Vereinigung
mit den vom Mittelgebirge herabsteigenden baltischen Waldbäumen. Ein aus
Ostrya carpinifoUa, Corylus Avellana, Betula i'errucosa, Fagiis silvatica, Casta-
nea .sativa, Colutea arborescens, Cotinus Coggygria, Fraxiniis excelsior, Picea
excelsa , Pinus silvestris , die wir sämtlich während der Eahrt leicht unter-
scheiden können, zusammengesetztes Gehölz, wie es hier insbesondere den
östlichen Hang bedeckt, wäre unerklärlich, wenn uns nicht die geographische
Lage der Gegend über seine Entstehung Aufschluß gäbe. Streckenweise lassen
die steilen, von Hedera Helix übersponnenen Felsen für Gesträuch überhaupt
nur mehr wenig Raum; insbesondere Nadelbäume verschwinden später völlig.
Von der Haltestelle Kastelrut abwärts Massen von Chamaenerium palustre
im GeröUe des Flusses. Bei Atzwang die ersten Zypressen; links kurzer Blick
auf den Schiern. Bei Blumau, das durch mehrere Tunnels erreicht wird,
Mündung des Tiersertales. Der Eisack biegt nach Westen und vorne über
dem durch Weingärten und Gehöfte immer mehr belebten Tale wird die Um-
ralimung des Bozener Beckens sichtbar. Bei Kardaun treten die Felshänge
rasch auseinander und die Bahn biegt vom Flusse rechts ab. Unter immer
großartigerem Blick auf die Umrahmung des Talkessels, zwischen Weingärten,
Pfirsich- und Mandelkulturen an den Dörfchen Rentsch und St. Magdalena
vorbeifahrend, erreichen wir den Bahnhof von Bozen (262 ;n).
Bozen.
Die Stadt Bozen ^) liegt unweit der Mündung des Eisack in die von Nord-
westen aus dem Vinschgau kommende Etsch, am nördlichen Ende eines lang-
gestreckten diluvialen Flußseebeckens, das durch den Durchbruch der Etsch
bei Salurn entleert wurde. In seinem westlichen Teile reicht das auch fluß-
aufwärts als schmale Terrasse fortgesetzte rebenreiche Mittelgebirge «Über-
etsch», ein Porphyrriegel mit diluvialer Decke bis an die Etsch heran. Im
Norden umgeben die Sarntaler Alpen im Halbkreise das schluchtartig mün-
dende Sarntal; ihr Südfuß bildet zwischen letzterem und dem Eisack das
hochgelegene Porphyrplateau des Rittens. Auch im Osten breiten sich mit
rötlichen Porphyrfelsen abstürzende Vorberge aus; hinter ihnen die zerklüf-
teten Dolomitgruppen des Latemar und Rosengarten, dann, auf das Mittel-
gebirge von Völs und Seis senkrecht abstürzend, der Schiern. Am Horizont
weiters gegen Norden einzelne Schiefergipfel der bereits erwähnten Sarntaler
Al[)en; im Südwesten der Gantkofel und Monte Roen; zwischen ihnen der Men-
delpaß mit Straße nach dem Nonsberg. In der Ferne einzelne Gipfel des
Schiefergebirges in der Umgebung von Meran sichtbar. Zahlreiche Schlösser
') Berjjmeister A., Physisch-medizinisch-statistische Topographie der Stadt Bozen.
Bozen 1854, S. i3 — 19.
140
zieren allenthalben Hügel und Ecken der Mittelgebirge; viele sind schon längst
zu Ruinen verfallen, andere aber noch bis heute bewohnt und erhalten oder in
neuerer Zeit wiederhergesti.[It worden.
Bozen ist im Sommer eine der ersten Touristenstationen Tirols, aber
auch im Winter wie noch mehr das jenseits der Talfer gelegene Dorf Gries
als klimatischer Kurort schon seit langer Zeit besucht. Von interessanten
Bauwerken seien der aus dem Jahre 151g stammende gotische Turm der
Pfarrkirche, das nahe prachtvolle I3enkmal des Tiroler Minnesängers
Walter von der Vogelweide und die durch ihre künstlerische Ausstattung
berühmte Weinstube «Batzenhäusl» genannt. Der Obstmarkt und die
L.aubengasse zeigen nicht nur die besten Produkte des in der Gegend blühen-
den Obstbaues, sondern auch ein buntes Bild des bewegten Volkslebens.
Erzherzog Heinrichs^Promenade.
Über Walterplatz, Laubengasse, Obstmarkt (vgl. oben) wird das
Talferbett und rechts über die prächtige Ausblicke auf die Stadt und Um-
gebung gewährende Wassermauer ein eiserner vSteg erreicht, über den wir
zum oberen Ausgange von Gries gelangen. Nun ein kurzes Stück nach links,
an Felsen und Mauern vorbei (hier die zentralamerikanische Opuntia pinnila
eingebürgert) in den Ort zum Fagenbache, der über eine steile Porphyrwand
vom Mittelgebirge herabstürzt, doch im Sommer gewöhnlich wenig Wasser
enthält. Längs desselben zunächst unter prächtigen Edelkastanien (Castanea
sativa) einen schlecht gepflasterten Weg aufwärts. Rechts ein alter einzeln-
stehender Turm («g'scheibter Turm»). Nach links abbiegend führt nun die
Erzherzog Heinrichs- Promenade ober den Gärten von Gries dahin,
^/^ Stunden. Die Gebüsche dieses warmen Hanges stehen zwar im Sommer
nicht mehr im Blütenflor, doch ist ihre Formation (S. 41 — 42) noch charakte-
ristisch genug; die krautigen Pflanzen sind zum größten Teile bereits verbrannt.
Als seltener verdient Cynanchum laxum erwähnt zu werden. Schließlich ge-
langen wir am Westende von Gries auf die Straße herab. Am Rückwege
passieren wir die sehr sehenswerte Kakteenanlage des Hotels Austria und
können den besonders abends herrlichen Blick von der Brücke über das hoch-
gelegene schottererfüllte Talferbett noch lange genießen.
Runkelstein und Erzherzog Heinrichs.'Garten.
(Halbtagstour; 3 Stunden.)
Am Fuße des Rittens (rechts) durch die äußersten Gassen der Stadt auf
die neue Sarntaler Straße, welche anfangs zwischen den Einfriedungs-
mauern der Weingärten eingeengt ist. Innerhalb St. Peter felsige Hänge mit
den charakteristischen Gesträuchen (S. 41 — 42) und noch blülienden krautigen
141
Pflanzen: Diplachne serot'uia, Dianthus Seguie'ri, D. Monspessulanus, Semperrivuni
acuminatimi, Galiinn purpureum, Centranthus ruber.
An einer vorspringenden Ecke unter mächtigen Walnußbäumen (Juglans
regia) und Edelkastanien prächtiger Blick auf unser Ziel (Taf. XXXIII), das auf
einem Felsen über der Straße ebenso imponierend als malerisch gelegen ist. Bald
zweigt rechts der alte gepflasterte Burgpfad ab und führt unter laubenartig zu-
sammenschließenden hohen Sträuchern von Cornus mas zum zypressenge-
schmückten Eingang'e des Schlosses. Die der Stadt Bozen gehörige Burg wurde
vor drei Jahrzehnten durch Schmid in ihrem ursprünglichen Zustande vollständig
wiederhergestellt und besitzt, abgesehen von dem ganzen Aufbau, insbeson-
dere durch die in drei Sälen verteilten alten Freskogemälde aus dem Sagen-
zyklus Tristan und Isolde hohen kunstgeschichtlichen Wert. Im Hofe kleine
Restauration mit prächtiger Aussicht auf das Bozener Gelände bis Sigmunds-
kron und Überetsch bis zur Mendel. Etwa lo Minuten taleinwärts finden wir
an Felsen längs des nach Rafenstein (links) hinaufführenden Weges Adian-
tiim Capillus Veneris, Notholaena Marantae und Opuntia pumila. Die Rückkehr
erfolgt auf derselben mitunter sehr heißen Straße.
Der «Erzherzog Heinrichs-Garten», heute im Besitze der P'ürstin
v(jn Campo Franco, zieht sich in bedeutender Ausdehnung am Hange des Ritten
hinauf. Unter den zahlreichen Ziergärten der Stadt ^) ist er der sehenswer-
teste, da sich dort der größte Teil der in Bozen kultivierten, aus wärmeren
Klimaten stammenden Gehölze vereinigt findet.
Es seien hier nur die prächtigen Coniferen erwähnt, wie: Sequoia gigan-
tea, Araucaria excelsa, Bidwillii, Brasillana, Picea pungens, Alcocquiana, Abies
Pinsapo, Nordmanniana, concolor, Cephalonica, Tsuga Douglasii, Cedrus Deo-
dara, Libani, atlantica, Pinus Strobus, Halepensis, Cupressus funebris, glauca
u. a. Cltamaecyparis Laivsoniana, Nutkaensis, pisifera, obtusa, Thuya gigantea,
Juniperus drupacea, Taxus baccata f. hybernica, Cephalotaxus Fortunei; ferner
Ginkgo biloba, Liriodendron Tulipifera, Lagerstroemia Indica, Diospyros Kaki,
Magnolien, Bambusen u. v. a.
Sigmundskron, ^) die Moser und das Kulturland an der Etsch.
Mittels Eisenbahn vom Bozener Bahnhofe gegen Westen abbiegend auf
zierlicher Eisenbrücke über die Talfer (prächtiger Ausblick), dann bald auf
dem Etschdamme, bald durch Auen, Obst- und Weingärten zur Haltestelle
Sigmundskron am diesseitigen Etschufer (Meranerbahn) oder, den Fluß
^) Vgl. darüber: Entleu tner A., Die Ziergehölze von Südtirol. Verhandl. der
k. k. zool.-bot. Gesellsch., Wien XXXVIII (1888), S. 115 — 132.
-) F. Leybold, Ein botanischer Ausflug auf den Gaukofel in Südtirol. Flora
XXXVIII (1855), S. 305— 3l6.
142
übersetzend, auf hoher Mauer zur Haltestelle Üheretsch der Uberetscherbahn,
die hier in mehreren Windungen zum Mittelgebirge ansteigt. Östlich davon
führt durch hohen Ostrya-'W's.ld der Weg nach Sigmundskron hinan, ^4 Stunde.
Die stark zerfallene altersgraue Ruine breitet sich mit ihren mächtigen Mauern
und Türmen in bedeutendem Umfange auf der vorspringenden Ecke des Mittel-
gebirges aus und gewährt aus ihren Fenstern herrliche Ausblicke über das
Bozener Becken. Der vordere Teil dient als Pulvermagazin und ist nicht zu-
gänglich. Etwas flußaufwärts zwischen der Etsch und der Berglehne sind noch
Reste der ehemals weitausgedehnten Etschmöser erhalten geblieben. Unter
riesigen alten Weiden erreichen wir diese hochwüchsigen, mit Schilf, Melilotits
altissimiis, Thalict7-um hicidimi, Althaea officinalis etc. dicht bestandenen Sumpf-
wiesen. Die Rückkehr auf der zwar staubigen Straße bietet, besonders wenn
die Strahlen der untergehenden Sonne Wiesen, Obstgärten und Weinlauben in
goldigem Glänze erscheinen lassen, prächtige Stimmungsbilder. An den
Straßenrändern sind von bemerkenswerten Pflanzen zu erwähnen: Lacliica Sca-
riola, Galega officinalis, Epilobiinn adnatinn, Cucubalus baccifer, Digitaria cilia-
ris. In I Stunde wird Gries erreicht und über die Talfer nach Bozen zurück-
gekehrt.
Über den Schiern nach Campitello
(2 Tage).
Der Schiern gehört mit zu jenen Punkten der Alpen, deren Ptlanzen-
reichtum bereits vor einem Jahrhundert den ersten Erforschern der damals nur
mit großem Aufwände zugänglichen Hochalpen bekannt war. Beinahe alle
Botaniker, die später die Alpen bereisten, widmeten ihm ebenfalls ihre Auf-
merksamkeit und dadurch erlangte er seine Berühmtheit, obwohl er kaum mehr
Pflanzen beherbergt als alle anderen gleich ausgedehnten Berge der Dolomit-
alpen. Wir besuchen ihn deshalb, weil er unter diesen am allerleich testen
zugänglich ist und außerdem trotz der verhältnismäßig geringen Höhe infolge
seiner vorgeschobenen Lage eine ebenso weite und instruktive als schö ne Aus-
sicht bietet. Der Berg bildet eine mit Matten und Gesteinfluren (Tafel LH unten)
bedeckte Hochfläche, die im Osten durch die Roßzähne mit der weit höheren
Sellagruppe und dem Rosengarten zusammenhängt und gegen das Mittel-
gebirge des Eisacktales in furchtbar steilen Felswänden abstürzt. An deren
Rand liegen auf dem die tiefe Schiernklamm umgürtenden wenig emporragen-
den Rücken die drei Gipfel: der eigentliche Schiern (2565 ;;!), Jungschiern
(23go in) westlich und Burgstall (2514 m) nördlich. Diesem sind die kecken Fels-
nadeln der Sandtner- und Euringerspitze vorgelagert.
Atzwang-Ratzes (3 Stunden). Schiernhaus (2454«*, S'/i Stunden).
Bis Atzwang mit Bahn (S. iSg). Bei der Station auf alter hölzerner
Brücke über den Eisack, sodann gegen Südosten streckenweise steil auf ge-
143
pilastertem Karrenvve^e (r(Jt markiert) am Porph) rlian^e aufwärts. Hier häufig^
DiantJius Monspessulanus; Kirschbäume und Eschen bis in die Wipfel mit Epheu
dicht umrankt. An Mauern Solammi litorale neben S. Dulcamai-a, Rubus idmi-
folius und dessen Bastard mit R. caeshts.^- Zwischen zwei Bauernhöfen (leicht
zu übersehen!) links (ebenfalls rot markiert) abbiegend auf den Rand des Pla-
teaus, i^/^ Stunden. An Gestein Sempervivum acuminatinn und tomentosuin,
Sediiui reßexiim. Im Rückblicke am gegenüberliegenden Mittelgebirge des
Ritten die berühmten Erdpyramiden von Lengmoos deutlich sichtbar,
hohe Pfeiler des diluvialen Lehms, die^ von Felsblöcken gedeckt, von der
ringsum tätigen Erosion des Wassers verschont wurden und hier in ganzen
Reihen und Gruppen beisammen stehen. Zwischen Eichen-, Birken- und Föh-
renwäldchen zur zerstreuten Ortschaft St. Constantin, 20 Minuten; bei der
von Eschen umgebenen Kirche (90g vi) schöner Blick auf die Abstürze des
Schlerns. Weiter auf angenehmem Wege durch Wiesen (hier Ceiitaiirea dubia,
bracteata, Cirsiuni acaule etc.), dann durch anfangs hochstämmigen Föhren-
wald, an einer frischen Quelle vorbei, auf einem Fußsteige rechts abbiegend
((Carduus Rhaeticiis, Campanula caespitosa) gegen die Ruine Hauenstein
hinan. Zahllose F'elsblöcke, von den höheren Hängen stammend, tragen hier
mitten im Walde eine Reihe alpiner Kalkpflanzen. Am Hotel Salegg vorbei,
rechts ansteigend, auf einem Fußpfade zur genannten Ruine (1225 m), i Stunde,
die inmitten prächtigen Hochwaldes aus Fichten und Lärchen mit tiefen Moos-
polstern auf einem mächtigen Felsblocke thront. Am Felsen Festuca spectabilis,
in seinen Höhlungen Hutchinsia paucißora. Eine Gedenktafel erinnert an den
letzten Minnesänger Oswald von Wolkenstein, der hier den größten Teil seines
Lebens verbrachte. Eine Viertelstunde weiter das Bad Ratzes (1205 vi).
Von den zwei Wegen, die zwischen Seiseralpe und Schiern zu unse-
rem Ziele hinaufführen, benützen wir den am Südhange der Talschlucht des
Frötschbaches, dem Gehänge des Schlerns selbst, hinaufziehenden Touristen-
steig. Er führt zunächst am Bachlaufe einwärts; daselbst die dünnen Platten
der Werfener Schichten schön aufgeschlossen. Sodann südlich an der steilen
Lehne in vielen Serpentinen durch Fichtenwald hinan. Eine Partie von Augit-
porphyr, der zwischen den Schichten der Trias liegend, als Band den vSchlern
und die Seiseralpe umzieht, mit Alniis viridis bestanden. Nun in geringer Stei-
gung wieder taleinwärts und nach 2 Stunden gegenüber Proslin an die Wald-
grenze mit zerzaustem Fichtenwalde (vS. 11, 3i), 1900 vi. Auf Weideplätzen hier
reichlich Cirsiiivi en'ophorinn. Weiter, gegen Südwesten umbiegend, durch die
Krummholz- und mittlere Hochgebirgsregion (S. 77) über Gesteinfluren (S. 72),
einige Bachrinnen querend, unter immer umfassenderem Ausblick auf die aus-
gedehnte Seiseralpe im Rücken zur Hochfläche (2400 vi) empor, i ^/^ Stunden.
Auf dieser Strecke außer Charakterpflanzen des Gebietes (vgl. vS. 88) bemerkens-
wert: Festuca puviila, Poa minor, Carex brachystadiys, Alchiviilla alpestris,
Achillea oxyloba, Saussiirea alpina, Crepis Jacqiiinii, Scor:^onera aristata etc.
144
Eine Viertelstunde weiter die geräumigen Schlernluiuser des Alpen-
vereius (2454 m).
* Gipfel und Jungschiern.
Der sanft gewölbte, mit Blockwerk bedeckte Gipfel (2565 iii) wird auf
gutem Steige in 20 Minuten erreicht. Daselbst in großer Menge Sesleria
sphaerocephala und leiicocephala.
Zu unseren Füßen im Norden weit ausgedehnt die grüne Seiseralpe,
die größte Tirols, mit ihren 70 Almhütten. Darunter das dörferbesäte Mittel-
gebirge von Seis und Kastelrut; jenseits des Kuntersweges der Ritten mit
mehreren Dörfern; links davon Teile des Bozener Beckens. Im östlichen Teile
des Panoramas die zahlreichen, bald massigen, bald in schlanke Nadeln zerris-
senen Gruppen der Dolomit alpen (nördlich Peitlerkofel und Geislerspitzen,
östlich Langkofel und Sellagruppe, darüber Teile der Ampezzaner Berge, über
dem Tierseralpel die eisgepanzerte Marmolata [336o »n], gegen Süden Rosen-
garten und Latemar). Im fernen Süden die Gebirge des unteren Etschtales bis
zum Monte Baldo und der Brentagruppe. Weiter rechts die Uralpen des
Nonsberges, überragt von den Gletschergipfeln der Presanella-, Adamello-
und Ortlergruppe, nordwestlich über den dunklen Sarntalerbergen die Eis-
kette der Ötztaler und Stubaier Alpen; im Nordosten daranschließend
Zillertaler- und Tauernkette bis gegen die Kärntner Grenze.
Der Jungschiern wird vom Gipfel aus längs des Rückens ohne eigent-
lichen Weg anfangs durch GerüUe, später über Matten (S. 69) in ■^j^ Stunden
bequem erreicht. Unterwegs schauriger Blick in die Tiefe der Schlern-
klamm. An den rötlichen Felsen der Raiblerschichten, die an ihrem oberen
Rande mehrere Stufen bilden (Vorsicht!). Artemisia Genipi, Draba dubia,
Douglasia Vitaliana (überall häufig), im Rasen Antennaria Carpathica, Tha-
lictrum alpiniim, Juncus Jacquini etc. Am Südhange ziemlich horizontal hin-
gehend (hier Carex membranacea) gelangt man in ^j^ Stunden zum Schutz-
hause zurück.
Über das Tierseralpel nach Campitello, 4\2— 5 Stunden.
Wir wenden uns zunächst südöstlich abwärts zur Kassiankapelle, die in
^j^ Stunde erreicht wird und am Rande eines Felsengürtels liegt, welcher die
Charakterpflanzen der Dolomitalpen (S. 88) trägt. In Sumpfstellen Carex
microglochin und Juncus arcticus. Von hier links (nordöstlich) aufwärts durch
eine Senkung auf unseren rot markierten Weg. Nun sanft ansteigend (hier
Carex parvißora) gegen die Roterdspitze, kurz vor dieser links in Serpen-
tinen ein Stück hinab und unter den senkrechten, oft phantastisch geformten
Felswänden der Roßzähne (links) hoch ober dem Tschamintale (Bärenloch)
hin. Überall guter Weg, für Schwindelige aber etwas Vorsicht nötig! Herrlicher
Anblick der Wildnis der Rosengartengruppe (südlich) gerade uns gegenüber.
145
Wieder etwas ansteigend über Matten auf Augitporphyr (Alsine rcciirva häufig,
Agrostis alpina) zur Höhe des 'Fi erseralpels (2455 ?n), 2 Stunden (inlvlusive
Umweg).
Linlcs über den niederen Rücken (Mahlknechtjoch) in ^/^ Stunde zum ge-
räumigen bewirtschafteten Seiseralpenhause (2142 ;n) mit kleinem Alpen-
pflanzengarten. Nun über das nahe Mahlknechtjoch wieder zurück und nach
Osten auf dem Fahrwege steil hinab in das Durontal. Dessen obersterTeil (im
Augitporphyr) bildet die ausgedehnte Duronalpe; weithin üppige Matten, von
Zirben umsäumt, mit der Marmolata und dem hochaufstrebenden Vernel im
Hintergrunde. Nach über 3 km fast ebener Wanderung wieder steiler am
schäumenden Bache (hier Scrophiilaria Hoppei) zwischen Fliehten und Lärchen
abwärts und zuletzt steinig in das Fassatal nach Campitello (1442 m).
Campitello (Post- und Telegraphenamt) liegt am Buge des Fassa-
tales, das hier, aus Südosten \om Fedajapasse kommend, sich gegen Süd-
westen wendet. Die Landschaft der Umgebung ist beeinflußt durch die
Mannigfaltigkeit des Gesteines: im Norden und Westen Dolomitberge, die
massige Sellagruppe und die Ausläufer des Rosengartens, letztere mit Decken
von Eruptivgesteinen; an der linken Tallehne die äußerst steilen Hänge der
dunkelfarbigen düsteren Augitporphyrberge (S. 4) Sasso di Dam und Sasso
di Rocca. Die Talsohle ist größtenteils mit Wiesen bedeckt; Ackerbau wird
nur mehr spärlich betrieben. Die Bewohner sind Ladinier,^) Nachkommen
der romanisierten Rhätier, welche das ganze Alpengebiet bewohnten, bevor
sie durch die Völkerwanderung auf drei getrennte Bezirke beschränkt wurden,
nämlich einen großen Teil der Schweiz, Friaul und die aneinandergrenzenden
Dolomitentäler Ampezzo, Buchenstein, Fassa, Gröden und Enneberg. Ihre
vSprache ist auf das Vulgärlatein zurückzuführen, dem sie infolge mangelhafter
Weiterentwicklung unter allen heute lebenden am nächsten steht.
Campitello — Fedajapaß (2030 m), 4 — 4^/2 Stunden.
Von Campitello entweder am linken Bachufer auf abkürzendem (mar-
kiertem) Fußsteige durch Waldpartien oder gegenüber auf der Straße mit ab-
wechselnden Ausblicken im Tale aufwärts. Bei Canazei, ^j_^ Stunden, nörd-
lich Mündung des Val Lasties mit schönem Blick in die von ihm durchfurchte
mächtige Sellagruppe. Links das Sellajoch (Übergang nach Gröden), rechts
neue Straße in vielen Windungen über den Pordoipaß nach Buchenstein. Über
Alba weiter nach Penia, i Stunde, an der Mündung des Contrintales (südlich);
das breite geröllerfüllte Bachbett mit VVeidengesträuch (S. 43) bewachsen; Scro-
^) Vgl. G. Alton, Das Grödental; Zeitschr. d. Deutschen u. österr. Alpen-
vereins XIX (1888), S. 327— 37G.
Exkursion in die Oslalpen. lO
146
phulariii Hoppei. Rechts der Col Laz, links der dunkle Padunrücken (Augit-
porphyr), vor uns der mächtige Vernel.
Im weiteren Anstiege das Tal allmählich enger, streckenweise von großen
Felsblücken erfüllt, an denen Saxifraga incriistata wächst. Dann Fichtenwälder
mit Goodyera repens. In Lichtungen in großer Menge Senecio rupestris, Tiro-
liensis und Cacaliaster. Über den Kalvarienberg steiler, steiniger Anstieg; an
den Felsen daselbst Rhamniis pumila, Campanula Unifolia und caespitosa, Cir-
siimi acaiile, später einzeln Cerinthe alpina. Gegenüber schöner Wasserfall,
der aus ganz enger Kluft, scheinbar direkt aus der Mitte einer Felswand, hoch
herabstürzt. An der oberen Waldgrenze zwischen Zirben und Lärchen (2040 )n)
das Alpenvereinshaus, dessen größerer Neubau der Vollendung entgegen-
sieht, 2^/^ Stunden.
Der Fedajapaß verbindet das Fassatal mit dem italienischen, nach
Süden in die venezianische Ebene führenden Cordevoletal e. Er bildet eine
•z km lange, horizontal verlaufende Senkung zwischen dem Padonkamme im
Norden, dem Vernel und der Marmolata (336o ??:) im Süden. Der letzt-
genannte Gipfel, der höchste der Dolomitalpen, wird über dem ausgedehnten
Gletscher erst sichtbar, wenn man ein Stück gegen Norden hinansteigt. Am
östlichen Ende ein kleiner See.
