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Full text of "Führer zu den wissenschaftlichen Exkursionen des II. Internationalen Botanischen Kongresses, Wien, 1905"

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Führer  zu  den  wissenschaftlichen  Exkursionen 


des 


IL  internationalen  botanischen   Kongresses, 

Wien   1905. 


I. 

EXKURSION 

in  die 

illyrischen    Länder 

(Süd-Krain,  Küstenland,  Dalmatien,  Montenegro, 
Okkupationsgebiet,  d.i.  Bosnien  und  Herzegowina). 

Von 

Dr.  August  Ginzberger  und  Karl  Maly. 


Mit  Tafel  I— XX,  XXIII-XXV  und  4  Textabbildungen. 


Wien,  1905. 

Im   Selbstverlage   des   Organisations-Komitees. 

Druck  von  Adolf  Holzhausen  in  Wien. 


no5 


I. 


Exkursion  in  die  illyrisclien  Länder 

(Süd-Krain,   Küstenland,   Dalmatien,   Montenegro, 
Okkupationsgebiet,  d.  i.  Bosnien  und  Herzegowina). 

Von 

Dr.  August  Ginzberger   und   Karl   Maly. 

(Mit  Tafel  I— XX,  XXIII— XXV  und  4  Textabbildungen.) 


Einleitung. 

Die  Exkursion,  für  welche  der  vorliegende  «Führer»  abgefaßt  ist,  soll 
ein  übersichtliches  Bild  der  pflanzengeographischen  Verhältnisse  der  südlichsten 
Teile  der  österreichisch-ungarischen  Monarchie  und  des  Okkupationsgebietes 
geben.  Daß  dieses  Bild  auf  einer  relativ  kurzen  Exkursion  in  einem  sehr  aus- 
gedehnten Länderkomplex  nur  ein  skizzenhaftes  werden  kann,  liegt  auf  der 
Hand.  Darum  wurde  auch  im  allgemeinen  auf  die  Beschreibung  irgend  eines 
Standortes  wegen  einer  oder  einiger  seltenen  Arten  verzichtet.  Vielmehr  wurde 
das  Hauptgewicht  auf  die  Demonstrierung  pflanzengeographisch  wichtiger 
und  instruktiver  Standorte  gelegt,  und  es  wird  möglich  sein,  wenigstens  die 
verbreitet  eren  Formationen  nahezu  vollständig  vor  Augen  zu  führen. 
Dabei  dürfte  auch  derjenige,  der  mehr  auf  das  Kennenlernen  von  Arten  aus- 
geht, die  ihm  ganz  oder  in  lebendem  Zustande  unbekannt  waren,  auf  seine 
Rechnung  kommen,  um  so  mehr  als  die  Flora  des  besuchten  Gebietes  fast 
durchaus  sehr  artenreich  ist.  Daß  in  einem  an  Naturschönheiten  und  Denk- 
mälern vergangener  Kunstepochen  so  reichen  Gebiete  auch  dem  touristischen 
und  kunsthistorischen  Interesse  ein  genügender  Spielraum  gelassen  worden  ist, 
wird  wohl  niemand  als  eine  Beeinträchtigung  des  botanischen  Charakters  der 
Exkursion  empfinden,  um  so  mehr  als  sich  fast  stets  alle  die  genannten  Inter- 
essen am  selben  Orte  in  glücklichster  Weise  vereinigen  lassen.  Dabei 
Exkursion  in  die  iilyrischen  Läudi;r.  I 


beschränkten  sich  jedoch  die  Verfasser  dieses  Führers  auf  die  Anführung-  der 
physikalisch-geographisch  und  naturwissenschaftlich  interessanten  Tatsachen, 
während  alles  andere  den  betreffenden  Reisehandbüchern  entnommen  werden 
mag,  die  das  vorliegende  ^uch  nur  in  der  angedeuteten  Richtung  er- 
gänzen, nicht  aber  überhaupt  ersetzen  will. 

Das  Gebiet  der  Exkursion  umfaßt  der  Hauptsache  nach  die  nord- 
westlichsten Gebiete  der  Balkan  halbin  sei;  nur  die  am  meisten  gegen 
Nordwesten  vorgeschobenen,  in  den  ersten  Tagen  zu  besuchenden  Punkte 
können  wohl  nicht  mehr  zu  dieser  Halbinsel  gerechnet  werden.  Obwohl 
diesesGebiet  vier  verschiede  nen  Staate  n(respektiveVerwaltungs- 
gebieten),  nämlich  Österreich,  Ungarn,  Okkupationsgebiet,^)  Mon- 
tenegro angehört,  politisch  also  keineswegs  einheitlich  ist,  zeigt 
es  doch  in  orohydrographischer,  ethnographischer  und  auch  in 
pflanzengeographischer  Beziehung  so  viel  Gemeinsames,  daß  wir 
dafür  mitBec  k^)  den  kurzenNamen  «Hlyrien»  mitVorteil  anwenden 
können;  «lUyricum»  hießen  diese  Länder  und  noch  einige  Grenzgebiete  zur 
Zeit  der  Römerherrschaft. 

Trotz  mancher  gemeinsamen  Züge  besteht  innerhalb  des  illyrischen 
Länderkomplexes  ein  bedeutsamer  Unterschied  zwischen  der  Küste  und 
den  ihr  vorgelagerten  Inseln  einerseits  und  dem  Innern  des  Landes 
anderseits.  Dieser  Unterschied  prägt  sich  namentlich  in  den  klimatischen  und 
im  engsten  Zusammenhang  damit  in  den  pflanzengeographischen  Verhältnissen 
dieser  beiden  Teile  des  Gebietes  aus;  die  Nähe  des  Meeres  einerseits,  die  teil- 
weise überaus  schwierige  Zugänglichkeit  des  Innern  anderseits  hat  aber  auch 
ganz  bedeutende  Unterschiede  in  Kultur  und  Lebensweise  der  Bevölkerung  ge- 
schaffen. Auch  die  Art  des  Reisens  ist  natürlich  in  dem  an  Eisenbahnen 
armen  Küstenstrich  mit  seiner  reichen  Inselwelt  eine  ganz  andere  als  im 
Binnenlande. 

Diesem  Gegensatze  entsprechend  soll  auch  der  vorliegende  «Führer» 
geteilt  werden.  Derselbe  wurde  natürlich  den  Bedürfnissen  eines  internationalen 
Publikums  nach  Möglichkeit  angepaßt.  Wenn  trotzdem  der  Standpunkt  des 
Mitteleuropäers  manchmal  stärker  hervorgetreten  ist,  so  wird  dies  wohl  ent- 
schuldigt werden,  wenn  man  bedenkt,  wie  naheliegend  es  doch  für  jeden  ist, 
bei  Schilderung  fremder  Verhältnisse  diejenigen  der  Heimat  zum  Vergleich 
heranzuziehen. 


')  Nominell  zur  Türkei  gehörig,  von  Österreich-Ungarn  verwaltet. 

-)  Die  Vegetationsverhältnisse  der  illyrischen  Länder  in  «Engler  und  Drude,  Die 
Vegetation  der  Erde»,  Bd.  IV.  Da  dieses  grundlegende  Werk  oft  zitiert  wird,  so  möge  das 
Zitat  «Beck,  Hlyrien»  genügen. 


I.  Das  Küstengebiet  und  die  angrenzenden 
Teile  des  Innern;  die  Inseln. 

Von 

Dr.  A.  Giniberger 

(Wien). 

A)  Allgemeine  Schilderung  des  Gebietes. 
1.  Geographisch-geologische  Übersicht. 

Illyrien  wird  im  Westen  durchaus  vom  A  driatischen  M  eere  begrenzt; 
die  Ostküste  dieses  Binnenmeeres  ist  —  gänzlich  verschieden  von  der  die  ita- 
lienische Halbinsel  begrenzenden  Westküste  —  überall  (mit  Ausnahme  des 
äußersten  Nordendes  und  einzelner  beschränkter  Partien  an  den  Mündungen 
von  Flüssen  und  Wildbächen)  ausgesprochene  Steilküste,  die  an  vielen 
Stellen  mit  schroffen  Abstürzen  zum  Meere  abfällt,  reich  an  Vorsprüngen, 
Landzungen  und  tief  eingeschnittenen,  zum  Teile  als  Häfen  ausgezeichnet  ver- 
wendbaren Buchten.  Nur  zwei  Halbinseln  sind  von  bedeutenderer  Größe: 
Istrien  und  Sabbioncello.  Unter  den  Buchten  sind  der  Golf  von  IViest  und  der 
Quarnero,  welche  Istrien  im  Westen  und  Osten  vom  F'estlande  trennen,  ferner 
das  Mare  di  Novigrad,  der  Canale  della  Narenta  (der  Sabbioncello  vom  P'est- 
lande  scheidet)  und  endlich  die  berühmten  «Bocche^)  di  Cattaro»  die  bedeu- 
tendsten. 

Die  Küste  verläuft  im  großen  und  ganzen  von  Nordwest  nach  Süd- 
ost. Die  Länder,  die  ans  Meer  grenzen,  sind  von  Norden  nach  Süden  fol- 
gende: Görz  und  Gradiska,  das  Territorium  von  Triest,  Istrien-), 
das  Territorium  von  Fiume^),  Kroatien^),  Dalmatien'^)  (an  zwei  Stellen 
durch  die  Herzegowina^)  auf  kurze  Strecken  unterbrochen),  Monte- 
negro ^). 

Eine  große  Zahl  von  Inseln  begleitet,  oft  in  mehreren  Reihen  hinter- 
einander, die  ganze  illyrische  Küste  vom  Innenwinkel   des  Quarnero  bis  in  die 


')  Bocche  ist  die  Mehrzahl  von  bocca  (ital.)  ^=  Mund,  Mündung,  Einfahrt. 

-)  Diese  drei  Gebiete  haben  separate  gewählte  Vertretungsliörper  («Landtage»),  bilden 
aber  zusammen  einen  politischen  Verwaltungskomplex,  der  als  «Küstenland»  bezeichnet 
wird  und  zu  Österreich  gehört. 

^)  Zu  Ungarn  gehörig;  werden  hier  nicht  berührt,  daher  im  Haupttitel  weggelassen. 

*)  Zu  Österreich  gehörig. 

^)  Zum  Okkupationsgebiete  gehörig. 

'')  Souveräner  Staat. 

I* 


Gegend  von  Ragusa  vecchia.  Nur  die  Westküste  Istriens  (mit  Ausschluß  des 
südlichsten  Stückes),  dann  ein  Küstenstrich  in  Mitteldalmatien  und  der  süd- 
lichste Teil  der  ganzen  Küste  ist  frei  oder  fast  frei  von  Inseln.  Als  Fort- 
setzungen der  Höhenzüge  des  F'estlandes,  mit  dem  sie  zweifellos  einst 
in  Verbindung  gestanden  sind,  von  dem  sie  nur  durch  Einsinken  des  ganzen 
Landes  unter  das  Niveau  des  Meeres  getrennt  wurden,  ahmen  sie  getreu  den 
Verlauf  der  Höhenzüge  der  benachbarten  Festlandsküste  nach;  ihre  Längsachse 
ist  im  allgemeinen  von  Nordwesten  nach  Südosten  gerichtet;  ausgenommen 
hieven  sind  die  nordsüdlich  gerichteten  nördlichsten,  politisch  zu  Istrien  ge- 
hörigen, sowie  die  großen  mitteldalmatinischen  Inseln,  deren  Längsachse  von 
Ost  nach  West  verläuft. 

Die  Inseln  —  als  Reste  untergesunkener  Höhenzüge  —  liegen  meist  in 
mehr  oder  weniger  deutlich  erkennbaren  Reihen  oder  Ketten.  Von  ganz  be- 
sonderer Bedeutung  ist  diejenige  Reihe  von  Inseln,  die,  mit  Lagosta  beginnend, 
die  kleinen  Eilande  Pelagosa,  Pianosa  ^)  und  die  Tremiti-Gruppe^)  umfaßt,  denn 
sie  stellt  die  Reste  des  Nordufers  eines  Meeresteiles  dar,  der  in  der  Pliocänzeit 
bis  hierher  reichte,  zu  einer  Zeit,  als  die  dalmatinischen  und  istrianischen 
Inseln  noch  mit  dem  illyrischen  Festlande  zusammenhingen  und  eine  breite 
Landbrücke  von  Dalmatien  zu  dem  damals  von  Italien  getrennten  Monte  Gar- 
gano  herüberzog. 

Noch  heute  spricht  sich  dieser  erdgeschichtliche  Werdegang  aufs  deut- 
lichste in  den  Tie  fenve  rhä  It  ni  sse  n  des  nördlichen  und  südlichen  Beckens 
der  Adria  aus.  Ersteres  ist  sehr  flach,  überschreitet  beispielsweise  im  Golf 
von  Triest  fast  nirgends  die  Tiefe  von  3om,  in  den  übrigen  Teilen,  mit  Aus- 
nahme einer  schmalen  Stelle  südwestlich  von  Sebenico,  die  tiefer  ist  als  200  m, 
kaum  die  von  15077z;  letzteres  fällt  südöstlich  von  der  obenerwähnten  Inselreihe 
alsbald  zu  einer  Tiefe  von  nahezu  1600777  ab. 

Das  ganze  Gebiet  ist  ausgesprochenes  Bergland;  bisweilen  ist  die 
Höhe  der  Bodenerhebungen  allerdings  eine  sehr  geringe,  und  dann  sinkt  das 
Land  zu  einem  sanftwelligen  Hügellande  herab  —  so  im  südlichen  Istrien  und 
nördlichen  Dalmatien  —  aber  eigentliche  Ebenen  gibt  es  nur  sehr  wenige,  und 
diese  sind  von  ziemlich  geringer  Ausdehnung.  Dagegen  ist  die  Oberflächen- 
form des  Plateaus  sehr  verbreitet;  derlei  Plateaus  stürzen  dann  oft  mehrere 
hundert  Meter  steil  zum  Meere  ab,  solchergestalt  wirkliche  Gebirgszüge  vor- 
täuschend. Der  Absturz  des  Koziak  bei  vSpalato,  der  Abhang  des  montene- 
grinischen Hochlandes  gegen  die  Bocche  di  Cattaro  sind  Beispiele  für  Plateau- 
abstürze. Sonst  kommen  natürlich  auch  sanft  geformte  Hügelreihen,  sowie 
höhere  Gebirge  mit  oft  sehr  scharfen  Formen  vor. 

Die  Tiefen  formen  des  Terrains  sind  von  denen  des  mittleren  Europa 
ganz  verschieden.  Die  Erosionstäler,  die,  zu  leicht  übersehbaren  Systemen  ver- 


')  Politisch  zu  Italien  gehörig 


einigt,  die  meisten  unserer  Gebirge  und  Hügelhindscliaften  in  einer  die  Orien- 
tierung so  sehr  fördernden  Weise  gliedern  und  ausgezeichnete  Leitlinien  ab- 
geben, fehlen  im  illyrischen  Küstengebiete  natürlich  nicht  ganz,  spielen  aber 
doch  lange  nicht  die  Rolle  wie  in  Mitteleuropa  und  bilden  selten  reich  ver- 
zweigte Talsysteme  ^).  Vielmehr  haben  die  Niederungen  meist  den  Charakter 
schmälerer  oder  breiterer,  rundlicher  oder  langgestreckter  und  in  letzterem 
Falle  oft  verzweigter  oder  gelappter  Einsenkungen  zwischen  den  Bergen. 

Die  für  das  illyrische  Küstengebiet  charakteristischste  Tiefenform  ist  die 
Doline^).  Dolinen  sind  namentlich  auf  den  wenig  geneigten  Plateaus  zu  finden, 
treten  hier  bisweilen  in  ganzen  Schwärmen  auf  und  tragen  durch  das  ewige 
Auf  und  Ab  viel  zur  schwierigen  Zugänglichkeit  solcher  Gebiete  sowie  zur 
Gefahr,  sich  darin  zu  verirren,  bei;  sie  stellen  kreisförmige  oder  elliptische  Ver- 
tiefungen meist  von  trichterförmiger  Gestalt  dar.  Ihre  Größe  ist  außerordent- 
lich verschieden,  ihr  Durchmesser  beträgt  wenige  Meter  bis  fast  ikm;  ihre 
Hänge  sind  oft  sehr  sanft  und  dann  meist  mit  Erdreich  bedeckt,  oft  auch  steil, 
felsig;  manche  Dolinen,  so  die  berühmte  Grottendoline  von  St.  Canzian,  sind 
zum  Teil  von  senkrecht  abstürzenden  Wänden  begrenzt. 

Alle  größeren,  namentlich  die  langgestreckten  und  die  gebuchteten  Ver- 
tiefungen werden  in  den  illyrischen  Ländern  von  den  Einwohnern  als  «Polje»^) 
(serbokroatisch  =  Feld)  bezeichnet;  dieser  Name  ist  auch  in  die  wissenschaft- 
liche Nomenklatur  übergegangen.  Zwischen  Doline  und  Polje  läßt  sich  eine 
scharfe  Grenze  nicht  ziehen. 

Die  Gestalt  und  Obe  rflächen  fo  rm  der  Inseln  mag  noch  mit 
wenigen  Worten  besprochen  werden.  Die  Größe  der  Inseln  ist  außer- 
ordentlich verschieden;  Veglia  (420 A-?»^),  Cherso  {5ggkm~)  und  Brazza  (390 A-?);^) 
sind  die  größten.  Auch  die  Länge  der  Inseln  ist  sehr  verschieden;  während 
Cherso  und  Lesina  nahezu  6^ km,  respektive  70 A-?72  lang  sind,  gibt  es  anderseits 
zahlreiche  kleine  Inselchen,  die  manchmal  nur  wenige  Meter  im  Durchmesser 
haben;  diese  sogenannten  «Scoglien»  liegen  namentlich  in  größerer  Zahl  an 
der  Küste  des  nördlichen  Dalmatien  zerstreut,  umsäumen  jedoch  auch  größere 
Inseln  und  liegen  teils  einzeln,  oft  meilenweit  von  jedem  anderen  Lande  entfernt 
(vScoglio  Pomo),  oft  aber  sind  sie  zu  Reihen,  Gruppen,  ja  zu  ganzen  Schwärmen 
vereinigt.  Bei  ihrer  geringen  Größe  können  sie  der  Schiffahrt  leicht  gefährlich 
werden  ;  daher  sind  diejenigen  unter  ihnen,  an  denen  frecjuentiertere  Dampfer- 
linien vorüberführen,  mit  Leuchttürmen  versehen.  Die  Form  der  ganz  kleinen 
Scoglien  ist  meist  die  eines  abgerundeten  Kegels  mit  ziemlich  sanften  Hängen  ; 
an  einigen  Stellen,  so  bei  Gravosa  und  Ragusa  vecchia,  steigen  kurze  Reihen 
scharf  gezackter  Felseneilande  aus  dem  Meere  auf;  wegen  ihrer  Form  werden 
sie  als  «Pettini»  (d.  i.  Kämme)  bezeichnet. 


^)  Vgl.  das  auf  Seite  12  über  die  Flyschlandscliaft  Gesagte. 
2)  Tafel  X,  XVII.  ^)  Tafel  XVIII. 


Die  größeren  Inseln  sind  teils  sehr  langgestreckt  (bis  etwa  neunmal 
so  lang  als  breit),  teils  von  gedrungener  Gestalt;  erstere  Form  ist  entschieden 
die  häufigere.  Die  Küstengliederung  ist  wie  beim  Festlande  eine  außerordent- 
lich reiche;  auch  hier  entsprechen  die  Vorsprünge  den  Höhenzügen,  die  —  oft 
sehr  tiefen  —  Buchten  den  unter  das  Meeresniveau  gesunkenen  Tälern. 

Unter  den  größeren  dalmatinischen  Inseln  unterscheiden  sich  die  süd- 
lichen in  ihrer  gesamten  Oberflächengestaltung  in  sehr  bemerkenswerter  Weise 
von  den  übrigen.  Während  bei  letzteren  die  ganze  Insel  einen  gegen  einen 
Gipfel  kulminierenden  Höhenzug  bildet  (der  freilich  durch  zahlreiche  Sättel 
meist  eine  zackige  Kontur  bekommt),  kann  bei  jenen  eine  derartige  oro- 
graphische  Leitlinie  nicht  gefunden  werden;  vielmehr  stellt  die  ganze  Insel  eine 
mehr  oder  weniger  unregelmäßige  Berggruppe  dar,  und  zwischen  den  Bergen 
sind  kesseiförmige  oder  langgestreckte,  oft  vielfach  gelappte  und  verzweigte 
Niederungen  eingesenkt.  Grossa,  Brazza,  Lesina  sind  Vertreter  des  ersten 
Typus;  der  zweite  wird  am  reinsten  durch  Lagosta  repräsentiert,  aber  auch 
Meleda,  Curzola  und  teilweise  auch  Lissa  sind  hierher  zu  rechnen. 

Die  absolute  Höhe  der  einzelnen  Teile  des  illyrischen  Küstengebietes 
ist  in  den  verschiedenen  Teilen  eine  recht  verschiedene.  Das  System  der  krai- 
nisc  h-küstenländischen  Plateaus  zeigt  deutlich  mehrere  hintereinander- 
liegende  und  verschieden  hohe  Stufen,  die  durch  sehr  ausgesprochene  und  in 
der  Landschaft  auffallende  Steilhänge  voneinander  geschieden  sind.  Nordöstlich 
von  Görz  zieht  der  lange  Plateauabsturz  des  Ternovanerwaldes,  der  in  seinem 
südöstlichen  Teile  in  den  Birnbaumerwald  übergeht  und  in  der  Gegend  von 
Adelsberg  einen  weithin  sichtbaren  mauerartigen  Abhang,  den  Nanos,  bildet. 
Die  Höhe  dieser  Plateaus  beträgt  an  einigen  Punkten  dicht  am  Rande  des  Ab- 
sturzes noch  über  i3ooiu  und  übersteigt  in  den  kulminierenden  Erhebungen 
1400m.  Südwestlich  von  dieser  höheren  breitet  sich  eine  viel  niedrigere  Plateau- 
stufe, der  Triestiner  Karst,  aus,  der,  von  Nordwesten  nach  Südosten  all- 
mählich ansteigend,  in  der  Gegend  von  Triest  eine  durchschnittliche  Höhe  von 
400 ?n  besitzt;  nach  Südosten  höher  werdend,  geht  er  in  das  langgestreckte 
Plateau  des  Tschitschenbodens  über,  das,  gegen  Südwesten  steil  gegen 
Inneristrien  abfallend,  mehrere  Gipfel  über  1000  »z  Höhe  aufzuweisen  hat  und, 
bei  Abbazia  in  südliche  Richtung  umbiegend,  im  Monte  Maggiore,  dem 
höchsten  Berge  der  istrischen  Halbinsel,  iSgöm  erreicht.  Vom  nordöstlichen 
Teile  derselben  wird  noch  später  zu  sprechen  sein;  der  übrige  Teil  der  Halbinsel 
südlich  der  Linie  Fianona  —  Pisino — Salvore  ist  größtenteils  Plateau-  und  flach- 
welliges Hügelland  mit  zahlreichen  Dohnen. 

Das  kroatische  Küstengebiet  ist  ein  Plateau-  und  Bergland,  auf 
dessen  nähere  Beschreibung  hier  verzichtet  werden  kann,  da  es  ganz  außerhalb 
der  Reiseroute  liegt.  Der  Steilhang  desselben  tritt  überall  ganz  nahe  an  die 
Küste  heran,  wird  nach  Südosten  immer  höher  und  erhebt  sich  zu  der  mächtigen 
zackigen  Mauer  des  Velebit  (höchste  Erhebungen  über  1750  »/),  der  bei  jeder 


P'ahrt  in  den  norddalinatinischen  Gewässern  stundenlang  den  östlichen  Abschluß 
des  Horizontes  bildet.   Im  grüßten  Teile  seines  Verlaufes  ist  der  Velebit  Küsten- 
gebirge; wo  sich  jedoch  die  niedrige  Landmasse  Norddalmatiens  an  das  höhere 
Binnenland  angliedert,    zieht  er,   die  Grenze  zwischen  üalmatien  und  Kroatien 
bildend,  im  Innern  bis   in   die  Gegend  von   Knin,   wo   der  Zug  der  Dinarischen 
Alpen  (üinara  i83i)?!,  Troglav  igi3?;/)  beginnt,  der  bis  etwa  in  die  Breite  von  Spa- 
lato  die  Grenze  zwischen  Üalmatien   und  Bosnien  bildet.   Im  ganzen  nördlichen 
Dalmatienbis  in  die  Gegend  von  Spalato  streichen  also  die  höheren  Gebirge  tief 
im  Innern  an   der  Grenze  des  Okkupationsgebietes.    Das  Innere  dieses  Teiles 
von  Dalmatien  ist  teils  von  ausgedehnten,  fast  ebenen  Plateaus  erfüllt,  teils  von 
Hügel-   und  niedrigem   Bergland,   nur  wenige  Punkte    sind   höher  als   iooo;n. 
Erst  östlich  von  vSpalato  tritt  wieder  ein  höheres  Gebirge,  der  Monte  Mossor 
(i33o77z) näher  an  die  Küste  heran;  nach  Südosten  schließt  sich  der  Biokovo  an, 
der  dicht  über  der  Hafenstadt  Makarska  einen  prachtvollen  Steilabsturz  bildet  und 
dessen  Plateau  im  Sveti  Juro  1762  ?n  erreicht.    Wiederum  ist  die  Küste  nur  von 
niedrigeren   Bergen  begleitet;   auch  im  Gebiete  von  Ragusa  sind  sie  nur  von 
mäßiger  Höhe,   fallen   aber   ziemlich   steil   ab.    Erst  in  den  Bocche  di  Cattaro 
trittdasGebirgslandder  KrivoSije  und  die  «Schwarzen  Berge»  (Montenegro) 
mit  gewaltigen  Abstürzen  dicht  an  die  Küste  heran.    Am  steilsten  und  höchsten 
ist  dieser  Absturz  wohl  oberhalb  Cattaro,  wo  der  von  der  Küste  nur  i^j^kin  ^) 
entfernte  Pegtin  grad  1072  m  Höhe   erreicht.    Übrigens  liegt  im  Berglande  der 
KrivoSije  unweit  des  Trifmiums  von  Dalmatien,  der  Herzegowina   und  Monte- 
negro der  höchste  Gipfel  Dalmatiens,  der  Orjen  (1895  m). 

Die  Berge  der  Inseln  sind  —  wie  schon  aus  ihrer  Entstehung  als  ver- 
sunkener Festlandsteile  hervorgeht  —  meist  niedriger  als  die  des  benachbarten 
Kontinents  ;  nur  in  Norddalmatien  ist  zum  Teile  das  Umgekehrte  der  P'ali. 
Die  höchste  Erhebung  der  dalmatinischen  Inselwelt  ist  der  Monte  San  Vito 
auf  Brazza  (778?;?)  ;  rechnet  man  jedoch  auch  Sabbioncello,  das  nur  durch  eine 
sehr  schmale  Landenge  mit  dem  Festlande  zusammenhängt,  zu  den  Inseln, 
so  wird  der  genannte  Berg  noch  durch  den  Monte  Vipera  (961  m)  übertroffen. 
Es  folgen  dann  der  Monte  San  Nicolo  auf  Lesina  (626  m),  der  Hum  auf  Lissa 
(585  ?n),  die  Klupca  auf  Curzola  (568  m)  und  der  Veliki  grad  auf  Meleda  (514  "0- 
Die  drei  großen  istrianischen  Inseln  haben  gleichfalls  Gipfel  über  5007/1  auf- 
zuweisen: den  Monte  Syss  (638  m)  auf  Cherso,  den  Monte  Ossero  {588  m)  auf 
Lussin-),  die  Obzova  (569  ;h)  auf  Veglia. 

Die  Gesteine,  welche  den  Boden  des  illyrischen  Küstengebietes  und 
seiner  Inseln  zusammensetzen,  gehören  fast  durchaus  zwei  Formationen 
an,  der  oberen  Kreide  und  dem  unteren  Tertiär.  Da  die  petrographische 
Ausbildunor  der  beiden  Gesteine  eine  sehr  verschiedene  ist,  da  sich  dieselben  m 


')  Horizontal  gemessen ;  vgl.  Tafel  XX. 

-)  Eine  der  markantesten  Berggestalten  dieser  Gegend. 


bezug  auf  Farbe,  Verwitterbarkeit  sowie  durch  die  Art,  wie  das  fließende  Wasser 
auf  sie  einwirkt,  sehr  stark  voneinander  unterscheiden,  so  treten  sie  —  da  ja 
durch  die  weitgehende  Denudation  dieser  Länder  die  Bedeckung  des  Bodens  mit 
Dammerde  eine  sehr  geringe  ist  und  die  geologische  Unterlage  selten  stark  ver- 
deckt wird  —  in  der  Landschaft  außerordentlich  scharf  hervor,  und  diese  erhält, 
wo  die  beiden  Gesteinsarten  aneinander  grenzen,  ein  sehr  wechselvolles  Aussehen. 

Die  obere  Kreide  ist  im  ganzen  Gebiete  von  den  Plateaus  des  Terno- 
vaner-  und  Birnbaumerwaldes  durch  das  Triestiner  Gebiet,  Istrien,  Kroatien 
bis  ans  äußerste  Ende  Dalmatiens  vertreten  durch  einen  weißen,  sehr  reinen 
Kalkstein,  den  «Rudistenkalk».  Er  bildet  den  weitaus  größten  Teil  des 
Bodens  dieser  Länder,  er  dehnt  aber  sein  Gebiet  auch  noch  weithin  über  das 
westliche  Bosnien,  die  Herzegowina,  Montenegro,  Albanien  bis  ins  westliche 
Griechenland  aus.  Er  bildet  die  ausgedehnten,  von  Dohnen  durchsetzten  Pla- 
teaus, die  Hügellandschaften  und  nicht  minder  auch  einen  Teil  der  Gebirge 
dieser  Länder.  Seine  Farbe  ist  ein  sehr  reines  Weiß,  daß  an  sonnigen  Tagen 
durch  seine  außerordentliche  Helligkeit  in  pflanzenarmen  Landstrichen  — •  an 
denen  ja  in  unserem  Gebiete  kein  Mangel  ist  —  dem  Auge  wehe  tut. 

Die  Leitfossilien  dieses  Gesteines  sind  die  sogenannten  Rudis ten, 
Muscheln  von  sehr  eigentümlicher  Form,  die  namentlich  den  Gattungen 
Hippurites  und  Radiolites  angehören;  die  ganze  Familie  ist  lediglich  auf 
die  Kreide  beschränkt,  ja  nur  in  der  oberen  Kreide  stärker  entwickelt  —  und 
gerade  dieses  Verhalten  bedingt  ja  ihre  Brauchbarkeit  als  Leitfossilien.  Ihre 
Form  ist  höchst  seltsam  und  von  der  uns  geläufigen  Muschelform  sehr  stark 
abweichend.  Die  beiden  Schalen  sind  sehr  ungleich.  Die  größere  Schale  ist 
kegelförmig  und  gleicht  etwa  dem  Hörn  eines  kurzhörnigen  Rindes;  die  kleinere 
ist  fast  flach,  nur  in  der  Mitte  schwach  emporgezogen;  die  Höhlung  ist  wegen 
der  bedeutenden  Dicke  der  Schale  sehr  klein;  die  kleinere  Schale  trägt  überaus 
mächtig  entwickelte  Schloßzähne.  Es  ist  begreiflich,  daß  diese  so  abweichende 
Tierform  lange  Zeit  systematisch  falsch  beurteilt  worden  ist  —  erst  die  Auf- 
findung von  Ubergangsgliedern  zu  normalen  Formen  ermöglichte  die  richtige 
Einreihung.  In  der  jetzigen  Lebewelt  stellt  die  Gattung  (Ihaina  («Lazarus- 
klappe») den  letzten  Rest  dieser  Entwicklungsreihe  dar. 

Es  mag  auch  schon  hier  die  Einwirkung  des  fließenden  Wassers 
auf  die  Kalklandschaften  der  illyrischen  Küstengebiete  geschildert  werden, 
besonders  deshalb,  weil  dieselbe  —  wie  oben  erwähnt  —  mit  der  Gesteinsart 
aufs  innigste  verknüpft  ist.  Erst  wenn  man  diese  Einwirkung  kennt,  kann  der 
eigentliche  Landschaftscharakter  dieser  Länder  richtig  erfaßt,  erst  dann  eine 
Anzahl  von  Erscheinungen  verstanden  werden,  die  unter  dem  Namen  «Karst- 
erscheinungen»')    zusammengefaßt    werden    und    die,    obwohl    in    anderen 


')   Herr  Dr.   F.   Kerner  von   der  k.   k.   geologischen   Reichsanstalt  in  Wien  hatte 
die  große  Freundlichkeit,   mir  die   modernen   Anschauungen    über    die  Geologie    <ler  illy- 


Ländern  mit  älinliclien  geolüoischen  Bedingungen  (Schwäbische  Alb,  Plateau- 
gebirge der  nördlichen  Kalkalpen,  «Gausses»  in  Südfrankreich)  keineswegs 
fehlend,  doch  nirgends  in  so  ausgesprochener,  ja  großartiger  Entwicklung  auf- 
treten, weshalb  die  illyrischen  Küstengebiete  samt  den  angrenzenden  Teilen 
der  Nachbarländer  direkt  als  «Karstländer»  bezeichnet  werden. 

Am  wenigsten  treten  diese  Eigentümlichkeiten  dort  hervor,  wo  stark 
geneigte  Abhänge  vorhanden  sind.  Dort  läuft  das  Wasser  teilweise  in  Erosions- 
tälern oberirdisch  ab.  Wo  aber  die  Neigung  der  Hänge  geringer  ist,  oder  in 
Plateaulandschaften,  dort  könnte  das  Wasser  auf  die  oben  erwähnte  Art  nur 
langsam  abfließen,  und  solche  Gegenden  sind  es,  in  denen  die  Karstphänomene 
mit  voller  Klarheit  auftreten.  Sie  werden  hier  bedingt  durch  zwei  Eigen- 
schaften der  reinen  Kalksteine:  die  starke  Zerklüftung  und  die  große 
Löslichkeit  in  kohlensäurehaltigem  Wasser.  Durch  das  außerordentlich 
entwickelte  System  von  Klüften  und  Spalten  sinkt  das  Wasser  rasch  in  die 
Tiefe,  und  so  kommt  es,  daß  die  Zirkulation  desselben,  die  sich  in  anderen 
Gegenden  größtenteils  oberflächlich  abspielt,  hier  fast  durchaus  unter  die  Erd- 
oberfläche verlegt  wird.  Man  kann  in  den  Karstländern  stundenweit  wandern, 
ohne,  auch  in  der  regenreicheren  Zeit,  auch  nur  eine  Spur  von  oberflächlich 
fließendem  Wasser  zu  finden.  (Daß  im  illyrischen  Küstengebiete  als  einem  Lande 
mit  ausgeprägter  Trockenperiode  während  dieser  natürlich  auch  die  Rinnsale 
etwa  vorkommender  kleinerer  Bäche  trocken  sind,  ist  selbstverständlich.) 

Das  in  den  Spalten  und  Klüften  zirkulierende  Wasser  löst  natürlich  das 
angrenzende  Gestein  auf,  erweitert  so  die  Hohlräume,  in  denen  es  sich  bewegt, 
und  gibt  schließlich  Anlaß  zu  den  zahlreichen  Grotten  und  Höhlen,  die  in 
großer  Zahl  den  Boden  der  Karstländer  durchsetzen  und  von  denen  einige  zu 
den  großartigsten  der  Welt  gehören.  Zwei  der  berühmtesten  dieser  Grotten 
liegen  im  Bereiche  der  in  diesem  Führer  beschriebenen  Route:  die  allbe- 
kannte Adelsberger  Grotte  und  die  weniger  berühmte,  aber  weit  großartigere 
Höhle  von  St.  Canzian  bei  Triest,  eine  typische  Wassergrotte,  in  welcher  das 
fließende  Wasser  sozusagen  noch  bei  der  Arbeit  beobachtet  werden  kann, 
während  die  Höhle  von  Adelsberg  vom  Wasser,  das  sich  einen  anderen  Weg 
gesucht,  längst  verlassen  worden  ist.  Dafür  hat  das  auf  Klüften  durch  die 
Höhlendecke  sickernde,  mit  aufgelöstem  Kalk  beladene  Naß  allenthalben  eine 
wahre  Wundervveit  von  Tropfsteingebilden  geschaffen,  die  der  mehr  durch 
gigantische  Formen  imponierenden  Höhle  von  vSt.  Canzian  wenigstens  in  diesem 
Ausmaße  fast  völlit>-  fehlen. 


rischen  Länder,  die  sein  Forschungsgebiet  sind,  ausführlich  auseinanderzusetzen;  ich  bin 
ihm  hierfür  im  allgemeinen,  besonders  aber  für  die  Mitteilungen  über  die  moderne  Auf- 
fassung der  Karstphünomene  zu  großem  Danke  verpflichtet.  Vgl.  über  diese  Phäno- 
mene: Penck,  «Über  das  Karstphänomen»  in  den  Schriften  des  Vereines  zur  Verbreitung 
naturwissenschaftlicher  Kenntnisse  XLIV,  S.  3.  Dieser  Vortrag  enthält  vornehmlich  die 
Resultate  der  einschlägigen  Arbeiten  von  J.  Cvijic  und  A.  Grund. 


Nicht  selten  stürzt  die  Decke  einer  Höhle  ein,  die  darüberliegenden  Ge- 
steinsmassen sinken  nach,  und  an  der  Erdoberfläche  entsteht  dann  eine  Doline. 
Es  soll  damit  nicht  gesagt  werden,  daß  Üolinen  sich  nicht  auch  auf  andere  Art 
bilden  können  —  aber  vivile  derselben  sind  gewiß  auf  diese  Art  entstanden;  in 
manchen  Dolinen  findet  man  im  Grunde  die  Öffnung  eines  in  die  Tiefe  setzenden 
vSchlotes,  häufiger  IVümmerwerk,  das  ihn  verstopft.  In  einigen  Fällen  wurde 
ein  derartiges  Nachsinken  der  oberflächlichen  Gesteinsmassen  direkt  beobachtet, 
in  anderen  (so  an  einigen  Stellen  der  Adelsberger  Grotte)  konnte  nachgewiesen 
werden,  daß  bestimmte  Blockanhäufungen  in  der  Grotte  genau  unter  Dolinen 
liegen.  —  Andere  Dolinen  sind  entstanden,  indem  der  Kalk  an  irgendeiner 
Stelle  durch  das  Wasser  von  der  Erdoberfläche  aus  aufgelöst  worden  ist.  ^) 

Die  oben  erwähnten  «Poljen»  können  gleichfalls  auf  verschiedene  Arten 
entstanden  sein.  In  einzelnen  Fällen,  allerdings  nicht  häufig,  entsprechen  sie 
direkt  einer  Schichtmulde,  sodaß  also  die  Oberflächengestaltung  mit  der  Tek- 
tonik übereinstimmt;  andere,  namentlich  solche  Poljen,  in  deren  Grund  keines 
der  unter  dem  Rudistenkalk  lagernden  Gesteine  (Dolomit,  Werfener  Schiefer, 
ersterer  der  mittleren  Kreide,  letzterer  der  Trias  angehörig)  zutage  treten, 
sind  in  derselben  Art  wie  die  Dolinen  entstanden,  von  denen  sie  ja  nicht  scharf 
getrennt  werden  können ;  die  großen  Poljen  endlich,  so  z.  B.  das  Sinjsko  polje, 
stellen  «Faltenaufbrüche»  dar,  und  die  älteren  Gesteine  treten  dann  in  ihrem 
Grunde  zutage.  ^) 

Die  größeren  Poljen  treten  oft  in  Beziehung  zu  den  oberirdischen 
Flüssen,  deren  es  in  unserem  Gebiete  allerdings  nur  wenige  gibt. 
Bei  einer  mehrfach  vorkommenden  Form  derselben,  die  z.  B.  durch  das  Sinjsko 
polje,  das  Mostarsko  polje  ^)  repräsentiert  wird,  tritt  der  Fluß  (im  erwähnten 
Falle  die  Cetina,  respektive  die  Narenta)  in  das  Polje  durch  ein  gewöhnliches, 
enges  Erosionstal  ein  und  nach  Durchstromung  des  Kesseltales  durch  ein  ähn- 
liches Tal  wieder  aus,  um  in  normaler  Weise  in  das  Meer  zu  münden. 

Es  kommt  aber  auch  vor,  daß  ein  Fluß  überhaupt  nur  im  Polje  zu- 
tage tritt,  sonst  dagegen  durchaus  unterirdisch  fließt.  So  verschwindet  die 
Poik  nach  kurzem  Laufe  bei  Adelsberg  unweit  des  Einganges  in  die  be- 
rühmte Grotte  im  Gebirge  und  kommt  erst  wieder  zirkasA-^n  weiter  nord- 
östlich zum  Vorschein,  durchfließt  als   «Unz»    das  Polje  von  Planina  und  ver- 


^)  Die  so  entstandenen  Dolinen  werden  in  dem  oben  erwähnten  Vortrage  Pencks 
als  Dolinen  (im  engeren  Sinne)  bezeichnet;  die  vorher  genannten,  den  eigentlichen  Dolinen 
im  fertigen  Zustand  sehr  ähnlichen  «Karstlöcher»  werden  daselbst  als  «Lichtlöcher*  be- 
zeichnet, und  es  wird  die  Ansicht  ausgesprochen,  daß  relativ  wenige  von  den  trichter- 
ff'irmigeu  Karstlöchern  so  entstanden  seien. 

2)  Diese  Darstellung  beruht  auf  den  mündlichen  Mitteilungen  Dr.  Kerners; 
in  dem  oben  erwähnten  Vortrage  Pencks  ist  die  Ansicht  vertreten,  daß  die  «echten 
Poljen»  durch   Einbruch   entstandene  Senkungsfelder  sind. 

^)   Nach   den   Städten   Sinj,  respektive  Mostar  so  benannt. 


schwindet  an  dessen  Nordende  wieder,  um  erst  lo  km  weiter  nordöstlich  bei 
Ober-Laibach  als  «Laibach»  zutage  zu  treten,  worauf  sie  das  «Laibacher 
Moor»  durchströmt  und  schließlich  in  die  Save  mündet. 

Viele  Poljen  sind  in  der  Regenzeit  überschwemmt  und  gleichen 
dann  Seen.  Diese  periodischen  Überschwemmungen,  welche  für  die  Boden- 
kultur der  Poljen  von  großer  Bedeutung  sind,  sind  zum  Teile  direkte  Folgen 
starker  Regengüsse,  zum  Teile  aber  werden  sie  dadurch  verursacht,  daß  der 
Grundwasserspiegel,  dessen  freie  Oberfläche  in  dem  zwar  klüftereichen,  sonst 
aber  undurchlässigen  Kalkgestein  relativ  gering  (jedenfalls  geringer  als  in 
Schotter  oder  Sand  ^)  ist,  durch  starken  Regen  rapid  steigt,  wobei  das  Wasser 
meist  aus  «Speilöchern»  (auch  «Ponore»  genannt)  hervordringt.  In  diesen 
Ponoren  verschwindet  es  auch  wieder,  wenn  der  Wasserspiegel  sinkt;  übrigens 
bezeichnet  man  mit  dem  Namen  Ponore  auch  die  Schlünde,  durch  die  ein  Karst- 
fluß in  die  Tiefe  strömt. 

Das  unterirdisch  zirkulierende  Wasser  kann  natürlich  an  geeigneten 
Stellen  als  Quelle  zu  Tage  treten  —  wie  anderwärts,  doch  fehlen  derlei 
Quellen  weiten  Strecken;  daher  spielen  im  illyrischen  Küstengebiete  die 
Zisternen  eine  wichtige  Rolle,  deren  Wasser  zum  Teile  wenigstens  den 
schlechten  Ruf,  in  dem  es  steht,  absolut  nicht  verdient.  In  besonders  trockenen 
Jahren  sind  die  Zisternen  im  Hochsommer  bereits  erschöpft,  und  dann  leiden 
manche  Gebiete  (so  z.  B.  die  Insel  Lesina)  so  sehr  unter  Wassernot,  daß  sogar 
Staatshilfe  in  Anspruch  genommen  werden  muß. 

Eine  den  Karstländern  eigentümliche  Erscheinung  sind  die  höchst  merk- 
würdigen kurzen,  dabei  sehr  breiten  und  wasserreichen  Flüsse,  die 
schon  nach  einem  Laufe  von  wenigen  Kilometern  das  Meer  (Timavo  bei  Duino, 
Ombla  bei  Ragusa)  oder  einen  anderen  Fluß  (Buna  bei  Mostar)  erreichen. 
Häufig  sprudelt  das  Wasser  in  gewaltiger  Menge  und  mit  voller  Breite  am 
Fuß  einer  mächtigen  senkrechten  Felswand  hervor,  und  durch  diese  Umrahmung 
sowie  durch  den  Kontrast  der  überaus  üppigen  Vegetation,  die  das  belebende 
Naß  schafft,  gegen  die  öde  steinige  Umgebung  gehören  gerade  diese  Punkte  zu 
den  landschaftlich  reizvollsten  der  Karstländer.  Nicht  immer  gelingt  es,  einen 
derartigen  Küstenfluß  mit  einem  weiter  landeinwärts  fließenden  und  in  der 
Tiefe  verschwindenden  Wasserlauf  in  bestimmte  Beziehung  zu  setzen.  Zur 
Erklärung  des  Phänomens  genügt  bisweilen  auch  die  Annahme,  daß  eine  der- 
artige  Quelle,    wie  sie  eben  geschildert  wurde,    dem  Zusammenströmen   der 


^)  Die  Zwischenräume  zwischen  (kugelförmigen)  Sandkörnern  oder  Gerollen  machen 
bei  dichtester  Lagerung  zirka  ein  Viertel  des  Ganzen  aus;  beim  Kalk  beträgt  das  Vo- 
lumen der  Klüfte  nur  2 — 6°/oo  des  Ganzen.  Daher  kann  schon  eine  relativ  geringe  Ver- 
mehrung des  Grundwassers  im  Kalkstein  (des  «Karstwassers»)  ein  sehr  starkes  Steigen 
des  Wasserspiegels  hervorrufen.  —  Die  Feststellung  der  Ähnlichkeiten  und  Unterschiede 
zwischen  dem  gewöhnlichen  Grundwasser  und  dem  Karstwasser  ist  eigentlich  das  Haupt- 
ergebnis der  oben  erwähnten   Arbeit  von  A.  Grund. 


unterirdischen  Wasseradern  eines  größeren  Gebietes  ihre  Entstehung  ver- 
dankt. In  anderen  Fällen  freilich  zwingen  gewisse  Erscheinungen  zur  Annahme 
größerer  unterirdischer  Reservoirs.  Übrigens  wird  der  Timavo  mit  der  in  der 
St.  Canzianer  Höhle  verschwindenden  Reka,  die  Ombla  mit  der  Trebinjcica  in 
Beziehung  gebracht. 

Unzertrennlich  mit  den  Rudistenkalken  verbunden  ist  eine  bestimmte 
Erdart,  die  ebenso  zu  den  Karsterscheinungen  gehört  wie  die  eben  erwähnten 
Phänomene,  die  «Terra  rossa»,  d.h.  rote  Erde.  Ihr  augenfälligstes  Merkmal, 
die  intensiv  braunrote  Farbe,  wird  durch  den  Namen  genügend  gekennzeichnet; 
sie  bedeckt  —  wo  sie  nicht  abgeschwemmt  ist  —  überall  die  Rudistenkalke, 
kann  in  flachem  oder  schwach  hügeligem  Terrain,  wo  die  Wegschwemmungs- 
gefahr  gering  ist,  weite  Strecken  überziehen  —  sie  hat  beispielsweise  dem 
ganzen  südwestlichen  Teile  von  Istrien,  wo  sie  stellenweise  in  großer  Mächtigkeit 
dem  Kalk  auflagert,  den  Namen  «Istria  rossa»  («das  rote  Istrien»)  verschafft; 
wo  klüftereicher  Boden  oder  Vertiefungen  der  verschiedensten  Art  (Dolinen, 
Poljen)  sich  finden,  dort  wird  sie  in  den  Spalten  des  Gesteins,  in  den  Trichtern 
und  Kesseltälern  zusammengeschwemmt  und  macht  den  Besitz  solcher  erd- 
erfüllter Vertiefungen  in  erdarmen  Gegenden  überaus  wertvoll. 

Chemisch  ist  die  Terra  rossa  ein  stark  eisenhaltiger  Ton;  ihrer  Ent- 
stehung nach  stellt  sie  den  Rückstand  dar,  der  nach  der  Auflösung  des  Kalkes 
durch  kohlensäurehaltiges  Wasser  zurückbleibt. 

In  den  Mulden  der  Kalklandschaften  sowie  dort,  wo  dieselben  zum  Meere 
hinabsinken,  treten  vielfach  in  den  illyrischen  Küstengebieten  mehr  oder  weniger 
ausgedehnte  alttertiäre  Ablagerungen  auf,  die  dem  oberen  Eozän  zu- 
gerechnet werden  und  derjenigen  petrographischen  Ausgestaltung  desselben 
angehören,  die  man  als  «Flysch»  (auch  wohl  als  «Macigno»)  bezeichnet.  Es 
sind  sehr  versteinerungsarme  und  leicht  verwitternde  Sandsteine,  Schiefertone 
und  Mergel,  die  durch  alle  ihre  Eigenschaften  vom  Rudistenkalk  ganz  außer- 
ordentlich abweichen  und  der  Gegend,  in  der  sie  auftreten,  ein  von  der  Kalk- 
L'indschaft  grundverschiedenes  Aussehen  verleihen. 

Was  die  Flyschlandschaft  von  letzterer  vor  allem  unterscheidet,  ist 
die  gelblichgraue  Farbe  des  Bodens  und  die  Art  der  Erosion  durch  das  fließende 
Wasser,  welches  in  normalen,  meist  sehr  tief  in  das  weiche  Gestein  einge- 
rissenen Erosionstälern  zirkuliert,  reich  verzweigte  Talsysteme  hervorbringt 
und  so  Terrainformen  schafft,  wie  wir  sie  von  unseren  mitteleuropäischen 
Hügellandschaften  gewohnt  sind.  Von  Plateaubildung,  von  sämtlichen  Karst- 
erscheinungen (Höhlen,  Dolinen  etc.),  von  Terra  rossa  ist  hier  keine  Spur:  die 
Dammerde  wird  hier  nicht  durch  Auslaugung,  sondern  durch  Verwitterung 
gebildet. 

Von  den  beiden  größten  Flyschlandschaften  des  illyrischen  Küsten- 
gebietes bildet  die  eine  den  größten  Teil  des  nordöstlichen  Istriens  von  den 
Abhängen  des  Tschitschenbodens  bis  zur  Linie  Fianona — Pisino  —  Salvore,  die 


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andere  erfüllt  den  mittleren  Teil  des  nördlichen  üalinatien.^)  Erstere  bedeckt 
auch  die  meerwärts  gerichteten  Abhänge  des  Triestiner  Karstes  und  steht  nach 
Osten  zu  mit  einer  gleichfalls  bedeutenden  Flyschlandschaft  («Berkin»)  in  Ver- 
bindung, die  sich  vom  Trifinium  der  Länder  Krain,  Görz  und  Istrien  nacli 
Südosten  erstreckt  und  gegen  Nordwesten  einen  mächtigen  Ast  gegen  Adels- 
berg und  bis  in  die  Gegend  der  Stadt  Görz  entsendet.  Der  nördliche  Teil  dieser 
Flyschlandschaft  wird  von  der  Südbahn  gequert,  und  so  läßt  sich  schon  wäh- 
rend der  Eisenbahnfahrt  ihr  Landschaftscharakter  und  ihre  Verschiedenheit 
von  der  Kalklandschaft  mit  außerordentlicher  Schärfe  erkennen. 

Kleinere  Flyschgebiete,  meist  lange  schmale  Streifen,  sind  mehrfach 
in  die  Kalklandschaften  eingelagert  und  begleiten  besonders  gerne  die  Abfälle 
des  Landes  gegen  das  Meer.  So  beginnt  bei  Trau  in  Mitteldalmatien  ein  solcher 
Flyschstreif,  der,  mehrmals  zu  größerer  Breite  anschwellend  und  nur  zweimal 
(an  der  Narentamündung  und  bei  Ragusa)  unterbrochen,  den  ganzen  Abfall  der 
Kalkberge  gegen  das  Meer  begleitet  und  der,  in  den  Bocche  di  Cattaro  sehr 
breit  werdend,  zusammen  mit  anderen,  gleich  zu  besprechenden  Tertiärge- 
steinen die  ganzen  Berglandschaften  der  «äußeren»  Bocche  bildet.  Für  manche 
Gegenden  wie  gerade  für  die  Küsten  ist  das  Vorkommen  des  Flysch  ein 
wahrer  Segen:  das  leicht  verwitterbare  Gestein  ist  eine  unversiegliche  Quelle 
für  die  Bildung  von  Üammerde,  und  auch  die  Abschwemmung  derselben  schadet 
nicht  viel.  Derlei  Landstriche  gehören  zu  den  kultiviertesten  und  bevölkertsten 
des  Landes:  es  seien  nur  die  «sette  Castelli»,  die  Spalatiner  Halbinsel,  das 
Canalital  genannt;  die  hinter  dem  schmalen  Flyschstreif  ansteigenden  kahlen 
Kalkberge  zeigen,  daß  diese  Gebiete  nicht  wären,  was  sie  sind,  wenn  ihnen 
der  Flysch  mangelte. 

Ökologisch  stellt  der  Flysch  einen  «kalten»  Boden  dar,  auf  welchem  eine 
ganze  Reihe  von  Pflanzen,  die  auf  Kalk  (respektive  Terra  rossa)  wachsen,  nicht 
vorkommen.  Marchesetti^)  zählt  für  die  weiteren  Umgebungen  Triests  deren 
i3g  auf  und  sagt,  daß  diese  Zahl  noch  sehr  vergrößert  werden  könnte,  wenn 
man  alle  diejenigen  Arten  dazu  nehmen  wollte,  die,  ohne  dem  Flysch  völlig  zu 
mangeln,  ihn  doch  nur  spärlich  besiedeln.  Pflanzen  der  höheren  Regionen 
steigen  öfter  im  Flysch  ungemein  tief  herab,  so  (nach  PospichaP)  die  Buche 
in  Mittelistrien  bis  3oo  m,   während  sie  auf  Kalk  kaum    unter  600  m  vorkommt. 

Das  Tertiär  tritt  aber  auch  noch  in  einer  anderen,  petrographisch  völlig 
verschiedenen  Form  auf,  dem  Numm  ulitenkalk.  Derselbe  ist  fast  durchaus 
aus  den  wohlerhaltenen  Schalen  der  Riesen  unter  den  Foraminiferen,  der 
Nummuliten,  zusammengesetzt.     Die  Schalen   dieser  Tiere   sind    meist   linsen- 


^)  Hier  ist  der  eigentliche  Flysch  durch  die  nahe  verwandten  «Promina-Schichten>^ 
(Konglomerate,  Plattenmergel)  vertreten. 

2)  Flora  di  Trieste  etc.,  S.  XXXII  f. 
^)  Flora  des  österr.  Küstenlandes  I.  Siy. 


förmig;  ihr  Uurchmesser  beträgt  2 — 60111m,  das  Innere  der  Schale,  das  an 
Bruchflächen  oder  auch  an  den  natürlichen  Grenzflächen  des  Gesteines  vielfach 
sichtbar  wird,  ist  in  zahlreiche  Kammern  geteilt.  Häufig  findet  man  durch  Ver- 
witterung herausgefalIenc'.Schalen,  von  denen  man  stellenweise  ganze  Hände 
voll  sammeln  kann. 

Die  Nummuliten  sind  für  das  Eozän  ebenso  bezeichnend  —  sie  sind  in 
den  älteren  und  jüngeren  Schichten  nur  spärlich  vertreten  —  wie  die  Rudisten, 
mit  denen  sie  zum  großen  Teile  die  Verbreitung  gemeinsam  haben,  für  die  obere 
Kreide.  Die  Nummulitenkalke  stehen  im  geologischen  Alter  zwischen  Rudisten- 
kalk  und  Flysch  und  treten  demgemäß  meist  in  Form  schmaler  Streifen  am 
Rande  der  Flyschablagerungen,  dort,  wo  dieselben  an  den  Kalk  grenzen,  auf; 
doch  sind  nicht  selten  schmale  Streifen  von  Nummulitenkalk  auch  allein  in  den 
Flysch  eingelagert.  Aus  Nummulitenkalk  bestehen  auch  die  äußersten  Halb- 
inseln der  Bocche  di  Cattaro. 

Als  Grenzschichten  zwischen  Eozän  und  Kreide  treten,  namentlich  am 
Rande  der  Flyschablagerungen,  zwischen  den  Nummuliten-  und  Kreidekalken 
die  sogenannten  «Cosinaschichten»  auf,  die  eine  Süßwasserbildung  darstellen 
und  eine  sehr  reiche  und  eigenartige  Schneckenfauna  enthalten. 

Andere  geologische  Formationen  sind  im  illyrischen  Küstengebiet 
relativ  spärlich  vertreten.  Wenn  ich  mich  auf  die  Anführung  derjenigen  be- 
schränke, die  hier  von  Interesse  sind,  so  mag  erwähnt  werden,  daß  der  Kern 
des  Velebit  aus  Kalken  der  Trias  besteht;  auch  der  Berg  Vermaö  bei  Cattaro 
enthält  in  seinen  höheren  Teilen  Triaskalk,  übrigens  auch  jurassische  Schichten. 

Eruptivgesteine  (triassischen  Alters;  Diallagite,  Diorite,  Porphyrite) 
kommen  im  illyrischen  Küstengebiete  nur  an  wenigen  Punkten  und  da  nur  in 
geringer  Ausdehnung  vor,  so  bei  Knin,  Sinj,^)  S.  Stefano  bei  Budua,  ferner 
bei  Comisa  auf  der  Insel  Lissa.  Die  Scoglien  Pomo  und  Mellisello  (Brusnik) 
bestehen  ganz  aus  Eruptivgesteinen. 

2.  Klimatische  und  pflanzengeographische  Verhältnisse. 

Während  die  geschilderten  geographisch-geologischen  Eigentüm- 
lichkeiten des  illyrischen  Küstengebietes,  namentlich  die  unter  dem  Namen 
«Karsterscheinungen»  zusammengefaßten  Phänomene,  sich  ziemlich  weit 
landeinwärts  verfolgen  lassen  und  auch  in  den  Hochgebirgen  des  westlichen 
Bosnien,  der  Herzegowina  und  Montenegros  auftreten,  tritt  in  den  klimati- 
schen und  den  von  ihnen  sosehr  abhängigen  pflanzengeographischen  Ver- 


')  Wenn  man  von  Sinj  zirka  10  Minuten  auf  der  Straße  nach  Vrlika  gegen  Norden 
geht,  kommt  man  zu  einem  von  Westen  herabziehenden  Wasserriß.  Diesen  verfolgt  man 
einige  Minuten  aufwärts  und  kommt  dann  links  zu  einem  Vorkommen  von  dunkelgrünem 
Diorit.  (Mitteilung  von  F.  Kern  er.) 


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hältnissen  ein  deutlicher  Gegensatz  zwischen  dem  u  n  mittelbar  am  Meere 
gelegenen  oft  sehr  schmalen  Landstreifen  samt  den  ihm  vorgelagerten 
Inseln  einerseits,  den  höher  gelegenen,  an  den  Küstenstrich  unmittelbar 
angrenzenden  Gebieten  anderseits  zutage  —  ein  Gegensatz,  der  —  freilich 
zum  Teil  aus  ganz  anderen  Gründen  —  auch  in  den  ethnographischen,  sprach- 
lichen und  kulturellen  Verhältnissen  der  Bewohner  zum  Ausdruck,  kommt. 

Der  Küstenstrich  nämlich  gehört  klimatisch  und  pflanzengeographisch 
demjenigen  großen  Länderkomplex  an,  der  die  Grenzen  des  Mittelmeeres 
bildet  und  dessen  einzelne  Teile  trotz  aller  Verschiedenheiten  doch  soviel  Ge- 
meinsames und  Charakteristisches  haben,  daß  sie  mit  Recht  unter  einem  Namen 
als  «Mediterrangebiet»  zusammengefaßt  werden.  Das  mediterrane  Gebiet 
reicht  —  das  mag  schon  hier  erwähnt  werden  —  nirgends  in  bedeutendere 
Meereshöhen  (im  Süden  unseres  Gebietes  zirka  500  m)  und  daher  greift  dasselbe 
nur  dort  tiefer  ins  Land  ein,  wo  dieses  allmählich  ansteigt,  beschränkt  sich  aber, 
wo  die  Küste  steil  ist,  auf  einen  ganz  schmalen  Küstensaum.  Täler  von  ge- 
nügender Breite  bieten  gleichfalls  Gelegenheit  zu  tieferem  Eindringen. 

Durch  Klima  und  Vegetation  vom  mediterranen  Gebiet  verschieden  sind 
die  sich  an  dieses  unmittelbar  anschließenden  Plateau-  und  Hügelländer,  für  die 
wir,  da  in  ihnen  die  Karstphänomene  in  ausgezeichneter  Weise  entwickelt  sind, 
den  Namen  «Karstregion»  ^)   gebrauchen  wollen. 

An  sie  grenzt  nach  innen  zu  das  Gebiet  des  «höheren  Berglandes 
und  der  Hochgebirge»  (Beck)  an,  das  erst  im  zweiten  Hauptteile  dieses 
Führers  ausführlich  behandelt  werden  soll. 

a)  Klimatische  Verhältnisse. 

Das  Klima  des  mediterranen  Hlyrien  besitzt  die  beiden  Haupt- 
eigentümlichkeiten des  mediterranen  Klimas  überhaupt,  nämlich 
milde  Winter,  in  denen  Temperaturen^)  unter  0°  selten  sind  oder  wenigstens 
nicht  lange  andauern  und  —  noch  charakteristischer  —  die  ungleiche  Ver- 
teilung der  Niederschläge  auf  die  einzelnen  Monate:  der  Sommer  ist 
außerordentlich  trocken,  das  Maximu  m  der  Niederschläge  fällt  im  Spät- 
herbst und  Winter. 

Die  mittleren  Jahrestemperaturen  bewegen  sich  zwischen  i4'2° 
(Triest)  und  i6*6°  (Ragusa,  Lissa).  Die  mittlere  Januartemperatur  von  Triest 
ist  47°,  die  von  Ragusa  9*2°.  Temperaturen  unter  0°  kommen  in  den  nörd- 
lichen Teilen  des  Gebietes  wohl  fast  jeden  Winter  vor;  als  absolutes  Minimum 
wurde  für  Triest  — ii'9°,  für  Ragusa  — 6°  gefunden.  Die  Julitemperaturen  sind 


^)  Im  Sinne  von  Beck    (Hlyrien);    der  Ausdruck   «Karstländer»  umfaßt   natürlich 
ein  weiteres  Gebiet  als  die   «Karstregion». 

^)  Dieselben  sind  stets  in  Celsiusgraden  angegeben. 


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ziemlich  hoch  und  der  Unterschied  zwischen  den  nördlichen  und  südUchen 
Gebietsteilen  in  diesem  Punkte  viel  geringer  als  bei  den  Januartemperaturen: 
Triest  24*5°,  Ragusa  25*3°.  Die  absoluten  Maxima  liegen  zum  Teile  erheblich 
höher  (Mostar  437°).  Wie  man  aus  diesen  Beispielen  ersieht,  ist  das  Klima 
keineswegs  als  ausgesprochenes  vSeeklima  zu  bezeichnen,  obwohl  sich  natür- 
lich, verglichen  mit  den  Verhältnissen  in  den  großen  Ebenen  Ungarns  oder 
Galiziens,  der  mildernde  Einfluß  des  Meeres  sehr  deutlich  geltend  macht;  die 
Unterschiede  zwischen  höchsten  und  niedersten  Temperaturen  sind  sogar  recht 
groß,  und  nur  bei  den  weiter  draußen  im  Meere  liegenden  Inseln  erscheint 
dieser  Kontrast  mehr  gemildert.  ^) 

Für  die  Niederschäge  im  mediterranen  Gebiet  ist,  wie  schon  erwähnt, 
vor  allem  ihre  ungleiche  Verteilung  charakteristisch :  überall  ist  der  Sommer 
regenarm,  und  infolge  der  hohen  Temperaturen  tritt  überall  eine  Zeit  der 
Dürre  ein,  welche  die  Pflanzen  zur  Ausbildung  von  Transpirationsschutz-Ein- 
richtungen zwingt.  Gerade  der  Hochsommer  ist,  wenn  auch  nicht  die  an- 
genehmste, so  die  charakteristischste  Jahreszeit  des  mediterranen  Ge- 
bietes: da  spannt  sich  wochenlang,  kaum  hie  und  da  durch  ein  Wölkchen  unter- 
brochen, der  oft  beschriebene  tiefblaue  «südliche»  Himmel  über  das  Land,  da 
entfaltet  sich  die  ganze  Pracht  von  ausgeprägten,  oft  scharf  kontrastierenden 
Farbeneffekten,  die  das  Auge  des  Nordländers  so  sehr  entzückt. 

Die  sommerliche  Trockenheit  wird  umso  ausgeprägter,  je  weiter 
man  nach  Süden  geht.  Nach  der  Zusammenstellung  von  Hann-)  ist  im  nörd- 
lichsten Teile  des  Gebietes  (46° — 45°  n.  Br.)  die  Menge  des  Niederschlages 
während  der  drei  Sommermonate  nicht  kleiner  als  während  des  Frühlings-  oder 
Wintervierteljahres  (je  22°/^  der  Gesamtmenge);  nur  die  drei  Herbstmonate 
übertreffen  (34°/^)  die  übrigen  Vierteljahre.  Der  Juli  ist  (6°/^)  am  trockensten, 
der  Oktober  (i3°/o)  am  regenreichsten.  Der  nördlichsfe  Teil  des  illyrischen 
Küstengebietes  hat  also  vorzugsweise  Herbstregen.  In  der  Breite  von  45°  bis 
43°  wird  die  Trockenheit  schon  ausgesprochener,  im  Sommerquartal  fallen  nur 
mehr  i5°/o,  im  Juli  nur  mehr  3°/^  des  Gesamtniederschlages.  Zugleich  rückt 
das  Niederschlagsmaximum  gegen  den  Winter  vor:  Von  Oktober  bis  Dezember 
fallen  38 °/o  des  Gesamtniederschlages;  dann  nimmt  die  Regenmenge  ab,  um 
im  März  (10%)  noch  einmal  anzusteigen.  Südlich  vom  43°  n.  Br.  sind  die  er- 
wähnten Verhältnisse  noch  ausgeprägter;  November  und  Dezember  sind  am 
regenreichsten  {32° j^),  von  Oktober  bis  Jänner  fallen  56°/^  des  Gesamtnieder- 
schlages; der  März  ist  gleichfalls  relativ  regenreich  (9°/o);  dann  nimmt  die 
Regenmenge  sehr  rasch   ab,   beträgt  im  Juni   und  August  nur  mehr  je  4°/o, 


')  Zum  Vergleich  mögen  hier  die  betreffenden  Zahlen  für  Wien  angeführt  werden: 
absolutes  Maximum:  36-2°,  absolutes  Minimum:  — 20°,  Julimittel:  19-6",  Januarmittel 
—  2-3°,  Jahresmittel  9-2°. 

-)  Nach  Beck,  Illyrien. 


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im  Juli  gar  nur  i  °/q  der  Gesamtmenge.  Wir  sind  in  einem  Gebiete  mit  selir 
ausgesprochener  Sommerdürre  und  mit  Winterregen. 

Für  die  Wirkung  dieser  Verhältnisse  auf  die  Vegetation  ist  noch  die  Tat- 
sache wichtig,  daß  sowohl  die  Sommer-  als  auch  die  Herbst-  und  Winterregen 
meist  den  Charakter  heftiger,  mit  großer  Gewalt  niederprasselnder  Güsse 
und  nur  selten  den  von  Landregen  haben,  wodurch  sie  oft  mehr  schaden  als 
nützen,  indem  das  Wasser  in  der  kurzen  Zeit  nicht  in  den  Boden  eindringen 
kann,  sondern  —  wo  oberflächlicher  Abfluß  stattfindet  —  in  den  Runsen  der 
Wildbäche  («torrenti»)  rasch  abströmt  und  dabei  das  an  Erdreich  ohnehin 
nicht  sehr  reiche  Gestein  noch  mehr  entblößt;  im  Karstterrain  verschwindet 
überdies  ein  guter  Teil  in  den  Klüften  des  Gesteins.  —  Ferner  muß  berück- 
sichtigt werden,  daß  bei  der  großen  Hitze  das  Wasser  der  Sommerregen  sehr 
rasch  verdunstet,  sodaß  dieselben  für  das  Gedeihen  der  Vegetation  so  gut  wie 
nutzlos  sind. 

Das  sind  die  Gründe,  warum  das  mediterrane  Illyrien  auf  jeden  Be- 
obachter den  Eindruck  eines  trockenen  Landes  macht.  Die  absolute 
Regenmenge  ist  dabei  im  allgemeinen  gar  nicht  gering,  im  Mittel  sogar 
größer  als  die  mittlere  Niederschlagsmenge  Deutschlands  {jioinm),  welche  bei 
ihrer  fast  gleichmäßigen  Verteilung  über  das  ganze  Jahr  (mit  dem  Maximum 
im  Sommer)  und  bei  den  niedrigeren  Sommertemperaturen  zum  üppigen  Ge- 
deihen der  Pflanzen  während  der  ganzen  wärmeren  Jahreszeit  genügt.  — 
Es  mögen  noch  einige  Niederschlagsmengen'^)  angeführt  werden: 

Triest iii\o  mm 

Zara 76 1  mm 

Ragusa 1422  mm 

Cattaro 1877  "^"^ 

Die  Niederschlagsmenge  ist  also  im  Norden  und  im  Süden  erheblich 
größer  als  in  Nord-  und  Mitteldalmatien,  dessen  warmes  Hügelland  der  Er- 
haltung darüber  wegziehender  Wolken  wenig  günstig  ist.  Im  Süden  ist  die 
bedeutende  Niederschlagshöhe  namentlich  durch  die  Meeresnähe  höherer  Ge- 
birge oder  Plateau-Abstürze  bedingt. 

Daß  in  einem  verhältnismäßig  warmen  Gebiete  fast  der  ganze  Nieder- 
schlag als  Regen  fällt,  ist  selbstverständUch ;  trotzdem  kommen  Schneefälle 
im  ganzen  Gebiete  vor,  in  den  nördlichsten  Teilen  alljährlich,  während  im 
Süden  oft  mehrere  Jahre  hindurch  kein  Schnee  fällt.  Niemals  aber  bleiben  die 
Schneemassen  längere  Zeit  liegen. 

Trotzdem  also  der  Winter  im  mediterranen  Gebiete  deutlich  und  kräftig 
ausgeprägt  ist,  ist  er  doch  viel  milder  als  unser  mitteleuropäischer  Winter; 
selbst  die  regnerischesten,  stürmischesten  Tage  sind  nie  so  trübselig  wie  die 
des  Nordens ;   die  bei   uns   vorkommenden  wochenlangen  Trübungen    gibt  es 


^)   Wien:  617  mm. 

Exkursion  in  die  illyrischen  Länder. 


einfach  nicht,  und  Tage,  an  denen  man  die  Sonne  überhaupt  nicht  zu  sehen 
bekommt,  sind  viel  seltener  als  bei  uns. 

Die  Winde  spielen  im  Klima  der  Ostküste  der  Adria  eine  noch  viel 
größere  Rolle  als  anderwärts  und  greifen  —  wie  leicht  begreiflich  —  so  tief 
in  den  Lebenslauf  des  Küstenbewohners  ein,  daß  er  sich  nicht  damit  begnügt, 
dieselben  nach  ihrer  Richtung  zu  bezeichnen,  sondern  sie  mit  eigenen  Namen 
benennt. 

Die  wichtigsten  und  bekanntesten  Winde,  die  zugleich  durch  ihre  scharfen 
Gegensätze  in  bezug  auf  Temperatur  und  Feuchtigkeit  auch  dem  oberfläch- 
lichsten Beobachter  auffallen,  sind  Bora  und  Scirocco. 

Die  Bora  gehört  zu  den  sogenannten  Fall  winden.  Sie  entsteht,  wenn 
über  der  Adria  geringer,  über  dem  Hinterlande  hoher  Luftdruck  herrscht.  Kommt 
dann  noch  ein  größerer  Temperaturunterschied  zwischen  dem  warmen  Meere 
und  der  kalten  Hochfläche  des  Binnenlandes  hinzu,  wie  dies  namentlich  im 
Winter  der  Fall  ist,  dann  stürzt  die  Bora  in  kurzen,  aber  überaus  heftigen 
Stößen  («refoli»)  auf  die  Küste  hinab  und  richtet  oft  furchtbare  Verheerungen 
an.  Die  Schädigungen  an  der  Vegetation  sind  —  wie  die  jedes  anderen  Sturmes 
—  teils  rein  mechanische  (Entwurzeln  und  Abbrechen  von  Bäumen,  Anpressen 
an  den  Boden,  Krümmungen),  teils  sind  sie  durch  die  niedrige  Temperatur  und 
die  große  Trockenheit  des  Windes  (Vertrocknen  der  Zweige)  bedingt,  sowie 
auch  dadurch,  daß  die  Bora  bei  ihrem  Hinfegen  über  den  Boden  eine  Menge 
Erde  fortführt  oder,  sich  aufs  Meer  hinabstürzend,  das  Meerwasser  zerstäubt 
und  über  benachbarte  Landstriche  verbreitet. 

Die  Richtung  der  Bora  steht  auf  derjenigen  der  Küste  beiläufig  senk- 
recht ;  sie  kommt  daher  meist  aus  Nordosten  oder  Ostnordosten.  Am  stärksten 
ist  sie  dort,  wo  hohe  Steilhänge  dicht  ans  Meer  herantreten,  also  namentlich  im 
nördlichen  Teile  der  Adria  (Triest,  Fiume,  Zengg),  oder  wo  ein  flaches  Vorland  die 
Gewalt  des  Sturmes  nicht  mindert  (Zara);  in  Mitteldalmatien  ist  sie  schwächer 
und  seltener,  tritt  aber  im  Süden  wieder  stärker  auf.  Daß  sie  im  Winter  am 
stärksten  weht,  wurde  schon  erwähnt;  doch  fehlt  sie  zu  keiner  Jahreszeit 
völlig,  sie  tritt  manchmal  an  der  adriatischen  Küste  noch  im  Spätfrühling 
auf;   im  Sommer  weht  sie  nur  in  einer  milderen  Form  («Borino»). 

Sehr  charakteristisch  ist  das  Wolkenbild  während  der  Bora:  eine  lang- 
gezogene Wolkenbank,  vorne  ganz  gerade  abgeschnitten,  liegt  auf  dem  oberen 
Rande  des  Gebirgshanges ;  sie  scheint  unveränderlich  zu  sein,  verschwindet 
aber  in  Wirklichkeit  immer  vorne  und  wird  von  hinten  her  erneuert.  Sonst 
ist  der  Himmel  während  der  Bora  meist  heiter. 

Der  Scirocco  ist  in  jeder  Hinsicht  das  gerade  Gegenteil  der  Bora:  er 
ist  ein  feuchter,  warmer,  aus  Südost  wehender  Seewind,  der  den  Himmel  mit 
schweren  Wolken  überzieht  und  Regen  bringt.  Er  ist  weniger  heftig  als  die 
Bora,   kann  aber  durch  Erzeugung  einer  sehr  starken  Brandung  und  Zerstäu- 


19 

bung  des  Meerwassers  den  Pflanzen  fast  so  schädlich  werden  wie  diese.  Auf 
den  Menschen  wirkt  der  Scirocco  namentlich  im  Sommer  sehr  unangenehm, 
indem  er  Müdigkeit  und  nervöse  Abspannung  erzeugt.^) 

Bora  und  Scirocco  wechseln,  namentlich  in  den  stürmischen  Winter- 
monaten, häufig  miteinander  ab,  wobei  die  Bora  oft  ganz  plötzlich  eintritt. 
Während  des  im  großen  und  ganzen  schönen  Sommerwetters  aber  wehen, 
wenn  keine  allgemeineren  und  verbreiteteren  Luftströmungen  überwiegen,  die 
in  täglicher  Periode  abwechselnden  Küstenwinde,  der  überaus  angenehme  See- 
wind bei  Tage,  der  Landwind  bei  Nacht.  Ein  solcher  Seewind  ist  der  von  Nord- 
west kommende  «Maestro». 

Das  Klima  der  Karstregion  ähnelt  in  bezug  auf  die  Niederschläge 
im  großen  und  ganzen  sehr  demjenigen  des  mediterranen  Gebietes;  wie  dort 
ist  der  Hochsommer  die  trockene,  der  Herbst  oder  Winter  die  feuchte  Jahres- 
zeit; es  gibt  aber  auch  ausgiebige  Frühlingsregen.  Dabei  ist  die  Niederschlags- 
höhe zum  Teile  erheblich  höher  als  im  mediterranen  Gebiet  (Cetinje  in  665  ?h 
Meereshöhe  hat  2935  mm).~) 

Sehr  verschieden  vom  mediterranen  Gebiete  sind  jedoch  die  Tempe- 
ratu  rverhältnisse.  Die  Julitemperaturen  sind  im  Mittel  um  3 — 5°  niedriger 
als  bei  Orten  des  mediterranen  Gebietes  in  beiläufig  gleicher  geographischer 
Breite  (z.  B.  Cetinje  21*8°),  die  absoluten  Maxima  erreichen  diejenigen  des 
Mediterrangebietes  oder  übertreffen  sie  sogar  (Cetinje  40°).  Total  verschieden 
und  wohl  das  größte  Hindernis  für  die  Verbreitung  der  Mediterranpflanzen 
landeinwärts  sind  jedoch  die  niedrigen  Wintertemperaturen.  Die  mittlere 
Januartemperatur  ist  fast  überall  unter  o,  die  absoluten  Minima  gehen  sehr  tief 
(Cetinje:  — ■2*6°,  respektive  — 22°).  Dabei  liegen  auch  die  mittleren  Dezember- 
und  Februartemperaturen  noch  vielfach  unter  o.  Der  kalte  Winter  ist  der  be- 
deutsamste Unterschied  zwischen  Mediterran-  und  Karstregion;  er  deprimiert 
natürlich  auch  die  mittleren  Jahrestemperaturen  dieser  ganz  bedeutend;  die- 
selben schwanken  etwa  zwischen  8°  und  11  ^/^^  (Cetinje  io*4°).  Dementsprechend 
fällt  in  höheren  Lagen  auch  alljährlich  Schnee,  nur  in  den  tieferen  Teilen  der 
Karstregion  (im  kroatischen  Karst  etwa  unter  440  in)  gibt  es  gänzlich  schnee- 
lose Winter,  oder  der  Schnee  bleibt  nur  kurze  Zeit  liegen. 

Von  der  Bora  hat  die  Karstregion  ebenso  zu  leiden  wie  die  Küsten- 
striche; einige  in  ihr  gelegene  Orte  wie  St.  Peter  (Krain)  sind  durch  die  Furcht- 
barkeit der  Stürme  geradezu  berüchtigt. 


^)  Die  Ähnlichkeit  der  physiologischen  Wirkung  ist  vielleicht  der  Grund,  Avarum 
mit  dem  Namen  Scirocco  in  Unteritalien,  Sizilien  und  Griechenland  ein  ganz  anderer 
Wind  bezeichnet  wird.  Derselbe  kommt  aus  Süden,  ist  aber  sehr  trocken  und  heiß.  Er 
entspricht  etwa  dem  Samum  Nordafrikas. 

^)  An  der  Grenze  der  Karst-  und  der  Voralpenregion  liegt  im  südlichen  Dalma- 
tien  (der  «Krivosije»)  Crkvice  in  1050  m  Seehöhe,  welcher  Ort  die  höchste  in  Europa 
beobachtete  Niederschlagshöhe,  nämlich  436o  mm  aufweist. 


Das  Klima  des  höheren  Bertjlandes,  welches  hier  nur  mit  einigen 
Worten  charakterisiert  zu  werden  braucht,  ist  natürlich  durch  die  geringeren 
Temperaturen  und  alle  daraus  folgenden  Erscheinungen,  ferner  aber  auch 
dadurch  charakterisiert,  da^  sich  immer  mehr  und  mehr  die  Tendenz  zu  gleich- 
mäßigerer Verteilung  der  Niederschläge  über  das  ganze  Jahr  mit  dem  Maximum 
im  Sommer  geltend  macht,  wodurch  der  Anschluß  an  die  mitteleuropäischen 
Verhältnisse  gegeben  ist. 

b)  Allgemeiner  Eindruck  der  Pflanzendecke;  Waldverwüstung  und 

Bodenzerstörung,^) 

Wer  nur  für  die  sanften  Formen  unserer  mitteleuropäischen  Hügel-  und 
niederen  Berglandschaften,  nur  für  unsere  Wiesen  und  Wälder  schwärmt,  auf 
den  macht  die  Landschaft  der  illyrischen  Küstenländer  gewiß  im  Anfang  keinen 
sehr  günstigen  Eindruck;  erst  wer  es  lernt,  diese  Landschaft  überhaupt  von 
•j-anz  anderen  Gesichtspunkten  zu  beurteilen,  wer  das  nutzlose  Vergleichen  mit 
etwas  total  Verschiedenem  aufgibt,  findet  in  dem  Scharfen,  Blendenden,  Kon- 
trastreichen der  Formen  und  Farben  einen  Reiz;  dann  aber  zieht  es  ihn  immer 
wieder  in  den  Süden,  und  der  Zug  dorthin  ist  wohl  nicht  nur  aus  politischen 
und  rein  praktischen  Gründen  ein  weltgeschichtlicher  F'aktor  geworden. 

Der  Botaniker  vollends,  der  bisher  nur  in  Mitteleuropa  gesammelt  hat, 
der  an  den  dichten  Zusammenschluß  der  Vegetation  gewöhnt  ist  und  nun  viel 
mehr  Gestein  als  Pflanzen  sieht,  könnte  vielleicht  vermuten,  eine  pflanzen- 
arme Wüstenei  vor  sich  zu  haben;  aber  bald  wird  er  gewahr,  daß  er  — 
speziell  im  mediterranen  Anteil  unseres  Gebietes  —  sich  in  einem  der  pflan- 
zen reichsten  Länder  Europas  befindet,  dessen  Gewächse  ihn  für  lange 
Zeit  nach  beiden  Gesichtspunkten  —  ökologisch  und  systematisch  —  zu  fesseln 
imstande  sind. 

Die  weitgehende  Zerstückelung  der  Vegetation  ist  —  pflanzen- 
physiognomisch  betrachtet  —  das  hervorstechendste  Merkmal  der  Karstländer. 
Dazu  kommt  —  mit  den  Verhältnissen  bei  uns  verglichen  —  der  fast  völlige 
Mangel  der  Wiesen  und  die  Waldarm ut. 

Um  nun  den  nicht  sehr  erfreulichen  Eindruck,  den  diese  Verhältnisse 
hervorrufen,  auf  sein  richtiges  Maß  zurückzuführen,  muß  man  vor  allem  fest- 
halten, daß  man  es  in  den  Karstländern  größtenteils  keineswegs  mit 
einem  ursprünglich  wüsten,  sondern  mit  einem  verwüsteten  Gebiete 
zu  tun  hat. 

An  dieser  Verwüstung  sind  zwei  Faktoren  schuld:  das  Klima  und 
der  Mensch.   Wen  die  größere  Schuld  an  dem  großenteils  wirklich  trostlosen 


^)  Zur  Vervollständigung   des  Bildes    vergleiche    man    das    im  zweiten  Teil    dieses 
Führers  über  den  Gegenstand  Gesagte. 


Zustande  der  Karstländer  trifft,  ist  schwer  zu  sagen,  nur  das  ist  sicher,  daß 
beide  Faktoren  zusammenwirken  mußten.  Hätte  der  Mensch  nicht  in  unvor- 
sichtiger und  leichtsinniger  Weise  die  Wälder  gerodet,  unbekümmert  um 
den  Nachwuchs,  nicht  darauf  achtend,  ob  er  einen  sanften  oder  steilen  Hang 
abholzte,  ob  es  sich  um  einen  freien  Hang  oder  um  das  Sammelbecken  eines 
Baches  handelte,  hätte  er  dann  wenigstens  dem  spontan  aufkeimenden  Nach- 
wuchs oder  den  Stockausschlägen  die  nötige  Ruhe  gegönnt,  statt  seine  Ziegen 
in  den  verwüsteten  Wald  auf  die  Weide  zu  schicken,  hätte  nicht  Un- 
vorsichtigkeit bei  der  Hantierung  mit  Feuer  vernichtet,  was  Axt  und  Ziegen 
übrig  gelassen  —  dann  könnten  die  Karstländer  heute  zu  den  waldreichsten 
Gebieten  Europas  gehören,  während  sie  jetzt  nach  den  Steppengegenden  zu 
den  holzärmsten  zählen.  Dieser  Raubbau  ist,  obgleich  er  leider  auch  heutzutage 
noch  lange  nicht  aufgehört  hat,  doch  stark  beschränkt  worden;  er  wird  haupt- 
sächlich auf  die  Ausbeutung  durch  die  Venezianer  zurückgeführt,  und  es  ist  in 
der  Tat  auffallend,  daß  die  Inseln  Meleda  und  Lagosta,  die  seit  alten  Zeiten  der 
Republik  Ragusa  Untertan  waren,  sowie  die  Umgebung  dieser  Stadt  selbst,  viel 
weniger  verwüstet  sind,  ja  sogar  zum  Teile  noch  sehr  schöne  Waldungen  tragen. 

Den  Anstoß  zu  der  Verwüstung  der  Karstländer  hat  wohl  überall  der 
Mensch  gegeben;  ist  aber  einmal  ein  Hang  oder  eine  Fläche  gründlicli  ent- 
waldet, dann  spielt  sich  die  Entblößung  des  Gesteines  von  Erde  unter 
dem  spezifischen  Einfluß  des  dortigen  Klimas  ab,  das  in  zweifacher  Weise 
schädigend  wirkt.  Einmal  wird  die  Erde  von  den  Borastürmen  weggetragen 
oder  von  den  heftigen  Regengüssen  massenhaft  fortgeschwemmt.  Am  Monte 
Maggiore  konnte  ich  beobachten,  daß  nach  einem  Regen  alle  Bäche  ein  durch 
große  Mengen  von  Terra  rossa  getrübtes  und  tief  braunrot  gefärbtes  Wasser 
führten.  Man  kann  dann  noch  von  Glück  sagen,  wenn  die  Erde  nicht —  wie  es 
leider  nur  zu  häufig  geschieht  —  ins  Meer  geführt,  sondern  in  Dolinen  und 
Poljen  zusammengeschwemmt  wird;  dies  geschieht  manchmal  in  solchem 
Ausmaße,  daß  (so  z.  B.  auf  Lagosta)  die  Erdschichte  im  Grunde  der  Poljen  meh- 
rere Meter  Mächtigkeit  erreicht;  freilich  stellt  sie  dann  oft  das  einzige  anbaufähige 
Terrain  dar,  während  die  benachbarten  Hänge  von  großer  Sterilität  sind. 

Man  wird  mit  Recht  einwenden,  daß  z.'  B.  auch  in  Mitteleuropa  vielfach 
steile  Hänge  kahlgeschlagen  wurden  und  noch  werden,  ohne  daß  es  —  auch 
im  Kalkgebirge  nicht  —  auch  nur  annähernd  zu  derartigen  Verwüstungen 
kommt.  Doch  daran  ist  wiederum  das  Klima  schuld,  das  bei  uns,  wo  höchste 
Wärme  und  größte  F'euchtigkeit  zusammenfallen,  der  mechanischen  und  che- 
mischen Verwitterung  der  Gesteine  viel  günstiger  ist  als  im  Mediterrangebiete 
mit  seinen  heißen  und  trockenen  Zeiten.^)  «So  ist  am  Mittelmeer  einmalige 
Entwaldung  infolge  der  sehr  langsamen  Bodenbildung  zumeist  gleichbedeutend 


')  Vgl.  A.  Philippson,    Das    Mittelmeergebiet.     Leipzig,    B.  G.  Teubner,    1904. 
S.  145  ff. 


mit  Bodenzerstörung  und  dauernder  Vernichtung  des  Waldes.  Nur  wo  der 
Ackerbau  unmittelbar  an  Stelle  des  Waldes  tritt,  vermag  er  diesen  Vorgang 
aufzuhalten»;^)  dies  kann  z.B.  sehr  zweckmäßig  durch  Terrassierung  der 
Gehänge  bewerkstelligt  werden. ^) 

Freilich  wird  die  durch  menschliche  Tätigkeit  eingeleitete, 
durch  das  Klima  erzeugte  Verwüstung  zu  einer  vollständigen  und 
dauernden  nur  wieder  durch  die  Tätigkeit  des  Menschen  und  der 
Haustiere.  Würde  nämlich  ein  einmal  verwüsteter  Hang  längere  Zeit  voll- 
ständig sich  selbst  überlassen,  so  könnte  das  Geschehene  wenigstens  einiger- 
maßen repariert  werden.  Etwas  Erde  bleibt  ja  doch  in  den  Ritzen  des  Gesteines 
zurück,  in  ihr  siedeln  sich  genügsame  krautige  Pflanzen  an,  die  ihrerseits  zur 
Festigung  des  alten,  zur  Bildung  neuen  Bodens  beitragen;  andere  Pflanzen  ge- 
sellen sich  ihnen  zu,  schließlich  kommen  auch  Holzgewächse,  und  es  kann  noch 
immer  ein  ganz  erträglicher  Wald  oder  Buschwald  entstehen.  Die  verödeten 
Flächen  brauchen  nichts  als  ■ —  Ruhe;  Aufforstungen,  so  sehr  sie  zu  begrüßen 
sind,  sind  meist  nicht  unbedingt  nötig. 

Diese  so  nötige  Ruhe  gönnt  man  aber  den  verödeten  Flächen  meist 
nicht.  Die  spärlichen  Holzreste  werden  weiter  ausgebeutet,  ganz  dünne 
Stämme  werden  gefällt,  manchmal  sogar  die  Wurzeln  ausgegraben  und  als 
Brennholz  verwendet.  Das  ist  zweifellos  eine  nicht  unbedingt  nötige  Mißwirt- 
schaft, denn  wenn  es  in  anderen  holzarmen  Ländern  gelingt,  das  wenige  Vor- 
handene zu  schützen,  so  muß  es  hier  auch  gehen.  Daß  die  Verhältnisse  so 
sind,  liegt  wohl  zum  Teile  an  mangelhafter  Beaufsichtigung;  aber  es  muß 
anderseits  nachdrücklich  hervorgehoben  werden,  daß  in  einem  Lande,  dessen 
Bevölkerung  für  alles,  was  mit  dem  Walde  irgendwie  zusammenhängt,  nicht 
nur  nicht  das  mindeste  Verständnis  hat,  sondern  den  auf  Schutz  und 
Wiederherstellung  der  Waldungen  gerichteten  Bestrebungen  der  Behörden 
direkt  feindlich  gegenübersteht,  diese  einen  viel  schwereren  Stand  haben  als 
bei  uns,  wo  doch  der  Einsichtsloseste  von  dem  Werte  und  der  Wichtigkeit  gut 
erhaltener  Waldungen  überzeugt  ist. 

Sehr  erschwert  wird  die  Herbeiführung  erträglicher  Zustände  durch  die 
eigentümlichen  Weide  Verhältnis  se  der  Kar  st  lande  r.  Stallfütterung  spielt 
daselbst  eine  sehr  geringe  Rolle,  weil  es  nur  sehr  wenig  halbwegs  gute  Wiesen 
gibt  und  diese  meist  nur  in  höheren  Gebirgen.  So  ist  das  Vieh  (meist  Schafe 
und  Ziegen,  auch  Esel  und  Maultiere,  wenig  Rinder  und  Pferde)  fast  nur  auf 
die  Weide  im  Freien  angewiesen,  der  ungeheure  Strecken  preisgegeben  sind. 
«Dalmatien  ist  eine  große  Viehweide»  —  dieses  Wort  ist  nicht  viel  übertrieben. 
Das  Weidevieh  beschränkt  sich  natürlich,  namentlich  wenn  die  Trockenzeit 
beginnt,   nicht  auf  die   krautigen  Pflanzen,   sondern   verbeißt   mit  Vorliebe  die 


1)  A.  a.  O.,  S.  147. 

2)  Tafel  XVII. 


23 

jungen  Triebe  der  Holzgewächse,  die  dadurch   für  immer  niedrig,  verkrümmt, 
sparrig,  reich  verästelt  bleiben  und  verkümmern. 

Gegen  den  Mangel  an  guten  Wiesen,  der  im  Klima  begründet  ist,  läßt 
sich  natürlich  nichts  machen;  man  sollte  aber  nicht  vergessen,  daß  namentlich 
die  vom  Weidevieh  verschonten  lichten  Eichenwälder  der  Karstregion  einen 
ziemlich  dicht  bewachsenen  wiesenartigen  Grund  besitzen,  der  ganz  gut  ge- 
mäht werden  kann  und  in  manchen  Gegenden  auch  gemäht  wird.  Eine  der- 
artige Ausschaltung  von  der  Beweidung  ist  natürlich  nicht  im  ganzen  Gebiete 
zugleich  möglich,  sondern  muß  so  erfolgen,  daß  Immer  in  einzelnen  Parzellen 
das  Weiden  verboten,  in  benachbarten  gestattet  ist.  Wie  ich  höre,  wird 
diese  Methode  in  Dalmatien  und  noch  mehr  im  Okkupationsgebiete  bereits  ge- 
übt und  stößt  natürlich  ebenso  wie  die  Maßregeln  zum  Schutze  des  Waldes 
noch  vielfach  auf  den  Widerstand  der  Bevölkerung.^) 

Mit  den  eigentümlichen  Weideverhältnissen  der  Karstländer  steht  auch 
in  Zusammenhang  die  dort  allgemein  geübte  Umfriedung  der  Grund- 
stücke mit  Mauern,  die  das  Gelände  nach  allen  Richtungen  durchziehen  und  für 
den  Fremden  eines  der  auffallendsten  Merkmale  der  Landschaft  darstellen. 
Häufig  trennen  diese  nur  aus  übereinandergelegten  unbehauenen  Steinen  ohne 
Bindemittel  gefügten,  meist  nicht  über  i  m  hohen  Mauern  die  Grundstücke  ver- 
schiedener Besitzer,  manchmal  mögen  sie  —  sowie  die  Steinhaufen,  die  man 
bisweilen  mitten  in  den  Grundstücken  findet  —  bloß  dem  Bedürfnisse  ent- 
sprungen sein,  die  Steine,  die  man  behufs  Verbesserung  des  Grundstückes  ent- 
fernt, irgendwie  zusammenzuschlichten;  sehr  oft  aber  umfrieden  sie  Äcker, 
Wiesen,  Weinberge,  Waldparzellen,  die  der  Weide  entzogen  werden  sollen, 
und  trennen  dieselben  von  Weideflächen  und  Verkehrswegen.  Um  diesen  Schutz 
wirksamer  zu  gestalten,  wird  oft  die  Krone  der  Mauern  mit  den  Zweigen  des 
in  den  Karstländern  massenhaft  vorkommenden  Stechdorns  (Paliunis  australis) 
garniert,  dessen  Nebenblattdornen  —  der  eine  lang,  schmal  und  spitz,  der  andere 
kurz,  kräftig,  gekrümmt  —  dem  Übersteigen  der  Mauern  tatsächlich  ein  ernst- 
haftes Hindernis  sind. 

Es  muß  noch  bemerkt  werden,  daß  man  das  ohnehin  schon  mehrdeutige 
Wort  «Karst»  auch  für  derartig  entwaldete,  verwüstete  Gebiete  anwendet; 
man  nennt  sie  «verkarstet»  ; -)  man  gebraucht  diesen  Ausdruck  auch  für  ähn- 


^)  Nach  der  Darstellung  in  dem  offiziellen  Werke:  Die  österreichisch-ungarische 
Monarchie  in  Wort  und  Bild  (Band  Dalmatien,  S.  322)  sind  in  Dalmatien  in  den  Jahren 
1874— 1890  im  ganzen  493.685  ha  —  das  ist  fast  38%  der  ganzen  Fläche  des  Landes  — 
Wald  und  Hutweide  von  der  Beweidung  befreit  und  so  der  natürlichen  Wiederbewaldung 
zugeführt  worden.  Die  Zahl  der  Ziegen  hat  sich  von  280.656  im  Jahre  1869  auf  169.098 
im  Jahre   1890  vermindert. 

2)  Auch  dieses  Wort  wird  oft  verwendet,  «um  eine  bestimmte  Oberflächen- 
beschaffenheit» zu  bezeichnen,  «die  einen  Teil  des  Karstphänomens  bildet  und  die 
am  meisten  dort  zur  Geltung  kommt,  wo  das  Land  zugleich  pflanzenleer  ist».  Penck, 
1.  c.  (vgl.   S.  9,  Anm.),  S.  5. 


24 

liehe  Vorkommnisse  außerhalb  der  Karstländer^  und  für  sehr  viele  Leute  ist 
der  Karst  gleichbedeutend  mit  einer  Steinwüste.  Daß  dem  nicht  so  ist,  kann 
oft  genug  konstatiert  werden;  die  hübschen  Wiesen  desTriestiner  Karstes,  die 
ausgedehnten  Waldungen  dJs  Ternovanerwaldes  zeigen  zur  Genüge,  daß  «Karst» 
mit  «Steinwüste»  keineswegs  gleichbedeutend  ist,  daß  ein  Gebiet  ganz  wohl  alle 
als  «Karsterscheinungen»  geschilderten  Phänomene  zeigen  und  sich  dabei  einer 
üppigen  Vegetation  erfreuen  kann.  Diese  Erkenntnis  ist  natürlich  auch  sehr 
wichtig  für  die  schon  erörterte  Frage,  wie  es  mit  der  Waldbedeckung  der 
Karstländer  aussah,  bevor  der  Mensch  so  verheerend  in  dieselbe  eingriff:  alle 
Anzeichen  sprechen  dafür,  daß  dieselbe  eine  allgemeine  war. 

c)  Ausdehnung  der  einzelnen  Vegetationsgebiete. 

Das  illyrische  Küstengebiet  gehört  pflanzengeographisch  vier  Ge- 
bieten an,  von  denen  aber  nur  zwei  im  ersten  Teile  dieses  Führers 
eingehender  besprochen  werden  sollen.  Diese  vier  Gebiete  sind  überein- 
ander angeordnet,  entsprechen  also  dem,  was  man  in  der  Pflanzengeo- 
graphie als  «Regionen»  bezeichnet.  Zunächst  soll  von  den  beiden  unteren 
Stufen  die  Rede  sein,  nämlich  dem  mediterranen  Gebiete  und  der  «Karst- 
reo-ion».  Es  wurde  bereits  mitgeteilt,  daß  ersteres  vom  Meeresstrande 
an  sich  auf  einen  im  allgemeinen  recht  schmalen  Küstenstreif  beschränkt,  der 
nicht  hoch  hinaufreicht  und  daher  —  wo  die  Küste  rasch  ansteigt  —  nicht 
weit  landwärts  vordringt.  Sanft  ansteigende  Küste,  niedriges  Vorland,  breitere 
Täler  geben  Gelegenheit  zu  weiterem  Vordringen. 

Das  mediterrane  Gebiet  —  so  weit  es  für  uns  in  Betracht  kommt  — 
umfaßt  den  östlichsten  Winkel  der  lombardischen  Tiefebene,  ^)  der  politisch 
zu  dem  Kronlande  Gorz  und  Gradiska  gehört  und  nebst  den  angrenzenden 
bereits  zu  Italien  gehörigen  Gegenden  auch  als  «Friaul»  bezeichnet  wird. 
Hier  erstreckt  sich  also  das  mediterrane  Gebiet  ziemlich  weit  landeinwärts, 
reicht  gegen  Osten  bis  nach  Görz  2)  und  umfaßt  außer  der  Tiefebene  natürlich 
auch  die  niedrigen  Vorhöhen  des  Karstes.  Im  Gebiete  des  Triester  Golfes 
verläuft  die  Grenze  des  mediterranen  Gebietes  ungefähr  am  Rande  des  Karst- 
l)lateaus  und  dann  —  einen  ziemlich  breiten  Küstenstrich  umfassend  —  parallel 
mit  der  Westküste  Istriens  bis  etwa  zum  Canale  di  Leme.^)  Durch  einen  nach 
Norden  zu  offenen  Bogen  begrenzt,  umfaßt  das  Mediterrangebiet  dann  die 
ganze  Südspitze  Istriens  und  an  der  steilen  Ostküste  dieser  Halbinsel  einen 
sehr  schmalen  Küstenstreif,  ebenso  an  der  kroatischen  Küste,  und  endigt  in  der 
Gejjend  des  Hafenstädtchens  Novi.     Der  südlich  davon  gelegene  kroatisch- 


')  Nach    der    «Florenkarte    von    Österreich-Ungarn»    von    A.    v.    Kern  er.     Vgl. 
hierzu  das  auf  S.   28  Gesagte. 

2)  GleichfalLs  nach   der  zitierten  Karte.     Vgl.   die  Bemerkungen  auf  S.  27  und  28. 


25 

dalmatinische  Küstenstrich  bis  in  den  Winkel  des  Mare  di  Novigrad  ist  nach 
Beck  (lUyrien),  dem  wir  auch  in  den  weiteren  Darstellungen  folgen,  von  der 
mediterranen  Vegetation  ausgeschlossen  —  mit  alleiniger  Ausnahme  der  Umge- 
bung von  Carlopago.  Das  niedrige  norddalmatinische  Hügelland  ist  in  seiner 
Westhälfte  ganz  von  der  mediterranen  Vegetation  besiedelt,  die  überdies  längs 
des  Kerkaflusses  bis  an  den  Fuß  der  Üinara  vordringt.  Auch  das  niedrige  Land 
zwischen  Sebenico  und  Spalato  ist  größtenteils  mediterran;  von  Spalato  süd- 
wärts aber  hält  die  mediterrane  Vegetation  im  allgemeinen  nur  einen  schmalen 
Küstenstreifen  besetzt,  dessen  Grenze  von  der  Narentamündung  bis  in  die 
Bocche  di  Cattaro  größtenteils  mit  der  politischen  Grenze  Dalmatiens  zu- 
sammenfällt. Zweimal  jedoch  schneidet  das  mediterrane  Gebiet  tief  ins  Land 
ein:  einmal  längs  der  Narenta,  wo  es  sich  bis  über  Mostar  ins  Narentadefilee 
vorschiebt  und  überdies  gegen  Nordwesten  einen  Arm  bis  Imotski  entsendet; 
der  zweite  mediterrane  Keil  ins  Binnenland  umfaßt  das  Becken  des  Skutari- 
sees  und  die  Täler  der  in  denselben  mündenden  Flüsse. 

Die  istrianisch-dalmatinischen  Inseln  gehören  durchaus  dem  mediterranen 
Gebiete  an. 

Das  mediterrane  Gebiet  ist  landeinwärts  fast  durchaus  von  der  Karst- 
region begrenzt,  nur  im  äußersten  Nordwesten  (nördlich  von  Gürz)  stößt  es 
(nach  der  Kernerschen  «Florenkarte  von  Österreich-Ungarn»)  direkt  an  das 
Gebiet  der  «baltischen  Flora»  an.  Sonst  aber  umgürtet  überall  die  Karstregion 
landwärts  als  schmälerer  oder  breiterer  Streifen  das  Mediterrangebiet;  ihr 
gehört  das  Plateau  des  Triestiner  Karstes,  Südkrain,  das  ganze  Innere  von 
Istrien,  ebenso  die  niedrigeren  Teile  des  kroatischen  Karstlandes,  ferner  der 
nicht  mediterrane  Anteil  Nord-  und  Mitteldalmatiens  an.  Wo  die  mediterrane 
Vegetation  tiefer  ins  Land  eindringt,  reicht  die  Karstregion  naturgemäß  noch 
weiter  landeinwärts.  Wo  die  Gebirge  mit  steilem  Absturz  an  die  Küste  heran- 
treten, ist  die  Karstregion  natürlich  auf  einen  schmalen,  hie  und  da  nicht  völlig- 
klar  ausgesprochenen  Streifen  reduziert;  ihre  obere  Grenze  findet  sie  «in 
jenen  Höhen,  in  welchen  die  Rotbuchen  (Fagiis  silvatica)  oder  die  Tannen 
(Abies  alba)  die  Oberhand  gewinnen».^)  An  den  —  wie  oben  erwähnt  —  von 
der  mediterranen  Vegetation  nicht  besetzten  Teilen  der  kroatischen  Küste 
reicht  die  Karstregion  abwärts  bis  ans  Meer. 

Die  nächsthöhere  Region,  von  Beck  als  «Voralpenregion»  bezeichnet, 
umfaßt  verschiedene  Laub-  und  Nadelwälder.  Für  uns  kommt  nur  der  Rot- 
buchenwald in  Betracht.  Es  sei  erwähnt,  daß  nach  den  Forschungen  Becks 
diese  Region  sogar  im  illyrischen  Küstengebiete  einen  sehr  viel  größeren 
Raum  einnimmt,  als  z.B.  Kerner  annahm,  daß  ihr  insbesonders  die  höheren 
Berge  Istriens  (Tschitschenboden,  Monte  Maggiore),  ferner  der  größte  Teil  des 
Inneren  von  Südkroatien  (also  auch  die  höheren  Teile  des  Velebit)   angehört; 


I)  Beck,  Illyrien,  S.  191. 


26 

von  den  dalmatinischen  Bergen,  die  in  diese  Region  hinaufreichen  und  vom 
Meere  aus  aufifallen^  seien  der  Mossor  und  der  Biokovo  genannt,  ferner  die 
Berge  der  Krivosije  und  einzelne  Partien  des  später  zu  beschreibenden  Teiles 
von  Westmontenegro. 

In  die  Region  der  «Hochalpen»  ragen  einige  Spitzen  des  Velebit  und 
der  Dinarischen  Alpen  sowie  die  höchsten  Gipfel  der  Krivosije  (Orjen)  und 
der  Lovcen  bei  Cattaro. 

d)  Das  mediterrane  Gebiet. 

a)  Begründung  der  Abgrenzung  und   Unterteilung. 

Die  Abgrenzung  desselben  ist  bereits  eingehend  besprochen  worden. 
Ich  habe  mich  dabei  an  Becks  grundlegendes  Werk  über  die  Vegetationsver- 
hältnisse Illyriens  und  bezüglich  der  nördlichsten  Teile  unseres  Gebietes,  die 
von  Beck  nicht  einbezogen  worden  sind,  an  Kerners  pflanzengeographische 
Karte  gehalten.  Beck  steckt  das  mediterrane  Gebiet  nach  der  Verbreitung 
einer  Anzahl  von  «Leitpflanzen»  ab;  als  solche  verwendet  er: 

Juniperus  Oxvcedrux 
Quercus  Hex 
Phillyrea  latifolia 

seltener : 

Juniperus  phoenicea  \  Pistacia  Lentiscus 

Ruscus  aculeatus  (ob  mediterran?^)     ]  Laurus  nobilis 

—  Hypoglossum 
Ephedra  campylopoda 

—  nebrodensis 

Zur  Absteckung  des  mediterranen  Gebietes  genügt  nach  Beck  das  «Auf- 
treten mehrerer  solcher  zerstreuter  immergrüner  Gehölze  der  Mittelmeer- 
flora in  Verbindung  mit  mehreren  laubabwerfenden  Gehölzen,  wie: 


Pistacia  Terebinthus 
Punica  Granatum 
Erica  verticillata 


Rosa  sempervirens 
Buxus  sempervirens 


Colutea  arborescens 
Coronilla  emeroides 
Vitex  aernus  castus. 


Celtis  australis 
Rubus  idmifolius 
Pirus  amygdaUformis 

nebst  der  Kultur  von  Ölbäumen  (Olea  europaea),  F'eigen  (Ficiis  carica)  und 
Massenpflanzungen  von  Maulbeerbäumen  (Monis  alba  und  M.  nigra).-»  Dazu 
kommen  noch  eine  Anzahl  krautiger  Gewächse.  Es  gehören  demnach  nach 
seiner  Auffassung  nicht  nur  die  von  dem  geschlossenen  immergrünen  Busch- 
walde der  Mittelmeerländer,  der  «Macchie»^)  bedeckten,  respektive  bedeckt  ge- 
wesenen Landstriche  zum  Mediterrangebiet,  sondern  auch  diejenigen^  in  denen 
einige  der  oben  genannten  Bestandteile  der  Macchie  (nebst  mehreren  der 
genannten  anderen  Pflanzen)  —  wenn  auch  nur  zerstreut  —  vorkommen.   Die 


')  Ein  Zusatz  Becks. 

-)  Nebst  gewissen  Waldformationen. 


27 

Macchie,  die  sozusagen  den  Höhepunkt  und  die  charakteristischste  Ausgestal- 
tung der  mediterranen  Vegetation  bezeichnet,  erfüllt  die  Südspitze  von  Istrien^) 
und  beherrscht^)  die  ganze  istrianisch-dalmatinische  Inselwelt,  fehlt  jedoch  auf 
Veglia  und  hält  von  Cherso  nur  den  südlichsten  Teil,  von  Arbe  und  Pago  nur  die 
von  der  kroatischen  Küste  abgewendeten,  der  Bora  wenig  ausgesetzten  Teile 
besetzt.  Auf  dem  Festlande  beginnt  die  Macchienregion  erst  in  der  Breite  von 
Sebenico,  sie  geht,  auf  einen  schmalen  Küstenstreif  beschränkt,  zum  Teile, 
namentlich  im  Norden,  nicht  so  weit  ins  Innere  als  die  mediterrane  Vegetation 
überhaupt  und  wird  durch  die  Niederungen  der  Narentamündungen  gänzlich 
unterbrochen,  während  südlich  von  diesen  ihr  Areal  mit  demjenigen  der  Mittel- 
meervegetation (als  Ganzem)  identisch  ist. 

Durch  den  scharfen  Küstenvorsprung  «punta  Planka»  (halbwegs  zwischen 
Sebenico  und  Spalato)  wird  die  «istrisch-dalmat  inisc  he»  von  der  «süd- 
dalmatinischen» Macchienregion  getrennt.^) 

Die  übrigen  dem  mediterranen  Gebiete  zugezählten  Gegenden  sind  nach 
Beck  als  «Übergangsregionen»  aufzufassen.  In  ihnen  verlieren  die  immer- 
grünen Gehölze  ihre  Vorherrschaft,  sie  «zersplittern  ihren  Zusammenschluß, 
gewinnen  als  Gehölzbildner  nirgends  mehr  die  Oberhand».^)  Hand  in  Hand 
damit  tritt  eine  ausgiebige  Vermengung  der  mediterranen  mit  den  Pflanzen  der 
Karstregion  ein,  die  laubabwerfenden  Gehölze  der  letzteren  treten  immer  mehr 
und  mehr  in  den  Vordergrund.  Besonders  ist  dies  in  der  «liburnischen  Re- 
gion» der  Fall,  die  einen  quer  über  Istrien  (nördlich  von  der  mediterranen 
Südspitze)  verlaufenden  Streifen,  ferner  einen  schmalen  Strich  der  (sehr  steilen) 
istrianischen  Ostküste  umfaßt  und  an  der  kroatischen  Küste  bis  in  die  Gegend 
von  Novi  reicht,  ferner  auch  das  Gebiet  von  Carlopago  in  sich  schließt.  Ebenso 
gehört  fast  ganz  Veglia,  das  nördliche  Drittel  von  Cherso  und  die  der  kroa- 
tischen Küste  zugewandten  Teile  von  Arbe  und  Pago  zur  liburnischen  Region. 
Was  nach  Ausschaltung  dieser  und  der  Macchienregionen  vom  Mediterrangebiet 
noch  übrig  bleibt,  gehört  zu  den  eigentlichen  «Übergangsregionen»,  der 
«norddalmatinischen»  im  Norden,  der  «herzego winisch-montenegri- 
nischen»  im  Süden. 

Zu  diesen  «Übergangsregionen»  gehören  wohl  auch  die  Küsten  West- 
istriens  und  des  Golfes  von  Triest,  die  trotz  des  Besitzes  einer  ganzen  Anzahl 
mediterraner  Pflanzen  doch  schon  Übergänge  zur  Karstregion  darstellen. 
PospichaF)  will  diese  Gebiete  ganz  aus  dem  Mediterrangebiet  ausgeschaltet 


^)  Bis  zu  zirka   llöm  (Freyn). 

^)  Nebst  gewissen  Waldformationen. 

^)  Um  eine  zusammenhängende  Darstellung  zu  ermöglichen,  mußte  im  zweiten 
Teile  dieses  Führers  einiges  von  dem  hier  Gesagten  Aviederholt  werden. 

■*)  Beck,  Illyrien,  S.  43i. 

^)  Flora  des  österreichischen  Küstenlandes.  Leipzig  und  Wien,  F.  Deuticke,  1897, 
Bd.  I,  S.  XL. 


28 

wissen  und  bezeichnet  sie  als  «submediterran».  Die  beiden  Auffassungen  sind 
schließlich  nichts  anderes  als  der  Ausdruck,  für  die  Bedeutung,  die  verschiedene 
Autoren  dem  mehr  vereinzelten  Auftreten  mediterraner  Pflanzen  (also  nicht  in 
der  geschlossenen  Formation  der  Macchie)  beimessen:  dem  einen  genügt  diese 
Art  des  Auftretens  für  die  Zurechnung  zum  Mediterrangebiet,  dem  andern  nicht. 
Nach  meinem  Empfinden  wäre  zum  mindesten  die  Küste  südlich  von  Abbazia 
bis  gegen  Mogcenice,  deren  Vegetation  ich  einigermaßen  kenne,  vom  mediter- 
ranen Gebiet  völlig  auszuschließen.  Schließlich  ist  das  aber  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  Geschmacksache,  und  die  Hauptsache  bleibt  immer  die,  daß 
die  zuletzt  besprochenen  Gebiete  als  Misch-  oder  Übergangsgebiete  hingestellt 
werden.  Eines  ist  sicher,  daß  nämlich  die  in  allen  diesen  Ubergangsgebieten 
vorkommenden  Pflanzen  —  freilich  sehr  wesentlich  unterstützt  durch  die 
Kulturpflanzen,  die  ja  aber  auch  ein  Ausdruck  der  klimatischen  Verhältnisse 
des  Landes  sind  —  genügen,  «um  ihrer  Pflanzenwelt  einen  ausgesprochen  süd- 
lichen Charakter  zu  verleihen».^)  Das  gilt  auch  von  Friaul,  das  oben  (S.  24) 
zum  mediterranen  Gebiete  gerechnet  wurde.  Auch  hier  handelt  es  sich  um  ein 
Lfbergangsgebiet. 

ß)  Jährlicher  Entwicklungsgang  der  Vegetation. 

Das  auffallendste  Kennzeichen  des  jährlichen  Entwicklungsganges  der 
Vegetation  im  Mediterrangebiete  ist  der  Mangel  jener  langdauernden  und  ein- 
schneidenden Unterbrechung  der  Lebenstätigkeit  der  Pflanzen,  die  bei  uns 
durch  den  Winter  verursacht  wird.  Eine  starke  Reduktion  des  ganzen  pflanz- 
lichen Lebens  findet  natürlich  auch  hier  im  Winter  statt,  eine  völlige,  all- 
gemeine Winterruhe  gibt  es  jedoch  nicht.  Dieser  Eindruck  einer  un- 
unterbrochenen Entwicklung  wird  insbesondere  hervorgebracht  durch  das 
massenhafte  und  landschaftlich  so  bedeutsame  Vorkommen  der  Hartlaub- 
gehölze, die  immergrün  sind,  wogegen  die  schwach  vertretenen  blatt- 
wechselnden Gehölze  zäh  an  ihrer  Winterpause  festhalten.  Außerdem  setzt 
das  Blühen  auch  während  des  Winters  niemals  ganz  aus.  Namentlich  gibt  es 
in  der  Macchie  einige  Winterblü  her:  Arbutus  Unedo,  Vibiirmim  Tiiiiis,  Jiini- 
perus  Oxycedrus  und  macrocarpa,  Erica  arborea,  Ruscus  aculeatus.  Andere  sind: 
Hyacinthus  orientalis.  Crocus-Arten,  Amygdalus  communis  und  Prunus  Persica, 
Cheiranthus  Cheiri  u.  a.  Außer  diesen  regelmäßigen  Winterblühern  blühen  in 
milden  Wintern  noch  Nachklänge  der  Herbst-  und  Sommerflora,  anderseits 
aber  entwickeln  sich  manche  Frühlings-,  ja  sogar  Frühsommerblüher  unter 
dem  Einfluß  eines  warmen,  bis  tief  in  den  Winter  verlängerten  Herbstes  zum 
zweiten  Male,  und  so  wird  es  begreiflich,  daß  in  dem  allerdings  außerordentlich 


')   «per   imprimere   un    carattere    spiccatamente    meiidionale   alla  sua  vegetazione». 
Marchesetti   C,  Flora  di   Trieste  e  de'   suoi   dintorni.    Trieste    1896/97,  S.  XL. 


29 

warmen  Jänner  des  Jahres  i8g8  nach  den  Beobachtungen  von  li.  Nikcjlic^)  in 
den  Umgebungen  von  Ragusa  nicht  weniger  als  65  Pflanzenarten  blühend  ge- 
funden werden  konnten.  Marchesetti  gibt  für  die  Flora  von  Triest  als  im 
Dezember  blühend  12,  im  Jänner  4 — 8  Pflanzenarten  an. 

Hier  möge  noch  die  Frage  erörtert  werden,  wie  sich  die  mediterrane 
Pflanzenwelt  gegen  Fröste  verhält.  Solche  kommen,  wie  in  der  klimatischen 
Übersicht  bereits  erwähnt  wurde,  auch  in  den  mildesten  Teilen  des  Gebietes 
gelegentlich  vor.  Ein  häufigeres  Auftreten  solcher  Fröste  setzt,  besonders 
wenn  es,  wie  an  der  kroatischen  Küste,  mit  Bora  kombiniert  ist,  der  Verbreitung 
der  mediterranen  Gewächse  überhaupt  ein  unüberwindliches  Hindernis  ent- 
gegen; kürzere  Fröste  werden  von  den  immergrünen  Holzgewächsen  —  auf 
die  es  ja  hier  in  erster  Linie  ankommt  —  ohne  Nachteil  ertragen  (^Laiirus 
nobilis  z.  B.  bis  — 10°).  Manche  sicher  zur  Mediterranflora  zu  zählende  Pflanzen 
sind  gegen  Kälte  so  wenig  empfindlich,  daß  sie  hoch  in  die  Gebirge  hinauf  und 
weit  ins  Innere  des  Landes  hinein  reichen  und  so  sich  oft  mit  tiefer  herab- 
gehenden subalpinen  Typen  mengen,  wodurch  ungemein  reizvolle  Vegeta- 
tionsbilder entstehen ;  eine  Exkursion  nach  Montenegro  gibt  Gelegenheit, 
derlei  auf  dem  steilen  Hange  über  Cattaro  zu  beobachten.  Als  Beispiele  für 
besonders  widerstandsfähige  Mediterranpflanzen  führt  Beck  unter  anderem  an: 
Ceterach  officinaniin  (1629  '"'  Spitze  des  Trebevic  bei  Sarajevo),  Asphodelus 
albus  (1500  m,  Cincer  bei  Livno),  Marnibiwn  candidissimum  (1173  m),  Salvia 
officinalis  (iioo?;z;  ich  fand  sie  auf  dem  höchsten  Punkte  der  Straße  Cattaro — 
Cetinje,  dem  «Golo  brdo»,  bei  1274  "0»  Euphorbia  spinosa  (iioo  m),  Juniperus 
Oxycedrus  (1020  m),  Chrysanthemum  cinerariaefolium  (1000  ?n),  Inula  Candida 
(910  m).  Es  ist  beachtenswert,  daß  unter  diesen  Pflanzen  eine  ganze  Anzahl  zu 
den  an  die  üürre  des  mediterranen  Sommers  bestangepaßten  Arten  gehört. 
Spezifische  Kälteschutzmittel  sind  bei  Mediterranpflanzen  ebensowenig  bekannt, 
wie  sie  bei  anderen  Pflanzen  sicher  nachgewiesen  werden  konnten. 

Ein  stärkeres  Einsetzen  der  Vegetationstätigkeit  —  Frühlingsanfang 
—  beginnt  um  die  Wende  von  Februar  und  März.  Natürlich  ist  da  — 
sowie  in  den  übrigen  phänologischen  Erscheinungen  —  zwischen  dem  Norden 
und  dem  Süden  des  Gebietes  ein  beträchtlicher  Unterschied;  Ragusa  ist  der 
Quarneroküste  um  zirka  3o,  Lussinpiccolo  um  20 — 25  Tage  voraus.  In  kalten 
Jahren  ist  es  aber  schon  vorgekommen,  daß  Zara  gegen  Wien  um  3 — 8  Tage 
zurück  war ! 

Im  April  steuert  die  Vegetation  bereits  mächtig  ihrem  Höhepunkte  zu; 
jetzt  ist  die  Blütezeit  vieler  Zwiebel-  und  Knollenpflanzen.  Um  die  Wende 
von  Mai  und  Juni  wird  der  Höhepunkt  erreicht;  zahllose  einjährige 
Pflanzen,    viele  andere   krautige  Gewächse   ohne  Schutzeinrichtungen   gegen 


^)  Phänologische  Mitteilungen  aus  der  Winterflora  Ragusas.  Österreichische  bota- 
nische Zeitschrift,  Jahrgang  1898,  S.  45  i  f. 


3o 

übermäßige  Transpiration,  daher  mit  frischgrünen,  zarten  Blättern,  bedecken 
die  steinigen  Triften,  die  C7.s7»5-Bestände  stehen  in  Blüte,  tausende  von  blühen- 
den Salbeibüschen  zaubern  einen  violetten  Ton  auf  die  Berghänge.  Nur  in 
sehr  trockenen  Sommen/j^  wie  im  vorjährigen  (1904)  kommt  es  vor,  daß  schon 
Ende  Mai  die  nicht  besonders  geschützten  Pflanzen  verdorrt  sind,  die  Land- 
schaft schon  um  diese  Zeit  ein  ganz  sommerliches  Aussehen  bekommt  und  man 
recht  enttäuscht  von  einer  oder  der  andern  botanischen  Exkursion  zurückkehrt. 
Aber  das  ist  ein  Ausnahmsfall;  der  Mai  ist  im  allgemeinen  die  gün- 
stigste Zeit  zu  einer  botanischen  Bereisung  unseres  Gebietes, 
Ende  Juni  beginnt  die  Dürre.  Eine  krautige  Pflanze  nach  der  andern  ver- 
gilbt, verdorrt,  verschwindet.  Die  Perennen  ziehen  ein,  die  Annuellen  gehen 
nach  Ausreifung  der  Samen  ganz  zugrunde,  und  nur  die  Hartlaubgehölze 
und  eine  Anzahl  anderer  zur  Überdauerung  der  Dürre  besonders  angepaßter 
Pflanzen  vegetieren  weiter.  Manche  unter  ihnen  sind  distelartig,  andere  haben 
graues  oder  fast  weißes  Laub  —  fast  keine  zeigt  freudige  Farben:  das  Wort 
von  der  «staubigen»  Pracht  des  Südens  gilt  jetzt  auch  für  die  Vegetation. 

So  stellt  die  Zeit  von  Anfang  Juli  bis  in  den  September,  wenn 
wieder  die  ersten  ausgiebigen  Regen  fallen,  für  die  meisten  Pflanzen  des  Medi- 
terrangebietes eine  Zeit  der  Ruhe  dar  —  viel  einschneidender  als  die  nur 
angedeutete  Winterpause.  Eine  Ausnahme  machen  die  meisten  Halophyten, 
die  an  dem  der  Feuchtigkeit  niemals  entbehrenden  Meeresstrande  gerade  um 
diese  Zeit  auf  der  Höhe  ihrer  Entwicklung  stehen. 

Wenn  dann  im  September  die  Temperatur  sinkt  und  die  ersten  Herbst- 
regen sich  einstellen,  beginnt  sich  —  freilich  in  viel  bescheidenerem  Maße  als 
vorher  —  pflanzliches  Leben  zu  regen:  manche  ein-  und  zweijährigen  Ge- 
wächse keimen,  manche  Perennen  treiben  nochmals  aus,  und  frisches  Grün 
tritt  wieder  an  die  Stelle  des  fahlen  Gelb.  Einige  Sträucher  (so  Ligiistrum 
vulgare,  Cornus  sanguinea,  Piriis  communis)  blühen  zum  zweiten  Male,  und 
dieser  «Nachsommer»  kann  unter  günstigen  Witterungsverhältnissen  ohne  Un- 
terbrechung bis  in  den  Winter  dauern  und  ebenso  unmerklich  in  den  Frühling 
übergehen  —  wie  oben  bereits  geschildert  worden  ist. 

7)  Ökologie  der  Mediterranpflanzcn. 

Das  dem  Pflanzenleben  der  Mediterranländer  am  meisten 
feindliche  klimatische  Erei  gnis  ist  die  Sommerdü  r  re  und  die  damit 
verbundene  Wasserno  t.  Die  Einrichtungen  der  Pflanzen,  diese  böse  Zeit 
ohne  Schaden  zu  überdauern,  sind  sehr  mannigfach. 

Die  einjährigen  Pflanzen  beschließen  ihr  Leben  vor  Beginn  der 
Dürre  oder  beginnen  dasselbe  erst  nach  derselben ;  sie  überdauern  die  Zeit  der 
Vegetationsruhe  als  Samen. 

Die  perennen,  nicht  holzigen  Pflanzen  («Stauden»)  ziehen  ein  oder 
reifen  höchstens  ihre  Samen  aus ;   ihre   unterirdischen,  oft  sehr  saftreichen  Or- 


3i 

gane  (Zwiebeln,  Knollen)  sind  bisweilen  durch  trockenhäutige  Schalen,  bei 
Gräsern  durch  «Tuniken»  ^)  geschützt. 

Sehr  auffallend  sind  die  Transpirationsschutz-Einrichtungen  bei 
denjenigen  Pflanzen  des  Mediterrangebietes,  die  mit  oberirdischen  Organen 
die  Dürre  überdauern. 

Die  Hart  lau b  geh ölze  (Sklerophyllen),  eine  Vegetationsform,  die  in 
allen  Gebieten  der  Erde  mit  Winterregen  und  Sommerdürre  —  außer  dem  Medi- 
terrangebiet: Südwestecke  Afrikas,  Südwestaustralien  und  Teile  Südaustra- 
liens, Mittelchile,  ein  Teil  der  kalifornischen  Küste^)  —  in  großer  ökologischer 
Einförmigkeit,  wenn  auch  floristisch  sehr  verschieden  auftritt,  haben  folgende 
Einrichtungen  gegen  übermäßige  Transpiration  aufzuweisen: 

1.  Stark  verdickte  Epidermis  und  dicke  Cuticula;  daher  sind  die 
Blätter  steif,  «lederig»;  diese  Beschaffenheit  der  Blätter  begünstigt  auch  die 
Widerstandsfähigkeit  derselben  gegen  die  mechanische  Wirkung  der  heftigen 
Regengüsse. 

2.  Versenkung  der  Spaltöffnungen,  manchmal  in  mit  Haaren  aus- 
gekleidete Gruben  (Nerium). 

3.  Einrollung  der  Blattränder  nach  unten  (Erica). 

4.  Bekleidung  mit  vertrockneten  lufterfüllten  Haaren,  vornehmlich  auf 
der  Unterseite :  Schildhaare  bei  Olea  eiiropaea,  büschelige  Sternhaare  bei  Qiier- 
ciis  Hex. 

5.  Wasserspeichernde  Gewebe  als  Schutzmittel  gegen  das  Ver- 
trocknen spricht  Schim per ^)  den  Hartlaubgehölzen  ab;  Beck  betrachtet 
als  solche  «Epidermiszellen  mit  schleimigem  Inhalte  oder  wässerigen  Säften» 
(Ceratonia  siliqiia)  sowie  wasserführende  Hypodermbildungen  (Rosmarinus  offi- 
cinalis,  Nerium  Oleander,  Pinns).  Bei  Pistacia  Lentiscus  und  Qiierciis  Hex  ist 
vorzugsweise  oder  ausschließlich  der  Blattrand  mit  einem  Wassergewebe  ver- 
sehen. 

Die  Phyllo  kl  ad  ien -Pflanzen  (Ruscus  aculeatus,  Asparagus  acutifolius) 
sind  ökologisch  den  vSklerophyllen  eng  verwandt. 

Die  V  er  minderung  der  transpirier  enden  O  ber  fläche  kann  erreicht 
werden : 

I.  Durch  Blattarmut,  geringe  Größe  der  Blätter  und  Verlust 
der  meisten  Blätter   vor  Beginn  der  Sommerdürre;  bei   diesen    «Ruten- 


1)  Haclcef  (Verb,  d,  zool.-bot.  Ges.  XL  [1890],  S.  i32)  versteht  darunter  die 
aus  den  abgestorbenen,  am  Grunde  der  Halme  und  Innovationssprosse  vieler  Gräser 
dicht  gehäuften  Blattscheiden  gebildeten  Hüllen;  er  unterscheidet  «Strohtuniken»  (Scheiden 
ganz  vorhanden)  und   «Fasertuniken»   (nur  die  Gefäßbündel  sind  übrig). 

2)  Alle  diese  klimatisch  ähnlichen  Länder  liegen  an  der  Westseite  der  Konti- 
nente unter  annähernd  derselben  geographischen  Breite!  Philippson,  Das  Mittel- 
meergebiet, s.  93. 

•')  Pflanzengeographie,  S.  54-^' 


32 

sträuchern»  übernimmt  die  Stengelrinde  die  Assimilation  {Ephedra-Arten, 
Osyris  alba,  Sparthim  junceimi,  Calycotome  infesta,  Cytisiis  radiatus).  Bei 
Calycotome  infesta  und  Cytisus  radiatus  kleidet  das  grüne  Assimilationsgewebe 
Längsfurchen  des  Stengels  aus,  in  die,  von  dichtstehenden  Haaren  bedeckt,  die 
vSpaltöffnungen  eingesenlct  sind.  —  vStammsukkulente  sind  (abgesehen  von  ge- 
wissen Halophyten)  in  unserem  Gebiete  nicht  heimisch;  dagegen  spielen  gewisse 
eingeschleppte  und  verwildernde  Kakteen  (0^»»//ö!-Arten)  landschaftlich  manch- 
mal eine  nicht  unbedeutende  Rolle. 

2.  Durch  Ausbildung  von  «Dickblättern»  (Sediim,  Cotyledon).^) 
Die  wenigen  sommergrünen  Holzgewächse  unseres  Gebietes  lassen 
an  ihren  Blättern  entweder  keine  Schutzmittel  gegen  übermäßige  Transpiration 
erkennen  (Colutea  arborescens),  oder  dieselben  sind  nicht  so  ausgesprochen  wie 
bei  denen  der  Hartlaubgehölze:  Epidermis  verdickt  und  stark  kutinisiert  bei 
Celtis,  Rhamniis,  Fraxiuiis  onnis,  Acer  monspessidamnn,  Ficiis  carica,  wodurch 
die  Blätter  oft  etwas  «lederig»  werden.  Häufiger  sind  nicht  außergewöhnlich 
stark  verdickte  Epidermiszellen  mit  schleimigem,  wasserspeicherndem  Inhalt 
(Monis,  Ulmus,  Celtis,  Qiiercus,  Carpinus,.  Castanea,  Rhamnus,  Paliiirus  etc.). 
Starke  Behaarung  der  Unterseite  findet  sich  bei  Qiiercus  laniiginosa  und  Vitex 
agnus  castus. 

Diejenigen  mediterranen  Stauden  und  Halbsträucher,  welche  die 
Sommerdürre  beblättert  überdauern,  weisen  besonders  zwei  Arten  von  Ein- 
richtungen gegen  übermäßige  Transpiration  auf: 

1.  Starke  Behaarung  der  Blätter  oder  aller  oberirdischen  Teile  der 
Pflanze;  hierher  gehören  namentlich  einige  Labiaten  (Salvia  officinalis,  Marrii- 
bimn  candidissimiim,  Phlomis  fruticosa,  Teiicrium  Poliuiu)  und  Kompositen 
(Imila  Candida,  Helichrysum  italiciim,  Centaurea  ragusina,  Chrysanthemum  cine- 
rariaefolium);  andere  sind:  Convohnihis  tenuissimus,  Arten  der  Gattungen  Ver- 
bascum,  Alyssimi  und  Artemisia.  Unter  den  genannten  Arten  sind  einige,  die 
durch  ihre  auffallende  Tracht,  ihr  massenhaftes  Auftreten,  noch  dazu  zu  einer 
Zeit,  wo  die  meisten  anderen  krautigen  Pflanzen  der  Dürre  bereits  erlegen  oder 
vom  Weidevieh  abgefressen  worden  sind,  zu  den  auch  dem  Nichtbotaniker  am 
meisten  auffallenden  Pflanzen  gehören;  auf  den  entwaldeten  «Felsenheiden» 
Dalmatiens  sind  sie  geradezu  landschaftlich  tonangebend. 

2.  Reichtum  an  ätherischen  Ölen.  Hierher  gehören  unter  anderen 
die  oben  (sub  i)  genannten  Labiaten,  ferner  Imila  Candida  und  Helichrysum 
italiciim.  Die  Mengen  ätherischen  Öles,  welche  die  Blätter  dieser  Pflanzen  ent- 
halten, sind  sehr  bedeutend.  Wandert  man  an  einem  heißen  Tage  über  eine 
mit  Salvia  officinalis  bestandene  Fläche,  so  kann  man  beobachten,  daß  die  Luft 
ganz  erfüllt  ist  mit  dem  Duft  des  in  Menge  verdunstenden  ätherischen  Öles. 
Es  ist  nicht  etwa  nötig,  behufs  Wahrnehmung  des  Geruches  das  Gesicht  den 


I)  Die  blattsukkulente  Agave  americana  kommt  häufig  verwildert  vor. 


35 

Pflanzen  zu  nähern,  auch  ist  der  Uuft  nicht  auf  einzehie  Stellen  beschrankt, 
sundern  die  ganze  über  dem  Bestände  lagernde  Luft  riecht  nach  Salbei.  Die 
Sonnenstrahlen  müssen  also  diese  Luftschicht  passieren,  und  Tyndall  hat 
gezeigt,  daß  solche  mit  ätherischen  Ölen  geschwängerte  Luft  für  Wärme- 
strahlen viel  weniger  durchlässig  ist  als  reine  Luft,  die  «üiathermansie»  der 
ersteren  ist  viel  geringer,  oder  —  was  dasselbe  besagt  —  die  Absorption  der 
Wärmestrahlen  ist  erheblich  größer.  Bezeichnet  man  diese  für  Luft  mit  i,  so 
beträgt  sie  für  Luft,  die  erfüllt  ist  mit  Dämpfen  von 

Lavendelöl 60 

Thymianöl 74 

Rosmarinöl 74 

Spiköl  (Lavandida  Spica]    .      .  355^) 

Die  Stellung,  welche  die  verschiedenen  Autoren  der  Tyn  dal  Ischen 
Theorie  gegenüber  einnehmen,  ist  verschieden.  Haberlandt  scheint  in  seiner 
«Physiologischen  Pflanzenanatomie»  (IL  Aufl.,  S.  436  f.)  derselben  zuzustimmen, 
ebenso  —  etwas  reservierter  —  Warming  in  der  «Ökologischen  Pflanzen- 
geographie» (II.  Aufl.,  S.  205)  und  Beck  (Illyrien,  S.  117).  C.  Detto  meint  in 
dem  in  der  Fußnote  erwähnten  Aufsatze,  die  Tyndall  sehe  Hypothese  habe 
gerade  mit  Rücksicht  darauf  sehr  viel  Bestechendes,  daß  die  Pflanzen,  die 
reichlich  ätherisches  Öl  in  den  vegetativen  Organen  führen,  meist  Bewohner 
von  Gebieten  mit  ausgeprägter  Trockenzeit  sind  oder  in  Gegenden  mit  Reo-en 
zu  allen  Jahreszeiten  die  trockensten,  sonnigsten  Standorte  bewohnen.  Doch 
meint  er  anderseits,  daß  diese  Pflanzen  durch  andere  Einrichtungen  genücrend 
vor  dem  Vertrocknen  geschützt  seien,  daß  ferner  die  ölgeschwängerte  Luft 
nur  bei  Windstille  oder  schwachem  Luftzug  wirksam  sei  und  daß  daher  der 
Schutz  gegen  Tierfraß  —  für  den  gerade  die  oben  erwähnten  Labiaten  und 
Kompositen  ausgezeichnete  Beispiele  sind  —  mindestens  die  Hauptfunktion  des 
ätherischen  Öles  ist,  daß  aber  jedenfalls  «nicht  die  vSonnenwärme,  sondern  die 
tierischen  Feinde  als  Zuchtwahlfaktoren  der  ölbildenden  Organe»  anzusehen 
sind.  Dies  kann  wohl  zugegeben  werden;  trotzdem  kann  die  mit  ätherischem 
Öl  beladene  Luftschicht,  welche  über  den  Pflanzen  lagert,  unter  den  ent- 
sprechenden äußeren  Verhältnissen  ganz  wohl  die  Wirkung  der  übrigen  Tran- 
spirationsschutz-Einrichtungen unterstützen.^) 

Beiläufig  sei  an  dieser  Stelle  noch  bemerkt,  daß  manche  Pflanzen,  so 
Euphorbia  spinosa,  Wiilfenii,  durch  giftige  Milchsäfte  vor  dem  Zahne  der 
Weidetiere  geschützt  sind,    wogegen  den  distelartigen  Kompositen  (Carduus, 


^)  Vgl.  Detto  C,  Die  Bedeutung  der  ätherischen  Öle  und  Harze  im  Leben  der 
Pflanze.  Naturwissenschaftliche  Wochenschrift  XIX,  Kr.  21  und  22.  —  Derselbe:  Über 
die  Bedeutung   der   ätherischen   Öle  bei   den  Xerophyten.  Flora,    igoS. 

-)  Auch  bei  einigen  Hartlaubgehölzen  kommt  ätherisches  Öl  vor  (Pliillyrea,  Lau- 
ras, Arbutus,  Myrtiis). 

Exkursion  in  die  illyrischcn  Länder.  3 


34 

Cirsium,  Scolynius,  Echinops)  und  LJmbelliferen  (Eryngiinii)  ilire  Stacheln  nur 
wenig  nützen;  dagegen  ist  die  Struktur  dieser  Pflanzen  zweifellos  als  xerophy- 
tisch  zu  betrachten. 

Die  xerophytisc^en  Gräser  des  Mediterrangebietes  weisen  fast  durch- 
wegs an  ihren  Blättern  einen  durch  den  Turgor  bestimmter  Zellen  regulierten 
EinroUungs-  oder  Zusammenfaltungsmechanismus^)  auf,  wodurch  bei  trockenem 
Wetter  die  hier  auf  der  Oberseite  befindlichen  Spaltöffnungen  in  «windstille» 
Räume  einmünden. 

Die  Halophyten^)  haben  bekanntlich  größtenteils  den  Bau  von  Xero- 
phyten, nach  Schimper  deshalb,  weil  durch  Verringerung  der  Transpiration 
weniger  Wasser  aufgenommen  und  damit  auch  weniger  von  dem  in  zu  großer 
Menge  als  Gift  wirkenden  Salz  in  der  Pflanze  angehäuft  wird.  Dieser  Ansicht 
Schimpers  ist  vielfach  widersprochen  worden  (vgl.  Warming,  Ökologische 
Pflanzengeographie,  II.  Aufl.,  S.  Sogf.);  Stahl  hat  insbesondere  darauf  hin- 
gewiesen, daß  die  Halophyten,  auch  wenn  sie  welken,  nicht  imstande  sind,  die 
Spaltöffnungen  zu  schließen,  wodurch  die  Ausbildung  anderer  Schutzmittel 
gegen  übermäßige  IVanspiration  nötig  wird. 

Unter  den  mediterranen  Halophyten  sind  folgende  xerophytische  Typen 
vertreten: 

1.  Blattsukkulente  (Siiaeda,  Atriplex,  Spet-gitlaria,  Cakile  maritima, 
Critlunum  viaritimum,  Imila  crithmoides). 

2.  Stamm  sukkulente  ('S^/Zcor»/^^  Arthrocnemum). 

3.  Pflanzen  mit  dichter  Behaarung  (Medicago  marina). 

4.  Disteln  (Echinophoj'a  spinosa,  Eryngiiim  maritimiim). 

5.  Grasartige  Pflanzen  mit  einrollbaren  oder  einfaltbaren  Blät- 
tern {Agropyrum-hrt&n). 

6.  Blattarme  Cyperazeen  und  Junkazeen  («junkoide  Sprosse»  nach  War- 
ming; ökologisch  den  Rutensträuchern  verwandt):  Scirpus,  Holoschoemis, 
Jimcus. 

0)  Die  Pflanzenformationen  des  Mediterrangebietes. 

Zu  den  «Busch-  und  Baumformationen»  des  illyrischen  Küstenge- 
bietes rechnet  Beck  folgende: 

I.  Die  Macchie,^)  den  immergrünen  Buschwald  des  Mediterrangebietes, 
zugleich  seine  bezeichnendste  Formation,  welche  von  Spanien  bis  Palästina 
weite  Strecken  der  Küstengebiete  überzieht.  Der  Name  «Macchia»  ist  ita- 
lienisch; in  Spanien  heißt  die  Formation  «Monte  bajo»,  in  der  Literatur  wird 
meist  der  korsische  Ausdruck  «Macjui»  gebraucht. 


')   Tschirch,    Beiträge    zur  Anatomie    und    dem   Kinrollungsmechanismus   einiger 
Grasblätter.     Pringsheims  Jahrbücher,   XIII  (1882). 
2)  Tafel  XI  und  XII. 
^)   Tafel  IV.   und   V. 


35 


In  unserem  Gebiete  bedeckt  die  Maccliie  — -  allerdings  in  sehr  verschie- 
denen Erhaltungszuständen  —  das  früher  als  «Macchienregion»  abgegrenzte 
Gebiet,  das  sie  im  südlichen  Teile  allerdings  mit  den  sjjäter  zu  besprechenden 
mediterranen  Waldfürmationen  teilt. 

Die  Gehölze  der  Macchie  sind  fast  durchaus  immergrün;  eine 
Ausnahme  bilden  (loronilla  ojieroides  und  Ligustrum  vulgare,  deren  Laub  jedoch 
bisweilen  (namentlich  bei  Ligustrum)  sogar  den  Winter  wenigstens  zum  Teile 
überdauert;   dazu  kommt  noch  Pistacia  Terebinthus. 

Beck  führt  als  Gehölze  der  Macchie  an  (die  Namen  der  charakteristischen 
und  häufigsten  Arten  sind  gesperrt  gedruckt):^) 

Ccratonia  siliqua  (verwildert) 
Juniperus  Oxycedrus 
—     macrocarpa 


Laurus  nobilis 
Rhamnus  Alaternus 
Mrrtus  italica 
Punica  Gvanatum 
Arbutus  Unedo 
Phillyrea  latifolia 
Olea  europaea  (verwildert) 
Viburnum  Tinus 
Quercus  coccifera 

—     II  ex 
Pistacia  Lentiscus 

Blattlos  oder  blattarm: 
Ephedra  campylopoda 
Osrris  alba 


—  phoenicea 
Erica  arbnrea 

—  vcrticillata 

—  midtiflora 
Ruscus  aculeatus 
Cistus  monspeliensis 

—  villv  s u s 

—  salvifolius. 


Sp arti u  m  j n n c e u m 
Calycotome  infesta. 


Die  Macchie  ist  sicher  eine  ursprüngliche  Formation  des  Medi- 
terrangebietes. Wie  alle  anderen  Gehölzformationen  dieser  Länder  ist  jedoch 
auch  sie  durch  die  Axt,  durch  Brände,  die  in  Dalmatien  förmlich  an  der  Tages- 
ordnung sind,  und  durch  den  Zahn  des  Weideviehs  arg  mitgenommen  und  nur 
an  wenigen  Punkten  dank  eigentümlicher  Besitzverhältnisse  vor  diesem  Schicksal 
bewahrt  worden.  Eine  solche  Macchie,  wie  man  sie  auf  Lacroma  und  im 
nordwestlichen  Teile  der  Insel  Meleda  sehen  kann,  stellt  einen  mehrere  Meter 
hohen,  überaus  dichten,  schwer  durchdringlichen  Niederwald  dar,  dessen  licht- 
armer Grund  des  Niederwuchses  fast  ganz  entbehrt,  umsomehr  als  eine  dicke 
Lage  schwer  verwesender  Blätter  den  Boden  bedeckt.  Die  Undurchdringlich- 
keit des  Busch  Waldes  wird  noch  vermehrt  durch  reichliche  Kletterpflanzen;  als 
solche  führt  Beck  an: 


Immergrüne: 

Smilax  asper a 
Rosa  sempervirens 


Rubu s  u l m i/o l i u s 
Rubia  peregriua 


')  Hier  sowie  bei  der  ScViilderung  der  folgenden  Formationen  halte  ich  mich 
zunächst  an  die  auf  zahlreichen  Beobachtungen  und  der  gesamten  einschlägigen  Lite- 
ratur beruhenden  Angaben  Becks.  Eigene  Beobachtungen  an  den  verschiedenen  be- 
suchten Standorten  sollen  mehr  im  speziellen  Teile  Raum  finden. 

3* 


36 


Sommergrüne : 

Ta  >ii  II  s  c  o  in  m  ii  ii  i  s 
Clematis  Viticclla 

—     Fl  am  mit/ ja 
Lonicera  implexa^) 


Lonicera  etnisca 
Vincetoxicuin  Hiiteri 
Althaea  cannabina 
Rubiis  discolo r 


Aus  dem  grünen  Blättermeere  einer  solchen  unberührten  Macchie  erheben  sich 
bis  zu  Höhen  von  Sin  die  Kronen  der  Erdbeerbäume,")  noch  höher  die  der 
Steineichen,^)  sodaß  schließlich  ein  Steineichen-Niederwald, '^)  in  günstigen  Fällen 
sogar  ein  derartiger  Hochwald  entstehen  kann.  Ein  Wald  der  ersteren  Art 
befindet  sich  z.  B.  auf  Meleda,  Steineichen-Hochwälder  finden  sich  noch  auf 
einigen  dalmatinischen  Inseln  (Arbe,  in  geringer  Ausdehnung  auf  Lagosta). 

Wo  die  Macchie  der  Abholzung  und  Be weidung  unterworfen  wird, 
werden  vor  allem  die  Sträucher  niedriger,  ästiger;  außerdem  wird  die  Macchie 
zerstückelt,  überall  entstehen  freie  Plätze,  verschlungene  Pfade  ziehen  sich 
durch  das  früher  kaum  durchdringbare  Buschwerk.  Allerhand  niedere  Pflanzen 
siedeln  sich  dann  an;  sie  gehören  größtenteils  der  noch  zu  besprechenden  For- 
mation der  «Felsenheide»  an;  auch  ein  der  Macchie  fremder,  sommergrüner 
Strauch,  Paliiirus  australis,  erscheint.  Eine  solche  niedrige  und  zerstückelte 
Macchie  von  bedeutender  Ausdehnung  liegt  bei  Sucurac  nächst  Spalato.  Wo 
die  Zerstörung  der  Gehölze  vollständig  durchgeführt  wird,  tritt  die  Felsenheide 
an  die  Stelle  der  Macchie,  die  ihrerseits  vielfach  —  aber  gewiß  nicht  überall 
—  die  Stelle  ehemaliger  Wälder  einnimmt. 

Typisch  ausgebildet  ist  die  Macchie  ein  Gemenge  aller  der  erwähnten 
Holzarten  oder  wenigstens  eines  guten  Teiles  derselben.  Lokal  kann  natürlich 
die  eine  oder  die  andere  dominieren,  und  so  kann  es  nicht  fehlen,  daß  stellen- 
weise diese  oder  jene  Art  reine  oder  fast  reine  Bestände  bildet.  Bei  Juniperus 
Oxycedriis  ist  das  am  öftesten  der  Fall,  auch  bei  Myrtiis  italica  und  Sparthmi 
junceuni^)  kommt  es  häufig  vor.  Auf  Meleda  sah  ich  auch  einen  fast  reinen  Be- 
stand von  Juniperus  phoenicea.  Auch  die  Cistus- Arten  (so  namentlich  C.  nion- 
speliensis  auf  den  südlichen  Inseln)  halten  oft  ausgedehnte  Plätze  allein  oder  vor- 
zugsweise besetzt. 

Da  die  Macchiengehölze  fast  durchaus  immergrün  sind,  da  sie  überdies 
auch  die  Sommerdürre  unverändert  überdauern,  so  ist  gerade  die  Macchie  die- 
jenige Formation,  in  der  sich  der  fast  ununterbrochene  Entwicklungsgang  der 
mediterranen  Vegetation  am  klarsten  ausspricht.  Dazu  kommt,  daß  sie  bei  der 
so  sehr  verschiedenen  Blütezeit  ihrer  Bestandteile  niemals  des  Blütenschmuckes 
enträt,  und  sollten  die  Blüten  nicht  ausreichen,  so  erfreut  der  Anblick  prächtig 
gefärbter  Früchte   das  Auge.    Den   Höhepunkt   ihrer  Schönheit   aber   erreicht 

^)  Nach  Fritsch,   Fokorny  (Österreichs  HolzpOanzen)  immergrün. 

-)  Arbutus   Unedo. 

^)   Quercus  Hex. 

")  Tafel  III.  ')  Tafel  X. 


37 

die  Macchie  im  Mai,  wenn  Cistrosen  und  Spartium  einen  ganzen  Regen  von 
weißen,  rosenfarbenen  und  hochgelben  Blüten  über  das  immergrüne  Busch- 
werk streuen. 

2.  Der  Strandföhren  wald.^)  Das  Küstengebiet  und  die  Inseln  Dalma- 
tiens  südlich  des  43.  Grades  n.  Br.  beherbergen  einen  Nadelbaum,  der  dort 
früher  gewiß  viel  weiter  verbreitet  war,  sich  aber  auch  heute  noch  an  einzelnen 
Punkten  in  ganz  prächtigen  Beständen  findet:  die  S  trandföh  re  oder  See- 
strandkiefer, auch  wohl  Aleppokiefer  genannt  (Pinus  halepensis).  Die 
nächste  Umgebung  von  Ragusa  (die  Halbinsel  Lapad  und  das  Eiland  Lacroma), 
vor  allem  aber  die  Insel  Meleda,  besitzen  noch  schöne  Strandführenwälder,  und 
alle  drei  genannten  Lokalitäten  sollen  später  beschrieben  werden.  Habituell  ist 
die  Strandföhre  in  vorgerückterem  Alter  sehr  ausgezeichnet.  In  der  Jugend  ist 
sie  pyramidenförmig,  später  sterben  die  Äste  bis  in  eine  bedeutende  Höhe  des 
Stammes  ab,  und  da  sie  ihrerseits  auch  erst  an  der  Spitze  sich  stärker  ver- 
zweigen, da  ferner  die  Krone  oben  nur  wenig  gewölbt  ist,  so  bekommt  der 
Baum  einen  pinienartigen  Habitus,  ohne  jedoch  die  Form  des  «aufgespannten 
Regenschirms»,  wie  sie  die  Pinie  besitzt,  völlig  zu  erreichen. ^j  Sehr  auffallend 
ist  der  überaus  große  Zapfeureichtum,  zum  Teile  dadurch  verursacht,  daß  die 
älteren  Zapfen  jahrelang  nicht  abfallen. 

Die  Strandföhre  ist  in  ihren  Ansprüchen  an  den  Boden  sehr  bescheiden: 
sie  gedeiht  auf  dem  verkarstetsten  Terrain;  dagegen  braucht  sie  Küstenklima. 
Sie  steigt  nicht  hoch  empor,  nach  Beck  nicht  viel  über  200m.  Nördlich  des 
43.  Breitegrades  kommt  sie  nur  angepflanzt  vor. 

Ein  dichter  Strandföhren-Jungwald  hat  nur  sehr  geringen  Unterwuchs  oder 
ist  überhaupt  vegetationslos.  Wie  in  unseren  Wäldern  findet  eine  Durch- 
lichtung des  Waldes  statt:  die  alten  Strandföhrenwälder  sind  reichlich  von 
Licht  erfüllt;  in  sie  dringen  dann  aus  den  benachbarten  Macchien  alle  die 
Sträucher  und  Schlingpflanzen  ein,  die  wir  oben  kennen  lernten  —  die  Macchie 
wird  zum  Unterholz  des  Strandföhrenwaldes,  dessen  Grund  öfters  auch  von 
einem  tiefen  dichten  Rasen  von  Brachj'podium  ramosiim  bedeckt  wird. 

3.  Der  «mediterrane  Seh  warzföh  ren  wald»,  welcher  die  Höhen  von 
Sabbioncello  und  Brazza  besiedelt  hat,  sei  der  Vollständigkeit  halber  erwähnt. 
Der  charakteristische  Baum  dieser  Wälder  ist  Pinus  nigra ;  das  Unterholz 
besteht  größtenteils  aus  Macchiensträuchern. 

4.  Der  Lorbeerwald  ist  namentlich  im  Winkel  des  Quarnero,  in  der 
Umgebung  von  Abbazia,  entwickelt.  Die  dem  Lorbeer  beigemengten  übrigen 
Holzarten  sind,  wie  es  in  diesem  Übergangsgebiet  nicht  anders  zu  erwarten 
ist,  fast  alle  sommergrün  und  gehören  der  Karstregion  an.  Als  Macchienstrauch 
können  wir  den  Lorbeer  auf  Meleda  kennen  lernen. 


I)  Tafel  II  und  III. 

^)  Die    botanisch    nicht    geschulten    Touristen    nennen    den    Baum    auch    meistens 
c Pinie»  (vgl.  Tafel  I.) 


38 

5.  Der  litorale  Eichenwald.  Nach  den  spärHch  vorhandenen  Resten 
und  nach  gewissen  historischen  Anhaltspunkten  zu  schließen  waren  an  den  illv- 
rischen  Küsten  und  zum  Teile  auch  auf  den  nördlichen  Inseln  außerhalb  der 
Macchienregion  Wälder  /pn  sommergrünen  Eichen  sehr  verbreitet.  Beck  be- 
zeichnet diesen  der  Küste  eigentümlichen,  jetzt  nur  mehr  in  einzelnen  Hainen 
und  Baumgruppen  erhaltenen  Wald  als  «litoralen  Eichenwald»,  da  er  im 
Norden  kaum  bis  zoom,  aber  auch  im  südlichen  Dalmatien  nur  an  günstigen 
Stellen  bis  500?»  ansteigt.  Das  Oberholz  dieser  Waldformation  besteht 
aus  Qiierciis  lanuginosa ,  sessiliflora,  Robiir  und  anderen  Arten,  denen  sich  einige 
typische  Karstwaldgehölze,  so  Ostrya  carpinifolia  und  Fraxinus  ornus  an- 
schließen. Im  Unterholz  sind  eine  ganze  Anzahl  Macchiensträucher  vertreten, 
aber  überdies  auch  einige  sommergrüne,  ebenfalls  für  den  Karstwald  charakte- 
ristische Sträucher,  so  Carpinus  duinensis,  Palhinis  australis  u.  a.  Diese  beiden 
Sträucher  bilden  zusammen  mit  Jiiniperus  oxycedrus  an  vielen  Stellen  der  illy- 
rischen Küste  ein  Gestrüpp,  das  nach  Becks  Ansicht  den  Rest  verwüsteter 
litoraler  Eichenwälder  darstellen  dürfte.  Der  Nieder  wuchs  des  litoralen 
Eichenwaldes  besteht  größtenteils  aus  Pflanzen  der  Felsenheide. 

6.  Die  dalmatinische  F eisen heide^)  ist  wohl  die  verbreitetste 
Formation  der  illyris  chen  Küstengebiete;  alle  die  weiten  verödeten, 
abgeholzten  Strecken,  die  früher  Wälder  oder  Macchien  trugen,  sind  von  ihr 
besetzt.  Anderseits  aber  können  die  in  der  Felsenheide  immer  auftretenden, 
anfangs  natürlich  nur  zerstreut  wachsenden  Sträucher  sich  schließlich  zu 
einer  Macchie  zusammenschließen  —  vorausgesetzt,  daß  die  Beweidung  ein- 
gestellt wird,  was  allerdings  nur  selten  der  Fall  ist.  Eine  unangetastete 
Felsenheide  ist  außerordentlich  ptlanzenreich,  namentlich  im  Mai,  wenn  die 
zahlreichen  des  Transpirationsschutzes  entbehrenden  krautigen  Gewächse  in 
Blüte  stehen.  Die  Sommerdürre  überdauern  mit  oberirdischen  Organen  nur 
relativ  wenige  Pflanzen,  die  Einrichtungen  zum  Schutze  vor  übermäßiger 
Transpiration  haben;  überdies  sichert  ihnen  ihre  üngenießbarkeit  für  Weide- 
tiere ein  bedeutendes  Übergewicht  über  viele  Kommensalen,  sodaß  sie  geradezu 
einen  Einfluß  auf  das  Landschaftsbild  erlangen.  Es  sind  namentlich  die  schon 
bei  anderer  Gelegenheit  erwähnten  Labiaten  ^a/v/j  officinalis,  Phlomis  fruti- 
cosa,  MarriibiiiDi  candidissiviuni,  Teiicriiim  Poliiim,  die  Kompositen  Inula  Can- 
dida und  Helichrysuui  italicum,  endlich  einige  Euphorbia- Arten,  wie  E.  Wulfen  i 
und  E.  spinosa. 

Die  Formation  der  dalmatinischen  Felsenheide  umfaßt  naturgemäß  auch 
die  eigentlichen  «Felsen  pfl  anze  n». 

Eine  Aufzählung  der  Bestandteile  der  sehr  artenreichen  Formation  wäre 
zu  weitläufig;  es  mag  diesbezüglich  auf  Beck  (Illyrien,  S.  160 f.)  verwiesen 
werden;  was  ich   an   einzelnen  Lokalitäten   fand,   wird  im  speziellen  Teile   des 


')  Tafel  VII,  VIII. 


39 

Fülirers  an  entsprechender  Stelle  erwähnt  werden.  Hier  mögen  nur  noch  einige 
der  sehr  auffallenden  Bew  oh  ner  der  Mauern  und  Festungs  wälle')  der 
illyrischen  Städte  genannt  werden,  wobei  bemerkt  werden  muß,  daß  nicht  nur 
an  verfallenden,  sondern  auch  an  ganz  unversehrten  Mauern  von  noch  in  Ge- 
brauch stehenden  Gebäuden  eine  reiche  Flora  zu  finden  ist;  diesen  Umstand 
erklärt  einerseits  die  große  Gleichgültigkeit  der  Südländer  gegenüber  einem 
derartigen  Schmuck,  der  bei  uns  wahrscheinlich  alsbald  entfernt  würde,  ander- 
seits aber  und  vorzugsweise  der  Mangel  eines  Bewurfes  an  den  meisten  dieser 
aus  Kalkquadern  erbauten  Häuser;  in  den  Ritzen  zwischen  den  Steinen  ist 
sonach  reichlich  Raum  zur  Ansiedlung  gewisser  genügsamer  Pflanzen.  Als 
solche  Bewohner  der  Mauern,  die  sich  aus  der  F'ormation  der  Felsenheide  re- 
krutieren und  nur  in  der  Nähe  des  Meeres  durch  einige  Charaktergewächse 
der  Strandklippen  (so  namentlich  Crithiiiinn  maritiniinn)  verstärkt  werden,  führt 
Beck  (Illyrien,  S.  15g)  unter  anderen  folgende  an: 


CeteracJi  officinavum, 
Parietaria  diffusa 
Corrdalis  ochroleuca 
Capparis  riipestris 
Cheiranthus  Clieiri 
Matthiola  incana 
Reseda  alba 
CritJimum  maritim  um 


Cotylcdon  Umbilieiis 
Salvia  officinalis 
Antirvliinum  malus 
Llnarla  Cvmbalarla 
Campanula  pyramidalis 
Centranthus  ruber 
Valllantla  muralls 
Inida  Candida. 


7.  Die  hal  ophy tischen  Formationen^)  sowie  die  Bewohner  der 
Sümpfe  sollen  nach  meinen  eigenen  Aufsammlungen  im  speziellen  Teile  be- 
sprochen werden. 

8.  K  ul  t  urp  flanze  n.  In  einem  so  alten  Kulturlande,  wie  es  das  illyrische 
Küstengebiet  ist,  spielen  natürlich  die  Kulturpflanzen  eine  sehr  große  Rolle 
und  wie  fast  überall  im  Mediterrangebiete  beeinflussen  sie  (in  Verbindung  mit 
einigen  leicht  verwildernden  Pflanzen)  das  Landschaftsbild  in  einem  Grade,  der 
in  Mitteleuropa  etwa  nur  in  den  Getreideebenen  übertroffen  wird.  Dabei  ist 
jedoch  immer  festzuhalten,  daß  die  produktive  Bodenfläche  relativ 
sehr  gering  ist. 

Das  Terrain  für  Kulturen  muß  meist  in  hartem  Kampfe  dem  sterilen 
Boden  abgerungen  werden.  Am  schwersten  ist  dieser  Kampf  an  den  Hängen 
der  Berge  und  Hügel.  Die  meisten  nicht  zu  großen  Steine  und  Felsblöcke,  die 
aus  dem  Boden  hervorragen,  werden  ausgehoben  oder  ausgesprengt;  trotzdem 
sieht  man  noch  immer  ziemlich  viele  Steinblöcke  in  den  Kulturen  stehen.  Dann 
muß  das  abschüssige  Terrain  durch  Terrassierung^)  vor  dem  Verlust  der  Erde 
durch   Abschwemmuncr  bewahrt   werden.    Einfacher   gestaltet  sich   die  Sache 


»)  Tafel  XIII. 
2)  Tafel  XI,  XII. 
^)  Tafel  XVII. 


40 

dort,  wo  die  Terra  rossa  in  Do] inen  und  Poljen  zusammenoresch \v  emm  t 
ist  und  —  wie  schon  erwähnt  —  mächtige  steinarme  Ablagerungen  im  Grunde 
dieser  Vertiefungen  bildet.  Dort  beschränkt  sich  (so  namentlich  auf  den  süd- 
lichsten Inseln)  die  Kultu.'.auf  diese  Erdansammlungen, ^)  und  die  daneben  sich 
erhebenden  Hänge  sind  verödet  oder  mit  Macchie  bedeckt. 2)  Am  trostlosesten 
sind  die  Bedingungen  auf  den  —  allerdings  nicht  mehr  zum  Mediterrangebiete 
zu  rechnenden  —  Flächen  im  Innern  des  Landes,  wo  sich  der  Ackerbau  viel- 
fach auf  die  winzige,  manchmal  nur  ein  paar  Quadratmeter  haltende  Boden- 
fläche von  ein  paar  Dolinen  erstreckt.  Sorgsam  entfernt  der  Besitzer  dieses 
Schatzes  alle  vSteine  aus  der  Erdansammlung,  sorgsam  schlichtet  er  um  sein 
«Feld»  Steine  zu  einer  niedrigen  Mauer  auf,  um  ungebetenen  Gästen  den  Ein- 
tritt zu  wehren;  es  soll  sogar  vorkommen,  daß  er  seine  Erde  gegen  seinen 
Nachbarn  schützen  muß,  der,  um  ein  paar  Handvoll  des  köstlichen  Gutes  sich 
anzueignen,  der  Doline  einen  nächtlichen  Besuch  abstattet. 

Das  wichtigste  Kulturgewächs  nicht  nur  des  mediterranen  Anteils 
unseres  Gebietes,  sondern  der  Mittelmeerländer  überhaupt  ist  der  Ölbaum^) 
(Olea  europaea)-.  seine  Frucht,  die  Olive,  wird  in  verschiedener  Zubereitung 
verspeist,  das  Öl  aber  spielt  eine  viel  größere  Rolle  wie  bei  uns,  da  es  auch 
die  meisten  tierischen  Fette  ersetzt.  Er  ist  eines  der  bezeichnendsten 
Gewächse  der  mediterranen  Flora  und  wird  mit  vollem  Recht  als  eine 
der  wichtigsten  «Leitpflanzen»  dieses  Florengebietes  überhaupt  betrachtet. 
Er  ist  sosehr  ein  getreues  Abbild  des  mediterranen  Klimas,  daß  er  in  alle  die 
oben'^)  genannten,  mit  den  Mittelmeerländern  klimatisch  übereinstimmenden 
Gebiete  mit  mehr  oder  weniger  Erfolg  eingeführt  werden  konnte.  Landschaft- 
lich ist  er  eines  der  hervorstechendsten  Gewächse:  sein  graues  Laub  verleiht 
ganzen  Landstrichen  einen  eigentümlichen,  wenn  auch  keineswegs  freundlichen 
Charakter. 

Die  Heimat  des  Ölbaumes  erstreckt  sich  nach  der  Meinung  Th. 
F'ischers,^)  der  in  einer  kürzlich  erschienenen  Schrift  alle  diesbezüglichen 
Beobachtungen  zusammengestellt  und  kritisch  beleuchtet  hat,  «vom  Ostrande  von 
Iran  bis  in  das  südwestliche  Marokko,  anscheinend  nur  ausnahmsweise  nörd- 
lich vom  40.  Parallel».  Dabei  liegt  seine  größte  Verbreitung  im  Südwesten 
des  Mittelmeergebietes,  wo  er  (so  im  südlichen  vSpanien  und  in  den  Atlas- 
ländern) waldbildend  auftritt.  Das  Gesagte  gilt  für  den  «Oleaster»,  den  wilden 
(Ölbaum,  denn  das  V^erbreitungsgebiet  des  kultivierten  Fruchtbaumes  deckt  sich 


')  Tafel  XVir. 

-)  Tafel  XVIII.  Die  hier  dargestellte  Landschaft  gehcirt  allerdings  der  Karst- 
region  an. 

^)   Tafel  XV. 

")  S.  3i. 

*)  Der  Ölbaum.  Seine  geographische  Verbreitung,  seine  wirtschaftliche  und  kultur- 
hislorische  Bedeutung.  Petermanns  Mitteilungen,  Ergänzungsheft  Nr.  147,    1904. 


41 

—  wie  schon  erwähnt  —  ziemlich  mit  dem  Mediterrangebiet  (in  pflanzengeo- 
graphischem Sinne);  als  Zierhaum  kommt  er  auch  in  viel  nördlicher  gelegenen 
Gegenden  vor,  so  hie  und  da  in  h^ngland  und  der  Bretagne,  wo  er  jedoch  nicht 
einmal  blüht.  Die  Höhengrenze  des  Ölbaumes  liegt  im  Quarnero  bei  zirka  150  ;;; 
(Lorenz),  bei  'Priest  bei  200m  (Marchesetti),  bei  Ragusa  bei  3oom  (Beck). 

Eine  andere  Frage  als  die  nach  der  Heimat  des  Oleasters  ist  die,  woher 
die  Kultur  des  Ölbaumes  ihren  Anfang  genommen  hat.  Und  da  läßt  sich  (vgl. 
Fischers  Schrift,  S.  4)  historisch  nachweisen,  daß  dieselbe  sich  von  Syrien 
aus  nach  Westen  allmählich    über  die  ganzen  Mittelmeerländer  verbreitet  hat. 

Wenn  ich  Fischers  Ausführungen  recht  verstehe,  meint  er,  daß  aus  dem 
()li)aum  nie  durch  Rückschlag  ein  Oleaster  werden  könne.  Die  gelegentlich 
in  den  Macchien  üalmatiens  vorkommenden,  klein-  und  relativ  breitblättrigen 
Exemplare  entsprechen  aber  ganz  der  Beschreibung,  die  Fischer  vom  Oleaster 
gibt;  und  in  üalmatien  gibt  es  kaum  wilde  Ölbäume,  sondern  nur  verwil- 
derte (vgl.  auch  Beck,  Illyrien,  S.  128  und  175).  Übrigens  behauptet  Fischer 
auch  nirgends  ausdrücklich,  daß  gerade  in  Dalmatien  wilde  Ölbäume 
vorkommen. 

Die  zweitwichtigste  Kulturpflanze  unseres  Gebietes  ist  der  Weinstock 
(Vitis  vinifera),  dessen  Kulturen  nach  Zotti  (vgl.  Beck,  Illyrien,  S.  17g,  Anm.) 
8°/o  des  gesamten  Flächeninhaltes  Dalmatiens  und  37° jo  der  Kulturfläche 
dieses  Landes  einnehmen.  Der  Weinstock  ist  —  wie  ja  schon  sein  Anbau  in 
Mitteleuropa  vermuten  läßt  —  keineswegs  auf  das  Mediterrangebiet  beschränkt, 
sondern  reicht  weit  in  die  Karstregion  hinein,  so  im  Becken  von  Njegus  in 
Montenegro,  wo  er  bis  goo  711  ansteigt  (Baldacci). 

Am  reichsten  an  Weinanpflanzungen  sind  die  Flyschgebiete  (Castelli, 
Spalatiner  Halbinsel,  Canali),  ferner  die  großen  mitteldalmatinischen  Inseln 
(Lissa,  Lesina,  Brazza).  Die  Triebe  des  Weinstockes  werden  meist  nicht  so 
tief  unten  abgeschnitten  wie  bei  uns,  sodaß  der  Stamm  etwa  meterlang  wird. 
Für  manche  Gegenden,  so  namentlich  für  Friaul,  ist  eine  interessante  Kombi- 
nation von  Obst-,  Wein-  und  Getreide-  oder  Gemüsebau  charakte- 
ristisch. Man  pflanzt  da  die  Obstbäume  in  größeren  Abständen  voneinander, 
sodaß  dem  Boden  genügend  Licht  zufließt,  benützt  sie  oder  andere  nicht  als 
solche  nutzbringende,  sondern  nur  zum  Zwecke  der  Weinkultur  gepflanzte 
Baumarten  (Ulmen,  Acer  cavipestre)  als  Stützen  für  die  Rebe,  die  sodann  ihren 
ursprünglichen  Lianenwuchs  wieder  bekommt,  und  baut  zwischen  alledem  noch 
Getreide  oder  Gemüse.  Statt  der  Obstbäume  können  auch  Ölbäume  verwendet 
werden;  auch  die  Kombination  dieser  mit  Getreide  allein  —  ohne  Wein  —  ist 
nicht  selten. 

Die  istrianischen  und  dalmatinischen  Weine  sind  zum  größten  Teile  sehr 
dunkle  Rotweine. 

Die  Phylloxera  hat  noch  nicht  alle  Weingärten  ergriffen;  gegenwärtig 
ist  sie  noch  auf  die  Nordhälfte   des  illyrischen  Küstengebietes  beschränkt;   die 


42 

Südgrenze  ihrer  Verbreitung  kann  etwa  durch  eine  von  Sebenico  zur  üinara 
gezogene  Linie  dargestellt  werden.^)  Dagegen  \st  Plasmopara  viticola  im  Küsten- 
land und  in  Dalmatien  allgemein  verbreitet,  tritt  jedoch  nicht  jedes  Jahr  überall 
und  nicht  in  gleicher  Stär'^e  auf. 

In  der  Nähe  der  Weingärten  wird  das  «Rohr»  (Ariindo  doitax),  dessen 
kräftige  Halme  als  Stützen,  sowie  die  Silberweide  (Salix  alba),  deren  Zweige 
zum  Festbinden  der  Reben  Verwendung  finden,  vielfach  kultiviert. 

Der  Feigenbaum  (Ficus  carica)  mit  seinen  großen  gelappten  Blättern  und 
seinem  breitausladenden  Wüchse  ist  ein  landschaftlich  überaus  auffallendes 
Kulturgewächs.  Er  dringt  horizontal  und  vertikal  weiter  vor  als  der  Ölbaum, 
überschreitet  somit  die  Grenzen  der  mediterranen  Flora,  wie  er  ja  auch  an 
günstigen  Stellen  (z.  B.  an  sonnigen  Mauern)  in  Mitteleuropa  ganz  gut  gedeiht. 

Der  Granatapfelbaum  (Punica  Granatum)  gehört  gleichfalls  zu  den 
härteren  Mediterranpflanzen;  er  ist  nach  Becks  Ansicht  in  Illyrien  wild  und 
dringt  (nur  wildwachsend)  bis  ins  Narentadefilee  vor. 

Der  Johannisbrotbaum  oder  Karobenbaum  (Ceratonia  siliqua)  wird 
namentlich  auf  den  südlicheren  Inseln  gebaut;  die  größte  Anpflanzung  befindet 
sich  in  der  Umgebung  des  Hafenstädtchens  Comisa  auf  der  Insel  Lissa.  Als 
kleinen  Strauch  findet  man  ihn  hie  und  da  verwildert. 

Die  Orangen-  und  Zitronenbäume  (C7/rz/i-Arten)  spielen  im  illy- 
rischen Küstengebiete  so  gut  wie  keine  Rolle.  Einzelne  Exemplare  finden  sich 
in  den  Gärten  Süddalmatiens. 

Das  Kernobst  spielt  gleichfalls  keine  große  Rolle ;  eine  interessante, 
nicht  selten  (so  im  Gebiet  des  Monte  Maggiore)  kultivierte  Kernobstart  ist  der 
«Speierling»  (Sorbus  domestica). 

Unter  den  Steinobstarten  sind  namentlich  diejenigen  reich  vertreten, 
die  bei  uns  nur  in  wärmeren  Lagen  gedeihen,  so  Pfirsich  (Prunus  Persica), 
Aprikose  (Prunus  Anneniaca)  und  namentlich  der  sehr  häufige  Mandelbaum 
(Prunus  communis).  Die  interessanteste  Steinobstart  Dalmatiens  ist  jedoch 
Prunus  Cerasus  var.  Marasca,  die  in  der  Umgebung  von  Zara  und  in  dem  Land- 
strich zwischen  Spalato  und  Almissa  kultiviert  wird,  und  zwar  —  wenigstens 
bei  Zara  —  so,  daß  Edelreiser  auf  den  Stamm  des  dort  häufigen  Prunus  Ma- 
haleb  aufgepfropft  werden.  Die  Pflanze  unterscheidet  sich  übrigens  recht  wenig 


')  Nach  Mitteilung  des  Leiters  der  k.  k.  landwirtschaftlichen  Lehr-  und  Versuchs- 
anstalt in  Spalato,  Herrn  J.  Slaus-Kantschieder.  —  Verseucht  oder  wenigstens 
seuchenverdächtig  waren  (im  Jahre  igoS),  ausgedrückt  in  Prozenten  der  Gesamt-Anbau- 
fläche:  in  Görz-Gradiska 78'53°/o 

im  Gebiete  von  Triest lOO      "/o 

in  Istrien 90'98"/o 

in  Dalmatien     3l-i6°/o 

(Mitteilung  von  Herrn  Prof.  Dr.  F.  Krasser    von    der  önologisch-pomologischen  Lehr- 
anstalt in   Klosterneubur''). 


43 

von  der  gewöhnlichen  Weiclisel  (Prunus  Cerasus).  Die  Früchte  werden  bei 
Zara  zur  üarstelking  eines  Likörs,  des  Maraschino,  verwendet. 

Maulbeerbäume  (Monis  alba  und  nigra)  werden  sehr  häufig  kultiviert. 

Die  Getreidearten  spielen  im  Verhältnis  zu  den  übrigen  Kulturpflanzen 
eine  recht  geringe  Rolle.  Außer  den  in  Mitteleuropa  vorkommenden  Zerealien^) 
werden  noch  kultiviert:  in  Friaul  nebst  anderen  Maisrassen  eine  Sorte  von  sehr 
kleinkörnigem  Spätmais  («cinquantina»),  ferner  die  Mohrenhirse  (Sorghum  vul- 
gare) und  in  einzelnen  Gegenden  auch  Reis  (Ory:^a  sativa),  dessen  Kultur  aber 
als  unrentabel  immer  mehr  und  mehr  zurückgeht.  Hirse  (Panicum  miliaceum) 
und  Kolbenhirse  (Setaria  italica)  werden  stellenweise  kultiviert. 

Unter  den  Hülsenfrüchten  ist  die  auf  Feldern  nicht  selten  gebaute 
Kichererbse  (Cicer  arietiiUDuJ  erwähnenswert. 

Die  mitteleuropäischen  Gemüse  gedeihen  wohl  alle  in  unserem  Ge- 
biete; Kürbisse  (Cucurbita  Pepo)  und  Flaschenkürbisse  (Lagenaria  vulgaris) 
spielen  eine  viel  größere  Rolle  als  bei  uns;  sehr  beliebt  ist  auch  die  Artischocke 
(Cynara  Scolymus),  von  der  die  noch  nicht  holzigen  Hüllschuppen  der  jungen 
Köpfchen  samt  dem  Blütenboden  genossen  werden. 

Bei  der  Genügsamkeit  der  Bewohner  der  illyrischen  Küstenländer  werden 
vielfach  wildwachsende  Pflanzen  als  Gemüse  genossen,  so  die  jungen 
Schößlinge  einiger  Smilazeen  (Ruscus  aculeatus,  Asparagus  aculifolius,  Sniilax 
aspera) ;  die  Fischer  nehmen  bei  Mahlzeiten  auf  abgelegenen  kleinen  Eilanden 
oft  mit  den  Blättern  verschiedener  Halophyten  vorlieb.  Auch  die  jungen  Blüten- 
knospen der  Kappernstaude  (Capparis  rupestris)  werden  gerne  gegessen. 

Der  Tabak  (Nicotiana  Tabacum)  ist  für  manche  Gebiete  sehr  wichtig; 
da  dieselben  jedoch  meist  der  Karstregion  angehören,  so  sei  davon  später  die 
Rede. 

Eine  Dalmatien  und  Montenegro  durchaus  eigentümliche  Nutzpflanze  ist 
die  Stammpflanze  des  dalmatinischen  \ns&]^te:n\i\i\v t-.rs  (Chrysanthe- 
mum einer ariaefoliimi) .  Dieselbe  wächst  an  steinigen  Orten  und  an  Felsen  in 
Süddalmatien  und  Montenegro  wild,  wird  aber  seit  einigen  Dezennien  auch  in 
anderen  Teilen  des  Landes  (so  auf  Brazza,  Lissa,  Meleda)  kultiviert.  Das  In- 
sektenpulver wird  durch  Mahlen  der  an  der  Sonne  getrockneten  Köpfchen 
gewonnen.  Solche  Pulvermühlen  finden  sich  bei  Zara.  Auf  einem  großen  ver- 
kehrsarmen Platze  an  der  Peripherie  der  vStadt  Sebenico  sah  ich  einmal  auf 
großen  Tüchern  tausende  von  Köpfchen  an  der  Sonne  trocknen.  Da  diese 
Kultur  ziemlich  einträglich  ist,  werden  noch  immer  neue  Flächen  (so  auf 
Meleda)  mit  diesem  Gewächs  bepflanzt;  leider  nimmt  man,  um  einen  möglichst 
hohen  Gewinn  aus  einer  sonst  wenig  rentabeln  Fläche  zu  ziehen,  keinen  An- 
stand, Abhänge,  die  mit  ganz  gut  erhaltenen  Macchien  oder  mit  Wald  bestanden 
sind,  mit  Axt  und  Feuer  zu  verwüsten. 


^)  Die  an  rauheres  Klima  gewöhnten  Arten  (Roggen  und  Hafer)  sind  selten. 


44 

Der  wildwachsende  Rosmarin  (Rosinarinus  officincilis)  wird  auf  Lesina 
und  Lissa  zur  Bereitung  von  Rosmarinöl  verwendet. 

vSchon  oben  wurde  erwähnt,  daß  wie  überall  im  Mediterrangebiet,  so  auch 
in  den  illyrischen  KüstenUndern  einige  zum  Teile  leicht  verwildernde  Zier- 
pflanzen landschaftlich  eine  wiclitige  Rolle  spielen. 

Hierher  gehört  vor  allem  die  Zypresse,^)  und  zwar  besonders  die  pyra- 
midenförmig wachsende  Form  (Cupressus  sempervirens  var.  pyramidalis),  deren 
schmale  dunkle  Gestalten  zur  unvermeidlichen  Staffage  von  Kirchhöfen  und 
Gärten  gehören. 

Die  Pinie  (Pinus  Pineap)  ist  an  der  ganzen  Oslküste  der  Adria  gewiß 
nicht  heimisch;  ihr  Name  wird  von  Unkundigen  oft  zur  Bezeichnung  verschie- 
dener anderer  Kiefernarten  mißbraucht.  Bemerkenswert  ist  der  kleine  Pinien- 
hain bei  Belvedere  und  Centenara  nächst  Aquileja  in  Friaul,  der  einen  Rest 
eines  großen  Pinienwaldes  darstellt,  der  sich  einst  von  Ravenna  um  das  Nord- 
ende der  Adria  herum  erstreckt  haben  soll.  ^)  Auch  sonst  findet  man  die  Pinie 
hie  und  da  angepflanzt,  jedoch  bei  weitem  nicht  so  häufig  wie  in  Italien.  Wo 
sie,  wenn  auch  nur  ganz  vereinzelt,  auftritt,  fällt  sie  natürlich  in  der  Land- 
schaft sehr  auf. 

Dasselbe  gilt  von  der  Dattelpalme  (Phoenix  dactylifera),  die  nur  hie 
und  da  und  dann  stets  ungenießbare  (aber  manchmal  mit  keimfähigen  vSamen 
versehene)  Früchte  trägt,  sonst  aber  noch  auf  Lussin  leidlich  fortkommt, 
sodaß  sie  (namentlich  in  Süddalmatien)  als  Zierbaum  in  Gärten  nicht  selten  ist. 

So  gut  wie  eingebürgert  haben  sich  einige  aus  Amerika  stammende  Sukku- 
lente, nämlich  Opiintia  vulgaris  (östliche  Union")  und  O.  Ficiis  inJica  und  Agave 
americaua  (beide  in  Mexiko  heimisch),  die  mit  dem  mediterranen  Landschafts- 
bilde überhaupt  im  Bewußtsein  der  meisten  so  innig  verwachsen  sind,  daß  sie 
—  zur  Erheiterung  der  Wissenden  —  auch  auf  Gemälden,  die  Szenen  aus  dem 
grauesten  Altertume  darstellen,  mit  großer  Hartnäckigkeit  immer  wiederkehren. 

Noch  wären  einige  Bäume  zu  erwähnen,  die  zu  Aufforstungen  ver- 
wendet werden  und  bisweilen  auch  verwildern.  Letzteres  gilt  namentlich  von 
zwei  sommergrünen  Laubbäumen,  die  in  den  verschiedensten  Teilen  Öster- 
reichs immer  mehr  und  mehr  heimisch  werden,  nämlich  der  Robinie  (Rubiiiia 
Pseudacacia)  und  dem  Götterbaume  (Ailanthus  glandiilosa). 

Für  die  Aufforstung  verkarsteter  P" lachen  sind  namentlich  einige 
Pimis-kvt&n  von  Bedeutung.  Für  die  Küste  und  die  Inseln  wird  begreiflicher- 
weise die  im  Lande  heimisclie  Pinus  halepensis  verwendet,  und  zwar  mit  großem 


I)  Tafel  II.  ^)  Tafel  I. 

')  Pospichal,  Flora  des  Küstenlandes  I,  S.  24/25.  Der  Wald  von  Ravenna 
(die  «Pineta»)  ist  nach  V.  Hehn  (Kulturpflanzen  und  Haustiere,  6.  Aufl.,  S.  295)  erst 
im  Mittelalter  angelegt  worden,  aber  jenes  ganze  Territorium  war  schon  früher  reich  an 
Pinien.  Wirklich  wild  ist  die  Pinie  (Hehn,  a.  a.  O.,  S.  296)  in  Kaukasien,  Kleinasien 
und  Syrien  (?),  Italien  (?),  Spanien. 


45 

Vorteil,  voraitst;"esetzt,  daß  man  i]cn  Anbau  dieser  Art  auf  die  tiefliegenden 
Gegenden  besehränkt.  Etwas  härter  und  demgemäß  auch  zu  Aufforstungen  in 
höher  gelegenen  Gegenden  geeignet  ist  die  in  Kalabrien  und  den  Gebirgen 
Kieinasiens,  Syriens,  Cyperns  und  Kretas  heimische  Piuiis  brutia  (=pyrenaica). 
Nach  Beck  (Illyrien,  S.  185)  gedeiht  dieselbe  «auf  Lussin  besser  als  jede 
andere  P/n//^- Art»,  PospichaH)  berichtet,  daß  sie  «auf  der  Karstkante  von 
Grignano  bis  Sistiana-)  besser  als  P.halepensis»  fortkommt;  ich  selbst  habe  sie 
(zusammen  mit  P.  halepensis)  an  den  Hängen  eines  Vorberges  des  Monte  Mag- 
giore  noch  bei  zirka  600  ;n  Meereshühe  beobachtet  (also  weit  außerhalb  des 
Mediterrangebietes). 

Die  Unkräuter  und  Rüde  ralpflanzen  sind  in  einem  Lande  mit  so 
vielem  nachlässig  bebauten  Lande,  mit  so  vielem  zeitweise  wegen  Mangels  an 
Dünger  brachliegenden  Terrain  natürlich  sehr  zahlreich  vertreten.  Ein  Teil  der 
hierher  zu  zählenden  Pflanzen  kommt  auch  in  der  Felsenheide  vor,  ein  anderer 
(etwa  3o°/q)  findet  sich  auch  in  Mitteleuropa  vor  —  immerhin  wenig  genug, 
um  derlei  verachteten  Lokalitäten  das  Interesse  fremder  Botaniker  zu  sichern. 

i)    Statistische    Angaben    über    das    mediterrane    Florengebiet. 

Der  floristische  Charakter  des  Mediterrangebietes,  seine  Unterabteilungen 
nach  floristischen  Gesichtspunkten  und  die  interessantesten  Endemismen  der 
adriatischen  Küstenländer  werden  im  betreffenden  Kapitel  des  IL  Hauptteiles 
dieses  Führers  behandelt.  Hier  mögen  nur  noch  einige  statistische  Zusätze 
und  Bemerkungen  Platz  finden. 

Eine  derartige  statistische  Behandlung  läßt  namentlich  das  österreichische 
Küstenland  zu,  da  für  seine  pflanzengeographischen  Hauptteile  sehr  genaue 
Florenwerke  vorliegen.  Allerdings  gilt  dies  nicht  von  dem  nördlichsten,  den 
Julischen  Alpen  angehörigen  Gebietsteile  (zu  Görz  und  Gradiska  gehörig) ; 
der  mittlere  Teil  jedoch  (südliches  Görz  und  Gradiska,  Triest,  Nord-  und 
Mittelistrien),  dessen  Pflanzen  neben  starken  mitteleuropäischen  (baltischen) 
Einschlägen  vorzugsweise  der  Karstflora  angehören,  hat  in  Pospichais  «Flora 
des  österreichischen  Küstenlandes»  eine  ausgezeichnete  Bearbeitung  erfahren, 
und  die  Südgrenze  dieses  Gebietes  fällt  fast  zusammen  mit  der  Nordgrenze^) 
von  «Südistrien»,  wie  es  Freyn  in  seiner  «F'lora  von  Südistrien»  begrenzt."^) 
Während  nun  Pospichais  Gebiet  relativ  wenige  Mediterranpflanzen  beher- 
bergt, ist  Südistrien  ausgesprochen  mediterran;  von  1086  Arten  (Phanerogamen 
und  Pteridophyten)  erreichen  117  hier  ihre  Nordgrenze. 


')  Flora  des  Küstenlandes  I,  S.   25. 

^)  Nordwestlich   von   Triest.  ^)    Dem   45.   Parallelkreis. 

"*)  Dieses  Gebiet  umfaßt  auch  die  kleinen  küstennahen  Inseln  westlich  und  süd- 
lich von  der  Südspitze  Istriens,  nicht  aber  die  Quarneroinseln,  die  politisch  ja  auch  z\x 
Istrien  gehören. 


46 


Zunäclist  ist  der  Artenreichtum  dieses  sehr  kleinen  Gebietes  interessant. 
Reachtenswert  ist  ferner  die  Verteilung  der  Pflanzenwelt  desselben  auf  die 
einzelnen  Familien  und  der  Vergleich  dieser  Verhältnisse  mit  denjenigen  der 
Flora  Deutschlands^)  (n.ich  Garcke  «Illustrierte  Flora  von  Deutschland», 
i8.  Aufl.,  li 


Südistrien 
Flächeninhalt  ca.  400  km^ 


Altenzahl 


in  °/q  der 
Gesamtzahl 


Deutschland 
Flächeninhalt:  545.000  frm^ 


Altenzahl 


in  °/o  der 
Gesamtzahl 


Gesamtzahl     . 
Gramineen 
Papilionazeen 
Kompositen    . 
Rosazeen  . 
Zyperazeen     . 


1086 

125 
122 
iig 

32 

24 


11*5 
11-3 
II 
3 

2*2 


2614 

l3l 
329 
188 
139 


100 

6-6 
5 

12-5 
7'2 

5-3 


Trifolium  . 
Gar  ex  . 
Medicago   . 
Rubiis  . 
Rosa 
Hieraciiim 


3i 

16 
14 

6^) 


21 

99 
8 

82 
28 
72 


I  Subspezies 
\  nicht  mit- 

) 


gezählt 


Sehr  lehrreich  ist  auch  ein  statistischer  Vergleich  der  mediterranen 
Flora  des  Küstenlandes  mit  der  Flora  des  übrigen  Österreich  (mit 
Ausschluß  von  Galizien,  Bukowina  und  Dalmatien).  Dieser  Vergleich  läßt  sich 
relativ  leicht  vermittels  der  «Exkursionsflora»  von  K.  Fritsch,  welche 
Österreich  in  der  oben  angegebenen  Begrenzung  umfaßt,  und  der  «Schul- 
flora» desselben  Autors,  die  außer  den  genannten  Ländern  noch  das 
Küstenland  ausschließt,  durchführen. 

Dieser  Vergleich  ergibt  zwar  zunächst  nur  diejenigen  Familien  und 
Gattungen,  welche  nur  im  Küstenlande  vorkommen,  ohne  im  übrigen  Osterreich 
vertreten  zu  sein.  Da  es  jedoch  keine  nicht  mediterrane^)  Familie  und  nur  14 
nicht  mediterrane^)  Gattungen  gibt,  die  im  Küstenlande  vertreten  sind,  aber  im 
übrigen  Österreich  fehlen,  so  gilt  diese  Betrachtung  auch  für  die  Medi  terran- 
flora    des  Küstenlandes;    soll  jedoch   die   gleich   anzuführende   Zahl   der   aus- 


')  Bei  Beurteilung,'  der  folgenden  Tabelle  ist  zu  beachten,  daß  Garcke  die  all- 
gemein gebauten  Kulturpflanzen  aufgenommen  hat,  Freyn  dagegen  nicht.  An  den  Er- 
gebnissen ändert  dies  jedoch  so  gut   wie   nichts. 

2)  Nebst  5   Subspezies.  ^)  Nebst  5   Subspezies.  ")  Nebst  8  Subspezies. 

*)  Nämlich  mit  der  Beschränkung  auf  Österreich  in  der  obigen  Begrenzung. 


47 


schließlich  mediterranen  GaUiingen  die  durch  die  ganze  Betrachtung  angestrebte 
Bedeutung  haben,  so  müssen  zu  den  dem  Küstenlande  ausschließlich 
eigentümlichen  mediterranen  Gattungen  noch  diejenigen  (mediterranen) 
Genera  gezählt  werden,  die  außer  im  Küstenlande  auch  in  Südtirol,  Krain, 
Südsteiermark  vertreten  sind.    Bei  dieser  Vergleichung   ergibt  sich  folgendes: 

Von  den  126  Familien  der  «Exkursionsflora»  sind  7  nur  in  der  medi- 
terranen F'lora  vertreten,  und  zwar:  Gnetaceae  (auch  in  Südtirol),  Rafflesiaceae, 
Thelygonaceae,  Lauraceae  (auch  in  Südtirol),  Capparidaceae  (auch  in  Südtirol), 
Punicaceae  (auch  in  Südtirol),   Myrtaceae.  ^) 

Von  den  837  Gattungen  der  «Exkursionsflora»  sind  114^)  auf  die  medi- 
terrane Flora  beschränkt,^)  und  zwar  finden  sich: 

76  nur  im  Küstenlande 

23   im  Küstenlande  und  in  Südtirol, 

3  »  »  »       »    Krain, 

I  »  »  »       »    Südsteiermark, 

6  »  »  Krain  und  Südtirol, 

I  »  »  Krain,  Südtirol  und  Südsteiermark 

4  nur  in  Südtirol. 

Wie  die  mediterrane  Flora  an  der  Zusammensetzung  der  Pflanzenwelt 
der  einzelnen  die  adriatische  Ostküste  bildenden  Länder  beteiligt  ist,  geht  aus 
folgender  Zusammenstellung'^)  hervor: 


Land 


Kroatien 
Dalmatien     . 
Herzegowina 
Montenegro 


Artenzahl 


Davon   mediterran 


Anzahl 


/o 


2416 
23og 
2068 
1975 


409 
858 
394 
334 


17 
37 
19 
17 


1)  Die  auch  in  Südtirol  vorkommenden  Familien  kommen  natürlich  in  der  «Schul- 
ilora»  vor,  mußten  aber  hier  mitberücksichtigt  werden,  da  es  sich  um  eine  Charakteristik 
des  Mediterrangebietes  handelt.  —  Die  nur  in  Südtirol  und  im  Küstenlande  verwildert 
vorkommende  Phrtolacca  decandra  (Phytolaccaceae)  kommt  auch  unter  anderem  in 
dem  an  Niederösterreich  unmittelbar  angrenzenden  Teile  Ungarns,  also  weit  vom  Medi- 
terrangebiet entfernt  vor.  Die  in  Südtirol  verwilderte  Opitntia  vulgaris  (Cactaceae)  findet 
sich  auch  im  nicht  mediterranen  Teile  Südtirols  (Bozen).  Daher  wurden  diese  beiden 
Familien  in  der  vorstehenden  Übersicht   übergangen. 

2)  Davon  entfallen  22  auf  die  Gramineen,  16  auf  die  Kompositen,  10  auf  die  Le- 
guminosen, je   8   auf  die   Kruziferen  und  Umbelliferen. 

^)  Die  nur  verwildert  vorkommenden  wurden    ausgeschlossen. 

*)  Nach  Beck,  lUyrien,  S.  458  f.  —  Für  Bosnien  betragen  die  betreffenden  Zahlen: 
2143,  143,  6-6.  Für  das  Küstenland  konnte  ich  eine  entsprechende  Zusammenstellung 
nicht  finden. 


48 


e)  Die  illyrische  Karstregion. 

y.)  Abgrenzung. 

Die  Abgrenzung  der  Karstregion  gegen  das  Mediterrangebiet  wurde 
schon  früher  genauer  dargelegt  und  begründet,  ebenso  die  obere  (respektive 
Binnenlands-)  Grenze  dieser  Region  genannt.  Es  mag  nur  noch  erwähnt 
werden,  daß  Beck  die  Karstregion  mit  anderen  gleichfalls  durch  das  massenhafte 
Vorkommen  sommergrüner  Eichen  charakterisierten  Regionen  als  «Eichen- 
region» zusammenfaßt.   In  dieser  unterscheidet  er: 

1.  die  Karstregion, 

2.  die  Eichenregion  des  Binnenlandes.  ^) 

Die  Beziehungen  dieser  beiden  Regionen,  sollen  noch  später  —  bei 
Besprechung  der  Formationen  —  erörtert  werden;  hier  sei  nur  erwähnt,  daß 
im  ersten  Teile  der  Exkursion  nur  die  Karstregion  berührt  wird  und  daß  es 
sich  hierbei  ausschließlich  um  die  im  großen  und  ganzen  vom  Isonzo  bis  nach 
Oberalbanien  ziemlich  gleichmäßig  ausgebildete  «illyrische  Karstregion» 
handelt,  die  nach  Süden  zu  (in  Montenegro)  in  die  «albanesische  Karstregion» 
übergeht,  von  der  «serbisch-bulgarischen  Karstregion»  aber  durch  mächtige 
Hochgebirge  geschieden  ist. 

ß)  Jährlicher  Entwicklungsgang  der  Vegetation. 

Im  Gegensatz  zum  Mediterrangebiet  ist  in  der  Karstregion  eine  ausge- 
sprochene Winter  ruhe  die  Regel,  eine  Unterbrechung  der  Vegetation,  die 
insbesondere  durch  den  Laubfall  der  fast  durchaus  sommergrünen  Holz- 
gewächse aufs  schärfste  markiert  ist.  Die  relative  Dürre  des  Sommers  hat  auch 
hier  zur  Folge,  daß  —  wenigstens  in  den  baumlosen  Formationen  —  der 
Höhepunkt  der  Vegetation  in  die  Zeit  vor  der  Trockenperiode  fällt  und  daß 
dann  —  wie  im  Gebiete  der  Mittelmeerflora  —  die  gegen  Transpiration  in 
irgend  einer  Weise  geschützten  krautigen  Pflanzen  (die  übrigens  zum  Teile 
mediterranen  Ursprungs  sind)  dominieren. 

y)  Ökologie  der  Karstpflanzen. 

Die  niedrige  Temperatur  des  Winters  drückt  sich  im  Leben  der 
Karstpflanzen  in  derselben  Weise  aus  wie  in  Mitteleuropa:  die  Holzgewächse 
verlieren  fast  durchaus  ihr  Laub,  die  krautigen  Gewächse  überwintern  mit 
unterirdischen  l'eilen  oder  als  Samen. 

Unter  den  als  Schutz  gegen  die  Sommerd  ürre  genannten  Einrichtungen 
der  Mediterranpflanzen  finden  wir  einige  auch  bei  den  Karstpflanzen,  so  das 
Auftreten  starker  Behaarung;  dagegen  felilen  Hartlaubgehölze  fast  völlig. 


^)  Dieselbe  wird  erst  im  zweiten  Teile  des   Führers  beschrieben. 


49 


3)   Die  Pflanzenformationen   der  illyrischen  Karstregion. 

I.  Der  Kars  twald^).  Wie  das  mediterrane,  so  war  auch  das  Karstgebiet 
der  illyrisciien  Küstenländer  größtenteils  bewaldet,  aber  infolge  der  bereits 
geschilderten  unrationellen  Ausbeutung  dieser  Wälder  sind  von  der  alten  Herr- 
lichkeit nur  mehr  kleine,  sorgfältig  umfriedete  Parzellen,  mehr  Haine  als  Wälder 
zu  nennen,  übrig,  die,  in  halbwegs  gutem  Zustande  befindlich,  wenigstens  an- 
nähernd eine  Vorstellung  von  der  ursprünglichen  Beschaffenheit  geben;  alles 
andere  zeigt  alle  Übergänge  vom  stark  gelichteten  Walde  zu  Gebüschen  mit  ein- 
zelnstehenden, stark  zerstörten  Bäumen  und  weiters  zu  baumlosem,  weite  Flä- 
chen einnehmendem  Eichengestrüpp,  reichlich  gemengt  mit  Paliurus  aiistralis,^) 
ferner  mit  Crataegus  inonogyna  und  Prunus  spinosa,  Cotinus  Coggygria,  Juniperus 
Oxycedrus  und  communis;  öfters  bleiben  auch  die  Juniperus-Arten^)  als  einziges 
Gehölz  zurück,  oder  Paliurus  australis  besetzt  in  schütterem  Stande  die  sonst 
gehölzlose  Fläche ;  geht  dann  die  Verwüstung  noch  weiter,  werden  die  Holz- 
gewächse ganz  vernichtet,  so  wird  das  Terrain  von  den  Pflanzen  der  «Karst- 
heide» okkupiert,  und  aus  ihr  können  sich  endlich  jene  furchtbaren  Steinwüsten 
entwickeln,  die  gerade  im  Gebiete  des  Karstwaldes  weite  Strecken  einnehmen, 
ja  geradezu  den  Typus  jener  Landschaftsform  repräsentieren,  die  man  in 
engerem  Sinne  als  «Karst»  bezeichnet. 

Die  Bäume  und  Sträucher  des  Karstwaldes  sind  nach  Beck  (Illy- 
rien,  S.  207)  folgende: 

Oberholz:^) 


Quere  US  lanug  i  n  o  s  a 

—  sessiliflora 

—  Ce  r  r  i  s 

—  Iiungarica 
Ostrya   carpinifolial 
Carpinus  diiinennisl 

—  Betulus 
Corrlus  Colurna 
Popuhts  tremula 

Ulmiis  campest ris   C=    Ulmus 
glabra) 

—  montana 
Celtis  australis 


Acer  monspessulanum  l 

—  campestre 

—  obtusifolium  (va.) 
Tilia  cordata 

—  argentea 
Prunus  Mahaleb  ! 

—  Ma  rasca 
Pirus  communis 

Malus  communis  (■=  Pirus  Malus) 
Aria  (^=  Sorbus)  torminalis 

—  nivea  (=  Sorbus  Aria) 
Sorbus  aucuparia 

Fr axinus   Ornusl 


I)  Tafel  V,  VI. 

^)  Dieser  Strauch  gehört  nach  Beck  zu  den  Vorhölzern  des  Karstwaldes  und 
ist  von  der  Karstregion  ins  Mediterrangebiet  eingedrungen.  Auf  den  ausgesprochen 
mediterranen  südlichen  Inseln  fehlt  er  oder  ist  selten  und  kann  möglicherweise  auch 
eingeschleppt  sein.  —   Vgl.  Taf.  VI. 

^)  Tafel  IX. 

*)  !  =  typische  Karstwaldpflanzen,  (m.)  =  mediterran,  (va.)  =  voralpin.  Gesperrter 
Druck  bezeichnet  häufige  und  charakteristische  Arten. 

Exkursion  in  die  illvrisciien  Länder.  4 


50 


U  n  t  e  r  h  (j  1  z : 

Jn  n  ip  er  US  c  o  m  m  tt  n  is 

—  O.xvccdrus  (ra.) 
Corylus  Ave II an a 
Pistacia   Terebintlius  (m.) 
Acer  tatariciim 
Rhamnus  fallax  (^  Rh.    caniio- 

lica)  (va.) 

—  intermedia 
Frangula    Wulfenii  C=  Rhamnus 

riipestris) 
Pa liiirus    acti leat us  l    (==    P. 

aiistralis) 
Cotiniis  Coggj'grial 
Evonymus   europaeiis  (■=  E. 

vulgaris) 

—  verrucosa 


Pru}ius  spinosa 
Rosa  austriaca 

—  repens 
Rubus  idaeus 
Crataegus  tnonogrna 
Cotoneaster  integerrima 
Cornus  sanguinea 

—     mas 
Coronilla  emeroidesl 
Colutea  arborescensl  (m.) 
Crtisus  ramentaceusl  (va.) 
Daphne  alpina 
Sambucus  nigra 
Ligust  riini  vulgare 
Viburnum   maculatum  (va.) 

—  Opulus 


Clematis    Vitalba  Hedera  Heli.y 

Vitis  vinifera  Lonicera  etrusca  (m.) 

Dazu  kommt  noch  eine  ganze  Anzahl  Stauden  und  einige  Kräuter;  als 
besonders  charakteristisch  werden  von  Beck  hervorgehoben:  Helleborus  multi- 
fidiis,  Anemone  hortensis,  apennina,  Omphalodes  verna,  Satiireia  niontana,  Digi- 
talis laevigata. 

2.  Die  Kars  theide^).  Was  die  dalmatinische  Felsenheide  für  das  Medi- 
terrangebiet Illyriens,  das  ist  die  Karstheide  für  die  Karstregion  dieser  Länder. 
Wie  dort  werden  auch  hier  die  abgeholzten  und  abgeweideten  Strecken  von 
einer  ganzen  Anzahl  größtenteils  ausdauernder,  nicht  holziger  Gewächse  bedeckt. 

Physiog nomisch  sind  die  beiden  Formationen  einander  recht 
ähnlich:  dasselbe  Gestein,  dieselbe  weitgehende  Zerstückelung  der  Vegetations- 
decke hier  wie  dort.  Floristisch  dagegen  können  sie  am  Zurück  tret  en 
der  mediterranen  Typen,  am  Auftreten  montaner  Pflanzen  von  einander 
unterschieden  werden;  wo  sich  nicht  andere  Formationen  zwischen  sie  ein- 
schieben, ist  natürlich  der  Übergang  der  einen  in  die  andere  nur  ein  allmäh- 
licher. Daß  ferner  das  verschiedenartige  Klima  der  Gebiete,  in  denen  die 
beiden  Formationen  vorkommen,  eine  verschiedene  Entwicklung  derselben  zur 
Folge  hat,  ist  klar;  die  größere  Feuchtigkeit  des  Karstgebietes,  insbesondere 
aber  die  geringeren  Gegensätze  zwischen  Regen-  und  Trockenperiode  bedingen 
eine  üppigere  Entwicklung  der  Karstheide,  die  sogar  zu  einer  wiesenartig- 
dichten  Bedeckung  des  Bodens  führen  kann  —  vorausgesetzt,  daß  die  Be- 
weidung  daselbst  eingestellt  wird.  In  diesem  F'alle  ist  es  sogar  möglich,  daß 
an  Stelle  der  Karstheide  Karstwald  tritt. 


^)  Tafel  IX. 


51 

Es  würde  viel  zu  weit  führen,  selbst  nur  die  allercharakteristischesten 
Pflanzenarten  der  Karstheide  anzuführen.  Diesbezüglich  muß  im  allgemeinen 
auf  die  Aufzählung  in  Beck,  Illyrien,  S.  252  ff.  verwiesen  werden.  Im  beson- 
deren werden  im  speziellen  Teile  dieses  Führers  die  Bewohner  der  einzelnen 
Standorte  genannt  werden.  Nur  das  sei  erwähnt,  daß  vielleicht  die  charakte- 
ristischesten und  häufigsten  Pflanzen  der  Karstheide  einige  grünblühende 
Hellebonis-Arten  (H.  odorus,  multifidiis,  diimetorum)  sind,  die  vom  Weidevieh 
verschont  werden  und  gerade  dadurch  auch  auf  den  ödesten  Karstheiden  noch 
eine  bedeutende  physiognomische  Rolle  spielen. 

3.  Kulturpflanzen.  Im  Karstgebiete  fehlen  natürlich  alle  typisch 
mediterranen,  gegen  Kälte  empfindlichen  Kulturgewächse,  vor  allem 
der  Ölbaum.  Dagegen  kommen  die  in  wärmeren  Lagen  der  Länder  Mittel- 
europas kultivierten  Arten,  namentlich  der  Weinstock  und  die  empfindlicheren 
Obstsorten  (Mandel-,  Pfirsich-,  Aprikosen-  und  Maulbeerbäume)  hier 
noch  fort.  Die  sonstigen  Kulturpflanzen  sind  fast  durchaus  dieselben  wie  in 
Mitteleuropa.  Im  übrigen  ist  das  bei  den  Kulturpflanzen  des  Mediterran- 
gebietes Gesagte  zu  vergleichen. 

Eine  wichtige  Kulturpflanze  der  illyrischen  Karstregion  ist  der  Tabak^) 
Über  den  Tabakbau  in  Dalmatien  hat  Herr  Dr.  Karl  Preissecker,  Sekretär 
der  k.  k.  Tabakregie,  eine  kleine  Abhandlung  geliefert,  die  im  nachstehenden 
abgedruckt  ist  In  den  übrigen  illyrischen  Küstengebieten  wird  kein  Tabak 
kultiviert. 2) 

Der  Tabakbau  in  Dalmatien.  vSchon  unter  der  venetischen 
Herrschaft  wurde  in  Dalmatien  Tabak  gebaut,  und  zwar  angeblich  ein  dem 
Mazedonier  nahestehendes  Gewächs,  doch  mit  geringem  Erfolge  und  vielleicht 
zum  größeren  Teile  bloß  für  den  eigenen  Bedarf  der  Pflanzer,  weil  die  Re- 
gierung an  einem  Aufschwünge  dieser  Kultur  wenig  Interesse  zu  haben  schien. 
Als  im  Jahre  1797  Dalmatien  an  Österreich  fiel,  trat  das  josefinische  Tabak- 
patent von  1784  auch  dort  in  Geltung,  der  Tabakbau  wurde  verboten 
und  hörte  auf,  soweit  er  offen  betrieben  worden  war.  So  blieb  es  auch  während 
des  französischen  Interregnums  (1806  — 1814)  und  noch  weiterhin,  obwohl  die 
Ergebnisse  von  Tabakbauversuchen,  welche  mit  behördlicher  Genehmigung 
von  1860 — 1866  im  Canalitale,  um  Stagno,  in  der  Poljica  am  Monte  Mossor  und 
an  einigen  anderen  Orten  angestellt  wurden,  nicht  als  durchaus  ungünstige  be- 
zeichnet werden  dürfen. 

In  den  nächsten  zwei  Jahrzehnten  aber  vollzog  sich  ein  Umschwung, 
der  eine  Erzeugung  inländischen  Tabaks  gerade  in  Dalmatien  eher 
wünschenswert  erscheinen  ließ:    die  Zigarette    hatte   ihren  Sieg-eslauf  in   der 


I)  Tafel  XVI. 

')  Über  den  Tabakbau    in    Bosnien  und    der  Herzegowina  vergleiche  den  II.  Teil 
dieses  Führers. 

4* 


52. 

Raucherwelt  angetreten,  und  Dalmatien  war  das  einzige  Kronland,  welches 
einen  feineren  Rauchtabak  zu  produzieren  vermochte;  den  türkischen  Rohstoff 
hatte  die  Konkurrenz  arg  •'^erteuert,  und  aus  den  okkupierten  Ländern  (Bosnien 
und  Herzegowina)  konnte  nicht  genügender  Ersatz  bezogen  werden.  Also 
wurde   im  Jahre   1884  der  Tabakbau   im  südlichen  Teile  Dalmatiens  unter  den 


R  0   A  T    I    E   N 


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H    ERZE    (1    0    W  1     NA 


MüXTEXEORO 


MEER  ~^^^~-%4l^. 


,  5fadb        I 


Fi^.  I.    Übersichtskarte  des  dalmatinischen  Tabakbaueebietes. 


durch  das  Tabakmonopol  bedingten,  noch  jetzt  gültigen  Beschränkungen  ge- 
stattet (Bewilligung  der  Staatsverwaltung  und  Ablieferung  der  ganzen  Ernte 
an  die  letztere  zu  festgesetzten  Preisen).  Der  erste  Anbau  wurde  1884  in  der 
Gemeinde  Imotski  und  in  der  Vergoracer  Poljica  von  8g  Pflanzern  mit  188.000 
Pflanzen  unternommen.  Derzeit  erstreckt  sich  der  Tabakbau  in  Dalmatien  auf 
dem  Festlande  von  der  Südspitze  bis  einschließlich  Knin  und  Benko\ac,  dann 
auf  die  Inseln  Giuppana,  Meleda  (1900 — 1902),  Lesina,  Lissa,  Brazza,  Pago  und 
Arbe.  In  dem  obigen  Kärtchen  ist  das  Tabakbaugebiet  durch  Schattierung  ge- 
kennzeichnet. 

Von  der  raschen  Entwicklung  der  Dalmatiner  Tabakkultur  und  ihrer 
Bedeutune  für  die  Landwirtschaft  eibt  folgende  Tabelle  ein  Bild. 


53 


Jahr 


Pflan- 
zer 


Anbau- 
fläche 

in 
Hektar 


Pflanzen 
(Viel- 
fache 

von  1000 
Stück) 


Ernte 

(trok- 

kene 

Blätter) 

in 
Meter- 
zentnern 


Ver- 
gütung 
(Viel- 
fache 
von 
1 000  K) 


Durch- 
schnitts- 
preis per 

Kilo- 
grammin 

Hellern 


Durchschnittsertrag 


einer 
Pflanze 

an 

trockener 

Ware  in 

Gramm 


eines  Hektars 


Meter- 
zentnern 


Kronen 


1884 
1885 
1890 
1895 
igoo 
igoi 
igo2 
igo3 


89 
142 

2954 
i3o8o 

15515 
17418 
18700 
19793 


5-3 

9-1 

iji'6 

727 '5 

897-6 

1018-3 

1115-7 

1257-2 


188 
328 
9048 
36080 
44567 
50465 
55566 
62859 


48 

65 
2017 


17505 
16010 
13560 

17207 


57 

77 

•211-5 

1070-3 

2205-6 

192 i-o 

i745'i 
2481*1 


II» 
119 
104 
119 
126 
120 
128 
144 


25-5 
19-8 
22-3 
24-9 
39-3 
3i-7 
24-4 
27-4 


i4'5 
7-1 
II-8 
12-3 
i9"5 
157 
12-2 
i3-7 


1727 

853 

1233 

1471 

2457 
1887 

1564 
1974 


Der  Jahrgang-  igoo  war  also  nach  Menge,  der  Jahrgang  1903  nach  QuaHtät 
der  beste. 

Der  Same  für  den  dalmatinischen  Tabakbau  wurde  aus  der  Herze- 
gowina (zuerst  aus  Medjugorje  und  Trebezat)  bezogen.  Der  dort  gebaute 
Tabak  von  gedrungenem  Habitus,  breiten  Blättern  mit  leicht  gewellter  Spreite 
und  eng  zusammengezogener  Blütenrispe,  ist  ein  Bastard  von  Nicotiana  macro- 
pliylla  Spr.  mit  einer  asiatischen  Varietät  von  Nicotiana  Tabacum  L. ;  Com  es 
bestimmt  ihn  als  A'^.  Tabacum  L.  var.  brasiliensis  Com.  X  var.  havanensis  (Lag.) 
Com.  X  var.  viacrophylla  Sehr.  Bis  1891  wurde  nur  Originalsame  verwendet, 
von  da  an  auch  in  Dalmatien  gezogener;  um  die  Rasse  zu  veredeln,  ließ  man 
das  Gewächs  von  i88g  an  mit  mazedonischem  Tabak  («Ghiubek»  und  «Kir 
Yaka»)  bastardieren,  welcher  nach  Com  es  kleinblättrige  Formen  der  Hybride 
Nicotiana  Tabacum  L.  var.  macrophylla  Sehr.  X  var.  havanensis  (Lag.)  Com. 
darstellt.  Die  beiden  Abbildungen  auf  Seite  54  —  ein  Original-Herzegowiner 
Gewächs  aus  Drinovce  und  eine  Ghiubekpflanze  —  zeigen  die  Grenztypen, 
zwischen  denen  sich  die  mannigfaltigen  Formen  des  Dalmatiner  Tabaks  ein- 
reihen lassen.  Von  besonderem  Interesse  sind  eine  Form  aus  Gradac  mit  über 
50  Blättern  an  2-2  m  hohem  Stamme  und  ein  kleiner  Bastard  aus  der  Doline 
Brista  bei  Imotski,  dessen  Blatt  in  Farbe  und  Feinheit  manchem  türkischen 
Tabak  fast  gleichkommt.  Die  Mehrzahl  der  Dalmatiner  Bastarde  steht  aller- 
dings dem  Herzegowiner  als  der  stärkeren  Urrasse  näher. 

Der  Tabak  wird  in  einfachen,  meist  offenen  Beeten  im  Februar 
oder  März  gesät;  die  Setzlinge  werden  in  der  Regel  ohne  Pikierung  anfangs 
Mai  auf  das  F'eld  (roter  Karstlehm,  seltener  Kalkmergel)  ausgepflanzt.  Der 
Boden  wird  dann  noch  zweimal  behackt.  Viele  Pflanzer  schneiden  die  Blüten- 


54 


stände  ab,  um  die  Entwicklung^  der  Stammblätter  zu  fördern;  aus  demselben 
Grunde  werden  die  Geiztriebe^)  ausgebrochen.  Während  der  Kultur  auf  dem  Felde 
findet  eine  doppelte  gefällsämtliche^)  Kontrolle  statt,  die  Pflanzenzählung  im 

/  Juni  und  die  Ernteschätzung  im  August.  Die 
Blätter  werden  von  Ende  Juli  an  nach  Maßgabe 
ihrer  Reife  in  apikaler  Folge  abgenommen,  von 
den  Pflanzern  selbst  auf  .Schnüren  getrocknet, 
geglättet,  sortiert  und  gebüschelt  und  von  An- 
fang November  bis  Mitte  Dezember  zur  Ein- 
lösung gebracht.  Der  Tabak  wird  von  beson- 
deren Kommissionen  nach  bestimmten,  in  sechs 
Klassen  abgestuften  Preisen  übernommen^  in  den 


Fig.  2.    Original-Herzego- 

winer  Tabak  aus  Drinovce 

zirka  14  mal  verkleinert. 


Fig.  3.     Oiiginal-Ghiubek-Tabak 
zirka  141113!  verkleinert. 


Einlösungsmagazinen  (zu  Gravosa,  Imotski,  Metkovic,  Sinj,  Spalato  und  Ver- 
gorac)  und  ihren  Dependenzen  eingelagert  und  hier  einer  leichten  Fermen- 
tation  unterzogen.    Nach  8  bis  10  Monaten   ist  der  Tabak  zur  Verarbeitung 


')   =  Axillarsproße. 

^)   Das    ist   eine    von   Beamten    der    Tabakregie    und    der    Finanzwache    ausgeübte 
Kontrolle. 


55 

geeignet;  man  fabriziert  daraus  Zigarettentabake  und  speziell  für  Ualmatien 
die  sogenannten  Turice,  Tabakstränge  in  Zopfform,  welche  die  Raucher  selbst 
schneiden. 

Wie  überall  ist  auch  in  Dalmatien  die  Tabakpflanze  den  Angriffen  vieler 
Schädlinge  aus  dem  Tier-  und  Pflanzenreiche  ausgesetzt.  In  den  Samenbeeten 
erregt  eine  Abart  des  Olpidium  'Brassicae  ( Wor.)  Dang.  ^)  eine  schwere  Wurzel- 
erkrankung, die  sich  durch  rasches  Vergilben  der  Blätter  äußert;  ähnlichen, 
aber  minderen  Schaden  verursacht  Heterodera  radicicola  (Greef)  Müll.^)  Die 
jungen  Kulturen  auf  dem  Felde  werden  alljährlich  zum  Teile  von  den  Larven 
d&r  Agrotis  segetum  Schiff.^)  und  mehrerer  Elateriden-'*)Arten  zerstört;  später 
fressen  Orthopteren  (namentlich  Acridiiuii  AegyptiiDU  L.)  an  den  Blättern,  und 
Thrips  coniiiuinis  \Jz.^)  verursacht  Blatttlecken.  Cusciita  alba  Presl  und  Oro- 
banche  Muteli  Schultz  schmarotzen  auf  der  Stammbasis  und  den  Wurzeln,  und 
ein  Oidiiim  (wahrscheinlich  zu  Erysiphe  cichoriacearinn  DC.  gehörig)  treibt 
seine  Haustorien  in  die  Blätter.  Am  Westabhange  des  Prolog  findet  sich  auch 
die  Mosaikkrankheit  (im  Sinne  Iwanowskis). 


Zu  Aufforstungen  wird  mit  Vorteil  die  Schwarzführe  (Piniis  nigra) 
verwendet,  die  ja  an  den  dem  Meere  zugewandten  Flanken  einiger  dalmati- 
nischen und  kroatischen  Gebirge  (Velebit,  Dinara,  Pljesevica,  Kapela)  noch 
ganze  Bestände  bildet,  somit  im  Gebiete  selbst  heimisch  ist.  Auch  die  Auf- 
forstungen von  Pimis  briitia  reichen  weit  in  die  Karstregion. 

Die  Liste  der  Ruderalpflanzen  und  Unkräuter  zeigt  eine  große 
Übereinstimmung  mit  derjenigen  Zentraleuropas.  Nur  das  Auftreten  einzelner 
mediterraner  Arten  (wie  Marrubium  candidissiminn,  Scrophularia  canina,  Eryn- 
gium  amethystinum,  Centaurea  Calcitrapa)  bringt  einen  fremdartigen  Zug  in 
das  Bild. 

t)  Die  pflanzengeographische  Stellung  der  Karstflora.^) 

Die  Karstflora  hat  dem  Versuche  einer  Einreihung  in  die  vier  von 
Kern  er  für  Österreich-Ungarn  unterschiedenen  Florengebiete  (mediterranes, 
pontisches,  baltisches,  alpines)  von  jeher  große  Schwierigkeiten  bereitet. 
Kerner  rechnete  sie  zum  «illyrischen  Gau    der  pontischen  F'lora»,  und 


')  Familie  der  Olpidiaceae,  Unterordnung  der  Chrtvidüneae  (Wettstein,    Hand- 
buch d.  System.  Botanik  I,   109). 

-)  Familie    der  Angiiillulidae  (Älchen),    Ordnung   der   Nematodes   (Fadenwürmer). 

^)  Noctuidae  (Nachtschmetterlinge). 

■♦)   Schnellkäfer. 

')   «Blasenfuß»;  Familie  der   Thrsanoptera  (Insekten). 

^)  Vgl.  auch  den  zweiten  Teil  dieses  Führers. 


56 

auch  Beck  betrachtet  sie  als  zur  politischen  Flora  gehörig.  Krasan^)  hingegen 
nimmt  eine  «banato-insubrische  Pflanzenzone»  an,  die  von  der  Siid- 
schweiz  an  sich  am  Südrande  der  Alpen,  weiters  über  Untersteiermark,  die 
zum  Karst  gehörigen  Teilvi  des  Küstenlandes  und  Krain,  Kroatien  und  Slavo- 
nien  bis  ins  Banat  und  das  südliche  Siebenbürgen  erstreckt  und  nach  Süden 
teils  in  die  Balkanhalbinsel,  teils  in  die  Apenninen  eingreift.  Hayek^)  bekämpft 
die  Aufstellung  eines  eigenen  einheitlichen  F'lorenbezirkes,  indem  er  ein- 
wendet, daß  nur  wenige  Pflanzen  durch  die  ganze  Zone  verbreitet,  eine  umso 
größere  Anzahl  aber  gewissen  Teilen  derselben  eigentümlich  seien,  anderen 
fehlen.  Dagegen  läßt  er  die  von  Kra§an  eingeführte  Bezeichnung  gelten, 
«wenn  damit  nichts  anderes  gesagt  sein  will,  als  daß  sich  zwischen  den  Floren 
der  mitteleuropäischen  Gebirge  und  den  sich  südlich  an  dieselben  anschließen- 
den Regionen  eine  Übergangszone  einschiebt». 

Ich  glaube,  daß  diese  Zone  doch  etwas  mehr  ist  als  ein  Übergangs- 
gebiet, daß  allen  Meinungsverschiedenheiten  gegenüber  die  eine  Tatsache 
unbestreitbar  feststeht,  daß  zwischen  die  mitteleuropäische  Flora  der  Alpen 
und  die  südlich  davon  liegenden  Florengebiete  (in  unserem  Falle  das  medi- 
terrane) eine  Flora  eingeschoben  ist,  die  von  beiden  so  verschieden  ist,  daß  sie 
füglich  als  etwas  Eigenes,  von  beiden  Nachbarn  Verschiedenes  ange- 
sehen werden  muß.  Daß  sie  sich  dabei  (so  z.  B.  in  Untersteiermark  ^)  mit  diesen 
gemischt  hat,  wird  niemanden  wundernehmen;  wollte  dieser  Umstand  einen 
abhalten,  die  Selbständigkeit  dieser  Flora  anzuerkennen,  so  müßte  man  in 
den  meisten  Fällen  überhaupt  auf  die  Aufstellung  von  F'lorengrenzen  verzichten. 

Auch  über  den  Zusammenhang  der  illyrischen  Karstflora  mit  anderen 
Floren  am  Südrande  der  mitteleuropäischen  Hochgebirge  zum  mindesten  gegen 
Westen,  bin  ich  eher  mit  KraSan  einer  Meinung.  Zu  einem  ausführlichen  Be- 
weise derselben  fehlen  mir  dermalen  die  Zeit  und  die  nötigen  Vorarbeiten;  ich 
möchte  nur  auf  zwei  Beispiele  hinweisen,  die  mir  für  diese  Meinung  zu  sprechen 
scheinen.  Die  sogenannte  mediterrane  Flora  der  Umgebung  von  Bozen  in  Süd- 
tirol zeigt  große  Übereinstimmung  mit  der  Karstflora;  eine  interessante  Zu- 
sammenstellung der  Holzgewächse  des  südlichsten  Zipfels  des  Kantons  Tessin"*) 
(Umgebung  des  Lago  di  Lugano,  «Sottoceneri»)  belehrt  uns,  daß  in  dieser 
Gegend  eine  große  Anzahl  von  Charakterpflanzen  des  illyrischen  Karstes  vor- 
kommen. 


")  Mitteilungen  des  naturwissenschaftlichen  Vereines  für  Steiermark,  Jahrgang  1902, 
S.  3oi  und  Jahrgang  1895,  S.  89.  —  In  letzterer  Publikation  nimmt  Kragan  an,  daß 
sich  diese  Zone  am  Innenrande  der  Alpen  bis  Nizza  erstreckt. 

^)  Verhandlungen  der  k.  k.  zoologisch-botanischen  Gesellschaft  LIV,  S.  632, 

^)  Vß^*  Hayek,  Österreichische  botanische  Zeitschrift,  LI,  S.  102. 

"*)  A.  Bettelini.  La  flora  legnosa  del  Sottoceneri.  Zürich   1905. 


57 


B)  Schilderung  der  Reiseroute. 
Vorbemerkungen  über  Land  und  Leute. 

Die  an  der  Ostküste  der  Adria  liegenden  Länder  wurden  schon  an  anderer 
Stelle  genannt  und  bezüglich  ihrer  politischen  Zugehörigkeit  charakterisiert. 
Hier  mögen  nur  noch  einige  Worte  über  die  Ethnographie  der  illyrischen 
Küstenländer  Platz  finden.  ^) 

Fast  das  ganze  illyrische  Küstengebiet  ist  von  Südslawen  bevölkert,  und 
zwar  im  Norden  von  den  Slowenen,  deren  Sprachgebiet,  anfangs  noch  von 
deutschen  Sprachinseln  durchsetzt,  bereits  in  Südsteiermark  beginnt  und  durch 
Krain  und  die  gebirgigen  Teile  von  Görz  und  Gradiska  bis  ins  nördliche  Istrien 
reicht.  Das  mittlere,  östliche  und  südliche  Istrien  ist  —  mit  einer  gleich  zu 
erwähnenden  Einschränkung  —  von  vSerbokroaten  bewohnt,  die  auch  das 
ganze  weite  Gebiet  bis  fast  an  die  montenegrinisch-türkische  Grenze  einerseits, 
bis  zur  serbisch-bulgarischen  Grenze  anderseits,  und  in  nordöstlicher  Richtung 
bis  ins  südliche  Ungarn  bevölkern. 

Trotzdem  dieses  ganze  serbokroatische  Gebiet  sprachlich  einheitlich  ist,-) 
mangelt  es  hier  doch  nicht  an  Gegensätzen.  Ein  solcher  ist  der  zwischen 
«Kroaten»  und  «Serben»,  die  einander,  obwohl  sie  dieselbe  Sprache  oder 
wenig  verschiedene  Dialekte  reden, ^)  doch  aufs  heftigste  bekämpfen.  Liegt 
dieser  Gegensatz  in  letzter  Linie  auch  in  politischen  Aspirationen,  die  hier 
nicht  weiter  auseinandergesetzt  werden  sollen,  so  hängt  er  doch  auch  mit  der 
Religion  zusammen  (die  Katholiken  werden  meist  «Kroaten»,  die  Ortho- 
doxen  «Serben»  genannt)    und  wird  auch  äußerlich   durch  den  Gebrauch  der 


')  Im  ersten  Teile  der  Exkursion  werden  (abgesehen  von  Dahiiatien)  immer  nur 
bestimmte  Teile  der  einzelnen  Länder  berührt,  die  von  den  übrigen  politisch  dazu- 
gehörigen Teilen  geographisch,  geologisch  und  botanisch  oft  stark  abweichen.  Dies  ist 
insbesondere  beim  Küstenlande  der  Fall.  Daher  wird  hier  von  einer  Angabe  des  Flächen- 
inhaltes und  der  Einwohnerzahl  der  einzelnen  Gebiete  abgesehen;  welches  die  betreffenden 
Zahlen  für  die  in  unser  Gebiet  fallenden  Anteile  der  einzelnen  Länder  sind,  ist  kaum  zu 
eruieren.  Es  mag  also  nur  erwähnt  werden,  daß  das  geographisch  mehr  einheitliche 
Dalmatien,  das  auch  ganz  zu  unserem  Gebiete  gehört,  12.841  A'w^  und  (nach  der  Zählung 
von  1900)  591-597  Einwohner  hat.  Montenegro  hat  9085/cw^  (nach  anderer  Messung 
9475 /cMZ^)  Flächeninhalt  und  (nach  einer  Schätzung)  240.000  Einwohner. 

-)  Es  gibt  natürlich  Dialekte;  als  Schriftsprache  wird  der  im  südlichen  Teile  des 
Sprachgebietes  gesprochene  Dialekt  gebraucht. 

^)  Es  muß  jedoch  liemerkt  werden,  daß  ein,  wenn  auch  nicht  sprachlicher,  so 
doch  auf  der  Abstammung  beruhender  Gegensatz  besteht,  der  mit  dem  oben  erwähnten 
zum  Teile  zusammenfällt.  Ein  Vergleich  zwischen  den  nur  mittelgroßen  Bauern  aus 
der  Umgebung  Zaras  («Morlaken»)  und  den  riesenhaften  Bocchesen,  Montenegrinern 
oder  Herzegowzen  (die  wohl  eines  Stammes  sind)  lehrt,  daß  da  ethnographisch 
Verschiedenes  vorliegt. 


58 

lateinischen,  respekti\e  der  cj^rillisciien^)  Schriftzeiclien  zum  Ausdrucke  ge- 
bracht. Kroaten  und  vSerben  leben  vielfach  durcheinander,  in  Süddalmatien 
überwiegen  entschieden  die  Serben,  in  Montenegro  bilden  sie  überhaupt  die 
ganze  Bevölkerung,  mit  Aufnahme  der  von  Albanesen  bewohnten  türkischen 
Grenzdistrikte. 

Abgesehen  von  diesem  unbedeutenden  fremden  Bevölkerungselement  lebt 
aber  in  den  östlichen  Küstenländern  der  Adria  ein  anderes,  an  Zahl  hinter  den 
den  Slawen  weit  zurückstehendes,  aber  kulturell  sie  weit  überragendes  Volk, 
das,  wenn  auch  heutzutage  durch  das  erstarkende  nationale  Bewußtsein  der 
Slawen  in  seinem  Einfluß  immer  mehr  und  mehr  zurückgedrängt,  doch  aus  der 
Zeit  der  venezianischen  Herrschaft  so  deutliche  Spuren  zurückgelassen  hat, 
daß  man  oft  meint,  in  seiner  Heimat  zu  sein  —  die  Italiener.  In  größerer 
Menge  bewohnen  sie  nur  das  Küstenland,  wo  sie  43  °/o  ^^^  Bevölkerung  bilden. 
Friaul  ist  ganz  von  dem  mundartlich  stark  verschiedenen  Stamme  der  Furlaner 
oder  Friauler  bewohnt;  wirkliche  Italiener  (zum  Teile  natürlich  italianisierte 
Slawen^)  bewohnen  die  Stadt  Triest,  ferner  die  nord-  und  westistrischen  Küsten- 
orte samt  einem  nicht  gar  breiten  Küstenstreifen.  In  Dalmatien  sinkt  ihre  Zahl 
auf  3°/q  der  Gesamtbevölkerung^),  und  unter  allen  größeren  Orten  Dalmatiens 
hat  nur  Zara  einen  offiziellen  italienischen  Charakter  (Straßentafeln).  Überall 
aber  an  der  Küste  und  auf  fast  allen  Inseln  wird  die  italienische  Sprache 
gesprochen  und  verstanden  —  ein  Umstand,  der  das  Reisen  in  Dalmatien 
sehr  erleichtert.  Sowie  man  sich  aber  auch  nur  einigermaßen  von  der  Küste 
entfernt,  hört  die  Herrschaft  des  italienischen  Elementes  auf  oder  sinkt  auf  ein 
Minimum  herab.  Somit  besteht  in  dieser  Hinsicht  ein  scharfer  Gegensatz 
zwischen  der  Küste  und  den  Inseln  Istriens  und  Dalmatiens  einerseits,  dem 
Innern  dieser  Länder  anderseits,  ein  Gegensatz,  den  wir  bei  Besprechung  der 
klimatischen  und  pflanzengeographischen  Verhältnisse  bereits  konstatieren 
konnten  und  der  sich  auch  im  Bildungsniveau,  in  der  Lebensweise  und  manchen 
anderen  Beziehungen  der  Bevölkerung  ausspricht.  Dieser  Parallelismus  zwischen 
klimatisch-pfianzengeographischen  und  ethnographischen  Verhältnissen  ist  es 
auch,  der  mich  bestimmte,  letztere  etwas  ausführlicher  zu  besprechen;  außer- 
dem sind  die  Anschauungen  über  die  Bevölkerung  dieser  vom  Zentrum  Öster- 
reichs so  weit  entfernten  Länder  selbst  in  Österreich  zum  Teile  recht  sonder- 
bare. — 

Deutsche  leben  in  nennenswerter  Anzahl  nur  in  den  Städten,  nament- 
lich in  solchen  mit  Garnisonen.  Im  Küstenlande  machen  sie  immerhin  4°/q  der 
Gesamtbevölkerung  aus.  Die  deutsche  Sprache  wird  von  vielen  Gebildeten 
im  ganzen  Gebiete  leidlich  verstanden  und  gesprochen,  natürlich  lange  nicht 
in  dem  Ausmaße  wie  die  italienische. 


^)  Den   russischen  sehr  ähnlich. 

-)  Es  gibt  natürlich  auch  slawisierte  Italiener. 

^)    Wird  verschieden  angegeben,  bis  zu  6°Iq. 


59 

Die  nürcllichsten  Länder  sind  fast  rein  katholiscli.  In  Krcjatien  ^) 
gibt  es  schon  28  °/q  nicht  unierte  Grieclien  (=  «Serben»  oder  «Ortho- 
doxe»), in  Dalmatien  deren  i6°/q.  Die  Bevölkerung  Montenegros  gehört  bis 
auf  6°/o  Mohammedaner  und  2°/o  Katholiken  der  griechisch  -  nichtunierten 
Kirche  an. 

Reiseroute. 

Wien — Adclsberg.^) 

I3ie  Stadt  Wien  liegt  im  nordwestlichen  Winkel  des  Wiener  Beckens, 
eines  Senkungsfeldes,  das  durch  zwei  in  der  Gegend  von  Gloggnitz  zusammen- 
laufende Brüche  begrenzt  wird:  einen  ungefähr  südnördlich  verlaufenden 
schrägen  Bruch  (Gloggnitz — Wien),  der  die  äußeren  Zonen  der  Ostalpen 
(von  Nord  nach  Süd:  Sandsteinzone  und  nördliche  Kalkzone),  ferner  die  Zen- 
tralzone derselben^)  fast  gerade  abschneidet,  sodaß  diese  Zonen  nach- 
einander von  Nord  nach  Süd  das  Wiener  Becken  begrenzen;  der  andere  Bruch 
(Gloggnitz — Hainburg)  verläuft  von  Südwest  nach  Nordost.  An  seiner  Ost- 
seite taucht  der  Kern  der  Zentralzone  in  dem  aus  Gneis  bestehenden 
Leithagebirge  auf.  In  den  Karpathen  treten  alle  die  genannten  Zonen  der 
Alpen  wieder  auf:  der  ehemalige  Zusammenhang  der  durch  die  erwähnten 
Brüche  und  das  Donautal  auseinandergerissenen  Gebirge  ist  zweifellos.  Beide 
oben  erwähnten  Brüche  sind  durch  das  Auftreten  von  Thermen  bezeichnet; 
der  westliche,  den  die  bekannten  schwefelwasserstoffhaltigen  Thermen  von 
Meidling,  Mauer,  Mödling,  Baden,  Vöslau,  Fischau  begleiten,  hat  daher  den 
Namen  «Thermalspalte»  erhalten;  unter  den  Quellen  des  östlichen  Bruches  ist 
die  bei  Sauerbrunn  die  bekannteste. 

Die  Südbahn  hält  sich  stets  am  Bruchrande  des  Gebirges  in  größerer  oder 
geringerer  Entfernung  von  demselben.  Die  Sandsteinberge  des  Wiener- 
waldes sind  nur  ganz  im  Anfang  rechts  in  einiger  Entfernung  sichtbar.  Bei 
Liesing  beginnen  rechts  die  (mesozoischen)  Kalkberge  (Ausläufer  der  Kalk- 
zone der  Alpen)  und  erstrecken  sich,  immer  höher  werdend,  bis  ins  Semmering- 
gebiet.  Von  Mödling  bis  Baden  sind  sie  am  Abhänge  gegen  das  Wiener  Becken 
und  am  Eingange  der  Täler  sehr  felsig  (Standorte  zahlreicher  pontischer  und 
einiger  mediterraner  Pflanzen,'^)  wie  Convolvulus  cantabrica  und  Plantago  Cynops, 
die  als  Tertiärrelikte,  ferner  von  F'el  senpflanz  en  der  Alpen,  wie  Primula 
aiiricula   und    Draba-kvt&n   aus    der   Gruppe  der   D.  ai:^oides,    die   als  Eiszeit- 


^)  Samt  Slawonien. 

^)  Die  in  diesem  Teile  vorkommenden  geologischen  Angaben  verdanke  ich  größten- 
teils Herrn  Dr.  O.  Abel  (geologische   Reichsanstalt  in    Wien). 

^)  Und  zwar  den  nördlichsten  Zug  derselben,  die  (nach  der  geologischen  Karte 
von  Hauer)   aus    silurischen  Schiefern    und    Kalken   bestehende    «Grauwackenzone». 

■•)  Hier  auch  südeuropäische  Tiere,  wie  Mantis  religiosa,   Saga  serrata. 


6o 

relikte  Beachtung-  verdienen).  Von  den  Liesinger  Bergen  bis  ins  Schneeberg- 
gebiet (dort  bis  zirka  1400  »n)  ist  der  Charakterbaum  die  Schwarzföhre 
(Pinus  nigra),  deren  Hauptverbreitungsgebiet  in  Illyrien  liegt,  während  das 
Vorkommen  in  Niederosterreich,  wo  sie  ihre  nordwestlichsten  Standorte  hat, 
vom  übrigen  Areal  durch  eine  große  Lücke  getrennt  ist.  Sie  ist  in  dem  ge- 
nannten Gebiete  zweifellos  wild,  wird  aber  auch  öfter  zu  Aufforstungen  ver- 
wendet. Ihre  dunkle  Farbe  sticht  von  dem  frischen  Grün  der  die  höheren 
Berge  besiedelnden  Buchenwälder  scharf  ab  (Grenze  zwischen  den  Ge- 
bieten der  pontischen  und  baltischen  Flora).  In  der  Gegend  von 
Baden  und  Vöslau  sind  (namentlich  an  der  rechten  Seite  der  Bahn)  ziemlich 
große  Flächen  von  Kulturen  der  Steinweichsel  (Prunus  Mahaleb)  bedeckt;  man 
verwendet  die  Stockausschläge  dieses  Strauches  zu  Spazierstöcken,  Pfeifen- 
rohren («Weichselrohren»)  etc.  Bis  gegen  Wiener-Neustadt  links  in  der  Ferne 
das  Leithagebirge  (im  Zentrum  Gneis,  an  den  Hängen  miozäner  Nulliporen- 
kalk;  höchster  Punkt  441  m).  Dieses  ist  durch  eine  tiefe,  mit  jungtertiären 
Schichten  bedeckte  Einsenkung  von  dem  Rosalienge  birg e  (Gneis  und  Glim- 
merschiefer) getrennt,  an  welches  die  Bahn  bei  Wiener-Neustadt  ziemlich  nahe 
herantritt.  Dasselbe  geht  in  den  Wechsel  über  (Gneis;  1738  m),  der  als  langer 
Rücken  die  Aussicht  nach  Süden  abschließt.  Rechts  der  lange  Absturz  der  aus 
mesozoischen  Kalken  zusammengesetzten  «Hohen  Wand»  (typisches  Plateau- 
gebirge, ii35?72);  vor  derselben  eine  mit  P/;n/5  nigra  bestandene  Hügelreihe. 
Links  von  der  Hohen  Wand  der  2075»!  hohe  Schneeberg  (Triaskalk),  der 
höchste  Berg  Niederösterreichs.  Schon  vor  Wiener-Neustadt  betritt  die  Bahn 
das  mit  Gerollen  besäete  «Steinfeld»,  das,  aus  zwei  von  den  Flüssen  Piesting 
und  Schwarza  gebildeten  Schuttkegeln  bestehend,  langsam  gegen  Südwesten 
ansteigt  (Wiener  Neustadt  250«,  Neunkirchen  36o;n,  Entfernung  der  beiden 
Orte  14  km).  Das  wenig  fruchtbare  Steinfeld  ist  zum  großen  Teile  von  einem 
zirka  10km  langen,  schon  im  18.  Jahrhunderte  angelegten  Seh  warz  föhren- 
walde  bedeckt. 

Bei  Neunkirchen  betritt  die  Bahn  das  Tal  der  Schwarza,  das  nun 
immer  enger  wird.  Bei  Gloggnitz  beginnt  die  «Se  mme  ringbahn»,  die  älteste 
größere  Gebirgsbahn  der  Erde  (begonnen  1848,  vollendet  1854).  L)ie  Bahn  hält 
sich  durchaus  im  Gebiete  der  Grauw  ack  en  zone  (Kalk  und  Schiefer).  Aus- 
sicht fast  nur  links;  rechts  einigemale  Ausblicke  auf  die  Abstürze  der  Rax.  Bei 
Payerbach  die  Abhänge  des  Gahns  (Plateaugebirge,  Vorberg  des  Schneebergs), 
bei  der  Station  Semmering  (896m)  rechts  der  ganze  Südostabsturz  der  Rax 
(200g  m,  Triaskalk),  links  der  S  onnwends  tein  (i523m2)'  ^^  dem  nun  folgenden 
1430  m  langen  Haupttunnel  liegt  der  höchste  Punkt  der  Bahn  (8977»)  und  die 
Grenze  zwischen  Nieder  Österreich  und  Steiermark. 

Bis  Mürzzuschlag  im  Tale  der  Fröschnitz,  dann  im  Mürz-,  von  Brück 
an  im  Murtale.  Bis  Graz  rechts  und  links  meist  Berge  mit  sanften  ge- 
rundeten   Formen,   bis    Mixnitz    aus    krystallinischen    Schiefern,    weiterhin 


6i 

namentlich  links  (rechts  nur  in  den  unteren  Partien)  aus  devonischen  Kalken 
und  Schiefern  bestehend,  mit  Fliehten-  und  Tannenwäldern  und  Wiesen  be- 
deckt, das  typische  Bild  «der  grünen  Steiermark»  ;  auf  den  Talwiesen  G>- 
shtm  1-ivulare  massenhaft.^)  Von  Brück  bis  Graz  rechts  die  Vorberge  der  Glein- 
alpe.  Bei  Station  Pernegg  rechts  oberhalb  des  Dorfes  Kirchdorf  ein  Serpentin- 
stock (Asplenhnn  cuneifolinm  und  adulterininn).  Vor  Peggau  an  der  «Badlwand- 
galerie»  Saxifraga  altissima.  Bei  Peggau  links  die  Peggauerwand  (Anemone 
stiriaca,  Moehringia  Malyi,  Alsine  setacea,  Thalictrnm  foetidnm). 

Von  Graz  bis  Spielfeld  in  der  sehr  breiten  Tal  ebene  der  Mur  («Grazer 
Feld»),  links  Auen,  rechts  die  Ausläufer  der  Koralpe  (Gneis).  Das  Murtal  ist 
hier  im  Westen  bei  Graz  von  Devon,  weiterhin  von  mitteltertiären  Gesteinen, 
im  Osten  von  dem  niedrigen  jungtertiären  oststeirischen  Hügellande,  das 
dem  Flußgebiet  der  Raab  angehört,  begrenzt.  Bei  Spielfeld  (deutsch-slowenische 
Sprachgrenze^)  verläßt  die  Bahn  die  Mur,  die  sich  nach  Osten  wendet  und  zieht 
durch  die  (mitteltertiären)  teilweise  mit  Wein  bepflanzten  «Windischen  Bühel» 
(Standort  von  Spartiuni  junceum,  wild?).  Bei  Marburg  wird  die  Drau  erreicht, 
und  die  Bahn  durchzieht  das  obere  Pettauerfeld  [Cirsium  rivulare  massenhaft). 
In  den  Teichen  bei  Station  Kranichsfeld  Marsilea  qiiadrifolia  und  Trapa  natans. 
Rechts  das  Bachergebirge  (Granit  und  Gneis,  mehrere  Gipfel  über  1500)») 
mit  Wäldern  von  Fagus  vmd  Castanea,  oben  Fichtenwälder  und  Torfmoore, 
Südgrenze  der  Zentralzone  der  Alpen ;  es  beginnt  die  südliche  Kalkzone. 

Bei  Pöltschach  links  der  Wotsch  (980  m,  Triaskalk,  sehr  pflanzenreich). 
Auf  diesem  Berge  kann  das  für  Untersteiermark  so  charakteristische  Zu- 
sammentreffen illyrischer  mit  baltisch  -  subalpinen  Florenele- 
menten^)  sehr  gut  studiert  werden.  Solche  illyrische  Florenelemente,  die 
hier  zum  ersten  Male  dem  von  Norden  Kommenden  entgegentreten,  sind:  Fra- 
xinus  Ornus,  Ostrya  carpini/olia,  Lilium  carnioliciim,  Hacquetia  Epipactis,  Vero- 
nica  pinnatifida,  Lamhun  Orvala  u.  a.  m.  Bei  Cilli  beginnt  das  enge  Sanntal 
(öfterer  Wechsel  der  geologischen  Formationen;  Gebüsche  von  Qiiercus-  und 
Crataegus- Arttn,  Cotinus  Coggygria,  Fraxinus  Ornus).  Bei  Tüffer  links  der 
Pflanzenreiche  Hum.  Bei  Romerbad  Daphne  Blagayana.  Bei  Steinbrück 
mündet  die  Sann  in  die  Save,  deren  anfangs  enges,  felsiges  Tal  landschaftlich 
und  botanisch  dem  Sanntale  ähnlich  ist.  Mehrere  Braunkohlenbergwerke. 
Gegenüber  von  Trifail  der  kleine  Mitala- Wasserfall  (Standort  von  Asplenium 
Seelosn,  Heliosperma  Eriophorwn,  Saxifraga  tenella).  Von  Steinbrück  an  bildet 
die  Save  ein  Stück  die  Grenze  zwischen  Steiermark  undKrain;  zwischen 


^)  Die  Angaben  aus  dem  Gebiete  von  Steiermark  und  Oberkrain  verdanke  ich 
größtenteils  Herrn  Dr.  A.  v.  Hayek,  dem  für  dieselben  hermit  bestens  gedankt  sei. 

^)  Nur  das  T.and  ist  slowenisch;  die  Städte  sind  noch  viel  weiter  gegen  Süden 
zu  vorwiegend  deutsch. 

^)  Vgl.  J.  Murr,  Auf  den  Wotsch!  Deutsche  botanische  Monatsschrift  XIII, 
S.  ii3. 


62 

Trifail  und  Sagor  wendet  sich  die  Grenze  nach  Norden  und  wird  hier  von  der 
Bahn  überschritten. 

Hinter  Sava  wird  das  Tal  weiter,  die  Bergformen  (Gesteine  der  Karbon- 
formation)  sanfter.  Hinter  Läse  gelangt  die  Bahn  zur  Mündung  der  Laibach 
in  die  vSave;  erstere  wird  bei  Saloch  von  der  Bahn  überschritten.  Vor  Laibach 
schönes  Hochgebirgspanorama :  rechts  (Norden)  die  Sanntaler  Alpen 
(üachsteinkalk;  Grintouc  2560  »z),  links  davon  (Nordwesten)  in  der  Ferne  der 
Triglav  (Terglou;  Dachsteinkalk,  2865771).  Laibach  liegt  zwischen  zwei 
vorgeschobenen  Gebirgsriegeln  am  Nordende  des  jetzt  größtenteils  entwässerten 
Laibacher  Moors,  das  die  Bahn  in  südwestlicher  Richtung  durchzieht,  wo- 
rauf sie  sich  auf  die  dasselbe  im  Süden  begrenzenden  Berge  (Triaskalk,  Tannen- 
und  Fichtenwälder)  hinaufzieht.  Etwas  vor  Loitsch  erreicht  sie  das  Gebiet 
der  Kreidekalke  und  tritt  damit  in  den  Karst  ein,  den  sie  bis  'Priest  nicht 
mehr  verläßt.  Hinter  Loitsch  links  eine  dolinenübersäete  Hochfläche, 
rechts  das  von  der  Unz  durchflossene  Polje^).  Rakek,  südöstlich  davon  der 
Zirknitzersee,  bald  darauf  Adelsberg. 

Adelsberg  (548  711)  liegt  am  nördlichen  Ende  des  Tales  der  von  Süden 
kommenden  Poik,  die  hier  etwa  i  km  nordwestlich  vom  Orte  ihren  oberirdischen 
Lauf  beendet  und  in  einer  Höhle  verschwindet.  19  111  höher  liegt  der  Eingang 
in  die  gegenwärtig  von  der  Poik  verlassene  «Adelsberger  Grotte»,  und 
zwar  am  Fusse  eines  zirka  i-^/^  k}ii  langen  Hügelrückens,  an  dessen  südöstlichem 
Ende  sich  der  Ort  Adelsberg  ausdehnt.  Gegen  Westen  zu  sieht  man  einen  sehr 
auffallenden,  langen  Bergabhang;  es  ist  der  Nanos,  der  Ausläufer  des  Birn- 
baumerwaldes. 

Der  erwähnte  Rücken  (6y6m  hoch),  gewöhnlich  als  Schloßberg  (auf  der 
Karte  alsSovid)  bezeichnet,  ist  botanisch  sehr  interessant,  da  er  außer  mehreren 
baltischen  (Salix  Caprea,  Carpinus  Betulus  [sehr  häufig],  Amelanchier  ovalis, 
Sorbiis  Aria),  namentlich  baltisch-subalpinen  Arten  (Orchis  mascula,  Thalictrinn 
aquilegifolhim)  bereits  eine  ganze  Reihe  von  typischen  Vertretern  der  illyrischen 
Flora  (Aristolochia  pallida,  Helleborus  odorus,  iniiltifidus,  Tlilaspi  praecox,  Spi- 
raea  ulmifolia,  Areuionia  agrimonioides,  Rhauiniis  carniolica,'^)  Lamiiim  Orvala), 
namentlich  einige  Gehölze  des  Karstwaldes  (Ostrya  carpinifolia,  Prunus  Mahaleb, 
Rhainuus  rupestris,  Fraxinus  Ornus)  beherbergt.  Auch  einige  illyrisch-süd- 
alpine Arten  finden  sich  hier,  so  Daphne  alpina,  Laburnum  alpinuin,  Globularia 
bellidifolia.  Außerdem  wurden  bei  einer  Exkursion  am  ig.  Mai  1904  noch  be- 
obachtet: 


Aethionema  saxatile 
Arabis  arenosa 
—     Tiirrita 


Asparagtis  tcnitifolius 
Asplen in m   Trick oman es 
Coronilla  vaisinalis 


^)  Vgl.  S.  IG  und   II. 

2)  Nach  Beck  der  voralpinen  Region  der  illyrischen  Gebirge  angehörig. 


Crtisus  hirsutus 
Festuca  picta^) 
denisia  sjgittalis 
Globlila ria   Willko m m ii 
Hippocrepis  coinosa 
Juglans  regia  (verwildert) 
Moehringia  itiitscosa 
Orobanche  caryophyllacea^) 
Peucedaniim   Oreoseliniim 


63 


Pinus  nigra  (massenhaft  auft^eforstet) 
Polvgala  coniosa 
Qiierciis  sessilißora 
Rhamnus  cathartica 

—  piimila'^) 

—  saxatilis 

Robinia  Pseudacacia   (gepflanzt) 
Seduni  glauciim  (■=hispanicum) 


Route:  In  der  Mitte  des  Ortes,  dort,  wo  die  Grottenstraße  gegen  Nord- 
west abzweigt,  ein  Stück  steil  aufwärts,  dann  mache  man  nach  rechts  einen 
Abstecher  in  die  Abstürze  (dort  unter  anderem  mehrere  Rhamyms-AvX.&n)  und 
gehe  auf  den  durch  eine  Stange  markierten  Vorgipfel;  dann  zurück  (nach  links) 
auf  den  Hauptweg  und  rechts  auf  einem  mit  zwei  Steinstufen  beginnenden  Pfad 
auf  den  Hauptgipfel,  der  übrigens  auch  direkt  vom  Vorgipfel  auf  einem  auf  dem 
Kamme  verlaufenden  Wege  erreicht  werden  kann.  Vom  Hauptwege  zweigt  links 
ein  durch  Föhrenwald  im  Zickzack  zur  Grotte  hinabführender  Wee  ab. 


Adelsberg — Divaca  (St.  Canzian) — Triest. 

Bei  Adelsberg  hat  die  Landschaft  zwar  morphologisch  bereits  alle  Cha- 
raktere der  Karstlandschaft,  zeigt  aber  infolge  der  relativ  reichen  Bewal- 
dung und  der  Bedeckung  mit  Wiesen  noch  nicht  jene  Verwüstung,  welche 
vielmehr  erst  bei  St.  Peter  beginnt  und  daselbst  bereits  sehr  ausgesprochen 
auftritt.  Bis  St.  Peter  ist  die  Bahnstrecke  links  von  Rudistenkalk,  rechts  meist 
von  eozänen  Gesteinen  begleitet;  bald  hinter  St.  Peter,  wo  sie  sich  scharf  nach 
Westen  wendet^  durchfährt  sie  anfangs  wieder  Karstlandschaft,  dann  quert  sie 
Cosinaschichten  und  Nummulitenkalk  und  betritt  hinter  dem  ersten  Tunnel 
eine  überaus  charakteristische,  durch  viele  kleine  Krosionstäler  ungemein  reich 
gegliederte  Flyschlandschaft  (Fagiis  silvatica;  Ailanthus  glandiilosa  und  Robinia 
Pseudacacia  aufgeforstet).  Durch  Nummulitenkalk  und  Cosinaschichten  (Grenze 
zwischen  Krain  und  Görz  -  Gradisca)  ziehend,  betritt  die  Bahn  wieder 
den  Karst  (Aufforstungen  von  Pinus  nigra,  an  deren  einseitig  übergebogenen 
Wipfeln  die  Wirkung  der  hier  sehr  starken  Bora  zu  sehen  ist)  und  erreicht 
bald  Divaca  (kurz  vor  der  Station  links  Blick  auf  St.  Canzian). 

3  km  südöstHch  von  Divaca,  bei  dem  eben  genannten  Dörfchen  St.  Can- 
zian verschwindet  die  von  Südosten  (aus  dem  nordöstlichen  Teile  von  Istrien) 
kommende  Reka,  die  bis  hierher  (und  zwar  stets  oberirdisch)  eine  ausgedehnte 
Flyschlandschaft   («Berkin»)   durchfließt,    sowie   sie   ins   Gebiet  des  Rudisten- 


')  Det.  H.  Freih.  v.  Handel-Mazzetti. 

2)  Der  Adelsberger  Schloßberg   ist   auch  der  Originalstandort  der  Rhamnus  Mul- 
levana  Fritsch  ('=  Rh.  carniolica  'Xpumila). 


64 


kalkes  kommt,  unter  der  Erdoberfläche,  und  bildet  die  St.  Canzianer  Grotte, 
die  wohl  die  großartigste  der  Karstländer  ist.  ^) 

Der  (markierte)  Weg  von  Divaöa  nach  vSt.  Canzian  ist  botanisch  sehr 
interessant,  also  entschieden  zu  Fuß  zurückzulegen.  Man  geht  vom  Bahnhof 
Divaca  auf  der  Straße  ein  Stück  nach  rechts  parallel  mit  der  Bahn,  bei  der 
Straßenkreuzung  nicht  links  (in  den  Ort),  sondern  rechts  über  die  Bahn;  gleich 
darauf  bei  der  zweiten  Straßenkreuzung  schlägt  man  den  linken  F'ahrvveg  nach 
Unter-Lesece  ein.  Bei  der  Kirche  dieses  Ortes  nicht  den  rechts  abbiegenden 
Fahrweg,  sondern  den  links  gehenden  Fußweg,  der  an  mehreren  Dolinen  vorbei 
nach  der  Häusergruppe  Mattaun  führt,  wo  man  im  Wirtshause  die  Eintritts- 
karten und  den  Führer  für  die  Grotte  erhält. 

Auf  dieser  Wanderung  kann  man  mehrere  Formen  von  Dolinen  be- 
obachten: bei  Unter-Lesece  eine  solche  mit  sanften,  wiesenbedeckten  Hängen, 
im  Grunde  Getreide  und  Gemüse  mit  Pflaumenbäumen  (vgl.  Tafel  XVII);  die 
zweite  Doline  (gerechnet  von  der  Grottendoline  gegen  Divaca)  repräsentiert  den 
Typus  der  steilwandigen  Dolinen  (vgl.  Tafel  X)  mit  waldigem  und  von  Wiesen 
bedecktem  Grunde  (hier  unter  anderen  Hacquetia  Epipactis,  an  den  Wänden 
Primula  auricula'^)  und  Saxifraga  incriistata);  endlich  als  höchste  Ausgestaltung 
dieses  Typus  die  Grottendoline  mit  größtenteils  lotrechten,  oft  ganz  glatten 
Wänden,  so  z.  B.  unter  der  am  Wege  nach  Mattaun  liegenden  «Stephaniewarte», 
unter  der  die  Wände  mit  Sesleria  temiifolia,  Saxifraga  incriistata,  Genista  sericea 
besetzt  sind. 

Bei  Unter-LeseSe  an  den  sanften  Hängen  einer  großen  Doline  schöne 
Wiesen;  tonangebende  Pflanzen  Alectorolophus  subalpinus  und  minor, ^)  Anthyllis 
Vulneraria,  Bromus  erectiis,  Polygala  nicaeensis ;  ferner  fanden  sich  hier : 


Ajuga  genevensis 

Anemone  montana 

Bri:^a  media 

[Carduus  collinus  (^candicans) 

Chrysanthemum  leucanthemum 

Euphorbia  verrucosa 

Bromus  ercctus^) 

(Uobidaria    Willkommii 

Ilieracium  ßorentinum'') 

Hippocrepis  comosa 

IJnum  catharticum 

Orchis  Moria 

Orobanche  lutea 

Plantago  carinata 


Salvia  pratensis 
Sanguisorba  minor 
\Scor:{onera  villosa 
Scrophidaria  canina  (mediterran) 
ISenecio  lanatiis 
Silene  venosa 
Tliesium  divaricatum, 

—     int  er  medium 
IThlaspi  praecox 
Tragopogon    Tommasinii 
Trifolium  montanum 
Trinia  glauca 
Veronica   multifida 


Widm. 


')  Vgl.  S.  9. 

2)  Nach   Pospichal    im    Küstenlande    nur   die    var.  Bauhini   J^ehm.  —  albocincta 

^)  Det.  H.  Freib.  v.  Handel-Mazzetti. 
'')  Det.  C.  V.  Marche.setti. 


65 

Vergleicht  man  diese  Liste   mit    der  von   Beclv.  (lUyrien,  S.  252  ff.  und 
256  ff.)  für  die  Formationen  der  «Karstheide»  sowie  der  «Bergvviese  und  Heide>^ 


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Fig.  4.    Aus  der  Grottendoline  bei  St.  Canzian:  Eingang  in  die  «Schmidl-Giottex. 
(Nach  einer  käuflichen  Photographie.) 


gegebenen,  so  ergibt  sich  große  Übereinstimmung  mit  ersterer,  teilweise 
auch  mit  letzterer,  da  beide  Formationen  eine  Anzahl  Pflanzen  gemeinsam 
haben.   Die  Charakterpflanzen  der  Karstheide  sind  mit  !  bezeichnet. 

Exkursion  in  die  illyrischen  Lander.  5 


Unser  Weg  führt  auch  durch  kleine  Karstvvaldparzellen  fOstrj'a  car- 
pinifolia,  Prunus  Mahaleb,  Acer  campestre,  Fraxinus  Ornus)'^)  unterbrochen 
durch  baumlose,  steinige  «Karstheiden>  mit  der  (mediterranen)  Riita  divari- 
cata,  mit  Globularia  bellidifolia,  Genista  sagittalis,  Aethionema  saxatile,  Thlaspi 
praecox  und  zwei  typischen  Karstheide-Ginstern  (Genista  silvestris  und  sericea). 
Auch  gänzlich  verwüstete,  vom  Weidevieh  bis  auf  niederes  Gestrüpp  von  Juni- 
perus  communis  fast  ganz  kahlgefressene  Flächen  (vgl.  Tafel  IX)  werden  passiert. 
Auf  anderen  steinigen  Weideflächen  fanden  sich  unter  anderen  Alyssiim  mon- 
tanum.  Rhamniis  rupestris,  Ferulago  nodißora  {==  galbanifera,  um  diese  Zeit  nur 
die  fein  geteilten  Blätter),  Thymus  longicaulis'^). 

Botanisch  am  interessantesten  ist  zweifellos  die  Grottendoline^)  von  St. 
Canzian.  Dieselbe  zeigt  in  ausgezeichneter  Weise  jene  Erscheinung,  die  mau 
mit  Beck'*)  als  «Umkehrung  der  Pflanzenregionen»  bezeichnen  kann.  Während 
nämlich  sonst  auf  höheren  Bergen  der  Karstländer  an  den  Karstwald  sich  höher 
oben  eine  Buchenregion  mit  vielen  baltischen  Pflanzen  anschließt,  ist  dies  hier 
umgekehrt.  ^)  Die  Hänge  der  Grottendoline  sind  mit  Karstwald  bedeckt,  in 
welchem  sich  auch  Charakterpflanzen  der  Karstheide  (!)  finden;  bei  einer 
Exkursion  am  20.  Mai  1904  wurde  hier  gefunden: 


Acer  campestre 

—     monspessuIa7ium 
Artemisia  camphorata 
Athamanta  rupestris 
Fraxinus   Ornus 
IGeranium   nodosum 


Hacquetia  Epipactis 

Lactuca  perennis 

Lathrrus  ('=  Orobus)  variegatus 

Ostrya  carpinifolia  (sehr  häufig) 

IPotentilla   Tommasiniana 

Veronica   multifida 


Sehr  zahlreich  sind  die  baltischen,^)  teilweise  auch  baltisch-subalpinen 
Elemente,  welche  schon  an  schattigen  Stellen  der  Abhänge  der  Doline,  nament- 
lich aber  im  kühlen,  feuchten  Grunde  derselben  zu  finden  sind  und  von  denen 


')  Daselbst  unter  anderen:  Scor^onera  austriaca,  Ornithogalum  Kochii.  Um 
Mattaun  wurde  ferner  gefunden:  Ulmus  glabra,  Thesium  divaricatiim,  Medicago  pro- 
strata,  Trifolium  campestre,  Euphorbia  epithymoides  (=fragifera),  Inula  ensifolia  und 
auf  Wiesen:  Trifolium  incarnatum  var.  Molineri,  Alectorolophus  Freynii,  minor  und 
subalpinus,  (letztere  drei  det.  H.  Freih.  v.  Handel-Mazzetti.) 

2)  Det.  C.  V.  Marchesetti. 

')  Ein  ausschließlich  in  den  Grotten  der  illyrischen  Karstländer  lebendes  Tier  ist 
der  zu  den  zeitlebens  durch  Kiemen  atmenden  IMolchen  gehörige  Grottenolm  (Proteus 
anguineus).     Derselbe  kommt  in  der  Adelsberger  Grotte  nicht  ursprünglich  vor. 

")  Sitzungsbericht  des  Deutschen  naturwissenschaftlich-medizinischen  Vereines  für 
Böhmen  «Lotos»    1904,  Nr.  7. 

^)  Die  im  Ternowanerwalde  in  der  Buchenregion  gelegene  Doline  Smrekova  draga 
zeigt  diese  Umkehrung  in  noch  höherer  Ausgestaltung;  sie  besitzt  unter  dem  Buchen- 
walde einen  schmalen  Fichtengürtel,  an  den  sich  dann  Krummholz  mit  Rhododendron 
hirsutum  und  anderen  Alpensträuchern  anschließt.  (Beck  1.  c.) 

*)  Die  im  folgenden  mit  *  bezeichneten  Arten  kommen  auch  im  Wienerwalde, 
einem  ausgesprochen  baltischen  Waldgebirge,  vor. 


67 


einige  sogar  die  dämmerigen  Eingänge  in  die  Grotten  besiedeln.^)  Von  hierher 
zu  rechnenden  Arten  wurden  bei  der  oben  erwähnten  Exkursion  gefunden : 

'^Hieracium  silvaticum^) 
■"'■Lactuca  muralis 
*Lilium  Martagon 


f*Acer  Pseudoplatanits 
'*Allium  ursiniim 

*  Anemone  Hepatica 
\Aposeris  foetida 
*Aruncus  Silvester 
^■Asarum  europaeitm 

Aspidiiim  Filix  nias 
f     —     lobatum 
^Carpintis  Betuliis-) 
'"•Cephalanthera  alba 
* Cerastium  silvaticum 
*Convallaria  maialis 
*Cyclamen  eiiropaeiim 
*Daphne  Laureola 

*  —     Me:{ereum 
*Dentaria  enneaphylla 
^Euphorbia  angulata 
*Fagus  silvatica 
jGentiana  asclepiadea 
'^Geranium  robertianum 


*Melica  mit  ans 

*  —     uniflora 
*Melittis  Melissophyllum 
*Moehringia  trinervia 

Parietaria  officinalis 
*Polygonatum  multißoriim 
*Prena7itlies  purpurea 
*Riibus  Idaeus 
*fSalvia  glutinosa 

Sambucus  nigra 
■fScolopendriiim  vulgare 

Scrophidaria  vernalis  (Eingänge 

in  die  Grotten) 
*Senecio  nemorensis 
*Serratula  tinctoria 
*Staphylea  pinnata 
\Veronica  latifolia 

*  Viola  mirabilis 


*Hedera  Helix^) 

Bemerkenswert  sind  ferner  zwei  an  feuchten,  schattigen  Stellen  wachsende 
Lebermoose:  Fegatella  (Conocephalus)  conica  und  Reboulia  hemisphaericaj) 

Es  kann  nicht  zweifelhaft  sein,  daß  das  Vorkommen  der  meisten  von 
diesen  Pflanzen  als  Glazialrelikt  angesehen  werden  muß.  Ganz  besonders  gilt 
dies  für  die  mit  f  bezeichneten  subalpinen  Arten.  ^)  In  derselben  Weise  ist 
wohl  auch  das  Vorkommen  alpiner  Felsenpflanzen  wie  Primiila  Auricula  und 
Saxifraga  incriistata  zu  erklären.    Sesleria  temiifolia  dagegen  ist  eine  illyrisch- 


^)  Zu  diesen  gehört  auch  die  illyrisch-südalpine  Saxifraga  petraea. 
^)  Auch  im  Karstwalde. 

*)  Kommt  nicht  nur  im  baltischen  Gebiete  vor. 
■*)  Det.  C.  V.  Marchesetti. 

-')  Gelegentlich  einer  Exkursion   am  22.  April   1905   konstatierte  Herr  Prof.  R.  v. 
Wettstein  in  der  Doline  noch  folgende  Pflanzen: 


") 
noch  an; 


.'Lamiiim   Orvala 
*Lathyrus  vernus 
fLiinaria  rediviva 
*Primiila  acaulis 
*     —     officinalis 
Ruscus  aculeatus 
Sedum  maximum 
*Symphytum  tuberosum 
*Viola  Riviniana 

Beck   gibt  1.  c.  für    die  Doline   von    St.  Canzian   außer   den    genannten  Arten 
Aconitum  rostratum,  Evonymus  latifolia,  Campanula  pusilla. 

5* 


*Abies  alba 

Adiantum   Capillus    Veneris 
*Anemone  nemorosa 
*     —     ranunculoides 
Asplenium  Ruta  muraria 
—      Trichomanes 
*Corydalis  cava 
*Galanthus  nivalis 
*Isopyrum  thalictroides 


68 

voralpine  Felsenpflanze;  CeteracJi  officinarwn  ist  wohl  mediterraner  Herkunft, 
aber  weit  über  die  Grenzen  des  Mediterrangebietes  (bis  nach  England  und 
Siebenbürgen)  verbreitet.  —  Von  sonstigen  in  der  Grottendoline  gefundenen 
Pflanzen  seien  Veratrum  nigrinn,  Parietaria  raiiiißora  f=  diffusa),  Galiinn  ari- 
statum  erwähnt.^) 

Divaca — Triest.  Die  Bahn  hält  sich  bis  Nabresina  im  Gebiete  des 
Rudistenkalkes  (lichte  Bestände  von  Eichen).  Gleich  hinter  Nabresina  über- 
schreitet sie  die  Kante  des  Plateaus  und  senkt  sich  langsam  längs  des  aus 
Tertiärgesteinen  (hauptsächlich  Flysch)  bestehenden  Abhanges,  der  zum  Teile 
mit  Wein  und  Ölbäumen  bepflanzt  ist,  hinab  nach  Triest. 

Triest. 

Triest  liegt  am  Nordwestende  der  großen  mittelistrianischen  Flyscli- 
niulde,  dort,  wo  die  Kante  des  Karstplateaus  von  der  Küste  zurücktritt.  Der 
FI3  seh  reicht  sehr  hoch  hinauf  und  begrenzt  den  ganzen  Golf  von  Triest  mit 
Ausnahme  eines  kurzen  Stückes  bei  Duino,  wo  der  Rand  des  Kalkplateaus  un- 
mittelbar ans  Meer  herantritt,  sowie  der  ganzen  im  Nordwesten  gelegenen,  von 
Alluvionen  gebildeten  Flachküste.  Pflanzengeographisch  stellt  die  Um- 
gebung Triests  ein  «Ü  be  r  gangsge  bi  et»  mit  mancherlei  mediterranen  Ele- 
menten und  «südlichem  Vegetationscharakter»  dar  (vgl.  S.  27  und  28).  Die 
Umgebung  der  Stadt  enthält  viele  Wein-  und  ülpflanzungen,  Gärten,  aber 
auch  wüste  Strecken,  die  allerdings  jetzt  großenteils  aufgeforstet  sind.  Die 
zur  Aufforstung  vorzugsweise  verwendeten  P/;;;;.s-Arten  wurden  schon  auf 
S.  45  und  S.  55  besprochen. 2) 

Natur\visscn schaftliche   Institute  in   Triest. 

I.  Die  k.  k.  zoologische  Station  (passeggio  di  vS.  Andrea  Nr.  2). 
Über  dieselbe  teilt  mir  der  Direktor  der  vStation,  Herr  Prof.  Dr.  C.  I.  Cori, 
folgendes  mit : 

Die  k.  k.  zoologische  Station  in  Triest  wurde  1875  gegründet.  Das  Ge- 
bäude derselben  enthält  i3  für  wissenschaftliche  Arbeiten  eingerichtete  Zimmer, 
ferner  eine  physiologische  und  eine  chemische  Abteilung,  eine  reiche  Bibliothek, 
eine  Typensammlung  der  Meeres-Fauna  und  -Flora,  Aquarieneinrichtung  mit 


')  Die  im  unteren  Teile  der  Doline  in  einigen  Exemplaren  vorkommende  Iris 
(illyrica?)  ist  nach  Aussage  der  Grottenführer  gepflanzt. 

^)  Im  Gebiete  von  Triest  spielt  in  dieser  Hinsicht  Pinus  nigra  die  Hauptrolle. 
—  Einer  Alitteilung  des  Herrn  Dr.  C.  v.  Marchesetti  entnehme  ich,  daß  bisher  im 
Triester  Territorium  zirka  \000 ha  aufgeforstet  worden  sind.  —  Die  Ausführung,  respek- 
tive Überwachung  der  Aufforstungen  obliegt  einem  eigenen  Landes-Forstinspektor  (vgl. 
z.  B.  dessen  Referat  in  der  «Triester  Zeitung»  vom  7.  Oktober   1904). 


69 

zirkulierendem  Seewasser  und  Druckluftleitung;  ferner  besitzt  die  Station  eine 
Motorbarkasse,  ein  Segelboot  und  reichen  Bestand  an  Fiscliereigeräten.  Platz 
ist  für  3o  Gäste.  Die  Arbeitstische  sind  mit  usueller  Ausrüstung  versehen,  und 
das  Untersuchungsmaterial  wird,  sofern  es  ohne  besondere  Kosten  beschafft 
werden  kann,  unentgeltlich  beigestellt.  In  den  Osterferien  und  im  September 
werden  Kurse  über  die  Anatomie,  Entwicklungsgeschichte  und  Biologie  der 
marinen  Fauna  und  über  die  marinen  Algen  abgehalten.  Die  zoologische  vStation 
hat  alle  österreichischen  biologischen  Universitätsinstitute  mit  lebenden  und 
konservierten  Seetieren  und  Meeresalgen  zu  versehen.  Geöffnet  ist  die  Anstalt 
das  ganze  Jahr. 

2.  Das  städtische  natur historische  Museum  («civico  Museo  distoria 
naturale»,  Piazza  Lipsia).  Der  Direktor  desselben,  Herr  Dr.  C.  v.  Marche- 
setti  teilt  mir  folgendes  mit: 

Das  naturhistorische  Museum  wurde  im  Jahre  1846  gegründet.  Es  ent- 
hält zoologische,  botanische,  mineralogische,  geologische  und  anthropologisch- 
prähistorische Sammlungen.  In  der  botanischen  Abteilung  werden  die  Herbare 
von  Tommasini,  Biasoletto,  E.  Braig,  P.  Kammerer  etc.  aufbewahrt. 
Publikation:  Atti  del  civico  Museo  di  storia  naturale.  Jubiläumspublikation: 
C.  Marchesetti,  Flora  di  Trieste  e  de'  suoi  dintorni ;  1896/97. 

3.  Der  botanische  Garten  (auf  einem  Hügel  südöstlich  vom  Zentrum 
der  Stadt,  der  «il  colle»  oder  «il  pineto  di  Chiadino»  genannt  wird)^)  früher 
privat,  jetzt  städtisch  (Direktor  Dr.  C.  v.  Marchesetti).  Der  Garten  wurde  in 
der  letzten  Zeit  sehr  vergrößert  und  durch  sehr  zahlreiche  Pflanzen  bereichert. 

4.  Naturwissenschaftliche  Vereine:  Societa  adriatica  di  scienze 
natural!  (Publikation:  «Bolletino»);  Societa  agraria  (Publikation:  L'amico  dei 
campi). 

Exkursionen: 

I.  Zu  dem  an  der  Kante  des  Karstplateaus  gelegenen  Obelisken  von 
Oböina  (346???)»  ™it  der  elektrisch  betriebenen  Zahnradbahn  eine  Viertelstunde 
(kurzer  Abendausflug).  Während  der  Fahrt  prachtvolle  Rückblicke  auf  die 
Stadt  und  den  Golf.  Vom  ObeHsken  verfolge  man  den  nach  Nordwesten  ver- 
laufenden, ziemlich  ebenen  Weg  ein  Stück  weit.  Derselbe  führt  durch  Auf- 
forstungen von  Pinus  nigra  mit  vielen  Resten  der  ehemaligen  Karstwälder,  wie 
Qiterciis  lanuginosa,  Cotinus  Coggygria,  Rhammis  rupestris ;  ferner  fand  ich  hier 
am  24.  Mai  1904 : 

Aspenila  cynanchica  \  \Genista  silvestris 

ICrepis  chondrilloides  \  ISatureia  montana 

iGenista  sericea  | 

Anm.  !  =  typische  Pflanzen  der  Karstheide. 


')  In   den   Schwarzföhren-Aufforstungen   unweit    des    botanischen    Gartens   kommt 
Coriaria  mrrtifoUa  (westmediterran)  verwildert  vor. 


70 

2.  Nach  Schloß  Miramare;  elektrische  Tramway  bis  Barcola,  dann 
noch  zirka  eine  Stunde  zu  Fuß  auf  der  Straße  dicht  an  der  Küste.  Auch 
Dampferverbindung  mit  Triest,  —  Die  von  sehr  bröckeligem  Gestein  gebildeten 
Flyschabhänge  beherbergen  ma.ssenha.it  Spartiwnjim ceinn ;  ferner  fand  ich 
am  24.  Mai  1904  daselbst  und  am  Rande  der  Straße: 


y^Cynodon  Dactylon 

Galium  lucidum 
jfLepturus  inciirvatus 

Linum  tenuifolium 
fPl antago  maritima 


*Apocyniim  venetiim 
Arundo  Donax 
Avena  sterilis 
yCCatapodium  loliaceum 
y.Coronopits  procumbens 
Anm.  f:=Halophyt,  *^=  speziell   Dünenpflanze,  X  =  Ruderalpflanze.      Diejenigen 
Halophyten,  deren  Name  gesperrt  gedruckt   ist,   kommen  auch  an  entsprechenden  Loka- 
litäten der  Küsten  des  Deutschen  Reiches  vor. 

An   den   Fe  1  se  n,  S  te  inbl  öcken   und   xMauern   am  Meere  fand  ich  : 

Centranthus  ritbra^)  Initla  viscosa 

Crithmum  maritimum 

Crithmitm  maritimum  ist  ein  ausgesprochener  Halophyt,  der  nur  an 
Felsen  und  im  Schotter  in  der  Spritzzone  vorkommt,  Sand  und  Schlammboden 
aber  durchaus  meidet.  Inula  viscosa  kommt  auf  allen  Bodenarten  vor  und  geht 
auch  weiter  landeinwärts.  Beide  Pflanzen  fehlen  den  deutschen  Küsten.  Der 
Park  von  Miramare  ist  für  den  Nordländer  besonders  durch  die  vielen  süd- 
lichen Pflanzenarten  (namentlich  viel  immergrüne  Holzgewächse)  interessant, 
die  in  Mitteleuropa  im  Winter  nicht  mehr  im  Freien  aushalten.  V^on  wild- 
wachsenden Pflanzen,  die  hier  vorkommen,  seien  Centrosis  abortiva  und  Oro- 
banclie  Hederae  ^j  genannt. 

3.  In  die  aufgelassenen  Salinen  von  Zaule  (Station  der  Lokalbahn 
'Priest — Parenzo).  Dieselben  liegen  im  Grunde  der  Bucht  von  Muggia  im 
Schwemmlande  des  Rosandrabaches.  Man  kann  die  Exkursion  als  V^ormittags- 
partie  machen;  man  fährt  in  diesem  Falle  per  Dampfer  nach  Muggia,  geht  dann 
auf  der  Straße  bis  fast  nach  Zaule  (zirka  drei  Viertelstunden)  und  wendet  sich 
nach  links  hinab  auf  die  Wiesen,  die  sich  in  unmittelbarer  Nähe  der  Bahnstation 
befinden.    Rückkehr  mittags  mit  der  Lokalbahn. 

Die  Abhänge  gegen  das  Schwemmland  sind  üppige  Wiesen, 
in  deren  Vegetation  Ornithogalum  pjrrenaiciim^)  besonders  auffällt. 

An  sie  schließen  sich  bereits  dem  vSchwemmlande  angehörige,  mit 
Phragmites  communis  und  Junciis- Arten  (siehe  weiter  unten)  bestandene  Flächen, 
auf  denen  zur  Zeit  meiner  Exkursion  (21.  Mai  1904)  Gladiolus  illyricus  sowie 
mehrere  Orchideen  in  schönster  Blüte  standen: 


')  Eine  Pflanze    der  «StrandkHppen» ;  auch    an  Mauern    in  der  Nähe  des  Meeres; 
vielleicht  Gartenflüchtling  (Pospichal). 
^)  Det.  E.  Janchen. 
^1  Det.  C.  V.  March  esetti. 


71 


Anacat np tis  pyramida lis 
Oplirys  arachnites 

—     apifera 
Orchis  coriophora  (fragranx) 

Ferner  fand  sich  hier: 


Orchis  incarnata 
!     —     laxißova 
Serapias  longipetala 


Alectorolophiis  glandulosus^)  1  Gratiola  officinalis 

Genista  tinctoria  Scabiosa  Columbaria'^) 

Wie  man  sieht,  treten  schon  hier  einzelne  Sumpfwiesenpflanzen  auf;  ton- 
angebend werdendieSumpfpflanzenauf  den  etwas  tiefer  1  iegenden  Flächen, 
auf  denen  Cyperaceen  und  Juncaceen  die  Hauptrolle  spielen.    Hier  fand  ich: 


\Atropis  festucaeformis 
Brachypodium  pinnatum 
Carex  distans 

t     —     extensa 

—  flacca 
Daucits  Carota 
Equisetum  maximum 

—  ramosissimiim 
Heleocharis  iiniglumis 
Holoschoenus  australis 


fJunciis  acutus 
f     —     Gerardi 

\Lotus  (Tetragonolobus)  siliquosiis 

Phragmites  cotnmimis 
flPlantago   Cornuti 

ISamolus    Valerandi 

Schoenus  itigricans 

Scirpus  maritimiis 
\Triglochin   maritim  um 


Die  beiden  eben  beschriebenen  Pflanzengesellschaften  entsprechen  etwa 
der  Formation  der  «Strand  wiesen»  (Beck,  lUyrien,  S.  171),  die  Übergänge 
zwischen  den  Landwiesen  und  den  tiefer  liegenden  eigentlichen  Strandforma- 
tionen darstellen.  Die  (nach  Beck)  für  diese  Strandwiesen  charakteristischen 
Pflanzen  sind  in  beiden  Verzeichnissen  mit  !  bezeichnet,  f  =  Halophyten;  die 
an  den  deutschen  Küsten  vorkommenden  Halophyten  sind  durch  gesperrten 
Druck  gekennzeichnet. 

An  diese  Bestände  schließen  sich  dann  gegen  das  Meer  zu  die  eigent- 
lichen Bestand  e  von  Halophyten  an,  unter  denen  zunächst  noch  Juncus 
maritimiis  die  Hauptrolle  spielt,  während  der  graue,  salzgetränkte  und  —  wie 
die  bleichen,  vertrockneten  Zostera-Blätter  beweisen  ■ —  oft  überschwemmte 
Schlammboden  dicht  am  Meere  eine  Auswahl  der  interessantesten  Halophyten 
trägt.  Massenhafte  Artemisia  coerulescens^)  und  Atriplex  (Halimus)  portu- 
lacoides'*)  bringen  einen  grüngrauen  Grundton  hervor,  den  die  Blattbüschel 
von  Statice  Limonium  mit  ihrer  freudig-grünen  Farbe  unterbrechen. 

Zu  den  typischen  Halophyten^)  gehören  auch  Salicornia  fruticosa,  Imila 


')  Del.  H.  Freih.  v.  Handel-Mazzetti. 

2)  Det.  C.  V,  Marchesetti. 

^)  Blätter  wechselständig,  seidenhaarig,  blaugrau,  die  meisten  um  diese  Zeit  sicht- 
baren lanzettlich,  ganzrandig,  teilweise  auch  an  der  Spitze  gespalten  oder  ganz  fieder- 
spaltig. 

'')  Blätter  gegenständig,  verkehrt-eilänglich,  ganzrandig,  schiilferig. 

')  Im  Mai  blühen  die  meisten  Halophyten  noch  nicht;  die  Blütezeit  derselben 
fällt  in    den  Juli   bis  September;   eine  Art  (Suaeda  maritima)  war  sogar  noch  recht 


72 


crlthinoides^)    und    Spergularia    media   (=  niarginata).     Die    angeführten 
Pflanzen    sind    fast    sämtlich    charakteristische   Vertreter     der    «Salztriften- 
formation» (Beck,  lUyrien,  S.  169).    Die  auch  an  den  deutschen  Küsten  vor- 
kommenden x^rten  sind  durih  Sperrdruck  gekennzeichnet.  — 
An  der  Straße  Mu^-gia — Zaule  fanden  sich: 


Aegilops  triaristata 
Althaea  cannabina 
Anacamptis  pyramidalis 
Aristolochia  Clematitis 
Blackstonia  perfoliata 
CardamineNast!trtiiim(mWasser- 

gräben) 
Chrysopogon   Gryllus 
Galiiim  lucidum 
Koeleria  gracilis 
Loiiicera  etrusca 
Lotus  corniculatus 


Melampyrum   barbatum 
Onosma  echioides 
Orlaya  grandißora 
Plantago  carinata 
Poa  trivialis 
Potentilla  laeta'^) 
Rumex  pulcher 
Spartium  junceum 
Tliy mus  pannonicus'^) 
Trifolium  rubens 
Vicia  glabrescens 


—     tenuifolia 

4.  Nach  Duino.  Von  der  Station  Duino — Sistiana  der  Linie  Nabresina — 
Görz — Cormons  zirka  drei  Viertelstunden,  eine  halbe  Stunde  westlich  von 
dem  Seebade  Sistiana  (Dampfer  von  Triest).^)  Ein  vom  Hauptareal  der  Medi- 
terranflora abgetrennter  Standort  mehrerer  typisch  mediterraner  Pflanzen,  der 
übrigens  zu  den  nördlichsten  Standorten  dieser  Art  im  Küstenlande  gehört. 
Es  finden  sich  hier  (Exkursion  vom  22.  Mai  1904) : 


Clematis  Flammula 
Convolvulus  cantabrica 
Osyris  alba 
Pistacia   Terebinthus 


Quercus  Hex 
Ruta  divaricata 
Smilax  asper a 


Von  typischen  Karstpflanzen  seien  erwähnt:  Paliiirus  aiistralis,  Cotimis 
Coggygria,  Satiireja  montana.  Ruderalpflanzen:  Centaurea  Calcitrapa,  Carduus 
pycnocephalus. 

Der  Standort  bei  Duino  ist  zwar  pflanzengeographisch  interessant,  beher- 
bergt aber  keine  Pflanze,  die  nicht  auch  weiter  südlich  angetroffen  würde. 
^1^  Stunden  von  Duino  liegt  die  Quelle  des  Flusses  Timavo  (vgl.  S.  11  und  12). 

5.  Einer  der  interessantesten  Ausflüge  von  Triest  aus  ist  der  nach  G  r  a  d  o,*) 
einem  Fischerstädtchen,  seit  einiger  Zeit  auch  Seebad,  das  am  äußersten  Rande 
jener  Lagune  liegt,  die  hier  die  Reihe  der  Lagunenmeere  eröffnet,  welclie  sich 
an  der  Nordwestküste  der  Adria  von   der  Isonzomündung  über  Venedig  und 


unentwickelt.  Daher  werden  bei  einigen  derselben  Merkmale  angegeben,  an  denen  sie 
auch  im  sterilen  Zustand  erkannt  werden  können, 

')  Blätter  alle  saftgrün,  kahl,  die  der  KLurztriebe  gebüschelt,  kurz,  walzlich, 
stumpf,  Blätter  der  Langtriebe  viel  länger,  lineal,  vorn  kurz  dreispitzig.  —  Vgl.  Tafel  XII. 

2)  Det.  C.  V.  Marchesetti. 

^)   Nur  während   der  Badesaison;  Fahrtdauer   1  —  l'/a   Stunden. 

")   Vegetationsbilder  von   Grado:   Tafel  XI   und  XII. 


73 

Chiog-gia  bis  Comacchio  erstrecken.  Tagestour.  Üampferverbindung  mitTriest 
(nur  während  der  Badesaison  jeden  Tag;  Fahrtdauer  zwei  Stunden).  vSehr 
empfehlenswert,  aber  etwas  teuer  ist  folgende  Tour:  Triest — Nabresina — 
Monfalcone — Villa  Vicentina  (Bahn).  Villa  Vicentina — Aquileja  (6  km),  dann 
nach  Belvedere  und  Centenara  (5  km),  von  dort  mit  Barke  nach  Grado  (Fahr- 
zeit verschieden,  bei  Ebbe  länger).  Auch  zwischen  Aquileja  und  Grado  ver- 
kehrt ein  kleiner  Dampfer. 

Bei  Monfalcone  betritt  die  Bahn  die  lombardische  Tiefebene,  und  zwar 
deren  östlichen  Teil,  der  zu  Österreich  gehört,  aber  mit  den  angrenzenden 
italienischen  Landesteilen  die  Natur  und  den  Volkstamm  (die  von  den  Italienern 
mundartlich  verschiedenen  Furlaner  oder  Friauler)  gemeinsam  hat;  das  ganze 
Gebiet  dieses  Volksstammes  wird  Friaul  genannt.  Vor  Villa  Vicentina  über- 
setzt die  Bahn  das  zirka  ^2  ^""'  breite  Flußbett  des  Isonzo  (im  Unterlauf 
«Sdobba»  genannt),  der  gewaltige  Schuttmassen  mit  sich  führt.  Die  Straße 
Villa  Vicentina — Aquileja  führt  durch  den  fruchtbarsten  Teil  Friauls.  Überall 
«sieht  das  Auge  des  Beschauers  ein  grünes  Meer  von  Baum-,  Reben-  und  Ge- 
treidesaaten, die  jeden  Fußbreit  Landes  bedecken.  Hinter  dichten  Hecken  von 
Christusdorn  ^)  und  Paliurus,  welche  ein  ganzes  Labyrinth  von  Straßen  und 
Wegen  begrenzen,  schlingen  sich  die  langen,  von  Feldahorn  gestützten  Reben- 
girlanden zwischen  Ulmen  und  Maulbeerbäumen,  und  entlang  der  engen  Reihen 
steht  noch  die  Weizen-  oder  Gerstensaat;  Hülsenfrüchte  und  Spätmais  (soge- 
nannte cinquantina);  der  schmale  Rain  muß  Obstbäume  und  Nutzweiden 
ernähren,  und  um  Zaun  und  Grabengebüsch  ranken  allüberall  großblättrige 
Kürbisgewächse.  Grün  ist  Bachrand  und  Au,  grün  der  Weggraben  und  Straßen- 
rand, grün  der  Anger  und  das  Dorf  .  .  .  .■».'^) 

Unweit  von  Belvedere  und  Centenara  befindet  sich  eine  Sandhügelland- 
schaft, die  von  einem  sehr  sehenswerten  Pinienhain  (vgl.  S.  44  und  Tafel  I) 
bedeckt  wird.   Dort  fand  ich  am  23.  Mai  1904  folgende  Pflanzen: 

Galium  lucidum 
Globularia  Willkommii 
Koeleria  cristata 


Anacamptis  pyramidalis 
Bromiis  erectus 
Campamda  sibirica 
Chrysopogon   Gryllus 
Dactylis  glomerata 
Equisetum  ramosissimmn 
Euphorbia  nicaeensis 
Filipendula  hexapetala 


—     gracilis 
Lonicera  etrusca 
Ophrys  arachnites 
Orchis  coriophora 
Thesium  divaricatum  ^) 


Die  Barkenfahrt  durch  die  Lagunen  ist  landschaftlich  sehr  eigenartig 
und  bei  Ebbe  und  Flut  gänzlich  verschieden.  Große  Teile  der  Untiefen  sind 
von   ganzen  Seegraswiesen   (Zostera  marina)   bedeckt.    Auf  den   etwas   höher 


')   Cotoneaster  Pyracantha. 

~)  Pospichal,   Flora  des  österreichischen   Küstenlandes  I,   S.  XX  f. 

^)  Det.  C.  V.  Marchesetti. 


74 


gelegenen,  stets  aus  dem  Wasser  ragenden  Schlammbänken  hat  sich  eine  typi- 
sche Halophytenflora  angesiedelt.  Auf  einigen  dieser  Inseln  haben  sogar  arm- 
selige Fischerhütten  Platz  gefunden.^) 

Von  Grado  aus  gehi'man  am  besten  auf  dem  nach  Nordosten  ziehenden 
Damme  hin  und  wendet  sich  dann  nach  etwa  einer  halben  Stunde  auf  einem 
zweiten  (einen  Kanal  überschreitenden)  Damme  nach  Südost  gegen  das  Finanz- 
wachhaus Rotta.  Auf  dem  ersten  Teile  dieser  Exkursion  kann  die  Halophy- 
tenflora der  Schlammböden  studiert  werden,  und  zwar  schon  in  der  aller- 
nächsten Nähe  von  Grado.  Bei  -einer  Exkursion  am  23.  Mai  1904  wurden 
gefunden : 


■fAgropyrum  litorale'^) 
Althaea  officinalis 
\Artemisia  coerulescens 
■\Arthrocnemum   macrostachyum  ') 
fAsparagus  maritimus 
fAtriplex  portulacoides 

—     roseum  *) 
fAtropis  festucaeformis 
fCrithmiim  maritimum  (nur  an 

den  Steinen  der  Dämme) 
Dactylis  glomerata 


f Iniila  crithmoides^) 

fJitncits  acutus 

Plantago  altissima^) 

Rumex  sanguineus^) 

fSalicornia  fruticosa 

■fSalsoIa  Soda 

■fStatice  Limonium 

f  —  caspia 

fTamarix  africana  (kultiviert) 

f  —  gallica   (wild   und    kultiviert)*") 


Die  Formation  enthält  hauptsächlich  Elemente  der  «Salztriftenformation» 
(Beck).  Sperrdruck  der  Namen  der  Halophyten  (f)  bedeutet:  Vorkommen  an 
den  deutschen  Küsten. 

Die  Düne  beim  Finanzwachhause  Rotta  beherbergt  eine  reiche  und 
eigenartige  Flora.  Gefunden  wurden  auf  derselben  bei  der  oben  erwähnten 
Exkursion: 


'^'■A  m  mophila  arenaria 
'^Apocynum  venetum 
Asperula  cynanchica 
fCakile  maritima 
*Calj'stegia  Soldanella 
*Clematis  Flammula  var.  maritima 
Crataegus  monogyna 


Cynodon  Dactylon 

*Cyperus  capitatus  (=  Sclioenus  mu- 

cronatus) 
Dactylis  glomerata 
*Echinophora  spinosa  •') 
Equisetu m  ra mosissim u m 
'*Erianthus  Ravennae') 


0  Tafel  XI. 

^)  Auch  noch  andere  Arten,  zum  Teil  steril;  viele  Exemplare  mit  Ustilago  hypo- 
dytes  (det.  V.  Schiffner). 

^)  Tafel  XII. 

•*)  Det.  K.  Rechinger. 

^)  Det.  C.  V.  Marchesetti. 

*")  Außerdem  fand  ich  bei  Grado  Mespilus  germanica  kultiviert  vor. 

')  Blüht  im  Mai  noch  nicht.  Leicht  kenntlich  an  den  langen,  schmalen,  am  Rande 
sehr  rauhen  Blättern  mit  dickem,  tjelblich-weißem  Mittelnerv.  Vorjährige  Blutenstände 
oft  noch   vorhanden. 


75 


f  £■  )•_>'  n  g  i  u  m   m  arit  i  m  ii  m  ') 

f Euphorbia  Paralias 

Fumaiia  prociimbens 

■fdlaiicittm  flavum^) 

Helianthemum  obscuritm  (i.  angustifolia) 

Hieracium  ßoreyitinum^) 

Holoschoenus  vulgaris 

\Juncus  acutus 

Juniperus  communis 

Linum  tenuifolium 

Lonicera  etrusca 

*Medicago  marina 


*Phleum  arenarium 
'*Plantago  arenaria*) 
Scabiosa  agrestis 
Schoenus  nigricans 
Scolymus  hispanicus^) 
Stachys   recta 
Teucrium   Chamaedrvs 

—     Polium 
Thymus  montanus^) 
Tragopogon   maior 
Vulpia  uniglumis 


Die  mit  *  bezeichneten  Arten  sind  —  wenigstens  im  österreichischen 
Küstenlande  —  nur  als  Pflanzen  der  Dünen  und  des  sandigen  Meerstrandes 
bekannt,  die  mit  f  versehenen  sind  Halophyten,  die  auch  auf  anderem  als  san- 
digem Roden  wachsen.  Unter  diesen  mit  Zeichen  versehenen  Pflanzen  kommen 
diejenigen,  deren  Namen  gesperrt  gedruckt  sind,  auch  an  den  deutschen 
Küsten  vor. 

Zur  Festigung  des  Sandes  werden  kultiviert: 


Alnus  glutinosa  (vielleicht  wild) 
Pinus  halepensis 
—      Pinea 


Populus  nigra  (vielleicht  wild) 
Robinia  Pseudacacia  (massenhaft) 
Tamarix  gallica 


Verwildert: 

Allium   Cepa  Brassica  oleracea  Oenothera  biennis 

Sehr  empfehlenswert  ist  ein  Abstecher  auf  den  Badestrand  von  Grado. 
Au  den  zur  Zeit  der  Ebbe  trockenen  Fußes  zugänglichen  Pfosten  der  Kabinen 
wächst  in  großer  Menge  Fiicus  virsoides;  auf  dem  Strande  findet  man  mehrere 
Arten  von  Seegräsern  in  leidlichen  Exemplaren  vom  Meere  ausgeworfen: 
Zostei'a  marina  massenhaft,  darunter  die  im  Golf  von  Triest  seltene  Posidonia 
oceanica,  die  an  den  mit  Gefäßbündelresten  der  abgestorbenen  Blätter  dichtbe- 
setzten («faserschopfigen»)  Rhizomen  leicht  erkannt  werden  kann,  während 
Cymodocea  nodosa  (im  Golf  häufig)  sich  durch  den  dünnen,  starren,  rotgefärbten, 
durch  die  Blattnarben  dicht  geringelten  Wurzelstock  auszeichnet.  Beide  blühen 
selten,  während  Zostera  marina  in  den  Lagunen  massenhaft  blühend  zu  finden 
ist.  —  In  den  deutschen  Meeren  kommt  von  den  genannten  Arten  nur  Zostera 
marina  vor. 


I)  Tafel  XI. 

^)  Nach  Pospichal,  Visiani,  Marchesetti  nur  in  der  Nähe  des  Meeres;  in 
Deutschland  und  bei  uns  Ruderalpflanze. 

^)  Det.  C.  V.  Marchesetti. 

■*)  Im  Küstenlande  nach  Pospichal  ausschließlich,  nach  Marchesetti  vornehm- 
lich Dünenpflanze;  in  Deutschland  und  bei  uns  Sandpflanze  überhaupt. 

')   Tafel  XII. 


76 


Triest— Pola — Zara — Sebenico. 


Die  Seefahrt  an  der  flachen  Westküste  Istriens  ist  —  bis  auf  einzelne 
hübsche  Städtebilder  —  wenig  anziehend,  die  Fahrt  mit  der  Eisenbahn  dagegen 
landschaftlich  und  geologisch  sehr  interessant.  Die  Eisenbahn  zieht  vom  Triester 
Staatsbahnhofe  nach  Osten  und  erreicht  bald  —  immer  im  Gebiete  der  eozänen 
Gesteine  —  die  Hochfläche  des  Tschitschenbodens,  ^)  der  drei  durch  die 
Stationen  Herpelje-Kozina,  Podgorje,  2)  Rakitovic  bezeichnete  Stufen  besitzt, 
die  durch  Steilhänge  voneinander  getrennt  sind.  Die  Hochfläche  besteht  aus 
Rudistenkalk  und  ist  in  jeder  Hinsicht  typischer  Karst.  Die  Bahn  hält  sich  je- 
doch durchaus  im  Bereiche  des  hier  sehr  breiten  Streifens  von  Nummuliten- 
kalk  (Farbe  etwas  grauer  als  die  des  Rudistenkalkes),  der  das  Grenzgebiet 
zwischen  dem  eigentlichen  Tschitschenboden  und  der  inneristrischen  Flysch- 
mulde  bildet.  Links  die  sehr  auffallenden,  auf  Hügeln  liegenden  Orte  Pinguente 
und  Rozzo.  Die  ISahn  fährt  direkt  gegen  den  Monte  Maggiore  zu,  der  als  flache, 
dunkle  Kuppe  sich  repräsentiert  und  (von  dieser  Richtung)  am  besten  von 
Lupoglava  aus  bestiegen  werden  kann.  Ein  Stück  hinter  Lupoglava  beginnt 
die  eigentliche  Flyschlandschaft  (das  «gelbe  Istrien»);  die  Bahn  betritt  das  Tal 
der  «Foiba»,'')  die  bei  Pisino  (Mitterburg),  wo  der  Rudistenkalk  wieder  zutage 
tritt,  in  einer  steilwandigen  Schlucht  verschwindet.  Hier  beginnt  das  «rote 
Istrien»  (vgl.  S.  12);  von  hier  nach  Süden  zu  ist  der  Rudistenkalk  das  einzige 
Gestein.  Das  Land  wird  immer  niedriger,  ist  meist  flachhügelig,  dolinenreich, 
teilweise  mit  ganz  hübschen  Eichen-Wäldern  und  -Hainen  oder  mit  Ol-  und 
Weinpflanzungen  bedeckt.  In  der  Gegend  von  Confanaro  liegt  für  viele  medi- 
terrane Pflanzen  die  Nordgrenze;  als  nördliche  Grenze  der  entschieden  medi- 
terranen Südspitze  wird  gewöhnlich  der  45.  Parallelkreis  (ein  Stück  vor  Dignano) 
angenommen.  In  der  Umgebung  von  Pola  und  auf  den  nördlich  davon  der 
Küste  vorgelagerten  Brionischen  Inseln  ist  die  mediterrane  Flora  prachtvoll 
entwickelt,  nur  ist  die  freie  Beweglichkeit  des  Botanikers  durch  die  vielen 
Wegverbote  (wegen  der  Fortifikationen)  stellenweise  etwas  eingeschränkt. 

Bald  nach  dem  Verlassen  des  Hafens  von  Pola  erreicht  man  die  Süd- 
spitze Istriens,  vor  der  auf  dem  Scoglio  Porer  ein  großer  Leuchtturm  steht. 
Nun  quert  man  den  —  meist  stärker  als  die  benachbarten  Meeresteile  bewegten 
—  Meeresarm  zwischen  Istrien  und  der  verkarsteten  Insel  Cherso  (den  «Quar- 
nero»).  Der  588  )h  hohe  Monte  Ossero  (auf  Lussin)  tritt  im  Landschafts- 
bilde auffallend  hervor.   Die  meisten  Schiffe  fahren  zwischen  Lussin  (schöne 


')  Auch  das  «weiße  Istrien;»  genannt.  —  Die  dieses  Gebiet  bewohnenden  «Tschi- 
tschen» sind  rumänischer  Abstammung,  jetzt  aber  größtenteils  slavisiert.  Die  in  ganz 
Österreich  bekannten  Essighausierer  sind   Tschitschen. 

^)  Links  der  Slavnik  (1029  )?j). 

^)  Eigentlich  kein  Eigenname,  sondern  ein  Gattungsname  für  im  Boden  verschwin- 
dende Wasserläufe. 


77 


Mediterranflcjra,  nürdlichstes  Vorkommen  von  Phoenix  dactylifera)  und  der 
schief  abgedachten,  fast  nur  aus  Sand  bestehenden  Insel  vSansego  (mit  Leucht- 
turm) durch  und  hiufen  Lussinpiccolo  an.  Bald  darauf  (beim  Leuchtturm 
Gruizza)  wird  die  Grenze  zwischen  den  istrianischen  und  den  dalma- 
tinischen Gewässern  überschritten.  Der  Dampfer  schwenkt  nun  in  den 
«Canale  di  Zara»  ein;  links  die  niedrigen,  wüsten  Höhenzüge  der  Insel  Pago 
und  des  davon  nicht  zu  unterscheidenden  norddalmatinischen  Hügellandes;  da- 
hinter die  zackige  Mauer  des  Velebit.  Zara,  die  Hauptstadt  Dalmatiens, 
liegt  gegenüber  der  Insel  Ugljan  auf  einer  flachen  Landzunge,  die  durch  den 
«alten  Hafen»  vom  Festlande  getrennt  ist.  An  der  Kestlandseite  liegt  die 
Insektenpulvermühle  der  F'irma  Eugenio  Godnig,  sowie  mehrere  Maraschino- 
fabriken (K.  Drioli,  G.  Luxardo,  R.  Vlahov).  Prunus  Marasca  (vgl.  S.  42  und 
43)  wird  bei  Zara  viel  kultiviert  (so  im  Garten  der  Fabrik  Vlahov  und  in  dem- 
jenigen des  bischöflichen  Seminars,)'^)  und  zwar  überall  a.u.{  Prunus  Mahalcb 
gepfropft.  Botanisch  ist  die  nähere  Umgebung  von  Zara  nach  meinen  Erfah- 
rungen nicht  sonderlich  interessant  und  lohnt  kaum  ein  längeres  Verweilen. 

Durch  die  norddalmatinischen  Gewässer  mit  ihren  meist  niederen,  ein- 
tönigen Inseln  —  von  denen  nur  die  den  Horizont  nach  Westen  abschließende 
Insel  Grossa  genannt  sei  —  mit  ihren  zahllosen  vScoglien,  von  denen  einige 
mit  Leuchttürmen  oder  Semaphorstationen  besetzt  sind,  mit  ihrer  flachen,  reiz- 
losen Festlandsküste,  gelangt  der  Dampfer  nach  Sebenico,  dessen  tief  einge- 
schnittener Hafen  durch  einen  engen,  steüwandigen  Kanal  mit  dem  offenen 
Meere  in  Verbindung  steht. 

In  der  Nähe  des  über  der  Stadt  gelegenen  katholischen  Friedhofs  (durch 
die  Anlage  beim  Hafen,  dann  links)  konnte  ich  am  28.  Mai  1904  auf  wüsten  Plätzen 
und  an  den  Felsen  einige  mediterrane  Ruderalpflanzen  (mit  f  bezeichnet)  nebst 
Pflanzen  der  Felsenheide  beobachten: 


Alyssum  sinuatum 
fCirsium  Acarna 
Delphin  in  m   Staph  isai:!;ria 
\Ecballii<m  Elaterium 
fEchium  pustulatum 
•ffjyoscvamus  albus 
Inula  Candida 


Lagurus  ovatus 

■\Marrubium  candidissimum 

Pallenis  spinosa 

Satureia  (Micvomeria)  luVuvia 

fScrophularia  canina 

■\Tordylium  apulnm 

f  Urtica  piliilifera 


Ausflug  zu  den   Kerka fällen.-) 

Die  Exkursion  wird  gewöhnlich  zu  Wagen  gemacht;  man  kann  bis  zu  den 
Fällen  fahren.  Der  Dampfer  nach  Scardona  macht  einen  großen  Umweg; 
Fahrt  per  Barke  interessant.   Für  die  folgende  Beschreibung  ist  angenommen: 


')  Hier    fand  ich    am  27.  Mai  1904  unter  anderen:    Trifolium  cinctum,    Orobanche 
crenata  (dat.  E.  Janchen). 
2)   Tafel  XIX. 


78 

Dampfer  bis  Scardona,  dann  zu  Fuß  (zirka  i  Stunde)  zu  den  Fällen,  Überfahrt 
unterhalb  der  Pralle,  zu  Fuß  nach  vSebenico  (zirka  4  Stunden  ;  schattenlos,  zur 
heißesten  Zeit  nicht  zu  empfehlen). 

Die  Kerka  entspringt  bei  Knin,  fließt  durchaus  in  einem  tief  in  die  Hoch- 
fläche eingeschnittenen,  mehr  oder  minder  steilwandigen  Bett,  hat  mehrfach 
seeartige  Erweiterungen  und  bildet  mehrmals  Stromschnellen,  deren  unterste 
die  bekannten  «Kerkafälle»  sind.  Knapp  oberhalb  derselben  mündet  die  hier 
gleich  der  Kerka  seeartig  erweiterte,  von  Osten  kommende  Cikola  ein.  Unter- 
halb Scardona  ist  das  Wasser  schon  brackisch,  und  die  mächtige  Ausweitung 
des  Kerkabettes,  der  See  «Prokljan»  (Ausblick  nach  Nordost  auf  den  1148  }ti 
hohen  Promina)  hat  kein  Gefälle  mehr  und  wird  schon  von  Ebbe  und  Flut  be- 
einflußt. Der  Fluß  geht  ohne  merkliche  Grenze  in  den  Fjord  über,  an  dem 
auch  Sebenico  liegt  und  dessen  Endabschnitt  schon  oben  erwähnt  wurde. 

Das  landschaftlich  Reizvollste  an  den  Kerkafällen  ist  der  Gegensatz  zwi- 
schen den  vollkommen  verödeten  Hängen  des  Tales  und  der  geradezu  üppigen 
Vegetation  in  unmittelbarer  Nähe  der  Fälle  und   auf  den  Felsmassen,    welche 
die  einzelnen  Arme  der  Kaskaden  voneinander  trennen.   Hier  gedeihen: 
Celtis  aiistralis  \  Popuhis  pyramidalis 

Juglans  regia  Salix  alba 

Monis  alba  \  —  purpurea 

Von  krautigen  Pflanzen  seien  erwähnt: 

Asplcnium   Trichomanes  Eupatorium  cannabinum 

Adiantum   Capillus    Veneris  Po^  aH?n<<3 ')  (mitten  im  Wassersturz) 

Ära  bis  sag  it  lata 
Moose:  2) 

Hypnum  commutatum  \  Marchantia  paleacea 

Der  Weg  von  Scardona  zu  den  Fällen  führt  meist  an  stark  verwüsteten 
Berglehnen  vorbei,  an  denen  ich  am  28.  Mai  1904  folgende  Pflanzen  beobachtete:^) 


Centaurea   Calcitrapa 
Cephalaria  leucantha 
Cütoneaster  Pyracantha 
Crucianella  latifolia 
Dactylis  hispanica 
■fEchium  altissimum 
Imila  Candida  (sehr  häufig) 
Koeleria  phleoides 

Prächtige  Feigenbäume,  Ailanthus  glandulosa  in  Menge  verwildert;  Tama- 
rix  africana  bildet  bei  Scardona  ein  Wäldchen.  Der  Fluß  ist  stellenweise  fast 
erfüllt  von  Massen  von  Schilf  und  Binsen.   Hier  fand  ich: 


Reicliardia  picroides 

Satiireja  Itdiana 

Sedum  glaucum  (r=hispanicum) 

Stachys  italica 

Tragopogon  crocifolius 

Trifolium  campestre 

^Verbasciiyn  siniiatum 


^)  Det.  H.  Freih.  v.  Handel-Mazzetti. 

2)  Det.  V.  Schiffner. 

^)  Meist   typische    Bestandteile    der    «dalmatinischen    Felsenheide» ;    f  =  Ruderal- 
pflanzen. 


79 


Cladiiim  Mariscus  I  Raniinciilus  Sardoits 

Jiincus  obtusiflorus  |  Schoenoplectiis  lacustris 

Der  Rückweg  nach  Sel^enico  führt  fast  durchaus  über  stark  verkarstetes 
Terrain. 

Sebenico — Spalato. 

Die  Seefahrt  ist  ziemlich  uninteressant,  die  Eisenbahnfahrt,  die  einen 
guten  EinbUck  in  die  landschaftlichen  Eigentümlichkeiten  Innerdalmatiens  ge- 
währt, ist  jedenfalls  vorzuziehen.  Von  Sebenico  benützt  die  Bahn  eine  nach 
Ostsüdost  ziehende  mit  Wein,  Ol-,  Feigen-  und  Mandelbäumen  gut  angebaute 
Niederung  (Tertiär)  und  erreicht  erst  kurz  vor  Perkovic-Slivno  den  Ru- 
distenkalk.  In  der  Umgebung  dieser  Station  zahlreiche  Eichen  Wäldchen,  ^) 
die,  von  Mauern  umgeben  und  vom  Weidevieh  verschont,  ein  gutes  Bild  der 
ursprünglichen  Bewaldungsverhältnisse  dieser  Gegend  geben.  Ein  solches 
Wäldchen  liegt  dicht  an  der  Bahn,  v'Or  der  Gabelung  in  die  beiden  Linien 
(nach  Sebenico  und  nach  Spalato),  und  zwar  an  der  rechten  (nordwestlichen) 
Seite  des  Bahnkörpers^)  (gegen  Sebenico). 

Der  tonangebende  Baum  ist  Qiiercus  lanuginosa,  von  der  einzelne  Exem- 
plare so  stark  sind,  daß  man  den  Stamm  nur  mit  Mühe  umspannen  kann.^) 

Ferner  wurden  am  2g.  Mai  1904  in  diesem  Wäldchen  von  mir  konstatiert:"*) 

Bäume  und  höhere  Sträucher: 


lAcer  monspessulanum 
!  Carpinus   diiinensis 
!  Cohitea  arborescens 
Crataegus   monogyna 
l  Fraxiniis  Orniis 
IPaliiirus  australis 
*Pirus  amygdalifovmis 

Anthoxanthum  odoratum 
Anthyllis  adriatica 
Astragalus  glrcyphrlliis 


*Pistacia    Terebinthus 

\  Prunus  Malialeb 

Rhamnus  intermedia 

Rosa  canina 

Rubiis  tomentosus  var.  meridionalis^) 

Ulmus  glabra'') 


Nieder  wuchs: 

Astragalus  Muelleri 
Bellis  silvestris 
Bromus  erectus 


1)  Tafel  V  und  VI. 

2)  Daselbst  im  Schotter  des  Bahndammes  Andrachne  telephioides. 

^)  Am  Grunde  der  Stämme  Hoinalothecium  sericeum  (det.  V.  Schiffner);  an  der 
Rinde  Pertusaria  globulifera,   Phrscia  venusta  (det.  J.  Steiner). 

*)  Die  Bestimmungen  dieser  Pflanzen,  sowie  derjenigen  des  folgenden  Verzeich- 
nisses besorgte  Herr  stud.  phil.  E.  Janchen.  —  Die  mit  *  bezeichneten  Pflanzen  sind 
mediterran,  die  mit  !  bezeichneten  Karstpflanzen;  unter  den  übrigen  sind  mehrere  auch 
in  Mitteleuropa  verbreitet. 

^)  Det.  E.  V.  Haläcsy. 

*)  Nach  der  von  Fritsch  («Exkursionsflora»)  akzeptierten  Nomenklatur.  —  Nach 
Pospichal  (Flora  des  Küstenlandes  I,  847)  gehört  diese  strauchige  Ulme  mit  Kork- 
leisten an  den  Zweigen  zu  einer  eigenen  Art  (Ulmus  tctrandra). 


8o 


'^Campanula  Rapiinculits 
Ccntaurea  vaviegata 
*Chaerophrllum  coloratum 
*Chrysopogon  Grvllus^ 
'^Convohnilus  cantabriciis 
*CofO)2illa  scorpioidcs 
Crepis  adenantlia 
!     —     vesicaria 
*C)-)iosiirus  ccbinatus 
Dactylis  hispanica 
!  Dianthus  sangitineits^) 
Dictamnus  albus 
*Dorycniitm  lürsiitiim 
'^Eryngium  amethystiniim 
Erythraea  Centaurium 
^Euphorbia  spinosa 
Filipendula   hexapetala 
Galiiim  asperum 
Geraniiim  sanguineiim 
Helianthemum  obsciinim 
Hievacium  Baithini 
Hippocrepis  comosa 
Inula  spiraeifolia 
Isatis  tinctoria 


Koeleria  gracilis 

Lithospermum  piiypurco-cocntlcum 

Lotus  corniculatiis 

Myosotis  hispida 

'*Nigella  damascena 

*Onosma  echioides 

Orlaya  grandißora 

Peiicedanum  crassijulium  ~) 

Phleutn  plialaroides 

* —     subulatiim 

Poa  attica 

!  Polygala  nicaeensis 

*Pterotheca  bifida 

Ranmicidus  ncapoUtanits 

Salvia  Bertolonii 

!  Scor^onera  villosa 

Silene  venosa 

*Stachj's  italica 

Thesium  divaricatiim 

Trifolium   campestre 

*—     supinum 

Tunica  Saxifraga 

Vicia  varia 


^Clematis  Flamniula, 


Kletter  jjflanzen: 

'■''■Tauius  comininiis. 


Südlich  von  der  Station  Perkovic-Slivno  steigen  die  Abhänge  des  492  ni 
hohen  Berges  Trovra  auf.  Gerade  gegenüber  dem  oben  erwähnten  Eichen- 
wäldchen befindet  sich  eine  Aufforstung  von  Pinits  nigra  und  halepensis,  die 
durch  eine  den  Berg  gerade  hinaufziehende  Mauer  von  einem  Terrain  getrennt 
ist,  das  zwar  stark  verkarstet  ist,  aber  immerhin  noch  soviel  Baumreste  trägt, 
daß  das  ehemalige  Bestehen  eines  «Karstwaldes»  an  dieser  Stelle  unschwer 
gefolgert  werden  kann. 

In  der  Aufforstung  fanden  sich  außer  typischen  Vertretern  der  Karst- 
flora ^)  auch  mehreie  mediterrane  Gewächse,'*)  was  wegen  der  ziemlich  geringen 
Seehühe  des  Punktes  (zirka  200  m)  nicht  verwunderlich  ist,  wenn  man  bedenkt, 
wie  günstig  verkarstetes  Terrain  für  die  wärmeliebenden  Gewächse  der  Fel- 
senheide ist. 


'^•Brachypodium  distachvuyn 
Butiium  divaricatiim 
!  Carpinus  duincnsis 


*Ceterach  officinarum 
*Chaerophyllum  coloratum 
*ClirysopogO)i   Grj'llus 


')  Det.  F.  Vier  ha  p  per. 
^)  Det.  E.  V.  Haläcsy. 
^)  Mit  !  bezeichnet. 
'')  Mit  *   bezeichnet. 


Cotoneaster  J'\-racantlia 

!  Euphorbia  i'pilln-)iioiJcs 

* —     spiitosa 

Filipen ditla  hcxapctala 

!  Fra.xinus   Ormis 

*(ienista  dalmatica  (häufii;) 

*Heliclir\'sut)i   italiciDii    (IkuiII^) 

Hieracium  Baiihini 

Hippocrepis   comosa 

*Inula  Candida 

Koeleria  gracilis 

Lathyrus  megalantlnis 

Mcdicago  prostrata 

Ornithogalum  pt -ra m idale 

!  Ostrra  carpinifolia 

\Paliiinis  australis 


'■^■Plilcinii  cchinatuin 

opinis  a mrgdalifüi^m is 

'■"•Pistacia   Terebinthus 

!  Prunus  Mahaleb 

!  Quercus  pubcscens 

Reseda  lutea 

Rhamnus  saxatilis 

Rubus  ulmifolius  var.   dalinaticus^) 

Rubus   ulmifolius  X  tuiiicntosus  (= 

baldensis) ') 
\Satureja  montana 
Scleropoa  rigida 
!  Scor:{onera  villosa 
Seduni  glaucum 
Stipa  pennata 


Auf  dem  verkarsteten  Terrain  neben  der  Auffürstuny  fanden  sich  —  wie 
ervvälint  —  typische  Vertreter  der  Karstwaldflora,  wie  Qiiercus  lanuginosa,  Car- 
pimis  diiinensis,  Acer  juonspessulanum  neben  Pflanzen,  die  sich  sicherlich  erst 
nach  der  Verkarstung  angesiedelt  hatten,  wie  Carduus  nutans,  Helichrysum 
italicnm. 

Hinter  Perkovic-Sli  vno  umfährt  die  Bahn  zunächst  die  teils  mit  Eichen- 
waldresten und  Kiefernaufforstungen  bedeckten,  teils  total  verkarsteten  West- 
und  Südhänge  der  Trovra  und  gelangt  dann  wieder  an  den  Rand  der  von 
Sebenico  nach  Ostsüdost  ziehenden  eozänen  Niederung  (hier  Nummulitenkalk); 
ein  Stück  vor  und  hinter  Labin  durchzieht  sie  wieder  Kreidekalkgebiet  und 
tritt  dann  in  die  eozäne  Landschaft  ein,  die  sich  unter  den  nach  Süden  gerich- 
teten Abstürzen  des  Plateaugebirges  Koziak  (780  ;h)  ausbreitet,  die  «Sette 
Castelli»;-)  das  Fiyschterrain,  von  zahlreichen  Rinnsalen  («torrenti»)  durch- 
zogen, ist  von  Weinbergen  bedeckt,  über  denen  sich  bis  an  den  Fuß  der  Wände 
zum  Teile  noch  recht  ausgedehnte  Macchien  erstrecken. 

Eine  große,  schon  von  ferne  als  dunkler  Fleck  sichtbare  Macchie  liegt 
oberhalb  Sucurac.  Um  sie  zu  besuchen,  schlägt  man  den  etwas  links 
(westlich)  von  der  Haltestelle  Sucurac  gerade  hinauf  führenden  Weg  ein,  der 
über  Fiyschterrain,  mehrfach  vonNummulitenkalk-Einlagerungen  unterbrochen, 
durch  Weinberge  bis  zur  Kapelle  Sveta  Gospoja  (121  m)  führt;  gleich  ober- 
halb derselben  beginnt  rechts  die  stark  zerstückelte  und  niedrige  Macchie. 
Auffallend  ist  die  Häufigkeit  von  Spartium  junceuui,  sonst  ist  das  Vorkommen 
von  Qiiercus  lanu<^inosa,  Erica  verticillata,  Cistus  salvifolius  und  villosus,  Rosa 
sempervirens,  Pirus  amygdalifunnis  sowie  von  Arceuthobium  Oxycedri  (auf 
Juniperus  oxycedrus)  bemerkenswert.   Bei  350 — 400  m   beginnt  schon   die  Ein- 


1)  Det.  E.  V.  Haläcsy. 

2)  Die  «Castelli»  sind  7  Dörfer. 

Exkursion  in  die  illyrischcii  Länder. 


82 

menjjung  von  Karstptlanzen:  Fra.vimis  Oi-inis.'^)  Coti)ius  Coggygria,  Paliuriis 
australis;  Qiierciis  laniiginosa  und  Pistacia  Terebinthiis^)  werden  häufiger;  noch 
weiter  oben,  am  Fuße  der  Wände  finden  sich  (nach  F,  Kern  er)  außerdem: 
Ostrya  carpinifoUa,  PrunuL  Mahaleb,  RJiavinus  rupestris,  Colutea  arborescens, 
Coronilla  emeroides.  In  den  Wänden  kommt  die  voralpine  Felsenpflanze  Moltkia 
petraea  •')  an  einem  ihrer  nördlichsten  Standorte  vor. 

Auf  offenen  Plätzen  in  der  Macchie  fand  ich  am  i.  Juni  1904: 
Alyssum  urgent eiim 


Campaniila  divergens 
Cerastiiim  glutinosum  "*) 


Dianthits  tcrgestinus^) 
Iberis  umbellata 
Linaria  repens 


Hinter  Sucurac  umfährt  die  Bahn  die  Bucht  von  Salona,  in  welche  der 
zirka  4  km  von  seiner  Mündung"  entspringende  Karstfluß  Jadro  sich  ergießt,  und 
erreicht  die  Stadt  Spalato,  die  am  Südrande  einer  aus  Flysch  bestehenden, 
vornehmlich  mit  Weinkulturen  bedeckten  Halbinsel  am  P'uße  des  aus  Nummu- 
litenkalk  aufgebauten  Monte  Marian  (178  m)  sich  ausbreitet.  Im  Nordwesten 
und  Norden  der  Stadt  zieht  sich  die  lange  Mauer  des  Koziak  hin,  im  Nordosten 
erhebt  sich  die  Bergmasse  des  Monte  Mossor.  Nach  Süden  zu  hat  man  die 
Aussicht  auf  zwei  von  den  mitteldalmatinischen  Inseln :  rechts  Solta,  links 
Brazza. 

Spalato. 

In  Spalato  besteht  eine  staatliche  «landwirtschaftliche  Lehr-  und 
Versuchsanstalt»  (früher  «landwirtschaftlich-chemische  Versuchsstation»), 
die  vor  kurzem  in  ein  neues  Gebäude  (unweit  des  bischöflichen  Seminars) 
übergesiedelt  ist.  Leiter  derzeit  Herr  J.  Slaus-Kantschieder.  Diese  Anstalt 
besitzt  auch  eine  Versuchswirtschaft  in  Glavica  bei  Knin  und  entfaltet  eine  sehr 
segensreiche  Tätigkeit  durch  Nahrungs-  und  GenußmittelkontroUe,  Studien 
über  Vertilgung  der  landwirtschaftlichen  Schädlinge,  Bestrebungen,  neue  Kul- 
turpflanzen einzuführen   oder  schon  kultivierte  rationeller  zu  behandeln  u.  dgl. 

An  Mauern  an  der  Peripherie  der  Stadt  fand  ich  am  3o.  Mai  1904: 


Agave  americana 
Alyssum  sinuatum 
Antirrhinnm  maiiis 
Bvachypodittm  ramosti  m 
Capparis  rupestris 
Centrantlius  ruber 


Cotyledon  hori^ontalis 
Dactylis  glomerata 
Inida  Candida 
Malva  silvestris 
Parietaria   diffusa 
Tunica  saxifraga 


^)  Tritt  —  von  unten  gerechnet  —  als  erste  auf. 

^)  Dieser  Strauch  tindet  sich    auch  in  den  sonst   fast  aller  Macchienstriiucher  ent- 
behrenden  «Übergangsgebieten»,  z.  B.  in  der   «liburnischen  Region». 
^)  Tafel  XIV. 
'')  Det.  F.  Vierhapper. 


83 


E  X  k  u  r  s  i  o  n  c  n 


I.  Auf  den  Monte  Mari  an.  Man  sclilaj^e  einen  der  Wege  ein,  die  an 
der  Südseite  des  Hügels  (also  unter  dem  Kamine)  liintühren,  gehe  bis  zu  der 
am  Fuße  steiler  Wände  einsam  gelegenen  Kapelle  (die  zweite!)  S.  Girolamo, 
dann  ein  Stück  auf  demselben  Wege  zurück  und  suche  nun,  indem  man  sich 
links  hält,  den  auf  dem  Kamme  hinziehenden  Hau[)tweg  zu  erreichen;  dieser 
führt  durch  Aufforstungen  von  Pinus  halepensis,  Pinea  und  Pinaster  {=  maritima). 
Der  Monte  Marian  hat  eine  sehr  reiche,  typisch  mediterrane  Flora.  Bei  einer 
Exkursion  am  3i.  Mai  1904  fand  ich  hier: 


Agave  amcricana 
Ah'ssiivi  argentcum 
Anacvclits  clavatus 
Anchusa  italica 
Andropogon  pubcscens 
Antivrliiniim  malus 
Avena  sterilis 
Bonaveria  Secitridaca 
Carduus  pycnocephalus 
Cephalaria  leitcantha^) 
Cirsium  Acarna 
Convolvnlus  cantabricus 
Covonilla   cmeroidcs 

—  glauca^) 
Delph in iu m   Consolida 
Ecltiu m  altissiinu m 
Epliedra  campvlopoda 

—  nebrodeiisis 
Erica  verticillata 
Eryngium  campcstre 

—  creticum 

Eicus  Carica  (kultiviert) 
Fumana  glutinosa 
Helichrysum  italicum 
Heliotropium  europaeum 
Hypericum  veroncnse 
Inula  Candida 

—  viscosa 


Lactuca   viminea 
Linuni  spicatum 

—  tcnuifolium 
Melica  ciliata 
Odontospermutn  aquaticuin 

(=  Asteriscus  aquaticus) 
Onopordon  illyricum 
Onosma  ecliioidcs 
Orlaya  grandißora 
Osvris  alba 

Palhirus  australls  (in   Blüte) 
Phagnalon  rupcstre 
Fi  Stada  Lcntlscus 

—  Tcreblnthus 
Psoralea   bltumlnosa 
Pnnlca   Granatum  (in  Blüte) 
Rliamnus  rupcstris 

Salvla  Horminum 

—  officinalis 

—  Sclarea 
Scablosa   Columbaria 
Scrophularla  canlna 
Sedum  ochroleuciim 
Smllax  aspera 
Spartlum  junccum 
Teucrium  Polium 
Tyrimnus  leucograplius 


Bei  S.  Girolamo  fand  ich: 

Brl:^a   maxlma 
Centaurea   raguslna-) 
Chrysanthemum  einer ariaejoinitn 


')  Det.  E.  Janchen. 
=)   Tafel  XIV. 


Opuntia  vulgaris  var.  nana 
Prasium   malus 


6* 


84 


2.  Nach  den  Ruinen  von  Saluna.  Mit  diesem  Austliig,  der  vornehmlich 
historisch  interessant  ist,  kann  man  einen  Abstecher  auf  die  Wiesen  am  Jadro 
verbinden.   Dort  fand  ich  am  i.  Juni  1904:^^) 


Agropynim  repens-) 
Alopecunis  iitriculatus 
Callitriche  venia  (im  Wasser) 
Cardamine  Nasturtiiim  (im  Wasser) 
Carex  divisa 
Cyperus  longiis 
Galiiim  constrictum-) 
Heleocharis  palustris 
Helosciadiiim  nodijlonim 
Horden})!  bulbosum 
—     secalinum 


Oenanthe  fistitlosa 

—  silaifolia 
Poa  attica-) 
Rannncidus  accr 

—  paucistamiiieiis  (im  Wasser) 

—  Sardoiis 
Riimex  crispiis 
Salix  alba 

—     purp  Urea 

Trifolium  patens  (massenhaft) 


3.  Nach  Sinj  ([jer  Bahn).  LandschaftHch  hochinteressante  Eisenbahn- 
fahrt. Die  Bahn  erklimmt  in  großen  Windungen,  hoch  über  der  Quelle  des 
Jadro  sich  hinziehend,  den  durch  die  ehemalige  Bergfestung  Clissa  geschützten 
Sattel  zwischen  den  Ausläufern  des  Koziak  (im  Westen)  und  dem  furchtbar 
wüsten  Gebirgsstock  des  Monte  Mossor  im  Osten.  Dann  quert  sie  zwei  Poljen 
(im  ersten  prächtige  Eichen)  und  gelangt  in  das  große,  von  der  Cetina  durch- 
flossene  Sinjsko  polje,  in  dessen  Nordwestwinkel  die  Stadt  Sinj  liegt. 
Daselbst  befindet  sich  ein  staatliches  Tabak-Einlösungsamt;  in  der  Umgebung 
viel  Tabakbau. 

Spalato — Ragusa. 

Die  mittel-  und  süddalmatinischen  Inseln  sind  größtenteils  land- 
schaftlich sehr  schön  und,  obwohl  botanisch  naturgemäß  etwas  ärmer  als  das 
benachbarte  Festland,  doch  zum  Teile  durch  einzelne  Endemismen  ausge- 
zeichnet und  jedenfalls  wegen  der  besseren  Unterkunft  und  Verpflegung  viel 
angenehmer  zu  bereisen  als  das  Festland  in  größerer  Entfernung  von  den 
Städten.  Nur  ist  infolge  der  komplizierten  Dampferverbindungen  das  Reisen  in 
diesem  Gebiete  sehr  zeitraubend,  und  die  Zusammenstellung  des  Programmes 
für  eine  Route  kostet  oft  ein  wahres  Studium.  Die  im  folgenden  beschriebene 
Fahrt  könnte  daher  in  2 — 3  Tagen  nur  mit  einem  Separatdampfer  gemacht 
werden;  bei  Benützung  der  fahrplanmäßigen  Dampfer  dauert  sie  viel  länger. 

Von  Spalato  südwärts  durch  den  Kanal  zwischen  Solta  (rechts)  und 
Brazza-')  (links).   Vor  uns  Lesina,  die  botanisch  weitaus  am  besten  bekannte 


^)  Auf  felsigen  Hängen  unweit  der  gegen  den  Jadro-Ursprung  gelegenen  Mühle 
fand  ich  Callistemma  Sibthorpiatium.  —  Die  Bestimmung  der  Pflanzten  vom  Jadro  be- 
sorgte größtenteils  Herr  stud.  phil.  E.  Janchen. 

2)   Det.  H.  Freih.  v.  Handel-Mazzetti. 

^)  Interessante  Landtour:  Durchquerung  Brazzas  auf  der  Linie:  San  Pietro — Ne- 
resi — Bol;  mediterrane  Schwarzföhrenwälder. 


85 

Insel  Dalmatiens.  Das  Schiff  wendet  sich  gegen  Südwest,  in  der  Richtung  auf 
die  Insel  Lissa.  Rechts  von  Lissa  die  Insel  San  Andrea,  rechts  von  dieser  der 
vScoglio  Pomo  (vulkanisch,  Endemismen).  Um  die  Nordwestspitze  von  Lissa 
umbiegend  sehen  wir  vor  uns  die  Insel  Busi  und  landen  zu  kurzem  Aufenthalt 
in  dem  Fischerstädtchen  Comisa;  hier  sind  botanisch  namentlich  die  pracht- 
vollen Exemplare  von  Ceratonia  siliqua  interessant  (habituell  dem  Ölbaum 
ähnlich,  cauliflor;  Blütezeit:  August,  September).  In  geringer  Entfernung  ober- 
halb des  Ortes  auf  unkultivierten  Plätzen  Bestände  von  Cistus  monspeliensis 
und  Ononis  Natrix.  Von  hier  erreichen  wir  nach  kurzer  Fahrt  Busi,  An  der 
Nordwestküste  derselben  befindet  sich  eine  blaue  Grotte,  die  wegen  des  in- 
folge künstlicher  Erweiterung  1^2  '"  hohen  und  2^/2  m  breiten  Einganges  viel 
bequemer  zugänglich  ist  als  die  berühmte  blaue  Grotte  von  Capri,  und  zwar 
sogar  auch  bei  mäßigem  Wellengang.  Beste  Besuchszeit  zwischen  10  und  11  Uhr 
vormittags.  —  Der  auf  der  einen  Seite  schief  ansteigende,  auf  der  andern  steil 
abstürzende  Felsen  über  der  blauen  Grotte,  schon  von  der  Ferne  als  heller, 
dreieckiger  Fleck  sehr  auffallend,  liegt  größtenteils  in  der  Brandungs-  oder 
mindestens  Spritzzone  und  beherbergt  eine  spärliche,  aber  interessante  Flora. 
Ich  fand  dort  am  20.  Mai  1901: 


Centaurea  ragusina  (am  Absturz) ') 
Jimiperiis  phoenicea'^)  (sehr  ver- 
krüppelt) 


Lagurus  ovatus 
Lotus  cytisoides 
Plantago   Coronopus 


Von  Busi  östlichen  Kurs  haltend,  fährt  das  Schiff  längs  der  ganzen  Nord- 
küste der  großen  Insel  Curzola^)  hin.  Anfangs  sieht  man  links  in  größerer 
Entfernung  die  Insel  Lesina  in  ihrer  ganzen  Länge,  dann  fährt  man  in  den 
engen  Meeresarm  zwischen  Curzola  (rechts)  und  der  Halbinsel  Sabbioncello 
ein;  rechts  die  Stadt  Curzola,  schief  gegenüber  davon  (auf  Sabbioncello), 
vom  Monte  Vipera  (961  vi)  überragt,  das  Hafenstädtchen  Orebici,  wo  wir  zu 
2 — 3 stündigem  Aufenthalt*)  anlegen.  Nach  Beck  (Illyrien,  S.  i3i,  i32,  184, 
ferner  briefliche  Mitteilung)  ist  ein  Ausflug  zu  dem  nordwestlich  von  Orebic  in 


I)  Tafel  XIV. 

^)  Derjenige  unter  den  Macchiensträuchern,  der  sich  (nebst  Pisfacia  Lentiscux)  am 
weitesten  gegen   das  Meer  vorwagt. 

^)  Eine  zoologische  Merkwürdigkeit  von  Curzola  ist  das  Vorkommen  des  Schakals 
auf  dieser  Insel.  Häufiger  ist  er  jedoch  auf  Sabbioncello ;  auch  für  sein  ehemaliges  Vor- 
kommen auf  Meleda  existieren  Beweise.  In  den  übrigen  illyrischen  Ländern  fehlt  er, 
findet  sich  dagegen  in  allen  Küstengegenden  der  europäischen  Türkei  und  in  vielen 
Teilen  Griechenlands.  Von  dem  indischen  (Canis  aureus)  ist  der  dalmatinische  Schakal 
bestimmt  verschieden.  (Nach  Mitteilungen  von  Kustos  Dr.  L.  Lorenz  v.  Liburnau, 
naturhistorisches  Hofmuseum,  und  nach  O.  Reiser,  Vorkommen  des  Schakals  auf  der 
Balkanhalbinsel,  in  A.  Hugos  Jagdzeitung,  48.  Jahrgang,  Nr.  7. 

*)  Für  solche,  die  sich  auf  Sabbioncello  längere  Zeit  aufhalten,  ist  (nach  Beck) 
die  Durchquerung  der  Halbinsel  (Orebic — Trappano)  sehr  zu  empfehlen  (3 — 4  Stunden). 
—  Auf  dem  Monte  Vipera  mediterraner  Schwarzfdhrenwald. 


86 

178  }n  Seehöhe  gelegenen  Kloster  Carmine  sehr  lohnend  (zirka  ^J^  Stunde). 
An  den  Bachbetten,  ferner  an  den  Felsen  des  Monte  Vipera  bildet  der  Oleander 
(Neriinn  Oleander)  fast  reine  oder  gemischte  Bestände.  Beim  Kloster  Carmine 
prachtvolle  Zypressen  (Cypressiis  sempervirens,  und  zwar  die  F'orm  «hon- 
:^ontalis-»  und  die  F'orm  ^pyramidalis-»).  Oberhalb  der  Kirche  ein  Wald  von 
K  e  r  m  e  s  e  i  c  h  e  n  (Qiierciis  coccifera) . 

Meleda. 

Von  Orebic  fahren  wir  nach  Südosten  gerade  auf  die  Insel  Meleda 
los.  —  Meleda  ist  wegen  seiner  landschaftlichen  Schönheit  für  jeden  Touristen, 
wegen  seiner  teilweise  noch  im  Urzustände  befindlichen  Strandföhren wälder 
und  Macchien^)  auch  für  den  Botaniker  sehr  besuchenswert;  derlei  noch 
wenig  berührte  Gehölze  finden  sich  jedoch  nur  im  nordwestlichen  Teile  der 
Insel,  da  nur  dieser  Staatseigentum  ist;  der  übrige  Teil  Meledas  ist  stark  ab- 
geholzt, wenn  auch  nicht  so  verwüstet  wie  die  meisten  anderen  Inseln  und  das 
Festland  Dalmatiens. 

Die  Postdampfer  legen  zweimal  wöchentlich  in  dem  ungefähr  in  der 
Mitte  der  Nordküste  gelegenen  Hafen  Porto  Sovra  (oder  Porto  Mezzo)  an;  von 
dort  geht  man  noch  zirka  x^j^  Stunden  bis  zu  dem  Hauptorte  der  Insel,  Babino- 
polje,  und  noch  zirka  5  Stunden  bis  zu  dem  staatlichen  Forstamt  (ehemals 
Kloster  «Santa  Maria  del  lago»).  Mit  Separatdampfer  landet  man  entweder 
in  dem  am  Nordwestende  der  Insel  gelegenen  Porto  Palazzo  oder  weiter 
östlich  in  der  Bucht  Tatinica,  an  der  ein  Forsthaus  liegt. 

Für  diejenigen,  die  nur  einige  Stunden  auf  Meleda  bleiben,  empfiehlt  es 
sich,  im  Porto  Palazzo  zu  landen  und  den  in  südwestlicher  Richtung  ver- 
laufenden Weg  einzuschlagen,  der  zu  dem  Hause  «PristaniStje»  führt.  Dieses 
liegt  am  Nordufer  des  «Lago  grande»,  der,  vielfach  gebuchtet  und  gelappt, 
im  Nordwesten  durch  eine  schmale  überbrückte  Einschnürung  mit  dem  «Lago 
piccolo»  zusammenhängt.  Beide  Gewässer  sind  aber  keine  wirklichen 
Seen,  sondern  nur  die  innersten  Teile  einer  tief  ins  Land  einschneidenden 
Meeresbucht,  des  «Porto  Soline».  Beide  enthalten  Meerwasser  und  haben 
marine  Flora  und  F'auna  (große  Holothurien).  Der  Spiegel  der  beiden  Seen 
liegt  aber  etwas  höher  als  der  des  Meeres,  da  die  gleichfalls  überbrückte  Ein- 
schnürung zwischen  dem  Porto  Soline  und  dem  Lago  grande  durch  eine  (künst- 
liche?) Barre  abgesperrt  ist.  —  Von  Pristanigtje  kann  man  sich  zu  dem  auf 
einem  Eiland  im  Lago  grande  liegenden  Forstamt  überfahren  lassen  (durch 
Vermittlung  der  Fischer  im  Porto  Palazzo),  oder  man  geht  (links  oder  rechts) 
um  den  Lago  grande  herum  bis  ans  Südufer  zu  der  Stelle,  wo  die  Klosterinsel 
liegt ;^)  um  überzufahren,  mache  man  sich  durch  Anrufen  bemerkbar.  Spazier- 

I)  Tafel  III— V. 

^)  Von  hier  führt  ein  Weg  in  wenigen  Minuten  auf  den  schmalen  Hügelrücken, 
der   den   Lago   grande  vom  Meere  trennt;   prachtvolle  Aussicht  auf  das  ofl'ene  Meer. 


gänge  an  den  Ufern  des  Lago  grande  und  piccolo  und  der  Besuch  der  Kloster- 
insel genügen  für  den  bequemeren  Touristen  vollkommen;  ein  Abend  auf  dem 
Inselchen  in  dieser  wahrhaft  idyllischen  Landschaft  gehört  zu  den  schönsten 
Genüssen.  Hart  am  Seeufer  prächtige  Bestände  von  Pimis  halepensis  und 
Macchien  in  charakteristischer  Zusammensetzung^)  bei  Abwesenheit  fast  aller 
Karstpflanzen  (nur  Fraxinus  Ormis  spärlich). 

Wer  ungefähr  einen  ganzen  Tag  auf  Meleda  bleiben  will,  besuche  die  am 
Abhang  des  Berges  Grabova  gelegene  Lokalität  «Vela  Dolina»  ;  daselbst  ein 
Niederwald  von  Qiiercus  Hex,  der  etwa  den  landschaftlichen  Eindruck  eines 
Buchen-Jungwaldes  von  20  Jahren  macht:  die  Stämme  sind  aber  zirka  70  Jahre 
alt,  2)  dabei  bis  10  m  hoch  und  stehen  sehr  dicht,  so  daß  wegen  der  Lichtarmut 
(übrigens  auch  wegen  der  den  Boden  dicht  bedeckenden  abgefallenen  Blätter) 
fast  jede  andere  Vegetation  fehlt.  Ein  derartiger  Steineichenwald  ^)  ist  aus 
einer  Macchie  hervorgegangen;  die  zu  höherem  Wüchse  befähigten  Macchien- 
sträucher  (Arbutus  Unedo*)  und  Qiiei'cus  Hex)  überflügeln  bald  die  übrigen 
und  unterdrücken  sie;  schließlich  wird  auch  ersterer  von  letzterer  unterdrückt, 
und  es  bleibt  ein  Steineichenwald  übrig. 

Unweit  dieser  Lokalität  liegt  eine  «Pistet»  genannte  Mulde  mit  einem 
prachtvollen  Walde  von  alten  Strandföhren,  ^)  der  ziemlich  im  Ur- 
zustände belassen,  nur  etwas  durchforstet  worden  ist.  Unterholz:  die  Macchien- 
sträucher;  Boden  wiesenartig. 

Diese  und  manche  andere  botanisch  und  landschaftlich  interessante  Loka- 
litäten sind  selbst  mit  der  Karte  schwer  zu  finden,  da  nicht  alle  Wege  darauf 
verzeichnet  sind  und  das  Terrain  sehr  unübersichtlich  ist.  Es  ist  daher  am 
besten,  im  Forstamte  um  eine  Begleitung  zu  bitten;  vorsichtshalber  kann  man 
sich  vorher  schriftlich  an  die  «k.  k.  Forst-  und  Domänendirektion»  in  Görz 
wenden,  die  dann  dem  Forstamte  den  betreffenden  Auftrag  gibt.  Einzelne 
Personen  können  nach  vorheriger  Anmeldung  auch  im  Forstamte  kurze  Zeit 
beköstigt  und  beherbergt  werden;  bei  mehreren  Personen  oder  bei  längerem 
Aufenthalt  muß  man  selbst  für  Proviant  sorgen;  einiges  bekommt  man  in  dem 
nahen  Dorfe  Govedjari,  in  dessen  Nähe  übrigens  ein  sehenswerter  Ölwald  liegt. 

Außer  den  gewöhnlichen  Macchiensträuchern  fand  ich  auf  Meleda  am 
5.  und  6.  Juni  1904  noch  folgende  Pflanzen: 

Adiantum  nigrum 

Asplenium   Onopteris  (Steineichenwald) 

Bupleitriim  aristatmn 


')  Von  Erica-Arten:    E.  avborea   und    verticillata ;   von   Ci st  11  s- Äxten:   C.  villosus 
und  salvifohis ;  Spartum  junceum  konnte  ich  nicht  konstatieren. 

^)   Mitteilung  des  Herrn  Forstverwalters  V.  v.  Savorgnani;  vgl.  Tafel  III. 
^)  Mitteilung  des  Herrn  Forstverwalters  V.  v.  Savorgnani. 
•*)  Wird  bis  8  m  hoch. 
5)  Tafel  III. 


A'uaiitia  integrifolia ')  (Piätet) 

Latinis  }wbilis   (am  Kuezevo  polje  wild) 

Leontodon  crispiis 

Lonicera  implexa 

Olea  europaea  (verwildert-) 

Ory:[opsis  miliacea   (Klosterinsel) 

Pints  amrgdaliformis  (in  den  Poljen  kultiviert) 

Potentilla  pedata  (Piätet) 

Raynalina  dalmatica^)  (an  Zweigen  der  Strandföhren  im  Piätet) 

Ritbus  tomentnsiis^)  1 

,     .....      ,.      (   Lichtungen  im   Steineichenwalde 
—     ulmijoliiis^)     >  ^ 

Sclevopodium  pitrtnn^)  (im  Grunde   der  Wälder) 

Sedum  ochroleiicum ') 

Die  Weiterfahrt  fülirt  uns  zunächst  durch  den  Kanal  zwischen  Meleda 
und  Sabbioncellü.  13ann  kommen  links  die  Inseln  Jakljan,  Giuppana,  Mezzo, 
Calamotta  in  Sicht  und  bald  wird  der  Hafenort  von  Ragusa,  Gravosa,^) 
erreicht. 

Ragusa. 

Geologisch  bemerkenswert  ist,  daß  der  früher  genannte  Flyschstreif, 
der  die  dalmatinische  Küste  weithin  begleitet,  hier  aussetzt;  er  fehlt  von  der 
Ombia  an  bis  zirka  4  A"?n  südöstlich  von  Ragusa. 

Botanisch  ist  die  Umgebung  von  Ragusa  sehr  ergiebig.  Die  Flora 
ist  ausgesprochen  mediterran;  in  dem  milden  Klima^)  gedeihen  eine  Menge  sub- 
tropischer Pflanzen  ausgezeichnet.  Von  den  wildwachsenden  Pflanzen  erreichen 
einige  (so  Phlomis  friiticosa,  Putoria  calabrica)  im  Gebiete  von  Ragusa  ihre 
Nordgrenze. 

Schon  eine  Wanderung  von  Gravosa  nach  dem  zirka  3 km  ent- 
fernten Ragusa  zeigt  die  südliche  Pracht  der  Vegetation  im  vollen  Glänze. 
Jenseits  des  Hafens  von  Gravosa  ^)  erhebt  sich  hinter  einem  schönen  Zypressen- 
haine der  mit  prächtigem  Strandföhrenwald  bedeckte  Monte  Petka,  welcher  den 
südlichen  Zipfel  der  zweiteiligen  Halbinsel  Lapad  bildet.  Dann  quert  die  Straße 
den  Isthmus,  der  Lapad  mit  dem  Festlande  verbindet.  Hart  an  der  Straße 
kleine  Haine  von  sommergrünen  Eichen,  am  Rande  derselben  die  prachtvolle 
Phlomis  friiticosa.    Ein  kurzes  Stück  hält  sich  die  Straße  hart  am  Meere  («bella 


')   Det.  E.  Janchen. 

^)  Die  var.  «Oleaster» ;  man  findet  auch  Exemplare  mit  fast  kreisfiirmigen  Blättern, 
auch  solche,  auf  die  Zweige  des  kultivierten  Baumes  aufgepfropft  sind. 

3)  Det.  J.  Steiner. 

")  Det.  E.  v.  Haläcsy. 

=)  Det.  V.  Schiffner. 

'')  Es  ist  viel  praktischer  in   Gravosa  als   in   Ragusa  zu   wohnen. 

')  Ragusa  hat  diesellie  Jahrestemperatur  (16°)  und  dieselbe  Jännertemperatur  (8") 
wie   die   Riviera. 

«)  Tafel  II. 


89 


vista»);   überall   an  Felsen   und  Mauern   die   riesigen  Rlattschöpfe  und  Bluten- 
stände der  Agave  americana.    Als  Rückweg 
Pille  weiter  oben  führenden  Weg  benützen. 


stände  der  Agave  americana.    Als  Rückweg   mag  man   den  \on   der  Vorstadt 


Exkursionen. 

I.  Auf  den  Monte  Petka^)  (197  ?n).  Weg:  Um  den  Hafen  von  Gravosa, 
immer  längs  der  elektrischen  Leitung,  bei  der  Wegteilung  (durch  fünf  Cypressen 
bezeichnet)  rechts,  durch  die  Zypressenallee  bis  zum  Hause  Nr.  3o,  dort  links 
längs  der  Außenseite  der  Mauer  bis  zu  einer  Tafel  «Put  u  Petku»  (Weg  auf 
den  Petka).  Dort  beginnt  ein  hübscher  vSerpentinenweg,  der  bis  zum  Gipfel 
führt.  —  Der  erste  Teil  des  Weges  führt  vorbei  an  mächtigen  sommergrünen 
Eichen  {Qitercus  lanuginosa)  mit  Macchiensträuchern  als  Unterholz,  an  Kulturen 
von  Öl  und  Feigen.  Der  Strandfohrenwald  beginnt  bei  der  obengenannten 
Wegtafel;  Unterholz:  Macchiensträucher ;  sehr  tiefer  Rasen  von  Brachypodium 
7-amosiim.  Außerdem  fand  ich  bei  dieser  Exkursion  (3.  Juni  1904) : 
Allinm  subliirsiitum 


Blackstonia  perfoliata 
Calycotome  infesta  (Gipfel  des 

Petka) 
Campanula  Rapunciiliis 
Carduus  clirvsacanthus  (Gipfel 

des  Petka) 
Carex  panicea 
ChrYsanthemum  cinerariaefolium 

—     graminifolium 
Cotyledon    hori:{ontalis   (Mauern) 
Evythraea  Centaurium 
Euphorbia    Wulfenii 
Fraxinus   Ornus 


Genista  arciiatd^) 

Gladiolus  illrricus 

Koeleria  australis  (Gipfel  des 

Petka) 
Lonicera  itnplexa 
Muscari  comosum 
Ornithogalum  narbonense 
Phlomis  fruticosa  (Gipfel  des 

Petka) 
Phyteuma  limoniifölium 
Reichardia  picroides 
Rubia  peregrina 
Satureja  cuneifolia^) 
Sedum  glaucum   (Mauern) 


2.  Nach  Cannosa  (slawisch  Trsteno) ;  i^km  (Luftlinie)  nordwestlich  von 
Ragusa.  Über  die  Verbindung  mit  Ragusa  vergleiche  man  die  Reisehand- 
bücher. —  An  den  Felsen  beim  Landungsplatze  Crithmum  maritimum,  Statice 
virgata'^),  Euphorbia  dendroides,  Calycotome  infesta.  Bald  gelangt  man  zum 
Garten  des  Grafen  Bassegli-Gozze  (50  h  Entree).  Derselbe  enthält  eine  Anzahl 
subtropischer  Pflanzen,  ferner  aber  einige  prachtvolle  Exemplare  von  ein- 
heimischen Bäumen,  so  eine  mächtige  Qiiercus  lamiginosa,^)  ferner  eine  sehr 
große  Carpinus  duinensis,  deren  vStamm  mit  seinen  tiefen  Furchen  und  starken 
Wülsten  ganz  den  Carpinus-Ch2Lr2.kt&v  zeigt.  —  Unter  den  schönen  Bäumen 
Cannosas  haben  die  beiden  Platanen,  welche  ein  Stück  oberhalb  des  Gozze' 
sehen  Gartens   im   Orte  Cannosa  stehen,  Weltruf  erlangt.     Der   Umfang  der 


')  Tafel  II. 