Die Talsenkung ist mit Wiesen und BachgeröUen erfüllt, die letzteren mit
Massen von Salix glabra u. a. bewachsen (l'af. XLIV links). An der Waldgrenze
ursprünglich wohl aus der Wiese zusammengetragene Steinhaufen mit Jitniperus
Gesträuchen, dazwischen üppige Kräuter: Sempervivnm Widfeni, Wulf. X Doel-
lianimi, Dianthus speciosus, Hieraciiim multißorum etc. Die Dolomitfelsen ober
den ersten Serpentinen des am Nordhange gegen den Pordoipaß ansteigenden
Bindelweges und die steilen Rasenflecke dazwischen tragen die Dolomitenflora
(S. 88) in üppigster ürsprünglichkeit: Eryshmnn pimiiliim, Heracleinn monta-
niiiii, Pinipinella rubra, Stachys recta ssp.^, hirta, Veronica Bonarota, Pedicularis
elongata, Knautia longifolia, Campanula Unifolia, Antennaria Carpathica, Senecio
Doronicum, Centaurea nervosa, Scor:^onera aristata, Crepis Froelichiana, Arte-
misia atrata ^).
Über die Porta vcscovo (2516 m) nach Andraz (1421 m).
(Tagestour: Aufstieg 2 Stunden, Abstieg nach Ornella i^'j^ Stunden, Andraz 2 Stunden.)
Vom Alpenvereinshause nach Norden durch eine Rinne auf steinigem Fuß-
wege (rot markiert) steil hinan. Im Rückblick immer großartiger die Marmo-
lata mit ihrem Gletscher und den benachbarten Gipfeln. Zunächst über Dolo-
mit, dann auf Augi t])orphy r, der last schwarze charakteristische h'elsköpfe
') Au einer beschränkten, schlecht zugänglichen Stelle als seltene Reliktpflanze.
H7
bildet. Am Südhange lest zusammenhängender Rasen mit Urgebirgspilanzen.
Erwähnenswert: Koeleria hirsuta. Auf der Höhe des Padonrückens (Porta
vescüvo, 2516 m). die in 2 Stunden erreicht wird, Eritricliiinn Tergloiiense, Doii-
ghisia Vitaliana, Geum reptans, Hypochaeris iiuißora, Sedtuii roseimi, Potentilla
grandißora, Sempervivurn ddoviiticinii und am schattigen Nordhange Saxifraga
depressa, die beiden Charakterpflanzen der Fassaner Eruptivgesteine. Aussicht
nach Süden auf Marmolata und Vernel prachtv^oll, Civetta etc., nach Norden
auf Planes- und Sellagruppe, Tofanen und Teile der Zentralalpen.
Abstieg steil auf markiertem Fußsteige zunächst nach rechts durch den
leinen Grus des Augitporphyrs, dann in einigen Serpentinen nach Norden zu einer
2200 — 23oo ni hoch bereits im Dolomit gelegenen Hochfläche, die mit Beständen
von Cirsium spinosissiniuni (Taf. XXXIX unten) und hier reichlich blühender Gen-
tiana punctata geschmückt ist. Der Weg wird hier verlassen und genau nach Osten
über Alpenmatten (einige Sumpfstellen, S. 72), am Fuße der schwarzen Augit-
berge 2km weit eben hinvvandernd, der Rand des Plateaus erreicht. Von hier
Karren weg steil hinab in das Buchensteiner Tal, zunächst durch Fichten-
und Lärchenwälder in das kleine Dorf Ornella (2^/2 — ^ Stunden) und nach
Durchschreitung der über 150 m tiefen Schlucht zum Hauptorte des Tales, Pieve,
am jenseitigen Hange (1475?;;), x^j^ Stunden (Postamt). Nun auf der neuen
Straße, den Fuß des Col di Lana horizontal umgehend, in den östlichen Talast
nach dem zwischen den obersten Getreidefeldern gelegenen Bergdorfe Andraz
(1421 vi), -^1^ Stunden.
Zwischen dem Cordevole- und Ampezzotale bilden als Fortsetzung der
Fanesgruppe mächtige Bergstöcke eine ziemlich zusammenhängende, von Nor-
den nach Süden verlaufende Kette. Der durch den Falzarego- und Giau-
sattel begrenzte Kamm des Averau und Nuvolaii ist eine der unbedeutend-
sten dieser Erhebungen. Seine damit zusammenhängende leichte Zugänglich-
keit und die günstige Lage zwischen den großartigsten Dolomitbergen machen
ihn zu einem sehr besuchten Aussichtspunkte. In botanischer Hinsicht
zeigt der Berg die Dolomitenflora (S. 88) wieder in sehr charakteristischer
Weise.
A) Über den Falzaregopaß (2195 m) nach Ampezzo (1224 m).
(Tagestour, Aufstieg 272 Stunden, Abstieg 3 — 3^/2 Stunden.)
Von Andraz neue Straße in zahllosen Serpentinen sanft aufwärts durch
schütteren Fichten- und Lärchenwald; im Gestein Vei-onica fruticulosa. Am
alten Fahrwege die Ruine des Kastells Andraz (1747 m), deren Mauern einen
mächtigen Felsblück krönen. Gleich darauf Teilung des Tales, geradeaus über
den Sattel Tre sassi in das Ennebergtal, rechts über den Falzaregopaß nach
Cortina; zwischen diesen beiden Talästen der kühn aufstrebende Sasso di
Stria (2477 »0« Unsere Straße erreicht bei einem neuen Gasthause die Wald-
148
grenze mit Zitbenbeständen und bald darauf, durchwegs im Felsen ausge-
sprengt, die Paßhöhe, 2'^/2 Stunden. Nördlich erhebt sich das Felsmassiv des
Lagazuoi, vom Sasso di Stila durch den langen Sattel von Tre Sassi getrennt,
südöstlich der ausgedehnte Rücken des Averau und Nuvolau. Nach Osten
Ausblick auf Monte Cristallo (links) und Sorapiss (rechts). Der Sattel selbst
mit Matten bedeckt^ die aber als Weide benützt werden und daher wenig Inter-
essantes zeigen (Campanula caespitosa , Laserpitiiim peucedanoides, Cerastium
Carinthiacnm). Die Straße führt genau nach Osten durch das Costeanatal ab-
wärts; an der Waldgrenze Gasthaus (Ospizio in Falzarego). Weiter Wälder
aus Lärchen und Fichten, in tieferen Lagen in die typische, hier ungemein aus-
gedehnte F'ormation der Lärchenwälder (S. 34) übergehend, deren Durch-
wanderung besonders, wenn die Abendsonne ihre goldenen Strahlen hinein-
sendet, hohen landschaftlichen Genuß bietet. Rechts oben die Cinque torre
(Fünf Türme), abenteuerliche prismatische Felsgestalten, die sich vom Nu-
volaumassiv losgelöst haben; weiter die zerrissene Felsmauer der Croda
da Lago (2709 m); links die drei massigen Gipfel der Tofana (3241 m). Vom
Belvedereh ügel umfassende Aussicht über das Talbecken und seine Um-
rahmung. Von dort links durch Wiesen steiler hinab und, die Boite über-
brückend, nach Cortina d'Ampezzo (1224 jh), z'^j^ — i Stunden.
B) Über den Nuvolau (2578 m) ^) nach Ampezzo.
(Tagestour; Aufstieg 3 '/j — 4 Stunden; Abstieg 3 — 3 ',2 Stunden.)
Gleich oberhalb Andraz gegen Osten an einem Bächlein durch lockere
Fichtenwälder aufwärts, dann auf ausgedehnte Alpenmatten (S. 69), an deren
Beginn zahlreiche Zirben. Erwähnenswert Nigritella rubra, Onobrychis mon-
taim, Trisetum argenteum, Hieracium glanduUferum etc. Etwas ansteigend
auf einen sanften Rücken, dann nahezu eben zu den vom Kamme herab-
ziehenden Geröllhalden (daselbst Aretia Hausmanni), neben diesen auf ge-
bahntem Fußsteige hinan zum Sattel zwischen Averau und Nuvolau und von dort
rechts längs des Grates zur Sachsendankhütte, 3^/2 — 4 vStunden. Gleich
darüber der Gipfel, 2578 m. Prachtvolle Rundsicht auf die kühngeformten
Dolomitberge, besonders hervorstechend Tofanen, Sellagruppe, Rosengarten,
Marmolata, Civetta, Pelmo, Anteiao, Sorapiss, Cristallo; in der Ferne Ziller-
taler und Otztaler Alpen.
Abstieg zum Sattel und nach Norden (rechts, hier Primula Balbisii,
Scor'^onera aristata) znm Gasthause Cinque torre am Fuße der gleichnamigen
Felszähne (siehe oben), dann durch ausgedehnte Wälder in das Costeanatal und
auf die Straße, die beim Belvedere oder bereits viel weiter oben erreicht werden
kann. Weiter wie Route A) nach Cortina, 3 — 3^/3 vStunden.
') Nach Angaben von Herrn K. Ronniger (Wien).
149
Uer Markt Cortina d'Ampezzo liegt in weitem und freundlichem; nach
Süden gegen Italien geöffnetem Talbecken; rings üppige Wiesen, umgeben
von der Zone der kaum irgendwo gleich umfangreichen Lärchen wälder,
darüber die bereits oben genannten Dolomitberge mit ihren wunderbaren,
helleuchtenden Felsformen. Sehr starker Fremdenverkehr und beliebte Som-
merfrische. Sehenswert das Haus des Malers Ghedina am Nordeingange
des Ortes, ganz mit sehr gelungenen Fresken bemalt, die Kirche in byzantini-
schem Stile und der freistehende, 76 m hohe Glockenturm. Von Cortina führt die
Poststraße südlich nach Italien (Belluno), nürdlich über Peutelstein, den Ru-
freddüsattel (1544 "0, Schluderbach und Landro in das Pustertal nach Tob-
lach an der Wasserscheide zwischen Drau und Rienz (32 km). Eine längere, aber
landschaftlich schönere Straße führt östlich über den Sattel von Tre croci
(1808 m) und den auf italienischem Gebiete gelegenen Misurinasee nach
Schluderbach.
A) Über Peutelstein und Landro nach Toblach.
(Wagenfahrt 4 Stunden.)
Im Tale der Boite gegen Norden sanft aufwärts über durch Häusergrup-
pen belebte Wiesen, dann durch Fichten- und Föhrenwald bis zu den auf vor-
s[MMngendem Felsen liegenden Trümmern der Ruine Peutelstein, y km, deren
Höhe von der Straße mittels einer großen Serpentine erstiegen wird. Abkür-
zender Gehweg nebenan durch die hübsche Felizonschlucht. Von dort nach
Ostnordosten an zwei kleinen Seen vorbei zum Rufreddosattel (1544 in)
zwischen Cristallogruppe (südlich) und Hoher Gaisl (Croda rossa), einer mäch-
tigen, rötlich gefärbten Dolomitzinne (0148 in) (nördlich). Nun hinab nach dem
großen Hotel Schluderbach und weiter am Dürrensee vorbei nach Landro,
21 km von Cortina.
Landro-Toblach.
Landro (Höhlenstein), ^) modernes Hotel in prachtvoller Lage: südlich
der im Sommer meist wasserarme Dürrensee mit dem eisgepanzerten und wild-
zerrissenen Monte Cristallü und seinen Nachbaren (Piz Popena und Cresta
bianca) im Hintergrunde; östlich im Tale der Schwarzen Rienz die Drei Zin-
nen, von dieser Seite senkrecht mit glatten dunklen Wänden über der Schutt-
halde aufsteigende Felskolosse; beides Bilder von europäischer Berühmtheit.
Nahe dem Hotel ein großes Fort. 2) An der Felswand gegenüber Phyteiima
comosum (spätblühend).
') Huter, Flora der Gefäßpflanzen von Höhlenstein, Berlin 1872.
-) Zeichnen und Photographieren verboten und von jedem Versuche dazu ent-
schieden abzuraten, da insbesondere Ausländern die grölBten Unannehmlichkeiten daraus
erwachsen können!
I50
Die Straße führt im engen, von vielfach durchfurchten, außerordentlich
steilen Felswänden eingeschlossenen Tale durch jüngere Fichtenwälder auswärts.
Besonders schone Punkte die Klausbrücke und bald darnach der Blick auf den
Dürrenstein (links) und den Birkenkofel (rechts). Weiter am Toblachersee,
der zwischen dunklen Fichtenwäldern heraufblickt, vorbei zur Station Tob-
lach der Pustertalbahn (1209 m), 10 km.
B) Über den Misurinasee (1755 m) und Landro nach Toblach.
(Tagestour, Cortina-Misurinasee S'/a Stunden, Landro 1^/4 Stunden, Toblach 10 km. Durch-
wegs fahrbar.)
Nach Osten lange durch Wiesen, die hier vom Tale bis zur Formation
der Voralpenfluren (S. 50) völlig zusammenhängen und ganz allmählich deren
Charakter annehmen (am oberen Rande häufig Laserpitiuin ladfoliiiui), darüber
die Zone der Lärchenwälder und auf der Höhe Alpenmatten (S. 69) des Üolo-
mitgebietes. Zu erwähnen: Dianthiis Sternbergii, Knaiitia longifolia, Pedicularis
elongata, Vicia silvatica, Scrophidaria Hoppei etc. Schöner Rückblick auf die
Tofanagruppe jenseits des Talbeckens. Auf dem Passe zwischen den zer-
klüfteten Pfeilern des Monte Cristallo (3199'") nördlich und der Sorapiss-
gruppe südlich Hotel (1808 m), 2 Stunden. Weiter auf nahezu ebener Straße
um den Südostrücken der Cristallogruppe herum durch Fichten- und Lärchen-
wälder. Immer schöner der Blick auf die formenreichen Dolomitberge,
rechts Sorapiss mit kleinem Gletscher, Marmarolekette, vor uns Cadinispitzen,
links die Drei Zinnen. Talblick gegen Auronzo. Unterwegs kleine Restau-
ration. Gegen Norden biegend wird über eine ausgedehnte Alpenweide der Lago
di Misurina (1755 ni) erreicht, 1'^/^ Stunde. Seine Ufer von zerzaustem Fichten-
wald (Taf. XXXIX oben) eingesäumt, darüber ragen die herrlichen Felstürme
der Drei Zinnen in die Lüfte. Seit wenigen Jahren die erhabene Ruhe der Hoch-
gebirgsnatur durch ein modernes Hotel gestört. Im See Potamogeton marinus,
an seinem Nordende Senecio brachychaetus in strahlloser Form. Weiter an
einem Sumpfe mit Kobresia bipurtita, Eiiphra.sia picta etc. vorbei. Nun wieder
abwärts (rechts der Monte Piano); erwähnenswert: Cirsium acaule X Erisi-
thales, Gentiana cruciata. Bei der Reichsgrenze rechts abkürzender Fußsteig
(die Straße führt links nach Schluderbach) durch die bis in die Talsohle aus-
gedehnten Krummholzbestände (S. 62, hier Aquilegia Baithini), die sich mit den
Weidengebüschen des Bachalluviums (S. 43) vereinigen (Taf. XLIII), am Dür-
rensee vorbei nach Landro, i^/^ Stunden. Weiter wie unter A).
Toblach — Licnz.
Die Bahn führt nach Osten längs der Drau durch Wiesen abwärts.
Rechts werden über dem dunklen Walde des Talhancres kühne Felszacken
151
sichtbar; w/Uirend wir sie noch j^espannt anstaunen, taucht überraschend ein
weit höherer auf und mehrmals wiederholt sich dieses Spiel, bis schließlich die
Dreischusterspitze (3162 in) der kühnste aller Dolomitberge, völlig sichtbar
wird. Die Ortschaften durch das Fehlen der Obstbäume, die Folge der kalten
Lage, von rauhem Aussehen, so der Markt Innichen an der Mündung des Sex-
tentales (südöstlich), Sillian etc. Unterhalb Mittewald das Tal schluchtartig,
besonders im Süden eine unglaublich steile, durch wilde Wasserrisse gegliederte
Felslehne, darüber der Gipfel des Spitzkofels sichtbar. Die Bahn auf hohen
Dämmen und Mauern ober dem zwischen Felsblocken schäumenden F'lusse.
Plötzlich öffnet sich ein weites Talbecken, wir wenden uns gegen Norden und
fahren am Schlosse Brück (links) vorbei in den Lienzer Bahnhof.
Lienz liegt am Zusammenflusse der aus Nordwesten vom Tauernkamme
kommenden Isel mit der Drau in einer kleinen fruchtbaren Ebene, 673 m
hoch. Üppige Wiesen und Acker an den mit Gehöften besäten Hängen,
darüber tiefgrüne Wälder verleihen der Gegend den Ruf einer der lieblich-
sten in Tirol. Im Süden ragen die hellen Dolomitzacken der Spitzkofel- und
Laserzgruppe über der Waldkuppe des Rauchkofels in die Höhe, nördlich
bildet der Glimmerschiefer das mächtige Trapez des Schleinitz (2906 ;7j), fern
im oberen Iseltale ist der Zunig bei Windisch-Matrei sichtbar. Wir wenden uns
nun von den Dolomitgebirgen wieder den Zentralalpen, und zwar der Glock-
nergruppe ^) der Hohen l'auern (vS. 87) zu, deren Vegetation mittlerweile auch
in den höchsten Regionen sich vollkommen entwickelt haben mag.
Über Hüben nach Kais (1322 m).
(Tagestour: Lienz — Hüben 4^2 Stunden [fahrbar], Kais 3 — ^^l2 Stunden.)
Die Straße führt unter dem Schlosse Brück über die Isel und an deren
linkem Ufer taleinwärts. Auf Wiesen Geranium pratense, Holzschläge mit
großen Massen von Verbascum thapsifonne, Galeopsis speciosa und Tetrahit be-
deckt. Das Tal ziemlich eintönig, auf den undeutlich ausgeprägten Mittel-
gebirgsterrassen einige Dörfer; die Hänge vielfach mit durch «Schneiteln»
(vgl..S. 80) verunstalteten Fichtenwäldern bedeckt, am Bache ausgedehnte Frlen-
auen. Zwischen Oberlienz und Ainet die Straße durch eine Felswand hart an
den Fluß gedrängt; hier Woodsia alpina. Später am Hange Artemisia Absin-
thiwn; auf den steinigen Weideflächen, alten Bachalluvien, vcjn Interesse die
nahezu unverändert erhaltene Hochalpenform Getitiaiui Kerneri. Bei St. Jo-
hann im Walde wieder über den Fluß und an der Ruine Kienburg vorbei
nach Hüben (832 nz). Kurz vorher münden in eingerissenen Felsschluchten
rechts (nördlich) das Kalsertal, links (westlich) das Defereggental ein.
') Hinterhuber und Huter, Zur Flora der Glocknergruppe. Zeitschr. d. Deutsch.
Alpenver. H (1871), S. 545—564-
152
Der Karrenweg führt über die Isel und durch vom Fichtenwalde über-
decktes Blückwerk eines alten Bergsturzes rechts nach Pei seh lach. Nun steil
in kurzgestreckten Serpentinen (an nassen Stellen Lycopus uwllis, an der Weg-
mauer Asplenium Germaniciim) hinan gegen das obere Dorf. Von hier wieder
rechts an der Tallehne einw^ärts hoch über dem in wilder Felsschlucht schäu-
menden Bache, nur streckenweise etwas ansteigend. Vor dem kleinen Dörflein
Stranischka treten die Talwände etwas auseinander und es erscheint über den
Wipfeln der Fichten der doppelgipfelige Großglockner (^3798 ;;;) mit seinem
weißglänzenden, durch die Felsen des vStüdlgrates geteilten Eispanzer, ein Bild
von überwältigender Schönheit, das durch sein unerwartetes Erscheinen
mächtigen Eindruck macht. Bald wird auch rechts die Adlersruhe und links
die Glocknerwand sichtbar. Schöner Wasserfall rechts bei Erreichen der
Talsohle, in der hart am Bache, meist in seinem Geschiebe, der Weg weiter
führt. Im Augenblicke, da der Großglockner hinter seinen Vorbergen unter-
taucht, wird Kais und seine Umgebung sichtbar; in wenigen Minuten ist das
Dorf erreicht.
Kais (mit Post- und Telegraphenamt) und Großdorf liegen in einem
kleinen Becken, das trotz seiner hohen Lage (i i320 m) infolge der südlichen
Exposition ein verhältnismäßig warmes, ausgiebigen Getreidebau gestattendes
Klima hat. Die steilen Talhänge gestatten nur gegen Westen einen Ausblick
auf das mattenbedeckte Matreier Törl und benehmen dem Dorfe selbst den
Reiz seiner Hochgebirgsumrahmung, die erst bei weiterem Ansteigen sichtbar
wird. Vor allem bildet der mächtige Großglockner, die höchste Erhebung
der Alpen östlich des Vinschgaues und gleichzeitig einer ihrer schönstgeformten
Gipfel, den Anziehungspunkt für die Täler von Kais und Heiligenblut. Er
liegt in einem vom Hauptzuge der Tauernkette gegen Südosten abzweigen-
den Seitenkamrae, dessen schmale Schneide vermöge der ungemein harten
Dioritfelsen der Verwitterung widerstehen und trotz ihrer furchtbaren Steilheit
die bedeutende Höhe beibehalten konnte. Zwischen den beiden Kämmen liegt
im Hintergrunde des Mölltales die Pasterze, der zweitgrößte Gletscher der
Ostalpen (10 km lang und im oberen Teile fast 5 Udi breit); an der Kaiser vSeite
mehrere kleine Gletscher, durch Felsgrate getrennt, von denen der östliuhste
sich über das Bergertörl zur Schobergruppe fortsetzt.
A) Über das Berger Törl (2650 m) zum Glocknerhaus (2143 m).
(Tagestour, Aufstieg 3^/4 StundcD, Abstieg 3^/2 Stunden.)
Von Kais östlich bald durch lichte Lärchenbestände, bald über Wiesen,
streckenweise etwas steil, am Nordhange des Seitentales aufwärts. Hier Alecto-
rolophus angustifolius, lanceolatiis, Cirsium eriophormn, Hiemciimi a)iiplcxicaiile
(an Felsen), Alsine lanceolata (häufig). Gegen die Baumgrenze (Fichten) links
ein kurzes Stück in das Ködnitztal, bis bei 1852 ;?i (^ V4 Stunden) der mit
153
Beständen von Aliiii.s viridis und Salix i^rcindifolia ein^jefaßte Bach überschritten
und wieder gegen Nordosten über sanfte Rasenhänge angestiegen wird. Hier
zeigt sich (links) der Großglockner und die Frei wand, die Verlängerung
seines Südgrates zwischen Ködnitz- und Kalsertal, immer großartiger, jedoch
nur kurze Zeit, bis ihn der benachbarte Bergrücken verdeckt; auch rechts
hübscher Blick auf einige Felsküpfe und Gletscher der Schobergruppe. Zwi-
schen Junipenis-G&stvii.nc\\G.n zahllose Hieracien (Bocconei, caesium, cydonii-
foliinn, denlatiDii, elongatuui, iiitybaceimi), weiter oben an Wasseradern die
tj'-pische Schnee tälchenvegetatio n des Urgebirges (p. 68); erwähnens-
wert: Artemisia Genipi, Phyteitnia paucißonivi, Arenaria bißora, Saxifraga Ru-
dolphiaiia. Auf der Jochhöhe (2650772^, 2 Stunden, kleines Unterkunftshaus.
Aussicht, nach Nordosten auf Teile des Tauernhauptkammes, nach Südwesten
auf die Schieferberge jenseits des Iseltales, hübsch aber nicht von Bedeutung.
Abstieg an Schneewässern entlaug in das Leitertal; links in seinem
Hintergrunde wird über dem kleinen Leiterkees der Großglockner wieder
sichtbar. Sein südöstlicher Ausläufer, der Schwertkamm, umgürtet im Norden
mit steilen Platten das Tal und trennt es von der Pasterze. Bei zirka 2160 in
wird der Leiterbach, die Grenze gegen Kärnten, gequert; links zweigt der
Steig zum Eisgürtel des Glockners, der gebräuchlichste Anstieg zu seinem Gipfel,
ab. Talauswärts wandern wir den «Katzensteig», der heute gut gebahnt am
Steilhange längs des über glattgewaschene schwarze Schieferklippen schäumen-
den Baches hinführt und malerische Punkte in Menge besitzt. Vorne zeigt sich
der Sonnblick (3io3 m); auf seinem Gipfel das Zittelhaus, meteorologische Sta-
tion, das höchste das ganze Jahr hindurch bewohnte Gebäude in Europa, für ein
scharfes Auge deutlich sichtbar. Zu erwähnen: Trisetum spicatum, Dianthiis bar-
bat us, Chamaeorchis alpina, Arenaria Marschlinsii (stlten), Hieracium elongatum.
Die rechte Tallehne weiter abwärts mit dichten Alniis viridis-Gestväuchen (S. 64)
bedeckt. Von der Leiteralpe (i ^f^ Stunden vom Tori) abkürzender schmaler
Fußsteig links schwach ansteigend zum Rücken und hinab auf die Marxwiesen,
etwas steil und unangenehm. Im Rasen Knaiitia longifolia, an einem Felsen ober
diesem Steige Alliuni Victoriaiis, von den Sennern als Gewürz gesammelt, schlecht
zugänglich. Den Talweg weiter verfolgend gelangt man später, links ein Stück
ansteigend, ebenfalls auf die Marxwiesen, während der Bach geradeaus in mäch-
tigem Wasserfalle zur Moll hinabstürzt. In der Tiefe Heilige nblut sichtbar.
Am gegenüberliegenden Hange wird in zahllosen Serpentinen die Straße
zum Glockncrhause gebaut. Auf breitem Wege über stellenweise sumpfige
Wiesen (hier Salix Helvetica) nahe dem mit Zirben bestandenen Rande der
Moll Schlucht hin (Schwindelige mit Vorsicht!), dann in diese hinab und bei
zirka 1850 ni über den Gletscherbach, der durch abgerutschtes Blockwerk von
mehreren Naturbrücken überspannt ist, deren eine der Weg benützt. Im An-
steigen am steilen jenseitigen Hange wird allmählich wieder der schlanke
Glocknergipfel sichtbar. Hinter einem Felsgürtel, den die Moll in der tiefen
154
Mar((aritzenklamm durchsclinilten hat, der mit phantastisch geformten (Gebil-
den aus griinschimmerndem Eise (Seracs) gekrönte 3oo in tiefe Absturz der
Zunge des PasterzengleVschers, der seit einer Reihe von Jahren im Rück-
gange begriffen ist und nun an seinem Fuße ein mit Gneissand gefülltes Becken
liegen hat. Mit dem Erreichendes Glockne rhauses (2143 );;), i ■'/^ Stunden,
erscheinen beide zu dem vveitberühmten Gletscherbilde (Fig. 5) vereinigt. In
der Umgebung im Rasen Sweertia (Lomatogoniiim) Carintbiaca (spät blühend)
sehr häufig, an den Wegrändern Saxifraga adscendens, gegen die Pasterze
Gentiana prostrata.
B) Über den Großglockner (3798 m) zum Glocknerhaus.
(Zwei Tage. Aufstieg Erzherzog Johannhütte 7 Stunden, Gipfel 2 Stunden. Abstieg
6 Stunden.)
Die erste Besteigung des Großglockners gelang im Jahre 1799 dem Fürst-
bischof Grafen Salm. Heute gehört er nach Errichtung der Stüdlhütte (2803 jn)
im Süden und der Erzherzog Johannhütte auf seiner Ostschulter, der
Adlersruhe (3465 m, die zweithöchste bewirtete Schutzhütte der Alpen) zu den
besuchtesten Hochgipfeln. Immerhin lohnt seine Besteigung nur ausdauernde
und vor allem vollkommen schwindelfreie Touristen. Wer über diese Eigen-
schaften nicht verfügt, kann zwar von den Führern auch hinaufbefördert
werden, verliert aber jeden Genuß.
Wie Route A) bis zur Brücke 1852 »z im Ködnitztale; von dort gerade-
aus im Tale aufwärts am Fuße der Freiwand über Alpenmatten zur Luck-
nerhütte und weiter ansteigend über die Moränen des Ködnitzkees (mit
Gesteinfluren des Urgebirges, vS. 73), links in 2 ^j^ bis 3 Stunden hinan zur bewirt-
schafteten Stüdlhütte (2803 jh) auf der Vanitscharte imSüdgrate des Glockner-
gipfels. Weiter über GeröUe gegen Norden hinan. Beim Herantreten an den
Rand links schwindelnder Blick auf die großartig zerklüftete Eiswand des
Teuschni tzkees, darunter das mit Gerolle völlig überdeckte «Graue Kees».
Im Süden wird der Ausblick auf die dunklen Felsköpfe der Schobergruppe und
Teile der Dolomiten immer umfassender. Nun einen tlachen und spaltenlosen
Seitenarm des Teuschnitzkees und den Felsrücken am Beginne des Luisengrates
nach rechts querend, zum Ködnitzkees. Dieses wird, den Klüften auswei-
chend, in geringer Steigung überschritten und sodann sehr steil auf gut aus-
getretenem Steige über Felsterrain, zuletzt am Drahtseil zur Adlersruhe, einer
Schulter im Südostkamme des Glöckners^ auf der die Erzherzog Johann-
hütte steht (3465 7ii), angestiegen, 2^/^ Stunden.
Über den anfangs breiten Schneerücken wird zuerst sanft, später immer
steiler aufsteigend der schmale, gegen Norden von Wächten gekrönte Grat
des Kleinglockners erreicht. Ein längs der Fußstapfen gespanntes Drahtseil
sichert die Passage. Wenige Meter tiefer die berüchtigte Scharte, deren
155
156
Überschreitung" heute ebenfalls längs des Drahtseiles vcjllkominen sicher be-
werkstelligt wird. Sie ist etwa lo m lang und je nach der Schneelage ver-
schieden (bis gegen im) cureit; der unmittelbare Abfall links 600 »z, rechts zur
Pasterze über i3oo );;. Jenseits wieder steil hinan zu dem mit dem eisernen
Kaiserkreuz und einer Triangulierungspyramide gezierten, wenig geräumigen
Gipfel, 2 Stunden.
Aussicht unermeßlich, nur durch die Sehkraft des Auges
beschränkt. Die Zentralalpen, im Osten eine wenig verzweigte Kette,
bilden im Westen bis zur Silvretta, von dem überhöhenden Standpunkte in
ihrem Zuge selbst gesehen, eine scheinbar ungeordnete und unentwirrbare
Masse von Gletschergipfeln. Von herrlicher Schönheit erscheinen die
beiderseitigen Kalkketten. Im Süden von den Steineralpen und dem Triglav
über die Dolomiten bis zum Monte Baldo bei Verona, gegen Nordwesten fort-
gesetzt durch die Eisstöcke des Adamello und Ortler bis zur schweizerischen
Berninagruppe (4052 »2); im Norden von der Dachsteingfuppe über Hoch-
konig, Kaisergebirge, Karwendel und Wetterstein bis zu den AUgäuer Alpen in
Vorarlberg, darüber die bayrische Hochebene mit dem Chiemseeund mehreren
Ortschaften deutlich sichtbar. Am Horizont der Böhmerwald und Teile der
Kleinen Karpathen; uns zu Füßen blendendweiß der Pasterzengletscher
in seiner ganzen Ausdehnung, talabwärts Heiligenblut als einzige die ma-
jestätische Ruhe der Umgebung belebende Ortschaft.
Abstieg auf demselben Wege zur Erzherzog Johannhütte zurück,
1^/2 Stunden. Von dort längs des Rückens über Schneeflächen weiter, den
Hohenwartkopf an der Nordseite umgehend, dann steil über Fels und Eis rechts
am Drahtseil auf das Leiterkees hinab. Dieses wird gegen seinen östlichsten
Winkel gequert, sodann über Moränen (Taraxacinn Pacheri) die in großartiger
Lage in den Felsen eingesprengte, infolge ihrer Feuchtigkeit aber nicht mehr
benutzbare Salmhütte (2755 m) erreicht. Nun in das Leitertal hinab und längs
des Baches (an sandigen Stellen Carex bicolor) talauswärts. Bei zirka 2160 m
trifft der Weg vom Berger Törl ein. Weiter wie Route A) (bis zur Leiter-
alpe 'Z^j^ Stunden).
Franz Josefshöhe (2418 m) und Gamsgrube (2500 m).
(HalbtagsausHug; 2'^l^ — 5 Stumien.)
Der wohlgebahnte Weg führt in einer großen Serpentine zur Franz
Josefs höhe hinan, einem über dem Gletscher liegenden Bergvorsprung, von
dem aus die mächtige Pasterze mit dem 3oo m hohen Abbruche des oberen
Firnbeckens und der ganzen Umrahmung vom majestätischen Glöckner bis zum
Firndome des Johannisberges sichtbar ist; ein kaum zu überbietendes Bild
von der Erhabenheit der Eisregion. Eine marmorne Gedenktafel erinnert
an den Glocknerforscher K. Hofinann.
157
Um zur Gamsyrube, dem seinerzeit Ijerühinten Orioinalstandorte vieler
Alpeiipilanzen, zu gelangen, steigt man auf schmalem vSteige steil zum Gletscher
hinab, sodann über dessen hier fast ebene und spaltenlose Fläche nahe dem
Rande hin und, sobald es die nebenan aufragende Plattenwand gestattet, wieder
am Hange hinauf zur Hofmannshütte (2443 ?n), i Stunde; über derselben zieht
sich die mattenbedeckte Gamsgrube weit hinauf. Ihre besonders charakteristi-
schen Pflanzen: Festuca pumila, Trisetinn spicahim, Alsine lanceolata, Braya
alpina, Astragalus oroboides, Ärtevxisia Genipi, laxa, borealis, Leontodon Ta-
)\ixcici (in Menge) etc.;, kann man jedoch schon näher, aber etwas beschwerlicher
am Ufer der Pasterze finden, wenn man dieselbe nicht betritt, sondern neben
ihrem Rande über lockeren Moränenschutt, Gerolle und Blockwerk etwas
mülisam bis gegen die erwähnte Plattenwand vordringt, ^j^ Stunden. Rückkehr
auf demselben Wege.
Heiligenblut, die Endstation der Post im MöUtale, liegt um
800 ;n tiefer als das Glocknerhaus. Es ist daher nur für jene Teil-
nehmer zweckmäßig, dahin abzusteigen, welche zur Heimkehr die
Südbahn (Pustertal — Kärntner Linie) benutzen wollen (Route A).
Wer mit der West bahn (ü b er Salzburg oder W ö rgl) fortzu reisen be-
absichtigt, gelangt über die Pfandlscharte und durch das Fuscher-
tal zur Station Bruck-Fusch (Route B).
A) Abstieg nach Heiligenblut (1404 m), 2^/2 Stunden.
Saumweg, anfangs in den Schieferplatten («Böse Platte») ausgehauen,
dann längs der Moll unter Fichten zur Bricciuskapelle mit eiskalter Quelle.
Hier rechts Fußsteig zum einige Minuten entfernten 120111 hohen Leiterfall,
dem schönsten Wasserfalle des Tales. Weiter talaus hoch über dem
Bache, der in wilder Klamm die Talstufe durchbricht (rechts kann zum MöU-
falle abgestiegen werden) und im Bogen an der nördlichen Tallehne hin nach
Heiligenblut. Das Dorf, inmitten grüner Wiesen gelegen, im Hintergrunde,
über einem dunklen Waldgürtel aufragend, den glänzenden Glocknergipfel,
gehört zu den schönsten Punkten der Alpen. Sehenswert die rein go-
tische Kirche. Im Schoberschen Gasthause ein aus dem ältesten, bei einem
Brande zerstörten Fremdenbuche gerettetes Blatt aus dem Jahre 1834 ausge-
stellt, das die Namen der ersten botanischen Erforscher dieser einst so ent-
legenen Gegend, Spitzel, Hoppe, Döbner, trägt.
Heiligenblut — Dölsach.
(Postfahrt 67, Stunden.)
Bald unterhalb Heiligenblut biegt das Tal gegen Süden und eine steile
Stufe entzieht den Blick auf seine Umrahmung; nur mehr der Rrennkogel bleibt
158
sichtbar. Links Mündung des vom Sonnblick herabziehenden Fleißtales.
Durch eine von schroffen Felshängen gebildete Klamm, die der Bach zwischen
mächtigen Felsblöcken wild brausend durchströmt (rechts zirka i3o m staub-
ähnlich herabstürzend der Wasserfall «Jungfernsprung»), in das kleine Tal-
becken vonDöllach an der Mündung des Zirknitztales (links). Weiters an
mehreren Dörfern vorbei bis Winklern (958 ?/2), wo das Tal gegen Osten
umbiegt und die Straße über den Iselberg abzweigt. Durch schattigen Wald
wird dieser, eine breite, mit Wiesen, Ackern und Gehöften bedeckte Einsatte-
lung (1160 m) zwischen der Kreuzeck- und Schobergruppe, erreicht. Prächtige
Aussicht auf das Drautal und die südlichen Kalkalpen. In einigen Serpentinen
führt die Straße zum Dorfe und der Bahnstation Dölsach (653?;;) an der
Drau hinab.
B) Über die Pfandlscharte (2665/22) nach Bruck'-Fusch.
(Aufstieg 1^1^ Stunden, Abstieg 4 Stunden, Postfahrt 3 Stunden.)
Vom Glocknerhause nördlich Reitweg zum Gletscher bequem hinan; in
Schneegruben (S. 68) Cerastiiim alpininn, Gentiana nana, Saxifraga Riidolphiana,
Draba Hoppeana etc. Über den ganz spaltenlosen, fast ebenen Gletscher und
einen kurzen, etwas steileren Schneehang zur Scharte, i^j^ Stunden; Grenze
gegen Salzburg. Im Gerolle daselbst Saxifraga bißora und macropetala in
Menge. Aussicht unbedeutend, aber ein recht charakteristisches Zentralalpen-
bild. Abwärts ^/^ vStunde über den ganz ungefährlichen Spielmannkees,
dann guter Weg über Moränenschutt und Alpenmatten mit immer umfassen-
derem Blick auf den Wiesbachhornkamm. In 2^/2 Stunden von der Scharte
wird zwischen den obersten Zirben das aus Holz gebaute Trauneral pengast-
haus (zirka 150077z) erreicht. Von dort Blick auf den großartig schönen Ab-
schluß des Fuschertales, einen der schönsten in den zentralen Ost-
alpen. Wild zerklüftet hängen die steilen Gletscherzungen gegenüber vom
Kamme herab. Mitunter kann man hier, besonders am Teufelsmühlkees des
Wiesbachhorns, das großartige Schauspiel der Eislawinen sehen und hören,
wenn ein Teil des Gletscherendes durch die Verschiebungen während des Vor-
rückens sich loslöst und über die darunterliegende Felswand mit donnerähn-
lichem Getöse in breiter Masse mehrere hundert Meter tief hinabstürzt. Die
Gletscherbäche, besonders unter dem mächtigen Bockkarkees, setzen in
Wasserfällen über dunkle Felswände (im Käfertale über 200772 hoch) in den
sumpfigen ebenen Talboden herab.
Längs des Hanges weiter abwärts unter prächtigen Baumgruppen (Acer
Pseudoplatanus, Pinus Cembra, dann Picea excelsa) zur Talsohle und über
Weideboden bequem nach l'^erlei t(;n; kleines Bergdorf mit Gasthaus und
modernem Hotel, i^/^ Stunden.
159
Die Fahrstraße führt längs des Baches streckenweise durch Wald über
die Talstufe abwärts nach dem von zerstreuten Häusergruppen umgebenen
Dorfe Fusch. Links dicht am Orte Wasserfall des Hirzbaches. Nun nahezu
eben durch das freundliche grüne Tal neben der \on Erlenauen eingefaßten
Ache, an einigen Gruppen prachtvoller Ahornbäume vorbei in das »Salzach-
tal zur Bahnstation Bruck-Fusch nächst dem Dorfe Brück (75g ui).
Literaturverzeichnis.^)
I. ökologische Werke.
Beck G. V. (I.)^): Flora von Hernstein. (In Becker: Hernstein in Niedcrüsterreicli,
I. Band. H. Wien l886.)
— (II-) • Flora von Niederösterreicli. (Allgemeiner Teil.) (Wien 1893.)
Christ H. (I.): Das Pflanzenleben der Schweiz. (Zürich 1879.)
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Fritsch K. (L): Über den Einfluß des Ackerbaues und der Wiesenkultur auf die Vege-
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Kerner A. v. (L): Das Pflanzenleben der Donauländer. (Innsbruck i863.)
— (IL) : Studien über die oberen Grenzen der Holzpflanzen in den (Isterreichisclien
Alpen. (Ost. Rev. 1 863— 1867.)
— (IV-) ■ Osterreich -Ungarns Pflanzenwelt. (Österreich -Ungarn in Wort und Bild
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Kennt, in Wien, XLIV. Jahrg., Heft 11. 1904.)
Vorarbeiten zu einer pflanzengeographischen Karte Österreichs. (Abh. d. k. k. zool.-l)ot.
Ges. Wien.)
I. Eberwein R. und Hayek A. v.: Die Vegetationsverhältnisse von Schhidming
in Obersteiermark. (A. a. O., Bd. II, H. 3, 1904.)
IL Nevole J. : Vegetationsverhältnisse des Ötschcr- und Dürreiisteingebietes in
Niederösterreich. (A. a. O., Bd. HI, H. i, 1905.)
II. Floristische Werke,
Beck G. v. (L)
— (IL)
Christ H. (L)
Engler A. (L): Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt. I. Die extra-
tropischen Florengebiete der nördlichen Hemisphäre. 1 Leipzig 1879.)
— (n.)
') Verschiedene Werke ganz allgemeinen Inhaltes sind in der Einleitung tind im Texte zitiert.
'^) Die römischen /iffern beziehen sich auf die Literatiirhinweise im Texte.
ä) Man vergleiche auch die daselbst zitierte Literatur.
i6i
Jerosch M. C. (I.):') Geschichte und Herkunft der schweizerischen Alpenflora. (Leipzig
1903.)
Kerner A. v. (HI.): l^ie natürlichen Floren im Gelände der deutschen Alpen. (Schau-
bachs «Deutsche Alpen». Jena 1870.)
— (IV.)
— (VI.): Studien über die Flora der Diluvialzeit in den österreichischen Alpen.
(Sitzungsber. k. Akad. Wissensch. Wien, math.-nat. Kl., Bd. XCVII, 1888.)
Wett stein R. v. (I.): Die fossile Flora der Höttinger Breccie. (Denkschr. k. Akad.
Wiss. AVien, math.-nat. Kl., LIX. Bd. 1892).
— (II.) : Die Geschichte unserer Alpenflora. (Vortr. Ver. Verbr. nat. Kenntn. in Wien,
XXXVI. Jahrg. Heft 5. 1896.)
III. Florenwerke, Bestimmungsbücher, Karten und Bilderwerke.
Beck G. V. (IL): Plora von Niederösterreich. (Beschreibender Teil.) (Wien 1890 — 1893.)
Halacsy E. v. : Flora von Niederösterreich. (Wien 1896.)
Neilreich A.: Flora von Niederösterreich. (Wien 1859.)
Duftschmidt J.: Die Flora von Oberösterreich. (Linz 1870 — 1885.)
Saut er A. : Flora der Gefäßpflanzen des Herzogtums Salzburg. 2. Aufl. (Salzburg 1879.)
Prantl K. : Exkursionsflora für das Königreich Bayern. 2. Ausgabe. (Stuttgart.)
Maly J. K. (L): Flora von Steiermark. (Wien 1868.)
Fächer D. u. Jabornegg M. Freih. v.: Flora von Kärnten. (Klagenfurt 1881 — 1887.)
Fleischmann A.: Übersicht der Flora Krains. (Laibach 1844.)
PospichalE.: Flora des österreichischen Küstenlandes. (Leipzig u. Wien 1897 — 1899.)
Hausmann F. Freih. v. : Flora von Tirol. (Innsbruck 1851 — 1854.)
Arcangeli G. : Compendio della Flora Italiana. (Torino 1882.)
Dalla Torre K. W. v. : Die Alpenflora der österreichischen Alpenländer, Südbayerns
und der Schweiz. (München 1899.)
Fritsch K. (IL): Exkursionsflora für Österreich. (Wien 1897.)
Kern er A. v. (V.): Florenkarte von Österreich-Ungarn. (Wien 1887.)
Atlas der Alpenflora. Text von E. Palla. (Herausgegeben vom Deutschen und Öster-
reichischen Alpenverein.)
'■) Daselbst sehr vollständiges Literaturverzeichnis.
Exkursion in die Ostalpen.
Inhaltsübersicht.
Seite
Einleitung i
I. Allgemeine Schilderung des Gebietes 3
A) Allgemeine Übersicht (Handel- Mazzetti) 3
Lage 3
Geologischer Grundriß 3
Hydrographische Verhältnisse 4
Orographische Verhältnisse 5
Landschaftlicher Charakter 6
Klima 9
B) Pflanzengeographische Übersicht (Vierhapper) 10
1. Die Grenzen der Wald- und Hochgebirgsregion lO
2. Ökologie der Pflanzenwelt der Ostalpen 12
a) Die Faktoren 12
b) Bau und Struktur der Pflanzen 17
c) Die Vegetationsformen 21
d) Der Gang der Vegetation 28
ej Die Vegetationsformationen 29
a) Die Formationen der Waldregion 29
A) Natürliche und halbnatiirliche Formationen 29
B) Künstliche Formationen (Kulturen) 59
ß) Die Formationen der Hochgebirgsregion 62
f) Die Regionen 77
g) Veränderungen der Formationen 78
3. Floristik der Pflanzenwelt der Ostalpen 82
a) Die Florenbezirke 82
b) Die Elemente 89
aj Baltische Flora 89
ß) Alpine Flora 92
c) Die Geschichte der Flora der Ostalpen 97
n. Schilderung der Reiseroute loi
A) Von Wien durch Nordsteiermark nach Salzburg: Ostnorische Kalk- und Zentral-
alpen (Vierhapper) lOl
B) Von Salzburg über Nord- und .Südtirol nach Heiligenblut: Westnorische
Kalk- und Zentralalpen und Dolomiten (Handel-Mazzetti) ... 120
Literaturverzeichnis 160
Führer zu den wissenschaftlichen Exkursionen
des
IL internationalen botanischen Kongresses,
Wien 1905.
IV.
EXKURSION
in die
niederösterreichischen Alpen
und in das
Donautal.
Von
Dr. E. Zederbauer.
(Mit Tafel XXXIV— XXXVII, XL— XLII, XLV, XLVI, XLVIII— L und i Textabbildung.)
Wien, 1905.
Im Selbstverlage des Organisations-Komitees.
Druck von Adolf Holzhausen in Wien.
IV.
Exkursion in die niederösterreicliisclien Alpen
und in das Donautal.
Von
Dr. E. Zederbauer.
(Mit Tafel XXXIV— XXXVII, XL— XLII, XLV, XLVI, XLVIII— L
und I Textabbildung.)
A) Allgemeine Schilderung des Gebietes.
I. Einleitung.
Es wird wohl schwerlich ein zweites Kronland Österreichs zu finden sein,
wo auf verhältnismäßig kleinem Räume eine so große Mannigfaltigkeit der Pflan-
zenwelt herrscht wie in Niederösterreich. Sind hier doch die wichtigsten Fioren-
gebiete der Monarchie, selbst Europas vertreten. Ein Ausflug in das im Titel
genannte Gebiet ist daher für den Botaniker wie für den Naturfreund recht
lohnend, nicht nur wegen der reichhaltigen Flora, sondern auch wegen der
großen Abwechslung der Naturschönheiten: die wildzerklüfteten gigantischen
Felsenmauern der Rax und des Schneeberges, der düstere, ernste Schatten der
Fichten- und Buchenwälder, der blaue Spiegel des Erlaf- und Lunzersees und
endlich die Wachau, durch welche uns die Donau vorbei an den sagen-
umwobenen Burgen und Ruinen in die Lößlandschaft bei Krems und in das
fruchtbare Tullner Becken führt.
2. Orographisch-geologisctie Verhältnisse.
Niederösterreich oder das Erzherzogtum unter der Enns liegt zwi-
schen 47° 25' 20" und 49° i' 20" nördlicher Breite und zwischen 14° 26 und
17° o' 3" östlicher Länge von Greenwich und hat einen Flächeninhalt von
ig8'33 M;n2 (36o*o8 geographische Quadratmeilen). Begrenzt ist es im Westen
Exkursion in die n.-ö. Alpen und in das Donautal. I
von Oberösterreich, im Nordwesten von Böhmen, im Norden von Mähren, im
Osten von Ungarn, im Süden von Steiermark.
Ein großer Teil des^ Landes gehört dem Gebirgssystem der Alpen an,
das fast den ganzen südlich der Donau gelegenen Teil des Landes einnimmt
und im Osten über die Donau greift, um sich in den Karpathen fortzusetzen.
Der jenseits der Donau gelegene nordwestliche 'l'eil Niederösterreichs gehört
der böhmischen Masse an, die ihre Ausläufer im Dunkelsteinerwalde über die
Donau bis St. Polten und an das Traisental vorschiebt. Zwischen beiden Ge-
birgssystemen ist auch ein großer petrographischer Unterschied, da das letztere
dem Urgebirge angehört, während das erstere der nördlichen Kalkzone der
Alpen zugerechnet wird. Nur ein kleiner Teil der Zentralalpen reicht bis Nieder-
üsterreich und baut das Bergland in der südöstlichen Ecke des Landes auf.
Er tritt im Semmeringgebiet in der Nähe der Raxalpe von Steiermark nach
Niederösterreich über und bildet den Fuß der Raxalpe entlang des Preinbaches,
wo die Grauwackengesteine aus talkigem und quarzigem Schiefer an die Kalk-
zone herantreten.
Viel ausgedehnter ist die Kalkzone mit Gesteinen der unteren Trias-
formation, so dem Werfener Schiefer, den meist dunkel gefärbten Gutensteiner
und Reiflinger Kalken, auf welche die lichten Kalke der oberen Triasformation
folgen^ dann der Lunzer Sandstein, welcher als Litoralbildung reichlich Pflanzen-
reste (Filices, Cycadeae) führt, und der Dachsteinkalk. Auch die Jura- und
Kreideformation ist reichlich vertreten.