2)  Det.  E.  Janchen. 

^)  In  deren  Nähe  auch  ein   Lorbeerhain. 


go 


Stämme,  deren  Borke  nicht  die  Form  der  uns  geläufigen  ^)  großen,  dünnen, 
unregelmäßig  begrenzten  Tafeln  besitzt,  sondern  vielmehr  2)  dicke  Schuppen 
bildet,  beträgt  in  einer  Höhe  von  i^a'"  ^'^^"^  Boden  fast  lom.  Die  Blätter  sind 
auffallend  tief  gelappt;  {vg\.  Platanus  Orientalist,  digitata  Koehne,  Deutsche 
Dendrologie,  S.  206.) 

3.  Ins  Omblatal  und  zur  Omblaquelle.  Die  Ombla  entspringt  nord- 
östlich von  Gravosa  am  F'uße  einer  mächtigen  Felswand  und  ergießt  sich  nach 
zirka  ikm  langem  Laufe  in  einen  ^km  langen  Meeresarm,  Der  Botaniker  mache 
einen  Weg  (zirka  1^/2  Stunden  von  Gravosa)  jedenfalls  zu  Fuß,  und  zwar  auf 
der  Straße  an  der  Südseite  des  Omblatales.  Die  steilen  Hänge,  an  denen  die 
Flügelbahn  Gravosa — Uskoplje  hinaufzieht,  beherbergen  mancherlei  Felsen- 
pflanzen, aber  an  den  vor  den  Sonnenstrahlen  geschützten,  kühlen,  feuchten 
Stellen  finden  sich  auch  noch  im  Sommer  zarte,  des  Transpirationsschutzes 
entbehrende  Kräuter. 

Bei  einer  Exkursion  am  7.  Juni  1904  fand  ich  daselbst: 

Harnaldia  villosa 
Iberis  umbell  ata 
Itiula  Candida 


Acer  monspessulanum 
Aegilops  triaristata 
Agrostis  alba 
Aspidiitm  spinulosum 
Asplen  iu  m   Trick  0  man  es 
Avena  barbata 
Blackstonia  perfoliata 
Buplcurum  aristatum 
Calrstegia  silvestris 
Ca mpanula  cap it ata 
Carduus  chrysacanthus 
Centaurea  glaberrima 
CeteracJi  officinarum 
Cliaerophrllum   coloratum 
Chrysanthemum  einer ariaefuUum 

—  graminifolium 
Clematis    Vitalba 
Coronilla  cretica 
Cytisus  ramentaceus ') 
Digitalis  laevigata 
Euphorbia  Wulfenii 
Ferulago  nodißora 

Fraxinus  Ornus  (unter  dem  sonst 
typisch  mediterranen  Buschwerk 
häufig) 

Galiiim  aureum*) 

—  lucidum*) 


Junciis  acutus  (Ufer) 

—  articulatus  (Ufer) 

—  glaucus  (Ufer) 
Jurinea  mollis 
Laurus  nobilis 
Lepidium  gram inifolium 
Linum  tenuifolium 
Melissa  officinalis 
Onosma  echioides 
Opopanax  Chironium 
Phlomis  fruticosa 

Phyteuma(Podanthuyn)limonüfolium 
Polypogon  monspeliensis  (Ufer) 
Quercus  lanuginosa 

Reseda  luteola 
Rhamnus  rupestris 
Rosa  sempervirens 
Rubus  ulmifolius 
Samolus   Valerandi  (Ufer) 
Satureja  Juliana 

—  vulgaris  {—  Calamintha  Clino- 

podium) 
Schoenoplcctus  Taberriacmontani 

(Ufer) 


')  Solche  Borke  haben  nur  die  Äste. 

-)  Vgl.  die  Anmerkung  in  Boissier,   Flora  orientalis  IV,    1162. 

^)  Typische  Karstwaldpflanze. 

")  Det.  H.  Freiherr  v.  H  andel-Mazzetti. 


91 


Thlaspi  praecox 
Torilis  arvensis 
Zi:(rplius  vulgaris  fkult.) 


Sedum  glaiicnm 

—     ochroleucum 
Teuer iiim    Cliamaedrrs 

— ■  ßavum 

4.  Nach  Lacroma.  Dieses  i^j^km  lange  und  6oo?7/  l^reite,  durch  seine 
üppige  mediterrane  Vegetation  berühmte  Eiland  liegt  südöstlich  von  Ragusa, 
zirka  600  7n  von  der  Küste  entfernt.  Von  der  südöstlichen  Bucht  der  Insel  ge- 
langt man  links  in  schönen  hochstämmigen  Strandföhrenwald  ^),  ferner  führt  ein 
Weg  ins  Schloß.  Gleich  oberhalb  des  Landungsplatzes  rechts  an  einer  Mauer 
Putoria  calabrica.  —  An  der  Westküste  von  Lacroma  läßt  sich  in  der  Nähe 
des  «arco  naturale»  die  Wirkung  von  Meer  und  Stürmen  auf  die  Land- 
vegetation gut  studieren.  Die  äußersten  der  fast  horizontalen,  landeinwärts 
staffeiförmig  ansteigenden  Kalkbänke  werden  bei  jedem  stärkeren  Wellengang 
überflutet,  sie  sind  fast  ganz  vegetationslos ;  weiter  landeinwärts,  aber  sicher 
noch  in  der  Spritzzone  fand  ich  am  8.  Juni  1904  : 


Aethionevia  saxatile 
Capparis  rupestris 
Crysopogon   Gryllus 
Crithmum  maritimum 
Helichrysurn  italicum 
Juniperus  plioenicea 


Lotus  cytisoides 
Sclioenus  nigricans 
Silene   venosa    (Form    mit 

fleischigen   Bliittern) 
Statice  cancellata 


Ebenda  findet  man  auch  niedrige  Strandführen  von  krummholzähnlichem 
Wuchs:  Stamm  und  Hauptäste  bilden  mit  dem  Boden  einen  Winkel  von  45° 
und  sind  genau  oder  nahezu  gegen  Norden  gerichtet  —  ein  deutlicher  Beweis, 
daß  hier  der  Scirocco  Ursache  des  schiefen  Wuchses  ist.  Ähnliche  Wuchs- 
formen zeigt  auch  Myrtus  italica.  —  Der  nördliche  Teil  der  Insel,  dessen 
höchsten  Punkt  (gi  m)  ein  aufgelassenes  Fort  krönt,  ist  am  besten  auf  einem  vom 
Landungsplatze  gleich  rechts  an  der  Ostküste  hinziehenden  Waldpfade  zu  er- 
reichen; er  ist  von  vStrandföhrenwald  und  hoher  Macchie  bedeckt. 

Ragusa — Cattaro. 

Die  Fahrt  bietet  nichts  Außerordentliches.  Das  Meer  ist  hier  bis  auf 
einige  Scoglien  frei  von  Inseln.  Bald  öffnen  sich  links  die  «Bocche  di  Cattaro», 
der  Eingang  in  jenes  großartige  Buchtensystem,  das  gleichfalls  den  eben  ge- 
nannten Namen  führt.  Am  Nordufer  der  ersten  Bucht  liegt  Castelnuovo,  viel- 
leicht der  schönste  Ort  Dalmatiens,  dessen  Reiz  namentlich  in  dem  Kontrast 
zwischen  den  mit  üppiger  Vegetation  bedeckten  niedrigeren  Plateauabhängen 
und  den  dahinter  schroff  und  fast  kahF)   aufsteigenden  Kalkbergen^)  besteht. 


')  Hier  unter  anderem  Allium  subhirsutum. 

2)  Einzelne  dunkle  Flecke  (Reste  von  Rotbuchenwiildern)  fallen  sehr  auf. 

^)   Links  die  Dobrostica  (1570m),   rechts   der   Radostak  (1446  j?2). 


92 

Die  Vegetation  um  Castelnuovo   ist   typisch   mediterran'')  (Macchien,  litoraler 
Eichenwald). 

Durch  den  «Canale  di  Kumbur»  geht  es  dann  in  die  große  Bai  von  Teodo 
und  weiter  durch  die  nur  zirka  '^f^km  breite  Meerenge  «Le  Catene»  (d.  h.  die 
Ketten)  in  die  «inneren»  Bocche,  u.  zw.  links  in  das  Becken  von  Risano,  über 
dem  sich  die  Abstürze  des  Hochlandes  der  KrivoSije  auftürmen,  rechts  in  den 
Golf  von  Cattaro,  der  im  Osten  von  den  gewaltigen  Abstürzen  des  monte- 
negrinischen Hochlandes  begleitet  wird  und  in  dessen  innerstem  Winkel  auf  dem 
durch  einen  kurzen,  in  zwei  Armen  mündenden  Gebirgsbach  (Fiumara  oder 
Scurda)  ins  Meer  vorgebauten  Schuttkegel  die  Stadt  Cattaro  liegt. ^)  Über  die 
Stadt  (östlich)  ragt  der  PeStingrad  (1072772)  auf,  gegenüber  (westlich),  auf  der 
anderen  Seite  der  768  m  hohe  Vermaö,  beide  Berge  so  nahe,  daß  sie  die  Dauer 
des  Sonnenscheines  in  der  Stadt  erheblich  einschränken. 

Cattaro — Cetinje. 

Von  Cattaro  aus  kann  eine  in  jeder  Hinsicht  überaus  lohnende  zwei- 
tägige Tour  nach  Cetinje,  dem  Hauptorte  von  Monte  negro,  unter- 
nommen werden.  P"ür  Botaniker  empfiehlt  es  sich,  zum  Hinaufgehen  den  alten 
Reitweg  zu  benützen,  der  südlich  von  der  Schlucht  der  Scurda  in  zahllosen 
Serpentinen  aufsteigt  und  beim  Wirtshause  Krstac  die  neue  Straße  erreicht 
(963772);  auf  dieser  bleibt  man,  höchstens  hie  und  da  einen  Abkürzungsweg 
benützend,  bis  Cetinje.  —  Für  den  Rückweg  benütze  man  die  Straße,  lasse 
sich  aber  durch  deren  schier  endlose  Serpentinen  nicht  abhalten,  sie  voll- 
ständig zu  begehen,  da  man  sonst  mancherlei  Interessantes  nicht  findet.  Vor 
der  Benützung  des  Reitweges  als  Rückweges  wird  gewarnt!  Der  Reitweg 
führt  anfangs  über  kahle,  felsige,  aber  an  niedrigen  Pflanzen  ziemlich  reiche 
Hänge.  In  der  Gegend  der  montenegrinischen  Grenze  (zirka  600772)  findet  man 
von  mediterranen  Elementen  noch  Marrubium  candidisshnimi'^)  und  Teuerhan 
Polium;  bald  darauf  gelangt  der  Reitweg  ins  Bett  der  Scurda  (an  einer  Stelle 
massenhaft  Robinia  Pseitdacacia)  und  zu  einer  einsam  gelegenen  Mühle,  ober- 
halb deren  ein  verkrüppelter  Feigenbaum  steht. 

Von  Krstac  führt  die  Straße  zunächst  durch  ein  kleines  Polje"*)  und  quert 
dann  einen  verkarsteten  Rücken,^)  der  dieses  vom  Polje  von  Njegusi^)  (882  772) 
trennt. 


')  Bei  einem  kurzen  Spaziergange  am  i3.  Juni  1904  fand  ich  am  Wege  vom  Hafen 
zur  Stadt  und  an  der  Straße  gegen  Savina  unter  anderem:  Altliaea  rosca  subsp.  ßci- 
folia,  Anthemis  Cota,  Galega  officinalis. 

2)  Tafel  XX. 

')  Auch  auf  dem  Golo  brdo  (det.  E.  Janchen). 

*)  Weizen-  und  Maiskulturen. 

^)  Spärliche  Karstwaldreste,  viel  EupJiovbia  Myrsinites. 

*)   Seeale  cereale  war  hier  am   10.  Juni   1904  eben  in  Blüte. 


93 

Rechts  (im  Süden)  ist  die  Ber^jmasse  des  Lovcen  (1759;»)  sichtbar,  der 
teils  verkarstet,  teils  noch  mit  ziemlich  ausgedehnten  Rotbuchenbeständen  be- 
deckt ist.  Hinter  Njegusi  steigt  die  Straße  wieder;  zuerst  herrschen  noch 
Karstwaldgehölze  vor,  bald  aber  sieht  man  die  ersten  Rotbuchen,  welche 
nun  immer  häufiger  werden;  wir  haben  damit  das  Gebiet  des  Karstwaldes  ver- 
lassen. Die  Straße  erreicht  in  großen  Serpentinen  den  höchsten  Punkt  der 
Straße,  den  Golo  brdo  (1274772);  Salvia  officinalis,  die  bei  zirka  3oo77Z  zuerst 
konstatiert  wurde,  okkupiert  verkarstete  Hänge  oft  in  großer  Menge  und  reicht 
bis  in  diese  bedeutende  Höhe,  wo  sie  oft  dicht  neben  Rotbuchen  steht.  Auch  im 
PoljevonCetinje  kommt  sie  vor.  Eine  Strecke  unterhalb  des  Wirtshauses  Cekanje 
(instruktive  Aussicht  auf  die  Dolinenlandschaft)  beginnt  wieder  der  Karstwald. 
Es  folgt  nun  der  ermüdendste  Teil  der  Wanderung:  in  schier  endlosen  Win- 
dungen zieht  die  Straße  in  das  gut  angebaute  (Weizen,  Roggen,  Mais)  Polje, 
an  dessen  südöstlichem  Ende  Cetinje  liegt.  Von  hier  hübscher  Spaziergang 
auf  der  nach  Rijeka  führenden  Straße  zu  der  Aussicht  auf  den  Skutarisee. 

Auf  dem  Rückwege  wollen  wir —  wie  erwähnt —  uns  durchaus  an  die 
Straß(;  halten.  Das  Stück  Cetinje  —  Krstac  wurde  bei  Schilderung  des  Hinweges 
schon  beschrieben.  Von  Krstac  zieht  die  Straße  nach  Süden  (Karstwaldreste, 
Viburnum  maculatiivi).  Bald  wird  die  österreichische  Grenze  erreicht,  und  dort 
beginnen  die  zahlreichen  Serpentinen,  die  zur  Überwindung  einer  Höhendifferenz 
von  5^o  77Z  angelegt  werden  mußten.^)  Zwischen  den  Serpentinen  Reste  von 
Karstwald,  Aufforstungen  von  AilantJiiis  glandulosa  und  frischgrüne,  pflanzen- 
reiche  Rasenplätze,  die  sich  auch  ein  Stück  auf  die  Berghänge  hinaufziehen 
und  besuchenswert  sein  dürften.  Bei  ca.  600777  beginnen  mediterrane  Elemente 
(Marrubhnn  candidissimum,  Teiicriiim  Poliiim)  aufzutreten;  jedoch  zeigte  die 
Vegetation  hier  (am  11.  Juni  1904)  noch  keine  Anzeichen  der  nahen  Sommer- 
dürre;  erst  bei  450772  macht  sich  das  mediterrane  Klima  geltend:  ein  Teil  der 
Ptlanzen  beginnt  bereits  zu  verdorren,  und  nicht  viel  tiefer  findet  man  die  ersten 
Feigen  und  Granatäpfel.  Die  Straße  zieht  dann  an  den  Hängen  des  Flysch- 
hügels  Gorazda  hin,  wo  Acanthits  spinosissivius,  Cytisus  nigricans,  Inula  viscosa, 
Spartiwn  jiinceuui  auffallen.  Von  der  Straßenkreuzung  (Cote  23i777)  durch- 
zieht die  Straße  teils  Kulturen  von  Wein,  Ol-  und  F'eigenbäumen,  Granat- 
äpfeln, teils  interessante  Eichenhaine  (gebildet  von  Q,7/t?/T77.v  lamiginosa)  mit.4at77- 
thus  spinosissimus,  Coliitea  arboi-esceiis,  Euphorbia  Wulfenii,  Fraxinus  Orniis, 
Laurus  nobilis,  Pistacia  Terebintinis,  Spartium  junceum.  Die  Straße  tritt  dann 
hart  an  die  Abstürze  der  Kalkberge,  an  denen  sich  noch  allerlei  interessante 
Pflanzen  finden,  heran  und  erreicht  das  Dorf  Skaljari  und  bald  darauf  Cattaro. 

Bei  den  Exkursionen  am  10.  und  11.  Juni  1904  wurden  außer  den  schon 
genannten  Pflanzen  gefunden: 


^)  Diese  Gegend  ist  in  dem  später  folgenden  Pflanzenverzeichnis  kurzweg  mit  dem 
Worte   «Serpentinen»  bezeichnet. 


94 


I.  Länys  des  Reitweges  von  Cattaro  Ijis  Krstac:^) 


AcLintliiis  spinosissimiis  (unterste  Region)^) 

Arabis  venia  (untere  Region) 

Armeria  cancscens  (Mühle  — I\/rstac) 

Aspleniiim   Trichomanes 

Campanula  capitata  (Grenze — Krstac) 

—  ramosissima 

—  Rapitncidits 

Carduus  nutans  (untere  Region) 

—  pycnocephalus  (untere  Region) 
Cerinthe  lamprocarpa  (Grenze — Mühle) 
Ceterach  ofßcinarum 

Chaerophyllum  coloratum  (Grenze — MühleJ 
Chrysanthemum  cinerariaefolium  (Mühle  — 

Krstac) 
Crepis  neglecta  (untere  Region) 
Dianthus  tergestinus  (mittlere  Region) 
Dorvcnium  gerynanicum   (Grenze — Mühle) 
Euphorbia  Myrsinites 

—  spinosa  (bis  zur  Mühle) 
Galium  aureum   (bis   loom) 
Genista  sericea  (Mühle — Krstac) 
(ilobularia  bellidifolia  (Grenze — Mühle) 
Haynaldia  villosa  (Grenze — Mühle) 
Hedraeanthus   caricinus   (Grenze  — Krstac) 
flclianthcmum   obscurum   (Mühle — Krstac) 
Linum  tenuifolium   (mittlere  Region) 
Malcolmia   Orsiniana  (Grenze — Mühle) 
Malva  silvestris  (rauhhaarige  Form;  Mühle 

— Krstac 

2.  Auf  der  Strecke   Krstac- 
kürzungswege  ^). 

Acanthus  lojigifolius  (Cetinsko  polje) 
Acer  monspessulanum  (hinter  Njeguäi) 
Aethionema  saxatile  (hinter  Njeguäi) 
Alectorolophus  mediterraneus^)  (Polje 

hinter  Krstac) 
Arabis  hirsuta  (hinter  Njeguäi) 
Aspidium  pallidum  (hinter  Njeguäi) 
Bunium  alpinum  (Golo  Ijrdo) 
Cerastium  scmidecandrum  (Golo  brdo) 
Chaerophyllum  coloratum  (hinter  Njeguäi) 
Cirsium  eriophoriim  (Krstac— Njegusi) 


Mcdicago  falcata  (Mühle — Krstac) 
Moltkia  petraea   (mittlere    und    obere   Re- 
gion) 
Muscari  comosum   (Grenze  —  Mühle) 
Myosotis  hispida 

Onopordon  illyricum  (untere  Region) 
Papaver  apulum   (untere   Region) 
Paronychia  Kapela  (Grenze — Mühle) 
Phyteuma  (Podanthum)  limoniifolium 

(Grenze — Mühle) 
Potcntilla  pedata  (Mühle  — Krstac) 
Punica   Granatum   (Grenze — Mühle) 
Rliamnus  cathartica  (mittlere  Region) 
Rosa  dalmatica  (Grenze  — Mühle) 
Satureja  dalmatica  (mittlere  Region) 

—  Juliana 

—  montana  (mittlere  Region) 

—  parviflora  (mittlere  und  obere  Region) 

—  Patavina  (untere  und  mittlere  Region) 
Scleropoa  rigida  (Grenze — Mühle) 
Scrophnlaria  canina  (Mühle — Krstac) 
Sedum  glaucum  (untere  Region) 
Sideritis  romana  (untere  Region) 
Specularia  Speculum   (Grenze — Krstac) 
Stachys  menthaefolia  (mittlere  Region) 
Teucrium  Arduini  (Grenze — Mühle) 
Verbascum  pulveridentum  (untere  Region) 
Vesicaria  graeca  (Grenze — Mühle) 

Vicia  ochroleuca  (hinter  Njegusi) 

-Cetinje    (Straße  und  zum   Teile   Ab- 

Eupliorbia  Lathyris   (Polje  hinter  Krstac) 

—  Myrsinites  (Polje  hinter  Krstac) 
Galium  corrudaefolium  (Golo  brdo) 
Globularia  bellidifolia  (Golo  brdo) 
Hedraeanthus  tenuifolius  (oberhalb Njeguäi) 
Heliosperma   Tommasinii  (Golo  brdo — 

Cekanje) 
Marrubium  candidissimum  (Cetinsko  polje, 
Krstac — Njeguäi) 

—  vulgare  (Polje  hinter  Krstac) 
Melampyrum  barbatum  (Polje  hinter  Krstac) 


')  Bestimmungen  größtenteils  von  Herrn  stud.  phil.  E.  Jan  che  n. 
^)  Diese  und   die   folgenden  Verbreitungsangaben   sollen   nur   bezeichnen,    wo    ich 
die  Pflanze  gefunden  habe. 

^)  Det.  II.  V.  Handcl-Mazzctti. 


95 


Moltkia  petfiieti    (an    der  Straße   bei   Bajce 

oberhalb  Cetinje) 
Nepeta  pannonica  (Polje  hinter  Krstac) 
Paronychia  Kapcia  (Krstac — Njcguäi) 
Quercus  cerris  (hinter  NjeguÄi) 
Ribes  alpiniim  (hinter  Njegusi) 
Rhamiitis  caruiolica  (hinter  NjeguSi) 

—     riipestris  (Lekanje — Cetinje) 
Satureja  Acinos  var.   villosa  (Golo  brdo) 


Scutellaria  commutata  (hinter  Njeguäi) 
Senccio  riipestris  (bis  auf  den    Golo  brdo) 

—  Visianianiis    (Polje    bei  Krstac,  Ce- 
kanjc) 

Stachys  Alopecurus  (Cekanje) 

—  labiosa  (Njegusi — Golo  brdo) 
l'erbasciim    Thapsus  (Krstac — Njeguäi) 
Vibtirnum   maculatiim  (Krstac — Cekanje) 


3.  Auf  der  Strecke  Krstac — Cattaro,  län<>s  der  Straße: 


Acanthus  spinosissimns  (Gorazda  bis 

Cattaro) 
Anacamptis  pyramidalis  (Serpentinen) 
Calystegia  silvest ris 
Campanula  ramosissima 

—  Rapiinculus 
Convolviilus  cantabricus  (Gorazda) 
Crepis  neglccta  (Serpentinen) 

—  setosa 

Euphorbia    Wtilfenii  (letzte  Serpentinen) 

Euphrasia  tatarica^) 

Iberis  umbellata  (Gorazda) 

Moltkia  petraea  (gleich  unterhalb  Krstac) 


Nepeta  pannonica 

Onosma  echioidcs 

Ophrys  Bertolonii  (Serpentinen) 

Orchis  picta  (Serpentinen)^) 

Pallenis  spinosa  (Gorazda) 

Peltaria  alliacca  (Serpentinen) 

Portenschlagia  ramosissima 

Psoralea  bitiiminosa  (Gorazda) 

Riimcx  tuberosiis 

Stachys  menthaefolia  (letzte  Serpentinen 

bis  gegen  Skaljari) 
Teucrium  Arduini  (oberhalb  Skaljari) 
Vicia  ochroleiica  (Serpentinen) 


^)  Det.  R.  V.  Wettstein. 
^)  Det.  H.  Fleisch  mann. 


96 


IL  Das  Binnenland. 

(Bosnieh   und   die   Herzegowina.) 

Von 
Karl  Maly 

(Sarajevo). 

A)  Allgemeine  Schilderung  des  Gebietes. 
1.  Geographisch-geologische  Übersicht.') 

Bosnien  und  die  Herzegowina  sind  fast  ganz  von  Gebirgen  durchzogen, 
die  ein  System  für  sich  bilden  und  als  «IllyrischesGebirgsland»  dem  «Ser- 
bischen Gebirgsland»  gegenübergestellt  werden  können.  Die  Grenzen  der 
beiden  Gebirgssysteme  verlaufen  längs  derBojana,  des  Skutarisees,  derMoraca, 
des  Lim  und  der  ürina.  Die  sich  im  Westen  und  Südosten  außerhalb  Bosniens 
und  der  Herzegowina  anschließenden  Gebirge,  die  noch  zum  «Illyrischen  Ge- 
birgsland» gezählt  werden  müssen,  werden  hier  nicht  weiter  erörtert.  Bevor 
wir  jedoch  an  eine  nähere  orographisclie  Gliederung  schreiten,  wollen  wir 
uns  mit  dem  Flußsystem  dieser  Länder  vertraut  machen. 

Die  Mehrzahl  der  Gewässer  unserer  Länder  gehört  dem  Stromgebiet 
der  Donau,  beziehungsweise  ihres  bei  Semlin-Belgrad  mündenden  rechts- 
seitigen Nebenflusses,  der  Save  (Sau)  an.  Diese  bildet  auch  zum  größten  Teil 
gegen  Norden,  ähnlich  wie  im  Osten  die  Drina,  eine  natürliclie  Landesgrenze. 
Die  bedeutendsten  der  ihr  auf  der  rechten  Seite  aus  Bosnien  zufließenden  Ge- 
wässer sind:  i.  Der  tief  in  das  Terrain  einschneidende  Vrbas,  welcher  auf  der 
Vranica  planina  entspringt  und  links  die  Pliva  aufnimmt.  Diese  bildet  in  iiirem 
Unterlauf  einen  See,  dessen  Abfluß  sich  bei  Jajce  in  prachtvollen  Kaskaden 
in  den  Vrbas  stürzt.  2.  Die  Bosna,  welche  als  mächtige  Quelle  am  Fuße  des 
Igman  bei  Sarajevo  entspringt  und  unter  anderem  rechts  die  Miljacka,  an 
welcher  Sarajevo  liegt,  aufnimmt.  3.  Die  in  ihrem  Unterlauf  schiffbare  Drina, 
die  an  der  bosnisch-montenegrinischen  Grenze  durch  die  Vereinigung  der  Piva 
mit  der  Tara  entsteht  und  welcher  rechts  der  Lim  zufließt.  Viel  weniger  be- 
wässert ist  die  Herzegowina.  Die  Narenta  entspringt  als  Neretva  nördlich 
von  Gacko  und  umfließt  in  breitem  Bogen  den  Prenj-Gebirgsstock.  Von  der 
Station  Rama  an  windet  sie  sich  durch  eine  enge  Schlucht,  das  Narenta-Defdee, 
südwärts,  durchströmt  das  Mostarsko  polje  und  erreicht  die  Adria  in  versumpftem, 


^)  Nach  G.  Lukas  in  den  Wissenschafdichen  Mitteilunj,'en   aus  Bosnien  und    der 
Herzegowina  VIII  (1901),  S.  3o3fl". 


97 

seenreichem  Terrain.  Im  Südwesten  Bosniens  wie  in  der  Herzegowina,  also 
in  den  ausgeprägten  Karstlandschaften,  die  von  den  Kalken  der  Kreide-  und 
Triasformation  gebildet  werden,  finden  wir  mit  alleiniger  Ausnahme  derNarenta, 
welche  diese  Landstriche  quer  durchschneidet,  kein  fließendes  Gewässer  von 
größerer  Bedeutung.  Flüsse  mit  kurzem,  zuweilen  unterbrochenem  (unterirdi- 
schem) Lauf,  die  oft  am  Rande  der  Poljen  bereits  in  ihrer  ganzen  Stärke  hervor- 
brechen, um  dann  wieder  auf  ähnliche  Weise  in  Schluckschlünden  (Ponoren) 
zu  verschwinden,  oder  in  mehrere  Arme  aufgelöst  sich  auf  der  Oberfläche 
verlieren,  sind  bezeichnend  für  den  Karst.  Die  eben  erwähnten  Poljen  stellen, 
da  in  ihnen  viel  Erde  von  den  benachbarten  Hängen  zusammengeschwemmt 
und  da  diese  durch  die  periodischen  Überschwemmungen  genügend  durch- 
feuchtet wird,  in  der  großen  trostlosen  Steinwüste  gleichsam  grünende  Oasen 
dar  und  tragen  ihren  Namen  zumeist  von  einer  der  zahlreichen,  ihren  Rand 
besiedelnden  Ortschaften.  Die  bedeutendsten  sind  in  Bosnien  das  Livansko, 
Glamocko  und  Sarajevsko  polje,  in  der  Herzegowina  das  Nevesinjsko  und  das 
Po{30vo  i)olje.  Durch  das  letztere  fließt  die  Trebinjcica.  An  ständigen,  niemals 
austrocknenden  Seen  ist  unser  Gebiet  nicht  reich,  hingegen  gibt  es  namentlich 
im  Karstgebiete  und  an  der  Mündung  der  Narenta  mehrere  stehende  Gewässer, 
die  zur  Regenzeit  Seen  gleichen,  zur  Zeit  der  Trockenheit  aber  versumpfen 
(«Blato»,  Sumpfsee)  oder  fast  ganz  austrocknen.  Von  ersteren  ist  der  Plivasee 
bei  Jajce,  dann  einige  Gebirgsseen,  (z.  B.  Blidinje  und  Borke  jezero),  von 
letzteren  das  Mostarsko  und  Hutovo  blato  bemerkenswert.  Nur  an  zwei  Stellen 
besitzt  die  Herzegowina  durch  schmale  Landzungen,  welche  die  Grenze  von 
Dalmatien  unterbrechen,  kleine  Küstenstriche  an  der  Adria.  Es  ist  dies  bei 
Neum  und  in  der  Sutorina  der  Fall.  ^) 

Im  illyrischen  Gebirgslande  läßt  sich  vor  allem  nach  der  geologischen 
Unterlage,  die  auch  eine  verschiedene  Oberflächengestaltung  bedingt,  ein  süd- 
westliches und  ein  nordöstliches  Gebiet  unterscheiden.  Jenes,  dem 
die  Kalke  des  mesozoischen  Zeitalters  zufallen,  bildet  im  ganzen  ein  großes 
Karstplateau,  das  nur  einmal  durch  den  Flußiauf  der  Narenta  durchquert  und 
unterbrochen  wird.  Das  bekannte  südöstliche  Streichen  kennzeichnet  die  durch 
Längentäler  von  einander  getrennten  Gebirgsfalten.  Das  nordöstliche  Ge- 
biet ist  durch  waldreiche  Gebirge  mit  ausgeprägter  Rückenbildung,  die  sich 
im  NO.  gegen  die  vSave  zu  abdachen  und  im  wesentlichen  die  Merkmale  unserer 
mitteleuropäischen  Berge  haben,  ausgezeichnet.  Tertiäre  Sandsteine  (Flysche), 
paläozoische  Elemente  (Schiefer)  und  neogene  Süßwasserablagerungen  setzen 
in  der  Hauptsache  den  Boden  zusammen.  Eine  Grenze  zwischen  diesen  beiden 
Gebieten,   von   denen   das   eine  als  Küsten-,  das   andere  als  B  innengebiet 


')  Der  Grund  für  diese  zweimalige  Unterbrechung  Dalmatiens  durch  hcrzego- 
winisches  (also  ehemals  türkisches)  Gebiet  liegt  darin,  daß  die  ehemalige  Republik  Ra- 
gusa diese  beiden  Landstriche  an  die  Türkei  abtrat,  um  weder  im  Norden  noch  im 
Süden  unmittelbar  an   venetianisches   Gebiet  anzugrenzen. 

Exkursion  in  die  illyrischcn  Länder.  7 


bezeichnet  werden  mag^  kann  längs  der  Sana  nach  Kljuc,  von  dort  nach  Jajce, 
am  Vrbas  bis  G.  Vakuf,  über  den  Makljen-Sattel  (ii23»2)  nach  Rama  und  am 
Oberlauf  der  Narenta  bis/ zum  Cemernosattel  (13297»)  bei  Gacko  gezogen 
werden.  Weiterhin  geht  die  Grenzlinie  auf  montegrinischem  Boden  bis  zur  Mün- 
dung der  Bojana  in  das  Meer. 

Im  Küstengebiete  können  wir  ein  «We  s  t  b  o  s  n  i  s  c  h  e  s  Kalk- 
plateau» (Jura-  und  Triaskalk)  von  der  «Illyrischen  Küstenzone», 
welcher  der  weitverbreitete  Kreidekalk  zufällt,  trennen.  Der  letzteren  gehören 
unter  anderen  die  Dinarischen  Alpen  an,  ferner  das  jenseits  der  Narenta  sich 
erhebende  zusammenhängende  Hochplateau,  auf  dem  sich  nur  wenige  Berg- 
rücken vorfinden,  die  terrassenförmig  gegen  Süden  abfallen  und  zum  Teil  durch 
Poljen  getrennt  sind  (höchster  Punkt:  Orjen,  1895  m).  Dem  Westbosnischen 
K  al  kpl  ateau,  dessen  Erhebungen  gegen  SO.  zunehmen,  gehört  unter  anderen 
die  Crnagora  südwestlich  von  Jajce  an,  ferner  die  gewaltigen  Hochgebirge,  die 
das  Narenta-Defilee  einsäumen,  nämlich  die  Cvrstnica  (2228  in),  die  Cabulja 
(17807«)  und  die  großartig-majestätische  Prenj -G  ru  ppe,  wohl  das  schönste 
Hochgebirge  des  Landes  mit  ihrer  Fortsetzung,  dem  Vele2  (196977z)  bei  Mostar. 
Der  Prenj  ist  reich  gegliedert  und  hat  zahlreiche  Gipfel  (Prenj  1916772.  Lupo- 
glav  2102  77Z,  Bora2nica  1887  ?7z). 

Im  Binnengebiet  scheiden  wir  das  nördlich  der  Orte  Konjica,  Ivan, 
Sarajevo,  Mokro,  Olovo,  Kladanj,  Zvornik  liegende  Land  als  Hauptvorkommen 
tertiärer  Bildungen  (Flysch)  von  den  südlich  bis  zur  Narenta  verbreiteten  Trias- 
kalken und  bezeichnen  ersteres  als  «Bo  snisches  Mittelgeb  irge»,  letzteres 
als  «Ostbosnisches  Kalkgebirge».  Dieses  hat  bereits  zum  größten  Teil 
den  Karstcharakter  eingebüßt  und  schließt  sich  daher  am  besten  hier  an.  Ihm 
gehören  die  unweit  von  Sarajevo  gelegene  Romanja  planina  ^)  (1629777),  ferner 
die  Jahorina  planina  (1913772)  mit  ihrem  nordöstlichen  Ausläufer,  dem  Trebevic 
(1629777)  an,  die  beide  in  den  unteren  Lagen  entlang  der  Taleinschnitte  aus 
Werfener  Schiefern,  über  denen  Triaskalk  lagert,  bestehen.  Bei  Sarajevo  liegt 
auch  die  fast  kahle  Bjelagnica  planina  (2067777),  auf  welcher  sich  die  höchst- 
gelegene meteorologische  Beobachtungsstation  der  Balkanhalbinsel  befindet. 
Der  Bjelagnica  ist  gegen  das  Sarajevsko  polje  der  waldreiche  Igman  vor- 
gelagert. Andere  für  unsere  Exkursion  beachtenswerte  Teile  des  ostbosnischen 
Kalkgebirges  sind  die  Preslica  (1605777)  und  die  Treskavica  (2088777).  Im  Süd- 
osten schließen  sich  die  montenegrinischen  Hochgebirge  an,  von  welchen  der 
Maglic  (2387777)  und  der  Volujak  (2298  7n)  die  Grenze  und  zugleich  die  höchsten 
Gipfel  des  Landes,  der  Durmitor  (2606777)  und  der  Kom  (2448777)  (beide  in  Monte- 
negro) die  höchsten  Erhebungen  des  illyrischen  Gebirgslandes  bilden.  In  Ost- 
bosnien liegt  auch  das  größte  geschlossene  Trachytgebiet  des  Landes  (bei 
Srebrenica);  gebirgsbildend  tritt  bei  Vi§egrad  Serpentin  auf.    Das  Bosnische 


')   plauiiia  (serbo-kroatisch)  =  Gebirge. 


99 

Mittelgebirge,  das  nun  noch  zu  besprechen  bleibt,  entbehrt  fast  ganz  des 
unwirtlichen  Karstcharakters  und  ist  gleich  unseren  mitteleuropäischen  Ge- 
birgen reich  bewaldet.  Die  Erhebungen  erreichen  meist  nicht  mehr  die  Höhe 
der  ostbosnischen  Kalkgebirge,  ihre  Rücken  sind  abgerundet,  das  Flußnetz 
normal  ausgebildet,  so  daß  die  Auffindung  brauchbarer  orographischer  Linien 
sehr  erleichtert  wird.  Geologisch  ist  das  bosnische  Mittelgebirge  reich  gegliedert 
und  von  Eruptivgesteinen  (Serpentin  an  der  Bahnstrecke  bei  Han  Begov, 
Acpce,  Maglaj  und  Doboj)  oft  durchbrochen.  Hierher  gehört  das  zentral- 
bosnische Kalkgebirge  zwischen  Jajce  und  Banjaluka  an  beiden  Seiten  des 
Vrbas,  von  anderen  Formationen  umsäumt,  mit  dem  Vla§ic  (1919  m)  bei 
Travnik,  ferner  das  Bosnische  Erzgebirge  mit  vorwiegend  paläozoisciien  und 
im  Süden  Werfener  Schiefern  (Vranica  planina  2107m).  Die  nördlichsten  Teile 
des  Bosnischen  Mittelgebirges  sind  im  allgemeinen  Flyschgebirge.  Längs  der 
Save  und  ihrer  Zuflüsse  erstreckt  sich  noch  ein  ausgebreitetes  Diluvial-  und 
Alluvialgebiet. 

Zum  Schlüsse  seien  noch  einige  Worte  der  aktuellen  Frage  der  Ver- 
gletscherung in  unseren  Gebieten  gewidmet.  Hat  ja  der  Balkan  bis  vor 
wenigen  Jahren  als  ein  zur  Diluvialzeit  unvereist  gebliebenes  Land  gegolten, 
und  ist  die  ehemalige  Vergletscherung  gerade  von  nicht  geringem  ptlanzen- 
geographischen  Interesse.  Es  ist  das  Verdienst  Becks,  ihre  Spuren  zuerst,  und 
zwar  auf  der  Treskavica,  festgestellt  zu  haben.  Später  hat  J.  Cvijic  diese 
Beobachtungen  bestätigt  und  Gletscherspuren  auch  auf  der  Prenj  planina,  der 
Cvrstnica  und  dem  Maglic,  A.  Penck  auf  der  Bjelagnica  und  dem  Orjen  vor- 
gefunden. Nachträglich  wurden  diese  auch  auf  der  Vranica  festgestellt.  Soweit 
die  bisherigen  Erfahrungen  reichen,  dürften  im  Lande  zwei  durch  eine  Inter- 
glazialzeit  getrennte  Vergletscherungen  stattgefunden  haben.  ^) 

2.  Klimatische  und  pflanzengeographische  Verhältnisse. 

a)  Klimatische  Verhältnisse. 

Im  Berglande,  dem  «bosnischen  Eichenwaldgebiet»,  sind  die  mittleren 
Jahrestemperaturen  gegenüber  jenen  der  Karstregion  nur  wenig  verschieden. 
Sie  betragen  im  allgemeinen  etwa  8° — 11°.  Hingegen  sind  die  Temperatur- 
minima  sehr  bedeutend,  so  daß  im  Winter  Kältegrade  von  32° — 32*6°  (2epc5e, 
Rogatica)  erreicht  werden,  während  im  Sommer  gleichwie  im  Karstgebiet, 
dessen  Klima  bereits  früher  behandelt  wurde,  selbst  40°  Wärme  vorkommen 
(Bjelina).  Die  Temperaturunterschiede  sind  also  sehr  groß  und  betragen  an 
den   beiden   oben   angeführten   Orten  68°,   respektive  68*6°.    Der  Frühling   ist 


')  Vgl.  A.  Penck,    Die    Eiszeit    auf   der    Balkanhalbinsel.      Zeitschrift    «Globus>; 
(Braimschweig)    1900,   S.  184 ff. 


lOO 

mild,  sogar  wärmer  als  im  Karst.  Die  größten  Niederschläge  fallen  im  nörd- 
lichen Bosnien  in  den  Spätherbst  (Oktober,  November),  in  Mittel-  und  Süd- 
bosnien in  den  Winter  (Tifüvember,  Jänner).  Die  Monate  April  und  Februar 
sind  hingegen  durch  einen  großen  Mangel  an  Niederschlägen  ausgezeichnet. 
Die  jährliche  Niederschlagsmenge  beträgt  etwa  700  — 1400  )nm. 

Durch  reichlichere  Niederschläge  und  eine  langandauernde  Winterszeit, 
im  allgemeinen  durch  eine  bedeutende  Herabsetzung  der  mittleren  Jahrestem- 
peraturen kennzeichnet  sich  das  voralpine  und  alpine  Klima.  Eine  mittlere 
Jahrestemperatur  unter  dem  Eispunkt  wurde  aber  bis  jetzt  noch  nicht  be- 
obachtet.^) Der  Frühling  und  Herbst  ist  kühl,  ersterer  sehr  regenreich.  Ver- 
hältnismäßig niederschlagsarm  ist  die  Winterszeit  (November,  dann  Jänner  und 
Februar),  während  im  Sommer  ergiebige,  oft  sehr  heftige  Gewitter  in  den 
Hochgebirgen  häufig  sind.  Schnee  fällt  selbst  noch  oft  im  Mai  und  findet  sich 
meist  schon  im  Oktober  wieder  ein.  Sehr  auffallend  ist  die  Tatsache,  daß  die 
(allerdings  oft  geradezu  kolossalen)  Schneemassen  trotz  der  südlichen  Lage 
der  Gebirge  kaum  früher  abschmelzen  als  in  den  Alpen.  Die  Vegetations- 
periode dauert  in  der  Bergregion  etwa  8,  in  der  subalpinen  und  alpinen  Region 
3—6  Monate. 

b)  Einfluß  des  Menschen  auf  die  Veränderung  der  Pflanzendecke. 

Es  ist  nachgewiesen,  daß  ein  großer  Teil  der  Kulturländer  noch  in  histo- 
rischer Zeit  reich  bewaldet  war  und  daß  an  Stelle  unseres  fruchtbarsten  Acker- 
landes mächtige  Wälder  standen.  Ausgedehntes  Wiesenland  unterbrach  mit 
freudigem  Grün  und  tausendfältigem  Blütenschmuck  die  Eintönigkeit  des  Waldes. 
Mit  der  Zunahme  der  Bevölkerung  und  der  Ausbreitung  ihrer  Wohnstätten 
stiegen  auch  ihre  Bedürfnisse  und  hatten  zunächst  den  Waldabtrieb  zur  P'olge. 
Die  Urbarmachung  des  Bodens,  die  Verwandlung  desselben  in  Ackerland,  schließ- 
lich die  Trockenlegung  von  Sümpfen  und  überschwemmtem  Land  veränderte 
nachhaltig  die  Physiognomie  der  Erdoberfläche,  der  Pflanzendecke  und  sogar 
auch  das  Klima. 

Schon  seit  langem  wurde  die  Frage  aufgeworfen,  ob  die  bekannte 
trostlose  Steinwüste  des  Karstes,  die  Nacktheit  seines  Gesteins, 
eine  Folge  absichtlicher  Entwaldung  sei.  Oft  genug  wurde  die  Schuld 
daran  den  venezianischen  Beherrschern  der  Karstländer  gegeben,  obwohl  den 
Römern  und  Türken  kaum  ein  geringerer  Anteil  zukommt.  Wenn  auch  für 
den  vSchiffbau,  die  Ausfuhr  in  fremde  Länder,  im  Krieg  oder,  um  die  Ansied- 
lungen  gegen  Feinde  zu  schützen,  mancher  schöne  Wald  der  Axt  oder  dem 
Feuer  zum  Opfer  fiel,  so  liegt  doch  nach  der  heutigen  Ansicht  die  HaujU- 
ursache  derKahlheit  des  Karstes   in   dessen  petrographisc her  Be- 


')   Bjelasnica  plauina  bei  Sarajevo  (2067  >n):  -|-0-2°. 


schaffenheit,  und  auch  in  der  Vorzeit  dürften  große  Teile  desselben 
einen  ähnlichen  Charakter  wie  heute  gezeigt  haben. ^)  Nichtsdesto- 
weniger steht  fest,  daß  in  bestimmten  Teilen  des  Karstes,  die  heute  un- 
wirtliche Gegenden  darstellen,  einst  üppiger  Wald  stand.  Dies  geht  aus 
folgenden  Tatsachen  hervor,  i.  Noch  im  Mittelalter  wurde  am  Unterlaufe  der 
Narenta  Schiffbauholz  gefällt  und  ausgeführt.  In  Brgtanik  nächst  Pocitelj  be- 
standen gegen  Ende  des  14,  Jahrhunderts  sogar  Schiffswerften.  Damals  gab 
es  auch  noch  bei  Ragusa,  Perasto,  Imotski  und  anderen  Orten  größere  Wälder. 

2.  Die  Namen  vieler  im  Karst  gelegenen  Ortschaften  sind  von  Bäumen  abge- 
leitet, die  heute  in  der  Umgebung  nicht  mehr  vorkommen  oder  nur  mehr  spär- 
lich vorhanden  sind. 2)  Manche  Ortsnamen  deuten  auf  eine  holzreiche  Gegend 
iiin,  wie  z.B.  Drievo  (=Holz)  der  alte  Name  von  Gabela.  Die  Insel  Corc)a-a 
nigra  (Curzola)  erhielt  diese  Bezeichnung  wegen  der  dunklen  Färbung  des  sie 
bestockenden  Föhrenwaldes,  von  dem  heute  nur  mehr  Spuren  vorhanden  sind. 

3.  Manche  römische  Ansiedlung  ist  heute  allen  Unbilden  des  Wetters  direkt 
ausgesetzt,  da  die  Umgebung  einer  trostlosen  Steinwüste  gleicht.  Aus  dem 
Umstand,  daß  in  diesen  Orten  weder  Zisternen  noch  sonstige  Wasserbauten 
zu  finden  sind,  dann  aus  dem  Inhalt  der  Gräber,  in  welchen  Reh-  und  Hirsch- 
geweihe, Eberzähne  usw.  in  nicht  geringer  Zahl  liegen,  muß  auf  eine  ehemals 
waldreiche  Gegend  mit  natürlichen  Quellen  gesclilossen  werden.  Auch  vermißt 
man  nur  zu  oft  Abzugsgräben  zur  Ableitung  des  Wassers  nach  Gewittern. 
Der  Wald  nahm  eben  alle  Feuchtigkeit  in  sich  auf  und  schützte  dadurch  vor 
Überschwemmungen.  4.  Mehrere  Orte,  wie  z.  B.  Delminium  (2upanjac)  und 
Metulum  (jetzt  Munjava)  waren  größtenteils  aus  Holz  erbaut,  das  in  der  Nähe 
gefällt  wurde. ■^) 

Auch  heute  hat  der  Karstwald  unter  der  Behandlung  der  Bewohner  sehr 
zu  leiden,  besonders  in  Dalmatien  und  auf  den  Inseln,  wo  der  Waldabtrieb 
noch  immer  Fortschritte  macht.  Leider  leben  die  Karstbewohner  fast  ganz  von 
der  Viehzucht,  und  das  Vieh,  meist  Ziegen  und  Schafe,  ist  auf  Laubfütterung 
angewiesen.  Unter  solchen  Verhältnissen  sind  die  Schwierigkeiten  einleuchtend, 
mit  welcher  eine  regelrechte  Karstaufforstung,  abgesehen  von  den  bedeu- 
tenden Kosten  und  dem  großen  Zeitaufwand,  zu  rechnen  hat.  Trotzdem  sind 
die  in  unseren  Ländern  erzielten  Resultate  relativ  sehr  gut,  wie  z.  B.  die  in 
größerem  Maßstabe  erfolgte  Karstaufiforstung  im  Bezirke  Zupanjac"*)  beweist. 

Durch  die  Berührung  mit  dem  Orient,  durch  den  Handel,  welcher  einen 
immer  lebhafteren  Verkehr  mit  fernen  Gegenden  unterhielt,  gelangten  wie  in 
das  übrige  Europa   auch   zu    uns   zahlreiche    fremde  Ge  wach  se   und   fanden 


')  Vgl.  S.  20  ff. 

2)  Vgl.  auch  Beck,  lUyrien,  S.  3i3. 

^)    Nach  K.   Patsch   in  Beiträge   zur  alten    Geschichte   und    griechisch-römischen 
Altertumskunde,   (iQo3),   S.  198—204. 

•*)   Südöstlich   vom   Livansko   polje  gelegen. 


hier  eine  neue  Heimat.  Einige  V'on  diesen  haben  sich  schon  in  alten  Zeiten 
derart  verbreitet,  daß  sie  mangels  irgendwelcher  Kenntnis  über  ihre  Herkunft 
von  unseren  autochthonen  Pflanzen  kaum  mehr  als  Fremdlinge  getrennt  werden 
können  und  deshalb  mit  dem  Namen  Halbbürger  belegt  wurden,  wie  z.  B.  Afte- 
misia  Absinthiiim  u.  a.  m.  Die  eingewanderten  und  verwilderten  Pflanzen  können 
hier  wegen  Raummangels  nicht  angeführt  werden.  Ich  will  nur  erwähnen,  daß 
wir  der  im  Bau^^begriffenen  Bahn  Sarajevo — Ostgrenze  den  neuesten  Ansiedler, 
Phacelia  tanacetifolia,  aus  Nordwest-Amerika  verdanken.  Unsere  Kulturpflanzen 
sollen  später  behandelt  werden. 

Schließlich  sei  bemerkt,  daß  auch  in  Bosnien  und  der  Herzegowina 
mehrere  saisondimorphe  Pflanzen  festgestellt  wurden,  deren  Entstehung 
nach  Wettstein  auf  den  Jahrhunderte  lang  regelmäßig  wiederkehrenden 
Wiesen-,  beziehungsweise  Feldschnitt  zurückzuführen  ist. 


c)  Die  Vcgctationsgcbicte. 

a)    Ihre  Verbreitung,   Begrenzung   und    Unterteilung. 

A)   Das  jnediterrarie  Gebiet. 

Da  das  mediterrane  Gebiet  bereits  im  ersten  Abschnitt  des  Führers  be- 
sprochen wurde,  obliegt  es  mir  nur  noch,  dessen  Verbreitung  innerhalb  der 
Grenzen  der  Herzegowina  zu  besprechen.  Bekanntlich  beherrschen  die  medi- 
terranen Pflanzenformationen  den  südlichen  Teil  Istriens,  den  sich  daran 
anschließenden  Archipel  und  einen  meist  nur  schmalen  Landstrich  an  der  Steil- 
küste Dalmatiens.  Die  mediterrane  Vegetation  ist  also  strenge  an  die  Küste 
gebunden,  ihre  eigentümlichste  Erscheinung,  die  Macchie,  reicht  nirgends  weiter 
landeinwärts.  Die  Niederungen,  die  einigen  Flußläufen  entlang  in  das  Innere  des 
Landes  führen,  weisen  jedoch  noch  viele  mediterrane  Genossenschaften  auf,  sind 
aber  bereits  von  den  Elementen  der  Eichenwaldformationen  durchdrungen  und 
stellen  daher  mediterrane  Übergangsgebiete  dar.  Wo  das  Meer  die  herze- 
gowinischen  Küsten  bespült,  also  nur  in  der  Sutorina  und  bei  Neum,  findet  man 
auch  noch  Macchien  entwickelt,  während  an  der  versumpften  Mündung  der 
Narenta  dieselben  Sumpfpflanzen  wie  in  Mitteleuropa  zu  beobachten  sind.  Auf- 
fallend sind  daselbst  nur  wenige  südliche  Typen,  wie  z.  B.  Periploca  graeca  im 
Hutovo  blato.  Das  Gelände  an  der  unteren  Narenta  ist  als  Eintrittsort  zahl- 
reicher mediterraner  Formen  umsomehr  beachtenswert,  als  es  die  einzige,  tief 
in  das  Binnenland  eindringende  mediterrane  Enklave  bildet  und  sich  bis  an  den 
Fuß  der  hochaufragenden  Prenj-  und  Cvrstnica  planina  erstreckt.  Außer  diesem 
Vorkommen  ist  die  Umgebung  von  Trebinje  als  mediterrane  Insel  bemerkenswert. 


io3 

B)   Die  Eichenregionen. 

D if,  K  b  e  n  e,  d  a  s  1 1  ü  g  e  1-  u  n  d  d  a  s  B  e  r  g"  1  a  n  d  des  i  1 1  y  r  i  s  c  h  e  n  B  i  n  n  e  n- 
1  an  des  ist  pflanzengeographisch  durch  den  Besitz  von  —  wenigstens  ursprüng- 
lich —  sehr  ausgedehnten  Waldungen  ausgezeichnet,  die  allerdings  vielfach 
gerodet  und  daher  sehr  zerstückelt  sind  und  für  die  das  Vorherrschen  mehrerer 
Qiierctis-A  r  t  e  n  besonders  charakteristisch  ist.  Beck  nennt  sie  deshalb,  wie  schon 
S.48  erwähnt  wurde,  «Eichenregionen»  und  unterscheidet  zwei  Hauptgruppen 
derselben:  die  bereits  im  ersten  Teile  besprochene  «il lyrische  Karstregion» 
und  die  «illyrische  Eic h en regio n»^).  Die  Karstregion  umfaßt  die  Berg- 
region der  Herzegowina  und  das  nordwestliche  Bosnien;  ihr  gehören  vornehm- 
lich die  Kalke  der  Kreide-  und  Triasformation,  viel  seltner  die  des  Jura  und  die 
eocänen  Sandsteine  des  Tertiärs  an.  Sie  beginnt  bei  Karlstadt  in  Kroatien,  be- 
tritt am  Oberlauf  der  Glina  bosnischen  Boden  und  zieht,  im  Norden  Sanskimost 
berührend,  ostwärts  bis  in  die  Gegend  von  Banjaluka.  Hier  wendet  sich  die 
Grenzlinie  der  Karstregion  längs  des  Vrbas  gegen  Süden,  wo  die  Voralpen- 
region ein  weiteres  Vordringen  in  das  Landesinnere  verhindert.  Die  Quell- 
gebiete der  Flüsse  Sana  und  Una  liegen  an  der  Grenze  der  beiden  Vegetations- 
regionen. Am  Vrbas  gehört  zur  Karstregion  noch  die  Umgebung  von  Jajce; 
hier  zeigt  sich  aber  bereits  ein  Gemisch  mit  Voralpenelementen,  die  zeitweilig, 
wie  an  der  Straße  nach  Banjaluka,  sogar  die  Vorherrschaft  gewinnen.  Gewöhn- 
lich sind  auch  die  zahlreichen  Poljen  von  den  charakteristischen  Eichen  {Qiiercus 
lanuginosa,  cerris  u.  a.),  der  Mannaesche  (Fraxinus  ornus)  und  von  Carpinus 
ditinensis  besäumt  oder  an  trockenen  Stellen  auch  besetzt.  In  der  Herzegowina 
schiebt  sich  die  Karstregion  zwischen  das  mediterrane  und  das  Voralpengebiet 
ein  und  erreicht  hier  auf  der  Wasserscheide  des  Ivan  ihren  nördlichsten  Punkt. 
Sie  umfaßt  somit  fast  die  ganze  Bergregion  der  Herzegowina. 

Das  Hügel-  und  niedere  Bergland,  welches  den  höheren  Gebirgen  Bos- 
niens im  Norden  vorgelagert  ist  und  das  sich  südwärts  von  den  Niederungen 
der  Save  ausbreitet,  gehört  der  «illyrischen  Eichenregion»  an.  In  hori- 
zontaler Richtung  erstreckt  sich  dieselbe  aber  weit  über  die  Landesgrenze. 
Sie  beginnt  etwa  an  der  Korana  und  umfaßt  ganz  Nordbosnien  und  fast  das 
ganze  Stromgebiet  der  Morava  innerhalb  Serbiens.  Ihr  gehören  also  haupt- 
sächlich die  Eocän-  und  Neogenformationen,  die  Serpentinausbrüche  und  die 
paläozoischen  Schiefer  an.  Ihre  charakteristischen  Waldbäume,  die  Trauben- 
eiche (Qiiercus  sessiliflora)  und  die  Weißbuche  (Carpinus  betulus)  besitzen  aber 
noch  zwei  hiervon  völlig  getrennte,  von  der  alpinen  Region  eingeschlossene 
Areale,  deren  eines  sich  im  Flußgebiet  der  Bosna  verbreitet  und  von  Travnik 
bis  Sarajevo  reicht,  während  das  andere  am  Oberlauf  der  Drina  (etwa  von 
ViSegrad  bis  Hum)  und  am  Lim  liegt. 


')  Dieselbe  bildet  mit  der  schon  größtenteils  außerhalb  Illyriens  liegenden  «unga- 
rischen Eichenregion»   die  «Eichenregion  des  Binnenlandes»   (S.  48). 


I04 


Cj  Die  i'oralpine  Region. 

Unsere  bekannten  Waldbäume,  die  Rotbuche  (Fagtis  silvatica),  Fichte 
(Picea  excelsa)  und  Tanne  (Abies  alba)  sind  hierzulande  die  Bewohner  des 
höheren  Berglandes  bis  zur  Baumgrenze  und  können  daher  zur  Absteckung  der 
Voralpenregion  dienen.  Sie  finden  sich  zuweilen  zwar  schon  in  den  Eichen- 
regionen, doch  ist  ihr  Vorkommen  daselbst  gewöhnlich  ein  vereinzeltes,  und 
ihr  Unterwuchs  entbehrt  zumeist  der  ihm  sonst  eigentümlichen  Voralpen- 
pflanzen. Nur  die  Buche  macht  diesbezüglich  eine  Ausnahme,  von  welcher 
später  noch  die  Rede  sein  wird.  Im  mediterranen  Gebiet  sowie  im  Sumpf- 
lande an  der  Save  und  Narenta  fehlen  die  drei  Bäume  vollkommen.  Bei  der  be- 
deutenden Höhe  des  Binnenlandes  reicht  die  subalpine  Vegetation  oft  bis  an 
die  Talsohle,  was  die  Ursache  ist,  daß  es  daselbst  zu  keiner  deutlichen  Aus- 
bildung einer  Bergregion  kommt.  Eine  Nadelholzregion  findet  sich  über  dem 
Buchenwalde  nur  selten  ausgebildet.  Hie  und  da  steigt  die  Buche  sogar  höher 
an  als  Fichten  und  Tannen.  Dies  wurde  übrigens  auch  in  den  Pyrenäen  und 
in  den  Südalpen  beobachtet  ^).  Nur  die  Panzerföhre  (Piniis  leiicodermis)  bildet 
auf  den  unwirtlichen  Höhen  einiger  herzegowinischer  Hochgebirge,  wie  auf  der 
Prenj,  Cvrstnica  und  Pla§a  einen  deutlichen,  wenn  auch  unterbrochenen  Wald- 
gürtel an  der  Baumgrenze. 

Was  die  Höhe  anlangt,  bis  zu  welcher  die  Buchen,  Fichten  und  Tannen 
in  Baumform  auf  den  Gebirgen  ansteigen,  so  finden  wir  nach  Becks  Angaben^) 

folgende  Werte  :  Herabreichen 

Baumgrenze        ,        ,    .         -r,      ■ 

*'  der  alpinen  Region 

Mittelwerte  in  Metern 

Südkroatischer  Karst 1500  1165  NO.'') 

Dinarische  Alpen 1690  1400 

Westbosnien 1675  ? 

Mittelbosnien 1650  1575  ') 

Südbosnien ijSi  1560*) 

Herzegowina l683  •^)  1500 ') 

Montenegro 1900^)  1700 

Die  ermittelten  Höhenangaben  zeigen,  daß  die  Baumgrenze  mit  ab- 
nehmender geographischer  Breite  in  die  Höhe  rückt. 

')  Vgl.  A.  Engler,  Die  Pflanzenformationen  etc.  der  Alpenkette  (1901),  S.  64 — 65. 
2)  Illyrien,  S.  287  — 3o3. 
^)  Pinus  leucodermis. 
*)  Meerseite  (SW.)  85OW. 

')  Nach  Beck,  1.  c.  S.  3o3.   Auf  der  Südseite  des  Vlaäic  i3oom. 
*')  Auf  dem  Trebevi(5  (Nordseite)  und  auf  der  Visocica  etwa  140OW.    Auf  der  Hrani- 
5>ava,  Lelija  und  auf  dem  Maglid  160OW. 

')  Prenj  und  Cvrstnica.    Auf  der  Bjelaäica  bei  Gacko  1400m,  auf  dem  Velez  1500m. 


105 


D)  Die  alpine  Region 

zeigt  nur  selten  das  anmutige  Bild  blühender  Pflanzenmatten  und  grüner  Halden, 
das  uns  aus  den  Geländen  der  deutschen  Alpen  bekannt  ist.  Von  den  Kreide- 
kalkgebirgen der  Herzegowina  abgesehen,  die  in  ihrer  scheinbar  völligen  Kahl- 
heit und  Öde  ein  großartiges  Bild  des  ungezügelten  Waltens  der  Natur  dar- 
stellen, reichen  nur  noch  die  reicher  bewässerten,  aus  Triaskalk  aufgebauten 
Berge,  auf  welchen  aber  gleichfalls  die  offenen  Formationen  tonangebend 
sind,  in  die  alpine  Region.  Nur  der  Niederwald  aus  Legföhren  und  anderem 
Dickicht  streut  zuweilen  dunkle  Flecken  auf  das  eintönig  helle  Kalkgestein  der 
Hochgebirgshalden.  Eine  Ausnahme  machen  die  sanften  Schieferkuppen  der 
Vranica  (2107???)  und  des  Vjeternik  (1867  nz)  in  der  Ljublana  planina,  wo  es  zur 
Bildung  von  ausgedehnten  Alpenmatten  kommt.  Die  sorgsame  Ausnützung 
eines  jeden  grünen  Angers  durch  Ziegen  und  vSchafe,  die  man  im  Sommer 
selbst  aus  den  Steinwüsten  der  südlichen  Herzegowina  auf  die  bosnischen  Hoch- 
gebirge zur  Weide  treibt,  bringt  es  mit  sich,  daß  die  Wiesen  nur  zu  bald  ihres 
schönsten  Blumenschmuckes  beraubt  sind  und  dem  forschenden  Besucher 
manche  Enttäuschung  bereiten. 

Die  Hochgebirge  Bosniens  und  der  Herzegowina  erreichen  gewöhnlich 
nur  eine  Höhe  von  wenig  über  2000  ;jz.  Selbst  die  höchste  Erhebung,  der  Maglic, 
ist  nur  238S  m  hoch.  Das  landschaftliche  Bild  der  südbosnischen  und  der  Kreide- 
kalk-Hochgebirge der  Herzegowina  erinnert  zuweilen  lebhaft  an  die  Dolomiten 
Südtirols.  Ewiger  Schnee  findet  sich  nirgends.  Schneeflecken  sieht  man  hin- 
gegen in  den  Felsschluchten  und  Dolinen  liegen;  sie  schmelzen  manches  Jahr 
überhaupt  nicht  ab.  Da  die  Vegetationsperiode  durchschnittlich  nur  vier  Monate 
dauert,  sind  alle  Lebenserscheinungen  in  diesen  kurzen  Zeitraum  zusammen- 
gedrängt, was  zur  Folge  hat,  daß  fast  ausschließlich  perennierende  Gewächse 
vorkommen.  Die  hochgradige  Insolation,  der  gesteigerte  Lichtgenuß,  dem 
die  grünen  Bewohner  der  Hochgebirgshöhen  während  des  länger  andauernden 
Tages  ausgesetzt  sind,  erfordern,  um  einer  allzustarken  Verdunstung  vorzu- 
beugen, die  mannigfaltigsten  ök  ol  o  g  i  s  c  h  e  n  Ein  ri  chtungen.  Wir  finden 
daher  in  der  alpinen  Region  sehr  oft  polsterförmige  Rasen,  deren  Laub  sich 
dachziegelförmig  deckt.  Die  grünen  Organe  sind  gleichwie  auf  der  Felsenheide 
der  mediterranen  Flora  mit  einem  silberfarbigen  oder  grauen  Pelz  versehen, 
die  Blätter  fieischig,  lederartig  oder  mit  Kalk  inkrustiert.  Das  «warme»  Kleid, 
das  unsere  Alpenpflanzen  zum  Unterschiede  von  den  fast  kahlen  hochnordischen 
oft  umhüllt,  ist  auf  den  illyrischen  Hochgebirgen  noch  häufiger  zu  beobachten 
und  nicht  ein  Schutzmittel  gegen  die  Kälte,  sondern  gegen  die  Vertrocknung. 

Was  das  Vorkommen  der  alpinen  Region  betrifft,  so  findet  man  sie  in 
größter  Ausdehnung  besonders  auf  der  Vranica,  Bjelasnica,  Treskavica,  Lelija, 
Maglic-Volujak,  auf  der  Cvrstnica  und  Prenj  planina. 


io6 

i'j)  Die  P  f  1  a  n  z  e  n  f  o  r  m  a  t  i  o  n  c  n . 

A)  Waldformationen. 

1.  Der  Karstwald. 

Der  bereits  im  ersten  Teile  dieses  Führers  besprocliene  Karstwald  er- 
hält stellenweile  durch  die  Einmischung  von  zwei  interessanten  Eichen  ein 
verändertes  Bild.  Es  sind  dies  Qiiercus  conferta  und  Qii.  macedonica.  Die 
Zigeunereiche  {Qu.  conferta  [Kit.]  Schult.,  serbo-kroatisch  dubovina,  bijeli 
cer  ^),  kann  wegen  ihrer  großen,  sehr  kurz  gestielten,  nach  vorne  stark  ver- 
breiterten, tiefgebuchteten  Blätter,  die  an  den  Enden  der  Zweige  zusammen- 
gedrängt stehen,  wohl  die  schönste  der  laubabwerfenden  europäischen  Eichen 
genannt  werden.  Sie  stellt  bis  in  das  Alter  dicht  und  tief  herab  belaubte  Bäume 
mit  schön  gewölbter  Krone  und  hellbrauner  Borke  dar,  die  in  dichtem  Schluß  bei- 
sammenstehen und  an  welchen  man  häufig  Stockausschläge  und  auch  Wurzelbrut 
findet.  Das  Wachstum  geht  langsam  vor  sich,  das  Holz  ist  dicht,  schwer  spalt- 
bar, stark  rissig,  dauerhafter  als  das  der  Stieleiche  und  daher  als  Bauholz,  für 
Schwellen  usw.  sehr  geschätzt.  Die  Eicheln  sind  etwas  kleiner  und  meist  auch 
dünner  als  bei  der  Wintereiche,  ziemlich  süß^)  und  als  Mast  geschätzt,  doch 
sind  fruchtbare  Jahre  nicht  häufig.  Die  Zigeunereiche  kommt  in  Sardinien, 
Süditalien  (Kalabrien,  Apulien),  im  südlichen  (Komitat  Bacs,  Slavonien)  und 
östlichen  Ungarn,  in  Siebenbürgen  und  Rumänien  vor,  ist  in  ganz  Serbien  die 
«gemeinste  Art»  und  auch  in  Bulgfarien  sehr  häufio".  vSie  findet  sich  ferner  auf 
der  ganzen  übrigen  Balkanhalbinsel,  wo  sie  im  Malevogebirge  (Peloponnes  ^) 
wohl  den  südlichsten  bekannten  Standort  hat.  Nicht  selten  bildet  sie  Busch- 
werke, wie  in  Albanien,  Serbien"*)  und  Bulgarien.  Über  Serbien  zieht  ihr  Ver- 
breitungsgebiet längs  der  Save,  des  Lim  und  der  Drina  nach  Bosnien.  Hiervon 
getrennt  findet  sie  sich  noch  an  mehreren  Orten  Bosniens  und  der  Herzegowina 
zerstreut  vor.  Als  Bestandteil  des  Karstwaldes  kommt  sie  mit  Carpiniis  didnensis 
im  Drinatale  und  in  der  Herzegowina  besonders  im  Dubravawalde  vor.  Von 
hier  aus  verbreitet  sie  sich  längs  der  Narenta  bis  gegen  Konjica  zu.  Auf  der 
Palez  planina  bei  Gorazda  dürfte  sie  noch  bei  iooo?n  gedeihen,  auf  der  Stara 
planina  in  Serbien  fand  sie  Adamovic  noch  bei  gSom.  Abarten  der  Zigeuner- 
eiche haben  Borbäs,  Haussknecht  und  Haläcsy  beschrieben.    Kreuzungen 


')  Nach  Simonkais  Monographie  «Quercus  et  Querceta  Hungariae»  (1890),  S.  II 
und  32  mit  Qu.  Farnetto  Ten.  identisch.  Qu.  hungarica  Hubeny  ist  nach  Borbäs  in  «Österr. 
bot.  Zeitschrift^  1890,  S.  80  nur  eine  Abart  davon  (vgl.  auch  1.  c.  1886,  S.  282).  Beide 
Namen  sind  viel  jüngeren  Datums  als  der  von  Kitaibel  stammende.  Unter  Anlehnung  an 
den  slavonischen  Volksnamen  dieser  Eiche  «Kittnyak»  (Zigeunerholz)  bestrebe  ich  mich, 
den  Namen  «Zigeunereiche»  einzuführen.  Eine  schöne  Abbildung  findet  sich  in  Hempel 
und  Wilhelm,  Bäume  und  Sträucher  des  "Waldes  II,  Taf.  XXIV. 

^)  Daher  die  serbischen  Namen  sladun,  blagun,  sladka  granica  usw. 

^)  Vgl.  Haläcsy,  Consp.  flor.  graecae  III,  S.  129. 

"*)  Bestandteil  der  «Sibljakformation». 


107 

wurden  bisher  mit  Qji.  robur,  Qji.  sessilißora  und  Qii.  cerris  bekannt.    Der  Unter- 
wuclis  der  von  ihr  gebildeten  Bestände  ist  noch  zu  studieren. 

Querciis  viacedonica  A.  DC.  erreicht  in  der  Herzegowina  ihren  nörd- 
lichsten Standort.  Im  Dubravawalde  trifft  sie  mit  der  Zigeunereiche  zu- 
sammen und  wurde  ostwärts  davon  bis  Pobrati  und  Stolac  beobachtet.  Ver- 
breiteter ist  sie  bereits  in  Montenegro,  von  wo  ihr  Areale  zungenförmig  bis  in 
die  Umgebung  von  Trebinje  (Herzegowina)  reicht.  In  Albanien  wurde  die 
mazedonische  Eiche  an  vielen  Orten  beobachtet,  und  in  Epirus  ^)  liegt  ihr  süd- 
lichster bekannter  Standort.  Das  Laub  erinnert  in  der  Form  an  das  der  Ca- 
stanea  sativa,  ist  aber  kleiner,  lederig  und  dunkelgrün.  Unter  den  verwandten 
Eichen  des  Gebietes  steht  ihr  Qit.  Hex  am  nächsten.  Zusammenhängende  Busch- 
werke bildet  die  mazedonische  Eiche  gewöhnlich  nur  in  geringem  Umfange, 
meist  tritt  sie  mit  anderen  Eichen  auf  (Qii.  cerris,  lamiginosa  und  conferta),  ferner 
mit  Carpinns  duinensis,  Ostrya  carpinifolia,  Palhirus  aiistralis,  Phillyrea,  Pxinica, 
Junipcrus  oxycednis  etc.  In  Montenegro  und  Albanien  drängen  sich  ihre  Be- 
stände häufig  in  die  mediterrane  Felsheide  ein.  Höhere  Lagen  werden  von  ihr 
gemieden,  nur  in  Montenegro  soll  sie  angeblich  noch  bei  ii5o;n  von  Hassert 
beobachtet  worden  sein. 

2.  Der  bosnische  Eichenwald. 

Während  die  Niederungen  an  der  Save  stellenweise  von  fast  reinen  Be- 
ständen der  Stiel-  oder  Sommereiche  (Qiierciis  robur ~)  bewaldet  werden 
(«Slavonische  r  Eichenwald»),  zeigt  das  tertiäre  Berg-  und  Hügelland, 
welches  in  Nordbosnien  den  höheren  Gebirgen  vorgelagert  ist,  eine  Genossen- 
schaft von  Bäumen,  Sträuchern  und  Kräutern,  die  Beck  mit  dem  Namen 
«Bosnischer  Eichenwald»  belegt  hat.  Diese  Waldformation  bildet  jedoch 
nicht  nur  in  Nordbosnien,  südlich  etwa  durch  die  Orte  Novi,  Sanskimost,  Ban- 
jaluka,  2epce,  Srebrenica  begrenzt,  eine  eigentümliche  Vegetationszone, 
sondern  sie  reicht  auch  ostwärts  bis  nach  Serbien  (Morava)  hinüber  und  findet 
sich  Weiters  inselartig  im  Innern  Bosniens,  wie  z.  B,  an  den  Bergabhängen 
längs  der  Flüsse  Miljacka,  Bosna,  La2va  u.  a.  m.  Der  tonangebende  Baum 
ist  Qiiercus  sessilißora,  die  Trauben-  oder  Wintereiche,  zu  welcher  auf  den 
niederen  Berggipfeln  gerne  Q_u.  cerris  (die  Zerreiche)  hinzutritt.  Auf  den  süd- 
westlichen Gehängen  findet  sich  oft  auch  Qii.  robur  ein.  Von  den  übrigen 
Bäumen,  die  für  diese  Pflanzenformation  eigentümlich  sind,  seien  die  Weiß- 
buche (Carpinus  Betulus),  die  gemeine  Esche  (Fraxinus  excelsior),  der  Kirsch- 
baum (Prunus  avium),   der  Birnbaum  (Pirus   coiniminis),   der   Maßholder   (Acer 


^)  Auf  dem  Berge  Handja  beim  Kloster  Hag.  Ilias  im  Distrikt  Philippiadia.  Siehe 
Baldacci,  Rivist.  della  coUez.  bot.  fatta  nel.  1895  i°  Albania,  S.  70. 
-)  In  Ungarn  Sumpfeiche  genannt. 


io8 


campestre),  der  Walnußbaum  {Julians  regia),  die  Silberlinde  (Tilia  tomentosa) 
und  die  Edelkastanie  (Castanea  sativa)  genannt.  Eine  interessante  Abänderung- 
erfährt der  bosnische  Eichenwald  auf  vSerpentingestein,  wo  neben  der 
Wintereiche  auch  die  Schwarzführe  (Pimis  nigra)  auftritt.  Im  höheren 
Berglande  mischen  sich  die  Eichen  immer  mehr  mit  der  Buche,  Fichte  und 
Tanne  und  werden  schließlich  von  diesen  gänzlich  verdrängt.  Im  Unterwuchs 
findet  man  besonders  häufig:  Jiiniperiis  communis,  Ligustrum  vulgare,  Crataegus 
monogyna,  Prunus  spinosa,  Corylus  avellana,  Acer  tataricum,  Cotinus  Coggy- 
gria,  Clematis  vitalba,  Rubus  liirtus,  Pteridium  aquilinuiu,  Helleborus  odorus, 
Sanicula  europaea,  Primula  acaulis,  Thymus  montanus,  Melampyrum  pratense, 
Campanula  glonierata,  persicifolia  und  Jrachelium,  Galiuin  vernum,  Chrysan- 
tliemum  corymbosum  und  viele  andere  Pfianzen,  deren  Aufzählung  zu  weit 
führen  würde.  Auf  Serpentin  ist  fast  überall  Erica  carnea  zu  beobachten.  Im 
ganzen   ist  das  Vorherrschen  baltischer  Elemente  sehr  auffallend. 

Es  ist  (nach  Beck,  Illyrien,  S.  221)  mitunter  nicht  leicht,  den  Karstwald 
vom  bosnischen  Eichenwalde  scharf  zu  trennen.  Derlei  «Lokalitäten,  auf  denen 
ein  Zusammentreffen  der  beiden  Formationen  angenommen  werden  kann», 
finden  sich  unter  anderen  bei  Travnik  und  bei  Varcar  Vakuf  (nordwestlich 
von  Jajce).  Es  läßt  sich  jedoch  eine  Anzahl  Pflanzen  auffinden,  die  einander  in 
den  beiden  Formationen  vertreten. 


K  a  r  s  t  w  a  1  d  : 
Quercus  lanuginosa 

Fraxinus  Ornus .  . 
Carpinus  duinensis 
Ostrya  carpinifolia 
Prunus  Malialeb  .    . 


Acer  monspessulanum  .    . 

Juniperus  oxycedrus.   .   . 
Cytisus  ra}nentaceus   .    . 


Bosnischer   Eichenwald: 
Qiiercus  sessilißora 
Quercus  Cerris 
Fraxinus  excelsior 


Carpiinis  Betulus 

Prunus  avium 
Acer  tataricum 
Acer  campestre 
Juniperus  communis 
Cytisus  nigricans 


Die  übrigen  Baumformationen  sind  von  geringerer,  meist  örtlicher 
Bedeutung  und  seien  daher  nur  kurz  angeführt. 

Die  Schwarzführe  (Pinus  nigra  =  P.  austriaca)  bildet  nur  im  Südosten 
Bosniens,  am  Oberlaufe  der  Drina  und  im  Novibazar  am  Lim  größere  ge- 
schlossene Waldgebiete.  Sonst  tritt  sie  zumeist  im  Verbände  mit  Pinus  silve- 
stris.  Picea  excelsa,  Fagus  silvatica  oder  Qiiercus  sessilißora  als  Waldbildner 
auf,  oder  sie  breitet,  einzeln  oder  horstweise  an  den  felsigen  Bergabhängen 
nistend,  ihre  schirmförmige  Krone  horizontal  in  die  Lüfte  aus.  Sie  ist  eine  Be- 
wohnerin der  Bergregion,  steigt  aber  zuweilen  auch  bis  in  die  subalpine  Region 
auf  und  zieht  paläozoisches  Gestein  vor,  ohne  den  Kalk  zu  meiden.   Ihr  Unter- 


log 

wuchs  zeigt,  wie  auch  in  Niederösterreich,  keine  charakteristischen  Gewächse. 
Nur  auf  Serpentin  wird  die  Schwarzführe  ständig  von  Krica  carnea  begleitet, 
der  sich  zuweilen  aucii  die  Königsblume  (Daphne  Blagayana)  zugesellt. 

Birkenwälder  (gebildet  von  Betiila  verrucosa)  kommen  vereinzelt  vor, 
wie  auf  der  Vranica  und  Stit  planina,  wo  sie  von  Calliina  vulgaris  und  Erica 
carnea  begleitet  werden. 

Uferauen  werden  meist  aus  Erlen  (Almis  gliitinosa,  seltener  incana), 
Weiden  (Salix  purpitrea,  fragilis,  cinerea,  alba),  Pa[:)peln  (Populiis  nigra,  alba, 
tremula)  und  Ulmen  (Ulmus  campestris  und  pedunculata)  gebildet.  Unter  ihren 
Begleitern  sind  Sambncus  Ebiihis,  Eupatoriinn  cannabimnn,  Lycopus  europaeiis, 
Filipendula  Ulmaria,  Thalictnnn  angiistifoliimi  und  als  Schlinggewächse  Cle- 
matis  vitalba,  Hianulus  Lupuhis  und  Calystegia  sepiiun  auffallend. 

3.  Voralpine  Waldformationen. 

I.  Der  Buchen  wald.  Die  Rotbuche  (Fagus  silvatica)  nimmt  in  reinen  Be- 
ständen etwa  ein  Drittel  des  gesamten  Waldlandes  ein.  In  tieferen  Lagen  gesellt 
sie  sich  sehr  häufig  den  Eichen  zu,  verliert  dann  aber  ihr  eigentümliches  Gepräge, 
das  erst  in  der  subalpinen  Region  zur  Entfaltung  gelangt.  Hier  bildet  sie  im  Verein 
mit  zahlreichen  voralpinen 'ry[)en  eine  Formation,  die  lebhaft  an  ihr  Vorkommen 
in  den  Alpen  erinnert  und  sich  davon  in  nichts  zu  unterscheiden  scheint.  Dringen 
wir  aber  tiefer  in  den  Buchenhochwald  ein,  so  gibt  er  nicht  selten  die  Spuren 
seines  Urzustandes  zu  erkennen.  Vom  Sturm,  Blitzschlag  oder  Felssturz  gefällte 
Stämme  schlagen  zuweilen  eine  Bresche  in  das  schattige  Waldinnere,  und  in 
der  sonnenbestrahlten  Lichtung  entwickeln  sich  dann  schnell  die  im  Waldes- 
dunkel unterdrückten  Kräuter  und  Stauden.  Die  morschen  gefallenen  Stämme 
vermodern  in  wenigen  Jahren,  junge  Buchenstämme  überragen  den  Niederwuchs, 
und  bald  ist  der  Hochwald  wieder  geschlossen.  An  anderen  Orten,  wo  die 
Macht  der  Gewitter  nicht  so  verheerend  wirkt,  oder  in  Buchenhainen,  wie  sie 
die  gehölzlosen  Formationen  der  Voralpen  oft  unterbrechen,  gewinnt  der  Wald 
ein  freundlicheres  Aussehen. 

Die  vertikale  Verbreitung  der  Rotbuche  kann  aus  nachstehender  Tabelle 

ersehen  werden:  Untere  Obere 

Buchenwaldgrenze  Gürtelbreite 

Dinarische  Alpen    ....         933  l632  699 

Westbosnien 95°  1660  7  IG 

Mittelbosnien 1016  1542  526 

Südbosnien  878  1661    (1740)  783 

Herzegowina io37  1576   (1900)  539 

Montenegro 1050  161 5    (2060)  565 

Sie  lehrt  uns,  daß:  i.  die  obere  und  untere  Höhengrenze  der  Buche  mit 
abnehmender  geographischer  Breite  aufwärts  rückt  und  die  Gürtelbreite  dabei 
abnimmt;  2.  wenn  man  nach  Beck  (lUyrien,  S.  32i)  die  Gürtelbreite  des 
Buchenwaldes   in   den  österreichischen  Alpen  mit  1050  m  annimmt,  dieselbe   in 


den  südillyrischen  Gebirgen  nahezu  die  Hälfte  ihrer  Mächtigkeit  eingebüßt  hat. 
An  ihrer  oberen  Hohengrenze  sehen  wir  die  Buchen  oft  strauchfürmig  und  leg- 
föhrenartig bis  in  das  alpine  Gebiet  vordringen  und  ist  ihr  höchstes  Vor- 
kommen durch  die  eingeklammerten  Hohenvverte  in  der  Tabelle  gekenn- 
zeichnet. 

Wenn  auch  der  illyrische  Voralpenwald  im  allgemeinen  nicht  in  Zonen 
geteilt  werden  kann  und  in  manchen  Gebirgen  wie  in  der  Treskavica,  Lelija 
und  auf  dem  MagHc  sogar  abwechselnd  Buche  und  Nadelhölzer  die  Baumgrenze 
bilden,  so  treten  die  letzteren  doch  durchgehends  erst  in  höheren  Lagen  auf 
und  lassen  an  ihrer  oberen  Verbreitungsgrenze  die  Buche  meist  zurück.  Nur 
auf  der  Vranica  bilden  die  Nadelhölzer  über  dem  Buchenwalde  eine  deutlich 
erkennbare  Zone. 

Die  Rotbuche  neigt  mehr  als  alle  übrigen  Bäume  zum  Vorkommen  in  Misch- 
wäldern. Vornehmlich  geschieht  dies  durch  das  gesellige  Auftreten  mit  der 
Tanne,  mit  welcher  sie  meist  die  nördlichen  Abhänge  der  Gebirge  bedeckt,  und 
mit  der  Fichte.  Auch  mit  beiden  Nadelhölzern  vereint  sie  sich  oft,  wie  z.  B.  in 
der  Crna  gora  (am  Ursprung  der  Sana),  wo  die  Buchen  45 %,  die  Tannen  32° j^ 
und  die  Fichten  24^/0  des  Waldbestandes  ausmachen.  Der  Unterwuchs  der 
Buche  erleidet  in  dieser  Mischung  solange  keine  Änderung,  als  der  Lichtzutritt 
ein  genügender  ist.  Viel  seltener,  wie  z.  B.  im  Südostbosnien  (Romanja  planina, 
Semec)  findet  man  Kiefern  (Pimis  silvestris  und  P.  nigra)  im  Verbände  mit  der 
Buche  an.  Ein  anderer  Mischwald  wird  durch  das  Eindringen  der  Buche  in  den 
bosnischen  Eichenwald  hervorgerufen.  Daselbst  findet  man  sie  häufig  mit  Car- 
pimis  Betulus,  Qiierciis  Cerris,  Q.  sessilißora,  Popiihis  tretnula,  Betula  vennicosa, 
Acer  campestre,  Tilia  tomentosa  u.  a.  beisammen.  Mit  der  Panzerföhre  (Pinus 
leucodennis)  trifft  die  Buche  auf  der  Preslica,  Prenj,  Plasa  und  Cvrstnica  planina 
zusammen. 

Die  verschiedenen  Höhenlagen,  welche  die  Rotbuche  bewohnt,  bringen 
es  mit  sich,  daß  daselbst  die  Belaubung  und  der  Blattfall  zu  sehr  verschiedenen 
Zeitpunkten  erfolgt.  Nach  Beck  (Illyrien,  S.  324)  beginnt  die  Belaubung  bei 
einer  Höhe  von  800 — 900  m  Ende  April,  bei  900 — 1000  m  Anfang  Mai,  bei 
1000 — xioom  Mitte  Mai,  bei  iioo — 1200111  Ende  Mai,  über  1200  ;n  Anfang  Juni, 
und  zwar  ergrünen  stets  die  nach  Osten  abfallenden  Gebirgshänge  zuerst. 

Nachstehend  wird  eine  kleine  Auswahl  der  wichtigsten  Bestandteile  der 
Buchenwaldformation  mitgeteilt   (v.  =  voralpin).  ^) 

O  b  e  r  h  o  1  z : 

Fagus  sUvatica  I  Quercus  sessiliflora 

Carpinus  Betulus  1  Popiilus  tremuLi 

Quercus  Cerris  Tilia  tomentosa 


')  Dieses  und  alle  folgenden  Pflanzenverzeichnisse  sind  größtenteils  nach  dem 
Werke  von  Beck  zusammengestellt,  enthalten  aber  auch  Resultate  eigener  Literatur- 
studien und  Beobachtungen. 


Sorbiis  aucuparia 

—  Aria 
Acer  obtusatum 

—  Pseudoplaianus  (v.) 
Acer  campesfre 


Corylus  Avellana 
Daphne  Me\ereHm 
Crataegus  monogvna 
Prunus  spinosa 
Rosa  arvensis 
—  alpina  (v.) 


Hedera  Helix 


Abi  es  alba 
Picea  excelsa 
Pinus  silvestris 
—  nigra 


Unterholz: 


Kubus  idaeus 

Rhamnus  f=  Rh.  carniolica)  (v.) 

Cornus  mas 

Vaccinium  Myrtillus 

Lonicera  alpigena  (v.) 


—   Xylosteum 

Kletterpflanzen: 

I  Clematis  Vitalba. 


N  i  e  d  e  r  w  u  eil  s : 


Poa  nemoralis 
Milium  effusum 
Dactylis  glomerata 
Festuca  silvatica 
Ory:{opsis  miliacea 
Lu:{ula  nemorosa 
Allium  ursinum 
Polygonatum  verticillatum 
Paris  quadrifolia 
Crocus  venius 
Neottia  nidus  avis 
Moehringia  muscosa  (v.) 
Anemone  nemorosa 

—  Hepatica 
Actaea  nigra 

Thalictrum  aquilegifolium  (v.) 
Ranunculus  lanuginosus 

—  platanifolius  (v.) 
Dentaria  bulbifera 

—  enneaphyllos 

—  trifolia 
Viola  silvestris 
Asarum  europaeum 
Euphorbia  amygdaloides 
Mercurialis  perennis 
Geranium  phaeum 

—  macrorrhi:{um  (v.) 
Sanicula  europaea 
Aruncus  silvester  (v.) 
Saxifraga  rotundifolia  (v.) 
Epilobium  montanum 
Circaea  lutetiana 


Aretnonia  agrimoninides 
Fragaria  vesca 
Geum  urbanum 
Vicia  oroboides  (v.) 
Lathyrus  vernus 
Monotropa  hypopitys 
Primula  acaulis 
Cyclamen  europaeum 
Gentiana  asclepiadea  (v.) 
Erythraea  Centaurium 
Myosotis  silvatica 
Pulmonaria  officinalis 
Symphytum  tuberosum 
Lamium  luteum 
Salvia  glutinosa  (v.) 
Melittis  Melissophyllum 
Calamintha  grandiflora  (v.) 
Veronica  Chamaedrys 

—  latifolia  (v.) 
Digitalis  ambigua 
Campanula  persicifolia 
Phyteuma  spicatum 
Aspei'ula  odorata 

—  taurina 
Galium  silvaticum 
Adoxa  moschatellina 
Knautia  silvatica 
Adenostyles  Alliariae  (v.) 
Aposeris  foetida 
Doronicum  Columnae  (v.) 
Senecio  sarracenicus 
Solidago  Virga  aurea 


112 


Buph thahnum  sa licifo Hu m 

—  (Telekia)  speciosiim 
Chrysanthemum  macroplivllum 

—  corymbosum        / 
Senecio  rupestris  (v.) 
Lactuca  muralis 
Mulgedhan  Pancicii  (v.) 
Prenanthes  purpiivea  (v.) 


Hieracium  transsilvanicum  (v.) 

—  silvaticum 
Aspidhnn  Filix  mas 

—  lobatum  (v.) 
Pteridiiim  aquilinum 
Atliyrium  Filix  femina 
Äsplenium  viride  (v.) 


IL  Fichten-  und  Tannenwälder  (Picea  excelsa  und  Abies  alba).  Gleich 
wie  die  Buchen  besiedeln  auch  Fichten  und  Tannen  das  höhere  Bergland  bis  zur 
Baumgrenze.  Ihr  Vorkommen  gewinnt  schon  deshalb  an  Interesse,  da  sie  in  Illy- 
rien  ihre  südHche  Verbreitungsgrenze  erreichen.  Sie  fehlen  in  Dalmatien  gänz- 
lich^) und  treten  selbst  in  den  Dinarischen  Alpen  nur  an  den  gegen  Nordost  ab- 
fallenden Höhen  auf,  wo  ihren  Lebensbedingungen  durch  die  größere  Feuchtig- 
keit der  Luft  und  des  tiefgründigeren  Bodens  entsprochen  wird.  In  der  Herzego- 
wina treten  Fichte  und  Tanne  erst  wieder  an  den  Nordhängen  der  (Sabulja,  des 
Velez,  der  Crvanj  und  Baba  planina  auf.  Auf  dem  Orjen  in  der  Bjela  gora  be- 
finden sich  die  gegen  die  Adria  zu  am  meisten  vorgeschobenen,  vielleicht  isoliert 
liegenden  Standorte,  da  diese  Nadelhölzer  sowohl  auf  dem  Lovcen  als  auch  auf 
den  zwischen  dem  Skutarisee  und  der  Adria  liegenden  Bergen  (Rumija  etc.) 
fehlen.  Sie  beginnen  überall  erst  tief  im  Lande  waldbildend  aufzutreten  und  reichen 
südwärts  nur  bis  zu  den  Nordalbanischen  Alpen. 2)  Im  Norden  haben  die  Fliehten 
und  Tannen  gegen  das  Tiefland  der  Save  zu  eine  zweite  Verbreitungsgrenze, 
die  über  die  Grmec  und  Borja  planina,  sowie  das  Kladanjer  Mittelgebirge  nach 
Osten  verläuft.  Ihre  untere  Höhengrenze  liegt  in  Bosnien  bei  800—1000  ni,  die 
Gürtelbreite  ist  wegen  des  erst  in  bedeutenderen  Höhen  beginnenden  Auftretens 
viel  geringer  als  bei  der  Buche  und  kann  mit  498  m  im  Mittel  angenommen 
werden.  Nicht  selten  finden  sie  sich  noch  urwaldartig  vor,  wie  z.  B.  auf  der 
Crna  gora^)  im  Quellgebiet  der  Sana,  wo  selbst  vStämme  von  60  bis  70  m  Höhe 
vorkommen. 

Die  Fichten  und  Tannen  finden  sich  sowohl  in  reinen  Beständen  jede  für 
sich,  als  auch  beide  vereint,  oder  mit  Buchen,  seltener  mit  Schwarzföhren, 
Weißföhren  (Pintis  nigra  und  silvestris)  und  nur  an  wenigen  Orten  mit  Eichen 
und  Birken  verbrüdert  vor. 

Da  bei  halbwegs  gutem  Schluß  der  Wälder  der  Lichtzutritt  in  den  Wald- 
grund sehr  gering  ist,  können  sich  daselbst  auch  nur  wenige  Gewächse  be- 
haupten. Der  Boden  ist  jedoch  oft,  namentlich  auf  Schieferunterlage,  von  einem 
smaragdgrünen  Moosteppich  bedeckt. 


■)    Für  den  Biokovo  wurden  beide   Bäume  angegeben,    aber  die  Angabe    ist  nicht 
bestätigt  worden  (vgl.  Beck,  Illyrien,  S.  338). 

^)   Die  südlicher  gelegenen   Standorte   sind  zweifelliaR  oder  isoliert. 
^)   Tafel  XXIII. 


ii3 


Ü  b  e  r  h  o  1  z : 


Picea  excelsa 
Abies  alba 
Pinus  nigra 
—  silvestris 


Salix  silesiaca  (v.) 
Hex  Aquifolium  (v.) 
Rhamnus  fallax  (v.) 


Lii:{ula  silvatica  (v.) 
Maja n  th em  u m  bifo Hu  m 
Streptopus  amplexifoliits 
Dentaria  enneaphyllos 

—     bulbifera 
Oxalis  acetosella 
Saxifraga  rotundifolia 
Circaea  lutetiana 
Genista  sagittalis 
Monotropa  hypopitys 
Gentiana  asclepiadea  (v.) 
Salvia  glutinosa  (v.) 


Unterholz: 


Niederwuchs: 


Fagus  silvatica 
Acer  obtusatum 
—  Pseudoplatanus 


Rosa  pendiiUna  (v.) 
Vaccinium  Myrt Ullis 
Lonicera  alpigena  (v.) 


Lamiiim  luteum 
Galium  rotundifolium 
Asperula  odorata 
Adenostyles  Alliariae  (v.) 
Homogyne  silvestris  (v.) 
Doronicum  austriacum  (v.) 
Prenanthes  purpurea  (v.) 
Aspidium  Filix  mas 

—  lobatum 

—  spinulosum 
Athyrium  Filix  femina 


III.  Der  voralpine  Misch w^ald.  Wie  bereits  früher  erwähnt,  findet 
man  in  der  voralpinen  Region  nicht  selten  auch  Wälder,  die  aus  einem  bunten 
Gemenge  verschiedener  Laub-  und  Nadelhölzer  zusammengesetzt  sind.  Sie 
fallen  aber  nicht  nur  durch  die  Verschiedenheit  der  das  Oberholz  bildenden 
Arten  auf,  sondern  auch  durch  die  den  lichten  Waldgrund  in  großer  Zahl  be- 
wohnenden subalpinen  Kräuter  und  Sträucher.  An  ihrer  oberen  Grenze  dringen 
häufig  Legföhren  (Pinus  Pumilio)  und  Zwergwacholder  (Jiiniperus  nana)  in  ihre 
sich  zumeist  in  einer  Höhenlage  von  1400  — 1700  m  erstreckenden  Bestände  ein. 
Der  Unterwuchs  des  voralpinen  Mischwaldes  zeigt  sich  am  schönsten  an  lichten 
Waldstellen,  wo  durch  Quellen  oder  Bächlein  für  eine  genügende  Feuchtigkeit 

gesorgt  wird. 

Oberholz: 


Picea  excelsa 
Abies  alba 
Populus  tremula 
Fagus  silvatica 


Pinus  Pumilio 
Corylus  Avellana 
Ribes  petraeum 
Rhamnus  fallax 
Rubus  idaeus 
Exkursion  in  die  illyrischen  Länder. 


Unterholz: 


Acer  obtusatum 

—  Pseudoplatanus 
Sorbus  aucuparia 

—  Mougeotii 


Daphne  Me:{ereum 
Erica  carnea 
Vaccinium  Myrtillus 
Lonicera  alpigena 
—  Xylosteum 


114 


Nieder  wuchs: 


Descliampsia  caespitosa 
Lu:{ula  silvatica 
Veratrum  albmn 
Melandryum  rubrum 
Thalictrum  aquilegifolium 
Ranunculus  aconitifolius 
Anemone  nemorosa 
Hesperis  dinarica 
Mrrrhis  odorata 
Anthriscus  nitidus 
Filipendula  Ulmaria 
Saxifraga  rotundifolia 
Aruncus  Silvester 
Euphorbia  amygdaloides 
Epilobium  montanum 
Agrimonia  Eupatoria 
Vicia  oroboides 
Gentiana  asclcpiadea 


Salvia  glutinosa 
Veronica  latifolia 
Adenostyles  A lliaria e 
Doronicum  austriacum 
Chrysanthemum  macrophyllum 
Senecio  sarracenicus 
Buplithalmum  speciosum 
Cirsium  pauciflorum 
Mulgedium  Pancicii 

—  alpinum 
Prenanthes  purpurea 
Aposeris  foetida 
Aspidium  Filix  mas 

—  lobatum 

—  spinulosutn 

—  Lonchitis 
Scolopendrium  vulgare 
A thyrium  Filix  femina 


IV.  Die  Formation  der  Panzerföhre  (Pinus  leucodermis,  «Smrc» ; 
vgl.  Tafel  XXIII  und  XXIV).  Dieser  Baum  wurde  im  Jahre  1864  von  F.  Maly 
auf  dem  Orjen  entdeckt,  blieb  jedoch  bis  zum  Jahre  1887  "ur  von  diesem  Orte 
bekannt.  Beck  hatte  zwar  schon  zwei  Jahre  früher  in  der  Herzegowina  (Prenj 
planina)  eine  F'öhre  gefunden,  die  ihm  neu  zu  sein  schien  und  die  er  Pinus 
prenja  nannte,  aber  erst  später  stellte  sich  heraus,  daß  die  beiden  Kiefern  nicht 
voneinander  verschieden  sind.  In  rascher  Folge  wurden  nun  zahlreiche  Stand- 
orte dieser  im  Nordwesten  der  Balkanhalbinsel  endemischen  Baumart  bekannt.^) 
Viele  von  ihnen  liegen  innerhalb  unseres  Gebietes  in  der  Herzegowina,  wo  die 
Panzerföhre  für  die  aus  Trias-  und  Kreidekalk  aufgebauten  Hochgebirge  höchst 
charakteristisch  ist.  vSie  wurde  daselbst  auf  der  Preslica,  Visocica,  dem  Prenj- 
Gebirgsstock,  der  Plasa,  Cvrstnica  und  Cabulja  und  in  Bosnien  auf  der  Hrani- 
sava  gefunden.^)  Der  letztere  Standort  ist  am  weitesten  gegen  Norden  vor- 
geschoben. Außerdem  kommt  sie  auch  im  nördlichen  Montenegro,  bei  Plevlje 
im  Sandzak  Novibazar  und  sehr  spärlich  im  serbischen  Landkreise  Uzice  vor. 

Die  Panzerföhre  ist  der  Schwarzföhre  sehr  ähnlich,  aber  von  ihr  ent- 
schieden als  Art  zu  trennen.  Der  aus  bogigem  Grunde  gerade  aufstrebende 
Stamm  trägt  eine  kegelförmige,  schön  gewölbte,  auch  an  steilster  Felswand 
nie  schirmförmig  oder  einseitig  entwickelte,  dunkle  Krone.  Die  Borke  ist  weiß- 


^)  Im  ymphäischen  Pindus  kommt  niclit  P.  leucodermis,  sondern  P.  nigra  {P. 
pindica  F  orm.)  vor.  Ob  P.  Heldreichii  Christ  vom  Thessalischen  Olymp  ein  Synonym 
von  P.  leucordermis  darstellt,  scheint  noch  nicht  mit  Sicherheit  festgestellt  zu  sein.  Vgl. 
Ascherson  und  Graebner,  Synopsis  I,  215;  hingegen  Haläcsy,  Consp.  flor.  Graec. 
III,  453. 

^)  Nächst  dem  Waldhause  Ljuäa  bei  Donji  Vakuf  kommt  nicht  Pi)ius  leucodermis, 
sondern  P.  nigra  vor  (O.  Reiser  mündlich). 


"5 

grau,  durch  stumpfwinklige  Furchen  gefeldert.  An  der  Grenze  der  jährhchen 
Zuwachszone  erscheinen  die  sehr  biegsamen  Zweige  deutHch  geringelt.  Andere 
wichtige  Unterscheidungsmerkmale  liegen  in  der  Gestalt  und  Farbe  des  Zapfens,  ^) 

Wie  in  den  Alpen  die  Zirbe  (Pinus  cembra)  bewohnt  in  den  illyrischen 
Hochgebirgen  die  Panzerföhre  die  höheren  Lagen  der  Voralpen  und  bildet  zu- 
weilen an  der  Baumgrenze  in  mehrhundertjährigen  Stämmen  einen  meist  zer- 
stückelten Waldgürtel.  Die  untere  Höhengrenze  ihres  Vorkommens  liegt  in 
der  Herzegowina  bei  etwa  looo  m,  die  obere  bei  1800  m,  wo  die  Panzerföhre 
noch  immer  ihren  eigentümlichen  Wuchs  behält.  Vegetationsarme,  öde  Fels- 
heiden in  unwirtlichen,  von  Wind  und  Wetter  bedrohten  Höhen,  senkrechte, 
unerklimmbare  Felszinnen  stellen  ihren  Wohnort  dar,  den  sie  in  langsamem 
Wuchs,  allen  Unbilden  der  Natur  zum  Trotz,  bezwungen  hat.  Im  Waldschluß 
zeigt  sie  ein  eigenartiges  Bild,  das  durch  die  dunklen  Baumkronen,  die  von  dem 
hellen  Trümmerfelde  aus  Kalkstein  stark  abstechen  und  scharf  begrenzte 
Schatten  werfen,  hervorgerufen  wird.  Freundlicher  ist  die  Physiognomie  des 
Waldes,  wenn  Legföhren,  Zwergwacholder,  Sadebaum  (Juniperus  sabina)  oder 
Rhamnus  fallax  sich  als  Unterholz  in  die  lichten  Bestände  mischen,  was  aber 
nur  selten  vorkommt.  Mit  anderen  Laub-  und  Nadelhölzern  trifft  die  Panzer- 
föhre nicht  oft  zusammen.  Von  solchen  seien  die  Rotbuche,  Schwarzföhre  und 
Fichte  genannt. 

V.  Die  Formation  der  Omorikafichte  (Picea  Omorika,  vgl.  Tafel 
XXV).  Im  Jahre  1876  beschrieb  der  bekannte  südslawische  Naturforscher  Dr. 
Josef  Pancic  eine  neue  Konifere,  die  er  im  Grenzgebiet  Südwestserbiens,  durch 
den  im  Volksmunde  verbreiteten  Namen  «Omorika»  aufmerksam  gemacht, 2)  ent- 
deckt hatte.  Die  Omorikafichte  ist  wohl  eine  der  merkwürdigsten  Erscheinungen 
unter  den  Waldbäumen  und  kann  im  Habitus  mit  keinem  unserer  europäischen 
Nadelhölzer  verglichen  werden.  Der  schlanke  kerzengerade  Stamm  ist  bis  hoch 
hinauf  nackt  und  trägt  eine  auffallend  schmal-pyramidenförmige  dichte  Krone. 
Jüngere  Bäume  sind  bis  zum  Grunde  beästet  und  haben  durch  das  silbergrau 
schimmernde  Grün  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  der  Tanne.  Die  Nadeln 
älterer  Äste  sind  flach-rhombisch,  spitz,  gescheitelt  und  «drehen  sich  derart, 
daß  die  weißstreifige  Oberseite  nach  abwärts  gekehrt  ist»  (Wettstein,  S.  i3). 

Nach  Wettstein  ^)  ist  die  Omorikafichte  als  ein  Relikt  aus  der  Tertiär- 
zeit aufzufassen,  in  welcher  Mitteleuropa  eine  P'lora  beherbergte,  die  zur  heutigen 


')  Vgl.  Fiala,  Zwei  interessante  Nadelhölzer  des  bosnischen  Waldes.  Wissenschaft- 
liche Mitteilungen  aus  Bosnien  und  der  Herzegowina,  Bd.  i,  S.  2. 

^)  Der  Name  ist  nach  Pancic  von  der  Donau  bis  zur  Adria  bekannt  und  kommt 
auch  in  Volksliedern  vor,  was  vielleicht  auf  die  größere  Verbreitung  in  noch  historischer 
Zeit  hinweist.  Aber  auch  die  gewöhnliche  Fichte  wird  von  den  Siidslawen  Omorika 
genannt. 

■')  Vgl.  die  monogr.  Studie  in  Sitzungsber.  d.  Akademie  d.  Wissensch.  Wien, 
Bd.  49  (1890). 

8* 


ii6 

ostasiatisch-nordamerikanischen  deutliche  Beziehungen  hatte.  Diese  Ansicht 
wird  durch  die  nahe  Verwandtschaft  der  Picea  Omorika  mit  zwei  die  ge- 
nannten Gebiete  bewohnenden  Arten,  P.  ajanensis^)  und  P.  Glehnii  sowie  mit 
einigen  tertiärfossilen  Fichten  bekräftigt. 2)  Es  ist  aber  auch  die  Annahme  ge- 
stattet,, daß  die  Omorikafichte  in  der  Tertiärzeit  weiter  verbreitet  war  als  jetzt, 
wo  sie  nur  an  wenigen  Orten  der  Kalksteingebirge  vorkommt  und  dem  Aus- 
sterben geweiht  zu  sein  scheint.  Sie  bewohnt  die  felsigen,  schattenreichen 
Schluchten  und  die  Anhöhen  am  Mittellauf  der  ürina  ^)  und  wurde  auch  nächst 
Jelec  im  Bezirk  Foca'*')  beobachtet.  Vor  kurzem  (1904)  fand  sie  V.  Curcic  in 
dem  bereits  von  Pancic  erwähnten  Distrikt  Drobnjaci  in  Montenegro  wieder 
auf,  wo  sie  die  steilen  Felszinnen  schmückt. 

Picea  Omorika  kommt  gewöhnlich  in  einer  Hohe  von  800 — 1600 »n  einzeln 
oder  horstartig  im  Mischwalde,  selten  in  größeren  reinen  Beständen,  wo  sie 
viel  höher  wird,  vor.  Der  Mischwald  wird  aus  Piniis  nigra,  P.  silvestris,  Picea 
excelsa,  Abies  alba,  Fagus  silvatica,  Acer  Pseudoplataniis,  Popiilus  tremula  und 
Betula  verrucosa  gebildet,  den  die  hochschäftigen  Omorikafichten  weit  überragen. 
Junge  Pflanzen  und  Stangenholz  findet  man  spärlich  und  gewöhnlich  nur  an 
der  Sohle  feuchter  schattiger  Schluchten  und  Täler.  Keimlinge  sind  gegen 
Trockenheit  und  starkes  Licht  sehr  empfindlich.  Die  Omorikafichte  senkt  ihre 
Wurzeln  tief  in  den  felsigen  Grund,  wächst  ziemlich  langsam  und  erreicht  an 
ihrem  Stammgrunde  bei  einer  Höhe  von  32  —  42  »z  nur  eine  Dicke  von  60  bis 
yoan.  Von  den  Elementen  des  Unterwuchses  seien  Corwins  Avellana,  Cotinus 
Coggygria,  Spiraea  cana.  Riiavinus  fallax  und  Loiiicera  alpigena  genannt. 

B)  Strauchformationen. 
1.  Hügel-  und  Berg-Buschwälder. 

Auf  der  Balkanhalbinsel  findet  man  das  Gelände  häufig  mit  Buschwerk 
bedeckt,  dessen  Entstehung  oder  Verbreitung  auf  die  Rodung  der  Wälder  zurück- 
geführt wird.  In  diesen  weitverbreiteten  vStrauchformationen  fällt  uns  vor  allem 
der  nie  fehlende  Haselnußstrauch  (Corylus  Avellana)  auf,  der  oft  ganze  Berg- 
halden und  Hügel  überzieht.  Zuweilen  ist  es  aber  auch  anderes  Buschwerk, 
welches  die  Oberhand  gewinnt,  wie  z.  B.  Ligiistruin  vulgare,  Crataegus  niono- 
gyna,   Juniperus  conununis,   Prunus  spinosa,    Acer  tataricuni    usw.     Nach  Ada- 

^)  Vgl.  hingegen  Ascherson  und  Gräbner,  Synopsis  I,   195. 

-)  Vgl.  auch  P.  omorikoides  bei  C.  A.  Weber  in  Englers  Bot.  Jahrb.,  Bd.  24, 
Heft  4,  S.  510  ff. 

^)  Südliche  Abstürze  der  Tovarnica  und  Ljutica  in  der  Javor  planina,  Igrisnik, 
Semed  planina  zwischen  Rogatica  und  Viäegrad  und  das  nordöstlich  von  dieser  Stadt 
längs  der  Grenze  sich  zum  Drina-Kuie  hinziehende  Gebirge.  Auf  der  Borja  planina  in 
Bosnien,  im  Rhodopegebirge  (bei  Belova)  und  in  Ost  Serbien  kommt  P.  Omorika  zu- 
versichtlich nicht  vor. 

■')   Westliche  Abstürze  der  Radomiälje  planina  gegen  den  Govca  potok. 


117 

movic  ^)  handelt  es  sich  hier  um  zwei  verschiedene  Formationen:  den  eigent- 
lichen Buschwald,  welcher  aus  dem  Unterholz  der  Wälder  bei  deren  Ab- 
treibung hervorgeht  und  sich  nur  solange  erhält,  als  der  Nachwuchs  durch  den 
Menschen  oder  durch  das  weidende  Vieh  verhindert  wird,  und  die  sogenannte 
«§  i  bljak-Forma  tion»,  gebildet  aus  pontischem  Gesträuch,  das  den  Wald- 
formationen fremd  ist  oder  doch  nur  selten  darin  vorkommt.  Auch  das  letztere 
Buschwerk  bestockt  sehr  gerne  ausgerodete  Waldflächen,  ist  aber  nicht  aus  dem 
Unterholz  hervorgegangen  und  dürfte  daher  schon  früher  als  natürlicher  Pflanzen- 
verein bestanden  haben.  Das  Vegetationsbild  ist  ein  sehr  wechselndes  und  wird 
durch  die  vorherrschende  Strauchform  bedingt.  In  unserem  Gebiete  (einschließ- 
lich des  Karstes)  sind  Cytisus  ramentaceiis,  Juniperiis  communis,  J.  Oxycedrus, 
Cotinus  Coggygria,  Paliurus  australis,  Syringa  vulgaris  und  Qiiercus-Kvt&n  als 
tonangebende  Gehölze  der  «äibljak»-Formation  anzusehen.  Der  Unterwuchs 
der  beiden  Buschformationen  ist  sehr  verschieden  und  richtet  sich  nach  der  vor- 
herrschenden Strauchart.  Nicht  selten  verdrängt  der  «überall  im  Buschwerk 
lauernde»  Adlerfarn  (Pteridium  aquilinum)  fast  alle  anderen  Pflanzen,  sogar 
das  niedere  Buschwerk,  und  bildet  ein  mehrere  Meter  hohes  Gestrüpp,  das  oft 
weithin  die  Berghänge  überzieht. 

2.  Alpine  Strauchformationen. 

Unter  den  alpinen  Strauchformationen  gebührt,  gleichwie  in  den  Alpen, 
dem  «Krummholz»  die  erste  Stelle,  das  durch  Pimis  Miighus  und  P.  Pumilio 
vertreten  erscheint.  Es  findet  sich  auf  fast  allen  Gebirgen  im  Innern  des 
Landes^),  vi'ird  aber  in  der  Herzegovi^ina  gegen  Süden  immer  spärlicher  und 
fehlt  schließlich  ganz.  Das  Vorkommen  auf  dem  Orjen  ist  bereits  ein  ganz  iso- 
liertes. Krummholz-Buschwälder  treten  im  Mittel  in  einer  Höhe  von  1586m  auf 
und  finden  bei  1920  ?n  ihre  obere  Verbreitungsgrenze,  wobei  die  Werte  für  die 
Höhengrenzen  mit  der  Abnahme  der  geographischen  Breite  zunehmen.  Alpen- 
rosen (Rhododendron  hirsulum)^),  die  im  Norden  als  treue  Begleiter  des  Krumm- 
holzes bekannt  sind,  finden  sich  nur  auf  kalkreichem  Boden  in  der  Vranica 
(1800- — 2000 »z).  Mit  Legföhren  vereint,  zuweilen  auch  allein,  tritt  das  Zwerg- 
wacholder- und  Sevengebüsch  (Juniperus  nana  und  sabina),  letzteres 
auf  die  Herzegowina  beschränkt,  auf.  An  der  oberen  Grenze  der  Voralpenregion 
trifft  man  nicht  selten  die  Buche  in  Strauchform  an.  Von  der  Berg-  bis  in  die 
Alpenregion  (2000»;)  ist  der  Strahlenginster  (Genista  radiata)  verbreitet  und 
durch  seine  Tracht  und  die  zahlreichen  gelben  Blüten  recht  auffallend.  Die 
Grünerle  (Alnus  Alnobetula  ==  A.  viridis)  tritt  uns  nur  auf  der  Vranica  ent- 
gegen, reicht  aber  längs  den  Gebirgsbächen  bis  nach  Fojnica  herab.     Alpen- 


^)  Englers  Bot.  Jahrbücher,  Bd.  3i   (1901). 
2)  Fehlt  aber  auf  dem  Vlasid  bei  Travnik. 

^)  Rhododendron  ferrugineum    wurde    an    südlichster    Stelle    von    Bierbach    auf 
dem  äar-dagh  (Albanien)  gesammelt.     Vgl.  Ungar,  bot.  Blätter  I  (1902),  S.  92. 


ii8 


weiden  (Salix  arbuscida,  silesiaca)  spielen 
ganz  untergeordnete  Rolle.   Die  übrigen  Str 
Zusammenstellung  entnommen  werden 

Populus  tremula  (strarfchig) 
Salix  glabra 

—  caprea 
Empetrum  nigriim  (Vranica) 
Sorbus  Chamaemespilus 

—  Mougeotii 

—  aucuparia  (strauchig) 
Spiraea  cana 

—  media  var.  oblongifolia 
Rhamnus  fallax  (^=  camiolica) 
Rosa  pendulina 

—  reversa 

—  gentilis 
Rubus  idaeus 

—  saxatalis 


in  den  illyrischen  Gebirgen  nur  eine 
äucher  können  aus  der  nachfolgenden 

Ribes  alpinum 

—  petraeinn 

—  multißorum 
Daphne  Me^ereiun 
Genista  radiata 

Bruckenthalia  spicidißova  (Ostbosn.) 
Erica  carnea 
Arctostaphylos  Uva  ursi 

—  alpina  (Vranica) 
Vacciniiun  Myrtillus 

—  Vitis  idaea 

—  uliginosum 
Lonicera  alpigena 

—  caerulea 

—  glutinosa  fOrjen) 


C)  Baumlose  Formationen. 
1.  Wiesenformationen. 

I.  Berg-  und  Talwiesen.  Geschlossene  Wiesenformationen  sind,  ab- 
gesehen von  den  Karstgegenden,  in  den  Tälern  und  auf  den  niedrigeren  Bergen 
nicht  selten  anzutreffen.  Namentlich  kommen  sie  in  den  aus  paläozoischen 
Schiefern,  diluvialen  und  alluvialen  Ablagerungen  gebildeten  Landschaften  im 
nördlichen  und  mittleren  Bosnien  vor.  Da  aber  der  Haupterwerb  der  Be- 
wohner in  der  Viehzucht  besteht,  wird  der  größte  Teil  des  Wiesenlandes  als 
Weide  benützt  und  nur  zu  bald  von  ungezählten  Schafen  gründlichst  abgenagt. 
Was  noch  von  Wiesen  verschont  bleibt,  wird  als  Winterfutter  abgemäht.  Bei 
andauernder  Beweidung  stellt  sich  stets  der  unvermeidliche  Adlerfarn  (Pteri- 
diiim  aquilinwn)  ein.  Wie  die  Karstheide,  so  geht  auch  die  Bergwiese  auf  den 
höheren  Gebirgen  in  die  Voralpenwiese  über.  Der  Florencharakter  der 
Tal-  und  Bergwiesen  ist  vorwiegend  mitteleuropäisch.  Die  wichtigsten 
Typen  seien  im  folgenden  aufgezählt:^) 
Dactylis  glomerata 


Bri^^a  media 
Cynosurus  cristatus 
Koeleria  cristata 

—  gracilis 
Anthoxanthum  odoratum 
Poa  pratensis 
Festuca  elatior 


Agrostis  vulgaris 
Andropogon  Ischaemum 
Phleum  pratense 
Avena  elatior 
Bromus  erectus 
Carex  caryophyllea  (venia) 
Orn itli ogalu m  pyren a icu m 
Colchicum  autumnale 


')  O  =  einjährig,   ©  =  zweijährig. 


iig 


Orc/iis  ustulata 

—  Mario 

—  sambiicina 

—  spcciosa 
Gymnadenia  conopea 
Rumex  Acetosa 
Euphorbia  Cyparissias 
Mocncliia  mantica  O 
Dianthus  croaticus 

—  deltoides 
Kohlrauschia  prolifera  O 
Silene  venosa 

—  niitans 
Ranuncitlus  millefoliatiis 
Ranunculiis  bulbosus 

—  Steveni 

—  acer 
Helleborus  odorus 
Helianthemum  vulgare 

—  obscurum 
Polygala  major 

—  comosa 

—  vulgaris 
Geranium  malle  O 

—  brutium  O 
Linum  catharticum  O 
Malva  maschata 
Daucus  Carola  0 
Feridago  silvatica 
Peucedanum  Cervaria 
Agrimania  Eupatoria 
Sanguisorba  minor 
Filipendula  hexapetala 
Genista  sagittalis 

—  tinctoria 
Ononis  spinescens 
Trifolium  pratense 

—  montanum 

—  pannonicum 

—  rubens 

—  ochroleucum 

—  dalmaticum  O 

—  arvense O 

—  campestre  O 

—  procumbens  O 
Medicago  lupulina  O 

—  arabica  O 
Hippocrepis  comosa 
Vicia  Cracca 

AntJiyllis  vulneraria 


Lat/iyrus  megalantlius 
Galega  officinalis 
Primula  Calumnae 

—  acaulis 

Gentiana  utriculosa  O 
Erythraea  Centaurium  O 
Cuscuta  EpitJivmum 
Salvia  pratensis 

—  verticillata 
Nepeta  pannonica 
Satureia  vulgaris 
Stachys  recta 

—  officinalis 
Brunella  vulgaris 

—  laciniata 
Thymus  montanus 
Origanum  vulgare 
Teuer ium  Chamaedrys 
Veronica  multifida 
Alectorolophus  rumelicus  O 

—  minor  O 
Verbascum  phlomoides  0 

—  Lychnitis  0 

—  Blattaria  0 
Linaria  vulgaris 
Euphrasia  Rostkoviana  O 

—  tatarica  O 

—  liburnica  O 
Orobanche  caryaph vllacea 

—  gracilis 

—  Pancicii 
Campanula  glotnerata 

—  patula 

—  RapiinculusQ 
Galium  verum 

—  Cruciata 
Knautia  arvensis 
Succisa  pratensis 
Scabiosa  leucophylla 
Bellis  perennis 
Antennaria  dioica 
Chrysanthemum  Leucanthemum 
Achillea  Millefolium 

—  nobilis 

—  odarata 

Inula  Oculus  Christi 

—  hirta 

—  Helenium 
Hypochoeris  maculata 

—  radicata 


Centawea  Jacea 

—  Fritschii 

—  stenolepis  i 
Carlina  acaulis 

—  acanthifolia 
Tragopogon  pratensis 
Leontodon  hastilis 


Picris  hieracioides 
Cichorium  Intybiis 
Taraxaciim  officinale 
Crepis  biennis  © 
Hieracium  Hoppeanum 

—  Banhini 
Pteridium  aquiliniim 

II.  Vo  ralp  e  n  wies  e  n.  Selbst  wo  der  Voralpenwald  in  ungestörter 
Entfaltung  die  Höhen  mit  einem  grünen  Mantel  überzieht,  zeigt  er  ab  und 
zu  größere  oder  kleinere  Lücken,  in  welchen  es  zur  Bildung  blumenreicher 
Wiesen  kommt.  Solche  Stellen  sind  freilich  im  Kreidekalkgebirge  nur  selten 
anzutreffen,  finden  sich  aber  im  Innern  des  Landes  häufig  vor,  wo  andere  geo- 
logische Formationen  einen  humusreicheren,  besser  bewässerten  Boden  hervor- 
bringen. Wir  sehen  daselbst  den  Einfluß  der  sommerlichen  Hitze  und  Trocken- 
heit schon  bedeutend  abnehmen  und  das  Höhenklima  mit  seinen  häufigen 
Niederschlägen  sich  Geltung  verschaffen.  Die  meist  über  1000772  hoch  ge- 
legenen Voralpenwiesen  sind  aus  einer  Genossenschaft  von  Kräutern  und 
Stauden  zusammengesetzt,  welche  besondere  Schutzmittel  gegen  die  sommer- 
liche Dürre  nicht  mehr  brauchen.  Der  Bauer  kennt  den  Wert  der  fruchtbaren 
Wiesen,  die  ihm  das  wertvollste  Futter  für  den  Stall  liefern,  und  umfriedet  sie 
zum  Schutze  gegen  das  Weidevieh  mit  vSteinmauern.  Mitte  Juli,  zur  Zeit  des 
serbischen  Petrov-dan  (Peter-  und  Paulsfest),  werden  sie  gemäht  und  später  der 
Beweidung  überlassen.  Wenn  der  Schutz  des  Menschen  jedoch  ganz  entfällt 
und  die  Wiesen  schonungslos  dem  gefräßigen  Vieh  preisgegeben  sind,  ver- 
schwinden bald  die  saftigen  Kräuter  und  eine  magere,  niedere  Grasnarbe  be- 
deckt eintönig  die  Flur. 

Viele  Pflanzen,  die  wir  bereits  auf  den  Bergwiesen  kennen  gelernt  haben, 
finden  wir  hier  oben  wieder;  dieselben  treten  sogar  noch  in  Schwärmen  auf, 
vi'ie  Alectorolophus  rumelicus  und  minor.  Hingegen  werden  die  Preisen,  welche 
die  Voralpenwiesen  umrahmen  oder,  wo  sie  häufiger  zutage  treten,  zerstückeln, 
schon  oft  von  hochalpinen  Pflanzen  besetzt.  Es  kommt  auch  vor,  das  grö- 
ßere Blöcke  sich  von  den  Felsschroffen  loslösen,  in  die  Tiefe  stürzen  und  an 
geeigneten  Orten,  z.  B.  in  den  Dohnen  samt  ihrer  ihnen  anhaftenden  hoch- 
alpinen Vegetation  jahrelang  erhalten  bleiben.  Eine  eigentümliche,  sehr  auf- 
fallende Erscheinung  ist  das  Herabreichen  der  Voralpenpflanzen  in  die  Berg- 
region und  sogar  bis  an  die  Sohle  der  Täler.  So  findet  man  z.  B.  auf  dem 
Bergrücken,  der  sich  zwischen  dem  Miljacka-  und  MoScanicatal  bei  Sarajevo 
erhebt,  in  einer  Höhe  von  600  ?7!  unter  anderem:  Orchis globosa,  Piatanthera  chlo- 
rantha,  Lilium  .bosniacum,  Geraniinn  phaeum,  Ranunculus  lanuginosus,  Astrantia 
elatior,  Potentilla  Gaudini  var.  Boosiana,  Gentiana  verna  und  utriculosa  (ver- 
einzelt), Salvia  glutinosa,  Satiireia  alpina  und  Melampyruni  Hoermannianinn. 
In  gleicher  Höhenlage  gedeihen  im  Miljackatale  schon  Saxifraga  Ai~oon, 
Avena  Blavii  und  bei  etwa  700  m  bereits   Rhatnnus  fallax,  Saxifraga  rotundi- 


folia,  Valeriana  montana,  Eiiphrasia  salisbiirgensis  und  Doronicum  (lohimnae. 
Im  unteren  Trstenicatale  und  um  Konjica  kann  man  bei  etwa  3oo  bis  400  m 
Seehöhe  Stachys  anisochila  und  Sendtneri,  Euphorbia  Barrelieri ,  Dianthus 
strictus,  Centaiirea  variegata  var. pseitdomoutana  und  sehr  häufig  und  in  schönster 
Blütenpracht  Satiireia  alpina  beobachten.  In  den  Alpen  ist  diese  Erscheinung 
seit  längerer  Zeit  bekannt.  Die  Voralpengewächse  wanderten  während  der 
Glazialperiode  in  tiefere  Gegenden  herab,  wo  sie  sich  an  einzelnen  Orten  bis 
heute  erhalten  haben. 


Bestandteile  der 

A yithoxanthum  odoratum 
Bri^a  media 
Dactylis  glomerata 
Koeleria  cristata 
Deschampsia  caespitosa 
Festuca  ovina 
Sesleria  nitida 
Bromiis  erectiis 

—  ramosus 
Nardus  striata 
Nigritella  nigra 
Piatanthera  bifolia 
Orchis  sambiicina 

—  speciosa 

—  globosa 

—  iistulata 
Gymnadenia  conopea 
Lilium  bosniacum 
Veratrum  album 
Colchicum  autiimnale 
Polygonum  Bistorta 
Riimex  alpinus 
Chenopodium  Bonus  Henricus 
Dianthus  croaticus 

—  deltoides 
Silene  Sendtneri 

—  Antelopum 
Thalictrum  aquilegifolium 
Ranunculus  platanifolius 

—  aconitifolius 

—  lanuginosus 

—  montanus 
Aconitum  rostratum 

—  Napellus 
Aruncus  Silvester 
Polygala  major 
Viola  declinata  subsp.  bosniaca 
Linum  capitatum 
Geranium  phaeum 


Voralpen  wiesen. 

Geranium  silvaticum 
Hypericum  alpigenum 

—  quadranguhim 
Ferulago  silvatica 
Astrantia  major 
Myrrhis  odorata 
Anthriscus  nitidus 
Peucedanum  austriacum 
Pancicia  serbica 
Laserpitium  siler 
Potentilla  aurea 

—  Gaudini 

—  montenegrina 

—  erecta 
Alchimilla  vulgaris 

—  pubescens 
Agrimonia  Eupatoria 
Geum  rivale 
Trifolium  pratense 

—  pannonicum 

—  montanum 

—  alpestre 
Anthyllis  alpestris 
Lathyrus  megalanthus 

—  pratensis 
Genista  sagittalis 
Primula  Columnae 

—  intricata 
Gentiana  verna 

—  tergestina 

—  utriculosa 

—  symphyandra 

—  cruciata 

—  carpathica 
Mrosotis  alpestris 

—  suaveolens 
Veronica  multifida 
Pedicularis  verticillata 


122 


Pedicitlavis  Hoennayiniana 
Melampyrum  Hoermannianum 
Alectorolophus  rumJlicus 
—  minor 
Euphrasia  Rostkoviana 

—  hirtella 

—  salisburgensis 

—  illyrica 
Galeopsis  speciosa 
Salvia  glutinosa 
Stachys  alpina 

—  recta 
Stachys  officinalis 
Origanum  vulgare 
Satureia  alpina 
Plantago  reniformis 
Galium  verum 
Asperula  cynanchica 
Campanula  patula 

—  Cervicaria 

—  glomerata 
Phyteuma  orbiculare 

—  spicatmn 
Scabiosa  Icucophylla 
Knautia  arvensis 
Bellis  perennis 
Antennaria  dioica 
Achillea  linsnlata 


Doronicum  austriacum 
Clirysanthemum  I.eucanthcmum 

—  corymbosum 
Buphthalmum  salicifoUum 

—  speciosum 
Arnica  montana 
Senecio  riipestris 

—  Fussü 
Solidago  alpestris 
Adenostyles  Alliariae 
Carduus  collinus 
Centaurea  Kotschyana 

—  Fritschü 
Cirsium  pauciflorum 

—  Erisitliales 
Hypochoeris  maculata 
Scor:{onera  rosea 

—  hispanica 
Mulgedium  alpinum 

—  Pancicii 

Crepis  cony^ifolia  (^  grandiflora) 

—  montana 

—  bicnnis 

—  dinarica 
Leontodon  hastilis 
Hieracium  Hoppeaninn 

—  cymosum 

—  Bauliini 


III.  Alpenmatten.  Der  steinige  Boden  der  Kalkgebirge  läßt  nur  selten, 
zumal  in  den  Dolinen,  eine  geschlossene  Grasnarbe  aufkommen.  Wo  dies  aber 
der  Fall  ist,  kommt  durch  übermäßige  Beweidung  nur  zu  oft  eine  eintönige, 
aus  wenigen  Gräsern  und  Seggen  zusammengesetzte  Grasmatte  zustande.  In 
üppiger  Weise  gedeihen  außer  diesen  mit  zumeist  starren^  borstenförmigen 
Blättern  versehenen  «süßen»  und  «sauren»  Gräsern  besonders  solche  Gewächse, 
welche  vom  Vieh  gemieden  werden.  Geschlossene  Kräutermatten,  wie  sie  in 
den  Alpen  durch  die  lebhaften  Farben  der  Blumen  unser  Auge  erfreuen,  sind 
auf  den  Kalkgebirgen  Illyriens  sehr  selten  und  finden  sich  häufiger  nur  im 
Schiefergebiet.  Ein  liebliches  Bild  bieten  hingegen  die  Kalkgebirge  dort,  wo 
sich  der  abschmelzende  Schnee  in  kleinen  Flecken  in  den  Vertiefungen  und 
Dolinen  des  Geländes  erhalten  hat.  An  seinem  Rande  treten  herdenweise  ein 
violettblühender  Safran  (Crocus  vermis),  das  Alpenglöcklein  (Soldanella  alpina), 
dann  Viola  Zoysii,  Primula  intricata  u.  a.  auf. 

a)   AI  [)en  matten   auf  Kalkhochgebirgen. 

Festuca  pungens 


Sesleria  tenuifolia 

—  nitida 
Festuca  spadicea 


Poa  alpina 
Nardus  stricta 


123 


Koelevia  splendens 
Bromus  transsilvanicus 
Phleiim  Micheln 
Carex  laevis 

—  praecox 
Lu:{iila  campestris 
Muscari  botryoides 
Narcissus  poeticus 
Crocus  vernus 
Orchis  sambucina 
Nigritella  nigra 
Polygonitm  viviparinn 
Silene  Sendtneri 
Dianthus  sanguineus 

—  strictiis 
Ranunculiis  montanus 

—  thora  f.  scutatus 

—  gracilis 
Anemone  narcissiflora 

Viola  declinata  subsp.  bosniaca 

Biscutella  laevigata 

Arabis  alpina  subsp.  crispata 

Helianthetnum  glabrum 

Hypericum  alpigenum 

Cardami ne  glauca 

Polygala  bosniaca 

Linuni  capitatum 

Astrantia  elatior- 

Potentilla  aurea 

—  Crant^ii 
Alchimilla  glaberrima 
Dryas  octopetala 


Anthyllis  alpestris 
Hippocrepis  comosa 
Onobrychis  montana 
Oxytropis  campestris  subsp. 

dinarica 
Soldanella  alpina 
Primiila  Columnae 

—  intricata 
Armeria  canescens 

—  majellensis 
Gentiana  symphyandra 

—  crispata 

—  verna 

—  tergestina 

—  dinarica 
Satureia  alpina 
Thymus  acicularis 
Euphrasia  salisburgensis 

—  hirtella 
Pedicularis  verticillata 

—  leucodon  var. 
Globularia  bellidifolia 
Plantago  montana 
Asperula  aristata 
Scabiosa  silenifolia 
Achillea  lingulata 

—  abrotanoides 
Gnaphalium  norvegicum 
Centaurea  variegata 
Crepis  cony^ifolia 

—  dinarica 
Scor:{onera  rosea 


b)   Alpenmatten   auf  vSchiefergebirgen   (Vranica  planina  und  Vje- 
ternik  in  der  Ljublana  planina). 


Lycopodium  alpinum 
Deschampsia  flexuosa 
Calamagi'ostis  villosa 
Nardus  stricta 
Festuca  rubra 
Lu:{ula  silvatica 

—  nemorosa 

—  sudetica 
Juncus  trifidus 
Polygonum  alpinum 
Ranunculus  crenatiis 
Sedum  annuum 


Sedum  repens 
Trifolium  badium 
Primula  glutinosa 
Gentiana  punctata 

—  latifolia 
Jasione  orbiculata 
Phyteuma  confusum 

—  obtusifolium 
Knautia  dinarica 
Arnica  montana 
Centaurea  bosniaca 


124 


2.  Die  Vegetation  der  Felsen  und  Geröllfluren. 

a)  Bergregion.  Während  in  Ostserbien  die  Felspflanzen  der  montanen 
Region  sich  als  echte  Xerophyten  erweisen  und  sehr  oft  mit  einem  dichten 
Haarfilz  bekleidet  sind,  entbehren  sie  in  Bosnien  meist  eines  jeden  derartigen 
Schutzes  gegen  die  Trockenheit.  Den  Petrophilen  gehört  ein  großer  Teil  der 
seltensten,  zum  Teile  sogar  endemischen  Arten  an.  [(v.)  bedeutet :  voralpine, 
(a.)  alpine.] 


a)  Auf   Triaskalk. 
Ceterach  officinarum  (medit.) 
Asplenium  Trichomanes 

—  lepidum 

—  Ruta  muraria 
Cvstopteris  fragilis  (v.) 
Stipa  Calamagrostis 
Sesleria  autumnalis 

—  varia  (v.) 

—  tenuifolia  (v.) 
Melica  ciliata 

—  nutans 
Festnca  oi'ina  (s.  lat.) 
Carex  Halleriana  (v.) 

—  humilis  (v.) 

—  laevis  (v.) 
Anthericum  ramosum 
Allium  sphaerocephalum  (v.) 

—  carinatum  (v.) 
Parietaria  officinalis 
Silene  nutans  (v.) 
Tunica  saxifraga 
Kohlrauschia  prolifera 
Dianthus  papillosus 

—  strictiis  (v.) 

—  Kitaibelii  (v.) 

—  inodorus  (v.) 
Cerastium  brachypetaliim 

—  tauricum 

—  caespitosum 

—  tomentosiim 
Alsine  bosniaca  (v.) 

—  venia 
Moehringia  muscosa  (v.) 
Arenaria  serpyllifolia 
Corydalis  ochroleuca 
Aethionema  saxatile 
Hutchinsia  petraea 
Draba  muralis 

—  verna 

Arabis  alpina  auhsp.  crispata  (v.) 


Arabis  hirsuta 

—  muralis 

Erysimum  pannonicum  (v.) 

—  silvestre 

Alyssum  Moelleyidorffianum 

—  calycinum 
Wilckia  serbica 
Sedum  acre 

—  boloniense 

—  album 

—  ochroleucum  (v.) 

—  dasyphyllum  (v.) 

—  glaucum  (v.) 
Sempervivum  Heuffelii  (v.) 
Saxifraga  tridactj  -Utes 

—  Blavii  (a.) 

—  rotundifolia  (v.) 

—  Ai:{00n  (a.) 
Spiraea  cana  (v.) 
Cotoneaster  integerrima  (v.) 
Potentilla  Tommasiniana{\.) 
Genista  pilosa 

—  triangularis 
Coronilla  emeroides 
Vicia  pannonica 
Vicia  tetrasperma 
Geranium  lucidum  (v.) 
Ruta  divaricata 

—  patavina 
Cotinus  Coggygria 
Evonrmiis  verrucosa 
Rhamtius  saxatilis 

—  rupestris 
Helianthemum  vulgare 
Daphne  alpina  (v.) 
Bupleurum  exaltatum 

—  aristatum 
Athamanta  Haynaldi  (v.) 
Seseli  rigidum 
Syringa  vidgaris 


125 


Onosnia  echioides 

—  stellulatum  (v.) 
Ajitga  Chamaepitys  (Geröll) 
Teucriiim  montanum  (v.) 
Galeopsis  Ladanum  var.  (Geröll) 
Stachys  recta  var. 

—  labiosa  var.  (v.) 

—  Sendtnevi 

Salvia  pratensis  var.  (Geröll) 
Satureia  alpina  (v.) 

—  elatior  (=  hiingarica) 

—  Acinos 

—  thymifolia  (=  rupestris) 

—  bosniaca  (Geröll) 

—  montana 

—  croatica  (v.) 
Thymus  praecox 
Scrophiilaria  canina 
Euphrasia  dinarica  (v.) 
Globiilaria  bellidifolia  (a.) 
Plant ago  carinata 
Asperula  aristata  (a.) 

—  cynanchica 


Cialium  lucidum 
Valeriana  montana  (a.) 
Campanula  Ungulata 
Hedracanthus  Kitaibelii  (a.) 
Riiph tlia Im  u  m  sa licifo Hu m 
Xeranthemum  annuum 
Crupina  vulgaris 
Centaurea  variegata  (a.) 

—  deusta 
Leontodon  asper 

—  crispus 
Tragopogo  n  ba  Ica  n  ic u  s 
Pterotheca  bifida 
Chondrilla  juncea 
Taraxacum  Hoppeanum 
Lactuca  Scariola 
Crepis  alpestris  var.  (v.) 
Hieracium  Hoppeanum  (v.) 

—  bupleuroides  var.  (v.) 

—  Tommasinianum 

—  humile  var.  (a.) 

—  plumulosum  (thapsiforme) 

—  Schlosseri 


Galium  purpureum  (med it.) 

ß)  Auf  Serpentinfelsen  finden  sich  in  Bosnien  Notholaena  Marantae, 
Aspleniiim  cuneifolium  (=serpentini),  Scleranthus perennis,  Silene  Anneria,  Thlaspi 
alpestre  u.  a.  Bemerkenswert  ist  das  isolierte  Vorkommen  von  Haldcsya  (Ztvack- 
hia)  Sendtneri  im  Norden  von  Maglaj. 

Y)  Auf  Schiefer  ist  Asplenium  septentrionale  und  die  endemische  Syni- 
phyandra  Hopnanni,  eine  gelblichblühende  Glockenblume,  die  auch  auf  Ser- 
pentin wächst,  zuhause.  Sie  kommt  unter  anderen  bei  Doboj,  Travnik,  Jajce, 
Banjaluka  vor. 

b)  Voralpine  und  alpine  Region. 

a)  Auf  Kalkstein.  Die  Flora  der  Kalkfelsen  ist  sehr  formenreich, 
aber  individuenarm.  Viele  Gewächse  finden  sich  nur  auf  wenigen  Gebirgen 
vor,  oder  sie  sind  auf  einzelne  Stellen  beschränkt.  Eine  nicht  unerhebliche  An- 
zahl ist  endemisch.  Um  Wiederholungen  zu  vermeiden,  werden  jene  Pflanzen, 
die  bereits  für  die  Bergregion  verzeichnet  wurden  und  auch  der  Voralpenregion 
angehören  (v.)  oder  in  dieselbe  aufsteigen,  nicht  mehr  erwähnt. 

Allium  ochroleucum 


Asplenium  fissum 

—  viride 
Aspidium  rigidutn 
Cystopteris  alpina 
Sesleria  nitida 
Festuca  pungens 

—  spadicea 
Poa  alpina 


Scilla  pratensis 
Rumex  scutatus 
Paronrchia  Kapela 
Arenaria  gracilis 
Alsine  graminifolia 
Cerastium  strictum 
—     grandiflorum 


126 


Cerastium  lanigerum 

—  moesiacum 

—  dinaricum 
Drypis  spinosa 
Silene  Antelopum 

—  Saxifraga 
Dianthus  strictus 
Heliosperma  pusillum 
Ranunculus  gracilis 

—  Thora  f.  sciitatus 
Aquilegia  dinarica 
Cardamine  glatica 
Draba  Ai:{Oon 

Arabis  Scopoliana 
Alyssum  montanum 
Thlaspi  alpinum 
Biscutella  laevigata 
Kernera  saxatilis 
Helianthemum  alpestre 

—  glabrum 
Viola  Zoysii 

—  biflora 
Sedum  magellense 
Saxifraga  coriophylla 

—  incrustata 

—  prenja 

—  glabella 
Bunium  alpinum 
Linum  capitatum 
Geranium  macrorrlüium 
Euphorbia  capitulata 


Dryas  octopetala 
Alchimilla  Hoppeana 
Potentilla  Clusiana 

—  Crant^ii 

—  apennina 

Spiraea  media  var.  oblongifolia  (v.) 
Trifolium  noricum 
AnthylUs  Jacquini 
Oxytropis  prenja 
Androsace  villosa 
Arctostaphylus  Uva  ursi 
Primula  Kitaibeliana 
Armeria  canescens 

—  majellensis 
Myosotis  suaveolens 
Moltkia  petraea 
Gentiana  dinarica 
Scutellaria  alpina 
Thvmus  acicularis 
Scrophularia  laciniata 
Veronica  satureioides 
Campanula  pusilla 
Hedraeatithus  serpyllifolius 
Scabiosa  silenifolia 
Erigeron  polymorphus 
Achillea  abrotanoides 
Leontopodium  alpinum 
Senecio  rupestris 

—  Visianianus 

—  Doronicum 
Artemisia  eriantha  (Villarsii) 


ß)  Auf  Urgestein. ')  Die  P'lora  des  Schiefers  auf  der  Vranica  entbehrt 
besonders  auffallender  Gewächse.  Die  sanften  Höhen  sind  zumeist  von  Alpen- 
matten überzogen. 

D)   Das  Kulturland.^) 


Daß  in  einem  Lande,  welches  erst  seit  einem  Vierteljahrhundert  der 
mitteleuropäischen  Kultur  erschlossen  ist,  die  wirtschaftliche  Bodenproduktion 
nicht  die  Höhe  und  Verbreitung  erreicht  haben  kann,  zu  der  die  natürlichen 
Bedingungen  vorhanden  sind,  bedarf  wohl  keiner  weiteren  Erläuterung.  Zur 
Zeit  der  türkischen  Herrschaft  wurde  infolge  des  oft  gefährdeten  Besitzstandes 
gewöhnlich  nur  soviel  gebaut,  als  für  den  eigenen  Hausbedarf  nötig  war. 


^)  Die  Flora  der  aus  Urgestein  aufgebauten  Gebirge   der  Balkanhalbinsel   zeigt  eine 
bemerkenswerte  Übereinstimmung.  Vgl.  Beck,  lUyrien,  S.  473. 

^)   Vgl.  Die  Landwirtschaft  in  Bosnien  und  der  Herzegowina,   Sarajevo    1899. 


127 

1.  Ackerbau. 

Die  Behandlung  des  Ackerbodens  ist  noch  heute  in  den  abseits  der 
größeren  Verkehrsstraßen  gelegenen  Orten  eine  sehr  einfache  und  die  übliche 
Art  des  Pflügens  ganz  unzureichend.  Das  noch  oft  gebrauchte  «Ralo« 
stellt  die  Gestalt  des  alten  römischen  Hakens  unverändert  dar,  und  auch  die 
beiden  übrigen  landesüblichen  Pflugformen  sind  so  einfach  gebaut,  daß  sie 
ein  tieferes  Ackern  des  Bodens  nicht  gestatten.  Dies  und  die  oft  erst  spät 
erfolgende  Mahd  bewirken,  daß  manche  Unkräuter,  und  zwar  besonders  der 
Adlerfarn,  auf  den  F'eldern  nur  schwer  auszurotten  sind.  Die  Düngung  des 
Bodens  war  früher  fast  unbekannt  oder  wurde  nur  zeitweilig  durch  das  soge- 
nannte «Pferchen»  besorgt.  Hierzu  wird  das  Vieh  mehrere  Nächte  hindurch  in 
beweglichen  Einfriedungen,  die  auf  dem  zu  düngenden  Boden  errichtet  werden, 
eingepfercht.  Mais,  seltener  auch  Hafer  und  Winterweizen  wird  oft  gesät,  wor- 
auf erst  der  Boden  geackert  wird.  Am  meisten  gebaut  wird  Mais  (Kukuruz, 
Zea  mays),  welcher  im  ganzen  Lande  mit  Ausnahme  der  Bezirke  Gacko  und 
Nevesinje  verbreitet  ist.  Sein  Hauptverbreitungsgebiet  umfaßt  die  Niederungen 
und  das  Gebiet  der  bosnischen  Eichenwaldregion,  ferner  die  Bezirke  LjubuSki, 
Ljubinje  und  Trebinje.  Nach  dem  Mais  folgt  die  Gerste,  von  deren  Rassen 
die  zweizeilige,  viel  seltener  die  vier-  und  sechszeilige  gebaut  wird.  Außerdem 
kommen  Hafer,  Roggen  und  Spelz  (Triticum  spelta)  in  Betracht.  In  Westbosnien 
wird  der  Feldbau  noch  bei  1400?»,  in  den  Dinarischen  Alpen  und  in  der  Herze- 
gowina noch  bei  i3ooj»  (1450  ?;?)  betrieben.  Mais  wird  an  vielen  Orten  Bosniens 
noch  bei  über  700/7;  Seehöhe,  Winterweizen  noch  bei  1000  ;n  und  Sommer- 
getreide in  Höhenlagen  von  über  1400 /n  gezogen.  In  manchen  Gegenden  der 
Herzegowina  wird  zweimal  im  Jahre  geerntet.  —  In  bezug  auf  den  jährlichen 
Ertrag  reihen  sich  die  Getreidearten  in  absteigender  Folge  nachstehend  an- 
einander: Mais,  Gerste,  Weizen,  Hafer,  Kolben-  und  Rispenhirse  (Setaria  italica 
und  Panicum  miliaceiim),  Spelz,  Roggen,  «Mengfrucht»,  Mohrenhirse  (Andro- 
pogon  Sorghum  =  Sorghum  vulgare)  und  Buchweizen  (Fagopyrum  sagittatiim). 
Mengfrucht  wird  namentlich  in  höheren  Lagen  gebaut,  und  zwar  Spelz  und 
Weizen,  Spelz  und  Gerste,  Gerste  und  Hafer.  Die  Mohrenhirse  ist  besonders  in 
den  Bezirken  Bjelina,  Mostar,  Ljubuski  und  Ljubinje  verbreitet.  Die  Mahd  er- 
folgt nach  Beck  in  der  bosnischen  Eichenregion  Ende  Juni  bis  Mitte  Juli,  in 
den  mittelbüsnischen  Tälern,  im  oberen  Drinatale  und  im  höheren  Berglande  in 
der  zweiten  Hälfte  des  Juli,  in  der  Voralpenregion  anfangs  bis  Mitte  August. 
Anfang  bis  Ende  September  wird  die  Sommerfrucht  (Gerste),  Mais  meist  anfangs 
Oktober  geerntet. 

Futterpflanzen  waren  früher  im  Lande  unbekannt.  Das  Vieh  war  auf 
die  natürlichen  Wiesen  und  auf  das  Laubfutter  allein  angewiesen.  Der  Kleebau 
beginnt  sich  erst  in  den  letzten  Dezennien  zu  heben.  Gebaut  werden  Wiesenklee 
(Trifolium  pratense)  und  Schneckenklee  oder  Luzerne  (Medicago  sativa).  Außer- 
dem wird  auch  die  Futterrübe  {Beta  vulgaris  var.  cicla)  gezüchtet. 


128 

2.  Weinbau. 

In  Bosnien  kommt  ier  Wein  nur  im  Bezirke  Prozor  in  Betracht,  da  die 
ergiebigsten  Orte  für  Weinbau  in  der  Herzegowina  liegen.  In  den  Niederungen 
an  der  Save  und  anderwärts  im  nördlichen  Bosnien  sollen  jedoch  häufig  verwil- 
derte (wilde?)  Reben  vorkommen,  woraus  geschlossen  werden  kann,  daß  der  Wein 
ehemals  daselbst  kultiviert  wurde.  In  Sarajevo  findet  man  alte  W^einstocke  zu- 
weilen in  den  Höfen  der  muhammedanischen  Häuser.  Hier  reift  die  Rebe  oft 
noch  in  einer  Höhe  von  über  600  m,  doch  dürften  die  Trauben  nicht  mehr 
besonders  schmackhaft  sein.  Beachtung  verdienen  die  Kulturen  auf  den  Hügeln 
nächst  AlipaSinmost  bei  Sarajevo,  wo  seit  einigen  Jahren  Wein  gekeltert  wird. 
Unter  den  gefürchteten  pflanzlichen  Feinden  der  Rebe  wurden  bis  jetzt  der 
falsche  und  der  echte  Mehltau  (Plasmopara  \^Pe7-onospora\  viticola  und  Oidiinn 
Tiickeri)  festgestellt.  Da  jedoch  von  Seite  der  Regierung  sofort  energische 
Schritte  zu  deren  Bekämpfung  unternommen  wurden,  dürfte  es  zu  einer  ernsteren 
Gefahr  für  den  Weinbau  kaum  mehr  kommen,  umsomehr  als  der  Hauptfeind 
desselben,  die  Phylloxera,  bisher  weder  in  Bosnien,  noch  in  der  Herzegowina 
konstatiert  worden  ist. 

3.  Obst-  und  Gartenbau;  Handelsptlanzen. 

I.  Obstbau.  —  Steinobst.  Das  wichtigste  Obst  sind  die  Pflaumen 
(Prunus  domestica),  die  im  großen  ausgeführt  werden  und  als  «gedörrte  bos- 
nische Pflaumen»  eine  wichtige  Rolle  im  Handel  spielen.  Der  Hauptproduktions- 
ort  ist  der  Kreis  Donja  Tuzla,  dem  sich  dann  die  Kreise  Banjaluka,  Travnik, 
Sarajevo  und  Bihac  anschließen.  (Die  Ernte  betrug  im  Jahre  1898  über 
2,200.000  q).  Die  Vermehrung  geht  zumeist  durch  Wurzeltriebe  vor  sich,  wo- 
durch eine  gleichmäßige  Güte  der  Frucht  erzielt  wird.  Den  Hauptertrag  liefern 
die  Bäume  vom  10.  bis  zum  3o.  Jahre.  Die  Menge  der  von  einem  Baume  ge- 
lieferten Frucht  schwankt  im  Mittel  zwischen  40  und  8oA-o-.  Freistehende  gut 
entwickelte  Bäume  liefern  jedoch  bis  über  150  kg:  Außer  der  verbreiteten 
blauen  «Zwetschke»  wird  auch  die  gelbe  bosnische  Pflaume  (Eierpflaume), 
in  Bauerngärten  seltener  auch  die  Kirschpflaume  oder  Myrobalane  (var.  myro- 
balana),  die  «Reine  Claude»  (var.  italica)  und  die  Kriechenpflaume  oder  Hafer- 
schlehe {Prunus  insititia)  gezogen.  Auch  Weichsel-  und  Kirschbäume  (Prunus 
cerasus  und  avium)  sieht  man  nicht  selten. 

Kernobst.  Nach  der  Pflaume  ist  der  Apfel  die  wichtigste  Obstart,  die 
durch  Verteilung  von  Setzlingen  und  Edelreisern  seitens  der  Regierung  in 
späterer  Zeit  nahezu  eine  ähnliche  Einnahmsquelle  bilden  dürfte.  Auch  die 
Birne  bildet  einen  Ausfuhrartikel.  Sonst  kommen  noch  die  Quitte,  Mispel  und 
der  Speierling  (Sorbits  domestica)  in  Betracht. 

Schalenobst.  Sowohl  die  Walnuss  (Juglans  regia)  als  auch  die 
edle  Kastanie  (Castanea  sativa)  kommen  waldbildend  vor.     Ihre  Samen  werden 


129 

aber   zum  grüßten  Teile  im  Inlande   verbraucht.    Ebenso  verhält  es  sich   auch 
mit  den  Haselnüssen. 

Beerenobst  wird  gewöhnlich  nur  in  neueren  Obstgärten  vorgefunden, 
und  zwar:  Rubiis  idaeus  (Himbeere),  Ribes  Grossularia  (Stachelbeere),  Ribes 
j'iibnim  (Johannisbeere),  Fragaria  spec.  (Erdbeeren).  Maulbeerbäume  (Monis 
alba  und  nigra)  findet  man  allenthalben  zerstreut  im  Lande  an.  Als  Obst  haben 
dieselben  jedoch  keine  Bedeutung.  Zur  Zeit  der  ti:irkischen  Herrschaft  wurde 
die  Kultur  des  Maulbeerbaumes  wegen  der  Seidenraupenzucht  betrieben  und 
neuerdings  durch  die  Bemühungen  der  Landesregierung  wiedererweckt. 

IL  Handels  pflanzen.  Die  wichtigste  Handelspflanze  ist  der  Tabak, 
der,  obwohl  schon  früher  gebaut,  doch  erst  durch  sachgemäße  Behandlung  eine 
hervorragende  Bedeutung  erlangte  und  auch  monopolisiert  wurde.  Die  wich- 
tigsten Ertragsgebiete  fallen  in  die  Herzegowina  (Bezirke  Mostar,  Ljubuski, 
Stolac,  Ljubinje,  Trebinje),  aber  auch  in  den  Bezirken  Bihac,  Donja  Tuzla, 
Bjelina,  Srebrenica,  Vlasenica,  Foca  und  Zvornik  in  Bosnien  wird  Tabak  gebaut. 
Das  Erträgnis  der  Ernte  hängt  sehr  von  den  Witterungsverhältnissen  ab,  so 
daß  die  jährliche  Produktion  nicht  unerhebliche  Schwankungen  zeigt.  Sie  be- 
trägt etwa  35.000  —  45.000^.  Die  übrigen  Handelspflanzen,  wie  z.  B. :  Krapp 
(Rubia  tinct07-mn),  Kichererbse  {Cicer  arietinum,  persisch:  «Nohud»,  Hanf 
(Cannabis  sativa),l^&\n  (Linum  usitatisshmim),  Raps  (Brassica  napits)  und  Insekten- 
pulverkraut (Chrysanthemum  einer ariaefoliiim,  nur  in  der  Herzegowina)  sind  nur 
von  örtlicher  Bedeutung. 

III.  Gemüse,  Gewürze  etc.  —  Hülsenfrüchte.  Als  solche  werden 
Erbsen  (Pisum  sativum),  Saubohnen  (Vicia  faba),  Fisolen  (Pliaseohis  vulgaris 
und  multißo7-us),  Linsen  (Lens  esculenta)  gezüchtet.  Das  Hauptertragsgebiet  liegt 
in  den  Kreisen  Donja  Tuzla,  Banjaluka  und  Bihac.  Die  Linse  wird  namentlich 
in  der  Herzegowina  gezogen. 

Die  Kartoffel  (Solanum  tuberosum),  welche  früher  besonders  im  Innern 
des  Landes  fast  unbekannt  war,  wird  seit  der  Okkupation  immer  mehr  und 
mehr  gebaut,  und  zwar  hat  sich  der  Ertrag  in  der  Zeit  vom  Jahre  1882  bis 
zum  Jahre  i8g8  verfünffacht. 

Sonstige  Gemüse  sind:  Rettich  (Raphanus  sativus),  weiße  und  rote 
Rüben  (Brassica  Rapa  und  Beta  vulgaris  var.  cicla),  Möhren  (gelbe  Rüben,  Daucus 
Carola),  Pastinak  (Pastinacasativa),  Kohl  und  Kr2int{Brassicaoleracea  var.), Spinat 
(Spinacia  oleracea),  Spargel  (Asparagus  altilis),  Salat  (Lactuca  sativa),  Endivien 
(Cichorium  Endivia),  Brunnen-  und  Gartenkresse  (Roripa  Nasturtium  und  Lepi- 
dium  sativum),  Rapunzel  (Valerianella  olitoria),  Ampfer  (Rumex  Acetosa  und 
scutatus),  Gurken  (Cucumis  sativus),  Zucker-  und  Wassermelonen  (Cucumis 
Meto  und  CitruUus  vulgaris),  Kürbisse  und  Kalebassen  (Cucurbita  Pepo  und 
Lagenaria  vulgaris),  Paradiesäpfel  und  Eierfrüchte  (Solanum  Lycopersicuni  und 
Melongena);  letztere   werden  fast  nur  in  der  Herzegowina  gezogen.    Als  türki- 

Exkursion  in  die  illyrischen  Länder.  9 


i3o 

sches  Gemüse,  das  auch  stellenweise  kultiviert  wird,  sei  das  «Bämiat»  ^)  (Abel- 
moschus [Hibiscus]  esculeutus)  genannt.  Von  Zwiebeln  sind  zu  erwähnen  :  die 
Sommer-  und  Winterzwiebel  (Allium  Cepa  und ßsiulosiun),  der  Knoblauch  und 
der  Porrei  (Allium  sativum  und  Porrum).  Letzterer  bildet  ein  wichtiges  Nahrungs- 
mittel der  einheimischen  Bevölkerung. 

Gewürze:  Kümmel  (Carum  Carvi),  Fenchel  (Foeniculum  vulgare),  Anis 
(Pimpinella  Anisum),  Koriander  (Coriandrum  sativum),  Dill  (Anethum  graveolcns), 
S(t\\eriQ.(Apiimi  graveolens),  PetersUie  (Petroselitjum  sativum),  Kren  (Meerrettich) 
(Cochlearia  Armoracia),  Schnittlauch  (Allium  Schoenuprasum),  Mohn  (Papaver 
somniferum),  Schwarzkümmel  (Nigella  sativa,  «curekot»),  Thymian  (Thymus 
vulgaris),  Raute  (Ruta  graveolens),  Majoran  (Origamim  Majorana),  Pfefferkraut 
(Satureia  hortensis),  Estragon  (Artemisia  Dracunculus)  usw. 

Auf  den  Marktplätzen  (Carsije)  werden  auch  verschiedene  pflanzliche 
Produkte  verkauft,  welche  nicht  der  heimischen  Flora  entstammen,  denen 
jedoch  eine  gewisse  Bedeutung  im  Volksleben  zukommt.  Zunächst  sei  des  Ge- 
tränkes «Salep»  gedacht,  das  aus  den  Wurzelknollen  verschiedener  Orchis- 
Arten  (vgl.  Dragendorff,  Die  Heilpflanzen,  S.  148 — 150  und  Österr.  botan. 
Wochenblatt  1851,  S.  56)  zubereitet  und  aus  Albanien  und  Mazedonien  bezogen 
wird.  Zum  Färben  der  Nägel  verwenden  die  Muhammedanerinnen  das  im 
Orient  seit  uralter  Zeit  bekannte  Kosmetikum  Henna  oder  Hinna,  welches  von 
der  in  Ostafrika  über  Indien  bis  nach  Nordaustralien  verbreiteten  Lythracee 
Lau'sonia  inermis  stammt.  In  den  letzten  Jahren  (etwa  seit  1899)  wird  von  den 
Verkäufern  auf  den  Marktplätzen  häufig  die  Erdnuß  (Arachis  hypogaea),  viel 
seltener  die  westindische  Feige  (Opuntia  Ficus  indica)  2)  feilgeboten.  Bis  jetzt 
nur  einmal  (1900)  beobachtete  ich  die  Scheinfrüchte  der  japanischen  Mispel 
(Eriobotrya  japonica)  auf  dem  Sarajevoer  Markte. 

IV.  Die  Flora  der  Bauerngärten  enthält  außer  zahlreichen  bereits 
erwähnten  Nutzpflanzen  noch  viele  Gewächse,  die  als  Volksheilmittel  zur  Ver- 
wendung kommen  oder  die  sonst  in  der  Folklore  eine  Rolle  spielen.  Die  Auf- 
zählung derselben  würde  hier  zu  weit  führen. 

4.  Flora  wüster  Plätze  und  Brachen;  Ackerunkräuter. 

Da  sehr  viele  hierhergehörende  Pflanzen  auch  in  Mitteleuropa  an  ähn- 
lichen Orten  häufig  vorkommen,  so  werden  im  folgenden  nur  diejenigen  Typen 
aufgezählt,  die  für  unser  Gebiet  von  größerem  Interesse  sind. 

Ausdauernde   Gewächse. 


Pteridium  aquilimnn 
Rtimex  pulcher 
Daucus  Carota 
Lathvrus  tuberosus 


Leonurus  Cardiaca 
Ballota  nigra 
Marrubiiim  candidissim um 
—    percgrinum 


')  Heimat:  Trop.  Afrika  (P.  Ascherson  brieflich). 

-)  Vgl.  Sprenger  in  «Der  Tropenpflanzer»  V  (1901),  Nr.  2. 


i3i 


Echium  italicum 
Nonnea  pulla 
Scrophularia  canina 


ScabiQsa  leucopliylla 
Achillea  nobilis 
Pitlicaria  drsenterica 


A  n  n  u  e  1 1  e   G  e  vv  ä  c  ii  s  e 

Amarantus  patuhts 
Moenchia  mantica 
Fiimaria  rostcllata 
Coronopus  procumbens 
Thlctspi  alliaceiim 
Bertcroa  mutabUix 

—  incana 
Neslea  paniculata 
Reseda  Phyteuma 
Hibiscns  Trionum 
Geranium  bnitiiini 
Tribiilus  terrestris 
Eryngiiim  campestre 

— -  amet/iystinitm 
Smvrniitm  perfoliatum 
Bupleurum  rotimdifoUum 
Caucalis  daucoides 
Bifora  radians 
Orlaya  grandißora 

—  Daiicorlaya 
Trifolium  dalmaticum 


Lathyvus  Apliaca 
Cerinthe  minor 
Datlira  Stramonium 
Hyoscyamus  niger 
Kickxia  spuria 

—  Elatine 
Verbascum  piilvenilentiim 

—  plilomoides 
Melampyrum  barbatum 
Specularia  Speciilum 
Cirsium  candelabrum 
Centaurea  Calcitrapa 
Xanthium  spinosum 

—  strumarium 
Xeranthemum  annmini 

—  cylindraceum 
Crepis  setosa 

—  rhoeadifolia 
Carthamiis  lanatits 
Chondrilla  juncea 


d)  Die  Florengebiete. 

Wenn  wir  die  Florengebiete  lUyriens  im  nachstehenden  in  etwas 
anderer  Weise,  als  dies  in  Becks  bekanntem  Werke  geschah,  zu 
schildern  versuchen,  so  geschieht  dies  nur  in  der  Absicht,  die  vorliegenden 
Verhältnisse  möglichst  so  darzustellen,  wie  sie  dem  vom  Norden  kommenden 
Wanderer  entgegentreten.  Das  westpontische  Florengebiet  Becks,  entstanden 
in  Anlehnung  an  die  von  O.  Drude  ^)  abgegrenzte  «Westpontische  Wald- 
region», welche  sich  im  Osten  der  Alpen  und  am  inneren  Rande  der  Kar- 
pathen  bis  zu  den  pontischen  Steppen  und  im  Süden  bis  zur  mediterranen 
Flora  verbreitet,  enthält  in  unserem  Gebiet  noch  so  viele  baltisch-mittel- 
europäische Typen,  daß  der  Wechsel  in  der  Vegetation  nur  in  gewissen 
Formationen  (Karstwald,  Karstheide,  Schwarzföhren-  und  Panzerföhren wald 
usw.)  bezeichnend  hervortritt.  Wir  wollen  daher  versuchen,  die  Florengebiete 
Illyriens  so  darzulegen,  daß  sie  sich  an  die  bisher  in  den  Ländern  der  öster- 
reichisch-ungarischen Monarchie  gewonnenen  Kenntnisse  von  der  Verteilung 
der  Gewächse  möglichst  gut  anschließen,  und  hoffen  dies  ohne  Zwang  erreichen 
zu  können. 


^)  Handbuch   der  Pflanzengeographie  (1890),   S.    379. 


I32 

über  das  Bestehen  der  mediterranen  Flora  an  den  Gestaden  der  Adria 
und  auf  den  Inseln  war  seit  jeher  kein  Zweifel.  Auch  die  Zuweisung  der  bos- 
nischen Eichenwaldre^ion  zur  baltisch-mitteleuropäischen  Flora 
dürfte  kaum  Anstoß  erregen.  Anders  ist  es  mit  der  illyrischen  Karst- 
region und  mit  der  Hochgebirgsflora.  Diese  enthalten  so  viele  eigentüm- 
liche und  endemische  Pflanzen,  daß  die  Frage  aufgeworfen  werden  kann,  ob 
sie  nicht  die  Schafifung  eines  eigenen,  des  «Illyrischen  Florengebietes» 
erfordern  oder  gestatten.  Wir  wollen  jedoch  von  der  Erörterung  dieser  Frage, 
welche  eingehende  Untersuchungen  über  die  Flora  der  Nachbargebiete  voraus- 
setzen würde,  hier  absehen,^)  und  rechnen  mit  Beck  (und  Kerner)  den 
Karstwald  und  die  Karstheide,  welche  sehr  gut  charakterisiert  sind,  zur 
pontischen  Flora,  während  wir  die  subalpinen  und  Hoc hgebirgs pflan- 
zen als  «illyrischen  Gau  der  alpinen  Flora»  oder  kurz  als  «Illyrisch- 
alpine  Flora»  zusammenfassen. 

a)  Die  mediterrane   Flora. 

Das  Gebiet  der  mediterranen  Flora ^)  (also  floristisch  oder  systema- 
tisch betrachtet)  stimmt  mit  dem  früher  geschilderten  und  nach  ökologisch- 
physiognomischen  Gesichtspunkten  abgegrenzten  mediterranen  Vege- 
tationsgebiet wohl  vollständig  überein.  Es  erübrigt  daher  nur  mehr,  eine 
Unterteilung  des  Gebietes  nach  floristischen  Gesichtspunkten  vorzunehmen. 
Nach  dem  Vorkommen  oder  Fehlen  des  Strandföhren-  und  des  mediterranen 
vSchwarzföhrenwaldes  sowie  vieler  mediterraner  Gewächse  kann  man  eine 
«istrisch-dalmatinische  Zone»  («Liburnischer  Gau»^)  und  eine  «süd- 
dalmatinische Zone»  («Dalmatischer  Gau»'^)  unterscheiden. 

A)  Die  istrisch-dalmatinische  Zone. 

In  ihr  können  wir  weiter  voneinander  trennen: 

1.  die  Macchienregion,  welche  gegenüber  Cittanuova  in  Istrien  beginnt, 
längs  der  Westküste  über  Dignano  nach  Altura  führt,  den  südlichen  Teil  der 
Insel  Cherso  und  die  sich  in  gleicher  Richtung  anschließenden  Inseln,  dann  den 
schmalen  Küstenstrich  von  Sebenico  über  Trau  bis  Spalato  beherrscht, 

2.  die  norddalmatinischeÜbergangsregion,  welcher  Teile  der  In- 
seln Cherso,  Veglia,  Arbe  und  Pago  sowie  das  nördliche  Dalmatien  zufallen,  und 


^)  Leider  hat  auch  die  Flora  Illyriens  bisher  keine  zusammenfassende  kritische 
Bearbeitung  gefunden.  Von  Becks  Flora  von  Bosnien,  der  Herzegowina  und  des  Sandzaks 
Novipazar,  Wien   1904,    liegt  nur  der  erste  Teil  (Gymnospermen,  Monocotyledonen)  vor. 

"-)  Vgl.  S.  45- 

^)   Nach   Kerners    «Florenkaite   von   Österreich-Ungarn»    (1888). 


i33 

3.  die  liburnische  Region,  welche  einen  schmalen  Landstreifen  an 
der  Meeresküste  bildet,  der  bei  MoScenice  in  Istrien  beginnt  und  sich  über 
Fiuine  bis  Novi  (Kroatien)  hinzieht.  Auch  der  Küstenstrich  um  Carlopago, 
dann  der  nördliche  Teil  der  Inseln  Cherso  und  Veglia  und  die  der  Festlandseite 
zugekehrten  Teile  von  Arbe  und  Pago  sind  hierher  zu  rechnen,  ferner  ein 
schmaler  Streif  quer  durch  das  mittlere  Istrien.  Ob  sich  diese  Region  von  der 
norddalmatinischen  Übergangsregion  dauernd  wird  trennen  lassen,  erscheint 
mir  mindestens  zweifelhaft. 

In  den  beiden  letzteren  Regionen  überwiegen  bereits  die  Karstwald- 
pflanzen. In  der  norddalmatinischen  Übergangsregion  treten  die  immergrünen 
Buschwerke  sehr  zerstreut  auf,  und  nur  an  wenigen  Orten  kommt  es  zu  isoliert 
stehenden,  inselartigen  Macchien.  Diese  mangeln  der  liburnischen  Region,  in 
welcher  die  Bestandteile  des  Karstwaldes  die  Oberhand  gewinnen  und  die  medi- 
terrane Felsheide  in  die  Karstheide  übergeht,  vollständig. 

Die  meisten  mediterranen  Pflanzen  erreichen  innerhalb  der 
istri  seh  -  dalmatinischen  Zone  ihre  Nordgrenze.  Von  endemischen 
Pflanzen  seien  erwähnt:^) 

Agrostis  stolonifera  var.  dalmatica 
Aegilops  iiniaristata 
Ophrys  Tommasinii 
Sternbergia  colchicißora  var.  dal- 
matica 
Brassica  mollis 
Genista  pulchella 

Bemerkenswert  ist,  daß  in  dieser  Zone  nicht  nur  auf  dem  Festlande,  sondern 
auch  auf  den  Inseln  voralpine  und  alpine  Pflanzen  vorkommen,  wie  z.  B.  Sesleria 
tenuifolia,  Thalictrum  aquilegifoliimi,  Rinnex  scutatus,  Paronychia  Kapela,  Drypis 
spinosa,  Buniinn  divaricatiim  und  Scrophularia  laciniata. 

B)   Die  siiddalmalinische  Zone. 

I.  Die  Macchien region  umfaßt  den  schmalen  Küstensaum  von  Trau 
bis  Dulcigno  (Montenegro)  und  die  Inseln  südwärts  der  Punta  Planka.^)  Eigen- 
tümlich sind  dieser  Region  die  Wälder  der  Strandföhre  (Piniis  halepensis)  und 
auf  den  höchsten  Erhebungen,  wo  auch  noch  einige  subalpine  Typen  anzu- 
treffen sind,  der  (mediterrane)  Schwarzföhrenwald.  Auf  dem  Festlande  tritt  uns 
der  litorale  Eichenwald  mit  Qiiercus  sessilißoi-a  und  lamtginosa  entgegen.  Im 
immergrünen  Buschwalde    finden   wir    (gegenüber  der  Macchie    der   istrisch- 


Statice  dalmatica 
Orobanche  Borbdsiana 
Cerinthe  Smithiae 
Chrysanthemum  platylepis 
Centaurea  dalmatica 
Scolopendriiim  hybriditm 


'■)  In  den  Verzeichnissen  der  von  Beck  angeführten  endemischen  Pflanzen  befinden 
sich  auch  solche,  die  auch  außerhalb  des  Gebietes  vorgefunden  wurden.  Ihre  Heimat 
dürften  dieselben  aber  in  den  illyrischen  Ländern  haben. 

^)   Ungefähr  auf  halbem   Wege    zwischen  Sebenico  und   Spalato. 


i34 


dalmatinischen  Zone)  häufig:  Ephedra  campylopoda  und  uebrodensis,  Qiier- 
cus  coccifera,  Calycotome  infesta,  Erica  multiflora  und  verticillata  sowie  den 
Rosmarin,  in  der  ¥c\sh.e.\d&::  Avena  filifolia,  Andropogon  hirtus,  Asphodelus  albus 
und  ramosus,  Euphorbia  spinosa  und  Wulfenii,  Chaerophyllum  coloratum,  Nerium 
Oleander,  Phlomis  fruticosa,  Teucrium  Polium,  Campanula  ramosissima,  Ver- 
bascuDi  siiiuatiini,  Iiiula  Candida  und  Chrysantlieniitin  cinerariaefoliiun.  Ende- 
misch  sind  in  dieser  Region: 


Aegilops  biuncialis 

Crocus  dalmaticiis 

Romulea  crocifolia 

Muscari  speciosum 

Oni ith ogalu m  Visia n ia mint 

Ophrys  Bertolonii  var.  ßavicans 

Kohlrauschia  obcordata 

Dianthus  miiltinervis 

Silene  remotißora 

Delphin iiim  brevicorn e 

Ibcris  Zanardinü 

Brassica  Botteri 

Alyssiim  latifolium 

Fibigia  [Farsetia)  triqiictra 

Matthiola  glandulosa 

Ononis  brachystachya 

Genista  dalmatica 

Vicia  dalmatica 

Lathyrus  saxatilis 

Potentilla  adriatica 

Geraniiim  macrorrhi^um  var.  dal- 

maticum 
Rhamnus  Sagorskii 


Seseli  globiferum 

—  tomentosum 
Portenschlagia  ramosissinia 
Peiicedamnn  Neiimayeri 
Vincetoxicum  fuscatitm 

—  adriaticum 

—  Huteri 
Stachys  menthaefolia 
Satureia  dalmatica 
Phlomis  fruticosa 
Linaria  microsepala 
Acanthiis  spinulosiis 
Plantago  Weldeni 
Asperula  Staliana 
Campanula  Portensclilagiana 
Hedraeantlnis  caiidatus 
Centaurea  Friderici 

—  melitensis 

—  crithmifolia 

—  glaberrima 

—  salonitana 

—  Tommasinii 
Tragopogon  Tom  masin  ii 


2.  Die  herzegowinisch -montenegrinische  Übergangs region 
umfaßt  zwei  getrennte  Gebiete,  von  denen  das  nürdliclie  im  unteren  Flußgebiete 
der  Narenta,  das  südliche  im  Recken  des  Skutarisees  und  im  Mündungsgebiete 
der  Moraca  liegt.  Getrennt  davon,  aber  doch  hierher  gehörig  ist  das  medi- 
terrane Eiland  von  Trebinje  und  die  Umgebung  des  Popovo  polje.  An  der 
Narenta  reicht  diese  Region  etwa  bis  200 7n  Seehöhe,  und  zwar  aufwärts  bis 
Jablanica,  westlich  bis  Ljubugki  und  Imotski,  östlich  bis  Ljubinje.  In  der  hier 
vorherrschenden  Felsheide  mischen  sich  mediterrane  Elemente  mit  den  in  der 
Überzahl  vorhandenen  Karstgewächsen.  Immergrüne  Sträucher  treten  nur 
mehr  einzeln,  seltener  horstweise  auf.  Häufig  ist  der  wilde  Granatapfelstrauch 
(Punica  Granatu?n).  Bemerkenswert  ist  an  der  unteren  Narenta  das  Vorkommen 
von  Echinops  Neumayeri,  Periploca  graeca,  Glycyrrlii:^a  eciiinata  und  Fraxinus 
oxycarpa. 