Eine jüngere Bildung, zum Teile der oberen Kreide, zum Teile dem Eozän
angehörig, ist die Flysch- und Sandsteinzone, die am Nordrande der Alpen
(Wienerwald, Vorberge der Alpen) sich erstreckt, eine küstennahe Ablagerung
aus seichtem Wasser. Der Kalkzone der Alpen gehören die höchsten Erhe-
bungen des Landes an, Schneeberg und Rax, Ötscher, Dürrenstein u. a. Im
grellen Gegensatze zu den wildzerklüfteten und zerrissenen Felsen und Berg-
spitzen der Kalkalpen mit steilen Abhängen stehen die abgerundeten Kuppen
der böhmischen Masse, die den nordwestlichen Teil Niederösterreichs ein-
nimmt und im schon erwähnten Dunkelsteinerwalde über die Donau greift. Sie
besteht aus kristallinischem Urgestein, Granit, Gneis, Granulit, Glimmer-
schiefer u. a. Die höchsten Erhebungen sind zirka iooo;n (Jauerling, Ostrong)
hoch.
Es wäre noch eine Reihe geologischer Bildungen zu erwähnen, so die
Lößlandschaften bei Krems, aufgehäuft durch die Thätigkeit der Winde, die
marinen Ablagerungen der jüngeren geologischen Formationen im Wienerbecken
und noch andere. Dies würde aber für die hier zu berücksichtigenden Verhält-
nisse zu weit führen. ^)
^) Vgl. Diener, Hoernes, Uhli«,', Bau inid Rild Österreichs, Wien 1904.
3. Hydrographische Verhältnisse.
Niederösterreich g^ehort mit Ausnahme der nordwesthchen Ecke des
Landes, die durch die Lainsitz, einen Nebenfluß der Moldau, dem Flußgebiete
der Elbe angehört, dem Flußgebiete der Donau an. Sie durchströmt das
Land von Westen nach Osten in einer Länge von 190-34 km und teilt es in
zwei Teile, von denen der südliche den Alpen angehört, während der nördliche
von den Ausläufern des böhmisch-mährischen Massivs erfüllt ist. Von Melk
bis Krems durchfließt die Donau ein Durchbruchstal, die Wachau. Bei Krems
erweitert sich das eingeengte Donaubett und durchquert als breiter Strom,
zahlreiche kleine Inseln und Sandbänke bildend, daß TuUner Becken, das im
Osten durch die nahe herantretenden Ausläufer der Alpen begrenzt wird. Nach
einem zweiten, aber weitaus schwächeren Durchbruch bei Klosterneuburg,
zwischen Bisamberg und Leopoldsberg-, breitet sie sicli im Wiener Becken, in
zahlreiche Arme sich spaltend, aus und tritt bei Theben und Karlsdorf nach
Ungarn über.
Die Nebenflüsse am linken Ufer sind die Isper, der Weitenbach, bei
Weitenegg in die Donau mündend, die Krems, bei der gleichnamigen Stadt
sich in den Hauptstrom ergießend, der Kamp, die Hauptwasserader des nieder-
österreichischen Anteiles der böhmischen Masse, die Schmida, der Göllersbach
und die March, der größte Nebenfluß der Donau in Niederösterreich, welche
von Mähren kommt und mehrere Nebenflüsse aufnimmt.
Die Nebenflüsse am rechten Ufer sind die Enns, die Ybbs, im Oberlaufe
Ois genannt, bei Neuhaus entspringend und den vereinigten Abfluß der Lunzer-
seen aufnehmend; die Erlaf, welche den Erlafsee durchfließt, die Melk, die
Pielach, die Flanitz, dieTraisen mit dem Türnitzbache, die Perschling, der große
und kleine Tullnerbach, der Kierling- und Weidlingbach, der Alserbach, die
Wien, die Schwechat, die Piesting, die Fischa und Leitha.
Größere Seen besitzt Niederösterreich nur drei: den Erlafsee (835 »z)
an der steirischen Grenze bei Mariazell, i'S km lang, 1 km breit, den Unteren
Lunzersee (650;»), i'jkinlang, o'6/i:)n breit, den Oberen Lunzersee (111777!).
Sämtliche Seen verdanken ihre Entstehung der Tätigkeit ehemaliger Gletscher,
wie noch deutlich die Moränen zeigen.
Reich ist hingegen das Land an Fischteichen, die fast alle im Waldviertel
liegen.
Hochmoore finden sich hauptsächlich auf dem Granitplateau des Wald-
viertels und in den Voralpen bei Mitterbach, am Erlaf- und Hechtensee, bei
Ofenau und Lassing bei Göstling.
Nasse, versumpfte Wiesen, Wiesenmoore, kommen allenthall)en in ge-
ringer Ausdehnung vor.
1*
4
4. Klimatische Verhältnisse.
«Niederosterreich gehört einem Übergangsgebiete an zwischen dem west-
eiiropäisclien Klima mit milc!en Wintern und nassen, relativ kühlen Sommern
und den mehr kontinentalen, trockenen, im Sommer heißeren, im Winter käl-
teren osteuropäischen Klimaprovinzen, wie zunächst Galizien und die unga-
rische Niederung.»^)
Niederösterreich liegt im Gebiete der Jahresisotherme von io° C, der
Jännerisothermen von — i bis — 2° und der Juliisothermen von 20 bis 21°. Die
Gebiete, welche mehr osteuropäischen Klimaprovinzen nahe kommen, sind das
Wiener Becken, die Strecken zu beiden Seiten der Donau bis in die Wachau
und das Gebiet der March. Der übrige Teil des Landes hat westeuropäisches
Klima mit Ausnahme der höchsten Erhebungen, die Höhenklima besitzen. Die
Angaben der 50jährigen Temperaturmittel in drei Orten, welche in den drei
klimatisch verschiedenen Teilen liegen, mögen die Temperaturverhältnisse
während eines Jahres zeigen.
Wien T j r -Dl
, , ^ T <- 1 i !<- Isperdorf Raxalpe
k. k. meteor. Zentralanstalt ' ^
N. Br ■ 48° 12' 48° 12' 47° 41'
Ö. L. Gr 16° 22' 15° o' 15° 44'
Seehöhe 194 m 23o??2 1820 ?n
Jänner ; . . . — i-4°C. — 2-3° C. — 7-1° C.
Februar o*6 — o"6 — 6'6
März 4'3 2*6 — 5-4
April 9*9 7*9 — o'5
Mai 14*7 12-2 3"3
Juni i8'3 15*8 6*9
Juli 20*2 i7"4 8*8
August 19*4 16-7 8*2
September 15*8 i3'3 6.1
Oktober 10-4 8-6 i'6
November 3*9 27 — 3'i
Dezember — 0*4 — 1"2 — 67
Jahresmittel 9'6 7*8 0*4
Die Verteilung der Niederschlagsmengen (in dem erwähnten Werke von
Hann in einer Regenkarte dargestellt) zeigt, daß sie sich ziemlich mit der Ver-
teilung der Vegetationsgebiete deckt. Die Gebiete der pannonischen Flora
(Wiener Becken, entlang der March und der Donau) besitzen eine jährliclie
Regenmenge von 50 -60 c;» und etvyas darüber, die Gebiete der alpinen Flora
') Hann J., Klimatographie von Niederösterreich, Wien 1904.
von 140 — -160 cm und die Gebiete der baltischen Flora (der übrige Teil Nieder-
österreichs) von 60 —1400)2.
5. Die Pflanzendecke Niederösterreichs.
In Niederösterreich greifen auf verhältnismäßig kleinem Räume mehrere
Florengebiete ineinander und gehen teilweise ineinander über, nämlich die
pon tische Flora, von Osten hereindringend gegen die baltische F'lora, die
sich über ganz Mitteleuropa und einen großen Teil Skandinaviens verbreitet.
Gleichsam Inseln in der letzteren bildet die alpine Flora, welche die Gipfel-
regionen der höheren Erhebungen des Landes bedeckt. ^)
Politische Flora.
Die pontische Flora erstreckt sich von den Ufern des Schwarzen Meeres
(Pontus) nach Westen bis in die Ebenen des östlichen Galiziens, bis an den
Rand der Karpathen und Alpen und nähert sich im Süden der Küste des Adria-
tischen Meeres, mit der mediterranen Flora zusammentreffend. Im übrigen
Teile der Monarchie grenzt sie an die baltische Flora. In Niederösterreich
sendet sie entlang der Donau bis tief in die Wachau und längs der March und
ihrer Nebenflüsse zungenförmig ihre Ausläufer, erfüllt das Wiener Becken über
das Steinfeld hinaus bis nach Gloggnitz.
Dieser westlichste Teil der pontischen Flora wird auch der pann onische
Gau oder die pannonische Flora genannt, da sie vorherrschend Vertreter der
ungarischen Flora aufweist, die aus dem Tieflande und den südöstlichen Berg-
ländern zu einer Zeit in unser Land gedrungen sind, in der die Vergletscherung
der Alpen im Abnehmen war. Diese Steppenpflanzen besetzten den trockenen
Heideboden, Schotter und Sandflächen sowie trockene sonnige Hügel und Ab-
hänge rings um die Ebene.
Die jährliche Regenmenge des Gebietes der pontischen Flora in Nieder-
österreich beträgt nicht über jocm. Im Hochsommer tritt infolge der Dürre
an extrem trockenen Standorten ein Stillstand in der Entwicklung der Vege-
tation ein ; die emjährigen Pflanzen haben vielfach ihre Entwicklung bereits ab-
geschlossen.
Das Klima des Gebietes der pontischen Flora nähert sich sehr dem
Steppenklima: kalte Winter und heiße trockene Sommer. Vor der Trockenheit
und ihren Wirkungen schützen sich viele Pflanzen durch Ausbildung peren-
nierender unterirdischer Organe (Rhizome^ Knollen, Zwiebeln), ferner durch
dichte Behaarung der oberirdischen Vegetationsorgane, durch Rollblätter
(Gramineen) u. dgl. Auffallend ist der fast vollständige Mangel immergrüner
■') ^gl- insbesondere A. v. Kern er, Österreich -Ungarns Pflanzenwelt in «Die
Österr.-ung. Monarchie», Übers. -Band I, S. 185 — 248, 1887. — G. v. Beck, Flora von
Niederösterreich, AUg. Teil, Wien i8g3.
Gewächse und die mit der Trockenheit der oberflächlichen Bodenschichten
zusammenhängende starke Verlängerung der Wurzeln vieler Pflanzen.
Obwohl der östliche 'T^il Niederösterreich nur dem Rande des pontischen
Gebietes angehört, tritt hier eine ganze Reihe typischer Formationen auf.
Unter den hierher gehörenden Waldformationen sind zu nennen:
1. Der Schwarzföhrenwald. Derselbe wird von Piniis nigra gebildet,
die in ausgedehnten Beständen den Ostrand der Alpen von Kalksburg bei Wien
bis in das Gebiet des Semmering bedeckt. Von den Pflanzen des Unterholzes
und Niederwuchses sind als besonders charakteristisch zu nennen: Berberis
vulgaris, Crataegus monogyna, Amelanchier ovalis, Daphne Cneorum, Genista
pilnsa, Chamaebuxus alpestris, Sesleria j>aria.
2. Der pontische Eichenwald mit Qiiercus lanuginosa als Charakter-
baum in geringerer Ausdehnung auf den Hügeln im Wiener Becken und am
Rande desselben.
Häufiger tritt der pontische Eichenwald als Buschwald auf; in diesen
Fällen ist Quercus lanuginosa gemischt mit zahlreichen anderen Sträuchern und
niederen Bäumen, wie z. B. Evonymus verrucosus und vulgaris, Corylus Avellana,
Staphylea pinnata, Cornus nias und sanguinea, Sorbus Aria, Crataegus tuono-
gyna, Prunus purnila, spinosa und Mahaleb, Acer campestre, Viburnum Lantana,
Rosa- und Rubus-Avi^n etc.
Eine für die pontische Flora charakteristische gehölzlose Formation
ist die Federgrasflur, die im Wiener Becken, im Marchfelde auf den an-
grenzenden Hügeln und in der Wachau auf den steinigen, sonnigen Abhängen
sich ausbreitet. Die bezeichnendsten Bestandteile sind die Stipa-hrtan (S. pen-
nata und capillata). Als Begleiter finden sich besonders häufig Allium ßavum,
Ophrys apifera, Melica ciliata, Carex humilis, Iris pumila, Silene Otites, Ery-
simuni canescens, Eryngiuni campestre, Trinia glauca, Potentilla cinerea, Thymus
lanuginosus, Linaria s^enistifolia, Inula-Artcn, Jurinea mollis etc.
Baltische Flora.
Die baltische Flora, auch mitteleuropäische genannt, bedeckt den größten
Teil des mittleren Europa, einen großen Teil Skandinaviens, wo sie an die
arktische Flora grenzt, während sie im Süden an die mediterrane, im Osten an
die pontische stößt. Dort, wo sich höhere Gebirge erheben, wird sie von der
alpinen Flora unterbrochen. In Niederösterreich bedeckt sie den größten Teil
des Landes.
Das Klima ist ein temperiertes von mittlerer Feuchtigkeit und mittlerer
Wärme. Die Pflanzen dieser Flora Heben gleichmäßig verteilte Niederschläge.
Betrachten wir die Verhältnisse in Niederösterreich, so hat ihr Verbreitungs-
gebiet eine jährliche Niederschlagsmenge von 70 — 1400;;. Die Vegetationszeit
dauert 5 — 8 Monate.
Eine ausführliche [Besprechung der baltischen und alpinen Formationen
an dieser Stelle erscheint nicht nötig, da eine solche in dem «Führer für die
Exkursion in die Ostalpen>^ gegeben ist. Es mögen hier bloß die wichtigsten
Formationen kurz angeführt werden.
Ein großer Teil Niederösterreichs ist von Wäldern bedeckt und dieses
Waldgebiet gehört fast ganz der baltischen Flora an. Eine ziemliche Aus-
dehnung und Verbreitung besitzen die F" ich tenwä Ider, die bis zur Baum-
grenze hinaufreichen. Der vorherrschende Baum ist die Fichte, Picea excelsa.
Unterholz fehlt meist, da wenig Licht bis zum Boden dringt. Im Schatten ge-
deiht besonders im Herbste eine Menge von Hutpilzen (Hymenomyceten), Moose
(Hylocomhnn, Hypnum, Dicranum, Polytrichum), ¥\G,c\\t&n(Peltigera), auf Zweigen
die Bartflechte (Usnea barbata). Einige Saprophyten sind nicht selten, so Mono-
tropa hypopüys, Coralliorhi^a innata. In die Moosdecke sind oft Blütenpflanzen
eingestreut, so Oxalis Acetosella, Pirola iiniflora, Veronica ofßcinalis u. a. m.
Als Unterholz an lichten Waldstellen kommt Viburnum Lantana, Junipenis com-
munis, Calluna vulgaris vor. In Gesellschaft mit der Fliehte finden sich häufig
Abies alba (die Tanne), Larix decidua (die Lärche) eingestreut, Taxus baccata
(die Eibe) sowie Laubhölzei', wie Fagus silvatica u. a., die wir noch bei den
Mischwäldern besprechen.
Föhren Wälder (Kiefernwälder). Während die Fliehte mehr feuchten
Boden vorzieht, liebt Pinus silvestris (die Föhre) mehr trockenen, warmen Sand-
oder Felsenboden. In Niederösterreich ist sie hauptsächlich im Hügellande nörd-
lich der Donau und in der Wachau verbreitet; in den Voralpen ist sie meist
gemischt mit der Fichte. Im Unterholz trifft man häufig Juniperus communis,
Calluna vulgaris, Cytisus nigricans, Genista tinctoria, Vaccinium Vitis Idaea,
Camus sanguinea.
Lärchen wälder. Larix decidua ist in reinen Beständen nicht reichlich
vertreten, sie findet sich hauptsächlich in den Vorbergen der Alpen, viel häufiger
ist sie vereinzelt in Gesellschaft der Fichte, mit der sie bis zur Baumgrenze
hinaufgeht. Die Bodenvegetation ist ziemlich reichlich, da viel Licht hinabdringt ;
häufig Graswuchs.
Buchenwälder. Fagus silvatica (die Buche) ist in Niederösterreich
nebst der Fichte der häufigste Waldbaum, hauptsächlich im Wienerwalde,
doch geht auch sie hoch in die Voralpen hinauf, wo sie meist gemischt mit
Fichten vorkommt (looon und darüber). Die Bodenvegetation ist dadurch aus-
gezeichnet, daß die meisten Arten ihre Entwicklung abschließen, bevor die Be-
laubung der Buche vollendet ist, so Arten von A)iemone, Gagea, Corydalis, Den-
taria, Viola, Primula. Andere Arten jedoch brauchen zu ihrer Entwicklung
länger und gedeihen auch im Schatten der Buchen, so Oxalis Acetosella, Aspe-
rula odorata, Mercurialis perennis, Salvia glutinosa, Pulmonaria officinalis etc.
Baltische Ei chenwälder (Qiiercus Robur und sessilißora) sind in Nieder-
österreich hauptsächlich im Hügellande und wärmeren Berglande nördlich der
8
Donau verbreitet, doch haben sie keine große Ausdehnung und sind meistens
eingestreut und gemischt mit Birken (Betula verrucosa), Pappeln (Populus
trcninla), Ahornen (Acer Pseudoplatanus, platanoides) u. a.
Unterholz ist in EicIÖhnwäldern reichlich.
Wie schon erwähnt, treten die Waldbäume oft gemischt auf, so Fichte
(Picea excelsa) mit Tanne (Abies alba), Lärche (Larix decidua). Buche (Fagiis
silvatica), Föhre (Pinus silvestris) Bergahorn (Acer Pseudoplatanus) u. a. und bilden
Mischwälder. Von größter Ausdehnung sind solche Mischwälder vielfach in
den Voralpen.
An den Ufern unserer Flüsse siedelt sich häufig eine Mischwaldvegetation
an, die aus Laubbäumen und Sträuchern besteht, die Au, in der vielfach Weiden
vorwiegen (Salix purpurea, S. alba, S. incana, S. viminalis, S. triandra); Pappeln
(Populus nigra, P. alba) und Erlen (Alnus incana, A. glutinosa) sind neben den
Weiden die wichtigsten Bäume. Nicht selten finden sich Ulmen (Ulmus glabra,
U. pedunculata), Ahorne (Acer campestre, A. Pseudoplatanus, A. platanoides) und
Eichen (Quercus Robur). Eine große Anzahl von Sträuchern kommt im Unter-
holz vor: Berberis vulgaris, Evonynius vulgaris, Viburnum Opulus, Crataegus
monogyna, Cornus sanguinea, Rhamnus Frangula, cathartica, Sambucus nigra,
Ligustrum vulgare] hierzu kommen von Lianen: Vitis silvestris, Clematis Vi-
talba. Noch reichlicher ist der Niederwuchs.
Eine ganz eigentümliche, meist durch die Hand des Menschen hervor-
gerufene und in Niederösterreich ziemlich ausgedehnte Pflanzenformation ist
die der Wiesen.
Torfmoore finden sich hauptsächlich auf dem Graniti)lateau der
böhmischen Masse, in den Voralpen an einigen »Stellen, so in der Nähe des
Erlafsees bei Mitterbach, wo auch Torf gewonnen wird. Auf dem Mitterbach-
moore steht Pinus montana, während in den Torfmooren des W^aldviertels
Pinus uliginosa (die Moorföhre) sich findet.
Von auffallenderen Formationen der baltischen Flora wären noch zu
nennen: die Formation der Voralpenkräu ter mit zahlreiclien, meist
hochwüchsigen und großblättrigen Püanzen (Veratrum, Eupatoriuvi, Adenostyles,
Senecio, Buphthahnum etc.), Felsenformationen, die Formation der Heide
und die der Wasserpflanzen.
Alpine Flora.
Steigen wir aus den waldreichen Tälern unserer Alpen empor auf die
hochaufgetürmten Berge, so gelangen wir in ein Gebiet, wo die Bäume nur
kümmerlich ihr Fortkommen fristen und endlich gar nicht mehr gedeihen oder
klein und krüppelhaft bleiben und einer Pfianzendecke von ganz anderer Be-
schafifenheit Platz machen: der alpinen Flora.
In Niederösterreich bedeckt die alpine Flora die Gipfelregionen der
Berge, die mindestens eine Höhe von 1600 m erreichen. Besonders reich sind
Rax und Schneeberg, welche die östlichsten höchsten Erhebungen der nörd-
lichen Kalkalpen sind und deren Pflanzenreichtuin zum Teile dadurch erklärt
werden kann, daß diese Berge niemals einer ausgedehnten Vergletscherung
unterworfen waren. Die Zahl der typisch alpinen Arten von Blütenpflanzen
Niederösterreichs beträgt nach Beck 210 (9°/o der Gesamttlora). Zahlreich
sind in Niederösterreich Stellen mit geringer Meereshöhe, an denen sich insel-
artige Vorkommnisse alpiner Pflanzen (zum Teile glaciale Relikte) finden.
Die bedeutende Bodenerhebung bewirkt für die Pflanzenwelt des alpinen
Gebietes ökologische Faktoren, welche von jenen der übrigen Florengebiete
Niederösterreichs wesentlich abweichen. Ich beschränke mich diesbezüglich
auf wenige Andeutungen und verweise im übrigen auf die Ausführungen im
«Führer für die Exkursion in die Ostalpen».
Die hauptsächlichste Veränderung bei der Zunahme der Höhe ist die
Abnahme des Luftdruckes, welcher auf alle klimatischen Faktoren wesent-
lich einwirkt. Ob nun dieser verminderte Luftdruck auf das Wachstum einen
direkten Einfluß ausübt, ist fraglich. Viel größer scheint der indirekte Einfluß
auf die Strahlung und Verdunstung zu sein.
Die Lufttemperatur nimmt bei Steigung um 100 m in den Alpen um
0*58° Celsius ab. Dagegen nimmt die direkte Strahlung der Sonne infolge ge-
ringerer Absorption der Strahlen mit der Höhe zu. Die Strahlengattungen
werden nicht gleich stark absorbiert; das Alpenlicht ist reicher an ultra-
violetten Strahlen als das Licht in der Ebene.
Die dünne Atmosphäre bewirkt neben der intensiven Bestrahlung eine
stärkere nach tliche Ausstrahlung, weshalb die Alpenpflanzen über Nacht
sehr stark abkühlen, besonders an freien Standorten. Sie bewirkt auch, daß
selbst während der Vegetationszeit oft Frostnächte eintreten.
Die starke Bestrahlung in den Alpen bewirkt eine relativ höhere
Bodenwärme als in der Ebene. Der Boden bei igoo m ist um 3° im Jahres-
mittel wärmer als die Luft, bei looo ?n nur um 1*5°.
Die Vegetationsdauer, bestimmt durch den jährlichen Gang derTem-
peratur, hängt mit dem Freiwerden von Schnee zusammen. Sie nimmt mit Zu-
nahme der Höhe ab (beträgt bei 1800 w 5 Monate, bei 2400 m z^[^ Monate), be-
ginnt Mitte Mai bis anfangs Juli und endet Mitte September.
Die Gebirge wirken infolge ihrer tieferen Temperatur auf den Wasser-
dampf der Luft kondensierend und sind niederschlagsreicher als die be-
nachbarten Niederungen.
Die Verdunstung ist eine viel stärkere, was auf die Wirkungen meh-
rerer Faktoren zurückzuführen ist: Luftverdünnung, starke Winde, starke Er-
wärmung durch Bestrahlung.
Diese eben besprochenen V^erhältnisse wirken auf die Pflanzendecke in
mehrfacher Weise ein und rufen Einrichtungen hervor, welche das charakte-
ristische Aussehen der alpinen Pflanzen bedingen.
Sehr bezeichnend für die alpine Flora ist der Zwergwuchs der Holz-
ptlanzen, deren Sprosse sich nur wenig über den Boden erheben oder demselben
angepreßt sind, ferner der polster- oder rasenförmige Wuchs vieler
Stauden. Ersteres Verhalten kann ebenso als eine Anpassung an Windwirkung
und Schneedruck aufgefaßt werden, wie es anderseits eine stärkere Ausnützung
der Bodenwärme ermöglicht. Welche Vorteile das Wachstum in Polstern oder
Rasen, in denen die abgestorbenen Pflanzenteile die Dichtigkeit noch ver-
größern, den Pflanzen bietet, ist leicht einzusehen. Abgesehen von dem Schutze
gegen starkes Austrocknen bleibt die Temperatur im Innern auf einer gewissen
Höhe (sie ist oft höher als die umgebende Bodentemperatur, wie mir Messungen
in Polstern von Silene, Moosen, Saxifraga zeigten), ferner wird das aufgesaugte
Wasser festgehalten.
Zum Teile auf ähnliche Ursachen, zum Teile auf die Kürze der Vege-
tationszeitist das häufige Vorkommen von Rosetten pflanzen zurückzuführen.
Mit der Kürze der Vegetationszeit hängt auch das seltenere Vorkommen an-
nueller Pflanzen und das Vorherrschen perenner Formen zusammen.
Im anatomischen Bau der vegetativen Organe drückt sich die Anpassung an
die ökologischen Faktoren der alpinen Region hauptsächlich — wenn von den Be-
wohnern feuchter Stellen abgesehen wird — in xeropliytischen Einrichtungen aus.
Die Farbe der Blüten ist eine intensivere als bei den verwandten Formen
der Niederungen, was unter anderem der lang andauernden intensiven Sonnen-
strahlung zugeschrieben wird.