^35 


ß)  Die  politische  Flora. 

(In  unserem  Gebiete  vertreten  durch  die  illyrische  Karstregicjn.) 
Als  typische  Formationen  derselben  sind  der  Karstwald  und  die  Karst- 
heide zu  nennen.  Ihrer  Zusammensetzung  und  Verbreitung  wurde  schon  früher 
gedacht.  Von  den  Gehölzen  der  mediterranen  Flora  finden  sich  nur  mfthr  Pistacia 
Terebinthus  und  Colutea  arborescens  vor.  Cytisus  ramentaceus  bildet  häufig 
Buschwerke.  Auffallend  ist  in  der  Karstheide  der  Reichtum  an  eigentümlichen 
Gewächsen,  von  welchen  mit  Einschluß  einiger  Karstwaidpflanzen  genannt 
sein  mögen : 


Sesleria  autumnalis 
Poa  jubata 

Ornitliogalum  flavescens 
Iris  illyrka 
Ariim  nigi^um 

—  Petteri 
Ophrrs  cornuta 
Dianthus  sangiiineus 
Stellaria  bulbosa 
Ranunculiis  calt/iaefoliiis 
Anemone  blanda 
Helleborus  odorus 
Paeonia  peregrina 
Roripa  lipicensis 
Cardamine  Fialae 
Thlaspi  praecox 

Euphorbia  epithymoides  (^=  fragi- 
fera) 

—  Tommasiniana 
Polygala  carniolica 

—  Jorojiilensis 
Hacqnetia  Epipactis 
Seseli  Tommasinii 
Ferulago  galbanifera 
Pencedaniim  Schottii 

—  venetum 

—  coriaceum 
Chaerophyllum  laevigatiim 
Freyera  cynapioides 
Potentilla  australis 

—  carniolica 

—  Tommasiniaiia 
Genista  sericea 

—  silvestris 

—  holopetala 
Cytisus  diffiisiis 

—  purpureus 


Anthyllis  aurea 
Medicago  prostrata 

—  carstiensis 
Onobrychis  Tommasinii 

—  Visianii 
Lathyrus  variegatus 
Gentiana  tergestina 
Onosma  stelhdatum 
Thymus  bracteosus 
Lamium  Orvala 
Salvia  Bertolonii 
Satureja  variegata 

—  subspicata 

—  thymifolia  (riipestris) 
Veronica  poljensis 

—  mitltifida 
Digitalis  laevigata 
Euphrasia  illyrica 
Hedraeanthus  teniiifoliiis 
Galium  aurenm 

—  Schultesii 
Valeriana  tubcrosa 
Centranthiis  Velenovskyi 
Knautia  illyrica 

Inula  spiraeifolia 
Senecio  lanatiis 
Carduus  collinus 
Serratula  radiata 
Cent  aurea  sordida 

—  dalmatica 
Scor^onera  villosa 
Leontodon  saxatilis 
Crepis  chondrilloides 
Hieracium  stupposum 

—  Tommasinii 

—  Transsilvanicum 

—  lasiophyllum 


i36 


Y)  Die  baltisch-mitteleuropäische  Flora. 

(In  unserem  Gebiete  vertreten  durch  die  illyrische  Eichenregion.) 
Schon  Sendtner,  der  im  Mai  1847  nach  Ostbosnien  kam,  war  es  aufge- 
fallen, daß  die  Vegetation  dort  «überhaupt  aller  östlichen  Eigenti:imlichkeiten» 
entbehrt.  Die  Formationen  des  nördlichen  Berg-  und  Hügellandes,  wie  der 
bosnische  Eichenwald,  die  Buschwälder,  Uferauen  und  Wiesen  zeigen  nicht 
nur  in  ihrer  Physiognomie,  sondern  auch  in  ihrer  Zusammensetzung  so  viel 
Ähnlichkeit  mit  den  entsprechenden  Formationen  der  baltisch-mitteleuropäischen 
Flora,  daß  sie  derselben  zwanglos  angegliedert  werden  können.^)  In  der  Flora 
des  bosnischen  Eichenwaldes  verhalten  sich  z.  B.  die  mitteleuropäischen  zu  den 
übrigen  Pflanzen  (Karstpflanzen,  balkanisch  -  pontischen,  illyrisch  -  alpinen  und 
bulgarischen  Typen)  wie  7:2.  Ein  viel  bedeutenderer  Anteil  fällt  den  Balkan- 
pflanzen an  der  Zusammensetzung  der  illyrischen  Eichenregion  in  Serbien  zu. 
In  Bosnien  finden  wir  an  pontischen,  beziehungsweise  der  Balkanflora  ange- 
hörenden Gehölzen,  die  aber  meist  nur  lokale  Bedeutung  erlangen,  besonders: 
Piniis  nigra,  Qiiercus  Cerris,  Castanea  sativa,  Jiiglans  regia,  Tilia  tomentosa,  Co- 
tiniis  Coggygria  und  Acer  tataricum. 

0)  Die  illyrisch-alpine  Flora. 
Die  illyrischen  Gebirge,  welche  sich  von  Krain  bis  an  den  Drin^)  er- 
strecken und  im  Osten  die  Wasserscheide  zwischen  der  Ürina  und  der  ser- 
bischen Morava  bilden,  beherbergen  in  den  Formationen  der  voralpinen  und 
alpinen  Region  einen  eigenartigen,  einheitlichen  Bestand  an  Arten  und  For- 
men, den  man  vielleicht  am  besten  mit  dem  Namen  «illyrlsch-alpine  Flora»  zu- 
sammenfassen kann.  Wie  wir  aus  der  von  Beck  mitgeteilten  Übersicht^) 
ersehen  können,  haben  die  illyrischen  Hochgebirge  nahezu  oder  mehr  als 
die  Hälfte  ihrer  Gewächse  mit  den  Alpen  gemein.  Es  muß  besonders  hervor- 
gehoben werden,  daß  hiezu  auch  die  meisten  und  durch  ihre  große  Ver- 
breitung wichtigsten  Waldbäume  und  Sträucher  gehören.  Das  Vorkommen  der 
Alpenpflanzen  auf  den  illyrischen  Hochgebirgen  ist  aber  kein  gleichmäßiges, 
denn  die  Artenzahl  nimmt  gegen  Süden  allmählich  ab.  Im  liburnisch-südkroa- 
tischen  Karst  beträgt  sie  66-9°/^  der  gesamten  Hochgebirgsflora,  sinkt  jedoch 
auf  den  montenegrinischen  Gebirgen  bis  auf  48-2 °/q  herab,  um  im  Sar-dagh 
(vScardus)in  Albanienoder  wenigsüdlicherdavon  vöUigzuerlöschen."^)  Diehervor- 
ragendste  Rolle  spielen  die  den  illyrischen  Hochgebirgen  eigentümlichen  und  ende- 


')  Diese  Tatsache  kommt  in  der  Kernerschen  Florenkarte  nicht  zum  Ausdrucke; 
auf  derselben  erscheint  Bosnien  fast  ganz  dem  pontischen  Gebiete  zugerechnet. 

^)  Die  Nordalbanesischen  Alpen  sind  zum  größten  Teile  noch  völlig  unerforscht. 

^)   lUyrien,   S.  445. 

*)   V.   Wettstein,    Beitrag  zur  Flora  Albaniens  (1892),   S.    I2. 


i37 


mischen  Formen,  welche  den  mit  den  Alpen  (gemeinsamen  Elementen  in  der  An- 
zahl nur  wenig  nachstehen  und  gegen  Süden  zu  von  32*5°/o  auf  437°/^  anwachsen. 
Hingegen  hat  die  Hochgebirgsflora  der  übrigen  Bergriesen  der  Balkanhalbinsel, 
so  der  serbischen  und  albanesischen  Hochgebirge,  der  eigentliche  Balkan 
(Stara  planina),  die  Rhodope  und  der  Pindus  mit  seinen  Ausläufern,  gleich  den 
dazischen  Kar[)athen  nur  einen  sehr  geringen  Anteil  an  der  Zusammensetzung 
der  illyrisch-alpinen  Flora.  Umso  überraschender  wirkt  die  Tatsache,  daß  sich 
eine  Menge  von  den  der  illyrisch-alpinen  Flora  eigentümlichen  Arten  in  den 
Apenninen  wiederfinden,  aber  nicht  mehr  weiter  nach  Norden  verbreitet  sind. 
Es  ist  dies  eine  Erscheinung,  welche  auf  die  alte  Landbrücke  hinweist,  die  zur 
Tertiärzeit  das  südliche  Dalmatien  mit  dem  gegenüberliegenden  Italien,  Sizi- 
lien und  Nordafrika  verband  und  von  welcher  heute  nur  mehr  die  Rücken  und 
Gipfel  einiger  Gebirgszüge  als  kleine  Inseln  und  Scoglien  den  Meeresspiegel 
überragen.  ^)  Um  den  zur  Verfügung  stehenden  Raum  nicht  allzusehr  zu  über- 
schreiten, muß  von  einer  Aufzählung  der  mit  den  Alpen  gemeinsamen  Hoch- 
gebirgspflanzen abgesehen  werden.  Auch  die  zahlreichen  endemischen  Sippen 
der  illyrischen  Flora,  die  übrigens  oft  noch  einer  kritischen  Überprüfung  und 
der  Klärung  ihrer  systematischen  Stellung  bedürfen,  können  nur  in  einer  Aus- 
wahl angeführt  werden, 

I.  Eigentümliche  und  endemische  Sippen.-) 


Picea  Omorica 
Pinus  leucodennis 
Avena  Blavii 

—  Neumayeriana 
Festiica  dalmatica 

— •     pungens 

—  affinis 
Carex  laevis 
Fritillaria  tenella 

—  neglecta 
Allium  ßexum 

—  Javorjense 
Crocus  vernus 

—  Malvi 

—  monteuegrinus 
Iris  bosjiiaca 
Thesiiim  auriculatinn 
Arenaria  gracilis 

—  Haldcsyi 

—  orbicularis 

—  rotundifoUa 
Silene  dalmatica 


Silene  Reiclienbachii 
Heliosperma  pusilhnn 

—  glutinosum 

—  Tomniasinii 

—  Ret:{dorffianum 
Dianthus  papillosus 

—  stricttis 

—  Kitaibelii 

—  Freynii 

—  Knappii 
Aquilegia  Kitaibelii 

—  grata 

—  dinarica 
Aconitum  Sostaricianum 

—  Pantocsekianuni 

—  bosniaciim 
Corydalis  blanda 
Biscu tella  monten cgrin a 
Iberis  carnosa 
Peltaria  alliacca 
Barbaraea  bosniaca 
Cardamine  carnosa 


I)  Vgl.   S.  4. 

^)  Pflanzen,    die    nicht  nur  in  lUyrien,    sondern   auch  in  den  Apenninen    oder   im 
übrigen  Balkan  wachsen,  werden  später  aufgezählt. 


i38 


Cardamine  croatica 
Draba  Ai^oon 

—  arviata  I 
Arabis   Scopoliana 

—  bosnictca 

—  croatica 
Aiibrietia  croatica 
Erysimiim  carniolicum 
Berteroa  Gintlii 
Hesperis  dinarica 
Sediim  Horakii 
Sempervivwn  blandum 
Saxifraga  Blavii 

—  prenja 
Potentilla  motitenegrina 
Rosa  dalmatica 

—  Malyi 
Cytisiis  ciliatus 

—  bosniacits 
Trifolium  noriciim 
Anthyllis  praepropera 

—  intercedens 
Astragalus  Fialae 
Oxytropis  prenja 
Lathyrus  laevigatus 

—  Nicolai 
Geranium  oreades 
Polygala  bosniaca 

—  croatica 
Euphorbia  triflora 

—  filicina 
Viola  Beckiana 

—  Nicolai 

—  Zoysii 

—  speciosa 
Viola  prenja 
Daphne  Blagayana 
Astrantia  illyrica 

—  elatior 
Anthriscus  fumarioides 
Freyera  montenegrina 
Physospermum  verticillatum 
Pimpinella  hercegovina 
Bunium  tenuisectum 
Bupleurum  Karglii 
Athamatita  Haynaldi 

—  aurea 
Libanotis  nitida 
Seseli  Malyi 

A n  crelica  brachvradia 


Peucedanum  marginatum 
Primula  Kitaibeliana 
Gentiana  crispata 

—  tergestina 

—  dinarica 
Cerinthe  lamprocarpa 
Myosotis  suaveolens 
Stachys  Sendtneri 
Salvia  brachyodon 
Satureia  croatica 
Thymus  balcanus 

—  Velenovskyi 
Scrophularia  bosniaca 
Veronica  orbiculata 

—  satureioides 

Wulfenia  Baldaccii  (Nordalban. 

Alpen) 
Melampyrum  trichocah -ein um 

—  velebiticum 

—  Hoermannianum 
Euphrasia  illyrica 

—  liburnica 
Alectorolophus  asperulus 

—  bosniacus 

—  anceps 

—  dinaricus 

—  illyricus 

—  praesignis 
Pedicularis  Friderici  August i 

—  leucodon 

—  brachyodonta 

—  Hoermanniana 
Orobanche  Pancicii 
Planta go  reniformis 
Asperula  pilosa 

—  hercegovina 

—  Wettsteinii 

—  scutellaris 
Galiiim  Baldaccii 
Viburnum  maculatum 
Lonicera  glutinosa 
Valeriana  bertiscea 

—  Pancicii 
Knautia  dinarica 

—  rigidiuscula 
Succisa  Petteri 
Phyteuma  obtusifolium 

—  pseudoorbiculare 
Campanula  hercegovina 

—  Waldsteiniana 


Campamtla    Velebitica 
Hedraea  n  th  us  da  Im  aticus 

—  dinaricus 

—  niveus 

—  Piimilio 

—  serprllifolius 

—  montenegrimis 

—  Wettsteinü 
Gnaphalhim  Pichlcri 
Adiillea  abrotanoidcs 
Chrvsantliemum  larvatum 
Senecio  Visianianiis 

—  bosniacus 

—  Fussii 
Carduus  ramosissimus 
Cirsium  paucißorum 
Centaurea  heterotoma  ( Murbcckü) 

—  tuberosa 

2.    Arten,    die    auch    auf   den 
Alpen  aber  fehlen  oder  doch   höc 

Sesleria  nitida 
Koeleria  splendens 
Alliiim  ochroleucum 
Crocus  Orsinii 
Orcliis  quadripunctata 
Paronychia  Kapela  * 
Cerasfium  tomentosum 
Alsine  graminifolia  * 

—  trichocalycina 
Stellaria  glochidisperma  (?) 
Drypis  spinosa 
Saponaria  bellidißora 
Silene  Roemeri  * 

—  multicaulis 
Ranunculus  brevifolius 

—  millefoliatus  * 

—  serbicus 
Barbaraea  bracteosa 
Ärabis  albida 

—  nivalis 
Carda  mine  che  Udo  n  ia 

—  glauca 

—  graeca 
Vesicaria  graeca 
Alyssuni  nebrodense 

—  cuneifolium 


i3g 

Centaurea  cuspidata 

—  incompta 

—  Harnaldi 

—  smolinensis 

—  aterrima 

—  bosniaca 
Mulgedium  Pancicii 
Reichardia  macrophylla 
Crepis  dinarica 

—  moesiaca  (Vandasii) 

—  Kitaibelii 
Hieracium^)  Pichleri 

—  plumulosiim 

—  thapsiforme 

—  Orient 

—  lanifolium 

—  Schlossert 

—  porimense 

A  p  e  n  n  i  n  e  n    \'  o  r  k  o  m  m  e  n ,    in    den 
hst  selten  sind^) 

Draba  armata 
— ■     affinis 
Iberis  gaiTCA-iana  * 
Sediim  magellense 
Ribes  multißorum 
Saxifraga  Friderici  Augusti  * 

—  Boryi* 
Geiim  molle 
Potentilla  apennina 

—  Detomasii 
Lathyrus  sessilifolius 
Geranium  reflexum 
Linum  capitatum 
Euphorbia  Barrelicri 
Acer  obtusatum 
Viola  gracilis 
Daphne  glandulosa 
Astrantia  carniolica 
Frey  er  a  tuberosa 
Bunium  alpinum 

—  divaricatum 
Heracleum  Orsinii 
Laser pitiu m  garga nicum 
Physospermum  aquilegifolium 
Ferulago  silvatica* 
Armeria  canescens 


')  Zwischenformen  blieben  unberücksichtigt. 
^)  *  bedeutet:  In  der  vilcariierenden  Sippe. 


140 


Armeria  majellcnsis 
(ientiana  dinarica  (V) 
Thym its  aciciilaris '••' 
Lamium  garganicum 

—  longißorum 
1  'erbasciim  longifolhim 
Pinguicula  hirtißora 
Asperiila  aristata 
Scabiosa  leucophrlla* 

—  crenata * 

—  silenifolia 
Campa^mla  foUosa 

Das  Verzeichnis  dieser  Pflanzen  künnte  noch  um  viele  gemeinsame 
Arten  ergänzt  werden,  die  aber  nur  in  den  niedriger  liegenden  Landstrichen 
vorkommen. 

3.  Albanesisch-griechische  Typen. 
Hnus  Peuce^) 


Ca  mpa  n  11  la  garga  n  ica 

—  trichocalycina 
Hedraeanthus  graminifoUus 
Anthemh  Barrelieri 
Leontodon  illrricus'^- 
Centaitrea  deiista 

—  dissecta 

—  nipestris 
Hieracium  macrantluim 

■ —     crinitum 

—  Virga  aiirea* 


Jimcus  alpigenus 
Tiilipa  Grisebachiana 
Lilium  albanicum 
Theshnn  Parnassi 
Cerastium  lanigcrum 

—  tomentosiim 

—  rectum 
Silene  Asterias  (V) 
Heliospenna  pudibundum 

—  chromodontnm 
Dianthus  crnentiis 
Ranunculus  brevifoliiis 

—  Sartorianus 

—  psilostachvs 

—  serbicus 
Arabis  albida 

—  muralis 
Alvssum  repens 

—  murale 
Draba  athoa 

—  parnassica 
Aubrietia  deltoidea 
Erysimum  Boryanum 

—  pectinatum 
Sedum  Grisebachii 
Saxifraga  olympica 

—  Spruner  i 

—  Boryi 
Potent illa  speciosa 


Rosa  Heckeliana 

—  glutinosa 
Prunus  prostrata 
Trifolium  patuhim 

—  dalmaticum 
Anthyllis  albanica 

—  scardica 

—  variegata 
Geranium  subcaulescens 
Euphorbia  capitulata 
Acer  Heldreicliii 
Rhamnus  fallax  (carniolica) 
Viola  bosniaca 

—  aetolica 

—  gracilis 
Daphne  oleoides 
Pimpinella  polyclada  * 
Bruckenthalia  spiculißora 
Moltkia  petraea 
Alkanna  boeotica 
Myosotis  idaea 

—  olympica 
Stachys  scardica 

—  menthifolia 
Scroph  u  laria  Scopolii 

—  laciniata 
Linaria  peloponnesiaca 
Verbascum  Gnicciardii 

—  Baldaccii 
Melampyrum  ciliatum 


^)  Auch    bei  Oroäi    in   Albanien.      Vgl.  K.    Steinmetz,   Eine  Reise   durch    die 
llochländergaue  Oberalbaniens,   Wien   1904,   S.  42. 


141 


Plantago  montana  var.  graeca 
Asperitla  suberosa 
Lonicera  Formanekiana 
Valeriana  Dioscoridis 
Cephalaria  graeca 
Achillea  muliiflda 

4.   Arten   aus    den   Karpathen, 

Piniis  Peuce  (Rhodope) 
Festuca  Panciciana 

—  Porcii 
Junciis  alpigenus 
Liliiim  Jankae 
Grmnadenia  Frivaldskrana 
Orcliis  cordigera 
Scleranthus  neglectus 
Alsine  bosniaca 
Cerastiiim  moesiaciim 

—  rectum 
Dianthus  cmentus 

—  Velenovskri  (Panciäi) 
Silene  Sendtneri 

—  Asterias 
Ranimculus  crenatus 

—  psilostachys 

—  Serbiens  (Orplia)iidis) 
DelpJiininm  dinaricum 
Barbaraea  balcana  (alpicola) 
Erysimum  Boryaniim 
Cardamine  acris 
Alyssum  repens 

—  murale 
Sempervivum  patens 

—  rubicundum 
Saxifraga  cymosa 

—  moesiaca 

—  Rocheliana 
Geum  bulgaricum 

—  molle 
Oxytropis  argentata 
Linum  liologvnum 
Euphorbia  lingulata 
Pancicia  serbica 
Carum  Veleuovskyi 
Peucedaniim  serbicum 


Achillea  aggeratifolia 
Amphoricarpus  Neumayeri 
Senecio  Wagneri 
Chrysanthemum  chloroticum 
Hieracium  pannosum 

dem    Balkan   und   der   Rh()dt)[)e. 

Eryngium  palmatum 
Gentiana  carpathica 
Bruckenthalia  spiculißora 
Androsace  hedraeantha 
Myosotis  idaea 
Veronica  crinita 
Scrophularia  glandulosa 
Verbascum  Bornmidleri 

—  glabratum 
Plantago  gentianoides 
Campanula  macrostacJya 

—  moesiaca 
Knautia  lancifolia 
Scabiosa  triniifolia 

—  silaifolia 
Achillea  lingulata 

—  aggeratifolia 
Anthemis  carpathica 
Chrysanthemum  macrophyllum 
Telekia  speciosa 

Senecio  carpathicus 

—  Wagneri 

—  transsilvanicus 
Petasites  Kablikianus 
Cirsium  Velenovskyi 
Leontodon  croceus 
Picris  Tatrae 
Tragopogon  balcanicus 
Centaurea  micrantha 

—  atropurpurea 

—  mollis 

—  triniifolia 

—  Kotschyana 
Crepis  viscidula 
Hieracium  Transsilvanicum 

—  olympicum 


142 


B)  Schilderung  der  Reiseroute. 
Vorbemerkungen  über  Land  und  Leute. 

Bosnien  und  die  lltrzcgow'ma  wurden  im  Auftrage  des  Berliner  Kon- 
gresses (Juli  1878)  von  Österreich-Ungarn  besetzt  und  werden  seitdem  vom  Reichs- 
Finanzministcrium  (welches  für  beide  vStaaten  gemeinsam  ist)  verwaltet.  Das 
Land  hat  51.027 /f?72^  Flächeninhalt,  ist  also  fast  so  groß  wie  Böhmen.  Es  ist  in 
sechs  Kreise  (Sarajevo,  Banjaluka,  Bihac,  Donja  Tuzla,  Travnik  und  Mostar) 
und  53  Bezirke  eingeteilt.  Der  Kreis  Mostar  bildet  zugleich  die  Herzegowina. 
Die  Einwohnerzahl  beträgt  (Zählung  von  1895)  1,568.092,  wovon  42  °/q  griechisch- 
orientalischer (nicht  unierter,  «serbischer»  oder  orthodoxer),  34°/^  muham- 
medanischer  ^),  2i°/q  römisch-katholischer,  o'5  °/q  israelitischer  Konfession 
sind.  Die  Israeliten  sind  vorwiegend  Spaniolen,  die  vor  400  Jahren  aus  Sj^anien 
hierherkamen.  Die  meisten  Einwohner  («Bosniaken»,  «Herzegowzen»)  sind 
Südslawen  und  bedienen  sich  der  serbo-kroatischen  Sprache.  ^)  Außerdem 
gibt  es  im  Lande  noch  Zigeuner  (ansässige  und  Halbnomaden),  eingewanderte 
Deutsche  (als  Kolonisten)  und  Amanten  (Albanesen).  Spanisch,  untermischt  mit 
Turzismen  und  Bosnizismen,  sprechen  die  eingewanderten  Lsraeliten  unter 
einander.    Die  interne  Amtssprache  ist  die  deutsche. 

Die  Katholiken  und  Muhammedaner  bedienen  sich  der  lateinisclien,  die 
Orthodoxen  der  z)  rillischen  Lettern,  die  mit  den  russischen  zum  größten  Teile 
gleich  sind. 

Reiseroute. 
Zelenika — Mostar. 

Aus  den  Bocche  di  Cattaro  führt  seit  kurzer  Zeit  eine  schmalspurige 
l)ahn,  die  in  der  Station  Gabela  die  Hau[)tlinie  der  bosnisch-herzegowinischen 
.Staatsbahn  erreicht.  Dieselbe  beginnt  wenige  Kilometer  östlicli  von  Castelnuovo 
in  Zelenika  und  führt  zunächst  am  Ufer  des  Meeres  hin,  bei  dem  von  herr- 
lichem Kastanienwalde  (Castanea  sativa)  umsäumten  Kloster  Savi  na  vorbei, 
nach  Castelnuovo.  Kurz  darauf  wird  bei  Igalo  zum  ersten  Male  herze- 
go  wi  nischer  B  od  e  n  betreten.  Der  schon  erwähnte  zur  Herzegowina  ge- 
hörige schmale  Landstrich,  die  nach  dem  gleichnamigen  Fluß  benannte  Suto- 
rina,  reicht  hier  bis  ans  Meer.  Hinter  dem  Orte  Sutorina  (io37«)  führt  ein 
Tunnel  unterhalb  des  Gumanac-Sattels  wi("der  nach  Dalmatien.     Beim  Orte 


')  Die  Muhammedaner  werden  oft  fälschlich  (sogar  in  Reisehandbüchern!)  als 
«Türken»  bezeichnet;  sie  sind  aber  ebenso  Südslawen  wie  die  christlichen  Bewohner 
des  Landes. 

-)  Ofli/Jell  als    «bosnische»    Landessprache   bezeichnet. 


143 

Plo^ice  zieht  die  Bahn  abwärts  in  das  tVuchthare,  mit  Obst-  und  Ölbäumen 
sowie  Wein  beptUmzte  Can  alit  al.  Den  östHchen  Teil  desselben  bewässert 
die  Ljuta,  die  am  Fuße  der  Snijeznica  (1204;//)  als  mäohtioer  Fluß  entspringt 
und  sich  zwischen  Gruda  und  Komaj  durch  einen  unterirdischen  Abtluß  ins  Meer 
ergießt.  Am  Nordwestende  des  schönen  Tales  liegt  auf  einer  Halbinsel,  in  das 
Meer  hineinragend  und  auf  den  Ruinen  der  römischen  Stadt  Epidaurus  erbaut, 
Ragusa  vecchia.  Die  Bahn  wendet  sich  hierauf  ostwärts,  verläßt  das  Canali- 
tal  und  erklimmt  hinter  dem  Orte  Mihanici,  fortwährend  steigend  und  einen 
Kehrtunnel  durchfahrend,  den  sich  am  Fuße  der  Snijei?nica  im  Norden  des  Tales 
ausdehnenden  Rücken.  Brotnjica  ist  daselbst  die  letzte  österreichische  Bahn- 
station. Bald  darnach  sind  wir  wieder  auf  herzegowinischem  Boden,  indem  w  ir 
den  Sattel  und  dann  die  Station  Glavska  erreichen.  Von  dort  zieht  sich 
die  Bahn  am  Rande  des  Plateaus,  dessen  Südabfall  das  Breno-  und  Omblatal 
im  Norden  umsäumt,  dahin  und  erreicht  die  am  Fuße  der  Vlastica  (909»»)  ge- 
legene Station  Uskoplje  »^349  ni).  Eine  Bahnstrecke  zweigt  von  dort  auf  öster- 
reichisches Gebiet  ab  und  führt  in  mehreren  Serpentinen  abwärts  nach  Gra- 
vosa.  Uns  führt  der  Weg  nach  Norden,  wir  diirchtahren  einen  oflcnen  \un- 
schnitt  und  gelangen  durch  einen  150»  langen  Tunnel  zur  Station  llum,  von 
wo  eine  Zweigbahn  nach  Trebinje  führt.  Trebinje  ist  ptlanzengeographisch  als 
eine  mediterrane  Insel  im  Gebiete  des  Karstwaldes  autzufassen.  Die  Land- 
senkung, in  welcher  Hum  am  gleichnamigen,  isoliert  stehenden  Berge  liegt  und 
die  von  der  TrebinjiSica  ^)  bewässert  wird,  beginnt  bei  Trebinje,  verbreitert 
sich  am  Unterlauf  des  Flusses  und  windet  sich  dann,  durcii  steil  aut- 
steigende Gebirge  im  Norden  (^hier  die  Bjela^Snica,  1096;»)  und  Süden  be- 
grenzt, gegen  Nordwesten,  wo  sie  bei  stetig  abnehmender  Seehöhe  nächst 
Hrasno  endet.  Am  Lhiterlauf  der  Trebinj^ica,  etwa  von  Trebinje  bis  Poljice 
ist  diese  Karstsenkung  von  Gebüsch  bewachsen,  späterhin  senkt  sich  das  l'errain 
stetig  und  bildet  das  baumlose  Popovopolje  (^deutsch:  Pfaffenfeld),  eines 
der  charakteristischesten  Poljen  der  Karstländer,  Von  Oktober  bis  Mai  ist 
diese  trogartige  Landsenkung  in  einen  See  verwanilelt,  wi^lcher  an  einzelnen 
Stellen  bis  40  ui  Tiefe  i>rreicht.  Die  Bewässerung  des  Sees  erfolgt  unterirdisch 
durch  «Speilöcher»,  die  zumeist  am  Rande  des  oberen  Polje  liegen,  während 
in  ähnlicher  Weise  die  Entwässerung  durch  zahlreiche,  gegen  den  Ursprung 
der  Trebinjtiica  gelegene  Schluckschlünde  besorgt  wird.  Zur  Zeit,  wenn  im 
Frühjahre  das  Wasser  aus  dem  Polje  abzieht,  wird  Feldfrucht  gebaut  (Sori^liiini 
vuli^are).  Bei  Zavala  gegenüber  dem  Kloster  liegt  die  durch  ilire  Ventarolcn 
berühmte,  etwa  2  Ion  lange  Vjetrenicahöhle,  in  tlcren  Innern  zwei  Seen  ver- 
borgen sind.  Gegen  Hutovo  zu  steigt  die  Bahn  aufwärts,  senkt  sich  dann 
jedoch  wieder  und  wir  erblicken  das  Hutovo  Blato  (Nympluwa  alba,  Pcriploca 
gracca,  Cladium  Mariscus),  das  Quellgebiet  der  Krupa,  eines  linksseitigen  Neben- 

')  V"l.  S.  12. 


144 


flusses  der  Narenta,  in  welche  sie  nächst  Gabela  mündet.  Der  Zug  eilt  mit 
einem  Gefälle  von  ly^/gQ^abwärts,  übersetzt  die  Krupa,  dann  die  Narenta  und 
erreicht  die  an  der  Strecke  Metkovic — Mostar  gelegene  Station  Gabela. 

Von  Gabela  gelangt  man  mit  der  Bahn  in  etwa  einer  Viertelstunde  nach 
Capljina  (g  ;n),  von  wo  sich  eine  botanische  Exkursion  in  den  Dubravawald 
lohnt.  In  der  Umgebung  des  Ortes  werden  Tabak,  vor  kurzem  wurden  daselbst 
auch  Mohn  und  probeweise  Baumwolle  kultiviert.  Am  Ufer  der  Narenta:  Ta- 
marix  gallica  und  africana,  Vitex  Agnus  castus,  Veronica  acinifolia.  Südwärts 
von  Capljina  (Jj^  Stunde)  wurde  bei  Mogorelo  im  Jahre  1899  ein  gut  erhaltenes 
römisches  Kastrum  bloßgelegt.  Am  Wege  dahin  wächst  auf  feuchten  Wiesen 
Alopecurusutriciilatus,3i\x{F&\(lQ.x:n  Calepina  Corvini,  Stenophragma  Thalianum  u.a. 
Auf  den  Ruinen  selbst  beobachtete  ich  am  22.  April  1905  u.  a.  Alyssum  cam- 
pestre,  Bunias  Eriigaco,  Cotyledoii  hori::^ontalis,  Erodium  cicutariinn  var.  albi- 
ßorum,  Herniai-ia  glabra,  Ornithogabnn  montamnn,  Phleum  echinatutii,  Rhaga- 
diolus  edulis,  Tordyliuin  apulum,  Vicia  melanops  usw.  Von  Capljina  führt  die 
Landstraße  über  eine  Holzbrücke  auf  das  linke  Ufer  der  Narenta  nach  Tasovöic 
(baumartige  Exemplare  von  Juniperus  Oxycedriis)  und  in  Serpentinen  auf  das 
Plateau  der  Dubrava.  Bereits  vor  Domanovic  (175772)  sehen  wir  rechts  und 
links  von  der  Straße  die  ersten  Spuren  des  interessanten  Dubravawaldes, 
dessen  botanische  Eigentümlichkeiten  in  dem  geschlossenen,  waldbildenden 
Auftreten  der  Zigeunereiche  (Qjiercus  conferta  Kit.)  besteht,  der  zuweilen  auch 
Qiiercus  mcicedonica  beigesellt  ist.  Von  Tieren  sind  daselbst  besonders  der 
Scheltopusik  (Pseudopus  Pallasn)  und  die  griechische  Landschildkröte  (Testudo 
graeca)  durch  ihr  häufiges  Vorkommen  auffallend. 

Außer  den  gewöhnlichen  Karstpflanzen  findet  man  hier  unter  anderem:^) 

*Gladiolus  segetum 
*Hesperis  Visiann 
*Lamiu7n  bifidwn 
Limodorum  abortivum 
Linaria  Pelisseriana 
Loranthus    europacus     (auch    auf 

Qiiercus  conferta) 
*Moltkia  petraea  -) 
Myagrum  perfoUatum 
Orchis  laxißora 

—  picta 
Ornithogaliim  exscapiim 

—  nanum  ß  longipes 
'*Phleiim  teniie 

Phytolacca  decandra 
*Picnomon  (Cirsium)  Acarna 


Adonis  flammea 
*AUium  margaritaceum 

*  —  roseum 
*Anemone  hortensis 

* Arceuthobium  Oxycedri 
*Aristolochia  rotunda 
*Arum  italicum 

*  —  Orientale 
Bellardia  latifolia 

*Bellis  silvestris 
*Brachypodiiim  glaiicovircns 
*Carthamus  lanatus 
* Convolviilus  cantabricus 

*  —  tenuissimus 
*Cytisus  ramentaceus 

*  Gladiolus  illyricus 


')  Dieses    Verzeichnis    wurde    aus    der   Literatur    zusammengestellt.    —    Über   die 
Sternchen  bei  manchen  Namen  vergleiche   das   Pflanzen  Verzeichnis  auf  S.    146  f. 
2)  Tafel  XIV. 


'^Sidcritis  vomana 
Spiranthes  aiitumnalis 
Thymus  dalmaticiis 

*Tribulus  orientalis 

''!■  Urtica  pilulifera 
Valerianella  trimcata 
Vicia  grandiflora 
Tamarix  africana 
—  gallica 

*Vitex  Agnus  castus^) 


H5 

■^■Pirus  amj-gdiiliformis 
*Pistacia  Terebinthus 
*Plumbago  europaea 
Quercus  Cerris 

—  conferta 

—  Hex 

—  lamiginosa 

—  macedonica^) 
Salvia  clandestina 
Scilla  pratensis 

'^Scolymus  liispanicus 

In  Domanovic  verfolgen  wir  die  linke,  nach  Buna  führende  Straße. 
(Capljina  —  Domanovic  y^  km,  Domanovic — Buna  ly  km).  Ungefähr  6  km 
nordöstlich  von  Buna  (Eisenbahnstation)  entspringt  bei  Blagaj  (hier  Crepis 
Blavii)  am  Fuße  einer  prachtvollen,  lotrechten,  teilweise  sogar  überhängenden 
Felswand  die  Bu  na  (typische  Karstquelle).  Reges  Vogelleben  :  Cypselus  melba 
(Alpensegler),  Columba  livia  (Felsentaube),  Neophron  percuoptenis  (ägyptischer 
Schmutzgeier)  u.  a.  Von  hier  führt  die  Straße  durch  das  Mostarsko  polje  nach 
Mostar,  der  Hauptstadt  der  Herzegowina.  An  dieser  Straße  liegt,  zirka  ^km 
von  Mostar,  eine  von  der  Landesregierung  errichtete  Wein-  und  Obstbaustation. 

Mostar. 

Mostar^)  liegt  in  dem  schon  stark  verengten  nördlichsten  Teil  des  nach 
der  Stadt  benannten  Polje  an  beiden  Ufern  der  Narenta ;  im  Westen  erhebt 
sich  der  Hum  (436 jjz),  um  welchen  die  Straße  am  Mostarsko  blato  vorbei  nach 
Ljubugki  führt,  im  Osten  der  sanfter  ansteigende  Podvele2,  ein  Vorberg  des 
Velez  (1969772).  Die  Ufer  der  Narenta  in  und  bei  Mostar  sind  auffallend  durch 
die  zahlreichen  Höhlungen,  welche  die  Nagelfluhbänke  aufweisen  und  welche 
bei  schlechtem  Wetter  als  Zufluchtstätte  der  Hirten  und  des  Viehes  dienen. 
Empfehlenswerte  botanische  Ausflüge:  zur  Radob  o  1  jeq  uelle,  die  der  Stadt 
das  Wasser  liefert  (5  km),  und  auf  den  Hum. 

Die  Umgebung  von  Mostar  beherbergt  eine  reiche  Flora,  die  vornehmlich 
aus  mediterranen  Elementen  besteht.  Die  im  Pflanzenverzeichnisse  auf  Seite  144  f. 
mit  *  bezeichneten  Arten  kommen  auch  hier   vor;   ferner  sind  zu  erwähnen:'*) 


^)  Ist  nicht  immergrün,  wie  dies   von  verschiedenen  Botanikern  angegeben   wird! 

2)  Tafel  XIII. 

^)  Während  des  sehr  heißen  Hochsommers  (absolutes  Maximum  437°)  wird  dem 
Menschen  eine  kleine,  unter  dem  Namen  «Papadaiü»  (auch  in  Istrien  und  Dalmatien) 
berüchtigte  Stechmücke  (Phlebotomus  Papatasii)  lästig.  In  den  Sumpfgegenden  an  der 
Narenta  und  im  Mostarsko  blato  kommt  Anopheles  maculipennis  (Überträger  des  Malaria- 
Parasiten)  vor.  Hier  wie  in  ganz  Bosnien  und  der  Herzegowina  findet  sich  auch  die 
Pferdelausfliege  (Hippobosca  equina). 

*)  Das  Verzeichnis  ist  aus  der  Literatur  zusammengestellt.  Die  Pflanzen  des  Velez 
wurden  hierbei  nicht  berücksichtigt. 

Exkursion  in  die  illyrischen  Länder.  10 


146 


Abutilon  Avicennae 
Acanthus  longifolhis 

—  spinosissimus 

Acer  campestre  X  monspessiilanum 

—  hyrcanum  var.  paradoxiim 
Achillea  virescens 

Adiantiim  Capillus  Veneris 
Adonis  autitmnalis  var.  ignea 
Aegilops  ovata 

—  triaristata 

—  tr hm  Cialis 
Aethionema  gracile 
Alkatina  tinctoria 
Allitim  flaviim 

—  tenuiflorum 

Alopecurus  niYOsiiroides  {■=  agrestis) 
Alsine  tenuifolia 
Alyssum  catnpestre 

—  murale 
Anchusa  italica 
Andropogon  Grylhis 

—  Ischaemum 
Anemone  apennina 
Anthemis  brachycentros 

—  altissima 
Anthyllis  Dillenii 

—  praepropera 
Arabis  verna 
Artemisia  camphorata 
Asparagus  aciitifolius 
Asperugo  procumbens 
Asperula  aristata 

—  canescens 
Asphodeline  liburnica 
Asterolimim  stellatiim 
Astragaliis  illyricus 
Ballota  rupestris 
Bellis  silvestris 
Bifora  radians 
Bonaveria  Securidaca 
Bitnium  divaricatum 
Butomus  umbellatus 
Bromus  erectus  var.  australis 

—  madritensis 
Cachrys  laevigata 
Calendula  arvensis 
Calepina  Corvini 
Camphorosma  monspeliacum 


Capparis  spinosa 
Carlina  corymbosa 
Celsia  orientalis 
Celtis  australis 
Centaurea  Calcitrapa 

—  deusta 

—  glaberrima 

—  solstitialis 
Cephalaria  leucantha 
Cerastium  campan ulatum 
Cheilanthes  persica 
Chlora  perfoliata 
Circinus  circinatus 
Clematis  ßammula 

—  Viticella 

Co  lutea  arborescens 
Coronilla  emeroides 

—  cretica 

—  scorpioides 
Crepis  Blavii 
Crocus  reticulatus 
Cro^ophora  tinctoria 
Cuscuta  planißora 
Cymbalaria  muralis 
Cynanchum  contiguum 
Cynoglossum  Columnae 

—  pictum 
Crnosurus  echinatus 
Cyperus  Inngus 

Delphinium  paniculatum  var.  adeno- 

cladum ') 
Dianthus  dalmaticus 

—  papillosus 
Diplachne  serotina 
Ecballium  Elaterium 
Echium  altissimum 
Ephedra  campylopoda 

—  nebrodensis 
Euphorbia  dalmatica 

—  Dominii 

—  epithymoides 

—  spinosa 

Wulfenii 
Ferulago  nodiflora 
Festuca  dalmatica 
Galium  purpureum 
Geranium  brutium 
Harnaldia  villosa 


')  Vgl.  D.  consülida  var.  glanduligerum  Peterm.  (1846). 


147 


Hedraeanthus  dalmaticus 
Hedypnois  cretica 
Heliotropiiim  europaeiim 

—  siipinum 
Hibisciis  Trionum 
Hippocrepis  ciliata 

—  comosa 
Hyosevis  scabra 
Iberis  roseo-purpurca 
In  lila  Candida 

—  vulgaris 
Knaidia  integrifolia 
Kohlrauschia  obcordata 

—  prolifera 
Laminm  bifidiim 
Lappula  echinata 
Lathyrus  Aphaca 

—  setifoliiis 

—  sphaericus 

—  tuberosus 
Linaria  dalmatica 

—  microsepala 
Liniim  liburnicum 

—  corymbidosum 
Lithospermum  apidiim 
Lonicera  etrusca 
Lycopsis  variegata 
Marrubiiim  candidissimum 
Medicago  apiculata 

—  lappacea 

—  orbicularis 

—  tribuloides 
Melilotus  neapolitamis 

Myrrhis  (Chaerophyllum)  colorata 
Olea  eiiropaea 
Onobrychis  Tomrnasinü 

—  Caput  galli 
Ononis  antiquorum 

—  Columnae 
Onopordon  illyricum 
Onosma  echioides 

■ — ■     stellulatum 
Ophrys  arachnites 

—  Bertolonii 

—  cor  mit  a 
Orlaya  Daucorlaya 
Ornithogalum  comosum  var.  her:{ego- 

vinicum 

—  montanum 

—  pyramidale 


Orn ith ogahim  refractu m 

—  tenidfolium 
Osyris  alba 
Parietaria  officinalis 

—  ramiflora 
Pliillyrea  latifolia 
Phleiim  echinatiim 
Picris  echioides 

Phyteuma  (Podanthum)  limoniifolium 
Polycarpoti  tetraphyllum 
Potentilla  adriatica 

—  australis 
Psoralea  bituminosa 
Punica  Granatum 
Ranunculus  millefoliatus 

—  neapolitamis 
Reichardia  picroides 
Rhagadiolus  stellatus 

Rhamnus  rupestris  var.  cinerascens 

—  infectoria 
Romulea  Biübocodium 
Rosa  sempervirens 
Ritmex  angiocarpus 

—  pulclier 

—  tuberosus 
Ruscus  aculeatus 
Ruta  divaricata 

—  Patavina 
Salvia  Bertolonii 

—  Sclarea 
Satureia  croatica 

—  cuneifolia 

—  Kernen 

—  montana 

—  Nepeta 
Scabiosa  graminifolia 
Scandix  Pecten  VeJieris 
Scilla  autumnalis 
Sclerochloa  rigida 
Scor:{onera  villosa 

Scutellaria  orientalis  var.  pinnatißda 

Seduni  rupestre 

Selagitiella  denticiilata 

Seseli  promonense 

Sideritis  purpurea 

Smilax  asper a 

Sparganium  junceiim 

Stachys  italica 

—  subcrenata 
Statice  elonsrata 


148 


Stellaria  palllda 
Sternbergia  lutea 
Stipa  Aristella 
Tamarix  parvißora 
Teucrium  Ardiiini 

—  flavum 

—  Pol  i  um 
Thvmelaea  Passerina 
Thymus  acicularis 
Tordylium  apiiliim 
Trifolium  angustifolium 

—  dalmaticum 

—  nigrescens 


Trifolium  subterraneum 

—  stellatum 

—  tenuifolium 
Trigonella  corniculata 
Valeriana  tuberosa 
Valerianella  coronata 

■ —     hamata 
Vesicaria  utriculata 
Vicia  onobrychioides 

—  peregrina 
Viola  adriatica 
Zacvntha  verrucosa 


Mostar — Sara  j  e  vo. 

Nördlich  von  Mostar  zieht  die  Eisenbahn  weiter  am  rechten  Ufer  der 
Narenta  hin  und  betritt  bei  Ra§kag'ora  das  großartige  Narenta-Defilee,  ge- 
bildet von  steilen,  bis  zu  600  m  hohen  Felswänden  mit  zahlreichen  Wasserfällen 
und  wildromantischen  Szenerien.  Besonders  schön  sind  die  Kaskaden,  welche 
die  Komadinaquelle  bildet.  Rechts  bei  der  neuen  Haltestelle  Prenj  ein  schöner 
Ausblick  auf  die  Prenj  planina  (Lupoglav,  2102  ?;;).  Links  davon  Bestände 
von  Qiierciis  conferta,  die  sich  bis  zur  nahe  gelegenen  Station  Jablanica 
ziehen.  Dort  von  der  Landesregierung  errichtetes  Hotel  und  geeignetster  Aus- 
gangspunkt für  Hochtouren  in  die  Prenj,  Plasa  und  Cvrstnica  planina  (2227  m). 
Bei  Ostrozac  treten  die  Berge  zurück  und  machen  einem  fruchtbaren  breiten 
Talgrunde  Platz  (Weinbau).  Wir  erreichen  nach  kurzer  Fahrt  Konjica  an  der 
Mündung  der  von  der  Wasserscheide  des  Ivan  kommenden  Trstenica  in  die 
Narenta.  Die  Stadt  hat  eine  prachtvolle  Lage  und  gewährt  einen  hübschen 
Ausblick  auf  die  imposante  Prenjgruppe  und  auf  die  Boraznica.  Konjica  (279  jji) 
ist  botanisch  bemerkenswert  durch  das  Vorkommen  des  endemischen  Alysswn 
Moellendorffianum  sowie  der  zahlreichen  subalpinen  Typen  im  Tale  wie  z.  B. 
Calamintha  alpina,  Stachys  Sendtneri,  Dianthus  strictus,  Centaurea  variegata  var. 
pseudomontana  u.  a.  Hinter  Konjica  beginnt  die  Zahnradstrecke,  die  später 
Steigungen  bis  zu  6o°/oo  ^^  überwinden  hat  und  (mit  wenigen  Unterbrechungen) 
erst  bei  Pazaric  endet.  In  zahlreichen  Windungen  und  durch  mehrere  Tunnels 
zieht  sich  die  Bahn  meist  am  linken  Ufer  der  Trstenica  aufwärts  und  verläßt 
dieselbe  erst  bei  der  Station  Brdjani  (529  tu).  An  den  Böschungen  ist  daselbst 
Castanea  sativa  und  Juglans  regia  in  alten  Stämmen  zu  sehen.  Von  Brdjani  aus 
kann  ein  Standort  von  Pinus  leucodennis^)  mit  leichter  Mühe  besichtigt  werden. 
Man  geht  den  Preslica-Abhang  längs  der  alten,  jetzt  verlassenen  Straße  entlang 
bis  Bradina,   wo   man  wieder  den  Zug  besteigt.   Diese  Exkursion  kann  in  zirka 


')  Tafel  XXIII  und  XXIV. 


149 

drei  Stunden  ausgeführt  werden.  Pi'nii.s  leiicodennis  kommt  hier  nicht  weit  ab- 
seits vom  Wege  einzeln  im  Buchenwald  eingesprengt  und  in  reinen  Beständen 
an  tiefster  Stelle  vor  (looo  ni)^  ebenso  weiter  oben  an  den  Felszinnen.  Unter- 
holz zeitweilig  Rhamnus  carniolica.  Bemerkenswert  ist  bei  Bradina  Agrostis  by- 
:^anthina  und   Chrysanthemum  temiifolium. 

Die  Bahnstrecke  führt  nun  steil  hinauf  auf  den  Ivansattel  (876  m),  der 
mittels  eines  65g  m  langen  Tunnels  durchfahren  wird.  Hier  ist  die  Grenze 
zwischen  Bosnien  und  der  Herzegowina  und  zugleich  die  Wasserscheide 
zwischen  den  zur  Adria  und  den  zum  Flußgebiet  des  Schwarzen  Meeres  ge- 
hörigen Gewässern.  Der  Ivan  bildet  aber  zugleich  eine  Scheide  zwischen  dem 
warmen  südlichen  und  dem  rauheren  Klima  des  nordwärts  gelegenen  Binnen- 
landes, was  sich  auch  im  Charakter  der  Flora  und  Fauna  diesseits  und  jenseits 
des  mit  schönen  Buchenhochwäldern  bewachsenen  Sattels  kundgibt.  Bei  Tar- 
öin  und  Pazaric  rechts  in  der  Zugrichtung  schöner  Ausblick  auf  die  Hrani§ava 
(1965  m),  einen  Teil  der  Bjelasnica  planina,  deren  höchste  Spitze  (2067  m,  mit 
meteorologischem  Beobachtungshause)  erst  bei  Sarajevo  sichtbar  wird.  Die  Bahn 
überbrückt  nach  der  Station  Hadfici  zweimal  den  Zujevina-Bach  und  erreicht 
Blazuj,  welcher  Ort  am  Rande  des  Sarajevsko  polje  und  am  Fuße  des  Igman 
liegt,  wo  bei  Vrelo-Bosne  nächst  dem  bereits  den  Römern  bekannten  Schwefel- 
bade Ilidze^)  die  Bosna  als  mächtiger  Quell  entspringt.  Bald  darauf  wird  vSa- 
rajevo  erreicht. 

Sarajevo. 

Sarajevo,^)  die  Hauptstadt  des  Landes,  ist  der  Sitz  der  obersten  Be- 
hörden und  des  Landeschefs.  Durch  die  Stadt  fließt  die  Miljacka,  ein  Neben- 
fluß der  Bosna.  Zu  beiden  Seiten  des  Flusses  erheben  sich  Gebirge,  und  zwar 
im  Süden  der  Trebevic  (1629  m),  im  Norden  der  Pasin  brdo  und  die  Gradina, 
an  deren  Abhängen  sich  die  Gebäude  hinaufziehen.  Eine  wissenschaftliche 
Sehenswürdigkeit  ist  das  «Bosn isc h -he rzegowinis che  Landesmuseum» 
(nächst  der  katholischen  Kathedrale).  Dasselbe  umfaßt  eine  archäologisch- 
historische und  eine  naturwissenschaftliche  Abteilung.  Seine  Aufgabe  ist  die 
Erforschung  der  ganzen  Balkanhalbinsel  in  den  angedeuteten  Richtungen. 
Administrativer  Leiter  derzeit  Sektionschef  K.  Hörmann.  Die  zum  Teile  sehr 
vollständigen  Sammlungen,  sind  in  52  Räumlichkeiten  untergebracht.  Die  bota- 
nische Sammlung  umfaßt:  eine  Schausammlung  (biologische  Typen,  Ende- 
mismen,  Handelspflanzen,  eßbare  und  giftige  Pilze);  ein  «Herbarium  euro- 
paeum»  (7  Kästen),  ein  «Herbarium  bosniacum»  (2  Kästen),  ferner  unbestimmte 
Pflanzen  und  Doubletten  (5  Kästen);   eine  kleine  Bibliothek  (450  Nummern).  — 


^)   In   Butmir   bei   Ilidze    befindet    sich    eine    von   der    Landesregierung   errichtete 
landwirtschaftliche   Station. 

2)   Mittlere  Jahrestemperatur  8-9°,   Seehöhe   540)«;   42. OOo  Einwohner. 


I50 


Besuchsstunden:  Freitag,  Samstag-,  Sonntag  lo  Uhr,  für  Fremde  gegen  An- 
meldung bei  einem  Kustc^  auch  an  anderen  Tagen.  —  Publikationsorgan: 
«Glasnik  zemaljskog  muzeja  u  Bosni  i  Hercegovini»  (vierteljährig,  seit  1889 
erscheinend,  in  lateinischen  und  cyrillischen  Lettern).  Deutscher  Auszug  in 
den  «Wissenschaftlichen  Mitteilungen  aus  Bosnien  und  der  Herzegowina  (seit 
1893;  Wien  C.  Gerolds  Sohn). 

Botanisch  interessante  Ausflüge  von  Sarajevo  aus  sind:  i.  In  das 
Miljacka-Tal  bis  zur  Kozija-öuprija  (Ziegenbrücke)  und  in  die  Lapisnica- 
vSchlucht  (Nachmittagspartie.  Stehen  nur  2 — 3  Stunden  zur  Verfügung,  so  gehe 
man  auf  den  Kastellberg  (627  ;n,  schöne  Aussicht),  dann  hinab  in  die  Mo§canica- 
Schlucht  und  durch  das  Miljacka-Tal  zurück. 

Von  interessanteren  Pflanzen  des  Miljacka-Tales  wären  zu  nennen:^) 


'^■Aethionema  saxatile 

*Ajuga  Chamaepitys 

*Alsine  bosniaca 

Arabis  auricitlata 

*Asplenium  lepiditm 

*Astragalus  glycypliyllits  var.  bosniaciis 

'^Athamanta  Harnaldi 

Bromus  her^egovinus 

"^Calrstegia  silvestris 

*Campa>jula  capitata 

'■"'Ceiitaurea  Müllneri 

*Chondrilla  juncea 

*Dianthus  Kitaibelii 

^Erysimimi  silvestre 

'^Euphorbia  polychroma 

Evonymus  verrucosa  f.  laevifolia 

*Genista  triangularis 

'^■Geranixim   briitium 

'"'■Hieracium  plumulositm 

*  —     racemosum 

*  —     Tommasinii 

*  Marrubium  candidissimiim 
Medicago   orbicularis 

—     rigidula 
*Onosma  stellidatum 
Potentilla  Gaudini 
*Pterotheca  bifida 


'^■Reseda  Phyteiima 

*  Rum  ex  pu  Icher 

*Salvia  pratensis  var.  Varbossania 
*Satiireia  elatior 

—  bosniaca 

*  —     thymifolia 

—  Varbossania 
'■'^'Scabiosa  leitcophylla 
Scandix  Pecten    ^'eneris 
Scrophidaria  canina 
Scutellaria  altissima 
*Sedum  dasypJiylhim 

*  —     glaucum 

*  —     ochroleucum 
Seseli  rigid  um 

Stachys  recta  var.  Sarajevensis 
Syringa  vulgaris  (wild?) 
*Taraxacum  Hoppeanum 
'^•Tragopogon  balcanicus 
'^Trifolium  dalmaticum 
Verbascum  phlomoides 

—  pulverulentum 

—  speciosiim 
*Veronica   multifida 

*  Vicia  incana 
*Wilckia  maritima 
Xeranthemiim  annuum 


'*Ranunculus  Aleae 

2.  Auf  den  Trebevic  (1629  7n);  Tagespartie.  Einer  der  pflanzen- 
reichsten Berge  Bosniens  mit  schöner  Aussicht.  Von  der  Haltestelle  Hrid 
der  Ostbahn  führt  der  «Appelweg»  in  2  Stunden  zum  unteren  Forsthaus;  für 
Schwindelfreie  interessanterer  Aufstieg  durch  dieBistrica-Schlucht.  Vom  Forst- 


^)  Obige  Zusammenstellung  beruht  auf  eigener  Anschauung 


151 


haus  2  Stunden  zum  Gipfel;  Reiten  fast  bis  zur  Spitze  möglich.  Schöne  Aussicht  auf 
die  Plasa  (Muharnica),  den  Igman,  die  Bjela§nica,  Zec  planina,  Vranica,  den  Vlasic, 
Ozren,  die  Romanja,  den  Stolac,  Kiek  (bei  Praca),  die  Jahorina,  den  Durmitor  (in 
Montenegro),  Crni  vrh,  Maglic,  Volujak,  die  Treskavica  und  Visocica  (Lelijen). 
Formationen:  Buschwald  von  Coryliis  avellana,  Mischwald,  Berg-  und 
Voralpenwiesen,  Bestände  von  Pinus  Miighus.  ^) 

Alectorolophus  rumelicus 

—  abbreviatus 
Aconitum  bosniaciim 
Anemone  nemorosa  var.  bosniaca 
Anthyllis  illyrica 

Anthoxanthum  odoratum  var.  triaristatiim 
Arabis  alpina 

—  hirsuta 

—  muralis 

—  bosniaca 
Arum  maculatum  var.  immaculatum 
Astrantia  elatior 
Avena  Blavii 
Bromus  erectus  var.  Moellendorffianus 

—  —     var.  pannonicus 

—  —     var.  puberuliis 

—  fibrosus 
Bupleiirum  exaltatum 

—  aristatiim 
Caltlia  cornuta 

—  laeta 
Carduus  candicans 
Carex  echinata 

—  Halleriana 

—  laevis 

—  ornithopoda 
Centaurea  Fritschii 

—  stenolepis 
Cerastium  brachypetalum 

■ —     lanigerum 

—  moesiacum 

—  tauricum 
Chaerophylhim  aromaticum  var.  brevi- 

pilum 
Chrysanthemum  Lcucanthcmum  var.  bos- 
niacum 

—  tenuifolium 
Coronilla  emeroides 
Crepis  dinarica 

—  viscidula 


Cynoglossum  Haenkei 
Cytisus  bosniacus 

—  falcatus 

—  hirsutus 

—  Kitaibelii 
Danthonia  calycina 
Daphne  alpina 
Dianthus  croaticus 

—  cruentus 
Echinops  commutatus 
Erythi'onium  Dens  canis 
Euphorbia  carniolica  var.  Varbossania 

—  Myrsinites 
Euphrasia  hirtella 

—  liburnica 

—  tatarica 
Festuca  Panciciana 
Galanthus  nivalis  var.  major 
Gentiana  crispata 

—  carpathica 

—  tergestina 
Geum  molle 

Hedraeanthus  Kitaibelii 
Hieracium  adriaticum 

—  brachiatum 

—  brevifolium 

—  cruentum 

—  cymosum 

—  Fussianum 
— ;     Helhvegeri 

—  Hoppeanum 

—  humile  f.   Sarajevense 

—  laevigatum  subsp.  melanothj-rsum 

—  lanceolatum 

—  Malyi  Caroli 

—  pallescens 

—  praecurrens 

—  prenanthoides 

—  subcaesium 

—  Transsilvanicum 


')  Die  folgende  Zusammenstellung  beruht  auf  eigener  Anschauung.  Die  auf  S.  150 
mit  einem  *  bezeichneten  Pflanzen  kommen  auch  hier  vor. 


152 


Ilieracium   Tvebevicianum 

—  valdefvondosum 

—  j'illosum 
Hypericum  alpigeniim 

—  quadranguhim   var.   immacidätiim 
Iris  bosniaca 

Knaiitia  dumetonim 

■ —     lancifolia  var.  Sarajevensis 

—  dinarica 
Laserpitium  margiiiatuin 
Lilium  bosniaciim 
Liniim  capitatiim 
Lii^iila  Forsteri 
Melandryiim  nemorale 
Moenchia  mantica 
Mulgedium  Pancicü 
Myosotis  suaveolens 
Orobanche  Pancicü 
Pancicia  serbica 
Pedicularis  Hoermanniana 
Picris  Tatrae 
Plantago  carinata 

Poa  alpina  var.  glaucescens 
Polygala  croatica 

Polygonatum  officinale  var.  ambigiiiim 
Potcntilla  montenegrina 


Potcntilla   Tommasiniaiia 
Pritnula  Bosniaca 
Raniinciilus  breytiiniis 

—  millefoliatus 

—  Serbiens 

—  Steveni 

Rhamniis  fallax  (carniolica) 
Rosa  mollis  var.  Conrathiana 

—  tomentella 
Salix  silesiaca 
Saxifraga  Blavii 
Sempervivitm  Heiiffelii 
Senecio  Fiissii 
Silene  Sendtneri 
Sorbiis  Mougeotii 
Spiraea  mollis 

Stachys  labiosa  var.  Karstiana 

—  —     var.  Zepcensis 
Taraxacum  Hoppeanimi 
Thymus  Jankae 
Trifolium  pratense  f.  Lojkae 

—  ochroleucum 

—  pannonicum 
Vicia  oroboides 

Viola  declinata  var.  bosniaca 


Sarajevo — ^Jajce — Banjaluka — Wien. 

Von  Sarajevo  führt  die  Eisenbahn  nun  im  Tale  der  Bosna  nach  Lasva. 
Die  Hauptlinie  geht  nordwärts  weiter  nach  Bosnisch-Brod.  Obwohl  auch  diese 
vStrecke  ihre  landschaftlichen  Schönheiten  besitzt,  empfiehlt  es  sich  doch,  nun- 
mehr die  westwärts  abzweigende  Nebenlinie  zu  benützen,  die,  dem  Flußlaufe 
der  Lagva,  eines  Nebenflusses  der  Bosna,  folgend,  nach  Travnik  ^)  führt  (rechts 
der  Abhang  der  mächtigen  Vla§ic  planina,  igig  m).  Mittels  Zahnstangenbe- 
triebes erreicht  die  Bahn  den  Komarsattel  (777  m),  die  Wassersclieide  zwischen 
Bosna  und  Vrbas.  Bei  Komar  ein  iZbz  m  langer  Tunnel.  Von  Donji  Vakuf 
kann  ein  zweitägiger  Ausflug  ins  Gebirge  zum  Waldhaus  Ljusa  unternommen 
werden.  Urwälder  von  Fichten  und  Tannen.  Bestände  von  Pinus  nigra.  Ab- 
stieg ins  Plivatal,  am  See  vorbei  nach  Jajce.  Letzterer  Ort  liegt  auf  einem 
Hügel  in  dem  Winkel,  welchen  die  zirka  3o  m  tief  in  6 — 8  Armen  in  den  Vrbas 
stürzende  Pliva  mit  diesem  bildet. 

In  der  näheren  Umgebung  von  Jajce  finden  sich  unter  anderem:-) 

')  In  Travnik:  Jesuitenkollegium  und  Gymnasium,  kleines  Museum  mit  dem  vou 
P.  Erich  Brandts  angelegten  Herbar;  Obstbaustation  der  Landesregierung. 

^)  Dieses  Verzeichnis  ist  nach  der  Literatur  zusammengestellt.  —  Von  Algen  wären 
Bangia  atropurpurea  und  Lemanea  Grossi  zu  erwähnen. 


153 


Aspenda  longißora  (?  aristata) 
Beta  vulgaris  var.  orientalis 
Campanula  bononiensis 
Centaurea  micrantha 

—     subjacea 
Cladhim  Mariscus 
Corydalis  leiosperma 
Dianthus  deltoideiis  var.  serpyllifolius 
Erysimum  pannonicum 
Etiphrasia  libtirnica 
Galium  purpureum 


Hieracium  crinitum 

—  humile 

—  Virga  aurea 
Hvssopus  officinalis 
Knautia  purpurea 
Rhamnus  fallax 
Roripa  lipicensis 

Rosa  pimpinellifolia  var.  Humensis 
Senecio  nemorensis  var.  Zahnü 
Succisa  inflexa 
Sj 'mphra n dra  Hofm ann i 


Von  Jajce  aus  können  die  Urwälder  der  Crnagora^)  (Fliehten  und 
Tannen  von  enormen  Dimensionen)  besucht  werden  (zweitägige  Exkursion). 

Die  Rückkehr  nach  Norden  erfolgt  am  besten  über  Banjaluka.  Die  wild- 
romantische Strecke  des  Vrbastales  zwischen  Jajce  und  Banjaluka  gehört 
zu  den  schönsten  Gegenden  Europas.  Den  Verkehr  vermitteln  Diligencen  (Ent- 
fernung 72  km,  Fahrtdauer  7  Stunden).  Kurz  vor  Banjaluka  wird  die  Grenze 
zwischen  dem  bosnischen  Eichenwald  und  dem  Karstwald  überschritten.  Vor 
Karanovac  verlassen  wir  das  letzte  Vrbas-Defilee,  es  erweitert  sich  das  Tal,  und 
wir  kommen  nach  Banjaluka  (156  m),  der  zweitgrößten  Stadt  des  Landes. 

Um  Banjaluka  findet  man  u.  a. :  ^) 


Acer  obtusatum 

—  tataricum 
Achillea  nobilis 
Angelica  nemorosa 
Carpinus  duinensis 
Centaurea  osmana 

—  stenolepis 

Cirsium  arvense  var.  Fischeri 
Cyperus  flavescens 

—  fuscus 
Dianthus  croaticus 
EcJiinops  commutatus 
Gypsophila  spergulifolia  var.  serbica 
Hypericum  Androsaemum 
Knautia  bosniaca 

—  dumetorum 


Oenanthe  media 

Ononis  spinescens 

Ory:{opsis  virescens 

Peucedanum   Chabraei  (Carvifolia) 

Pulicaria  idiginosa 

Salvia  Sonklari 

Senecio  aquaticus 

Symphyandra  Hofmanni 

Tlialictriim  minus 

Thesium    intermedium 

Trifolium  dalmaticum 

—  scabrum 

—  glabratum 

Verbascum  Orientale  var.  bosyiiacum 

—  phlomoides  var.  nemorosum 
Xeranthemum  cylindraceum 


Lecrsia  ory.'^oides 

Von  Banjaluka  führt  die  Militärbahn  nach  Doberlin  an  die  bosnisch-kroa- 
tische Grenze.  Von  Doberlin  ist  Wien  über  Agram-Gyekenyes  in  22Stündiger 
Eisenbahnfahrt  zu  erreichen. 


^)  Tafel  XXIII. 

^)  Dieses  Verzeichnis  ist  nach  der  Literatur  zusammengestellt. 


Exkursion  in  die  illvrischen  Länder. 


ANHANG. 


Die  bis  zum  fahre  igoi  über  unser  Gebiet  erschienene  botanische  Lite- 
ratur ist  in  großer  VoUständig-keit  auf  vSeite  25 — 45  und  476  des  grundlegenden 
Werkes    von   Reck    (l'itel    siehe    S.    2,    Anm.    ^)    angeführt.     Die    wichtigsten 
Arbeiten   finden   sich    unter:     Beck  2,  i3;    Freyn  3;    Hauck  3;    Lorenz  3; 
Murbeck  i;    vSchlosser  und  Vukotinovic  2;    vSmith  2;  Visiani  4;    Zahl- 
bruckner  i  (ferner  „Österr.  botan.  Zeitschrift'',  1903  JS.  147,  1905  S.  i). 

Im  übrigen  vergleiche  diesen  Führer:  S.  27  Anm.  ^),  vS.  28  Anm.  ^),  S.  46, 
S.  i32  Anm.  i). 

Die    pflanzengeographischen    und    floristischen   Verhältnisse   II- 
lyriens   sind  in  ihren  Grundzügen  gut  bekannt;  im   Einzelnen  ist  noch  außer- 
ordentlich viel  zu  tun. 

In  der  Nomenklatur  und  der  Schreibweise  der  Namen  haben  sich 
die  V'erfasser  im  Allgemeinen  an  Fritsch,  Exkursionstlora  gehalten. 

Aussprache    der    serbokroatischen    Namen.    Orthographie  streng 
phonetisch.  Keine  stummen  Buchstaben.  Jedem  Zeichen  entspricht  immer  nur 
ein    bestimmter   Laut.     Aussprache    im  allgemeinen  wie  im  Deutschen.     Aus- 
nahmen hie\'on : 

serbokroatisch  deutsch 

c  wird  ausgesprochen  wie   tz 
c       ,.  ,,  „     tsch 

c       ..  „  .    „     tch  (ungefähr) 

h       ..  „  „     ch 

s        ..  ,.  „     SS 

§       ..  „  „     sch  (scharf) 

\-       ..  ..  ,,     A\ 

z       ..  ..  ..     s  (weich) 

z        ..  ..  ,,     sch  (weich) 

dj.  gj        ..  ..  :,     dsch. 

Druckfehler:    S.   43,    Alinea  7:    Der  Name    Nicotiana    Tabacwn  ist  zu 
streichen;  \gl.  vS.  53.  —  S.  iii,  Z.  7  w  o.   Nach  Rhamnus  ergänze  fallax. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 
E  i  n  1  e  i  t  u  n  c,' I 

I.  Das  Küstengebiet  und  die  angrenzenden  Teile  des  Innern;  die  Inseln   .  3 

A)  Allgemeine  Schilderung  des  Gebietes 3 

1.  Geographisch-geologische  Übersicht 3 

2.  Klimatische  und  pflanzengeographische  Verhältnisse 14 

a)  Klimatische  Verhältnisse ir 

b)  Allgemeiner  Eindruck  der  Pflanzendecke ;    Waldverwiistung  und  Boden- 

zerstörung      20 

c)  Ausdehnung   der  einzelnen  Vegetationsgebiete 24 

d)  Das  mediterrane  Gebiet 26 

a)  Begründung  der  Abgrenzung  und  Unterteilung 26 

ß)  Jährlicher  Entwicklungsgang  der  Vegetation 28 

y)  Ökologie  der  Mediterranpflanzen 3o 

tf)  Die  Pflanzenformationen  des  Mediterrangebietes 34 

f)    Statistische  Angaben  über  das  mediterrane  Florengebiet 45 

e)  Die  illj'rische  Karstregion 48 

a)  Abgrenzung 48 

ß)  Jährlicher  Entwicklungsgang  der  Vegetation 48 

y)  Ökologie  der  Karstpflanzen 48 

cTJ   Die  Pflanzenformationen  der  illyrischen  Karstregion 49 

i)   Die  pflanzengeographische  Stellung  der  Karstflora •    •  55 

B)  Sclülderung   der  Reiseroute , zy 

Vorbemerkungen  über  Land  tind  Leute 57 

Reiseroute 59 

AVien — Adelsberg 59 

Adelsberg — Divaca  (St.  Canzian) — Triest 63 

Triest 68 

Triest — Pola — Zara — Sebenico 76 

Sebenico — Spalato 79 

Spalato 82 

Spatato — Ragusa 84 

Ragusa 88 

Ragusa — Cattaro 91 

Cattaro — Cetinje 92 


156 

Seite 

II.  Das  Binnenland  (Bosnien  und  die  Herzegowina) 96 

A)  Allgemeine  Schiklerung  des  Gebietes 96 

1.  Geographisch-geologische  Übersicht 96 

2.  Klimatische  und  pflanzengeographische  Verhältnisse 99 

a)  Klimatische  Verhältnisse 99 

b)  Einfluß  des  Menschen  auf  die  Veränderung  der  Pflanzendecke  ....  100 

c)  Die  Vegetationsgebiete 102 

a)  Ihre  Verbreitung,  Begrenzung  und  Unterteilung 102 

ß)  Die  Pflanzenformationen 106 

d)  Die  Florengebiete l3l 

cc)  Die  mediterrane  Flora • l32 

ß)  Die  pontische  Flora l35 

y)  Die  baltisch-mitteleuropäische  Flora i36 

(TJ  Die  illyrisch-alpine  Flora i36 

B)  Schilderung  der  Reiseroute 142 

Vorbemerkungen  über  Land  und  Leute 142 

Reiseroute 142 

Zelenika — Mostar 142 

Mostar 145 

Mostar — Sarajevo 148 

Sarajevo 149 

Sarajevo — Jaice — Banjaluka — Wien 152 

Anhang 154 


Druck  von  ADOLF  HOLZHAUSEN  in  Wien, 

K.   UND  K.   HOF-  UND  UNIVERSITÄTS-BUCHDRUCKER. 


Führer  zu  den  wissenschaftlichen  Exkursionen 


des 


IL  internationalen   botanischen  Kongresses, 

Wien  1905. 


IL 


EXKURSION 


in  das 


österreichische  Küstenland. 


Von 


Prof.  Dr.  Viktor  Schiffner. 


Mit  Tafel  I,  IV— VI,  IX— XIII,  XV,  XVII,  XXI,  XXII  und  1  Textabbildung. 


Wien,  1905. 

Im   Selbstverlage   des   Organisations-Komitees. 


Druck  von  Adolf  Holzhausen  in  Wien. 


IL 

Exkursion  in  das  österreicliisclie  Küstenland. 

Von 

Prof.  Dr.  Viktor  Schiffner. 

(Mit  Tafel  I,  IV— VI,  IX— XIII,  XV,  XVII,  XXI,  XXII  und   i   Textabbildung.) 


I.  Allgemeine  Schilderung  des  Gebietes.') 

I.  Allgemeines.  —  Begrenzung  und  Konfiguration  des  Gebietes. 

Die  Exkursion  in  das  österreichische  Litorale  bezweckt,  den 
Teilnehmern  die  der  mediterranen  Flora  angehörenden  Pflanzenformationen, 
soweit  sie  in  dem  zu  bereisenden  Gebiete  vertreten  sind  (und  dies  sind  nahezu 
alle  überhaupt  in  Österreich  vorkommenden),  an  Stellen,  wo  sie  besonders 
schön  und  charakteristisch  ausgebildet  sind,  zu  zeigen  und  ebenso  die  sehr 
interessanten  Übergangsformationen  der  Mediterranflora  in  die  angrenzende 
illyrische  und  von  dieser  in  die  subalpine  F'lora. 

Das  Gebiet  der  Exkursion  ist  fast  ausschließlich  das  österreichische 
Küstenland  (Istrien,  Triest,  Görz  und  Gradisca),  dessen  Küstenstrich  an 
verschiedenen  Punkten,  beginnend  von  der  Hafenstadt  Fiume,  die  an  der  Küste 
Kroatiens  hart  an  der  Grenze  Istriens  gelegen  ist,  besucht  werden  soll;  zum 
Schlüsse  der  Exkursion  soll  noch  Adelsberg  berührt  werden,  welches  schon 
im  Kronlande  Krain  liegt,  um  die  weltberühmte  Adelsberger  Grotte  den 
Exkursionsteilnehmern  zu  zeigen  und  noch  an  einer  interessanten  Stelle  (am 
Adelsberger  Schloßberge)  die  Übergangsformation  der  illyrischen  und  sub- 
alpinen Flora  vorzuführen. 


^)  Denen,  welche  außer  dem  vorliegenden,  die  botanischen  Interessen  in  den 
Vordergrund  stellenden  Führer  noch  ein  Reisehandbuch  anzuschaffen  wünschen,  sei 
empfohlen:  Illustrierter  Führer  durch  Triest  (Wien,  Hartlebens  Verlag,  Preis  4  K.), 
welcher  sich  nicht  nur  auf  Triest  sondern  auf  das  ganze  Küstenland  bezieht  und  sogar 
noch  einen  Teil  der  Südalpen  und   Venedig  mit  einschließt. 

Exkursion  in  das  österreichische  Küstenland.  I 


Die  mediterrane  Flora  ist  nur  auf  einen  verhältnismäßig  schmalen 
Streifen  rings  um  die  istrjanische  Halbinsel  und  die  benachbarten  Inseln  be- 
schränkt und  zieht  sich  dann  nordwestlich  längs  der  Küste  von  Görz  und  Gra- 
disca  bis  gegen  die  oberitalienische  Tiefebene  hin.  Nur  im  Süden  verbreitert 
sich  das  Gebiet  der  Mediterranflora  erheblich,  so  daß  sie  fast  den  ganzen  süd- 
lichen Teil  Istriens  bedeckt.  Die  an  ein  großes  Wärmeausmaß  angepaßten 
Mediterranpflanzen  können  nur  in  den  im  Sommer  heißen,  im  Winter  milden 
Küstenstrichen  gedeihen  und  gehen  im  allgemeinen  nicht  über  250  m  nach  auf- 
wärts über  den  Meeresspiegel,  die  meisten  steigen  aber  nicht  einmal  so  hoch 
empor.  Da  das  nördliche  Istrien  so  konfiguriert  ist,  daß  fast  überall  das  Terrain 
nicht  weit  von  der  Küste  steil  aufsteigt  zu  dem  das  Innere  der  Halbinsel  aus- 
füllenden Plateau,  so  ist  das  Gebiet  der  Mediterranflora  im  allgemeinen  ein  recht 
schmaler  Streifen  am  Gestade  des  Adriatischen  Meeres  und  umfaßt  auch  die  an 
der  Südv/estküste  Istriens  gelegenen  Brionischen  Inseln. 

Das  Plateau  des  Inneren  Istriens  beherbergt  zumeist  Formationen  des 
il  lyrischen  Florengebietes  und  steigt  vom  Südengegen  Norden  an,  so  daß  es 
im  Norden  Istriens  in  einem  Höhenzuge  kulminiert,  der  die  Halbinsel  fast  der 
ganzen  Breite  nach  von  Nordwest  nach  Südost  durchquert,  den  Tschitschen- 
boden, dessen  östlichster  und  höchster  Gipfel  der  13967»  hohe  Monte  Mag- 
giore  ist,  der  schon  hoch  über  die  Mediterranflora  hinaus  und  in  die  subalpine 
Flora  hineinragt. 

Auch  gegen  Osten  steigt  das  Plateau  des  Inneren  Istriens  allmählich  an 
und  fällt  gegen  die  Nordostküste,  und  zwar  gegen  den  Quarnero  steil  ab. 
Dieser  Umstand  bedingt,  daß  an  der  Nordostküste  Istriens  die  Mediterranflora 
nicht  so  typisch  entwickelt  ist,  wie  an  der  Westküste  und  im  Süden  der  Halb- 
insel und  manche  Pflanzengeographen  rechnen  diesen  Teil  des  Küstenstriches 
überhaupt  nicht  mehr  der  mediterranen  Flora  zu.  (Übergangsgebiet,  «libur- 
nische  Region»  nach  Beckj. 

In  dem  hier  abgegrenzten  Gebiete  der  Exkursion  werden  solche  Punkte 
des  Küstenstriches  besucht  werden,  welche  ganz  besonders  charakteristisch  die 
einzelnen  Formationen  der  Mediterranflora  zeigen.  Ferner  sollen  solche  Lo- 
kalitäten berührt  werden,  wo  die  zweite  für  das  genannte  Gebiet  maßgebende 
F"lora:  die  Flora  der  illyrischen  Karstregion  (=  südliche  pontische  F'lora, 
illyrischer  Gau  nach  A.  Kerner)  in  ihren  einzelnen  Formationen  teils  rein,  teils 
im  Übergange  in  die  mediterrane  Flora  zu  sehen  ist.  Endlich  werden  die  Über- 
gänge von  der  Karstflora  in  die  subalpine  (zur  baltischen  Flora  nach  A.  v. 
Kerner)  am  Monte  Maggiore  in  sehr  schöner  und  klarer  Weise  studiert 
werden  können.  Die  illyrische  Karstflora  wird  am  Schlüsse  der  Exkursion 
nochmals  in  schönster  Ausbildung  im  nördlichen  Küstenlande  bei  St.  Canzian 
in  einigen  charakteristischen  Formationen  (Karstheide,  Karstwiesen  etc.)  in 
Augenschein  genommen  werden  und  daselbst  werden  auch  stellenweise  schon 
die    sehr    interessanten    Eindringlinge    aus    der    subalpinen    (baltischen) 


Flora  auffallen.  —  Ein  sehr  merkwürdiges  Gemisch  der  illyrischen  Karstflora 
und  der  subalpinen  werden  die  Teilnehmer  der  Exkursion  schließlich  am  End- 
punkte der  Reise  bei  Adelsberg  im  südlichen  Krain  zu  sehen  bekommen. 
St.  Canzian  und  Adelsberg  bieten  gleichzeitig  in  ihren  unvergleichlich 
schönen  und  großartigen  Grotten  Sehenswürdigkeiten  allerersten  Ranges. 

2.  Die  geologischen  Verhältnisse  des  Gebietes. 

Diese  sind  äußerst  einfach  und  übersichtlich.  Die  Hauptmasse  des  Gesteines 
ist  der  Rudistenkalk,^j  der  oberen  Kreide  angehörig.  Diesem  ist  aufgelagert 
der  dem  oberen  Eozän  angehörige  Flysch.  Der  Rudistenkalk  ist  schon  durch 
tlie  weiße  Farbe  von  dem  gelblichgrauen  Flysch  in  der  Landschaft  sofort  zu 
unterscheiden.  Der  Rudistenkalk  nimmt  den  ganzen  südlichen  Teil  Istriens  ein, 
zieht  sich  an  der  Ostküste  der  Halbinsel  hin  bis  zum  Tschitschenboden,  dessen 
südöstlicher  Teil  ebenfalls  aus  diesem  Gestein  besteht.  Auch  der  nordwest- 
liche Teil  des  Tschitschenbodens  und  die  benachbarten  Partien  von  Görz  und 
Gradisca  bauen  sich  aus  Rudistenkalk  auf.  Längs  der  Meeresküste  rings  um  den 
Golf  von  Triest  verläuft  eine  Flyschzone  von  meist  nur  mäßiger  Breite,  stellen- 
weise sogar  recht  schmal,  die  sich  südlich  vom  Tschitschenboden  in  Form 
eines  Dreieckes  tief  in  das  Innere  des  Landes  hinein  verbreitert  und  durch 
einen  schmalen  Streifen,  der  die  südöstlichen  und  nordöstlichen  Rudistenkalk- 
massen  des  Tschitschenbodens  trennt,  mit  dem  großen  nördlich  vom  Tschit- 
schenboden gelegenen  Flyschbecken  kommuniziert.  Der  ganze  Süden  der 
Halbinsel  Istrien  und  die  Karsthöhen  sind  also  vom  Rudistenkalk  gebildet.  Die 
Mulden  sind  vom  Flysch  ausgefüllt.  An  den  Rändern  der  Mulden  schiebt  sich 
zwischen  Flysch  und  Rudistenkalk  hie  und  da  in  unbeträchtlicher  Ausdehnung 
Nummulitenkalk(unteresEozän)ein,derimLandschaftsbildekeineRollespielt. 

Die  oben  erwähnten  Farbenunterschiede  der  vorherrschenden  Gesteine 
sind  so  auffallend,  daß  das  Volk  in  Istrien  drei  Bezirke  unterscheidet:  den 
nördlichen  Teil  als  «weißes  Istrien»  (Rudistenkalk),  den  mittleren  als  «gelbes 
Istrien»  (das  F'lyschbecken  und  die  Zone  um  den  Golf  von  Triest)  und  den 
südlichen  Teil  der  Halbinsel  als  «rotes  Istrien»,  so  genannt,  weil  sich  hier 
allenthalben  dem  Rudistenkalke  die  rote  Erde  «terra  rossa»  auflagert. 

3.  Klimatische  Verhältnisse. 

Während  die  Verbreitung  der  Florengebiete  nicht  wesentlich  von  der 
geologischen  Beschaffenheit  des  Terrains  beeinflußt  wird,  ist  sie  im  hohen 
Grade  von  den  klimatologischen  Verhältnissen  abhängig.  So  ist  beispielsweise 
die  mediterrane  Flf)ra  im  Gebiete  ausschließlich  auf  die  Punkte  beschränkt,  wo 


')   Der   Name   bezieht   sich    auf  eigentümlich    geformte    Muscheln,    Rudisten    oder 
Hippuriten  genannt,   die   für  diese   Kalke   charakteristische   Leitfossilien   sind. 

1* 


die  mittlere  Temperatur  des  kältesten  Monats  über  +4°  beträgt,  obwohl  die 
tiefsten  überhaupt  daselbs?  beobachteten  Temperaturen  noch  —  io°  erreichen 
können,  also  noch  vereinzelte  starke  Fröste  vorkommen  und  die  höchsten  ab- 
soluten Temperaturen  von  den  in  Wien  beobachteten  nicht  viel  abweichen.  ^) 
Das  Vorkommen  von  mediterranen  Pflanzen  ist  also  durch  die  milden  Winter 
ermöorlicht.  Als  weiteres  Beispiel  des  Einflusses  des  Klimas  auf  den  Charakter 
der  Vegetation  sei  hier  noch  hervorgehoben,  daß  fast  alle  Gewächse  der  Medi- 
terranflora xerophytisch  sind.  Die  jährliche  Niederschlagsmenge  im  Gebiete 
der  Mediterranflora  ist  nun  keineswegs  eine  sehr  geringe,^)  jedoch  ist  dieselbe 
in  den  regenärmsten  Monaten  äußerst  niedrig  und  kommen  oft  lange  völlig 
regenlose  und  sehr  trockene  Perioden  vor,  über  welche  die  Pflanzen  nur  mit 
Hilfe  von  Schutzmitteln  gegen  zu  große  Transpiration  hinwegkommen  können, 
wie  wir  solche  bei  den  Bürgern  der  Mediterranflora,  in  mannigfacher  Weise 
ausgebildet,  ganz  allgemein  verbreitet  sehen.  -Die  xerophilen  Anpassungs- 
erscheinungen sind  so  bekannt,  daß  auf  sie  nicht  im  Detail  eingegangen  zu 
werden  braucht. 


Triest 


Pola 


Abbazia 


Monte 
Maggiore  ^) 


Divaca 


Mittlere  Jahrestem- 
peratur 

Mittlere    Temperatur 
des  wärmsten  Monats 

Mittlere    Temperatur 
des  kältesten  Monats 

Höchste  absolute 
Temperatur 

Niederste  absolute 
Temperatur 

Jährliche  Nieder- 
schlagsmenge 

Alonat   der  größten 
Niederschlagsmenge 

Monat  der  niedrig- 
sten Niederschlags- 
menge 


14-0°  C 

Juli 

24-2° 

Jänner 

+  4-5° 

37-5° 
Juli   1873 

(Jan.  1905) 
X 1 1 4  m  m 

Oktober 
166  mm 

Februar 
62  mm 


14-0" 

Juli 
24-0° 

Jänner 
+  5-4° 

35-5° 
(seit  1857) 

—  8-4° 

891  mm 

Oktober 
125  mm 

Juli 
46  mm 


i3-5° 
Juli 

22-5° 
Jänner 

I       r  .oO 


35-8° 
(Aug.  I 


—  7-0° 
Febr.  1901 

1809  mm 

Oktober 
268  min 

Juli 
94  mm 


7-5° 

Juli 

167° 

Jänner 

—  1-1° 

29-4° 
(Aug.   1890) 

—  237 
Jänner   1901 

^      g 

2  ^  'S 

^     ö    -^ 

(LI         r-l 


10*9" 

Juli 

207° 

Februar 
4-  1-1° 

36-0° 

(Aug.  1900) 

seit   1897 

—  I2'6 
Febr.  1898 

1068  m)n 

Oktober 
146  m)n 

Jänner 
57  '"'" 


1)  Sie   beträgt   für  Wien  +36-2°    für  Triest  37-5°,   Pola  35-0°,   Abbazia  35-8°  C. 

2)  Sie   beträgt  z.B.  in  Triest    1114mW,    also    nahezu    das  Doppelte   als    in  Wien 
(617  mm)  und  in  Abbazia  fast  das  Dreifache  (1809  mm). 

^)  Die    Daten    beziehen    sich    auf  das    Schutzhaus,    wo    sich    die    meteorologische 
Station  befindet. 


Die  klimatologischen  Daten  für  die  Hauptpunkte  des  Exkursionsgebietes 
kann  man  aus  der  nebenstehenden  Tabelle  entnehmen.  Adelsberg  mußte 
dabei  übergangen  werden,  weil  die  Messungen  für  diesen  Ort  lückenhaft  sind. 
Die  Daten  der  Tabelle  verdanke  ich  der  Direktion  der  k.  k.  Zentralanstalt 
für  Meteorologie  und  Geodynamik  in  Wien. 

Bemerkt  muß  zu  dieser  Tabelle  werden,  daß  die  Temperaturmittel  (jähr- 
liche und  monatliche)  von  Triest,  Pola,  Abbazia  und  Monte  Maggiore 
reduzirt  sind  auf  die  50jährige  Periode  1851 — 1900;  dieselben  Daten  von  Di- 
vaca  sind  das  Mittel  aus  Beobachtungen  vom  Juli  1897  bis  Jänner  1899  '^"^1 
Jänner  1900  bis  Dezember  1902. 

Von  größter  Bedeutung  für  die  Vegetation  sind  die  für  das  Gebiet  cha- 
rakteristischen Winde.  Dr.  Ginzberger  schildert  die  W^irkung  derselben 
sehr  zutreffend  in  folgender  Weise:  «Die  Bora  ist  ein  kalter,  trockener  Nord- 
ostwind, der  zu  allen  Jahreszeiten  vorkommt,  aber  am  stärksten  in  den  Winter- 
monaten weht.  Da  stürzen  sich  die  Luftmassen  mit  furchtbarer  Gewalt  von 
dem  kalten  hohen  Binnenlande  herab  auf  die  wärmere  Meeresküste.  Starke 
Bäume  werden  entwurzelt  oder  abgebrochen.  An  der  Seite,  von  welcher  die 
Bora  kommt,  haben  die  Bäume  oft  keine  oder  ganz  kurze  Äste,  das  Strauch- 
werk ist  platt  dem  Boden  angepreßt.  Die  Bora  ist  aber  nicht  auf  die  Winter- 
monate beschränkt  und  kann,  wenn  sie  im  Frühling  losbricht,  namentlich  da- 
durch schaden",  daß  sie,  mit  voller  Wucht  auf  das  Meer  hinabstürzend,  das 
Wasser  desselben  fein  zerstäubt  und  den  salzhaltigen  Staub  verderbenbringend 
über  die  Kulturen  verbreitet.  Der  Scirocco  ist  gerade  das  Gegenteil  der 
Bora.  Er  ist  feucht,  warm,  kommt  von  Südost  und  bringt  immer  Regen.  Auch 
er  kann  durch  Zerstäubung  des  Meerwassers  die  Kulturen  schädigen.»  (Vgl. 
Das  Wissen  für  Alle,  1902,  p.  414.) 

4.  Charakteristik  der  im  Gebiete  vertretenen  Floren  und  Formationen. 

Es  soll  hier  absichtlich  nicht  in  Details  eingegangen  werden,  da  jeder- 
mann, der  eine  eingehendere  Information  über  die  Vegetationsverhältnisse  im 
mediterranen  und  Karstgebiete  Österreichs  wünscht,  eine  sehr  gute  Darstellung 
der  betreffenden  Tatsachen  in  dem  allgemeinen  Teile  zu  dem  «Führer»  für  die 
Exkursion  in  die  illyrischen  Länder  von  Dr.  August  Ginzberger  findet, 
welcher  diese  Darstellung  bereits  in  dem  vSinne  abgefaßt  hat,  daß  sie  gleichzei- 
tig auch  als  Einführung  in  die  Vegetationsverhältnisse  unseres  Gebietes  dienen 
kann.  ^)  Dabei  muß  aber  darauf  hingewiesen  werden,  daß  die  erwähnte  vor- 
zügliche Schilderung  das  ganze  Mediterrangebiet  und  Karstgebiet  der  öster- 
reichischen Monarchie  umfaßt,   während  wir  uns  hier  nur  für  einen  bestimmten 


')  Im  zweiten  (speziellen)  Teile  dieses  Führers  wird  sich  bei  Besprechung  der 
einzelnen  zu  beziehenden  Lokalitäten  Gelegenheit  bieten,  auf  weitere  besonders  charak- 
teristische Pflanzen,  die  dort  zu  finden  sind,  aufmerksam  zu  machen. 


Teil  interessierf-n,  in  dem  einige  der  dort  geschilderten  Formationen  fehlen 
(z.  B.  der  Strandföhrenwald,  der  mediterrane  Schwarzföhrenwald  etc.).  ^)  Wir 
können  uns  darauf  beschränken,  mit  wenigen  Worten  die  Eigentümlichkeiten 
der  in  Betracht  kommenden  Floren  und  Formationen  anzudeuten. 

A)  Mediterrane  Flora. 

Das  Klima  in  dem  mediterranen  Gebiete  ist  ausgezeichnet  durch  große 
vSommerwärme,  verbunden  mit  bedeutender  Trockenheit,  und  sehr  milde  Win- 
ter' Winterfröste  fehlen  zwar  nicht  vollkommen,  die  mittlere  Temperatur  des 
kältesten  Monats  (Jänner)  sinkt  aber  nie  unter  o°  herab. ^)  Die  Vegetation  macht 
also  keine  Winterruhe  durch,  wohl  aber  tritt  wenigstens  teilweise  ein  Still- 
stand der  Vegetation  in  der  heißen,  dürren  Sommerszeit  ein  (Sommerschlaf). 
Die  Holzgewächse  dieser  F'lora  sind  fast  ausnahmslos  immergrün. 

Die  Formationen  der  mediterranen  F'lora,  welche  im  Gebiete  vertreten 
sind,  sind  folgende: 

I.  Die  Macchia,  der  immergrüne  Buschwald,  ist  die  auffallendste  und 
charakterischeste  F'ormation  der  Mediterranflora  (nicht  nur  in  unserem  Ge- 
biete, sondern  in  der  ganzen  Mediterranzone  sich  mit  wenig  Abwechslung 
wiederholend)  und  kann  mit  keiner  anderen  Formation  Mittel-  und  Nordeuropas 
verglichen  werden.^)    Die  Macchia  ist  ein  äußerst  dichtes,  meistens  vollkom- 


')  Für  noch  eingehendere  Information  über  das  Gebiet  in  pflanzengeographischer 
und  floristischer  Hinsicht  sei  nur  auf  folgende  Werke  verwiesen:  R.  v.  Beck,  Die  Vege- 
tationsverhältnisse der  illyrischen  Länder  (IV.  Bd.  von  Engler  und  Drude,  Die  Vege- 
tation der  Erde),  Leipzig,  Verlag  von  W.  Engelmann,  1901.  —  Freyn,  Die  Flora  von 
Süd-Istrien  (Verh.  d.  zool.-bot.  Ges.,  Wien  1877,  p.  241  ff.)  und  Nachträge  dazu  (ebenda 
1881,  p.  350  ff.).  —  Smith  A.  M.,  Flora  von  Fiume  (Verh.  d.  zool.-bot.  Ges.,  Wien  1878, 
p.  335  ff.).  —  Marchesetti,  La  Flora  dl  Parenzo  (Atti  del  Museo  di  storia  nat.  di 
Trieste  1890,  p.  25  ff.).  —  Marchesetti,  Flora  di  Trieste  e  de  suoi  dintorni,  Trieste 
i8g6  — 1897.  —  Pospichal,  Flora  des  österr.  Küstenlandes,  Wien,  F.  Deuticke,  I.  Bd. 
1897,  II^-  Bd.  1899. 

^)  Man  vergleiche  die  Tabelle  auf  Seite  4. 

^)  So  viel  mir  bekannt,  ist  der  Gedanke  merkwürdigerweise  noch  nirgends  aus- 
gesprochen worden,  daß  die  Macchia  lediglich  mit  dem  tropischen  Regenwalde  (oder 
noch  besser  mit  der  von  den  Brasilianern  «Capoeira»  genannten  Formation)  verglichen 
werden  kann  und  sozusagen  das  letzte  Ausklingen,  die  zwerghafteste  und  verkrüppelte  Form 
dieser  herrlichsten  und  vollkommensten  Pflanzengemeinschaften  der  Erde  darstellt.  Es  ist 
meiner  Ansicht  nach  ganz  ungereimt,  unsere  Nadelwälder  und  sommergrünen  Laubwälder 
mit  dem  Tropenwalde  in  eine  Parallele  zu  stellen,  oder  gar  engere  Beziehungen  zwischen 
beiden  aufdecken  zuwollen,  welche  vollkommen  mangeln.  Beide  müssen  total  verschiedenen 
Ursprunges  sein,  was  schon  aus  dem  Umstände  hervorgeht,  daß  die  Bäume  und  Sträucher 
unserer  Wälder  ganz  anderen  Gattungen,  ja  fast  durchwegs  auch  anderen  Pflanzenfamilien 
angehören  als  die  Gewächse  des  Tropenwaldes.  Daß  aber  zwischen  letzterem  und  der  Mac- 
chia tatsächliche  «Verwandtschaft»  oder  Zusammengehörigkeit  besteht,  bedarf  für  den,  der 
in  den  Tropen  den  Urwald  in  seiner  krüppelhaftesten  Form,  nämlich  auf  den  Gipfeln  der 


men  unduichdrinj^liches  Strauchwerk  von  meistens  2 — 3  m  Höhe,  fast  ganz 
ohne  Unterwuchs:  nur  an  ungünstigeren  Stellen  wird  sie  niedriger  und  oft  auch 
mehr  zerrissen  und  dann  finden  sich  auf  ihrem  Grunde  verschiedene  krautige 
Mediterranpflanzen  ein.  Das  Aussehen  der  Macchia  soll  hier  nicht  beschrieben 
werden;  es  soll  nur  auf  folgende  Punkte  hingewiesen  werden:  Die  Macchia 
setzt  sich  aus  einem  bunten  Gemisch  verschiedener  Holzgewächse  zusammen, 
niemals  aus  einer  einzigen  oder  zwei  bis  drei  Arten  (wie  unsere  Wälder). 
In  diesem  Gemisch  ist  bald  die  eine,  bald  die  andere  Art  reichlicher  vertreten, 
bald  fehlt  die  eine  oder  die  andere  Spezies.  Immer  aber  wiederholen  sich  in 
der  Zusammensetzung  der  Macchia  im  wesentlichen  eine  geringe  Anzahl  von 
Arten,  die  verschiedenen  F'amilien  angehören  und  als  hauptsächlichste  Kom- 
ponenten der  Macchia  gelten  können.  Die  charakteristischesten  sind  fol- 
gende: Qiiercus  Hex,  Laurus  nobilis,  Myrthus  italica,  Phyllirea  latifolia,  Arbiitus 
Unedo f  Rhamnus  Alatermis ,  Pistacia  Lentiscus ,  P.  Jerebinthns ,  Vibiirnum 
Tinus,  Spartium  jiinceum,  Erica  arborea,  Jiiniperus  Oxycedrus,  Coronilla  Eme- 
roides,  Cistus  monspeliensis,  C.  villosus,  C.  salviaefolius,  Rosa  sempervirens,  Li- 
gitstrum  vulgare,  Smilax  aspera,  Lonicera  implexa,  L.  Etrusca,  Clematis  Flam- 
niula,  Neriimi  Oleander  und  Vitex  Agnus  castus  (die  beiden  letztgenannten  nur 
stellenweise).  Einige  der  genannten  Pflanzen  findet  man  auf  Tafel  IV,  V,  X  und 
XIII  abgebildet. 

Es  ist  von  besonderem  Interesse,  daß  fast  alle  aufgezählten  Charakter- 
pflanzen der  Macchia  immergrüne  (Hartlaub-)  Gewächse  sind;  nur  Pistacia 
Terebinthus  und  Coronilla  Emeroides  sind  laubwechselnd. 

2.  Der  Lorbeer wald,  im  Gebiete  am  schönsten  bei  Abbazia  am  Quar- 
nerobusen  entwickelt,  bildet  eine  verhältnismäßig  schmale  Zone  an  den  bis  nahe 
an  das  Gestade  des  Meeres  herantretenden  Abhängen.  Die  schön  und  dunkel 
belaubten  Bäume  von  Laurus  nobilis  erreichen  nur  mäßige  Dimensionen,  die 
Stammdicke  beträgt  meistens  nur  10 — 20  cm  im  Durchmesser.  Beigemischt 
findet  man  dem  Lorbeer  von  Bäumen:  Qiiercus  lanuginosa,  Castanea  sativa, 
Ostrya  carpinifolia;  von  Sträuchern  sehr  häufig  und  charakteristisch  einige 
sommergrüne  Holzgewächse  der  Karstregion:  Fraximis  Orniis,  Paliurus  au- 
stralis,  Carpinus  duinensis,  Cotinus  coggygria  etc.  Im  Unterholze  ist  charakteri- 
stisch und  häufig  Ruscus  aculeatus  und  zahlreiche  Kräuter,  unter  denen  weiß- 
blühende  Melittis  melissophyllmn  besonders  häufig  und  auffallend  ist,  die  hier 
nicht  genannt  werden  sollen,  da  der  Lorbeerwald  von  Abbazia  im  speziellen 
Teile    nochmals    besprochen  werden  soll.     P3s   möge   hier  nur  noch   erwähnt 


Hochgebirge  als  sogenannte  alpine  Strauchvegetation  gesehen  hat,  gar  keines  Beweises. 
Diese  alpine  Strauchregion  ähnelt  nicht  nur  äußerlich  durch  das  fast  ausschließliche  Vor- 
herrschen immergrüner  Gehölze  von  ganz  übereinstimmendem  Habitus  der  Macchia, 
sondern  wir  finden  hier  auch  wirklich  phylogenetisch  zusammengehörige  Formen,  die 
wenigstens  denselben  Familien  angehören  z.  B.  Myrthaceen,  Lauraceen,  Erikaceen, 
Anacardiaceen,  Apocynaceen  (vgl.  Neriitm)  etc. 


werden,  daß  die  große  Menge  von  Kletterpflanzen  im  Lorbeervvalde  äußerst 
aulifallend  ist;  von  solchen  ^ind  besonders  zu  erwähnen:  Tamus  communis,  Cle- 
matis  vitalba,  Hedera  Helix,  Smilax  aspera  und  Asparagiis  acutifolius. 

3.  Der  Pinienwald.  Im  ganzen  mediterranen  Gebiete  Österreichs  ist 
ein  wahrscheinlich  autochthoner  Pinienwald  (Piniis  Pinea)  nur  bei  Belvedere 
im  Friaul,  welcher  im  speziellen  Teile  nochmals  erwähnt  wird,  und  dort  sollen 
auch  die  anderen  Bestandteile  desselben  aufgezählt  werden. 

4.  Der  litorale  Eichenwald.  Dieser  ist  im  Gebiete  nur  sehr  spärlich 
vertreten.  Er  wird  gebildet  aus  sommergrünen  Eichen  (Qiierus  lamiginosa, 
Qu.  sessilißora,  Qu.  Robur)  mit  Unterholz,  teils  von  Macchiensträuchern,  teils 
von  Karstpflanzen  (Carpinus  duinensis,  Paliunis  u.  a.) 

5.  Formation  der  Salzsümpfe  (Salinenflora).  Stellenweise  von 
fast  wiesenförmigem  Charakter  mit  dichter  Vegetation  bedeckt,  stellenweise 
wieder  schlammig  und  nur  zerstreute  Halophyten  aufweisend.  Dazwischen  hie 
und  da  größere  Tümpel  und  Gräben  mit  Zostera  marina  und  anderen  Salz- 
wasserpflanzen. Von  besonders  charakteristischen  Pflanzen  dieser  Formation 
seien  hier  nur  folgende  genannt:  Salicornia  herbacea,  S.fruticosa,  Atriplex  (Hali- 
mus)  portulacoides,  Artln'ocnemum  macrostachyum,  Imila  crithmoides  (Tafel  XII), 
Artemisia  caerulescens,  Statice  Limonium,  St.  cordata,  Juncus  acutus. 

6.  FormationderDünen  pflanzen.  Die  Vegetation  der  sandigen  flachen 
Meeresufer  und  des  Flugsandes  der  Düne  ist  eine  schüttere  und  fast  durch- 
wegs aus  Kräutern  und  Stauden  bestehende;  die  hie  und  da  auf  der  Düne  vor- 
kommenden Holzgewächse  sind  angepflanzt  (Tainarix  africana,  Pinus  Haiepen- 
sis,  P.  Pinea,  Ulmus,  Platanus,  Alnus).  Von  den  Charakterpflanzen  dieser  For- 
mation mögen  hier  nur  erwähnt  werden:  Psamma  arenaria,  Cynodon  Dactylon, 
Erianthus  Ravennae,  Cyperus  capitatus  (Schoenus  mucronatus) ,  Holoschoenus  vul- 
garis, Medicago  marina,  Euphorbia  Paralias,  Cakile  maritima,  Echinophora  spi- 
nosa,  Eryngium  maritimum,  Scolymus  hispanicus  (Tafel  XI  und  XII),  Calystegia 
Soldanella,  Silene  inßata,  Plantago  Psylliimi  etc.  Von  Holzgewächsen  sind  zu 
nennen:  Tamarix  gallica  und  Vitex  Agnus  castus  (Tafel  XIII). 

7.  Formation  der  Strandklippen,  Ufer  dämme  und  des  stei- 
nigen Meeresstrandes.  Die  charakterischeste  Pflanze  ist  Crithmum  mariti- 
mum;  ferner  finden  sich  hier  Inula  viscosa,  Euphorbia  Paralias,  Capparis  ru- 
pestris ,  Salsola  Kali,  S.  Soda,  Plantago  maritima,  Glaucium  ßavum,  Arundo 
Donax,  Foeniculum  vulgare  und  viele  Ruderalpflanzen,  z.  B.  Xanthium,  Lepidium 
graminifolium,  Coronopus  procumbens,  Reseda  lutea,  Aegilops  ovata  etc. 

8.  Ruderalflora  und  Vegetation  alter  Mauern.  Erstere  besteht 
zum  Teile  aus  weitverbreiteten  Ruderalpflanzen;  auffallendere  Erscheinungen 
sind:  Conium  maculatum,  Centaurea  Calcitrapa,  C.  solstitialis,  Onopordon  acan- 
thium,  Scrophidaria  canina,  Fumaria  Vaillantii,  Diplotaxis  tenuifolia,  Xanthium 
strumarium,  X.  spinosum,  Verbena  officinalis,  Zacyntha  verrucosa,  Helminthia 
echioides  etc.    Letztere  (Tafel  XIII  unten)  ist  im   mediterranen  Gebiete  durch 


einige  sehr  bezeichnende  und  zum  Teile  sehr  schöne  Pflanzen  ausgezeichnet: 
Ceterach  officinarum,  Ptvietaria  ramißora,  Erysimiim  (C^heiranthus)  Cheiri,  Cen- 
thranthiis  ruber,  Cjnnbalaria  imiralis,  Antirrhinum  majiis,  Campanula  pyrami- 
dalis und  Capparis  rupestris. 

9.  Kulturpflanzen.  Die  Getreidegräser,  welche  in  Mitteleuropa  einen 
so  bedeutenden  Einfluß  auf  den  Charakter  der  Landschaft  ausüben^  treten  in 
der  Mediterranzone  ganz  zurück;  nur  hie  und  da  wird  Zea  Mays  kultiviert  und 
noch  seltener  der  Reis  (besonders  im  Friaul);  Citronen-  und  Orangenbäume 
werden  nur  spärlich  kultiviert;  hingegen  sind  zwei  andere  wichtige  Kultur- 
pflanzen von  größter  Bedeutung  für  dieses  Gebiet:  der  Ölbaum  (Olea  europaea) 
und  der  Weinstock  (Vitis  vinifera).  Der  Ölbaum  bildet  lichte,  schüttere  Haine, 
die  mit  ihren  knorrigen  und  im  Alter  zerrissenen  Stämmen  und  dem  silber- 
grauen Laube  einen  düsteren,  unschönen  Eindruck  machen  (Tafel  XV).  Dieser 
Baum  ist  von  pflanzengeographischem  Interesse,  da  er  geradezu  als  Leitpflanze 
für  das  mediterrane  Florengebiet  gelten  kann;  er  steigt  im  Quarnero  nur  bis 
150  ;;z  empor,  bei  Triest  erreicht  er  200  m.  Der  Weinstock  ist  stellenweise  auch 
ein  wichtiges  Moment  in  der  Landschaft  (Tafel  XVII). 

Von  anderen  charakteristischen  Kulturpflanzen  der  mediterranen  Region 
seien  noch  folgende  namhaft  gemacht:  der  Feigenbaum  (Ficus  carica),  der 
Johannisbrotbaum  (Ceratonia  siliqua),  der  Granatapfelbaum  (Piinica  Granatum), 
der  als  Strauch  auch  hie  und  da  wild  in  der  Macchia  vorkommt,  der  Pfirsich- 
und  Mandelbaum  (Prunus  Persica  und  Amygdalus  commimis),  die  Zypresse 
(Cupressus  sempervirens),  welche  hauptsächlich  auf  Friedhöfen  gepflanzt  wird, 
der  Maulbeerbaum  (Morus  alba),  oft  zwischen  dem  Weinstock  kultiviert;  auf 
dürren,  heißen  Felsen  und  Mauern  oft  verwildert  und  im  Landschaftsbilde  bis- 
weilen hervorstechend  sind  die  Agave  americana  und  Opuntia  Ficus  indica.  Pinus 
halepensis  und  P.  Pinea  sieht  man  oft  kultiviert.  In  Anlagen,  Gärten  und  Alleen 
gedeiht  eine  stattliche  Zahl  schöner  subtropischer  Gewächse  wie  Phoenix  dacty- 
lifera  (auf  Lussin),  baumartige  Kamelien,  ^Xc'me.  Bambusa-\vl&n  etc.  Gewöhn- 
liche Heckenpflanzen  sind  Evonymus  Japonicus,  Aucuba  Japonica,  Pittosporum 
Tobira  und  Hibiscus  syriacus.  Unter  den  mediterranen  Gemüsepflanzen  sind  be- 
sonders auffallend  die  schönen  Cy n ara- Ar i&n:  C.  Scolymus  (Artischoke)  und 
C.  Cardunculus  (Cardoni). 

IG.  Die  Flora  des  Meeres.  Von  Phanerogamen  sind  nur  wenige  ver- 
treten, von  denen  Zostera  marina  stellenweise  ausgedehnte  unterseeische  Wie- 
sen bildet.  Umso  reicher  und  mannigfaltiger  sind  die  Algen  vertreten,  die  an 
den  Küsten  bis  zu  einer  Tiefe  von  etwa  100  m  stellenweise  eine  üppige  Vege- 
tation bilden.  Schön  geformte  Florideen  prangen  in  allen  Nuancen  von  Rot, 
besonders  Ceramien,  Polysiphonien,  Calli thamnien,  Porphyra,  Deles- 
seria,  Nitophyllum,  Peyssonellia  und  die  korallenähnlichen  Kalkalgen  aus  den 
Gattungen:  Lithothamnium,  Lithophyllum  und  Corallina.  Von  Grünalgen  sind 
besonders  zu  nennen:    Ulva  Lactuca,   Enteromorpha- Arten,   Codium  Bursa  und 


C  tomentosum,  Halymeda  Optintia  und  H.  Tuna,  Valonia  ulricularis  und  die 
zierliche  Acelabiilaria  medlterranea.  Unter  den  Brauntangen  fallen  besonders  auf: 
Fuchs  virsoides ,  Cystosira  barbata,  C.  ericoides ,  Padina  pavonia,  Dictyopteris 
polypodioides,  Dictyota  dichotoma  und  Sargassinn  linifoliiim. 

V^on  den  Formationen  der  Mediterranflora  sind  im  Gebiete  nicht  ver- 
treten: der  mediterrane  Schwarzföhrenwald  (nur  auf  Sabbioncello  und  Brazza), 
der  Strandföhrenwald  (Pinus  halepens),  der  erst  südlich  vom  43.°  südlicher 
Breite  auftritt. 

B)  Illyrische  Karstflora. 

Die  illyrische  Karstregion  gehört  dem  westpon tischen  Florengebiete 
an  und  wird  auch  als  pontische  Flora,  illyrischer  Gau  bezeichnet. 
Sie  bedeckt  in  unserem  Gebiete  die  Höhen  und  Hochflächen  im  Inneren  des 
Küstenlandes,  also  vom  Isonzo  oberhalb  des  mediterranen  Küstenstriches  sich 
nach  Istrien  über  den  Tschitschenboden  bis  südlich  zum  Canale  di  Lerne  (also 
bis  zu  dem  südlichen  mediterranen  Teile  der  Halbinsel  sich  ausbreitend.) 
Darüber  ragen  nur  die  höchsten  Höhen  des  südöstlichen  Tschitschenbodens 
inselartig  hervor  (der  Monte  Maggiore),  die  der  baltisch-subalpinen  Flora  an- 
gehören. Im  äußersten  Norden  des  Gebietes  bei  St.  Canzian  und  Adels- 
berg mischen  sich  schon  reichlich  subalpine  Flemente  unter  die  Karstpflanzen 
(näheres  darüber  im  speziellen  Teile). 

Das  Klima  der  hier  in  Rede  stehenden  Region  ist  charakterisiert  durch 
Winterfröste  (der  Schneefall  ist  im  Winter  meistens  gering,  was  die  Vegetation 
sehr  schädigend  beeinflußt)  und  durch  große  Dürre  im  Sommer.  Die  Vege- 
tation ist  also  hier  an  Winterruhe  und  an  ein  vStocken  des  Pflanzen- 
lebens während  der  Sommerdürre  (Sommerschlaf)  angepaßt.  Die 
Holzpflanzen  dieser  Flora  sind  fast  durchwegs  sommergrün,  während  die  der 
Mediterranregion  fast  alle  immergrün  sind. 

In  der  illyrischen  Karsttlora  lassen  sich  folgende  Formationen  unter- 
scheiden: 

I.  Der  Karstwald.  Diese  F'ormation  hatte  in  früheren  Jahrhunderten 
eine  weitaus  größere  Ausdehnung  wie  heute.  Unsinnige  Wirtschaft  und  der 
Mangel  jeglicher  Obsorge  für  Nachzucht  haben  die  herrlichen  Eichenwälder, 
die  einst  den  Karst  ^)  bedeckten,  bis  auf  spärliche  Reste  vernichtet.  Die 
schwerste  Schuld  trifft  in  dieser  Beziehung  die  Venezianer,  welche  die  Eichen- 
stämme des  Karstes  als  Piloten  zum  Baue  der  Lagunenstadt  benötigten  und 
dadurch  die  Wälder  verwüsteten. 

Der  Karstwald  besteht  im  wesentlichen  aus  sommergrünen  Eichen  (Quercus 
sessilißora,  Qu.  Cerris,  Qii.  lanuginosa),  denen  sich  Castauea  resca  (Tafel  XXI) 


')  Über   die   mehrfache  Bedeutung,    in  welcher    der  Ausdruck   «Karst»    gebraucht 
/ird,  vgl.  diesen  «Führer  I»,  S.  8  fi',  15,  23. 


und  andtire  s()mmei-y;riine  Gehölze  beigesellen,  die  teils  von  Natur  aus  Sträuchcr 
sind,  teils  Bäume,  die  aber  meistens  nur  strauchartig  auftreten,  wie:  (Iratacgus 
monogyna,  Cotinus  (A)ggygria,  Ostrya  carpinifolia,  Carpiniis  Hetulus  und  (\  dui- 
nensis,  Fraximiis  Orniis,  Celtis  australis,  Acer  mompes.sulaniim,  A.  oblusatiim, 
A.  campestre,  Ulmus  campestris,  Sorbns  Äria,  S.  totiniualis,  Paliiinis  australis, 
Juniperus  communis,  J.  oxycedrus,  Cornus  mas,  (1.  sanguinea,  Daphne  alpiiia, 
Coronilla  emeroides,  Rhamnus  rupestris  etc. 

2.  Die  Kar  st  hei  de.  Die  dürftige  Vegetation  (Tafel  IX)  läßt  allenthalben 
das  weißliche  Kalkgestein  zutage  treten,  welches  in  kleineren  Brocken  oder 
größeren  Blöcken  umherliegt,  zwischen  welchen  nur  spärlicher  Humus  an- 
gehäuft ist,  da  Regen  und  Wind  eine  reichlichere  Ikimusanliäufung  verhindern. 
Büsche  von  Jiiiiiperus  communis,  J.  Oxycedrus  und  Paliurus  sind  häufig  vor- 
handen und  deuten  darauf  hin,  daß  daselbst  einst  Karstwald  vorhanden  war, 
dessen  letzte  Reste  sie  darstellen. 

Die  Elemente  der  Vegetation  der  Karstheide  sind  etwas  wechselnd,  je 
nach  der  Lage  der  betreffenden  Lokalität;  in  den  niedersten  Lagen  sind  medi- 
terrane, in  den  höchsten  Lagen  subalpine  Elemente  eingemischt.  Von  den 
Pflanzen  dieser  F'ormation  mögen  hier  nur  einige  der  am  meisten  charakteristi- 
schen genannt  werden :  Helleborus'odorus,  Helleborus  muUifidus,  Paconiaperegriua, 
Genista  sericea,  G.  silvestris,  Euphorbia  fragi/era,  E.  nicaeensis,  Gytisus  an^enteus, 
Gentiana  tergestina,  Ruta  divaricata,  Onosma  echioidcs,  Lamium  Orvala,  Heli- 
chrysuiu  italicum,  Globiilaria  cordifolia,  Teucrium  )}wntanum,  Eerulago  galba- 
nifera,  Polygala  nicaeensis,  Campanula  pyramidalis,  Carex  humilis,  Slipa  pcn- 
nata,  Aristolochia  pallida. 

3.  Karstwiesen.  An  Stellen,  wo  sich  trotz  der  Tätigkeit  der  Nieder- 
schläge und  Winde,  welche  der  Humusbildung  störend  entgegenwirken,  größere 
Hutnusmassen  ungestört  ablagern  konnten  und  einige  Feuchtigkeit  herrsclit, 
wie  z.  B.  in  muldenartigen  'I'errainsenkungen  oder  in  seichteren  Dolinen,  ^) 
schließt  sich  die  Vegetation  der  Gräser,  Stauden  und  Kräuter  enger  und  dichter, 
so  daß  Wiesen  entstehen,  die  unseren  Bergwiesen  an  Schönheit  und  Blüten- 
reichtum nicht  nachstehen.  Da  in  den  verschiedenen  Jahreszeiten  gewöhnlich 
eine  Spezies  oder  nur  wenige  Arten  durch  ihre  ungeheure  Masse  an  Individuen 
die  P'lora  der  Karstwiesen  beherrscht,  so  prangen  sie  bald  im  weißen  (Narcis- 
sus  radiißorus),  violetten  (Crocus  variegatus  und  C.  vernus),  blauen  (Gentiana 
tergestina)  oder  im  Sommer  im  gelben  Kleide  (Alectorolophus  Freynii,  A.  minor. 


')  Die  «Dolinen»  (Tafel  XVII  und  X)  gehören  zu  den  charakteristischen  «Karst- 
erscheinungen». Es  sind  seichtere  oder  tiefere  trichterförmige  Einsenkungen  von  sehr 
verschiedenen  Dimensionen,  meistens  kreisrund  oder  elliptisch  im  Umrisse,  die  ihre  Ent- 
stehung wohl  meistens  den  im  Karst  so  häufigen  unterirdischen  Wasserläufen  verdanken, 
welche  durch  Auslaugung  des  Gesteines  unterirdische  Hohlräume  bilden,  deren  Decke 
später  eingesunken  ist.  Sie  lassen  sich  am  besten  mit  <len  «Pingen»  in  den  Braun- 
kohlenrevieren Böhmens  vergleichen. 


Tragopogon  Tonuiiasinii,  Senecio  lanatus,  Hippocrepis  comosa,  Scor:^onera  y'ülosa, 
Genista  sagittalis,  G.  sen'Jea,  Anthyllis  vulneraria  etc.).  Aus  der  großen  Zahl 
der  Karstwiesenpflanzen  sollen  nur  noch  einige  hier  namhaft  gemacht  werden, 
die  kaum  je  fehlen:  Muscari  comosiiin  und  M.  botryoides,  Iris  illyrica,  Jurinea 
mollis,  Orobus  versicolor  (=  O.  pannonicus),  Orchis  Mario,  Ophrys- Arten,  Sera- 
pias pseudocordigera,  Veronica  multifida,  Polygala  nicaeensis,  Orobanclie  lutea, 
Globularia  bellidifolia,  Leitcanthemiim  montanum,   Bromiis  erectiis,  Bri:^a  minor. 

4.  Kulturpflanzen:  In  der  Karstregion  werden  die  mitteleuropäischen 
Zerealien,  Wein  und  Obstbäume  (hauptsächlich  Prunus  domestica)  gebaut,  und 
zwar  fast  ausschließlich  nur  im  Grunde  er  Dolinen,  da  nur  dort  genügend 
Humus  vorhanden  ist.  Diese  «Kulturdolinen»  mit  den  Getreidefeldern,  zwi- 
schen denen  reihenweise  Obstbäume  gepflanzt  sind,  verleihen  der  Karstland- 
schaft ein  eigentümliches  Gepräge  (Tafel  XVII). 

An  dieser  Stelle  muß  auch  der  Karstaufforstung  gedacht  werden,  welche 
an  vielen  Stellen  die  verödeten  Flächen  des  Triestiner  Karstes  mit  neuen  Wäl- 
dern bekleidet  hat.  Als  Waidbaum  wird  fast  ausschließlich  zur  Karstaufforstung 
die  äußerst  genügsame  Schwarzführe  verwendet  (Pinus  nigra),  stellenweise 
wohl  auch  Pinus  brutia  f=  P.  pyrenaica),  so  z.  B.  zwischen  Sistana  und  Duino. 

C.  Subalpine  (baltische)  Flora. 

In  dem  Gebiete  unserer  Exkursion  ist  diese  Flora  nur  vertreten  im 
Norden  bei  Adelsberg,  aber  daselbst  schon  reichlich  mit  Elementen  des  Karst- 
waldes und  der  Karstheide  durchsetzt,  ferner  ist  eine  Anzahl  von  Pflanzenele- 
menten dieser  Flora  noch  in  der  berühmten  Grottendoline  von  St.  Canzian 
sowie  in  den  anderen  großen  Dolinen  zu  beobachten;  rein  tritt  uns  die  Flora 
in  den  höheren  Regionen  am  Monte  Maggiore  entgegen. 

Die  Vegetation  der  beiden  erstgenannten  Orte  wird  besser  im  zweiten 
Teile  dieser  Schrift  behandelt  werden  können  und  mögen  hier  nur  die  sub- 
alpinen Formationen  des  Monte  Maggiore  kurz  geschildert  werden. 

Von  Abbazia  aufsteigend,  lagert  sich  über  den  mediterranen  Lorbeer- 
wald der  Karstwald  (Eichen,  Hainbuchen  etc.)  und  bei  etwa  800  m  beginnt  die 
subalpine  Flora. 

Man  kann  hier  innerhalb  derselben  drei  Formationen  unterscheiden: 

I.  Der  subalpine  Buchenwald.  Von  800 — 1350m  trifft  man  überall 
fast  ununterbrochenen  Buchenhochwald  (Fagiis  silvatica  mit  Beimischungen 
von  Carpinus  Betuliis  und  Acer  obtusatum).  Im  Unterholz  und  Niederwuchse 
der  Buchenwälder  sind  folgende  Pflanzen  besonders  erwähnenswert;  Sambucus 
racemosa,  Lonicera  alpigena,  Cytisus  alpimis,  Rubus  Idaeus,  Daphne  Me:^ereum, 
Actaea  spicata,  Galanthus  nivalis,  Adoxa  moschatellina,  Ranunculus  platanifolius, 
Anthriscus  fumarioides,  Anemone  nemorosa,  Dentaria  enneaphyllos,  D.  bulbifera, 
Lathyrus  Intens,  Euphorbia  dulcis  etc.  Die  Zusammensetzung  dieser  Waldflora 
ist  also   nahezu   dieselbe  wie  in  den  baltischen  Buchenwäldern  Mitteleuropas. 


i3 

2,  Die  Bergwiesen.  Solche  sind  in  der  Buchenregion  zerstreut  und 
erstrecken  sich  über  dieser  bis  gegen  den  Gipfel  des  Berges  (i3g6  m).  Diese 
herrlichen  Wiesenteppiche  weisen  einen  erstaunlichen  Pflanzen-  und  Blütenreich- 
tum auf.  Im  Frühlinge  (Ende  April)  sind  sie  bedeckt  mit  den  zahllosen  blauen 
und  weißen  Blüten  von  Crociis  verniis  und  C.  albiflorus;  später  prangen  sie  in 
buntester  Blumenpracht.  Besonders  erwähnt  muß  werden,  daß  die  Flora  dieser 
Bergwiesen  ein  eigentümliches  Gemisch  von  Pflanzenformen  der  Karstwiesen 
mit  Voralpen-  und  Alpengewächsen  darstellt.  Zu  ersterer  Kategorie  gehören 
unter  anderem:  Narcissus  radiißorus,  Muscari  botryoides,  Asphodelus  albus,  Paeo- 
nia  pereg!-i}ia,  Polygala  nicaeensis,  Gentiana  tergestina,  Lamium  Orvala,  Trago- 
pogon  Tommasinii,  Globiilaria  Willkommü,  Genista  sagittalis.  Von  subalpinen 
und  alpinen  Arten  sind  besonders  zu  nennen:  Orchis  globosa,  Liliiun  carniolicum, 
Ra7iiincitlus platanifolhis,  Primula  Colinnnae,  Gentiana  syniphyandra  (Tafel  XXII), 
Pedicularis  Hoermanniana,  P.  acaulis,  Arnica  montana  u.  a. 

3.  Formation  der  Felsen,  des  Felsschuttes  und  der  steinigen 
Halden  in  der  Gipfelregion  des  Monte  Maggiore  (Tafel  XXI).  Unter  den  dieser 
Formation  eigenen  Pflanzen  sei  auf  folgende  hingewiesen;  Sesleria  teniiifolia, 
Stipa  pennata,  Saxifraga  Stabiana,  Eiysimum  carniolicum,  Arabis  alpina,  Kernera 
myagroides,  Corydalis  ochroleuca,  Athamanta  Mathioli,  Satureja  alpina,  Teucrium 
montanuni,  Satureja  montana,  S.  variegata,  Campanula  Tommasiniana,  Galium 
lucidum,  G.  purpureum,  Valeriana  tripteris,  Hieracium  petraeum,  Senecio  rupe- 
stris,  S.  abrotanifolius,  Helichrysum  italicum,  Cymbalaria  muralis,  Globularia 
bellidifolia,  Cephalaria  leucantha  etc. 

IL  Spezieller  Teil. 

(Reiseführer,) 

I.  Abbazia :  In  herrlicher  Lage  am  Gestade  des  Quarnerobusens  in  dem 
Lorbeerhaine  angelegt,  im  Westen  überragt  von  dem  schön  geformten  Monte 
Maggiore.  Seit  1882  im  Besitze  der  Südbahngesellschaft  und  von  dieser  zu 
einem  klimatischen  Kurorte  ausgestaltet.  Die  Parkanlagen  enthalten  prächtige 
Exemplare  südlicher  Gewächse  und  bieten  dem  vom  Norden  kommenden  Bo- 
taniker viel  Interessantes  (sehr  schöne  Koniferen,  schöne  Jucca,  Beschorneria 
yuccoides,  Cordyline,  ein  Prachtexemplar  von  Cycas  revoluta  im  freien  Lande 
am  Strandwege,  Lagerströmia  chinensis,  Magnolia  grandißora,  große  Bäume  von 
Laurus  Camphora,  Phyllostachys  nigra  und  andere  Bambuarten,  Rhynchosper- 
mum  jasminoides,  Sterculia  platanifolia,  Tecoma  radicans  etc.  ^) 

')  Über  Abbazia  vergleiche  man:  Schubert,  Der  Park  von  Abbazia  (mit  einer 
Schilderung  der  Vegetation  der  Umgebung  von  Abbazia  von  Dr.  G.  Ritter  v.  Beck). 
Wien,  A.  Hartlebens  Verlag,  1894.  —  A.  v.  Seh  w  eiger- Lerch  e  n  feld,  Abbazia. 
Idylle  von   der  Adria  (im  .selben  Verlag). 


14 

2.  Monte  Maggiore  (13967??).  Der  Aufstie^r  von  Abbazia  aus  ist  ebenso 
interessant  in  botanische/  als  in  touristischer  Beziehung.  Es  ist  eine  starlce 
Tayestour,  welche  aber  außer  einiger  Widerstandsfähigkeit  gegen  Hitze  und 
etwas  Ausdauer  kfeine  besonderen  touristischen  Fähigkeiten  voraussetzt  und 
selbst  von  kräftigen  Damen  gemacht  werden  kann;  übrigens  sind  Wagen  bis 
zum  Schutzhause  (iooo7Ji  hoch)  erhältlich^)  oder  kann  die  Tour  bei  etwaiger 
Ermüdung  auf  dem  Schutzhause  abgebrochen  werden. 

Es  dürfte  wenige  Punkte  geben,  wo  man  die  Aufeinanderfolge  der  Pflanzen- 
regionen in  vertikaler  Reihe  so  schön  verfolgen  kann  wie  gerade  auf  dieser 
Exkursion.  Vom  Meere  an  erstreckt  sich  zunächst  die  mediterrane  Flora 
nur  wenig  nach  aufwärts.  Sie  ist  hier  vertreten  durch  die  Formation  des 
Lorbeerwaldes,  welcher  auf  Seite  7  bereits  kurz  charakterisiert  wurde. 

Nach  oben  mischen  sich  schon  sommergrüne  Eichen  [Qiiercus  laniiginosa, 
Qu.  pediinculata,  Q.  sessilißora^  Qu.  Cerris)  und  Carpinus  etc.  unter  die  Lorbeer- 
bäume und  bald  betreten  wir  das  Gebiet  der  illyrischen  Karstflora:  den  Karst- 
wald. (Charakteristik  desselben  auf  Seite  10.)  Im  unteren  Teile  des  Karst- 
waldes herrschen  schöne  Eichen  und  Kastanienbäume  vor.  Durch  herrliche 
Promenadewege  ist  dieser  Teil  nach  allen  Richtungen  durchzogen  und  erhält 
dadurch  einen  parkartigen  Charakter.  Beim  Höhersteigen  gestaltet  sich  der 
Karstwald  dürftiger  und  die  Gehölze  sind  meistens  nur  strauchartig.  Hain- 
buche, Hopfenbuche,  Carpinus  duinensis,  Acer  obtusatum  herrschen  hier  vor. 
Stellenweise  treten  die  Gesträuche  weit  auseinander,  so  daß  kleine  Flächen 
dazwischen  zum  Vorschein  kommen,  die  ganz  das  Aussehen  und  die  Pflanzen- 
formen der  Karstheide  (S.  11)  aufweisen. 

So  gelangen  wir  nach  dem  Orte  Veprinac,  dessen  Kirche  malerisch  auf 
einem  den  Karst  überragenden  Hügel  thront.  Hier  erreichen  wir  die  schöne 
Chaussee^,  welche  langsam  aufsteigend  gegen  den  Monte  Maggiore  und  dann  in 
das  Innere  Istriens  führt.  Immer  noch  begleitet  uns  längs  der  Straße  der 
Karstwald  und  die  Karstheide;  stellenweise  ist  die  sonndurchglühte  Straße  von 
den  schönen  Kronen  mächtiger  Castanea-Mä-nmc  beschattet  (Tafel  XXI). 

Etwa  über  800  m  sind  erreicht  und  man  sieht  hier  bereits  Buchen  (Faiiiis 
silvatica)  auftreten:  die  subalpine  Region  beginnt.  Noch  bevor  das  Schutz- 
haus (zirka  950  ?n)  erreicht  ist,  welches  an  der  höchsten  Stelle  der  Straße  ge- 
legen ist,  schließen  die  Buchen  zu  dichten  Beständen  zusammen  (subalpiner 
Buchenwald,  siehe  Seite  12),  die  sich  fast  bis  zum  Gipfel  des  Monte  Mag- 
giore (i3g6  m)  hinauf  erstrecken  (Tafel  XXI).  Vom  Schutzhause  ist  der  Gipfel 
berjuem  in  i'^j^  Stunden  zu  erreichen. 

Die  Flora  des  Gipfels  ist  eine  spärliche,  bietet  aber  manches  Interessante; 
Die  wichtigsten  Pflanzen  sind  auf  S.  i3  bereits  genannt  worden. 


^)  Phaeton  für  2  Personen   inklusive   3  Stunden  Aufenthalt  (tour  und  retour)   26  K., 
Landauer  für  4  Personen   32    K. 


15 

Von  botanischem  Interesse  sind  die  subalpinen  Hoch  wiesen,  die  schon 
bei  zirka  looo  ;h  bis  unter  den  Gipfel  des  Berges  den  Buchenwald  unterbrechen. 
Ihr  üppiger  Pflanzenschmuck,  ist  in  allgemeinen  Zügen  S.  i3  geschildert  worden 
und  dort  die  charakteristischen  Formen  aufgezählt.  Außer  den  dort  angeführten 
Pflanzen  fand  ich  aber  zu  dieser  Jahreszeit  daselbst  noch  folgende:  Phegopteris 
Robertiana,  0?-chis  globosa,  Gentiana  a-uciata,  G.  iitriculosa,  Tommasinia  ver- 
ticillaris,  Rosa  spinosissima,  Vicia  Gerurdi,  V.  grandiflora,  Cirsium  pannonicum, 
Hj'pochaeris  maculata,  Plantago  cariuata,  Ornithogalum  Kochii,  Arnica  montana, 
Trinia  glauca,  Thesium  montamnn,  Alsine  venia,  Aira  capillaris  etc. 

Die  Besteigung  des  Gipfels  lohnt  auch  in  touristischer  Hinsicht  die  geringe 
Mühe  reichlich,  denn  die  Aussicht  von  diesem  höchsten  Punkte  Istriens  ist  (bei 
gutem  Wetter)  eine  geradezu  überwältigende,  nach  Ost  und  West  schweift  der 
Blick  über  die  hellgrünen  Buchenwälder  hin  auf  das  blaue  Meer,  zu  Füßen  des 
Beschauers  nach  Süd  und  Südwest  die  ganze  Halbinsel  Istriens  wie  eine  riesige 
Reliefkarte  ausgebreitet  mitseinen  unwirtlichen  Karstflächen  und  grünumsäumten 
Flußläufen,  nach  Südost  tauchen  aus  dem  Meere  die  Inseln  des  Quarnero  und 
dahinter  die  dalmatinischen  und  kroatischen  Hochgebirge  (Velebit  und  Ka- 
pella) auf;  nach  Norden  begrenzen  den  weiten  Horizont  der  Krainer  Schnee- 
berg und  die  Gipfel  der  Südalpen. 

3.  Pola  und  Brioni.  Von  Abbazia  gelangt  man  zur  See  je  nach  der 
Art  des  zur  Verfügung  stehenden  Dampfers  in  5 — 7  Stunden  nach  Pola.  Die 
P'ahrt  längs  der  Ostküste  Istriens  und  um  das  weit  vorgeschobene  Kap  Pro- 
montore  an  der  Südspitze  der  Halbinsel  bietet  manche  malerische  Momente, 
besonders  die  Einfahrt  in  den  Hafen  von  Pola  und  der  Blick  auf  die  prächtig 
gelegene  Stadt  von  der  See  aus  ist  sehr  interessant. 

Pola  (zirka  34.000  Einwohner)  ist  seit  1848  der  Kriegshafen  Österreichs 
und  daher  gegenwärtig  im  Emporblühen  begriffen.  Es  war  einst  eine  be- 
deutende römische  Kolonie,  wie  man  noch  aus  seinen  prächtigen  römischen 
Bauwerken  entnehmen  kann.  Im  Laufe  der  Jahrhunderte  wurde  es  durch 
Kriege  und  Pest  furchtbar  verheert. 

Für  die  Besichtigung  der  Stadt  soll  nur  wenig  Zeit  verwendet  werden. 
Einen  Überblick  über  den  Kriegshafen  mit  den  mächtigen  Kolossen  der  Kriegs- 
schiffe und  den  großartigen  Werkstätten,  Magazinen  und  Schiffsbau-Etablisse- 
ments des  k.  u.  k.  Seearsenals,  die  teils  am  Festlande,  teils  auf  der  kleinen 
Insel  Scoglio  Olivi  gelegen  sind,  erhält  man  schon  bei  der  Einfahrt  in  den 
Hafen,  jedoch  wird  der  kurze  Aufenthalt  kaum  Gelegenheit  bieten,  diese  und 
andere  Sehenswürdigkeiten  im  Detail  anzusehen.  Jedenfalls  sollen  aber  die 
wichtigsten  der  Bauwerke  aus  der  römischen  Kaiserzeit  besichtigt  werden, 
durch  welche  Pola  berühmt  ist:  der  zierliche  Tempel  des  Augustus  und 
der  Roma  (errichtet  8  n.  Chr.),  der  auffallend  gut  erhalten  ist,  der  malerische 
Triumphbogen  der  vSergier   (3o  v.  Chr.),  die  Porta  Gemina   und   das  groß- 


i6 

artige  Amphitheater,  das  einzige  im  Außenbau  erhaltene  römische  Theater. 
—  Sollte  noch  einige  Zeit  verfügbar  sein,  so  soll  noch  ein  Spaziergang  auf 
den  Monte  Zarro  unternommen  werden.  Daselbst  die  Seesternwarte  und 
das  hydrographische  Amt.  Herrliche  Aussicht  auf  die  Stadt,  den  Hafen  und 
die  Brionischen  Inseln.  Am  Fuße  die  prächtigen  Anlagen  von  San  Policarpo 
(vulgo  Marinepark)  mit  schönen  Exemplaren  von  Cedriis  Deodara,  C  Libani, 
Wellingtonia  gigantea,  Aiicuba  japonica,  Prunus  Lauroc er asus,  Cnpressus  macro- 
carpa,  Magnolia  grandifolia  etc. 

Brioni  (die  Brionischen  Inseln:  Brion  Minore,  Brion  Majore, 
Wanga  und  einige  Felsklippen,  sogenannte  «Skoglien»)  wird  von  Pola  ver- 
mittels des  Festungstenders  der  Kriegsmarine  oder  von  Fasana  per  Barke 
in  etwa  einer  Stunde  erreicht.  Noch  vor  wenigen  Jahren  war  Brion  Majore 
ein  unwirtliches  Eiland  und  wegen  der  dort  herrschenden  Malaria  kaum  be- 
wohnbar; gegenwärtig  ist  es  durch  die  Energie  und  rastlose  Tätigkeit  des 
Besitzers  Herrn  Kupelwieser  einer  der  gesündesten  und  reizendsten  Punkte 
des  österreichischen  Küstenlandes  und  steht  im  Begriffe,  ein  wichtiger  klima- 
tischer Kurort  zu  werden.  Brioni  ist  durch  Herrn  Kupelwieser  in  muster- 
gültiger Weise  bewirtschaftet,  besitzt  ein  gutes  Hotel,  Wasserleitung,  Seebad^ 
elektrisches  Licht,  große  Wein-  und  Olivenkulturen  ^)  und  bedeutende  Molkerei. 
Überall  durchschneiden  schöne  Wege  das  Eiland  und  geleiten  zu  einigen  Aus- 
sichtstürmen mit  entzückenden  Rundblicken.  Die  höchsten  Punkte  sind  von 
Forts  gekrönt  (das  höchste  das  Fort  Tegetthoff  ^j.  Was  die  Insel  für  den  Bo- 
taniker überaus  interessant  macht,  ist  die  fast  überall  im  Urzustände  befind- 
liche Vegetation.  Wohl  kaum  an  einem  zweiten  Punkte  ist  die  mediterrane 
Flora  so  prächtig  entwickelt  wie  hier. 

Der  größte  Teil  der  Insel  ist  mit  ursprünglichen  Macchien  bedeckt 
(vgl.  S.  6)  und  werden  die  Exkursionsteilnehmer  hier  reichlich  Gelegenheit 
haben,  sich  über  das  charakteristische  Aussehen  und  die  Zusammensetzung 
dieser  merkwürdigen  Formation  zu  belehren.  Einen  besonderen  Schmuck 
erhält  die  Macchie  zur  Zeit  des  Besuches  (Juni)  durch  die  mit  weißen  und 
purpurnen  Blüten  übersäten  C/i7!/5-Büsche  Cistiis  monspeliensis  und  C.  villosiis ; 
C.  salviaefolhis  ist  zumeist  verblüht)  und  die  süß  duftenden  goldgelben  Blüten- 
massen von  Spartium  junceum  (Tafel  X).  Ferner  blühen  in  der  Macchia  :  Loni- 
cera  etrusca,  L.  implexa,  Rosa  sempervirens,  Coronilla  Emeroides,  Clematis  Flam- 
mula  etc. 

Wo  die  Macchia  lichter  ist,  in  den  schütteren  Hainen  von  Quercus  Hex, 
auf  freien  Plätzen   und  an  den  Wegen  ist  eine  reiche  Flora  von  krautigen  und 


^)  Die  Weine  von  Brioni  gehören  zu  den  edelsten  südländischen  Sorten. 

^)  Die  nächste  Umgebung  der  Forts  darf  nicht  betreten  werden  und  ist  das 
Photographieren  in  der  Nähe  derselben  strengstens  verboten,  worauf  besonders  auf- 
merksam gemacht  werden   muß,   um   Unannehmlichkeiten   zu   vermeiden. 


17 


halbstrauchigen  Gewächsen  \orhancltin. 
besonders  folgende  auf:  ^) 

Asplenium  Adiantiim  nignim 

—  Trichomanes 
Ceterach  officinale 
Dactylis  hispanica 
Holcus  mollis 
Bri:{a  maxima 
Aegilops  ovata 
Ariindo  Donax 
Bromus  sterilis 
Brachypodiuni  pinnatiim 

—  distachyon 
Vulpia  Myiirus 

—  ciliata 
Loliiim  perenne 
Ory^opsis  virescens 
Arena  barbata 
Scleropoa  rigida 
Cynosuriis  echinatus 
Koehleria  phleoides 
Carex  flacca 
Arum  italiciim 
Ruscus  aculeatus 
Asparagus  aciitifolius 
Ornithogalum  comosum 
Tamus  communis 
Gladiolus  segetum 
Epipactis  microphylla 
Serapias  longipetala 
Anacamptis  pyramidalis 
Adonis  ßammea 
Nigella  damascaena 
Ranuncidus  aquatilis  (in  einem 

Teiche) 
Clematis  vitalba 

—  Flammula 
Myagriim  perfoliatum 
Raphanus  Raphanistrum 
Lepidium  campestre 
Diplotaxis  tenuifolia 
Sinapis  alba 
Arabis  hirsuta 
Papaver  Rlioeas 
Fumavia  officinalis 
Rumex  pulcher 


Zur  Zeit  des  Besuches  der  Insel  fallen 


Silene  longißora 

—  gallica 
Silene  inßata 

—  italica 
Arenaria  leptocladus 
Poterium  Sanguisurba 
Potent illa  recta 
Hypericum  perforatum 
Liniim  nodißorum 

—  gallicum 

—  strictum 

—  narbonense 

—  tenuifolium 
Althaea  hirsuta 
Malva  silvestris 
Erodium   malacoides 
Geranium  cohimbinum 

—  purpureum 
Sediim  boloniense 
Crassula  rubens 
Coronilla  cretica 

—  varia 
Bonaveria  Securidaca 
Vicia  glabresceos 

—  gracilis 

—  hirsuta 
Trifolium  nigresccns 

—  lappaceum 

—  maritimum 

—  Cherleri 

—  agrarium 

—  stellatum 
Anthyllis  Dillenii 
Dorycnium  herbaceum 
Lotus  angustissimus 

—  cytisoides 
Ononis  reclinata 
Hippocrepis  comosa 
Lathyrus  sphaericus 
Medicago  orbicularis 

—  minima 
Torilis  heterophylla 
Orlaya  grandißora 
Bupleurum  aristatum 


^)  Alle  Pflanzen    des    folgenden    Verzeichnisses    wurden    vom  Verfasser   selbst  auf 
Brioni  im  Juni  beobachtet. 

Exkursion  in  das  östcrreiclüschi;  Küstenland.  2 


i8 


Tordrliiim  apiilitm 
Oenanthe  Lachenalii 
Ptychotis  ammioideJ- 
Eryngium  campestre 

—  amethrstiniim 
Parietaria  diffusa 
Parietaria  officinalis 
Passerina  anmta 
Euphorbia  Pinea 

—  falcata 
Anagallis  arvensis 
Campanula  Rapunculus 

—  patula 
Specularia   hybrida 
Erythraea  Centaurium 

—  maritima 
Clilora  perfoliata 
Convolvulus  cantabrica 
Solanum  Dulcamara 
Hyoscyamus  niger 
Globularia  Willkommii 
Anchusa  italica 
Cynoglossum  pictum 
Orobanche  Picridis 
Kickxia   Elatine 
Veronica  peregri7ia 

—  Tournefortii 


Scrophularia  canina 

—  peregrina 
Staclns  italica 
Tencrium  ßavum 

—  Polium 
Sideritis  romana 
Prunella  laciniata 

—  vulgaris 
Satureja  hortensis 
Rubia  peregrina 
Sherardia  arvensis 
Galinm  cruciata 

—  Aparine 
Crucianella  latifolia 
Valerianella  eriocephala 
Dipsacus  silvestris 
Sonchus  asper 
Chondrilla  juncea 
Crepis  tectorum 

—  vesicaria 
Urospermum  picrioides 
Anthemis  altissima 
Achillea  virescens 
Tlirincia  tuber osa 
Pallenis  spinosa 
Zacyntha  verrucosa 
Helichrrsum  italicum 


Auch  die  Seestrandflora  ist  stellenweise,  besonders  an  den  flachen  Ge- 
staden der  tief  eingeschnittenen  Buchten,  sehr  schön  entwickelt.  Es  seien  hier 
folgende  Pflanzen  genannt,  die  zur  Zeit  des  Besuches  der  Insel  gut  entwickelt 
sind:  Cynodon  Dactylon,  Jiincus acutus,  Arthrociiemuni  macrostachyinn,  Salicornia 
herbacea,  S.  friiticosa,  Beta  maritima,  Atriplex  (Halimus)  portidacoides,  Siiaeda 
mai-itima,  Plantago  carinata,  P.  Coronopus,  Statice  Limonium,  St.  cancellata, 
Erythraea  inaritima,  Medicago  marina,  Vitex  Agnus  castus  (Tafel  XIII)^  Crith- 
mum  maritimum,  Eryngium  maritimum,  Euphorbia segetalis,  Inulaviscosa,  I.  crith- 
moides  etc.  (vgl.  Tafel  XI,  XII.) 

Die  Meeresalgenflora  an  den  Küsten  Brionis  ist  eine  reiche;  ich  fand 
unter  anderem  hier  große  Mengen  von  Valonia  und  das  seltene  Sargassum 
Hornschuchii. 

Die  Moosflora  der  Insel  ist  keine  reiche,  wie  überhaupt  im  mediterranen 
Gebiete,  aber  man  findet  hier  einige  interessante  südliche  Arten;  als  besondere 
Seltenheit  sei  erwähnt  das  von  mir  daselbst  aufgefundene  Astomum  Levieri.  Die 
Pilzflora  ist  im  Sommer  arm,  erwähnt  seien  Tulostoma  mammositm  und  Clathrus 
cancellatus. 

4.  Triest.  Die  Seefahrt  von  Pola  (respektive  Fasana)  bis  Triest  dauert 
je  nach  dem  Schiffe  4 — 8  Stunden  und  ist  bei  schönem  Wetter  äußerst  genuß- 


19 

reich.  Die  Westküste  Istriens  mit  ihren  malerisch  gelegenen  Küstenorten  zieht 
wie  eine  Wandeldekoration  vorüber.  Der  Dampfer  legt  in  Rovigno  auf 
wenige  Minuten  an,  wo  sich  die  deutsche  zoologische  Station  (Direktor  Dr. 
Schaudinn)  befindet.  Nördlich  von  Rovigno  wird  die  Mündung  des  fjord- 
artig eingeschnittenen  Canale  di  Lerne  passiert,  welcher  als  scharfe  pflanzen- 
geograpliische  Grenze  zwischen  Nordistrien  und  dem  ganz  der  Mediterranflora 
angehörigen  Süden  bemerkenswert  ist.  Die  Orte  Parenzo,  Cittanuova  werden 
von  den  meisten  Dampfern  angelaufen,  dann  geht  die  Fahrt  um  die  Punta 
vSalvore  (westlichster  Punkt  Istriens)  in  den  Golf  von  'Priest,  wo  das  Schiff 
eventuell  noch  in  Fi  ran  o  und  Capodistria  anlegt,  um  dann  in  den  prächtigen 
Hafen  von  Triest  einzulaufen. 

Tri  est  (150.000  Einwohner,  mit  dem  Stadtgebiete  zirka  200.000)  ist  der 
bedeutendste  Hafenort  Österreichs  und  des  ganzen  Adriatischen  Meeres. 

Die  wichtigsten  wissenschaftlichen  Institute  und  Sammlungen  Triests 
sind:  I.  Das  Museo  Civico  Ferdinando  Massimiliano  (auf  der  Piazza 
Lipsia),  gegründet  1846.  Publikation:  Atti  del  civico  Museo  di  storia  naturale; 
mit  sehr  sehenswerten  Sammlungen  betreffend  die  Fauna  und  Mineralien  des 
Küstenlandes,  den  für  die  Flora  desselben  grundlegenden  Herbarien  von  To  m- 
masini,  Biasoletto,  Marchesetti,  E.  Braig  und  Peter  Kammerer  und 
den  großartigen  prähistorischen  Sammlungen  (Direktor  Dr.  C.  Marchesetti). 
2.  Der  botanische  Garten  (Direktor  Dr.  C.  M  arc  hesetti).  3.  Die  k.  k.  zoo- 
logische Station  auf  dem  Paseggio  di  S.  Andrea),  gegründet  1875.  Besitzt 
i3  Räume  mit  3ü  Arbeitsplätzen  zu  wissenschaftlichen  Arbeiten,  eine  physio- 
logische und  eine  chemische  Abteilung,  zoologische  und  botanische  Typen- 
sammlung, Aquarium,  ein  Segelboot  und  eine  Motorbarkasse  etc.  Jährlich 
werden  Kurse  über  Anatomie,  Entwicklungsgeschichte  und  Biologie  der  Meeres- 
tiere und  Meeresalgen  abgehalten.  Die  Station  versorgt  alle  österreichischen 
zoologischen  und  botanischen  Institute  mit  lebendem  und  konserviertem  Mate- 
riale  von  Meerestieren  und  Meeresalgen  (Direktor  Prof.  Dr.  C.  J.  Cori).  4. 
Sternwarte.  —  5.  Museo  Civico  Revoltella  (Kunstsammlungen).  6.  Bib- 
lioteca  Civica.  7.  Museo  Civico  d'Antichitä  (Piazza  Lipsia).  8.  Museo 
lapidarioTriestinoedaquileiense  fauf  der  Altstadt  gegenüber  dem  Dome; 
auf  dem  Friedhofe  nebenan  Winckelmanns  Grab).  9.  Naturwissenschaftliche 
Vereine:  Societä  adriatica  di  scienze  naturali  («Bolletino»).  Societä  agraria 
(Publikation:  L'amico  dei  campi). 

Ausflüg-e  von  Triest. 

5.  Opcina.  Von  der  vStadt  mit  Tramway,  dann  elektrische  Zahnradbahn. 
Auf  der  Höhe  (333;«)  Flora  der  Karstheide.  Auffallende  Pflanzen  sind  unter 
anderen:  Genista  sericea,  G.  silvestris,  Jurinea  viollis,  Biiphthalmum  salicifolium, 
Paeonia  peregrina,  Onosma  stellulatum,  Crepis  chondrilloides,  Rhamnus  rupestris, 

2* 


Daphne  alpina,    Cotinus  Coggyg7-ia,  Osti-ya  carpinifolia.     Das  meiste  Interesse 
nehmen  aber  hier  die  prächtig  stehenden  Kulturen  von  Pinus  nigra  in  Anspruch. 
Vom  Opcina  genießt//nan  einen  überwältigenden  Ausblick  über  den  Golf 
von  Triest,  auf  die  Stadt  und  ihren  Hafen. 

6.  Miramar.  Das  herrliche  kaiserliche  Schloß  mit  prachtvollem  Park, 
den  gärtnerische  Kunst  auf  den  wüsten  Karstfelsen  anzulegen  vermochte,  ist 
eine  Sehenswürdigkeit  ersten  Ranges.  Eine  große  Zahl  südlicher  Gewächse 
erfreut  hier  das  Auge.  Immergrüne  Eichen,  Lorbeer,  Zypressen,  Schwarz- 
föhren, große  Bäume  von  Camellia  u,  a.  bilden  die  Waldbestände  des  Parkes, 
die  üppigen  Hecken  sind  von  Evonymus  japonica  und  Pittosporiifn  Tobira  ge- 
bildet. Dazwischen  Blumenbeete  und  manche  interessante  exotische  Pflanze. 
Die  Mauern,  Felsen  und  Baumstämme  sind  allenthalben  mit  Epheu  bekleidet, 
auf  dessen  Wurzeln  Orobanche  Hederae  in  großen  Massen  schmarotzt.  Hie  und 
da  sieht  man  im  Waldschatten  Trupps  von  Centrosis  abortiva.  Die  Klippen  im 
Meere  unterhalb  des  Schlosses  gehören  zu  den  an  Algen  reichsten  Punkten  im 
Golfe  von  Triest. 

Die  Gemächer  des  Schlosses  können  auf  Verlangen  besichtigt  werden. 

Miramar  wird  von  Triest  mittels  Lokaldampfer  erreicht.  Zurück  auf  der 
Straße  zu  Fuß  bis  nach  Barcola  (etwa  45  Minuten).  An  der  Straße  Flora  der 
Strandklippen  und  mediterrane  Ruderalflora  (siehe  S.  8).  Es  seien  hier  nur 
folgende  Pflanzen  erwähnt:  Sparthini  jiinceum,  Annido  Donax,  Foenicuhini  diilce, 
Cynodon  Dactylon^  Lepturus  inciirvatus,  Coronopus  pi-ot  umbens,  Plantago  mari- 
tima, Centranthus  ruber,  Apocynum  venetum,  Crithmiim  inaritimum,  Iniila  vis- 
cosa,  Helminthia  echioides.    Von  Barcola  in  die  Stadt  mit  Tramway. 

7.  Duino  und  Quelle  des  Flusses  Timavo  (Halbtagsausflug  ^). 
Duino,  im  Norden  des  Golfes  von  IViest  gelegen,  wird  von  Triest  mit  der 
Bahn  erreicht.  Vom  Bahnhofe  Duino-Sistiana  etwa  eine  halbe  Stunde  über 
ziemlich  wüstes  Karstterrain  zum  kleinen  Orte  Duino  mit  einem  wohlerhaltenen 
jüngeren  und  der  malerischen  Ruine  eines  alten  Schlosses  in  entzückender 
Lage  auf  einer  steilen  Felsenklippe  am  Meere.  Am  Wege  dahin  Karstheiden- 
flora (besonders  Paliitrus  australis,  vgl.  Tafel  VI)  und  Ruderalflora  (Centaurea 
calcitrapa,  Carduus  pycnocephalus,  Scrophularia  canina  etc.).  Botanisch  inter- 
essant ist  Duino,  weil  hier  die  meisten  Gewächse  der  Mediterranzone  ihre 
Nordgrenze  erreichen.  Die  Höhen  am  Meere  bergen  macchienartige  Busch- 
wälder von  Qjuercus  Hex  und  Pista^ia  Terebinthus,  durchflochten  von  Smilax  aspera 
und  an  lichten  Stellen  mit  Osyris  alba,  Convolvulus  cantabrica,  Clematis  Flam- 
mula  etc.  Zwischen  diese  mediterranen  Gewächse  mischen  sich  aber  zahlreiche 
Vertreter  der  illyrischen  Karstflora  wie  Cotinus  Coggygria,  Riita  divaricata,  Dic- 
tamnus   albus,    Onosma  ecchioides,   Satureja  montana,    Teucrium  montanum  etc. 


')  Diese   Exkursion   wird,   falls   die   Zeit  des   Triestiner  Aufenthaltes  knapp  werden 
sollte,   ausfallen. 


Von  Duino  aus  kann  die  Quelle  des  sagenuinvvol)enen  Flusses  Timavo 
besucht  werden  (eine  halbe  Stunde  entfernt).  Derselbe  wird  schon  von  den  römi- 
schen Schriftstellern  (Virgil,  Strabo,  Plinius,  Livius,  Martial,  Cornelius 
Nepos)  beschrieben.  Die  Mythe  berichtet,  daß  hier  die  Argonauten,  nachdem 
sie  ihr  Schiff  über. Land  getragen  hatten,  das  Meer  erreichten.  Wenn  auch 
der  Timavo  seit  dem  Altertume  sein  Aussehen  sehr  verändert  und  viel  von 
seiner  einstigen  Großartigkeit  eingebüßt  hat,  so  ist  er  doch  immer  noch  höchst 
interessant.  Unter  einer  felsigen  Böschung  entquillt  das  Gewässer  als  mächtiger 
Bach  der  Erde,  um  sich  nach  einem  Laufe  durch  Sumpfterrain  von  etwa  i  km 
ins  Meer  zu  ergießen.  Man  hält  den  Timavo  für  die  Mündung  des  Flüßchens 
Reka,  welches  meist  unterirdisch  fließend  weiter  oben  die  großartigen  Grotten 
von  St.  Canzian  bildet.  In  botanischer  Beziehung  ist  der  Besuch  des  Timavo 
minder  interessant.    Am  Wege  dahin  einige  Karstwiesen. 

S.  Zaulc  (Station  der  Lokalbahn  Triest — Parenzo).  Die  aufgelassenen 
Salinen  dortselbst  bieten  Gelegenheit,  die  Flora  der  Salzsümpfe  kennen  zu 
lernen.  Von  Triest  mit  Lokaldampfer  nach  Muggia  und  von  dort  auf  der 
Straße  in  großem  Bogen  um  die  Bucht  von  Muggia  nach  Zaule  (etwa  ^/^  Stunden). 
Auf  diesem  Wege  mediterrane  und  kosmopolitische  Ruderalpflanzen  und  Hecken- 
pflanzen, z.  B.  Aegilops  triaristata,  Chrysopogon  Gryllus,  Koehleria  gracilis,  Poa 
trivialis,  Rumex  pulcher,  Orlaya  grandißora,  Plantago  carinata,  Althaea  canna- 
bina,  Aristolochia  Clematitis,  Melavipyrimi  barbatuui,  Vicia  glabrescens,  V.  tenui- 
folia,  Trifolium  rubeus,  Plantago  carinata,  Onosma  echioides  etc. 

Knapp  vor  Zaule  biegt  man  von  der  Straße  links  gegen  das  Meer  ab.  Die 
höheren  Stellen  sind  von  üppigen  Wiesen  («Strandwiesen»  nach  Beck)  ein- 
genommen, die  allmählich  nach  abwärts  Übergänge  zu  der  eigentlichen  Halo- 
phytenformation  (Salztriftenformation  nach  Beck)  zeigen. 

Die  Ende  Mai  auffallenden  Pflanzen  der  Strandwiesen  sind  an  höheren 
Stellen :  Orchis  coriophora,  O.  incarnata,  O.  laxißora,  Anacamptis  pyramidalis, 
Ophrys  arachnites,  O.  apifera,  Serapias  longipetala,  Gladiohis  illyriciis,  Gratiola 
officinalis,  Genista  tinctoria;  an  tieferen  Stellen:  Eqiiisetum  maximwn,  E.  ramo- 
sissimum,  Atropis  festucaeformis,  Phragmites  communis,  Brachypodiuni  pinnatiim, 
Carex  distans,  C.  extensa,  Holoschoenus  vulgaris,  Schoenus  nigricans,  Heleocharis 
iiniglumis,  Jiincus  acutus,  J.  Gerardi,  J.  maritimus,  Triglochin  maritimum, 
Samohis  Valerandi,  Plantago  Cornuti,  Tetragonolobus  siliquosus  etc.  Die  eigent- 
liche Halophytenflora  nimmt  die  tiefsten  Stellen  ein,  welche  zeitweise  über- 
schwemmt werden.  Eine  spärliche  Vegetation  deckt  kaum  vollständig  den 
salzigen  Schlamm;  es  bilden  hier  eine  eintönige  Massenvegetation:  Atriplex 
portulacoides,  Salicornia  fniticosa,  Inula  crithmoides,  Artemisia  caerulescens, 
Spergularia  marginata,  Statice  Limonium  und  Juncus  maritimus. 

Die  Rückfahrt  nach  Triest  kann  mit  der  Bahn  erfolgen. 

9.  Grado  und  Belvedere  (starke  Tagestour).  Von  Triest  nach  Grado 
mit  Dampfer  2 — 3  Stunden.    Grado  ist  ein  P'ischerstädtchen  mit  zirka  4000  Ein- 


wohnern  und  liegt  auf  einer  der  südlichsten  Inseln,  welche  die  Lagune  des 
Isonzo  von  der  offenen  See  trennen.  Gegenwärtig  ist  Grado  auch  als  Seebad 
wegen  seines  prächtigen  Flachstrandes  beliebt.  Am  Badestrande  kann  man 
zur  Zeit  der  Ebbe  hübsche  Meeresalgen  und  angespülte  Exemplare  von  Zostei'a 
marina,  Posidonia  oceanica  und  Cymodocea  nodosa  sammeln. 

Von  Grado  aus  ist  eine  ungemein  lohnende  Exkursion  nach  dem  ein- 
samen Finanzwachhause  «Rotte»  zu  unternehmen.  Man  durchquert  auf  dem 
nach  Nordost  und  dann  nach  Südost  laufenden  Damme  die  Lagunen  und  kann 
hier  die  Salzsumpfflora  in  prächtiger  Entwicklung  studieren.  Außer  den 
meisten  für  diese  Flora  charakteristischen  oben  für  Zaule  angeführten  Halophyten 
findet  man  hier  noch  eine  Reihe  anderer,  so:  Agropyruin  litorale,  Asparagus 
maritimuSj  Junciis  acutus,  Arthrocnemuin  macrostachyum,  Atriplex  roseus,  Salsola 
Soda,  Statice  caspia,  Althaea  officinalis,  Taviarix  gallica  und  T.  africana  (letztere 
kultiviert). 

Für  das  Studium  der  Flora  der  mediterranen  Düne  und  des  san- 
digen Meeresstrandes  (Tafel  XI,  XII)  dürfte  man  kaum  irgendwo  einen 
günstigeren  Punkt  finden  können,  als  das  Gestade  bei  «Rotta».  Die  Flora  auf 
dem  beweglichen  Dünensande  und  am  Strande  ist  schütter,  aber  verhältnis- 
mäßig artenreich;  die  charakteristischesten  Pflanzen  sind  hier:  Etjuiseluui  ramo- 
sisshnwn,  Phleum  arenarium,  Psamma  arenaria,  Cynodon  Dactylon,  Agropyruin 
litorale,  Erianthus  Ravennae,  Vulpia  nniglumis,  Holoschoenus  vulgaris,  Schoemis 
mucronatus  (^=  Cj^perus  capitattis).  Seh.  nigricans,  Jiincus  acutus,  Juniperus  com- 
munis, Clematis  Flammula  var.  marititna,  Brassica  oleracea  (vielleicht  verwildert)^ 
Cakile  maritima,  Medicago  marina,  HeliantJiemum  obscurum  var.  angustifolium, 
H.  Fumana,  Glaucium  flavum,  Lininn  tenuifolium,  Silene  inflata,  Echinophora 
spinosa,  Eryngium  maritimum,  Plantago  arenaria,  Euphorbia  Paralias,  Teucrium 
Polium,  T.  Chamaedr-ys,  Stachys  recta,  Calystegia  Soldanella,  Asperula  cynan- 
chica,  Scabiosa  agrestis,  Tragopogon  majus,  Scolymus  hispanicus  etc.  Verwildert: 
Allium  Cepa,  A.  fistulosum,  Oenothera  biennis.  Angepflanzt  zur  Festigung  der 
Düne:  Pinus  halepensis,  P.  Pinea,  Robinia  pseudacacia,  Platanus  orientalis,  Alnus 
glutinosa,  Populus  nigra,  Tamarix  gallica  (die  letzten  drei  vielleicht  wild). 

Wenn  der  Aufenthalt  auf  der  Exkursion  nach  «Rotta»  nicht  zu  sehr  ver- 
längert wird,  so  reicht  die  Zeit  noch  aus,  um  am  selben  Tage  den  Pinienhain 
von  Belvedere  zu  besuchen. 

Man  erreicht  das  jenseits  der  Lagune  am  Festlande  genau  nördlich  von 
Grado  gelegene  Örtchen  entweder  mit  dem  «Lagunendampfer»  oder  mit 
Fischerbooten  (Fahrt  je  nach  Wind  2  Stunden  oder  mehr).  Die  Fahrt  durch 
die  Lagune  ist  ganz  anders  bei  Ebbe  und  bei  Flut.  Im  ersteren  Falle  sind 
überall  Schlammbänke  und  ganze  Wiesen  von  Zostera  marina  freigelegt  und 
nur  die  die  Lagune  durchfurchenden  Kanäle  sind  mit  Wasser  gefüllt.  Zur  Flut- 
zeit gleicht  die  Lagune  einem  fast  ununterbrochenen  Wasserspiegel  (Tafel  XI 
unten"). 


23 

Der  Pinienhain  vonBelvedere  (Tafel  I)  ist  von  Interesse,  weil  er  auf 
österreichischem  Gebiete  der  einzige  Rest  der  früher  sicher  weiter  verbreiteten 
ursprünglichen  Pinienwälder  ist.  Es  ist  ein  schütterer  Wald  von  meist  mächtigen 
Stämmen  dieser  durch  seine  schirmförmige  Krone  in  der  südlichen  Landschaft 
so  sehr  charakteristisch  hervorstechenden  Holzart,  der  sich  auf  einem  Sand- 
hügelterrain erhebt.  Der  Grund  des  Haines  birgt  eine  Flora,  die  nicht  viel 
Charakteristisches  bietet,  es  sind  zumeist  Wiesenpflanzen.  Ende  Mai  fielen  mir 
hier  auf:  Orchis  coriophora,  Ophrys  arachnites,  Anacamptis  pyramidalis,  Cam- 
pamila  sibirica,  Koehleria  gracilis,  Dactylis glomerata,  Spiraea  Filipendula,  Globit- 
lat'ia  Willkoinmii,  Andropogon  Grylhis,  Euphorbia  nicaeensis,  Galiiim  lucidum 
und  im  Unterholze  Lonicera  Etrusca.  An  feuchteren  Stellen  bei  Belvedere 
blühte  in  Masse  Arum  italiciim. 

Die  Wanderung  bis  zur  Bahnstation  Villa  Vicentina  (ii  km)  auf  schnur- 
geraden schattenlosen  Straßen  durch  die  fruchtbare  Landschaft  Friaul  ^)  mit 
ihren  Rebengeländen  und  großen,  reichen  Bauernhöfen  dürfte  für  tüchtigere 
F'ußgänger  ein  ganz  angenehmer  Marsch  sein,  zumal  da  die  Strecke  in  den 
Abendstunden  zurückgelegt  wird.  Bequemere  Exkursionsteilnehmer  müssen 
sich  von  Grado  aus  telegraphisch  Wägen  aus  Aquileja  nach  Belvedere  be- 
stellen oder  können  bis  Aquileja  zu  Fuß  gehen  und  den  Rest  der  Strecke 
{dkm)  mit  dort  aufgenommenen  Wägen  zurücklegen.  Die  Stadt  Aquileja^) 
muß  ohne  Aufenthalt  passiert  werden.  Diejenigen,  auf  welche  die  Sehens- 
würdigkeiten (uralter  Dom,  spärliche  Reste  römischer  Bauwerke,  das  archäo- 
logische Staatsmuseum  mit  sehr  sehenswerten  Sammlungen  und  zwei  archäo- 
logischen Sammlungen  im  Privatbesitze)  genügende  Anziehungskraft  ausüben, 
müßten  in  Aquileja  übernachten  und  am  nächsten  Vormittage  nach  Triest 
nachkommen. 

lo.  Divaca  und  St.  Canzian.  (Ganztagstour.)  Dieser  Ausflug  gilt  dem 
Studium  der  Karstflora  und  der  Besichtigung  der  Grotte  von  St.  Canzian, 
die  zweifellos  eine  der  großartigsten  der  zahlreichen  Karsthöhlen  ist.  Von 
'Priest  per  Bahn  nach  Divaca,  einem  kleinen  slowenischen  Orte  mit  schlechter 
Unterkunft,  aber  einer  äußerst  typischen  Karstlandschaft  ringsumher. 

Die  Dolinen,  jene  für  den  Karst  so  charakteristischen  bald  ganz  flach 
muldenförmigen,  bald  tieferen  trichterförmigen  Einsenkungen  (Tafel  X,  XVII) 
können,  hier  in  allen  Formen  studiert  werden.    Auf  der  Wanderung  von  Divaca 


')  Ist  kein  politischer  Bezirk,  sondern  man  bezeichnet  damit  den  teils  auf  ita- 
lienischem, teils  auf  österreichischem  Gebiete  gelegenen  Teil  der  lombardischen  Tief- 
ebene, welche  von  dem  Volksstamme  der  Friauler  oder  Furlaner  bewohnt  wird,  welche 
sich  durch  Sprache  und  Sitten  von  den  Italienern  unterscheiden. 

^)  Aquileja  war  zur  römischen  Kaiserzeit  eine  Weltstadt  von  etwa  500.000  Ein- 
wohnern, wurde  452  von  den  Hunnen  verwüstet  und  erholte  sich  nie  mehr  von  diesem 
Schlage;  gegenwärtig  ist  es  ein  Städtchen  mit  zirka  2000  Einwohnern  und  ungesundem 
Klima  (Trinkwasser  zu  meiden!). 


24 

nach  St.  Canzian  begegnen  wir  bei  dem  kleinen  Örtchen  Unter-Lesece  einer  ganz 
flachen  großen  Doline,  deren  ganz  sanft  geneigte  Böschung  mit  prächtiger 
Karstwiese  bedeckt  ist  ('^gh  allgemeines  darüber  S.  ii).  Ende  Mai  1904  wurde 
diese  Wiese  besucht.  Schon  von  weitem  leuchtete  sie  gelb  von  den  zahllosen 
blühenden  Exemplaren  von  Alectorolophus  Fi'eynii  und  A.  mino}-;  außerdem 
wurden  daselbst  beobachtet:  Bromiis  erectus,  Bri:^a  minor,  Orchis  Morio,  Ane- 
mone montana,  Anthyllis  vulneraria,  Hippocrepis  comosa,  Trifolium  viontanum, 
Thlaspi  praecox,  Rapistrum  rugosiim,  Silene  inßata,  Linum  catharticiim,  Polygala 
nicaeensis,  Euphorbia  verrucosa,  Trinia  glauca,  Thesium  intermedium,  Th.  divari- 
catum,  Salvia  pratensis,  Ajuga  genevensis,  Orobanche  lutea  (auf  Medicago),  Vero- 
nica  multifida,  Plantage  carinata,  Globularia  Willkommii,  G.  bellidifolia,  Carduus 
collinus  (=  candicans),  Tragopogon  Tommasinii,  Scon^onera  villosa,  Senecio 
lanatus,  Leucanthemum  montanum  etc. 

Weiterhin  führt  der  Weg  an  verschiedenen  sehr  charakteristischen  «Cultur- 
dolinen»  vorbei,  von  denen  eine  Tafel  XVII  abgebildet  ist ;  der  Grund  der  letzte- 
ren zeigt  Getreide-  und  Gemüsebau  und  dazwischen  eine  Kultur  von  Pflaumen- 
bäumen (Prunus  domestica). 

Die  Karstflächen,  über  welche  der  Weg  hinführt,  weisen  meistens  die 
Formation  der  Karstheide  (siehe  S.  11)  auf.  Die  meisten  der  dort  für  diese 
Formation  als  charakterisch  angeführten  Pflanzen  sind  hier  zu  finden.  Stellen- 
weise ist  aber  die  Vegetation  so  dürftig,  daß  der  zerklüftete  Karstkalk  fast 
ganz  nackt  zutage  liegt,  dazwischen  nur  spärliche  Büsche  von  Juniperus  com- 
munis, Rhamnus  rupestris,  Alyssum  montanum,  Genista  sericea,  Ferulago  nodi- 
üora  etc.  (Tafel  IX). 

Hie  und  da  sieht  man  auch  kleine  Parzellen  von  Karstwald  in  dem 
Ostrya  carpinifolia,  Fraxinus  Orniis,  Acer  campestre,  Prunus  Mahaleb  vor- 
herrschen ;  am  Grunde  sind  hie  und  da  Ornithogalum  Kochii  und  Scor:^onera 
austriaca,  Inula  ensifolia,  Thesium  divaricatum  etc. 

Von  den  Dolinen  mit  senkrecht  abstürzenden  Steilwänden  ist  die  groß- 
artigste die  «Grottendoline»,  an  deren  Rande  der  kleine  Ort  St.  Canzian 
malerisch  gelegen  ist  und  in  welcher  die  Eingänge  in  die  Grotten  liegen.  Nicht 
weit  von  dieser  liegt  eine  zweite  kleinere  Doline  mit  Steilwänden,  an  denen 
Primula  auricula  var.  Bauhini  und  Saxifraga  incrustata  wachsen. 

Der  Weg  führt  am  steilsten  Abstürze  der  Grottendoline  vorbei  und  von 
hier  («Stephaniewarte»)  hat  man  einen  großartigen  Blick  in  die  Doline.  Unter 
sich  an  dem  senkrechten  Felsabsturze  sieht  man  Büsche  von  Sesleria  tenuifolia, 
goldgelbblühende  Genista  sericea  und  Saxifraga  incrustata. 

Man  begibt  sich  zuerst  nach  dem  Weiler  Mattaun,  wo  man  im  Wirts- 
hause die  Eintrittskarten  und  den  Führer  für  die  Grotte  erhält.  Die  Wande- 
rung durch  die  Grottendoline,  oft  auf  schmalen  Pfaden  längs  der  senkrechten 
Felswände  und  über  die  tosenden  Gewässer  am  Grunde  der  Doline,  bietet 
Ausblicke  von  unbescln  eiblicher  Großartigkeit  und  ist  botanisch  höchst  inter- 


25 


Aus  der  Grottendoline  bei  St.  Canzian:  Eingang  in  die  «Schmidl-Grotte». 
(Nach  einer  käuflichen  Photograpliie.j 

essant,  indem   maü  hier  die  eigentümliche  Erscheinung  der  «Uml<:ehrung  der 
Pflanzenregionen»  beobachten  kann.  ^) 


')  In  tiefen  Dolinen  (z.  B.  in  der  «Smrekova  Draga»  im  Ternowanerwalde)  folgen 
vom  Rande  nach  abwärts  auf  die  Pflanzen  der  baltischen  die  der  subalpinen  und  am 
Grunde  sogar  der  alpinen  Flora  (Legföhrenbüsche)  genau  wie  an  einem  höheren  Gebirge 
vom  Fuße  gegen  den  Gipfel. 