Gelangen wir bergaufwärts schreitend in die Nähe der Baumgrenze, so
hört der Wald nicht plötzlich auf, sondern es treten vermischt mit den Bäumen
des Waldes (Fichte, Lärchen) Gestrüppe von niedrigen Bäumen und Sträu-
chern auf, die allmählich über der Baumgrenze, die in unseren Alpen bei zirka
1600 )u liegt, in die sogenannte Krummholz- oder Legföhrenformation
(Piniis montana) übergehen. Der Stamm der Legföhre ist, wie der Name schon
sagt, kein aufrechter, sondern über den Boden oder den Abhängen hinabkriechend,
bogenförmig kräftige Seitenäste aufwärts sendend. Sie schließen so dicht an-
einander und bilden so dichte Gebüsche, daß dieselben geradezu undurch-
dringlich werden können. In der Gesellschaft der Legföhre tritt eine Anzahl
von Sträuchern auf, die analoge Anpassung an das Klima aufweisen. Besonders
häufig finden sich Alpenrosen (Rhododendron husutum und fernigineiim), die
auch an manchen Stellen überwiegen und ausgedehnte Alpenrosengebüsche
bilden, ferner Erica carnea, Wacholder (Juniperus cojnniunis und nana), Rausch-
beere (Empetruvi nigrutn), Heidelbeere (Vacciniuni Myrtillus), Weiden (Salix
grandifolia, S. arbuscula, S. glabra), Grünerle. (Alnus viridis), endlich Daphne Me-
zereuni, Sorbus Aucuparia, Rosa alpina, Lonicera alpigena u. a.
Im Schatten dieser Sträucher und unter ihrem Schutze gedeihen eine
Menge von Blütenpflanzen, die zum Teile aus den voralpinen Gebieten auf-
steigen, zum Teile der alpinen Region angehören.
Diese Formation der Legföhren yeht ziemlich hoch empor (bis 2400)»);
in höheren Lagen wird die Legföhre niedriger, bis sie schließlich nur mehr in
einzelnen kleinen Gruppen den Alpenmatten eingestreut erscheint. Diese For-
mation der Alpenmatten bedeckt die Kuppen und nicht felsigen Stellen iler
Höhen. Sie sind aus niedrigen Pflanzen mit kurzen oder kriechenden Rhizomen,
mit Blattrosetten gebildet, in die oft Halbsträucher oder Zwergsträucher ein-
gestreut sind. An ihrer Zusammensetzung nimmt teil eine ziemliche Anzahl von
Blütenpflanzen, so Enziane (Gentiana vulgaris, puinila), Aurikeln (Primula Auri-
ciila), Primeln (Primula Clusiana, minima), Alpenanemonen (Anemone alpina),
Polygonwn viviparum, Alpenglöckchen (Soldanella alpina), Alpennelke (Dianthus
alpiniis), das Alpenveilchen (Viola alpina), Steinbreche (Saxifraga moschata, S.
androsacea, S. ai:-oides), Erigeron polymorphus, Gnaphalium Hoppeanum, Crepis
aurea, Silene acaulis, Agrostis alpina, Poa alpina, Nardtis stricta, Carex firma
und atrata, Dryas octopetala. Campanula alpina, Potentilla aurea, Galium Bal-
dense, Pedicularis-Arten etc. Von Zwergsträuchern kommen vereinzelt Salix
herbacea, S. reticulata, S. retusa, Loiseleuria prociimbens, Rhodothamnus Chamae-
cistus, Arctostaphylos Uva ursi, A. alpina u. a. vor.
Auf den flachen und sanft gevi'ölbten Kuppen der Hochgebirge finden sich
häufig Azaleenteppiche (Loiseleuria prociimbens), mit denen Flechten wie das
isländische Moos (Cetraria Islandica), die Renntierflechte (Cladonia rangiferina)
vorkommen, die stellenweise überhandnehmen und eine eigene Formation bilden.
Diese Vegetation bietet ein ähnliches Bild wie die Flechtentundren dar. Häufig
finden sich auch dichte Rasen von Moosen (Polytrichum, Dicraniim).
Außer diesen erwähnten Pflanzenformationen, die wieder in kleinere For-
mationen zerfallen, je nachdem diese oder jene Pflanze vorwiegt, so das Alpen-
rosengebüsch, Weidengebüsch, Grünerlengebüsch, Leontodon-M-AitG., Nardus
stricta-Formation, wären noch lokale Formationen zu nennen: die Quellen-
fluren mit Cardamine amara, weißblühenden Ranunkeln (Ranunciilus platani-
folius), Steinbrechen (Saxifraga rotundifolia, stellaris, a^oides), die Geröll-
fluren, welche Sand- und Schotterhalden bedecken und in denen hauptsächlich
Linaria alpina, Papaver alpinum, Alsine Gerardi, Crepis Jacquini u. a. vorkommen.
Endlich ist noch eine Formation zu nennen, die eine große Verbreitung
hat und die wenigsten Ansprüche an den Boden stellt, auch bis auf die höchsten
Bergspitzen hinaufklettert, das ist die Felsenformati on. Hauptsächlich sind
es F'lechten, die die Felsen überziehen {Man^onia Kantiana, Verrucaria- Arten),
und Algen (Schizophyzeen), die oft schwarze, an den Felsen herablaufende
Streifen bilden. Einige Blütenpflanzen fassen auch in den Ritzen der Felsen
festen Fuß und senden ihre tiefgehenden Wurzeln hinein, so Arten der Gattungen
Festuca (pulchella und varia), Agrostis (A. alpina und rupestris), Carex (C. ru-
pestris, firma, mucronata), Aster alpinus, Leontopodium alpinum, Saxifraga
caesia, Petrocallis Pyrenaica, Draba stellata, Sedum roseum, Androsace lactea,
Senecio abrotanifolius u. a. m.
B) Reiseroute.
Eine Beschreibung- der Reiseroute mit Angaben aller Einzelheiten würde
einerseits für den Leser zu ermüdend sein, andererseits zu Wiederholungen
führen. Ich will daher nur einige interessante Örtlichkeiten hervorheben. Nach
einer zweistündigen Bahnfahrt von Wien erreichen wir Payerbach, den Aus-
gangspunkt für die Besteigung der Rax. Die Abhänge dieses Gebirges sind
bis 1600?» mit Wäldern (Picea excelsa, Pinus silvestris, Larix decidua, Fagtis sil-
^>atica, Abies alba u. a.) bedeckt, von denen die Fichte in den oberen Regionen
vorherrscht. In den Waldungen hinter der Ortschaft Prein fällt das häufige Vor-
kommen von Alnus viridis auf. Bei zirka i6oo)n beginnen Legföhrengestrüppe,
Alpenrosen und Alpenmatten, in denen zur Zeit unseres Besuches einige Pflanzen
in voller Blüte stehen, so Androsace lactea, A. Chamaejasme, Primnla Auriciila,
P. elatior, P. Cltisiatia, P. minima, Gentiana verna, G. vulgaris, Soldanella alpina,
S. Austriaca Vierh. und die Hybriden 5. alpinaXAiistriaca, Viola alpina, V. bißora,
Anemone alpina, A. narcissißora, Veronica aphylla, V. fruticans, Pinguicula al-
pina, Dianthus alpiniis, Cardamine alpina, Arabis alpina, Ranunculus platani-
folitis, R. montanus, R. alpestris, Saxifraga caesia, S. ain^oides, S. androsacea,
S. stellaris, Petrocallis Pyrenaica, Draba stellata, D. ai::^oides, Geiim montamim,
Carex firma, C. ritpestris u. a. m.
In der Nähe des Habsburghauses ist ein «Alpenpflanzengarten» des
Niederosterreichischen Gebirgsvereines in Verbindung mit einem alpinen Ver-
suchsgarten, der in wissenschaftlicher Hinsicht vom botanischen Garten der
Wiener Universität geleitet ist.
Der Abstieg vom Raxplateau erfolgt auf der Nordwestseite nach Naßwald^
von wo wir durch dichte Wälder (Fichte, Tanne, Buche, Fohre), die mit
Wiesen abwechseln, in die Prein und nach Mariazeil gelangen. Eine Stunde von
diesem berühmten Wallfahrtsorte liegt der Erlafsee und das Mitterbacher
Moor, beide wegen einiger Torfmoorpflanzen interessant. Eriophorum gracile,
E. vaginatum, Trichophorum alpinum, Carex- (C. divica, C. paucißora, C. echi-
nata, C. limosa) und J;/»c»5-Arten (J. filiformis, J. capitatus, J. bulbosiis, J.
squarrosiis), Viola palustris, Drosera rotiindifolia, D. Anglica, Pinguicola alpina,
Andromeda poliifolia, Calluna vulgaris, Vaccinium Myrtillus, V. iiliginosum, Epi-
lobium palustre, Vaccinium Oxycoccos, Alnus viridis. Statt der Torfföhre (Pinus
uliginosa) ist Pinus montana auf dem von Sphagnumpolstern besetztem Torfmoor.
Durch die Otschergräben, wo alpine Pflanzen in einer Höhe von nur
500 — yoom stehen (Primula Clusiana, P. Auricula, Linaria alpina, Saxifraga
mutata, S. caesia, S. ai:^oides, S. Ai:^oon, Rhododendron hirsutum, Rhodothamnus
Chamaecistus, Pinguicola alpina, Dryas octopetala, Potentilla Clusiana, P. caules-
cens, Alsine laricifolia, Achillea Clavenae, A. Clusiana, Salix retusa, S. glabra,
S. grandifolia, Junciis monanthus, Cochlearia Pyrenaica, Valeriana saxatilis, The-
sium alpinum, Euphrasia picta, Campanula caespitosa, C. pulla, Gentiana vulgaris,
i3
Heliosperma alpestre, H. quadrifidinn, Carex firma, C. sempervirens, C. miicro-
nata, Viola bißora. Pinus montana) führt nun der Weg auf den Otscher (1892 7?;),
der auf seinem Gipfel alpine Flora ^) trägt, den Formationen der Legföhren
und der Alpenmatten angehörig. Einige Pflanzen, wie Gentiana Bavarica und
Cirsium spinosissimum, finden hier ihre Ostgrenze.
Vom Otscher steigen wir nach Lackenhof ab, von wo wir in einigen
Stunden nach Lunz kommen, vorbei an Wiesen, die gerade in Blüte stehen,
woraus Narcissus poeticus und Leucojum vernum sich besonders abheben.
Von Pflanzen, die auf den Bergwiesen des Gebietes häufig sind, sind zu
nennen: Cai'damine aniara, C. pratensis, Ranunculiis acer, R. bulbosiis, R. acouiti-
folius, Viola polychroma, Orchis militaris, O. globosa, O. viaciilata, O. ustulata,
Gjnnnadeuia conopea, Piatanthera bifolia, Epipactis riibiginosa, E. latifolia, Li-
stera ovata, Liliinn Martagon, Ornithogahnn pyrenaicum, Toßeldia calyciilata,
Veratrum album, Carex pallescens, C. Oederi, Phleuin pratense, Agrostis vulgaris,
Poa alpina v. vivipara, Glyceria spectabilis, Molinia coerulea, Dactylis glomerata,
Bromus mollis, asper, Aira caespitosa, Trollius Europaeus, Aquilegia vulgaris, Dian-
thus Carthusianorum, Silene inflata, S. nutans, Lychnis ßos cuculi, Melandryum
rubrum, Alectorolophiis angustifolius u. a.
Bei Lunz liegt der untere Lunzersee, der auf Tafel XXXIV mit Leucojum
vernum abgebildet ist.
Nach einer kurzen Bahnfahrt von Lunz gelangen wir über Pöchlarn nach
Melk mit dem Stifte gleichen Namens, das auf steil gegen die Donau abfallendem
Felsen liegt. Bei Melk verengt sich das Tal der Donau, die bis Krems ein
Durchbruchstal bildet, die Wachau. Von Melk aus besuchen wir den Jauer-
Hng, einen Bergrücken des böhmisch-mährischen Massives. Wir übersetzen
die Donau und steigen auf den Geländen, die mit Wiesen und Felsen, im oberen
Teile mit Fichten- und Föhrenwäldern (Pinus silvestris) bedeckt sind, auf eine
Ebene, auf der sich zahlreiche Felder und Wiesen ausbreiten.
Nach dreistündiger Wanderung erreichen wir den Jauerling, 2) dessen
Abhänge mit dichten Wäldern von Buchen {Fagus silvatica), Föhren (Pinus
silvestris), Tannen (Abies alba) und Fichten (Picea excelsa), die in den oberen
Regionen vorherrscht, bedeckt sind. Auf dem Südabhange stehen einige Ahorn-
bäume (Acer Pseudoplatanus). Im Schatten dieser Wälder gedeihen Soldanella
montana, Pirola imiflora, P. seciinda, P. chlorantha, Cardamine trifolia, Dentaria
enneaphyllos, D. bulbifera, an den Rändern Cytisus scoparius, Vicia Cassubica,
Dianthus deltoides, Riibiis saxatilis, Gentiana ciliata. Der Rücken des Berges
ist größtenteils von Wiesen bedeckt, in die einige Gebüsche von Corylus Avel-
') J. Nevole, Vegetationsverhältnisse des Otscher- und Dürrensteingebietes in
Niederösterreich. Abhandl. der k. k. zool.-bot. Gesellsch. in Wien, Bd. III, Heft i.
^) A. V. Kerner, Der Jauerling. Eine pflanzengeographische Skizze. Verh. des
zool.-bot. Vereins in Wien 1855, Bd. V, S. 521 — 524. — G. v. Beck, Die Wachau.
Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich i8q8.
lana, Salix aurita, Rosa penduUna, R. canina, Alnus viridis und Sorbiis Aria
eingestreut sind, stellenweise kleine Bestände bildend.
Auf den Wiesen blühen im P'rühjahre Primula elatior, Scor^onera humilis,
Anemone nemorosa, Soldanella viontana, etwas später Orchis mascula, O. globosa,
O. sambucina, O. incarnata, Ende Juni entfalten Pedicularis palustris, Gentiana
praecox, Alectorolophus maior, Arnica montana ihre Blüten. Auf dem Plateau
sind eine Menge sumpfiger Stellen, an denen sich Sphagnum - Polster, ferner
Eriophoriim alpinum, E. vaginatum, Carex dioica, C. piilicaris, C. limosa, Drosera
rotundifolia, Pinguicola vulgaris, Viola palustris, Sedum villosimi finden. Im
vSchatten der auf den Wiesen zerstreuten Gebüsche wachsen Vacciniwn Vitis
Idaea, Rubus saxatilis, Pirola rotundifolia, Soldanella montana, Corydalis cava,
C. intermedia, Laserpitium latifolium und Archangelica officinalis.
Lößlandschaft bei Krems.
(Phot. E. Rein ho Id.)
Auf dem Plateau des Berges stehen Hafer- und Roggenfelder, außerdem
wird Weizen, Gerste, Mohn, Lein, Erdäpfel gebaut. Wenden wir uns dem
Tale der Donau in der Richtung Maria Laach und Aggstein zu, so finden wir in
den unteren Regionen Kulturen von Wein und Pfirsichen. Ausgedehnte Wein-
kultur wird in dem unteren Teile der Wachau getrieben, wo der leicht zu be-
arbeitende Löß die Abhänge bedeckt. Obensteheude Abbildung stellt eine mit
Weincultur bedeckte, staffelweise abfallende Lößlandschaft bei Krems dar.
Die Wachau ^) ist in pflanzengeographischer Hinsicht sehr interessant.
Nebst der vorwiegenden baltischen Flora ist eine nicht geringe Anzahl panno-
nischer Pflanzen (nach Beck 70 Arten) vertreten. Auf den sonnigen Südabhängen
haben sich Federgrasfluren (Stipa pcnnala, St. capillata) festgesetzt und in ihrer
^) G. V. Beclc, Die Wachau.
15
Begleitung Pflanzen, die wir oben erwähnt haben. Es fehlen auch nicht die für
das pontische Gebiet charakteristischen Eichen (Qiiercus lanugmosa und Qii.
cerris), dann die Zwergweichsel (Prunus Chamaecerasus), der Blasenstrauch (Co-
lutea arborescens) ; von Kräutern: Avenastrum pratense, Diplachne serotina, Bromus
squarrosus, Carex stenophylla, Silene Otites, Sisymbrium sinapistrum, Lepidhun
pcrfoliatum, Aristolochia Clematitis, Linum ßavum, Jurinea niollis u. a. Je mehr
wir uns Krems, am Ausgange der Wachau gelegen^ nähern, desto reichlicher
treten die pontischen Gewächse auf, wenn ihnen auch vielfach der Platz durch
Anlagen von Weinbergen streitig gemacht wird.
Inhaltsübersicht.
Seite
A) Allgemeine Schilderung des Gebietes i
1. Einleitung i
2. Orographisch-geologische Verluiltnis»e I
3. Hydrographische Verhältnisse 3
4. Klimatische Verhältnisse 4
5. Die Pflanzendecke Niederösterreichs 5
Pontische Flora 5
Baltische Flora 6
Alpine Flora 8
B) Reiseroute 12
Druck von ADOLF HOLZHAUSEN in Wien,
K. UND K. HOF- UND UNIVF.RSITÄTS-BUCHDRÜCKER.
Führer zu den wissenschaftlichen Exkursionen
des
II. internationalen botanischen Kongresses,
Wien 1905.
V.
EXKURSIONEN
in die
Umgebung Wiens.
a. Sandsteingebiet des Wienerwaldes.
Von Prof. Dr. Adolf Cieslar.
b. Kalkgebiet bei Mödling und die Brühl.
Von Dr. August von Hayek.
c. Donau-Auen bei Wien.
Von Dr. August Ginzberger.
Mit Tafel XXVI— XXXII.
Wien, 1905.
Im Selbstverlage des Organisations-Komitees,
Druck von Adolf Holzhausen in Wien.
Va.
Exkursion in das Sandstein^ebiet des Wienerw aldes
(Purkersdorf — Gablitz — Tullnerbach).
Von
Prof. Dr. A. Cieslar.
(Mit Tafel XXVI und XXVII.)
Der Wienervvald bildet die nördlichsten Ausläufer der österreichischen
Alpen. Von der Traisen im Westen, der Gülsen und dem Oberlaufe der 'l'rie-
sting im Süden begrenzt, streicht er mit seinen sanftgeformten Bergketten in
nordöstlicher Richtung bis an die Donau, welche seine hier steilen Abfälle von
Greifenstein bis Nußdorf bespült.
Die Sandsteinzone des Wienervvaldes, welche uns bei dieser Exkursion
allein interessiert, scheidet sich von dem südlich gelegenen Gebiete des Kalkes
in einer Linie, welche von Kaumberg und Altenmarkt a. d. Triesting in beinahe
geradem Zuge gegen Alland und weiter nach Kaltenleutgeben und Kalksburg
hinzieht. Vereinzelte Kalkinseln finden sich, aus dem Sandsteine hervortretend,
noch bis Hietzing und St. Veit a. d. Wien verstreut. Alles, was von der be-
schriebenen Grenzlinie nördlich, beziehungsweise nordwestlich liegt, gehört zur
Sandsteinzone des Wienerwaldes.
Die gut bewaldeten, sanft abfallenden Kuppen dieses Teiles des Wiener-
waldes nehmen von Süden gegen die Donau hin an Höhe ab. Der Gföhler-
berg mit 883 ;n und der Schöpfelrücken mit Sg3 in sind im Süden des Sandstein-
gebietes als die bedeutendsten Erhebungen zu nennen; weiter nördlich ist der
Troppberg bei Gablitz nur mehr 540 m, der Tulbingerkogel am Rande des
TuUnerfeldes nur mehr 495 ;n hoch.
Das Grundgestein, welchem der Boden seine Entstehung verdankt, ist
der Wiener Sandstein, ein Gebilde der Kreideformation. Der aus der Verwit-
terung des Sandsteines entstehende Boden ist je nach dem Grade der Sandbei-
Exkursionen in die Umgebung Wiens. I
mischung- ein mehr oder minder leichter und frischer Lehmboden; selten wird
er durch größeren Tongehalt zu ausgesprochen strengem Tonboden, ebenso
selten auch wieder zu ausgesprochenem Sandboden.
In hydrographischer Beziehung ist zu sagen, daß das Sandsteingebiet
des Wienervvaldes vom Wasserlaufe des Wienflusses in westöstlicher Richtung
durchzogen wird. Ein vSeitenbach der Wien, am nördlichen (linken) Ufer in
dieselbe mündend, die Gablitz, bildet das liebliche Tal, durch welches die Ex-
kursion, von Purkersdorf im Wientale beginnend, nach Norden gegen den
Troppberg führt, um auf dem Rückmarsche durch das anmutige Tal des
TuUnerbaches wieder zum Wienflusse zurückzustreben.
Das Klima des nördlichen Wienerwaldes ist ein mildes; die Jahrestem-
peratur beträgt in Wien 97°, am Kahlenberge bei Klosterneuburg 8*o°, in Maria-
brunn im Wientale 8*3°, in Mödling 9'4°. Die Jahresregenmenge von Wien wird
durch das Mittel von 595 nun, jene von Kalksburg durch eine Regenhöhe von
676 mm ausgedrückt.
Die Meereshühe des Sandsteingebietes des Wienerwaldes bewegt sich
zwischen den Koten von 200 m (Stadt Wien) und von Sg3 ni (Schöpfelrücken);
das Exkursionsgebiet liegt zwischen 240;)! (Purkersdorf) und 456 ;;; (Buch-
berg bei Purkersdorf).
Pflanzengeographisch gehört der Wienerwald zur mitteleuro-
päischen Flora, welche einen Teil der baltischen Flora bildet. Zahl-
reiche Elemente der pontischen (oder pannonischen) Flora, welche, aus der
Ebene Niederösterreichs kommend, bis an die Osthänge der Berge vordringen,
finden sich noch vereinzelt in unserem Gebiete. Es wäre da vornehmlich die
Zerreiche (Qiiercus Cerris) hervorzuheben, welche im Wienerwalde noch in den
Beständen um Gablitz nicht selten vorkommt.
Der Teil des Wienerwaldes, welcher von der Exkursion berührt wird,
gehört, wenn auch die in die Ebene des Wiener Beckens abfallenden Hänge
sowie die im vorderen, östlichen Teile gelegenen Berge zumal an ihren warmen
Südlehnen von ausgedehnten Eichenbeständen oder deren Resten bedeckt sind,
in seiner ganzen Ausdehnung der Formation der Rotbuche an. Den Eichen-
beständen ist in untergeordnetem Maße die Zerreiche beigemischt.
Schon aus dem Eisenbahncoupe kann man während der Fahrt von Hüttel-
dorf nach Purkersdorf beobachten, wie die rechtsliegenden sonnseitigen Hänge
beinahe ausnahmslos mit buchengemischten Eichenbestäuden bedeckt sind,
während die linker Hand sich hinziehenden kühleren Schattseiten mit geringen
Ausnahmen reine Buchenwälder tragen.
Die Bewaldungsverhältnisse des Wienerwaldes haben übrigens in den
vorderen, der Hauptstadt näherliegenden Teilen im Laufe der Jahrhunderte
einen Wandel in dem Sinne erfahren, daß die Eichenbestände, welche in frü-
heren Zeiten bedeutend mehr Terrain innehatten und vielfach auch die sanften
Nordlehnen bedeckten, durch die Eingriffe der Forstwirtschaft in Waldbestände
umgewandelt wurden, in welchen die früher nur mäßig beigemischt gewesene
Kotbuche nun vollends vorherrscht.
Den Huchenbeständen des Wienerwaldes sind an den Ost-, Süd-, Südost-
und vSüdwestlehnen mehr oder weniger Trauben-, Stiel- und Zerreiche bei-
gemischt; überdies finden sich beigesellt Carpinus Betulus, Prunus avium, Pirus
communis, Sorbus tormiualis und Aucuparia, Acer platanoides, Pseudoplatanus und
campestre, Ulmus aimpcstris, Fraxinus excelsior, Salix Capraea, die Fiirke und
eine Reihe von Sträuchern, darunter auch zerstreut Staphylaea pinnata.
Die Buche des Wienerwaldes bildet auf den besseren Standorten außer-
ordentlich schöne und massenreiche Bestände von oft herrlicher Stammausfor-
mung und bedeutender Stammhöhe. In der Umgebung von Gablitz und Preß-
baum gibt es Buchenorte, welche bei loo — i2ojährigem Alter pro Hektar bis
gzsßn^ Holz tragen. Tafel XXVII führt das Bild eines wüchsigen Wienerwald-
Buchenbestandes vor.
Es würde wohl zu weit gehen, wollte man hier die Florenelemente der
Buchenbestände des Wienerwaldes besonders anführen; ein typisches Glied,
selbst im schattigsten Walde vorkommend, ist Dentaria bulbifera.
Ein zweiter Typus von Waldbeständen, der sich der Formation der Buche
angliedert und diese oft in weiten Strecken unterbricht, sind die Bestände der
Weißtanne (Abies alba). Im vorderen Teile des Wienerwaldes fehlt dieser
Typus beinahe gänzlich, um erst bei Purkersdorf und TuUnerbach zu beginnen.
Die Tanne findet sich von da an gegen Westen zu entweder in reinem Bestände
oder mit der Buche gemischt. Das Bild auf Tafel XXVI stellt einen Buchen-
lichtschlag mit natürlichem Tannenunterwuchs dar (Gegend von Preßbaum).
Die Fichte (Picea excelsa) und die Lärche (Larix decidua) fehlen dem
nördlichen Wienerwalde als autochthone Holzarten; wo man ihnen begegnet,
sind sie durch die Hand des Forstmannes eingeführt.
Die Exkursion geht mit der Bahn bis zur Haltestelle Purkersdorf-Keller-
wiese, von welcher aus der Marsch auf der Gablitzer Straße angetreten wird.