Exkursion  in  das  österreichische  Küsteukmd.  3 


26 

Die  sonnigen  Hänge  der  Doline  sind  mit  Karstwald  bedeckt,  die  schat- 
tigen feuchten  Stellen  bei  den  Eingängen  in  die  Grotten  und  der  Grund  der 
Doline  weisen  eine  stattliche  Reihe  von  baltischen  Elementen  auf,  die  hier  wohl 
sicher  als  glaziale  Relicte  eine  Zufluchtstätte  gefunden  haben.  ^) 

Die  vv'underbaren  Grotten,  welche  durch  den  teilweise  unterirdischen 
Lauf  des  Flusses  Reka  gebildet  werden^  imponieren  durch  ihre  gewaltigen 
Dimensionen  und  die  Ursprünglichkeit  ihres  gegenwärtigen  Zustandes  und  bilden 
eine  Sehenswürdigkeit  ersten  Ranges;  die  Stalaktiten  weisen  hier  nicht  die 
Massenhaftigkeit  und  Zierlichkeit  auf  wie  in  den  Grotten  von  Adelsberg,  der 
Gesamteindruck  der  Grottendoline  und  der  gigantischen  Grotten  ist  aber  ein 
überwältigender,  dem  sich  nicht  viele  Naturwunder  würdig  an  die  Seite  stellen 
lassen. 

Da  die  Unterkunft  in  Divaca  recht  schlecht  ist,  so  wird  es  angezeigt  sein, 
per  Bahn  nach  Triest  zurückzukehren  und  den  letzten  der  geplanten  Ausflüge 
von  dort  aus  zu  unternehmen. 

II.  Adelsberg,  nicht  mehr  im  Küstenlande,  sondern  in  Krain  gelegener 
Marktflecken  von  zirka  1800  Einwohnern,  weltberühmt  durch  seine  wunder- 
volle Tropfsteingrotte,  die  jährlich  von  tausenden  von  Reisenden  bewundert 
wird.  Für  den  Botaniker  ist  die  Flora  des  Schloßberges,  eines  schön  ge- 
formten, den  Ort  überragenden  Hügels  (676  nz),  von  großem  Interesse,  weil 
man  sich  hier  an  der  Grenze  der  illyrischen  Karstflora  und  der  baltisch-sub- 
alpinen Flora  befindet  und  die  Elemente  beider  Gebiete  hier  in  sehr  eigentüm- 
lichem Durcheinander  auftreten. 

Von  typisch  illyrischen  Pflanzen  (Pflanzen  des  Karstwaldes  und  der 
Karstheide)  seien  genannt:  Fraxinus  Onuis,  Ostrya  carpinifolia,  Prunus  Maha- 
leb,  Rhamnus  rupestris,  Rh.  carniolica,  Hellebo?-us  odorus  und  dessen  Var.  viulti- 
fidiis,  Lamium  Orvala,  Aspat-agiis  tenuifoUus,  Aj-emonia  agrimonioides,  Aristo- 
lochia  pallida,  Globularia  bellidifolia,  Laburmun  alpinum,  Daphne  alpina.  (I3ie  drei 
letztgenannten  sind  nach  Beck  «illyrisch  südalpin».) 

Von  nicht  gerade  für  die  illyrische  Karstflora  charakteristischen,  doch 
gelegentlich  in  derselben  auftretenden  Pflanzen  wachsen  hier  unter  anderen: 
Carpinus  Betulus,  Rhamnus  pumila,  Rh.  Mulleyana  (Rh.  carniolica  X  pumila, 
hier  der  Original-Standort),  Rh.  saxatilis,  Polygala  comosa,  Globularia  Will- 
kommii,  Hippocrepis  comosa,  Genista  sagittalis,  Coronilla  vaginalis,  Aethionema 
saxatile,  Amelanchier  vulgaris,  Soi-bus  Aria,  Arabis  Turrita,  A.  arenosa,  Euphor- 
bia polychroma. 

Von  baltischen  und  ba  1  tisch -s  ubal  pi  n  en  Arten  sind  zu  nennen: 
Salix  Capraea,  Rhamnus  cathartica,  Plantago  lanceolata,  OrcJiis  mascula,  Tha- 
lictrum  aquilegifolium,  Moehringia  muscosa,  Galium  verum,  Arabis  hirsuta,  Peu- 
cedanum  oreoselinum  etc.  Angepflanzt  sind:  Pinus  nigra  und  Robinia  Pseudacacia. 


^)  Über  die  Flora  vgl.  Führer  I,  S.  67. 


Führer  zu  den  wissenschaftlichen  Exkursionen 


des 


IL  internationalen   botanischen   Kongresses, 

Wien   1905. 


III. 

EXKURSION 

in  die 

O    S    T  A    L    P    E    N. 

Von 

Dr.  Fritz  Vierhapper 

und 

Heinrich   Freih.  von  Handel -Mazzetti. 


Mit  Tafel  XXXIII,  XXXVI— LH  und  5  Textabbildungen. 


Wien,  1905. 

Im   Selbstverlage   des   Organisations-Komitees. 

Druck  von  Adolf  Holzhausen  in  Wien. 


III. 

Exkursion  in  die  Ostalpen. 

Von 

Dr.  Fritz  Vierhapper 

und 

Heinrich  Freih.   von  Handel-Mazzetti. 

(Mit  Tafel  XXXIII,  XXXVI  — LH  und  5   Textabbildungen.) 


Einleitung. 

Dem  Bedürfnisse,  es  dem  Teilnehmer  an  der  Exkursion  durch  die  Ost- 
alpen, iüv  welche  der  vorliegende  Führer  bestimmt  ist,  nicht  nur  zu  ermöglichen, 
die  charakteristischen  Pflanzengenossenschaften  und  eine  erhebliche  Anzahl 
von  Arten  kennen  zu  lernen,  sondern  ihm  auch  in  großen  Zügen  ein  Bild  der 
Vegetation  und  Flora  des  ganzen  Gebietes  zu  entwerfen,  entspricht  die  Gliede- 
rung des  Buches  in  einen  allgemeinen  und  einen  speziellen  Teil.  Während 
demgemäß  in  letzterem  auf  eine  detaillierte  botanische  Charakteristik  der  be- 
suchten Örtlichkeiten  besondere  Sorgfalt  verwendet  wurde,  enthält  der  erstere 
nebst  einer  kurzen  allgemeinen  Übersicht  eine  ausführlicher  gehaltene  Schil- 
derung der  pflanzengeographischen  Verhältnisse  der  gesamten  Ostalpen  sowohl 
nach  ökologischen  als  auch  floristischen  Gesichtspunkten, 

Der  Abschnitt  über  die  Faktoren  wurde  mit  besonderer  Berücksichtigung 
des  eben  im  Erscheinen  begriffenen  Sc  hröterschen  Werkes,^)  das  Kapitel 
über  den  Bau  der  Pflanzen  hauptsächlich  auf  Grund  der  in  den  allgemeinen 
Handbüchern  von  Schimper^)  und  Warming^)  enthaltenen  Angaben  verfaßt. 
In  der  Auffassung  der  Vegetationsformen  sind  wir,  allerdings  mit  einigen  prin- 


1)  C.  Schröter,    Das   Pflanzenleben   der  Alpen,    I.  u.   2.  Lief.,   Zürich    1904,    1905, 

2)  A.  F.  W.  S  c  h  i  m  p  e  r,  Pflanzengeographie  auf  physiologischer  Grundlage,  Jena  1 898. 
^)  E.  Warming,   Lehrbuch   der  ökologischen  Pflanzengeographie.     Deutsche  Ans- 
ähe, 2.  Auflage.    Übersetzt  von  E.  K  noblauch,  bearbeitet  von  P.  Gräbner,  Berlin  1902. 

Exkursion  in  die  Ostalpen.  ' 


zipiellen  Abweichungen,  Drude  gefolgt.  Daß  die  Formationen  vom  physio- 
gnomischen  Standpunkte  aus  ^)  gruppiert  wurden,  wird  hoffentlich  nicht  übel- 
genom.men  werden,  wenn  man  bedenkt,  daß  ja  der  erste  Eindruck,  den  die 
Pflanzenwelt  irgend  eines  Gebietes  in  jedem  hervorruft,  der  es  das  erste  Mal 
betritt,  gerade  durch  ihre  Physiognomie  bedingt  wird.  Bei  der  detaillierten 
Schilderung  der  F'ormationen  wurden  neben  den  Arbeiten  von  Beck,^)  Engler,^) 
Kerner*)  etc.  vielfach  eigene  Erfahrungen  verwertet.  Die  Darstellung  im 
statistisch-historischen  Teile  basiert  auf  den  allgemein  herrschenden,  durch 
Christ,^)  Engler,  ^)  Kerner^)  etc.  begründeten  Anschauungen.  InderNomen- 
klatur  und  Schreibweise  der  Namen  haben  wir  uns  im  allgemeinen  an  Fritschs 
«Exkursionsflora»  ^)  gehalten. 

Möge  demnach  dieses  Buch  allen  denjenigen,  welche  es  bei  einer  Reise 
durch  die  Ostalpen  als  botanischen  Wegweiser  benützen  wollen,  während  der 
Tour  wirklich  ein  Führer  sein,  nachher  aber  eine  Quelle  angenehmer  Erinne- 
rungen. 


')  Man  vergleiche  Grisebach,  Die  Vegetation  der  Erde,  Leipzig  1884. 

^)  G.  V.  Beck,  Flora  von  Hernstein,  Wien  1884;  Flora  von  Niederösterreich, 
Wien   1890—1893. 

^)  A.  Engler,  Die  Pflanzenformationen  und  die  pflanzengeographische  Gliederung 
der  Alpenkette  (Notizblatt  des  kgl.  bot.  Gartens  und  Museums  Berlin,  Leipzig  1901). 

■*)  A.  Kerner,  Das  Pflanzenleben  der  Donauländer,  Innsbruck   i863. 

*)  A.  Christ,  Über  die  Verbreitung  der  Pflanzen  der  alpinen  Region  der  euro- 
päischen Alpenkette,  Basel   1866. 

*)  A.  Engler,  Versuch  einer  Entwicklungsgeschichte  der  Pflanzenwelt,  I,  Leip- 
zig 1879. 

')  A.  Kerner,  Studien  über  die  Flora  der  Diluvialzeit  in  den  östlichen  Alpen 
(Sitzungsber.  der  kais.  Akad.  d.  Wissensch.  in  Wien,  Bd.  97),  Wien   1888  usw. 

*)  K.  Fritsch,  Exkursionsflora  für  Österreich,  Wien   1897. 


I.  Allgemeine  Schilderung  des  Gebietes. 

A)  Allgemeine  Übersicht. 

Von 

H.  Freih.  v.  Handel-Mazzetti. 

I.  Lage. 

Unter  den  europäischen  Hochgebirgen  nehmen  die  Alpen,  wenn  man  vom 
Kaukasus  absieht,  sowohl  an  Ausdehnung  als  auch  an  Höhe  den  ersten  Platz 
ein.  An  der  ligurischen  Bucht  des  Mittelmeeres  als  Fortsetzung  des  italienischen 
Apennins  beginnend,  wenden  sie  sich  in  mächtigem  Bogen,  die  französisch-ita- 
lienische Grenze  bildend,  gegen  Norden,  sodann  durch  die  Schweiz  und  Öster- 
reich in  gerader  Linie  gegen  Ostnordost  bis  zum  ungarischen  Tieflande  und 
den  im  Südosten  anschließenden  illyrischen  Gebirgen,  mit  einer  Gesamtlänge 
von  über  looo  und  einer  größten  Breite  von  250  km.  Durch  eine  im  geologi- 
schen Bau  begründete,  vom  Bodensee  an  der  Grenze  zwischen  Österreich 
und  der  Schweiz  ungefähr  gegen  Südwesten  verlaufende  Linie  trennt  man  zwei 
ziemlich  gleichgroße  Teile,  Westalpen  und  Ostalpen,  von  einander.  Die 
letzteren,  in  politischer  Hinsicht  den  österreichischen  Kronländern  Ober-  und 
Niederösterreich,  Steiermark,  Salzburg,  Krain,  Kärnten  und  Tirol,  mit  ihren 
Rändern  auch  Deutschland  (Bayern)  und  Italien  angehörend,  bilden  das  Ziel 
dieser  Exkursion. 

2.  Geologischer  Grundriß.") 

Vier  im  allgemeinen  parallele  Kettensysteme,  die  Zentralalpen,  die 
südliche^)  und  nördliche  Kalkzone  und  die  Flysch-  (vSandstein-)  Zone 
lassen  sofort  Faltung  als  den  Hauptfaktor  der  Gebirgsbildung  erkennen.  Im 
allgemeinen  wurden  sämtliche  Schichten  vom  Silur  bis  zur  Kreide  und  dem 
älteren  Tertiär  zu  verschiedenen  Zeiten,  zum  ersten  Male  mit  Sicherheit  im 
Karbon,  von  der  Faltung  betroffen.  Verhältnismäßig  ungestört  blieben  nur 
die  sogenannten  Dolomitalpen  Südtirols.  Die  zuerst  und  am  höchsten  auf- 
gerichtete Zentralkette  wurde  später  bis  auf  die  Kernpartien  (krystallinische 
Schiefer,  Gneis,  streckenweise  Granit  und  Diorit)  denudiert,  doch  sind  kleinere, 
hauptsächlich  triassische  Kalkinseln  an  zahlreichen  Stellen  erhalten  geblieben. 
Zu  beiden  Seiten  dieser  Kette  schieben  sich   in  verschiedener  Breite  die  so- 


')  Neumayr.  Erdgeschichte,   2.  Aufl.  v.  Uhlig,  I,  S.  357—364,  II,  S.  492—501. 
-)   In   den  Westalpen   ist   diese  niedergebiochen   und   völlig  verschwunden. 

I* 


genannten  Grauwackenzonen  ein,  Sedimente  der  Silur-,  Devon-  und  Karbon- 
formation von  teilweise  metamorphem  Habitus.  Ihre  weichen  Tonglimmer- 
schiefer bieten  Gelegenheit  für  die  Bildung  der  Haupttäler  und  auch  der  be- 
deutendste Paß  der  Ostalpen,  der  Brenner,  ist  auf  eine  solche  Zone  zurück- 
zuführen. Effusivgesteine  finden  sich  in  nennenswerter  Ausdehnung  nur  in 
Südtirol.  In  der  Umgebung  von  Bozen  wurde  in  altpermischer  Zeit  eine  mächtige 
Masse  roten  Quarzporphyrs  gefördert,  und  in  die  Triasperiode  fallen  im 
Fassatal  und  den  südlichsten  Teilen  der  Kalkalpen  Ergüsse  von  Augitpor- 
phyren,  die  heute  zwischen  den  Sedimenten  liegen,  oder  sehr  charakteristische 
Gebirgskämme  aus  steilen  dunklen  mit  Massen  von  Bomben  durchsetzten  und 
niemals  scharfkantigen  Felsen  bilden.  Die  Granitmassen  der  Adamellogruppe 
und  der  Cima  d'Asta  liegen  abseits  unserer  Reiseroute  und  seien  hier  nur  er- 
wähnt. 

3.  Hydrographische  Verhältnisse. 

Die  bedeutendsten  Flüsse  folgen  der  Grenze  der  Zentralalpen  gegen 
die  beiderseitigen  Kalkzonen.  An  der  Nordseite,  aus  der  Schweiz  kommend, 
der  Inn,  dann  die  vSalzach  und  Enns;  sie  durchbrechen  alle,  nach  Norden  um- 
biegend, in  mehr  oder  minder  tief  eingeschnittenen  Quertälern  die  Kalkkette 
sowie  die  der  ganzen  Nordseite  vorgelagerte  tertiäre  Sandsteinzone  und  eilen 
der  Donau  zu.  Weiter  östlich  fließt  auf  ein  kurzes  Stück  die  Mur,  dann  die 
Mürz  in  der  Grauwackenzone,  die  mit  dem  Semmeringpaß  am  Rande  des 
Wiener  Beckens  endet.  Alle  diese  Täler  haben  eine  Durchschnittshöhe  von 
zirka  600  m  und  sind  durch  ganz  niedere  Einsattelungen  miteinander  verbunden: 
Paß  Grießen,  Ebensattel  und  Schobersattel.  An  der  Südseite  fällt  die  Gesteins- 
grenze größtenteils  mit  dem  Laufe  der  Drau  zusammen,  deren  Längstal  durch 
das  Toblacher  Feld  (1204  m)  mit  der  in  den  Eisack  mündenden  Rienz  ver- 
bunden ist.  Dagegen  fließt  die  Etsch  mit  dem  Eisack  von  den  Zentralalpen,  die 
durch  Brüche  vielfach  gestörten  Porphyr-  und  Kalkmassen  durchbrechend,  in 
tiefliegendem  (durchschnittlich  250  m)  Quertale  genau  gegen  Süden  durch  die 
Poebene  in  das  Adriatische  Meer. 

Die  Seitentäler  sind  sämtlich  durch  Erosion  erzeugt,  ihr  Verlauf  daher 
durch  die  Härte  des  Gesteins  beeinflußt.  Da  die  Kalke  der  Erosion  großen 
Widerstand  entgegensetzten,  richten  sich  die  Paralleltäler  nördlich  des  Inn  nach 
den  Faltenmulden,  während  östlich  davon  die  Täler  der  Saalach,  Traun,  Steyr, 
Salza,  Ybbs  u.a.,  von  lokalen  Details  beeinflußt,  sich  in  unregelmäßigen 
Windungen  meist  nach  Norden  wenden,  der  Abfall  gegen  die  Grauwacken- 
zone aber  nur  kurze  Bachläufe  aufweist.  In  den  Südalpen  ziehen  vom  Dolomit- 
massiv die  Täler  nach  allen  Richtungen:  nach  Norden  Rienz,  Enneberg-  und 
Sextental,  westlich  zum  Eisack  Villnösser-,  Grödner-,  Tierser-  und  Eggental, 
zur  Etsch  der  Avisio,  im  Oberlaufe  das  Fassatal  bildend,  und  gegen  Südost 
Buchensteiner-    und  Ampezzanertal.    Ähnliche  Erscheinungen    zeigen  auch  die 


unserer  Exkursion  fernliegenden  südöstlichen  Teile.  —  Ganz  anders  sind  die 
Verhältnisse  in  den  Zentralalpen,  wo  die  Bäche  in  dem  weichen  Schieferge- 
stein auf  dem  geradesten  Wege  die  nächste  Längsfurche  erreichen  können 
und  daher  nahezu  parallel  verlaufen.  Ötztal,  Silltal  mit  dem  Stubaitale  (von 
Südwest),  Zillertal,  Großache  und  die  Täler  der  Tauern  sowie  zahllose  unter- 
geordnete Wasserläufe  ziehen  genau  gegen  Norden.  Am  Südabfalle  verlaufen 
noch  das  Passeier-  und  Sarntal  geradlinig,  während  östlich  des  Eisack  eine 
gefaltete  Südkette  der  Zentralalpen  das  Iseltal,  Mölltal  und  weiter  das  Gurktal 
gegen  Osten  abdrängt.  Geradezu  modellartig,  oft  in  gleichen  Abständen  von 
einander,  treffen  die  allerletzten  Verzweigungen  normal  auf  diese  Täler. 

Die  größeren  Seen  des  Alpengebietes,  sämtlich  langgestreckte  Fluß- 
seen, liegen  nahe  den  Rändern  des  Gebirges;  im  Bereiche  unserer  Reise  der 
Achensee  in  Nordtirol,  der  Zellersee  und  die  Seen  des  Salzkammergutes  (z.  B. 
Mondsee,  Wolfgangsee,  Hallstättersee)  in  Salzburg  und  Oberösterreich. 

4.  Orographische  Verhältnisse. 

Die  nördlichen  Kalkalpen  werden  durch  die  Quertäler  der  Flüsse  in 
scharf  getrennte  Gruppen  geschieden.  Im  Westen  schließen  an  das  Wetter- 
steingebirge (2964  »z)  und  die  Miemingerkette  die  vier  Parallelketten  des  Kar- 
wendels  (±2600 — 2700  m),  die  bis  zum  Achensee  (925  m)  reichen.  Östlich 
davon  verläuft  das  Sonnwendgebirge  (2250  ni)  allmählich  in  die  bayrischen  Vor- 
alpen. Jenseits  des  Inns  bildet  noch  das  Kaisergebirge  (it  23oo  m)  Ketten, 
dann  aber  beginnen  in  Salzburg  mit  den  Leoganger  Steinbergen  massige,  pla- 
teauartige Gebirgsstöcke.  Im  Osten  Tirols  besitzt  die  «Grauwackenzone»  ihre 
größte  Breite  und  bildet  die  Tonschieferberge  der  Kitzbüheler  Alpen 
(±  2000 — 23oo  m).  Die  Kalkzone  besteht  weiter  aus  den  Loferer  Steinbergen, 
dem  Hochkönig  (2960  »7)  und  dem  Hagengebirge;  zu  den  nördlichen  Aus- 
läufern gehört  hier  der  Untersberg  bei  Salzburg  (1975  m).  Über  der  Salzach 
folgt  das  Tennengebirge  und  die  mächtige  Dachsteingruppe  (2960  m),  dann 
das  Tote  Gebirge  und  der  Priel.  Nördliche  Ausläufer  trennen  die  Seen  des 
Salzkammergutes,  so  Schafberg,  Höllengebirge,  Traunstein^  (+  1700  —  igoo  m) 
u.a.  Östlich  der  Enns  und  des  Prebichlsattels  (1212  »j)  liegt  der  H  ochschwab 
(2269  m),  dann  die  Raxalpe  und  der  Schneeberg  (zirka  2000  m)  mit  ihren  Vor- 
bergen. 

Die  Zentralalpen  bilden  eine  zusammenhängende  Kette  mit  oft  sehr 
bedeutenden  Seitenkämmen  und  sind  im  westlichen  Teile  stark  vergletschert. 
Der  breite  Stock  der  Ötztaler  und  Stubaier  Alpen  (±3200 — 36oo  ?n  Kamm- 
höhe) mit  den  südöstlich  anschließenden  Sarntaler  Bergen  reicht  bis  zur  Ei- 
sack-Sill-Linie,  welche  durch  die  tiefe,  aber  schmale  Senkung  des  Brenner- 
passes (1374  "0  markiert  ist.  Östlich  schließt  der  Tuxerkamm  an,  durch  das 
Pfitscherjoch  (223i  m)   vom  Hauptmassiv    der  Zillertaler  Alpen   (i  2800 — 


3500  m)  o-etrennt.  Vom  Beginne  der  Hohen  Tauern  leitet  nördlich  der  Ger- 
lospaß (1457m)  zur  Grar/wackenzone  über.  Ein  südlicher  Parallelzug  bildet  die 
Rieserfernergruppe,  während  der  Hauptkamm  in  noch  größerer  Höhe  über  die 
Venedigergruppe  zum  Glockner  zieht.  Südlich  zweigt  die  Schober-  und  Kreuz- 
eckgruppe ab.  Nun  nimmt  die  Höhe  bedeutend  ab;  es  folgen  Sonnblick  und 
Ankogel,  dann  die  Arischarte  (2251  m)  und  Hafnergruppe.  Der  nunmehr  eis- 
freie Rücken  gabelt  sich  in  die  in  i  23oo — 2700  in  Höhe  nördlich  der  Mur  strei- 
chenden Niederen  Tauern,  die  mit  dem  vSekkauer  Zinken  am  Schobersattel 
enden,  und  eine  südliche  Kette,  die  sich  abermals  teilt  und  einen  von  der  Mur 
durchbrochenen  Zug  in  immer  geringerer  Höhe  bis  zum  Wechsel  (1738  m)  an 
der  niederösterreichischen  Grenze  entsendet. 

In  den  Südalpen  erreichen  die  letzten  Ausläufer  der  Adamello-  und 
Ortlergruppe  (Ortler  3902  m)  mit  der  Mendel  und  im  Süden  der  Brenta- 
gruppe  die  Etsch.  Die  mittelgebirgartige  Quarzporphyrdecke  leitet  zu  den 
sogenannten  Dolomiten  über,  die  in  zahlreiche  unregelmäßig  angeordnete 
blockförmige  Gruppen  zerfallen.  Ein  deutliches  Zentrum  bildet  die  Sella- 
gruppe  (±2900—3100  m),  die  wenig  niedrigere  Äste  nach  Südwest  zum 
Schiern  und  Rosengarten,  nach  Norden  zum  Peitlerkofel  entsendet  und  im 
Südosten  durch  den  aus  Augitporphyr  bestehenden  Padonrücken  und  Fedaja- 
paß  mit  der  Marmolata  (336o  )n)  verbunden  ist,  an  die  sich  südlich  die  Pala- 
gruppe  und  weiter  das  Granitmassiv  der  Cima  d'Asta  anschließt.  Gegen  Osten 
hängt  die  Sellagruppe  einerseits  mit  Pelmo  und  Civetta,  andererseits  mit  Fanes- 
gruppe  und  Tofana  zusammen.  Die  trennenden  Pässe  haben  ±  1900 — 2100  »2 
Höhe.  Östlich  des  Ampezzotales  liegt  der  Cristallo-  und  Sorapisstock  und 
die  Sextener  Dolomiten  (±2900 — 3200  m).  Jenseits  der  Grau wackenzone 
der  Karnischen  Alpen  beginnen  mit  der  Spitzkofelgruppe  die  Gailtaler 
Alpen.  Diese  beiden  Ketten  sowie  weiter  die  mächtige  Triglavgruppe  u.  a. 
liegen  bereits  weit  abseits  von  unserer  Route. 

5.  Landschaftlicher  Charakter.^) 

Die  heutigen  Detailformen  der  Landschaft  sind  in  den  Alpen  in  erster 
Linie  auf  die  Wirkung  der  eiszeitlichen  Vergletscher  ung,  dann  auf  nach- 
trägliche Wassererosion  und  Verwitterung  zurückzuführen.  Bekanntlich 
waren  in  der  Diluvialperiode  nicht  nur  der  Norden  Europas,  sondern  auch  die 
Alpen  zeitweise  von  mächtigen  Eismassen  bedeckt,  die  sich  an  vielen  Stellen 
weit  über  das  Vorland  ausbreiteten  und  die  Erscheinungen  der  heutigen 
Gletscher  in  mächtig  vergrößertem  Maßstabe  aufwiesen.    Die  Eiszeiten  selbst 


^)  Penck  und  Brückner,  Die  Alpen  im  Eiszeitalter.  —  Frech,  Über  das  Antlitz 
der  Tiroler  Zentralalpen  (Zeitschrift  des  D.  u.  Ö.  Alpenvereins  igoS,  S.  i— 3i).  —  Neu- 
mayr-Uhlig,    Erdgeschichte,   II,    S.  441-427.    —    Diener,    Bau  und    Bild    der    Alpen. 


sowie  diese  Erscheinungen  zu  besprechen,  ist  hier  niclit  der  Platz,  doch  sollen 
die  heute   noch  sichtbaren  Wirkungen  kurz  erörtert  werden.     Am  Nordrande 
der  Alpen,  insbesondere  in  der  bayrischen  Hochebene  und  in  geringerem  Maße 
noch  in  den  österreichischen  Ländern  bilden  zahlreiche  Endmoränen  aus  den 
verschiedenen  Stadien  des  Abschmelzens  Hügel,  deren  gerundete  Formen,  von 
Wäldern   und   Kulturen  bedeckt,   sich   von   den  Höhenzügen  der  anstoßenden 
denudierten  Tertiärablagerungen  zuweilen  sehr  gut  abheben.    Weiter  aufwärts 
in  den  Alpentälern   lagerten  die  Gletscher  in   immer  größerer,    looo  ?«   oft  er- 
reichender Mächtigkeit.    Ihre  alles  Darunterliegende  abschleifende  Bewegung 
gab  den  Talhängen  die  heutige  Gestaltung:  runde  F'ormen  mit  nicht  allzu 
steiler  Neigung  und,  wo  in  höheren  Lagen  der  Fels  zutage  tritt,  glatte  Wand- 
flächen^  die  lange  der  Verwitterung  standhielten.   Auch  die  Kare,  sanfte  Mulden, 
die  oft  reihenweise   an   den  Flanken  der  Gebirgskämme  eingesenkt  sind  und 
mitunter  kleine  Hochseen  tragen^  wurden  durch  die  Tätigkeit  des  Eises  erzeugt. 
Wo  beim  Erreichen  der  Ebene  das  Gefälle  der  Eismassen  plötzlich  aufhören 
mußte,   wurden    durch   die   hier    selbstverständlich    am  mächtigsten  wirkende 
Korrosion  die  Becken  der  Alpenseen   ausgeschliffen.     In   der  Talsohle    und 
den    nächstliegenden    Partien   setzte   der  Gletscher  mächtige   Schuttmassen 
als  Grundmoränen  ab,  zu  denen  sich  noch  verschiedene   Endmoränen  gesellen. 
Durch  nachträgliche  Erosion  zum  Teile  umgeformt,  bilden  sie  heute  im  Verein 
mit   den    Anschwemmungen    der  Gletscherbäche  die    anmutigen    Terrassen, 
welche,   meist   von  Wiesen   und  Ackern  bedeckt,   die  allermeisten   Alpentäler 
zieren.     Noch  mächtigere  Ablagerungen  sind  die  fluviogl  azialen   «Mittel- 
gebirgsterrassen»,  wie  wir  sie  z.  B.  im  Inntale  finden.    Sie  wurden  in  einem 
Eissee  abgesetzt,  zu  dem  der  Fluß  über  3oo  m  hoch  aufgestaut  war.    Weniger 
fallen  alte   Moränen  in  höheren   Regionen   ins   Gewicht,  wo   sie  Höcker  und 
Dämme  bilden,   die  dem  Entstehen   der  besten  Alpenweiden   förderlich   sind. 
Beim  Abschmelzen  der  eiszeitlichen  Gletscher  begannen  die  mächtigen 
der  Ebene  zuströmenden  Wassermassen  sich  in  die  Grundmoränen  einzu- 
graben und  so  die  Talsohlen  meist  in  ziemlicher  Breite  zu  vertiefen.   Oft  betraf 
diese  Erosion  auch  das  anstehende  härtere  Gestein;   dann  entstanden  engere 
Talschluchten,    die    vielen   Haupttälern    der    Alpen    ihr    charakteristisches 
Profil  geben.   An  allen  größeren  F'lüssen  werden  ausgedehnte  Sand-  und  Ge- 
röllbänke    durch    wiederholte    Überschwemmungen     stets    frisch    erhalten. 
Kleine    Seitentäler  zeigen  in  der  Regel  dasselbe  Bild:  am  Ursprung   eine 
mehr   oder  minder   ausgeprägte   Mulde,   an   den  Steilhängen   des   Mittelteiles 
meist    Felsen    oder    Schutthalden  bloßgelegt,   dem    Ausgange  endlich    ein    oft 
ausgedehnter  Schwemmkegel  vorgelagert,   der  zur  Anlage  einer  Ortschaft 
gewöhnlich    willkommene   Gelegenheit   bot.     Zwei   Fälle    modifizieren    diesen 
Typus.   Konnte  eine  das  Tal  querende  Felswand  nicht  durchnagt  werden,   so 
stürzt  das  Wasser  darüber  herab,  es  entstehen  Wasserfälle,  die  in  den  Alpen 
so  ungemein  häufig  sind  und  mit  Recht  zu  den  schönsten  Naturerscheinungen 


gezählt  werden.  Wenn  aber  der  Bach  den  harten  Fels  in  geringer  Breite 
senkrecht  durchsägte,  so  ist  das  Resultat  ein  kluftartiger  Felsschlund,  eine 
Klamm,  wie  solche  wegen  ihrer  Großartigkeit  bereits  an  vielen  Punkten  zu- 
gänglich gemacht  wurden. 

Den  Bergformen  prägt  der  Unterschied  zwischen  Kalk  und  Schiefer 
einen  unverwischbaren  Gegensatz  auf.  In  tieferen  Lagen  vermag  allerdings 
die  Vegetation  die  Verschiedenheiten  zu  verdecken,  doch  treten  sie  auch  dort 
an  den  Wänden  steiler  Erosionstäler  deutlich  hervor.  Schon  in  der  Farbe 
kontrastieren  die  bald  hellgrauen  bald  blendendweißen  Kalke  scharf  gegen  den 
Glimmerschiefer  und  Phyllit,  deren  schwarzgrauer  Ton  stets  einen  düsteren 
Eindruck  macht.  Noch  auffallender  sind  aber  die  Unterschiede  in  den  Haupt- 
zügen der  Bergformen,  die  durch  verschiedene  Härte  des  Gesteins  be- 
dingt sind.  Die  welchen  Schieferberge  bilden  Formen,  die  gerade  durch 
ihre  Einfachheit  imponieren,  meist  mehr  oder  weniger  deutliche  Pyramiden, 
deren  Flanken  die  Faltung  der  Gesteinsmassen  deutlich  aufschließen.  Im 
Gegensatze  dazu  zeigen  die  Kalkberge  im  allgemeinen  Blockform;  furchtbar 
steile  Wände  konnten  sich  erhalten,  deren  Stufen  die  Grenzen  zwischen  den 
verschiedenen  Formationen  bezeichnen. 

Erst  an  jenen  Partien,  welche  stets  als  «Nunataker»  die  eiszeitlichen 
Gletscher  überragten,  treten  die  charakteristischen  Formen  des  Hochgebirges, 
in  erster  Linie  schmal  z  u  g  eschärfte,  dachähnliche  G  rate,  auf.  Die  Atmo- 
sphärilien wirkten  hier  ununterbrochen  zerstörend,  die  eigentliche  Verwit- 
terung gibt  diesen  höchsten  Regionen  ihr  Gepräge.  An  der  Seite  des  stärksten 
Wetteranpralles,  in  den  Alpen  Norden  und  Nordwesten,  wo  sie  am  intensivsten 
vor  sich  geht,  entstehen  die  steilsten  Felshänge.  Die  rauhen  Kalkfelsen 
bröckeln  kleinweise  ab;  abenteuerlich  gestaltete  Türme,  Zähne  und  Pfeiler 
bilden  die  ruinenartigen  Gipfel.  Jedes  Gefrieren  der  Niederschläge  in  den 
Spalten  sendet  einen  Hagel  von  Steinen  zutal,  die  sich  als  endlose  blendende 
Geröllhalden  am  Fuße  der  Felsen  ansammeln.  Auf  Hochflächen  versinkt  das 
Regenwasser,  jeden  Humus  mitschwemmend,  in  das  klüftereiche  Gestein;  daher 
stellen  solche  Kalkplateaus  vielfach  öde  Steinwüsten  dar.  Bei  geringer  Nei- 
gung wirkt  abfließendes  Niederschlagswasser  zersetzend  stets  in  denselben 
Furchen,  die  vertieft  werden  und,  durch  messerscharfe  Kanten  getrennt,  be- 
sonders in  den  Nordalpen  die  charakteristischen  Karren  bilden.  Die  Schiefer- 
felsen zeigen  plattige  Oberfläche;  der  Spaltenfrost  trennt  meist  ganze  Partien 
vom  Hange  ab;  wie  die  Gipfel  bilden  sie  pyramidenartige  Zacken.  Die 
Grathöhe  ist  oft  durchlöchert  oder  geborsten;  große  Gesteinsmassen  hängen 
über  dem  Abgrund,  jederzeit  zum  Sturze  bereit.  Platten-  oder  stangenförmige 
Trümmer  bedecken  die  Hänge,  werden  aber  in  Mulden  unter  der  winterlichen 
Schneelast  zu  einem  pflasterartigen  Gefüge  zusammengedrückt. 

Die  Höhen  über  ±  3ooo  ;n  gehören  der  Schneeregion  an.  Kleine 
Gletscher  und  die  Firnmulden  der  größeren  füllen  hier  die  Kare  aus   und 


ziehen  sich  zu  den  Seh  nee  graten  der  höchsten  Gi[)fel  hinan.  Die  Gletscher- 
zungen reichen  durchschnittlich  bis  zirka  2500  nz,  ausnahmsweise  noch  bedeutend 
tiefer  herab.  Auch  sonst  überdauern  speziell  als  Lawinen  abgerutschte  Schnee- 
massen oft  in  tieferen  Lagen  den  Sommer.  In  den  Zentralalpen  gegen  Osten 
bis  zum  Hafner  ist  die  Vergletscherung  ganz  allgemein,  während  in  den  Kalk- 
zonen nur  Zugspitze,  Hochkönig,  Dachstein  und  Marmolata  ansehnliche  Eis- 
felder tragen.  Die  Detailerscheinungen  kennen  zu  lernen,  bietet  unsere  Reise 
kaum  Gelegenheit;  sie  sollen  daher  hier  unerwähnt  bleiben. 

6.  Klima.  ^) 

Ganz  Mitteleuropa,  somit  auch  das  Alpengebiet,  ist  durch  ein  Klima 
charakterisiert,  das  den  Übergang  vom  Seeklima  des  Westens  zum  konti- 
nentalen des  Ostens  bildet.  Die  Wärme  Verhältnisse  sind  im  Alpengebiet 
äußerst  mannigfaltig;  der  Einfluß  der  Seehöhe  wird  durch  die  Lage  der 
Örtlichkeit  vielfach  mehr  als  aufgewogen.  Die  nördlichen  Haupttäler 
haben,  wo  sie  nicht  durch  besondere  Phänomene  beeinflußt  werden,  eine  durch- 
schnittliche Jahrestemperatur  von  gegen  -(-8°  (Jänner  — 3°,  Juli  +  17°)  bei  einer 
jährlichen  Wärmeschwankung  von  46 — 47°.  Die  Temperaturabnahme  in  grö- 
ßerer Höhe  erfolgt  ziemlich  gleichmäßig;  bei  1845 /n  (Vent)  beträgt  der  Jahres- 
durchschnitt-]- 1°  (Jänner  — g°,  Juli  -f  11°).  Über  2800  ;n  wird  auch  in  den 
Nächten  des  Hochsommers  der  Gefrierpunkt  erreicht.  Die  gegen  Süden  ge- 
öffneten Täler  besitzen  in  scharfem  Gegensatz  zu  ost westlich  streichenden 
noch  in  hoher  Breite  ein  beinahe  mediterranes  Klima,  wie  das  untere  Etsch- 
tal  und   das  Eisacktal   (Bozen  -)-i2'2°  Jahresmittel;  Jänner  +  o'5°,  Juli  4-23°). 

Die  Winde  sind  allermeist  westliche,  im  Detail  jedoch  durch  orogra- 
phische  Verhältnisse  derart  modifiziert,  daß  ein  Überblick  unmöglich  ist.  Be- 
sondere Beachtung  verdient  der  Föhn,^)  der  besonders  in  den  Westalpen,  in 
den  Ostalpen  aber  noch  sehr  typisch  um  Innsbruck  und  seltener  weiter  gegen 
Osten  auftritt.  Er  ist  ein  ungemein  trockener  Wind,  der  im  Herabstürzen  vom 
Zentralalpenkamme  eine  hohe  Wärme  erlangt  und  dann  eintritt,  wenn  in 
Westeuropa  ein  Barometerminimum  liegt  und  die  Luft  vom  Nordhange  der 
Alpen  dorthin  gesaugt  wird.  Die  von  ihm  heimgesuchten  Täler,  wo  er  im 
Frühjahre  in  kürzester  Zeit  mächtige  Schneemassen  schmilzt,  haben  wesentlich 
erhöhte  Temperaturen. 

An  Niederschlägen  sind  die  Alpen  verhältnismäßig  reich;  die  jähr- 
liche Menge  derselben  beträgt  etwas  über  100  cm.  Während  die  südlichen 
Täler  dieselben  Winter-  und  hauptsächlich  Herbstregen  wie  das  Mittel- 
meergebiet haben,  tritt  gegen  Norden  Wintertrockenheit  entschieden  her- 


^)  Hann,  Handbuch  der  Klimatologie,  S.  472 — 492. 
2)  Hann,  1.  c.  S.  208—218. 


vor.  Die  grüßte  Niederschlagsmenge  fällt  hier  im  Sommer,  bald  als  kurze 
Regengüsse,  die  in  yerbindung  mit  zwischen  den  Bergen  tobenden  Ge- 
wittern zu  den  großartigsten  Naturerscheinungen  gehören,  bald  als  Land- 
regen, die  Gebirge  tagelang  in  undurchdringliche  Nebel  hüllend. 


B)  Pflanzengeographische  Übersicht. 

Von 
F.   Vierhapper. 

Die  Pflanzenwelt  des  Geländes  der  Ostalpen  gehört  zwei  regional  an- 
geordneten, wesentlich  von  einander  verschiedenen  Vegetationsgebieten  an.  ^) 
Das  untere  kann  als  eine  Wald-,  das  obere  als  eine  Hochgebirgsregion  be- 
zeichnet werden.  Viele  hygro-  und  mesophile  Elemente,  sommer-  und  immer- 
grüne Baumformationen  sind  für  die  erstere,  vorwiegend  xerophile  Typen  und 
das  Fehlen  jeglichen  Baumwuchses  für  die  letztere  charakteristisch.  Indem  sie 
nicht  nur  verschiedene  ökologische  Kategorien,  das  heißt  Vegetationsformen 
und  Formationen,  sondern  auch  vielfach  verschiedene  systematische  Einheiten, 
Arten  und  Gattungen,  beherbergen,  decken  sich  die  beiden  Vegetationsgebiete 
mit  je  einem  Florenbezirke,  und  zwar  gehört  das  untere  zum  baltischen  (es 
bildet  einen  eigenen,  den  subalpinen  Gau  desselben)  das  obere  zum  mitteleuro- 
päisch-alpinen Florenbezirke  des  extratropischen  Florenreiches  der  nördlichen 
Hemisphäre. 

I.  Die  Grenzen  der  Wald-  und  Hochgebirgsregion. 

Während  die  Pflanzenwelt  der  Waldregion  die  Täler  und  unteren  Hänge 
der  Berge  bedeckt,  ist  die  der  Hochgebirgsregion  nur  auf  den  etwa  1600 — 2000  ;n 
überragenden  Höhen  zuhause  und  bildet  gewissermaßen  einzelne  größere  oder 
kleinere  Inseln  im  zusammenhängenden  Bestände  der  ersteren. 

Die  große  physiognomische  Verschiedenheit  der  Vegetation  der  Wald- 
und  Hochgebirgsregion  wird  insbesondere  durch  das  Auftreten  von  Wäldern  in 
der  ersteren  und  die  vollständige  Baurnlosigkeit  der  letzteren  bedingt.  Das  Vor- 
handensein, respektive  Fehlen  der  Wälder  ist  für  die  beiden  Regionen  so 
charakteristisch,  daß  man  die  obere  Grenze  des  Baumwuchses,  kurz  Baum- 
grenze genannt,  mit  Recht  auch  als  Grenze  derselben  und  auch  der  alpinen 
und  baltischen  Flora  bezeichnen  kann. 


')  Auf  einzelne  Formationen  der  den  Ostrand  der  Alpen  berührenden  pontischen 
Flora  sowie  auf  gewisse  nicht  der  baltischen  Flora  angehörende  Elemente  in  den  unteren 
Regionen  der  Südalpen  soll  gelegentlich   noch  aufmerksam   gemacht  werden. 


Wie  alle  derartigen  Grenzen  darf  man  sich  auch  die  Raumgrenze  nicht 
als  eine  Linie  vorstellen.  Sie  ist  vielmehr  eine  in  vertikaler  Richtung  loo  bis 
200  tn  breite  Zone,  in  welcher  der  geschlossene  Wald  allmählich  schijtter  wird, 
sich  zunächst  in  einzelne  Baumgruppen  (Horste)  und  dann  in  einzelnstehende 
noch  hochstämmige  Individuen,  deren  Wipfel  meist  zerzaust  oder  einseitig  aus- 
gebildet sind,  auflöst  und  krüppelhafte  Exemplare  den  Abschluß  des  Bestandes 
nach  oben  zu  bilden.  Man  kann  demnach  innerhalb  der  Baumgrenze  eine  Wald-, 
Horst-,  Hochstamm-  und  Krüppelgrenze  unterscheiden.  Zwischen  der  Wald- 
und  Krüppelgrenze  liegt  die  Kampfregion  des  Baumwuchses,  das  ist  jener 
Gürtel,  in  welchem  die  Bäume  in  ununterbrochenem  Ringen  um  ihre  Existenz 
begriffen  sind. 

Die  Kompliziertheit  des  Phänomens  der  Baumgrenze  ist  eine  Folge  der 
Verschiedenartigkeit  der  es  beeinflussenden  P'aktoren.  Diese  sind  zunächst  rein 
klimatischer  Natur,  wie  die  in  hohen  Lagen  erfolgende  Abnahme  der  Tempe- 
ratur, die  kurze  Vegetationszeit,  die  auch  innerhalb  dieser  bei  mangelndem 
Schneeschutz  sich  einstellenden  Fröste  und  die  starken  mechanisch  und  austrock- 
nend wirkenden  Luftströmungen.  Sie  alle  sind  aus  leicht  einzusehenden  Gründen 
dem  Baumwuchse  in  hohen  Lagen  nichts  weniger  als  förderlich  und  werden  noch 
durch  rein  orographische  und  edaphische  Momente  mannigfaltig  modifiziert. 
So  erfolgt  in  größeren  Massenerhebungen  eine  Verschiebung  der  Isothermen- 
linien und  somit  auch  der  Baumgrenze  nach  aufwärts  (in  den  nördlichen  und 
südlichen  Kalkalpen  ist  infolgedessen  die  Baumgrenze  beträchtlich  niederer  als 
in  den  Zentralalpen);  nach  Süden  und  Südwesten  exponierte  Lehnen  gestatten 
im  allgemeinen  den  Bäumen  höher  nach  aufwärts  zu  steigen  als  nach  Norden 
oder  Nordosten  geneigte;  in  Talecken  und  auf  Talgehängen  liegt  die  Baum- 
grenze höher  als  in  der  Talsohle,  auf  vorspringenden  Felskämmen  höher  als 
in  den  zwischen  ihnen  liegenden  Rinnen,  da  hier  die  Bäume  durch  Lawinen, 
Wildbäche  etc.  sehr  gefährdet  sind.  Gletscher,  steile  Felswände,  Karrenfelder, 
sumpfiger  Boden  usw.  sind  dem  Baumwuchse  direkt  hinderlich  und  können  die 
Baumgrenze  bedeutend  herabdrücken.  Durch  dieses  Zusammenwirken  der 
verschiedenartigsten  Faktoren  wird  es  verständlich,  daß  die  alpine  Baumgrenze 
nicht  in  so  direkter  Abhängigkeit  von  der  Temperaturabnahme  erscheint  wie 
die  der  arktischen  Ebenen,  welche  infolge  der  Ausschaltung  orographischer 
Einflüsse  sich  so  ziemlich  mit  der  Juli-Isotherme  von  10°  C  deckt.  Auch  öko- 
logische Momente,  wie  das  Fehlen  von  den  Bäumen  unentbehrlichen  Orga- 
nismen (Bodenbakterien  u.  dgl.)  oder  das  Überhandnehmen  tierischer  Feinde 
und  schließlich  die  Eingriffe  des  Menschen  tragen  dazu  bei,  die  Baumgrenze 
in  den  Alpen  herabzudrücken. 

Aus  der  Tatsache,  daß  man  in  Regionen  der  Alpen,  in  denen  es  jetzt 
keine  Bäume  mehr  gibt,  vielfach  noch  Stümpfe  mächtiger  Baumindividuen 
findet,  läßt  sich  schließen,  daß  die  Baumgrenze  einmal  höher  war  als  heut- 
zutage.  Die  Frage,   ob  die  Herabdrückung  derselben   durch   eine   allmähliche 


Depression  des  Klimas  oder  lediglich  durch  die  devastierende  Tätigkeit  des 
Menschen  oder  durch  das  Zusammenwirken  beider  Faktoren  zu  erklären  ist, 
harrt  noch  einer  erschöpfenden  Beantwortung. 

Die  Baumgrenze  bildet  also  zugleich  die  obere  Grenze  der  Wald-  und 
die  untere  Grenze  der  Hochgebirgsregion.  Von  einer  unteren  Grenze  der 
ersteren  kann  man  aber  ebensowenig  sprechen  wie  von  einer  oberen  Grenze  der 
letzteren.  Während  nämlich  einerseits  an  dem  tiefst  gelegenen  Punkte  des 
Gebietes  (abgesehen  von  seinem  Rande)  noch  Formationen  der  Waldregion 
zu  finden  sind,  steigen  andererseits  alpine  Elemente,  vor  allem  Flechten,  bis 
auf  die  höchsten  Gipfel  der  Ostalpen.  Der  Mangel  geschlossener  Bestände 
und  das  Zurücktreten  oder  Fehlen  höher  organisierter  Gewächse  deutet  aber 
darauf  hin,  daß  das  Pflanzenleben  in  solchen  Höhen  schon  im  Ausklingen  be- 
griffen ist.  Den  Gürtel,  in  welchem  sich  die  geschlossenen  Bestände  auflösen, 
bis  zu  den  Hochgipfeln  kann  man  als  die  Kampfregion  der  Alpenflora  be- 
zeichnen. 

2.  Ökologie  der  Pflanzenwelt  der  Ostalpen. 

Das  Studium  der  Beziehungen  des  Baues  und  der  Lebensweise  der 
Pflanzen  zu  den  sie  beeinflussenden,  durch  Klima,  Standort,  Freund  und  Feind 
bedingten  Faktoren,  ihres  Kampfes  mit  diesen  Faktoren,  ihrer  Anpassungen 
an  dieselben,  mit  einem  Worte  der  Ökologie  der  Pflanzen,  lohnt  sich  nament- 
lich in  Gebieten,  welche  in  verschiedenen  dieser  Faktoren  große  Extreme  auf- 
weisen, denn  es  sind  hier  die  Anpassungen  viel  auffälliger  als  in  solchen  mit 
großer  Gleichmäßigkeit  und  geringen  Gegensätzen  in  den  Vegetationsbe- 
dingungen. So  kommt  es,  daß  die  Ökologie  der  Alpenpflanzen,  die,  oft  direkt 
auf  anstehendem  Gestein  gedeihend,  meistens  in  auffälliger  Weise  an  ein  sehr 
extremes  Klima  angepaßt  sind,  ein  dankbareres  Kapitel  ist  als  die  der  meist  in 
neutralem  Humusboden  wurzelnden,  einem  viel  gemäßigteren  Klima  ausge- 
setzten Typen  der  Waldregion,  die,  abgesehen  von  gewissen  unter  ganz  be- 
sonderen Bedingungen  vegetierenden  Elementen  (Wasserpflanzen,  Parasiten 
usw.),   in  ökologischer  Beziehung  vielfach  geringeres  Interesse  beanspruchen. 

Demgemäß  soll  im  folgenden  die  Ökologie  der  Alpenpflanzen  in  den 
Vordergrund  treten  und  die  der  Pflanzen  der  Waldregion  nur  zum  Vergleiche 
herangezogen  werden. 

a)  Die  Faktoren. 

Der  große  Unterschied  zwischen  der  Vegetation  der  beiden  Regionen 
wird  vor  allem  durch  das  verschiedenartige  Klima  bedingt.  Unter  Klima  ver- 
stehen wir  hier  das  physische  Klima  ^),  das  ist  den  mittleren  Zustand  der  am 


^)  Im  Gegensatze  zum  solaren  Klima,    das  lediglich    durch  das  Maß  der  Sonnen- 
strahlung bedingt   wird. 


i3 

Standorte  einer  Pflanze  herrschenden  Witterungsverhältnisse.  Einer  der  be- 
deutsamsten Gegensätze  zwischen  dem  Klima,  unter  welchem  die  Pflanzen  der 
Hochgebirgs-  und  Waldregion  gedeihen,  liegt  in  der  Größe  des  mittleren 
Luftdruckes.  Die  Herabsetzung  desselben  mit  zunehmender  Höhe  ist  eine 
sukzessive.  Bei  2500  m  herrscht  etwa  565,  bei  3500  ui  497  mm  mittlerer  Baro- 
meterstand. Ob  der  Änderung  des  Luftdruckes  eine  direkte  Wirkung  auf  die 
Gestaltung  der  Vegetation  zuzuschreiben  ist,  erscheint  sehr  fraglich.  Umso 
größer  sind  aber  mittelbare  Einwirkungen,  indem  die  Verdünnung  der  Luft  eine 
Änderung  verschiedener  anderer  für  das  Pflanzenleben  höchst  wichtiger  Fak- 
toren zur  Folge  hat. 

Zunächst  stehen  die  Temperaturverhältnisse  mit  dem  Luftdruck  in 
innigem  Zusammenhang.  Die  mittlere  Jahrestemperatur  der  alpinen  ist  aus 
gleich  näher  zu  erörternden  Gründen  geringer  als  die  der  Talregion.  Die  Ab- 
nahme des  Jahresmittels  der  Lufttemperatur  im  Schatten  beträgt  für  100  m 
Steigung  im  Durchschnitte  0*57°  C,  die  der  mittleren  Temperatur  der  Vegeta- 
tionsperiode 0*65°  C.  Da  aber  die  Vegetationsperiode  auf  den  Bergen  erst  spät 
beginnt  und  bis  in  den  Herbst  hinein  dauert,  ja  im  Winter  sogar  häufig  eine 
Temperaturzunahme  mit  der  Höhe  stattfindet,  ist  die  Jahresschwankung  der 
Temperatur  im  Gebirge  geringer  als  in  der  Ebene. 

Die  Gesamtwirkung  der  auf  die  Flächeneinheit  auffallenden  Sonnen- 
strahlen (Insolation)  nimmt  mit  der  Höhe  zu.  Da  nämlich  die  Sonnenstrahlen 
bei  ihrem  Durchgange  durch  die  Atmosphäre  einen  Teil  ihrer  Intensität  durch 
Absorption  in  der  Luft  und  im  Wasserdampfe  verlieren,  ist  ihre  totale  erwär- 
mende und  auch  beleuchtende  Kraft  umso  größer,  je  weniger  Luftschichten  die 
Strahlen  zu  passieren  haben,  oder  mit  anderen  Worten  je  höher  die  bestrahlte 
Fläche  gelegen  ist.  Es  ist  also  die  Wärmewirkung  der  Sonne,  die  Wärme- 
einstrahlung auf  den  Bergen  größer  als  in  der  Talregion.  Die  Folge  davon 
ist  eine  sehr  beträchtliche  Erwärmung  des  Bodens  während  des  Tages,  ein 
Faktor,  der  für  das  Gedeihen  der  Alpenpflanzen  von  größter  Bedeutung  ist. 
Die  starke  nächtliche  Ausstrahlung  steht  gleichfalls  mit  der  dünnen  Luft  in 
den  Höhenregionen  in  Zusammenhang.  Die  Atmosphäre  wirkt  nämlich  wie  ein 
schützender  Mantel,  welcher  eine  allzustarke  Bestrahlung  des  Bodens  bei  Tage 
ebenso  wie  eine  allzustarke  Ausstrahlung  von  demselben  zur  Nachtzeit  verhin- 
dert. Je  dünner  aber  die  Atmosphäre,  desto  geringer  ist  ihre  Wirksamkeit  in 
diesem  Sinne,  desto  größer  also  die  Erwärmung  des  Bodens  bei  Tage  und  die 
Wärmeabgabe  bei  Nacht.  Da  sich  demnach  der  Boden  in  hohen  Lagen  während 
der  Nacht  viel  stärker  abkühlt  als  in  tiefen,  so  muß  die  neuerliche  Erwärmung 
desselben  am  Morgen  im  Gebirge  gewissermaßen  bei  tieferen  Temperaturen 
beginnen  als  im  Tale  und  es  wird  so  leicht  verständlich,  warum  die  Durch- 
schnittstemperatur der  im  Vergleiche  zum  Boden  viel  schwerer  erwärmbaren 
Luft  mit  der  Zunahme  der  absoluten  Höhe  geringer  wird.  —  Die  an  sonnigen 
Plätzen  gedeihenden  Pflanzen  werden  also  tagsüber   sehr  stark  erwärmt,   er- 


fahren  aber  während  der  Nacht  eine  sehr  ausgiebige  Abki^ihlung.  Infolge  der 
starken  Bestrahlung  tritt  der  Gegensatz  der  Vegetation  verschiedener  Himinels- 
lagen  im  Gebirge  viel  augenfälliger  hervor  als  in  niederen  Lagen,  die  Expo- 
sition spielt  in  der  Alpenflora  eine  wichtige  Rolle.  Schon  in  subalpinen,  in 
westöstlicher  Richtung  laufenden  Tälern  (z.  B.  Pustertal)  macht  sich  der  Un- 
terschied zwischen  «Sonn»-  und  «Schattseite»  stark  bemerkbar.  Während  auf 
der  nach  Norden  exponierten  Schattseite  bereits  in  looo  ;n  Meereshöhe  kein 
Getreide  gedeiht  und  Nadelwälder  und  Moore  die  Hänge  bis  zu  ihrem  Fuße 
bedecken,  mußten  an  der  nach  Süden  abdachenden  Sonnseite  die  Wälder  stellen- 
weise bis  zu  1400  m  menschlichen  Kulturen  (Getreidefeldern)  und  Ansiedlungen 
weichen.  —  Die  Differenz  der  Temperaturen  sonniger  und  schattiger  Stellen 
ist  im  Gebirge  gleichfalls  eine  viel  größere  als  in  den  Tälern.  —  Gleich  der 
erwärmenden  ist  auch  die  beleuchtende  Wirkung  des  Sonnenlichtes  im  Gebirge 
eine  sehr  intensive.  Der  Umstand,  daß  die  ultravioletten  Strahlen  als  die  am 
stärksten  brechbaren  des  Spektrums  am  stärksten  absorbiert  werden,  bedingt 
es,  daß  das  Alpenlicht  im  Vergleiche  zu  dem  der  tieferen  Lagen  sich  durch 
besonderen  Reichtum  an  ultravioletten  Strahlen  auszeichnet.  Die  von  der  Be- 
wülkungsfrequenz  abhängende  Sonnenscheindauer  zeigt  im  Gebirge  insoferne 
eine  andere  Periodizität  denn  in  der  Ebene,  als  in  ersterer  die  Winter,  in  letz- 
terer die  Sommer  am  sonnigsten  sind.  In  den  Mittagsstunden  sind  die  Unter- 
schiede am  stärksten. 

Mit  der  niederen  mittleren  Jahrestemperatur  steht  die  kurze  Vegetations- 
zeit der  alpinen  Region  in  innigem  Zusammenhange.  Mit  zunehmender  Höhe 
wird  der  Zeitraum  zwischen  dem  «Ausapern»^)  und  dem  Einschneien,  also  die 
Zeil  des  dauernd  schneefreien  Sommers,  mit  welcher  die  Vegetationsperiode 
der  Alpenpflanzen  zusammenfällt,  immer  kürzer.  Um  Innsbruck  z.  B.  dauert  sie 
(auf  der  Schattenseite)  bei  1500  m  Meereshöhe  ca.  vom  2.  Mai  bis  zum  10.  No- 
vember, bei  2000  772  vom  5.  Juni  bis  zum  18.  Oktober,  bei  2500  m  vom  21.  Juli 
bis  zum  23.  September.  Der  späte  Beginn  des  Ausaperns  hat  zur  Folge,  daß 
die  Pflanzenwelt  allsogleich,  wenn  sie  von  der  schützenden  Schneedecke  befreit 
wird,  lange  Tage  und  relativ  hohe  Temperaturen,  also  zwei  ihrer  Weiterent- 
wicklung überaus  günstige  Momente  antrifft.  Während  in  den  Tälern  nach 
der  Schneeschmelze  oft  noch  Wochen  vergehen,  bis  die  braunen  Wiesen  zu 
ergrünen  beginnen,  fällt  in  der  Alpenregion  der  Anfang  der  Aperzeit  mit  dem 
Wiedererwachen  des  Pflanzenlebens  zusammen.  Einen  vollkommen  schnee- 
freien Sommer  gibt  es  aber  im  Gebirge  nur  von  1500  m  an  abwärts,  in  der 
alpinen  Region  also  überhaupt  nicht.  Über  der  Linie  von  1500  772  sind  auch 
in  den  Sommermonaten  Schneefälle,  Reife  und  einschneidende  Fröste  zu 
gewärtigen.  Allerdings  sind  diese  Fröste  gewöhnlich  nicht  anhaltend  und 
die  Schneemassen   weichen   alsbald   wieder   der  großen   Gewalt  der  vSonnen- 


')   Ausapern  ^=  schneefrei  werden. 


15 

stralilen,  umsomehr  als  auf  Sommerschneefälle  in  den  Alpen  zu  allermeist 
schönes  Wetter  folgt.  Der  Intensität  des  Sonnenlichtes  ist  es  auch  zuzu- 
schreiben, daß  sich  die  Vegetationsperiode  der  alpinen  Gewächse  in  gün- 
stigen Lagen  weit  in  den  Herbst  hinein  erstrecken  kann,  ja  daß  man  mit- 
unter selbst  im  Dezember  noch  Gelegenheit  hat,  in  hohen  Lagen  sich  blühender 
Alpenpflanzen  zu  erfreuen.  Während  die  infolge  zu  geringer  Temperaturen 
eintretende  Winterruhe  der  Vegetation  eine  der  Wald-  und  Hochgebirgsregion 
gemeinsame,  in  dieser  kürzer,  in  jener  länger  währende  Erscheinung  ist,  gibt 
es  eine  Sommerruhe,  hervorgerufen  durch  Trockenheit,  weder  in  der  einen 
noch  in  der  andern.  ^) 

Der  absolute  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  nimmt  infolge  der  niederen 
Temperaturen  nach  oben  zu  sehr  rasch  ab.  Die  Alpenluft  verdankt  ihre  große 
Reinheit  dem  geringen  Gehalte  an  Wasserdampf.  Die  relative  Feuchtigkeit 
dagegen  schwankt  im  Gebirge  zwischen  viel  größeren  Extremen  als  in  den 
l'älern.  Im  Sommer,  also  gerade  zur  Zeit  der  Vegetationshöhe,  sind  die  Berg- 
spitzen tagelang  in  Nebel  gehüllt.  Nachmittags  ist  meistens  die  Nebelbildung  am 
stärksten.  Wann  aber  heiteres  Wetter  kommt,  stellt  sich  alsbald  große  Trocken- 
heit ein,  da  infolge  der  dünnen  Luft,  der  starken  Strömungen  in  derselben 
und  der  abkühlenden  Wirkungen  der  mächtigen  Schnee-  und  Eismassen  des 
Gebirges  die  Verdunstungs-  (Evaporations-) Kraft  der  Atmosphäre  eine  sehr 
beträchtliche  ist.  Daß  die  Gebirge  reich  an  Niederschlägen  sind,  ist  eine 
jedem  Alpenbewohner  geläufige  Tatsache.  Die  reiche  Vegetationsdecke  und  der 
feuchte  Boden  wirken  kondensierend  auf  die  Wasserdämpfe  ein  und  zwingen 
sie,  sich  niederzuschlagen.  Aber  nur  bis  zu  einer  gewissen  Höhe  nimmt  die 
Regenmenge  im  Gebirge  zu.  Das  Maximum  der  Niederschläge  befindet  sich 
nicht  viel  über  2000  m.  Über  dieser  Grenze  hat  der  geringe  Wasserdampfgehalt 
der  dünnen  Luft  eine  Herabminderung  der  Regengüsse  zur  Folge.  Die  Regen- 
güsse der  alpinen  Region  sind  meist  Sprühregen  und  infolgedessen  nicht  so 
ausgiebig  wie  die  der  Waldregion,  deren  Vegetation  unter  anderem  auch  den 
reichlichen  und  intefisiven  Niederschlägen  zur  Zeit  der  Höhe  ihrer  Entwicklung 
im  Juli  ihren  hygrophilen  Charakter  verdankt.  Da  schon  unmittelbar  oberhalb 
der  Baumgrenze  40 — 70°/q  und  in  größeren  Höhen  noch  mehr  aller  Nieder- 
schläge des  Jahres  als  Schnee  zu  Boden  gelangen,  ist  die  Schneebedeckung 
in  den  Alpen  eine  sehr  mächtige.  Die  Bedeutung  der  tiefen  Schneedecke  für 
die  Pflanzenwelt  liegt  vor  allem  im  Schutze  gegen  zu  tiefe  Temperaturen  und 
noch  mehr  gegen  das  Austrocknen. 

Als  letzter  die  Vegetation  wesentlich  beeinflussender  klimatischer  Faktor 
sind  die  Luftströmungen  zu  nennen,  die  infolge  der  Zunahme  der  Windge- 
schwindigkeit mit  der  Höhe  im  Alpenklima  eine  viel  größere  Rolle  spielen  als 
in  der  Ebene.   Außer   den  regelmäßigen   tagsüber  talaufwärts,    zur  Nachtzeit 


')  Siehe  den  Abschnitt:    «Der  Gang  der  Vegetation» 


i6 

talabwärts  streichenden  Winden  und  dem  im  westlichen  Teile  des  Gebietes  noch 
ziemlich  häufig  auftretenden,  von  Südosten,  Süden  oder  Südwesten  wehenden, 
«schneefressenden»  Föhri  gibt  es  im  Gebirge  fast  stets  auch  nicht  regelmäßig 
wiederkehrende  Luftströmungen  aller  Art.  Die  Bedeutung  der  Winde  liegt  im 
Transport  der  Samen,  in  mechanischen  Zerstörungen  und  vor  allem  in  der 
gewaltigen  Steigerung  der  Verdunstung,  durch  welche  die  Alpenflora  im  Ge- 
gensatze zur  baltischen  ein  so  ausgesprochen  xerophiles  Gepräge  erhält.  Der 
Föhn  beschleunigt  überdies  das  Ausapern  und  somit  den  Beginn  der  Vegeta- 
tionsperiode der  Alpenpflanzen. 

Fassen  wir  das  über  das  Klima  der  alpinen  Region  Gesagte  zusammen, 
so  finden  wir,  daß  die  Alpenflora  im  Gegensatze  zu  der  der  Waldregion  eine 
Licht-,  Wind-  und  Trockenflora  genannt  werden  muß.  Die  unterbrochen  intensive 
Bestrahlung  mit  allen  ihren  Folgeerscheinungen  (große  Bodenwärme  in  der 
Sonne  etc.)  und  die  dünne  Luft  sind  auch  die  wesentlichsten  Unterschiede  des 
Alpenklimas  von  dem  durch  kontinuierlich  schwache  Beleuchtung,  dichte  aber 
stets  kalte  Luft  und  kalten  Boden  ausgezeichneten  Klima  der  Arktis,  deren 
—  allerdings  viel  ärmere  —  Flora  mit  der  unserer  Alpen  gar  manche  Pflan- 
zenspezies gemeinsam  hat. 

Auch  die  edaphischen  Verhältnisse  sind  im  Gebirge  in  gewisser  Bezie- 
hung anders  geartet  als  in  den  Tälern.  Während  hier  die  Pflanzen  meist  in 
einem  Substrate  wurzeln,  das  aus  allen  möglichen  mineralischen  Substanzen 
zusammengesetzt  ist,  sind  sie  dort  viel  öfter  auf  das  anstehende  Gestein  —  Kalk 
oder  irgendein  kalkarmes  Urgestein  —  angewiesen.  Kalkholde  und  kiesel- 
holde Typen  sind  daher  in  der  alpinen  Region  in  viel  größerer  Artenzahl  anzu- 
treffen als  in  den  Regionen  der  baltischen  Flora.  Von  den  wichtigsten  Boden- 
arten: Fels-,  Schutt-,  Sand-,  Lehm-,  Ton-,  Mergel-,  Kalk-  und  Humusböden 
sind  infolge  naheliegender  geologischer  Tatsachen  Fels-  und  Schuttboden  im 
Gebirge  viel  häufiger  als  in  der  Ebene,  während  Lehm-,  Ton-  und  Mergel- 
böden fast  ausschließlich  auf  diese  beschränkt  sind,  I4umusböden  aber  in  Berg 
und  Tal  eine  große  Rolle  spielen.  Die  merkwürdige  Tatsache,  daß  sich  in  der 
alpinen  Region  nicht  selten  auch  an  quelligen  Plätzen  neben  typisch  hygro- 
philen  auch  xerophile  Elemente  finden,  erklärt  sich  dadurch,  daß  das  betreffende 
Substrat  zwar  physikalisch  naß,  aber,  weil  von  zu  niedriger  Temperatur,  phy- 
siologisch trocken  ist. 

Die  Wechselbeziehungen  zwischen  Tier-  und  Pflanzenleben  sind  so  innige, 
daß  es  nicht  wundernehmen  darf,  daß  mit  der  allmählichen  Abnahme  des 
Pflanzenlebens  nach  oben  zu  eine  solche  des  tierischen  Hand  in  Hand  geht. 
Inwieweit  aber  in  bezug  auf  die  Wirksamkeit  von  organogenen  Faktoren,  z.  B. 
von  Honigdieben,  Wirtspflanzen  für  Parasiten,  Nährsubstratlieferanten  für  Sa- 
prophyten  und  Humusbewohner,  Nitrit-,  Nitrat-  und  Stickstoffbakterien,  für 
die  Bodendurchlüftung  und  Humusbildung  bedeutungsvollen  Tieren  (Würmer, 
Myriopoden,  Milben,  Insektenlarven)  etc.  die  Bedingungen  in  der  alpinen  Re- 


17 

gion  wesentlich  andere  sind  als  in  der  Waldregion,  ist  noch  lange  nicht  genügend 
bekannt.  Mit  der  Abnahme  des  Reichtumes  an  Bestäubung  vermittelnden  In- 
sekten nach  oben  zu  stehen  wohl  einige  charakteristische  Eigenschaften  ge- 
wisser Alpenpflanzen  in  Zusammenhang,  von  denen  später  noch  die  Rede  sein 
soll.  Auch  der  Einfluß,  den  der  Mensch  auf  die  Vegetation  nimmt,  wird  mit 
zunehmender  Hohe  immer  geringer. 

Die  Bedeutung  der  historischen  und  Konkurrenzfaktoren  wird  erst  in  dem 
der  Flora  geltenden  Abschnitt  gewürdigt  werden, 

b)  Bau  und  Struktur  der  Pflanzen. 

Da  der  Hau  der  Pflanzen  infolge  ihres  eminenten  Anpassungsvermögens 
immer  mit  den  auf  sie  einwirkenden  Faktoren  in  innigem  Einklänge  steht,  ist 
es  ganz  begreiflich,  daß  die  alpinen  Gewächse  entsprechend  dem  extremen 
Klima  ihrer  Wohnsitze  ganz  wesentlich  von  denen  der  Niederungen  verschieden 
sind  und  im  äußeren  Bau  und  in  der  inneren  Struktur  viele  Eigentümlichkeiten 
zeigen,  welche  mit  denen  des  Klimas  in  Zusammenhang  stehen. 

Die  Alpenpflanzen  unterscheiden  sich  von  denen  der  Ebene  im  äußeren 
Bau  vor  allem  durch  kürzere  Achsen,  kleinere  Blätter,  relativ  stärker  entwickelte 
Wurzeln,  oft  auch  größere  und  tiefer  gefärbte  Blüten  und  ihren  charakteri- 
stischen, durch  die  Gesamtheit  dieser  Merkmale  bedingten  Habitus;  in  ihrer 
inneren  Struktur  zeigen  sie  im  Gegensatze  zu  ihnen  vielfach  xerophile  Ein- 
richtungen. 

Bäume  fehlen  der  alpinen  Region  vollständig.  Das  dieser  Vegetations- 
form zunächst  kommende  Krummholz  (Piiius  rnontana)  ist  durch  seinen  kurzen, 
knorrigen,  meist  schiefen  oder  horizontalen  Stamm  und  die  lang  ausladenden, 
schlangenartig  hin-  und  hergekrümmten,  bogig  aufsteigenden,  elastischen  Äste 
ausgezeichnet. 

Während  sich  aufrechtwachsende  Alpenzwergsträucher  (wie  die  Rhodo- 
dendren, die  größeren  Alpenweiden)  im  Habitus  nicht  wesentlich  von  ver- 
schiedenen Typen  tieferer  Lagen  unterscheiden,  ja  manche  sogar  (Vaccinien, 
Empetrum)  der  Hochgebirgs-  und  Waldregion  gemeinsam  sind,  gibt  es  zu  den 
kriechenden  Zwergsträuchern  (Spaliersträuchern)  der  Alpenregion  (Salix  retusa, 
serpj'llifolia  u.  s.  w.,,  Dryas,  Loiseleuria)  mit  mächtig  entwickeltem  Wurzelsystem 
und  reich  verzweigten,  am  Boden  oder  unter  dessen  Oberfläche  horizontal  aus- 
gebreiteten Ästen  und  oft  auch  dem  Wärme  spendenden  Boden  dicht  sich  an- 
schmiegendem Laubwerk  im  Gebiete  der  Waldregion  kein  Analogon.  Gleich 
dem  Krummholz   besitzen   die  meisten   alpinen  Sträucher  immergrüne  Blätter. 

Sehr  reich  ist  die  alpine  Region  an  Polsterpflanzen  (Silene  acaulis,  Sapo- 
naria  Pumilio,  Aretia,  Eritrichium  etc.).  Die  Achsen  derselben  sind  dicht  an- 
einander gepreßt,  häufig  mit  vertrockneten  Resten  abgestorbener  Blätter 
besetzt  und  nur  an  der  Spitze  dem  frischen  Laub  und  den  Blüten  Raum  zur 
Exkursion  in  die  Ostalpen.  2 


Entfaltung  gewährend.  Der  Durchmesser  dieser  Polster  ist  sehr  verschieden 
und  kann  manchmal  mehrere  Dezimeter  betragen.  —  Kriechende,  dem  Boden 
eng  angeschmiegte,  dicht 'beblätterte  Zwergstauden  wie  Saxifraga  oppositifolia 
und  Alsine  bißora  sind  eine  Art  Mittelding  zwischen  diesen  Polsterstauden  und 
den  früher  erwähnten  Zwergsträuchern.  Von  Gewächsen  der  Waldregion 
sind  Kräuter  wie  Polygoniim  aviciilare  und  Herniaria  glabra  mit  ihnen  zu 
vergleichen. 

Besonders  häufig  finden  sich  auf  den  Matten  der  Alpenregion  Ro- 
settenstauden (Dtanthus  alpinus,  glacialis,  Androsace-,  Veronica - hrt^tn)  mit 
relativ  kräftigem  Wurzelsystem  und  viel  kürzeren  Internodien  als  ihnen  nahe- 
stehende Arten  der  Ebene  und  häufig  überwinterndem  Laube.  Durch  starke 
Verholzung  des  Wurzelstockes  und  der  untersten,  meist  stark  verkürzten  Aste 
kommen  halbstrauchartige  Typen  (Helianthemum-,  Globularia-Art&n  etc.)  zu- 
stande. —  Zwiebel-  und  Knollenpflanzen  sind  selten  (Gagea,  Lloydia,  Chamae- 
orchis).  Die  Alpengräser  sind  meist  durch  ihren  gedrungenen  Wuchs  aus- 
gezeichnet und  besitzen  infolge  intravaginaler  Innovation  geschlossene  Rasen, 
häufig  auch  Rollblätter  von  steiflicher  Konsistenz  und  mit  Anthokyan  tingierte 
Spelzen,  die  Gräser  der  Waldregion  dagegen  haben  oft  extravaginale,  weit  aus- 
ladende und  an  den  unteren  Knoten  sich  nachträglich  bewurzelnde  Innovations' 
sprosse,  mittels  derer  sie  als  lockere  Stocke  oft  große  Flächen  bedecken,  laxe 
Flachblätter  und  grüne  vSpelzen. 

Kräuter,  in  der  Ebene  so  häufig,  bilden  in  den  östlichen  Alpen  nur  zirka 
4°/q  des  gesamten  Bestandes  an  Blütenpflanzen  (Sedinn  atratum,  Gentiana-,  A/ec- 
torolophus-Arten  u.  s.  w.),  Lianen  gibt  es  nur  in  der  Krummholzregion.  Leb- 
hafte Anthokyanbildung  in  den  Achsen,  Hüllblättern,  Kelchen  und  Trichomen 
ist  eine  bei  Alpenpflanzen  oft  zu  beobachtende  Erscheinung. 

Die  Blüten  sind  meist  lebhaft  gefärbt,  stets  relativ  (im  Vergleiche  zur 
Stengelhöhe),  mitunter  aber  auch  absolut  größer  als  die  ebenderselben  oder 
sehr  nahe  verwandter  Formen  der  Waldregion.  Pflanzen  mit  unscheinbaren 
Blüten  entbehren,  wie  Untersuchungen  der  letzten  Zeit  gezeigt  haben,  nicht 
selten  des  normalen  Befruchtungsvorganges  {Alchimilla,  Antennaria  etc.).  Ver- 
mehrung auf  vegetativem  Wege  (Brutknospen)  spielt  bei  manchen  Arten  (Poa 
alpina,  Polygoniim  vivipanim)  eine  große  Rolle. 

Das  Laub  alpiner  Pflanzen  besitzt  sehr  oft  Schutzmittel  gegen  allzustarke 
Transpiration.  Gewöhnlich  sind  die  Blätter  von  derber  Beschaffenheit  und  zum 
Überwintern  geeignet,  bei  Holzgewächsen  meist  lederartig,  bei  Stauden  insbe- 
sondere felsiger  Plätze  —  mitunter  stark  behaart  {Eritrichium-,  Artemisia- 
Arten)  oder  sukkulent  (Sempervivum,  Saxifraga  etc.).  Häufig  haben  die  Blätter 
eine  die  derbe  Konsistenz  bedingende  stark  ausgebildete  Kutikula,  enge  Inter- 
zellularen, ein  mächtiges  Palissadengewebe,  also  größtenteils  xerophile  Ein- 
richtungen, wie  sie  in  der  Waldregion  nur  an  Pflanzen  ganz  bestimmter  Stand- 
orte zu  finden  sind. 


19 

Daß  viele  dieser  morphologischen  Charaktere  der  Alpenpflanzen  als 
direkte  Anpassungen  an  die  Besonderheiten  des  Höhenklimas  aufzufassen  sind, 
haben  insbesondere  die  interessanten  Kulturversuche  Bonniers  und  Kerners 
gezeigt,  deren  Resultate  kurz  gesagt  darin  bestanden,  daß  Pflanzen  der  Ebene, 
in  hohe  Lagen  verpflanzt  und  hier  fortgesetzt  vermehrt,  im  Laufe  der  Gene- 
rationen immer  mehr  den  typischen  alpinen  Habitus  und  die  früher  geschil- 
derten äußerlich  und  innerlich  morphologischen  Charaktere  von  Alpenpflanzen 
erwarben.  Ja  die  Anpassung  ging  so  weit,  daß  diese  sekundär  erworbenen 
Merkmale  auch  dann  noch  durch  mehrere  Generationen  festgehalten  wurden, 
wenn  solche  künstlich  zu  Alpenpflanzen  gewordene  Typen  wieder  in  ihre  ur- 
sprüngliche Heimat,  die  Ebene,  zurückversetzt  wurden. 

Im  folgenden  sollen  zunächst  diejenigen  Merkmale  alpiner  Gewächse 
genannt  werden,  von  denen  es  besonders  wahrscheinlich  ist,  daß  sie  von  be- 
stimmten Einwirkungen  des  Höhenklimas  entweder  direkt  abhängig  oder  doch 
im  Laufe  der  phylogenetischen  Entwicklung  durch  direkte  Anpassung  an  die- 
selben entstanden  sind  und  jetzt  erblich  festgehalten  werden.  Der  niedere 
Wuchs  der  Alpenpflanzen  und  die  Verkürzung  ihrer  Internodien  sind  wohl  zum 
Teile  auf  die  wachstumshemmende  Wirkung  des  intensiven  Höhenlichtes,  zum 
Teile  auf  die  eine  periodische  Unterbrechung  des  Wachstums  veranlassenden 
tiefen  Nachttemperaturen  zurückzuführen.  Der  starke  Anthokyangehalt  ist 
wohl  auch  eine  Folge  der  großen  Intensität  des  Lichtes,  die  Entwickelung  der 
Blüten  dürfte  wahrscheinlich  durch  den  Reichtum  des  Lichtes  an  ultravioletten 
Strahlen  gefördert  werden.  Die  trocknenden  Wirkungen  des  Höhenklimas  be- 
dingen offenbar  die  xerophile  Struktur  der  alpinen  Gewächse.  Inwieweit  andere 
zweckmäßige  Einrichtungen  derselben,  wie  die  frühe  Blütenentwicklung,  der 
polsterformige  oder  dem  Boden  angedrückte  Wuchs,  die  Krummholzgestalt, 
das  immergrüne  Laub,  die  geförderte  Respiration,  Transpiration  und  Kohlen- 
stoffassimilation, die  reichliche  Bildung  von  Zucker  und  ätherischen  Ölen  durch 
direkte  Einwirkung  der  Faktoren  entstanden  sind,  ist  noch  nicht  festgestellt 
worden.  Von  manchen  derselben  kann  man  wohl  einen  Zusammenhang  mit 
äußeren  Einflüssen  annehmen.  So  ist  es  beispielsweise  sehr  wahrscheinlich, 
daß  der  polsterformige  Wuchs  \ind  die  Krummholzgestalt  ebenso  wie  die  ein- 
seitig ausgebildeten  Wipfel  der  am  weitesten  gegen  die  Alpenregion  vordrin- 
genden Bäume  (siehe  Tafel  XXXVII  unten)  durch  die  mechanischen  Wirkungen 
der  Winde  entstanden  sind,  der  Spalierstrauchhabitus  aber,  der  sich  auch  für 
die  Ausnützung  der  Bodenwärme  sehr  vorteilhaft  erwies,  durch  das  Gewicht 
der  mächtigen  Schneelasten  gezüchtet  wurde. 

Mit  der  kurzen  Vegetationszeit  steht  das  reichliche  Auftreten  perennie- 
render Gewächse  in  Zusammenhang,  deren  Blüten  vorläufig,  d.  h.  schon  im 
Vorjahre  angelegt,  gleich  zu  Beginn  der  Vegetationsperiode  auf  Kosten  der  im 
überwinternden  Laube  und  in  den  Rhizomen  aufgestapelten  Reservestoffe  sich 
noch    vor   dem    Heranwachsen   der  neuen  Blätter  entfalten    können.    Auf  diese 


Weise  ist  dem  Heranreifen  von  Früchten  und  Samen  ein  verhältnismäßig  langer 
Zeitraum  gegönnt. 

Daß  Kräuter,  bei  nenen  in  einer  und  derselben  Vegetationsperiode  der 
Blütenbildung  die  Stamm-  und  Laubentwicklung  vorausgehen  müßte,  in  der 
alpinen  Region  sehr  selten  sind,  erscheint  in  Anbetracht  der  kurzen  Vegetations- 
periode derselben  verständlich.  Zum  Teil  auf  dieselbe  Ursache  ist  das  Fehlen 
von  Bäumen  zurückzuführen.  Daß  Lianen  über  dem  Krummholzgürtel  keine 
Existenzmoglichkeit  haben,  braucht  wohl  nicht  näher  begründet  zu  werden. 

Während  der  Charakter  der  Alpenpflanzen  vorwiegend  ein  xerophiler  ist, 
haben  die  Elemente  der  Waldregion  zum  großen  Teile  hygro-  oder  meso- 
philes  Gepräge  und  weisen  nur  während  der  Vegetationsruhe  bemerkenswerte 
xerophile  Einrichtungen  auf.  Die  relativ  lange  durch  keine  Fröste  unterbro- 
chene Vegetationszeit  des  Gürtels  der  Waldregion  ermöglicht  das  Fortkommen 
von  Bäumen  und  großen  Sträuchern.  Ja  die  großen  Niederschlagsmengen  zur 
wärmsten  Jahreszeit  sind  sogar  dem  Gedeihen  der  Bäume  überaus  förderlich. 
Die  Staudengewächse  sind  im  Vergleiche  zu  denen  der  Hochgebirgsregion  von 
höherem  W^uchse,  besitzen  längere  Internodien,  weichere  Blätter,  ein  schwächer 
entwickeltes  Wurzelsystem  und  oft  auch  kleinere,  minder  intensiv  gefärbte 
Blüten.  Behaarung  und  Anthokyangehalt  sind  verhältnismäßig  gering.  In  ihrer 
inneren  vStruktur  zeigen  sie  im  Zusammenhange  mit  dem  geringeren  Bedürf- 
nisse nach  Transpirationsschutz  viele  hygrophile  Einrichtungen,  große  Flächen- 
entwicklung und  lockeres  Schwammparenchym  der  Blätter,  dünnere  Kutikula 
der  Blattepidermis  etc.  Kriechende  Zwergsträucher  fehlen  der  Waldregion, 
die  Rasenpflanzen  und  Rosettenstauden  sind  von  laxerem  Wüchse,  letztere 
bilden  überdies  einen  viel  geringeren  Perzentsatz  der  Gesamtvegetation  als  in 
der  Alpenregion,  Die  Gräser  haben  oft  extravaginale  Innov-ation  und  F'lach- 
blätter.  Lianen  treten  in  verschiedenen  Ptlanzenvereinen  auf,  Kräuter  von 
mannigfaltigem  Habitus  sind  in  großer  Artenzahl  vertreten. 

Von  besonderem  Interesse  sind  diejenigen  Anpassungen  der  Gewächse 
der  baltischen  Flora,  welche  sich  auf  die  winterliche  Vegetationsruhe  beziehen. 
Die  gesamte  Pflanzenwelt  erhält  jetzt  ein  xerophiles  Gepräge.  Die  einjährigen 
Arten  gehen  im  Herbste  nach  der  Samenreife  zugrunde,  und  nur  ihre  Keimlinge 
überdauern,  in  den  Samen  wohl  geborgen,  die  kalte  Periode.  Die  mit  Rhizomen, 
Knollen  oder  Zwiebeln  ausgerüsteten,  perennierenden  Stauden  «ziehen»  im 
Herbste  —  manche  Zwiebelgewächse  sogar  schon  im  Frühjahre  —  «ein»  und 
führen  im  Winter  ein  unterirdisches  Dasein.  Die  sommergrüneu  Bäume  und 
Sträucher  unterliegen  dem  Phänomen  des  Laubfalles.  Durch  die  mächtige 
Rinde  der  Stämme  und  Aste  und  zumeist  auch  durch  dicke  Knospenschuppen 
trefflich  gegen  Verdunstung  —  von  einem  Kälteschutze  kann  man  hier  eben- 
sowenig wie  in  anderen  Fällen  reden  —  geschützt,  verbringen  sie  als  typische 
«fakultative»  Xerophyten  die  Zeit  der  Winterruhe.  Pflanzen  endlich,  welche 
wie  die  immergrünen  Nadelhölzer  schon  im  vSommer  xero[)hytischen  Bau  hal)en. 


erfahren  im  Winter  keine  augenfälligen  Veränderungen.  Eine  genauere  Be- 
trachtung zeigt  aber,  daß  auch  sie  dadurch,  daß  ihre  Blätter  saftärmer  werden, 
das  Chlorophyll  eine  ümlagerung  erfährt  und  die  Spaltöffnungen  sich  schließen, 
gegen  die  Gefahren  des  Winters  sich  zu  schützen  wissen.  Stauden  mit  lede- 
rigen, überwinternden  Blättern  drücken  diese  häufig  dem  Boden  an  (z.  B. 
Hellebonis)  und  erfahren  dadurch,  wenn  sie  nicht  ohnehin  von  Schnee  bedeckt 
werden,  Schutz  gegen  die  Stürme;  Blätter  zarterer  Natur  können  überhaupt 
nur  dem  Boden  anliegend  überwintern  (z.  B.  von  Gramineen,  Violen,  Aspentla 
t in  Ctoria  usw.). 

Diejenigen  Gewächse,  welche  im  ersten  Frühling  blühen,  besitzen  vor- 
läufige, d.  h.  schon  im  Herbst  vorher  als  Knospen  angelegte  und  vor  der  Ent- 
faltung meist  von  Knospenschiippen  schützend  umhüllte  Blüten  oder  Inflo- 
reszenzen. 

Bei  den  Alpenpflanzen  ist  die  zuletzt  geschilderte  Art  der  Überwinterung 
die  häufigste  und  der  Besitz  vorläufiger  Blüten  eine  sehr  gewöhnliche  Erschei- 
nung. Manche  Arten  (z.  B.  Soldanellen,  Primula  acaiilic,  Crocus  albißo?'iis) 
blühen  sogar  schon  im  Schnee. 

In  bezug  auf  Bestäubung  und  Samenverbreitung  sind  bei  Pflanzen  der 
Hochgebirgs-  und  Waldregion  im  großen  und  ganzen  dieselben  Einrichtungen 
zu  finden.  Autogamie  spielt  vielleicht  in  der  ersteren  eine  größere  Rolle  als  in 
der  letzteren.  Anpassungen  an  die  vSamenverbreitung  durch  Luftströmungen 
sind  bei  alpinen  Typen  besonders  häufig.  Arten  mit  Häckelfrüchten  sind  im  Zu- 
sammenhange mit  dem  häufigeren  Auftreten  zur  Verbreitung  geeigneter  Tiere 
in  der  Waldregion  zahlreicher  als  in  der  alpinen. 

c)  Die  Vegetationsformen.  ^) 

Die  Gesamtheit  der  Eigenschaften  des  äußeren  Baues  eines  Gewächses 
bedingt  die  Art  seiner  Erscheinungsform,  seines  Habitus.  Da  die  Art  der  Merk- 
male von  den  äußeren  Faktoren  sehr  wesentlich  beeinflußt  wird,  erscheint  es 
verständlich,  daß  der  Habitus  einer  Pflanze  gewissermaßen  die  ökologischen 
Verhältnisse  wiederspiegelt,  unter  denen  sie  vegetiert.  Die  Ptlanzengeographie 
verwendet  daher  auf  die  richtige  Erfassung  und  Deutung  des  Habitus  der  Ge- 
wächse große  Sorgfalt  und  bezeichnet  die  Pflanzenindividuen,  wenn  sie  sie  nur 
in  bezug  auf  ihre  äußere  Erscheinungsform  betrachtet,  als  Vegetationsformen. 
Ein  Vergleich  der  auffälligsten  Vegetationsformen  der  Wald-  und  Hochgebirgs- 
flora, wie  ihn  die  folgenden  Tabellen  anzustellen  gestatten,  wirft  also  auch 
schon  einiges  Licht  auf  die  ökologischen  Verhältnisse  dieser  beiden   Gebiete. 


^)  Bei  Abfassung  der  folgenden  Tabellen  war  vor  allem  der  physiognomische  Ein- 
druck maßgebend.  Streng  morphologisch  genommen  sind  Typen  wie  Pinus  rnontana, 
die  Rhododendren  usw.  nicht  als  Sträucher,  sondern  als  Zwergbäume  zu  bezeichnen. 


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28 


d)  Der  Gang  der  Vegetation. 

Der  Verschiedenaytigkeit  der  klimatischen  Faktoren  entsprechen  folgende 
Verschiedenheiten  im  Gange  der  Vegetation  der  Wald-  und  Hochgebirgs- 
region. 

Der  Winterschlaf  der  Pflanzen  dauert  im  Bereiche  der  ersteren  durch- 
schnittlich fünf,  in  den  rauhesten  Lagen  acht,  in  den  mildesten  vier  Monate. 
Der  Beginn  der  Vegetationszeit  wird  durch  das  Aufsteigen  des  Frühlingssaftes 
in  den  Stämmen  der  Holzpflanzen,  das  Entknospen  der  meisten  Bäume  und 
Sträucher  und  das  Ergrünen  der  Fluren  bezeichnet.  Er  tritt  an  bevorzugten 
Orten  in  günstigen  Jahren  schon  in  der  zweiten  Hälfte  März,  unter  den  un- 
günstigsten Verhältnissen  in  der  zweiten  Hälfte  des  Mai  ein.  Zu  dieser  Zeit  ist 
der  Boden  noch  durch  die  Schmelzwässer  des  Winterschnees  reichlich  durch- 
feuchtet. Anfangs  macht  die  Vegetation  nur  langsame  Fortschritte,  wird  sogar 
häufig  durch  Temperaturdepressionen  im  April  und  in  der  ersten  Hälfte  des 
Mai  verzögert,  nimmt  aber  dann  von  den  «Eismännern»^)  an  eine  raschere, 
gleichmäßige  Entwicklung.  Sehr  günstig  für  die  Pflanzenwelt  ist  es,  daß  im 
Sommer  die  höchsten  Temperaturen  mit  den  größten  Regenmengen  zusammen- 
treffen. Vom  August  an  erfolgt  zwar  eine  allmähliche  Abnahme  der  Nieder- 
schläge, wobei  jedoch  kein  Mißverhältnis  zwischen  Bodenfeuchtigkeit  und 
Temperatur  eintritt,  so  daß  eine  Unterbrechung  der  Vegetation  durch  Trocken- 
heit, ein  Sommerschlaf,  im  baltischen  Florengebiete  gar  nicht  möglich  ist.  Vom 
März  oder  April  bis  in  den  Herbst  hinein  prangen  die  Wiesen  ununterbrochen 
in  saftigem  Grün.  Anfangs  Oktober  stellen  sich  zumeist  die  ersten  Reife  und 
Fröste  ein  und  die  Verfärbung  und  das  Abfallen  des  Laubes  kennzeichnen  den 
Anfang  der  Winterruhe. 

Eine  viel  kürzere  Vegetationszeit  steht  den  Pflanzen  der  Alpenregion  zu 
Gebote.  Sie  beginnt  auch  hier  nach  dem  Schmelzen  des  Schnees,  also  unter 
den  günstigsten  Verhältnissen  Ende  Mai,  unter  den  ungünstigsten  Ende  Juli. 
Es  fällt  demnach  der  Anfang  der  Lebenstätigkeit  der  alpinen  Gewächse  mit 
der  größten  Tageslänge  zusammen,  der  Einfluß  der  Sonnenstrahlen  kommt 
während  ihrer  ganzen  Entwicklung  täglich  durch  12—16  Stunden  zur  Geltung 
und  es  ist  infolgedessen  die  Entfaltung  der  Pflanzenwelt  eine  überaus  rasche. 
Meist  schon  im  Verlaufe  von  zwei  bis  drei  Monaten  haben  die  meisten  Typen 
ihre  Jahresarbeit  beendet  und  sich  für  den  Winterschlaf  vorbereitet.  Es  ist 
dies  ein  unbedingtes  Erfordernis  für  ihre  Erhaltung,  denn  um  die  Mitte  des 
September  sinkt  bereits  die  mittlere  Tagestemperatur  regelmäßig  unter  den 
Nullpunkt  und  der  an  den  beschatteten  Stellen  nicht  mehr  abschmelzende  Neu- 
schnee eröffnet  die  Herrschaft  des  Winters. 


^)    Das    ist    der    12.,    l3.  und    14.  Mai    (Tag    des   Pankrazius,    Servazius    und    Boni- 
fazius). 


29 

Die  mannigfaltigen  durch  die  äußeren  Faktoren  bedingten  und  dem  ver- 
schiedenartigen Gange  der  Vegetation  der  Wald-  und  Hochgebirgsregion  ent- 
sprechenden Einrichtungen  des  äußeren  und  inneren  Baues  der  Gewächse 
wurden  bereits  besprochen  {S.  17 — 21). 

e)  Die  Vegetationsformationen.  ^) 

a)    Die    Formationen    der    Waldregion. 

A.  Natürliche  und  halbnatürliche  Formationen. 

1.  Baumformationen  (Wälder). 

Ganz  natürliche  Waldbestände  sind  heute  infolge  des  geregelten  Forst- 
betriebes insbesondere  in  den  unteren  Regionen  der  Ostalpen  so  selten,  daß  ich 
mir,  da  hier  nur  die  uns  wirklich  begegnenden  Formationen  geschildert  wer- 
den sollen,  ihre  Beschreibung  füglich  ersparen  könnte.  Es  sei  nur  hervor- 
gehoben, daß  in  ihnen  Laub-  und  Nadelholzarten,  vor  allem  Buchen,  Fichten, 
Tannen,  Lärchen,  Föhren,  Ahorne,  Birken  und  Eiben  in  den  verschiedensten 
Größenabstufungen  in  schütterem  Bestände  durcheinanderstehen,  zwischen  sich 
reichlich  Raum  lassend  für  verschiedenartiges  Unterholz,  Staudenwerk,  Moose, 
Flechten  und  Pilze.  Der  Boden  ist  von  den  niedergebrochenen,  vermodernden 
Stämmen,  auf  denen  sich  gewöhnlich  junge  Bäumchen,  Sträucher  und  Moos- 
polster breit  machen,  uneben  oder  gar  hügelig  und  nur  dort,  wo  Laubholz 
überwiegt,  mit  weniger  dichter  Vegetation  bekleidet.  Lianen  (Hedera  Helix, 
Clematis  Vitalba)  klettern  an  den  Bäumen  empor,  deren  Stämme  und  Äste  reich- 
lich mit  Flechten  bekleidet  sind.  Solche  urwaldartige  Bestände  finden  sich 
beispielsweise  noch  in  geringem  Ausmaße  am  vSüdhange  des  Dürrenstein  in 
Niederösterreich,  2)  in  dem  hart  an  das  Achental  angrenzenden  Quellgebiete 
der  Brandenbergerache^)  und  im  Vompertale  bei  Schwaz  in  Nordtirol. 

Die  meisten  Urwälder  sind  infolge  von  Kahlabhieben  längst  verschwunden 
und  ungemischte  Laub-  oder  Nadelwälder  größtenteils  an  ihre  Stelle  getreten. 
Ihr  Gepräge  ist  insbesondere  in  der  unteren  Gehölzregion  im  großen  und 
ganzen  ein  monotones.  Wohlgepflegt,  in  engem  Verbände  steht  Baum  an  Baum. 
Die  sich  gegenseitig  berührenden  Kronen  und  übereinandergreifenden  Aste 
gestatten  nur  spärlichem  Lichte  den  Durchtritt,  sodaß  im  dämmernden  Grunde 
des  Waldes  nur  wenige  Arten  ihr  P'ortkommen  finden.  Von  dem  für  einen 
ursprünglichen  Wald  meist  so  bezeichnenden  Unterholze  ist  im  Inneren  eines 
künstlichen  Bestandes  fast   gar  nichts   zu   sehen  und   nur  an   seinen   Rändern 


^j  Die  Hauptgrenzen  der  Vegetationsformationen  wurden  konsequent  nach  den  in 
denselben  dominierenden  Vegetationsformen  unterschieden. 

~)  Dieser  Wald,  der  sogenannte  «Rotwald»,  ist  im  Besitze  des  Freiherrn  Albert 
V.  Rothschild   und   wird   von   diesem  in  natürlichem   Zustande   belassen. 

^)   Nach   Kern  er,  T. 


3o 

haben  sich  aus  mannigfaltigen  Arten  zusammengesetzte,  von  Lianen  durch- 
strickte und  von  Stauden  durchsetzte  Strauchgenossenschaften  erhalten.  Die 
Ränder  der  Wasserrinnsale  der  Wälder  sind  meist  von  einer  sehr  charakteri- 
stischen  hygrophilen  Vegetation  bekleidet,  Waldschläge  beherbergen  ein  buntes 
Durcheinander  üppig  wuchernder  Kräuter,  Stauden  und  —  später  —  auch 
Sträucher,  mit  fliegenden  oder  fleischigen  Früchten  oder  Samen,  Auf  Wegen 
bildet  sich  oft  eine  aus  immer  wiederkehrenden  Typen  {Glyceria ßiiitans,  Poly- 
gomim  Hj'dropiper,  Ranuncuhis  repens  etc.)  zusammengesetzte  Adventivflora. 

Lichtmangel  während  der  Vegetationszeit,  beziehungsweise  in  immer- 
grünen Wäldern  während  des  ganzen  Jahres,  Abschwächung  der  Luftströ- 
mungen und  der  Schlagregen,  verminderte  Transpiration  infolge  des  Ab- 
schlusses der  Sonnenstrahlen  und  der  sehr  herabgeminderten  Windstärke  und 
geringe  tägliche  Wärmeschwankungen  der  Luft  sind  die  für  das  Pflanzenleben 
bedeutsamsten  ökologischen  Faktoren  des  Waldinneren  ;  Erblühen  vieler  Typen 
vor  Entfaltung  des  Laubes  in  sommergrünen  Wäldern,  Überwiegen  von  Stau- 
denpflanzen und  saprophytischen  Formen  und  Zurücktreten  der  Kräuter,  zarter 
Bau,  Vorherrschen  großer,  dünner  Blattflächen  und  geförderte  vegetative  Ver- 
mehrung einige  der  wichtigsten  Anpassungen  der  Pflanzen  des  Waldesgrundes 
an  diese  Faktoren.  Viele  Waldbäume  sind,  was  bei  der  Verteilung  der  Luft- 
strömungen, die  begreiflicherweise  in  den  Baumkronen  viel  stärker  sind  als  an 
der  Basis  der  Bäume,  sehr  vorteilhaft  ist,  in  bezug  auf  die  Verbreitung  des 
Pollens  anemophil,  in  bezug  auf  die  der  Samen  anemochor,  während  viele 
Stauden  des  Waldesgrundes  von  Insekten  befruchtet  werden,  im  Falle  des  Aus- 
bleibens des  Insektenbesuches  aber  meist  autogam  sind  und  zur  V^erbreitung 
von  Früchten  oder  Samen  meist  zoochore  Einrichtungen  aufweisen. 

a)  Xerophile  Baumformationen. 

Als  solche  sind  hier  nur  diejenigen  Wälder,  deren  tonangebende  Bäume 
immergrün  sind,  bezeichnet.  Dieselben  sind  im  Gegensatze  zu  unseren  sommer- 
grünen Laubwäldern  auch  im  Winter  ein  Bild  ungebrochener  Kraft  und  un- 
verwüstlichen Lebens. 

°  Seh  warzf  Öhren  Wälder.  Die  Formation  der  Schwarzföhre  (Piinis 
nigra)  ist  am  nordöstlichen  und  auch  an  gewissen  Stellen  des  südlichen  Randes 
derOstalpen  vertreten.  In  ersterem  Gebiete,^)  auf  den  warmen  trockenen  Hängen 
der  östlichsten  niederösterreichischen  Kalkalpen,  gehört  sie  zum  Bereiche  der 
pontischen  Flora.  Mangel  an  Unterholz  und  spärlicher  Niederwuchs  sind  für 
diese  Wälder  sehr  bezeichnend.   Nach  Beck  sind  die  wichtigsten  Itlemente: 

Oberholz:  Pinus  nigra,  eingestreut  Piniis  silveslris. 

Unterholz:  keines  oder  spärlich:  Juniperus  communis,  Berberis  vulgaris, 
Crataegus  monogyna  usw.   Auf  felsigem  Boden:  Amelanchier  ovalis. 

")  Vgl.  Beck,  IL 


3i 

Niederwuclis:  Genista  pilosa,  Chainaebiixus  alpestn\s,  Daphue  ciieonim, 
Sesleria  vaj-ia.  Bracliypodiuin  pinnatum,  Viola  silvcstris,  Cyclamen  Europaeum, 
PLxutago  media,  Hieraciinn  Pilosella  usw.,  in  höheren  Lagen  auch  Hellebonis 
iiii^er,  Erica  carnea  und   Valeriana  tripteris. 

In  tieferen  Lagen  sind,  insbesondere  an  lichteren  Stellen,  viele  Elemente 
der  pontischen  Busch-  und  Heideformation  der  Schwarzführe  beigesellt. 

Die  Schwarzföhrenwälder  der  südlichen  Kalkalpen  (Gegend  von  Pon- 
tebba)  haben  eine  ähnliche  Vegetation.^) 

Rotföhren  Wälder.  Auf  nährstoffarmen,  trockenen  Sandböden  wär- 
merer Lagen,  maximal  (in  den  Südalpen)  bis  zu  zirka  1500  m  ansteigend,  be- 
findet sich  die  Rotföhre  (Piinis  silvestris)  in  ihrem  Elemente.  In  den  Kalkalpen 
bildet  sie  häufig  reine,  dem  Schwarzföhrenwalde  in  der  Regel  physiognomisch 
sehr  nahe  kommende  Bestände.  Von  Bäumen  finden  sich  hin  und  wieder  Fichten, 
Tannen  und  Birken,  häufiger  Espen  (Populiis  tremula)  eingesprengt.  Das  Unter- 
holz besteht  aus  Jiiniperus  communis  und  einigen  Rubiis-P^rt^n.  Als  obere 
Schichte  des  Niederwuchses  herrschen  oft  Zwergsträucher,  und  zwar  Ericaceen 
(Vaccinium  Vitis  Idaea  und  Myrtilhis,  Calluna  vulgaris,  auf  Kalk  Erica  carnea) 
und  insbesondere  in  den  nördlichen  und  östlichen  Gebieten  Leguminosen-Halb- 
sträucher  (Genista  tinctoria,  Germanica,  Cytisus  nigricans,  Ratisbonensis)  vor, 
zwischen  welchen  Stauden  wie  Dianthus  deltoides,  Trifolium  alpestre,  Pirola 
secunda,  Melampyrum  vulgatum,  Jasione  montana,  Carlina  und  Grasartige  wie 
Anthoxanthum  odoratum,  Deschampsia  ßexuosa,  Sieglingia  decumbens,  Brachy- 
podium  pinnatum  und  Lu^iila  angustifolia  gedeihen.  Eine  unterste  Schichte, 
entweder  gemeinsam  mit  den  Zwergsträuchern  oder  auch  unabhängig  von  ihnen 
den  Boden  bedeckend,  wird  aus  Flechten  (Cladonia  rangiferina,  furcata,  squa- 
mosa),  Moosen  (Dicramim  scoparium,  Hypnum  cupressiforme,  Hylocomium 
Schreberi,  splendens  und  rugosum)  und  niederen  vStauden  (Thymus  Chamaedrys, 
Veronica  ofßcinalis,  Galiiim  Austriacwn,  Antennaria  dioeca,  in  gewissen  Gegenden 
der  Kalkalpen  auch  Cyclamen  Europaeum)  und  Riedgräsern  fCare.v  alba,  humilis) 
gebildet.  Vielfach  ist  der  Grund  der  Rotföhrenwälder  vollkommen  vegeta- 
tionslos und  nur  von  den  Kiefernnadeln  bedeckt. 

Fichtenwälder.  Unter  den  Waldbeständen  des  subalpinen  Gaues  der 
baltischen  Flora  haben  die  Wälder  der  Fichte  (Picea  excelsa)  weitaus  das 
größte  Areal  inne.  In  den  Zentralalpen,  wo  sie  die  Hänge  aller  Erhebungen 
bedecken  und  früher  sicherlich  auch  in  den  Tälern  weiter  verbreitet  waren, 
aus  denen  sie  erst  durch  die  Wiesen-  und  Feldkultur  vertrieben  wurden,  reichen 
sie  durchschnittlich  etwa  bis  zu  1900  m  nach  aufwärts.  In  den  Kalkalpen  hegt 
im  allgemeinen  die  obere  Fichtenwaldgrenze  um  ein  beträchtliches  (zirka  3oo  ??2) 
tiefer.  P'ast  stets  ist  die  Fichte  eines  der  tonangebenden  Elemente  des  Gürtels 
der  Baumo-renze-   Gewöhnlich  wird  sie  in  hohen  Lagen  fast  strauchförmig  mit 


■)   Nach   Mitteilung   Prof.  v.  Wettsteins. 


32 

weit  ausladenden,  dem  Boden  angedrückten,  nicht  selten  Adventivwuizeln  bil- 
denden untersten  Asten. 

Man  kann  den  F'ic'l^enwald  als  eine  Art  Mittelding  zwischen  xero-  und 
mesophilen  Baumformationen  bezeichnen.  Üie  Fichte  selbst  und  die  Zwerg- 
sträucher  und  Flechten  des  Bestandes  sind  xerophil,  die  Stauden  aber  typische 
Mesophyten. 

Der  dominierende  Baum  ist  also  Picea  excelsa.  Neben  ihr  spielen  als 
Bäume  die  Tanne  (Abies  alba)  und  die  Lärche  (Larix  decidua)  sowie  Birken 
(Betula  verrucosa)  nur  eine  sehr  untergeordnete  Rolle.  Die  Sträucher  Juni- 
perus communis,  Berberis  vulgaris,  Rubus-Arten  (bis  zu  zirka  800  m),  Sambucus 
racemosa,  Viburnum  Lantana  usw.  treten  nebst  jungen  Fichtenbäumchen  ge- 
legentlich als  Unterholz  auf.  In  dicht  geschlossenen  Beständen  ist  das  Unterholz 
infolge  Lichtmangels  überaus  spärlich.  Besonders  charakteristisch  für  die  meisten 
Fichtenwälder  ist  der  große  Reichtum  an  Moosen.  Hypmmi  uucinatum,  Crista  Ca- 
strensis,  Hylocomium  spleudens,  Schreberi  und  triquetrum,  Polytrichum  commune 
und  juuiperinum,  Dicranum  scoparium  und  undulatum  usw.  überziehen  große 
Flächen  mit  ihren  weichen,  schwellenden  Polstern.  An  anderen,  insbesondere 
trockenen  vStellen  bilden  die  Ericaceen-Zwergsträucher  Calluna  vulgaris,  Vacci- 
nium  Myrtillus,  Vitis  Idaea,  in  höheren  Lagen  auch  uliginosum  ebenso  ausge- 
dehnte Massenbestände.  Manche  P'lächen,  insbesondere  in  sehr  dichten  Beständen, 
entbehren  fast  jeglicher  Vegetation  und  nur  bleiche  Hymenomyceten-Mycelien 
durchspinnen  hier  den  lockeren  Humus,  um  nach  regenreichen  Tagen  des 
vSpätsommers  oder  Herbstes  ihre  mächtigen  F'ruchtkörper  über  den  mit  glatten 
Fichtennadeln  dicht  bedeckten  Boden  zu  erheben.  Von  Blütenpflanzen  gedeihen 
fast  ausschließlich  saprophytische  Typen  (Neottia  nidus  avis,  Monotropa  multi- 
flora).  Selten  begegnet  man  an  solchen  öden  Stellen  vereinzelten  Fxemplart*n 
von  Agrostis  vulgaris,  Majanthemum  bifoliimi,  Pirola  secunda,  Veronica  offici- 
nalis,  Hieracium  silvaticmn  usw.  Zwischen  den  Moosen  wachsen  mit  Vorliebe 
(Cetraria  Islandica,  Cladonia  rangiferina,  Peltigera  canina,  Lycopodium  annoti- 
num,  clavatum,  Blechnum  Spicant,  Phegopteris  polypodioides,  Dryopteris,  Oxalis 
Acelosella,  Pirola  unißora,  secunda,  minor,  in  manchen  Gegenden  auch  Carda- 
mine  trifoUa  und  Soldanella  montana,  in  den  Ericaceenbeständen  gedeihen  meist 
Pleridium  aquilinum,  Deschampsia  caespitosa,  Nardus  stricta,  Potentilla  erecta, 
an  freieren  Stellen  mitunter  dominierend,  Carex  pallescens,  Lu~ula  angustifolia, 
Antennaria  dioeca,  Hieracium  Pilosella  und  die  aucli  sonst  zumeist  Calluna  be- 
gleitenden Erdflechten  Sphyridium  byssoides  und  Baeomyces  roseus.  An  feuchten 
Orten,  am  Rande  von  Bachrinnsalen  finden  sich  gerne  Peltigera-,  Sphagnum- , 
Mnium-Arten,  Stellaria  nemoriim,  Cardamme  itnpatiens,  Stachys  silvatica,  Peta- 
sites  albus,  Crepis  paludosa,  auf  tiefgründigen  Böden  Equisetum  silvaticum, 
Athyrium  Filix  femina,  Deschampsia  caespitosa,  zwischen  Felsblöcken  eine 
ü])|)ige  Staudengesellschaft,  bestehend  aus  Aspidium  spinulosum,  dilatatum,  Poa 
ne)iu>ralis,    Chamaenerium    angustifolium,    Senecio    nonorensis,    Cirsium   hetero- 


33 

phyllnm  und  Sträucher  wie  Berberis  vulgaris,  Riibiis  Idaeus,  Sambuciis  racemosa, 
an  den  Rändern  Pieridium  aqiiilininn,  Juniperus  communis,  Corylus  Avellana, 
Berberis  vulgaris  und  verschiedene  Hochstauden,  auf  Schlägen  als  Erstlings- 
flora: Polytrichum  juniperinum,  Calamagrostis -Arten,  Deschampsia  ßexuosa, 
Lu^ula  angustifoliä,  Kubus  Idaeus  und  andere,  Fragaria  vesca,  Epilobium  mon- 
tanum  usw.,  Chamaenerium  angustifolium,  Atropa  Belladonna,  Galeopsis  Tetrahit, 
Veronica  officinalis,  Eupatorium  caunabinum,  Solidago  virgaurea,  Gnaphaliuni 
silvaticum,  Senecio  silvaticus,  Cirsium  lanceolatum,  Hieracium  silvaticum  u.  a. 
Die  Fichten  dienen  meist,  insbesondere  gegen  die  Baumgrenze  zu,  Flechten, 
namentlich  dem  Baumbart  (Usnea),  Evernia-Arten  usw.  zum  Wohnsitz.  Nur  in 
sehr  dichten  Beständen  ermöglicht  das  spärliche  Licht  nicht  einmal  diesen 
Organismen  das  Fortkommen,  In  höheren  Lagen  der  Uralpen  gesellen  sich 
allmählich  neue  Elemente,  und  zwar  von  Sträuchern  Juniperus  intermedia,  Salix 
grandifolia,  Alnus  viridis,  Rhododendron  ferrugineum,  Lonicera  nigra,  von  Bär- 
lappen Lycopodium  Selago,  von  Stauden  und  Kräutern  Listera  cordata,  Aco- 
nitum Vulparia,  Saxifraga  stellaris,  Viola  bißora  (diese  beiden  an  quelligen 
Stellen),  Melampyrum  silvaticum,  Campanula  barbata,  Homogyne  alpina,  Gna- 
phalium  Norvegicum,  von  Grasartigen  Agrostis  rupestris  und  Lu:^ula  ßavescens 
in  die  Bestände  der  Fichte. 

In  den  Fichtenwäldern  der  nördlichen  Kalkalpen  und  des  kalkreichen  Bo- 
dens der  Uralpen  treten  die  Moose  oft  nicht  so  sehr  in  den  Vordergrund  wie  in 
den  eigentlichen  Zentralalpenwäldern.  Die  Staudenvegetation  ist  aber  üppiger 
und  reicher.  Neben  Calluna  vulgaris  tritt  hier  oft  Erica  carnea  auf.  Außer  vielen 
der  bereits  genannten  Arten  sind  hier  Scolopendrium  vulgare  (auf  F'elsen),  Aspi- 
dium  lobatum,  Bromus  asper,  Ranunculus  lanuginosus,  Lunaria  rediviva,  Euphor- 
bia amygdaloides,  Mercurialis  perennis  und  von  Moosen  Tortella  tortuosa  häufig 
zu  finden.  Die  südalpinen  Fichtenwälder^)  bieten,  wenn  man  von  der  in  ihnen 
häufigen,  übrigens  schon  in  den  Nord-  und  Zentralalpen  gelegentlich  auftretenden 
Anemone  trifolia  absieht,  nur  wenig  Abweichendes. 

Die  Tanne  (Abies  alba)  spielt,  wie  bereits  erwähnt,  im  Fichtenwalde 
meist  eine  untergeordnete  Rolle,  kann  aber  auch  mitunter  tonangebend  werden 
und  bildet  dann  die  Formation  der  Tannenwälder,  die  aber  von  der  der  Fichten- 
wälder nur  wenig  verschieden  ist.  Maximal  bei  1500  m  findet  die  Tanne  in  den 
Uralpen  ihre  obere  Grenze. 

Zirbenwälder.2)  Die  Zirbe  (Pinus  Cembra)  ist  ein  im  Aussterben  be- 
griffener Baum,  an  dessen  Vernichtung  sich  der  sein  Holz  nutzende  Mensch  und 
die  seinen  Samen  nachstellenden  Tiere  in  gleichem  Maße  beteiligen. 

In  den  nördlichen  Kalkalpen  sind  Zirbenbestände  schon  selten.  In  den 
Zentralalpen  finden  sich  aber,  zumeist  an  der  Baumgrenze,  bis  zu  2000  m  an- 


1)  Vergl.  Tafel  XXXIX  oben. 

2)  Vgl.  Tafel  XXXVIir. 
Exkursion  in  die  Ostalpen. 


34 

steigend,  dort  und  da  noch  größere  Zirbenkomplexe  und  auch  in  den  südlichen 
Kalkalpen  gibt  es  noch  Zirbenwälder. 

Unter  allen  Baumv/jreinen  am  reichlichsten  mit  Unterholz  durchsetzt, 
bauen  sie  sich  aus  mehreren  Schichten  auf,  so  zwar,  daß  sich  über  einer  den 
Boden  überziehenden,  aus  Astmoosen  oder  an  feuchteren  Stellen  auch  Torf- 
moosen gewebten  Decke  ein  Gestrüpp  aus  Calhina,  Vaccinien,  Rhododendren 
und  Weiden,  in  welches  viele  Alpenstauden  wie  Aconitum  Viilparia,  Geratiium 
silvaticuin,  Getitiana- Arten,  Gnaphalium  supimnn,  Leontodon  Pyrenaicus,  Hiera- 
ciinn  alpinum  und  Gräser  wie  Avenastrum  versicolor,  Lu:^ula  maxima  etc.  ein- 
geschaltet sind,  über  diesen  ein  aus  Alniis  viridis  und  niederer  Betula  alba 
bestehendes  Buschwerk  und  darüber  endlich  als  Bäume,  meist  mit  Fichten  und 
Lärchen  vergesellschaftet,  die  mächtigen  Zirben,  reich  mit  epiphy tischen 
Flechten  (Usnea-Arien,  Letharia  vulpina)  bekleidet,  erheben, 

b)  Mesophile  Baumformationen. 

Lärchen  wälder ^).  Die  Lärche (Larix decidua),  ein  sommergrüner  Nadel- 
baum,  ist  häufig  der  Fichte  beigesellt,  bildet  aber  oft  auch,  namentlich  in  den 
mittleren  Lagen  der  Zentralalpen,  reine  Bestände.  Das  dünne  Laub  der  statt- 
lichen, reichliche  Flechten  (Usneen,  Evernien  usw.)  tragenden  Bäume  gestattet 
dem  Lichte  freien  Durchtritt,  weshalb  sich  im  Grunde  des  Bestandes  eine  dichte 
Grasnarbe,  die  wie  eine  Wiese  der  regelmäßigen  Mahd  unterliegt,  ausbreitet,  vor- 
wiegend aus  Anthoxanthum  odoratum,  Agrostis  vulgaris  und  Deschampsia ßexuosa 
zusammengesetzt  und  auch  manche  Typen  des  Fichtenwaldes,  so  insbesondere 
Vacciniinn  Vitis  Idaea,  Calhina  vulgaris,  Pteridimn  aquilinum,  Veronica  offici- 
nalis,  und  der  Wiesen,  z.  B.  Dianthus  speciosits,  Euphrasia  Rostkoviana,  striata, 
in  höheren  Lagen  des  Urgebirges  auch  Campanula  barbata,  Solidago  alpestn's, 
Arnica  montana  beherbergend,  während  das  Unterholz  meist  nur  spärlich  durch 
Juniperus  communis  (oder  intermedia),  Berberis  vulgaris,  in  den  Uralpen  auch 
durch  Rhododendron  ferrugineum,  vertreten  wird  oder  wie  die  Charakter- 
moose des  Fichtenwaldes  wohl  auch  vollkommen  fehlt.  Gleich  der  Fichte 
steigt  auch  die  Lärche  bis  zu  denjenigen  Grenzen  nach  aufwärts,  welche  über- 
haupt dem  Baumwuchse  im  Gebirge  gesetzt  sind,  gleich  dieser  bildet  auch  sie 
in  hohen  Lagen  Krüppelformen,  allerdings  stets  ohne  Bewurzelung  der  ba- 
salen Äste. 

Birkenwälder.  Die  Birken  (Betula  verrucosa,  mitunter  auch  alba)  sind 
oft  in  die  Föhren-  und  Fichtenwälder  eingesprengt  und  bilden  bisweilen  lichte, 
sommergrüne  Haine,  welche  den  Lärchenwäldern  insoferne  nahekommen,  als 
auch  in  ihrem  lichten  Grunde  soweit  er  nicht  von  Juniperus  oder  Calhina  okku- 
piert ist,  die  Existenzbedingungen  für  eine  mehr  minder  geschlossene  Gras- 
narbe gegeben  sind.  Besonders  charakteristische  Elemente  sind  aber  abgesehen 


I)  Vgl.  Tafel  XXXVII  oben. 


35 

von  dem  Hymenomyzeten  Cantharellus  cibarius  für  diese  Wälder  nicht  namhaft 
zu  machen.  —  Im  Gegensatze  zur  Lärche  finden  die  Birken,  insbesondere 
Betula  alba,  auch  auf  verhältnismäßig  feuchtem  Boden  ihr  Fortkommen.  Nicht 
selten  trifft  man  auf  reichlich  mit  Gräsern  und  Stauden  bewachsenen  Böden 
die  Birken  nur  in  ziemlich  großen  Abständen  voneinander  und  man  kann  dann 
wohl  solche  Genossenschaften,  wie  sie  sich  insbesondere  auf  Gehängen  der 
Uralpen  finden,  nicht  anders  denn  als  Wiesen,  und  zwar  je  nachdem  der  Boden 
trockener  oder  feuchter  ist  und  demgemäß  echte  oder  Riedgräser  überwiegen, 
als  echte  Wiesen,  respektive  Sumpfwiesen  mit  eingestreuten  Birkengruppen 
bezeichnen.  Solche  Wiesen  unterliegen  dann  der  regelrechten  Mahd,  die  ihnen 
ihr  charakteristisches.,  noch  später  zu  schilderndes  Gepräge  verleiht.  Nur  um 
die  Birkenbäume  bleiben  oft  Gruppen  von  Buschwerk,  bestehend  aus  Berberis 
vulgaris,  Riibiis  Idaeiis  und  caesius,  Rosa-\rt.tn,  Viburnum  Opiihis,  Lonicera 
Xylosteian  und  coerulea,  in  dessen  Schutze  dann  hohe  Stauden  wie  Streptopus 
amplexifolius,  Polygonatinn  verticillatiim,  Aconitum  rostratum,  Ranunculus  pla- 
tanifolius,  Geranium  'palustre,  Gentiana  asclepiadea  u.  a.  gedeihen.  —  Im  Ur- 
gebirge  gehen  die  Birken  höchstens  bis  zu  1600  m  nach  aufwärts,  manchmal 
sind  sie  aber  in  verkümmerten  Büschen  selbst  noch  im  Gürtel  der  Baumgrenze 
anzutreffen.  ^) 

Buchenwälder.  Sie  sind  der  Haupttypus  unserer  sommergrünen  Baum- 
formationen. Im  Gebirge  bevorzugen  sie  die  südlichen  und  östlichen  Lehnen. 
Ungemischte,  noch  nicht  von  Fichten  durchsetzte  Bestände  reichen  im  nörd- 
lichen Alpenlande  in  verschiedenen  Gebieten  sehr  verschieden  weit  nach  auf- 
wärts. Während  in  den  niederösterreichischen  Kalkalpen,  wo  allerdings  Süd- 
lehnen selten  sind,  schon  bei  zirka  1000  jn  keine  reinen  Bestände  mehr  anzutreffen 
sind  und  nur  einzelne  hochstämmige  Exemplare  etwa  400  m  höher  ansteigen, 
setzt  die  Buche  auf  den  nach  Süden  exponierten  Hängen  der  Solsteinkette  bei 
Innsbruck  noch  in  1200  m  Meereshöhe  ungemischte  Bestände  zusammen,  bildet 
die  Baumgrenze  und  reicht  in  Buschform  bis  zu  den  bereits  über  derselben 
befindlichen  Legföhrenbeständen  (1600 — 1700  m).  In  den  Zentralalpen  fehlt 
Fagus  silvatica  fast  vollständig,  in  den  südlichen  Kalkalpen  tritt  sie  aber  häufig 
auf  und  bildet  in  einer  gedrungenen  Krüppelform  mitunter  sogar  die  äußersten 
Vorposten  des  Baumwuchses  nach  oben. 

Der  tonangebende  Baum  der  Buchenwälder  ist  stets  die  Rotbuche  (Fagus 
silvatica).  Als  untergeordnete  Elemente  finden  sich  die  Bäume  Carpinus  Betulus, 
Populus  tremula,  Sorbus  Aria,  Acer  Pseudoplatanus  und  platanoides,  Fraxinus 
excelsior  (mitunter  sogar  dominierend),  Abies  alba.  Der  Boden  ist  mit  einer 
mächtigen,  unter  dem  Tritte  rauschenden  Schichte  vermodernden  Buchen- 
laubes bedeckt.  Das  dicht  zusammenschließende  Laub  der  Baumwipfel  ge- 
stattet nur  spärlichem   Lichte  den   Durchtritt  zum   Grunde    des   Waldes    und 


I)  Vgl.  Tafel  XLIV  rechts. 

3* 


36 

verleidet  wie  im  Fichtenwalde  sonnenliebenden  Gewächsen  das  Dasein.  Man 
findet  deshalb  im  dichten  Bestände  außer  Daphne  Me::^ei-eum  und  kümmer- 
lichem Baumnachwuchse  —^  nur  Tannen  sind  bisweilen  kräftig  entwickelt —  fast 
gar  kein  Unterholz.  Von  Stauden  sind  insbesondere  Polygonatiim  viultißonnn, 
Convallaria  majalis,  Galanthus  nivalis,  Cephalatithera  inibra,  alba,  Asaj'um  Ewo- 
paeinn,  Actaea  tiigra,  Anemone  Hepatica,  nemorosa,  Dentaria  biilbifera,  Lathyriis 
vernus,  Mercurialis  perennis,  Euphorbia  diilcis,  Sanicula  Europaea,  Vinca  minor, 
Melittis  Melissophylliim,  Asperiila  odorata,  Phyteuma  spicatinn,  Lactnca  mitralis, 
Prenanthes  purpurea,  Hieracium  silvaticinn,  in  gewissen  Gegenden  auch  Helle- 
borus  niger  und  Cyclamen  Europaeum,  von  Grasartigen  Milium  effusum,  Melica 
nutans,  Elymus  Europaeiis,  Carex  pilosa  (in  gewissen  Gegenden),  pendula,  digi- 
tata,  silvatica,  von  Saprophyten  Epipogon  apliyllus,  Neottia  nidus  avis,  Corallio- 
rhi^a  innata ,  von  Lianen  Hedera  Helix ,  meist  am  Boden  kriechend,  von 
Moosen  Arten  der  Gattungen  Tortula,  Brachythecium,  Hypnum,  Mnium,  Plagio- 
thecium  u.  a.  im  Dunkel  des  Waldes  zu  finden.  Die  Flechten  sind  insbesondere 
durch  Cladonia  pyxidata,  die  Hutpilze  durch  zahlreiche  Arten  vertreten.  Fels- 
blöcke  werden  von  Hypnum  molluscwn,  Orthothecium  7-ufescens  und  Neckera- 
Arten  überzogen,  an  den  Stämmen  der  Buchen  wuchern  nebst  epiphytischen 
Moosen  (vor  allem  Frullania  dilatata)  mit  Vorliebe  Fomes  (Polyporus)  fomen- 
tarius  und  Lobaria  pidmonaria. 

Viel  mannigfaltiger  ist  die  Flora  am  Rande  des  Waldes,  woselbst,  durch 
die  Fülle  des  Lichtes  begünstigt,  reichliches,  von  den  Lianen  Clematis  Vitalba, 
Vicia  dumetorum  u.  a.  durchranktes  Unterholz,  bestehend  aus  Salix  caprea, 
Corylus  Avellana,  Berberis  vulgaris,  Riibus  Idaeus  und  verschiedenen  Brom- 
beerenarten, Sambucus  racemosa,  Viburnum  Lantana  mit  mannigfaltigen  Stauden 
wie  Aruncus  silvester,  Galium  silvaticum,  Knautia  dipsacifolia,  Campanula  per- 
sicifolia,  Trachelium  u.  a.,  gedeiht.  In  höheren  Lagen  gesellen  sich  auch  Ribes 
alpinwn,  Rosa  pendulina,  Lonicera  nigra  und  alpigena  zum  Unterholze,  und 
Stauden  wie  Aquilegia  vulgaris  (oder  atroviolacea),  Aconitum  Vulparia,  Gentiana 
asclepiadea,  Adenostyles  Alliariae,  Centanrea  montana  und  die  Liane  Clematis 
alpina  machen  das  Bild  noch  farbenprächtiger.  Manche  Typen,  wie  Carpinus 
Betulus  finden  schon  in  geringen  Hohen  ihre  obere  Grenze. 

Am  Rande  von  Wasserläufen  wachsen  gerne  verschiedene  Quellmoose, 
ferner  Ranunculus  lanuginosus,  Chrysosplenium  alternifolium  u.  a.,  in  feuchten 
Schluchten  Salvia  glutinosa,  in  höheren  Lagen  Liinaria  rediviva,  auf  Felsen 
Scolopendrium  vulgare,  Asplenium  viride  usw. 

Während  das  Innere  eines  Buchenwaldes,  vom  ersten  Frühling  abgesehen, 
blütenarm  genannt  werden  muß,  ist  die  Vegetation  der  sonnigen  Waldschläge 
umso  reicher  an  Blüten  und  Farben;  Stauden  und  Gräsern  mitfliegenden  Samen, 
und  Beerenfrüchtler,  wie  sie  größtenteils  auch  für  den  Fichtenwald  charakteri- 
stisch sind,  bilden  die  ersten  Besiedler  eines  Holzschlages  im  Buchenwalde. 
Erst  nach  einigen  Jahren  gewinnen  dann  Holzgewächse  wie  Populus  tremula, 


37 

Salix  caprea,  Carpinus,  Fagus,  Sorbiis  Aria,  Acer  platanoides  die  Oberhand  und 
bezeichnen  das  zweite  Stadium  der  Schlagvegetation.  Nach  einer  größeren 
Reihe  von  Jahren  erst  hat  die  schnellwüchsige  Buche  alle  Konkurrenten  über- 
holt. Die  lichtbedürftigen  Stauden  des  Waldschlages  sind  längst  zugrunde 
gegangen,  und  nur  die  schon  genannten  Schattenpflanzen  können  sich  im 
wiederhergestellten  Buchenwalde  erhalten. 

Die  südalpinen  Buchenwälder  sind  nur  wenig  von  dem  eben  geschilderten 
Typus  der  nördlichen  Kalkalpen  verschieden.  Als  für  sie  charakteristische 
Elemente  sind  unter  anderen  Lahivnum  alpinwn,  Anemone  trifolia,  Dentaria 
digitata  zu  nennen. 

Sommergrün  und  mesophil  wie  die  Buche  selbst  sind  die  meisten  der 
Bewohner  ihrer  Bestände.  Nur  gewisse  Typen  wie  Hedera  Helix,  Helleborus 
niger,  Daphne  Laiireola,  die  P/ro/<3- Arten,  Vinca  minor  sind  immergrün.  Die 
Gewächse  des  dichten  Buchenwaldes  blühen  schon  im  ersten  Frühling  vor  Ent- 
faltung des  Laubes  der  Bäume.  Im  Sommer  sind,  während  an  den  Waldrändern 
und  auf  den  Schlägen  der  größte  Blütenreichtum  herrscht,  im  Dunkel  des 
Waldes  außer  den  bleichen  Saprophyten  nur  mehr  einzelne  Arten  wie  Lactuca 
muralis  oder  Hieracium  sihaticum  in  blühendem  Zustande  anzutreffen.  Der 
Herbst  beginnt  mit  der  Verfärbung  der  Buchenblätter,  der  dann  allmählich  das 
eigenartige  Phänomen  des  Laubfalles  folgt.  Die  Stauden  ziehen  ein  und  die 
immergrünen  Gewächse  schmiegen  ihre  Blätter  zum  Schutze  gegen  zu  starke 
Verdunstung  dem  Boden  an.  Vollständige  Vegetationsruhe  tritt  aber  auch  im 
Winter  nicht  ein.  Viele  Moose  beginnen  erst  jetzt,  wenn  der  Wald  laublos  und 
traurig  dasteht,  aufzuleben  und  nicht  wenige  reifen  jetzt  erst  ihre  Sporen. 

Mischwälder.  Während  in  den  Zentralalpen  der  Unterschied  zwischen 
den  Wäldern  der  niederen  und  höheren  Regionen  kein  allzugroßer  ist,  indem 
bis  zur  Baumgrenze  Fichten-  oder  seltener  Lärchenwälder  mit  nur  allmählich 
sich  veränderndem  Niederwuchse  dominieren,  treten  in  den  Kalkalpen,  insbe- 
sondere in  Höhen  von  etwa  800 — 1400  m,  also  über  den  ungemischten  Buchen- 
beständen, oft  Wälder  mit  verschiedenartigem  Oberholz  und  überaus  üppiger  Ve- 
getation auf,  welche  von  den  Buchen-  und  Fichtenforsten  der  tieferen  Lagen  ganz 
wesentlich  verschieden  sind.  Diese  subalpinen  Baumgenossenschaften  kommen 
jedenfalls  demjenigen  Stadium,  welches  die  Wälder  in  diesen  Gebieten  vor  der 
Betätigung  menschlicher  Kultur  besaßen,  zu  allernächst.  In  den  niederöster- 
reichischen  Kalkalpen  ist  der  Aufbau  eines  solchen  Waldes  etwa  folgender:^) 

Oberholz:  a)  Nadelholz:  Picea  excelsa,  Abies  alba,  Larix  decidua,  Taxus 
baccata.  —  b)  Laubholz:  Fagus  silvatica,  Ulmiis  montana,  Sorbus  aucuparia, 
Aria,  Acer  Pseudoplatanus,  platanoides. 

Unterholz:  Nachwuchs  des  Oberholzes,  weiter  Juniperus  communis,  Salix 
grandifolia,  Corylus  Avellana,  Rosa  alpina,  Hex  Aquifolium,  Daphne  Me^ereum, 


')  Nach  Beck  11. 


38 

Sanibiicus  raceniosa,  Lonicera  alpigena,  nigra  usw.  Zwergsträucher:  (Jhainae- 
biixiis  alpestris,  Vaccinium  Vitis  Idaea,  Myrtillus,  Erica  carnea. 

Niederwuchs:  Athyri'fjnfiUx  feinina,  Aspidium  lobatum,  Filix  mas,  spimi- 
losiim,  Lu^^iila  silvatica,  Majanthemitm  bifoliiim,  Polygonatumverticillatum,  Actaea 
nigra,  Aconitum  Vulparia,  rostratwn,  Napellus,  Dentaria  enneaphyllos,  Lunaria 
rediviva,  Saxifraga  rotundifolia,  Chrysosplenium  alternifoliwn,  Aruncus  silvester, 
Ritbus  saxatilis,  Geranium  Robertianum,  silvaticum,  Oxalis  Acetosella,  Mercu- 
rialis  perennis,  Epilobium  montanum,  Pirola  unißora,  secunda,  minor,  Gentiana 
asclepiadea,  Salvia  glutinosa,  Melampyrum  silvaticum,  Sambucus  Ebulus,  Vale- 
riana sambucifolia,  tripteris,  Knautia  dipsacifolia,  Adenostyles  glabra,  Alliariae, 
Buphthalmum  salicifolium,  Chrysanthemum  corymbosum,  Prenanthes  purpurea, 
Hieracium  silvaticum  usw. 

Sehr  reich  an  Stauden  und  Kräutern  ist  die  Vegetation  der  subalpinen, 
durch  Kahlabhieb  aus  einem  Mischwalde  hervorgegangenen  Holzschläge. 

Die  obige  Zusammenstellung  kann  zugleich  als  Schema  für  den  Aufbau 
der  Mischwälder  der  nördlichen  Kalkalpen  überhaupt  gelten.  In  den  Nord- 
tiroler Kalkalpen  finden  sich  stellenweise  Wälder,  die,  nur  aus  Buchen  und 
Tannen  zusammengesetzt,  relativ  spärlichen  Unterwuchs  aufweisen.  ^) 

Auch  in  den  südlichen  Kalkalpen  gibt  es  Mischwälder  von  ähnlicher  Zu- 
sammensetzung. Doch  ist  der  Anschluß  der  Alpenmatten  an  reine  Buchen- 
oder Fichtenbestände  oft  plötzlicher  als  in  den  nördlichen  Kalkalpen-^)  In  den 
südlichsten  Alpen  treten  in  engen,  der  Sonne  wenig  exponierten  Tälern'') 
stellenweise,  streng  genommen  nicht  mehr  der  baltischen  Flora  angehörend, 
Mischwälder  mit  sehr  reicher  Zusammensetzung  auf,  indem  sich  Carpinus, 
Ostrya  carpinifolia,  Fagus,  Qiiercus-h.rX.cn,  Acer  Pseudoplatanus,  Tilia-Arten, 
Fraxinus  Ornus  zu  geschlossenen  Beständen  vereinigen,  in  deren  Schatten 
Sträucher  wie  Philadelphus  coronarius,  Evonymus  verrucosa,  latifolia,  Staphylea 
pinnata,  Daphne  Laureola  etc.  und  Stauden  wie  Helleborus  macranthus,  viridis, 
Isopyrum  thalictroides,  Anemone  trifolia,  Epimedium  alpinum,  Euphorbia  Carnio- 
lica,  Omphalodes  verna,  Symphytum  tuberosum,  Pulmonaria  Vallarsae,  Litho- 
spermum  purpureo-coeruleum,  Melittis  Melissophyllum,  Lainium  Orvala,  Scrophu- 
laria  vernalis,  Asperula  Taurina,  nebst  vielen  anderen  in  üppiger  Fülle  gedeihen. 
Im  östlichsten  Teile  der  Südalpen  treten  wieder  andere  Arten  z.  B.  Spiraea  ulnii- 
folia,  Hacquetia  Epipactis  in  den  Bestand  des  Mischwaldes  ein.  '^) 

Eichenwälder.  Baltische  Eichenwälder  sind,  da  sich  die  langsam- 
wüchsigen  Bäume  nicht  gut  zum  Forstbetriebe  eignen,  schon  sehr  selten  ge- 
worden. Nur  im  Alpenvorlande  linden  sich  noch  gelegentlich,  z,  B.  imWiener- 
walde,  größere  Bestände.   Es  dominieren  in  ihnen  Qiiercus  sessilißora  und  Robur. 


')  Nach  mündlicher  Mitteilung  von  Fih.  v.  Handel- Mazzctti. 

2)  Nach  Engler  IL 

^)  Nach  Engler  II. 

■*)   Nach  Engler  II. 


39 

Beigemengt  sind  die  meisten  unserer  Laubbäume,  als  Unterholz  sind  außer 
dem  Baumunterwuchse  alle  häufigen  Sträucher  vertreten.  Der  Niederwuchs  ist 
reich  an  Stauden  aber  wenig  charakteristisch. 

Die  pontische  Qiiercits  lanuginosa  bildet  am  Ostrande  der  Alpen  gleich- 
falls mitunter,  und  zwar  in  Gesellschaft  der  beiden  baltischen  Eichen  und  der 
Qii.  Cerris  oft  ziemlich  ausgedehnte  Baumgenossenschaften  von  noch  reicherer 
Zusammensetzung  als  die  baltischen  Eichenwälder,  weil  sie  außer  dem  für  diese 
charakteristischen  Holz-  und  Staudenwuchs  noch  die  Elemente  des  pontischen 
Buschwerkes,  mit  dem  sie  durch  Übergänge  verbunden  sind,  enthalten. 

Kastanien  Wälder.  In  den  südlichen  und  südöstlichen  Ostalpen  ist  auch 
die  Edelkastanie  (Castanea  sativa)  heimisch.  Häufig  nur  als  untergeordnetes 
Element  des  Buchenwaldes  auftretend,  bildet  sie  insbesondere  in  Südtirol  auch 
reine  Bestände,  die  zwar  einen  sehr  reichen,  aber,  weil  schon  vollkommen  der 
Kulturregion  angehörig,  wenig  bezeichnenden  Unterwuchs  aufweisen.  Von 
Grasartigen  ist  Danthonia  calycina,  von  Stauden  Dianthus  Seginerii,  Mon- 
spessulaniis,  Ve?'on!ca  spicata,  Teucriiim  Scorodonia,  Salvia  glutinosa,  Origanum 
vulgare,  Digitalis  lutea,  Galiwn  i-ubrum,  Buplitlialmum  salicifolium  u.  a.  zu  nennen. 

Auenwälder.  Als  sehr  charakteristische  Formation  folgen  dieselben 
den  Ufern  der  meisten  Wasserläufe.  Im  allgemeinen  ist  die  Grauerle  (Alnus 
incana)  der  tonangebende  Baum.  Als  Unterholz  figurieren  insbesondere  Weiden, 
so  Salix  alba,  triandra,  purpurea,  incana,  daphnoides,  Berberis  vulgaris,  Rubiis 
caesius,  Rhammis  Frangula,  Daphne  Me:^ereinn,  Viburnum  Opulus.  Das  Busch- 
werk der  Au  wird  von  den  Lianen  Humulus  Lupulus,  Stellaria  aquatica,  Cle- 
viatis  Vitalba,  Vicia  sepiuni,  Solanum  Dulcamara,  Calystegia  sepium,  Cuscuta 
Europaea  durchrankt  und  viele  Hochstauden,  z.  B.  Urtica  urens,  Aconitum  ro- 
stratum,  Thalictrum  aquilegifolium,  lucidum,  Filipendula  Ulmaria,  Lythrum  Sali- 
caria,  Anthriscus  Silvester,  Angelica  silvestris,  Lithospermum  officinale,  Stachys 
silvatica,  Salvia  glutinosa,  Valeriana  officinalis,  Dipsacus  fullonum,  Carduus  per- 
sonata,  hochwüchsige  Kräuter  wie  Euphorbia  stricta  \in6.GYäiSG.v  \v\&  Deschampsia 
caespitosa,  Poa  nemoralis  streben  zwischen  den  Asten  der  Sträucher  empor. 
An  feuchteren  Stellen  gedeihen  oft  Molinia  caerulea,  Carex  ßacca,  Valeriana 
dioeca  etc.  Zwischen  den  Bäumen  und  Büschen  bilden  bei  lockerem  Schlüsse 
häufig  Elemente  der  benachbarten  Wiesen  eine  geschlossene  Grasnarbe.  Wenn 
aber  die  Erlen  sehr  dicht  zusammenschließen,  fehlt  wie  im  dichten  Buchen- 
bestande jegliches  Unterholz  und  nur  einige  schattenliebende  Gewächse  wie 
Agrostis  vulgaris,  Urtica  urens,  Viola  bißora,  Valeriana  dioeca  gedeihen  nebst 
Moosen  (Mnium  serratum,  Marchantia  polymorpha)  und  Hymenomyceten  im 
dunklen  Grunde  des  Auwaldes. 

In  tieferen  Lagen  ist  die  Zusammensetzung  der  Auwälder,  indem  sich 
auch  andere  Bäume,  so  vor  allem  Populus  alba  und  nigra,  Alnus  glutinosa, 
Ulmus  glabra  zum  Bestände  gesellen  und  oft  sogar  tonangebend  werden  und 
auch  der  Reichtum  der  Sträucher  {Cornus  sanguinea  etc.)    und  Stauden  (Scilla, 


40 

Galanthus  etc.)  zunimmt,  eine  viel  kompliziertere.  Die  Auenwälder  der  Donau 
zeigen  inbesondere  auf  humösem  Substrate  diesen  Laubmischwaldtypus  in 
seiner  höchsten  Vollendung  (Becks  Pappelau  ^).  Auf  sandigen  Böden  domi- 
nieren aber  mit  minder  üppigem  Unterwuchse  die  Weiden  (Becks  Weidenau  ^). 
Die  Grauerle  ist  strenge  an  feuchten  Boden  gebunden.  Während  ihre 
Schwester,  die  Schwarzerle  (Almis  glutinosa)  schon  bei  etwa  800  ?n  zurückbleibt, 
folgt  sie,  stets  von  gewissen  bezeichnenden  Pflanzen  wie  Viola  bißora  u.  a. 
begleitet,  dem  Laufe  der  Gewässer  bis  zu  1500  m  nach  aufwärts,  um  dort  erst 
von  der  Grünerle  {Alnus  viridis-)  abgelöst  zu  werden.  Namentlich  im  Urge- 
birge  sind  oft  innerhalb  der  dunklen  Fichtenbestände  kleine  Wassergräben  an 
dem  helleren  Grün  der  sie  begleitenden  Erlenformation  schon  von  weitem  zu 
erkennen. 

c)  Hydrophile  Baumformationen. 

Erlenbrüche.  Die  Brüche  sind  Baumformationen  auf  sumpfigem,  schlam- 
migen Boden.  Sie  sind  im  Alpenlande  nirgends  besonders  charakteristisch  ausge- 
bildet und  finden  sich  insbesondere  in  tieferen  Lagen,  im  Urgebirge  aber  auch 
noch  bei  iioonz,  am  Rande  stehender  Gewässer,  auf  Wiesenmooren  und  an  quel- 
ligen Stellen.  Alnus  incana  ist  gewöhnlich  tonangebend.  Auch  5a/;>-Arten  (S. 
nigricans,  aurita),  Rubus  Idaeiis,  Rhamnus  Fraugula,  Viburnnm  Opulus  sind  der 
Erle  häufig  beigesellt  und  Hinnuhis  Lnpuliis  klettert  im  Geäste  der  Büsche  und 
Bäume  empor.  Von  Stauden  gedeihen  mit  Vorliebe  Urtica  dioeca,  Filipendiila 
Uhnaria,  Lythnnn  Salicaria,  Menyantlies  trifoliata,  Valeriana  officinalis,  dioeca, 
von  Grasartigen  Cyperns  fuscus,  Scirpus  silvaticus,  Carex  riparia,  vesicaria, 
rostrata,  von  Farnen  Aspidiiim  Thelypteris  in  diesen  Beständen.  Durch  den 
größeren  Reichtum  au  Elementen  der  Wiesenmoore,  in  welche  sie  auch  oft  an 
ihren  Rändern  übergehen,  sind  die  Erlenbrüche  von  den  Erlenauen  meist  leicht 
auseinanderzuhalten. 

2.  Strauchformationen. 

Infolge  der  hohen  Kultur  in  den  unteren  Regionen  des  Alpenlandes, 
welche  nur  Wiesen,  Felder  und  Wälder  duldet,  sind  zusammenhängende 
Strauchbestände  daselbst  verhältnismäßig  selten  geworden.  Die  meisten  Sträu- 
cher sind  heute  als  Unterholz  an  den  lichten  Rändern  der  Wälder  zu  finden. 
Selbständig  formationsbildend  treten  die  Sträucher  vor  allem  an  den  die  ein- 
zelnen Feld-  und  Wiesenparzellen  trennenden  Zäunen,  an  Wegboschungen, 
Feldrainen  u.  dgl.  auf.  Vor  allem  sind  es  Sträucher  mit  Beerenfrüchten  wie 
Berberis  vulgaris,  Rubus  Idaeus,  caesius,  Rosa  canina,  Prunus  spinosa  und  Padus 
(dieser  sehr  häufig  auch  als  Baum),  Rhamnus  cathartica,  in  tieferen  Lagen  auch 
Cornus  sanguinea  und  Ligustnim  vulgare,  welche  da  zu  immer  wiederkehrenden 

I)  Vgl.  Beck  II. 

^)  Die  Bestände  der  Grünerle  werden  bei  den  alpinen  Formationen  noch  genauer 
besprochen. 


41 

Genossenschaften  vereinigt  sind.  Auch  Coryhts  Avellana  fehlt  selten  und  dort 
und  da  erhebt  sich  ein  mächtiger  Acer  Pseudoplatanus  oder  Fraxinus  excelsior 
hoch  über  das  Gesträuch.  Im  Schutze  des  Buschwerkes,  gesichert  gegen  die 
Sense  und  die  Angriffe  der  Tiere,  wachsen  üppige  Stauden,  insbesondere  die 
Disteln  Carduus  acanthoides,  Cirsium  lanceolatum  und  arvense,  ferner  Urtica 
dioeca,  also  Typen,  die  auch  sonst  von  Mensch  und  Tier  verschont  werden  und 
oft  auch  unabhängig  von  den  Sträuchern  auftreten,  ferner  Poa  nemoralis,  Chae- 
rophylluin  aureuni,  Aegopodium  Podagraria,  Lamium  album,  Galiiim  Mollugo, 
Kräuter  wie  Chenopodium  album  usw.  und  Lianen  wie  Humulus  Lupulus,  Vicia 
sepium,  die  spreizklimmenden  Stellaria  graminea  und  Galhnn  Aparine.  Das 
regelmäßige  Auftreten  dieser  Strauchgenossenschaften  an  Zäunen  ist  höchst 
wahrscheinlich  darauf  zurückzuführen,  daß  auf  den  Zäunen  sich  niederlassende 
Vögel  gerade  dort  sehr  häufig  die  Samen  der  Beerenfrüchte  deponieren.  ^) 

Außer  diesen  Beständen,  die  man  vielleicht  als  halbnatürliche  ansprechen 
kann,  gibt  es  aber  auch  noch  natürliche  Strauchformationen. 

a)  Xerophile  Strauchformationen. 

Pontische  Buschgehölze.  Diese  Formation  ist  am  Ost-  und  Südrande 
des  Alpenlandes  sehr  verbreitet  und  gehört  ins  Gebiet  des  pontischen,  respektive 
eines  diesem  sehr  nahekommenden  Florenbezirkes.  Als  Sträucher  (oder  auch 
zum  Teile  niedere  Bäume)  dominieren  am  Ostabfalle  der  Alpen  Niederöster- 
reichs und  Steiermarks  in  dieser  Formation  2)  Qiiercus  lanuginosa  und  Cerris, 
Prunus  pumila  und  Mahaleb,  Rosa  Braunii  und  caryophyllacea,  ferner  Corylus 
Avellana,  Ulmus  glabra,  Berberis  vulgaris,  Cotoneaster  integerrima,  Colutea  arbo- 
rescens,  Evonymus  verrucosa  und  vulgaris,  Acer  campestre,  Rhamnus  cathartica, 
Cornus  mas  und  sanguinea,  Lonicera  xylosteum,  bisweilen  gesellen  sich  auch 
Juniperus  communis  und  die  Liane  Lonicera  Caprifolium  zu  ihnen.  Als  Nieder- 
wuchs sind  *Poa  nemoralis,  * Brachypodium  silvaticum,  Silene  otites,  Clematis 
recta,  Adonis  vernalis,  Hesperis  tristis,  *Fragaria  vesca,  Cytisus  nigricans,  hir- 
sutus,  Dorycnium  hirsutum,  Germanicum,  *Geranium  sanguineum,  Helianthemum 
canum,  Dictamnus  albus,  Viola  Austriaca,  Vincetoxicum  officinale,  *Teucrium 
Chamaedrys,  *Stachys  recta,  *Salvia  nemorosa,  *Origanum  vulgare,  Veronica 
Austriaca,  Asperula  tinctoria,  cynanchica,  Galiiim  silvaticum,  Inula  ensifolia,  sali- 
cina,  hirta,  Artemisia  Pontica,  Austriaca,  Centaurea  stenolepis,  Rhenana,  Badensis, 
Scorzonera  Austriaca,  Lactuca  quercina  u.  a.  vertreten. 

Noch  viel  pflanzenreicher  als  diese  pontischen  Buschgehölze  sind  die  der 
südlichen  Kalkalpen.  Schon  am  Ritten  bei  Bozen  findet  sich  Ostrya  carpini- 
folia,  bis  zu  ii5o;?j  aufwärts  steigend.  Cotinus  Coggygria,  im  eigentlichen  pon- 
tischen Gebiete  selten,  ist  in  diesen  südlichen  Buschgehölzen  verhältnismäßig 


')  Nach  unpublizierter  Mitteilung  v.  Wettsteins. 
2)  Nach  Beck  II. 


42 

häufig,  Ruscus  aculeatus,  Celtis  australis,  Rubus  uhnifoUus,  tomentosus,  Rosa- 
und  C;^//i»^-Arten,  Pistacia  Terebinthus,  Punica  Granatum  (verwildert)  und  viele 
Stauden,  z,  B.  Dianthus  Jeguierii,  Monspessulanus,  Ononis  Natrix,  und  Gräser 
wie  Diplachne  sei'otina  begegnen  uns  hier  als  völlig  neue  Elemente. 

Je  mehr  man  vom  Ostrande  der  Alpen  in  deren  Inneres  vordringt,  desto 
mehr  bleiben  in  der  Buschformation  die  pontischen  Elemente  zurück  und  bal- 
tische Typen  wie  Corylus,  Berberis  und  Rosa-Avt&n,  welche  nur  mehr  von  den 
früher^)  mit  *  bezeichneten  Arten  begleitet  werden,  gewinnen  immer  mehr  die 
Oberhand.  Solchen  mächtigen  Cor^/w^-Beständen  kann  man  noch  in  Südlagen 
der  Uralpen  bis  zu  i3oo»z  Meereshöhe  begegnen. 

Auch  Juniperus  communis  bildet  bisweilen,  namentlich  an  trockenen,  den 
Rändern  von  Wäldern  vorgelagerten  Hängen  eine  immergrüne  Massenvege- 
tation, als  deren  Niedervvuchs  neben  Elementen  des  trockenen  Waldbodens 
verschiedene  der  für  das  pontische  Buschwerk  bezeichnenden  Typen  sich  finden. 

vSpierstaudengebüsche.  In  manchen  Gegenden  Nordsteiermarks  und 
Kärntens  ist  Spiraea  salicifolia  die  tonangebende  Pflanze  einer  keine  charakte- 
ristischen Elemente  enthaltenden  Gebüschformation. 

Sanddorngebüsche.  Den  Sanddorn  (Hippophae  rhamnoides)  haben  wir 
schon  als  charakteristischen  Bestandteil  freier  kiesiger  Stellen  der  Auenwälder 
kennen  gelernt,  wo  er  oft  in  Gemeinschaft  mit  Myricaria  Germanica  auftritt. 
Außerdem  bewächst  er  aber  nicht  selten,  hauptsächlich  in  den  nordtirolischen 
und  salzburgischen  Voralpen  große  Flächen  schotteriger  diluvialer  Gehänge, 
die,  wenn  der  weidenblättrige  Elaeagnaceenstrauch  im  Schmucke  seiner  dicht- 
gehäuften leuchtendroten  Beeren  prangt,  einen  prächtigen  Anblick  gewähren. 
Als  Begleitpflanzen  des  Sanddorns  sind  Berberis,  Clematis  Vitalba,  Rosa-Ari^n, 
Prunus  spinosa,  Ligustrum  vulgare,  Artonisia  campestris,  Carduus  acanthoides 
zu  nennen.  2) 

Sevengebüsche.  Juniperus  Sabina,  der  Sevenstrauch,  ein  niedriges, 
spalierstrauchartiges,  immergrünes  Holzgewächs  mit  schuppigen  Blättern, 
spielt  nur  in  gewissen  Gegenden  der  Ostalpen  als  bestandbildendes  Element 
eine  Rolle.  Im  Lungau  z.  B.  und  in  einigen  Tiroler  Tälern  (z.  B.  im  Brenner- 
gebiet) überwuchert  er  oft  in  großen  Massen  felsige  Abhänge,  fast  jede  andere 
Vegetation  verdrängend  und  mit  seinem  widerlichen  Gerüche  weithin  die  Luft 
erfüllend. 

Die  Krummholzgebüsche  werden  erst  bei  den  alpinen  Formationen  ge- 
schildert. 

b)  Mesophile  Strauchformationen. 

Weidengebüsche.  Die  Inseln  und  die  Sand-  und  Schotterbänke  der 
Flüsse  und  Bäche  bekleidet  meist  eine  durch  den  ofrauirrünen  Farbenton  schon 


')  Auf  S.  4 1 . 

^)  Nach  mündlicher  Mitteilung  von  Frli.  v.  Handel-Mazzetti. 


43 

von  weitem  ins  Auge  fallende  Massenvegetation  von  in  der  Regel  nur  in  losem 
Verbände  stehenden  Weiden.  Insbesondere  sind  es  schmalblättrige  Typen,  wie 
Salix  alba,  triaudra,  aviygdalina,  purpurea,  incana,  daphnoides,  viminalis,  sel- 
tener die  breitblättrigen  S.  nigricans  und  cinerea,  welche  hier  dominieren. 
Auch  die  der  S.  incana  im  Habitus  hochstähnliche  Hippophae  rhamnoides  und 
die  deutsche  Tamariske:  Myricaria  Germanica  sind  nicht  selten  vertreten. 
Zwischen  den  Sträuchern  gedeihen  häufig,  durch  ilire  unterirdisch  weithin 
kriechenden  Rhizome  den  lockeren  Sandboden  festigend,  Baldingera  anindi- 
nacea,  Calamagrostis  pseudophragmites  und  Epigeios,  Phragniites  communis  (oft 
—  als  Landröhricht  —  tonangebend),  Saponaria  officinalis,  Equisetum  varie- 
galum  u.  a.  Im  Kiese  aber  wachsen  nebst  Chamaeneriiim  palustre,  Oenothera 
biennis,  Erigeron  angiilosus  mit  Vorliebe  verschiedene  vom  Wasser  herabge- 
schwemmte Alpenpflanzen,  so  beispielsweise  Gypsophila  repens,  Biscutella  laevi- 
gata,  Saxifraga  ai::^oides,  Oxytropis  campestris  (selten),  Linaria  alpina,  Cam- 
panula  pusilla,  Hieracium  staticifolium  usw.  Diese  alpinen  Elemente  vegetieren 
hier  sehr  üppig,  da  sie  im  alluvialen  Schotter  ihren  primären  Standortsbedin- 
gungen sehr  nahekommende  Verhältnisse  antreffen. 

Wo  in  den  Tälern  die  Wiesen  und  Felderwirtschaft  an  den  Rändern  der 
fließenden  Gewässer  die  Auen  vernichtet  hat,  trennt  meist  nur  ein  schmaler, 
aus  Weiden  gebildeter  Streifen  das  Bach-  oder  Flußufer  von  den  Kulturen. 
Es  sind  die  bereits  genannten  W^eidensträucher,  welche  die  Wasserläufe  getreu- 
lich begleiten,  vom  Menschen  nicht  nur  geduldet,  sondern  sogar  erwünscht. 
Salix  alba  wächst  oft,  S.fragilis  fast  immer  als  Baum.  Solche  Bäume  werden 
gerne  zur  Rutengewinnung  wenige  Meter  über  dem  Boden  geköpft  und  bilden 
dann,  jährlich  des  Stockausschlages  beraubt,  die  charakteristische  Kopfweiden- 
form. In  den  im  Alter  hohl  werdenden  Stämmen  sammelt  sich  Humus,  in  welchem 
nicht  selten  Riibus  caesius,  Solanum  Dulcamara  u.  a.  epiphytenartig  vegetieren), 
Die  Begleitpflanzen  dieser  Ufergebüsche  sind  ebendieselben  wie  die  der 
Erlenauen.  Infolge  der  großen  Transportfähigkeit  ihrer  wolligen  Samen  sind 
die  Salix-Ari^n  zur  Besiedelung  und  wegen  ihres  raschen  Wachstums,  ihres 
tiefreichenden  Wurzelsystems  und  ihres  immensen  Widerstands-  und  Regene- 
rationsvermögens zur  Festlegung  jungen  Schwemmlandes  ganz  besonders  ge- 
eignet. Bei  Uferregulierungsbauten  werden  sie  gewöhnlich  zur  Befestigung 
der  Dämme  gebaut. 

3.  Zwergstrauchformationen. 

(Nur  xerophile,  immergrüne  Vereine.) 

Die  Calluna-Heide.  Die  Besenheide  (Calluna  vulgaris),  auch  Heiderich 
genannt,  ein  immergrüner  Zvvergstrauch,  welchen  wir  schon  als  einen  der 
häufigsten  Begleiter  vieler  P'öhren-,  Fichten-,  Lärchen-  und  Birkenwälder 
kennen  gelernt  haben,  deren  Grund  er  oft  mit  einem  dichten,  im  Spätsommer 
in   zartem  Rosa   prangenden,   reichlich   von  Bienen   besuchten  Teppich  über- 


44 

zieht,  tritt  auch  außerhalb  der  Baumvereine  auf  nührstoffarmen  Böden  als 
selbständifjes  formationsbildendes  Element  auf.  In  dieser  Heiderichformation, 
die  namentlich  im  Urgeo'irge  und  im  nördlichen  Alpenvorlande  auf  sonnigen 
Gehängen,  am  Rande  von  Wäldern,  auf  trockenen  Teilen  von  Sphagninn- 
Mooren  auftritt,  ist  entweder  Calluua  allein  oder  gemeinsam  mit  Vaccinium 
Vitis  Idaea  und  Myrtillus  tonangebend.  Nur  wenige  andere,  anspruchslose 
Gewächse,  namentlich  Flechten  (Cetraria  Islandica,  Cladonia  rangiferina), 
Moose  {Polytrichum-An^n),  einige  Gräser,  insbesondere  Nardiis  striata,  die 
mitunter  vorherrscht,  Agrostis  vulgaris  und  canina,  Deschampsia  ßexuosa, 
Sieglingia  decumbens  und  Stauden  wie  Potentilla  erecta,  Etiphrasia  striata,  Cam- 
panula  rotundifoUa,  Solidago  virgaiirea,  Arnica  montana,  Carlina  acaulis  und 
vulgaris  sind  in  diese  Cj/Zi/JUT-Bestände  eingeschaltet. 

Die  Rrica-Heide.  Die  Heide  des  Kalkbodens  ist  Erica  carnea.  An  Süd- 
oder ostseitigen  Geröllhalden  und  Felsbändern  der  Kalk-  und  Voralpen  bildet 
dieser  immergrüne  Zwergstrauch  mit  rosenroten,  schon  im  Herbste  des  Vor- 
jahres angelegten  und  sich  im  ersten  Frühling,  ja  oft  sogar  schon  während  des 
Winters  erschließenden  Blüten  oft  ausgedehnte  Bestände,  welche  durch  das  Zu- 
rücktreten der  Moose,  Flechten  und  Gräser  und  überhaupt  in  ihrer  ganzen 
Zusammensetzung  von  der  Ca//?f»a-Heide  total  verschieden  sind.  Rhodothainnus 
Chamaecistus,  Calamagrostis  varia,  Sesleria  varia  (oft  vorherrschend  und  so 
gewissermaßen  Nardiis  der  Calluna-Heide.  vertretend),  Carex  humilis,  Tofieldia 
calyculata,  Anthericum  ramosum,  Gymnadenia  odoratissima,  Epipactis  rubiginosa, 
Thesium  alpinum,  Biscutella  laevigata,  Chamaebuxus  alpestris,  Helianthemwn 
obscurwn,  Daphne  Cneoriim,  Peucedanum  Oreoselinuni,  Vincetoxicum  officinale, 
Teucrium  montanuvi,  Brunella  grandißora,  Euphrasia  Salisburgensis,  Globularia 
cordifolia,  Valeriana  saxatilis,  Aster  Bellidiastrum,  Buphthalmum  salicifolium, 
Hieracium  glaucum  sind  die  bezeichnendsten,  immer  wiederkehrenden  Kom- 
ponenten dieser  Formation.  In  den  östlichen  Alpen  sind  auch  noch  Genista 
pilosa,  Hieracium  porrifoliuni  und  in  der  Nähe  der  Fichtenwälder  Helleborus 
niger,  in  den  Südalpen  Euphrasia  Iricuspidata  häufige  Begleiter  der  Erica  carnea. 

4.  Grasformationen. 

a)  Xerophile  Grasformationen. 

Pontische  Heidewiese.  Für  den  bereits  ins  Gebiet  der  pontischen 
Flora  gehörenden  Ostabfall  der  niederösterreichischen  Alpen  ist  außer  dem 
Schwarzföhrenwalde  und  dem  pontischen  Buschgehölz  eine  xerophile  Gras- 
formation, bereits  mit  ziemlich  ausgesprochener  sommerlicher  Vegetations- 
ruhe, die  pontische  Heidewiese  besonders  bezeichnend.  Dichtrasige  Gräser 
wie  Stipa  pennata  und  capillata,  * Andropogon  Ischaenium,  Avenastrum  pra- 
tense,  Melica  ciliata,  Poa  Badensis,  Carex  nitida,  *humilis,  zwischen  welche 
zwergstrauchige   Cytisus  -  Arten    und    zahlreiche    Stauden    und    einige    Krau- 


45 

ter,  z.  B.  Alliiim  flavum,  Iris  puniila,  *Tunica  Saxifraga,  *Silene  Otites,  *  Ane- 
mone grandis,  Erysimimi  canescens,  *Bcj-teroa  incana,  Sedinn  ^albinn,  *Bolo- 
niense,  Potentilla  canescens,  *argentea,  Astragiilus  Austriacus,  *Oxytropis  pilosa, 
Linimi  tenuifoUinn,  Euphorbia  Gerardiana,  '^  Viola  arenaria,  Eryngium  canipestre, 
Seseli  Hippoinarathrinn,  glauciini,  *anmium,  Peucedaninn  Oreoseliniim,  *Teitcriinn 
Chaniaedrys,  Verbascmn  phoeniceum,  *Lychnitis,  Linaria  genistifolia,  Ortantha 
lutea,  Orobanche  -  Arten,  Scabiosa  ochroleuca,  Inula  ensifolia,  Oculus  Christi, 
Artemisia  Pontica,  Jurinea  mollis,  Centaurea  *Rhenana,  *Scabiosa,  *Scorzonera 
Jacquiniana,  *Hieraciuni  Bauhini  nebst  vielen  anderen  eingeschaltet  sind,  setzen 
diese  trockene,  sandige,  schotterige  oder  steinige,  nährstofifarme.  Böden  bevor- 
zugende Formation  zusammen.  Caryophyllaceen,  Cruciferen,  Leguminosen, 
Umbelliferen,  Labiaten  und  Compositen  sind  in  beträchtlichem  Übergewichte. 

Auch  in  den  Südalpen  gibt  es  Heidevviesen,  welche  sich  durch  großen 
Reichtum  an  Blütenpflanzen  auszeichnen.  Außer  vielen  Elementen  der  ponti- 
schen  und  baltischen  Heidewiese  gedeihen  hier:  Chrysopogon  Gryllus,  Ery- 
throniuni  Dens  canis,  Ornithogahnn  Pyrenaicwn,  Serapias  longipetala,  Dianthus 
Seguierii,  Saponaria  ocymoides,  Linum  viscosum,  Blackstonia perfoliata,  Scabiosa 
Gramuntia,  Cirsium  acaule,  Crepis  incarnata  usw.  ^) 

Baltische  Heidewiesen.  Auch  weiter  westlich,  im  Gebiete  der  bal- 
tischen Flora,  sowohl  am  Nordrande  der  Alpen  als  auch  in  den  unteren  Re- 
gionen des  Gebirges  selbst,  gibt  es  auf  trockenen,  mageren,  schotterigen 
oder  steinigen  Böden  Heidebestände,  die  im  allgemeinen  umso  ärmer  an  Pflanzen 
der  pontischen  Flora^)  sind,  je  höher  sie  liegen  und  je  weiter  sie  vom  pontischen 
Florengebiete  entfernt  sind.  Gewöhnlich  werden  die  Heidewiesen  als  Weide- 
plätze verwendet.  Nicht  selten  unterliegen  sie  einer  einmaligen  Mahd,  woraus 
sich  die  Berechtigung  ergibt,  sie  als  Wiesen  zu  bezeichnen,  obwohl  sie  von 
den  eigentlichen  Wiesen  auffällig  verschieden  sind.  Im  Alpenvorlande  sind 
derartige  Bestände  mitunter  noch  auf  ebenem  Terrain  (z.  B.  Weiserheide  in 
Oberösterreich)  zu  finden,  im  Gebirge  selbst  aber  auf  trockene,  nach  Süden 
geneigte  Gehänge  beschränkt.  An  derartigen  Stellen  gibt  es  z.  B.  in  den  Zen- 
tralalpen noch  bei  iioo  m  Meereshöhe  Genossenschaften,  in  denen  Arten  wie 
Phleuin  phalaroides,  Avenastrum  alpinum,  Festuca  sulcata,  Carex  verna,  erice- 
torwn,  Viscaria  viscosa,  Dianthus  Carthusianorum,  Sedujii  Boloniense,  Potentilla 
rupestris,  Trifolium  arvense,  aureum,  Euphorbia  Cyparissias,  Helianthemum  ob- 
scurum,  Pimpinella  Saxifraga,  Libanotis  montana,  Seseli  annuum,  Gentiana  cru- 
ciata,  Vincetoxicum  officinale,  Brunella  grandißora,  Thymus  Chamaedrys,  Ver- 
bascmn Lychnitis,  Veronica  spicata,  verna,  Orobanche  alba,  Scabiosa  Colum- 
baria,  Buphthalmum  salicifolium,  Carlina  acaulis,  Centaurea  Scabiosa  im  Vereine 
mit  vielen  Typen  der  später  zu  besprechenden  eigentlichen  Wiesen  gedeihen. 

')  Nach  Engler  II. 

-)  Diese  sind  im  vorangehenden  Pflanzenverzeichnisse  der  pontischen  Heide 
zumeist  ohne  Stern. 


46 

Durch  die  geschilderte  Zusammensetzung  zeigen  diese  Grasbestände  des  Ge- 
birges noch  lebhafte  Anklänge  an  die  bayrischen  Heidevviesen  Englers  (Berg- 
wiesen Becks),  die  dur^h  noch  größeren  Reichtum  an  Trockenheit  liebenden, 
zum  Teile  pontischen  Stauden  ^)  von  ihnen  nur  graduell  verschieden  sind. 

Der  pontischen  Heidewiese  nahekommende  Bestände  finden  sich  stets 
an  den  nach  Süden  geneigten  Böschungen  von  Bahndämmen.  Der  steinige,  un- 
gemein durchlässige,  stark  insolierte  Boden  solcher  künstlich  geschaffener 
Lokalitäten  ist  für  das  F'ortkommen  vieler  Gewächse  der  pontischen  Heide- 
wiese und  Sandheide  und  mancher  Unkräuter  sehr  geeignet. 

Mannigfaltige  Einrichtungen  zur  Verhinderung  allzustarker  Transpira- 
tion, Rollblätter,  Wachsüberzüge,  Haarfilze,  Einsenkung  der  Spaltöffnungen, 
Gehalt  an  leicht  verdunstenden  Ölen  oder  Milchsaft,  Dornbildungen  (auch 
gegen  Tierfraß)  sind  für  verschiedene  Typen  der  xerophilen  Gras-  und  Strauch- 
formationen bezeichnend. 

b)  Mesophile  Grasformationen. 

Wiesen  und  Weiden.  Während  die  xerophilen  und  hygrophilen  Gras- 
und  Staudenvereine  der  baltischen  Flora  größtenteils  natürlichen  Ursprunges 
sein  dürften,  sind  die  für  dieselbe  besonders  charakteristischen  mesophilen 
Wiesen  und  Weiden  größtenteils  durch  den  Einfluß  des  Menschen  aus  anderen 
Formationen,  und  zwar  vor  allem  aus  Wäldern  —  durch  Kahlabhiebe  —  oder 
aus  Wiesenmooren  —  durch  Entwässerung  —  oder  wohl  auch  aus  Heidewiesen 
durch  künstliche  Verbesserung  des  Bodens  —  als  unerläßliche  Bedingung  für  eine 
gedeihliche  Viehzucht  entstanden.  Auf  natürlichem  Wege,  durch  Überschwem- 
mungen der  Flüsse,  gebildete  Wiesen  sind  wohl  im  Alpenlande  sehr  selten. 

Würden  die  Wiesen  sich  selbst  überlassen  bleiben,  würde  der  Mensch 
nicht  kontinuierlich  durch  die  Mahd  oder  durch  die  Benützung  der  Grasflächen 
als  Weiden  die  Existenz  von  Holzgewächsen  unmöglich  machen,  durch  Ent- 
wässerung eine  neuerliche  Versumpfung  des  Bodens  hintanhalten  und  ihm 
durch  Düngung,  die  infolge  der  kontinuierlichen  Entziehung  von  Nährstoffen 
für  die  Erhaltung  der  Wiesen  dringend  nötig  ist,  immer  wieder  neue  Nährstoffe 
zuführen,  so  würden  sie  sich  alsbald  wiederum  in  diejenige  F'ormation  zurück- 
verwandeln, aus  welcher  sie  hervorgegangen  sind. 

Je  nach  den  Details  der  Bewirtschaftung  kann  man  die  Wiesen  wieder  in 
eine  ganze  Reihe  von  Untergruppen  einteilen,  2)  auf  welche  hier  nicht  näher 
eingegangen  werden  kann. 

Alle  Wiesen  sind  durch  das  Vorherrschen  von  Gräsern  mit  extravagi- 
naler Innovation  und  vieler  mesophiler  vStauden  sowie  durch  das  Zurücktreten 
der  Kräuter  und  das  Fehlen  aller  Holzgewächse  ausgezeichnet.    Infolge  ihres 


')  Auch    die    im   Verzeichnis    auf  S.  45    mit   *    bezeichneten    Typen    kommen    in 
diesen  noch  vor. 

^)  Vgl.  Stehler  und  Schröter  I. 


47 

Blütenreichtums  und  ihres  frischen  Grüns  gehören  sie  zu  den  anmutigsten 
Pflanzengesellschaften  der  baltischen  Flora.  Die  Gräser  sind  in  oder  auf  dem 
Boden  reich  verzweigt  und  ihre  sich  gegenseitig  durchdringenden  Rasen  bilden 
einen  dichten,  meist  spärlich  von  Moosen  durchsponnenen,  den  Humus  ver- 
deckenden Teppich.  Die  Mahd  und  der  Viehfraß  ermöglichen  es  nur  in  ganz 
bestimmter  Weise  ausgerüsteten  Pflanzen  zu  existieren,  schließen  gewisse 
Elemente  vollkommen  aus  und  züchten  außerdem  eine  Reihe  neuer,  eigenartig 
angepaßter  Formen.  Zu  den  Formen,  deren  Existenz  auf  Wiesen  und  Weiden 
durch  die  Sense  und  die  Weidetiere  unmöglich  gemacht  wird,  gehören  die 
Bäume  und  Sträucher.  Von  Kräutern  vermögen  sich  nur  diejenigen  zu  be- 
haupten, welche  wie  Draba  verna  oder  Veronica  arvensis  schon  vor  der  ersten 
Mahd  ihre  Samen  zur  Reife  bringen,  und  solche,  welche  sich  durch  parasitische 
Lebensweise  ganz  exzeptionelle  Ernährungsbedingungen  zu  verschaffen  wissen, 
wie  die  Euphrasia-,  Odontites-  und  Alectorolophus-Arten. 

Das  Gros  der  Wiesen  bilden  Gräser  und  Stauden.  Sie  werden  durch 
die  Eingriffe  der  Menschen  und  der  Tiere,  im  Naturzustande  durch  die  Ge- 
walt der  die  Ufer  überflutenden  Wassermassen  in  hohem  Grade  beeinflußt. 
Die  Sense  oder  der  Biß  der  Weidetiere  beraubt  die  Stauden  ihrer  generativen 
Organe,  veranlaßt  dadurch  eine  Steigerung  der  Entwicklung  der  vegetativen, 
die  sich  in  stärkerer  Verzweigung  äußert,  und  fördert  so  den  dichten  Zusammen- 
schluß der  Wiesenpflanzen. 