Vor der Brücke über den Gablitzbach wird die vStraße verlassen und die Route
zieht über Wiesengründe am rechten Gablitzufer bis zu dem auf die Hochram-
alpe abzweigenden Waldwege; hier beginnt der bequeme Anstieg durch einen
in geringem Maße mit Eichen gemischten Buchenaltbestand (rote Wegmarke).
Der Waldboden ist leicht begrünt (Flora des Buchenwaldes); ortweise an lich-
teren Stellen natürlicher Buchenunterwuchs. Wir durchwandern hier einen
typischen Wienerwald-Buchenbestand von freilich nur geringerer Qualität. Dies
Waldbild begleitet uns ungefähr eine halbe Stunde; dann nähert sich der Weg
einem linker Hand liegenden Buchenjungwuchse, welcher mit einigen alten
Eichen durchstellt ist. Bald öffnet sich rechts der Ausblick über eine Wald-
wiese in das liebliche Gablitztal und auf die gegenüberliegenden waldreichen
Berghänge. Es wäre Gelegenheit, die Flora der Wienerwaldwiesen an dieser
Stelle zu studieren.
1*
Die Gastwirtschaft Hochramalpe rechts lassend, wendet sich die Exkur-
sionstour, dem Wege mit der roten Marke folgend, in einem spitzen Winkel
scharf nach links, in einem jüngeren dichten Buchenbestande aufwärts führend.
Die Eiche fehlt hier bereits vollends (450 m Seehöhe). Bald ist die Hohe des
Bergrückens erreicht und nun geht es beinahe eben zwischen Buchenbeständen
in nördlicher Richtung weiter: links dehnen sich schöne Buchenalthölzer mit
mild begrüntem Boden aus, rechts begleiten uns Buchenjungwüchse, stellen-
weise mit künstlich angebauten Lärchen durchstellt. Diesen Weg am Rücken
des Buchberges benützen wir etwa eine Viertelstunde lang, die Troppbergwarte
beinahe immer vor Augen.
Im Waldorte Loimanshagen angelangt, betritt die Exkursion eine Ver-
suchsfläche der k. k. forstlichen Versuchsanstalt. Diese Versuchsfläche enthält
eine Anzahl von Studienobjekten über den Einfluß der Samenprovenienz bei der
Fichte (Picea excelsa), ferner Anbauversuche mit mehreren fremdländischen
Holzarten (Prunus serotina, Acer saccharimnn, Quercus rubra, Thuja gioantea,
Abies sibirica, Picea pungens und P. Engehnanni, Larix leptolepis und Pseudotsuga
Douglasii).
Der Versuch in betreff des Einflusses der Samenprovenienz bei der Fichte
umfasst nachfoltrende Unterabteilungen:
Nr.
Provenienz des Saatgutes
Meereshöhe
des Ernle-
standortes
Durch-
schuittlich-
jährlicher
Höhen-
zuwachs
des Mutter-
baumes
Mittlere
Pfianzeu-
liöhe im
Herbste 1904
147
90
i'5o
148
iSg
141
144
i37
i36
74
77
78
ii3
116
119
65
Edling bei Wolfsberg, Kärnten . .
Cavalese in Südtirol
Piesendorf bei Zell am See . . . .
» » » » » . . . .
St. Andrä in Kärnten (Koralpe) .
» » » » » .
» » » » »
Treibach in Unterkärnten . . . .
» » » . . . .
Achental in Nordtirol
» » »
» » »
Radstadt
Höllengebirge in Überösterreicli .
» » »
Altvaterstock in Österr.-Schlesien
P'innland
460
IIOO
1400
1750
1650
1625
1420
goo
900
900
i3oo
1600
1500
i38o
i38o
860
35
24
14
15
18
25
28
29
3i
28
26
21
6-4
6-6
1917
190-5
i45*8
ii3'4
67-4
93-8
118-9
135-2
i3i-3
124-0
125-5
107-8
121 -2
Sr6
50-3
159*4
77-0
Die Fichtenbäumchen stehen im zehnten Lebensjahre.
Im Waldorte Loimanshagen, welcher zum Teile mit Buchenverjüngungen
bedeckt ist, bietet sich Gelegenheit, jene Flora zu studieren, welche sich nach
dem Abhiebe des Holzes auf den Schlägen des Wienerwaldes ansiedelt.
So lohnend es gewesen wäre, die Tour über den Troppberggipfel zu
führen, mußte dieser Plan der Kürze der verfügbaren Zeit wegen aufgegeben
werden. Von Loimanshagen geht die Exkursion nun beinahe stets über offene
weite Ausblicke gewährende Wiesen in sanftem Abstiege in dasTal desTullner-
baches. Die rechtsseitigen Einhänge dieses Tales sind auf großen Flächen mit
reinen Weißtannenbeständen bedeckt; nur stellenweise findet sich die Tanne
auch auf dem linken Ufer vor.
Auf schonen Promenadewegen, zum Teile durch künstlich begründete
Fichtenwälder, welche in dem guten frischen Boden und dem milden Klima des
Wienerwaldes einen überaus üppigen Wuchs zeigen, aber Holz von nur min-
derer Qualität erzeugen, bewegt sich die Exkursionsroute im Talboden entlang
des Tullnerbaches zum Wientale zurück, welches bei der Haltestelle Unter-
Tullnerbach erreicht wird. Hier wird — nach etwa vierstündigem Marsche
— die Bahn zur Rückfahrt nach Wien bestiegen.
Vb.
Exkursion in das Kalkgebiet bei Mödling
und in die Brlilil.
Von
Dr. August von Hayek.
(Mit Tafel XXXI und XXXII.)
Zwischen den Schneeberg und den eigentlichen, aus Sandstein auf-
gebauten Wienerwald schiebt sich eine Berggruppe ein, welche die Geologen
und Geograplien als Thennengruppe bezeichnen, weil an ihrem Fuße eine Reihe
teils indifferenter, teils schwefelhaltiger warmer Quellen entspringt. Es hat
dies seinen Grund darin, daß hier einstmals eine mächtige Erdscholle einge-
sunken ist, wodurch die Ebene des Wiener Beckens sich bildete, welche noch
in der Tertiärzeit von einem Meeresbecken erfüllt war, und bekanntlich treten
ja warme Quellen sehr häufig an solchen Bruchlinien zutage.
Zahlreiche von Westen nach Osten verlaufende Täler lösen die Thermen-
gruppe in einzelne Gebirgsstöcke auf. So liegt zwischen dem Sirningtale und
dem Frauenbache der Gösing, nördlich von diesem die Dürre und die Hohe
Wand, welche wieder das Piestingtal von der Gruppe des Kieneck, Hocheck und
der Hohen Mandling scheidet. Das Triestingtal bildet die Grenze zwischen
diesen Bergen und dem Hohen Lindkogel bei Baden und nördlich von diesem
erhebt sich zwischen Schwechat und Mödlingbach der Anninger mit dem süd-
lich vorgelagerten Badener Berge und dem Eichkogel; der Mödlingbach endlich
scheidet die Gruppe des Anninger von der letzten zur Thermenkette gehörigen
Bergkette, dem Gaisberge bei Perchtoldsdorf. Die Berge nehmen im allgemeinen
von Norden nach Süden zu an Höhe allmählich zu. Während der Placklesberg,
der höchste Gipfel der Hohen Wand, ii5^m, das Kieneck 1x07 ni, das Hocheck
io36 ;n mißt, erreicht das Eiserne Tor, der höchste Punkt des Badener Lind-
kogels, nur mehr 847 in, der Hohe Anninger 674 ;h, während der Höllenstein
und der Hintere Föhrenkogel, die höchsten Erhebungen des Gaisberges, nur
mehr 645, beziehungsweise 575 m Höhe haben.
Die geologischen Verhältnisse des ganzen Gebietes sind äußerst kompli-
zierte^); der Hauptsache nach bestehen aber diese Berge vorwiegend aus Kalk-
steinen, hauptsächlich der l'ertiärperiode, daneben treten aber auch stellenweise
Werfener Schiefer und insbesondere tertiäre Ablagerungen^ letztere hauptsäch-
lich an den östlichen Gehängen auf.
In pflanzengeographischer Beziehung gehören die Berge der Thermen-
gruppe zwei F'lorengebieten an, dem pontischen und dem mitteleuropäischen. 2)
Während die der pontischen Flora zugehörigen Formationen vorzüglich die
Ebene und die tieferen Regionen, besonders an der Ostseite einnehmen, gehören
die Berg- und Voralpenregion der mitteleuropäischen Flora an. Die typische
Voralpenflora findet innerhalb der Thermengruppe ihre Nordgrenze im Triesting-
tale und es sollen die südlich von dieser Grenzlinie gelegenen Anteile hier nicht
mehr weiter in Betracht gezogen werden.
Die Ausbreitung der pontischen Flora ist in den das Wiener Becken west-
lich begrenzenden Bergen vor allem durch ein Kulturgewächs gekennzeichnet,
den Weinstock, welcher bekanntlich im eigentlichen mitteleuropäischen P'loren-
gebiete nicht mehr recht gedeiht und nur dort in größerem Maßstabe gebaut
wird, wo atlantische, mediterrane oder pontische Einflüsse sich geltend machen.
An den Bergen der Thermengruppe gleichwie des Wienerwaldes ziehen sich
überall längs des Ostfußes ausgedehnte Weingärten hin, welche die besten
Sorten der Österreicher Weine liefern.
Dort, wo jetzt diese Weingärten stehen, hat sich ehemals wohl fast überall
jene eigentümliche Steppenformation ausgebreitet, die man auch jetzt noch viel-
fach am Ostfuße der Berge der Thermengruppe findet. Von den mitteleuro-
päischen Wiesen unterscheiden sich die Federgrassteppen neben der Zusammen-
setzung aus größtenteils der pontischen Flora zugehörigen Gewächsen durch
die kurze Vegetationsperiode; im Frühjahre von zahlreichen blühenden Pflanzen
geziert, sind sie im Juni, Juli schon fast gänzlich trocken und dürr und werden
darum auch nur selten gemäht. Die Gräser, die diese Steppen zusammensetzen,
sind vor allem Andropogon ischaemum L., Stipa Joannis Cel., Koeleria gracilis
Pers., Avenastriim pratense (L.) Jess., Festuca sulcata Hack.; von sonstigen
charakteristischen Elementen derselben seien genannt: Iris puiuila L., Ophrj^s
fucißora Rb. und arani/era Huds., Silene otites L., Anemone grandis (Wend.)
^) Näheres darüber in folgenden Arbeiten: Th. Fuchs, Erläuterungen zur geo-
logischen Karte der Umgebung von "Wien (Wien 1873); A. Bittner, Die geologischen
Verhältnisse von Hernstein in Niederösterreich (Wien 1884); Toula, Übersicht über
den geologischen Aufbau der Ostalpen und die Wienerbucht im Jahrbuche des Öster-
reichischen Touristenklub 1879 und 1880.
^) Näheres über die hochinteressanten pflanzengeographischen Verhältnisse dieses
Gebietes bei Neilreich, Flora von Wien (Wien 1847) und Flora von Niederösterreich
(Wien 1859), insbesondere aber bei Beck, Flora von Niederösterreich (Wien 18QO — 1893);
die Verhältnisse des südlichen Anteiles der Thermengruppe sind sehr eingehend in Beck,
Flora von Hernstein (1884) besprochen.
Kern, und nigricans (Störck) Fritsch, Erysimum canescens Roth, Viola ambigua
W. K., Linum tenidfoliwn L., Dictamnus albus L., Polygala maior Jacq., Trinia
glaiica (L.) Dum., Seseli hippomarathnim L., Astragalus Austriacus Jacq., Oxy-
tropis pilosa L., Nonnea piilla (L.) D. C, Thymus lanuginosus Mill., Linaria
genistifolia (L.) Mill., Campanula Sibiricah,., Inula ensifolia L., /. hirta L., Scor-
^onera Austriaca Jacq., S. hispanica L. Vgl. Tafel XXXII, Fig. 2.
Neben diesen Steppen findet man an den Ostabhängen der Wiener Kalk-
berge nicht selten eine eigentümliche Buschformation, die Formation der Zwerg-
weichsel, in welcher sich neben weit verbreiteten mitteleuropäischen Sträuchern,
wie Corylus avellana L., Prunus spinosa L., Crataegus monogyna Jacq. und
oxyacantha L., Evonynius vulgaris Scop., Viburnum opulus L. und lantaua L.
und verschiedenen Rosen auch, oft in großer Menge, pontische Elemente sich
finden, nämlich Qiiercus lanuginosa Lam., Prunus pumila L., P. cerasus L., P.
mahaleb L., Colutea arborescens L. und Evonymus verrucosus Scop. Besonders
schön findet man diese Formation an den Abhängen oberhalb Gumpoldskirchen
ausgebildet. Erwähnt sei, daß neben den genannten Sträuchern in der Gegend
von Baden und Vüslau sich auch der Perückenstrauch {Cotinus coggygria Scop.)
in wildem Zustande findet.
Auch an der Bildung der Wälder der Wiener Kalkberge nehmen pannonische
Florenelemente großen Anteil. Zwar fehlen dort die auf den tertiären Hügeln
östlich von Wien häufigen pontischen Eichenwälder, hingegen ist die Schwarz-
führe {Pinus nigra Arn.) der vielleicht wichtigste Waldbaum des Gebietes. Sind
diese Schwarzföhrenwälder auch weit verbreitet, so bei Perchtoldsdorf, Baden,
Vüslau und insbesondere in der Umgebung von Gutenstein, so ist doch kein
Gebiet geeigneter zu ihrem Studium als die Umgebung von Mödling, besonders
das Tal der Brühl und die dasselbe begrenzenden Berghänge. Besonders im Früh-
ling, wenn die Buchen ihre Blätter entfalten, kann man weithin die Grenzen des
pontischen Schwarzföhrenwaldes gegen den mitteleuropäischen Buchenwald ver-
folgen, welch letzterer sich mit seinem hellen duftigen Grün scharf von den
schwarzgrünen Pm»5- Beständen abhebt. (Vgl. Tafel XXXII, Fig. i.) Die
Schwarzföhre bildet vielfach sehr dichte geschlossene Wälder, ist aber sehr
genügsam ^) und besiedelt auch felsige Hänge, wo sich dann die für die Möd-
linger Klause (dem Eingang in die Brühl) charakteristischen Wälder bilden, in
denen die Bäume ihre charakteristischen schirmförmigen Kronen ausbreiten
können. (Vgl. Tafel XXXI, Fig. i und 2.) Das Unterholz der Schwarzföhren-
wälder ist stets sehr spärlich oder fehlt vollkommen; am häufigsten findet man
noch Evonymus verrucosus Scop., Coronilla emerus L. und vereinzelte Rosen
und Brombeeren. Im Niederwuchs sind merkwürdigerweise Vertreter der pon-
tischen Flora spärlich vertreten; erwähnenswert ist besonders ^rfo;?w vei-nalisL..,
') So wurde die Schwarzföhre mit Erfolg zur Aufforstung des Wiener-Neustiidter
«Steinfeldes» verwendet.
Viola sciaphila Jord, und Primula pannonica Kern., die Hauptmasse desselben
bildet stets Sesleria varia (Jacq.) Wettst,, der sich eine Reihe mitteleuropäischer,
ja selbst subalpiner Gewächse beigesellen, wie Thlaspi montanum L., Cyclamen
Europaeum L., Polygala chamaebiixus L., Viola collina Ress., Melica mitans L.,
M. ciliata L., Arabis turrita L. u. a.
Eine besonders im Frühling farbenprächtige Vegetation zeigen die felsigen
Hänge der Brühl, auch des Eichkogels bei Mödling und anderer felsiger Partien
der Wiener Kalkberge. In Menge blühen da Potentilla incana G. M. Seh. und
Alyssiini montanum L., Arabis Iiispida Myg., Anemone grandis Kern, und A.
nigricans Fritsch, Hutchinsia petraea R. Br., Trinia glauca (L.) Dum., DiantJiiis
plumariusL,., Polygala amaral^., Globularia cordifoliah,., in Felsspalten wachsen
Festiica pallens Host und Poa badensis Hänke, während im Hochsommer vor-
wiegend Umbelliferen, wie Seseli Austriacum (Beck) Wohlf. und S. hippoma-
rathrum L., ferner Stacliys recta L., Scahiosa ochroleuca L. und Allium flaviim L.
ihre Blüten entfalten. Von Sträuchern ist als besonders charakteristisch Ame-
lanchier ovalis Med. zu nennen, daneben natürlich die weit verbreiteten Evony-
mus-, Crataegus- und Viburnum-Arten. Wie man sieht, stellt diese Flora ein eigen-
tümliches Gemisch dar, in welchem pontische Elemente vorherrschen, wo aber
auch typisch subalpine Pflanzen sich finden, von denen manche, wie Primula
auricula L. (in den Felsen der Klausen, jetzt fast ausgerottet) und Erica carnea L.
im Tale der Brühl ihre Nordgrenze erreichen. ^) Auch anderwärts finden sich
innerhalb dieses Gebietes vereinzelte Voralpenpflanzen als offenbare Relikte
aus der Eiszeit, so bei Baden Aetliionema saxatile (L.) R. Br., Moehringia mus-
cosa L. und Valeriana tripteris L., und bei Gießhübel in kaum 500 m Meeres-
höhe Draba Beckeri Kern, und Saxifraga ai^oon Jacq.
Hat man im Gebiete der Wiener Kalkberge die Grenze der pontischen
Flora überschritten, so betritt man die bekannten mitteleuropäischen Buchen-
wälder mit ihrem dichten schattigen Laubdach, dem von reichlichem abgefallenen
Laub bedeckten Boden und ihrem spärlichen Niederwuchs, dazwischen dem
stellenweise in großer Menge auftretenden Allium ursinum L., der Dentaria
enneaphyllos L. etc., abwechselnd mit kleinen Eichenbeständen und üppigen
Wiesen.
Auf nachfolgend skizziertem kurzen Ausfluge kann man diesen inter-
essanten Wechsel der F'ormationen besonders schön beobachten. Man fahre
von der Südbahnstation Mödling mit der elektrischen Bahn bis zur Station
V^orderbrühl. Auf dieser Fahrt sieht man beiderseits die lockeren felsigen
Wälder von Pinus nigra Arn., deren schirmförmige Kronen ein ganz fremd-
artiges Vegetationsblild bieten. In Vorderbrühl angelangt, statte man den
rechter Hand gelegenen Felspartien einen kurzen Besuch ab, wo man in kurzer
') Der nördlichste Standort der Erica carnea L. im Gebiete der Wiener Flora
liegt im Kicntale, einem südlichen Seitcn<?ralien der Brühl.
Zeit die charakteristischen Vertreter dieser pontischen F'elsenflora sammeln
kann. Dann wende man sich links und umgehe die große Meiereiwiese, eine
große, im Herbst als Viehweide dienende Kunstwiese linksseitig, und wandere
auf d(;m schonen Promenadewege bis zur «breiten Föhre», einem prächtigen,
uralten, wohl über i jh Stammdurchmesser haltenden Exemplare von Pinus
nigra Arn. Fortwährend führt der Weg durch Schwarzföhrenwälder, die gerade
hier ihre schönste Entwicklung zeigen, und gar manches interessante pontische
Gewächs erfreut dem Sammler. Verfolgt man den Weg von der «breiten Föhre»
weiter gegen die Meierei Richardshof zu, ändert sich plötzlich das Bild, man
überschreitet die Grenze des pontischen Florengebietes und durch Eichen- und
Buchenbestände von ausgesprochen mitteleuropäischem Gepräge gelangt man
zum Meierhof. Leicht ist von dort aus in einer halben Stunde der Eichkogel
zu erreichen, der sowohl geologisch als botanisch einen der interessantesten
Punkte der Umgebung Wiens darstellt. Am Wege dahin findet man stellen-
weise die Strauchformation der Zvvergweichsel schön entwickelt; auf den Hängen
des Eichkogels selbst sind pontische Grassteppen in schönster Reinheit erhalten
und an wenigen Punkten kann man so wie hier in einem kleinen Umkreise fast
alle charakteristischen und seltenen Pflanzenarten dieser Formation beisammen
finden wie gerade hier. Massenhaft blüht im Frühling Iris pumila L., Anemone
grandis (Wend.) Kern, und A. nigricans (Störck) Fritsch, Arabis auriculata Läm.,
Myosotis striata Lk., Viola ambigna W. K. etc., während im Juni der prächtige
Dictamnus albus L. sich in Menge findet, daneben Polygala maior Jacq., Linum
flavinn L. und L. tenuifoliinn L., Iniila ensifolia L., hirta L., Oculus Christi L.
und Germanica L., Campanula Sibirica L., Ophrys-h.rl^x\ und andere Orchideen,
Oxytropis pilosa ü. C. und viele andere.
Vc.
Exkursion in die Donau -Auen unterhalb Wiens.
Von
Dr. August Ginzberger.
(Mit Tafel XXVIII— XXX).
Unterhalb Wiens uder, wie wir nach der neuesten Stadtcrweiteriing rich-
tiger sagen müssen, im XXI. Bezirke von Wien erstreckt sich am linken Ufer
der Donau ein ausgedehntes Auengebiet. Der nordwestlichste Teil desselben
heißt die «Lobau», der südöstlichste das «Rohrwerd». Diese Auen reichen
weit hinein in die Tiefebene des Marchfeldes und sind von dem Ackerlande meist
durch Donauarme getrennt; die rechtsufrigen Auen bilden einen viel schmäleren
Streifen, weil sie nach Süden zu an dem nahe an den Strom herantretenden
steilen Abfall des Hügellandes südlich der Donau eine unüberschreitbare Grenze
finden.
Die linksufrigen Auen sind noch heute in einem relativ ursprünglichen
Zustande. Freilich hat sich vieles geändert, seitdem durch die Regulierung der
Donau die über weite Strecken des angrenzenden Landes sich erstreckenden
Überschwemmungen aufgehört haben oder — richtiger gesagt — auf je einen
schmalen, landwärts durch einen hohen Damm begrenzten Streifen zu beiden
vSeiten des Stromes beschränkt worden sind. Die Ablagerung neuen Materials
in den Auen hat fast aufgehört, die Verteilung von Land und Wasser ist zu
einem gewissen Abschlüsse gelangt, die Vegetation in dem viel trockeneren
Boden ist lange nicht mehr so üppig wie ehedem, obwohl manche Pflanze, so
z. B. Parietaria ofßcinalis, auch jetzt noch oft weithin in dichtem Schlüsse den
Grund der Waldungen überzieht, und zwar meist mit Ausschluß fast jeder
anderen Pflanze. ^) Insbesondere verwischt sich durch diese Neugestaltung der
^) Vgl. Tafel XXIX.
H
Dinge immer mehr und mehr der Unterschied zwischen den sogenannten «harten
Auen» und den «Haufen».')
Die harten Auen haben ihren Namen davon, daß in ihnen gegenüber
den weichen Holzarten, namentlich den Weiden, die hartholzigen Bäume und
Sträucher (Ulmiis glabra und pedimcidata, Acer campestre, Prunus Padus, Pirus
communis, Crataegus monooyna) eine größere Rolle spielen; neben ihnen
kommen freilich auch weichholzige Bäume, so Populus alba und nigra, vor. Eine
derartige harte Au ist die Lob au, die durch sehr wechselnde Landschaftsbilder
ausgezeichnet ist: außer dichten Geholzen findet man weite Wiesenflächen mit
einzeln oder in Gruppen stehenden Bäumen,-) meist Populus nigra^) und alba
und Ulmus -Kvt^n, darunter wahre Prachtexemplare. Auch Pirus communis und
Salix alba^) kommen in den Wiener Donau-Auen in sehr schönen Exemplaren
vor. Außerdem findet man in den harten Auen «als Reste des einstigen Eichen-
mischwaldes, der infolge der herrschenden Niederwaldwirtschaft durch rasch-
wüchsiges Auholz verdrängt worden ist», '^) oft sehr schöne Exemplare von
Quercus Robur und Carpimis Betulus. Alles in allem stellen die harten Auen
ein späteres Glied der Entwicklung der Gehölze der Donauufergebiete dar.
Die Haufen hingegen, welche sich zwischen den mehr landeinwärts
liegenden harten Auen und den Strom selbst einschieben, sind geologisch jün-
geren Datums. Sie sind reichlich von — jetzt vom Hauptstrome durch den
Damm getrennten — Wasserarmen durchzogen; sie stellen also meist Inseln
dar, während die harten Auen zwar öfter, aber keineswegs immer, landwärts
durch einen Wasserarm begrenzt sind. In ihrer Gehölzvegetation spielen die
weichen Hölzer (Populus alba, nigra; Salix purpurea, alba, incana, viminalis,
triandra, fragilis; Alnus incana, seltener glutinosa) die Hauptrolle. Harte Hölzer
mengen sich erst in neuerer Zeit ein, und dies ist eines der Momente, in denen
die oben erwähnte Verwischung des Unterschiedes zwischen harten Auen und
Haufen liegt. ^)
Übrigens ist in den Wiener Donau-Auen auch Gelegenheit, die 'ersten
Besiedler vegetationsarmer Schütteranhäufungen kennen zu lernen. Von niedri-
o-en Pflanzen fallen hier insbesondere Selaginella Helvetica und im Frühjahre
Draba venia und Saxifraga tridactylites auf; unter den Sträuchern sind außer
einigen Weidenarten insbesondere zwei habituell sehr auffallende Gewächse,
nämlich der Sanddorn (Hippopliae rhamnoides) und die deutsche Tama-
riske (Myricaria Germanica) erwähnenswert. Beider Vorkommen in den Donau-
^^ Diese beiden Ausdrücke sind der Volkssprache entnommen; sie mögen, da die
eventuell dafür einzuführenden Worte «Festlands»- und «Inselauen» lange nicht so bezeich-
nend sind, hier beibehalten werden.