Ein  eingehendes  Studium  der  Ökologie  der  Wiese  ist  von  größtem  Inter- 
esse. ^)  Die  Periode  der  winterlichen  Vegetationsruhe  der  Wiesen  kann  man 
als  ihren  ersten  Tiefstand,  die  Zeit  vom  Erwachen  der  Vegetation  bis  zur 
ersten  Mahd  als  ersten  Hochstand  bezeichnen.  Durch  die  Mahd  wird  der  zweite 
Tiefstand  herbeigeführt,  der  dann,  wenn  nicht  jetzt  schon  die  Wiese  als  Weide 
benützt  wird  - —  also  bei  zweimähdigen  Wiesen  im  Spätsommer  —  in  einen 
zweiten  Hochstand  übergeht.  Diesem  wird  durch  die  zweite  Mahd  ein  Ende 
bereitet  und  es  folgt  jetzt  der  dritte  Tiefstand.  Dieser  geht  jetzt  in  ungünsti- 
geren Lagen  oder  bei  Weidewirtschaft  allmählich  in  den  Winter-  (ersten) 
Tiefstand  über  oder  aber  es  folgt  (bei  üppigen  Wiesen)  noch  ein  dritter  Hoch- 
stand, der  durch  eine  dritte  Mahd  oder  durch  die  Weidetiere  in  den  vierten, 
allmählich  in  den  ersten  ausklingenden  Tiefstand  übergeführt  wird.  vSo  die 
Wiesen  der  Täler.  Die  einmähdigen  Wiesen  höherer  Lagen  zeigen  analoge, 
aber  einfachere  Verhältnisse. 

Man  kann  nun  viererlei  ökologische  Kategorien  von  Wiesenpflanzen  un- 
terscheiden, ^)  und  zwar: 

I.  Diejenigen  Pflanzen,  «welche  die  Fähigkeit  besitzen,  mit  relativ  nie- 
drigen oberirdischen  oder  halboberirdischen  oder  mit  unterirdischen  Organen 


')   Vgl-  Wettstein,  Die  Biologie  unserer  Wiesenpflanzen.  (Vorträge  des  Vereines 
zur  Verbreitung  naturwissenschaftlicher  Kenntnisse  in  Wien.  XLIV.  Jahrg.  Heft   ii). 


48 

auszudauern  und,  so  oft  die  Verhältnisse  günstig  sind,  nach  aufwärts  wachsende 
Sprosse  zu  treiben».  Es  gehören  hierher  die  meisten  Wiesengräser  und  diko- 
tylen  Hochstauden  der  V/Jiesen. 

2.  Diejenigen,  «welche  mit  relativ  niedrigen  oberirdischen  Organen  aus- 
dauern  und  in  der  Regel  nur  einmal  während  des  Jahres  verlängerte  blühende 
Sprosse  treiben».  Hierher  gehören  hauptsächlich  dikotyle  Rosettenstauden. 
Während  des  ersten  Tiefstandes  blühen  z.  B.  Viola  hirta,  Primula  acaulis,  Gen- 
tiana  verna,  während  des  ersten  Hochstandes  Primula  officiualis,  elatior,  Salvia 
pratensis,  Plantago  media  und  lanceolata,  Knautia  aj-vensis,  Taraxacum  officinale 
usw.  während  des  zweiten  Tiefstandes  Carlina  acaulis,  während  des  zweiten 
Hochstandes  neben  Pflanzen,  die  auch  schon  während  des  ersten  geblüht  haben 
und  jetzt  neue  Blütensprosse  treiben  (z.  B.  Salvia  pratensis) :  Sauguisorba  offi- 
cinalis,  Heradeum  Sphondyliiini,  Cirsium  oleraceum  usw.  Manche  dieser  Typen, 
z.  B.  Carlina  acaulis,  mögen  sogar  erst  in  Anpassung  an  diese  Verhältnisse  ent- 
standen sein. 

3.  Diejenigen,  welche  «überhaupt  nur  während  einer  der  oben  erwähnten 
Perioden  oberirdische  Organe  ausbilden,  auch  in  dieser  Zeit  blühen,  dagegen 
alle  anderen  Perioden  unterirdisch  verbringen».  Es  sind  dies  unsere  monoko- 
tylen Hoch-  und  Rosettenstauden,  von  denen  zwei,  nämlich  Colchicum  und 
Crocus,  ganz  eigenartige  Verhältnisse  zeigen. 

4.  Die  saisondimorphen  Typen,  Paare  von  Arten,  von  denen  beide  oder 
doch  die  eine  sicherlich  in  Anpassung  an  die  ökologischen  Bedingungen  der 
Wiese  entstanden  sind  und  «von  denen  entweder  je  eine  einer  Wiesenperiode 
oder  eine  einer  Wiesenperiode^,  die  zweite  den  Existenzbedingungen  an  einem 
anderen  Standorte  entspricht».  Hierher  gehören  vor  allem  Kräuter,  und  zwar 
Arten  der  Gattungen  Gentiana  (Sect.  Endotricha),  Euphrasia,  Odontites,  Alecto- 
rolophus  und  von  Stauden  Ononis-,  Galium-  und  Campanula- Arten. 

Besondere  Erwähnung  verdient  auch  der  Umstand,  daß  Pflanzen  mit 
Schutzmitteln  gegen  Tierfraß  (Giftstoffen,  Stacheln)  gerade  in  denjenigen  Pe- 
rioden der  Wiesenentwicklung  überwiegen,  in  denen  eine  Gefährdung  durch 
Tiere  am  ehesten  zu  gewärtigen  ist,  also  vor  allem  im  Herbste. 

Je  nach  dem  Grade  der  Feuchtigkeit  und  des  Nährstoffgehaltes  des  Bodens 
und  der  Art  der  Eingriffe  des  Menschen  (Weiden,  Mähen,  Bewässerung  und 
Entwässerung,  Besamung  etc.)  ist  die  Zusammensetzung  der  Wiesen  eine  sehr 
verschiedenartige.   Als  die  wichtigsten  Elemente  figurieren: 

Oberes  Stockwerk:  Grasartige:  *Äntlioxanthmn  odoratum,  Phleum  pra- 
tense,  Alopecurus  pratensis,  Agrostis  alba,  *vulgaris,  Holcus  lanatus,  Trisetum 
ßavescens,  Avenastriim  pubescens,  Arrhenatherum  elatius,  *Bri:^a  media,  Dactylis 
glomerata,  Cynosurus  cristatus,  Poa  trivialis,  pratensis,  Festuca  elatior,  Bromus 
mollis,  von  Stauden  und  Kräutern  Colchicum  autumnale,  Rumex  Acetosa,  Silene 
venosa,  Lychnis  flos  cuculi,  Melandryum  rubrum,  Ranunculus  acer,  Cardamine 
pratensis,    Alchimilla    vulgaris,    Medicago    lupuUna,    Trifolium   pratense,   '^Lotus 


40 

Cornicidatus,  *Li}nim  catharticinn,  Viola  tricoloi-,  Anthriscus  Silvester,  Phnpinella 
magna,  Carum  Carvi,  Angelica  silvestris,  Pastinaca  sativa,  Heracleinn  Sphondy- 
lium,  Primula  officinalis,  elatior,  AJtiga  reptans,  Brunella  vulgaris,  Salvia  pra- 
tensis, *  Veronica  Chamaedrys,  Euphrasia  Rostkoviana,  Alectorolophits  minor, 
*Plantago  media,  lanceolata,  Galiimi  Mollugo,  Siiccisa  pratensis,  Knantia  arvensis, 
Campanula  patula,  Bellis  perennis,  Chrysanthemum  Leucanthemum,  Centaurea 
Jacea,  Leontodon  autumnalis,  Danubialis,  Tragopogon  Orientalis,  Taraxacum  offi- 
cinale,  Crepis  biennis. 

Unteres  Stockwerk:  Teppichmoose,  und  zwar  Hylocomium  squarrosum, 
Hypnum  Lindbergii  u.  a. 

Alle  diese  Pflanzen  und  meist  noch  viele  andere  sind  oft  auf  einer  und 
derselben  Wiese  zu  finden.  Je  nach  den  verschiedenen  Verhältnissen  dominieren 
aber  bald  diese,  bald  jene  Gräser  und  Stauden  und  man  kann  zur  Zeit  des  ersten 
Wiesenhochstandes  in  den  Alpentälern  nicht  selten  eine  Wiese  von  Taraxacum 
officinale  gelb,  eine  zweite  daneben  von  Melandryum  rubrum  rot  und  eine  dritte 
von  Umbelliferen  oder  Chrysanthemum  Leucanthemum  weiß  gefärbt  sehen. 

Wiesen  trockenerer  Gehänge  (Englers  Burstwiese)  beherbergen  außer 
den  im  vorausgehenden  Verzeichnisse  mit  *  bezeichneten  Typen  insbesondere: 
Carex  verna,  montana,  Lu:^ula  campestris,  Orchis  ustulata,  Gymnadenia  conopea, 
Ranunculus  bulbosus,  Silene  nutans,  Potentilla  Gaudini,  Anthyllis  Vulnerarla, 
Polygala  vulgaris,  Euphorbia  Cyparissias,  Viola  liirta,  Pimpinella  Saxifraga, 
Galiuni  Cruciata,  Carlina  acaulis,  Centaurea  Scabiosa,  Hypochoeris  radicata, 
Leontodon  hispidus,  Hieracium  Pilosella,  Auricula  usw.,  also  zum  Teile  Elemente, 
die  sich  auch  auf  den  Heidewiesen  wiederfinden.  Auch  Moose  treten  stärker 
hervor  als  auf  den  feuchteren  Wiesen.  Zur  Zeit  des  herbstlichen  Tiefstandes 
ist  auch  das  Auftreten  von  Gasteromyceten  {Lycoperdon  usw.)  für  diese  For- 
mation sehr  bezeichnend. 

Durch  das  Vorherrschen  gewisser  Gras-  oder  Leguminosenarten  aus- 
gezeichnete Kunstwiesen,  welche  der  Aussaat  der  betreffenden  Spezies  und 
besonders  rationellem  Düngungsverfahren  ihre  Entstehung  verdanken.,  gibt  es 
im  Alpenlande  verhältnismäßig  nur  wenige. 

An  feuchteren  Stellen,  in  der  Nähe  von  Gräben  usw.,  nehmen  die  Wiesen 
allmählich  den  Charakter  von  Wiesenmooren  oder  Sumpfwiesen  an,  auf  trocke- 
neren Böden  gehen  sie  nicht  selten  in  Heidewiesen  über. 

Landröhrichte.  Auf  Sand-  und  Schotterbänken  der  größeren  Flußläufe 
bildet  das  Schilfrohr,  Phragmites  communis,  oft  große  mesophile  Bestände,  in 
deren  Verband  auch  Baldingera  arundinacea,  Agrostis  alba,  Calamagrostis  Epi- 
geios,  Cirsium  arvense  u.  a.  eintreten.  Phragmites  spielt  hier,  indem  es  mit 
seinen  mächtigen,  reich  verzweigten  Rhizomen  den  lockeren  Boden  durchsetzt 
und  festigt,  eine  ähnliche  Rolle  wie  die  früher  erwähnten  Weiden.  Die  Besie- 
delung  des  Schwemmlandes  mit  Schilfrohr  erfolgt  durch  Anschwemmung  zahl- 
reicher Wurzelstöcke  oder  wohl  auch  durch  Samenanflug. 

Exkursion  in  die  Ostalpen.  4 


50 

Voralpenfl  uren.  Je  mehr  man  sich  der  Baumgrenze  nähert,  desto 
lockerer  wird  infolge  des  Zurücktretens  der  Gräser  der  Wasen  der  Wiese  und 
desto  größer  zumeist  die  Mahl  der  sich  zwischen  den  Gräsern  breitmachenden 
Stauden.  Verschiedene  Typen  des  Tales  bleiben  zurück  und  neue  Formen,  die 
uns  in  der  Alpenmatte  und  in  den  Krummholz-  und  alpinen  Zwergstrauch- 
beständen wieder  begegnen  werden,  mischen  sich  in  die  Grasformation.  Der 
Einfluß  des  Menschen  wird  mit  zunehmender  Höhe  immer  geringer.  Viele 
solche  Gras-  und  Staudenbestände  höherer  Lagen  werden  nur  einmal  oder 
überhaupt  nicht  gemäht  und  dienen  dann  nur  mehr  als  Weiden.  Die  ersteren 
aber  bieten  infolge  des  Zusammenvorkommens  vieler  Tal-  und  Gebirgspflanzen 
zur  Zeit  des  Hochstandes  ein  besonders  abwechslungsreiches  Bild,  wie  es 
Tafel  XL  zum  Ausdrucke  bringt. 

Durch  die  Mischung  zahlreicher  Elemente  verschiedener  Zugehörigkeit 
sind  sie  so  charakteristisch,  daß  sie  als  eigene  Formation  angesprochen  werden 
müssen.  In  der  Mannigfaltigkeit  ihrer  Gliederung  erinnern  die  Voralpenfluren 
an  die  Mischwälder  unter  den  Baumformationen.  Der  Boden  enthält  zwar  viele 
Geröllstücke,  ist  aber  tiefgründig,  schwarz,  reich  an  Humus  und  wird  viel- 
fach im  Herbste  durch  die  Weidetiere  gedüngt. 

Je  nach  dem  Grade  des  Kalkgehaltes  des  Bodens  ist  die  Gestaltung  der 
Formation  eine  sehr  verschiedene. 

Auf  kalkarmem  Boden,  also  im  Urgebirge,  enthält  sie  vor  allem  *Phleiiiu 
alpiuiim,  Deschampsia  caespitosa,  *Festiica  fallax,  *Veratrinn  albiim,  '''Orchis  ma- 
culata,  * Gymnadenia  conopea,  *Rumex  alpinus  (in  der  Nähe  der  Almhütten). 
*arifoUus,  *Polygonum  Bistorta,  *Silene  venosa,  *Melandryiim  rubnnii,  *Ra- 
nunculus  acer,  *Alchimilla  alpestris,  *Potentilla  aiirea,  Trifolium  *pratense, 
*nivale,  *repens,  Chaerophyllum  Villarsii,  *Veronica  Chamaedrys,  Campanula 
barbata,  Arnica  montana,  *Solidago  alpestris,  Gnaphaliiim  Norvegicwn,  Cen- 
taiirea  pseudophrygia,  Willemetia  stipitata,  Crepis  paludosa,  Hieraciinn  aiiran- 
tiaciim  usw. 

Viel  mannigfaltiger  ist  ihre  Zusammensetzung  auf  kalkreichem  Boden. 
Außer  den  im  vorhergehenden  Verzeichnisse  mit  *  signierten  Typen  finden  sich 
hier:^)  Anthoxanthum  odoratum,  Phleum  Michelii,  Sesleria  varia,  Bri-a  media, 
*Poa  alpina,  hybrida,  Carex  atrata,  capillaris,  Juncus  alpinus,  Lilium  Martagon, 
*bulbiferum,  Polygonatum  verticillatum,  Orchis  globosa,  Coeloglossum  viride, 
Gymnadenia  odoratissima,  Listera  ovata,  Thesium  alpimim,  *Trollius  Europaeus, 
Anemone  alpina,  narcissißora,  * Raniinculus  montatius,  Thalictrum  aquilegifolium, 
Anthyllis  alpestris,  Astrantia  major,  Primula  elatior,  *Gentiana  venia,  Eiiphrasia 
picta,  Knaiitia  dipsacifolia,  Scabiosa  lucida,  Buphthalmum  salicifoliiim,  Chrysan- 
themum atratum,  Senecio  abrotanifolius,  Carduus  deßoratus,  (h-epis  blattarioides, 
Hieracium  villosiceps  und  noch  viele  andere  Formen,  die  zum  Teile  erst  bei  Be- 


'")  Die  mit  *  bezeichneten  auch  auf  kalkarmem  Boden. 


51 

sprechung  der  Alpenmatten,  für  welche  sie  besonders  bezeichnend  sind,  er- 
wähnt werden  sollen. 

Für  die  Voralpenfluren  der  südlichen  Kalkalpen  sind  außer  den  meisten 
der  eben  genannten  noch  Aconitimi  ranuuculifolium,  Onobrychis  niontana,  Eryn- 
giiim  alpinum,  Laserpitiiun  peiicedanoides,  Doronicum  Columnae,  Crepis  incarnata 
besonders  bezeichnend. 

Die  Vegetation   der  Umgebung   der  Almhütten  ist   infolge  des  durch  die 

reichliche  natürliche  Düngung  hervorgerufenen  großen  Nährstoffgehaltes  und  der 

großen  F'euchtigkeit  des  Bodens  eine  ganz  besonders  üppige.    Außer  den  beiden 

Unkräutern  Urtica  dioeca  und  Chenopodium  bomis  Henricus  sind  Riimex  alpinus, 

Ranunculus  acer,  Aconitum  Napellus,  Mentha  alpigena,   also  insgesamt  Pflanzen, 

die  von  den  Weidetieren  gemieden  werden,  wohl  fast  um  jede  Almhütte,  und 

zwar  zumeist  in  luxurianten,  großblättrigen  Exemplaren  zu  finden.   (Tafel  XLI, 

XLII  oben.) 

c)  Hydrophile  Grasformationen. 

Sumpfwiesen.  (Saure  Wiesen  oder  Wiesenmoore.)  Da  diese  in  allen 
Teilen  des  subalpinen  Gaues  der  baltischen  Flora  auftretende  Formation  tief- 
gründigen, reichlich  durchfeuchteten  Boden  beansprucht,  kommt  sie  in  den 
Tälern  insbesondere  längs  der  Flußläufe,  auf  Hängen  in  der  Nähe  quelliger 
Stellen  zur  Geltung.  In  die  Wiesen  geht  sie  oft  allmählich  über,  von  angren- 
zenden Heidewiesen  ist  sie  meist  scharf  gesondert.  Ihre  Elemente  beanspruchen 
großen  Reichtum  des  Substrates  an  Pflanzennährstoffen,  insbesondere  an  Cal- 
cium und  Kalium.  I3ie  tonangebenden  Elemente  sind  dichtrasige  oder  krie- 
chende Seggen,  also  Arten  der  Gattung  Carex,  so  C.  Davalliana,  paniculata, 
stricta,  nigra,  panicea,  rostrata,  flava,  Oederi,  distans,  Hornschuchiana,  ferner 
Eriophoriim  latifolium  und  polystachyiim,  Sciipiis  silvaticus,  Schoenus  ferru- 
gineus,  Rhynchos-pora  alba  und  Gräser  wie  Agrostis  alba,  Deschampsia  caespitosa, 
Phragmites  communis,  Molinia  coerulea.  In  den  meist  ziemlich  dicht  geschlos- 
senen Bestand  mengen  sich  zahlreiche  Stauden,  z.  B.  Equisetum  variegatum, 
Triglochin  palustre,  Veratrum  album,  Colchicum  autm^inale,  Orchis  latifolia, 
incarnata,  Epipactis  palustris,  Polygonum  Bistorta,  Lychnis  ßos  cuculi,  Dianthus 
superbus  (in  höheren  Lagen  speciosus),  Caltha  palustris,  Trolliiis  Europaeus, 
Cardamine  pratensis,  Parnassia  palustris,  Filipendula  Ulmaria,  hexapetala,  Ly- 
thrum  Salicaria,  Epilobium  palustre,  parvißorum,  Angelica  silvestris,  Primula 
farinosa,  Gentiana  Pneumonanthe,  Myosotis  palustris,  Pinguicola  vulgaris,  Ga- 
lium  boreale,  palustre,  uliginosum,  Valeriana  dioeca,  Cirsium  oleraceum,  palustre, 
rivulare,  die  Schachtelhalme  Equisetum  palustre  und  limosum  und  nicht  selten 
auch  als  kleiner  Strauch:  Salix  rosmarini/olia.  Als  unterste  Schichte  sind  die 
Teppichmoose  Camptothecium  nitens ,  Hypnum  intermedium ,  trifarium  u.  a. 
dem  Boden  angedrückt.  Der  Kalkreichtum  des  Bodens  bedingt  es  offenbar, 
daß  die  Sphagnen  nur  in  geringer  Menge,  niemals  aber  dominierend  vertreten 
sind.   Gleichwie  auf  der  Wiese  sind  die  Kräuter  (Linum  catharticum  und  Para- 

4* 


52 

siten  wie  Alectorolophiis  minor,  Melavipyrum  pratense,  Pedicularis  palustris)  im 
Vergleiche  zu  den  Stauden  sehr  in  der  Minderzahl, 

Im  Gegensatze  zu  deh  Wiesen  machen  die  Moorwiesen  infolge  der  dunkel- 
oder  graugrünen  Färbung  der  Blätter  der  vSeggen,  zwischen  deren  Polstern 
nicht  selten  das  trübe  Moorwasser  sichtbar  wird,  einen  ziemlich  düsteren  Ein- 
druck. Der  durch  den  Wasserreichtum  zustande  kommende  Abschluß  der 
absterbenden  Pflanzenteile  von  der  Luft  hat  in  vielen  Wiesenmooren  die  Bil- 
dung von  Torf,  eines  braunen,  nur  wenig  Veränderte  Pflanzenteile  enthaltenden 
Humus  mit  maximal  zirka  60°/^  Kohlenstoffgehalt  zur  Folge.  Manche  Typen 
der  Wiesenmoore  weisen  merkwürdigerweise  xerophile  Einrichtungen  auf,  was 
damit  in  Zusammenhang  stehen  dürfte,  daß  der  Boden  zwar  physikalisch  naß, 
physiologisch  aber,  wegen  des  großen  Gehaltes  an  Humussäuren,  trocken  ist, 
was  ja  in  noch  höherem  Grade  von  den  Sphagmmi-Mooren  gilt. 

Sümpfe.  In  dieser  nur  im  Vorlande  und  in  den  Tälern  des  Gebirges  am 
Rande  stehender  oder  träge  fließender  Gewässer  auf  tiefgründigem,  schlammigem 
Boden  auftretenden  Formation  sind  gesellig  wachsende  Rohrgräser,  Binsen  und 
hohe  Seggen  mit  ihren  hohen,  kräftigen  Stengeln  und  weithin  kriechenden  Rhi- 
zomen  die  tonangebenden  Elemente.  Im  Gegensatze  zu  den  Gräsern  der  Wiesen 
und  Seggen  der  Sumpfwiesen  vermögen  die  Rohrgräser  sich  nicht  zu  einem 
dichten,  den  Boden  verhüllenden  Wasen  zu  verfilzen.  Gewöhnlich  überwiegt 
eine  von  den  folgenden  Arten:  Phragmites  communis,  Schoenoplectus  lacustris, 
Carex  striata,  Equisetimi  limosum^),  Typha  latifolia.  Als  akzessorische  Elemente 
sind  Sparganium  erectiim,  Älisma  Plantago,  Baldingera  arundinacea,  Poa  palustris, 
Cladium  Mariscus,  Carex  vulpina,  Pseiidocyperus,  riparia,  vesicaria,  rostrata, 
Acorus  Calamus,  Iris  Pseudacorus,  Riimex  Hydrolapathum,  Ranunculus  Lingua, 
Lythrum  Salicaria,  Epilobium  hirsutum,  Hippiiris  vulgaris,  Cicuta  virosa,  Sium 
latifolium,  Lysirnachia  vulgaris,  punctata,  Myosotis  palustris,  Scutellaria  galeri- 
culata,  Stachys  palustris,  Galium  palustre,  Senecio  paludosus  in  erster  Linie  zu 
nennen.  Kräuter  fehlen  nahezu  vollständig.  Gleichwie  in  den  Sumpfwiesen 
findet  auch  in  den  Sümpfen  infolge  der  Hintanhaltung  der  Verwesung  der 
unterirdischen  Pflanzenorgane  Torfbildung  statt.  Als  Schlammfänger  und  mit 
dem  Wasser  erfolgreich  um  den  Boden  kämpfende  Pioniere  der  Landvege- 
tation spielen  die  Rohrgräser  und  Binsen  eine  bedeutsame  Rolle. 

Als  eine  eigene  Fazies  der  Sumpf  bestände  kann  man  wohl  die  in  schlam- 
migen Gräben  und  im  weichen  Boden  kleiner,  periodisch  austrocknender 
Lachen  mit  Vorliebe  sich  breitmachenden  Gesellschaften  hygrophiler  Typen 
bezeichnen.  Ihre  Zusammensetzung  ist  eine  sehr  verschiedenartige.  Auch  hier 
sind  Binsen,  allerdings  von  kleinerer  Statur,  die  vorherrschenden  Elemente. 
Zumeist  überwiegt  Heleocharis  palustris.  Auch  Juncus- KrtG.r\,  vor  allem  /.  arti- 
culatus,  oft   auch  J.  ejjfusus,  alpinus  und  der  einjährige  bufonius  sind  oft  sehr 


')  Dann  ist  der  Sumpf  eine  Schachtelhahnformation  (Equisetetum). 


53 

häufig-.  Sparganhim  erectum  und  simplex,  Alopeciirus  fiilviis,  Glyceria  ßuitans, 
Isolepis  setacea,  Polygoninn  amphibium,  Ranuucitlus  sceleratus,  t-epens,  Roripa 
palustris,  Epilobium  pahistre,  parvißonim,  roseum,  Myosotis  palustris,  Lycopus 
Europaeus,  Veronica  Beccabunga,  Anagallis  u.a.  g-ehüren  oft  dieser  auf  kiesigem 
Boden  in  die  Quellfluren,  auf  humösem  Substrate  aber  in  die  noch  später  zu 
besprechenden  Moräste  übergehenden  Gesellschaft  an. 

5.  Staudenformationen. 

Hydrophil. 

Quellfluren.  Am  Rande  von  Wasserrinnsalen  der  voralpinen  Region, 
inmitten  der  eben  geschilderten  Voralpenfluren  oder  auch  der  bereits  schütter 
werdenden  Baumbestände,  ist  in  der  Regel  eine  sehr  charakteristische  Pflanzen- 
genossenschaft anzutreffen,  die  aus  hygrophilen  vStauden,  Gräsern  und  Moosen 
besteht.  Die  Stauden  sind  entschieden  im  Übergewicht.  Die  wichtigsten  Ele- 
mente der  Quellfluren  sind  etwa  folgende:  Moose:  PJiilonotis  fontana,  Aula- 
comiuni  palustre,  Harpanthus  Flotowianus,  Bryum  pseudotriquetrum ;  Gras- 
artige :  Phleum  alpinum,  Deschampsia  caespitosa,  fCarex  frigida,  *ferruginea, 
Juncus  alpinus,  triglumis;  Stauden:  *Aconitwn  Napellus,  jTauricum,  *Ranun- 
culus  aconitifolius,  Cardamine  amara,  fSediim  villosiim,  Saxi/>-aga  rotundifolia, 
Geum  rivalc,  Viola  bißora,  Hypericum  quadranguliim,  Epilobium  *alpestre,  alsine- 
folium,  Chaerophyllum  hirsutum,  Bartschia  alpina,  Adenostyles  *glabra,  Alliariae, 
Senecio  crispatus,  alpinus,  '^Cirsium  Erisithales,  Mulgedium  alpinum,  Crepis 
paludosa.  ^) 

Solche  Quellfluren  begleiten  die  Wasserrinnsale  oft  weit  nach  abwärts  in 
die  Wälder  hinein,  in  deren  Schatten  sich  gewöhnlich  noch  Eupatorium  canna- 
binum,  Petasites  hybridus,  albus,  Doronicum  Aust?-iacum  und  Mnä/7;z-Arten  an 
Bachrändern  einfinden^).  Auch  der  Grünerle  (Alnus  viridis)  begegnet  man  gegen 
die  Baumgrenze  zu  häufig  im  Gefolge  der  Quellflurbestände  und  nicht  selten 
sieht  man,  daß  ihre  Büsche  das  Übergewicht  bekommen  und  sich  zu  einer 
eigenen  Formation  zusammenschließen,  in  welcher  die  Quellflurelemente  nur 
mehr  als  Begleitpflanzen  zu  betrachten  sind.  Gegen  das  Tal  zu  gewinnen  am 
Bachrande  zumeist  über  kurz  oder  lang  die  Grauerle  oder,  wo  zum  ersten  Male 
größere  Schutt-  oder  Sandmassen  abgelagert  werden,  verschiedene  Weiden  das 
Übergewicht  und  nur  die  steilen  Seitenwände  enger  Waldschluchten,  auf  denen 
sich  keine  Bäume  halten  können,  hat  auch  in  tieferen  Lagen  nicht  selten  eine 
aus  Impatiens  nolitangere,  Tussilago  Farfara  etc.  bestehende  Staudengenossen- 
schaft inne,  die  man  noch  als  Fazies  der  Quellenfluren  bezeichnen  kann.  Schließ- 
lich gehören  hierher  noch  die  sehr  charakteristischen  Bestände  von  Montia  fon- 
tana,   Cardamine    Nasturtium,    Berühr   angustifolia,    Veronica    Beccabunga    und 

')  Die  mit  *    bezeichneten  Arten    sind  für  kaflcreichen,  die  mit  f  bezeichneten  für 
kalkarmen  Boden  charakteristisch,  die  nicht  signierten  indifferent. 
2)  Vgl.  Tafel  XXXVI. 


54 

Anagallis   und  einigen  anderen   Stauden   auf  kiesigem   oder   sandigem    Grunde 
der  Quellbäche  des  Wiesenlandes  der  Täler  und  Ebenen. 

6.  Wasserpflanzenformationen. 

Die  höher  organisierten  Wassergewächse  unseres  Gebietes  gehören  ent- 
weder zu  den  Limnaeen  oder  zu  den  Hydrochariten.  Die  ersteren  wurzeln  im 
schlammigen  Grunde,  die  letzteren  erhalten  sich  frei  schwebend  im  Wasser 
oder  liegen  auf  der  Oberfläche  desselben.  Alle  Wasserpflanzen  sind  infolge  der 
geförderten  vegetativen  Vermehrung  durch  geselliges  Wachstum  ausgezeichnet. 

Die  Limnaeen  leben  in  fließenden  und  stehenden  Gewässern,  und  zwar 
sowohl  in  kleineren  als  auch  in  der  Randzone  größerer  Wasseransammlungen. 
Als  bestandbildende  Limnaeen  seien  Sparganium  miniminn,  simplex,  Arten  der 
Gattung  Potamogeton,  z.  B.  natans,  perfoliatiis,  lucens,  gramineus,  crispiis,  alpinus, 
pusillus,  pectinatus,  Zanichellia  palustris,  Elodea  Canadensis,  Polygonum  amplii- 
biiim,  Nymphaea  alba,  Nuphar  luteum,  Ceratophylluui  demersum,  Ranunculus 
divaricatus,  paucistamineus,  Callitriche  verna,  Trapa  natans,  Myriophyllum  ver- 
ticillatum,  spicatum,  HippuHs  vulgaris,  ferner  Moose  aus  der  Gattung  Hypniim 
und  schließlich  die  Characeen  genannt.  In  verschiedenen  Fällen  dominieren 
verschiedene  dieser  Arten  und  jede  derselben  kann  bestandbildend  auftreten.  In 
der  Randzone  von  Seen  oder  größeren  Teichen  sind  oft  Nymphaea  und  Nuphar 
durch  ihre  großen  auf  der  Oberfläche  des  Wassers  schwimmenden  Blätter  sehr 
auffällig,  oft  gesellt  sich  auch  Potamogeton  natans  mit  seinen  älinlich  geformten 
aber  viel  kleineren  Blättern  zu  ihnen,  im  Grunde,  jedoch  selten  unter  5  m  Tiefe, 
bildet  mitunter  Zanichellia,  Potamogeton  perfoliatus  oder  Sparganium  minimum 
dichtgeschlossene,  submers  vegetierende  Bestände.  Elodea  Canadensis  bevor- 
zugt den  sandigen  Boden  der  Kanäle  und  der  Altwässer  der  Flüsse,  die  Cerato- 
phrllum-,  Ranunculus-,  A/>^r/oj3/ij^//!»n-Arten  und  Characeen  gedeihen  mit  Vorliebe 
in  Tümpeln  mit  schmutzigem  Wasser,  letztere  oft  auch  in  Gräben,  die  Calli- 
trichen  sind  oft  in  klarem  Wasser,  auch  noch  in  den  Gebirgsbächen,  anzu- 
treffen, Potamogeton ßuitans  (nur  in  kalkarmen  Gegenden)^  crispus,  Ranunculus 
ßuitans  und  Fontinalis  antipyretica  in  rasch  fließenden  Wässern  zu  finden. 
Bekannt  ist  das  Vermögen  vieler  Limnaeen,  im  Falle  des  Austrocknens  der 
Gewässer  Landformen  zu  bilden. 

Die  Hydrochariten  finden  sich  fast  nur  in  stehenden  Gewässern.  Zu  ihnen 
gehören  Hydrocharis  niorsus  ranae,  Spirodela  polyrrhi^a,  Lemna  trisulca,  minor, 
gibba,  Ceratophyllum  demersum  (fakultativ)  und  die  Utricularia-Arten  vor  allem 
U.  vulgaris  und  minor.  Von  diesen  können  alle,  insbesondere  aber  die  Lemnaceen, 
die  oft  in  ungeheuren  Mengen  große  W^asserflächen  mit  einem  grünen  Teppich 
bedecken,  für  sicli  allein  Bestände  bilden,  oder  aber  sie  sind  mit  Limnaeen 
vergesellschaftet.  Auch  schwebende  Fadenalgen  (Konjugalen)  mischen  sich  oft 
in  die  Hydrocharitenbestände.  Auf  vielen  Wasserpflanzen,  insbesondere  in 
trüben  Gewässern,  bilden  festsitzende  Diatomeen  eine  Epipliytenvegetation. 


55 

Mit  zunehmender  Höhe  über  dem  Meere  erfolgt  eine  Ahnahme  der  Arten- 
zahl der  Wasserg-ewächse,  Nur  wenige  Arten  wie  beispielsweise  Spargatniim 
inininiuui  und  Potamogeton  marimis  gehen  bis  über  die  Raumgrenze. 

7.  Moosformationen. 

a)  Hydrophile  Moosformationen. 

Sphagnum-Moore  (Hochmoore).  Die  genügsamen  Sphagnen,  denen 
diese  Formation  ihr  Gepräge  verdankt,  gedeihen  mit  Vorliebe  auf  feuchten, 
nährstofif-  (insbesondere  kalk-  und  Stickstoff-)  armen  Böden.  Mit  der  Abneigung 
der  Sphagnen  gegen  Kalk  hängt  es  offenbar  zusammen,  daß  die  Hochmoore 
in  den  Uralpen  viel  häufiger  sind  als  in  den  Kalkalpen.  Auch  konstant  große 
Luftfeuchtigkeit  und  relativ  niedrige  Temperaturen  sind  wesentliche  Lebens- 
erfordernisse für  tue  Sphagnen.  Sie  gedeihen  deshalb  in  großen  Meereshöhen 
ebensogut  wie  in  tiefliegenden  Sohlen  der  Täler,  wenn  sie  nur  die  erwähnten 
Bedingungen  vorfinden.  Stets  in  geschlossenen  Beständen  wachsend,  können  sie 
infolge  eines  sehr  zweckmäßigen  Baues  große  Wassermengen  ansaugen  und 
festhalten,  ohne  jedoch  aus  dem  Boden  selbst  Wasser  zu  beziehen.  Während 
die  unteren  Teile  allmählich  absterben,  wachsen  die  Spitzen  unausgesetzt  mit 
großer  Energie  in  die  Länge,  das  Moor  erhebt  sich  höher  und  höher  und  ge- 
winnt auch,  solange  die  Luftverhältnisse  günstige  sind,  an  Umfang.  Da  die 
Mitte  meist  höher  emporgewölbt  ist  als  die  Ränder,  kann  man  die  Sphagnum- 
Moore  auch  Hochmoore  nennen.  Aus  den  absterbenden  Teilen  der  Moose  und 
der  anderen  Gewächse  bildet  sich  Torf  und  zwar  in  viel  größerem  Ausmaße 
als  in  Sumpfwiesen  und  Sümpfen.  Außer  den  Sphagnen  sind  auch  die  anderen 
Moose  und  Eriophonnn  vaginatum,  Trichophoriiin  caespitosuin,  Calluna  vulgaris 
u.  a.  an  der  Torfbildung  beteiligt.  Der  Sphagnum-T ovi^)  ist  bedeutend  ärmer 
an  mineralischen  Bestandteilen  und  reicher  an  Kohlenstoff  als  die  anderen  Torf- 
gattungen. Mit  dem  geringen  Stickstoffgehalte  des  Bodens  der  Torfmoore 
dürfte  das  Auftreten  karnivorer  Pflanzen  [Drosera- Krten)  in  ursächlichem  Zu- 
sammenhang stehen.  Die  physiologische  Trockenheit  des  Bodens  läßt  es  ver- 
ständlich erscheinen,  daß  auch  im  Torfmoore  verschiedene  Typen  xerophile 
Einrichtungen  besitzen. 

Die  Zusammensetzung  eines  Torfmoores  der  xA.lpen  ist  etwa  folgende. 
Tonangebend  (als  untere  Schichte):  Sphagnen,  und  zwar  insbesondere  S.  cj'mbi- 
folhnn,  medium,  acutifolium  u.  a.  Diesen  beigesellt  die  Moose:  Polytrichum 
strictum,  Äulacomniimi  palustre,  Meesia-,  Hjynum-Arten,  Cephalo:^ia  usw.  Als 
obere,  aber  nicht  geschlossene  Schichte:  Grasartige:  Trichophorum  Austriacum, 
alpimim,  Eriophorum  vaginatum,  Schoenus  nigricans,  ferrugineus,  Rhynchospora 
alba,  fusca,  Carex  dioeca,  paucißora,   limosa;  Stauden:   Scheuch:^eria  palustris. 


')  Die  besseren  Sorten    werden   als  Brennmaterial,    die  schlechteren   als    Stallstreu 
verwendet. 


56 

Malaxis  pahidosa  (selten),  Drosera  rotundifolia;  Kraut:  Pedicularis  palustris; 
Zwergsträuclier:  Empelriim  nigriim,  Andromeda  poUfoUa,  Vacciuiiim  Oxycoccos, 
Vitis  Idaea,  Myrtillus,  nlig]nosiim,  Calhina  vulgaris;  Sträucher:  Piniis  montana, 
Salix  7-osviarinifolia,  Betiila  nana,  hinnilis;  Bäume:  Pinus  uliginosa  (bisher  nur 
in  einem  Moore,)  ^)  Betula  alba. 

Mitunter  wird  Ertophorum  vaginatum  tonangebend,  an  trockenen  Stellen, 
msbesondere  an  den  Rändern,  kommt  oft  Calluna  vulgaris  zur  Vorherrschaft, 
und  das  Torfmoor  wandelt  sich  dann  in  eine  von  der  gewöhnlichen  Calluna- 
Heide  oft  nur  durch  den  torfigen  Untergrund  verschiedene  Moorheide  um. 
Auch  Pinus  montana  überwiegt  nicht  selten. 

Zu  den  hygrophilen  Moosformationen  sind  auch  die  Bestände  flutender 
Moose  in  nährstoffarmen  Lachen  in  Torfmooren  (Hypnen)  und  nährstoff- 
reichen Wässern  {Fontinalis  antipyretica  der  Quellen),  gewisser  Quellflurmoose, 
z.  B.  von  Aulacomnium  palustre,  Philonotis  fontana  und  der  feuchte  Felsen  über- 
ziehenden Weissiaceen  (z.  B.  Hynienostylium)  zu  rechnen. 

b)  Mesophile  Moosformationen. 

Auf  alten  Holzdächern  bilden  nicht  selten  einige  Moose  (Bryiim  argen- 
teum,  Ceratodon  purpureus,  Tortula  muralis,  Hypnimi  cupressiforme)  dichte  Be- 
stände, zwischen  denen  ab  und  zu  ein  Kraut,  z.  B.  Arenaria  serpyllifolia,  Chae- 
norrhinum  minus  oder  ein  Gras  (z.  B.  Poa  pratensis),  ja  mitunter  sogar  ein  kleiner 
Strauch  {Rubus  Idaeus  u.  dgl.),  ein  bescheidenes  Dasein  führt.  Solche  Dächer 
erinnern  in  ihrer  Vegetation  nicht  wenig  an  Felsen,  insbesondere  dann,  wenn 
man,  wie  es  noch  gelegentlich  geschieht,  Sempervivum  tectorum  am  Dachgiebel 
anpflanzt. 

Auch  die  Orthotrichuni-  Arten  und  Leucodon  sciuroides  auf  alten  Holz- 
zäunen und  auf  Stämmen  von  Obstbäumen  bilden  Moosformationen  im  kleinen. 

8.  Flechten-  und  Algenformationen. 

a)  Xerophile  Flechten-  und  Algenformationen. 

Felsen  Vegetation.  Als  die  einzigen  Organismen,  welche  sich  aus 
dem  nackten  Gestein  Nahrung  verschaffen  können,  sind  es  die  Flechten  allein, 
und  zwar  Krusten-  und  Laubtlechten,  welche  auf  trockenen  Felsen,  Felsblöcken, 
Steinmauern,  aus  Steinblöcken  gebildeten  Feldeinfassungen  eine  geschlossene 
Vegetation  zu  bilden  imstande  sind.  Ihre  Fähigkeit,  lange  Trockenheitsperioden 
ohne  Schaden  zu  überdauern,  kommt  ihnen  hierbei  trefflich  zu  statten.  Die 
die  Flechten  begleitenden  Moose  dringen  mit  ihren  Rhizoiden  oft  in  die  engsten 
Ritzen,  die  höheren  Pflanzen  sind  in  ihrem  Vorkommen  auf  die  breiteren  humus- 
führenden Spalten  der  Felsen  beschränkt.  Sie  zeichnen  sich  meist  durch  ein 
tiefreichendes  Wurzelsystem  aus.   Sukkulente  Typen  sind  besonders  häufig. 


')  Um  den  Fuschlsee,  Salzburg. 


57 

Die  Art  des  Gesteins  ist  begreitlicliervveise  von  großem  Einflüsse  auf  die 
Zusammensetzung-  der  Formation.  Auf  Kalkfelsen  sind  es  insbesondere  Verru- 
caria-,  auf  Urgestein  Lec/iiei3-,  Lecanora-,  Pannelia- Arten,  welche  das  unwirtliche 
Substrat  als  verschiedenfarbige  isolierte  Flecken  oder  zusammenhängende 
Krusten  i:iberziehen.  In  den  Spalten  der  aus  Kalk  oder  kalkhaltigem  Urgestein 
bestehenden  Felsen  wurzeln^)  (die  mit  "^  bezeichneten  auch  auf  Urgestein): 
Asplenium  viride,  *Trichomanes,  *Ruta  jniiraria,  *  Cj'stopteris  fragilis,  Sesleria 
varia,  Melica  ciliata,  Allium  senesceus  (G),  Thalictrum  minus,  Bisciitella  laevigata 
(G),  Kernera  saxatilis  (G),  ^Erysimiim  silvestre,  Sediini  album,  *BoIoniense, 
Semperviviim  hirtuni,  ^Saxifraga  Ai'^oon  (G),  Amelanchier  ovalis ,  Potentilla 
caulescens,  Vincetoxicum  officinale,  Satureja  alpina  (G),  Veronica  fruticans  (G), 
Euphrasia  Salisburgensis  (G),  Leontodon  incanus,  Hieraciuni  glauciim,  *ample- 
xicaule  und  Moose  wie  Hymenostylium  curvirostre,  Gymnostomum  *rupestre 
und  calcareum,  Eucladiwn  verticillatum,  Seligeria  pusilla.  In  den  Spalten  der 
Urgesteinfelsen  gedeihen  neben  verschiedenen  der  schon  genannnten  Asplenium 
septentrionale,  Jnniperus  Sabina  {G),  Poa  nemoralis,  Draba  Carinthiaca,  Sediim 
dasyphylluni,  anninim,  Hieraciiim  vulgatum  etc.  und  die  Moose  Amphidium 
Mougeotii ,  Rhabdoweisia  fugax ,  Cynodontium  polycarpum ,  Rhyncliostegium 
murale  usw.  Die  Flechten  sind  die  Pioniere  der  Pflanzenwelt  auf  anstehendem 
Gestein.  Erst  wenn  sie  dessen  oberflächliche  Schichten  entsprechend  zersetzt 
haben,  können  zusammenhängende  Moosrasen,  die  Vorläufer  einer  höheren 
Vegetationsdecke,  den  Felsen  besiedeln. 

Auch  auf  dem  Holze  alter  Zäune  und  Dächer  begegnet  man  oft  Flechten- 
genossenschaften, die  insbesondere  durch  Usnea-Avten,  ferner  die  weiße  Par- 
melia  tiliacea  und  die  gelbe  Xanthorea  parietina  gebildet  werden. 

Als  grüner  Überzug  auf  Mauern,  Zäunen,  Dächern,  Baumstämmen  ist  be- 
sonders häufig  die  Chlorophycee  Pleurococcus  vulgaris  anzutreffen. 

b)  Hydrophile  Algen-  und  Flechtenformationen. 

Felsen  Vegetation.  Felsen^  die  in  der  Nähe  fließenden  Wassers  von 
sehr  feuchter  Luft  umgeben  sind  oder  auch  periodisch  vom  Wasser  überrieselt 
werden,  sind  meist  mit  lebhaft  gefärbten  Überzügen  von  Algen  oder  Flechten  be- 
deckt. In  den  Gebirgstälern  bilden  Trentepohlia  aurea  orangegelbe,  T.iolithus,  nur 
auf  Urgestein,  rote,  nach  Veilchen  duftende  (Veilchenstein),  die  niemals  fruch- 
tende Flechte  Lepraria  chlorina,  gleichfalls  nur  auf  Urgestein,  gelbgrüne,  Schizo- 
phyceen  {St igonema- Arten)  —  hauptsächlich  in  größeren  Höhen  bis  in  die  alpine 
Region  • —  schwarzgrüne  Überzüge.  In  den  Ritzen  feuchter  Felsen  finden  sich 
auch  hygro-  und  mesophile  Stauden,  2)  z.B.  Calamagj-ostis- Arten,  fPoa  nemo- 
ralis, '*Heliosperma  quadrifidum  (G),  '*Moehringia  muscosa  (G),   * Saxifraga  mu- 


^)  Die  mit  (G)  bezeichneten  nur  im  Gebirge. 
^)  t  Urgestein,  *  Kalk. 


58 

tata  (G\  airoides  (G),  Aster  BeUidiastnim  (G)  und  Moose,  ja  selbst  Sträiicher, 
z.  B.  Riibiis  Idaeus. 

Wasser vegretaticffi.  In  den  fließenden  und  stehenden  Gewässern  sind 
die  Algen  zum  Teile  den  höheren  Wasserpflanzen  als  untergeordnete  Elemente 
beigesellt,  zum  Teile  bilden  sie  selbständige  Formationen,  und  zwar:  i.  Nerei- 
denvereine, bestehend  aus  den  auf  steinigem  oder  felsigem  Grunde  stehender 
und  fließender  Gewässer  festgewachsenen  Typen.  Hierher  gehören  vornehmlich 
Chlorophyceen,  Schizophyceen  und  Diatomeen.  Von  Moosen  kann  sich  Fon- 
tinalis  antipyretica  zu  ihnen  gesellen. 

2.  Hydrocharitenvereine,  das  sind  die  insbesondere  aus  fadenförmigen 
Conjugaten  (Zygnema,  Spirogyra,  Moiigeotia)  und  Chlorophyceen  {Conferva 
usw.)  gebildeten,  an  der  Oberfläche  befindlichen  Bestände,  in  denen  sich  auch 
zahlreiche  andere  zum  Teile  bewegliche  (Peridineen,  Bacillariaceen,  Volvox) 
zum  Teile  schwebende  (Desmidiaceen)  Algentypen  aufhalten.  In  stehenden  Ge- 
wässern bilden  die  Hydrocharitenalgen  oft  ansehnliche  Komplexe.  In  Drainage- 
gräben  gibt  es  auch  aus  Schizophyceen  gebildete  Limnaeenvereine. 

3.  Planktonvereine:  Die  unsichtbare,  aus  schwebenden  oder  schwimmen- 
den Organismen  gebildete  Vegetation  der  stehenden  Gewässer.  Die  häufigsten 
Organismen  des  Phytoplanktons  unserer  Alpenseen  sind  von  Cyanophyceen: 
Anabaena-krie^n,  von  Peridineen:  Ceratium  Hirundinella  und  von  Bacillariaceen: 
Fragilaria,  Asterionella,  Synedra  und  Cyclotella-Arten. 

9.  Kräuterformationen, 

(Mesophil.) 

Ruderal Vegetation.  Auf  sogenannten  Ruderalsteilen,  das  heißt  auf 
Plätzen  mit  übermäßigem  Nährstoffgehalte,  die  größtenteils  erst  menschlicher 
Einwirkung  ihre  Entstehung  verdanken,  z.  B.  am  Rande  von  Häusern,  in  der 
Nähe  von  Komposthaufen,  in  unfreiwillig  gedüngten  Straßengräben,  trifft  man 
sehr  charakteristische  Pflanzenvereine,  welche,  da  meistenteils  Kräuter  domi- 
nieren, zu  den  Formationen  des  «offenen  Bodens»  gehören. 

Auf  trockenen  Böden  sind  gewöhnlich  Chenopodium- Arten  die  tonange- 
benden Elemente,  und  zwar  besonders  häufig:  Chenopodium  albiim  und  bonus 
Henricus,  oft  auch  Ch.  Vulvaria  und  glaucum.  Außerdem  sind  an  solchen  Stellen 
in  der  Regel  zu  treffen:  Urtica  iirens,  dioeca,  Rtimex  crispiis,  Atriplex  patulum, 
(Ihelidoniiim  malus  (auch  mit  Vorliebe  auf  Mauern),  Lepidium  ruderale,  Sisym- 
briiim  Sophia,  Chamaeplium  officinale,  Bursa  pastoris,  Geranium  pusiUum,  Malva 
silvestris,  neglecta,  Conium  maculatum,  Verbena  officinalis,  Hyoscyamus  niger, 
Anthemis  Cotula,  Matricaria  inodora,  Arctium  Lappa,  minus,  Carduus  acan- 
thoides,  Cirsium  lanceolatum,  Sonchus  laevis,  asper.  Von  Gräsern  stellt  sich  ins- 
besondere im  östlichen  Teile  des  Gebietes  oft  Hordeum  murinum  ein. 

In  feuchten,  reichlich  mit  organischen  Abfällen  gedüngten  Straßengräben 
dominieren    Polygonum- Arien,    und    zwar    P.    amphibium    (Landform),    lapathi 


59 

foliiun,  Persicaria,  Hydropiper  und  (seltener)  mite.  Zu  ihnen  gesellen  sich  gerne: 
Riimex  obtiisifoliiis,  Rammculus  repens,  Epilobium  parvißonnn,  roseum,  Lycopus 
Europaeus,  Mentha  aquatica,  Pulicaria  dyseuterica,  Bidens  cei-nua  und  tripartita. 

An  Zäunen  halten  sich  mit  Vorliebe  Aegopodhim  Podagraria ,  Lamium 
maculatinn,  albiiin  u.  a.  auf.  Trockene,  minder  nährstoffreiche,  häufig  von  Men- 
schen und  Tieren  betretene  Stellen  haben  oft  Rosettenstauden  oder  -Kräuter 
inne,  welche  entweder  in  ihrer  Gänze  oder  doch  mit  dem  Laube  dem  Boden  an- 
gedrückt sind  und  häufig  elastische  nach  jedem  Tritte  sich  aufrichtende  Stengel 
besitzen.  Poa  annua,  Lolimn  perenne,  Polygonwn  aviculare,  Potentilla  anserina, 
Plantago  iiiaior  sind  die  häufigsten  derselben.  Zwischen  und  neben  den  Geleisen 
der  Eisenbahnen  sind  meistens  Eragrostis  poaeoides,  Bromus  sterilis  und  tec- 
tonun,  Alyssinn  calycinimi,  Convolvitliis  arvensis,  Chaenorrhinum  minus  u.  a.  zu 
finden.  Der  Reichtum  an  Ruderalpflanzen  ist  am  Ostrande  der  Alpen,  gegen 
das  pontische  Florengebiet  zu,  am  größten  und  wird  mit  wachsender  Höhe 
immer  geringer. 

Gewisse  perennierende  Typen  wie  Urtica  dioeca  und  Chenopodium  bonus 
Henricus  folgen  dem  Menschen  bis  zur  Baumgrenze,  indem  sie  noch  um  die 
Almliütten  mächtige  Bestände  bilden. 


B)   Künstliche  Formationen  (Kulturen). 

(Mesophil.) 

1.  Baum-,  Strauch-  und  Lianenkulturen. 

Obstgärten.  Die  wichtigsten  in  größeren  Gesellschaften  kultivierten 
Obstarten  sind  Kwnen  (Pirus  communis),  KpioX-  (Pirus  malus),  Kirschen-  (Prunus 
avium),  Zwetschken-  (Prunus  domestica)  und  Kriechen-  (Prunus  insititia)  Bäume. 
Kirschen  und  Kriechen  reichen  am  höchsten  (bis  zu  etwa  1200  m)  nach  auf- 
wärts. Birn-  und  Apfelbäume  werden  auch  vielfach  an  Straßen  gepflanzt.  Der 
Untergrund  der  Obstgärten  ist  Wiesenland.  Zur  Blütezeit,  im  Vorlande  im  Mai^ 
in  höheren  Lagen  erst  im  Juni,  verleihen  die  Obstbäume  der  Landschaft  einen 
ganz  eigenen  Reiz. 

Nußbäume  (Juglans  regia)  werden  meist  nur  in  einzelnen  Exemplaren 
gesetzt.  Aprikosen-  (Prunus  Armeniaca),  Pfirsich-  (P.  Persica),  Mandel-  (P. 
Amygdalus),  Quitten-  (Cydonia  vulgaris),  Maulbeer-  (Monis  alba  und  nigra) 
und  Kastanienhäume  (Castanea  sativa)  gedeihen  hauptsächlich  im  östlichen  und 
insbesondere  südlichen  Alpenvorlande  und  in  besonders  milden  Lagen  des 
inneren  Alpenlandes. 

Obststrauchhecken.  Stachelbeer-  (Ribes  Grossularia),  Johannisbeer- 
(Ribes  rubrum)  und  Himbeer-  (Rubus  Idaeus)  sträucher  werden  des  Obstes 
wegen  meist  in  Form  von  Hecken  an  Gartenrändern,  seltener  auch  im  F'reilande 
gepflanzt. 


6o 

Weingärten.  Die  Weiniviiltur  wird  nur  am  Ost-  und  vSüdrande  der 
Alpen  betrieben.  Am  Ostrande,  im  Gebiete  der  pontischen  F'lora,  baut  man  die 
Weinrebe  nach  deutscher  ^Art  an  Stangen,  in  den  südHchen  Alpen,  insbesondere 
in  Südtirol,  oft  im  Vereine  mit  Obstbäumen  nach  italienischer  Art  in  Lauben, 
(«Pergeln»)  wodurch  die  Lianennatur  des  Gewächses  so  recht  zum  Aus- 
drucke gelangt.  Der  Grund  der  Weingärten  beherbergt  eine  Fülle  von  Un- 
kräutern, wie  sie  auch  für  das  Gartenland  und  die  Ruderalstellen  bezeichnend 
sind.  In  den  Alpen  selbst  wird  der  Wein  nur  als  Spaliergewächs  an  nach  Süden 
schauenden  Häuserfronten  gezogen. 

Hopfengärten.  Der  Hopfen  (Hiinndus  Liipuliis)  wird  nur  im  nördlichen 
Alpenvorlande,  gegen  das  böhmische  Massiv  zu  in  größerem  Maßstabe,  nach 
Art  der  deutschen  Rebenkultur  gebaut. 

2.  Kräuter-  und  Staudenkulturen. 

Getreidefelder.  Sie  verdienen  nicht  nur  mit  Rücksicht  auf  die  große 
Rolle,  die  sie  im  Landschaftsbilde  spielen,  sondern  auch  vom  ökologischen 
Standpunkte  aus  weitaus  am  meisten  Interesse.  Die  häufig  kultivierten  Zerealien 
sind  Hafer  {Avena  sativa),  Roggen  (Seeale  cereale),  Weizen  (Triticinn  vulgare, 
Spelta)  und  Gerste  (Hordeum  distichum  und  vulgare).  In  tieferen  Lagen  werden 
alle  Zerealien,  insbesondere  aber  Weizen,  in  höheren  Lagen,  maximal  bis  zu  zirka 
1400  m  (an  Südlehnen),  Hafer  und  Roggen  gebaut.  Der  in  den  Sommer  fallende 
Schnitt  des  Getreides  bedingt  ähnliche  Verhältnisse  wie  die  Mahd  der  Wiesen. 
Nach  Analogie  des  über  diese  Formation  Gesagten  kann  man  die  Zeit  vom 
Erwachen  der  Vegetation  bis  durchschnittlich  Ende  Mai  als  den  ersten  Tief- 
stand des  Feldes  bezeichnen.  Dieser  geht  allmählich  in  den  Hochstand  über, 
welcher  durch  den  Schnitt  plötzlich  in  den  zweiten  Tiefstand,  das  Stadium  des 
Stoppelfeldes,  übergeführt  wird.  Diesem  bereiten  entweder  beim  Anbau  von 
Winterfrüchten  (Seeale,  Triticum)  schon  im  Herbste  Pflugschar  und  Egge  ein 
jähes  Ende,  worauf  die  im  selben  Herbste  zur  Keimung  gelangenden  Früchte 
gesät  werden,  oder  aber  es  geht,  wenn  Sommerfrüchte  gebaut  werden  sollen, 
allmählich  in  den  winterlichen  Zustand  über,  um  erst  nach  der  im  Frühling  er- 
folgenden Aussaat  der  Sommerfrucht  in  den  Frühlingstiefstand  einzutreten. 
Von  komplizierten  Verhältnissen,  wie  sie  sich  vielfach,  bedingt  durch  die  ver- 
schiedenartige Bewirtschaftung,  finden,  sei  hier  abgesehen. 

Die  meisten  Begleitpflanzen  der  Saatfelder  sind  gleich  den  Getreidearten 
selbst  ein-  oder  zweijährige  Arten.  Von  Stauden  können  sich  nur  diejenigen 
halten,  welche  wie  Agropyrum  i'epens,  Heracleiim  Sphondylhnn,  Tussilago  Far- 
fara,  Achillea  Millefolium,  Artemisia  vulgaris  oder  Cirsiu)!!  arrense  infolge  ihrer 
tiefreichenden  Rhizome  der  Vernichtung  durch  die  Pflugschar  entgehen.  Ins- 
besondere sind  die  aus  Wiesen  hervorgegangenen  «Egartenfelder»  reich  an 
perennierenden  Gewächsen. 


6i 

Zur  Zeit  des  Frühlingstiefstandes  ist  das  Feld  ein  Verein  niederer  Hoch- 
kräuter. Holosteum  iimbellatum,  Thlaspi  arvense,  Lamium  amplexicaule,  pur- 
pureum, Veronica  triphyllos,  hederaefolia,  Valerianella  olitoria  sind  die  wichtig- 
sten Begleitpflanzen  der  jungen  Saat.  Verhältnismäßig  rasch  bilden  diese  Typen 
ihre  Samen  und  zur  Zeit  des  mit  der  Getreideblüte  beginnenden  Hochstandes 
sind  sie  längst  verdorrt.  Jetzt  ist  das  Feld  eine  ausgesprochene  Hochkraut- 
genossenschaft. Etwa  zu  gleicher  Zeit  mit  dem  Getreide  stehen  Apera  Spica  venli, 
Broinus  secalmus,  Agrostevima  Githago,  Raminciilus  arvensis,  Papaver  Rhoeas., 
Sinapis  arvensis,  Raphamis  Raphanistnnn,  Lithospennurn  arvense,  Galeopsis  Teträ- 
hit,  speciosa,  Alectorolophus  hirsutus,  Centaurea  Cjranus,  Sonchus  arvensis,  von 
Lianen  Vicia  hirsuta,  tetrasperma,  Cracca,  Convolviihis  arvensis,  Galium  Aparine 
in  Blüte,  also  ausschließlich  Typen,  welche,  mit  dem  Getreide  gleiche  Höhe 
haltend,  sich  das  nötige  Licht  zu  verschaffen  wissen.  Zur  Zeit  der  Reife  des 
Getreides  haben  auch  sie  ihre  Früchte  gereift  und  ihre  »Samen  werden  mit 
denen  des  Getreides  geerntet.  Besondere  Erwähnung  verdient  es,  daß  Formen, 
welche  mit  dem  raschen  Wachstum  des  Getreides  nicht  gleichen  Schritt  halten 
können,  während  des  Hochstandes  kleistogame  Blüten  bilden  (Viola  arvensis). 
Das  Stoppelfeld  ist  eine  l'eppich-  und  Rosettenkraut-Formation.  Arten  mit 
ausgebreiteten,  dem  Boden  anliegenden  Ästen  oder  Basalblättern  wie  Digitaria 
sanguinalis,  Setaria  glauca  und  viridis,  Scleranthus  annuus.  Arenaria  serpyllifolia, 
Spergularia  campestris,  Bursa  pastoris,  Erodium  ciciitarium,  Anagallis  arvensis, 
Convolvulus  arvensis  (kriechende  Form),  Kickxia  spiiria,  Veronica  polita,  Slie- 
rardia  arvensis,  Anthemis  arvensis  usw.  gehören  zu  den  Charakterpflanzen  der 
Stoppelfelder  und  Brachen.  Auf  letzteren  stellen  sich  dann  allmählich  wieder 
mehrjährige  Elemente  der  Wiesenflora  ein  und  sie  würden  sich  auch,  wenn 
sie  sich  selbst  überlassen  blieben,  in  Wiesen  verwandeln.  Auch  saisondimorphe 
Artenpaare  kann  man  in  Feldern  beobachten.  Die  Frühlingsform  Odontites 
verna  ist  während  des  Hochstaudes  im  Juni,  die  Herbstform  O.  serotina  während 
des  herbstlichen  Tiefstandes,  also  im  Stoppelfelde,  zu  finden.  Manche  Kräuter 
der  Felder  sind  zweifellos  auf  ausdauernde  Stammformen  zurückzuführen, 
aus  denen  sie  durch  den  Einfluß  des  Ackerbaues  entstanden  sind.  Vor  allem 
gilt  dies  von  den  Zerealien  selbst.  Es  ist  beispielsweise  gar  kein  Zweifel,  daß 
unser  monokarpischer  Roggen,  Seeale  cereale,  von  dem  ausdauernden  S.  mon- 
tamun  des  Mittelmeergebietes  abstammt.^)  Auch  gewisse  ein-  oder  zweijährige 
Ackerunkräuter  dürften  auf  perenne  Typen,  so  Papaver  Rhoeas  auf  Papaver 
Rhodopaeuni,  zurückzuführen  sein.^) 

In  manchen  Gegenden,  insbesondere  im  östlichen  und  südlichen  Teile  der 
Alpen,  doch  auch  um  Innsbruck,  gibt  es  Maiskulturen  (Zea  Mays)  in  grö- 
ßerem  Maßstabe.    Buchweizen   (Fagopyrum    esculentiim)    und   Hirse   (Panicum 


')  Vgl.  Aschcrson  und   Gracbner,  Synopsis  II/i,   S.  715   (1898— 1902). 
-)   Vgl.  Fritsch   I. 


62 

miliaceinn),  ersterer  nicht  selten  nach  Getreide,  werden  gleichfalls  als  Zerealien 
gebaut. 

Als  Hülsenfrüchte  ;ind  insbesondere  Erbsen  (Pisiim  sativum,  arvense), 
Bühnen  (Phaseoliis  vulgaris)  und  Saubohnen  (Vicia  Faba),  als  Knollen-,  Wurzel- 
und  Gemüsepflanzen:  Kartoffeln  (Solanum  tuberosum),  Zuckerrüben  (Beta  vul- 
garis), Rüben  (Brassica  oleracea  und  Rapa)  in  ihren  verschiedenen  Modifika- 
tionen (Kraut,  Kohl^  Karfiol  etc.),  Kürhis^^  (Cucurbita  Pepo),  als  Futterpflanzen: 
Rotklee  (Trifofium  pratense),  Luzerne  (Medicago  sativa)  und  Esparsette  (Ono- 
brychis  sativa),  als  Faserpflanzen:  Lein  (Liniim  sativum)  und  Wani  (Cannabis 
sativa),  als  Ölpflanzen:  Raps  (Brassica  Napus),  l^ein  (Linum  iisitatissimum),  Mohn 
(Papaver  somniferum)  und  Hanf  (Cannabis  sativa)  Objekte  ausgedehnteren  An- 
baues. 

Die  Buchweizen-,  Hanf-  und  Leinfelder  haben  als  Formation  mit  den  Ge- 
treidefeldern große  Ähnlichkeit.  P"ür  die  Leinfelder  sind  als  spezifische  Begleit- 
pflanzen: Lolium  i'emotum,  Camelina  dentata  und  der  Parasit  Cuscuta  Epilinum, 
für  die  Hanffelder  Orobanche  ramosa  charakteristisch.  Klee-,  Luzerne-  und  Espar- 
settefelder haben  infolge  des  dichten  Wuchses  außer  den  Parasiten  Cuscuta 
Trifolii  und  Orobanche  minor  nur  wenige  Begleitpflanzen,  Auf  Kohl-,  Rüben- 
feldern etc.  herrschen  die  gewöhnlichen  Feld-  und  Garten  Unkräuter  vor. 

Auf  die  vielen  in  Gärten  gepflanzten  Gemüse,  Gewürz-  und  Zierpflanzen, 
auf  die  Volksheilmittel  und  l'opfpflanzen  kann  hier  nicht  weiter  eingegangen 
werden.  Es  sei  nur  hervorgehoben,  daß  die  fette  Gartenerde  eine  Menge  an- 
spruchsvoller «Unkräuter»  beherbergt  wie:  Echinochloa  crus  galli,  Poa  annua, 
Chenopodium  polyspermum,  Portulaca  oleracea,  Bursa  pastoris,  Euphorbia  helio- 
scopia,  exigua,  Peplus,  Aethusa  Cynapium,  Solanum  nigriim,  Datura  Stramoniimi, 
Lamium  purpureimi,  Veronica  Tournefortii,  opaca,  agrestis,  Senecio  vulgaris, 
Sonchus  laevis,  asper  usw. 

ß)  Die  Formationen  der  Hochgebirgsregion. 

(Natürliche   Formationen.) 

1.  Strauchformationen. 

a)  Xerophile  (immergrüne)  Strauchformationen. 

Legföhrenzwergwälder.^)  Die  Legföhre  (Pinus  montana),  in  den  Ost- 
alpen nur  als  Krummholz,  und  zwar  in  der  Rasse  Pumilio,  und  nur  in  den  süd- 
östlichen Alpen  als  P.  Mughus  verbreitet,  bildet  in  der  Regel  unmittelbar  über 
der  Waldgrenze,  insbesondere  in  den  trockenen  Kalkalpen,  seltener  im  feuch- 
teren Urgebirge,  geschlossene  Bestände,  welche  oft  zungenformig  in  die  Wald- 
region hineinreichen.  Sie  überzieht  nicht  nur  die  trockenen  ebenen  Plateaus 
und  die  Hänge  sondern  vermag  sich  auch,  gleich  ihrer  Verwandten,  der  Schwarz- 


I)  Vgl.  Tafel  XLIII,  XLIV  rechts,  XLV— XLVII,  XLVIII  links. 


63 

föhre^  ein  ausg-esprochen  xerophiles  Holzgewächs,  selbst  auf  den  Bändern 
senkrecht  abstürzender  Kalkfelsen  zu  halten,  zu  deren  lichten  Wänden  ihr 
dunkles  Kolorit  in  gar  seltsamem  Kontraste  steht.  Als  Schutz  gegen  Lawinen 
spielt  sie  oft  eine  bedeutsame  Rolle.  Die  meisten  Krummholzwälder  der  Alpen 
haben  noch  ihr  vollkommen  ursprüngliches  Gepräge  bewahrt.  Kern  er  hat 
jedenfalls  vollkommen  Recht,  wenn  er  diese  Bestände,  in  denen  die  starken, 
elastischen,  nach  allen  Richtungen  wachsenden  Äste  der  Piniis  montana  ein  Vor- 
dringen außerordentlich  erschweren,  mit  Urwäldern  vergleiclit. 

Der  Aufbau  eines  alten  Legföhrenbestandes  ist  nach  Kerner  ^)  etwa 
folgender; 

1.  Unterste  Schichte:  Gefilz  aus  Hylocomium  triquetriim,  splendens,  Hyp- 
niim  (Irista  castrensis,  Plagiochila  asplenioides,  Cetrai'ia  Islandica,  Cladonia  fur- 
cata,  rangiferina,  Sphagniiui  squarrosiini,  acntl/oliuiu,  mit  eingewirkten  Stauden 
wie  Lycopodium  clavatiim,  *Asplenhnn  viride^),  ^Moehringiamuscosa,  Ocalis  Ace- 
tosella,   Viola  bißora,  Pirola  unißora,  Soldanella  alpina,  Honiogyne  alpina  etc. 

2.  Schichte:  Niederes  immergrünes  Gesträuch  aus  Jiiniperus  nana,  Em- 
petrinn  nignun,  f Rhododendron  ferrugineiini,  *hirsiituui,  Vacciniuni  Vitis  Idaea, 
Myrtillus,  uliginosinn,  Calluna  vulgaris,  *Erica  carnea. 

3.  Schichte:  Hohes  Gesträuch  aus  Pinus  montana,  über  das  sich  manch- 
mal vereinzelte  Stämme  verwetterter  Zirben  oder  krüppelhafter,  verzwergter 
Fichten  und  Lärchen  empordrängen. 

Von  anderen  Elementen,  die  insbesondere  in  jüngeren  Beständen  auf- 
treten,^) sind  besonders  bezeichnend:  für  die  untere  Schichte:  Arabis  alpina, 
*Rubiis  saxatilis,  Geiini  rivale,  Saxifraga  rotundifolia,  Geraniwn  silvaticinn,  Pri- 
mula  elatior,  Laminm  hiteuni,  Veronica  latifolia,  Centaurea  montana;  für  die 
zweite  Schichte  als  Sträucher:  5i^//A'-Arten,  und  zwar  *S.  glabra,  *arbusciila, 
grandifolia,  Ribes  alpinum,  Sorbus  Aucuparia,  * Chamaeviespihis,  Rosa  pendulina, 
Daphne  Me^ereum,  Loniccra  nigra,  als  Stauden ;  Veratrum  albutn,  Polygonatum 
verticillatum,  Itnperatoj'ia  Ostruthium,  Gentiana  *Pannonica,  f punctata,  *Adeno- 
styles  glabra,  Mulgediuvi  alpimnn;  für  die  dritte  Schichte  als  vereinzelte  Krüppel- 
bäume: Betula  alba,  Sorbus  Aucuparia.  Sehr  häufig  ist  Clematis  alpina  als  Liane 
vertreten.  Auch  Athyrium  alpestre,  *Aspidium  Lonchitis,  Rumex  arifolius,  Aconi- 
tum Vulparia  und  Solidago  alpestris  sind  häufig  als  Begleiter  der  Legföhre  anzu- 
treffen. An  freien,  tiefgründigen  Stellen  ist  oft  die  Formation  der  Milchkraut- 
weide in  die  Legföhrenwälder  eingeschaltet. 

Aus  den  Moosen  und  Flechten  des  Krummholzwaldes,  aus  den  Wurzeln 
und  Stämmchen  der  Stauden  und  Zwergsträucher  und  aus  den  Nadeln  der  Pinus 
montana  bildet  sich  allmählich  eine  lockere  Torfschichte,  welche  —  nach  Ker- 
ner^)  —  i — 2m  Mächtigkeit  erlangen  kann.  Dieses  neutrale  Substrat  ermöglicht 

')  Nach  K  e  r  n  e  r  I. 

2)  *  bedeutet  von  nun  an  immer:  nur  oder  doch  mit  Vorhebe  auf  Kalk,  f  nur 
oder  doch  zumeist  auf  Urgestein. 


64 

es  kalkfeindlichen  Gewächsen,  auch  im  Kalkgebirge  zu  vegetieren.  Wurde  ein 
Legföhrenbestand  gefällt,  so  wie  es  insbesondere  in  den  Uralpen,  um  neue 
Weideplätze  zu  gewinner^,  nicht  selten  geschieht,  so  vereinigen  sich^,  wenn  in 
demselben  Rhododendren  und  Vaccinien  als  Unterwuchs  vorhanden  waren, 
diese  alsbald  zu  einer  geschlossenen  Zwergstrauchformation,  während,  wenn 
er  noch  in  einem  jüngeren  Stadium  —  ohne  begleitende  Ericaceen  —  war,  sich 
zunächst  Stauden  und  Sträucher  mit  leicht  durch  den  Wind  verbreitbaren 
Samen,  vor  allem  Arten  der  Gattungen  Salix,  Calamagrostis,  Epilobium,  Hie- 
raciiim  und  dann  auch  Beerenfrüchtler,  vor  allem  Rosaceen  einstellen,  um  erst 
im  Laufe  vieler  Jahre  von  den  Ericaceen  oder  vom  Krummholze  selbst  ver- 
drängt zu  werden:  also  mutatis  mutandis  dieselbe  Folge  der  Erscheinungen 
wie  bei  Neubesiedelung  eines  Waldschlages  im  baltischen  Florengebiete. 

b)  Mesophile  (sommergrüne)  Strauchformationen. 

Grünerlengebüsche.  Die  Grünerle  (Alnus  viridis)  bildet  gleichfalls 
ober  der  Baumgrenze,  aber  im  Gegensatze  zur  Legföhre  mit  Vorliebe  auf 
feuchtem  Boden  und  schon  aus  diesem  Grunde  vor  allem  in  den  Zentralalpen, 
oft  ausgedehnte  Bestände.  Gewöhnlich  sind  es  geröllreiche  Hänge,  welche  von 
großen  Schneefeldern  oder  Gletschern  mit  Wasser  versorgt  werden,  oder  auch 
nasse,  grasreiche  Lehnen  am  Abschlüsse  der  Täler,  welche  sie  herdenvveise 
überzieht.  Daß  sie  den  Wasserläufen  ziemlich  weit  talabwärts,  bis  zur  Ver- 
einigung mit  der  von  unten  kommenden  Grauerle  folgen  kann,  wurde  schon 
erwähnt.  Im  Gefolge  der  Erlenbüsche  treten  außer  Alpenweiden  [Salix  arbiis- 
ciila  usw.)  üppige,  sommergrüne  Schattenpflanzen  auf,  so  Athyriiim  Filix  fe- 
mina,  Rumex  arifolius,  Stellaria  nemorum,  Ranunculiis  platanifoliiis,  Geraniiim 
silvaticum,  Ciiaerophylliini  Ciciitaria,  Senecio  Sarracenicus,  Crepis  paludosa  u.  a. 

In  den  Zirbenwäldern  der  Tiroler  Zentralalpen  ist  nach  Kerner  die 
Grünerle  nebst  Rhododendren  usw.  häufig  als  Unterholz  zu  finden  und  kann, 
wenn  die  Zirben  gefällt  werden,  zur  Herrschaft  gelangen.  Diese  Grünerlen- 
formation  ist  natürlich  von  der  früher  beschriebenen  wesentlich  verschieden. 
Sie  ist  an  einen  trockeneren  Untergrund  gebunden,  und  gleich  einem  Legföhren- 
bestande  von  einer  noch  aus  dem  Zirbenwalde  stammenden,  aus  Rhododendren 
und  Vaccinien  gebildeten  Zwergstrauchschichte  durchsetzt. 

2.  Zwergstrauchformationen. 

a)  Xerophile  (immergrüne)  Zwergstrauchformationen. 

Ericaceen-  und  Wacholder-Zwerggesträuche.  Die  tonangebenden 
Elemente  des  Unterholzes  der  Legföhrenbestände,  das  sind  die  Alpenrosen, 
und  zwar  Rhododendron  ferrugineum  auf  Urgestein,  hirsutinn  auf  Kalk,  die 
Heidelbeeren  Vaccinium  Myrtillus  und  iiliginoswn,  die  Besenheide:  Calluna  vul- 
garis und  der  Zwergwacholder  Juniperus  nana,  können  auf  trockenem  Substrate, 
wie  es  auch  Pintis  montana  verlangt,  entweder  in  ihrer  Gesamtheit  oder  jedes 


65 


für  sich  und  außerdem  noch  in  allen  möglichen  Kombinationen  sich  entweder 
um  die  Legföhrenbestände  oder  aber  auch  ganz  unabhängig  von  ihnen,  oft 
wohl  auch  erst  nach  Ausrottung  des  Krummholzes  zu  selbständigen  Genossen- 
schaften gruppieren. 

Zur  Zeit  der  Blüte  der  Alpenrosen  gehören  deren  Bestände  zu  dem 
schönsten,  was  die  Alpenflora  zu  bieten  vermag.  Rhododendron  hirsutum  tritt 
nur  in  den  Kalkalpen  und  auf  Kalkboden  der  Uralpen  auf.  Es  schließt  sich 
über  der  Baumgrenze  meist 
unmittelbar  an  die  Legföh- 
renbestände an,  diese  oft  in 
einem  breiteren  oder  schmä- 
leren Gürtel  umsäumend, 
und  erreicht  seine  obere 
Grenze  in  den  nördlichen 
Kalkalpen  etwa  zwischen 
2000  und  2400  }ii.  Dort,  wo 
es  in  besonders  dichtem 
Schlüsse  auftritt,  ist  es  oft 
auf  weite  Strecken  hin  die 
einzige  Pflanze,  wo  sich  aber 
die  Verbände  lockern,  fin- 
den sich  gerne  einige  Zwerg- 
und  Spaliersträucher  ein,  so 
die  kalkhülden  Rhodothani- 
nits  Charnaecistiis  (Taf.  L 
unten)  der  auch  —  gleichwie 
in  der  £'r/c<3-Heide  —  grös- 
sere Bestände  bilden  kann, 
und  Dryas  octopetala,  ferner 
Arctostaphylos  alpina  und 
Uva  iirsi,  Vaccinium  Vitis 
Idaea  und  schließlich  auch 
Bärlappe  z.  B.  Lycopodhun 

clavatum  und  verschiedene  Elemente  der  angrenzenden  Matten.  Gegen  die  obere 
Grenze  der  Verbreitung  der  bewimperten  Alpenrose  werden  ihre  Büsche  nie- 
derer und  weichen  immer  weiter  auseinander,  um  einer  anderen  bestandbildenden 
Ericacee,  der  Loiseleuria,  mehr  und  mehr  Platz  zu  machen. 

Was  Rhododendron  hirsutum  für  die  Kalkalpen,  ist  R.  ferriigineum  (Fig.  i) 
fürs  Urgebirge.  Im  Kalkgebirge  gedeiht  die  rostrote  Alpenrose  nur  auf  neutra- 
lem, tiefgründigem  Boden  und  auf  aus  den  Uralpen  stammenden  Moränenablage- 
rungen, Ihre  obere  Grenze  beläuft  sich  durchschnittlich  auf  zirka  23ooj».  Aus- 
gewachsene, dicht  geschlossene,  reine  Bestände  lassen  in  der  Regel  ziemlich 
Exkursion  in  die  Ostalpen.  5 


Fig.  I.  Rhododendron  ferriigineum, 

die  rostfarbene  Alpenrose. 

Aus  Schröter  I. 


66 

deutlich  eine  Gliederung-  in  drei  Schichten  erkennen.  Über  der  untersten 
Schiclite,  welche  von  Moosen  wie  Hypmim  Crista  castrensis,  Hylocomiwn 
triquetrwn  und  spleudens  fmd  Flechten  z.  B.  Cladonia  rangiferina,  Cetraria  Is- 
landica  etc.  gebildet  wird,  baut  sich  eine  mittlere  auf,  bestehend  aus  sommer-  und 
iminergriinem  Zwerggesträuch  von  Vaccinium  Myrtillus,  iilioinosum,  Vitis  Idaea 
und  Calhina  vulgaris,  und  über  dieser  endlich  als  oberste  Schichte  die  rostrote 
Alpenrose  selbst.  In  jüngeren,  lockereren  Beständen  sind  naturgemäß  auch  ver- 
schiedene Typen  der  iVart/wÄ- Wiese  und  Alpenmatte  zu  finden.  Dort,  wo  auf 
wechsellagerndem  Gestein  Rhododendron  hirsiitinn  und  ferrugineum  nahe  an- 
einander wachsen^  springt  der  Kontrast  in  der  Gliederung  der  beiden  Forma- 
tionen sofort  ins  Auge.  An  solchen  Stellen  begegnet  man  auch  häufig  dem  Ba- 
starde der  beiden  Arten:  R.  intennediinn.  Daß  die  Rhododendren  auch  als 
Unterholz  der  Fichtenwälder  auftreten  können,  wurde  schon  erwähnt. 

In  den  Zentralalpen  bilden  dieHeidel-  und  Moosbeere,  Vaccinum  MyrtiUiis 
und  uliginosum,  stets  mit  der  Preiselbeere  (V.  Vitis  Idaea)  verbrüdert,  auch  un- 
abhängig von  der  Formation  des  Rhododendron  ferrugineum  selbständige  Be- 
stände mit  ebenderselben  untersten  Schichte  und  derselben  Armut  an  Arten 
wie  diese.  Vornehmlich  auf  trockenen  Südlehnen  macht  sich  oft  Calhina  vul- 
garis allein  oder  im  Vereine  mit  Nardus  stricta  und  Loiseleuria  breit.  Diese  Cal- 
/;/;7<7-Heide  unterscheidet  sich  von  der  analogen  Formation  der  baltischen  Flora 
durch  die  Beimengung  alpiner  Elemente,  von  denen  außer  Loiseleuria  noch 
Campanula  barbata  und  überhaupt  Elemente  der  Nardus-  und  Alpenmatte  zu 
nennen  sind;,  und  auch  durch  den  niedrigen  Wuchs  der  oft  der  Erde  anliegenden 
CallunaStvii\ic\\\€\n. 

Insbesondere  dort,  wo  die  Rhododendron-B&st'd.ndo.  sich  lockern,  tritt 
oft  der  Zwergwacholder  (Juniperus  nana),  den  wir  schon  als  Bestandteil  der 
Krummholzformation  kennen  gelernt  haben^  in  größeren  Gesellschaften  auf, 
begleitet  von  den  für  die  Legföhrenformation  und  die  Bürstengrasmatte  cha- 
rakteristischen Stauden  und  Gräsern  (sehr  häufig  von  Lycopodium  alpinum). 
An  Südlehnen  der  Uralpen,  auf  trockenem,  schwarzem,  aber  nicht  sehr  tief- 
gründigem Boden,  wie  ihn  auch  Calhina  liebt,  trifft  man  ilin  aber  auch  als  do- 
minierendes Element  größerer  Vereine,  deren  Zusammensetzung,  abgesehen 
von  der  in  der  Regel  moosarmen,  nur  von  Flechten  (Cladonia  rangiferina)  ge- 
bildeten untersten  Schichte  im  großen  und  ganzen  mit  der  der  Formation  von 
Rhododendron  ferrugineum  und  Aardus  stricta  übereinstimmt.  Zu  so  dichtem 
Schlüsse  wie  Piniis  montana  oder  Rhododendron  ferrugineum  und  Nardus  stricta 
bringt  es  Juniperus  nana  nur  selten.  In  der  oberen  Waldregion  ist  der  Zwerg- 
wacholder mit  dem  gewöhnlichen  W Rchold^r  (Juniperus  communis)  d&r  baltischen 
Flora  durch  eine  —  wohl  zumeist  nicht  hybride  - —  Zwischenform  (Juniperus 
intermedia)  verbunden. 

Steinr  üselgesträuch.  Das  vSteinrösel  (Daphne  striata),  eine  vika- 
riierende Rasse  der  D.  Cneoruni.  kommt  nur  im  westlichen  'l'eile  der  nördlichen 


67 

(westlich  vom  Inn),  in  den  südlichen  Kalkalpen  und  auf  Kalklagern  der  west- 
lichen Zentralalpen  vor  und  tritt  hier  oft  formationsbildend  auf.  In  Nordtirol 
sind  seine  Bestände  auf  steinigen,  sonnigen,  süd-  oder  südostseitigen  Gehängen 
inselförmig  in  die  grasreichen  Bergwälder  eingeschaltet  und  hie  und  da  wohl 
auch  in  einzelnen  Streifen  und  kleinen  Gruppen  an  die  Legföhrengeholze  ge- 
schmiegt.^) Mitunter  überzieht  es  auch  größere  Flächen  in  geschlossenem 
Verbände.  Chamaebuxus  alpestris  und  Globularia  niidicaulis  sind  die  bezeich- 
nendsten Elemente  dieser  Formation,  in  die  oft  auch  Juniperus  nana  einge- 
schaltet ist. 

b)  Mesophile  (sommergrüne)  Zwergstrauchformationen. 

Zwergweidengebüsche.-)  An  Bachrinnsalen,  auf  Schutthalden,  La- 
winenstrichen und  Moränenablagerungen,  also  an  ähnlichen  Orten  wie  Alnus 
viridis,  aber  auch  noch  in  höheren  Lagen  als  diese,  schließen  sich  mitunter 
die  Alpenweiden  zu  einer  sommergrünen  Buschformation  zusammen.  Diese 
Weidenbestände  sind  aber  —  mangels  der  entsprechenden  Örtlichkeiten  in 
der  alpinen  Region  —  bei  weitem  nicht  so  häufig  und  auch  nicht  von  solcher 
Ausdehnung  wie  die  xerophilen  Ericaceengenossenschaften.  In  verschiedenen 
Gebieten  der  Alpen  sind  es  verschiedene  Weiden,  in  den  Kalkalpen  insbe- 
sondere Typen  mit  kahlen,  glänzenden  Blättern:  Salix  glabra,'^)  hastata  und  ar- 
buscula,  im  Urgebirge  behaartblättrige,  wie  die  verhältnismäßig  seltene  S.  Hel- 
vetica, in  Tirol  und  Kärnten  auch  mitunter  5.  glauca,  welche  sich  formations- 
bildend betätigen.  Von  charakteristischen  Begleitern  dieser  Weidengesell- 
schaften kann  man  wohl  nicht  sprechen.  Im  übrigen  sind  Weiden  wie  S.  gla- 
bra  und  arbuscula  häufig  auch  an  trockenen  Boden  gebunden  und  dann  ge- 
wöhnlich  als   untergeordnete  Elemente  der   Krummholzformation  anzutreffen. 

3.  Spalierstrauchformationen. 

a)  Xerophile  (immergrüne)  Spalierstrauchformationen. 

Azalee ntep piche.  Die  Alpenazalee  oder  Gemsenheide  {Loiseleuria 
procumbens),  ein  immergrüner  Spalierstrauch,  der  schon  in  den  höher  ge- 
legenen Rhododendrenbeständen  und  in  den  Alpenmatten  eine  ziemlich  be- 
deutende Rolle  spielt,  bildet  über  denselben,  mit  Vorliebe  auf  trockenen,  sanften 
Abhängen  und  flachen  Rücken  und  Kuppen  eine  Formation,  die  zu  den 
wenigen  gehört,  welche  die  alpine  mit  der  arktischen  Flora  gemeinsam  hat. 
Mit  ihren  spröden  Stämmchen  und  Zweigchen  innig  dem  Boden  angeschmiegt, 
bildet  sie  in  der  Regel  einen  dichten,  unter  dem  Tritte  beinahe  knirschenden 
Teppich,  in  welchen  zumeist  noch  folgende  Elemente  eingeschaltet  sind:  Spa- 
liersträucher  und  meist  spalierstrauchartig  aussehende  Zwergsträucher:  Einpe- 
trum  nigrum,  Arctoslaphj'los  alpina,  Uva  ursi,  Vaccinium  Vitis  IJaea,  uliginosum; 


I)  Nach   Kern  er  I.  -)   Vgl.  Taf.  XLIV  links. 


68 

Flechten :  Cetraria  cuaiUata,  nivalis,  Bryopogon  ochroleuciis,  Cladonia  iincialis, 
fimbriata,  rangiferina ;  Stauden  und  Gräser  der  Alpenmatte  und  Gesteinflur: 
Agrostis  rupestris,  Nardus  s^»icta,  fCarex  curvula,  *firma,  fJuncus  trifidus,  Silene 
acaulis  (*longiscapa,  fNorica),  Älsine  sedoides,  fPhj-teimia  heniisphaericum, 
Homogyne  alpina,  *discolor. 

Je  mehr  die  Flechten  überwiegen,  desto  mehr  nähert  sich  die  Formation 
der  später  noch  zu  erwähnenden  Flechtentundra.  Auch  zur  Borstgras-  und 
Krummseggenmatte  gibt  es  Übergänge. 

Loisekuria  ist  diejenige  Ericacee,  welche  als  bestandbildendes  Element 
am  weitesten  nach  aufwärts  reicht.  In  den  nördlichen  Kalkalpen  tritt  die  For- 
mation der  Erica  carnea  von  350 — 1350 nz,  des  Rhododendron  hirsutum  von  1350 
bis  2000  m,  der  Loiseleuria  procumbens  von  2000 — 23oo  ?n  physiognomisch  am 
meisten  in  den  Vordergrund.  In  den  Uralpen  wird  Erica  carnea  durch  Calluna 
vulgaris  und  Rhododendron  hirsutum  durch  ferrngineiim  vertreten,  die  oberen 
Grenzen  verlaufen  in  absolut,  die  der  Calluna  auch  in  relativ  (im  Vergleiche 
zu  Erica)  höheren  Linien.  Es  dominiert  die  Formation  der  Calluna  etwa  von 
350  bis  23ao;»,  die  des  Rhododendron  ferrugineuin  von  1700 — 23oo?7z  und  die 
der  Loiseleuria  von  23od — 2650  m. 

b)  Mesophile  (sommergrüne)  Spalierstrauchformationen. 

Spalierweidenteppiche  (inklusive  SchneetälchenOuren).  Im  Gegen- 
satze zu  ihren  bäum-  und  strauchformigen  Verwandten  beanspruchen  die  Spa- 
lierweiden Salix  retusa,  serpyllifolia  usw.  oft  keinen  feuchten  Boden.  Sie  sind 
vielmehr  xerophil  gebaute  Felsenpflanzen  der  oberen  Alpenmatten  und  der  Ge- 
steinfluren. Auch  Salix  reticulata,  Myrsinites  und  Jacquiniana  wurzeln  zumeist 
in  den  Spalten  des  anstehenden  Gesteins.  Salix  herbacea  aber,  die  kleinste 
vSpalierweide,  kann  doch  zumeist  ihre  Weidennatur  nicht  verleugnen,  indem  sie 
auf  feuchtem,  sandigem  oder  steinigem  Boden  höherer  Lagen,  im  Schatten  von 
Felsen,  insbesondere  in  den  sogenannten  Schneetälchen  sich  zu  kleinen  Tep- 
pichen vereinigt,  in  welche  gewöhnlich  auch  einige  Moose  (vor  allem  Poly- 
trichum  sexangulare)  und  verschiedene  andere  Elemente  eingeschaltet  sind, 
welche  entweder  nur  in  dieser  Gesellschaft  wachsen  oder  auch  in  feuchten 
Felsenritzen  oder  aber  auf  Matten  im  ersten  Frühling  vegetieren,  um  alsbald 
von  höherwüchsigen  Pflanzen  unterdrückt  zu  werden. 

Namentlich  bezeichnend  für  diese  Schneetälchenformation  sind:  Poa  mi- 
nor, *Ln^ulaglahrata,  fspadicea,fOxyriadigyna,  Cerastium  trigynum,f  Arenaria 
bißora,  Sagina  Linnaei,  *Ranunculus  alpestris,  Cardamine  falpina,  fresedi/olia, 
*Hutchinsia  alpina,  fbrevicaulis,  Arabis  coe>-ulea,  fSedum  alpestre,  Saxifraga  oppo- 
sitifolia,  androsacea,  *Potentilla  minima,  fSibbaldia  procumbens,  Viola  bißora, 
Epilobium  anagallidifoliuin,  f  Soldanella  pusilla,  *  Austriaca  und  *minima,  Gentiana 
Bavarica,  Veronica  *aphylla,  alpina,  Gnaphalium  supinum,  Achillea  atrata, 
fDo!~onicum  glaciale  usw. 


69 

Auch  die  xerophilen  Typen  Salix  reticidata,  retusa  usw.  sind  nicht  selten 
dominierende  Elemente  analog  zusammengesetzter  Formationen.  Je  mehr  Poly- 
trichuiii  in  den  Vordergrund  tritt,  desto  näher  kommt  die  Formation  dem  später 
noch  zu  besprechenden  moostundraartigen  Vereine.  Mitunter  fehlen  auch  die 
Weiden  und  es  ist  dann  die  Formation  als  mesophile  Staudenformation  zu  be- 
zeichnen. 

4.  Gras-  und  Staudenformationen  (Aipenmatten). 

a)  Xerophile  Gras-  und  Staudenformationen. 

Borstgrasmatte.  Das  Borstgras  (Nardus  stricta),  das  uns  schon  in 
den  xerophilen  Wäldern  begegnet  ist  und  auch  häufig  als  Begleitpflanze  der 
Calluna  -  Heide  und  Loiseleitria  -  Teppiche  auftritt,  bildet  auch  häufig  auf 
trockenen  Böden,  insbesondere  in  den  Uralpen,  mit  den  Juniperus-,  Vaccinium-, 
Calluna-  und  Lo/^e/et/rm-Genossenschaften  abwechselnde  und  in  diese  überge- 
hende, oft  weit  ausgedehnte  Bestände,  in  welchen  sich  außer  den  Flechten  Cla- 
donia  rangiferina  und  anderen  Cladonien,  Cetraria  Islandica,  auch  Lycopodium 
alpinum,  von  Gräsern  Antho.xanthuin  odoratum,  Agrostis  rupestris,  Deschampsia 
ßexuosa,  *Festuca  rupicaprina,  Carex  sempervirens,  fJuncus  trifidus,  Lu':^ula  Su- 
detica  und  von  Stauden  Potentilla  erecta  und  aiirea,  Ajuga  pyramidalis,  fVero- 
ni'ca  bellidioides,  Canipanula  barbata,  Phyteuma  hemisphaericum,  Solidago  alpe- 
stris,  Homogyne  alpina,  Leontodon  Pyrenaicus  und  Hieracium  alpinum  immer 
und  immer  wieder  zu  finden  sind. 

Seggenmatten  ^)  (Alpenmatten  s.  s.).  Während  sich  die  bisher  beschrie- 
benen Formationen  der  Hochgebirgsregion  durch  Armut  an  Arten  und  eine 
ziemlich  große  Gleichmäßigkeit  in  ihrer  Gliederung  auszeichnen,  ist  die  Zu- 
sammensetzung der  Alpenmatten  eine  sehr  mannigfaltige  und  die  Zahl  der  sie 
konstituierenden  Elemente  eine  überaus  große.  Sind  sie  doch  diejenige  alpine 
Genossenschaft,  welche  am  meisten  Alpenpflanzen  enthält.  Weil  die  gras- 
artigen Gewächse,  welche  ihren  Charakter  bestimmen,  oft  physiognomisch 
sehr  wenig  in  den  Vordergrund  treten,  weil  ferner  viele  Mattenpflanzen  in 
betreff  ihres  Standortes  gar  nicht  wählerisch  sind,  und  weil  schließlich  die  ein- 
zelnen Fazies  der  Matten  vielfach  ineinander  übergehen,  ist  es  sehr  schwierig, 
die  Matten  als  einheitliche  Formation  zu  charakterisieren. 

Infolge  des  Umstandes,  daß  die  stets  xerophil  gebauten  tonangebenden 
Seggen  der  Matten  im  Gegensatze  zu  den  meisten  Wiesengräsern  und  den 
Seggen  der  Sumpfwiesen  intravaginale  Innovation  und  sehr  dichtrasigen 
Wuchs  besitzen  und  keine  .^.usläufer  bilden,  wachsen  sie  streng  gesondert 
voneinander  und  sind  nicht  imstande,  eine  geschlossene  «Narbe»,  wie  sie  für 
die  Wiesen  so  bezeichnend  ist,  zu  bilden.  Sie  wurzeln  vielmehr  durch  größere 
oder  geringere,  entweder  von  nackten  Steinen  oder  aber  von  all  den  ver- 
schiedenartigen, tiefwurzelnden,   niederwüchsigen  und  großblumigen  Stauden, 


I)  Vgl.  Taf.  XLII  unten. 


70 

welche  eben  die  Farbenmannigfaltigkeit  und  den  Artenreichtum  der  Alpen- 
matten bedingen,  eingenommenen  Zwischenräumen  von  einander  gesondert. 
Kräuter  sind  auf  den  Matt;^n  ebenso  spärlich  vertreten  wie  auf  den  Wiesen 
und  zum  Teile  auch  wieder  Halbparasiten.  Besonderes  Interesse  verdient  die 
Tatsache,  daß  Typen,  welche  auf  den  Wiesen  saisondimorph  gegliedert  sind, 
hier  mangels  der  den  Dimorphismus  züchtenden  menschlichen  Eingriffe  (Mahd) 
in  ungegliederten  Parallelformen  auftreten  {*Gentiana  aspera,  fKerneri).  Der 
xerophile  Bau  und  das  isolierte  Auftreten  der  dominierenden  Grasartigen,  das 
Fehlen  eines  geschlossenen  Grasrasens  und  der  niedere  Wuchs  aller  Elemente 
sind  die  wichtigsten  Unterschiede  der  Matten  der  Hochgebirgsregion  von  den 
Wiesen  der  Täler.  Als  dominierende  Elemente  kommen  in  verschiedenen 
Fällen  Carex  sempervirens  und  *finna  (nur  auf  Kalk!)  in  Betracht.  Die  zumeist 
vorkommenden  Begleitpflanzen  sind  etwa  folgende: 

1.  Zwerg-  und  Spaliersträucher:  Salix  rcticitlata,  retusa,  serpyllifoUa, 
herbacea,  Empetrmn  nigrinn,  Loiseleuria  procinnbens,  Arctostaphylos  alpina,  Uva 
iirsi,   Vaccinium   Vitis  Idaea,  nliginosuni. 

2.  Grasartige:  Agrostis  riipestris,  alpina,  Poa  alpina,  Festuca  *nipicaprina, 
fdura,  pumila,  Carex  pai'vißora,  *atrata,  Juncus  '^luonanthos,  ftrifidus. 

3.  Stauden:  Selaginella  selaginoides  (bärlappartige),  Chamaeorchis  alpina, 
Coeloglossum  viride,  Nigritella  nigra,  Gymnadenia  albida,  Polygonum  vivipannn, 
Silene  acaulis  (^longiscapa,  fNorica),  Alsine  sedoides,  Gerardi,  Anemone  *alpina, 
falba,  fsulfiirea  (Westen),  Ranunculus  montanus,  Arabis  pumila,  Parnassia  pa- 
lustris, Potentilla  "^minima,  aurea,  *Crant:{^ii,  fSibbaldia  procumbens,  Geum  mon- 
tanum,  *Dryas  octopetala,  *Anthyllis  alpestris,  Astragalus  frigidus,  Oxytropis 
fcampestris,  *montana,  Hedysarum  obscurunu  *Helianthemum  alpestre,  Meum 
Mutellina,  Pachypleurum  simplex,  Primula  minima,  Androsace  *lactea,  '^Chamae- 
jasme,  obtusifolia,  Soldanella  alpina,  Armeria  alpina,  Veronica  alpina,  Bartschia 
alpina,  Pedicularis  incarnata,  *rostrata,  verticillata,  Campanula  Scheuch^eri, 
*  Aster  Bellidiastrum,  Erigeron  *polymorphus,  falpinus,  Gnaphalium  supinum,  Ho- 
mogyne  alpina,  Leontodon  Pyrenaicus  usw. 

4.  Kräuter:  *Sedum  atratum,  Gentiana  *  aspera,  fKerneri,  Euphrasia  mi- 
nima, Alectorolnphus  lanceolatus  usw. 

Auf  etwas  tiefgründigerem  Boden  tritt  Carex  firma  auch  in  den  Kalk- 
alpen in  den  Hintergrund  und  es  gesellen  sich  dann  zur  tonangebenden  C.  sem- 
pervirens verschiedene  höherwüchsige  Gräser  (z.  B.  Anthoxanthum  odoralum, 
*Phleum  Michelii,  *Sesleria  varia,  Festuca  fallax.  In  dieser  Fazies  der  Matte 
halten  sich  mit  besonderer  Vorliebe  Orchideen  auf,  wie  *Orchis  globosa,  Coelo- 
glossum viride,  Nigritella  nigra,  Gymnadenia  albida,  conopea  und  *odoratissima. 
Auch  im  Urgebirge  ist  dieser  Mattentypus  vertreten  und  enthält  außer  den  im 
vorangehenden  Verzeichnisse  nicht  als  *Kalkpflanzen  signierten  Typen  noch 
oft  auch  Hypochoeris  unißora,  Hieracium  aurantiacum  usw. 

Einen  Übergangstypus  der  eigentlichen  Alpenmatte  zur  Borstgrasmatte 
bildet    eine    in    den  Uralpen    häufig   auftretende    Genossenschaft,    in    welcher 


71 

Ciirex  ciirvula  überwiegt.  Als  typische  Regleiteleinente  dieser  Furmation  sind 
Ai^rostis  riipestris,  Avenastniui  versicolor,  Oreochloa  disliclia  (oft  sogar  tonan- 
gebend), Nardus  stricta,  Juncus  trifidus,  Potentilla  aurea,  Pacliypleiinim  simplex, 
Primula  minima,  Campaiiiila  alpiiia,  Pliyteuma  confusum  (nur  im  Osten),  liemi- 
sphacricum,  Solidago  alpestris,  Gnaphalium  supinum,  CJirysanthemiDti  alpiniim, 
Senecio  Carniolicus,  Leontodon  Pyrenaiciis,  Hieracium  alpimim  und  die  Flechten 
Cladonia  rangiferina,  Cetraria  Islandica,  Alectoria  ochroleuca  und  Thamnolia 
vermicularis  zu  nennen.    Auch  Salix  herbacea  ist  nicht  selten  vertreten. 

Die  hier  als  Matten  zusammengefaßten  Grasformationen  reichen  je  nach 
der  Beschaffenheit  des  Rodens,  der  Exposition  usw.  etwa  bis  2100— 2400 'h 
nach  aufwärts. 

b)  Mesophile  Gras-  und  Staudenformationen. 

Milchkrautweide.  Auf  tonhaltigen,  weniger  trockenen  Böden,  ins- 
besondere in  Mulden  und  Kesseln  der  Krummholzregion,  macht  sich  eine  üppige 
Gras-  und  Staudengenossenschaft  breit,  welche  durch  ihr  besonders  frisches 
Grün  schon  von  weitem  ihr  mesophiles  Gepräge  verrät.  Nach  unten  zu  geht 
diese  Milchkrautweide  oft  allmählich  in  die  Voralpentluren,  nach  oben,  gegen 
die  steileren  Hänge,  in  die  Ericaceenbestände  oder  Alpenmatten  über.  Infolge 
des  Vorhandenseins  einer  ziemlich  mächtigen  Humusschichte  kommt  hier  der 
Gegensatz  des  Substrates  viel  weniger  zur  Geltung  als  bei  anderen  Forma- 
tionen der  Hochgebirgsregion. 

Auf  der  Milchkrautweide  finden  sich  (viele  auch  auf  der  Seggenmatte 
auftretende  Elemente  werden  nicht  mehr  angeführt):  a)  Grasartige :  Anthoxanthiun 
odoratitm,  Phleum  alpimim,  Agrostis  alba,  Deschampsia  caespitosa,  Poa  alpina, 
Festuca  fallax,  Carex  leporina,  pallescens;  b)  Stauden:  Tofieldia  calyculata,  The- 
siiim  alpimim,  Polygomim  viviparum,  Silene  venosa,  Cerastiiim  fontamim,  arvense, 
Sagina  Linnaei,  Trolliiis  Europaeus,  Ranunculiis  montaniis,  Parnas.sia  palu- 
stris, Potentilla  aurea,  Geum  montamim,  Alchimilla  alpestris,  Trifolium  nivale, 
repens,  Lotus  corniculatus,  Meiim  Mutellina,  Soldanella  alpina,  Gentiana  latifolia, 
verna,  Myosotis  alpestris,  Thymus  Trachselianus,  Veronica  serpylli/olia,  Eiiphrasia 
Roslkoviana,  minima,  Bartsia  alpina,  Pedicularis  verticillata,  Campanula  Scheuch- 
-eri,  Homogyne  alpina,  Leontodon  Pyrenaiciis,  hispidiis,  Crepis  aurea. 

Noch  üppigere  Weiden,  wie  sie  auf  tiefgründigem,  besonders  feuchtem 
Boden  sich  finden,  werden  als  Mutternwiesen  bezeichnet. 

c)  Hydrophile  Gras-  und  Staudenformationen. 

Seggen-Quellfluren.  An  steinigen  Bachrändern  und  im  Kiese  der 
Quellen  sind  oft  Seggen,  und  zwar  auf  Kalk  Carex  ferrnginea,  auf  Urgestein 
Carex  frigida,  die  dominierenden  Elemente  einer  Formation,  deren  übrige  Be- 
standteile dieselben  sind  wie  in  den  später  unter  den  Staudenformationen  zu 
besprechenden  Quellfluren. 


72 

Alpenmoore.  Hierher  gehören  die  sphagn  enarm  en  (nur  Sphagnum 
compactum  steigt  bis  zu  zirka  24007»)  Moorbestände  der  hülieren  Alpenregion. 
Die  Zusammensetzung  der  nur  auf  schlammigem  Boden,  in  Mulden  gele- 
genen seichten  Lachen  u.tlgl.,  vor  allem  in  den  Zentralalpen  hin  und  wieder 
auftretenden  Formation  ist  eine  sehr  einförmige.  Die  tonangebende  Pflanze 
ist  in  der  Regel  Eriophorum  Scheuch^eri,  welchem,  wenn  es  nicht  überhaupt 
der  einzige  Bewohner  solcher  Ortlichkeiten  ist,  nur  noch  Trichophorum  Anstria- 
cum  und  Juncus  trighimis  nebst  einigen  Moosen  beigesellt  sind.  Meist  erst  in 
tieferen  Lagen  kommen  Trichophontm  alpinum,  Blysmus  compressus,  Carex 
dioeca,  pulicaris,  paiicißora,  grypos,  nigra,  irrigua,  limosa,  Oederi,  rostrata, 
Juncus  ßlifofmis  und  von  Stauden  Saxifraga  ai:^oides,  Epilobium  nutans,  ana- 
gallidifolium  usw.  dazu.  Diese  spärliche  Vegetation  genügt  aber  schon,  um 
noch  einen  ganz  vorzüglichen  Torf  zu  erzeugen  ^). 

In  der  Krummholzformation  treten  meist  auch  schon  Sphagniim-G&s€[\- 
schaften  auf,  das  Krummholz  selbst  und  in  manchen  Gebieten  der  Uralpen 
auch  die  Zwergbirke  (Betula  nana)  sind  im  Bestände  zu  treffen.  In  der  Höhen- 
lage der  Baumgrenze  haben  die  Moorbestände  stets  schon  mehr  oder  minder 
das  Gepräge  der  Sphagnuni-Moose.  der  Waldregion. 

5.  Staudenformationen, 
a)  Xerophile  Staudenformationen. 

Gesteinfluren. ^)  Mit  steigender  Höhe  lockert  sich  mehr  und  mehr  der 
Zusammenschluß  der  Gewächse  der  Alpenmatten,  die  Humusmenge  wird  immer 
geringer,  das  Übergewicht  des  toten  Gesteines  über  das  vegetabilische  Leben 
ist  in  stetiger  Zunahme  begriffen,  tieferen  Untergrund  beanspruchende  Ge- 
wächse bleiben  zurück  und  neue  Elemente,  zumeist  xerophilen  Baues  und  pyg- 
mäenhafter  Statur,  gesellen  sich  in  den  Verband.  Die  Alpenmatte  geht  all- 
mählich in  die  Gesteinflur  über.  Durch  die  minimale  Humusbildung  und  die 
Vorherrschaft  des  Gesteines,  die  großen  Zwischenräume  zwischen  den  Indi- 
viduen, den  niedrigen  Wuchs  derselben,  das  Auftreten  vieler  Polsterpflanzen 
und  das  Überwiegen  der  Stauden  über  die  Gräser  sind  die  Gesteinfluren  von 
den  Matten  verschieden.  Natürlich  gibt  es  die  verschiedenartigsten  Übergänge 
zwischen  den  beiden  Formationen.  Die  Einwirkung  des  Substrates  kommt  in 
den  Gesteinfluren  ganz  besonders  zum  Ausdrucke  und  läßt  den  Unterschied 
zwischen  Kalk-  und  Urgebirgsvegetation  in  seinem  vollen  Umfange  erscheinen. 
Als  häufige  Elemente  der  Gesteinfluren  erscheinen  erwähnenswert:  Spalier- 
sträucher:  Salix  serpyllifülia,  Myrsinites,  Jacquiniana;  Gräser  :  Agrostis  rupestris, 
alpina,  Trisetum  spicatum,  fOreochloa  disticha,  fPoa  laxa,  Festuca  varia,  Elyna 
Bellardi,  fCai'ex  curvula,   Lii^ida  fspadicea,  fspicata;    Stauden:    Chaniaeorchis 

^)  So   werden    beispielsweise    die   ober  Gurgl    im  ütztale    in    23oow    Meereshöhe 
liegenden  Moore  auf  Torf  ausgebeutet  (Kern er  I). 
2)  Vgl.  Taf.  LH  unten. 


73 

alpina,  Silene  acaiilis^)  Dianthits  fglacialis,  Cerastiiim  alpimim,  Alsine sedoides,  *Ge- 
rardi,  Arenaria  ciliala,  M<)ehrinf;ia  ciliata,  *Pelrocallis  Pyrenaica,  *Thlaspi rotundi- 
füliitni,  Hiitchinsia  *alpiiia,  fbrevicaulis,  ''Draba  ai:^oides,  fSedinn  alpestre,  Saxi- 
fraga  ai^oon,  fbryoides,  moschata,  Alchhnillaalpiiia,  Hedysariim  obscuriim,  *Heli- 
anthemum  alpestre,  Androsace  obtiisifolia,  fPhyteuma  paucißorum,  Aster  alpinus, 
fErigeron  unißoriis,  Leontopodhim  alpinum,  Senecio  Carniolicus,  fAchillea  mo- 
schata,  *Crepis  7 erglouensis  usw.;  Kräuter:  *Sedinn  atratum,  Gentiana  fprn- 
strata,  ftenella  fnana,  fSweertia  Carinthiaca,  Euphrasia  minima. 

Im  Urgebirge  beginnen  die  Gesteinfluren  je  nach  der  Masseneriiebung 
und  Exposition  etwa  bei  2200 — 2700;»,  auf  Südlehnen  stets  bedeutend  höher 
als  auf  den  nach  Norden  exponierten  Hängen,  welche  in  Höhen,  in  denen  auf 
der  Südseite  meist  noch  ziemlich  großer  Blütenreichtum  herrscht,  nur  mehr 
Moose  und  Flechten  beherbergen.  Im  Kalkgebirge  ist  der  Übergang  der 
Alpenmatten  in  dieselben  ein  viel  plötzlicherer  und  erfolgt  oft  schon  bei  1800  m. 

b)  Mesophile  Staudenformationen. 

Schnee  tälchenfluren.  Siehe  Spalierweidenteppiche  (S.  68)  und  alpine 
Moostundra  (S.  73).  Sehr  charakteristisch  ist  die  Massenvegetation  von  Cera- 
stiiim trigynum  und  Arenaria  bißora  auf  humösen,  eben  vom  Schnee  befreiten 
Stellen  der  Uralpen. 

c)  Hydrophile  Staudenformationen. 

Quellfluren.  Im  Umkreise  der  Quellen  und  am  steinigen  Rande  der 
Bäche  gedeiht  eine  Genossenschaft  üppiger  durch  das  frische  Grün  und  den 
lebhaften  Glanz  ihrer  Blätter  ausgezeichneter  Gewächse  wie:  fAllium  foliosum , 
Cardamine  amara,  Sedum  roseiim,  fvillosum,  Saxifraga  ai:^oides,  stellaris,  Trifo- 
lium badiiim,  Epilobium  alsinefolium,  Sweertia  perennis,  Veronica  alpina,  Jinicus 
triglumis.  Die  Tatsache,  daß  manche  derselben  xerophil  gebaut  sind,  kann 
nicht  wundernehmen,  wenn  man  bedenkt,  wie  kalt  das  Alpenwasser  ist,  und 
wie  sehr  infolgedessen  die  Wurzeltätigkeit  erschwert  ist. 

6.  Moosformationen. 

(Mesophil.) 

Alpine  Moostundra.  Sie  ist  eine  nur  im  Urgebirge  vertretene  F"orma- 
tion,  die  im  Kalkgebirge  kein  Analogon  hat.  fPolytrichum  sexangulare,  in  den 
Schneetälchen  mitunter  ein  Begleiter  der  Spalierweiden,  wuchert  oft  massenhaft 
in  schlammiger,  feuchter  Erde,  «an  allen  von  Gletschern  verlassenen,  mit  Mo- 
ränenschutt bedeckten  Stellen,  an  den  Erdabrissen  und  den  durch  Muhren  ent- 
blößten Halden  sowie  in  den  Winkeln,  Nischen  und  kleinen  Runsen  der  felsigen 
Höhen,  in  welche  der  Sturmwind  Sand  und  erdigen  Staub  zusammengeweht 
hat».-)  Gewöhnlich  sind  es  nur  einige  Begleitpfjanzen  der  Zwergweidenteppiche, 


I)  Vgl.  Taf.  L  oben.  ^)  Kerner  I. 


74 

vvelclie  sich  auch  hier  wieder  finden.  Mitunter  ist  überhaupt  nur  Polytrichum 
sexangulare  vorhanden.  Auch  andere  feuchtiokeitsliebende  Moose,  z.  B.  Web- 
ber a- Arten,  wie  W.  ciicullata,  Hypnum  pitrpitrascens,  Grimmia  mollis,  Oligo- 
tn'chiim  Hercynicum,  DicYanella  squarrosa  usw.  und  die  Flechte  Stereocaulon 
toiiieiitosiini  sind  oft  Begleitpflanzen  des  Polytrichiu)i  sexaiigiilare.  AntJielia  Jiirat:^- 
kana  überzieht  oft  weithin  die  Ränder  der  Wasserläufe  mit  ihren  unscheinbaren, 
graugefärbten  Polstern. 

7.  Flechtenformationen. 

(Xerophil.) 

Alpine  Flechtentundra.'')  Die  alpine  Flechtentundra,  eine  der  echten 
nordischen  Flechtentundra  sehr  ähnliche  Formation,  steht  zum  Azaleen- 
teppiche in  einem  ganz  ähnlichen  Verhältnisse  wie  die  Moostundra  zu  den 
Spalierweidenbeständen.  Wenn  nämlich  im  Loiseleuria-V &rü\n>i  die  schon  des 
öfteren  genannten  Strauchflechten  Cladonia  rangiferina,  uncialis,  fimbriata,  Ce- 
traria Islandica,  ciicullata,  nivalis,  Alectoria  ochroleiica  usw.  die  Oberhand  ge- 
winnen, so  wird  eben  aus  ihm  die  Flechtentundra,  welche  oft  in  dichtem 
Schlüsse  weite  Gehänge,  insbesondere  der  Uralpen,  überzielit.  Die  Begleit- 
elemente sind  ebendieselben  wie  im  Azaleenteppiche. 

l'lechtensc  horfe.  Die  Krustenflechten  bezeichnen  den  Abschluß  des 
Pflanzenlebens  auf  den  höchsten  Erhebungen  der  Gebirge.  Die  Zwischen- 
räume zwischen  den  einzelnen  Individuen  der  Gesteinfluren  vergrößern  sich 
nach  oben  zu  immer  mehr  und  es  bedingen  schließlich  niclit  mehr  die  Stauden, 
sondern  die  mehr  oder  minder  reichlich  mit  Flechten  bewachsenen  Felsblöcke 
und  Gesteinsplatten  die  Physiognomie  der  spärlichen  Vegetation.  Im  Kalk- 
gebirge beginnt  das  Übergewicht  der  Flechten  schon  bei  durchschnittlich 
2500»?,  im  Urgebirge,  je  nach  der  Massenerhebung  und  verschiedenen  anderen 
Umständen,  bei  zirka  2500 — 2800 ?h.  Als  häufige  Flechten  des  Urgebirges  sind 
Gyrophoracylindrica,  reticiilata,  Lecidea  Armeniaca,  aglaea,  elata,  declinascens etc., 
Haematomma  ventosum,  Lecanora  polytropa,  intricata,  Rhi:[ocarpougeograpliicinu, 
Aspicilia  adunans,  alpina,  cinereo-rufescens,  Biatorella  testudinea,  Toiiiiiia  acer- 
vulata,  Thelidium  umbrosum;  des  Kalkgebirges  Man:[onia  Kantiana,  Biatora 
incrustans,  immersa,  Lecidea  Jurana,  immergens,  caerulea,  Caloplaca  (Amphiloma) 
elegans,  Verrucaria  niarinorca,  purpurascens,  Ainphoridium  Hochstetteri,  The- 
lidium decipiens,  Arttwpyrenia  saxicola  zu  nennen.^)  Zahlreiche  Grimmien, 
Dicranoweisia  crispula,  Andi-eaea  petrophila  repräsentieren  in  diesen  Höhen  die 
Klasse  der  Moose.  Von  Stauden,  welche  hier  gleich  diesen  nur  die  Rolle  von 
Begleitelementen  spielen,  sind  Silene  acaulis,  Cerastium  *latifoliuin,  funißorum, 
Alsine  *aretioides,  sedoides,  Ranunculus  fglacialis,  *alpestris,  Saxifraga  oppositi- 
folia,  fbryoides,  moschata,  fPrimula  glutinosa,  Aretia  falpina,  *  Helvetica,  Gentiana 


I)  Vgl.  Taf.  XLVm  links.         ^)  Nach  mündlicher  Mitteilung  von  Prof.  J.  Steiner. 


75 

Bavarica,  Eritnchnim  Terg.ouense  namhaft  zu  machen.  Es  sind  die  am  höchsten 
(auf  den  höchsten  Erhebungen  etwa  liis  zu  3400m  ^)  nach  aufwärts  steigenden 
Stauden.  Von  Gräsern  reichen  Oreochloa  disticha  und  (larcx  ciirvnla  etwa  l)is 
zu  Zooom,  Poa  laxa  bis  zu  33qo;h. 


Fig.  2.  Edelweiß  (Leontopodiitm  alpinnm)  in  der  Spalte  eines  Felsens 

in  den  südlichen  Kalkalpen,  links  oben  Potentilla  nitida. 

(Nach  einer  photographischen  Aufnahme.) 


Auf  besonders  trockenen  Felswänden,  welche  so  steil  sind,  daß  es  nie 
zur  Bildung  einer  Humusdecke  kommen  kann,  treten  im  Bereiche  der  ganzen 
Hochgebirgsregion,  wenn  überhaupt  eine  Vegetation  vorhanden  ist,  gleichfalls 


I)  Im  Ötztale.  (Nach  Kerner  I). 


76 

Kriistenflechten  als  tonangebende  Elemente  auf.  Nur  in  den  Ritzen  sind  Moose 
und  Blutenpflanzen  in  Bänder  bildenden  Genossenschaften  vertreten.  *Alsine 
aretioides,  Saxifraga  Ai:^oon,  *caesia,  fbryoides,  *Polentilla  nitida  ^)  (nur  in  den 
südlichen  Kalkalpen),  *Atlmmantha  (Iretensis  (nicht  hochansteigend),  *PriuiiiLi 
Aiiricida  (Taf.  XLVIII  rechts)  (auch  schon  in  der  Waldregion),  *Aretia  Helvetica, 
Valeriana  *saxatilis,  *eIongata,  Leontopodiiim  alpininn~)  (auch  auf  Matten),  fAr- 
temisia  laxa  sind  einige  der  bezeichnendsten  Felsenpflanzen. 

Auch  alte  Schutthalden  sind  eigentlich  als  P'lechtenformation  —  die  aller- 
dings oft  nur  episodischen  Charakter  hat  —  anzusprechen,  und  höhere  Ge- 
wächse wie  f  Cryptogramme  crispa,  Poa  minor,  Papaver  aurantiacum,  *Thlaspi 
roliindifoliwn,  Linaria  alpina,  spielen  infolge  ihres  vereinzelten  Auftretens  zu- 
meist eine  so  untergeordnete  Rolle,  daß  es  wohl  in  vielen  Fällen  nicht  gut  an- 
geht, die  Formation  nach  ihnen  als  eine  Staudenformation  zu  bezeichnen. 

8.  Algenformationen. 

(Hydrophil.) 

l'^elsenüberzüge.  Feuchte  und  überrieselte  Felswände  —  insbesondere 
der  Schattseite  —  sind  auch  in  der  Hochgebirgsregion  nicht  selten  von  ver- 
schieden, meist  dunkelgrün  oder  schwärzlich,  gefärbten  Überzügen  Kolonien 
bildender  Cyanophyceen  bedeckt.  Höhere  Gewächse  erscheinen  auch  hier  auf 
breitere  Ritzen  beschränkt  und  vermögen  es  nicht,  sich  zu  geschlossenen  Be- 
ständen zu  vereinigen.  Ranunculwi  fglacialis,  ^alpestris,  Saxifraga  ai:^oides,^) 
oppositifolia,  Geiim  reptans,  *  Pinguicola  alpina,  Doronicinn  ^calcareum,  glaciale 
und  fClu.sii,^)  fHypnwn  dilatatum,  f  Blindia  acuta,  sind  einige  der  bezeich- 
nendsten Pflanzen  solcher  Lokalitäten. 

Quellüberzüge.  Noch  in  den  höchsten  Regionen,  auf  Gestein,  das  von 
den  Rinnsalen  der  Schmelzwässer  oder  von  kalten  Quellen  '^)  überflutet  wird, 
bilden  Cyanophyceen,  insbesondere  eine  smaragdgrüne  Prasiola  und  eine 
schmutzigbraune  Oscillaria,  reichlich  mit  Diatomeen  besetzt,  eine  charakteri- 
stische Nereidengenossenschaft. 

Firnüberzüge.  Die  von  der  Chlorophycee  Sphaerella  nivalis  gebildeten, 
als  «Roter  Schnee»  bekannten  Überzüge  bedecken  oft  weite  Strecken  der  Firn- 
felder unserer  Alpen.  Der  auf  den  oberflächlichen  vSchichten  des  Eises  abge- 
lagerte atmosphärische  Staub  versorgt  die  Sphaerella  und  ihre  Begleiter,  als 
welche  oft  verschiedene  andere  Algen,  insbesondere  Bacillariaceen  [Epithemia, 
Pinnularia,  Stauroneis  usw.)  auftreten,  mit  den  zu  ihrem  Fortkommen  unent- 
behrlichen mineralischen  Nährstoffen. 


1)  Vgl.  Taf.  LI  oben. 

2)  Siehe  Fig.  2. 

^)  Vgl.  Taf.  XLTX  unten. 

"*)   Die  höchste   Quelle  der  Ostalpen   entspringt  nach  Kerner   (I)   in  den  Stubaier 
Kernern  bei   zirka   3ooom.    Sie  ist  noch   ganz  mit  diesen  Algen   erfüllt. 


77 


f)  Die  Regionen. 

Der  große  Einfluß  der  vertikalen  Erhebung  auf  die  Pflanzenwelt  kommt, 
wie  bereits  angedeutet  wurde,  in  nichts  auffälliger  zum  Ausdruck  als  in  der 
regionalen  Anordnung  der  F'ormationen.  Die  beiden  Hauptregionen  der  Flora 
unserer  Alpen,  die  Wald-  und  Hochgebirgsregion,  welche  bereits  im  voraus- 
gehenden eine  gesonderte  Besprechung  fanden,  sind  ja  nichts  anderes  als  zwei 
vertikal  übereinanderliegende  Vegetationsgürtel,  deren  jeder  durch  das  Auf- 
treten respektive  F'ehlen  ganz  bestimmter  Formationen  charakterisiert  wird. 
Innerhalb  jeder  dieser  beiden  Regionen  lassen  sich  nun  wieder  Unterregionen 
—  und  zwar  je  drei  —  unterscheiden  und  die  beiden  oberen  Unterregionen 
der  Hochgebirgsregion  gliedern  sich  wiederum  in  je  zwei  Gürtel,  sodaß  sich 
folgende  regionale  Gliederung  der  Vegetation  der  Ostalpen  ergibt: 

1.  Waldregion.  Wälder  vorhanden  (Gebiet  der  pontischen  und  baltischen  Flora). 
a)  Untere  Waldregion:  Schwarzföhren  und  Kastanienwälder.  Pontisches  und 

südalpines  Buschwerk.  Pontische  Steppe.  Südalpine  Heidewiese.  Kul- 
turen: Wein,  Mais  (Gebiet  der  pontischen  und  der  ihr  ähnlichen  Flora 
am  Südfuße  der  Alpen). 

/')  Mittlere  Waldregion:  Rotföhren-,  Fichten-  und  Buchenwälder.  Wiesen 
Baltische  Heidewiese.  Kulturen:  Getreide  (Gebiet  der  mitteleuropäisch- 
baltischen Flora). 

c)  Obere  Waldregion.  Fichten-  und  Mischwälder.  Voralpenfluren.  Kulturen 
allmählich  verschwindend  (Gebiet  der  subalpin-baltischen  Flora). 

2.  Hochgebirgsregion.  Wälder  fehlen,  nur  Zwergwälder  in  der  unteren  Region 

(Gebiet  der  alpinen  Flora). 

a)  Untere    Hochg^ebirgrsres'ion:     Legrföhreno-ürtel.    Krummholzzwerovvälder. 

Milchkraut  weiden. 

b)  Mittlere  Hochgebirgsregion:  Sträucher  fehlen.  Alpenmatten. 

a)  Zwergstrauchgürtel.  Alpenrosen-,  Zwergwacholder-  und  Zwergweiden- 
gesträuche. 

ß)  Spalierstrauchgürtel.  Azaleen-  und  Spalierweiden-Teppiche.  Alpine 
Flechtentundra. 

c)  Obere  Hochgebirgsregion.  Alpenmatten  und  Azaleenteppiche  fehlen. 

a)  Polsterstaudengürtel.     Gesteinfluren.     Spalierweidenteppiche.     Alpine 

Moostundra, 
ß)  Flechtengürtel.  Flechtenschorfe,    Alpine   Moostundra.     Blütenpflanzen 

allmählich  verschwindend. 
Da  das  Auftreten  der  verschiedenen^  die  einzelnen  Regionen  charakteri- 
sierenden Pflanzengenossenschaften  nicht  allein  von  der  vertikalen  Erhebung, 
sondern  auch  von  verschiedenen  anderen  Faktoren,  so  insbesondere  von  der 
Exposition,   der  Massenerhebung   der  Gebirge,   der  Steilheit  der  Hänge,   der 


78 

Bodenfeuchtigkeit  usvv.,^)  abhängt,  verlaufen  die  Grenzen  der  Regionen  und 
Gürtel  naturgemäß  nicht  horizontal,  sondern  sind  ganz  ebenso  wie  dies  bereits 
für  die  Baumgrenze^)  hervorgehoben  wurde,  in  der  verschiedenartigsten  Weise 
nach  unten  und  oben  zu  ausgebuchtete  Kurven.  An  vSüdhängen  und  in  größeren 
Massenerhebungen  erscheinen  die  Grenzen  der  einzelnen  Regionen  und  Gürtel 
bedeutend,  oft  um  loo — 200  m,  nach  aufwärts  und  ebenso  in  Nordexposition  und 
auf  isolierten  Bergen,  insbesondere  am  Rande  der  Alpen,  sowie  in  den  nörd- 
lichen Kalkalpen  überhaupt  um  ebensoviel  noch  abwärts  gerückt. 

g)  Veränderungen  der  Formationen. 

Im  vorausgehenden  wurden  die  Formationen  im  großen  und  ganzen 
so  geschildert,  wie  sie  tatsächlich  demjenigen  entgegentreten,  welcher  sich 
nur  vorübergehend  im  Gebiete  der  Ostalpen  aufhält:  als  «scheinbar  festbe- 
stehende, in  Ruhe  befindliche,  in  ihrer  Entwickelung  abgeschlossene,  friedlich 
nebeneinander  lebende»^)  Bestände.  In  Wirklichkeit  ist  aber,  wie  ein  län- 
geres Verweilen  in  einem  Gebiete  zeigt,  die  jeweilige  Verteilung  der  Pflan- 
zenformationen und  auch  die  Zusammensetzung  vieler  derselben  gewisser- 
massen  nur  der  Ausdruck  einer  Gleichgewichtslage  zwischen  den  Lebens- 
äußerungen der  die  Pflanzenvereine  konstituierenden  Elemente  und  der  Summe 
der  sie  momentan  beeinflussenden  Faktoren.  Dieses  Gleichgewicht  wird  sofort 
gestört,  wenn  auch  nur  eine  geringfügige  Variation  eines  dieser  Faktoren  eine 
Änderung  der  Lebensbedingungen  der  Gewächse  hervorruft.  Jedes  Zuviel  oder 
Zuwenig  in  irgendeiner  Beziehung  bedeutet  für  viele  Arten  und  auch  Arten- 
vereine eine  Erhöhung,  für  andere  eine  Herabminderung  der  Lebensenergie 
und  im  ersteren  Falle  eine  Förderung  im  letzteren  eine  Benachteiligung  im 
Kampfe  ums  Dasein.  Je  größer  die  Umwandlungen,  desto  stärker  kommt 
natürlicherweise  der  Wettbewerb  zwischen  den  einzelnen  Arten  und  Vereinen 
zum  Ausdrucke,  desto  größer  sind  die  Chancen  für  Sieg  und  Niederlage  und 
die  Umgestaltungen,  welche  die  Vegetationsdecke  im  allgemeinen  und  die 
Pflanzengenossenschaften  im  besonderen  erfahren.  Die  Veränderungen  der  das 
Leben  der  Pflanzen  beeinflussenden  Faktoren  sind  entweder  natürliche  (ohne 
Zutun  des  Menschen)  oder  künstliche  (direkt  oder  indirekt  durch  den  Menschen 
hervorgerufen).  In  beiden  Fällen  hat  man  wieder  zwischen  plötzlichen  und  all- 
mählichen Umgestaltungen  zu  unterscheiden. 

Alle  diese  Veränderungen  samt  ihren  Folgen  hat  man  im  Alpenlande  — 
natürlich  nur  bei  längerem  Aufenthalte  —  zu  beobachten  Gelegenheit.  Ihre 
Spuren  fallen  aber  auch  bei  einer  einmaligen  Durchreise  an  vielen  Stellen 
ins  Auge. 


')   Man  vergleiche  das  unter  a)  Falctoren   (S.  12  ff.)   Gesagte. 

2)  Vgl.  S.  10  ff. 

3)  Vgl.   Warming. 


79 

1.  Natürliche  Veränderungen. 

Plötzliche  Veränderungen.  Das  Entstehen  von  Pflanzenformationen 
untl  ihre  (gesetzmäßige  zeitliche  Aufeinanderfolge  kann  man  überall  dort  be- 
obachten, wo  neuer  Boden,  sei  es  durch  Sandablagerungen  in  Flußbetten  und 
-mündungen,  oder  durch  die  Tätigkeit  von  Gletschern  oder  Lawinen,  oder 
schließlich  durch  Bergstürze  entsteht.  Auf  den  Sandbänken  der  Donau  finden 
sich  nach  Beck  —  abgesehen  von  den  offenbar  zuerst  den  Sand  durchsetzenden 
und  den  ersten  Anstoß  zur  Humusbildung  gebenden  Cyanophyceenvereinen 
(Anfangsverein)  —  zunächst  Kräuter  {Polj'gouiini-,  Chenopodiwn-ArtenJ,  zwi- 
schen welchen  dann  Samen  von  Popiiliis-,  Salix-,  Alniis-Arten  und  Myricaria 
keimen.  Später  kommen  Stauden  mit  kriechenden  Rhizomen  dazu,  einige  auf 
trockenen,  andere  auf  feuchten  Stellen  und  bilden  eine  Wellsandflur  (IJber- 
gangsverein).  Allmählich  wachsen  die  Weiden,  Pappeln,  Erlen  und  andere 
Bäume  heran,  überschatten  und  unterdrücken  die  Stauden  und  Kräuter  und  es 
entsteht  schließlich  —  als  Schlußverein  —  auf  Sandboden  eine  Weiden-,  auf 
humösem  Boden  eine  Pappelau. 

Auf  neu  gebildeten  Schutthalden,  Schuttkegeln  und  dergleichen  siedeln 
sich  zunächst  Flechten  und  eventuell  auch  Moose  an  (Anfangsverein),  welche 
mit  ihren  Hyphen  und  Rhizoiden  in  das  Gestein  eindringen  und  es  je  nach 
seiner  Porosität  in  kürzeren  oder  längeren  Zeiträumen  mürbe  machen.  Aus 
den  Resten  der  verwesenden  Pflanzen,  den  Partikelchen  des  zersetzten  Gesteins 
und  dem  anfliegenden  atmosphärischen  Staube  bildet  sich  allmählich  eine  dünne 
Humusschichte,  auf  welcher  sich  später  auch  Stauden  und  Kräuter  als  Über- 
gangsverein einfinden.  In  der  meist  tieferen  Humusschichte  der  Zwischenräume 
zwischen  den  einzelnen  Schuttblöcken  vermögen  nicht  nur  Stauden,  sondern 
auch  Sträucher  und  Bäume  Wurzel  zu  fassen  und  ein  Wald  bildet  zuletzt  den 
Schlußverein  der  ganzen  Entwicklungsreihe.  Auf  bloßgelegten  Flächen  rut- 
schiger Mergelschichten  fassen,  wie  man  es  an  den  Flanken  der  Straßen-  und 
Eisenbahneinschnitte  nicht  selten  zu  sehen  bekommt,  alsbald  vStauden  wie 
Tussilaoo  Farfara  und  verschiedene  Kräuter  der  Segetal-  und  Ruderalflora 
festen  Fuß  und  bilden  erst  allmählich  eine  geschlossene,  meist  aus  Stauden 
und  perennierenden  Gräsern  bestehende  Genossenschaft.  Auf  von  Gletschern 
freigegebenen  Boden  bildet  meist  Polytrichum  sexangulare  einen  Anfangsverein 
und  bleibt  entweder  erhalten  oder  geht  allmählich  in  eine  Schneetälchenflur 
oder  in  einen  Spalierweidenteppich  über. 

Allmähliche  Veränderungen.  Zu  den  Veränderungen  der  Vegetation, 
deren  Verlauf  längere  Zeit  in  Anspruch  nimmt,  gehören  vor  allem  die  Verlan- 
dungen,  Versumpfungen,  Verheidungen  usw.  Zumeist  bilden  Veränderungen 
im  Feuchtigkeits-  oder  Nährstoffgehalte  des  Bodens  ihre  Ursache. 

Die  Verlandungen  sind  Umwandlungen  hydrophiler  in  mesophile  Vereine. 
Sowohl  die  verschiedenen  Wasserpflanzenvereine  als  auch  die  ihre  Ränder 
einsäumenden  Schilf-,  Binsen-  und  Schachtelhalmröhrichte  beteiligen  sich  am 


8o 

Verwachsen  der  Wasserbecken.  Der  Grund  von  Tümpeln  und  kleinen  Seen 
tieferer  Lagen  wird  nämlich  durch  Anhäufung  der  Reste  der  abgestorbenen 
Pflanzen  sowie  auch  durch  angewehte  anorganische  Teile  allmählich  erhöht, 
das  Röhricht  dringt  in  zenfripetaler  Richtung  vor,  bis  endlich  die  ganze  ehe- 
malige Wasseransammlung  in  einen  vSumpf  verwandelt  ist.  Durch  fortschreitende 
Verringerung  der  Feuchtigkeit  kann  aus  diesem  mit  der  Zeit  eine  Sumpfwiese 
und  aus  dieser  eine  natürliche  Wiese,  entstehen.  Verschiedene  dieser  Über- 
gangsstadien kann  man  in  verschiedenen  Teilen  der  Alpen  beobachten. 

Auch  Umwandlungen  mesophiler  in  hygrophile  Bestände  sind  zu  kon- 
statieren. Hierher  ist  das  «Wachsen»  der  Sphagtuim-Moore.  zu  rechnen.  In 
ähnlicher  Weise  wie  —  nach  Gräbners  Schilderung^)  —  in  der  norddeutschen 
Heide,  können  diese  Moore  auch  in  unseren  Alpen,  zum  mindesten  vorübergehend 
in  feuchten  Jahren,  an  Ausdehnung  gewinnen,  indem  sie,  an  den  Rändern  immer 
weiter  um  sich  greifend,  schließlich  durch  Hemmung  der  Luftzirkulation  im  Roden 
Baum  für  Baum  der  an  sie  grenzenden  Wälder  zum  Sturze  bringen  und  so 
über  diese  oder  in  anderen  Fällen  auch  über  Wiesenformationen  den  Sieg 
davontragen  —  vorausgesetzt,  daß  man  sie  ungehindert  gewähren  läßt. 

Tritt  aus  irgendeinem  Grunde  eine  Verarmung  des  Bodens  der  Baum- 
oder Grasbestände  ein,  so  kann  die  genügsame  Calluna-Helde  zur  Herrschaft  ge- 
langen. Ein  durch  viele  Jahre  erfolgendes  Zurückgehen  der  Gletscher  der  Alpen 
und  eine  kontinuierliche  Abnahme  der  Luftfeuchtigkeit  trägt  zweifellos  dazu 
bei,  daß  die  xerophilen  Ericaceenbestände  über  die  mesophilen  Wiesen,  Matten- 
und   die   hygrophilen   vSumpf-   und   Wiesenbestände  das  Übergewicht  erlangen. 

Regressive  Umwandlungen,  das  sind  Umprägungen  von  Formationen, 
die  aus  höherwertigen  Vegetationsformen  bestehen,  in  minderwertige  (z.  B. 
von  Wäldern  in  Heiden  oder  Sphagmim-Moore.),  sind  derzeit  im  Alpengelände 
wohl  seltener  als  progressive.  Im  allgemeinen  gilt  die  Regel  daß  —  ausge- 
nommen an  solchen  Lokalitäten,  wo  steil  abstürzende  Felsen,  allzu  extreme 
Bodenfeuchtigkeit  oder  Trockenheit,  Kälte  usw.  dagegen  sind,  die  Baum-  und 
Zwergstrauchvereine,  und  zwar  jene  in  der  Wald-,  diese  in  der  Hochgebirgs- 
region  die  Schlußglieder  der  Vegetation  bilden.  Dort  aber,  wo  eine  oder  meh- 
rere der  eben  genannten  Bedingungen  obwalten,  also  vor  allem  auf  den 
höchsten  Höhen  der  Alpen,  kennzeichnen  Tundren,  Gesteinfluren,  Flechten- 
schorfe etc.  den  natürlichen  Abschluß  der  Entwicklung  der  Pflanzenwelt. 

2.  Künstliche  Veränderungen. 

Der  Einfluß  der  menschlichen  Kultur  2)  äußert  sich  sowohl  in  der  Ver- 
änderung   des    Gepräges    einzelner    Formationen,    respektive    der    Umwand- 


')  P.  Gräbner,  Die  Heide  Norddcutschlands.  (Engler  und  Drude,  Die  Vege- 
tation der  Erde  V,   1901). 

^)  Auch  die  Vegetationsformen  werden  durch  den  Menschen  becinlhißt.  Die 
Fichtenbäume    werden    in    manchen    Alpenländern   (Salzburg,    Kärnten,   Osttirol)    häuiig 


8i 

lung;  iKitürlicher  in  lialbnatürliche  Bestände,  z.  B.  der  Urnvvandliinij  von  Ur- 
wäldern in  Forste,  der  Sphafiniiin -Moore  und  der  Sumpfwiesen  in  Wiesen, 
der  Schaffung  neuer  Kulturformationen:  der  Obstgärten,  Weingärten,  Ge- 
treidefelder, der  unbeabsichtigten  Einschleppung  einer  Menge  fremder  Ge- 
wächse (Unkräuter)  etc.  Seine  zum  Zwecke  der  Nutzung  der  von  ihm  ge- 
schaffenen Bestände  fortwährend  unternommenen  Eingriffe  in  dieselben  z.  B. 
direkt  durch  Ausschlagen  der  Wälder,  Mähen  der  Wiesen,  Schneiden  der 
Felder  und  indirekt  durch  Beweidung  haben  ununterbrochene  Schwankungen 
im  Gleichgewichte  der  von  ihm  beeinflußten  Vegetation  und  Veränderungen 
der  Formationen  derselben  im  Gefolge.  Diese  Veränderungen  sind  namentlich 
dann  von  großem  Interesse,  wenn  sie,  wie  z.  B.  die  im  Alpenlande  oft  und  oft 
zu  sehende  Neubesiedelung  eines  Waldschlages  und  die  Umwandlung  desselben 
in  einen  Wald  (vgl.  S.  36)  —  sei  es  nun  mit  künstlicher  Nachhilfe  oder  ohne 
solche  —  oder  die  Umprägung  einer  sich  selbst  überlassenen  Brache  von 
einer  Rosetten-  und  Teppichkrautformation  in  eine  Wiese,  gewissermaßen 
natürliche  Verhältnisse  nachahmen. 

Noch  mehr  Beachtung  vom  Standpunkte  des  ökologischen  und  flori- 
stischen Botanikers  beanspruchen  diejenigen  Veränderungen  der  Vegetation, 
welche  der  Mensch,  ohne  es  zu  beabsichtigen,  hervorruft.  So  hat  beispiels- 
weise die  Schaffung  neuen  Bodens  oder,  besser  gesagt,  einer  neuen  Art  von 
Boden  bei  Eisenbahnbauten  die  Einwanderung  neuer  Elemente  und  das  Ent- 
stehen neuer  F'ormationen  zur  Fcjlge.  Die  große  Durchlässigkeit  des  neu  auf- 
geworfenen Bahnkörpers  begünstigt  das  Emporkommen  xerophiler  Typen  und 
die  Bildung  von  heidewiesenartigen  Genossenschaften  an  Ortlichkeiten,  auf 
denen  früher  meist  mesophile  Elemente  zu  einer  Wiese  oder  einem  Walde  ver- 
einigt waren. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  daran  erinnert,  daß  der  Mensch  auch  Ursache 
sehr  tiefgreifender  Umänderungen  nicht  nur  einzelner  Bestände,  sondern  auch 
der  Beschaffenheit  der  gesamten  Vegetation  sein  kann.  Unvernünftige  Wald- 
verwüstungen ohne  nachfolgende  Aufforstungen  bedingen  im  Laufe  der  Jahre 
eine  Abnahme  der  mittleren  jährlichen  Luftfeuchtigkeit,  eine  Verminderung 
der  Humusschichte  der  Hänge,  eine  allmähliche  Verkarstung  des  Terrains  und 
eine  allmähliche  Umsetzung  mesophiler  Wald- in  xerophile  Gebüschformationen. 
In  den  Alpen  ist  allerdings  die  menschliche  «Kultur»  nicht  soweit  gegangen.  Ent- 
sprechende Forstschutzgesetze  sichern  dem  Alpenlande  den  Besitz  seiner  grünen 
Wälder  und  Wiesen  und  bewahren  es  vor  dem  Phänomen  der  Verkarstung, 
das  vielen  benachbarten  Gebieten  ein  so  trauriges  Gepräge  verliehen  hat. 

Die  Veränderungen,  welche  der  Mensch  plötzlich  oder  langsam,  bewußt 
oder  unbewußt  in  der  Vegetation  hervorruft^  sind  deswegen  so  beachtenswert. 


«geschneitelt»,  d.  h.   zum  Zwecke    der  Streuge\vinnun<^  fortgesetzt  ihrer  unteren  Äste  be- 
raubt, und  erhalten  dadurch  ein  vom  normalen  ganz  abweichendes  Aussehen. 
Exkursion  in  die  Ostalpen  6 


82 

weil  die  menscliiichen  Eingriffe  gewissermaßen  unbewußte  Experimente  sind, 
welche  in  kurzer  Zeit  neue  ökologische  Bedingungen  zu  schaffen  und  Re- 
aktionen einzuleiten  vermögen,  welche  ein  Symbol  der  oft  auf  ähnliche  Art  aber 
nur  mit  anderen  Mitteln,  um  vieles  langsamer  und  daher  der  Beobachtung  oft 
viel  schwerer  zugänglich  arbeitenden  Natur  sind, 

3.  Floristik  der  Pflanzenwelt  der  Ostalpen. 

Das  Endziel  der  floristisch-pflanzengeographischen  Durchforschung  eines 
Gebietes  ist  die  Gliederung  desselben  in  natürliche  Florengebiete.  Ebenso  wie 
für  die  Systematik  der  Arten  das  erfolgreiche  vStudium  der  Phylogenie  der- 
selben Voraussetzung  ist,  kann  auch  die  floristische  Pflanzengeographie  nur 
auf  Grund  der  Kenntnis  des  Werdeganges,  der  Wanderung  und  der  heutigen 
Verbreitung  der  Arten  zusammengenommen  zum  Ziele  gelangen.  Wenn  nun 
im  folgenden  dennoch  nicht,  wie  es  eigentlich  logisch  wäre,  zunächst  das,  was 
wir  über  die  mutmaßliche  Geschichte  der  Alpenflora  wissen,  geschildert  und 
dann  erst  eine  Gliederung  derselben  in  Bezirke  versucht,  sondern  der  umge- 
kehrte Weg  eingeschlagen  wird,  so  geschieht  es,  weil  eben  unsere  Kenntnisse 
der  Geschichte  und  insbesondere  der  Wanderungen  der  Arten  noch  viel  zu 
geringe  sind,  um  sie  als  Basis  für  eine  Unterscheidung  natürlicher  Floren- 
bezirke zu  benützen,  und  es  vielmehr  vorteilhafter  erscheint,  nach  der  heutigen 
Verbreitung  der  Arten  eine  provisorische  Einteilung  in  Bezirke  zu  versuchen, 
und  das,  was  eigentlich  nur  Mittel  zum  Zweck  sein  sollte,  die  Geschichte  der 
Alpenflora,  vorläufig  als  Endziel  hinzustellen. 

a)  Die  Florenbezirke. 

Es  heißt  wohl  sicherlich  den  natürlichen  Verhältnissen  Rechnung  tragen, 
wenn  man  sagt,  daß  die  Pflanzenwelt  der  Ostalpen  drei  F'Iorengebieten:  dem 
pontischen,  baltischen  und  alpinen  angehört. 

Die  pontische  Flora  ist  auf  die  untere  Waldregion  des  Ostrandes  der 
Alpen  beschränkt.  Der  Südrand  des  Gebirges,  und  zwar  ebenfalls  hauptsäch- 
lich die  untere  Waldregion,  wird  von  einer  der  pontischen  sehr  ähnlichen 
Flora,  der  banato-insubrischen  Pflanzenzone  Kragans  (Kerners  illy- 
rischer Gau  der  pontischen  Flora)  eingenommen.^) 

Das  Gros  der  Pflanzenwelt  der  Ostalpen  fällt  aber  in  den  Bereich  der 
baltischen  und  mitteleuropäisch-al[)inen  Flora,  und  zwar  bildet  die  mittlere  und 
obere  Waldregion  den  subalpinen  Gau  der  baltischen  Flora  (vgl.  Kerner,  IV.), 
während  die  Hochgebirgsregion  von  der  Alpenflora  okkupiert  ist. 


^)  Vgl.    Kraäan,    Mitt.   nat.  Ver.  Steiermark    1895    S.  89,     1902    S.  3ot.    Ginz- 
bcrger,  Exk.  ill.  Länder  S.  56  (1905);  hier  auch  weitere  Literatur. 


83 

Die  politische  Flora  zeiclinet  sich  im  allgemeinen  durch  den  großen 
Reichtum  an  Gramineen,  Leguminosen,  Compositen,  Cruciferen  und  Caryo- 
phyllaceen  aus.  Erica,  Pirola  und  Lycopodium  fehlen.  ^)  Moose  und  Nadel- 
hölzer sind  selten.  Die  banato-insubrische  Flora  ist,  wie  erwähnt,  der  pon- 
tischen  sehr  ähnlich,  besitzt  aber  doch  verschiedene  charakteristische  Elemente, 
z.  B.  Sihne  Saxif?'aga,  Dianthiis  barbatiis,  Monspessulanus,  Epimedium  alpinuni, 
Anemone  trifolia,  Thlaspi  praecox,  Philadelphus  coronarius,  Genista  radiata,  Oy- 
tisiis  purpnreus,  Peucedanum  Rablense,  Lamhim  Orvala,  Cirsium  Carnioliciim 
(subalpin)  usw. 

In  der  baltischen  Flora  zählen  neben  Compositen  und  Gramineen  die 
Cyperaceen,  Cruciferen  und  Leguminosen  zu  den  größten  Familien.  Die  formen- 
reichsten Gattungen  sind  Carex,  Salix,  Riibiis,  Rosa,  Hieraciinn.  Im  Gegensatze 
zur  pontischen  Flora  sind  die  Gattungen  Blechmim,  Lycopodimn,  Abies,  Nardiis, 
Calluna,  Pirola,  Vacciniiim,  Arnica  als  besonders  bezeichnend  hervorzuheben. 

Der  subalpine  Gau  der  baltischen  Flora  unterscheidet  sich  von  den  an- 
deren Gauen  derselben  durch  den  Besitz  einer  ganzen  Reihe  von  Charakter- 
pflanzen wie  Salix  grandifolia,  Hellebonis  niger  und  ist  unter  allen  der  reichste, 
indem  ihm  bloß  die  Sandheidefluren  (zusammengesetzt  aus  Weingaertneria 
canescens,  Koeleria  glauca,  Carex  arenaria  usw.)  und  die  Bestände  von  Salix 
Silesiaca,  Lediim  palustre-)  und  Bruckenthalia  spiciilifolia  fehlen.  In  seinem  nörd- 
lichen Teile,  im  österreichischen  Alpenvorlande,  läßt  der  Gau  durch  das  Vor- 
kommen von  Soldanella  montana,  Phyteuma  nigrum  usw.  bereits  deutliche 
Beziehungen  zum  herzynischen  Gaue  erkennen,  nach  Osten  geht  er  ziemlich 
plötzlich  in  den  pannonischen  Gau  der  pontischen  Flora,  nach  Süden  in  den 
banato-insubrischen  Bezirk,  nach  oben  zu  aber  allmählich  in  die  Alpenflora 
über.  Eine  Gliederung  des  Gaues  in  Bezirke  ist  nicht  zu  konstatieren.  Auf- 
fällig ist  das  Auftreten  verschiedener  im  vSüden  oder  Osten  wiederkehrender 
oder  doch  durch  sehr  nahestehende  Typen  vertretener  Arten  am  Nordostrande 
(z.  B.  Fritillaria  Meleagris,  Narcissns  radiißorus,  Hellebonis  niger,  Anemone  tri- 
folia, Cyclamen  Europaeum)  und  Ostrande  des  Gebietes  (z.  B.  Asplenium  See- 
losii,  Veratrum  nigrum,  Vicia  oroboides,  Soldanella  maior  (in  der  Grauwacken- 
zone  der  östlichen  niederösterreichisch-steirischen  Alpen),  Carduus  glaucus, 
sowie  des  durch  die  ganzen  nördlichen  Kalkalpen,  allerdings  spärlich^  verbrei- 
teten Hex  aqiiifolium  und  von  ganz  besonderem  Interesse  das  Vorkommen  von 
Moehringia  diversifolia,  Saxifraga  altissima,  Zahlbrucknera  paradoxa,  Philadel- 
phus coronarius,  Primula  commutata  an  vereinzelten  Standorten  am  Ostrande 
der  Uralpen. 

Die  alpine  Flora  hat  das  Gebiet  der  Hochgebirgsflora  inne  und  ist  also 
in  Form  vieler  Inseln  in  die  baltische  —  beziehungsweise  im  Süden  zum  l'eile 


')  Nach  Kerner  IV. 

-)   Lediim  palustre  kommt  angeblich  bei  Admont  in  Steiermark  vor  (vgl.  Maly  I). 
Es  wäre  dies  sein  einziger  Standort  in  den  Ostalpen. 


84 

schon  banato-insubrische  —  Flora  eingeschaltet.  Der  alpinen  Flora  eigen- 
tümlich oder  doch  im  Vergleich  zur  baltischen  durch  besfinders  große  Arten- 
zahl auffallend  sind  die  Gattungen:  Oreochloa,  Elyna,  Kobresia,  Lloydia,  Cha- 
maeorchis,  Nigritella,  Oxyria,  Alsine,  Petrocallis,  Draba,  Braya,  Sempervivum, 
Saxifraga,  Sibbaldia,  Dryas,  Astragalus,  Oxytropis,  Hedysarum,  Meiim,  Pachy- 
pleuriim,  Rhododendron,  Loiseleuria,  Rhodothmnnus,  Primula,  Douglasia,  Aretia, 
Androsace,  Soldanella,  Gentiana,  Eritrichhim,  Erinits,  To:{^ia,  Phytenma,  Leonto- 
podiiim  und  Sausswea.  Dagegen  fehlen  Vertreter  der  Familien  Chenopodiaceae, 
Solanaceae,  Cucurbitaceae,  sämtliche  Familien  und  Gattungen  die  nur  Bäume 
und  Sträucher  enthalten,  ferner  die  Gattungen  Verbascum,  Orobanche  usw. 
Die  Euphorbiaceen  haben  nur  einen  Vertreter  in  der  subalpinen  Region  (E. 
Austriaca). 

Während  die  baltische  Flora,  namentlich  in  ihren  unteren  Regionen,  in 
allen  Teilen  der  Ostalpen  ein  ziemlich  homogenes  Gepräge  hat,  sind  von  den 
Alpenpflanzen  nur  verhältnismäßig  wenige  gleichmäßig  über  das  ganze  Gebiet 
verbreitet.  Ihre  Areale  greifen  vielmehr  in  mannigfaltiger  Weise  übereinander 
und  nicht  wenige  schließen  sich  in  ihrer  Verbreitung  vollkommen  aus.  Manche 
sind  nur  auf  Örtlichkeiten  von  geringer  Ausdehnung,  manchmal  sogar  nur  auf 
ein  einziges  Tal  oder  eine  einzige  Bergkuppe  beschränkt.  Von  gleichmäßig 
über  die  ganzen  Alpen  verbreiteten  Pflanzen  sind  beispielsweise  zu  nennen: 
Botrychhnn  Lunaria,  Anthoxanthum  odoratuiu,  Poa  alpina,  Carex  semperrireus, 
Nigritella  nigra,  Salix  reticiilata,  retiisa,  Polygomnn  viviparum,  Saxifraga  stel- 
laris,  androsacea,  Crepis  aurea  usw.  Die  in  den  Pflanzenverzeichnissen  der  For- 
mationen nominierten  Pflanzen  sind  gleichfalls,  soweit  dies  nicht  ausdrücklich 
hervorgehoben  ist,  über  das  ganze  Alpengebiet  verbreitet. 

Ein  Vergleich  der  Areale  aller  derjenigen  Pflanzen,  welche  nicht  in  allen 
Teilen  der  Ostalpen  vorkommen,  liefert,  indem  er  zeigt,  daß  viele  dieser  Areale 
zusammenfallen,  nicht  wenige  dagegen  sich  ausschließen,  in  gewissen  Gebieten 
relativ  viele,  in  anderen  wenige  oder  gar  keine  Endemismen  auftreten  usw.,  die 
Anhaltspunkte  zu  einer  Gliederung  der  Ostalpen  in  natürliche  Florenbezirke. 

Kerner  ^)  teilt  auf  Grund  solcher  Beobachtungen  durch  ein  nord-südlich 
(von  der  Isarquelle  quer  über  das  Inntal  auf  die  Berge  an  der  Mündung  des 
Sellraintales  und  von  da  über  den  Tribulaun  an  den  Brenner  und  dann  rein 
südlich  in  das  Etschtal  und  auf  den  Monte  Baldo)  und  eine  ostwestlich  (vom 
Ortler  an  den  Nordrand  der  Dolomiten  in  das  Pustertal  und  längs  der  Drau 
ostwärts)  verlaufende  Linie  die  Flora  der  Ostalpen  in  vier  Gruppen.  Die  nord- 
westliche ist  die  rhätische,  die  nordöstliche  die  norische,  die  südwestliche  die 
tridentinische,  die  südöstliche  die  karnische  Gruppe. 

Jeder  dieser  Bezirke  hat  seine  besonderen  Ranuncuhis-,  Saxifraga-,  Pri- 
mula-, Androsace-,  Pedicularis-  und  ('ampaniila-Arten,   welche   seiner  Flora  ein 

')  III,  IV. 


85 

ganz  spezifisches  Gepräj^e  verleihen.  Die  Pthtnzenwelt  der  rhätischen  und 
tridentinischen  Gruppe  liat  mit  den  sicli  anschließenden  Schweizer  und  ober- 
italischen  Aljjen  viele  Pflanzen  gemeinsam,  die  norische  und  karnische  Gruppe 
weist  deutliche  mit  dem  Vorschreiten  nach  Osten  immer  auffälliger  hervor- 
tretende Beziehungen  zur  Hochgebirgsflora  der  Karpathen,  letztere  auch  zu 
der  des  illyrischen  Gebirgslandes  auf. 

Sehr  auffällig  ist  auch  die  Tatsache,  daß  nicht  wenige  Pflanzenarten  der 
Ostalpen,  z.  B.  Alsine  laricifoUa,  Saxifraga  sedoides,  Armeria  alpina,  Pedi- 
cularis  rosea,  Valeriana  Celtica,  elongata,  in  den  südlichen  Kalkalpen  viel  weiter 
nach  Westen  reichen  als  in  den  nördlichen  Kalkalpen  und  umgekehrt  die  Ost- 
grenze westlicher  TyP^"'  z-  R-  Viola  calcarata,  Daphne  striata  in  den  ersteren 
bedeutend  mehr  nach  Osten  gerückt  ist  als  in  letzteren. 

Die  norische  und  rhätische  Gruppe  zerfallen  wiederum  durch  die  ost- 
westlich verlaufende  Grenzlinie  zwischen  den  nördlichen  Kalkalpen  und  den 
Zentralalpen  in  je  zwei  Gruppen,  in  die  norischen  und  rhätischen  Kalk-  und 
Uralpen;  die  norischen  Kalkalpen  werden  etwa  durch  die  Traun,  die  norischen 
Uralpen  durch  den  Katschbergpaß  in  je  eine  östliche  und  westliche  Gruppe 
geschieden.  In  der  karnischen  Gruppe  kann  man  drei  Untergruppen,  und  zwar 
von  Osten  nach  Westen  die  Karawanken  (inklusive  Julische  und  Sanntaler- 
alpen), die  karnisch-venetianischen  Alpen  und  die  Südtiroler  Dolomiten,  unter- 
scheiden. 

Es  ergeben  sich  demnach  folgende  Florenbezirke  der  Ostalpen: 

I.  Norische  Gruppe. 

1.  Norische  Kalkalpen. 

a)  Ostnorische  Kalkalpen. 

b)  Westnorische  Kalkalpen. 

2.  Norische  Zentralalpen. 

a)  Ostnorische  Zentralalpen. 

b)  Westnorische  Zentralalpen. 
II.  Rhätische  Gruppe. 

1.  Rhätische  Kalkalpen. 

2.  Rhätische  Zentralalpen. 
III.  Karnische  Gruppe. 

1.  Karawanken  (inklusive  Julische  und  Sanntaleralpen). 

2.  Karnisch-venetianische  Alpen. 

3.  Südtiroler  Dolomiten. 
IV.  Tridentinische  Gruppe. 

I.  Die  Norische  Gruppe.  .'Vis  charakteristische  Arten  der  norischen 
Kalkalpen  sind  unter  anderen  folgende  zu  nennen  (in  den  südlichen  Kalkalpen 
sind  diese  Typen  zwar  auch  vorhanden,  aber  seltener) :  Avenastnim  Parlatorei, 
Jiincus  monanthos,  Heracleiim  Aiistriacinn,  Rhodothamniis  Chamaecistus,  Andro- 
sace  lactea,  Cortusa  Matthioli,  Geiitiana  Pannonica. 


86 

Neuendemische  Typen ^)  gibt  es  insbesondere  in  den  ostnorischen  Alpen 
ziemlich  viele,  z.  B.  Doronicum  calcareum  und  Hieracium  Neilreichii,  die  am 
Ötscher,  und  Callianthemum  rutaefolium  (=  anemonoides)-),  Draba  slelLita, 
Soldanella  Austriaca  nebsfihrem  Bastarde  mit  S.  alpina:  S.  Wettsteinii  und 
Euphorbia  Austriaca,  die  etwa  im  Totengebirge  oder  in  den  Eisenerzer 
Alpen  ihre  Westgrenze  finden.  Relativ  endemische  Typen  sind  Heliosperma 
alpestre ,  Dianthus  alpinus,  plumariiis ,  Arenaria  grandißora ,  Linum  alpinum, 
Viola  alpina,  Primula  Clusiana,  Campanulla  pulla,  Achillea  Clusiana  (vielleicht 
sogar  absolut  endemisch).  Als  besonders  bezeichnend  für  die  pflanzengeo- 
graphische Stellung  der  ostn(3rischen  Kalkalpen  verdient  es  mit  besonderem 
Nachdrucke  hervorgehoben  zu  werden,  daß  diese  Typen  auch  in  den  südöst- 
lichen Kalkalpen,  in  den  illyrischen  oder  auch  siebenbürgischen  Gebirgen,  oder 
in  allen  diesen  Gebieten  verbreitet  sind.  Manche  derselben  sprechen  auch  für 
die  nahen  Beziehungen  der  ostnorischen  Kalkalpen  zu  den  Kalkkarpathen^  in- 
dem sie  in  diesen  durch  nahe  verwandte  Typen  (z.  B.  Dianthus  alpinus  durch 
nitidus)  vertreten  werden.  Erst  westlich  von  der  Erlaf  beginnen  oder  werden 
doch  wesentlich  häufiger:  Allium  Victoriaiis,  Gypsophila  repens,  Saxifraga  mu- 
tata,  Cortusa  Matthioli,  Gentiana  Bavarica,  Doronicum  Halleri,  Cirsium  spino- 
sissimum  usw.  Am  Dachstein  wächst  der  südalpine  Dia>ithus  Sternhergii.  In  den 
Salzburger  und  ostbayrischen  Kalkalpen  gibt  es  keine  Endemismen.  Nur  ge- 
wisse Arten  wie  Sesleria  ovata,  Alsine  aretioides,  Draba  Sauteri  (auch  am  Hoch- 
schwab), Aretia  Helvetica,  Plantago  montana,  sind  hier  häufiger  als  in  den  weiter 
östlichen  Teilen  der  nördlichen  Kalkalpen.  Sehr  auffällig  ist  das  Auftreten 
südlicher  Formen  wie  Carex  Baldensis,  Paeonia  corallina,  Aquilegia  Einseieana, 
Astrantia  Bavarica,  Horminum  Pyrenaicum,  Euphrasia  cuspidata,  in  den  im 
übrigen  armen  bayrischen  Alpen.  Ähnliches  gilt  von  der  östlich  vom  Inn  auf- 
tretenden Daphne  striata. 

Der  östliche  Flügel  der  norischen  Zentralalpen  weist  sehr  viele  Bezie- 
hungen zu  den  Karpathen  auf  und  ist  gleich  den  angrenzenden  östlichen  Teilen 
der  norischen  Kalkalpen  verhältnismäßig  reich  an  Endemismen.  Als  Neuende- 
mismen  sind  Saxifraga  blepharophylla,  Aretia  Wulfeniana,  Pedicularis  geminata 
(auch  in  den  östlichen  Kalkalpen)  zu  nennen.  Relativ  endemische  Typen,  die  den 
Katschberg,  oder  gar  den  Eisenhut,  der  auch  in  einer  wichtigen  Scheidelinie 
zu  liegen  scheint,  nach  Westen  nicht  überschreiten  und  erst  wieder  in  den 
Sudeten,  der  Tatra,  den  siebenbürgischen  oder  illyrischen  Gebirgen  auftreten, 
sind  beispielsweise  Carex  rigida,  Ranunculus  crenatus,  Saxifraga  Wulfeniana, 
hieracifolia,  cernua  (auch  in  Südtirol),  Viola  Sudetica,  Primula  villosa,  Gentiana 
frigida,  Phyteuma  confusum,  Anthemis  Carpatica,   Doronicum   villosum   und  vor 

')  Über  die  Begriffe  alter,  neuer,  relativer  Endemismus  vergleiche  man  Engler  I, 
und  Vierhapper,  Ref.  im  Verh.  zool.-bot.  Ges.  LH,  S.   281    (1902). 

*)  Das  Vorkommen  in  Siebenbürgen  sehr  zweifelhaft  (vgl.  Witasek,  Verh.  zool.- 
bot.  Ges.  XLIX,  S.  326  (1899;. 


87 

allem  erwähnenswert  —  weil  es  außer  in  den  Judenburi^er  Al[jen  nur  noch  im 
hohen  Norden  vorkommt  —  Galiuin  trifidiuu.  Westlich  bis  in  die  Hohen  Tauern 
reichen:  Silene  Norica,  Saponaria  Pumilio,  Sempervivum  Stiriacum,  Oxytfopis 
trißora,  Gentiana  prostrata,  Phyteuma  coufusum,  bis  in  die  Mitteltiroler,  be- 
ziehungsweise rhätischen  Alpen  Carex  alpiua,  Juncus  castaneiis,  Dianthus  gla- 
cialis,  Primitla  minima,  ghitim)sa  ")  und  Floerkeana,  der  Bastard  aus  den  beiden 
vorigen,  Pedicularis  asplenifolia,  Doroniciim  glaciale,  bis  in  die  Walliser  Alpen 
(in  den  ostnorischen  Alpen  zum  Teile  sehr  selten)  oder  noch  weiter  nach 
Westen  Cerastium  uuißorum,  Draba  Fladnit:^ensis,  Sempervivum  Wulfenii,  Saxi- 
fraga  Rudolphiana,'^)  Soldanella  pusilla,  noch  weiter  nach  Westen:  Salix  Helve- 
tica, Callianthemum  coriandrifolium,  Thalictrum  alpinum,  Primula  longißora, 
Erigeron  Atticus,  rupcstris,  alpinus.  Am  Katschberg  oder  westlich  vom  Katsch- 
berg,  also  erst  in  den  Hohen  Tauern  beginnen:  Festuca  alpina,  Salix  Myrsi- 
nites,  Alsine  lanceolata,  Saxifraga  bißora,  macropetala,  planifolia,  Oxytropis 
Halleri,  Sweeriia  Carianthiaca,  in  den  Zillertalern:  Saxifraga  Segnierii,  Cliamae- 
neriiim  Fleischeri,  Doronicnm  glabratiim.  Innerhalb  der  Zentralalpen  nur  in  den 
an  relativen  Endemismen  armen  Tauern  und  in  Zentraltirol  wachsen  Ranunciihis 
pygmaeiis ,  Braya  alpina,  Gentiana  nana,  Taraxacum  Pacheri.  Taraxacum 
Reichenbachii  wächst  nur  im  Brennergebiet,  die  subalpine  Adenostyles  crassi- 
folia  reicht  von  dort  bis  gegen  den  Achensee. 

II.  Die  rhä tische  Gruppe.  Die  rhätischen  Kalkalpen  sind  da- 
durch ausgezeichnet,  daß  sie  außer  den  für  die  norischen  nominierten  charakte- 
ristischen Elementen  bereits  einige  westliche  Typen,  z.  B.  die  subalpinen  Ce- 
rintlic  alpina,  Achillea  macrophylla,  ferner  die  alpinen  Viola  calcarata,  Primula 
integrifolia,  Gentiana  lutea,  purpurea,  Veronica  fruticulosa,  Erinus  alpinus  be- 
herbergen. Avenastrum  Parlatorei  hat  hier  seinen  westlichsten  Standort  in  den 
nördlichen  Alpen,  Clematis  alpina  wird  seltener  und  Rhodothamnus  Chamaecistus 
fehlt  vollständig. 

Auch  die  rhätischen  Uralpen  besitzen  fast  keine  Endemismen  (nur 
Saxifraga  Rhaetica),  wohl  aber  bereits  verschiedene  westliche  Typen,  welche 
hier  ihre  östlichsten  Standorte  innehaben,  so  beispielsweise  Juncus  arcticus, 
Lu:^itla  lutea,  Salix  caesia  (diese  drei  auch  in  den  Dolomiten),  Sempervivum 
Widderi,  alpinum,  tectorum,  Campanula  excisa,  Crepis  jubata. 

III,  Die  ka mische  Gruppe.  Zu  ihr  gehören  die  gesamten  südlichen 
Kalkalpen  östlich  der  Etsch.  Ihre  Flora  ist  viel  reicher  als  die  der  nördlichen 
Kalkalpen.  Als  spezifische  Elemente  der  ganzen  Gruppe  seien  Pinus  Mughus, 
Sesleria  sphaerocephala,  ovata,  Dianthus  Sternbergii,  Aquilegia  Einseieana,  Ranun- 
culus  Thora,  Saxifraga  incrustata,  sedoides,  Laserpitium  peucedanoides  (sub- 
alpin), Soldanella  minima  (und  ihr  Bastard  mit  S.  alpina:  S.  Ganderi),  Veronica 

I)  Vgl.  Tafel  LH  oben. 

^)  Östlichster  Standort:  St.  Gotthard.  (Hayek,  Deakschr.  kais.  Akad.  Wiss. 
LXXVII.  Bd.    1905). 


lutea,  Bonarota,  Valeriana  elongata,  Campanula  linifolia,  Phyteuma  Sieberi,  Cre- 
pis  iiicarnata  (subalpin)  genannt,  ausschließlich  Typen,  die  in  den  nördlichen 
Kalkalpen  gar  nicht  oder  nur  in  gewissen  Gegenden  vorkommen. 

Der  südöstliche  Teil,  des  karnischen  Florenbezirkes,  die  Sanntaler 
Alpen,  Julischen  Alpen  und  Karawanken,  beherbergen  als  Altendemismen  Gen- 
tiana  Froehlichii  und  Campanula  Zoysii,  mit  den  illyrischen  Gebirgen  haben 
sie  z.  B.  Alyssiim  Wiilfem'amiin  (eine  sehr  nahestehende  Form  auch  am  Hoch- 
schwab!) gemeinsam.  Bis  in  die  karnisch-venetianischen  Alpen  reichen  Helio- 
sperma  eriophorum,  Saxifraga  Hohenwartii,  Prhnula  Wiilfeniana  und  die  sub- 
alpine Homogyne  silvestris.  An  der  östlichen  Grenze  des  karnisch-venetianischen 
Bezirkes,  auf  der  Kühwegeralpe  in  den  Gailthaleralpen  findet  sich  der  Altende- 
mismus Widfenia  Carinthiaca.  Von  den  karnisch-venetianischen  Alpen  an  west- 
wärts treten  Thlaspi  cepeaefolium,  Potentilla  nitida,  Geranium  argenteiim,  Hor- 
niiiniin  Pyrenaicum,  Pedicularis  elongata,  Sumniana,  Phyteuma  comosnm  ^)  und 
andere  charakteristische  Elemente  des  westlichen  Teiles  der  südlichen  Kalk- 
alpen auf.  Ein  an  Endemismen  reicher  Bezirk  sind  die  Dolomiten.  Cerastiuni 
subtrißorum,  Kernera  alpina,  Sempervivimi  Dolomiticum,  Saxifraga  depressa, 
Facchinii,  Primula  Tiroliensis,  Campanula  Morettiana  gehören  zu  den  bezeich- 
nendsten Typen  derselben.  Insbesondere  auf  den  eruptiven  Gesteinen  der  Do- 
lomiten sind  auch  viele  Arten  der  benachbarten  Zentralalpen  vertreten. 

IV.  Die  tridentinische  Gruppe.  Als  Endemismen  sind  z.  B.  Melan- 
dryiim  Elisabethae,  Callianthemum  Kernerianum,  Saxifraga  Tombeanensis,  arach- 
noidea,  Daphne  petraea  und  Pri>uula  spectabilis,  als  Typen,  welche  hier  ihre  Ost- 
grenze erreichen:  Dianthus  neglectiis,  Alchimilla  poitaphylla,  Euphrasia  alpina, 
Pedicularis  comosa,    Campanula  petraea,  Phyteuma  humile   namhaft  zu  machen. 


Die  schon  in  den  Formationsverzeichnissen  aufgeführten  Typen  sind,  so- 
weit nicht  ausdrücklich  das  Gegenteil  erwähnt  wurde,  ziemlich  gleichmäßig 
durch  die  ganzen  Ostalpen,  und  zwar  die  mit  *  bezeichneten  nur  auf  Kalk,  die 
mit  f  signierten  auf  Urgestein,  die  unbezeichneten  ohne  spezielle  Bevorzugung 
eines  Substrates  verbreitet.  Entsprechend  der  mannigfaltigen  Verteilung  des 
Gesteines  sind  auf  den  großen  Kalkeinlagerungen  im  Urgebirge,  z.  B.  am  Rad- 
städter Tauern,  am  Brenner  und  im  Gschnitztale  die  Typen  der  benachbarten 
Kalkalpen,  ebenso  wie  auf  Urgestein  im  Kalkgebirge,  z.  B.  auf  Moränen,  ins- 
besondere in  den  bayrisch-tirolischen  Kalkalpen,  auf  den  großen  Eruptivmassen 
der  Dolomiten  und  auf  neutralen,  tiefgründigen  Böden  auch  in  den  österrei- 
chisch-steirischen  Alpen  verschiedene  im  übrigen  auf  das  Urgebirge  beschränkte 
Arten  zu  finden.  Gebirge  mit  wechsellagerndem  Gestein  sind  infolgedessen 
durch  besonders  reiche  Flora  ausgezeichnet.  In  ihnen  ist  auch  die  Möglichkeit 
zur  Bildung  von  Hybriden  zwischen  Kalk-  und   Urgebirgsarten  (z.  B.  Rhodo- 


')   Vgl.  Tafel  LI  unten. 


89 

dendron    hirsiitimi  X  ferrugineiim,    Primula    Aiiricula  X  viscosa,    Gentiana    vul- 
garis X  latifolia)  oeycben. 

b)  Die  Elemente. 

Die  wichtioste  Voraussetzung  zum  Verständnis  der  natürlichen  tloristi- 
schen  Gliederuntj  eines  Gebietes  ist  die  Kenntnis  seines  Artbestandes  in  ueo- 
graphisclier,  genetischer  und  historisclier  Beziehung,  das  heißt  der  Gesamt- 
verbreitung der  einzelnen  Formen,  der  Art  und  des  Zentrums  ihrer  Entstehung 
und  der  Zeit  und  Wege  ihrer  Wanderungen. 

Unter  geographischen  Elementen  versteht  man  die  verschiedenen 
Gruppen  derjenigen  Arten  einer  PMora,  welche  ebendieselbe  oder  doch  sehr 
ähnliche  Verbreitung  besitzen.  Wenn  sich  auch  die  Entstehungszentren  der 
Arten  durchaus  nicht  immer  mit  den  Massenzentren  decken,  ist  doch  auch  die 
Kenntnis  der  letzteren  von  großer  Bedeutung  für  das  floristische  Studium  der 
Pflanzenwelt  eines  Gebietes. 

Die  wichtigsten  geograj)hischen  Elemente  der  Flora  der  Ostalpen  sind 
folgende:  ^) 

a)  Baltische    Flora. 
1.  Das  nordische  Element. 

Hierher  gehören  diejenigen  Arten,  welche  das  gesamte  Gebiet  des  nordi- 
schen Florenreiches  (im  Sinne  D  rüdes)  oder  doch  denjenigen  Teil  desselben,  den 
Grisebach  als  das  Waldgebiet  des  östlichen  Kontinentes  bezeichnet,  bewoh- 
nen, z.B.:  Aspidium  filix  nias,  Juniperus  communis,  Authoxanthum  odoratiim, 
Agrostis  vulgaris,  Deschampsia  caespitosa,  Phragmites  communis,  Poa  annua,  tri- 
vialis,  pratensis,  Festuca  elatior,  Eriophorum  latifolium,  polystachyum,  Juncus 
effusus,  articulatus,  bufonius,  Majanthemum  bifolium,  Paris  quadrifolia,  Populus 
tremula,  Salix  Caprea,  Urtica  dioeca,  Melandryum  rubrum,  Ranunciilus  acer, 
Bursa  pastoris,  Chrysosplenium  alterni/olium,  Rubus  Idaeus,  Trifolium  pratense, 
Vicia  sepium,  Oxalis  Acetosella,  Angelica  silvestris,  Calluna  vulgaris,  Thymus 
Chamaedrys,  Euphrasia  Rostkoviana,  Plantago  maior,  Campanula  rotundifolia, 
Solidago  virgaurea,  Antennaria  dioeca,  Senecio  vulgaris,  Hieracium  silvaticitm  usw. 