2) Vgl. Tafel XXVIII.
•») Vgl. Tafel XXX.
'*) Beck, Flora von Niederösterreich, AUgem. Teil, S. 51 u. 54.
5) Mittelung des Herrn k. u. k. Jagdverwalters Seipt in Aspern bei Wien.
15
Auen ist pflanzengeographisch nicht uninteressant; denn beide sind typisciie
Bewohner der Kiesanschvvemmungen der Flüsse und Bäche in den Alpen und
befinden sich hier nahe der Ostgrenze ihres Verbreitungsgebietes; die Aus-
bildung der Früchte des einen als Beeren, das Auftreten eines Haarschopfes
an den Samen der anderen läßt die Ausbreitung über weite Strecken und die
Ansiedlung auf Neuland begreiflicli erscheinen.
Übrigens gehört auch die oben erwähnte Salix incaiia zu den Bewohnern
der Ufer der Alpengewässer.
Eine — wenigstens in den weiteren Umgebungen Wiens — einzig da-
stehende Sehenswürdigkeit sind aber diejenigen Gehölzpartien, in denen die
beiden Lianen der Donau-Auen, dieWaldrebe (ClematisVitalba) und die wilde
Weinrebe (Vitis silvestris) die Oberhand gewinnen. Da ergeben sich, wie
Tafel XXIX zeigt, ■') oft Bilder, die einigermaßen an solche aus den Tropen-
wäldern gemahnen. Die Stämme der beiden Lianen, beide durch Faserborke
ausgezeichnet, die bei Clematis hellgrau, bei Vitis fast schwarz gefärbt ist, er-
reichen beträchtliche Dicke und sind oft in den seltsamsten Schlingen und Win-
dungen hin- und hergebogen. Vitis silvestris ist in den Donau-Auen gewiß
wirklich wild, hat zweihäusige Blüten und kleine, saure, blauschwarze F'rüchte.
Die Lobau und die weiter unterhalb liegenden Auen sind als Jagdrevier
Sitz eines reichen und teilweise noch recht ursprünglichen Tierlebens. Gehegt
werden namentlich zahlreiche Edelhirsche; wild findet man nebst mancherlei
anderem Wassergeflügel den Fischreiher (Ardea cinerea) und den Kormoran
(Phalacrocorax carbo), und zwar existiert von beiden Tieren eine ganze Kolonie
von Horsten.
So hat ein Besuch der Wiener Donau- Auen, der Personen mit wissen-
schaftlichen Interessen seitens des k. und k. Oberstjägermeister-Amtes in
Wien gerne gestattet wird, sowohl für den Zoologen als auch tür den [Botaniker
hohes Interesse.
^) Diese Stelle befindet sich beim sogenannten Kleeacker nächst der «Hauswiese»
in der Lobau.
Führer zu den wissenschaftliclieii Exkursionen
des
IL internationalen botanischen Kongresses,
Wien 1905.
VI.
EXKURSION
auf den
Wiener Sclineeberg.
Von
Dr. August von Hayek.
Mit 1 Titelbilde und 1 Textabbildung.
Wien, 1905.
Im Selbstverläge des Organisations-Komitees.
Druck von Adolf Holzhausen in Wien.
VI.
Exkursion auf den Wiener Sclineeberg.
Von
Dr. August von Hayek.
(^Mit I Titelbilde und i Textabbildung.)
A. Geographische und geologische Verhältnisse. ^)
Der Schneeberg, der höchste Berg Niederösterreichs und zugleich der
östlichste Hochgipfel der nördlichen Kalkalpen, stellt einen massigen Gebirgs-
stock dar, der, vom Tale der Schwarza und vom Puchberger Tale begrenzt,
einen Teil der Schneeberggruppe der österreichischen Kalkalpen, zu welcher
Gruppe außerdem noch Rax- und Schneealpe, Gippel und Göller gehören, bildet.
Gleich den meisten Bergen in den nordöstlichen Kalkalpen ist auch der Schnee-
berg von vorwiegend plateauartigem Charakter und durch mehr oder weniger
tiefe Einschnitte und Schluchten in verschiedene Vorberge und den Haupt-
stock geschieden. Der Hauptstock selbst, der Hochschneeberg, stellt ein
weites Hochplateau von einer durchschnittlichen Höhe von 1800 m, den «Och-
senboden», dar, welchen die drei höchsten Gipfel, das Klosterwappen (2075 m),
der Kaiserstein (2061 m) und der Waxriegel (1884 m) überragen. Nordwestlich
an dasselbe schließt sich das mit steilen Wänden nach Süden abstürzende
Hochplateau des Kuhschneeberges, das durchschnittlich 1400 — 1500 »z Höhe er-
reicht. Vom Hochschneeberg durch den Krummbachgraben geschieden, erhebt
sich der Feuchter, an welchen sich, durch den tiefen Einschnitt der «Eng» ge-
trennt, der Gahns anschließt. Als nordöstlicher Vorberg des Schneeberges ist
der 1419 m hohe Hengst zu nennen.
^) Ausführlicheres bei Bittner, Die geologischen Verhältnisse von Hernstein in
Niederösterreich, Wien 1884.
Exkursion auf den Wiener Schneeberg. I
In geologischer Beziehung ist der Schneeberg fast durchwegs aus Kal-
ken der Triasformation aufgebaut, nur an den Hängen des Gahns gegen
Gloggnitz zu finden sich auch paläozoische Schiefer. Die Flora der Gruppe
zeigt daher auch durchwegs den Charakter der F'lora der Kalkvoralpen und
Kalkalpen.
Schon lange durch die Bemühungen zahlreicher touristischer Vereine,
besonders des «Österreichischen Touristenclub», von allen Seiten leicht zu-
gänglich gemacht, ist die Erreichung desselben durch die vor wenigen Jahren
eröffnete Schneebergbahn, die bis in eine Höhe von 1800 ni führt, nunmehr
jedem möglich gemacht, üie verschiedenen Anstiegsrouten zu schildern, ist
Sache der touristischen Literatur^) und soll hier nur kurz jener Gebiete ge-
dacht werden, deren Besuch für den Botaniker besonders lohnend ist.
Der mit der Bahn beim Schneeberghotel Ankommende tut gut, die Wan-
derung über das Plateau des Ochsenbodens anzutreten, wo, besonders etwas
abseits vom Wege, die Alpenflora sich in reichster Entwicklung zeigt, und die
beiden höchsten Gipfel oder mindestens den etwas niedrigeren, nördlicheren,
den Kaiserstein, zu ersteigen. Auch der ganz nahe neben dem Hotel sich er-
hebende Waxriegel ist ziemlich lohnend. Ein Abstieg zu P"uß ist natürlich der
Rückfahrt per Bahn bei weitem vorzuziehen; man nehme den Abstieg vom
Plateau zum alten Baumgartnerhause, vor Eröffnung des Hotels dem einzigen
Alpengasthause, nahe der Waldgrenze. Für den Schwindelfreien ist der sowohl
botanisch als landschaftlich interessantere Emmysteig vorzuziehen, der gänz-
lich Ungeübte aber möge den alten (grün markierten) Serpentinenweg wählen.
Vom Baumgartnerhause aus ist über den rot markierten südlichen Grafen-
steig der zwischen Heu- und Kuhplagge sich hinaufziehende, botanisch
hochinteressante, aber schwierig zu durchkletternde Saugraben leicht in einer
Stunde zu erreichen, doch ist Ungeübten vom Besuch desselben abzuraten.
Vom Baumgartnerhause aus stehen drei Wege zum Abstiege offen: landschaft-
lich schöner sind der durch den Krummbachgraben nach Kaiserbrunn und
durch die Eng nach Reichenau; für den Botaniker weitaus lohnender ist aber
der über den Gahns, wo nicht nur an der «Alpelleiten» die Voralpenvege-
tation besonders üppig entwickelt ist, sondern auch die prächtige Große Bo-
denwiese, eine der schönsten Voralpenwiesen, betreten wird.
Nicht uninteressant ist auch ein Besuch des von Botanikern und Tou-
risten wenig betretenen, ziemlich abgelegenen Kuhschneeberges, während der
Weg über den Hengst, an dessen Ostgehänge die Schneebergbahn führt, wenig-
Interessantes bietet, das Betreten des pflanzenreichen Feuchter aber aus Jagd-
rücksichten verboten ist.
^) Für den Schneeberg seien besonders erwähnt: Benesch, Spezialfiihrer auf den
Schneeberg, Wien 1897, und Ronniger, Försters Touristenführer in Wiens Um-
gebungen, i3. Auflage, AVien 1905.
B. Pflanzengeographische Verhältnisse. ^
I. Die Berg" und Voralpcnregion.
In den niederösterreichischen Alpen kann man, da auch die Täler schon
über der Region der Ebene liegen, vier Regionen unterscheiden: die Berg-
region, die Voralpenregion, die Krummholzregion und die Hochalpenregion.
5 Bs^ Kr H
Der Schneeberg, vom Kloben der Raxalpe aus gesehen, mit seinen schematisch
eingezeichneten Regionen.^)
Hinweise: A Alpengipfel {2075 ;?!) ; AI Alpel (1600 ?7z) ; B Bocksgrube; ßg- Baumgartnerhaus (1390 »;);
G Gahns; H Hengst (1419 w); K Plateau des Kuhschneeberges; Kn Krummbachstein (1580 m);
Kr Krummbachgraben; L Lahngraben; O Ochsenboden; 5 Saugraben; VF Weichtal; Wx Waxriegel
(1884 ni).
Die Bergregion, welche einen Höhengürtel von etwa 250 — 700 m umfaßt,
ist im Schneeberggebiete besonders charakterisiert durch das Auftreten ge-
schlossener Bestände der Schwarzführe {Pinus nigra Arn.), welche besonders im
^) Ausführlicheres bei G. Beck, Die Flora von Hernstein, Wien 1889, und Flora
von Niederösterreich, Wien 1890 — 1893.
2) Obige Abbildung aus Becks Flora von Niederösterreich, Allg. Teil, S. 22
(1893).
«Eine unterbrochene Linie in der weiß gehaltenen Alpenregion zeigt die obere
Grenze der Legföhre an; in der horizontal schraffierten Krummholzregion sind dichte
Bestände der Legföhre durch näher aneinander gerückte Linien zur Anschauung gebracht.
Die Voralpenregion ist durch vertikale Schraffen bezeichnet, welche bis zur Baumgrenze
in die Krummholzregion verlaufen und auf diese Weise die Mengung des Baumwuchses
mit der Legföhre in der unteren Krummholzregion versinnlichen.» (Beck, a. a. O.)
Exkursion auf den Wiener Schneeberg. ~
Gutensteiner- und Sierningtale noch ausgedehnte Wälder bildet. Diese dun-
keln Wälder mit spärlichem oder fast fehlendem Niedervvuchs und den weithin
sichtbaren, schirmförmigen Kronen der Bäume, welche man auf der Fahrt mit
der Schneebergbahn eine Zeitlang beobachten kann, bieten ein interessantes,
ganz fremdartiges Landschaftsbild dar, welches für das das Wiener Becken im
Westen begrenzende Bergland äußerst charakteristisch ist. Obwohl die
Schwarzföhre ein im Südosten, also im pontischen Gebiete heimischer Baum
ist, gehören von ihren Begleitpflanzen in Niederösterreich nur wenige Arten
der pontischen Flora an, wie z. B. Evonymus verrucosa Scop., Cytisus Ratis-
bonensis, Schaff., Anemone grandis (Wend.) Kern.
Hingegen ist ein in allen Gebirgsgegenden Mitteleuropas bis hoch in die
Alpen weitverbreitetes Gras, Sesleria varia (Jacq.) Wettst., eine stete Beglei-
terin von Pinus nigra, ferner eine Reihe ausgesprochen subalpiner Pflanzen,
wie z. B. Polygala Chamaebuxus 1^., Erica carnea 1^., Cyclamen Europaeum L.
u. a. neben den weitverbreiteten Bewohnern der trockenen Föhrenwälder
Mitteleuropas, wie Genista pilosa L.^ Melica nutans L. etc. Um den Schwarzföh-
renwald mit seinem trockenen, von Nadeln schlüpfrigen Boden, dem spärlichen
Niederwuchs und fast fehlendem Unterholz näher kennen zu lernen, ist aller-
dings ein Ausflug ins Schneeberggebiet nicht gerade die günstigste Gelegenheit.
Wenn auch daselbst noch stellenweise größere solcher Wälder auftreten, so
ist dies meist nur an solchen Orten, wo man nur mit der Bahn durchfährt, die
Gehänge des eigentlichen Schneebergstockes sind fast frei von solchen Be-
ständen. Im allgemeinen kann man sagen, daß die obere Grenze der geschlos-
senen Bestände von Pinus nigra bei etwa 500 — 600 m liegt, doch reichen ein-
zelne Exemplare dieses Baumes bis weit in die Voralpenregion (1412 ni) hinein.
Im Schneeberggebiete erreicht die Schwarzföhre übrigens auch ihre Südgrenze
in Niederösterreich; die letzten Bäume ihrer Art stehen in dem den Schneeberg
von der Rax trennenden Höllentale. Weiter südwärts fehlt die Schwarzföhre
dann auf weite Strecken hin vollständig, so in ganz Steiermark^ Kärnten und
Krain, und tritt erst in Bosnien und Serbien wieder auf.
Den Schwarzföhrenbeständen fehlen diejenigen zwei Pflanzenarten,
welche man als besondes charakteristisch für die Voralpenregion ansehen
kann, der großblütige stengellose Enzian (Gentiana vulgaris [Neilr.]) und die
Schneerose {Helleborus niger L.) noch völlig; dort, wo diese beiden Pflanzen-
arten auftreten, kann man die untere Grenze der Voralpenregion ansetzen. Die
Grenze derselben wurde für Niederösterreich von G. v. Beck genau festge-
stellt, sie reicht nordwärts bis an das südlich von Baden westöstlich verlaufende
Triestingtal und nimmt rund einen Höhengürtel von etwa 700 — i63o m ein.
Demnach fällt also auch die ganze Schneeberggruppe in ihren unteren Re-
gionen in dieses Gebiet und nur jene Strecken, wo sich die Schwarzföhren-
wälder zungenförmig in die Täler hineinerstrecken, kann man davon aus-
schließen.
Finden sich auch im Gebiet des Schneeberges, auch in der Voralpen-
region, ab und zu kleine Bestände der Schwarzführe, wie bei Puchberg, so sind
es doch vor allem ausgedehnte Fichtenwälder, welche die Gehänge des Schnee-
berges bis zu einer Höhe von etwa i63o in bedecken.
Bis zu einer Höhe von etwa 1200 »z ist der Wald vollkommen geschlossen,
die Fichte (Picea excelsa [Lam.] Lk.) ist der weitaus herrschende Baum, nicht
selten trifft man neben ihr die Lärche (Larix decidua Mill.) an; seltener ist die
Buche {Fagits silvatica L.), die zwar im ganzen Schneeberggebiete verbreitet
ist, aber nirgends daselbst in größeren Beständen auftritt. In einzelnen Exem-
plaren steigt auch, wie schon erwähnt, die Schwarzföhre (Pinits nigra Arn,)
bis über 1400 tn an, ^) Auch die gemeine Föhre (Pinus silvesti'is L.), hierzu-
lande im Gegensatz zur Schwarzföhre Rotföhre genannt, findet man besonders
in tieferen Lagen nicht selten; sie steigt bis 1350 ni auf. vSeltener findet man
andere Laubhölzer eingesprengt, wie den Bergahorn {Acer Pseudoplatanus L,),
die Zitterpappel {Populus tremula L.) und die Mehlbirne {Sorbits Aria Cr.).
Besonders in höheren Lagen (über 1000 vi) ist der Baumwuchs der sub-
alpinen Fichtenwälder kein sehr dichter, so daß sich ein reichliches Unterholz
entwickeln kann. Neben dem meist ziemlich reichlichen Nachwuchs des Ober-
holzes, besonders der Fichten, sind unter diesem Strauchwerk besonders häufig
die großblätterige Weide {Salix grandifolia Ser.) , der «Hirschholler» (Sam-
biiciis racemosaL,.), die Alpen-Rose {Rosa pendulina L,), sowie Lonicera alpigena
L. vertreten, während den Boden oft weithin das niedrige Buschwerk der Erica
carnea L. bedeckt, zu deren steten Begleitern Polygala Chamaebiixus L. und
Tofieldia calyculata (L.) Wbg. gehören. Auch die Heidelbeere ( Vaccinium Myr-
tillus L.) ist nicht selten, doch tritt sie hier im Kalkgebiete nie in so unge-
heuren Massen auf wie in den Urgebirgsalpen,
Ziemlich reichlich ist der Niederwuchs in den Voralpenwäldern, unter
welchen eine ganze Reihe charakteristischer Voralpenpflanzen ziemlich häufig
auftritt. Massenhaft trifft man stellenweise Salvia glutinosa L., ferner gehört
zu den häufigsten Arten Biiphthalminn salicifoliiim L., Valeriana montana L.
und tripteris L., Melampynim silvaticiun L. und vor allem die schon oben erwähnte
schwarze Nieswurz, die «Schneerose» {Helleborus niger L.), die im ersten
Frühlinge zu tausenden ihre weißen großen Blüten im dunklen Walde erhebt.
Auch das beliebte und bekannte «Alpenveilchen», Cyclamen Europaeum L., ist
keineswegs selten und kündet gleich dem tiefblauen hochstengligen Enzian,
Gentiana asclepiadea L., den kommenden Herbst an. Gerade an der Bahnstrecke
steht in Menge Cirsiiim eriophorum Scop., dessen große Köpfe man leicht auch
vom Waggonfenster aus erblicken kann. Einen wahren Schmuck der Wälder
bilden endlich auch die Farne, die in der nächsten Umgebung Wiens leider
') Der höchste Standort derselben ist an der Südwestlehne der Heuplagge im
Saugraben, wo noch bei 1412 w ein kräftiger Baum steht.
2*
schon völliur ausgerottet sind. Am häufigsten sind wohl ISephrodhim Filix mas
(L.) Rieh, und A'. dilatatum (Hoffm.) Desv., ferner der Adlerfarn (Pteridium
aquilinum Kth.), während der anderwärts so häufige Bergfarn (Nephrodium
montanum [Vogl.] Bak.) im Schneeberggebiete fehlt. In feuchten Schluchten,
besonders in weniger begangenen Gebieten, trifft man auch die «Hirschzunge»,
Scolopendrium Scolopendriiim (L.) Karst., nicht selten.
Neben den Voralpenwäldern sind in dieser Region vor allem noch die
üppigen Voralpenwiesen zu erwähnen, von denen im Schneeberggebiete vor
allem die «Große Bodenwiese» am Gahns, ein Lieblingsziel der Wiener Bota-
niker, hervorzuheben ist. Eine üppige Grasnarbe bedeckt den Boden, vorwie-
gend zusammengesetzt aus Anthoxantum odoratum L, Phleum alpiniim L., Ses-
leria varia (Jacq.) Wettst., Koeleria cristata (L.) Pers., Poa pratensis L., P. al-
pina L., Cynositrus cristatus L., Bri:[a media L., Bromus erectiis L., Festuca
elatior L. , und besonders im Mai und Juni prangen sie in reichem Blüten-
schmucke. Wir finden daselbst unter anderen Orcliis speciosa Host., O. maculata
L., O. globosa L., Gymnadenia conopea (L.) R. Br. und odoratissima (L.) Rieh.,
Coeloglossum viride (L.) Hartm., Polygonatum verticillatwn (L.) All., Liliinn
bulbiferwn L., Silene niitans L., Dianthus alpinus L., Ranuncuhts acer L. und pla-
tanifolius L., Anemone narcissiflora L., Polentilla aurea L., Geranium silvaticum
L., Pimpinella magna L. und Saxifraga L., Canim Carvi L., Antlirisciis Silvester
(L.) Hoffm., Primula elatior (L)., Gentiana lutescens Vel., G. vulgaris (Neilr.),
G. verna L., Betonica Jacquini Gr. G., Eiiphrasia montana Jord., Alectorolophus
subalpinus vStern., Pedicularis foliosa L., Campanula patula L., C. barbata L.,
Senecio crispatus D. C, Crepis alpestris Jacq, und viele andere und auf der er-
wähnten «Großen Boden wiese» auch die seltene Campanula thyrsoidea L.
An Waldrändern, quelligen Stellen, Waldwegen u. dgl. treten hohe, krau-
tige Voralpengewächse oft in Menge auf und bieten ein farbenprächtiges Bild.
Zu diesen Gewächsen gehört Li'lium Mai'tagon L., Orchis globosa L. und speciosa
Host., Aconitum i-ostratum Bernh. und tragoctonum Rchb., Ranunculus Brey-
rtinus Cr. und platanifolius L., Thalictrum aquilegifolium L., Saxifraga rotundi-
folia L., Epilobium alpestre Jacq., Astrancia maior L., Heracleum Austriacum L.,
Laserpitium Siler L., Scabiosa lucida Vill., Knautia dipsacifolia Host., Adenostyles
glabra (Vill.) D, C. und Alliariae (Gou.) Kern., Senecio crispatus D. C., Sarrace-
nius L., Cirsium erisithales Scop., Carduus deßoratus L, und personatus Jacq,,
Crepis blattarioides Vill.
Sehr charakteristische Vegetationsbilder bieten im Schneeberggebiete
auch die subalpinen Holzschläge, Im ersten Jahre siedeln sich neben den
Resten des früheren Niederwuchses, besonders Farnen, darunter der bald
wuchernde Adlerfarn {Ptendium aquilinum Kth.), eine Reihe meist einjähriger
Gewächse in großen Mengen an, besonders Galeopsis speciosa Mill. und Tetrahit
L., Senecio silvaticus L. und viscosus L., Solidago Virgaurea L,, zu denen dann
im folgenden Jahre noch als besonders häufig folgende Arten hinzutreten:
Deschampsia caespitosa (L.) Beauv., Urtica dioeca L., Chamaenerium aiigu-
stifoliinn (L.") Scop., Digitalis ambigita Murr., Origaninn vulgare L., Gentiana
asclepiadea L., Adenostyles glabra (L.) Kern., Eiipatoriiim cannabinum L., Sene-
cio Sarracenius L., Cirsium arvense Scop., Mulgediinn alpinum (L.) Less.
Eine sehr charakteristische Vegetation tragen in der Voralpenregion
auch die Felsen im Schneeberggebiete, besonders im Höllentale, in der Eng,
im Krummbachgraben und im Weichtale. Als besonders auffallende Pflan-
zen seien da genannt: Asplenium viride Huds., Poa nemoralisL,., Kerner a saxatilis
(L.) Rb., Biscutella laevigata L., Saxifraga Ai:^oon Jacq., Potentilla caulescens
L., Athamantha Cretensis L., Priniula Auricula L., Gentiana vulgaris (Neilr.),
Stachys Jacquini Gr. G., Calamintha alpina (L.) Lam., Euphrasia Salisburgensis
Funck, Globularia cordifolia L., Campanula caespitosa Scop. und die seltene
C. praesignis Beck (im Höllentale und in der Weichtalklamm), Carduus de-
ßoratus L., Hieracium Dollineri Seh. Bip. und H. humile Jacq. Diese letzt-
genannte Art sowie Potentilla caulescens und Campanula caespitosa sind be-
sonders für die Voralpenregion charakteristisch, da sie sich nur in dieser finden,
während die meisten der übrigen Arten in die Krummholzregion aufsteigen,
andere sich auch noch in der Bergregion linden.
Bei etwa 1350 m, in Tälern und Schluchten schon früher, lichten sich die
dichten Waldbestände und in den lockeren Beständen tritt eine der charakteri-
stischesten Pflanzen der mitteleuropäischen Hochgebirge auf, die Krummholz-
kiefer, «Latsche» (Pinus montana Mill.). Dieselbe umgibt den Schneeberg in
einem rund 500 m breiten Gürtel und reicht weit über die Grenze des hoch-
stämmigen Waldes bis in die Alpenregion hinauf. Den Höhengürtel, den sie be-
wohnt, pflegt man als Krummholzzone zu bezeichnen, welche in die untere Krumm-
holzregion (bis zur Waldgrenze), die noch zur Voralpenregion gehört, und in
die «obereKrummholzregion» oder Krummholzregion im engeren Sinne zerfällt.
Die untere Krummholzregion reicht also bis zur Waldgrenze, also bis
rund 1700 m; in diese Region fallen unter anderem die Gipfel des Alpl (1600 m)
und ein großer Teil des Kuhschneeberges, ein von mit Krummholz durch-
setzten stellenweise urwaldähnlichen Fichtenbeständen bewachsenes Plateau.
Im allgemeinen ist die Vegetation dieser unteren Krummholzregion von
der der subalpinen Wälder wenig verschieden, doch geben die charakteristi-
schen Büsche der Legföhre derselben doch ein ganz eigenartiges Gepräge.
Neben der letzteren tritt auch schon hie und da die rauhhaarige Alpenrose (Rho-
dodendron hirsutum L.) auf; auch die Preiselbeere ( Vaccinum Vitis Idaea L.) ist
nicht selten. Auf dem Kuhschneeberge findet sich hie und da die hier seltene
To^:^ia alpina L. Auch einzelne Pflanzen der Alpenregion treten schon in der
unteren Krummholzregion auf, wie Saxifraga Ai:^oon Jacq. und caesia L., die
beide übrigens bis in die Täler hinabsteigen, ferner Anemone alpina L., Draha
ai^oides L., Pedicularis verticillata L., Crepis aurea Cass., auf dem Gipfel des
Alpl wurde sogar schon Edelweiß {Leontopodium alpinum [L.] Cass.) gefunden.
IL Die Alpenregion.
Bei etwa 1700 m erreichen die hochstämmigen Wälder ihre obere Grenze.
Das Aufhören derselben gibt der Vegetation sofort einen anderen Charakter,
auch der Nichtbotaniker empfängt sofort den Eindruck, sich einer neuen, frem-
den Flora gegenüber zu sehen, der eigentlichen Alpenflora.
Auch die Alpenregion läßt sich noch in zwei engere Regionen teilen;
soweit noch höhere strauchige Gewächse gedeihen, besonders die charakteristi-
sche Krummholzkiefer oder Legföhre, am Schneeberge bis etwa igoo m, reicht
die obere Krummholzregion, über derselben liegt die Hochalpenregion, in
welche auf dem Schneeberge nur die höchsten Gipfel hinaufreichen.
Die charakteristischeste Formation der Alpenregion, welche im Sommer
durch ihren Blütenreichtum das Auge des Wanderers entzückt, sind wohl die
Alpenmatten. Dieselben sind ausgezeichnet vor allem durch die geringe Höhe,
welche die dieselben zusammensetzenden Pflanzen erreichen, ferner durch den
Mangel fast aller einjährigen oder zweijährigen Arten, von welchen sich nur
einige wenige Halbschmarotzer und Humusbewohner aus den Gattungen £"2/-
phrasia, Alectorolophns und Gentiana finden, durch die meist auffallend groß-
blütigen, niedrigen Kräuter, welche oft genug Schutzeinrichtungen gegen Aus-
trocknen und Schneedruck aufweisen. Die Vegetationsperiode in dieser Höhe
dauert nur von etwa Mitte Juni bis Mitte September, also kaum drei Monate lang,
das ist eine Zeit, die viel zu kurz ist, als daß die Mehrzahl der Pflanzen in der Lage
wäre, ihren ganzen Lebensgang von der Keimung bis zur Fruchtbildung durch-
zumachen. Es sind auch fast durchwegs Pflanzenarten, welche in tieferen Regionen
fehlen, welche die Alpenmatten zusammensetzen; nur wenige Voralpenpflanzen
steigen auch bis in die Alpenregion auf (in folgendem mit * bezeichnet). Die
Hauptmasse der Matten und Triften bilden rasenbildende Gräser und grasähn-
liche Gewächse, besonders *Phleuin alpinum L,, ^'Sesleria varia ( Jacq.) Wettst.,
Agrostis alpina AU., A. rupestris Scop., Poa alpina L., Festuca rupicaprina
(Hack.), F. piimila Vill., F. brachystachys Hack., Carex atrata L., C. semper-
virens W\\..ß7-ina Host., capillaris \^., Juncus monanthus Jacq.; unter diesen
finden sich zahlreiche kleine Kräuter und Halbsträucher, welche den prächtigen
Blütenteppich derselben zusammensetzen. Als die häufigsten und charakteri-
stischesten Arten des Schneeberges seien genannt: Lu:^ula glabrata D. C, Cera-
stiiim strictiun Haenke, Arenaria ciliata L,, Alsine Gerardi Willd,, ^Diauthii.s
alpinus L., Silene acaulis L., ^Anemone alpina L., ^A. narcissißora L., Ranunculus
alpestris L., '^R. montanus W., Aconitum Neubergense D. C, Thlaspi alpinum
Cr., Arabis pumila Jaccj., Draba stellata Cr., D. ai:^oides L., *Saxifraga Aii^oon
Jacq., S. caesia L. , *5. ai:^oides L. , S. moschata Wulf., S. androsacea L.,
*5. stellaris L., *Potentilla aiirea L., P. Clusiana Jacq., *Geutn montanum L.,
Oxytropis Jacquini Bunge, Hedysantm obscurum L,, Linum alpinum L., Helian-
themum alpestre (Jacq.'^ Dun., H. glabrmn (Koch), Viola alpina L., * F. bißora
L., *Epilobhün alsiiie/oliinn Vill., ^Athaiiiantha Cretensis L., Meiim athamanticum
h,., Loiseleuria procimibens (L.) Uesv., Arctostaphylos alpina (L.) Spr., *A. Uva
ursi (L.) Spr., ^Prii)iiila elatior (L.), *P. Auriciila L., P. Cliisiana Tratt., P.
minima L., Soldanella Austriaca Vierh., S. alpina L,, Armeria alpina W., Gew-
//a«^ Pannonica Scop., *G. vulgaris (Neilr.), *G. verna L., G.pumila Jacq., G.
nivalis L., G. Neilreichii Wettst., Myosotis alpestris vSchin., *Stachj's Jacquini
(Gr. G.) Briq., Veronica alpina L., F. aphylla L., F. fruticans Jacq., Bartsia
alpina L., Euphrasia picta Wimm., Alectorolophus lanceolatus (Kov.), *yi. a??^«-
stifolius (Gm.) Heynh., Pedicularis rostrata L., P. verticillata L., *Pinguicola al-
pina L., ^ Globularia cordi/olia L., Galiuni anisophylhim Vill., G. baldense Spr.,
^Campanula pusilla Haenke, *C. pulla L., Phyteuma Austriacum Beck, Solidago
alpestris W. K., *Aster Bellidiastnim (L.) Scop., ^. Breyninus Beck, Erigeron
polymorphiis Scop., Gnaphaliiim supinum L., *Achillea Clavenae L., ^. Clusiana
Tsch., Chrysanthemum atratum Jacq., Doronicum calcareimi Vierh., *Senecio
abrotanifolius L., Crepis mollis (Jacq.) Koch, *C. Jt/retj: (L.) Cass., Hieracium
villosum L.
Diese Liste enthält aber nur die häufigsten und charakteristischesten
Arten^ welchen wohl jeder Schneebergbesucher begegnet. Aber auch seltenere
Alpenpflanzen beherbergt dieser höchste Gipfel Niederösterreichs. So findet
sich an quelligen feuchten Stellen hie und da Carex ferruginea Scop., an felsigen
Stellen Juncus Jacquini]^., die sonst fast nur in den Südalpen sich findende Orchis
Spit:ielii Saut, wurde einige Male auf der Heuplagge gefunden. Auf dem Pla-
teau des Ochsenbodens findet sich ab und zu die seltene Pedicularis rosea Wulf.,
im Saugraben Saxifraga Burseriana L. und Papaver alpinum L., wo auch einige
höchst seltene Hieracien sich finden, die leider die Sammelwut einzelner Bota-
niker fast gänzlich ausgerottet hat, wie Hieracium Breyninum Beck und H.
Beckianum Gremli. Auch das vielgesuchte Edelweiß {Leontopodium alpinum
Cass.) gehörte früher keineswegs zu den Seltenheiten, ist aber jetzt fast aus-
gerottet.
Neben den Alpenmatten sind in der Krummholzregion Strauchformationen
sehr verbreitet; vor allem jene, von welchen die ganze Region ihren Namen
entlehnt hat, die Formation der Krummholzkiefer oder Legföhre, Pinus mon-
tana Mill., welche ausgedehnte, oft undurchdringliche Bestände bildet. Die
Stämme dieses eigentümlichen Baumes wachsen nie senkrecht in die Höhe,
sondern liegen an den Boden angedrückt oder sind tief unten knieförmig ge-
bogen, sie sind reich verästelt, die Zweige oft schlangenförmig hin- und her-
gebogen und oft vielfach miteinander durchschlungen, so daß sie ein unentwirr-
bares Dickicht bilden. In der Farbe des Laubes erinnert die Legföhre an die
Schwarzföhre, doch sind die Nadeln weit kürzer. Die Legföhre zerfällt be-
kanntlich in eine Reihe verschiedener, noch nicht genügend geklärter Rassen;
die Schneebergpflanze zeichnet sich durch stets allseitig gleichmäßig ent-
wickelte Zapfen und einen immer niedergestreckten Wuchs aus und gehört
nach Willkomms^) Monographie zu Pinus Pinnilio Haenke: doch weicht sie
nach Prof. Schiffners mündlicher Mitteilung von der Pflanze des Riesen-
gebirges bedeutend ab, ist hingegen mit der Krummholzkiefer des Böhmer-
waldes vollkommen identisch.
Neben der Legföhre sind es die Alpenrosen, die im Schneeberggebiete
ausgedehnte Buschformationen bilden. Ist auch, wie überall in den Kalkalpen,
Rhododendron hirsutum L. die weitaus überwiegende Art, so findet sich neben
dieser im Schneeberggebiete wie überhaupt in den nordöstlichen Kalkalpen
gar nicht selten auch das sonst dem LJrgebirge eigentümliche Rhododendron
ferrugineum L. und zwischen beiden auch der Bastard beider Arten, Rh. inter-
mediwn Tsch. Nicht selten gesellt sich zu den Alpenrosen auch der reizende
Rodothamnns Chamaecistiis (L.) Rb. sowie eine Reihe anderer meist immergrüner
Zwergsträucher, wie Arctostaphylos alpina Spr. und A. Uva iirsi Spr., Vaccinium
Vitis Idaea L., Empetrum nigrum L. und Daphne Me^ereum L., während einzelne
hochwüchsige Stauden, wie Aconitum Neiibei-gense D. C, Miilgedhim alpinum
(L.) Cass., Heracleiim Austriacinn L. etc. das Gewirr der prachtvoll blühenden
Sträucher überragen.
Spärlich ist am Schneeberg das Buschwerk alpiner Weiden vertreten,
welches aus Salix glabra Scop. und S. arbuscula L. zusammengesetzt ist, denen
sich gern Sorbus Chainaemespiliis Cr. zugesellt.
Auch in den Alpentriften bis in die Hochalpenregion hinauf findet sich noch
eine Reihe von Holzgewächsen, die alle mit ihren niedergestreckten Stämm-
chen sich innig dem Boden anschmiegen und in den Rasen alpiner Gräser und
Seggen halb versteckt sind, so besonders die niedliche Loiseleuria procumbens
(L.) Desv., Salix retusa L., reticulata L., Jacquini Willd. und die mit den Schutt-
halden oft bis ins Tal wandernde Dryas octopetala L.
Man sollte erwarten, daß über der Krummholzgrenze, in der Hochalpen-
region, die Flora noch interessanter und mannigfacher würde. Das ist aber im
Schneeberggebiete keineswegs der Fall. Es mag dies seine Ursache darin
haben, daß der Berg einerseits zu wenig weit in die Hochalpenregion hinauf-
ragt, andererseits, daß er zu isoliert und von anderen Hochgipfeln zu weit
entfernt ist. Tatsächlich sind es auch nur wenige Arten, die der Hochalpen-
region des Schneeberges eigentümlich sind, nämlich Thhispi rotundifolium (L.)
Gaud., Saxifraga aphylla Sternb., Astragalus frigidus (L.) D, C. und Valeriana
elongata L. Hingegen machen zahlreiche der oben erwähnten Arten der Krumm-
holzregion an der Legföhrengrenze Halt, während andere bis auf die höchsten
Spitzen hinaufsteigen, so die Draben, Saxifragen, ferner Euphrasia-, Pedicu-
laris-, Gentiana- Arten und andere, welche neben Gräsern und Carex- Arten die
') Versuch einer Monographie der europäischen Krummholzkiefern. Jalnh. d. Akad.
Tharandt XIV (t86i).
hauptsächlichste Formation der Hochalpenregion, die der Polstersegge (Ca7'ex
finna L.) zusammensetzen.
Zum Schlüsse möge hier noch auf einige jener Pflanzenarten hingewiesen
sein, welche in den Alpen nur eine geringe Verbreitung haben und darum für
die Flora des Schneeberges besonders charakteristisch sind. Da ist vor allem
Viola alpina Jacq. zu erwähnen, eine Karpatenpflanze, die in den Alpen nur im
äußersten Nordosten sich findet und auf dem Reichenstein bei Eisenerz in
Obersteiermark ihren westlichsten Standort hat. Eine ebenfalls fast ausschließ-
lich auf die nordöstlichen Kalkalpen beschränkte Art, die aber im Gegensatz
zu voriger den Karpathen fehlt, ist Dianthits alpinus L. In den nördlichen
Kalkalpen reicht derselbe bis zum Toten Gebirge an der Grenze von Ober-
österreich und Steiermark, außerdem findet er sich zerstreut in den Südalpen
Kärntens und vielleicht auch in den Zentralpen. ^) Weitere östliche Typen
sind auch Primula Clusiana Tsch. und Potentilla Clusiana Jacq., welche beide
innerhalb der nördlichen Kalkalpen am Tennengebirge im Salzburgischen ihre
Westgrenze erreichen; doch findet sich letztere auch im östlichsten Teile der
südlichen Kalkalpen (den Julischen Alpen). Von weiterer Verbreitung sind
schon Primula minima L. und Rhodothamnus Chamaecistus (L.) Rb., sowie
Salix glabra Scop., die alle in fast den ganzen Ostalpen (die beiden letzteren
nur auf Kalk) verbreitet sind, den Westalpen aber fehlen.
Nicht uninteressant ist es übrigens auch, daß eine Reihe von in fast den
ganzen nordöstlichen Kalkalpen verbreiteten Arten den Schneeberg nicht er-
reicht, sondern weiter westlich auf dem Ötscher, Hochschwab, zum Teile noch
auf der Raxalpe ihre Ostgrenze finden. Von solchen Arten seien hier erwähnt:
Alsine ar etio des (Somm.) M. K., Gypsophila repens'L., Alchimilla AnisiacaVJe.X.tst.,
Saxifraga sedoides L., Euphorbia Austriaca Kern., Corthusa MatthioUh,., Gen-
tiana bavarica L. und Cirsium spinosissiminn Scop.
^) Näheres über die Verbreitung dieser Art bei Vierhapper, Zur Systematik und
geographischen Verbreitung einer alpinen Dianthus-Gm^Y'^ in Sitzungsber, der Akad.
d. Wissenschaften, Wien C. VII, Abt. I.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel I.
Aus dem natürlichen Hain von Pinus Pinea bei Belvedere nächst Aqmleja
(Küstenland).
phot. C. I, Cori.
VII. 1904.
Natürlicher Hain von Pinus Pinea bei Belvedere nächst Aquileja (Küstenland).
Totalansicht.
18- Vll. 1904. phot. V. Patzelt.
Kunstanstalt Max Jaffe, Wien.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel II.
Wald von Pinus halepensis auf dem Gipfel des Monte Petka (197 m) bei
Gravosa (Dalmatien). Unterholz z. T. aus Calycotome infesta bestehend.
3. VI. 1904. phot. A. Ginzberger.
Der Hafen von Gravosa bei Ragusa (Dalmatien). Bestand von Cupressus
sempervirens (angepflanzt oder verbrüdert). Hinten links der Monte Petka
(197 m) mit Hochwald von Pinus halepensis.
Nach einer käuflichen Photographie.
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Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel IV.
Macchie unweit des Porto Palazzo im nordwestlichen Teil der Insel Meleda
(Dalniatien). In der Mitte Arbutus Unedo, links Pistacia Leatiscus, vorne
Phillyrea latifolia.
5. VI. 1904. phot. A. Ginzberger.
Phillyrea latifolia am Hutovo blato (Herzegowina).
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Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel VIl.
Rücken des Berges Hum auf der Insel Lissa (Dalmatien), 550-580 m. Salvia
officinalis massenhaft. Büsche von Quercus Jlex und Juniperus Oxycedrus
als Reste einstiger Macchie.
VI 1901. P**o*- ^- Galvagni.
Mediterrane Felsenheide bei Promontore (Istrien). Vorne links Marrubium
candidissimum, ganz rechts Helichrysum italicum; im Mittelgrunde Salvia
officinalis; hinten links Juniperus macrocarpa.
V ,902 P*^°'- ^- Linsbauer.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel VIII.
Asphodelus ramosus in der Pelsenheide bei Capljina a. d. Narenta (Herzegowina).
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel IX.
Steinige Karstfläclie zwischen Divaca und St. Canzian (Küstenland) : ca. 400 m. Formation
der ,. Karstheide" mit niedrigen, vom Weidevieh verbissenen Büschen von Juniperus
communis.
2ü. V. 1904. phot. A. Ginzberger
Steinige Karstfläche bei St. Canzian (Küstenland): ca. 400 m. Formation der
„Karstheide"': vorne Helleborus multifidus.
Nach einer käuflichen Photographie.
Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel X.
Steilwandige, im Grunde bewaldete Doline bei St. Canzian (Küstenland > ;
ca. 400 ni.
20. V. 1904. P*^"'- ^' '"''nz'5'^rg^''
Bestand von Spartium junceum bei Rovigno (Istrienj.
in. 1904.
phot. G. Kraskovits.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XI.
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Eryngium maritimum auf Dünen bei Grado (Küstenland).
15. VII 19üi. phot. V. Patzelt
15. VII. 190i.
Landschaft aus den Lagunen von Grado (Küstenland;.
Vorne Bestände einer Statice-Art.
phot. V. Patrelt.
Exkursionen cl. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XII.
Scolymus hispanicus (links) und Echinophora spinosa (rechts) auf den Dünen
von Grado (Küstenlandj.
20. VII. 1904. phot. V. Patzelt.
Arthrocnemum macrostachyum (links) und Inula crithmoides (rechts) bei Grado
(Küstenland).
20. VII. 1904. phot. V. Patzelt.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XIII.
Vitex agnus castus am Meeresstrande südlich von Lovrana (Istrien).
1. VIII. 1902. phot. A. Ginzberger.
Mauer-Vegetation in Lovrana (Istrien). Links Campanula pyramidalis, rechts
davon Parletaria ramiflora, ferner Cymbalaria muralis.
5. VIII. 1902. phot. A. Ginzberger.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XIV.
Felsen der Insel Mellisello (oder Brusnik) westlich von der Insel Llssa (Dalmatien).
Blattrosetten von Centaurea ragusina. Gestein dioritisch.
V. 1901. phot. E. Galvagni
Moltkia petraea an Kalkfelsen am Absturz des montenegrinischen Hochlandes
oberhalb Cattaro; ca. 900 m.
10. VI. 1904. phot. A. Ginzberger.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905. Tafel XV.
Olea europaea (kultiviert) bei Dignano (Istrien).
28. IV. 1904. phot. V. Patzelt.
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Verwilderte Kultur von Olea europaea bei Rovigno (Istrien).
III. 1904.
phot. G. Kraskovits.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XVI.
Tabakfeld in Poljica bei Imotski. ca. 350 m; vor der ersteü Üeliackung.
20. VI. 1903.
phot. K. Preissecker.
Tabakfeld in Podbabje bei Imotski am Fasse der Ravne osoje, ca. 400 m:
nach der Ernte der „Sand"- und „unteren Mutterblätter".
24. VII. 1904.
phot. K. Preissecker.
Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XVII.
Doline bei St. Canzian (Küstenland) ; ca. 400 m. Im Grunde Felder (Cerealien,
Phaseolus, Medicago sativa); Prunus domestica in Reihen gepflanzt.
20. V. 1904.
phot. A. Ginzberger.
Terrassenkultnr von Vitis vinifera in verkarstetem Terrain an der Kerka
zwischen Sebenico und Scardona (Dalmatien).
28. V. 1904.
phot. A. Ginzberger.
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Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XX,
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Absturz des montenegrinischen Hochlandes oberhalb Cattaro (Dalmatien). Im Anschwem-
mungsgebiet Culturen und Anlagen, die Abhänge fast vegetationslos.
Nach einer käuflichen Photographie.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXI.
Kuppe des Monte Maggiore (Istrien); 1396 m. Wald von Fagus siivatica.
13, VU. 1902. phot. A. Ginzberger.
Hain von Castanea sativa bei San Francesco oberhalb Lovrana (Istrien);
ca. 300 m.
21. VII. 1902. phot. A. Ginzberger.
Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXII.
Abhang des Berges Tschaun (Cavin) im Ternovanerwald (Küstenland); ca. 1100 m.
Gentiana symphyandra; vorne Pinus nigra (kultiviert;.
4. VIII. 189^
phot. L. Linsbauer.
Exkursionen d. II. iotern. bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXIII.
Bestand von Pinus leucodermis auf der Prenj planina
(Herzegowina); ca. 1600 m.
phot. A. Jencic.
2. VIII. 1902.
Urwald auf der Crnagora (s. w. von Jajce, Bosnien).
Nach einem käuflichen Diapositiv.
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Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXV.
Wald von Picea Omorica im „Smrcevo tocilo" bei Visegrad (Bosnien).
phot F. Topic.
Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXVI.
Holzschlag in einem Walde von Fagus silvatica mit „angeflogenem" Ünterwuchs
von Abies alba, bei Pressbaum im Wienerwalde.
Sommer 1899. phot. A, Stengel.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905. Tafel XXVII.
Wald von Fagus silvatica bei Pressbaum im Wienerwald. Der Baum mit
rissieer Borke links: Quercus sp.
V. 1901.
phot. K. Heller.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tcafcl XXVIII.
VvitsB iii dei' Lubaii ijei Wieü, mit eiiizelueii Bäumen und Baumgruppen.
3. vir. 1904. phot. Amalie Mayer.
Tümpel in der Lobau bei Wien, mit Nuphar luteum ; hinten Gebüsch von
Alnus incana.
3. VII. 1904. phot. Amalie Mayer.
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Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXX.
Populus nigra in der Lobau bei Wien.
3. VII. 1904.
phot. Amalie Mayer.
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3. VH. 1904.
Salix alba in der Lobau bei Wien.
phot. Amalie Mayer.
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Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXXII.
Ausblick von der Klausen bei Mödling (nächst Wien) gegen den Husarentempel.
Die dunkeln Wälder bestehen vorzugsweise aus Pinus nigra, die hellen aus
Fagus sllvatica.
IV. 1904. phot. Amalie M.ayer.
Abhang eines niederen Kalkhügels bei Perchtoldsdorf nächst Wien. Anemone grandis
III. 1902.
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Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXXIV.
Wald von Picea excelsa und Larix decidua bei Wienerbruck (Niederösterreich);
ca. 700 m. Im Hintergrund der Oetscher.
Nach einer käuflichen Photographie.
Leucojum vernum auf einer sumpfigen Wiese am Lnnzersee (Niederösterreich);
ca. 650 m.
6. IV. 19U1.
phot. H. Fleischmann.
Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXXV.
Narcissus stelliflorus („poeticus") auf feuchten "Wiesen bei Lunz (Niederösterreich);
ca. 700 m.
29 V. 1904. phot. Amalie Mayer.
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Narcissus stelliflorus („poeticus") auf feuchten Wiesen bei Lunz (Niederösterreich);
ca. 700 m.
2d V 1904. phot. Amalie Mayer.
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Exkursionen d. IL intern, bot. Konerr. Wien 1905.
Tafel XXXVII.
Wald von Larix decidua im Innerfeldtal bei Innichen (Tirol): ca. 1200 m.
25. VII. 1903. phot. A. Ginzberger.
Picea excelsa an der Baumgrenze („Wetterflehten") auf dem Dürrenstein
(Niederösterreich); ca. 1600 m.
VI. 1903. phot. E. Zederbauer.
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Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XXXIX.
Fichtenwald (Picea excelsa) am Misurinasee ; ca. 1800 m. Im Hintergründe
die Drei Zinnen (Oberitalien). Nach einer käuflichen Photographie.
Cirsium spinosissimum anf Alpenweiden des Padon (Südtirol) ; ca. 2300 m.
Vn. 1904. phot. G. Kraskovits.
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Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XLII.
Umgebung einer Sennhütte mit Aconitum Napellus und Rumex alpinus „auf den
Wiesen" bei Göstling {Niederösterreich); ca. 1350 m.
VIII. 1903. phot. A. Ginzberger.
Dryas octopetala auf dem Dürrenstein (Niederösterreich); ca. 1800 m.
VI. 1903. phot. E. Zederbauer.
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Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XLV.
Gentiana verna und Pinus montana auf der Raxalpe (Niederösterreich);
ca. 1800 m.
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Exkursionen d. IL intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel XLIX.
V. 1904.
Pinguicola alpina im Sanntal (Südsteiermark > : ca. 1400 m.
phot. G . Kraskovits
Saxifraga aizoides, Taraxacum alpinum. Doronicum Clusil subsp. glabratum und
Campanula Scheuchzeri auf dem Schiern (Südtirol); ca 2400 m.
Vin. 1904. K . /- IT 1 •
phot, G. Kraskovits.
Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel L.
Silene acaulis (f. longiscapa) auf dem Dürrenstein (Niederösterreich); ca. 1800 m,
VI. 1903. phot. E. Zederbauer.
Rhodothamnus Chamaecistus im Sanntale (Südsteiermark); ca 1400 m.
V. 1904. phot. G. Kraskovits.
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Exkursionen d. II. intern, bot. Kongr. Wien 1905.
Tafel LH.
Primula glutinosa auf dem Sekkauer Zinken (Nordsteiermark): ca. 2400 m.
VI. 1904. phjt. G. KrasVovits.
Gesteinflur mit Achillea Clavennae und Arenaria ciliata auf dem Schiern
(Südtirol;; ca. 2400 m
VIII. 1904. phot. G. Kraskovits.
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