2.  Das  mitteleuropäische  Element, 

bestehend  aus   denjenigen   Arten,    welche   innerhalb  des  W^aldgürtels   nur  den 
südlichen  Teil,  nördlich   bis   zur  Nordgrenze  der   Eiche,   also   das   Gebiet  der 


')  In  der  pontisclien  Flora  und  im  banato-insubrischen  Florenbezirke  spielen 
natürlich  Arten  des  pontischen,  beziehungsweise  banato-insubrischen  Elementes,  deren 
bezeichnendste  bereits  früher  (S.  83)  namhaft  gemacht  wurden,  eine  wichtige  Rolle.  — 
Die  Zusammenstellung  der  Arten  der  Elemente  der  baltischen  Flora  erfolgte  zum  größten 
Teile  nach  Gradmann  R.  Das  Pflanzenleben  der  schwäbischen  Alb.  I.  (Tübingen 
1898),   der  alpinen  nach  Jerosch  I. 


go 

baltischen  Flora,  innehaben  und  im  Alpen^jebiete  vor  allem  die  untere  unil  mitt- 
lere Waldregion  bewohnen,  z.  R.:  Pleridiiim  aqiiiliniim,  Alopeciirus  pratensis, 
Arrhenathennn  elathis,  Dactylis  gloinerata,  Bromiis  erectiis,  Loliiim  pcrenne, 
Schoenoplectus  laciistris,  Polygonatmn  inultißorum ,  Listera  ovata ,  Salix  alba, 
Corylus  Avellana,  Alniis  gliitinosa,  Fagus  silvatica,  Huinulus  Litpulus,  Kunicx 
obtiisifoliiis,  Polygonum  Hydropipcr,  Silene  nnlans,  Stellaria  aquatica,  Raniinculus 
biilbosus,  Chamaeplium  officinale,  Sedum  acre,  Ribes  Grossularia,  Rosa  canitia, 
Anthyllis  Vulneraria,  Geraniimi  piisilluni,  Daph)ie  Me:^ereinn,  Pastinaca  sativa, 
Hedera  Helix,  Lysimachia  vulgaris,  Symphytinn  officinale,  Lamium  maculatmn, 
Atropa  Belladonna,  Veronica  hederaefolia,  Plantago  media,  lanceolata.  Aspenila 
odorata,  Knautia  arvensis,  Phyteiniia  spicatuni,  Bellis percnnis,  Senecio  silvaticus, 
Carlina  vulgaris,  (Jentaurea  Scabiosa,  Lampsana  communis.  Sie  sind  der  Grund- 
stock der  baltischen  Flora,  dasjenige  Element,  welches  derselben  ihr  charak- 
teristisches Gepräge  verleiht. 

3.  Das  subalpine  Element. 

Es  sind  dies  diejenigen  Pflanzen,  welche  innerhalb  der  Al[)en  das  Schwer- 
gewicht in  ihrer  Verbreitung  in  der  obigen  Waldregion  haben.  Je  nachdem  sie 
auf  das  Gebiet  der  Alpen  oder  der  Gebirge  Mitteleuropas  (meist  inklusive  Kau- 
kasus) beschränkt  sind  oder  aber  außerdem  im  subarktischen  Gebiete  oder 
in  den  zentralasiatischen  Gebirgen  (meist  inklusive  der  Subarktis)  auftreten, 
kann  man  sie  als  subalpines  im  engeren  Sinne,  mitteleuropäisch-subalpines^ 
subarktisch-subalpines  oder  altaisch-subalpines  Element  bezeichnen.  Es  sind 
z.  B.: 

a)  subalpin  im  engeren  Sinne:  Poa  hybrida,  Euphorbia  Austriaca, 
Soldanella  montana; 

ß)  mitteleuropäisch-subalpin:  Gyninadenia  odoratissima ,  Salix 
grandifolia,  Thesium  alpinum,  Rumex  arifolius,  Moehringia  muscosa,  Helleborus 
niger,  Limaria  rediviva,  Saxifraga  rotundifolia,  Lathyrus  occidentalis,  Ctiaero- 
phyllum  Villarsii,  Erica  carnea,  Gentiana  asclepiadea,  Sweertia  perennis,  Salvia 
glutinosa,  Veronica  latifolia,  Lonicera  alpigena,  Valeriana  tripteris,  montana, 
saxatilis,  Scabiosa  lucida,  Adenostyles  glabra,  Alliariae,  Homogyne  alpina,  Cir- 
sium  Eris ith a les ; 

Y)  subarktisch -subalpin:  Aspidium  lobatum,  Carex  ornithopoda,  Jun- 
cus  alpinus,  Polygonatum  verticillatum,  Salix  nigricans,  Melampyrum  silvaticum, 
Mulgedium  alpinum; 

o)  al  taisch-subal[)i  n,  und  zwar  auch  im  subarktischen  Gebiete:  Asple- 
ninm  viride ,  Aspidium  Lonchitis ,  Clematis  alpina,  Rubus  saxatilis,  Circaea 
alpina,  Pirola  unißora,  Vacciniiim  Vitis  Idaea,  Primida  farinosa,  Lonicera  nigra, 
coerulea;  im  subarktischen  Gebiete  fehlend:   Veratriim  album. 

Im  Vereine  mit  dem  nordischen  und  mitteleuropäischen  bildet  das  sub- 
alpine Element  den  Grundstock  des  Artenbestandes  des  subalpinen  Gaues  der 


91 

baltischen  F'lora.  Typen,  die  schon  in  den  der  mittleren  Waldregion  ancjehören- 
den  Formationen  nicht  selten  sind,  wie:  Aspidiiim  lobatinn,  Salix  iiii^ricans,  Pirola 
iiiüßora,  Primula  farinosa,  Soldanella  montana  iisw.^  können  als  montane  von 
den  meist  erst  in  der  oberen  Waldregion  häufiger  werdenden  und  gleich  jenen 
bis  in  die  Krummholzregion  ansteigenden  eigentlich  subalpinen  Typen 
unterschieden  werden. 

Als  Elemente  von  untergeordneter  Bedeutung  kommen  in  Betracht: 

4.  Das  alpine  Element. 

Typen,  die  in  der  alpinen  h'lora  zuhause  sind,  deren  Areal  sich  aber  ent- 
weder direkt  bis  in  die  obere  Waldregion  erstreckt,  oder  welche  in  den  un- 
teren Regionen  der  baltischen  Flora  von  ihrem  Hauptareal  oft  ziemlich  weit 
entfernte  Standorte  bewohnen.  In  Torfmooren  werden  oft  große  Strecken  von 
Pinus  montana  überzogen.  Auf  feuchten  felsigen  Hängen,  in  kühlen  Schluchten 
sind  mitunter,  besonders  am  Nordfuße  der  Alpen,  kleinere  oder  größere  Ge- 
nossenschaften alpiner  Pflanzen  zu  finden,  so  beispielsweise  am  Lassingfalle 
und  in  den  Tormäuern  am  Fuße  des  Ötschers  in  Niederösterreich;,  woselbst  in 
600 — 700  )H  Meereshühe  alpine  Typen  wie:  Selaginella  selaginoides,  Pinus  mon- 
tana, Carex  mucronata, ßrma,  Jiincus  nionanthos,  Salix  glabra,  Thlaspi  alpinum, 
Arabis  alvina,  Saxifraga  caesia,  Dryas  octopetala,  Heracleum  Austriacum,  Rhodo- 
dendron hirsiitiim,  Rhodothammts  Chamaecistiis ,  Primula  Clusiana ,  Veronica 
fruticans,  Pinguicola  alpina,  Campanula  pusilla,  Senecio  abrotanifolius  mit  ver- 
schiedenen subalpinen  Arten  vergesellschaftet  sind.  ^)  Des  Vorkommens  alpi- 
ner Pflanzen  im  Kiese  und  Sande  der  Flüsse  wurde  bereits  an  anderer  Stelle 
Erwähnung  getan.  ^) 

5.  Das  pontische  Element 

umfaßt  diejenigen  Typen,  welche  das  Zentrum  ihrer  Verbreitung  in  dem  sich 
der  baltischen  östlich  und  südöstlich  anschließenden  Gebiete  der  pontischen 
Flora  haben.  Als  solche  sind  zu  nennen:  Andropogon  Ischaemum,  Slipa  pennata, 
Carex  humilis,  Silene  Otites,  Tunica  Saxifraga,  Cytisus  Ratisbonensis,  Peuce- 
danum  Oreoselinum,  Galeopsis  pubescens  u.  a. 

6.  Das  Illyrische  Element. 

Typen  der  illyrischen  Flora,  wie:  Ruscus  Hypoglossum,  Narcissus  radii- 
ßorus,  Philadelphus  coronarius  und  andere  Arten,  die  im  österreichischen  Alpen- 
vorlande  isolierte  Standorte  bewohnen. 

7.  Das  atlantische  Element. 

Pflanzen,  deren  Areal  an  die  Küste  des  Atlantischen  Ozeans  und  der 
Nordsee  gebunden  ist,  sind  im  Alpengelände  überaus  spärlich.  Spiranthes  aesti- 


1)  Nach  Beck  11. 

2)  Vgl.  S.  43. 


92 

valis,  Cytisus  scoparius,  der  subalpine  Hex  Aquifoliiiui  und  Teucrium  Scoro- 
Jo)üa,  sind  die  wichtigsten  derselben;  auch  Biixiis  setupervirens,  der  um  Steyr 
in  Überösterreich  und  bei  Unken  in  vSalzburg-  gefunden  wurde,  und  der  in  den 
südlichen  Alpenländern  gedeihende  Tamus  comniiinis  gehören  hierher. 

ß)  Alpine  Flora,  i) 

1.  Das  baltische  Element.-) 

Es  sind  dies  Typen  verschiedener  Gesanitverbreitung,  welche  die  alpine 
mit  der  baltischen  Flora  gemein  hat.  Zum  nordischen  Element  der  letzteren 
gehören  z.  B.:  Anthoxaiithum  odoratinn,  Deschampsia  caespitosa,  Calluna  ^ndgaris, 
Antennaria  dioeca;  zum  mitteleurcjpäischen :  Cerastiinn  arveuse,  Lotus  cornicula- 
tiis  —  die  meisten  mitteleuropäischen  Typen  (z.  B.  Trifolium  pratense,  Antliyl- 
lis  Vulneraria,  Tliyiuus  Chainaedrys)  sind  durch  nahverwandte  Parallelformen 
vertreten;  zum  subalpinen:  Trollius  Europaeus,  Vaccinium  Vitis  Idaea,  Myr- 
tillus,  uliginosuni,  A?-nica  montana. 

2.  Das  alpine  Element, 

das  sind  Arten,  welche  der  Arktis  und  den  asiatischen  Hochgebirgen  fehlen: 

a)  alpin-subarktisches  Element:^)  Nigritella  nigra,  HutcJiinsia  al- 
piiia,  Saxifraga  adscendens,  Ajuga  pyramidalis,  Euphrasia  minima  usw.; 

[j)  mitteleuropäisch-alpines  Element:^)  Agrostis  rupestris,  Oreo- 
chloa  disticha,  Festuca  varia,  Carex  curvula,  ßrma,  sempervirens,  Juncus  Jac- 
quini,  Salix  Helvetica,  Rumex  alpinus,  Dianthus  glacialis,  Alsine  sedoides,  Ane- 
mone Balde)isis ,  Ranunculus  alpestris,  Petrocallis  Pyrenaica,  Arabis  pu}uila, 
Sedum  atratum,  Saxifraga  bißora,  Geum  montanum,  Trifolium  badium,  Oxy- 
tropis  montana,  Rhamnus  pumila,  Viola  lutea,  Rhododendron  hirsutum,  ferru- 
gineum,  Pi-imula  longißora,  Soldanella  alpina,  Armeria  alpin a,  Gentiaua  vulgaris, 
Horminum  Pyrenaicum,  Linaria  alpina,  Veronica  bellidioides,  Pediculai-is  recu- 
tita,  Globularia  cordifolia,  Campanula  alpina,  Phyteuma  hemisphaericum,  Chry- 
santhemum alpinum,  Senecio  Carniolicus,  Crepis  aurea,  Hieracium  glaciale  usw.; 

Y)  Alpenelement:  ^)  Festuca  rupicaprina,  Salix  serpyllifolia,  Rumex 
nivalis,  Alsine  aretioides ,  Thlaspi  alpinum,  Sempervivum  Wulfeni,  Saxifraga 
Seguierii,  Primula  glutinosa,  Soldanella  Austriaca,  Gentiana  Bavarica,  Pedicularis 
asplenifolia,  Valeriana  Celtica,  Gnaphalium  Hoppeanum ,  Cirsium  spinosissi- 
mum  usw. 

Den  Arten  des  alpinen  Elementes  gebührt  der  größte  Anteil  an  der  Zu- 
sammensetzung der  Flora  unserer  Alpen.  Sie  im  allgemeinen  und  die  Ange- 
hörigen des  Alpenelementes  im  besonderen  sind  es  vor  allem,  welche  derselben 

')  Man  vergleiche  Jerosch  I. 

^)  Jerosch's  Ubiquistenelement. 

^)  Der  Name  erklärt  sich  nach  dem   Vorausgehenden  von  selbst. 


93 

ihr  charakteristisches  Gepräge  verleihen  und  einen  so  hohen  Perzentsatz  ur- 
eigener Arten  ausmachen,  daß  man  mit  vollem  Rechte  die  mitteleuropäisch- 
alpine F'lora  als  eigenen  Florenbezirk  und  innerhalb  derselben  die  Flora  der 
Alpen  selbst  als  eigenen  Gau  bezeichnet.  Gleich  den  subalpinen  sind  auch  die 
alpinen  Arten  in  vertikaler  Richtung  nicht  gleichmäßig  verbreitet;  es  greifen 
vielmehr  ihre  oberen  und  unteren  Höhengrenzen  in  der  mannigfaltigsten  Weise 

übereinander. 

3.  Das  altaische  Element, 

die  wenigen  Arten  umfassend^  welche  im  Altai  und  in  den  Alpen  vorkommen, 
der  Arktis  aber  felilen,  wie:  Avenastrum  versicolor,  Allium  Victoriaiis,  Coelo- 
glossum  viride ,  Salix  i-etusa ,  Silene  rupestris ,  Astragalus  australis ,  Veronica 
aphylla,  Leontopodium  alpinum  usw. 

4.  Das  altaisch-arktische  Element. 

Dasselbe  vereinigt  diejenigen  Arten,  welche  sowohl  im  Altai  als  auch  in 
der  Arktis  und  in  den  Alpen  verbreitet  sind:  z.  B.  Jiinipe7'iis  nana,  Phleiim 
alpinum,  Poa  alpina,  Elyna  Bellardi,  Cai-ex  atrata,  frigida,  Juncus  arcticiis,  tri- 
fidus,  Lu::^ula  spadicea,  spicata,  Lloydia  serotina,  Salix  reticulata,  herbacea,  aj-bus- 
ciila,  Oxyria  digj'na,  Polygonum  vivipannn,  Cerastiiun  trigynum,  Alsine  bißora, 
Ranunciilus  glacialis,  Sedum  roseinn,  Saxifraga  oppositifolia,  stellaris,  Sibbaldia 
prociimbens,  Dryas  octopetala,  Hedysanim  obsciirum,  Empetrum  nigrtim,  Viola 
bißora,  Epilobiinn  alsinefoliiim,  Loiseleuria  procinnbens,  Arctostaphylos  alpina, 
Uva  nrsi,  Eritrichiinn  Terglouense,  Veronica  alpina,  Bartschia  alpina,  Pedicu- 
laris  verticillata,  Pinguicola  alpina,^)  Canipanula  Scheucli:^eri,  Aster  alpinus,  Eri- 
geron  unißorus,  Hieracium  alpinum,  also  eine  große  Menge  der  in  unserer 
Alpenflora  häufigsten  Typen.  Ihnen  schließt  sich  Festuca  Halleri  an,  als  eine 
angeblich  nur  dem  Himalaya  und  den  mitteleuropäischen  Gebirgen  gemein- 
same Art. 

5.  Das  arktische  Element, 

das  sind  Arten,  welche  den  Alpen  und  der  Arktis  gemeinsam  sind,  im  Altai  aber 
fehlen,  z.  B.  Eriophorum  Scheuch^ieri,  Kobresia  bipartita,  Carex  brunnescens, 
irris,ua,  Tofieldia  palustris,  Chamaeorchis  alpina,  Gymnadenia  albida,  Silene  acau- 
lis.  Arenaria  bißora,  Anemone  alpina,  Cardamine  alpina,  Arabis  alpina,  Saxifraga 
Ai^oon,  ai^oidcs,  Potentilla  aurea,  Epilobium  anagallidifolium,  Gentiana  nivalis, 
Antennaria  Carpatica,  Gnaphalium  supinum,  Leontodon  Pyrenaicus  usw. 


Diese  Feststellung  der  geographischen  Elemente  führt  also  zu  einem  an- 
schaulichen Bilde  über  die  Gesamtverbreitung  der  Arten  unserer  Flora,  ohne 
jedoch  zunächst  Aufschlüsse    über  den  Ort   der  Entstehung   und   die  Art   und 


I)   Vgl.  Tafel  XLIX  oben. 


94 


Zeit  der  Einwanderung  derselben  zu  geben.  Das  immer  wieder  zu  beobach- 
tende Zusammenvorkommen  der  Arten  eines  Elementes  (Artgenossenscliaften  im 
Sinne  Drudes,  z.B.  die  «nordische  Schluchtwaldgenossenschaft»,  ^)  bestehend 
aus  Equisetiim  silvaticum,  Athyriiim  Filix  femina,  Aspidiiim  Filix  mas,  Cysto- 
pteris  fragilis,  Stellaria  nemo7-uui,  Chrysosplenhnn  alternifoliuin),  gestattet  zwar 
anzunehmen,  daß  diese  Arten  gleichzeitig  eingewandert  sind,  ohne  jedoch 
irgendwelche  Anhaltspunkte  bezüglich  der  Entstehung  derselben  sowie  der  Zeit 
der  Wanderung  und  der  Wanderwege  zu  geben.  Die  Beantwortung  derartiger 
Fragen  ist  vor  allem  Aufgabe  in  Vereinigung  mit  den  Resultaten  der  Phyto- 
paläontologie  und  Geologie  vom  pflanzengeographisch-morphologischen  Ge- 
sichtspunkte aus  anzustellender  monographischer  Untersuchungen  der  gesamten 
Gattungen  der  Alpenflora,  vor  allem  aber  der  polymorphen,  heute  noch  in 
Formneubildung  begriffenen  Gruppen  derselben.  Derartige  Studien  haben  zu 
dem  Ergebnisse  geführt,  daß  es  sehr  wahrscheinlich  ist,  daß  gewisse  Stammfor- 
men in  Anpassung  an  verschiedene  Vegetationsverhältnisse  der  Alpen  (z.  B.  ver- 
schiedene Höhenlage,  verschiedenes  Substrat:  Kalk-Urgestein  der  Alpenregion) 
sich  in  verschiedene  Formen,  die  uns  heute  als  vikariierenden  Rassen  ent- 
gegentreten, gegliedert  haben.   Derartige  vikariierende  Rassen   sind  z.  B. 


Südliche  Kalkalpen.  Nördliche  Kalkalpen. 

Silene  longiscapa 
Dianthus  alpinus 
Callianthemum  Kerne-  .  Callianthemum  nitae- 

rianitm  foliiim 

Soldanella  minima  Soldanella  Austriaca 

Gentiana  vulgaris 

Waldregion  i 

Poa  anniia 


Zentralapen. 
Silene  Norica 
Dianthus  glacialis 
Callianthemum  coriandri- 

folium 
Soldanella  pusilla 
Gentiana  latifolia 
Hochgebirgsregion 
Poa  supina 


Mvosotis  silvatica 


Myosotis  alpestris 


Die  Ausgliederung  mancher  Typen  dürfte  schon  im  Tertiär,  mancher 
erst  im  Verlaufe  des  Diluviums  erfolgt  sein.  Von  besonderem  Interesse  sind 
die  erst  nach  der  Eiszeit  erfolgten  Formneubildungen,  als  deren  direkte  oder 
indirekte  Ursache  wir  den  Einfluß  der  menschlichen  Kultur  anzusehen  haben, 
so  insbesondere  das  Entstehen  saisondimorpher  Formenpaare  auf  Wiesen^)  z.  B. 


Ungegliederte  Form 
Gentiana  aspera 


Alectorolophus  lanceolatus 


Frühblühende  Form 
Gentiana  Norica 
Euphrasia  montana 
Ortantha  lanceolata 
Odontites  verna 
Alectorolophus  subalpinus 


Spätblühende  Form 
Gentiana  Sturmiana 
Euphrasia  Rostkoviana 
Ortantha  lutea 
Odontites  serotina 
Alectorolophus  angustifolius 


^)  Vgl-  Gradmann  a.  a.  O. 

2)  Vgl.  Wettstein,  Deszendenztheoretische  Untersuchungen.  I.  Untersuchungen 
über  den  Saisondimorphismus  im  Pflanzenreiche.  (Denkschr.  k.  Akad.  Wiss.,  math.-nat. 
Kl.,  LXX.  Bd.) 


95 

Auch  durch  Bastardierung-  sind  in  den  Alpen  Formen  entstanden,  welche,  da 
sie  sich  vollkommen  fertil  erweisen  und  selbständig  fortpflanzen,  als  Arten 
anzusprechen  sind,  so  beispielsweise  Rhododendron  intennediinn  (ferrup^meinn 
X  hüsutum),  Prinnda  pubescens  (Aiiricula  X  viscosa)  und  Floerkeana  (minima 
y.  glutinosa).  Es  sind  viele  Anzeichen  dafür  vorhanden,  daß  auch  heute  die 
Formneubildung  durch  direkte  Anpassung  an  verschiedene  edaphische  und  kli- 
matische Faktoren  wie  überhaupt  an  verschiedene  Existenzbedingungen,  durch 
Bastardierung  usw.  in  den  Alpen  noch  im  vollen  Gange  ist.  Alle  diejenigen  Typen 
von  denen  es  sich  mit  einem  größeren  oder  geringeren  Grade  von  Wahrschein- 
lichkeit nachweisen  läßt,  daß  sie  in  den  Alpen  entstanden  sind,  bilden  ohne 
Zweifel  ein  eigenes  Element  der  Alpenflora,  das  aber  nicht  als  geographisclies 
Element  zu  bezeichnen,  sondern  als  genetisches  Element  anderen  derartigen 
Elementen,  die  in  verschiedenen  Gebieten  außerhalb  der  Alpen  entstandene 
Arten  umfassen,  an  die  Seite  zu  stellen  ist. 

Viele  Typen  des  Artbestandes  unserer  Al[)enflora  sind  nämlich,  wie  mono- 
graphische Forschungen  ergeben  haben,  nicht  in  den  Alpen  selbst  entstanden,, 
sondern  in  anderen  Gebieten,  z.  B.  in  den  zentralasiatischen  Gebirgen  und  von 
diesen  aus,  meist  offenbar  schon  im  Verlaufe  der  Tertiärzeit,  in  die  Alpen  ein- 
gewandert.^) In  vielen  Fällen  läßt  es  sich  auch  mit  ziemlicher  Bestimmtheit 
angeben,  wie  die  Pflanzen  gewandert  sind.  So  dürften  die  meisten  derjenigen 
Pflanzen,  welche  früher  als  Bestandteile  des  altaisch-subalpinen  und  -alpinen 
Elementes  aufgeführt  wurden,  von  Mittelasien,  über  die  persischen  Ketten- 
gebirge, den  Kaukasus  und  Kleinasien  nach  dem  Balkan  und  von  hier  entweder 
über  das  Rhodopegebirge  und  die  Karpathen  in  die  nordöstlichen,  oder  über 
Illyrien  in  die  südöstlichen  oder  über  den  Apennin  in  die  westlichen  Alpen  ge- 
langt sein.  Auch  im  Diluvium  erfolgten  große  Wanderungen  von  den  Alpen 
nach  Süden  und  Norden  und  umgekehrt  auch  von  Süden  und  Norden  in  die 
Alpen.  Die  kalten  Eiszeiten  hatten  im  allgemeinen  offenbar  eine  Besiedelung 
der  Alpen  mit  arktischen,  die  trockenen  Interglazialzeiten  wenigstens  zum 
Teile  mit  pontischen  Pflanzen  im  Gefolge.  Als  wichtige  Wanderwege  erscheinen 
uns  auch  heute  noch  die  breiten  Flußtäler,  so  z.  B.  das  nach  Osten  offene 
Donautal,  längs  welches  viele  pontische  Typen  nach  Westen  vordringen 
konnten.  Durch  die  Pflanzenwanderungen,  welche  in  der  Jetztzeit  durch  den 
Menschen  veranlaßt  werden,  hat  auch  die  Flora  der  Ostalpen  mannigfache 
Veränderungen  erfahren.  Verschleppungen,  das  sind  Wanderungen  im  klei- 
neren Maßstabe,  begegnet  man  im  Alpenlande  besonders  häufig  an  den  Ufern 
der  Flüsse. 

Besonders  wichtige  Daten  hat  auch  die  Phytopaläontologie  geliefert. 
Es  sei  hier  vor  allem  auf  die  reichen  Funde  tertiärer  Pflanzen  bei  Parschlag 


^)  Über  das  Wandern  der  Pflanzen  vergleiche  man  vor  allem  P.  Voglers  Disser- 
tation «Über  die  Verbreitungsmittel  der  schweizerischen  Alpenpflanzen».  (Flora  89.  Bd. 
Ergänzungsband    1901). 


96 

und  Sotzka  in  Steiermark,  Radoboj  in  Kroatien  und  Häring  in  Tirol,  ^)  die  aus 
der  zweiten  Interglazialzeit  stammenden  Fossilien  der  Höttinger  Breccie  ^)  bei 
Innsbruck  (unter  ihnen  z.  3,  Rhododendron  Ponticuvi)  und  die  in  den  alpinen 
Torfmooren  geborgenen  Pflanzenreste  erinnert. 

Auf  Grund  dieses  reichen  Tatsachenmateriales  und  insbesondere  auch 
der  Resultate  der  Geologie  gelangte  die  vergleichend-pflanzengeographische 
Forschung  nicht  nur  zu  der  —  sicherlich  richtigen  —  Deutung  der  Enklaven 
fremdartiger  Elemente  innerhalb  der  Flora  der  Ostalpen,  für  deren  Auftreten 
in  einer  ganz  heterogenen  Umgebung  weder  ein  sprungweises  Vordringen  oder 
Transport  durch  Gewässer,  noch  Verschleppung  durch  den  Menschen  als  Ur- 
sache angenommen  werden  können,  als  glaziale  oder  interglaziale  Relikte, 
sondern  auch  zur  Annahme,  daß  die  Alpenflora  nebst  einem  großen  auto- 
chthonen  Artbestande  viele  aus  anderen  Florengebieten  stammende  Arten  besitzt, 
welche  man,  soweit  sie  einer  und  derselben  Abkunft  sind,  als  die  historischen 
Elemente  derselben  bezeichnen  kann.  Dieselben  decken  sich  nur  zum  Teile 
mit  den  geographischen  Elementen.  Denn  so  wahrscheinlich  es  einerseits  ist, 
daß  die  Alpen  diejenigen  Arten,  welche  ihnen  beispielsweise  mit  dem  Altai  ge- 
meinsam sind  (das  altaisch -alpine  Element),  wirklich  aus  diesem  erhalten 
haben,  so  gewiß  ist  es  andererseits,  daß  die  Typen,  welche  sowohl  in  den 
Alpen  als  auch  in  der  Arktis  vorkommen,  nur  zum  Teile  —  und  zwar  im  ali- 
gemeinen nur  insoweit,  als  sie  dem  Altai  fehlen  (arktisch-alpines  Element)  —  von 
dieser  in  jene  gelangt,  zum  anderen  Teile  aber,  soweit  sie  auch  im  Altai  auf- 
treten (altaisch-arktisches  Element),  zumeist  erst  von  den  Alpen  aus  der  Arktis 
zugekommen  sind.  Die  wichtigsten  historischen  Elemente  der  alpinen  Flora  — 
in  der  baltischen  liegen  die  Dinge  komplizierter  —  sind  also  das  alpine  Element 
(sich  deckend  mit  dem  geographischen  alpinen  Element  und  genetisch  wieder 
in  ein  alt-  und  neualpines  Element  zerfallend,  je  nachdem  die  Entstehung  in 
die  Tertiärzeit  zurückreicht  oder  posttertiär  ist),  das  asiatische  Element  (im 
großen  und  ganzen  den  geographischen  Gruppen  altaisches  und  altaisch- 
arktisches  Element  entsprechend)  und  das  arktische  Element,  zum  Teile  mit  dem 
geographischen  arktischen  Elemente  identisch.  Was  die  baltische  Flora  anlangt, 
so  können  beispielsweise  diejenigen  Typen,  welche  ihren  Verbreitungsverhält- 
nissen nach  schon  in  der  Tertiärzeit  aus  Ostasien  in  ihr  Gebiet  gelangt  sind, 
als  das  (historisch)  ostasiatische  Element  derselben  bezeichnet  werden  (z.  B. 
Polypodium  vulgare,  Equisetum  arvense,  Deschampsia  caespitosa,  Riibus  Maeus, 
Viburniim  Opulus). 


')   Man  vergleiche  insbesondere   die   Arbeiten   von   Unger. 
-)  Vgl.  Wettstein,  I. 


97 

c)  Die  Geschichte  der  Flora  der  Ostalpen. 

Die  Geschichte  der  Flora  des  Gebietes  der  üstalpen  läßt  sich  bis  in  die 
letzten  Epochen  der  Tertiärzeit  zurückverfolgen.  Damals  war  bereits  der 
yanze  Alpenbogen  in  stattlicher  Höhe  aufgerichtet,  nach  Westen  mit  dem  teil- 
weise jüngeren  Apennin  und  durch  das  Plateau  du  Centre  mit  den  Pyrenäen 
verbunden,  im  Nordosten  an  die  Karpathen,  im  Südosten  an  die  illyrischen  Ge- 
birge sich  anschließend  und  durch  diese  und  die  Bergketten  Kleinasiens,  Ar- 
meniens, Persiens  und  den  Kaukasus  mit  den  mächtigen  zentralasiatischen  Ge- 
birgen in  Zusammenhang.  An  den  Küsten  des  Mittelländischen  Meeres  bis  an 
den  Südfuß  der  Alpen  lebte  zu  dieser  Zeit  noch  eine  tropische  Flora,  am  Ost- 
fuße des  Gebirges,  am  Rande  des  damals  noch  das  Wiener  und  pannonische 
Becken  füllenden  Tertiärmeeres,  hatte  die  Vegetation  subtropischen  Charak- 
ter. An  diese  Flora  schloß  sich  nach  aufwärts,  die  unteren  Hänge  der  Berge 
einnehmend,  eine  Region  immergrüner  Gewächse  von  der  Art  unserer  rezenten 
Mediterranpflanzen.  Über  dieser  Region  bildeten  sommergrüne  Laub-  und 
immergrüne  Nadelgehölze  von  viel  größerer  Mannigfaltigkeit  als  heutzutage 
einen  breiten  Waldgürtel.  Nebst  vielen  Arten  ganz  anderer  systematischer  Zu- 
gehörigkeit hausten  hier  schon  die  meisten  unserer  heutigen  W^aldbäume  oder 
doch  nahe  Verwandte  derselben  und  hatten  viele  Charakterpflanzen  der 
heutigen  baltischen  Flora  zur  Begleitung.  Sie  alle  waren  weit,  bis  ins  zentrale 
Asien,  ihre  wahrscheinliche  Heimat,  die  damals  infolge  des  temperierenden 
Einflusses  des  Hanhaimeeres  ein  ausgesprochen  ozeanisches  Klima  hatte,  ver- 
breitet. Auf  den  Höhen  des  Gebirges  wohnte  auch  damals  schon  eine  Hoch- 
gebirgsflora, welche  sich  aus  den  alten  tertiären,  für  unsere  Alpen  so  bezeich- 
nenden Gattungen:  Saxifraga,  Rhododendron,  Primula,  Androsace,  Wulfenia, 
Veronica,  Campamda  usw.  zusammensetzte,  die  seinerzeit  entweder  von  Arten 
der  Ebenen  Europas  sich  abgegliedert  hatten  oder  aber  bereits  als  alpine  Typen 
von  Asien  aus  den  Alpen  zugekommen  waren. 

Gegen  das  Ende  der  Tertiärzeit  wurden  die  Sommer  feuchter,  die  Winter 
schneereicher,  die  mittleren  Jahrestemperaturen  immer  geringer.  Es  kam  die 
erste  Glazialzeit.  Sie  machte  der  tropischen,  subtropischen  und  mediterranen 
F'lora  des  Alpengeländes  und  seiner  Umgebung,  indem  sie  die  Pflanzen  ent- 
weder überhaupt  vernichtete,  oder  aber  zum  Rückzuge  nach  Süden  zwang, 
ein  für  alle  Male  ein  Ende.  Auch  die  Laub-  und  Nadelgehölze  der  montanen 
Region  und  ihre  Begleiter  fielen  demselben  Schicksale  anheim.  Sie  gingen 
zum  Teile  zugrunde,  zum  Teile  mußten  sie  in  wärmeren,  unvergletscherten 
Gebieten,  also  vor  allem  im  Süden  und  Osten,  Zuflucht  suchen.  Die  Alpen- 
pflanzen aber  wurden  gezwungen,  ihre  luftigen  Höhen,  die  sich  jetzt  mehr  und 
mehr  in  Eis  hüllten,  zu  verlassen.  Sie  fanden  auf  den  nicht  oder  doch  wenig 
vergletscherten  Höhen  des  Ost-  und  Südrandes  der  Gebirge,  welche  heute 
noch  durch  relativ  großen  Artenreichtum  ausgezeichnet  sind  (z.  B.  Wiener 
Exkursion  in   die  Ostalpen.  7 


Schneeberg,  Dolomiten)  und  in  den  dem  Alpenlande  vorgelagerten  Niede- 
rungen, in  welchen  sie  jetzt  ungefähr  diejenigen  Existenzbedingungen  an- 
trafen, welchen  sie  früher  Jn  der  Alpenregion  ausgesetzt  gewesen  waren,  neue, 
ihnen  zusagende  Wohnsitze.  Da  auch  der  ganze  Norden  bis  an  die  Sudeten 
und  Karpathen  im  Süden  vergletschert  war,  wurden  die  Areale  der  arktischen 
Pflanzen  sehr  weit  südlich  verschoben  und  derjenige  Teil  Mitteleuropas,  wel- 
cher von  den  Alpengletschern  im  Süden  und  von  den  arktischen  im  Norden 
begrenzt  wurde,  also  Mittel-  und  Süddeutschland,  ein  großer  Teil  Frankreichs 
usw.,  beherbergte  damals,  wie  aus  verschiedenen  diluvialen  Funden  hervorgeht, 
eine  überaus  mannigfaltige  Mischflora  alpiner  und  arktischer  Elemente.  Über- 
dies hatte  das  feuchtkühle  Klima  der  Eiszeit  eine  Expansion  des  Verbreitungs- 
gebietes der  Pflanzen  der  asiatischen  Gebirge  zur  Folge  und  viele  derselben 
mögen  zu  dieser  Zeit  nach  Europa  gelangt  sein.  Durch  die  Mischung  alpiner, 
arktischer  und  asiatischer  Typen  in  den  Ebenen  unseres  Kontinentes  wurde 
zweifellos  die  Neubildung  von  Formen  begünstigt- 

Als  dann  wiederum  trockeneres,  wärmeres  Klima  eintrat  und  die  Alpen 
vom  Eise  befreit  wurden,  das  ist  in  der  ersten  Interglazialzeit,  zogen  sich  die  al- 
pinen Arten  in  ihre  alten  Wohnsitze  in  den  Höhenregionen  der  Gebirge,  aus  denen 
sie  früher  verdrängt  worden  waren,  zurück.  Viele  altaische  Typen,  die  natür- 
lich jetzt  auch  aus  den  Ebenen  weichen  mußten,  dürften  sich  ihnen  angeschlos- 
sen haben.  Die  Neubesiedelung  erfolgte  naturgemäß  umso  rascher  und  gründ- 
licher, je  weniger  die  einzelnen  Teile  der  Alpen  vergletschert  waren,  respek- 
tive je  rascher  sie  jetzt  entgletschert  wurden,  weshalb  denn  stark  vergletscherte 
Gebiete  (Ötztaler  Alpen)  heute  noch  durch  relative  Artenarmut  gekennzeichnet 
sind.  Die  arktischen  Pflanzen  wanderten  wieder  nach  Norden,  zum  Teile  blie- 
ben sie  aber  im  Alpenlande  zurück,  wo  sie  sich  insbesondere  in  den  Mooren 
des  Vorlandes  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten  haben,  und  nicht  wenige 
folgten  den  Alpenpflanzen  auf  ihre  Höhenstandorte.  Insbesondere  in  den 
feuchten  Uralpen  haben  sich  viele  bis  in  die  Gegenwart  erhalten  und  sind  dort 
im  Gegensatze  zu  den  relativ  trockene,  warme  Lokalitäten  bevorzugenden  al- 
j)inen  und  altaisch-alpinen  Typen  auf  kalten,  feuchten  nordseitigen  Stand- 
orten Konstituenten  der  Schneetälchenfluren,  Moos-  und  Flechtentundren,  der 
Vegetation  feuchter  Felsen  usw.  geworden.  Daß  umgekehrt  auch  nach  der 
Eiszeit  echtalpine  und  altaisch-alpine  Elemente  auf  dem  Wege  über  Mittel- 
europa nach  Norden  gelangten ,  ist  für  die  Geschichte  der  Ostalpenflora 
ziemlich  belanglos.  Nicht  nur  aus  den  umliegenden  Ebenen,  sondern  auch  aus 
den  benachbarten  östlichen,  südlichen  und  westlichen  Gebirgen,  den  Karpathen, 
dem  illyrischen  Berglande,  dem  Apennin  und  den  Pyrenäen  erhielten  unsere 
Alpen  neuen  Zuzug,  um  andererseits  auch  ihnen  neue  Elemente  zu  geben.  Das 
Vorland  der  Alpen  aber  und  die  Täler  und  unteren  Hänge  des  Gebirges  wurden 
jetzt  neuerdings  von  Laub- und  Nadelhölzern  und  ihren  Begleitpflanzen  besiedelt. 
Durch   die   kontinuierliche  Zunahme   der  Temperatur   und  Trockenheit    wurde 


99 

das  Klima  der  ersten  Interglazialzeit  allmählich  ein  .Steppenklima,  das  bedeu- 
tend wärmer  und  trockener  war  als  unser  heutiges  Klima.  Die  Folge  davon 
war,  daß  das  Vordringen  östlicher  und  südlicher  Elemente  in  das  Alpengebiet 
begünstigt  wurde.  Eine  Steppen-  und  Waldflora  bedeckte  während  der  wärm- 
sten Zeit  dieser  Epoche  das  Vorland  und  die  unteren  Hänge  der  Alpen,  auf 
deren  Höhen  bereits  die  aus  echt  alpinen,  altaisch-alpinen,  arktischen  Typen 
und  den  Deszendenten  derselben  gemischte  Hochgebirgsflora  sich  ausbreitete. 
Eine  zweite  Eiszeit,  die  längste  von  allen,  schuf  ähnliche  Zustände,  wie  sie  die 
erste  geschaffen  hatte,  eine  ihr  folgende  Epoche  mit  Steppenklima  wiederholte 
das  Bild  der  ersten  Interglazialzeit.  Auf  diese  kam  eine  dritte,  weniger  folgen- 
schwere Zeit  der  Vergletscherung  (dritte  Eiszeit),  welche  eine  neuerliche,  die 
postglaziale  vSteppenzeit  im  Gefolge  gehabt  haben  dürfte,  auf  welche  dann  all- 
mählich die  heutigen  Verhältnisse  sich  einstellten. 

Die  Erhöhungen  der  Temperatur  und  Trockenheit  innerhalb  der  Inter- 
glazialzeiten  und  in  der  postglazialen  Steppenzeit  veranlaßten  jedesmal  ein 
Zurückweichen  der  alpinen  und  arktischen  und  eine  Begünstigung  der  ponti- 
schen  und  meridionalen  Elemente,  die  Depression  des  Klimas  in  den  Eiszeiten 
umgekehrt  eine  Förderung  der  ersteren  und  eine  Dezimierung  der  letzteren. 
In  der  zweiten  Interglazialzeit  muß  ein  besonders  warmes  Klima  geherrscht 
haben,  welches  eine  Invasion  pontischer,  mediterran-afrikanischer  und  atlanti- 
scher Arten  ^)  begünstigte.  In  der  Höttinger  Breccie,  welche  diesem  Horizonte 
angehört,  sind,  nebst  vielen  anderen,  Reste  von  Chamaebuxus  alpestrk,  Buxits 
sempervirens  und  Rhododendron  Ponticiim  erhalten  geblieben. 

Nur  an  ganz  besonders  kühlen,  feuchten  Stellen  konnten  Arten,  welche 
in  den  kalten  glazialen  Perioden  weite  Verbreitung  hatten,  also  alpine  und  ark- 
tische Typen,  an  trockenen,  warmen  Lokalitäten  dagegen  pontische  und  süd- 
liche Elemente  fernab  von  ihren  heutigen  geschlossenen  Arealen  bis  auf  den 
heutigen  Tag  sich  erhalten.  Die  ersteren  sind  die  glazialen,  die  letzteren  die 
interglazialen  Relikte. 

Der  Umstand,  daß  durch  die  einzelnen  Eiszeiten  die  Flora  der  Alpen 
nicht  jedesmal  vollkommen  zugrunde  ging,  sondern  sich  vielmehr  jedesmal  an 
geschützten  Stellen  Arten  erhalten  haben,  und  daß  durch  jede  Steppenzeit  die 
Folgen  der  vorausgegangenen  Eiszeit  und  umgekehrt  durch  jede  Eiszeit  die 
der  vorausgegangenen  Steppenzeit  nur  verwischt  und  nicht  gänzlich  vernichtet 
wurden,  macht  es  sehr  schwierig,  den  Anteil  der  einzelnen  Epochen  an  der  heutigen 
Konstellation  der  Floren  genauer  zu  verstehen.  Jedenfalls  dürfte  aber  naturgemäß 
der  Hauptanteil  der  jetzigen  Pflanzenverbreitung  den  Einwirkungen  der  letzten 
Eiszeit,  der  postglazialen  Trockenheitsperiode,  auf  welche  beide  P2pochen  die 
meisten  unserer  Glazial-  und  Interglazialrelikte  zurückzudatieren  sein  dürften, 
und  den  auf  diese  allmählich  sich  einstellenden  heutigen  Verhältnissen  gebühren. 


Kerners  aquilonares  Element. 


Infolge  der  ständigen  Hin-  und  Herwanderungen  und  überhaupt  der  ver- 
schiedenartigen Beeinflussungen  gingen  manche  Formen  zugrunde  oder  er- 
hielten sich  nur  in  Resten  —  diverse  alpine  Gattungen  (Petrocallis,  Widfenia, 
Eriniis,  To:^^ia)  sind  nur  mehr  in  einer  Art  vertreten  —  manche  sind  entweder 
in  Anpassung  an  die  geänderten  Verhältnisse  oder  auch  durch  Kreuzung  ver- 
schiedener Elemente  neu  entstanden. 

In  der  postglazialen  Zeit  gesellte  sich  die  menschliche  Kultur  als  ein 
ganz  neues  Element  zu  den  die  Pflanzenwelt  beeinflussenden  Faktoren.  Für 
die  alpine  Flora  bedeutete  die  Herabdrückung  der  Baumgrenze  den  Gewinn 
neuer  Standorte.  Das  Mähen  der  Matten  und  Wiesen,  der  Weidegang  der 
Herden  und  die  Düngung  sind  für  die  Pflanzenwelt  des  baltischen  und  alpinen 
Gebietes  von  gleich  großer  Bedeutung.  Durch  den  Schnitt  der  Sense  wird 
mit  der  Zeit  eine  blütengeschmückte  Alpenmatte  in  einen  einförmigen  Grami- 
neenteppich verwandelt.  Auch  der  Weidegang  begünstigt  durch  die  Bereiche- 
rung des  Bodens  das  Vorherrschen  trivialer  Typen  auf  den  Grasbeständen  der 
Alpenregion.  Im  baltischen  Florenbezirke  sind  überdies  die  Einführung  ganz 
neuer  Gewächse,  die  Verschleppung  der  alten,  die  indirekte  Begünstigung  des 
Vordringens  pontischer  Arten  durch  Schaffung  für  sie  geeigneter  Standorte 
(Bahndämme  usw.),  auf  denen  sie  der  Konkurrenz  der  baltischen  Typen  erfolg- 
reich trotzen  können,  die  Ausrottung  gewisser  Pflanzen  (z.  B.  der  Zirbe),  die 
Vernichtung  ganzer  Formationen,  so  vor  allem  der  Torfmoore,^)  und  insbeson- 
dere die  unbewußte  Züchtung  ganz  neuer  Elemente  (saisondimorphe  Typen 
usw.)  durch  die  Wiesen-  und  Felderkultur  einige  der  wichtigsten  Folgen  der 
Eingriffe  der  Menschen. 

Aus  all  dem  Gesagten  geht  wohl  mit  voller  Bestimmtheit  hervor,  daß 
sich  die  Pflanzenwelt  der  Ostalpen  heute  keineswegs  in  einem  Gleichgewichts- 
zustand befindet  oder  sich  auch  nur  einem  solchen  nähert^  sondern  daß  sie  viel- 
mehr, preisgegeben  dem  ewigen  Wechselspiele  zerstörender  und  wieder  auf- 
bauender Kräfte,  in  ununterbrochener  Weiterentwicklung  begriffen  ist. 


^)  Durch  die  Entsumpfung  des  Ibmermoores  an  der  oberösterreichisch-salzburgi- 
schen Grenze  ist  erst  vor  zirka  drei  Dezennien  Alisma  parnassifoüum,  das  dort  seinen 
einzigen  Standort  am  Nordrande  der  Alpen  innehatte,  verschwunden. 


IL  Schilderung  der  Reiseroute. 
A)  Von  Wien  durch  Nordsteiermark  nach  Salzburg. 

(Ostnorische  Kalk-  und  Zcntralalpcn.) 

Von 

F.  Vierhapper. 

Wien — Kapfenbcrg  — Thörl.  ^) 

Wenn  man  vom  Wiener  Südbahnhof  aus  über  den  Semmering  nach 
Steiermark  reist,  so  durchfährt  man  zunächst  von  Norden  nach  Süden  eine 
beiderseits  von  mehr  und  mehr  ansteigenden  Bergen  umrahmte  Ebene,  das  so- 
genannte Wiener  Becken.  Wien  selbst  ist  in  seinem  nordwestlichen  Winkel 
gelegen.  Das  Wiener  Becken  ist  ein  Senkungsfeld,  welches  von  zwei  in  der 
Gegend  von  Gloggnitz  zusammentreffenden  Bruchlinien,  einer  nord-südlich  von 
Wien  nach  Gloggnitz  verlaufenden  im  Westen  und  einer  bei  Hainburg  be- 
ginnenden und  in  nordost-südwestlicher  Richtung  gleichfalls  bis  Gloggnitz  rei- 
chenden im  Osten,  begrenzt  wird.  Beide  Bruchlinien  sind  durch  das  Auftreten 
von  Thermen  bezeichnet;  die  westliche  wird  von  den  Schwefelwasserstoff  häl- 
tigen Quellen  von  Meidling,  Mauer,  xMödling,  Baden,  Vöslau  und  Fischau  be- 
gleitet, unter  den  Thermen  des  östlichen  Bruches  ist  die  von  Sauerbrunn 
die  bekannteste. 

Der  westliche  Bruch,  längs  dessen  die  Bahnlinie  hinzieht,  schneidet  die 
äußere  Zone  der  Ostalpen  —  von  Norden  nach  Süden  die  Sandstein-  und  Kalk- 
zone  und  den  nördlichen  Teil  der  größtenteils  aus  silurischen  Schiefern  und 
Kalken  bestehenden  Grauwackenzone  —  in  einer  fast  ganz  geraden  Linie  ab. 
An  der  Ostseite  des  östlichen  Bruches  taucht  in  dem  aus  Gneis  bestehenden 
Leithagebirge,  einem  Ausläufer  des  sich  südwestlich  anschließenden  Rosalien- 
gebirges und  des  Wechselstockes,  der  Kern  der  Zentralzone  der  Alpen  empor. 

Vom  Südbahnhofe  ausfahrend,  hat  man  zur  Rechten,  über  das  Häuser- 
meer von  Wien  hinblickend,  die  Berge  der  Sandsteinzone  (Kahlengebirge, 
Tiergarten)  vor  sich.  Durch  das  Kaltenleutgebnertal  von  diesen  getrennt,  be- 
ginnen bei  Liesing  die  mesozoischen  Kalkberge  und  erstrecken  sich,  sukzessive 
an  Höhe  gewinnend,  bis  zum  Semmering.  Die  unteren  Hänge  und  die  Ebene, 
welche  die  Bahn  durchquert,  gehören,  wie  man  aus  dem  mannigfaltigen  Wech- 


^)  Die   geologischen  Daten   dieses  Abschnittes   nach  A.  Ginzberger,  Exkursion 
in  die  illyrischen  Länder,  S.  59. 


sei  von  Schwarzführenwäldern,  Buschgehölzen,  Heidevviesen  und  VVeinkulturen 
ersehen  kann,  noch  zum  Gebiete  der  pontischen  Flora.  Sehr  auffällig  ist  der 
Kontrast  zwischen  den  dujaklen  Wäldern  der  Sciiwarzführe  und  dem  freudigen 
Grün  der  Buchenbestände.  Die  Grenzlinie  zwischen  diesen  Wäldern  ist  zu- 
gleich die  Grenze  zwischen  pontischer  und  baltischer  Flora,  die  bereits  im 
Inneren  des  Wienerwaldes  dominiert.  Die  Schwarzföhre  ist  zweifellos  wild, 
wird  aber  vielfach  auch,  und  zwar  mehr  des  Harzes  als  des  Holzes  wegen,  auf- 
geforstet. (Großer  aus  dem  i8.  Jahrhundert  stammender  Schwarzföhrenwald 
zwischen  Wiener-Neustadt  und  Neunkirchen.)  An  den  Bahndämmen  fallen  die 
orauen  Büsche  des  eingeschleppten  Lyciimi  Ewopaeiim  durch  besonders  häu- 
fia-es  Vorkommen  auf.  In  der  Gegend  von  Baden  sieht  man  große  Kulturen  der 
hier  auch  wild  wachsenden  Prunus  Mahaleb  («Weichselstücke»). 

Zur  Linken  erblickt  man  schon  bald  außer  Wien  das  die  Ebene  des 
Beckens  im  Osten  begrenzende,  langgestreckte  Leithagebirge,  welches  östlich 
von  Wiener-Neustadt  durch  eine  tiefe,  mit  jungtertiären  Schichten  bedeckte 
Einsenkung  (Thermen  von  Sauerbrunn)  vom  Rosaliengebirge  getrennt  ist. 
Letzteres  geht,  wie  bereits  erwähnt,  in  den  Wechselstock  über,  welcher  als 
langer  Rücken  mit  dem  Otter,  vSonnwendstein  usw.  die  Aussicht  nach  Süden 
abschließt.  Schon  vor  Wiener-Neustadt  betritt  die  Bahn  das  unfruchtbare,  ge- 
röllreiche, aus  zwei  durch  die  Flüsse  Piesting  und  Schwarza  gebildeten  Schutt- 
kegeln bestehende  Steinfeld  (pontische  Heidewiese,  bescheidene  Maiskulturen). 
Hinter  Wiener-Neustadt  zur  Rechten  der  lange  Absturz  der  aus  mesozoischen 
Kalken  aufgebauten  Hohen  Wand  (typisches  Plateaugebirge),  im  Hintergrunde 
der  Schneeberg  (Triaskalk,  2075  m). 

Von  Neunkirchen  an  läuft  die  Bahn  im  Tale  der  Schwarza,  das  nun 
immer  enger  wird.  In  Gloggnitz  beginnt  die  zirka  42  km  lange,  berühmte 
Semmeringbahn,  die  älteste  größere  Gebirgsbahn  der  Erde.  Der  Bahnkörper 
ist  bis  zur  Semmeringhöiie  zumeist  in  die  Triaskalke  und  stellenweise  auch  in 
die  Grauwacke  eingeschnitten.  Herrliche  Ausblicke  auf  die  grotesken  Kalk- 
felsen und  -Wände,  die  in  kühnen  Serpentinen  genommen  werden.  Rechts 
stellenweise  die  Abstürze  des  Plateaus  der  aus  Triaskalken  bestehenden  Rax- 
alpe.  Auf  den  Felsen  subalpine  Pflanzenarten,  auf  den  Gehängen  Wälder  mit 
Schwarz-  r.nd  Rotföhren,  Buchen  und  Fichten.  Bei  der  vStation  Semmering  hat 
man  zur  Linken  den  der  Grauwacke  angehörenden  Sonnwendstein  (1523  m)  in 
allernächster  Nähe.  Unmittelbar  vor  dem  Tunnel  rechts  das  Denkmal  Ghegas, 
des  Erbauers  der  Semmeringbahn.  Im  Tunnel  selbst  der  höchste  Punkt  der  Bahn 
(897  m),  zugleich  die  Grenze  zwischen  Niederösterreich  und  Steiermark.  Die 
Bahn  tritt  jetzt  ins  Tal  der  Fröschnitz,  eines  linken  Zuflusses  der  Mürz,  und  bei 
Mürzzuschlag  ins  Mürztal  selbst.  Zur  Linken  erhebt  sich  das  Stuhleck  (1783;»), 
eine  sanft  geformte  Gneiskuppe,  der  höchste  Gipfel  der  Wechselgruppe,  zur 
Rechten  die  Grauwackenkette  mit  der  kalkreichen  Kampalpe,  dem  Drahte- 
kogel   und   anderen  Kuppen.    Die  üppiggrünen  Wiesen  des  Mürztales  und  die 


io3 

dunklen  Fichtenwälder  auf  den  Berghängen  lassen  uns  erkennen,  daß  wir  in 
der  grünen  Steiermark  sind.  Links  auf  den  Bergen  über  Krieglach  das  Alpl 
und  die  Waldheimat  mit  der  Geburtsstätte  Peter  Roseggers,  des  berühmten 
steirischen  Volksdichters. 

In  Kapfenberg  verlassen  wir  die  Südbahn,  um  mit  der  Linie  Kapfen- 
berg — Aflenz  der  steiermärkischen  Landesbahn  im  Graben  des  Thürlbaches, 
eines  rechten  Zuflusses  der  Mürz,  die  hier  stark  verschmälerte  Grauwacken- 
zone  durchquerend,  an  vielen  Eisenwerken  und  Gipsstampfen  vorbei  nach 'I'hörl 
zu  fahren.    Bei  der  Station  Margarethenhütte  reclits  Sa.vifi-aga  altissima. 

Der  Hochschwab. 

Von  Thörl  zu  Fuß  oder  mit  Wagen  durch  den  Fölzgraben  zum  Fölz- 
(Hochschwab-)hotel  (1^/2  Stunden).^)  Von  hier  aus  durch  die  enge,  oft  nur 
klafterbreite  Felsenschlucht  derFölzklamm  zum  Fölzboden  und  über  die  Schlag- 
hütte zur  Fölzalm  (1472  m);  dann  über  den  Fölzsattel  (i663  m)  und  den  Ochsen- 
steig (nur  für  Schwindelfreie!)  zur  Voisthalerhütte  (1670;;?);  dann  längs  des 
Fußes  des  Wetterkogels  über  den  Edelsteig  (Schneewanderung!)  zum  Plateau, 
und  zwar  über  den  Schwabenboden  desselben  zum  Schiestlhaus  (2198  jh)  und 
zum  Hochschwabgipfel  (2278  m),  ^^j^  Stunden. 

Über  der  Grauwackenzone  erheben  sich  die  Triasablagerungen,  aus 
welchen  der  Hochschwabstock  aufgebaut  ist.  Die  Basis  besteht  aus  Werfener 
Schiefern.  Die  darauffolgenden  Kalk-  und  Dolomitmassen  sind  nur  stellen- 
weise durch  eine  mergelige  Einschaltung  in  zwei  unterscheidbare  Abteilungen 
gegliedert,  welche  am  eigentlichen  Hochschwab  einen  in  sich  geschlossenen 
Komplex  bilden,  dessen  oberer  Teil  in  jeder  Weise  den  obertriadischen  Dach- 
steinkalken entspricht.  In  den  Gipfelkalken  Diploporen  (Gyroporellen  und 
andere  Fossilien). 2) 

Die  Flora  des  Hochschwabs  ist  sehr  reich.  Sie  enthält  die  meisten  der 
für  den  östlichen  Teil  der  norischen  Kalkalpen  charakteristischen  Elemente 
(S.  86). 

Die  Wälder  auf  der  Ostseite  (von  Thörl  an)  sind  größtenteils  Fichten- 
wälder mit  eingesprengten  Rotföhren^  Lärchen  und  Buchen.  Die  Buchen  bilden 
keinen  geschlossenen  Gürtel.  Die  obersten  Föhren  im  Fölzgraben  bei  1125  ;n, 
die  Baumgrenze  im  Tale,  am  Wege,  bei  1400  111,  rechts  an  den  Hängen  bei  zirka 
1500  m,  links  erst  bei  1700  nz.^)  In  der  Fölzklamm  finden  sich  schon  bei  zirka 
Sog  m    Pinus    niontana,    Rhododendron    hirsutuni,    Rhodotliauinus    Chamaecistiis, 


')  Zeitangaben  beziehen  sich  stets  auf  Fußtouren. 

^)  Diese  und  die  folgenden  geologischen  Angaben  verdanke  ich  Mitteilungen 
Herrn  Dr.  F.  Kossmats,  welche  sich  hauptsächlich  auf  Diener:  «Bau  und  Bild  Öster- 
reichs», "Wien  1903  und  den  Führer  zu  den  Exkursionen  des  9.  internationalen  Geologen- 
kongresses Wien  1903  stützen. 

^)  Angabe  v.  Hayeks. 


I04 

Saxifraga  caesia,  Priviula  Clusiana,  Carex  ßnna,  Selaginella  selagiiwides  usw. 
Von  Pflanzen  des  Untervvuchses  der  Wälder  sind  Erica  carnea,  Salj'ia  glitt i- 
nosa  usw.;,  an  freien  Stellen:  Trisetiim  alpestre,  Tlialictrmn  minus,  Alectorolophus 
angiistifolius,  Buphthalmun,r'^alicifoliuin,  Senecio  alpestris  usw.  zu  nennen.  Um 
die  Fölzalpe  Massenvegetation  von  Riimex  alpinus  und  Aconitum  Neubergense 
(S.  51).  Auf  Geröllhalden  Papaver  alpinum  und  eine  alpine  Form  der  Silene 
\enosa  (S.  alpina).  Das  oberste  Krummholz  bei  zirka  2000  m.  Auf  Alpenmatten 
um  die  Fölzalpe  Botrychiwn  Lunaria,  Henninium  Mono?-chis,  Dianthus  alpinus, 
Ranunculus  hybridus ,  Saxifraga  adscendens  (sehr  üppig);,  Helianthemum  gla- 
brum,  Meutn  athamanticiim,  Soldanella  alpina,  Pedicularis  incarnata,  Erigeron 
polyniorphus,  Crepis  alpestris  usw.;  auf  den  feuchten  Felsen,  über  welche  der 
Ochsensteig  hinführt,  Cystopteris  alpina,  Ranunculus  alpestris,  Hutchinsia  al- 
pina, Soldanella  Austriaca,  Valeriana  elongata,  Doronicum  calcareum.  Um  die 
Voisthalerhütte  große  Bestände  von  Rhododendron  hirsutuni  und  Rhodothaninus 
Chamaecistus  mit  Anemone  narcissißora,  Potentilla  Crant^ii,  Gentiana  vulgaris 
usw.;  am  Rande  der  Schneegruben  Ranunculus  alpestris,  inontanus,  Saxifraga 
ai^oides,  androsacea,  Geum  montanum,  Soldanella  Austriaca,  alpina  und  der 
Bastard  S.  Wettsteinii,  Getitiana  puinila,  verna,  Achillea  Clusiana  u.a.  Auf  dem 
Schwabenboden  Salix  reticulata,  retusa,  Silene  longiscapa  und  Norica  (Rassen 
der  acaulis),  Thlaspi  alpinum,  Soldanella  Austriaca,  pusilla,  alpina,  Gentiana  verna, 
Favrati,  Valeriana  Celtica,  Antennaria  Carpatica,  Homogyne  discolor  usw.  Am 
Hochschwabgipfel  Gesteinfluren  (S.  72)  mit  Sesleria  ovata,  Alsine  aretioides, 
sedoides,  Petrocallis  Pyrenaica,  Draba  stellata,  Sauteri,  ai^oides  und  dem  Bastard 
aus  diesen  beiden,  Saxifraga  ai^oides,  sedoides. 

Auf  dem  Gipfel  befindet  sich  ein  gußeisernes  Monument  zur  Erinnerung 
an  Erzherzog  Johann.  Die  Rundsicht  ist  von  unendlicher  Ausdehnung  und 
überraschender  Großartigkeit.  Im  Norden  und  Nordwesten  sieht  man  die  lange 
Reihe  der  nördlichen  Kalkalpen  —  unter  ihnen  die  charakteristischen  Gestalten 
des  Ötschers  und  Dürrensteins  besonders  auffallend  —  bis  zum  Totengebirge, 
Dachstein  und  Höllengebirge.  Vom  Westen  winken  die  zackigen  Kalkberge 
des  Gesäuses  herüber  und  aus  dem  Hintergrunde  tauchen  einzelne  Gipfel  der 
Niederen  Tauern  empor.  Ja  selbst  die  bereits  den  Hohen  Tauern  angehörende 
Hochalpenspitze  ist  bei  klarem  Wetter  zu  sehen.  Gegen  Südwesten  und  Süden 
schauend,  überblickt  man  die  ruhigen  Linien  der  steirisch-kärntnerischen  Ur- 
alpen  (Brucker,  Stainzer  Alpen,  Saualpe  usw.),  welche  in  blauer  Ferne  von 
einzelnen  hellen  Karawankengipfeln  (z.  B.  Obir)  überragt  werden.  Nach  Süd- 
osten zu  breiten  sich  die  Fischbacher  Alpen  (Hochlantsch)  und  das  steirische 
Hügelland  mit  seinen  welligen  Höhenzügen  aus;  im  Osten  aber  erheben  sich 
Stuhleck  und  Wechsel  und  links  an  diese  anschließend  Schneeberg,  Rax, 
Schneealpe  und  Veitsch. 

Vom  Hochschwabgipfel  Flateauwanderung  über  den  Großen  Speikboden, 
Hundsboden,  links  am  Sackwiesensee  vorbei  zu  den  Sonnschienalpen  (4  Stun- 


105 

den),  von  diesen  über  die  Hörndlboden-  und  Kulmaljjen  (schöner  Blick  auf  die 
in  der  Tiefe  liegenden  Pfarrlacke)  zum  Neuvvaldeggsattel  (1605  m,  prachtvoller 
Rückblick  auf  den  Hochschvvab)  und  von  hier  aus  Abstieg  ins  Gsohltal  und 
durch  dieses  (eventuell  mit  Wagen)  nach  Eisenerz,  4^/2  Stunden. 

Während  der  östliciie  Teil  des  Hochschwabmassivs  die  höheren  Spitzen, 
steile  Wände  und  große  Schluchten  enthält,  hat  der  westliche  Teil  mit  seinen 
zahlreichen  kleineren  Mulden  mehr  minder  karstähnliches  Aussehen  und  er- 
innert dadurch  an  das  Tote  Gebirge,  Steinerne  Meer  und  Tennengebirge.  Das 
Plateau,  an  dessen  nördlichem  Rande  zwei  mächtige  Gipfel,  der  Hundstein  und 
Ebenstein,  aufragen,  fällt  in  Terrassen  nach  Westen  zu  ab.  Beim  Abstiege  nach 
Eisenerz  gelangt  man  wiederum  zur  Basis  der  Triaskalkmassen,  welche,  aus 
Werfener  Schiefern  und  buntem  Sandstein  bestehend,  auf  den  nach  Westen  zu 
sich  anschließenden  Bildungen  der  nördlichen  Grauwackenzone  lagern. 

Auf  den  Matten  und  in  den  Schneetälchen  im  obersten  Teile  des  Hoch- 
schwabplateaus (vSpeikboden  usw.)  findet  man  außer  verschiedenen  der  bereits 
genannten  das  Moos  Saiiteria  alpina,  ferner  Selaginella  selaginoides ,  Sesleria 
varia,  Poa  minor,  Carex  parrißora,  atrata,  sempervirens,  Lu:iiila  glabi-ata,  Cha- 
maeorchis  alpina,  Nigritella  nigra,  Polygonimi  viviparum,  Alsine  Gerardi,  Trollius 
Europaeus  f.  humilis,  Arabis  coerulea,  Seduni  atratiim,  Saxifraga  nwschata,  Po- 
tentilla  Cliisiana,  Dryas  octopetala,  Astragalus  frigidus,  Oxytropis  montana, 
Hedysarum  obscuriim,  Helianthemuni  alpestre,  Viola  alpina,  Meinn  Mutellina, 
Loiseleuria  procumbens,  Primula  Clusiana,  minima,  Androsace  Chamaejasme,  Ar- 
meria alpina,  Gentiana  vulgaris,  Favrati,  Bartschia  alpina,  Pedicitlaris  rostrata, 
asplenifolia,  geminata,  verticillata,  rosea,  Galium  anisophyllum,  Campantila  pii- 
silla,  Scheuch:[eri,  alpina,  Chrysanthemum  atratum,  Cirsium  spinosissimum  usw. 
Über  alpine  Flechten  vergleiche  man  das  auf  S.  74  Gesagte. 

Von  den  tieferen  Plateauterrassen  sind  große  Flächen  mit  dichten  Be- 
ständen von  Rhododendron  hirsutum  und  auch  ferrugineum  sowie  Rhodotham- 
nus  Chamaecistus  bedeckt,  zwischen  welchen  sich  außer  Moosen  und  Flechten 
verschiedene  Stauden,  z.  B. :  Aspidium  rigidum,  Lu^ula  angustifolia,  Alchimilla 
Anisiaca ,  Myosotis  alpestris ,  Veronica  fruticans ,  Scabiosa  lucida,  Campamila 
Scheuch~eri,  Solidago  alpestris,  Achillea  Clavenae,  Homogyne  alpina,  Senecio 
abrotanifolius ,  Hieracium  villosiceps  usw.  erheben.  Auch  Juniperus  nana  ist 
nicht  selten.  Auf  feuchteren  Felsen  ober  der  Hochsteinalpe  gedeiht  Sedum 
roseum,  die  Ränder  der  mit  Schnee  gefüllten  Trichter  werden  durch  Saxifraga 
androsacea,  Geum  montanum,  Soldanella  Austriaca,  alpina,  Wettsteini,  Veronica 
alpina  geschmückt.  Auch  das  Lebermoos  Hypenantron  Lindenbergianum  ist  hier 
zu  finden.  Die  ersten  (obersten)  Legföhrenbüsche  begegnen  uns  bei  zirka  1950  m, 
die  ersten  verkrüppelten  Fichten  und  Lärchen  ober  der  Häuselalm  bei  zirka 
1450  jn.^)   In  der  Nähe  dieser  Almhütte  wächst  auf  humusreichem  Boden  Gagea 


^)   Nach   Mitteilungen  v.  Hayeks. 


io6 

minima.  Um  den  Sackwiesensee  (1421  m)  bereits  Fichtenbestände.  Hinter  ihm 
steigt  die  Kalkwand  der  Seemauer  auf.  Auf  den  sumpfigen  Böden  um  den  See, 
welche  zum  Teile  infolge  der  Anwesenheit  von  Sphagnen  hochmoorartigen 
Charakt(?r  haben,  sind  unter*anderen  das  Lebermoos  Scapania  irrigua,  ferner 
Phragmites  communis,  Glyceria  ßiiitans,  Eriophonmi  vaginatum,  latifolium,  poly- 
stachyum,  Trichophoriun  alpinum,  Heleocharis palustris,  Jimcits  alpinus,  Parnassia 
palustris,  Trifolium  badium,  Viola  palustris,  Bartschia  alpina,  Pedicularis  recu- 
tita,  Cirsium  palustre  u.  a.,  auf  trockenen  tiefgründigen  Stellen  (Voralpenfluren, 
S.  50),  Nigritella  rubra,  Gymnadenia  albida,  conopsea,  Heracleum  Austriacum, 
Gentiana  Pannonica,  Crepis  blattarioides  usw.,  im  Kiese  quelliger  Plätze  Saxi- 
fraga  ai:^oides,  stellaris ,  Campanula  puUa  zu  finden.  Am  Wege  vom  See  zu 
den  Sonnschienalpen  Listera  cordata,  Moehringia  hybrida  (ciliata  X  muscosa).  ^) 
Bei  den  am  Fuße  des  Ebensteins  gelegenen  Sonnschienalpen  üppige  Milch- 
krautweiden (S.  71)  mit  Phleum  alpinum,  Deschampsia  caespitosa,  Potentilla 
aurea,  Crepis  aurea.  Auf  den  Gehängen  in  der  Nähe  der  Kulmalpen  Avena- 
strum  Parlatorii  mit  Gymnadenia  odoratissima,  Euphrasia  picta,  Erigeron  poly- 
morphus  in  Menge.  Blick  auf  die  Pfarrlacke.  Bei  den  Neuwaldeggalmen 
Bryum  Schleicheri.  Unterhalb  der  über  den  Neuwaldeggalmen  zwischen 
Frauenmauer  (mit  Frauenmauerhöhle,  die  in  der  Länge  von  645  m  den 
ganzen  Berg  von  Osten  nach  Westen  durchsetzt)  und  Griesmauer  gelegenen 
Einsattelung  mischwaldartige  Bestände,  zusammengesetzt  aus  Picea  excelsa, 
Sorbiis  aucuparia,  Acer  Pseudoplatanus,  Pinus  montana,  Vaccinium  Myrtillus, 
Clematis  alpina  usw.  mit  üppigem  Staudenwuchse.  Vom  Sattel  selbst  prächtiger 
Ausblick  auf  die  Hochschwabgipfel  und  gegen  Eisenerz.  Steiler  Abstieg  ins 
Gsohltal.  Auf  dem  Hange  mächtige  Bäume  des  Bergahorn  (Acer  Pseudo- 
platanus), Gebüsche  von  Alnus  viridis,  Sambucus  racemosa,  Lonicera  Xylosteum, 
alpigena  etc.,  üppige  Stauden,  wie:  Melica  nutans,  Poa  alpina,  Veratrum  album, 
Liliiim  Martagon,  Polygonatum  verticillatum ,  Aconitum  Vulparia,  Ranuncuhis 
platanifolius,  Geranium  silvaticum,  Hypericum  quadrangulum,  Stachys  alpina, 
Adenostyles  glabra,  Alliariae,  Solidago  Virga  aurea,  Doronicum  Austriacum, 
Senecio  Sarracenicus,  Carduus  Personata,  Mulgediiim  alpinum  usw. 

Die  das  Gsohltal  flankierenden  Hänge  tragen  dichte,  wohlgepflegte 
Fichtenforste.  Die  Ufer  des  Gsohlbaches,  eines  rechten  Zuflusses  des  Erz- 
baches, an  welchem  Eisenerz  liegt,  sind  mit  Alnus  incana,  Evonymus  vulgaris 
und  mitunter  auch  Cornus  sanguinea  bewachsen. 

Eisenerz. 

Der  Marktflecken  Eisenerz  (692  m)  ist  der  Sitz  eines  uralten  Bergbaues 
auf  Spateisenstein.  Dieses  wichtige  Mineral  ist  in  die  paläozoischen  Kalke 
eingelagert,   welche  zusammen  mit  Tonschiefern   den    wesentlichsten  Bestand- 


')  Leg.  Handel-Mazzetti. 


107 

teil  der  den  Erzberg  aufhauenden  Grauvvacke  bilden.  Es  wird  durch  Tag- 
bau und  auch  durch  Ausbeutung  von  Gruben  gewonnen.  Von  der  beim 
Barbarahause  (Eisenerzer  Berghause)  am  Erzberge  gelegenen  Restauration, 
^L  Stunden  (in  den  Fichtenwäldern  des  Erzberges  Pirola  minor,  Soldaueila 
montana  usw.),  hat  man  einen  instruktiven  Überblick  über  die  Abbauterrassen 
des  Erzberges  und  des  dahinter  aufragenden  Eisenerzer  Reichensteins.  Der  Be- 
such des  Bergbaues  selbst  und  des  noch  hoher  liegenden  Vordernberger  Berg- 
hauses (^/^  Stunden)  ist  gegen  vorherige  Anmeldung  gestattet.  Die  Durchwan- 
derung der  in  nahezu  50  Etagen  übereinander  Hegenden  Gruben  und  Tagbaue 
(großartige  maschinelle  Fördereinrichtungen!)  beansprucht  mehrere  Stunden. 
Sprengungen  täglich  viermal.  Besonders  empfehlenswert  ist  die  Besichtigung 
eines  Hochofenanstiches.  Der  Hochofenbetrieb  ist  jetzt  auf  einen  in  der  Nähe 
des  Bahnhofes  befindlichen,  modern  eingerichteten  Hochofen  konzentriert^  der 
40  Waggons  Eisen  pro  Tag  zu  erzeugen  vermag.  ^) 

Ein  sehr  lohnender  Ausflug  von  Eisenerz  aus  ist  der  Besuch  des  grünen, 
waldumrahmten  Leopoldsteinersees  (619  m) ,  welchem  die  schroff  abfallende 
Seewand  (auf  ihr  oft  Gemsen  zu  sehen)  einen  malerischen  Hintergrund  ver- 
leiht. Man  gelangt  zu  ihm  entweder  zu  Fuß  über  die  untere  oder  obere  Pros- 
sen  (zirka  i^j^  Stunden)  oder  per  Bahn  (Haltestelle  Leopoldsteinersee). 

Eisenerz — Leoben — Knittelfeld — Sekkau. 

Zwischen  Eisenerz  und  Leoben  ist  die  Grauwackenzone  von  bedeutender 
Breite.  Im  letzten  Teile  der  Fahrt,  kurz  vor  Leoben,  tritt  man  in  eine  Zone 
archaischer  Phyllite  und  anderer  archaischer  Gesteine  ein,  welche  auch  gele- 
gentlich innerhalb  der  Grauwackenzone  zur  Geltung  gekommen  sind. 

Von  Eisenerz  mit  der  Erzbergbahn,  einer  der  schönsten  Alpenbahnen 
(Zahnstangenbetrieb),  in  südöstlicher  Richtung  nach  Vordernberg.  Bis  zur 
Station  Erzberg  fast  ununterbrochen  Ausblick  auf  die  Gruben  und  Tagbauten 
des  Erzberges.  Mehrere  interessante,  Gräben  übersetzende  Viadukte.  Im  Pre- 
bichltunnel  höchster  Punkt  der  Bahn  bei  1204  m.  Von  Vordernberg  im  Tale 
des  der  Mur  zufließenden  Vordernbergerbaches  abwärts  nach  der  im  Murtale 
gelegenen  ansehnlichen  Stadt  Leoben  (532  »n;  8480  Einwohner),  dem  größten 
Orte  Obersteiermarks.  Bei  Leoben  ein  braunkohlenführendes  Tertiärbecken. 
Leoben  ist  Sitz  einer  Bergakademie  und  Mittelpunkt  großer  Eisen-  und  Kohlen- 
bergbaue.  Hüttenwerke  im  Seegraben.  Die  sanften  Linien  der  größtenteils  der 
kristallinischen  Zone  angehörigen  Berge  und  Vorberge,  deren  Hänge  mit  aus- 
gedehnten Fichtenwäldern  bekleidet  sind,  und  die  grünen  Wiesen  des  breiten, 
von  der  Mur  durchflossenen  Tales  vereinigen  sich  in  der  Leobener  Gegend  zu 
einem  überaus  anmutigen  Landschaftsbilde.   Lohnende  Spaziergänge. 


^)    Nach    Förster -Ronniger,    Touristenführer.      i3.    Auflage.     Wien,     Verlag 
Holder,    1905. 


loS 

Von  Leoben  führt  die  Staatsbahn  in  südwestlicher  Riclitiin^  in  dem  rechts 
und  links  von  sanft  geformten,  der  kristallinischen  Zone  angehörigen  Bergen 
bec-renzten  Murtale  aufwärts,  bei  Kraubath  eine  Serpentinmasse  {Asplenium 
adulterinum,  ciineifoUum,  Alyssiim  Preismanni,  Sempervivum  Pittonii,  Anneria 
elon^ata)  durchsetzend,  nach  Knittelfeld,  dem  Ausgangspunkte  für  die  Be- 
stei-J-uno-  des  Sekkauer  Zinken.  Der  Kraubather  Serpentin  ist  durch  Umwand- 
luno-  eines  Olivin-Bronzitgesteines  entstanden.  Bei  St.  Michael  übersetzt  die 
Bahn  den  Liesingbach,  einen  linksseitigen  Zufluß  der  Mur,  welcher  zusammen 
mit  dem  in  die  Enns  mündenden  Paltenbach  die  Grenze  zwischen  den  ost- 
norischen  Ur-  und  Kalkalpen  bildet. 

Von  Knittelfeld  (628  nz)  (Eisenindustrie)  per  Wagen  nach  Sekkau.  Auf 
den  Wiesen  des  Murtales  Geraniiim  pratense.  Man  durchquert  eine  ziemlich 
kompliziert  gebaute  Zone  tertiärer  Ablagerungen.  Auf  Rainen  am  Rande  des 
Sträßchens,  gegen  Sekkau  zu,  Spierstaudengebüsche  (S.  42)  mit  Spiraea  salicifoUa 
nebst  Rosa  canina,  glauca,  dumetorum,  Genista  sagittalis,  tinctoria,  Cytisus  sii- 
pinus,  Aconitum  rostratum,  Peucedanum  Oreoselimnn,  Galimn  verum,  Mollugo  usw. 

Sekkau  (842  ??z)  mit  Domkirche  und  Stift.  Spaziergang  auf  den  Kalvarien- 
ber'x.  In  den  Wäldern  Carex  ornithopoda,  Actaea  nigra,  Aconitum  Vulparia, 
Ranunculus  nemorosus,  Cardamine  trifolia,  impatiens,  Daphne  Me^ei'eiim,  Pirola 
unißora,  sccunda,  Erythraea  Centaurium,  Sympliytum  tuberosum,  Stachys  alpina, 
Knautia  intermedia,  Galium  rotundifolium,  Prenanthes  purpurea,  Hieracium  sil- 
vaticum  und  vulgatum  in  verschiedenen  Formen  usw.  Auf  Preisen  Asplenium 
viride.  Auf  feuchten  Wiesen  Rhynchospora  alba,  Filipendula  hexapetala,  Senecio 
crispatus,  Cirsium  rivulare,  in  den  Teichen  Utricularia  vulgaris.  Am  Südhange 
des  Kalvarienberges  bildet  die  Rotbuche  größere  Bestände. 

Der  Sekkauer  Zinken. 

Von  Sekkau  zum  «Steinmüller»  in  den  Graben  des  Zinkenbaches  und 
diesem  entlang  in  nördlicher  Richtung  aufwärts  über  die  Schwaigerhütten 
(1395  m),  Eberlhütten  auf  die  Spitze  des  Sekkauer  Zinken  (2398  m).  Abstieg 
zu  den  Gotsthalerhütten  (1488  m)  und  durch  den  Gotstalgraben  abwärts  in 
das  Tal  des  Liesingbaches  nach  Kallwang  (753  "2),  8^/2  Stunden.  Die  Partie  ist 
vollkommen  ungefährlich  und  erfordert  nur  im  Gipfelgebiete  Schwindelfreiheit 
und  einige  Vorsicht.  Der  Sekkauer  Zinken  ist  der  östlichste  Hochgipfel  der 
Niederen  Tauern  und  ein  typischer  Repräsentant  der  archaischen  Zentralzone 
der  Ostalpen.  Man  wandert  über  ein  mächtiges  aus  den  Granatglimmerschiefern 
auftauchendes  Gewölbe  von  Gneisen,  in  welchen  zum  Teile,  Glimmer  zum  Teile 
Hornblende  überwiegt. 

Die  Pflanzenwelt  des  Zinken  ^)  gibt  uns  ein  typisches  Bild  der  Flora  der 
ostnorischen  Zentralalpen,  welche  sich  von  jener  der  ostnorischen  Kalkalpen, 


I)  Vgl.  Tafel  XL,  XLVII,  LH  oben. 


log 

die  wir  am  Hochschvvab  kennen  zu  lernen  Gelegenheit  hatten,  ebenso  auffällig 
unterscheidet  wie  die  schroffen  Felsabstürze  dieses  Kalkstockes  von  den  sanft 
gerundeten  Rücken  und  Kuppen,  die  wir  jetzt  überschreiten. 

Der  dominierende  Baum  im  Zinkenstocke  ist  Picea  excelsa.  Sie  bildet 
einen  breiten  geschlossenen  Gürtel  und  erreicht  bei  zirka  1600 — -1700  m  ihre 
obere  Grenze.  Lärchen  (Larix  decidua)  sind  in  den  Fichtenwäldern  ziemlich 
verbreitet,  Rotföhre  (Pinus  silvestris)  treten  nur  vereinzelt  auf,  die  Zirbe  (Pinits 
Cernbra)  ist  auf  den  Nordgehängen  sehr  zerstreut,  die  Buche  aber  fehlt  be- 
zeichnenderweise vollkommen.  Acer  Pseudoplatanus  ist  nicht  gerade  selten, 
ohne  sich  jedoch  zu  geschlossenen  Beständen  zu  vereinen. 

Am  Wege  zum  Steinmüllergraben  wächst  auf  Felsen  Asplenhim  septen- 
trionale,  im  Graben  selbst  ist  Alniis  incana  am  Bache  tonangebend,  ferner  sind 
Poa  Chaixii,  Polygonatinn  verticillatum,  Aconitum  Vulparia,  Clematis  alpina, 
Thlaspi  alpinum,  Arabis  alpina,  Saxifraga  ai:[^oides,  Cytisus  nigricans  (selten), 
Geraniiun  phaeinn,  Pulmonaria  Stiriaca,  Myosotis  silvatica,  Lamium  maculatum 
(diese  Pflanze  ist  im  Urgebirge  viel  seltener  als  das  allenthalben  anzutreffende 
L.  album),  Salvia  glutinosa,  Lonicera  caerulea,  Knautia  intermedia,  Aster  Belli- 
diastrum,  Doronicum  Austriacum,  Carduus  Personata,  Cirsium  Erisithales,  erio- 
phorum  und  viele  andere  zu  finden.  Auf  den  Felsen  gedeihen  Silene  i-upestris, 
Moehringia  miiscosa,  Arabis  arenosa,  Sempervivinii  hirtum,  Sedum  dasyphyllum, 
Formen  des  Hieraciiun  vulgatum  usw.,  in  den  Wäldern  Moehringia  trinervia.  Sehr 
instruktiv  sind  die  Voralpenfluren  (S.  50)  um  die  Schwaigerhütten.  ^)  Des- 
champsia  caespitosa,  Veratrum  album,  Gymnadenia  conopea,  Silene  venosa, 
Lychnis  ßos  cuculi,  Ranunculus  acer,  Myosotis  strigulosa,  Arnica  montana  u.  a. 
sind  in  üppiger  Fülle  vertreten.  Auch  Phleiim  alpinum,  Dianthus  speciosus, 
Hypericum  quadrangulum,  Campanula  barbata,  Arnica  montana,  Senecio  alpe- 
stris,  Willemetia  stipitata  sind  Elemente  der  Voralpenfluren  des  Zinken.  Gele- 
gentlich auch  Ranunculus  platanifolius,  Imperatoria  Osthruthium,  Adenostyles 
glabra.  Um  die  Almhütten  (S.  51)  Urtica  dioeca,  Rumex  alpinus,  Chenopodium 
Bonus  Henricus  usw.  Am  Rande  der  Wasserrinnsale  sind  Caltha  alpestris,  Car- 
damine  amara,  Saxifraga  rotimdifolia,  Epilobium  alsinefoliimi,  Chaerophylhmi 
Cicutaria  und  andere  zu  typischen  Quellflurbeständen  (S.  73)  vereinigt.  Auf 
Mooren   Viola  palustris. 

Von  etwa  1400 — 1500  m  an  übernimmt  am  Bachrande  Alnus  viridis  die 
Rolle  der  Alnus  incana  (S.  40).  Auch  auf  feuchten,  üppig  begrasten  Geiiängen 
bis  über  die  Baumgrenze  hinauf  sind  nicht  selten  größere  Flächen  von  Alnus 
viridis  bedeckt  (S.  64). 

Die  Legföhre,  Pinus  montana,  ist  zwar  gegen  die  Grenze  des  Baum- 
wuchses zu  und  über  diese  hinaus  nicht  selten,  vereinigt  sich  aber  nur  selten 
(z.  B.   auf  den   Mitterplanku[)pen)    zu   größeren   geschlossenen    Beständen.    In 

I)  Siehe  Tafel  XL. 


ihrem  Geful^e  befinden  sich  mit  Vorliebe  Juniperus  nana,  die  in  tieferen  La<^en 
durch  /.  intermedia,  in  noch  tieferen  durch  J.  conununis  ersetzt  wird  (S.  66), 
das  etwa  bei  1400  m  beginnende  Rhododendron  ferrugineum,  Vaccinium  Myr- 
tillus  und    Vitis  Idaea.   Die  Bereinigung  dieser  Elemente  an  der  Baumgrenze 

bei  zirka  1640  m  —  mit  einer  krüppelhaften  Fichte  im  Hintergrunde  bringt 

Krasküvits'  Aufnahme  (Tafel  XLVII)  in  anschaulicher  Weise  zum  Ausdrucke. 
Juniperiis  nana,  Rhododendron  ferrugineum  und  Vaccinium  Myrlillus  bilden  auch 
in  der  unleren  Alpenregion  ohne  das  Krummholz  entweder  jedes  für  sich  oder 
zu  zweien  vereinigt  oder  alle  drei  zusammen  größere  Bestände  (S.  64  ff). 

Auf  den  Alpenmatten  (S.  69)  des  Sekkauer  Zinken  finden  sich  Lycopo- 
dium  alpinum,  Agrostis  nipestris,  alpina,  Oreochloa  disticha,  Poa  alpina,  Festuca 
dura,  nigrescens,  varia,  Carex  sempervirens,  Lu::^ula  spadicea,  Coeloglossum  viride, 
Nigritella  nigra,  Gymnadenia  albida,  Thesium  alpinum,  Polygonum  viviparum, 
Silene  Norica,  Saponaria  Pumilio,  Cerastiiim  arvense,  Alsine  sedoides,  Gerardi, 
Anemone  alba,  Ranunculus  montanus,  Sempervivimi  Stiriacum,  Sedum  alpestre, 
Saxifraga  Ai^^oon  (brevifolia),  Potentilla  aurea,  Geum  montanum,  Dryas  octo- 
petala,  Oxytropis  campestris,  Meum  Mutellina,  Loiseleuria  procumbens,  Primula 
villosa,  minima,  Androsace  obtusifolia,  Soldanella  pusilla,  Armeria  alpina,  Gen- 
tiana  punctata,  latifolia,  frigida,  verna,  nivalis,  Myosotis  alpestris,  Ajuga  pyra- 
midalis, Veronica  bellidioides,  fruticans,  Euphrasia  minima,  Alectorolophus  lanceo- 
latus,  Valeriana  Celtica ,  Campanula  alpina,  barbata,  Phyteuma  confusum, 
Gnaphalium  supinum,  Anthemis  Carpatica,  Chrysanthemum  alpinum,  Homogyne 
alpina,  Senecio  Carniolicus  (Form  incanescens  und  glabrescens) ,  Hypochoeris 
unißora,  Leontodon  Pyrenaicus,  Hieracium  Pilosella  subsp.  vulgare,  melaneilema 
{Aiiricula-Gr\\^^€),  glaciale,  intybaceum  usw. 

Auf  Milchkrautweiden  (S.  71)  gedeihen  Phleum  alpinum,  Poa  alpina,  Aco- 
nitum Tauricum,  Geimi  montanum,  Pedicularis  verticillata,  Crepis  aurea;  am 
Rande  von  Wasserrinnsalen,  Quellfluren  (S.  73)  bildend,  Juncus  triglumis,  Sedum 
roseum,  Saxifraga  stellaris,  Veronica  alpina,  Bartschia  alpina  und  andere,  auf 
feuchtem  steinigen  Boden  ist  Cardamine  resedifolia  häufig.  Die  Schneetälchen- 
fluren werden  durch  Alsine  biflora,  Rammculus  alpestris,  Geum  montanum,  Viola 
bißora,  Soldanella  pusilla,   Veronica  alpina  gebildet. 

Die  Alpenazalee,  Loiseleuriaprocumbens,  in  2000172  Meereshöhe  und  darüber, 
bildet  im  Vereine  mit  den  mitunter  die  Oberhand  gewinnenden  Tundraflechten 
ausgedehnte  Bestände  von  der  auf  S.  67  und  74  geschilderten  Zusammensetzung. 

Typische  Repräsentanten  der  Gesteinfluren  der  Hochregion  sind  Cryp- 
togramme  crispa,  Oreochloa  disticha,  Poa  laxa,  Lu^ula  spicata,  Lloydia  serotina, 
Salix  retusa,  Silene  Norica,  Alsine  sedoides,  Hutchinsia  brevicaulis,  Sedum 
alpestre,  Saxifraga  blepharophylla,  bryoides,  moschata,  Geum  reptans,  Primula 
glutinosa,'^)  Pedicularis  asplenifolia,  Oederi,  Phyteuma  paucißorum,  Achillea  mo- 


I)   Vs,'l.   Tafel    I.TI   oben. 


schata  und  Doronicwn  Clusii  subsp.  villosinn.  Auch  der  Gipfel,  an  dessen  Nord- 
abstürzen auf  Felsen  Raniinculus  glacialis  und  Coclilearia  Pyrenaica  ^)  vvaclisen, 
wird  von  Gesteinfluren  okkupiert. 

Von  Moosen  2)  sind  unter  anderen  Gymnomitrhnn  coralloides,  Anastro- 
phrllum  Reichardtii,  Pleuroclada  albescens,  Anthelia  Jurat:[kmia,  Anoectangiian 
cotupactum,  Dicranum  foliatum,  albicans,  Rhacomitrium  microcarpum,  Eucaly- 
pha  rhabdocarpa,  Dissodon  Froehlichiamis,  Aulacomnium  turgidum,  Lesciiraea 
saxicola,  Brachythecium  glaciale,  Hypnum  harnulosinn,  Hylocomiwn  Pyrenaicinn 
in  der  alpinen  Region  des  Sekkauer  Zinken  vertreten.  Über  die  Flechten  ver- 
gleiche man  die  Angaben  auf  S.  74. 

Das  Gipfelpanorama  ist  ebenso  umfassend  und  großartig  wie  das  des 
Hochschwab.  Im  Norden  und  Osten  sieht  man  viele  Gipfel  der  nördlichen 
Kalkalpen,  im  Süden  die  Karawanken,  im  Westen  die  Niederen  Tauern  (Bösen- 
stein,  Hohenwart,  Hohe  Wildstelle  etc.)  und  den  Dachstein. 

Am  Abstiege  fallen  am  Ursprung  des  Gotstalgrabens  bei  1700  m  Meeres- 
höhe ziemlich  große,  urwüchsige  Bestände  der  hier  mit  Lärchen  und  Fichten 
die  Baumgrenze  bildenden  Zirbe  (Pinus  Cembra)  auf  (S.  33).  Reiches  Unterholz, 
gebildet  von  Piniis  niontana,  Rhododendron  ferrugineum  usw.  Rechts  oben  auf 
feuchten,  geroUreichen  Hängen  des  Hochreut  ausgedehnte  Vereine  von  Alniis 
viridis.  Bei  zirka  1500  m  wurde  in  Felsritzen  Erigeron  rupestris,  der  hier  seinen 
östlichsten  Standort  erreicht,  gefunden.  Der  Rest  des  Weges  bis  ins  Liesingtal 
in  monotonem  Fichtenwalde. 

Kallwang  — Admont. 

Bei  der  Station  Wald  überschreitet  die  Bahn  den  Schoberpaß  (849  m), 
die  Wasserscheide  zwischen  Liesing-  und  Paltenbach  (Mur-  und  Ennstal).  Die 
Palten  abwärts  in  nordwestlicher  Richtung  (in  der  Grauwackenzone).  An  den 
Straßenrändern  häufig  Sorbits  Aucuparia  gepflanzt.  Die  Fichtenwälder  der  Berge 
reichen  bis  ins  Tal.  Bei  Gaishorn  links  der  kleine  Gaishornsee  mit  versumpften 
Ufern  (Schilf  und  Binsen,  S.  52).  Im  See  massenhaft  Nymphaea  biradiata. 
Moore  im  Talboden.  Bei  Selztal  mündet  der  Paltenbach  in  die  Enns.  Auf  der 
in  östlicher  Richtung  die  Enns  abwärts  erfolgenden  Fahrt  von  Selztal  nach 
Admont  sieht  man  im  Norden  die  Abstürze  der  nördlichen  Kalkalpen,  deren 
Basis  aus  Triasmassen  sich  aufbaut;,  während  die  Gehänge  weithin  aus  den 
weichen  Schiefer-  und  Sandsteinbildungen  der  oft  ziemlich  bunt  gefärbten  Wer- 
fener Schichten  bestehen.  Die  im  Süden  sich  erhebenden  Berge  gehören  zur 
nördlichen  Grauwackenzone.    Die  Enns  bildet  von  hier  an  aufwärts  die  Grenze 


')  Vgl.  Pernhoffer  G.,  in  V'erhandl.  der  zool.-bot.  Ges.,  Wien  XLVI,  S.  884 
bis  425   (1896). 

2)  Nach  Breidler,  Die  Laubmoose  Steiermarks  (Mitt.  naturw.  Verein.  Steiermark 
1901)  und  Die  Lebermoose  Steiermarks  (a.  a.  O.  1904). 


zwischen  den  nördliclien  Kalkalpen  und  der  Zentralkette.  Bald  außerhalb  Selz- 
tal  links  die  im  Bau  befindliche  neue  Bahnlinie,  welche,  von  Linz  über  Klaus- 
Steyerling-  führend,  den  Bcjruck  in  einem  ^ktn  langen  Tunnel  durchquerend, 
bei  Selztal  in  die  Hauptstrecke  einmünden  wird.  Im  Talboden  mehrere  aus- 
tredehnte  Hochmoore  mit  dichten  Legföhrenbeständen.  Bei  Frauenberg  eine 
Fabrik,  in  welcher  aus  Torf  Pappe  hergestellt  wird. 

Admont  (641?«)  unweit  dem  Eintritte  der  Enns  in  das  «Gesäuse».  Herr- 
liches Gebirgspanorama.  Im  Norden  die  Gipfel  der  «Haller  Mauern»:  Pyrgas 
(2244?n),  Hexenturm  und  Natterriegel,  im  Osten  der  Buchstein  und  Himbeer- 
stein als  Talabschluß;  im  Südosten  Hochtor  und  vSparafeld.  Admont  besitzt 
ein  Benediktinerstift  mit  bald  tausendjähriger  Vergangenheit.    Stiftsbibliothek. 

Die  Moorwirtschaft  Admont.^) 

Die  Entstehung  der  zahlreichen  Moorbildungen  des  Ennstales  ist  mög- 
licherweise auf  die  Zeit,  in  welcher  das  Bett  der  Enns  noch  höher  lag  als  heut- 
zutage, das  ist  vor  dem  Zustandekommen  des  Ennsdurchbruches  in  seiner  heutigen 
Gestalt,  zurückzuführen.  Ostlich  von  Admont  liegt  ein  ausgedehntes  Hochmoor 
«Neu-Amerika»  (daselbst  Torfstreufabrik),  westlich  das  Wolfsbacher  Moor, 
welches  zur  Anlage  der  Versuchszwecken  dienenden  Moorwirtschaft  Admont 
der  k.  k.  landwirtschaftlich-chemischen  Versuchsstation,  Abteilung  für  Moor- 
kultur und  Torfverwertung,  herangezogen  wurde. 

Das  Wolfsbachermoor,  von  Admont  aus  zu  Fuß  in  einer  Viertelstunde 
zu  erreichen,  liegt  am  rechten  Ennsufer  in  einer  Höhe  von  641 7n  über  dem 
vSpiegel  der  Adria.  Gegenwärtig  bedeckt  es  eine  Fläche  von  3i-i2liii.  Den 
Untergrund  bildet  eine  bläulich  graue,  kalkhaltige,  mit  unzähligen  Glimmer- 
blättchen  durchsetzte  Lettenschichte.  Einst  viel  ausgedehnter,  hat  es  erst 
durch  die  Gewalt  der  Hochwässer  der  Enns,  welche  große  Teile  desselben 
hinwegrissen,  seine  heutige  Gestalt  erhalten.  An  der  halbkreisförmigen  Ein- 
buchtung und  dem  steilen  Abstürze  des  Moores  im  Westen  erkennt  man  noch 
die  Folgen  dieser  Zerstörungen.  Die  Regulierung  der  Enns  machte  derartigen 
elementaren  Eingriffen  ein  Ende. 

Die  Geschichte  des  Moores  sei  hier  als  glänzendes  Beispiel  für  sukzessive 
Veränderungen  von  Formationen  (S.  80)  nach  den  Angaben  Berschs^)  etwas 
ausführlicher  geschildert. 


')  Der  Leiter  der  «Moorwirtschaft  Admont  der  k.  k.  landwiitscliaftlich-chemischen 
Versuchsstation  Wien»,  Herr  Adjunkt  Dr.  Wilhelm  Bersch,  hat  mir  einschlägige  Daten 
in  liebenswürdiger  Weise  zur  Verfügung  gestellt,  wofür  ich  ihm  zu  bestem  Danke  ver- 
pflichtet bin.  Man  vergleiche  die  Berichte  Berschs  in  der  in  Wien  erscheinenden 
«Zeitschrift  für   Moorkuhur  und  Torfverwertung». 

2)  «Bericht  der  Moorwirtschaft  Admont  1904»  in  «Zeitschrift  für  Moorkultur  und 
Toifverwertung»  III,  S.   i3 — 3o  (1905). 


ii3 

Das  Moor  dürfte  an  der  Stelle  eines  ehemaligen  durch  yVnderung  des 
Laufes  der  Enns  entstandenen  toten  Flußarmes  gebildet  worden  sein.  Dieser 
Arm  trocknete  nicht  aus,  sondern  ließ  versumpftes  Gelände  und  einige  Tümpel 
zurück,  welche  durch  zusitzende  Wässer  der  nahen  Abhänge  und  Überschwem- 
mungen des  Ennsflusses  gespeist  wurden.  Am  Rande  dieser  Tümpel  ent- 
wickelten sich  im  Laufe  der  Zeit  üppige  Rohrgras-,  Seggen-  und  Binsen- 
bestände, welche,  infolge  des  reichen  Nährstoffgehaltes  des  Bodens  trefflich  ge- 
deihend, allmählich  die  ganzen  Tümpel  ausfüllten  und  sich  zu  geschlossenen 
Sumpfbeständen,  in  welchen  später  mehr  und  mehr  Wiesenmoorelemente  die 
Oberhand  gewannen,  vereinigten.  Mit  fortschreitender  Erhebung  über  die  Nähr- 
stoffcjuelle  wurden  die  Bedingungen  für  die  anspruchsvollen  Sumpf- und  Wiesen- 
mof)rpflanzen  schlechter  und  schlechter,  anspruchslose  Gewächse  wie  Sphag- 
?2»n2-Arten  und  Eriophoriini  vaginatimi  machten  ihnen  mit  Erfolg  den  Boden 
streitig,  und  über  dem  Niveau  der  ehemaligen  Tümpel  entstand  ein  typisches 
Sphagnum-Moor.  Da  dasselbe  als  natürlicher,  Wasser  ansaugender  Wall  den  von 
den  Abhängen  zufließenden  Wässern  den  Abfluß  versperrte,  begann  allmählich 
auch  das  umliegende  Gelände  zu  versumpfen,  um  mit  der  Zeit  in  ein  Wiesen- 
moor («Flachmoor»)  überzugehen  und  schließlich  auch  vom  «wachsenden» 
Hochmoor  okkupiert  zu  werden.  Dieser  Prozeß  der  gleichzeitig  und  gewisser- 
maßen konzentrisch  erfolgenden  Ausdehnung  des  Sumpfes,  Flach-  und  Hoch- 
moores läßt  sich  auch  heute  noch  beobachten,  wenn  auch,  infolge  der  Ableitung 
des  zusitzenden  Wässer,  die  Bedingungen  für  die  Moorbildung  ungünstigere 
geworden  sind.  Der  Torfbefund  bestätigt  die  eben  geäußerten  Annahmen:  zu 
Unterst  liegt  Schilf-,  über  diesem  Riedgras-  und  zu  oberst  Sphagmim-Yovi.  Indem 
sich  nun  zwischen  den  Flachmoor-  und  Hochmoorschichten  überall  eine  zirka 
20 — 3oc;n  starke  Erlenholztorfschichte  findet,  beweist  er  auch,  daß  der  Über- 
gang zwischen  Flach-  und  Hochmoor  durch  Erlenbrüche  vermittelt  wurde. 
Entlang  des  südlichen  Randes  des  Moores  ist  dieser  Erlengürtel  heute  noch 
erhalten. 

Die  Mächtigkeit  der  Flach-  und  Hochmoortorfschichte  beträgt  im  Durch- 
schnitte je  2 — im.  Früher  muß  das  Moor  noch  mächtiger  gewesen  sein.  Durch 
das  Hinwegschwemmen  des  Westrandes  wurde  nämlich^  indem  jetzt  das  früher 
festgehaltene  Wasser  entwich,  der  Torf  fester  und  sein  Volumen  kleiner. 

Die  heutige  Vegetation  des  — intakten  —  Moores  hat  folgendes  Gepräge: 

I.  Hochmoor:  Verschiedene  Sphagnum- Arten,  teils  allein,  teils  mit  Poly- 
triclium  strictimi,  gracile,  Scheuch:^eria  palustris,  Eriophorum  vaginaturn,  Rhyn- 
chospora  alba,  Drosera  rotundifolia,  Anglica,  Potentilla  erecta,  Andromeda  poli- 
folia,  Vaccinium  Oxycoccos,  Calluna  vulgaris  und  an  trockenen  Stellen  auch 
Vaccinium  Vitis  Idaea,  Myrtillus  und  idiginosum,  verschiedene  Cladonia- Arten. 
Über  das  ganze  Moor  zerstreut  ist  Pinus  montana,  gelegentlich  finden  sich 
auch  einzelne  Exemplare  von  Juniperus  communis,  Belula  alba  und  verkrüppelte 
Fichten. 

Exkursion  in   die  Ostalpcn.  8 


114 

2.  Flachmoor.  Carex-Arten,  Ei'iophonmi  latifolhiui,  Caltlia palustris,  Viola 
palustris,  Primula  farinosa,  Menyanthes  trifoliata,  Pinguicola  alpina,  vulgaris, 
Equisetum  palustre.  Hypnutii-Arten  usw.  So  ist  jedoch  nur  die  Vegetation 
derjenigen  Flachmoorpartien  beschaffen,  welche  unmittelbar  an  Hochmoor- 
flächen angrenzen,  die  übrigen  sind  bereits  durch  den  Einfluß  der  Kultur  in 
wiesenartige  Bestände  übergeführt  worden. 

An  nassen  Stellen  des  Moorrandes  bildet  Alnus  glutinosa  schüttere  Be- 
stände. 

Der  Zweck  der  Moorwirtschaft  Admont  ist  die  Anstellung  praktischer 
Versuche  über  rationelle  Moorkultur  und  Torfverwertung.  Das  Wesen  der 
Moorkultur  besteht  in  der  Nutzbarmachung  des  Moorbodens  durch  Umwand- 
lung in  Kulturland.  Derselben  geht  in  der  Regel  eine  Entwässerung  des  Moores 
und,  wenn  das  Alter  desselben  ein  hohes  ist,  eine  Rodung  der  zu  kultivierenden 
Flächen  voraus.  Die  Entwässerung  erfolgt  entweder  mittels  offener  Gräben 
oder  durch  Stangendrainage.  Verwertung  des  Torfes  als  Torfstreu,  Torfmull, 
Brenntorf,  Torfbrikets,  Torfpappe,  Torfgewebe,  Isoliermittel,  Verpackungs- 
material usw. 

Admont — Aussce. 

Die  Route  Admont — Selztal  wurde  ijereits  geschildert.  Von  Selztal  bis 
Steinach-Irdning  fährt  man  noch  ennsaufwärts  und  hat  zur  Rechten  (im  Norden) 
die  mesozoischen  Kalke  der  Warscheneckgruppe,  zur  Linken  (im  Süden)  die 
sanft  geformten  Grauwackenberge.  Gleich  ober  Selztal  rechts  große  Torfstiche. 
Der  aus  denselben  gewonnene  Brenntorf  dient  zur  Versorgung  umfangreicher 
Eisenwerke.  Ober  Liezen  links  im  Tale  große^,  viele  hunderte  Hektar  umfas- 
sende Flachmoorbildungen  (Tr/^  Sibirica).  Bei  vSteinach-Irdning  verläßt  die  Bahn- 
linie das  Ennstal  und  hiermit  die  Grenze  zwischen  Zentral-  und  nördlichen  Kalk- 
alpen, begibt  sich  ins  Gebiet  der  letzteren  und  fährt  zunächst,  den  imposanten 
Grimming  zur  Linken,  steil  aufwärts.  Der  Grimming  ist  der  östlichste  Abschnitt 
des  Dachsteinplateaus.  Er  besteht  aus  Kalken  der  oberen  Trias  mit  gelegent- 
lichen Resten  der  Juraformation.  Bald  treten  die  schroffen  Abstürze  dieses 
Berges  zurück,  die  Bahn  erreicht  die  Wasserscheide  zwischen  Enns  und  Traun 
und  fährt  nun  auf  dem  Wasserscheidengebiete  weiter.  Rechts  und  links  Hoch- 
moorbildungen. Bei  der  Haltestelle  Kainisch  tritt  die  Bahn  ins  Tal  der  aus 
dem  Odensee  kommenden  Ödensee-  oder  Kainisch-Traun,  an  deren  grünen 
Gewässern  entlang  sie  nach  Aussee  führt.  Im  allgemeinen  folgt  sie  auf  der 
Fahrt  von  Steinach-Irdning  nach  Aussee  jener  geologisch  sehr  komplizierten 
Region,  welche,  das  Totengebirge  vom  Dachsteinplateau  trennend,  durch  das 
Emporbrechen  Salz  und  Gips  führender  Werfener  Schichten  inmitten  der  Kalke 
ausgezeichnet  ist.    Salzbergbau:  Aussee,  Ischl,  überhaupt  Salzkammergut. 

Aussee  (662»2),  rings  von  Kalkbergen  umgeben,  in  überaus  malerischer 
Lagre  an   der  Vereini-'untr    der   Altausseer-  und  Grundlseer  Traun.    Salzbero-. 


it5 

Große  Salzsudhäuser  mit  jährlich  zirka  170.000^  Salzproduktion.    Klimatischer 
Kurort.    Solbad  und  andere  Bäder. 

Spaziergänge  zum  Altausseer  See  (709  ?7?)  und  Grundlsee  (709?)?;  5 /<:;h 
lang,  ikiii  breit,  61  ;n  tief). 

Der  alpine  Versuchsgarten  auf  der  Sandlingalpe. 

Vom  Markte  Aussee  kann  derselbe  in  drei  Stunden  erreicht  werden.  Zu- 
nächst auf  der  Pötschenstraße,  eventuell  per  Wagen  bis  Lupitsch,  dann,  von 
der  Straße  reclits  abbiegend,  über  versumpfte  Bergwiesen,  Voralpenfluren  und 
durch  subalpine  Mischwälder  (S.  37)  zum  Leißlingschlag  (schöner  Ausblick  auf 
Dachstein,  Donner kogeln,  Ennsfeld,  Koppengebirge,  Grimming,  Niedere  'I'auern); 
von  hier  aus  am  Unsinnigkirchenfels  und  einer  salzhaltigen  Quelle  vorbei  zur 
Vorderen  Sandlingalpe  und,  einen  Teil  der  freien  Alpweide  passierend,  zur 
Juliushütte,  an  welche  sich  der  Versuchsgarten  anschließt. 

Geologisch  gehört  das  Sandlinggebiet  der  Trias  an,  und  zwar  der  be- 
rühmten, sehr  fossilreichen  (Ammoniten!)  Hallstädter  Entwicklung  derselben. 
In  Form  von  Aufbrüchen  taucht  an  mehreren  Stellen  der  schon  erwähnte  salz- 
führende Werfener  Schiefer  auf  (Haselgebirge).  Der  Gipfelstock  des  Sandling 
besteht  aber  nicht  aus  Trias,  sondern  aus  einer  Kalkkuppe  des  oberen  Jura 
(größtenteils  lichte,  stellenweise  Hornstein  führende  Kalke). 

Der  Versuchsgarten  (1400772)  liegt  gerade  in  der  Region  der  aus  Fichten 
gebildeten  Baumgrenze.  Die  Felsabstürze  und  Schutthalden  des  Sandling 
tragen  ausgedehnte  Legföhrenbestände.  Selbst  an  den  unzugänglichen  Stellen 
gegen  den  Gipfel  (1716777)  zu,  sind  schmälere  oder  breitere  Krummholzbänder 
zu  sehen  (S.  62).  Die  Flora  enthält  die  meisten  der  für  die  nördlichen  Kalk- 
alpen charakteristischen  Elemente,  doch  fehlen  bereits  verschiedene  der  noch 
am  Hochschwab  häufigen  Typen,  z.  B.  Viola  alpina,  Doroniciim  calcareum  usw. 
Als  eine  im  Ausseer  Gebiet  überhaupt  häufige  Pflanze  ist  Euphorbia  Austriaca 
zu  nennen. 

Der  Hauptzweck  des  im  Jahre  1890  errichteten  i  Joch  großen,  unter  der 
Leitung  des  Direktors  der  k.  k.  Samenkontrollstation  in  Wien,  Herrn  Hofrates 
Dr.  Theodor  Ritter  von  Weinzier  1  ^)  stehenden  Versuchsgartens  ist  die  Hebung 
des  Futterbaues  in  praktischer  und  wissenschaftlicher  Hinsicht  durch  Ver- 
besserung des  Pflanzenbestandes  alpiner  Futterflächen  und  Förderung  der 
wissenschaftlichen  Grundlagen  des  Futterbaues  überhaupt.^)  Als  wichtigste 
zur  Erreichung  dieses  Zweckes  zu  lösende  Aufgaben  kommen  in  Betracht: 

«I.  Die  Samenkultur  von  Alpenfutterpflanzen  sowie  von  P'utterpflanzen 
der  Ebene,  respektive  von  den  bereits  akklimatisierten  Arten  und  Sorten. 


')  Ich    fühle    mich    dem  Genannten   für    die   liebenswürdige  Übermittlung  der   den 
Versuchsgarten  betreffenden  Daten  zu  wärmstem  Danke  verpflichtet. 

2)  Vgl.  Weinzierl,  Der  alpine  Versuchsgarten  auf  der  Sandlingalpe.  Nr.  142  der 
Publikationen  der  k.  k.  Samenkontrolstation  in  Wien  (1896). 

8* 


ii6 

2.  Das  Studium  der  verschiedenen  Futterpflanzen  hinsichtlicli  Verände- 
rungen ihrer  ökonomischen  Eigenschaften  unter  dem  Einflüsse  des  Alpenklimas, 

3.  Heranziehung  neuer,  ertragreicher  und  ausdauernder  Sorten  von  Grä- 
sern und  Kleearten. 

4.  Versuche  über  die  Veredelung  von  Futterpflanzen  unter  dem  Einflüsse 
des  Alpenklimas. 

5.  Anbauversuche  mit  Samenmischungen  für  Alpwiesen  und  -weiden 
hinsichtlich  der  Ausdauer  und  des  Futterertrages. 

6.  Meteorologische  Beobachtungen  und  Beobachtungen  über  die  Ver- 
schiebung gewisser  periodischer  Erscheinungen  im  Pflanzenleben,  besonders  in 
der  Blütezeit  und  Samenreife  unter  dem  Einflüsse  des  Alpenklimas. 

7.  Wissenschaftliche  Versuche,  und  zwar  erstrecken  sich  letztere  gegen- 
wärtig auf  Versuche  über  Assimilationsstärke,  über  den  Einfluß  der  chemischen 
Intensität  des  Lichtes  auf  die  Formbildung  gewisser  Kulturpflanzen  usw.»  ^) 

Auch  «die  Ermittlung  der  Anpassungsfähigkeit  des  Ertrages,  der  Anzahl 
der  Schnitte,  der  Futterbeschaffenheit,  der  Bestockungs-  und  Nachwuchsver- 
hältnisse, der  Samenkultur,  des  Grades,  der  Reife  und  der  Ergiebigkeit  der 
Samen»  und  der  Steigerung  der  wertvollen  Eigenschaften  geeigneter  Pflanzen 
bildet  den  Gegenstand  eifriger  Studien. 

Die  zur  Lösung  der  angedeuteten  Aufgaben  unternommenen  Versuche 
und  angelegten  Kulturen  sind  des  allgemeinsten  Interesses  würdig.  Ganz  be- 
sonders sehenswert  sind  die  Versuche  mit  verschiedenen  Samenmischungen 
für  Alpwiesen.  Es  wird  eine  Mischung  von  zwölf  verschiedenen  Arten  in 
i3  Kombinationen,  so  daß  bei  jeder  Mischung  je  eine  Art  ausgelassen  wird, 
angebaut,  während  eine  Mischung  alle  zwölf  Arten  in  durchwegs  glei- 
chem Prozentsatze  der  Reinsaat  enthält  und  es  kann  so  der  Einfluß  jeder 
einzelnen  in  die  Mischung  aufgenommenen  Pflanzenspezies  auf  die  Ausdauer 
und  den  Futterertrag  der  Mischung  in  einwandfreier  Weise  ermittelt  werden. 
Auch  die  vergleichenden  Kulturversuche  mit  Klee-  und  Grasarten  verschieden- 
ster Provenienz,  die  Experimente  bezüglich  des  Einflusses  der  chemischen  In- 
tensität des  Lichtes  auf  die  Organbildung,  die  in  einem  zweiten,  800  »2^  großen 
Versuchsfelde  zum  Zwecke  der  Erprobung  einzelner  Pflanzen  und  Samen- 
mischungen in  bezug  auf  ihre  Fähigkeit  der  Wiederberasung  von  Rutsch- 
terrain angelegten  Kulturen  usw.  sind  überaus  instruktiv. 

Die  Ergebnisse  der  Versuche  fanden  auch  schon  vielfach  erfolgreiche 
praktische  Verwertung.  So  wurden  beispielsweise  von  verschiedenen  Servi- 
tutsberechtigten Alpwirten  der  Sandlingalpe  Alpwiesen  nach  den  Grundsätzen 
des  rationellen  F'utterbaues  angelegt  und  auf  ihnen  Durchschnittserträge  von 
75  ^g  pf'o  100  m'^  erzielt,  was,  wenn  man  damit  die  geringen  Erträge  der  «Alm- 
feldeln»  (Lägerböden  usw.)  vergleicht,  als  ein  glänzender  Beweis  für  die  emi- 


')   Weinzierl,   a.  a.  O. 


H7 

nente  Hebung  des  alpinen  Futterbaues  durch  die  Arbeiten  des  alpinen  Ver- 
suchsgartens auf  der  Sandlingalpe  gelten  kann. 

Von  der  Sandlingalpe  aus  eventuell  Besuch  des  Sandünggipfels  (3  Stun- 
den) (Krummholzzvvergwälder,  Felsenvegetation)  und  dann  in  nordwestlicher 
Richtung  durch  das  Tal  des  Graben-  und  Rettenbaches  (dieser  ein  rechter 
Zufluß  der  Traun,  der  kurz  vor  seiner  Mündung  die  «Rettenbachwildnis»  durch- 
fließt), Abstieg  nach  Ischl.  (Von  der  Sandlingalpe  3  ^j^  Stunden.) 

Man  geht  größtenteils  über  Jurabildungen,  stellenweise  ist  sogar  noch 
die  Kreide  erhalten.  In  der  Rettenbachwildnis  unter  anderen  Orobanche  Salviae 
und  Carduus  viridis.  Cyclamen  Europaewn  überall  um  Ischl  häufig. 

Ischl — Salzburg. 

Ischl  (468  m),  Zentrum  des  Salzkammergutes  an  der  Mündung  der  Ischl 
(links)  in  die  Traun.  Die  Sole  des  Salzberges  liefert  jährlich  160.000  q  Salz. 
Salinen,  Schlamm-  und  Moorbäder.  Ischl  ist  rings  von  der  mesozoischen  For- 
mation angehörigen  Kalkbergen  umgeben.  Im  Norden  erhebt  sich  das  Höllen- 
gebirge  mit  dem  Höllkogel,  im  Nordwesten  die  Zimnitz,  der  Leonsbergzinken 
und  Gartenzinken,  im  Südwesten  das  Kattergebirge  und  der  Hainzen,  im 
Südosten  der  Salzberg,  im  Osten  beziehungsweise  Nordosten  die  zum  Toten- 
gebirge gehörigen  Hohe  Schrott,  Wilder  Kogel  (2093  m),  Mittagskogel  usw. 

Spaziergang  auf  den  Sirius-  oder  Hundskogel  (598  m).  Auf  der  Spitze 
Taxus  baccata  in  kleinen  Exemplaren.  Prächtiger  Ausblick  auf  die  Dachstein- 
gruppe. 

Von  Ischl  per  Bahn  über  Strobl,  St,  Gilgen,  Mondsee,  Thalgau  nach 
Salzburg,  Man  fährt  zunächst  in  westlicher  Richtung  das  Tal  der  Ischl  auf- 
wärts nach  Strobl,  dann  am  Südufer  des  Wolfgang-  (Aber-)  Sees  entlang  bis 
zur  Station  St.  Wolfgang. 

Von  hier  aus  läßt  sich  eventuell  der  Schafberg  besteigen,  der  berühm- 
teste Aussichtsberg  der  Ostalpen.  Man  fährt  mit  Dampfschiff  über  den  See 
nach  dem  am  Nordufer  gelegenen  Markte  St.  Wolfgang,  von  wo  aus  man  die 
Schafbergspitze  (1780  in)  zu  Fuß  in  4  Stunden  oder  mittels  Zahnradbahn  in 
I  Stunde  erreicht. 

Der  Schafberg  gehört  der  Außenseite  der  nördlichen  Kalkalpen  an.  Im 
Norden  grenzt  er  an  die  dieser  vorgelagerte  Flyschzone.  Sein  Sockel,  im 
Süden  in  den  Wolfgangsee,  im  Norden  in  den  Atter-  und  Mondsee  tauchend, 
besteht  aus  einer  im  wesentlichen  gegen  Süden  fallenden  Serie  der  verschie- 
densten Abteilungen  der  Trias-  und  Jurabildungen,  welche  vom  Lias,  der  die 
gegen  Norden  senkrecht  abfallende  Gipfelplatte  bildet,  überlagert  werden. 

Die  Hochregion  beherbergt  die  triviale  Flora  der  westnorischen  Kalk- 
alpen (S.  86).     In  den  Wäldern  Lathyrus  occidentalis. 


ii8 

Am  Gipfel  sieht  man  vierzehn  Seen.  Im  Norden  wird  die  Aussicht  durch 
die  fernen  Berge  des  Böhmerwaldes,  im  Westen  durch  den  Chiemsee  begrenzt. 
Im  Süden  entfaltet  die  Alpppwelt  ihre  ganze  Fülle  und  Großartigkeit. 

Von  Station  St,  Wolfgang  aus  führt  die  Bahn  in  nordwestlicher  Richtung 
am  Südufer  des  Sees  entlang  nach  St,  Gilgen  und  von  hier  aus  am  malerischen 
Krotensee  vorbei  (Wasserscheide  zwischen  Mondsee  und  Wolfgangsee  580  m) 
zum  Südufer  des  Mondsees  und  diesem  entlang  an  den  Abstürzen  des  Drachen- 
steines, eines  Ausläufers  des  Schaf bergstockes,  ein  ziemlich  ausgedehntes 
Moor  passierend  nach  Mondsee,  Dieser  Markt  liegt  bereits  samt  dem  See  in 
der  Flyschzone,  welche  wir  jetzt  bis  Salzburg  durchfahren.  Von  Mondsee  zu- 
nächst im  Tale  der  Grieslerache,  des  den  Mondsee  speisenden  Baches,  Vor 
Thalgau  links  der  trotzige  Schober  (1828  m),  der  letzte  westliche  Vorposten 
der  Schafberggruppe.  Bei  Kraiwiesen  höchster  Punkt  der  Bahn  (593  m). 
Wasserscheide  zwischen  Salzach  und  Traun,  Vor  Salzburg  links  die  Dolomit- 
kuppe des  Gaisberges  (1286  m)  mit  dem  keck  aufragenden  Nockstein  (1040  m), 

Salzburg. 

Wohl  an  keinem  zweiten  Orte  der  Alpen  findet  man  eine  so  glückliche 
Vereinigung  von  Berg-  und  Flachland,  nirgends  sieht  man  die  sanfte  grüne 
Ebene  so  unmittelbar  bis  zu  den  starren  Wänden  des  Kalkgebirges  sich  hin- 
breiten u^ie  in  Salzburg,  von  dem  schon  Alexander  von  Humboldt  schrieb,  daß 
seine  Umgebung  zu  den  schönsten  der  Erde  gehöre, 

Salzburg  (420  m),  mit  gegen  3o,ooo  Einwohnern,  die  Hauptstadt  des  Her- 
zogtums gleichen  Namens,  liegt  zu  beiden  Seiten  der  es  in  südost-nordwestlicher 
Richtung  durchfließenden  Salzach.  Ihr  linkes  Ufer  wird  von  den  Nagelfluliwän- 
den  des  Mönchsberges  (501  m)  (Festung  Hohensalzburg  542  »72),  das  rechte  vom 
Kapuzinerberge  (650  m)  flankiert.  Dieser  ist  durch  eine  nicht  einmal  i  km 
Ijreite  Einsenkung  von  den  Vorbergen  des  Gaisberges,  jener  durch  eine  8  km 
breite  Ebene  von  dem  unvermittelt  aus  derselben  aufsteigenden  Untersberg 
getrennt.  Das  Panorama  von  Salzburg  umfaßt  im  Norden  die  wellig  geformte 
bayrisch-oberösterreichische  Hochebene  und  die  langen  Höhenrücken  der  salz- 
burgischen Alpenvorberge  (Haunsberg  usw.),  im  Süden  das  bis  Hallein  ziem- 
lich breite  Salzachbecken,  das  von  drei  Seiten  (Westen,  Süden  und  Osten)  von 
einem  Kranze  edelgeformter  Kalkberge,  als  deren  markanteste  (von  Westen 
nach  Osten)  der  vStaufen,  Untersberg,  Watzmann,  Hohe  GöU,  das  Hagen-  und 
Tennengebirge  genannt  seien,  umfaßt  wird.  Im  Osten  vermittelt  der  Gaisberg, 
Schwarzenberg  und  Heuberg,  im  Westen  das  Lattengebirge  den  Übergang 
zur  Hochebene. 

Die  malerische  Lage  Salzburgs  ist  eine  Folgeerscheinung  der  geologi- 
schen Vorgeschichte  dieses  Gebietes.  Salzburg  liegt  nämlich  in  einem  inmitten 
der  Flyschzone  entstandenen,  bis  in  die  Kalkalpen  hineinreichenden  Senkungs- 


iig 

felde.  Deshalb  «fehlt  dieser  Geg;end  das  waldige  Vorgebirge,  welches  sonst 
das  landschaftliche  Mittelglied  zwischen  dem  grünen  Flachlande  und  den  schrof- 
fen Abstürzen  des  Hochgebirges  bildet,  aber  gerade  der  dadurch  hervorgeru- 
fene Gegensatz  bedingt  die  unvergleichliche  Lage  der  Stadt  und  den  gewal- 
tigen Eindruck,  welchen  die  Hölie  des  Staufen  und  des  Untersberges  hervor- 
bringt» (Suess,  Antlitz  der  Erde). 

Als  Sehenswürdigkeiten  sind  die  Domkirche,  die  Residenz,  der  Hüf- 
brunnen,  das  Denkmal  Mozarts,  die  Kapitelschwemme,  das  Benediktinerstift 
(Bibliothek),  die  Stiftkirche  und  der  Friedhof  St.  Peter,  die  Feste  Hohensalz- 
burg,  das  Neutor,  der  elektrische  Aufzug  auf  den  Mönchsberg,  das  Museum 
Carolino  -  Augusteum  (historische  Sammlungen),  das  Schloß  Mirabell,  der 
Kurgarten  (mitKosmoramen  und  Panorama  von  Salzburg,  Voliere),  nebst  vielen 
anderen  hervorzuheben.  Beim  Gebäude  der  einstigen  Universität  befindet  sich 
der  botanische  Garten  (Kustos:  Prof.  Dr.  Fugger)  mit  hübscher  Alpenanlage. 

Spaziergänge  und  größere  Ausflüge. 

1.  Mönchsberg  (501  m).  Sein  Besuch  kann  mit  dem  der  Festung 
Hohensalzburg  verbunden  werden.  In  Felsritzen  wachsen  hier:  Moehn'ngia 
niuscosa,  Arabis  alpina,  Potentilla  caulescens,  Valeriana  niontana,  saxatilis,  Hie- 
raciiim  amplexicaule  usw.  Unter  der  Festung  ein  prächtiges  Exemplar  blühen- 
(.len  Efeus.  In  den  Buchenwäldern  des  Plateaus  die  in  der  Salzburger  Um- 
gebung überhaupt  sehr  häufigen  Cyclamen  Europaeiim  und  Aposeris  foetida. 

2.  Kapuzinerberg  (650  nz).  Subalpine  Flora  mit  Rhododendron  hirsu- 
tum  etc. 

3.  Schloß  Hellbrunn,  5  km  südlich  von  Salzburg.  Haltestelle  der 
Lokalbahn  Salzburg — Drachenloch.  Park,  Vexierwasserkünste,  «Steinernes 
Theater».     Alpinetum.    Die  Heilbrunner  Allee  besitzt  prächtige  alte  Bäume. 

4.1ns  Leopoldskroner  Moor.  Mit  der  Lokalbahn  Salzburg — Dra- 
chenloch bis  Grödig.  Von  hier  nach  Glanegg.  Am  Wege  dahin  am  Fuße  des 
Untersberges:  Riibiis  caesius  X  Idaeus.  In  einem  ausgetrockneten  Bachbette 
bei  Glanegg:  Pleurospermum  Austriacinn,  Orobanche ßava  auf  Petasites  niveus, 
auf  einer  Mauer  bei  Glanegg:  Hieracium  hiimile.  Von  Glanegg  ins  Moor. 
Sphagninn-Moor.  Torfstiche.  Reiche  F'lora.  Besonders  erwähnenswert:  Cani- 
pylopus  turfaceus,  Helosciadhim  repens  (in  Gräben).  Auch  Potentilla  Norvegica 
und  Pedicularis  Sceptrinn  Carolinum  wurden  gefunden. 

5.  Nach  Berchtesgaden  und  zum  vielgepriesenen  Königsee  (mit  der 
Lokalbahn  bis  Drachenloch,  von  dort  per  Omnibus  nach  Berchtesgaden,  oder 
von  Salzburg  per  Bahn  über  Freilassing — Reichenhall  nach  Berchtesgaden. 


B)  Von  Salzburg  über  Nord-  und  Südtirol 
nach  Heiligenblut 

(Westnorische  Kalk-  und  Zentralalpen  und  Dolomiten.) 

Von 
H.  Freih.  p.  Handel-Manetti. 

Salzburg — St.  Johann  im  Pongau. 

Sofort  nach  Verlassen  des  Bahnhofes  von  Salzburg"  biegen  wir  in  großem 
Bocren  nach  rechts  und  fahren  unter  fortwährendem  Blick  auf  den  Gaisberg  (links) 
und  Hohensalzburg  (rechts)  im  breiten,  freundlichen  und  belebten  Tale  nach 
Süden.  An  den  Talhängen  Buchen-,  später  Fichtenwälder,  beiderseits  der 
Salzach  ausgedehnte  Erlen-  und  Weidenauen,  An  mehreren  Schlüssern  und 
dem  industriereichen  Hall  ein  (Saline)  vorbei,  bei  Vigaun  durch  die  Trümmer 
eines  alten  Bergsturzes,  nach  Kuchl  und  Golling.  Vor  uns  rechts  der  Hohe 
Gull  und  das  Hagengebirge,  links  das  Tennengebirge, 

Das  bisher  breite  und  von  sanften  Hängen  eingefaßte  Tal  endet  hier 
plötzlich  und  wird  durch  eine  hochinteressante  Schlucht  abgelöst,  den  Paß 
Lueg,  der  von  der  Salzach  zwischen  den  beiden  eben  genannten  Gebirgen 
erodiert  wurde.  Derselbe  besitzt  hauptsächlich  zwei  Engpässe:  Der  erste 
nördliche,  «die  Öfen»,  eine  nur  dem  Flusse  Raum  bietende  Klamm  mit  glatt- 
gewaschenen Felsen,  wird  von  der  Eisenbahn  durch  einen  928  m  langen  Tunnel 
überwunden,  von  der  Straße  hoch  am  Hange  umgangen  und  gestattet  uns  nur 
einen  ganz  kurzen  Einblick;  der  zweite  obere  ist  von  1500  »2  hohen  unabseh- 
baren Felswänden  des  Triaskalkes  mit  schön  sichtbarer,  etwas  gegen  Norden 
einfallender  Schichtung  begrenzt  und  läßt  in  der  Tiefe  auch  für  Straße  und 
Eisenbahn  Platz. 

Die  Bahn  übersetzt  hinter  Golling  den  Fluß  (rechts  kurzer  Blick  in  die 
Salzachöfen)  und  erreicht  durch  den  Ofenauer  Tunnel  die  großartige  Enge. 
Gleich  nach  dem  Tunnel  Brücke  über  die  Salzach  mit  Rückblick  (links)  in  die 
wilde  Schlucht  flußabwärts.  Gegen  Station  Sulzau  an  den  trockenen  Felsen 
niedere  Rotföhrenbestände,  auch  Legföhren  bis  gegen  den  Fluß  herab;  an 
breiteren  Stellen  der  Talsole  Buchen,  Ahorne  und  Lärchen.  An  der  Mün- 
dung des  Blühnbachtales  (rechts)  die  Konkordiahütte,  Eisenwerk  mit 
Erzförderung  an  über  den  Abgrund  gespannten  Drahtseilen.  Die  auf  vor- 
springendeni  Hügel  malerisch  über  Fichtenwäldern  gelegene  Feste  Hohen- 
werfen  umfahrend  nach  dem  alten  Markte  Werfen.  Kleiner  Eschenhain 
nahe  der  Station.    Beginn  der  Grauwackenzone.   Nun  im  immer  breiteren  Tale 


zwischen  Lärchen-,    Fichten-    und  Birkenwäldern  nach  Bischutshofen.    \im- 
mündung  der  Ennstalbahn  von  Selztal,  (He  nach  links  durch  einen  Tunnel  ab- 


Fig.  3.    Liechtensteinklamm  bei  St.  Johann  im  Pongau. 
(Nach  einer  käuflichen  Photographie.) 


zweigt.  Weiter  im  freundlichen  Tale  mit  prächtigem  Rückblick  auf  die  Fels- 
massen des  Tennengebirges  nach  St.  Johann  im  Pongau,^)  am  Buge  des 
Tales,  welches  hier  eine  westGstliche  Richtung  annimmt. 


^)   Alte    Einteilung   des  Kronlaades    Salzburg    in    Pongau,    Pinzgau,    Lungau    und 
Salzach  gau. 


Liechtensteinklamm. 

Bei  St.  Johann  mündet  von  Osten  das  Kleinarltal  und  etwas  weiter  süd- 
lich, in  y^enau  nordsüdlicher  Richtung  vom  Hauptkamme  der  Tauern  herab- 
kommend, das  Großarltal.  Ursprünglich  nur  in  seinem  weiten  oberen  Teile  in 
das  Gebirge  eingesenkt,  lag  dieses  mit  seinem  Ausgang  hoch  über  der  Salzach. 
In  diese  Talstufe  sägte  der  Bach  sein  Bett  tief  ein  (vgl.  S.  8)  und  dadurch  ent- 
stand die  nur  wenige  Meter  breite  Liechtensteinklamm  (Fig.  3).  Senk- 
rechte und  überhängende  Felswände,  an  einer  Stelle  hoch  oben  durch  einen 
eingeklemmten  Felsblock  völlig  zusammenschließend,  glattgewaschene 
Nischen  und  der  bald  weißschäumende,  bald  dunkelgrüne  Tümpel  bildende 
Bach  bieten  großartige  Bilder.  Am  vSchlusse  der  Klamm  ein  50  n;  hoher  Wasser- 
fall. Zur  Erhaltung  des  bequemen,  auf  Brettern,  Stiegen  und  durch  einen 
Tunnel  angelegten  Weges  werden  40  h  Eintrittsgebühr  eingehüben. 

Von  St.  Johann  Straße  bis  zum  Eingange  der  Klamm  i^j^  Stunden  (fahr- 
bar). Ober  dem  Ort  mächtige  alte  Lärchen,  botanisch  sonst  wenig  interessant. 
Durch  die  Klamm  ^j^  Stunde,  meist  sehr  kalt,  daher  bei  Erhitzung  vorher 
abkühlen!  P2ventuell  ^2  Stunde  weiter  zur  Stegen  wacht  und  auf  der  Straße 
mit  schöner  Aussicht  zurück,  i^j^  Stunden. 

St.  Johann  im  Pongau — St.  Johann  in  Tirol. 

Im  Salzachtale  aufwärts  nach  Schwarzach -St.  Veit,  woselbst  Abzwei- 
gung der  im  Bau  begriffenen  Tauernbahn,  die  am  südlichen  Talhange  ansteigt 
und  über  Gastein,  den  Hauptkamm  der  Tauern  durchfahrend,  an  die  Puster- 
talbahn  anschließt.  Die  Bauten  derselben  links  sichtbar.  Das  Tal  verengt  sich 
wieder  und  macht  mit  seinen  dunklen  Phyllitfelsen,  Fichtenwäldern  und  aus- 
gedehnten Grauerlenbeständen  an  den  Steilhängen,  dem  vielfach  zwischen  Fels- 
blöcken tosenden  Flusse  einen  vorwiegend  düsteren  Eindruck.  Der  schöne 
Wasserfall  an  der  Mündung  des  Gasteiner  Tales  (links)  durch  Anlage  einer 
Aluminiumfabrik  ruiniert  und  nur  mehr  selten  (Sonn-  und  Feiertags)  wasser- 
reich. Über  Lend,  Eschenau,  woselbst  die  Bahn  bereits  öfter  durch  Hoch- 
wasser und  Rutschungen  zerstört  wurde,  durch  mehrere  Tunnels  nach  Taxen- 
bach und  im  wieder  breiteren  Tale  (am  Nordhang  reichliche  Linden  und  Bir- 
ken) im  Anblick  der  Eiskuppe  des  Hohen  Tenn  (links)  nach  Brück.  Hier 
verläßt  die  Bahn  das  Tal  der  Salzach,  welches  sich  als  Ober-Pinzgau  gerad- 
linig bis  Krimml  fortsetzt,  und  biegt  nach  Norden  ab.  Am  schön  restaurierten 
Schlosse  Fischhorn  (rechts)  vorbei  durch  sumpfige,  mit  Schilf  bestandene 
Wiesen  zum  4  A-;n  langen  und  1^/2  ^"'"  breiten  Zellersee.  Station  Zell  am  See; 
Hochgebirgspanorama:  im  Süden  die  vergletscherten  Kämme  der  Hohen 
Tauern  (Kitzsteinhorn,  Hoher  Tenn,  Brennkogel);  im  Norden  das  zerrissene 
Kalknr-ebiro-e  derLoferer  Steinberoe.    Im  freundlichen  Tale  der  Saalach 


123 

nördlich  weiter  nach  Saalfelden  (Rahnhüfrestauratiun,  länoerer  Aufentlialt). 
Nun  wenden  wir  uns  wieder  nach  Westen  und  fahren  in  starker  vSteioung  am 
vSüdfuße  der  Leoganger  Steinberge,  die  breite  Schutthalden  herabsenden, 
hoch  über  der  Talsohle  zum  Paß  Grießen  (g68  m).  Daselbst  der  Grießensee 
mit  Torfmoor.  Station  Hochfilzen,  Grenze  von  Tirol;  Krummholz  reicht  nahe 
an  die  Bahn  herab. 

Die  trockenen  Rasenhänge  sind  hier  durch  das  weidende  Vieh  so  beein- 
flußt, daß  sie  von  den  durch  die  fortwährenden  Tritte  entstandenen,  dicht  an- 
einandergereihten Steigen  ganz  regelmäßig  horizontal  gestreift  erscheinen  und 
für  die  Physiognomie  der  Landschaft  charakteristisch  werden. 

Von  Hochfilzen  rasch  herab  durch  die  freundliche  waldreiche  Gegend; 
links  der  Wildseeloder,  weiter  das  schön  geformte  Kitzbüheler  Hörn,  im 
Vorblick  das  massige  Kaisergebirge.  Vor  Station  Fieberbrunn  32  jh  hohe 
Brücke  über  die  Moosbachschlucht.  Weiter  hinab  an  der  Schwarzache  ^)  nach 
dem  ansehnlichen  Dorfe  St.  Johann  in  Tirol,  an  der  Großache  in  einem  wei- 
ten fruchtbaren  Becken  643  m  hoch  ungemein  freundlich  gelegen. 

Über  das  Kitzbüheler  Hörn  (1998  m)  nach  Kitzbühel. 

(Tagestour;   Aufstieg  4  —  4'/,,   Abstieg   2— 2V2  ^td.) 

Das  Kitzbüheler  Horn^)  ist  in  dem  Zuge  des.  Grauwackenschiefers 
(S.  4,  5)  einer  der  hervorragendsten  Gipfel.  Vermöge  seiner  freien  Lage  zwi- 
schen den  nördlichen  Kalkalpen  und  Zentralalpen  ist  derselbe  einer  der 
besten  Aussichtspunkte  unter  den  niedrigeren  und  leicht  zugänglichen 
Gipfeln  der  Alpen  und  als  solcher  weit  berühmt  und  viel  besucht,  daher  auch 
mit  bequemen  Wegen  versehen.  Auch  in  botanischer  Hinsiclit  übertrifft 
das  Kitzbüheler  Hörn  die  meist  landschaftlich  höchst  eintönigen  Berge,  welche 
dieselbe  arme  voralpine  und  alpine  Urgebirgsflora  der  westnorischen 
Zentralalpen  (S.  87)  tragen,  indem  einerseits  einige  kleine  Dolomitauflagerungen 
die  Artenzahl  vergrößern,  ohne  den  Gesamteindruck  zu  beeinträchtigen,  anderer- 
seits zwischen  den  nördlich  abstürzenden,  nunmehr  zugänglich  gemachten  Fel- 
sen die  Vegetation,  vor  dem  weidenden  Vieh  völlig  geschützt,  sich  in  seltener 
Üppigkeit  und  Natürlichkeit  entwickelt. 

Unser  Weg  (rot  markiert)  cjuert  die  Bahn  westlich  der  Station  und  er- 
reicht durch  eine  junge  Gartenanlage,  in  der  unter  anderem  aucli  Ailanthiis 
glaiiditlosa  ganz  gut  gedeiht,  den  Fuß  des  Berges.  Über  einige  sanft  anstei- 
gende Terrassen  durch  üppige  Tal  wiesen  (S.  46)  (hier  Trifolium  hybridiun, 


')   «Ache»,   Lokalbezeichnung  für  einen   sehr  wasserreichen  Bach. 

2)  Sauter  A.,  Über  die  Vegetation  der  tyrolischen  Gebirgsgegend  um  Kitzbühel, 
Flora  XIII  (l83o,  S.  457—468,  477—482).  —  Unger,  Über  den  Einfluß  des  Bodens 
auf  die  Verteilung  der  Gewächse,  Wien   i836. 


124 

Hypochaeris  radicata,  Centaurea  elatior  [==  pseudophrygia]  sehr  reichlich)  und 
kleine  Waldpartien,  an  deren  Rändern  häufi^r  Acer  Pseudoplatanus  sich  findet, 
zum  Beginne  der  subalpinen  Wälder,  die  sich  aus  Fichten,  Tannen  und  im 
unteren  Teile,  entsprechend  'einer  kalkreichen  Zone,  auch  Buchen  zusammen- 
setzen, aber  hier  stark  gelichtet  wurden  und  keinen  ganz  zusammenhängenden 
Gürtel  mehr  bilden.  In  einer  kleinen  etwas  moosigen  Sumpfwiese  (S.  51)  rechts 
Vaccinhim  uliginosum  und  Drosera  rotundifolia ,  an  Bächen  darunter  Alnus 
incana  in  auffallender  Menge.  Über  der  Alpe  Ziedlbuch  Beginn  der  Borst- 
"^j-rasmatten  (S.  69),  die  typisch  hier  an  freien  Partien  noch  innerhalb  der  Wald- 
region am  besten  ausgeprägt  sind;  oberhalb  der  sehr  tief  (bei  1450 — 1550  »z) 
liegenden  Waldgrenze  wird  Nardus  striata  selbst  durch  die  seiner  Formation 
nahestehenden  Ericaceen  völlig  verdrängt.  Ein  schönes  Beispiel  für  Se- 
lektion bildet  hier  Aspidium  montanum,  welches  auch  an  ganz  abgeweideten 
Stellen,  vom  Vieh  verschmäht,  in  Menge  stehen  bleibt.  Ober  der  Pointalpe, 
den  steilen  Felsen  des  Nordabfalles  ausweichend,  nach  links  auf  den  vom 
Gipfel  nach  Nordosten  ziehenden  Rücken;  inzwischen  immer  umfassenderer 
Ausblick  auf  die  nördlichen  Kalkalpen,  insbesondere  das  Kaisergebirge. 
Längs  des  Rückens  aufwärts  auf  den  Ostgrat  des  Gipfels,  woselbst  mit  einem 
Schlage  der  Glanzpunkt  der  Rundschau,  die  Hohen  Tauern,  sichtbar  wird. 
Nun  quer  nach  rechts  hinüber  zum  Schutzhaus;  wenige  Meter  darüber  der 
Gipfel  mit  einer  Kapelle  und  Bänken. 

Zu  unseren  Füßen  die  grünen  Täler  der  Großache  und  ihrer  Seitenbäche 
mit  dunklen  Waldpartien,  belebt  durch  Dörfer,  Gehöfte  und  Almen,  südwestlich 
Kitzbühel  und  der  tiefblaue  Schwarzensee.  Diese  grüne  Zone  des  Schiefer- 
gebirges im  Westen  über  das  Zillertal  hinaus  bis  gegen  Innsbruck  sichtbar. 
Nördlich  anschließend  die  grauen  zerklüfteten  Kalkgebirge  von  den  Ketten 
des  Wetterstein-  und  Karwendelgebirges  bis  zum  Hochkönig.  Rechts  vom 
Kaisergebirge  Blick  auf  den  Chiemsee  in  der  bayrischen  Ebene.  Am  süd- 
lichen Horizont  blendendweiß  die  vergletscherte  Kette  der  Zentralalpen. 
Die  Hohen  Tauern  mit  der  Eisnadel  des  Großglockners  und  der  breiten  Pyra- 
mide des  Venedigers;  westlich  anschließend  die  Zillertaler  Alpen  und  schließ- 
lich die  Stubaier  Gruppe. 

Der  sehr  lohnende  Weg  «durch  das  Loch»  (nur  für  Schwindelfreie!) 
zeigt  Kalk-  und  Schieferpflanzen  in  üppiger  Entwicklung.  Vom  Gipfel  in 
einigen  Serpentinen  nördlich  steil  hinab,  dann  nach  links;  in  schöner  Fels- 
szenerie durch  ein  natürliches  Felsentor  (Drahtseil)  zum  Sattel  westlich  des 
Gipfels,  den  auch  der  gewöhnliche  Weg  nach  Kitzbühel  berührt.  Ungeübte 
können  von  hier  aus  einen  Teil  des  Weges  begehen. 

Bemerkenswerte  Pflanzen  in  der  Gipfelregion  sind:  Botrychium  Lunaria, 
Festuca  alpina  (selten)  und  piimila,  Salix  reticulata,  retusa  und  serpyllifolia, 
Silene  alpina,  Draha  tomentosa,  Saxifraga  aphylla,  Sediim  atratum,  Potentilla 
Crant^ii,   Alchimilia  Hoppeana,  Epilobiiini   alpestre  und  anagallidifolium,  Meiun 


125 

MutelUna,  Veronica  bellidioides,  Achillea  atrata.   An  den  Felsen  große  Polster 
von  Didyniodon  giganteus,  Rhacojnitriiini  lamiglnosiDU  u.  a. 

Der  weitere  Abstieg  auf  bequemem  Wege  nach  Süden  über  eine  Do- 
lomitauflage (hier  Aspidium  Lonchitis,  Potentilla  caulescens,  Helianthemum 
alpestre,  Gentiana  nivalis,  Veronica  fruticans)  zum  unteren  Schutzhause  und  der 
Trattalpe.  Rechts  hinab  nach  Passierung  eines  Einschnittes  zwischen  Kalk- 
blöcken (Carex  brachystachys)  zum  Beginn  der  Waldregion.  Prächtiger  ebener 
Spaziergang  mit  schönen  Ausblicken.  Zwischen  den  locker  stehenden  Lär- 
chen (S.  34)  Alchimilla  Hoppeana,  Geraniinn  silvaticum,  Gentiana  aspera,  Eii- 
phrasia  picta  und  Salisburgensis,  Valeriana  montana,  Carduus  viridis.  Am  fol- 
genden steileren  Hange  jüngerer  Fichtenwald,  mit  Usnea  barbata  behangen 
und  dicken  Moosj)olstern  im  Grunde.  Weiter  unten  über  Wiesen,  an  deren 
Rändern  Calluna-H&'iAc  (S.  48),  und  durch  eine  letzte  Waldpartie  (über 
einem  Wasserlaufe  auch  Tannen  sichtbar)  zur  Talsohle.  Hier  noch  einige  mäch- 
tige freistehende  Acer  Pseudoplatanus  und  Qiiercus  Robur.  An  einer  quelligen 
Stelle  Stellaria  uliginosa  und  Cirsium  palustre  X  oleraceum.  Über  die  Eisenbahn 
und  die  Kitzbüheler  Ache  in  das  Städtchen  Kitzbühel,  dessen  Bauart,  regel- 
lose Gassen,  hohe  Dächer  mit  der  Straße  zugekehrten  Giebeln  an  alte  Zeiten 
gemahnt.  Heute  vielbesuchter  Sommerfrischplatz;  in  der  Umgebung  Bergbau 
auf  Kupfer. 

Schwarzensce. 

Der  bequeme  Promenadeweg  führt  zum  Schwarzensee^)  zwischen  dem 
Hügellande  «Bichlach»  und  dem  Schiefergebirge  in  '^j^  Stunde  über  einen  nie- 
drigen Sattel,  den  die  Bahn,  in  weitem  Bogen  die  Stadt  umfahrend,  erreicht. 
Der  kleine  tiefblaue  See,  780  m  hoch  gelegen,  ist  von  grünen  Wiesen  und  dunklen 
Fichtenwäldern  umgeben,  über  die  das  hellfarbige  Kaisergebirge  und  das  ernste 
Kitzbüheler  Hörn  hereinblicken.  Das  zwar  kleine,  aber  recht  charakteristische 
Hochmoor  (S.  55)   an   seinem  Ufer  bildet  den  botanischen  Anziehungspunkt. 

Der  größte  (äußere)  Teil  des  Moores  gehört  der  sphagnenreichen  Fazies 
der  Rhynchospora  alba  und  Molinia  caerulea  an;  Krummholz  findet  sich  sehr 
wenig.  Bemerkenswerte  Pflanzen  in  dieser  Partie:  Lycopodium  inundatum, 
Scheuch:^eria  palustris  (auf  nacktem  Schlamm),  Heleocharis  paucißora,  Carex 
lasiocarpa  (filiformis),  Juncus  ßiformis,  Calla  palustris  (an  Wassergräben), 
Vaccinium  Oxycoccos,  Sciitellaria  galericulata  etc. 

Nahe  dem  Ufer  schwimmen  die  Rasen,  völlig  unterwaschen  und  nur 
durch  das  Wurzelwerk  der  Pflanzendecke  zusammenhaltend,  auf  dem  Wasser- 
spiegel und  sind  nur  mit  großer  Vorsicht  zu  betreten.  Hier  viele  interessante 
Pflanzen:  Rhynchospora  fusca,  Carex  Oederi,  Drosera  Änglica,  Potentilla  (Co- 
marum)  palustris,    Viola  palustris,   Peucedanum  (Thysselinum)  palustre,   Andro- 

')   Vg.  S.  123,  Anm.  2. 


126 

meda  poli/olia  und  endlich,  spärlich  und  schlecht  zugänglich,  die  auch  biolo- 
gisch durch  ihre  vegetative  Vermehrung  interessante  Malaxis  paludosa.  Im 
See  selbst  Nymphaea  alba,  Potamogeton  ßuitans,  Myriophylluin  spicatum. 
Gehen  wir  über  die  Badeanstalt  hinaus  gegen  die  Hügellandschaft  des  Bich- 
lachs,  so  gelangen  wir  in  eines  der  hier  recht  bezeichnenden  moosreichen  (bes. 
Leucobryum  glaucum)  und  als  Unterwuchs  außer  Rubus-Krt^n  fast  nur  Rham- 
nus  Frangula  aufweisenden  F'ichtengehölze.  Am  Wegrande  bei  der  Haltestelle 
Hypericum  humifusuin. 

Schwarzcnsee —Jenbach. 

Die  Bahn  führt  nach  Westen  durch  die  wiesen-  und  waldreiche  Gegend 
an  den  wohlhabenden  Dörfern  Kirchberg,  von  wo  links  Blick  auf  den  Felskopf 
des  Rettenstein,  Lauterbach  und  Brixen  vorbei.  Die  Fichten  werden  hier 
durchwegs  geschneitelt  (S.  80),  daher  das  sonderbare  zerzauste  Aussehen 
der  Wälder.  Rechts  oben  die  Graskuppe  der  Hohen  Salve.  Unter  Station 
Westendorf  mit  starkem  Gefälle  im  mehr  schluchtartigen  Brixentale  abwärts. 
Es  folgt  eine  steile  Talstufe  von  über  80  ?h  Höhe;  darunter  die  Mündung  des 
Windautales,  welches  von  der  Eisenbahn  zur  Überwindung  der  Steigung 
mittels  einer  Schleife  benützt  wird.  Durch  einen  Tunnel  erreichen  wir  das- 
selbe und  erblicken  die  Trasse  rechts  tief  unter  uns.  Am  Hange  steil  abwärts, 
auf  24  »z  hoher  Brücke  über  den  Bach  und  im  Bogen  durch  den  33o  »z  langen 
Leidecker  Tunnel.  Die  Windauer  Ache  trat  hier  im  Jahre  1897  über  die  Ufer 
ihres  vorher  ganz  schmalen  Bettes  und  vermuhrte  die  Wiesen.  Die  damals  an- 
geschwemmten Schotterbänke  sind  heute  mit  über  mannshohem  Erlengebüsch 
völlig  überwachsen,  ein  Beispiel  für  die  schnelle  Besiedelung  solcher  Alluvien. 
Am  Ausgange  des  oben  verlassenen  Brixentales  (rechts)  Wasserfall.  Mit  mäßi 
gem  Gefälle  an  Hopf  garten  und  Schloß  Itter  (rechts  auf  bewaldetem  Vor- 
sprung)  vorbei,  öfter  durch  Tannenwald  dem  breiten  Inntale  zu,  das  mit 
Station  Wörgl  erreicht  wird. 

Im  reichbebauten  (auch  Maisfelder  [S.  61]),  aber  eintönigen  Inntale 
über  Kundl  (hier  in  den  Materialgräben  links  Sümpfe  mit  Schoenoplectus  la- 
custris,  S.  52)  nach  Rattenberg;  altes  Städtchen  am  Inn,  vom  Schloß  über- 
höht. Unter  diesem  kurzer  Tunnel,  dann  Station  Brixlegg;  das  große  Dorf  mit 
Kupferschmelzwerk  links.  Vorne  rechts  die  vordersten  Grate  des  Sonnwend- 
gebirges sichtbar,  nördlich  Dorf  Kramsach  an  der  Mündung  des  waldreichen 
Brandenbergertales.  Auf  steinerner  Brücke  über  den  Inn,  durch  einen  in  der 
Talsohle  stehengebliebenen  Fichtenwald;  links  über  dem  Fluße  die  Schlösser 
Matzen  und  Lichtwert  und  die  Ruine  Kropfsberg,  darüber  Bergwerkshalden. 
Zwischen  dem  Reiterkogel  und  der  von  steilem  Felsen  herabschauenden  Ka- 
pelle Brettfall  der  breite  Eingang  des  berühmten  Zillertales;  im  Hinter- 
grunde desselben  einige  Fels-  und  Eisgipfel  seiner  Umrahmung  sichtl)ar.    Am 


127 

aufgelassenen  Tiergarten  (rechts)  und  der  Innbrücke  der  Zillertalbahn  (links, 
über  derselben  die  landwirtschaftliche  Anstalt  Rotholz)  vorbei  zur  Station  Jen- 
bach. Unter  dem  Dorfe  Eisenschmelze  mit  Hochofen.  Erzförderung  an  Draht- 
seilen vom  gegenüberliegenden  Bergwerke  Schwader  herab. 

Sonnwendgebirge. 

(1V2  Tage.) 
Nördlich  von  Jenbach  schneidet  das  Achental  mit  dem  gSo  m  hoch  ge- 
legenen, ig  km  langen  und  gegen  1Y2  ^"'"  breiten  Achensee  tief  in  die  Nordtiroler 
Kalkalpen  ein,  gegen  das  bayrische  Isartal  geöffnet  und  durch  einen  niedrigen 
Sattel  mit  dem  Inntale  verbunden.  Eine  wenig  ausgedehnte  Berggruppe,  das 
Sonnwendgebirge,  wird  dadurch  von  den  Parallelketten  des  Karwendel- 
gebirges abgetrennt.  Es  besteht  aus  einem  westöstlich  verlaufenden  Haupt- 
kamme mit  mehreren  Gipfeln,  darunter  dem  Hochiß  (2298  7h)  und  Rofan 
(2260  m),  und  drei  nach  Süden  von  diesem  abzweigenden  Graten.  Am  Nordende 
des  Achensees  ist  der  Unutz  vorgelagert,  nordöstlich  ziehen  sich  bis  zum 
Quertale  des  Inn  waldige  Vorberge.  Die  Gipfel  des  Sonnwendgebirges  bieten 
einen  instruktiven  Einblick  in  die  Flora  der  westnorischen  Kalkalpen  {S.  86) 
und  einige  schöne  Seltenheiten,  sowie  auch  eine  prächtige  Fernsicht. 
Der  Besuch  der  Rofanspitze  ist  ganz  bequem  (nur  Abstieg  etwas  steil),  in 
Verbindung  mit  dem  Hochiß  erfordert  die  Tour  Ausdauer.  Unterkunft  in  der 
Erfurterhütte  gedrängt. 

Jenbach-Erfurterhütte  (1860»w). 

Die  Straße  führt  sonnig  durch  den  langgestreckten  Ort  aufwärts  in  das 
Tal  des  Kasbaches;  beim  Sensenwerk  Epilobium  parviflorumy.  roseum;  am 
Bachufer  (S.  53)  Salix  nigricans  und  grandifolia,  charakteristische  Stauden- 
vegetation, auch  viel  Equisetum  Tehnateja,  an  quelligen  Stellen  Hypericum 
acutum  u.  a.  Erst  sanft  durch  Mischwald,  dann  steiler  nach  rechts  im  Fichten- 
walde aufwärts  nach  Maurach,  1^/2  Stunden.  Die  Zahnradbahn  führt  durch 
Birken-  und  Lärchenwälder  am  Dorfe  Eben  vorbei  dorthin. 

Weiter  zuerst  sanft  (Weg  rot  markiert)  durch  trockenen  Fichtenwald 
der  Kalkalpen  mit  Aposeris  foetida  (S  33),  dann  steiler  längs  des  Wasser- 
laufes aufwärts.  Im  BachgeröUe  Petasites  niveus.  Auf  den  trockenen  Vor- 
alpenfluren (S.  50)  beim  Niederleger  Charakterpflanzen  dieses  Gebietes:  Plan- 
tago  montana,  bis  auf  die  Gipfel  verbreitet,  Astrantia  Bavarica,  etwas  weiter 
oben  Euphrasia  liii'tella  (ganz  isoliertes  Vorkommen).  Über  1600  m  im  Graben 
bereits  Krummholz;  hier  unter  anderem  Pimpinella  rubra,  Valeriana  montana, 
Polystichum  Lonchitis.  An  der  Waldgrenze  (schmaler  Zirbengürtel,  S.  33)  eine 
Hochfläche,  an  deren  Rande  die  Erfu  rterhütte  (zirka  1860  m)  liegt,  (2^2  ^is 
3  Stunden  von  Maurach).  Schöner  Blick  auf  die  Felsgipfel  der  Umgebung  und 
in  die  Tiefe  zum  Achensee. 


128 


Erfurterhütte— Rofanspitze  (2260  »w)— Wiesing— Jenbach. 

(Tagestour:  Aufstieg  2  Std.  [Geübtere  über  Hochiß,   2298  m,   S'/,  Stunden,  Route  b]; 
"'Abstieg  4 — 4^/2  Stunden). 

Route  <7) :  Von  der  Erfurterhütte  (daselbst  Cirshim  spinosissimum  ge- 
mein) auf  rotinarkiertem  Wege  gegen  Osten  durch  eine  grasige  Mulde,  dann 
auf  den  Grat,  der  vom  Roßkopf  südlich  zur  Heiterstellspitze  zieht  und  weit 
gegen  das  Inntal  vorspringt.  Zwischen  Blockwerk  und  Gerolle  auf  einen  zwei- 
ten diesem  parallelen  Seitengrat  (hier  links  eine  frische  Quelle)  und  von  da 
längs  des  Hauptkammes  weiter  zum  grünen  Gipfel  des  Rofan. 

Route  b)  (ebenfalls  rot  markiert):  Von  der  Hütte  gerade  nördlich  über 
den  zum  Gschollkopf  vorgeschobenen  Riegel  und  durch  eine  blockreiche  Mulde 
(an  den  Felsen  ihres  oberen  Randes  Aretia  Helvetica)  zu  einem  Sattel  im  Haupt- 
kamme. Nun  nach  Westen  unter  dem  schroff  abstürzenden  Hochiß  durch 
(hier  Rhamniis  puniila);  von  dieser  Seite  steil  auf  den  schmalen  Grat  und  zum 
wenig  geräumigen  Gipfel,  i'^j^ — 2  Stunden.  Aussicht  ähnlich  der  vom  Rofan; 
schwindelnder  Blick  über  die  senkrechte  Nordwand  in  die  Tiefe.  Zurück  bis 
unter  den  Sattel  und  östlich  über  Rasen  auf  das  Spieljoch  (2287  m),  dann  auf 
im  Felsen  ausgehauenem  Steige  mit  Drahtseil  (hier  Trisetiim  distichophyllum) 
hinab  und  unter  dem  Roßkopf  durch  auf  den  letzten  Seitengrat;  weiter  wie 
unter  ä). 

Aussicht  von  der  Rofanspitze  sehr  umfassend:  Bayrische  Hochebene, 
die  wilden  Ketten  des  Karwendelgebirges,  der  Eiskranz  der  Zentralalpen  von 
der  Ötztalergruppe  bis  zum  Großglockner,  davor  dunkle  Schiefergebirge,  be- 
sonders schön  der  Einblick  in  das  Zillertal;  Unterinntal,  Salzburger  Kalkalpen. 

Bemerkenswertere  Pflanzen  (vgl.  auch  S.  86):  In  der  Gipfelregion  mehr 
oder  weniger  verbreitet:  Carex  atrata,  parvißora,  Silene  alpina  (weit  herab), 
Cerastium  fontanum,  Alchimilla  fissa,  Potentilla  Ci-ant^ü  (^  Salisburgensis), 
Trifolium  Thalii,  Hedysarum  obscurum,  Pachypleurum  simplex,  Plantago  mon- 
tana,  Chrysanthemum  atratum,  Gnaphalium  Hoppeanum,  Antennaria  Carpathica, 
im  Geröllfelde  nördlich  derselben:  Trisetum  spicatum,  Saxifraga  stenopetala, 
Saussurea  pyginaea,  Crepis  Terglouensis,  am  höchsten  Punkte:  Salix  serpylli- 
folia,  Primula  minima,  Alectorolophiis  lanceolatiis,  Euphrasia  hirtella. 

Besuchen  wir  den  Südgrat  bis  zum  sogenannten  Sagzahn,  so  treffen  wir 
im  Rasen  Juncus  Jacquini,  an  Felsen  Aretia  Helvetica. 

Abstieg  nach  Süden  (rot  markiert)  durch  Gerolle  und  Alpenweiden  zur 
Scherbensteinalpe  (1853  ?n),  deren  Hütten,  an  eine  Felswand  angelehnt, 
ganz  versteckt  liegen.  An  einer  Lache  (Alpenmoor  S.  72)  da,se.\hst Eriophorum 
Scheuch:^eri,  an  üppigen  Grasplätzen  Peucedanum  (Imperatoria)  Ostruthium. 
Weiter  über  eine  steile,  steinige  Stufe  zur  bereits  in  der  Waldregion  gelegenen 
AUbüchlalpe;  hier  die  üppige  Vegetation  der  gedüngten  und  wasserreichen 
Umgebung  der  Sennhütten  (S.  si")  besonders  stark  entwickelt.   Nun  wieder 


i2g 

reclit  steil  hinab  durch  schönen  Fichtenwald  (im  oberen  Teile  auch  Buchen) 
zum  oberen  Ende  eines  Alluvialkegels  (zirka  950;»),  über  den  es  sanft  nach 
rechts,  häufio-  durch  Birkengehölze,  nach  Wiesing  und  auf  dem  Fahrwege  durch 
Wiesen  und  Acker  nach  Jenbach  geht. 

Jenbach — Innsbruck. 

Die  Eisenbahn  führt  am  linken  Ufer  weiter.  Rechts  unter  hohem,  durch 
einen  Waldbrand  entblößtem  Felsgehänge  das  Schloß  Tratzberg,  dann  vor 
Stans  (rechts)  kurzer  Blick  auf  Georgenberg,  auf  einem  Felsblock  in  wal- 
diger Schlucht  gelegen;  links  die  hohen  Bergwerkshalden  des  Kellerjoches,  an 
dessen  Fuße  die  alte  Stadt  Schwaz,  vom  Schlosse  P'reundsberg  überragt. 
Über  das  Geröllbett  des  Vomperbaches,  dann  nahe  dem  Flusse  in  dem  von 
Dörfern  (Pill,  Weer,  Kolsaß,  Wattens,  Volders  links,  Terfens,  Fritzens,  Baum- 
kirchen rechts)  reich  belebten  Tale  nach  Westen.  Nördlich  das  bewaldete 
Mittelgebirge  des  Gnadenwaldes,  an  dessen  Fuße  Eichenbestände,  im  Süden 
das  Weertal,  Wattental  und  Voldertal  mit  ihren  Gebirgsumrahmungen.  Die  alte 
Salinenstadt  Hall  (rechts)  mit  dem  charakteristischen  Münzturm  zieht  sich  am 
Schuttkegel  des  Halltalerbaches  hinauf,  überragt  vom  dunklen  Zunderkopf  und 
den  trapezförmigen  Mauern  des  Bettel  wurfkam  m es.  Gerade  fort  unter  dem 
diluvialen  Gehänge  (rechts)  von  Thaur,  Rum  und  dem  Arzler  Kalvarienberge; 
jenseits  des  Flusses  ausgedehntes  Mittelgebirge.  Beim  Vororte  Mühlau  stei- 
nerne Brücke  über  den  Inn,  dann  langer  Viadukt  bis  zum  Bahnhofe  von  Inns- 
bruck. 

Innsbruck. 

Innsbruck  (Fig.  4),  die  Landeshauptstadt  Tirols  (mit  Wilten,  dem  römi- 
schen Veldidena,  zirka  48.000  Einwohner)  liegt  574  m  hoch  in  der  Talebene  zwi- 
schen dem  Inn  und  der  von  Süden  kommenden  Si  11.  Den  Ruf  einer  der  schön- 
sten Alpenstädte  verdankt  Innsbruck  den  Reizen  seines  Mittelgebirges  und 
der  abwechslungsreichen  Hochgebirgsumrahmung.  Im  Südosten  die  Ausläufer 
der  Zillertaler  Alpen  (Tuxergruppe),  mit  der  Kuppe  des  Patscherkofels, 
(2248  ju)  endend;  genau  im  Süden  als  Glanzpunkt  die  schöne  regelmäßige 
Pyramide  der  Serles  oder  Waldrasterspitze  (2715  m),  rechts  davon  die  drei- 
gipflige  vSaile  (2402  vi),  beide  Reste  der  Trias  in  den  Zentralalpen;  im  Südwesten 
dunkle  Schieferberge,  der  Roßkogel  und  Grieskogel  (2887  ;n)  im  Seilraintale. 
Im  Hintergrunde  des  Oberinntales  (Westen)  der  vielspitzige  Muttekopf  bei  Imst. 
Nördlich  des  Inn  die  Kalkmauer  der  Solsteinkette,  bei  Zirl  mit  der  sagenbe- 
rühmten Martinswand  beginnend,  mit  Solstein  (2641  ;n),  Brandjoch  etc.,  da- 
hinter im  Osten  die  Bettel  wurfkette  (Großer  Bettelwurf  2725  ;n).  Beiderseits 
des  Tales  ziehen  in  800 — 900  tu  Höhe  fluvioglaziale  Ablagerungen  (S.  7)  hin, 
welche,  von  der  Erosion  des  Flusses  noch  übriggelarssen,  heute  die  für  die 
Exkursion  in   die  Ostalpcn.  n 


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Gebend  su  charakteristischen  Mittelgebirge  bilden.  Die  südliche  Terrasse, 
teilweise  vom  Urgestein,  welches  als  höchsten  Punkt  die  Lanser köpfe  ("gSi  ju) 
bildet,  gestützt,  ist  eine  reichkultivierte  Fläche  mit  bewaldeten  Hängen,  deren 
Zusammenhang  nur  durch  die  tiefe  Schlucht  der  Sill  (Fig.  4  vorne)  unter- 
brochen wird.  An  der  Mündung  derselben  liegt  der  Berg  Isel,  die  Wahlstatt 
der  Jahre  1703,  1797  und  1809,  mit  Denkmal  Andreas  Hofers.  Das  bekannte 
Sciiloß  Ambras  weiter  östlich  am  Hange.  Die  nördliche  Mittelgebirgsterrasse 
(vgl.  Fig.  4)  ist  viel  weniger  ausgedehnt,  meist  bewaldet  und  in  Ermanglung 
einer  festeren  Stütze  im  unteren  Teile  in  mehrere  Sandhügel  zerfallen  und  vom 
Höttingergraben  und  der  Mühlauerklamm  tief  durchfurcht.  Der  ober  der 
Stadt  sichtbare  rötliche  Steinbruch  liegt  in  der  pflanzenführenden  interglazialen 
H  ö  1 1  i  n  g  e  r  B  r  e  c  c  i  e.  '^) 

Von  Sehenswürdigkeiten  der  Stadt  liegen  für  unseren  Besuch  am  näch- 
sten: der  botanische  Garten  der  Universität  mit  schöner  Alpenanlage,  das 
«Güldene  Dachl»,  die  Triumphpforte  in  der  Maria  Theresienstraße,  der  Ru- 
dolfsbrunnen, dann  die  berühmte  Hofkirche,  nahe  der  kaiserlichen  Burg,  das 
Panorama  der  Schlacht  am  Berge  Isel  (1809),  ein  1000  ?n-  großes  Rund- 
gemälde  Zeno  Diemers,  das,  abgesehen  von  der  Darstellung  der  Kämpfenden, 
die  Landschaft  gerade  in  ihrer  schönsten  Stimmung,  am  Abende  nach  einem 
Gewitter,  in  berückender  Natürlichkeit  wiedergibt,  die  große,  aus  den  natür- 
lichen Gesteinen  hergestellte  Reliefkarte  von  Tirol  im  Maßstabe  von  i :  7500, 
das  Landesmuseum  (Ferdinande um)  mit  besonders  archäologisch  sehr 
reichen  Sammlungen. 

Nördliche  Mittelgebirgsterrasse.^) 

(Halbtagstour,  4  Stunden). 

Über  die  Innbrücke  in  das  alte  Dorf  Hötting,  durch  dessen  enge  Gas- 
sen aufsteigend  nach  Überschreiten  des  Baches  der  Diluvialhang  erreicht  wird. 
Über  diesen  (Sanddorngebüsche,  S.  42)  steil  zum  Planötzenhofe;  dort  zwi- 
schen Maisfeldern  in  den  hohen  F'öhrenwald,  der  später  Fichten  und  Buchen 
Platz  macht,  und  fast  eben  zum  H  ö  ttingerbild,  einer  Kapelle  mitten  im 
Walde  {qo6  in),  i'^j^  Stunden.  Nun  rechts,  den  Höttingergraben,  dessen  Hänge 
mit  Kalkgerölle  bedeckt  (hier  Eiiphrasia  Salisbiirgensis)  und  mit  Alniis  incana 
bewachsen  sind,  querend,  zum  Gramartboden,  einer  Waldwiese  mit  ausge- 
dehntem Blick  auf  die  Gelände  südlich  von  Innsbruck  bis  zu  den  Brennerbergen 
und  dem  mächtigen  Habicht  im  Stubaitale.  Restauration.  Durch  schattio^e  Fichten- 


')  Wettstein,  R.  v.,  Die  fossile  Flora  der  Höttinger  Breccie.  Denkschr.  Akad. 
"Wiss.,  Wien  1892,  S.  479—524. 

^)  Blaas,  Ein  geolog.  Spaziergang  im  Höttinger  Graben  und  Dalla  Torre, 
Pflanzen-  und  Tierwelt  im  nördlichen  Mittelgebirge  bei  Innsbruck  (22.  Jahresber.  des 
Innsbrucker  Verschönerungs Vereines). 

9* 


l32 

Wälder  fast  eben  über  das  Plateau  fort,  später  sanft  ansteigend  zur  Arzleralpe, 
die  bereits  am  Gürtel  der  Kru  inmholzbuchen  (S.  35)  liegt.  Weiter^)  gegen 
Nordosten  ansteigend,  werden  bald  die  hochstämmigen  feuchten  Buchenwäl- 
der (S.  35)  an  der  Lehne  der  Müh  lauer  Klamm  erreicht  (1^/2  Stunden).  Hier 
(zirka  1150  vi)  im  faulenden  Buchenlaube  mitunter  in  ganzen  Gruppen  Epipognn 
aphyllus.  In  der  Klamm  selbst  an  den  feuchten  Felsen  Saxifraga  unitata;  reiche 
Algenvegetation  an  den  Steinen  im  Bache,  die  von  Hydruriis,  Diatomaceen, 
Rivularien  u.  a.  Gallertüberzüge  (S.  58)  erhalten,  auch  an  Felswänden  {Scj'- 
tonema  etc.).  Weiter  auf  steilem,  steinigem  Wege  an  den  Kaskaden  des  Baches 
und  unter  mächtigen  Felsen  hin  zum  Ausgange  der  Klamm,  dann  rechts  über 
sandige,  mit  Kalkmuhren  überdeckte  Hänge  mit  Sanddorngebüschen  nach 
Müh  lau  (i  Stunde)  und  über  die  Kettenbrücke  und  den  Saggen  oder  mittels 
Tramway  in  die  Stadt. 

Viller  Wiesenmoor  und  Lanserköpfe.-) 

(Halbtagstour,   2^/4   Stunden). 

Mittels  Tramway  durch  die  Stadt  zum  P'uße  des  Berges  Isel,  ^/^  Stunde; 
von  dort  Mittelgebirgsbahn,  ^/^  Stunde.  Nach  Osten  über  die  Sill ;  rechts 
kurzer  malerischer  Blick  auf  den  künstlichen  Wasserfall  derselben  am  Aus- 
gange der  Schlucht,  daneben  Eingang  des  ersten  Tunnels  der  Brennerbahn. 
Am  Hange  des  Paschberges  durch  Fichtenwälder  immer  weiter  ansteigend 
unter  stetem  Ausblick  auf  die  herrlichen  grünen  Gelände  des  Inntales,  am 
Tummelplatze  (rechts),  einem  alten  Soldatenfriedhofe,  vorbei  zur  Haltestelle 
Ambras.  Unweit  davon  (links)  das  Schloß,  darunter  das  gleichnamige  Dorf, 
Nun  in  mehreren  Serpentinen  mit  immer  abwechselnden  Fernblicken  aufwärts 
zur  Station  Aldrans;  dann  gegen  Westen  zurück  an  steilen  Schotterhängen  hin 
auf  die  Höhe  des  Mittelgebirges  zur  Haltestelle  Lansersee.  In  der  Nähe  der 
«große  Lansersee»,  842  m,  ein  kreisrundes  Wasserbecken;  auf  Moorboden 
seines  Ostufers  Potentilla  Non'egica. 

Ein  ziemlich  ausgedehntes  Wiesenmoor  (vgl.  S.  51)  füllt  eine  Senkung 
gegen  Vill  (westlich)  aus.  Von  bemerkenswerten  Arten  sind  hier  zu  erwähnen: 
Eriophontm  gracile,  Heleocharis  paucißora,  RhyncJiospora  alba,  Polygala  Austria- 
cinn,  Drosera  rotundifolia,  Anglica,  obovata,  Carex  dioica,  Buxbaumii,  lasiocarpa 
(«ßlifo}-mis»),  fulva  (ßava  X  Hornschiichiana),  in  seichten  l'ümpeln  blüht  in 
Menge  Utricularia  minor,  an  deren  Rändern  Sturmia  Loeselii. 


^)  Falls,  was  vorher  rekognosziert  werden  wird,  Epipogon  noch  nicht  entwickelt 
sein  sollte,  kann  dieser  Teil  unterbleiben  und  über  die  Hungerburg  und  Weiherburg  steil 
nach  Innsbruck  abgestiegen  werden. 

-)  Murr  J.,  Die  Lanserköpfe  bei  Innsbruck  und  ihre  Umgebung.  Deutsche  bot. 
Monatschr.  XIX  (1901),  S.  152—154. 


133 

In  20  Minuten  wird  die  Schieferkuppe  des  Lanserkopfes,  g3i  iii,  erreicht, 
der  beste  Aussichtspunkt  für  die  Umg-ebung  Innsbrucks.  Besonders  schön  der 
BHck  über  die  mit  Dörfern  besäten  Mittelgebirge,  über  den  eleganten  Kurort 
Igls  auf  den  mächtigen  Habicht  und  andere  Gipfel  der  Stubaier  Eisberge,  in 
das  Unterinntal  bis  Kufstein  und  dem  Kaisergebirge;  sonst  wie  S.  129  erwähnt. 
An  Gestein  Soiipervivuni  Doellianuni,  Aspleniuni  septeutrionale,  Saxifraga  Ai:^oon 
etc.  Abstieg  zunächst  zum  «kleinen  Lansersee»,  der  mit  Nymphaea  alba, 
Elodea  Canadeusis  etc.  bedeckt  ist.  Zwischen  dem  Schilf  A.spidiinn  Thelypteris 
und  Carex  Pseiidocyperiis,  jedoch  nur  mit  größter  Vorsicht  zugänglich.  Von 
hier  auf  schlechtem  Fahrwege  durch  einen  Birkenhain  (S.  36)  nach  Norden 
(Senecio  Jacobaea  X  alpinus  in  großen  Stöcken),  dann  gegen  Westen  abwärts  an 
den  Rand  der  Sillschlucht  (Libanotis  viontana)  und  auf  der  Iglser  Straße,  die 
Sill  querend,  zur  IVamway,  i  Stunde.  Der  Besuch  der  Reliefkarte  von 
Tirol  (s.  oben)  am  besten  hier  anzuschließen. 

Innsbruck— Brenner  (1370  m\ 

Bald  nach  Verlassen  des  Bahnhofes  fahren  wir  über  einen  hohen  Damm, 
der  Ausblicke  nach  rechts  und  links  über  das  Inntal  gestattet,  in  den  660  m 
langen  Berg  Isel-Tunnel  ein.  Jenseits  desselben  befinden  wir  uns  in  der  Sill- 
schlucht. Links  der  Paschberg,  rechts  führt  die  neue  Stubaitalbahn  zum 
Mittelgebirge.  Nach  der  gänzlich  zerfallenen  Ruine  Sonnenburg  auf  hoher 
Brücke  über  die  Sill.  Weiter  an  abgesprengten  Felsen  fortan  am  rechten  Ufer 
hin  durch  mehrere  Tunnels,  über  Dämme  und  Stützmauern  hoch  über  dem  im 
silbergrauen  Phyllit  eingegrabenen  Schlund  der  schäumenden  Sill,  an  dessen 
Steilhängen  Birken  und  Erlen  Gestrüppe  bilden.  Beim  Weiler  Gärberbach  zahl- 
reiche Linden,  die  ihre  Existenzbedingungen  dem  Föhn  (S.  9)  verdanken.  Gegen- 
über die  dreigipfelige  Saile,  vor  uns  die  Seriesspitze.  An  der  Mündung  des 
Stubaitales  die  Stephans  brücke  der  Brennerstraße  sichtbar,  ein  hochgewölbter 
steinerner  Bogen  von  44  m  Spannweite.  Weiterhin  Fichtenwälder  an  den  weni- 
ger steilen  Hängen;  an  kahlen  Stellen  setzen  Chrysanthemum  (Tanacetiim)  vul- 
gare, Arteinisia  Absinthiwn,  Tommasinia  verticillaris  und  Libanotis  montana  die 
charakteristische  Vegetation  zusammen.  Auf  einer  kleinen  Wiese  in  der  Tiefe 
eine  der  größten  elektrischen  Kraftanlagen,  zu  deren  Betriebe  das  Wasser  der 
Sill  y6  km  weit  nahezu  horizontal  am  Hange  hingeleitet  wurde  und  dort  aus 
i83  m  Höhe  durch  mannsdicke  Rohre  außerordentlich  steil  herabstürzt.  Bei 
Station  Patsch  in  großer  Menge  die  durch  den  Bahnbau  eingeschleppte  Isatis 
tinctoria.  Hier  beginnen  allmählich  die  Lärchen wälder  (S.  34),  die  bis  über 
Steinach  hinaus  dominieren.  Erster  Blick  auf  das  Hühnerspiei  beim  Austritt 
aus  dem  Mühltaltunnel,  dem  längsten  der  Strecke  (878  m).  Auf  hohem  Damme 
und  Durchlaß  über  den  Fluß,  dann  den  Schloßberg  von  Trautsohn  mittels 
Tunnels   durchfahrend   nach  Matrei.     Bald   darauf  im   fast   ebenen  Talbecken 


i34 

Mündung  des  Navistales,  in  dessen  Hintergründe  die  Tarntalerköpfe  (Serpen- 
tin), Bei  Steinach  (rechts)  Blick  in  das  berühmte  Gschnitztal  mit  Blaser, 
Kirchdachspitze  und  Habichj^  In  starker  Steigung  biegt  die  Bahn  nach  Osten 
in  ein  Seitental  (die  steilen  Felsen  links  von  den  niederhängenden  Sträuchern 
der  Juniperus  Sabina  überwuchert),  welches  sich  alsbald  in  das  Schmirntal 
und  Valsertal  gabelt,  deren  schroffe  Bergformen  nur  auf  Augenblicke  zu  sehen 
sind.  Der  IVennungsrücken  dieser  beiden  Täler  wird  bei  St.  Jodok  mittels 
Kehrtunnels  durchfahren,  an  der  gegenüberliegenden  Tallehne  wieder  der  Hang 
des  Silltales  erreicht  und  so  nahezu  loo  m  Steigung  überwunden.  Am  Fuße  des 
Padaunerkogels,  hoch  ober  dem  Dorfe  Gries  (gegenüber  am  Abschlüsse  des 
Obernbergertales  die  mächtige  Tribulaungruppe),  dann  am  tiefgrünen 
Brennersee  (rechts)  vorbei  und  über  die  Mündungen  des  Venna-  und  Gries- 
bergtales  zu  der  am  höchsten  Punkte  der  Bahn  gelegenen  Station  Brenner 
(iSyo  in)  der  Wasserscheide  zwischen  Schwarzem  und  Adriatischem  Meere. 
Rechts  kommt  der  Eisack  herab,  an  dem  durch  das  meist  von  kaltem  Wind 
durchwehte  Hochtal  abwärts  Brennerbad  erreicht  wird. 

A.  Vcnnatal.^) 

(Halbtagstour,   3  Stunden). 

Vom  Kraxentrager,  einem  Gipfel  im  Südkamme  der  Tuxergruppe,  zieht 
zum  Brennersee  das  nur  6  kvi  lange,  geographisch  ganz  unbedeutende,  aber 
landschaftlich  schöne  Vennatal  herab.  Im  unteren  Teile  ganz  sanft  geneigt, 
mit  Lärchen-  und  Fichtenwäldern  bewachsen,  zwischen  denen  üppige  Wiesen 
und  Voralpenfluren  sich  ausbreiten,  schließt  es  mit  einem  geröllbedeckten  Steil- 
hange, über  den  der  Abfluß  des  kleinen  Kraxentragerferners  in  einem  Wasser- 
fall herabstürzt.  Die  rechte  (nördliche)  Talseite  ist  streckenweise  aus  steilen 
Felsen  stark  kalkhaltigen  Phyllites  gebildet,  der  Kalk-  und  auch  Urgesteins- 
pflanzen die  Existenz  ermöglicht.  Eine  große  Anzahl  von  Arten  der  Hoch- 
alpenregion  steigen  dort  bis  1500  m  herab,  während  andererseits  einige  xero- 
phile Talpflanzen,  ja  selbst  solche  der  banato-insubrischen  Zone  im  Zusammen- 
hange mit  der  Wirkung  des  Föhns  (S.  9)  noch  existieren  können.  Die  dadurch 
entstehende  Pflanzengesellschaft  bildet  den  botanischen  Anziehungspunkt. 

Etwa  ^/^  Stunde  nördlich  der  Station  Brenner  wird  die  Straße  verlassen 
und  nach  rechts  über  die  Bahn  in  das  Tal  eingebogen.  Schon  hier  an  Felsen 
alpine  Pflanzen,  z.  B.  Pr'nnula  longißora.  Bequemer  ebener  Weg  in  Y2  Stunde 
zum  Weiler  Venna.  Am  Bache,  der  hier  überschritten  wird,  Peucedanum  Ostru- 
thium,  Phyteiima  Hallen',  Hieracium  aurantiacum  etc.  in  üppiger  Entwicklung. 
Unweit  nördlich  davon  steigen  die  Felsen  an.  Stipa  pennata,  Aster  alpinus, 
Leontopodium  alpituun,  dessen  «Sterne»  oft  aufgelöst  erscheinen,  Arteinisia  laxa 

')  Nach  Angaben  von  Herrn  H.  Fleiscli  manu  (Wien). 


i35 

und  Art.  campestris  mögen  die  Flora  charakterisieren.  Weiter  taleinwärts  beim 
Ansteigen  gejgen  den  Wasserfall  Cystopteris  mnnlana,  Alliyrium  alpeslre,  Cerinthe 
alpina,  Pn'mula  viscosa,  Achillea  moschata. 

B.  Hühnerspiel  (Amthorspitze)  ^)  2751  m. 

(i'/a  'JL''^ge;   Aufstie;,'   5 — j'/o   Stunden;   Al)stie<j  4   Stunden). 

IDas  Hühnerspiel 2)  gehört  dem  südlichsten  Teile  der  Tuxer  G  e- 
Ijirgsgriippe  an,  der,  durch  das  Pfitschtal  vom  Hauptstocke  der  Zillertaler 
Alpen  getrennt,  einen  von  Nordosten  gegen  Südwesten  neben  dem  ILisacktale 
verlaufenden  Rückini  darstellt.  Nach  einer  weiten  Einsattelung  schwingt  sich 
dieser  zu  einer  mächtigen  Herggruppe  empor,  die  in  der  scharfen  Pyramide 
der  Rollspitze  (2800  in)  kulminiert.  Auf  ihrem  von  steilen  Felswänden  flan- 
kiertem Ostgrate  erhebt  sich  das  Hühncrspiel  (2751  m),  südlich  davon  die  Weiß- 
s[)itze  (2716  m),  nördlich  ist  die  Daxspitze  (2648  m)  vorgelagert.  Wie  in  touri- 
stischen Kreisen  die  prachtvolle  Fernsicht,  so  hat  der  von  Kerner  ent- 
deckte^ erschöpfend  aber  erst  seit  wenigen  Jahren  bekannte  Pflanzenreich- 
tum für  Botaniker  das  Hühnerspiel  zu  einem  der  ersten  Anziehungspunkte  ge- 
macht. Es  ist  nicht  eine  bestimmte  Formation,  die  sich  dort  besonders  gut 
studieren  ließe,  sondern  die  überaus  große  Anzahl  von  vielfach  pflanzen- 
geographisch gar  nicht  zusammengehörenden  Arten,  die  diesen  f^erg  zu  einem 
der  lohnendsten  Punkte  unserer  Reise  macht.  Geographische  Lage,  Klima  und 
geologische  Beschaffenheit  tragen  dazu  gleichinäßig  bei.  Viele  Arten  der  öst- 
lichen Alpen,  insbesondere  Charakter[)flanzen  des  Tauernzuges,  haben  hier  die 
Westgrenze  ihrer  Verbreitung,  während  von  der  nahen  eisstarrenden  ütztaler- 
gruppe  noch  einzelne  westalpine  Pflanzen  herüberreichen,  um  sich  hier  mit 
jenen  zusainmenzufinden.  In  klimatischer  Hinsicht  stehen  die  Brennerberge 
unter  dem  I^influsse  des  Föhns  (Scirocco),  der  sich  von  hier  in  die  nördlichen 
und  auch  in  die  südlichen  Täler  hinabstürzt.  Das  Fortkommen  einer  ganzen 
Reihe  von  Pflanzen  der  Südtiroler  Dolomitalpen  ist  zweifellos  seiner  Wirkung 
zuzuschreiben.  Das  Gestein,  aus  dem  die  ganze  Berggruppe  aufgebaut  ist,  ist 
streckenweise  stark  kalklialtiger  Phyllit,  dem  außerdem,  wie  auf  der  Weiß- 
spitze, Kalke  unsicheren  Alters  aufliegen.  Von  der  großen  Anzahl  der  hier 
zusammen  vorkommenden  Arten  soll,  da  sie  sich  teils  überall  zertreut  finden, 
teils  ihre  Standorte  in  der  Natur  wenig  gekennzeichnet  sind,  gleich  hier  eine 
Auswahl  gegeben  werden:  Trisetinn  spicatiim  und  distichophylliim,  Sesleria 
ovata  (östlich),  Carex  nipestris,  Chamaeorchis  alpina,  Dianthus  glacialis  (östlich), 


')  Wir  wollen  den  schönen  Vollcsnamen  «Hühnerspiel»  dem  durch  Gemeinde- 
beschluß dem  Berge  nach  seinem  verdienten  Erschließer  Dr.  It.  Amthor  gegebenen 
vorziehen. 

-)  Noc,  Gossensaß,  Blätter  der  Erinnerung  an  die  Gletscherwelt  Tirols,  Meran 
1888,  S.  06 — 98.  —  Kerner  A.,  Korrespondenz,  Österr.  bot.  Zeitschr.  XIX,  1869,  S.  223. 


i36 

Silene  Norica  (östlich),  Alsine  lanceolata  (südlich),  Cerastium  strictum,  Raniin- 
ciiliis  plantagineus  (südlich),  Anemone  sulphurea  (westlich),  Arabis  coenilea, 
Draba  Fladnit:^ensis  und  Caii^thiaca,  Papaver  aiirantiacinn  (westlich),  Sedum 
Cay-inthiacum,  Saxifraga  biflora,  bißora  X  oppositifolia  und  Riidolphiana,  Poten- 
tilla  g7-andißora,  nivea  und  frigida  (westlich),  Alchimilla  fissa  und  ßabellata, 
Oxytropis  Tiroliensis,  Astragahis  australis,  alpinus  und  frigidus,  Trifolium  alpi- 
nnm  (westlich),  Primiila  ghitinosay^  minima,  longißora  (südlich),  Anneria  alpina, 
(östlich),  Gentiana  brachyphylla  (westlich),  postrata  (östlich),  nana  (östlich), 
tenella,  Kerneri  und  calycina  (südlich),  Swertia  (LomatogOniiim)  Carinthiaca  (spät 
blühend),  Pedicularis  asplenifoUa  und  Oederi  (beide  westlich),  P.  tuberosay^ro- 
strata,  Erigej-on  imißorus,  Antennaria  Carpathica,  Leontopodium  alpinum,  Arte- 
misia  laxa  und  Genipi,  Doronicwn  glaciale  (östlich),  Saussurea  alpina,  Carduus 
Rhaeticus  (südlich),  Taraxacimi  Pacheri  (östlich),  Reichenbacliii  (endemisch), 
Crepis  jubata  (westlich)  und  Terglouensis,  Hieracium  dentatum,  piliferum  etc. 
Der  Weg-  zweigt  zirka  ^^  Stunden  von  Brennerbad  abwärts  beim  Gast- 
hause Pontigl  ab,  das  nach  angenehmer  Wanderung  auf  der  Straße  erreicht 
wird.  Aufwiesen  Massen  von  Carduus  agrestis  und  Ranunculus  Kerneri,  Cha- 
rakterpflanzen des  Brennergebietes.  Der  markierte  Steig  führt  nun  bequem  in 
Serpentinen  durch  vegetationsarmen  Fichtenwald  empor.  Galium  Leyboldii 
und  Hieracium  Bocconei  sind  die  einzigen  bemerkenswerten  Pflanzen.  Immer 
schöner  öffnet  sich  im  Ansteigen  der  Blick  in  das  Pflerschtal  mit  seiner  eisge- 
panzerten Umrahmung  und  der  über  4  km  langen  Kehre  der  Eisenbahn.  Unter 
der  Waldgrenze  wird  in  i^/^  Stunden  die  bewirtschaftete  Amthorhütte  erreicht. 
In  zahllosen  Serpentinen  führt  der  markierte  Reitweg  am  Hange  empor. 
Ericaceengürtel  (S.  67)  schmal  und  wenig  ausgeprägt;  mittlere  und  obere 
Hochgebirgsregion  gehen  ganz  allmählich  ineinander  über.  Es  empfiehlt  sich, 
weiter  oben  etwas  rechts  vom  Wege  ab  ober  den  Felsen  (aber  nicht  zu  nahe) 
hinzugehen,  da  dort  die  reichste  Flora.  Zuletzt  über  einen  schmalen  Grat  zum 
Gipfel,  2^/2 — 3  Stunden. 

Aussicht  die  Hochgebirge  fast  ganz  Tirols  umfassend.  Sehr  zu- 
sammengeschoben die  eisgepanzerten  Zentralalpen:  im  Osten  die  Zillertaler 
Alpen,  besonders  schön  die  Tuxergruppe;  im  Westen  über  dem  Pflerschtale 
die  zahllosen  Gipfel  der  Stubaier  und  Ötztaler  Alpen  mit  Wildspitze  (3776  m) 
und  Weißkugel;  gleich  über  dem  Brenner  die  schroffen  Kalkberge  der  Tribu- 
laungruppe.  Im  Norden  über  der  grünen  Sillfurche  die  Nordtiroler  Kalkalpen 
bis  zur  Hungerburg  bei  Innsbruck  herab  sichtbar.  Im  Süden  die  formenreichen 
Dolomitalpen  (Ampezzaner  Berge,  Marmolata,  Langkofelgruppe,  Schiern  etc.); 
näher  düstere  Schieferberge  des  Sarntales,  darüber  hinaus  die  Brentagruppe, 
endlich  in  weiter  Ferne  die  Gletschergipfel  der  Adamello-,  Presanella-  und 
Ortlergruppe  bis  knapp  unter  den  Gipfel  des  Ortlers  {3go2m)  selbst.  Talblick 
in  das  liebliche  Sterzinger  Becken;  das  Pfitschtal  zum  großen  Teile  durch  die 
nahe  Rollspitze  verdeckt. 


i37 

Für  Seh  \v  indelfreie  lohnt  die  noch  ^1^  Stunde  weitere  Rollspitze 
einen  Besuch.  Der  markierte  Weg  führt  zuerst  über  den  schmalen,  scheinbar 
ganz  ungestörten  Grat,  muß  aber  bald  in  tief  eingerissene  Scharten  absteigen. 
Auf  dieser  luftigen  Höhe  Alsine  decandra,  Arenaria  frigida,  Hutchinsia  brevi- 
caulis,  Draba  Fladnit:^ensis  und  seltene  Moose  (Pottia  latifoUa,  Eurhynchium 
cirrhositm,  Stylosteghnn  caespiticiinn)  als  zwergige  Vertreter  der  Vegetation. 
Der  Berg  besteht  aus  dem  äußerst  brüchigen  Quarzphyllit  und  zeigt  besonders 
am  Nordhange  in  großartiger  Weise  das  Zerstörungswerk  des  Windes  und 
Regenwassers  (S.  8),  während  der  Südhang  mit  glattgewaschenen  Platten  ge- 
panzert ist.    Vom  Gipfel  schöner  Blick  auf  das  ganze  Pfitschtal. 

Abstieg  gleich  unterhalb  des  Gipfels  nach  Süden  auf  markiertem  Fuß- 
steig in  den  vSattel  zwischen  Hühnerspiel  und  Weißspitze.  Nun  diesen  ver- 
lassend rechts  über  festes  Gerolle  und  Rasen  in  der  Tiefe  der  Platzerberg 
genannten  Mulde  abwärts.  Unter  der  Alpe  wird  über  den  nördlichen  Hang  der 
Reitweg  erreicht  und  auf  diesem  nach  Gossensaß  abgestiegen,  3-^/^ — 4  vStun- 
den.  Das  wohlhabende  Dorf  liegt  1061  m  hoch,  am  Ausgange  des  Pflersch- 
tales,  am  eigentlichen  Südfuße  des  Brennerpasses,  und  ist  seit  wenigen  Jahren 
ein  gutbesuchter  Luftkurort  geworden. 

Gossensaß — Bozen. 

Gleich  unterhalb  Gossensaß  passiert  die  Bahn  eine  kurze  Talenge,  in 
welcher  die  Trasse  im  ehemaligen  Bette  des  Eisack  liegt,  dieser  selbst  aber 
durch  einen  künstlichen  Wassertunnel  (rechts)  braust.  In  südlicher  Rich- 
tung abwärts  durch  steile  Lärchenwälder,  die  hier  von  grauen  Felsbänken 
durchsetzt  sind,  am  Dörfchen  Ried  (links)  vorbei,  in  das  Talbecken  von  Ster- 
zing.  Hier  münden,  umrahmt  von  den  vergletscherten  südlichen  Ausläufern 
der  Stubaier  Gruppe,  das  Ridnauntal  und  Jaufental,  von  Nordosten  das  Pfitsch- 
tal. Am  Fuße  bewaldeter  Hänge  das  altertümliche  Städtchen  Sterzing  ^)  male- 
risch gelegen;  südöstlich  davon,  uns  hinter  den  Weidenbeständen  des  Flußufers 
nicht  sichtbar,  das  nunmehr  fast  trockengelegte  Sterzinger  Moos,  ein  letzter 
Rest  des  diluvialen  Sees. 

Das  folgende,  nach  Südosten  verlaufende  Durchbruchstal  des  Eisack 
in  mehrfacher  Hinsicht  bemerkenswert.  Zunächst  im  unteren  Teile  waldloser 
Nordhang,  mit  insbesondere  in  der  Umgebung  der  schön  renovierten  Schlösser 
Sprechenstein  und  Weifenstein  (links)  xerophytischer  Vegetation,  mit  durch 
Viehverbiß  verstümmelten  kleinen  Wachholdersträuchern  bestanden.  Unterhalb 
Mauls  zwischen  den  genäherten  Talwänden  streckenweise  nur  Raum  für  den 
zwischen  Felsblöcken  schäumenden  Fluß,  die  Straße  und  Bahn.    Die  sehr  stei- 


^)  Die  römische  Kolonie  Vipitemim.  Daher  der  Name  Wipptal  für  die  keineswegs 
einheitliche  Talfurche  von  hier  bis  Innsbruck. 


i38 

len,  trockenen  und  von  Erosionsrissen  durchfurcliten  nördlichen  Hänge 
tragen  hier  schütteren  Wald  von  Pinits  silvestris,  nur  in  ganz  vereinzelten 
schattigeren  Schluchten  firjd^en  sich  spärliche  Fichten,  während  gleich  gegen- 
über die  ebenfalls  steile  südliche  Talseite  mit  prächtigem  Fichtenwald, 
gemischt  mit  Birken  (B.  verrucosa)  bedeckt  ist,  ein  Kontrast,  der  sich  bei  der 
Gleichheit  des  Gesteins  (Granit)  nur  durch  die  verschiedene  Lage  und  die  da- 
mit gegebene  Verschiedenheit  der  Beleuchtungs-  und  Feuchtigkeitsverhältnisse 
erklären  läßt.  Kleine  Wiesen  der  Talsüle  von  mitunter  prächtigen  Birken  um- 
geben. Bei  Grasstein  (links)  ein  Denkmal  für  die  Gefallenen  der  zahlreichen 
Kämpfe  sichtbar,  die  im  Jahre  i8og  um  diesen  Engpaß  zwischen  Tirolern, 
Bayern  und  Franzosen  tobten. 

Unterhalb  Mittewald  die  ersten  Kastanienbäume  (Castanea  sativa)  kulti- 
viert; auf  den  Höhen  vor  uns  bereits  Weingärten.  Wir  befinden  uns  an  der 
klimatischen  Grenze  Südtirols.  In  der  Station  Franzensfeste  längerer  Auf- 
enthalt, Bald  darauf  links  die  mächtige  gleichnamige  Talsperre.  Die  hier  ab- 
zweigende Pustertalbahn  übersetzt  mit  200111  langer  Brücke,  deren  mittlerer 
Teil  aus  Militärrücksichten  in  die  Festung  eingezogen  werden  kann,  das  Tal 
und  damit  in  80  in  Höhe,  gerade  über  der  Straßenbrücke,  den  Felsschlund  des 
Flusses.  In  südlicher  Richtung  wird  das  freundliche  Brixener  Becken  mit 
der  Mündung  des  Pustertales  erreicht.  Die  Hänge  des  von  Norden  weit  vor- 
geschobenen diluvialen  Schabser  Plateaus  mit  Weingärten  bedeckt,  auch  Mais 
wieder  im  großen  kultiviert.  Kastanienhaine  und  Weingärten  grenzen  nicht 
bald  wo  so  knapp  an  die  baltischen  Fichtenwälder  der  Talhänge,  ja  selbst  an 
Alpenrosenbestände,  wie  beim  folgenden  Dorfe  Vahrn.  An  der  Mündung  der 
Rienz  (links)  die  Stadt  Brixen,  550  in,  überragt  vom  Schlosse  Krahkofel,  dem 
nördlichsten  Standorte  zahlreicher  südlicher  Pflanzen.  Weiter  abwärts  am 
Flusse  (links)  Eschenbestände,  dann  prächtige  alte  Auen  aus  Erlen,  Weiden 
und  Populus  nigra,  deren  Boden  von  Riibus  caesiiis  überwuchert  ist.  Die  Bahn- 
dämme mit  Robinia  Pseudacacia  bepflanzt;  auf  dem  schotterigen  Untergrunde 
üppige  Ruderalflora  (Echiinn  vulgare,  Artemisia  vulgaris,  Galeopsis  speciosa, 
Verbascuin-\rte.n).  Bevor  sich  das  Tal  wieder  verengt  (bei  Albeins)  kurzer 
Blick  auf  die  Dolomitzacken  der  Geislerspitzen  (links).  Bald  nach  Passieren 
des  Villnössertales  das  Kloster  Säben  auf  hohem,  senkrecht  abstürzendem  Fels- 
kopfe (rechts);  an  seinem  Fuße  das  Städtchen  Klausen.  Die  Fichtenwälder  ver- 
schwinden weiterhin  fast  völlig,  an  ihre  Stelle  treten  Rotbuchen  (Fagus  silva- 
tica).  Die  hier  noch  spärlichen  Weingärten  hochwüchsiger  und  bereits  der 
italienischen  Kulturart  ähnlich.  Bei  Waidbruck  mündet  links  das  Grödnertal, 
berühmt  durch  die  kunstvollen  Holzschnitzereien  seiner  ladinischen  Bewohner. 
Beim  Bahnhofe  (links)  eine  mächtige  Trauerweide. 

Unterhalb  Waidbruck  beginnt  der  sogenannte  Kuntersweg,  eine 
Schlucht,  die  sich  der  Eisack  von  hier  bis  gegen  Bozen  tief  im  Porphyr  aus- 
gewaschen hat.    An  den  von  senkrechten  roten  Felswänden  durchsetzten  Steil- 


liängen  finden  sich  von  Süden  eingedrungene  Elemente  in  seltsamer  Vereinigung 
mit  den  vom  Mittelgebirge  herabsteigenden  baltischen  Waldbäumen.  Ein  aus 
Ostrya  carpinifoUa,  Corylus  Avellana,  Betula  i'errucosa,  Fagiis  silvatica,  Casta- 
nea  .sativa,  Colutea  arborescens,  Cotinus  Coggygria,  Fraxiniis  excelsior,  Picea 
excelsa ,  Pinus  silvestris ,  die  wir  sämtlich  während  der  Eahrt  leicht  unter- 
scheiden können,  zusammengesetztes  Gehölz,  wie  es  hier  insbesondere  den 
östlichen  Hang  bedeckt,  wäre  unerklärlich,  wenn  uns  nicht  die  geographische 
Lage  der  Gegend  über  seine  Entstehung  Aufschluß  gäbe.  Streckenweise  lassen 
die  steilen,  von  Hedera  Helix  übersponnenen  Felsen  für  Gesträuch  überhaupt 
nur  mehr  wenig  Raum;  insbesondere  Nadelbäume  verschwinden  später  völlig. 
Von  der  Haltestelle  Kastelrut  abwärts  Massen  von  Chamaenerium  palustre 
im  GeröUe  des  Flusses.  Bei  Atzwang  die  ersten  Zypressen;  links  kurzer  Blick 
auf  den  Schiern.  Bei  Blumau,  das  durch  mehrere  Tunnels  erreicht  wird, 
Mündung  des  Tiersertales.  Der  Eisack  biegt  nach  Westen  und  vorne  über 
dem  durch  Weingärten  und  Gehöfte  immer  mehr  belebten  Tale  wird  die  Um- 
ralimung  des  Bozener  Beckens  sichtbar.  Bei  Kardaun  treten  die  Felshänge 
rasch  auseinander  und  die  Bahn  biegt  vom  Flusse  rechts  ab.  Unter  immer 
großartigerem  Blick  auf  die  Umrahmung  des  Talkessels,  zwischen  Weingärten, 
Pfirsich-  und  Mandelkulturen  an  den  Dörfchen  Rentsch  und  St.  Magdalena 
vorbeifahrend,  erreichen  wir  den  Bahnhof  von  Bozen  (262  ;n). 

Bozen. 

Die  Stadt  Bozen  ^)  liegt  unweit  der  Mündung  des  Eisack  in  die  von  Nord- 
westen aus  dem  Vinschgau  kommende  Etsch,  am  nördlichen  Ende  eines  lang- 
gestreckten diluvialen  Flußseebeckens,  das  durch  den  Durchbruch  der  Etsch 
bei  Salurn  entleert  wurde.  In  seinem  westlichen  Teile  reicht  das  auch  fluß- 
aufwärts als  schmale  Terrasse  fortgesetzte  rebenreiche  Mittelgebirge  «Über- 
etsch»,  ein  Porphyrriegel  mit  diluvialer  Decke  bis  an  die  Etsch  heran.  Im 
Norden  umgeben  die  Sarntaler  Alpen  im  Halbkreise  das  schluchtartig  mün- 
dende Sarntal;  ihr  Südfuß  bildet  zwischen  letzterem  und  dem  Eisack  das 
hochgelegene  Porphyrplateau  des  Rittens.  Auch  im  Osten  breiten  sich  mit 
rötlichen  Porphyrfelsen  abstürzende  Vorberge  aus;  hinter  ihnen  die  zerklüf- 
teten Dolomitgruppen  des  Latemar  und  Rosengarten,  dann,  auf  das  Mittel- 
gebirge von  Völs  und  Seis  senkrecht  abstürzend,  der  Schiern.  Am  Horizont 
weiters  gegen  Norden  einzelne  Schiefergipfel  der  bereits  erwähnten  Sarntaler 
Al[)en;  im  Südwesten  der  Gantkofel  und  Monte  Roen;  zwischen  ihnen  der  Men- 
delpaß  mit  Straße  nach  dem  Nonsberg.  In  der  Ferne  einzelne  Gipfel  des 
Schiefergebirges   in  der  Umgebung  von  Meran  sichtbar.    Zahlreiche  Schlösser 


')  Berjjmeister  A.,  Physisch-medizinisch-statistische  Topographie  der  Stadt  Bozen. 
Bozen  1854,   S.  i3  — 19. 


140 

zieren  allenthalben  Hügel  und  Ecken  der  Mittelgebirge;  viele  sind  schon  längst 
zu  Ruinen  verfallen,  andere  aber  noch  bis  heute  bewohnt  und  erhalten  oder  in 
neuerer  Zeit  wiederhergesti.[It  worden. 

Bozen  ist  im  Sommer  eine  der  ersten  Touristenstationen  Tirols,  aber 
auch  im  Winter  wie  noch  mehr  das  jenseits  der  Talfer  gelegene  Dorf  Gries 
als  klimatischer  Kurort  schon  seit  langer  Zeit  besucht.  Von  interessanten 
Bauwerken  seien  der  aus  dem  Jahre  151g  stammende  gotische  Turm  der 
Pfarrkirche,  das  nahe  prachtvolle  I3enkmal  des  Tiroler  Minnesängers 
Walter  von  der  Vogelweide  und  die  durch  ihre  künstlerische  Ausstattung 
berühmte  Weinstube  «Batzenhäusl»  genannt.  Der  Obstmarkt  und  die 
L.aubengasse  zeigen  nicht  nur  die  besten  Produkte  des  in  der  Gegend  blühen- 
den Obstbaues,  sondern  auch  ein  buntes  Bild  des  bewegten  Volkslebens. 

Erzherzog  Heinrichs^Promenade. 

Über  Walterplatz,  Laubengasse,  Obstmarkt  (vgl.  oben)  wird  das 
Talferbett  und  rechts  über  die  prächtige  Ausblicke  auf  die  Stadt  und  Um- 
gebung gewährende  Wassermauer  ein  eiserner  vSteg  erreicht,  über  den  wir 
zum  oberen  Ausgange  von  Gries  gelangen.  Nun  ein  kurzes  Stück  nach  links, 
an  Felsen  und  Mauern  vorbei  (hier  die  zentralamerikanische  Opuntia  pinnila 
eingebürgert)  in  den  Ort  zum  Fagenbache,  der  über  eine  steile  Porphyrwand 
vom  Mittelgebirge  herabstürzt,  doch  im  Sommer  gewöhnlich  wenig  Wasser 
enthält.  Längs  desselben  zunächst  unter  prächtigen  Edelkastanien  (Castanea 
sativa)  einen  schlecht  gepflasterten  Weg  aufwärts.  Rechts  ein  alter  einzeln- 
stehender Turm  («g'scheibter  Turm»).  Nach  links  abbiegend  führt  nun  die 
Erzherzog  Heinrichs- Promenade  ober  den  Gärten  von  Gries  dahin, 
^/^  Stunden.  Die  Gebüsche  dieses  warmen  Hanges  stehen  zwar  im  Sommer 
nicht  mehr  im  Blütenflor,  doch  ist  ihre  Formation  (S.  41 — 42)  noch  charakte- 
ristisch genug;  die  krautigen  Pflanzen  sind  zum  größten  Teile  bereits  verbrannt. 
Als  seltener  verdient  Cynanchum  laxum  erwähnt  zu  werden.  Schließlich  ge- 
langen wir  am  Westende  von  Gries  auf  die  Straße  herab.  Am  Rückwege 
passieren  wir  die  sehr  sehenswerte  Kakteenanlage  des  Hotels  Austria  und 
können  den  besonders  abends  herrlichen  Blick  von  der  Brücke  über  das  hoch- 
gelegene schottererfüllte  Talferbett  noch  lange  genießen. 

Runkelstein  und  Erzherzog  Heinrichs.'Garten. 

(Halbtagstour;   3   Stunden.) 

Am  Fuße  des  Rittens  (rechts)  durch  die  äußersten  Gassen  der  Stadt  auf 
die  neue  Sarntaler  Straße,  welche  anfangs  zwischen  den  Einfriedungs- 
mauern der  Weingärten  eingeengt  ist.  Innerhalb  St.  Peter  felsige  Hänge  mit 
den  charakteristischen  Gesträuchen  (S.  41 — 42)  und  noch  blülienden  krautigen 


141 

Pflanzen:  Diplachne  serot'uia,  Dianthus  Seguie'ri,  D.  Monspessulanus,  Semperrivuni 
acuminatimi,  Galiinn  purpureum,  Centranthus  ruber. 

An  einer  vorspringenden  Ecke  unter  mächtigen  Walnußbäumen  (Juglans 
regia)  und  Edelkastanien  prächtiger  Blick  auf  unser  Ziel  (Taf.  XXXIII),  das  auf 
einem  Felsen  über  der  Straße  ebenso  imponierend  als  malerisch  gelegen  ist.  Bald 
zweigt  rechts  der  alte  gepflasterte  Burgpfad  ab  und  führt  unter  laubenartig  zu- 
sammenschließenden hohen  Sträuchern  von  Cornus  mas  zum  zypressenge- 
schmückten Eingang'e  des  Schlosses.  Die  der  Stadt  Bozen  gehörige  Burg  wurde 
vor  drei  Jahrzehnten  durch  Schmid  in  ihrem  ursprünglichen  Zustande  vollständig 
wiederhergestellt  und  besitzt,  abgesehen  von  dem  ganzen  Aufbau,  insbeson- 
dere durch  die  in  drei  Sälen  verteilten  alten  Freskogemälde  aus  dem  Sagen- 
zyklus Tristan  und  Isolde  hohen  kunstgeschichtlichen  Wert.  Im  Hofe  kleine 
Restauration  mit  prächtiger  Aussicht  auf  das  Bozener  Gelände  bis  Sigmunds- 
kron  und  Überetsch  bis  zur  Mendel.  Etwa  lo  Minuten  taleinwärts  finden  wir 
an  Felsen  längs  des  nach  Rafenstein  (links)  hinaufführenden  Weges  Adian- 
tiim  Capillus  Veneris,  Notholaena  Marantae  und  Opuntia  pumila.  Die  Rückkehr 
erfolgt  auf  derselben  mitunter  sehr  heißen  Straße. 

Der  «Erzherzog  Heinrichs-Garten»,  heute  im  Besitze  der  P'ürstin 
v(jn  Campo  Franco,  zieht  sich  in  bedeutender  Ausdehnung  am  Hange  des  Ritten 
hinauf.  Unter  den  zahlreichen  Ziergärten  der  Stadt  ^)  ist  er  der  sehenswer- 
teste, da  sich  dort  der  größte  Teil  der  in  Bozen  kultivierten,  aus  wärmeren 
Klimaten  stammenden  Gehölze  vereinigt  findet. 

Es  seien  hier  nur  die  prächtigen  Coniferen  erwähnt,  wie:  Sequoia  gigan- 
tea,  Araucaria  excelsa,  Bidwillii,  Brasillana,  Picea  pungens,  Alcocquiana,  Abies 
Pinsapo,  Nordmanniana,  concolor,  Cephalonica,  Tsuga  Douglasii,  Cedrus  Deo- 
dara,  Libani,  atlantica,  Pinus  Strobus,  Halepensis,  Cupressus  funebris,  glauca 
u.  a.  Cltamaecyparis  Laivsoniana,  Nutkaensis,  pisifera,  obtusa,  Thuya  gigantea, 
Juniperus  drupacea,  Taxus  baccata  f.  hybernica,  Cephalotaxus  Fortunei;  ferner 
Ginkgo  biloba,  Liriodendron  Tulipifera,  Lagerstroemia  Indica,  Diospyros  Kaki, 
Magnolien,  Bambusen  u.  v.  a. 

Sigmundskron,  ^)  die  Moser  und  das  Kulturland  an  der  Etsch. 

Mittels  Eisenbahn  vom  Bozener  Bahnhofe  gegen  Westen  abbiegend  auf 
zierlicher  Eisenbrücke  über  die  Talfer  (prächtiger  Ausblick),  dann  bald  auf 
dem  Etschdamme,  bald  durch  Auen,  Obst-  und  Weingärten  zur  Haltestelle 
Sigmundskron   am    diesseitigen    Etschufer    (Meranerbahn)    oder,    den    Fluß 


^)  Vgl.  darüber:  Entleu tner  A.,  Die  Ziergehölze  von  Südtirol.  Verhandl.  der 
k.  k.  zool.-bot.  Gesellsch.,  Wien  XXXVIII  (1888),  S.  115  — 132. 

-)  F.  Leybold,  Ein  botanischer  Ausflug  auf  den  Gaukofel  in  Südtirol.  Flora 
XXXVIII  (1855),  S.  305— 3l6. 


142 

übersetzend,  auf  hoher  Mauer  zur  Haltestelle  Üheretsch  der  Uberetscherbahn, 
die  hier  in  mehreren  Windungen  zum  Mittelgebirge  ansteigt.  Östlich  davon 
führt  durch  hohen  Ostrya-'W's.ld  der  Weg  nach  Sigmundskron  hinan,  ^4  Stunde. 
Die  stark  zerfallene  altersgraue  Ruine  breitet  sich  mit  ihren  mächtigen  Mauern 
und  Türmen  in  bedeutendem  Umfange  auf  der  vorspringenden  Ecke  des  Mittel- 
gebirges aus  und  gewährt  aus  ihren  Fenstern  herrliche  Ausblicke  über  das 
Bozener  Becken.  Der  vordere  Teil  dient  als  Pulvermagazin  und  ist  nicht  zu- 
gänglich. Etwas  flußaufwärts  zwischen  der  Etsch  und  der  Berglehne  sind  noch 
Reste  der  ehemals  weitausgedehnten  Etschmöser  erhalten  geblieben.  Unter 
riesigen  alten  Weiden  erreichen  wir  diese  hochwüchsigen,  mit  Schilf,  Melilotits 
altissimiis,  Thalict7-um  hicidimi,  Althaea  officinalis  etc.  dicht  bestandenen  Sumpf- 
wiesen. Die  Rückkehr  auf  der  zwar  staubigen  Straße  bietet,  besonders  wenn 
die  Strahlen  der  untergehenden  Sonne  Wiesen,  Obstgärten  und  Weinlauben  in 
goldigem  Glänze  erscheinen  lassen,  prächtige  Stimmungsbilder.  An  den 
Straßenrändern  sind  von  bemerkenswerten  Pflanzen  zu  erwähnen:  Lacliica  Sca- 
riola,  Galega  officinalis,  Epilobiinn  adnatinn,  Cucubalus  baccifer,  Digitaria  cilia- 
ris.  In  I  Stunde  wird  Gries  erreicht  und  über  die  Talfer  nach  Bozen  zurück- 
gekehrt. 

Über  den  Schiern  nach  Campitello 

(2   Tage). 

Der  Schiern  gehört  mit  zu  jenen  Punkten  der  Alpen,  deren  Ptlanzen- 
reichtum  bereits  vor  einem  Jahrhundert  den  ersten  Erforschern  der  damals  nur 
mit  großem  Aufwände  zugänglichen  Hochalpen  bekannt  war.  Beinahe  alle 
Botaniker,  die  später  die  Alpen  bereisten,  widmeten  ihm  ebenfalls  ihre  Auf- 
merksamkeit und  dadurch  erlangte  er  seine  Berühmtheit,  obwohl  er  kaum  mehr 
Pflanzen  beherbergt  als  alle  anderen  gleich  ausgedehnten  Berge  der  Dolomit- 
alpen. Wir  besuchen  ihn  deshalb,  weil  er  unter  diesen  am  allerleich  testen 
zugänglich  ist  und  außerdem  trotz  der  verhältnismäßig  geringen  Höhe  infolge 
seiner  vorgeschobenen  Lage  eine  ebenso  weite  und  instruktive  als  schö  ne  Aus- 
sicht bietet.  Der  Berg  bildet  eine  mit  Matten  und  Gesteinfluren  (Tafel  LH  unten) 
bedeckte  Hochfläche,  die  im  Osten  durch  die  Roßzähne  mit  der  weit  höheren 
Sellagruppe  und  dem  Rosengarten  zusammenhängt  und  gegen  das  Mittel- 
gebirge des  Eisacktales  in  furchtbar  steilen  Felswänden  abstürzt.  An  deren 
Rand  liegen  auf  dem  die  tiefe  Schiernklamm  umgürtenden  wenig  emporragen- 
den Rücken  die  drei  Gipfel:  der  eigentliche  Schiern  (2565  ;;!),  Jungschiern 
(23go  in)  westlich  und  Burgstall  (2514  m)  nördlich.  Diesem  sind  die  kecken  Fels- 
nadeln der  Sandtner-  und  Euringerspitze  vorgelagert. 

Atzwang-Ratzes  (3  Stunden).  Schiernhaus  (2454«*,  S'/i  Stunden). 

Bis  Atzwang  mit  Bahn  (S.  iSg).  Bei  der  Station  auf  alter  hölzerner 
Brücke  über  den  Eisack,  sodann  gegen  Südosten   streckenweise  steil  auf  ge- 


143 

pilastertem  Karrenvve^e  (r(Jt  markiert)  am  Porph)  rlian^e  aufwärts.  Hier  häufig^ 
DiantJius  Monspessulanus;  Kirschbäume  und  Eschen  bis  in  die  Wipfel  mit  Epheu 
dicht  umrankt.  An  Mauern  Solammi  litorale  neben  S.  Dulcamai-a,  Rubus  idmi- 
folius  und  dessen  Bastard  mit  R.  caeshts.^-  Zwischen  zwei  Bauernhöfen  (leicht 
zu  übersehen!)  links  (ebenfalls  rot  markiert)  abbiegend  auf  den  Rand  des  Pla- 
teaus, i^/^  Stunden.  An  Gestein  Sempervivum  acuminatinn  und  tomentosuin, 
Sediiui  reßexiim.  Im  Rückblicke  am  gegenüberliegenden  Mittelgebirge  des 
Ritten  die  berühmten  Erdpyramiden  von  Lengmoos  deutlich  sichtbar, 
hohe  Pfeiler  des  diluvialen  Lehms,  die^  von  Felsblöcken  gedeckt,  von  der 
ringsum  tätigen  Erosion  des  Wassers  verschont  wurden  und  hier  in  ganzen 
Reihen  und  Gruppen  beisammen  stehen.  Zwischen  Eichen-,  Birken-  und  Föh- 
renwäldchen zur  zerstreuten  Ortschaft  St.  Constantin,  20  Minuten;  bei  der 
von  Eschen  umgebenen  Kirche  (90g  vi)  schöner  Blick  auf  die  Abstürze  des 
Schlerns.  Weiter  auf  angenehmem  Wege  durch  Wiesen  (hier  Ceiitaiirea  dubia, 
bracteata,  Cirsiuni  acaule  etc.),  dann  durch  anfangs  hochstämmigen  Föhren- 
wald, an  einer  frischen  Quelle  vorbei,  auf  einem  Fußsteige  rechts  abbiegend 
((Carduus  Rhaeticiis,  Campanula  caespitosa)  gegen  die  Ruine  Hauenstein 
hinan.  Zahllose  F'elsblöcke,  von  den  höheren  Hängen  stammend,  tragen  hier 
mitten  im  Walde  eine  Reihe  alpiner  Kalkpflanzen.  Am  Hotel  Salegg  vorbei, 
rechts  ansteigend,  auf  einem  Fußpfade  zur  genannten  Ruine  (1225  m),  i  Stunde, 
die  inmitten  prächtigen  Hochwaldes  aus  Fichten  und  Lärchen  mit  tiefen  Moos- 
polstern auf  einem  mächtigen  Felsblocke  thront.  Am  Felsen  Festuca  spectabilis, 
in  seinen  Höhlungen  Hutchinsia  paucißora.  Eine  Gedenktafel  erinnert  an  den 
letzten  Minnesänger  Oswald  von  Wolkenstein,  der  hier  den  größten  Teil  seines 
Lebens  verbrachte.    Eine  Viertelstunde  weiter  das  Bad  Ratzes  (1205  vi). 

Von  den  zwei  Wegen,  die  zwischen  Seiseralpe  und  Schiern  zu  unse- 
rem Ziele  hinaufführen,  benützen  wir  den  am  Südhange  der  Talschlucht  des 
Frötschbaches,  dem  Gehänge  des  Schlerns  selbst,  hinaufziehenden  Touristen- 
steig. Er  führt  zunächst  am  Bachlaufe  einwärts;  daselbst  die  dünnen  Platten 
der  Werfener  Schichten  schön  aufgeschlossen.  Sodann  südlich  an  der  steilen 
Lehne  in  vielen  Serpentinen  durch  Fichtenwald  hinan.  Eine  Partie  von  Augit- 
porphyr,  der  zwischen  den  Schichten  der  Trias  liegend,  als  Band  den  vSchlern 
und  die  Seiseralpe  umzieht,  mit  Alniis  viridis  bestanden.  Nun  in  geringer  Stei- 
gung wieder  taleinwärts  und  nach  2  Stunden  gegenüber  Proslin  an  die  Wald- 
grenze mit  zerzaustem  Fichtenwalde  (vS.  11,  3i),  1900  vi.  Auf  Weideplätzen  hier 
reichlich  Cirsiiivi  en'ophorinn.  Weiter,  gegen  Südwesten  umbiegend,  durch  die 
Krummholz-  und  mittlere  Hochgebirgsregion  (S.  77)  über  Gesteinfluren  (S.  72), 
einige  Bachrinnen  querend,  unter  immer  umfassenderem  Ausblick  auf  die  aus- 
gedehnte Seiseralpe  im  Rücken  zur  Hochfläche  (2400  vi)  empor,  i  ^/^  Stunden. 
Auf  dieser  Strecke  außer  Charakterpflanzen  des  Gebietes  (vgl.  vS.  88)  bemerkens- 
wert:  Festuca  puviila,  Poa  minor,  Carex  brachystadiys,  Alchiviilla  alpestris, 
Achillea  oxyloba,  Saussiirea  alpina,  Crepis  Jacqiiinii,  Scor:^onera  aristata  etc. 


144 

Eine  Viertelstunde  weiter  die  geräumigen  Schlernluiuser  des  Alpen- 
vereius  (2454  m). 

*  Gipfel  und  Jungschiern. 

Der  sanft  gewölbte,  mit  Blockwerk  bedeckte  Gipfel  (2565  iii)  wird  auf 
gutem  Steige  in  20  Minuten  erreicht.  Daselbst  in  großer  Menge  Sesleria 
sphaerocephala  und  leiicocephala. 

Zu  unseren  Füßen  im  Norden  weit  ausgedehnt  die  grüne  Seiseralpe, 
die  größte  Tirols,  mit  ihren  70  Almhütten.  Darunter  das  dörferbesäte  Mittel- 
gebirge von  Seis  und  Kastelrut;  jenseits  des  Kuntersweges  der  Ritten  mit 
mehreren  Dörfern;  links  davon  Teile  des  Bozener  Beckens.  Im  östlichen  Teile 
des  Panoramas  die  zahlreichen,  bald  massigen,  bald  in  schlanke  Nadeln  zerris- 
senen Gruppen  der  Dolomit alpen  (nördlich  Peitlerkofel  und  Geislerspitzen, 
östlich  Langkofel  und  Sellagruppe,  darüber  Teile  der  Ampezzaner  Berge,  über 
dem  Tierseralpel  die  eisgepanzerte  Marmolata  [336o  »n],  gegen  Süden  Rosen- 
garten und  Latemar).  Im  fernen  Süden  die  Gebirge  des  unteren  Etschtales  bis 
zum  Monte  Baldo  und  der  Brentagruppe.  Weiter  rechts  die  Uralpen  des 
Nonsberges,  überragt  von  den  Gletschergipfeln  der  Presanella-,  Adamello- 
und  Ortlergruppe,  nordwestlich  über  den  dunklen  Sarntalerbergen  die  Eis- 
kette der  Ötztaler  und  Stubaier  Alpen;  im  Nordosten  daranschließend 
Zillertaler-  und  Tauernkette  bis  gegen  die  Kärntner  Grenze. 

Der  Jungschiern  wird  vom  Gipfel  aus  längs  des  Rückens  ohne  eigent- 
lichen Weg  anfangs  durch  GerüUe,  später  über  Matten  (S.  69)  in  ■^j^  Stunden 
bequem  erreicht.  Unterwegs  schauriger  Blick  in  die  Tiefe  der  Schlern- 
klamm.  An  den  rötlichen  Felsen  der  Raiblerschichten,  die  an  ihrem  oberen 
Rande  mehrere  Stufen  bilden  (Vorsicht!).  Artemisia  Genipi,  Draba  dubia, 
Douglasia  Vitaliana  (überall  häufig),  im  Rasen  Antennaria  Carpathica,  Tha- 
lictrum  alpiniim,  Juncus  Jacquini  etc.  Am  Südhange  ziemlich  horizontal  hin- 
gehend (hier  Carex  membranacea)  gelangt  man  in  ^j^  Stunden  zum  Schutz- 
hause zurück. 

Über  das  Tierseralpel  nach  Campitello,  4\2— 5  Stunden. 

Wir  wenden  uns  zunächst  südöstlich  abwärts  zur  Kassiankapelle,  die  in 
^j^  Stunde  erreicht  wird  und  am  Rande  eines  Felsengürtels  liegt,  welcher  die 
Charakterpflanzen  der  Dolomitalpen  (S.  88)  trägt.  In  Sumpfstellen  Carex 
microglochin  und  Juncus  arcticus.  Von  hier  links  (nordöstlich)  aufwärts  durch 
eine  Senkung  auf  unseren  rot  markierten  Weg.  Nun  sanft  ansteigend  (hier 
Carex  parvißora)  gegen  die  Roterdspitze,  kurz  vor  dieser  links  in  Serpen- 
tinen ein  Stück  hinab  und  unter  den  senkrechten,  oft  phantastisch  geformten 
Felswänden  der  Roßzähne  (links)  hoch  ober  dem  Tschamintale  (Bärenloch) 
hin.  Überall  guter  Weg,  für  Schwindelige  aber  etwas  Vorsicht  nötig!  Herrlicher 
Anblick  der  Wildnis  der  Rosengartengruppe  (südlich)  gerade  uns  gegenüber. 


145 

Wieder  etwas  ansteigend  über  Matten  auf  Augitporphyr  (Alsine  rcciirva  häufig, 
Agrostis  alpina)  zur  Höhe  des  'Fi  erseralpels  (2455  ?n),  2  Stunden  (inlvlusive 
Umweg). 

Linlcs  über  den  niederen  Rücken  (Mahlknechtjoch)  in  ^/^  Stunde  zum  ge- 
räumigen bewirtschafteten  Seiseralpenhause  (2142  ;n)  mit  kleinem  Alpen- 
pflanzengarten. Nun  über  das  nahe  Mahlknechtjoch  wieder  zurück  und  nach 
Osten  auf  dem  Fahrwege  steil  hinab  in  das  Durontal.  Dessen  obersterTeil  (im 
Augitporphyr)  bildet  die  ausgedehnte  Duronalpe;  weithin  üppige  Matten,  von 
Zirben  umsäumt,  mit  der  Marmolata  und  dem  hochaufstrebenden  Vernel  im 
Hintergrunde.  Nach  über  3  km  fast  ebener  Wanderung  wieder  steiler  am 
schäumenden  Bache  (hier  Scrophiilaria  Hoppei)  zwischen  Fliehten  und  Lärchen 
abwärts  und  zuletzt  steinig  in  das  Fassatal  nach  Campitello  (1442  m). 

Campitello  (Post-  und  Telegraphenamt)  liegt  am  Buge  des  Fassa- 
tales,  das  hier,  aus  Südosten  \om  Fedajapasse  kommend,  sich  gegen  Süd- 
westen wendet.  Die  Landschaft  der  Umgebung  ist  beeinflußt  durch  die 
Mannigfaltigkeit  des  Gesteines:  im  Norden  und  Westen  Dolomitberge,  die 
massige  Sellagruppe  und  die  Ausläufer  des  Rosengartens,  letztere  mit  Decken 
von  Eruptivgesteinen;  an  der  linken  Tallehne  die  äußerst  steilen  Hänge  der 
dunkelfarbigen  düsteren  Augitporphyrberge  (S.  4)  Sasso  di  Dam  und  Sasso 
di  Rocca.  Die  Talsohle  ist  größtenteils  mit  Wiesen  bedeckt;  Ackerbau  wird 
nur  mehr  spärlich  betrieben.  Die  Bewohner  sind  Ladinier,^)  Nachkommen 
der  romanisierten  Rhätier,  welche  das  ganze  Alpengebiet  bewohnten,  bevor 
sie  durch  die  Völkerwanderung  auf  drei  getrennte  Bezirke  beschränkt  wurden, 
nämlich  einen  großen  Teil  der  Schweiz,  Friaul  und  die  aneinandergrenzenden 
Dolomitentäler  Ampezzo,  Buchenstein,  Fassa,  Gröden  und  Enneberg.  Ihre 
vSprache  ist  auf  das  Vulgärlatein  zurückzuführen,  dem  sie  infolge  mangelhafter 
Weiterentwicklung  unter  allen  heute  lebenden  am  nächsten  steht. 

Campitello — Fedajapaß  (2030  m),  4 — 4^/2  Stunden. 

Von  Campitello  entweder  am  linken  Bachufer  auf  abkürzendem  (mar- 
kiertem) Fußsteige  durch  Waldpartien  oder  gegenüber  auf  der  Straße  mit  ab- 
wechselnden Ausblicken  im  Tale  aufwärts.  Bei  Canazei,  ^j_^  Stunden,  nörd- 
lich Mündung  des  Val  Lasties  mit  schönem  Blick  in  die  von  ihm  durchfurchte 
mächtige  Sellagruppe.  Links  das  Sellajoch  (Übergang  nach  Gröden),  rechts 
neue  Straße  in  vielen  Windungen  über  den  Pordoipaß  nach  Buchenstein.  Über 
Alba  weiter  nach  Penia,  i  Stunde,  an  der  Mündung  des  Contrintales  (südlich); 
das  breite  geröllerfüllte  Bachbett  mit  VVeidengesträuch  (S.  43)  bewachsen;  Scro- 


^)   Vgl.    G.   Alton,    Das    Grödental;    Zeitschr.    d.    Deutschen    u.    österr.    Alpen- 
vereins XIX  (1888),  S.  327— 37G. 

Exkursion  in   die  Oslalpen.  lO 


146 

phulariii  Hoppei.    Rechts   der  Col  Laz,    links   der   dunkle  Padunrücken  (Augit- 
porphyr),  vor  uns  der  mächtige  Vernel. 

Im  weiteren  Anstiege  das  Tal  allmählich  enger,  streckenweise  von  großen 
Felsblücken  erfüllt,  an  denen  Saxifraga  incriistata  wächst.  Dann  Fichtenwälder 
mit  Goodyera  repens.  In  Lichtungen  in  großer  Menge  Senecio  rupestris,  Tiro- 
liensis  und  Cacaliaster.  Über  den  Kalvarienberg  steiler,  steiniger  Anstieg;  an 
den  Felsen  daselbst  Rhamniis  pumila,  Campanula  Unifolia  und  caespitosa,  Cir- 
siimi  acaiile,  später  einzeln  Cerinthe  alpina.  Gegenüber  schöner  Wasserfall, 
der  aus  ganz  enger  Kluft,  scheinbar  direkt  aus  der  Mitte  einer  Felswand,  hoch 
herabstürzt.  An  der  oberen  Waldgrenze  zwischen  Zirben  und  Lärchen  (2040  )n) 
das  Alpenvereinshaus,  dessen  größerer  Neubau  der  Vollendung  entgegen- 
sieht, 2^/^  Stunden. 

Der  Fedajapaß  verbindet  das  Fassatal  mit  dem  italienischen,  nach 
Süden  in  die  venezianische  Ebene  führenden  Cordevoletal  e.  Er  bildet  eine 
•z  km  lange,  horizontal  verlaufende  Senkung  zwischen  dem  Padonkamme  im 
Norden,  dem  Vernel  und  der  Marmolata  (336o  ??:)  im  Süden.  Der  letzt- 
genannte Gipfel,  der  höchste  der  Dolomitalpen,  wird  über  dem  ausgedehnten 
Gletscher  erst  sichtbar,  wenn  man  ein  Stück  gegen  Norden  hinansteigt.  Am 
östlichen  Ende  ein  kleiner  See. 

Die  Talsenkung  ist  mit  Wiesen  und  BachgeröUen  erfüllt,  die  letzteren  mit 
Massen  von  Salix  glabra  u.  a.  bewachsen  (l'af.  XLIV  links).  An  der  Waldgrenze 
ursprünglich  wohl  aus  der  Wiese  zusammengetragene  Steinhaufen  mit  Jitniperus 
Gesträuchen,  dazwischen  üppige  Kräuter:  Sempervivnm  Widfeni,  Wulf.  X  Doel- 
lianimi,  Dianthus  speciosus,  Hieraciiim  multißorum  etc.  Die  Dolomitfelsen  ober 
den  ersten  Serpentinen  des  am  Nordhange  gegen  den  Pordoipaß  ansteigenden 
Bindelweges  und  die  steilen  Rasenflecke  dazwischen  tragen  die  Dolomitenflora 
(S.  88)  in  üppigster  ürsprünglichkeit:  Eryshmnn  pimiiliim,  Heracleinn  monta- 
niiiii,  Pinipinella  rubra,  Stachys  recta  ssp.^,  hirta,  Veronica  Bonarota,  Pedicularis 
elongata,  Knautia  longifolia,  Campanula  Unifolia,  Antennaria  Carpathica,  Senecio 
Doronicum,  Centaurea  nervosa,  Scor:^onera  aristata,  Crepis  Froelichiana,  Arte- 
misia  atrata  ^). 

Über  die  Porta  vcscovo  (2516  m)  nach  Andraz  (1421  m). 

(Tagestour:  Aufstieg  2  Stunden,  Abstieg  nach  Ornella  i^'j^  Stunden,   Andraz  2  Stunden.) 

Vom  Alpenvereinshause  nach  Norden  durch  eine  Rinne  auf  steinigem  Fuß- 
wege (rot  markiert)  steil  hinan.  Im  Rückblick  immer  großartiger  die  Marmo- 
lata mit  ihrem  Gletscher  und  den  benachbarten  Gipfeln.  Zunächst  über  Dolo- 
mit,  dann  auf  Augi  t])orphy  r,    der  last  schwarze  charakteristische  h'elsköpfe 


')   Au    einer  beschränkten,    schlecht    zugänglichen   Stelle   als   seltene   Reliktpflanze. 


H7 

bildet.  Am  Südhange  lest  zusammenhängender  Rasen  mit  Urgebirgspilanzen. 
Erwähnenswert:  Koeleria  hirsuta.  Auf  der  Höhe  des  Padonrückens  (Porta 
vescüvo,  2516  m).  die  in  2  Stunden  erreicht  wird,  Eritricliiinn  Tergloiiense,  Doii- 
ghisia  Vitaliana,  Geum  reptans,  Hypochaeris  iiuißora,  Sedtuii  roseimi,  Potentilla 
grandißora,  Sempervivurn  ddoviiticinii  und  am  schattigen  Nordhange  Saxifraga 
depressa,  die  beiden  Charakterpflanzen  der  Fassaner  Eruptivgesteine.  Aussicht 
nach  Süden  auf  Marmolata  und  Vernel  prachtv^oll,  Civetta  etc.,  nach  Norden 
auf  Planes-  und  Sellagruppe,  Tofanen  und  Teile  der  Zentralalpen. 

Abstieg  steil  auf  markiertem  Fußsteige  zunächst  nach  rechts  durch  den 
leinen  Grus  des  Augitporphyrs,  dann  in  einigen  Serpentinen  nach  Norden  zu  einer 
2200 — 23oo  ni  hoch  bereits  im  Dolomit  gelegenen  Hochfläche,  die  mit  Beständen 
von  Cirsium  spinosissiniuni  (Taf.  XXXIX  unten)  und  hier  reichlich  blühender  Gen- 
tiana punctata  geschmückt  ist.  Der  Weg  wird  hier  verlassen  und  genau  nach  Osten 
über  Alpenmatten  (einige  Sumpfstellen,  S.  72),  am  Fuße  der  schwarzen  Augit- 
berge  2km  weit  eben  hinvvandernd,  der  Rand  des  Plateaus  erreicht.  Von  hier 
Karren  weg  steil  hinab  in  das  Buchensteiner  Tal,  zunächst  durch  Fichten- 
und  Lärchenwälder  in  das  kleine  Dorf  Ornella  (2^/2 — ^  Stunden)  und  nach 
Durchschreitung  der  über  150  m  tiefen  Schlucht  zum  Hauptorte  des  Tales,  Pieve, 
am  jenseitigen  Hange  (1475?;;),  x^j^  Stunden  (Postamt).  Nun  auf  der  neuen 
Straße,  den  Fuß  des  Col  di  Lana  horizontal  umgehend,  in  den  östlichen  Talast 
nach  dem  zwischen  den  obersten  Getreidefeldern  gelegenen  Bergdorfe  Andraz 
(1421  vi),  -^1^  Stunden. 

Zwischen  dem  Cordevole-  und  Ampezzotale  bilden  als  Fortsetzung  der 
Fanesgruppe  mächtige  Bergstöcke  eine  ziemlich  zusammenhängende,  von  Nor- 
den nach  Süden  verlaufende  Kette.  Der  durch  den  Falzarego-  und  Giau- 
sattel  begrenzte  Kamm  des  Averau  und  Nuvolaii  ist  eine  der  unbedeutend- 
sten dieser  Erhebungen.  Seine  damit  zusammenhängende  leichte  Zugänglich- 
keit und  die  günstige  Lage  zwischen  den  großartigsten  Dolomitbergen  machen 
ihn  zu  einem  sehr  besuchten  Aussichtspunkte.  In  botanischer  Hinsicht 
zeigt  der  Berg  die  Dolomitenflora  (S.  88)  wieder  in  sehr  charakteristischer 
Weise. 

A)  Über  den  Falzaregopaß  (2195  m)  nach  Ampezzo  (1224  m). 

(Tagestour,  Aufstieg  272  Stunden,  Abstieg  3  —  3^/2  Stunden.) 

Von  Andraz  neue  Straße  in  zahllosen  Serpentinen  sanft  aufwärts  durch 
schütteren  Fichten-  und  Lärchenwald;  im  Gestein  Vei-onica  fruticulosa.  Am 
alten  Fahrwege  die  Ruine  des  Kastells  Andraz  (1747  m),  deren  Mauern  einen 
mächtigen  Felsblück  krönen.  Gleich  darauf  Teilung  des  Tales,  geradeaus  über 
den  Sattel  Tre  sassi  in  das  Ennebergtal,  rechts  über  den  Falzaregopaß  nach 
Cortina;  zwischen  diesen  beiden  Talästen  der  kühn  aufstrebende  Sasso  di 
Stria  (2477  »0«    Unsere  Straße    erreicht  bei  einem  neuen  Gasthause  die  Wald- 


148 

grenze  mit  Zitbenbeständen  und  bald  darauf,  durchwegs  im  Felsen  ausge- 
sprengt, die  Paßhöhe,  2'^/2  Stunden.  Nördlich  erhebt  sich  das  Felsmassiv  des 
Lagazuoi,  vom  Sasso  di  Stila  durch  den  langen  Sattel  von  Tre  Sassi  getrennt, 
südöstlich  der  ausgedehnte  Rücken  des  Averau  und  Nuvolau.  Nach  Osten 
Ausblick  auf  Monte  Cristallo  (links)  und  Sorapiss  (rechts).  Der  Sattel  selbst 
mit  Matten  bedeckt^  die  aber  als  Weide  benützt  werden  und  daher  wenig  Inter- 
essantes zeigen  (Campanula  caespitosa ,  Laserpitiiim  peucedanoides,  Cerastium 
Carinthiacnm).  Die  Straße  führt  genau  nach  Osten  durch  das  Costeanatal  ab- 
wärts; an  der  Waldgrenze  Gasthaus  (Ospizio  in  Falzarego).  Weiter  Wälder 
aus  Lärchen  und  Fichten,  in  tieferen  Lagen  in  die  typische,  hier  ungemein  aus- 
gedehnte F'ormation  der  Lärchenwälder  (S.  34)  übergehend,  deren  Durch- 
wanderung besonders,  wenn  die  Abendsonne  ihre  goldenen  Strahlen  hinein- 
sendet, hohen  landschaftlichen  Genuß  bietet.  Rechts  oben  die  Cinque  torre 
(Fünf  Türme),  abenteuerliche  prismatische  Felsgestalten,  die  sich  vom  Nu- 
volaumassiv  losgelöst  haben;  weiter  die  zerrissene  Felsmauer  der  Croda 
da  Lago  (2709  m);  links  die  drei  massigen  Gipfel  der  Tofana  (3241  m).  Vom 
Belvedereh  ügel  umfassende  Aussicht  über  das  Talbecken  und  seine  Um- 
rahmung. Von  dort  links  durch  Wiesen  steiler  hinab  und,  die  Boite  über- 
brückend, nach  Cortina  d'Ampezzo  (1224  jh),  z'^j^  —  i  Stunden. 

B)  Über  den  Nuvolau  (2578  m)  ^)  nach  Ampezzo. 

(Tagestour;  Aufstieg  3 '/j — 4  Stunden;  Abstieg  3  —  3 ',2  Stunden.) 

Gleich  oberhalb  Andraz  gegen  Osten  an  einem  Bächlein  durch  lockere 
Fichtenwälder  aufwärts,  dann  auf  ausgedehnte  Alpenmatten  (S.  69),  an  deren 
Beginn  zahlreiche  Zirben.  Erwähnenswert  Nigritella  rubra,  Onobrychis  mon- 
taim,  Trisetum  argenteum,  Hieracium  glanduUferum  etc.  Etwas  ansteigend 
auf  einen  sanften  Rücken,  dann  nahezu  eben  zu  den  vom  Kamme  herab- 
ziehenden Geröllhalden  (daselbst  Aretia  Hausmanni),  neben  diesen  auf  ge- 
bahntem Fußsteige  hinan  zum  Sattel  zwischen  Averau  und  Nuvolau  und  von  dort 
rechts  längs  des  Grates  zur  Sachsendankhütte,  3^/2 — 4  vStunden.  Gleich 
darüber  der  Gipfel,  2578  m.  Prachtvolle  Rundsicht  auf  die  kühngeformten 
Dolomitberge,  besonders  hervorstechend  Tofanen,  Sellagruppe,  Rosengarten, 
Marmolata,  Civetta,  Pelmo,  Anteiao,  Sorapiss,  Cristallo;  in  der  Ferne  Ziller- 
taler  und  Otztaler  Alpen. 

Abstieg  zum  Sattel  und  nach  Norden  (rechts,  hier  Primula  Balbisii, 
Scor'^onera  aristata)  znm  Gasthause  Cinque  torre  am  Fuße  der  gleichnamigen 
Felszähne  (siehe  oben),  dann  durch  ausgedehnte  Wälder  in  das  Costeanatal  und 
auf  die  Straße,  die  beim  Belvedere  oder  bereits  viel  weiter  oben  erreicht  werden 
kann.    Weiter  wie  Route  A)  nach  Cortina,  3 — 3^/3  vStunden. 

')  Nach   Angaben   von   Herrn  K.  Ronniger  (Wien). 


149 

Uer  Markt  Cortina  d'Ampezzo  liegt  in  weitem  und  freundlichem;  nach 
Süden  gegen  Italien  geöffnetem  Talbecken;  rings  üppige  Wiesen,  umgeben 
von  der  Zone  der  kaum  irgendwo  gleich  umfangreichen  Lärchen wälder, 
darüber  die  bereits  oben  genannten  Dolomitberge  mit  ihren  wunderbaren, 
helleuchtenden  Felsformen.  Sehr  starker  Fremdenverkehr  und  beliebte  Som- 
merfrische. Sehenswert  das  Haus  des  Malers  Ghedina  am  Nordeingange 
des  Ortes,  ganz  mit  sehr  gelungenen  Fresken  bemalt,  die  Kirche  in  byzantini- 
schem Stile  und  der  freistehende,  76  m  hohe  Glockenturm.  Von  Cortina  führt  die 
Poststraße  südlich  nach  Italien  (Belluno),  nürdlich  über  Peutelstein,  den  Ru- 
freddüsattel  (1544  "0,  Schluderbach  und  Landro  in  das  Pustertal  nach  Tob- 
lach  an  der  Wasserscheide  zwischen  Drau  und  Rienz  (32  km).  Eine  längere,  aber 
landschaftlich  schönere  Straße  führt  östlich  über  den  Sattel  von  Tre  croci 
(1808  m)  und  den  auf  italienischem  Gebiete  gelegenen  Misurinasee  nach 
Schluderbach. 

A)  Über  Peutelstein  und  Landro  nach  Toblach. 

(Wagenfahrt  4  Stunden.) 

Im  Tale  der  Boite  gegen  Norden  sanft  aufwärts  über  durch  Häusergrup- 
pen belebte  Wiesen,  dann  durch  Fichten-  und  Föhrenwald  bis  zu  den  auf  vor- 
s[MMngendem  Felsen  liegenden  Trümmern  der  Ruine  Peutelstein,  y  km,  deren 
Höhe  von  der  Straße  mittels  einer  großen  Serpentine  erstiegen  wird.  Abkür- 
zender Gehweg  nebenan  durch  die  hübsche  Felizonschlucht.  Von  dort  nach 
Ostnordosten  an  zwei  kleinen  Seen  vorbei  zum  Rufreddosattel  (1544  in) 
zwischen  Cristallogruppe  (südlich)  und  Hoher  Gaisl  (Croda  rossa),  einer  mäch- 
tigen, rötlich  gefärbten  Dolomitzinne  (0148  in)  (nördlich).  Nun  hinab  nach  dem 
großen  Hotel  Schluderbach  und  weiter  am  Dürrensee  vorbei  nach  Landro, 
21  km  von  Cortina. 

Landro-Toblach. 

Landro  (Höhlenstein), ^)  modernes  Hotel  in  prachtvoller  Lage:  südlich 
der  im  Sommer  meist  wasserarme  Dürrensee  mit  dem  eisgepanzerten  und  wild- 
zerrissenen Monte  Cristallü  und  seinen  Nachbaren  (Piz  Popena  und  Cresta 
bianca)  im  Hintergrunde;  östlich  im  Tale  der  Schwarzen  Rienz  die  Drei  Zin- 
nen, von  dieser  Seite  senkrecht  mit  glatten  dunklen  Wänden  über  der  Schutt- 
halde aufsteigende  Felskolosse;  beides  Bilder  von  europäischer  Berühmtheit. 
Nahe  dem  Hotel  ein  großes  Fort.  2)  An  der  Felswand  gegenüber  Phyteiima 
comosum  (spätblühend). 


')   Huter,   Flora  der  Gefäßpflanzen  von  Höhlenstein,   Berlin    1872. 

-)  Zeichnen  und  Photographieren  verboten  und  von  jedem  Versuche  dazu  ent- 
schieden abzuraten,  da  insbesondere  Ausländern  die  grölBten  Unannehmlichkeiten  daraus 
erwachsen  können! 


I50 

Die  Straße  führt  im  engen,  von  vielfach  durchfurchten,  außerordentlich 
steilen  Felswänden  eingeschlossenen  Tale  durch  jüngere  Fichtenwälder  auswärts. 
Besonders  schone  Punkte  die  Klausbrücke  und  bald  darnach  der  Blick  auf  den 
Dürrenstein  (links)  und  den  Birkenkofel  (rechts).  Weiter  am  Toblachersee, 
der  zwischen  dunklen  Fichtenwäldern  heraufblickt,  vorbei  zur  Station  Tob- 
lach der  Pustertalbahn  (1209  m),  10  km. 

B)  Über  den  Misurinasee  (1755  m)  und  Landro  nach  Toblach. 

(Tagestour,  Cortina-Misurinasee  S'/a  Stunden,  Landro  1^/4  Stunden,  Toblach  10  km.  Durch- 
wegs fahrbar.) 

Nach  Osten  lange  durch  Wiesen,  die  hier  vom  Tale  bis  zur  Formation 
der  Voralpenfluren  (S.  50)  völlig  zusammenhängen  und  ganz  allmählich  deren 
Charakter  annehmen  (am  oberen  Rande  häufig  Laserpitiuin  ladfoliiiui),  darüber 
die  Zone  der  Lärchenwälder  und  auf  der  Höhe  Alpenmatten  (S.  69)  des  Üolo- 
mitgebietes.  Zu  erwähnen:  Dianthiis  Sternbergii,  Knaiitia  longifolia,  Pedicularis 
elongata,  Vicia  silvatica,  Scrophidaria  Hoppei  etc.  Schöner  Rückblick  auf  die 
Tofanagruppe  jenseits  des  Talbeckens.  Auf  dem  Passe  zwischen  den  zer- 
klüfteten Pfeilern  des  Monte  Cristallo  (3199'")  nördlich  und  der  Sorapiss- 
gruppe  südlich  Hotel  (1808  m),  2  Stunden.  Weiter  auf  nahezu  ebener  Straße 
um  den  Südostrücken  der  Cristallogruppe  herum  durch  Fichten-  und  Lärchen- 
wälder. Immer  schöner  der  Blick  auf  die  formenreichen  Dolomitberge, 
rechts  Sorapiss  mit  kleinem  Gletscher,  Marmarolekette,  vor  uns  Cadinispitzen, 
links  die  Drei  Zinnen.  Talblick  gegen  Auronzo.  Unterwegs  kleine  Restau- 
ration. Gegen  Norden  biegend  wird  über  eine  ausgedehnte  Alpenweide  der  Lago 
di  Misurina  (1755  ni)  erreicht,  1'^/^  Stunde.  Seine  Ufer  von  zerzaustem  Fichten- 
wald (Taf.  XXXIX  oben)  eingesäumt,  darüber  ragen  die  herrlichen  Felstürme 
der  Drei  Zinnen  in  die  Lüfte.  Seit  wenigen  Jahren  die  erhabene  Ruhe  der  Hoch- 
gebirgsnatur  durch  ein  modernes  Hotel  gestört.  Im  See  Potamogeton  marinus, 
an  seinem  Nordende  Senecio  brachychaetus  in  strahlloser  Form.  Weiter  an 
einem  Sumpfe  mit  Kobresia  bipurtita,  Eiiphra.sia  picta  etc.  vorbei.  Nun  wieder 
abwärts  (rechts  der  Monte  Piano);  erwähnenswert:  Cirsium  acaule  X  Erisi- 
thales,  Gentiana  cruciata.  Bei  der  Reichsgrenze  rechts  abkürzender  Fußsteig 
(die  Straße  führt  links  nach  Schluderbach)  durch  die  bis  in  die  Talsohle  aus- 
gedehnten Krummholzbestände  (S.  62,  hier  Aquilegia  Baithini),  die  sich  mit  den 
Weidengebüschen  des  Bachalluviums  (S.  43)  vereinigen  (Taf.  XLIII),  am  Dür- 
rensee vorbei  nach  Landro,  i^/^  Stunden.   Weiter  wie  unter  A). 

Toblach — Licnz. 

Die  Bahn  führt  nach  Osten  längs  der  Drau  durch  Wiesen  abwärts. 
Rechts   werden    über   dem    dunklen   Walde   des   Talhancres   kühne    Felszacken 


151 

sichtbar;  w/Uirend  wir  sie  noch  j^espannt  anstaunen,  taucht  überraschend  ein 
weit  höherer  auf  und  mehrmals  wiederholt  sich  dieses  Spiel,  bis  schließlich  die 
Dreischusterspitze  (3162  in)  der  kühnste  aller  Dolomitberge,  völlig  sichtbar 
wird.  Die  Ortschaften  durch  das  Fehlen  der  Obstbäume,  die  Folge  der  kalten 
Lage,  von  rauhem  Aussehen,  so  der  Markt  Innichen  an  der  Mündung  des  Sex- 
tentales (südöstlich),  Sillian  etc.  Unterhalb  Mittewald  das  Tal  schluchtartig, 
besonders  im  Süden  eine  unglaublich  steile,  durch  wilde  Wasserrisse  gegliederte 
Felslehne,  darüber  der  Gipfel  des  Spitzkofels  sichtbar.  Die  Bahn  auf  hohen 
Dämmen  und  Mauern  ober  dem  zwischen  Felsblocken  schäumenden  F'lusse. 
Plötzlich  öffnet  sich  ein  weites  Talbecken,  wir  wenden  uns  gegen  Norden  und 
fahren  am  Schlosse  Brück  (links)  vorbei  in  den  Lienzer  Bahnhof. 

Lienz  liegt  am  Zusammenflusse  der  aus  Nordwesten  vom  Tauernkamme 
kommenden  Isel  mit  der  Drau  in  einer  kleinen  fruchtbaren  Ebene,  673  m 
hoch.  Üppige  Wiesen  und  Acker  an  den  mit  Gehöften  besäten  Hängen, 
darüber  tiefgrüne  Wälder  verleihen  der  Gegend  den  Ruf  einer  der  lieblich- 
sten in  Tirol.  Im  Süden  ragen  die  hellen  Dolomitzacken  der  Spitzkofel-  und 
Laserzgruppe  über  der  Waldkuppe  des  Rauchkofels  in  die  Höhe,  nördlich 
bildet  der  Glimmerschiefer  das  mächtige  Trapez  des  Schleinitz  (2906  ;7j),  fern 
im  oberen  Iseltale  ist  der  Zunig  bei  Windisch-Matrei  sichtbar.  Wir  wenden  uns 
nun  von  den  Dolomitgebirgen  wieder  den  Zentralalpen,  und  zwar  der  Glock- 
nergruppe ^)  der  Hohen  l'auern  (vS.  87)  zu,  deren  Vegetation  mittlerweile  auch 
in  den  höchsten  Regionen  sich  vollkommen  entwickelt  haben  mag. 

Über  Hüben  nach  Kais  (1322  m). 

(Tagestour:   Lienz — Hüben  4^2   Stunden  [fahrbar],   Kais   3  —  ^^l2  Stunden.) 

Die  Straße  führt  unter  dem  Schlosse  Brück  über  die  Isel  und  an  deren 
linkem  Ufer  taleinwärts.  Auf  Wiesen  Geranium  pratense,  Holzschläge  mit 
großen  Massen  von  Verbascum  thapsifonne,  Galeopsis  speciosa  und  Tetrahit  be- 
deckt. Das  Tal  ziemlich  eintönig,  auf  den  undeutlich  ausgeprägten  Mittel- 
gebirgsterrassen  einige  Dörfer;  die  Hänge  vielfach  mit  durch  «Schneiteln» 
(vgl..S.  80)  verunstalteten  Fichtenwäldern  bedeckt,  am  Bache  ausgedehnte  Frlen- 
auen.  Zwischen  Oberlienz  und  Ainet  die  Straße  durch  eine  Felswand  hart  an 
den  Fluß  gedrängt;  hier  Woodsia  alpina.  Später  am  Hange  Artemisia  Absin- 
thiwn;  auf  den  steinigen  Weideflächen,  alten  Bachalluvien,  vcjn  Interesse  die 
nahezu  unverändert  erhaltene  Hochalpenform  Getitiaiui  Kerneri.  Bei  St.  Jo- 
hann im  Walde  wieder  über  den  Fluß  und  an  der  Ruine  Kienburg  vorbei 
nach  Hüben  (832  nz).  Kurz  vorher  münden  in  eingerissenen  Felsschluchten 
rechts  (nördlich)  das  Kalsertal,  links  (westlich)  das  Defereggental  ein. 


')  Hinterhuber  und  Huter,  Zur  Flora  der  Glocknergruppe.  Zeitschr.  d.  Deutsch. 
Alpenver.  H  (1871),  S.  545—564- 


152 

Der  Karrenweg  führt  über  die  Isel  und  durch  vom  Fichtenwalde  über- 
decktes Blückwerk  eines  alten  Bergsturzes  rechts  nach  Pei  seh  lach.  Nun  steil 
in  kurzgestreckten  Serpentinen  (an  nassen  Stellen  Lycopus  uwllis,  an  der  Weg- 
mauer Asplenium  Germaniciim)  hinan  gegen  das  obere  Dorf.  Von  hier  wieder 
rechts  an  der  Tallehne  einw^ärts  hoch  über  dem  in  wilder  Felsschlucht  schäu- 
menden Bache,  nur  streckenweise  etwas  ansteigend.  Vor  dem  kleinen  Dörflein 
Stranischka  treten  die  Talwände  etwas  auseinander  und  es  erscheint  über  den 
Wipfeln  der  Fichten  der  doppelgipfelige  Großglockner  (^3798  ;;;)  mit  seinem 
weißglänzenden,  durch  die  Felsen  des  vStüdlgrates  geteilten  Eispanzer,  ein  Bild 
von  überwältigender  Schönheit,  das  durch  sein  unerwartetes  Erscheinen 
mächtigen  Eindruck  macht.  Bald  wird  auch  rechts  die  Adlersruhe  und  links 
die  Glocknerwand  sichtbar.  Schöner  Wasserfall  rechts  bei  Erreichen  der 
Talsohle,  in  der  hart  am  Bache,  meist  in  seinem  Geschiebe,  der  Weg  weiter 
führt.  Im  Augenblicke,  da  der  Großglockner  hinter  seinen  Vorbergen  unter- 
taucht, wird  Kais  und  seine  Umgebung  sichtbar;  in  wenigen  Minuten  ist  das 
Dorf  erreicht. 

Kais  (mit  Post-  und  Telegraphenamt)  und  Großdorf  liegen  in  einem 
kleinen  Becken,  das  trotz  seiner  hohen  Lage  (i  i320  m)  infolge  der  südlichen 
Exposition  ein  verhältnismäßig  warmes,  ausgiebigen  Getreidebau  gestattendes 
Klima  hat.  Die  steilen  Talhänge  gestatten  nur  gegen  Westen  einen  Ausblick 
auf  das  mattenbedeckte  Matreier  Törl  und  benehmen  dem  Dorfe  selbst  den 
Reiz  seiner  Hochgebirgsumrahmung,  die  erst  bei  weiterem  Ansteigen  sichtbar 
wird.  Vor  allem  bildet  der  mächtige  Großglockner,  die  höchste  Erhebung 
der  Alpen  östlich  des  Vinschgaues  und  gleichzeitig  einer  ihrer  schönstgeformten 
Gipfel,  den  Anziehungspunkt  für  die  Täler  von  Kais  und  Heiligenblut.  Er 
liegt  in  einem  vom  Hauptzuge  der  Tauernkette  gegen  Südosten  abzweigen- 
den Seitenkamrae,  dessen  schmale  Schneide  vermöge  der  ungemein  harten 
Dioritfelsen  der  Verwitterung  widerstehen  und  trotz  ihrer  furchtbaren  Steilheit 
die  bedeutende  Höhe  beibehalten  konnte.  Zwischen  den  beiden  Kämmen  liegt 
im  Hintergrunde  des  Mölltales  die  Pasterze,  der  zweitgrößte  Gletscher  der 
Ostalpen  (10  km  lang  und  im  oberen  Teile  fast  5  Udi  breit);  an  der  Kaiser  vSeite 
mehrere  kleine  Gletscher,  durch  Felsgrate  getrennt,  von  denen  der  östliuhste 
sich  über  das  Bergertörl  zur  Schobergruppe  fortsetzt. 

A)  Über  das  Berger  Törl  (2650  m)  zum  Glocknerhaus  (2143  m). 

(Tagestour,  Aufstieg  3^/4  StundcD,  Abstieg  3^/2  Stunden.) 

Von  Kais  östlich  bald  durch  lichte  Lärchenbestände,  bald  über  Wiesen, 
streckenweise  etwas  steil,  am  Nordhange  des  Seitentales  aufwärts.  Hier  Alecto- 
rolophus  angustifolius,  lanceolatiis,  Cirsium  eriophormn,  Hiemciimi  a)iiplcxicaiile 
(an  Felsen),  Alsine  lanceolata  (häufig).  Gegen  die  Baumgrenze  (Fichten)  links 
ein  kurzes  Stück  in  das  Ködnitztal,   bis  bei   1852  ;?i  (^  V4  Stunden)   der  mit 


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Beständen  von  Aliiii.s  viridis  und  Salix  i^rcindifolia  ein^jefaßte  Bach  überschritten 
und  wieder  gegen  Nordosten  über  sanfte  Rasenhänge  angestiegen  wird.  Hier 
zeigt  sich  (links)  der  Großglockner  und  die  Frei  wand,  die  Verlängerung 
seines  Südgrates  zwischen  Ködnitz-  und  Kalsertal,  immer  großartiger,  jedoch 
nur  kurze  Zeit,  bis  ihn  der  benachbarte  Bergrücken  verdeckt;  auch  rechts 
hübscher  Blick  auf  einige  Felsküpfe  und  Gletscher  der  Schobergruppe.  Zwi- 
schen Junipenis-G&stvii.nc\\G.n  zahllose  Hieracien  (Bocconei,  caesium,  cydonii- 
foliinn,  denlatiDii,  elongatuui,  iiitybaceimi),  weiter  oben  an  Wasseradern  die 
tj'-pische  Schnee  tälchenvegetatio  n  des  Urgebirges  (p.  68);  erwähnens- 
wert: Artemisia  Genipi,  Phyteitnia  paucißonivi,  Arenaria  bißora,  Saxifraga  Ru- 
dolphiaiia.  Auf  der  Jochhöhe  (2650772^,  2  Stunden,  kleines  Unterkunftshaus. 
Aussicht,  nach  Nordosten  auf  Teile  des  Tauernhauptkammes,  nach  Südwesten 
auf  die  Schieferberge  jenseits  des  Iseltales,  hübsch  aber  nicht  von  Bedeutung. 
Abstieg  an  Schneewässern  entlaug  in  das  Leitertal;  links  in  seinem 
Hintergrunde  wird  über  dem  kleinen  Leiterkees  der  Großglockner  wieder 
sichtbar.  Sein  südöstlicher  Ausläufer,  der  Schwertkamm,  umgürtet  im  Norden 
mit  steilen  Platten  das  Tal  und  trennt  es  von  der  Pasterze.  Bei  zirka  2160  in 
wird  der  Leiterbach,  die  Grenze  gegen  Kärnten,  gequert;  links  zweigt  der 
Steig  zum  Eisgürtel  des  Glockners,  der  gebräuchlichste  Anstieg  zu  seinem  Gipfel, 
ab.  Talauswärts  wandern  wir  den  «Katzensteig»,  der  heute  gut  gebahnt  am 
Steilhange  längs  des  über  glattgewaschene  schwarze  Schieferklippen  schäumen- 
den Baches  hinführt  und  malerische  Punkte  in  Menge  besitzt.  Vorne  zeigt  sich 
der  Sonnblick  (3io3  m);  auf  seinem  Gipfel  das  Zittelhaus,  meteorologische  Sta- 
tion, das  höchste  das  ganze  Jahr  hindurch  bewohnte  Gebäude  in  Europa,  für  ein 
scharfes  Auge  deutlich  sichtbar.  Zu  erwähnen:  Trisetum  spicatum,  Dianthiis  bar- 
bat us,  Chamaeorchis  alpina,  Arenaria  Marschlinsii  (stlten),  Hieracium  elongatum. 
Die  rechte  Tallehne  weiter  abwärts  mit  dichten  Alniis  viridis-Gestväuchen  (S.  64) 
bedeckt.  Von  der  Leiteralpe  (i  ^f^  Stunden  vom  Tori)  abkürzender  schmaler 
Fußsteig  links  schwach  ansteigend  zum  Rücken  und  hinab  auf  die  Marxwiesen, 
etwas  steil  und  unangenehm.  Im  Rasen  Knaiitia  longifolia,  an  einem  Felsen  ober 
diesem  Steige  Alliuni  Victoriaiis,  von  den  Sennern  als  Gewürz  gesammelt,  schlecht 
zugänglich.  Den  Talweg  weiter  verfolgend  gelangt  man  später,  links  ein  Stück 
ansteigend,  ebenfalls  auf  die  Marxwiesen,  während  der  Bach  geradeaus  in  mäch- 
tigem Wasserfalle  zur  Moll  hinabstürzt.  In  der  Tiefe  Heilige nblut  sichtbar. 
Am  gegenüberliegenden  Hange  wird  in  zahllosen  Serpentinen  die  Straße 
zum  Glockncrhause  gebaut.  Auf  breitem  Wege  über  stellenweise  sumpfige 
Wiesen  (hier  Salix  Helvetica)  nahe  dem  mit  Zirben  bestandenen  Rande  der 
Moll  Schlucht  hin  (Schwindelige  mit  Vorsicht!),  dann  in  diese  hinab  und  bei 
zirka  1850  ni  über  den  Gletscherbach,  der  durch  abgerutschtes  Blockwerk  von 
mehreren  Naturbrücken  überspannt  ist,  deren  eine  der  Weg  benützt.  Im  An- 
steigen am  steilen  jenseitigen  Hange  wird  allmählich  wieder  der  schlanke 
Glocknergipfel  sichtbar.    Hinter  einem  Felsgürtel,  den  die  Moll  in  der  tiefen 


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Mar((aritzenklamm  durchsclinilten  hat,  der  mit  phantastisch  geformten  (Gebil- 
den aus  griinschimmerndem  Eise  (Seracs)  gekrönte  3oo  in  tiefe  Absturz  der 
Zunge  des  PasterzengleVschers,  der  seit  einer  Reihe  von  Jahren  im  Rück- 
gange begriffen  ist  und  nun  an  seinem  Fuße  ein  mit  Gneissand  gefülltes  Becken 
liegen  hat.  Mit  dem  Erreichendes  Glockne  rhauses  (2143  );;),  i  ■'/^  Stunden, 
erscheinen  beide  zu  dem  vveitberühmten  Gletscherbilde  (Fig.  5)  vereinigt.  In 
der  Umgebung  im  Rasen  Sweertia  (Lomatogoniiim)  Carintbiaca  (spät  blühend) 
sehr  häufig,  an  den  Wegrändern  Saxifraga  adscendens,  gegen  die  Pasterze 
Gentiana  prostrata. 

B)  Über  den  Großglockner  (3798  m)  zum  Glocknerhaus. 

(Zwei   Tage.    Aufstieg    Erzherzog   Johannhütte    7    Stunden,    Gipfel    2    Stunden.     Abstieg 

6  Stunden.) 

Die  erste  Besteigung  des  Großglockners  gelang  im  Jahre  1799  dem  Fürst- 
bischof Grafen  Salm.  Heute  gehört  er  nach  Errichtung  der  Stüdlhütte  (2803  jn) 
im  Süden  und  der  Erzherzog  Johannhütte  auf  seiner  Ostschulter,  der 
Adlersruhe  (3465  m,  die  zweithöchste  bewirtete  Schutzhütte  der  Alpen)  zu  den 
besuchtesten  Hochgipfeln.  Immerhin  lohnt  seine  Besteigung  nur  ausdauernde 
und  vor  allem  vollkommen  schwindelfreie  Touristen.  Wer  über  diese  Eigen- 
schaften nicht  verfügt,  kann  zwar  von  den  Führern  auch  hinaufbefördert 
werden,  verliert  aber  jeden  Genuß. 

Wie  Route  A)  bis  zur  Brücke  1852  »z  im  Ködnitztale;  von  dort  gerade- 
aus im  Tale  aufwärts  am  Fuße  der  Freiwand  über  Alpenmatten  zur  Luck- 
nerhütte  und  weiter  ansteigend  über  die  Moränen  des  Ködnitzkees  (mit 
Gesteinfluren  des  Urgebirges,  vS.  73),  links  in  2  ^j^  bis  3  Stunden  hinan  zur  bewirt- 
schafteten Stüdlhütte  (2803  jh)  auf  der  Vanitscharte  imSüdgrate  des  Glockner- 
gipfels. Weiter  über  GeröUe  gegen  Norden  hinan.  Beim  Herantreten  an  den 
Rand  links  schwindelnder  Blick  auf  die  großartig  zerklüftete  Eiswand  des 
Teuschni tzkees,  darunter  das  mit  Gerolle  völlig  überdeckte  «Graue  Kees». 
Im  Süden  wird  der  Ausblick  auf  die  dunklen  Felsköpfe  der  Schobergruppe  und 
Teile  der  Dolomiten  immer  umfassender.  Nun  einen  tlachen  und  spaltenlosen 
Seitenarm  des  Teuschnitzkees  und  den  Felsrücken  am  Beginne  des  Luisengrates 
nach  rechts  querend,  zum  Ködnitzkees.  Dieses  wird,  den  Klüften  auswei- 
chend, in  geringer  Steigung  überschritten  und  sodann  sehr  steil  auf  gut  aus- 
getretenem Steige  über  Felsterrain,  zuletzt  am  Drahtseil  zur  Adlersruhe,  einer 
Schulter  im  Südostkamme  des  Glöckners^  auf  der  die  Erzherzog  Johann- 
hütte steht  (3465  7ii),  angestiegen,  2^/^  Stunden. 

Über  den  anfangs  breiten  Schneerücken  wird  zuerst  sanft,  später  immer 
steiler  aufsteigend  der  schmale,  gegen  Norden  von  Wächten  gekrönte  Grat 
des  Kleinglockners  erreicht.  Ein  längs  der  Fußstapfen  gespanntes  Drahtseil 
sichert  die   Passage.     Wenige   Meter  tiefer    die   berüchtigte   Scharte,   deren 


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Überschreitung"  heute  ebenfalls  längs  des  Drahtseiles  vcjllkominen  sicher  be- 
werkstelligt wird.  Sie  ist  etwa  lo  m  lang  und  je  nach  der  Schneelage  ver- 
schieden (bis  gegen  im)  cureit;  der  unmittelbare  Abfall  links  600  »z,  rechts  zur 
Pasterze  über  i3oo  );;.  Jenseits  wieder  steil  hinan  zu  dem  mit  dem  eisernen 
Kaiserkreuz  und  einer  Triangulierungspyramide  gezierten,  wenig  geräumigen 
Gipfel,  2  Stunden. 

Aussicht  unermeßlich,  nur  durch  die  Sehkraft  des  Auges 
beschränkt.  Die  Zentralalpen,  im  Osten  eine  wenig  verzweigte  Kette, 
bilden  im  Westen  bis  zur  Silvretta,  von  dem  überhöhenden  Standpunkte  in 
ihrem  Zuge  selbst  gesehen,  eine  scheinbar  ungeordnete  und  unentwirrbare 
Masse  von  Gletschergipfeln.  Von  herrlicher  Schönheit  erscheinen  die 
beiderseitigen  Kalkketten.  Im  Süden  von  den  Steineralpen  und  dem  Triglav 
über  die  Dolomiten  bis  zum  Monte  Baldo  bei  Verona,  gegen  Nordwesten  fort- 
gesetzt durch  die  Eisstöcke  des  Adamello  und  Ortler  bis  zur  schweizerischen 
Berninagruppe  (4052  »2);  im  Norden  von  der  Dachsteingfuppe  über  Hoch- 
konig,  Kaisergebirge,  Karwendel  und  Wetterstein  bis  zu  den  AUgäuer  Alpen  in 
Vorarlberg,  darüber  die  bayrische  Hochebene  mit  dem  Chiemseeund  mehreren 
Ortschaften  deutlich  sichtbar.  Am  Horizont  der  Böhmerwald  und  Teile  der 
Kleinen  Karpathen;  uns  zu  Füßen  blendendweiß  der  Pasterzengletscher 
in  seiner  ganzen  Ausdehnung,  talabwärts  Heiligenblut  als  einzige  die  ma- 
jestätische Ruhe  der  Umgebung  belebende  Ortschaft. 

Abstieg  auf  demselben  Wege  zur  Erzherzog  Johannhütte  zurück, 
1^/2  Stunden.  Von  dort  längs  des  Rückens  über  Schneeflächen  weiter,  den 
Hohenwartkopf  an  der  Nordseite  umgehend,  dann  steil  über  Fels  und  Eis  rechts 
am  Drahtseil  auf  das  Leiterkees  hinab.  Dieses  wird  gegen  seinen  östlichsten 
Winkel  gequert,  sodann  über  Moränen  (Taraxacinn  Pacheri)  die  in  großartiger 
Lage  in  den  Felsen  eingesprengte,  infolge  ihrer  Feuchtigkeit  aber  nicht  mehr 
benutzbare  Salmhütte  (2755  m)  erreicht.  Nun  in  das  Leitertal  hinab  und  längs 
des  Baches  (an  sandigen  Stellen  Carex  bicolor)  talauswärts.  Bei  zirka  2160  m 
trifft  der  Weg  vom  Berger  Törl  ein.  Weiter  wie  Route  A)  (bis  zur  Leiter- 
alpe 'Z^j^  Stunden). 

Franz  Josefshöhe  (2418  m)  und  Gamsgrube  (2500  m). 

(HalbtagsausHug;   2'^l^ — 5   Stumien.) 

Der  wohlgebahnte  Weg  führt  in  einer  großen  Serpentine  zur  Franz 
Josefs  höhe  hinan,  einem  über  dem  Gletscher  liegenden  Bergvorsprung,  von 
dem  aus  die  mächtige  Pasterze  mit  dem  3oo  m  hohen  Abbruche  des  oberen 
Firnbeckens  und  der  ganzen  Umrahmung  vom  majestätischen  Glöckner  bis  zum 
Firndome  des  Johannisberges  sichtbar  ist;  ein  kaum  zu  überbietendes  Bild 
von  der  Erhabenheit  der  Eisregion.  Eine  marmorne  Gedenktafel  erinnert 
an  den  Glocknerforscher  K.  Hofinann. 


157 

Um  zur  Gamsyrube,  dem  seinerzeit  Ijerühinten  Orioinalstandorte  vieler 
Alpeiipilanzen,  zu  gelangen,  steigt  man  auf  schmalem  vSteige  steil  zum  Gletscher 
hinab,  sodann  über  dessen  hier  fast  ebene  und  spaltenlose  Fläche  nahe  dem 
Rande  hin  und,  sobald  es  die  nebenan  aufragende  Plattenwand  gestattet,  wieder 
am  Hange  hinauf  zur  Hofmannshütte  (2443  ?n),  i  Stunde;  über  derselben  zieht 
sich  die  mattenbedeckte  Gamsgrube  weit  hinauf.  Ihre  besonders  charakteristi- 
schen Pflanzen:  Festuca  pumila,  Trisetinn  spicahim,  Alsine  lanceolata,  Braya 
alpina,  Astragalus  oroboides,  Ärtevxisia  Genipi,  laxa,  borealis,  Leontodon  Ta- 
)\ixcici  (in  Menge)  etc.;,  kann  man  jedoch  schon  näher,  aber  etwas  beschwerlicher 
am  Ufer  der  Pasterze  finden,  wenn  man  dieselbe  nicht  betritt,  sondern  neben 
ihrem  Rande  über  lockeren  Moränenschutt,  Gerolle  und  Blockwerk  etwas 
mülisam  bis  gegen  die  erwähnte  Plattenwand  vordringt,  ^j^  Stunden.  Rückkehr 
auf  demselben  Wege. 

Heiligenblut,  die  Endstation  der  Post  im  MöUtale,  liegt  um 
800  ;n  tiefer  als  das  Glocknerhaus.  Es  ist  daher  nur  für  jene  Teil- 
nehmer zweckmäßig,  dahin  abzusteigen,  welche  zur  Heimkehr  die 
Südbahn  (Pustertal — Kärntner  Linie)  benutzen  wollen  (Route  A). 
Wer  mit  der  West  bahn  (ü  b  er  Salzburg  oder  W  ö  rgl)  fortzu  reisen  be- 
absichtigt, gelangt  über  die  Pfandlscharte  und  durch  das  Fuscher- 
tal  zur  Station  Bruck-Fusch  (Route  B). 

A)  Abstieg  nach  Heiligenblut  (1404  m),  2^/2  Stunden. 

Saumweg,  anfangs  in  den  Schieferplatten  («Böse  Platte»)  ausgehauen, 
dann  längs  der  Moll  unter  Fichten  zur  Bricciuskapelle  mit  eiskalter  Quelle. 
Hier  rechts  Fußsteig  zum  einige  Minuten  entfernten  120111  hohen  Leiterfall, 
dem  schönsten  Wasserfalle  des  Tales.  Weiter  talaus  hoch  über  dem 
Bache,  der  in  wilder  Klamm  die  Talstufe  durchbricht  (rechts  kann  zum  MöU- 
falle  abgestiegen  werden)  und  im  Bogen  an  der  nördlichen  Tallehne  hin  nach 
Heiligenblut.  Das  Dorf,  inmitten  grüner  Wiesen  gelegen,  im  Hintergrunde, 
über  einem  dunklen  Waldgürtel  aufragend,  den  glänzenden  Glocknergipfel, 
gehört  zu  den  schönsten  Punkten  der  Alpen.  Sehenswert  die  rein  go- 
tische Kirche.  Im  Schoberschen  Gasthause  ein  aus  dem  ältesten,  bei  einem 
Brande  zerstörten  Fremdenbuche  gerettetes  Blatt  aus  dem  Jahre  1834  ausge- 
stellt, das  die  Namen  der  ersten  botanischen  Erforscher  dieser  einst  so  ent- 
legenen Gegend,  Spitzel,  Hoppe,  Döbner,  trägt. 

Heiligenblut — Dölsach. 

(Postfahrt  67,   Stunden.) 

Bald  unterhalb  Heiligenblut  biegt  das  Tal  gegen  Süden  und  eine  steile 
Stufe  entzieht  den  Blick  auf  seine  Umrahmung;  nur  mehr  der  Rrennkogel  bleibt 


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sichtbar.  Links  Mündung  des  vom  Sonnblick  herabziehenden  Fleißtales. 
Durch  eine  von  schroffen  Felshängen  gebildete  Klamm,  die  der  Bach  zwischen 
mächtigen  Felsblöcken  wild  brausend  durchströmt  (rechts  zirka  i3o  m  staub- 
ähnlich herabstürzend  der  Wasserfall  «Jungfernsprung»),  in  das  kleine  Tal- 
becken  vonDöllach  an  der  Mündung  des  Zirknitztales  (links).  Weiters  an 
mehreren  Dörfern  vorbei  bis  Winklern  (958  ?/2),  wo  das  Tal  gegen  Osten 
umbiegt  und  die  Straße  über  den  Iselberg  abzweigt.  Durch  schattigen  Wald 
wird  dieser,  eine  breite,  mit  Wiesen,  Ackern  und  Gehöften  bedeckte  Einsatte- 
lung (1160  m)  zwischen  der  Kreuzeck-  und  Schobergruppe,  erreicht.  Prächtige 
Aussicht  auf  das  Drautal  und  die  südlichen  Kalkalpen.  In  einigen  Serpentinen 
führt  die  Straße  zum  Dorfe  und  der  Bahnstation  Dölsach  (653?;;)  an  der 
Drau  hinab. 


B)  Über  die  Pfandlscharte  (2665/22)  nach  Bruck'-Fusch. 

(Aufstieg   1^1^  Stunden,  Abstieg  4  Stunden,  Postfahrt  3  Stunden.) 

Vom  Glocknerhause  nördlich  Reitweg  zum  Gletscher  bequem  hinan;  in 
Schneegruben  (S.  68)  Cerastiiim  alpininn,  Gentiana  nana,  Saxifraga  Riidolphiana, 
Draba  Hoppeana  etc.  Über  den  ganz  spaltenlosen,  fast  ebenen  Gletscher  und 
einen  kurzen,  etwas  steileren  Schneehang  zur  Scharte,  i^j^  Stunden;  Grenze 
gegen  Salzburg.  Im  Gerolle  daselbst  Saxifraga  bißora  und  macropetala  in 
Menge.  Aussicht  unbedeutend,  aber  ein  recht  charakteristisches  Zentralalpen- 
bild. Abwärts  ^/^  vStunde  über  den  ganz  ungefährlichen  Spielmannkees, 
dann  guter  Weg  über  Moränenschutt  und  Alpenmatten  mit  immer  umfassen- 
derem Blick  auf  den  Wiesbachhornkamm.  In  2^/2  Stunden  von  der  Scharte 
wird  zwischen  den  obersten  Zirben  das  aus  Holz  gebaute  Trauneral  pengast- 
haus  (zirka  150077z)  erreicht.  Von  dort  Blick  auf  den  großartig  schönen  Ab- 
schluß des  Fuschertales,  einen  der  schönsten  in  den  zentralen  Ost- 
alpen. Wild  zerklüftet  hängen  die  steilen  Gletscherzungen  gegenüber  vom 
Kamme  herab.  Mitunter  kann  man  hier,  besonders  am  Teufelsmühlkees  des 
Wiesbachhorns,  das  großartige  Schauspiel  der  Eislawinen  sehen  und  hören, 
wenn  ein  Teil  des  Gletscherendes  durch  die  Verschiebungen  während  des  Vor- 
rückens sich  loslöst  und  über  die  darunterliegende  Felswand  mit  donnerähn- 
lichem Getöse  in  breiter  Masse  mehrere  hundert  Meter  tief  hinabstürzt.  Die 
Gletscherbäche,  besonders  unter  dem  mächtigen  Bockkarkees,  setzen  in 
Wasserfällen  über  dunkle  Felswände  (im  Käfertale  über  200772  hoch)  in  den 
sumpfigen  ebenen  Talboden  herab. 

Längs  des  Hanges  weiter  abwärts  unter  prächtigen  Baumgruppen  (Acer 
Pseudoplatanus,  Pinus  Cembra,  dann  Picea  excelsa)  zur  Talsohle  und  über 
Weideboden  bequem  nach  l'^erlei t(;n;  kleines  Bergdorf  mit  Gasthaus  und 
modernem  Hotel,  i^/^  Stunden. 


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Die  Fahrstraße  führt  längs  des  Baches  streckenweise  durch  Wald  über 
die  Talstufe  abwärts  nach  dem  von  zerstreuten  Häusergruppen  umgebenen 
Dorfe  Fusch.  Links  dicht  am  Orte  Wasserfall  des  Hirzbaches.  Nun  nahezu 
eben  durch  das  freundliche  grüne  Tal  neben  der  \on  Erlenauen  eingefaßten 
Ache,  an  einigen  Gruppen  prachtvoller  Ahornbäume  vorbei  in  das  »Salzach- 
tal  zur  Bahnstation  Bruck-Fusch  nächst  dem  Dorfe  Brück  (75g  ui). 


Literaturverzeichnis.^) 


I.  ökologische  Werke. 

Beck  G.  V.  (I.)^):  Flora  von  Hernstein.  (In  Becker:  Hernstein  in  Niedcrüsterreicli, 
I.  Band.  H.  Wien   l886.) 

—  (II-)  •  Flora  von  Niederösterreicli.  (Allgemeiner  Teil.)    (Wien    1893.) 
Christ  H.  (I.):  Das  Pflanzenleben  der  Schweiz.   (Zürich    1879.) 

Engler  A.  (II.):  Die  Pflanzenformationen  und  die  pflanzengeographische  Gliederung  der 
Alpenkette.  (Notizblatt  d.  k.  bot.  Gart.  u.  Mus.  Berlin,  App.  ATI.    1901.) 

Fritsch  K.  (L):  Über  den  Einfluß  des  Ackerbaues  und  der  Wiesenkultur  auf  die  Vege- 
tation.  (Mitt.  naturw.  Ver.  f.  Steiermark,  Sg.  Heft.   1903.) 

Kerner  A.  v.  (L):  Das  Pflanzenleben  der  Donauländer.  (Innsbruck   i863.) 

—  (IL) :    Studien  über   die  oberen  Grenzen  der  Holzpflanzen   in   den  (Isterreichisclien 
Alpen.  (Ost.  Rev.  1 863— 1867.) 

—  (IV-)  ■    Osterreich -Ungarns    Pflanzenwelt.    (Österreich -Ungarn    in  Wort    und     Bild 
1886.) 

Schroeter  C.  (I.)^):  Das  Pflanzenleben  der  Alpen.  Lief.  i.  2.  (Zürich   1904,    1905.) 

Sendtner  O.:  Die  Vegetationsverhältnisse  Südbayerns.  (München   1854.) 

Stehler  F.  G.  und   Schröter,  C.  (L):    Beiträge   zur   Kenntnis    der .  Matten    und  Weiden 

der  Schweiz.  (Landw.  Jahrbuch  der  Schweiz.) 
Wettstein    R.  v.    (III.)    Die   Biologie    unserer   Wiesenpflanzen.    (Vortr.  Ver.  Verl)r.  nat. 

Kennt,  in  Wien,  XLIV.  Jahrg.,  Heft  11.    1904.) 
Vorarbeiten  zu  einer  pflanzengeographischen    Karte    Österreichs.    (Abh.  d.  k.  k.  zool.-l)ot. 
Ges.  Wien.) 
I.  Eberwein  R.  und  Hayek  A.  v.:  Die  Vegetationsverhältnisse  von  Schhidming 

in  Obersteiermark.  (A.  a.  O.,  Bd.  II,  H.  3,  1904.) 
IL  Nevole  J. :    Vegetationsverhältnisse    des    Ötschcr-    und    Dürreiisteingebietes    in 
Niederösterreich.  (A.  a.  O.,  Bd.  HI,  H.  i,  1905.) 

II.  Floristische  Werke, 

Beck  G.  v.   (L) 

—  (IL) 
Christ  H.  (L) 

Engler  A.  (L):  Versuch  einer  Entwicklungsgeschichte  der  Pflanzenwelt.  I.  Die  extra- 
tropischen Florengebiete  der  nördlichen  Hemisphäre.  1  Leipzig   1879.) 

—  (n.) 


')   Verschiedene  Werke  ganz  allgemeinen  Inhaltes  sind  in  der  Einleitung  tind  im  Texte  zitiert. 
'^)  Die  römischen  /iffern  beziehen  sich  auf  die  Literatiirhinweise  im  Texte. 
ä)  Man  vergleiche  auch  die  daselbst  zitierte  Literatur. 


i6i 

Jerosch  M.  C.  (I.):')  Geschichte  und  Herkunft  der  schweizerischen  Alpenflora.  (Leipzig 
1903.) 

Kerner  A.  v.  (HI.):  l^ie  natürlichen  Floren  im  Gelände  der  deutschen  Alpen.  (Schau- 
bachs  «Deutsche  Alpen».  Jena   1870.) 

—  (IV.) 

—  (VI.):    Studien    über    die  Flora    der  Diluvialzeit    in    den    österreichischen  Alpen. 
(Sitzungsber.  k.  Akad.  Wissensch.  Wien,  math.-nat.  Kl.,  Bd.  XCVII,  1888.) 

Wett stein  R.  v.  (I.):  Die  fossile  Flora  der  Höttinger  Breccie.  (Denkschr.  k.  Akad. 
Wiss.  AVien,  math.-nat.  Kl.,  LIX.  Bd.   1892). 

—  (II.) :  Die  Geschichte  unserer  Alpenflora.  (Vortr.  Ver.  Verbr.  nat.  Kenntn.  in  Wien, 
XXXVI.  Jahrg.  Heft  5.    1896.) 

III.  Florenwerke,  Bestimmungsbücher,  Karten  und  Bilderwerke. 

Beck  G.  V.  (IL):  Plora  von  Niederösterreich.  (Beschreibender  Teil.)  (Wien   1890 — 1893.) 

Halacsy  E.  v. :  Flora  von  Niederösterreich.  (Wien  1896.) 

Neilreich  A.:  Flora  von  Niederösterreich.  (Wien   1859.) 

Duftschmidt  J.:  Die  Flora  von  Oberösterreich.  (Linz   1870 — 1885.) 

Saut  er  A. :  Flora  der  Gefäßpflanzen  des  Herzogtums  Salzburg.  2.  Aufl.  (Salzburg  1879.) 

Prantl  K. :  Exkursionsflora  für  das  Königreich  Bayern.  2.  Ausgabe.  (Stuttgart.) 

Maly  J.  K.  (L):  Flora  von  Steiermark.  (Wien   1868.) 

Fächer  D.  u.  Jabornegg  M.  Freih.  v.:    Flora  von  Kärnten.    (Klagenfurt  1881  — 1887.) 

Fleischmann  A.:  Übersicht  der  Flora  Krains.  (Laibach   1844.) 

PospichalE.:  Flora  des  österreichischen  Küstenlandes.  (Leipzig  u.  Wien   1897 — 1899.) 

Hausmann  F.  Freih.  v. :  Flora  von  Tirol.  (Innsbruck  1851  — 1854.) 

Arcangeli  G. :  Compendio  della  Flora  Italiana.  (Torino   1882.) 

Dalla  Torre  K.  W.  v. :    Die   Alpenflora   der    österreichischen    Alpenländer,  Südbayerns 

und  der  Schweiz.  (München   1899.) 
Fritsch  K.  (IL):  Exkursionsflora  für  Österreich.  (Wien   1897.) 
Kern  er  A.  v.  (V.):  Florenkarte  von  Österreich-Ungarn.  (Wien    1887.) 
Atlas  der  Alpenflora.    Text  von  E.  Palla.    (Herausgegeben    vom    Deutschen    und  Öster- 
reichischen Alpenverein.) 


'■)  Daselbst  sehr  vollständiges  Literaturverzeichnis. 


Exkursion  in  die  Ostalpen. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 

Einleitung i 

I.  Allgemeine  Schilderung  des  Gebietes  3 

A)  Allgemeine  Übersicht  (Handel- Mazzetti) 3 

Lage 3 

Geologischer  Grundriß 3 

Hydrographische  Verhältnisse 4 

Orographische  Verhältnisse 5 

Landschaftlicher  Charakter 6 

Klima 9 

B)  Pflanzengeographische  Übersicht  (Vierhapper) 10 

1.  Die  Grenzen  der  Wald-  und  Hochgebirgsregion lO 

2.  Ökologie  der  Pflanzenwelt  der  Ostalpen 12 

a)  Die  Faktoren 12 

b)  Bau  und  Struktur  der  Pflanzen 17 

c)  Die  Vegetationsformen 21 

d)  Der  Gang  der  Vegetation 28 

ej  Die  Vegetationsformationen 29 

a)  Die  Formationen  der  Waldregion 29 

A)  Natürliche  und  halbnatiirliche  Formationen 29 

B)  Künstliche  Formationen  (Kulturen) 59 

ß)  Die  Formationen  der  Hochgebirgsregion 62 

f)  Die  Regionen 77 

g)  Veränderungen  der  Formationen 78 

3.  Floristik  der  Pflanzenwelt  der  Ostalpen 82 

a)  Die  Florenbezirke 82 

b)  Die  Elemente 89 

aj  Baltische  Flora 89 

ß)  Alpine  Flora 92 

c)  Die  Geschichte  der  Flora  der  Ostalpen 97 

n.  Schilderung  der  Reiseroute loi 

A)  Von  Wien  durch  Nordsteiermark  nach  Salzburg:  Ostnorische  Kalk-  und  Zentral- 

alpen (Vierhapper) lOl 

B)  Von    Salzburg    über   Nord-    und    .Südtirol    nach   Heiligenblut:  Westnorische 

Kalk-  und  Zentralalpen  und  Dolomiten  (Handel-Mazzetti)      ...  120 

Literaturverzeichnis 160 


Führer  zu  den  wissenschaftlichen  Exkursionen 


des 


IL  internationalen   botanischen   Kongresses, 

Wien   1905. 


IV. 

EXKURSION 

in  die 

niederösterreichischen  Alpen 


und  in  das 


Donautal. 

Von 
Dr.  E.  Zederbauer. 


(Mit  Tafel  XXXIV— XXXVII,  XL— XLII,  XLV,  XLVI,  XLVIII— L  und   i  Textabbildung.) 


Wien,  1905. 

Im   Selbstverlage   des   Organisations-Komitees. 

Druck  von  Adolf  Holzhausen  in  Wien. 


IV. 


Exkursion  in  die  niederösterreicliisclien  Alpen 
und  in  das  Donautal. 


Von 

Dr.  E.  Zederbauer. 


(Mit  Tafel  XXXIV— XXXVII,  XL— XLII,  XLV,  XLVI,  XLVIII— L 
und   I   Textabbildung.) 


A)  Allgemeine  Schilderung  des  Gebietes. 
I.  Einleitung. 

Es  wird  wohl  schwerlich  ein  zweites  Kronland  Österreichs  zu  finden  sein, 
wo  auf  verhältnismäßig  kleinem  Räume  eine  so  große  Mannigfaltigkeit  der  Pflan- 
zenwelt herrscht  wie  in  Niederösterreich.  Sind  hier  doch  die  wichtigsten  Fioren- 
gebiete  der  Monarchie,  selbst  Europas  vertreten.  Ein  Ausflug  in  das  im  Titel 
genannte  Gebiet  ist  daher  für  den  Botaniker  wie  für  den  Naturfreund  recht 
lohnend,  nicht  nur  wegen  der  reichhaltigen  Flora,  sondern  auch  wegen  der 
großen  Abwechslung  der  Naturschönheiten:  die  wildzerklüfteten  gigantischen 
Felsenmauern  der  Rax  und  des  Schneeberges,  der  düstere,  ernste  Schatten  der 
Fichten-  und  Buchenwälder,  der  blaue  Spiegel  des  Erlaf-  und  Lunzersees  und 
endlich  die  Wachau,  durch  welche  uns  die  Donau  vorbei  an  den  sagen- 
umwobenen Burgen  und  Ruinen  in  die  Lößlandschaft  bei  Krems  und  in  das 
fruchtbare  Tullner  Becken  führt. 


2.  Orographisch-geologisctie  Verhältnisse. 

Niederösterreich  oder  das  Erzherzogtum  unter  der  Enns   liegt  zwi- 
schen 47°  25'  20"  und  49°  i'   20"  nördlicher  Breite  und  zwischen   14°  26    und 
17°  o'   3"    östlicher   Länge   von   Greenwich    und    hat  einen  Flächeninhalt  von 
ig8'33  M;n2  (36o*o8  geographische  Quadratmeilen).     Begrenzt  ist  es  im  Westen 
Exkursion  in  die  n.-ö.  Alpen  und  in  das  Donautal.  I 


von  Oberösterreich,  im  Nordwesten  von  Böhmen,  im  Norden  von  Mähren,  im 
Osten  von  Ungarn,  im  Süden  von  Steiermark. 

Ein  großer  Teil  des^ Landes  gehört  dem  Gebirgssystem  der  Alpen  an, 
das  fast  den  ganzen  südlich  der  Donau  gelegenen  Teil  des  Landes  einnimmt 
und  im  Osten  über  die  Donau  greift,  um  sich  in  den  Karpathen  fortzusetzen. 
Der  jenseits  der  Donau  gelegene  nordwestliche  'l'eil  Niederösterreichs  gehört 
der  böhmischen  Masse  an,  die  ihre  Ausläufer  im  Dunkelsteinerwalde  über  die 
Donau  bis  St.  Polten  und  an  das  Traisental  vorschiebt.  Zwischen  beiden  Ge- 
birgssystemen  ist  auch  ein  großer  petrographischer  Unterschied,  da  das  letztere 
dem  Urgebirge  angehört,  während  das  erstere  der  nördlichen  Kalkzone  der 
Alpen  zugerechnet  wird.  Nur  ein  kleiner  Teil  der  Zentralalpen  reicht  bis  Nieder- 
üsterreich  und  baut  das  Bergland  in  der  südöstlichen  Ecke  des  Landes  auf. 
Er  tritt  im  Semmeringgebiet  in  der  Nähe  der  Raxalpe  von  Steiermark  nach 
Niederösterreich  über  und  bildet  den  Fuß  der  Raxalpe  entlang  des  Preinbaches, 
wo  die  Grauwackengesteine  aus  talkigem  und  quarzigem  Schiefer  an  die  Kalk- 
zone herantreten. 

Viel  ausgedehnter  ist  die  Kalkzone  mit  Gesteinen  der  unteren  Trias- 
formation, so  dem  Werfener  Schiefer,  den  meist  dunkel  gefärbten  Gutensteiner 
und  Reiflinger  Kalken,  auf  welche  die  lichten  Kalke  der  oberen  Triasformation 
folgen^  dann  der  Lunzer  Sandstein,  welcher  als  Litoralbildung  reichlich  Pflanzen- 
reste (Filices,  Cycadeae)  führt,  und  der  Dachsteinkalk.  Auch  die  Jura-  und 
Kreideformation  ist  reichlich  vertreten. 

Eine  jüngere  Bildung,  zum  Teile  der  oberen  Kreide,  zum  Teile  dem  Eozän 
angehörig,  ist  die  Flysch-  und  Sandsteinzone,  die  am  Nordrande  der  Alpen 
(Wienerwald,  Vorberge  der  Alpen)  sich  erstreckt,  eine  küstennahe  Ablagerung 
aus  seichtem  Wasser.  Der  Kalkzone  der  Alpen  gehören  die  höchsten  Erhe- 
bungen des  Landes  an,  Schneeberg  und  Rax,  Ötscher,  Dürrenstein  u.  a.  Im 
grellen  Gegensatze  zu  den  wildzerklüfteten  und  zerrissenen  Felsen  und  Berg- 
spitzen der  Kalkalpen  mit  steilen  Abhängen  stehen  die  abgerundeten  Kuppen 
der  böhmischen  Masse,  die  den  nordwestlichen  Teil  Niederösterreichs  ein- 
nimmt und  im  schon  erwähnten  Dunkelsteinerwalde  über  die  Donau  greift.  Sie 
besteht  aus  kristallinischem  Urgestein,  Granit,  Gneis,  Granulit,  Glimmer- 
schiefer u.  a.  Die  höchsten  Erhebungen  sind  zirka  iooo;n  (Jauerling,  Ostrong) 
hoch. 

Es  wäre  noch  eine  Reihe  geologischer  Bildungen  zu  erwähnen,  so  die 
Lößlandschaften  bei  Krems,  aufgehäuft  durch  die  Thätigkeit  der  Winde,  die 
marinen  Ablagerungen  der  jüngeren  geologischen  Formationen  im  Wienerbecken 
und  noch  andere.  Dies  würde  aber  für  die  hier  zu  berücksichtigenden  Verhält- 
nisse zu  weit  führen.  ^) 


^)  Vgl.  Diener,   Hoernes,   Uhli«,',   Bau  inid   Rild   Österreichs,   Wien    1904. 


3.  Hydrographische  Verhältnisse. 

Niederösterreich  g^ehort  mit  Ausnahme  der  nordwesthchen  Ecke  des 
Landes,  die  durch  die  Lainsitz,  einen  Nebenfluß  der  Moldau,  dem  Flußgebiete 
der  Elbe  angehört,  dem  Flußgebiete  der  Donau  an.  Sie  durchströmt  das 
Land  von  Westen  nach  Osten  in  einer  Länge  von  190-34  km  und  teilt  es  in 
zwei  Teile,  von  denen  der  südliche  den  Alpen  angehört,  während  der  nördliche 
von  den  Ausläufern  des  böhmisch-mährischen  Massivs  erfüllt  ist.  Von  Melk 
bis  Krems  durchfließt  die  Donau  ein  Durchbruchstal,  die  Wachau.  Bei  Krems 
erweitert  sich  das  eingeengte  Donaubett  und  durchquert  als  breiter  Strom, 
zahlreiche  kleine  Inseln  und  Sandbänke  bildend,  daß  TuUner  Becken,  das  im 
Osten  durch  die  nahe  herantretenden  Ausläufer  der  Alpen  begrenzt  wird.  Nach 
einem  zweiten,  aber  weitaus  schwächeren  Durchbruch  bei  Klosterneuburg, 
zwischen  Bisamberg  und  Leopoldsberg-,  breitet  sie  sicli  im  Wiener  Becken,  in 
zahlreiche  Arme  sich  spaltend,  aus  und  tritt  bei  Theben  und  Karlsdorf  nach 
Ungarn  über. 

Die  Nebenflüsse  am  linken  Ufer  sind  die  Isper,  der  Weitenbach,  bei 
Weitenegg  in  die  Donau  mündend,  die  Krems,  bei  der  gleichnamigen  Stadt 
sich  in  den  Hauptstrom  ergießend,  der  Kamp,  die  Hauptwasserader  des  nieder- 
österreichischen Anteiles  der  böhmischen  Masse,  die  Schmida,  der  Göllersbach 
und  die  March,  der  größte  Nebenfluß  der  Donau  in  Niederösterreich,  welche 
von  Mähren  kommt  und  mehrere  Nebenflüsse  aufnimmt. 

Die  Nebenflüsse  am  rechten  Ufer  sind  die  Enns,  die  Ybbs,  im  Oberlaufe 
Ois  genannt,  bei  Neuhaus  entspringend  und  den  vereinigten  Abfluß  der  Lunzer- 
seen  aufnehmend;  die  Erlaf,  welche  den  Erlafsee  durchfließt,  die  Melk,  die 
Pielach,  die  Flanitz,  dieTraisen  mit  dem  Türnitzbache,  die  Perschling,  der  große 
und  kleine  Tullnerbach,  der  Kierling-  und  Weidlingbach,  der  Alserbach,  die 
Wien,  die  Schwechat,  die  Piesting,  die  Fischa  und  Leitha. 

Größere  Seen  besitzt  Niederösterreich  nur  drei:  den  Erlafsee  (835  »z) 
an  der  steirischen  Grenze  bei  Mariazell,  i'S  km  lang,  1  km  breit,  den  Unteren 
Lunzersee  (650;»),  i'jkinlang,  o'6/i:)n  breit,  den  Oberen  Lunzersee  (111777!). 
Sämtliche  Seen  verdanken  ihre  Entstehung  der  Tätigkeit  ehemaliger  Gletscher, 
wie  noch  deutlich  die  Moränen  zeigen. 

Reich  ist  hingegen  das  Land  an  Fischteichen,  die  fast  alle  im  Waldviertel 
liegen. 

Hochmoore  finden  sich  hauptsächlich  auf  dem  Granitplateau  des  Wald- 
viertels und  in  den  Voralpen  bei  Mitterbach,  am  Erlaf-  und  Hechtensee,  bei 
Ofenau  und  Lassing  bei  Göstling. 

Nasse,  versumpfte  Wiesen,  Wiesenmoore,  kommen  allenthall)en  in  ge- 
ringer Ausdehnung  vor. 

1* 


4 

4.  Klimatische  Verhältnisse. 

«Niederosterreich  gehört  einem  Übergangsgebiete  an  zwischen  dem  west- 
eiiropäisclien  Klima  mit  milc!en  Wintern  und  nassen,  relativ  kühlen  Sommern 
und  den  mehr  kontinentalen,  trockenen,  im  Sommer  heißeren,  im  Winter  käl- 
teren osteuropäischen  Klimaprovinzen,  wie  zunächst  Galizien  und  die  unga- 
rische Niederung.»^) 

Niederösterreich  liegt  im  Gebiete  der  Jahresisotherme  von  io°  C,  der 
Jännerisothermen  von  — i  bis  — 2°  und  der  Juliisothermen  von  20  bis  21°.  Die 
Gebiete,  welche  mehr  osteuropäischen  Klimaprovinzen  nahe  kommen,  sind  das 
Wiener  Becken,  die  Strecken  zu  beiden  Seiten  der  Donau  bis  in  die  Wachau 
und  das  Gebiet  der  March.  Der  übrige  Teil  des  Landes  hat  westeuropäisches 
Klima  mit  Ausnahme  der  höchsten  Erhebungen,  die  Höhenklima  besitzen.  Die 
Angaben  der  50jährigen  Temperaturmittel  in  drei  Orten,  welche  in  den  drei 
klimatisch  verschiedenen  Teilen  liegen,  mögen  die  Temperaturverhältnisse 
während  eines  Jahres  zeigen. 

Wien  T         j     r  -Dl 

,     ,  ^         T     <-    1       i  !<-        Isperdorf  Raxalpe 

k.  k.  meteor.  Zentralanstalt  '  ^ 

N.  Br ■ 48°    12'  48°    12'  47°    41' 

Ö.  L.  Gr 16°    22'  15°      o'  15°    44' 

Seehöhe 194  m  23o??2  1820  ?n 

Jänner     ;   .   .   .  —  i-4°C.  — 2-3°  C.  — 7-1°  C. 

Februar      o*6  — o"6  — 6'6 

März 4'3  2*6  — 5-4 

April 9*9  7*9  — o'5 

Mai 14*7  12-2                             3"3 

Juni i8'3  15*8                             6*9 

Juli 20*2  i7"4                             8*8 

August 19*4  16-7                              8*2 

September 15*8  i3'3                             6.1 

Oktober 10-4  8-6                             i'6 

November 3*9  27  — 3'i 

Dezember — 0*4  — 1"2  — 67 

Jahresmittel 9'6  7*8                            0*4 

Die  Verteilung  der  Niederschlagsmengen  (in  dem  erwähnten  Werke  von 
Hann  in  einer  Regenkarte  dargestellt)  zeigt,  daß  sie  sich  ziemlich  mit  der  Ver- 
teilung der  Vegetationsgebiete  deckt.  Die  Gebiete  der  pannonischen  Flora 
(Wiener  Becken,  entlang  der  March  und  der  Donau)  besitzen  eine  jährliclie 
Regenmenge  von  50  -60  c;»  und  etvyas  darüber,  die  Gebiete  der  alpinen  Flora 


')  Hann  J.,  Klimatographie  von  Niederösterreich,  Wien   1904. 


von  140 — -160  cm  und  die  Gebiete  der  baltischen  Flora  (der  übrige  Teil  Nieder- 
österreichs) von  60  —1400)2. 

5.  Die  Pflanzendecke  Niederösterreichs. 

In  Niederösterreich  greifen  auf  verhältnismäßig  kleinem  Räume  mehrere 
Florengebiete  ineinander  und  gehen  teilweise  ineinander  über,  nämlich  die 
pon tische  Flora,  von  Osten  hereindringend  gegen  die  baltische  F'lora,  die 
sich  über  ganz  Mitteleuropa  und  einen  großen  Teil  Skandinaviens  verbreitet. 
Gleichsam  Inseln  in  der  letzteren  bildet  die  alpine  Flora,  welche  die  Gipfel- 
regionen der  höheren  Erhebungen  des  Landes  bedeckt.  ^) 

Politische  Flora. 

Die  pontische  Flora  erstreckt  sich  von  den  Ufern  des  Schwarzen  Meeres 
(Pontus)  nach  Westen  bis  in  die  Ebenen  des  östlichen  Galiziens,  bis  an  den 
Rand  der  Karpathen  und  Alpen  und  nähert  sich  im  Süden  der  Küste  des  Adria- 
tischen  Meeres,  mit  der  mediterranen  Flora  zusammentreffend.  Im  übrigen 
Teile  der  Monarchie  grenzt  sie  an  die  baltische  Flora.  In  Niederösterreich 
sendet  sie  entlang  der  Donau  bis  tief  in  die  Wachau  und  längs  der  March  und 
ihrer  Nebenflüsse  zungenförmig  ihre  Ausläufer,  erfüllt  das  Wiener  Becken  über 
das  Steinfeld  hinaus  bis  nach  Gloggnitz. 

Dieser  westlichste  Teil  der  pontischen  Flora  wird  auch  der  pann  onische 
Gau  oder  die  pannonische  Flora  genannt,  da  sie  vorherrschend  Vertreter  der 
ungarischen  Flora  aufweist,  die  aus  dem  Tieflande  und  den  südöstlichen  Berg- 
ländern zu  einer  Zeit  in  unser  Land  gedrungen  sind,  in  der  die  Vergletscherung 
der  Alpen  im  Abnehmen  war.  Diese  Steppenpflanzen  besetzten  den  trockenen 
Heideboden,  Schotter  und  Sandflächen  sowie  trockene  sonnige  Hügel  und  Ab- 
hänge rings  um  die  Ebene. 

Die  jährliche  Regenmenge  des  Gebietes  der  pontischen  Flora  in  Nieder- 
österreich beträgt  nicht  über  jocm.  Im  Hochsommer  tritt  infolge  der  Dürre 
an  extrem  trockenen  Standorten  ein  Stillstand  in  der  Entwicklung  der  Vege- 
tation ein ;  die  emjährigen  Pflanzen  haben  vielfach  ihre  Entwicklung  bereits  ab- 
geschlossen. 

Das  Klima  des  Gebietes  der  pontischen  Flora  nähert  sich  sehr  dem 
Steppenklima:  kalte  Winter  und  heiße  trockene  Sommer.  Vor  der  Trockenheit 
und  ihren  Wirkungen  schützen  sich  viele  Pflanzen  durch  Ausbildung  peren- 
nierender unterirdischer  Organe  (Rhizome^  Knollen,  Zwiebeln),  ferner  durch 
dichte  Behaarung  der  oberirdischen  Vegetationsorgane,  durch  Rollblätter 
(Gramineen)   u.  dgl.    Auffallend  ist  der  fast  vollständige  Mangel  immergrüner 

■')  ^gl-  insbesondere  A.  v.  Kern  er,  Österreich -Ungarns  Pflanzenwelt  in  «Die 
Österr.-ung.  Monarchie»,  Übers. -Band  I,  S.  185 — 248,  1887.  —  G.  v.  Beck,  Flora  von 
Niederösterreich,  AUg.  Teil,  Wien   i8g3. 


Gewächse    und   die  mit  der  Trockenheit  der  oberflächlichen   Bodenschichten 
zusammenhängende  starke  Verlängerung  der  Wurzeln  vieler  Pflanzen. 

Obwohl  der  östliche  'T^il  Niederösterreich  nur  dem  Rande  des  pontischen 
Gebietes  angehört,  tritt  hier  eine  ganze  Reihe  typischer  Formationen  auf. 
Unter  den  hierher  gehörenden  Waldformationen  sind  zu  nennen: 

1.  Der  Schwarzföhrenwald.  Derselbe  wird  von  Piniis  nigra  gebildet, 
die  in  ausgedehnten  Beständen  den  Ostrand  der  Alpen  von  Kalksburg  bei  Wien 
bis  in  das  Gebiet  des  Semmering  bedeckt.  Von  den  Pflanzen  des  Unterholzes 
und  Niederwuchses  sind  als  besonders  charakteristisch  zu  nennen:  Berberis 
vulgaris,  Crataegus  monogyna,  Amelanchier  ovalis,  Daphne  Cneorum,  Genista 
pilnsa,  Chamaebuxus  alpestris,  Sesleria  j>aria. 

2.  Der  pontische  Eichenwald  mit  Qiiercus  lanuginosa  als  Charakter- 
baum in  geringerer  Ausdehnung  auf  den  Hügeln  im  Wiener  Becken  und  am 
Rande  desselben. 

Häufiger  tritt  der  pontische  Eichenwald  als  Buschwald  auf;  in  diesen 
Fällen  ist  Quercus  lanuginosa  gemischt  mit  zahlreichen  anderen  Sträuchern  und 
niederen  Bäumen,  wie  z.  B.  Evonymus  verrucosus  und  vulgaris,  Corylus  Avellana, 
Staphylea  pinnata,  Cornus  nias  und  sanguinea,  Sorbus  Aria,  Crataegus  tuono- 
gyna,  Prunus  purnila,  spinosa  und  Mahaleb,  Acer  campestre,  Viburnum  Lantana, 
Rosa-  und  Rubus-Avi^n  etc. 

Eine  für  die  pontische  Flora  charakteristische  gehölzlose  Formation 
ist  die  Federgrasflur,  die  im  Wiener  Becken,  im  Marchfelde  auf  den  an- 
grenzenden Hügeln  und  in  der  Wachau  auf  den  steinigen,  sonnigen  Abhängen 
sich  ausbreitet.  Die  bezeichnendsten  Bestandteile  sind  die  Stipa-hrtan  (S.  pen- 
nata  und  capillata).  Als  Begleiter  finden  sich  besonders  häufig  Allium  ßavum, 
Ophrys  apifera,  Melica  ciliata,  Carex  humilis,  Iris  pumila,  Silene  Otites,  Ery- 
simuni  canescens,  Eryngiuni  campestre,  Trinia  glauca,  Potentilla  cinerea,  Thymus 
lanuginosus,  Linaria  s^enistifolia,  Inula-Artcn,  Jurinea  mollis  etc. 

Baltische  Flora. 

Die  baltische  Flora,  auch  mitteleuropäische  genannt,  bedeckt  den  größten 
Teil  des  mittleren  Europa,  einen  großen  Teil  Skandinaviens,  wo  sie  an  die 
arktische  Flora  grenzt,  während  sie  im  Süden  an  die  mediterrane,  im  Osten  an 
die  pontische  stößt.  Dort,  wo  sich  höhere  Gebirge  erheben,  wird  sie  von  der 
alpinen  Flora  unterbrochen.  In  Niederösterreich  bedeckt  sie  den  größten  Teil 
des  Landes. 

Das  Klima  ist  ein  temperiertes  von  mittlerer  Feuchtigkeit  und  mittlerer 
Wärme.  Die  Pflanzen  dieser  Flora  Heben  gleichmäßig  verteilte  Niederschläge. 
Betrachten  wir  die  Verhältnisse  in  Niederösterreich,  so  hat  ihr  Verbreitungs- 
gebiet eine  jährliche  Niederschlagsmenge  von  70 — 1400;;.  Die  Vegetationszeit 
dauert  5 — 8  Monate. 


Eine  ausführliche  [Besprechung  der  baltischen  und  alpinen  Formationen 
an  dieser  Stelle  erscheint  nicht  nötig,  da  eine  solche  in  dem  «Führer  für  die 
Exkursion  in  die  Ostalpen>^  gegeben  ist.  Es  mögen  hier  bloß  die  wichtigsten 
Formationen  kurz  angeführt  werden. 

Ein  großer  Teil  Niederösterreichs  ist  von  Wäldern  bedeckt  und  dieses 
Waldgebiet  gehört  fast  ganz  der  baltischen  Flora  an.  Eine  ziemliche  Aus- 
dehnung und  Verbreitung  besitzen  die  F"  ich  tenwä  Ider,  die  bis  zur  Baum- 
grenze hinaufreichen.  Der  vorherrschende  Baum  ist  die  Fichte,  Picea  excelsa. 
Unterholz  fehlt  meist,  da  wenig  Licht  bis  zum  Boden  dringt.  Im  Schatten  ge- 
deiht besonders  im  Herbste  eine  Menge  von  Hutpilzen  (Hymenomyceten),  Moose 
(Hylocomhnn,  Hypnum,  Dicranum,  Polytrichum),  ¥\G,c\\t&n(Peltigera),  auf  Zweigen 
die  Bartflechte  (Usnea  barbata).  Einige  Saprophyten  sind  nicht  selten,  so  Mono- 
tropa  hypopüys,  Coralliorhi^a  innata.  In  die  Moosdecke  sind  oft  Blütenpflanzen 
eingestreut,  so  Oxalis  Acetosella,  Pirola  iiniflora,  Veronica  ofßcinalis  u.  a.  m. 
Als  Unterholz  an  lichten  Waldstellen  kommt  Viburnum  Lantana,  Junipenis  com- 
munis, Calluna  vulgaris  vor.  In  Gesellschaft  mit  der  Fliehte  finden  sich  häufig 
Abies  alba  (die  Tanne),  Larix  decidua  (die  Lärche)  eingestreut,  Taxus  baccata 
(die  Eibe)  sowie  Laubhölzei',  wie  Fagus  silvatica  u.  a.,  die  wir  noch  bei  den 
Mischwäldern  besprechen. 

Föhren  Wälder  (Kiefernwälder).  Während  die  Fliehte  mehr  feuchten 
Boden  vorzieht,  liebt  Pinus  silvestris  (die  Föhre)  mehr  trockenen,  warmen  Sand- 
oder Felsenboden.  In  Niederösterreich  ist  sie  hauptsächlich  im  Hügellande  nörd- 
lich der  Donau  und  in  der  Wachau  verbreitet;  in  den  Voralpen  ist  sie  meist 
gemischt  mit  der  Fichte.  Im  Unterholz  trifft  man  häufig  Juniperus  communis, 
Calluna  vulgaris,  Cytisus  nigricans,  Genista  tinctoria,  Vaccinium  Vitis  Idaea, 
Camus  sanguinea. 

Lärchen  wälder.  Larix  decidua  ist  in  reinen  Beständen  nicht  reichlich 
vertreten,  sie  findet  sich  hauptsächlich  in  den  Vorbergen  der  Alpen,  viel  häufiger 
ist  sie  vereinzelt  in  Gesellschaft  der  Fichte,  mit  der  sie  bis  zur  Baumgrenze 
hinaufgeht.  Die  Bodenvegetation  ist  ziemlich  reichlich,  da  viel  Licht  hinabdringt ; 
häufig  Graswuchs. 

Buchenwälder.  Fagus  silvatica  (die  Buche)  ist  in  Niederösterreich 
nebst  der  Fichte  der  häufigste  Waldbaum,  hauptsächlich  im  Wienerwalde, 
doch  geht  auch  sie  hoch  in  die  Voralpen  hinauf,  wo  sie  meist  gemischt  mit 
Fichten  vorkommt  (looon  und  darüber).  Die  Bodenvegetation  ist  dadurch  aus- 
gezeichnet, daß  die  meisten  Arten  ihre  Entwicklung  abschließen,  bevor  die  Be- 
laubung der  Buche  vollendet  ist,  so  Arten  von  A)iemone,  Gagea,  Corydalis,  Den- 
taria,  Viola,  Primula.  Andere  Arten  jedoch  brauchen  zu  ihrer  Entwicklung 
länger  und  gedeihen  auch  im  Schatten  der  Buchen,  so  Oxalis  Acetosella,  Aspe- 
rula  odorata,  Mercurialis  perennis,   Salvia  glutinosa,  Pulmonaria  officinalis   etc. 

Baltische  Ei  chenwälder  (Qiiercus  Robur  und  sessilißora)  sind  in  Nieder- 
österreich hauptsächlich  im  Hügellande  und  wärmeren  Berglande  nördlich  der 


8 

Donau  verbreitet,  doch  haben  sie  keine  große  Ausdehnung  und  sind  meistens 
eingestreut  und  gemischt  mit  Birken  (Betula  verrucosa),  Pappeln  (Populus 
trcninla),  Ahornen  (Acer  Pseudoplatanus,  platanoides)  u.  a. 

Unterholz   ist   in  EicIÖhnwäldern  reichlich. 

Wie  schon  erwähnt,  treten  die  Waldbäume  oft  gemischt  auf,  so  Fichte 
(Picea  excelsa)  mit  Tanne  (Abies  alba),  Lärche  (Larix  decidua).  Buche  (Fagiis 
silvatica),  Föhre  (Pinus  silvestris)  Bergahorn  (Acer  Pseudoplatanus)  u.  a.  und  bilden 
Mischwälder.  Von  größter  Ausdehnung  sind  solche  Mischwälder  vielfach  in 
den  Voralpen. 

An  den  Ufern  unserer  Flüsse  siedelt  sich  häufig  eine  Mischwaldvegetation 
an,  die  aus  Laubbäumen  und  Sträuchern  besteht,  die  Au,  in  der  vielfach  Weiden 
vorwiegen  (Salix  purpurea,  S.  alba,  S.  incana,  S.  viminalis,  S.  triandra);  Pappeln 
(Populus  nigra,  P.  alba)  und  Erlen  (Alnus  incana,  A.  glutinosa)  sind  neben  den 
Weiden  die  wichtigsten  Bäume.  Nicht  selten  finden  sich  Ulmen  (Ulmus  glabra, 
U.  pedunculata),  Ahorne  (Acer  campestre,  A.  Pseudoplatanus,  A.  platanoides)  und 
Eichen  (Quercus  Robur).  Eine  große  Anzahl  von  Sträuchern  kommt  im  Unter- 
holz vor:  Berberis  vulgaris,  Evonynius  vulgaris,  Viburnum  Opulus,  Crataegus 
monogyna,  Cornus  sanguinea,  Rhamnus  Frangula,  cathartica,  Sambucus  nigra, 
Ligustrum  vulgare]  hierzu  kommen  von  Lianen:  Vitis  silvestris,  Clematis  Vi- 
talba.    Noch  reichlicher  ist  der  Niederwuchs. 

Eine  ganz  eigentümliche,  meist  durch  die  Hand  des  Menschen  hervor- 
gerufene und  in  Niederösterreich  ziemlich  ausgedehnte  Pflanzenformation  ist 
die  der  Wiesen. 

Torfmoore  finden  sich  hauptsächlich  auf  dem  Graniti)lateau  der 
böhmischen  Masse,  in  den  Voralpen  an  einigen  »Stellen,  so  in  der  Nähe  des 
Erlafsees  bei  Mitterbach,  wo  auch  Torf  gewonnen  wird.  Auf  dem  Mitterbach- 
moore  steht  Pinus  montana,  während  in  den  Torfmooren  des  W^aldviertels 
Pinus  uliginosa  (die  Moorföhre)  sich  findet. 

Von  auffallenderen  Formationen  der  baltischen  Flora  wären  noch  zu 
nennen:  die  Formation  der  Voralpenkräu ter  mit  zahlreiclien,  meist 
hochwüchsigen  und  großblättrigen  Püanzen  (Veratrum,  Eupatoriuvi,  Adenostyles, 
Senecio,  Buphthahnum  etc.),  Felsenformationen,  die  Formation  der  Heide 
und  die  der  Wasserpflanzen. 

Alpine  Flora. 

Steigen  wir  aus  den  waldreichen  Tälern  unserer  Alpen  empor  auf  die 
hochaufgetürmten  Berge,  so  gelangen  wir  in  ein  Gebiet,  wo  die  Bäume  nur 
kümmerlich  ihr  Fortkommen  fristen  und  endlich  gar  nicht  mehr  gedeihen  oder 
klein  und  krüppelhaft  bleiben  und  einer  Pfianzendecke  von  ganz  anderer  Be- 
schafifenheit  Platz  machen:  der  alpinen  Flora. 

In  Niederösterreich  bedeckt  die  alpine  Flora  die  Gipfelregionen  der 
Berge,  die  mindestens  eine  Höhe  von  1600 m  erreichen.     Besonders   reich   sind 


Rax  und  Schneeberg,  welche  die  östlichsten  höchsten  Erhebungen  der  nörd- 
lichen Kalkalpen  sind  und  deren  Pflanzenreichtuin  zum  Teile  dadurch  erklärt 
werden  kann,  daß  diese  Berge  niemals  einer  ausgedehnten  Vergletscherung 
unterworfen  waren.  Die  Zahl  der  typisch  alpinen  Arten  von  Blütenpflanzen 
Niederösterreichs  beträgt  nach  Beck  210  (9°/o  der  Gesamttlora).  Zahlreich 
sind  in  Niederösterreich  Stellen  mit  geringer  Meereshöhe,  an  denen  sich  insel- 
artige Vorkommnisse  alpiner  Pflanzen  (zum  Teile  glaciale  Relikte)  finden. 

Die  bedeutende  Bodenerhebung  bewirkt  für  die  Pflanzenwelt  des  alpinen 
Gebietes  ökologische  Faktoren,  welche  von  jenen  der  übrigen  Florengebiete 
Niederösterreichs  wesentlich  abweichen.  Ich  beschränke  mich  diesbezüglich 
auf  wenige  Andeutungen  und  verweise  im  übrigen  auf  die  Ausführungen  im 
«Führer  für  die  Exkursion  in  die  Ostalpen». 

Die  hauptsächlichste  Veränderung  bei  der  Zunahme  der  Höhe  ist  die 
Abnahme  des  Luftdruckes,  welcher  auf  alle  klimatischen  Faktoren  wesent- 
lich einwirkt.  Ob  nun  dieser  verminderte  Luftdruck  auf  das  Wachstum  einen 
direkten  Einfluß  ausübt,  ist  fraglich.  Viel  größer  scheint  der  indirekte  Einfluß 
auf  die  Strahlung  und  Verdunstung  zu  sein. 

Die  Lufttemperatur  nimmt  bei  Steigung  um  100  m  in  den  Alpen  um 
0*58°  Celsius  ab.  Dagegen  nimmt  die  direkte  Strahlung  der  Sonne  infolge  ge- 
ringerer Absorption  der  Strahlen  mit  der  Höhe  zu.  Die  Strahlengattungen 
werden  nicht  gleich  stark  absorbiert;  das  Alpenlicht  ist  reicher  an  ultra- 
violetten Strahlen  als  das  Licht  in  der  Ebene. 

Die  dünne  Atmosphäre  bewirkt  neben  der  intensiven  Bestrahlung  eine 
stärkere  nach tliche  Ausstrahlung,  weshalb  die  Alpenpflanzen  über  Nacht 
sehr  stark  abkühlen,  besonders  an  freien  Standorten.  Sie  bewirkt  auch,  daß 
selbst  während  der  Vegetationszeit  oft  Frostnächte  eintreten. 

Die  starke  Bestrahlung  in  den  Alpen  bewirkt  eine  relativ  höhere 
Bodenwärme  als  in  der  Ebene.  Der  Boden  bei  igoo  m  ist  um  3°  im  Jahres- 
mittel wärmer  als  die  Luft,  bei  looo  ?n  nur  um  1*5°. 

Die  Vegetationsdauer,  bestimmt  durch  den  jährlichen  Gang  derTem- 
peratur,  hängt  mit  dem  Freiwerden  von  Schnee  zusammen.  Sie  nimmt  mit  Zu- 
nahme der  Höhe  ab  (beträgt  bei  1800  w  5  Monate,  bei  2400  m  z^[^  Monate),  be- 
ginnt Mitte  Mai  bis  anfangs  Juli  und  endet  Mitte  September. 

Die  Gebirge  wirken  infolge  ihrer  tieferen  Temperatur  auf  den  Wasser- 
dampf der  Luft  kondensierend  und  sind  niederschlagsreicher  als  die  be- 
nachbarten Niederungen. 

Die  Verdunstung  ist  eine  viel  stärkere,  was  auf  die  Wirkungen  meh- 
rerer Faktoren  zurückzuführen  ist:  Luftverdünnung,  starke  Winde,  starke  Er- 
wärmung durch  Bestrahlung. 

Diese  eben  besprochenen  V^erhältnisse  wirken  auf  die  Pflanzendecke  in 
mehrfacher  Weise  ein  und  rufen  Einrichtungen  hervor,  welche  das  charakte- 
ristische Aussehen  der  alpinen  Pflanzen  bedingen. 


Sehr  bezeichnend  für  die  alpine  Flora  ist  der  Zwergwuchs  der  Holz- 
ptlanzen,  deren  Sprosse  sich  nur  wenig  über  den  Boden  erheben  oder  demselben 
angepreßt  sind,  ferner  der  polster-  oder  rasenförmige  Wuchs  vieler 
Stauden.  Ersteres  Verhalten  kann  ebenso  als  eine  Anpassung  an  Windwirkung 
und  Schneedruck  aufgefaßt  werden,  wie  es  anderseits  eine  stärkere  Ausnützung 
der  Bodenwärme  ermöglicht.  Welche  Vorteile  das  Wachstum  in  Polstern  oder 
Rasen,  in  denen  die  abgestorbenen  Pflanzenteile  die  Dichtigkeit  noch  ver- 
größern, den  Pflanzen  bietet,  ist  leicht  einzusehen.  Abgesehen  von  dem  Schutze 
gegen  starkes  Austrocknen  bleibt  die  Temperatur  im  Innern  auf  einer  gewissen 
Höhe  (sie  ist  oft  höher  als  die  umgebende  Bodentemperatur,  wie  mir  Messungen 
in  Polstern  von  Silene,  Moosen,  Saxifraga  zeigten),  ferner  wird  das  aufgesaugte 
Wasser  festgehalten. 

Zum  Teile  auf  ähnliche  Ursachen,  zum  Teile  auf  die  Kürze  der  Vege- 
tationszeitist das  häufige  Vorkommen  von  Rosetten  pflanzen  zurückzuführen. 
Mit  der  Kürze  der  Vegetationszeit  hängt  auch  das  seltenere  Vorkommen  an- 
nueller  Pflanzen  und  das  Vorherrschen  perenner  Formen  zusammen. 

Im  anatomischen  Bau  der  vegetativen  Organe  drückt  sich  die  Anpassung  an 
die  ökologischen  Faktoren  der  alpinen  Region  hauptsächlich  —  wenn  von  den  Be- 
wohnern feuchter  Stellen  abgesehen  wird  —  in  xeropliytischen  Einrichtungen  aus. 

Die  Farbe  der  Blüten  ist  eine  intensivere  als  bei  den  verwandten  Formen 
der  Niederungen,  was  unter  anderem  der  lang  andauernden  intensiven  Sonnen- 
strahlung zugeschrieben  wird. 

Gelangen  wir  bergaufwärts  schreitend  in  die  Nähe  der  Baumgrenze,  so 
hört  der  Wald  nicht  plötzlich  auf,  sondern  es  treten  vermischt  mit  den  Bäumen 
des  Waldes  (Fichte,  Lärchen)  Gestrüppe  von  niedrigen  Bäumen  und  Sträu- 
chern auf,  die  allmählich  über  der  Baumgrenze,  die  in  unseren  Alpen  bei  zirka 
1600  )u  liegt,  in  die  sogenannte  Krummholz-  oder  Legföhrenformation 
(Piniis  montana)  übergehen.  Der  Stamm  der  Legföhre  ist,  wie  der  Name  schon 
sagt,  kein  aufrechter,  sondern  über  den  Boden  oder  den  Abhängen  hinabkriechend, 
bogenförmig  kräftige  Seitenäste  aufwärts  sendend.  Sie  schließen  so  dicht  an- 
einander und  bilden  so  dichte  Gebüsche,  daß  dieselben  geradezu  undurch- 
dringlich werden  können.  In  der  Gesellschaft  der  Legföhre  tritt  eine  Anzahl 
von  Sträuchern  auf,  die  analoge  Anpassung  an  das  Klima  aufweisen.  Besonders 
häufig  finden  sich  Alpenrosen  (Rhododendron  husutum  und  fernigineiim),  die 
auch  an  manchen  Stellen  überwiegen  und  ausgedehnte  Alpenrosengebüsche 
bilden,  ferner  Erica  carnea,  Wacholder  (Juniperus  cojnniunis  und  nana),  Rausch- 
beere (Empetruvi  nigrutn),  Heidelbeere  (Vacciniuni  Myrtillus),  Weiden  (Salix 
grandifolia,  S.  arbuscula,  S.  glabra),  Grünerle.  (Alnus  viridis),  endlich  Daphne  Me- 
zereuni,  Sorbus  Aucuparia,  Rosa  alpina,  Lonicera  alpigena  u.  a. 

Im  Schatten  dieser  Sträucher  und  unter  ihrem  Schutze  gedeihen  eine 
Menge  von  Blütenpflanzen,  die  zum  Teile  aus  den  voralpinen  Gebieten  auf- 
steigen, zum  Teile  der  alpinen  Region  angehören. 


Diese  Formation  der  Legföhren  yeht  ziemlich  hoch  empor  (bis  2400)»); 
in  höheren  Lagen  wird  die  Legföhre  niedriger,  bis  sie  schließlich  nur  mehr  in 
einzelnen  kleinen  Gruppen  den  Alpenmatten  eingestreut  erscheint.  Diese  For- 
mation der  Alpenmatten  bedeckt  die  Kuppen  und  nicht  felsigen  Stellen  iler 
Höhen.  Sie  sind  aus  niedrigen  Pflanzen  mit  kurzen  oder  kriechenden  Rhizomen, 
mit  Blattrosetten  gebildet,  in  die  oft  Halbsträucher  oder  Zwergsträucher  ein- 
gestreut sind.  An  ihrer  Zusammensetzung  nimmt  teil  eine  ziemliche  Anzahl  von 
Blütenpflanzen,  so  Enziane  (Gentiana  vulgaris,  puinila),  Aurikeln  (Primula  Auri- 
ciila),  Primeln  (Primula  Clusiana,  minima),  Alpenanemonen  (Anemone  alpina), 
Polygonwn  viviparum,  Alpenglöckchen  (Soldanella  alpina),  Alpennelke  (Dianthus 
alpiniis),  das  Alpenveilchen  (Viola  alpina),  Steinbreche  (Saxifraga  moschata,  S. 
androsacea,  S.  ai:-oides),  Erigeron  polymorphus,  Gnaphalium  Hoppeanum,  Crepis 
aurea,  Silene  acaulis,  Agrostis  alpina,  Poa  alpina,  Nardtis  stricta,  Carex  firma 
und  atrata,  Dryas  octopetala.  Campanula  alpina,  Potentilla  aurea,  Galium  Bal- 
dense,  Pedicularis-Arten  etc.  Von  Zwergsträuchern  kommen  vereinzelt  Salix 
herbacea,  S.  reticulata,  S.  retusa,  Loiseleuria  prociimbens,  Rhodothamnus  Chamae- 
cistus,  Arctostaphylos  Uva  ursi,  A.  alpina  u.  a.  vor. 

Auf  den  flachen  und  sanft  gevi'ölbten  Kuppen  der  Hochgebirge  finden  sich 
häufig  Azaleenteppiche  (Loiseleuria  prociimbens),  mit  denen  Flechten  wie  das 
isländische  Moos  (Cetraria  Islandica),  die  Renntierflechte  (Cladonia  rangiferina) 
vorkommen,  die  stellenweise  überhandnehmen  und  eine  eigene  Formation  bilden. 
Diese  Vegetation  bietet  ein  ähnliches  Bild  wie  die  Flechtentundren  dar.  Häufig 
finden  sich  auch  dichte  Rasen  von  Moosen  (Polytrichum,  Dicraniim). 

Außer  diesen  erwähnten  Pflanzenformationen,  die  wieder  in  kleinere  For- 
mationen zerfallen,  je  nachdem  diese  oder  jene  Pflanze  vorwiegt,  so  das  Alpen- 
rosengebüsch, Weidengebüsch,  Grünerlengebüsch,  Leontodon-M-AitG.,  Nardus 
stricta-Formation,  wären  noch  lokale  Formationen  zu  nennen:  die  Quellen- 
fluren mit  Cardamine  amara,  weißblühenden  Ranunkeln  (Ranunciilus  platani- 
folius),  Steinbrechen  (Saxifraga  rotundifolia,  stellaris,  a^oides),  die  Geröll- 
fluren, welche  Sand-  und  Schotterhalden  bedecken  und  in  denen  hauptsächlich 
Linaria  alpina,  Papaver  alpinum,  Alsine  Gerardi,  Crepis  Jacquini  u.  a.  vorkommen. 

Endlich  ist  noch  eine  Formation  zu  nennen,  die  eine  große  Verbreitung 
hat  und  die  wenigsten  Ansprüche  an  den  Boden  stellt,  auch  bis  auf  die  höchsten 
Bergspitzen  hinaufklettert,  das  ist  die  Felsenformati  on.  Hauptsächlich  sind 
es  F'lechten,  die  die  Felsen  überziehen  {Man^onia  Kantiana,  Verrucaria- Arten), 
und  Algen  (Schizophyzeen),  die  oft  schwarze,  an  den  Felsen  herablaufende 
Streifen  bilden.  Einige  Blütenpflanzen  fassen  auch  in  den  Ritzen  der  Felsen 
festen  Fuß  und  senden  ihre  tiefgehenden  Wurzeln  hinein,  so  Arten  der  Gattungen 
Festuca  (pulchella  und  varia),  Agrostis  (A.  alpina  und  rupestris),  Carex  (C.  ru- 
pestris,  firma,  mucronata),  Aster  alpinus,  Leontopodium  alpinum,  Saxifraga 
caesia,  Petrocallis  Pyrenaica,  Draba  stellata,  Sedum  roseum,  Androsace  lactea, 
Senecio  abrotanifolius  u.  a.  m. 


B)  Reiseroute. 

Eine  Beschreibung-  der  Reiseroute  mit  Angaben  aller  Einzelheiten  würde 
einerseits  für  den  Leser  zu  ermüdend  sein,  andererseits  zu  Wiederholungen 
führen.  Ich  will  daher  nur  einige  interessante  Örtlichkeiten  hervorheben.  Nach 
einer  zweistündigen  Bahnfahrt  von  Wien  erreichen  wir  Payerbach,  den  Aus- 
gangspunkt für  die  Besteigung  der  Rax.  Die  Abhänge  dieses  Gebirges  sind 
bis  1600?»  mit  Wäldern  (Picea  excelsa,  Pinus  silvestris,  Larix  decidua,  Fagtis  sil- 
^>atica,  Abies  alba  u.  a.)  bedeckt,  von  denen  die  Fichte  in  den  oberen  Regionen 
vorherrscht.  In  den  Waldungen  hinter  der  Ortschaft  Prein  fällt  das  häufige  Vor- 
kommen von  Alnus  viridis  auf.  Bei  zirka  i6oo)n  beginnen  Legföhrengestrüppe, 
Alpenrosen  und  Alpenmatten,  in  denen  zur  Zeit  unseres  Besuches  einige  Pflanzen 
in  voller  Blüte  stehen,  so  Androsace  lactea,  A.  Chamaejasme,  Primnla  Auriciila, 
P.  elatior,  P.  Cltisiatia,  P.  minima,  Gentiana  verna,  G.  vulgaris,  Soldanella  alpina, 
S.  Austriaca  Vierh.  und  die  Hybriden  5.  alpinaXAiistriaca,  Viola  alpina,  V.  bißora, 
Anemone  alpina,  A.  narcissißora,  Veronica  aphylla,  V.  fruticans,  Pinguicula  al- 
pina, Dianthus  alpiniis,  Cardamine  alpina,  Arabis  alpina,  Ranunculus  platani- 
folitis,  R.  montanus,  R.  alpestris,  Saxifraga  caesia,  S.  ain^oides,  S.  androsacea, 
S.  stellaris,  Petrocallis  Pyrenaica,  Draba  stellata,  D.  ai::^oides,  Geiim  montamim, 
Carex firma,  C.  ritpestris  u.  a.  m. 

In  der  Nähe  des  Habsburghauses  ist  ein  «Alpenpflanzengarten»  des 
Niederosterreichischen  Gebirgsvereines  in  Verbindung  mit  einem  alpinen  Ver- 
suchsgarten, der  in  wissenschaftlicher  Hinsicht  vom  botanischen  Garten  der 
Wiener  Universität  geleitet  ist. 

Der  Abstieg  vom  Raxplateau  erfolgt  auf  der  Nordwestseite  nach  Naßwald^ 
von  wo  wir  durch  dichte  Wälder  (Fichte,  Tanne,  Buche,  Fohre),  die  mit 
Wiesen  abwechseln,  in  die  Prein  und  nach  Mariazeil  gelangen.  Eine  Stunde  von 
diesem  berühmten  Wallfahrtsorte  liegt  der  Erlafsee  und  das  Mitterbacher 
Moor,  beide  wegen  einiger  Torfmoorpflanzen  interessant.  Eriophorum  gracile, 
E.  vaginatum,  Trichophorum  alpinum,  Carex-  (C.  divica,  C.  paucißora,  C.  echi- 
nata,  C.  limosa)  und  J;/»c»5-Arten  (J.  filiformis,  J.  capitatus,  J.  bulbosiis,  J. 
squarrosiis),  Viola  palustris,  Drosera  rotiindifolia,  D.  Anglica,  Pinguicola  alpina, 
Andromeda  poliifolia,  Calluna  vulgaris,  Vaccinium  Myrtillus,  V.  iiliginosum,  Epi- 
lobium  palustre,  Vaccinium  Oxycoccos,  Alnus  viridis.  Statt  der  Torfföhre  (Pinus 
uliginosa)  ist  Pinus  montana  auf  dem  von  Sphagnumpolstern  besetztem  Torfmoor. 

Durch  die  Otschergräben,  wo  alpine  Pflanzen  in  einer  Höhe  von  nur 
500 — yoom  stehen  (Primula  Clusiana,  P.  Auricula,  Linaria  alpina,  Saxifraga 
mutata,  S.  caesia,  S.  ai:^oides,  S.  Ai:^oon,  Rhododendron  hirsutum,  Rhodothamnus 
Chamaecistus,  Pinguicola  alpina,  Dryas  octopetala,  Potentilla  Clusiana,  P.  caules- 
cens,  Alsine  laricifolia,  Achillea  Clavenae,  A.  Clusiana,  Salix  retusa,  S.  glabra, 
S.  grandifolia,  Junciis  monanthus,  Cochlearia  Pyrenaica,  Valeriana  saxatilis,  The- 
sium  alpinum,  Euphrasia  picta,  Campanula  caespitosa,  C.  pulla,  Gentiana  vulgaris, 


i3 

Heliosperma  alpestre,  H.  quadrifidinn,  Carex  firma,  C.  sempervirens,  C.  miicro- 
nata,  Viola  bißora.  Pinus  montana)  führt  nun  der  Weg  auf  den  Otscher  (1892  7?;), 
der  auf  seinem  Gipfel  alpine  Flora  ^)  trägt,  den  Formationen  der  Legföhren 
und  der  Alpenmatten  angehörig.  Einige  Pflanzen,  wie  Gentiana  Bavarica  und 
Cirsium  spinosissimum,  finden  hier  ihre  Ostgrenze. 

Vom  Otscher  steigen  wir  nach  Lackenhof  ab,  von  wo  wir  in  einigen 
Stunden  nach  Lunz  kommen,  vorbei  an  Wiesen,  die  gerade  in  Blüte  stehen, 
woraus  Narcissus  poeticus  und  Leucojum  vernum  sich  besonders  abheben. 

Von  Pflanzen,  die  auf  den  Bergwiesen  des  Gebietes  häufig  sind,  sind  zu 
nennen:  Cai'damine  aniara,  C.  pratensis,  Ranunculiis  acer,  R.  bulbosiis,  R.  acouiti- 
folius,  Viola  polychroma,  Orchis  militaris,  O.  globosa,  O.  viaciilata,  O.  ustulata, 
Gjnnnadeuia  conopea,  Piatanthera  bifolia,  Epipactis  riibiginosa,  E.  latifolia,  Li- 
stera  ovata,  Liliinn  Martagon,  Ornithogahnn  pyrenaicum,  Toßeldia  calyciilata, 
Veratrum  album,  Carex  pallescens,  C.  Oederi,  Phleuin  pratense,  Agrostis  vulgaris, 
Poa  alpina  v.  vivipara,  Glyceria  spectabilis,  Molinia  coerulea,  Dactylis  glomerata, 
Bromus  mollis,  asper,  Aira  caespitosa,  Trollius  Europaeus,  Aquilegia  vulgaris,  Dian- 
thus  Carthusianorum,  Silene  inflata,  S.  nutans,  Lychnis  ßos  cuculi,  Melandryum 
rubrum,  Alectorolophiis  angustifolius  u.  a. 

Bei  Lunz  liegt  der  untere  Lunzersee,  der  auf  Tafel  XXXIV  mit  Leucojum 
vernum  abgebildet  ist. 

Nach  einer  kurzen  Bahnfahrt  von  Lunz  gelangen  wir  über  Pöchlarn  nach 
Melk  mit  dem  Stifte  gleichen  Namens,  das  auf  steil  gegen  die  Donau  abfallendem 
Felsen  liegt.  Bei  Melk  verengt  sich  das  Tal  der  Donau,  die  bis  Krems  ein 
Durchbruchstal  bildet,  die  Wachau.  Von  Melk  aus  besuchen  wir  den  Jauer- 
Hng,  einen  Bergrücken  des  böhmisch-mährischen  Massives.  Wir  übersetzen 
die  Donau  und  steigen  auf  den  Geländen,  die  mit  Wiesen  und  Felsen,  im  oberen 
Teile  mit  Fichten-  und  Föhrenwäldern  (Pinus  silvestris)  bedeckt  sind,  auf  eine 
Ebene,  auf  der  sich  zahlreiche  Felder  und  Wiesen  ausbreiten. 

Nach  dreistündiger  Wanderung  erreichen  wir  den  Jauerling,  2)  dessen 
Abhänge  mit  dichten  Wäldern  von  Buchen  {Fagus  silvatica),  Föhren  (Pinus 
silvestris),  Tannen  (Abies  alba)  und  Fichten  (Picea  excelsa),  die  in  den  oberen 
Regionen  vorherrscht,  bedeckt  sind.  Auf  dem  Südabhange  stehen  einige  Ahorn- 
bäume (Acer  Pseudoplatanus).  Im  Schatten  dieser  Wälder  gedeihen  Soldanella 
montana,  Pirola  imiflora,  P.  seciinda,  P.  chlorantha,  Cardamine  trifolia,  Dentaria 
enneaphyllos,  D.  bulbifera,  an  den  Rändern  Cytisus  scoparius,  Vicia  Cassubica, 
Dianthus  deltoides,  Riibiis  saxatilis,  Gentiana  ciliata.  Der  Rücken  des  Berges 
ist  größtenteils  von  Wiesen  bedeckt,  in  die  einige  Gebüsche  von  Corylus  Avel- 


')  J.  Nevole,  Vegetationsverhältnisse  des  Otscher-  und  Dürrensteingebietes  in 
Niederösterreich.  Abhandl.  der  k.  k.  zool.-bot.  Gesellsch.  in  Wien,  Bd.  III,  Heft   i. 

^)  A.  V.  Kerner,  Der  Jauerling.  Eine  pflanzengeographische  Skizze.  Verh.  des 
zool.-bot.  Vereins  in  Wien  1855,  Bd.  V,  S.  521 — 524.  —  G.  v.  Beck,  Die  Wachau. 
Blätter  des  Vereines  für  Landeskunde  von  Niederösterreich    i8q8. 


lana,   Salix  aurita,   Rosa  penduUna,   R.  canina,  Alnus   viridis  und   Sorbiis  Aria 
eingestreut  sind,  stellenweise  kleine  Bestände  bildend. 

Auf  den  Wiesen  blühen  im  P'rühjahre  Primula  elatior,  Scor^onera  humilis, 
Anemone  nemorosa,  Soldanella  viontana,  etwas  später  Orchis  mascula,  O.  globosa, 
O.  sambucina,  O.  incarnata,  Ende  Juni  entfalten  Pedicularis  palustris,  Gentiana 
praecox,  Alectorolophus  maior,  Arnica  montana  ihre  Blüten.  Auf  dem  Plateau 
sind  eine  Menge  sumpfiger  Stellen,  an  denen  sich  Sphagnum  -  Polster,  ferner 
Eriophoriim  alpinum,  E.  vaginatum,  Carex  dioica,  C.  piilicaris,  C.  limosa,  Drosera 
rotundifolia,  Pinguicola  vulgaris,  Viola  palustris,  Sedum  villosimi  finden.  Im 
vSchatten  der  auf  den  Wiesen  zerstreuten  Gebüsche  wachsen  Vacciniwn  Vitis 
Idaea,  Rubus  saxatilis,  Pirola  rotundifolia,  Soldanella  montana,  Corydalis  cava, 
C.  intermedia,  Laserpitium  latifolium  und  Archangelica  officinalis. 


Lößlandschaft  bei  Krems. 
(Phot.  E.  Rein  ho  Id.) 

Auf  dem  Plateau  des  Berges  stehen  Hafer-  und  Roggenfelder,  außerdem 
wird  Weizen,  Gerste,  Mohn,  Lein,  Erdäpfel  gebaut.  Wenden  wir  uns  dem 
Tale  der  Donau  in  der  Richtung  Maria  Laach  und  Aggstein  zu,  so  finden  wir  in 
den  unteren  Regionen  Kulturen  von  Wein  und  Pfirsichen.  Ausgedehnte  Wein- 
kultur wird  in  dem  unteren  Teile  der  Wachau  getrieben,  wo  der  leicht  zu  be- 
arbeitende Löß  die  Abhänge  bedeckt.  Obensteheude  Abbildung  stellt  eine  mit 
Weincultur  bedeckte,  staffelweise  abfallende  Lößlandschaft  bei  Krems  dar. 

Die  Wachau  ^)  ist  in  pflanzengeographischer  Hinsicht  sehr  interessant. 
Nebst  der  vorwiegenden  baltischen  Flora  ist  eine  nicht  geringe  Anzahl  panno- 
nischer  Pflanzen  (nach  Beck  70  Arten)  vertreten.  Auf  den  sonnigen  Südabhängen 
haben  sich  Federgrasfluren  (Stipa  pcnnala,  St.  capillata)  festgesetzt  und  in  ihrer 


^)  G.  V.  Beclc,  Die  Wachau. 


15 

Begleitung  Pflanzen,  die  wir  oben  erwähnt  haben.  Es  fehlen  auch  nicht  die  für 
das  pontische  Gebiet  charakteristischen  Eichen  (Qiiercus  lanugmosa  und  Qii. 
cerris),  dann  die  Zwergweichsel  (Prunus  Chamaecerasus),  der  Blasenstrauch  (Co- 
lutea  arborescens) ;  von  Kräutern:  Avenastrum  pratense,  Diplachne serotina,  Bromus 
squarrosus,  Carex  stenophylla,  Silene  Otites,  Sisymbrium  sinapistrum,  Lepidhun 
pcrfoliatum,  Aristolochia  Clematitis,  Linum  ßavum,  Jurinea  niollis  u.  a.  Je  mehr 
wir  uns  Krems,  am  Ausgange  der  Wachau  gelegen^  nähern,  desto  reichlicher 
treten  die  pontischen  Gewächse  auf,  wenn  ihnen  auch  vielfach  der  Platz  durch 
Anlagen  von  Weinbergen  streitig  gemacht  wird. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 

A)  Allgemeine  Schilderung  des  Gebietes i 

1.  Einleitung i 

2.  Orographisch-geologische    Verluiltnis»e I 

3.  Hydrographische  Verhältnisse 3 

4.  Klimatische  Verhältnisse 4 

5.  Die   Pflanzendecke  Niederösterreichs 5 

Pontische  Flora 5 

Baltische   Flora 6 

Alpine  Flora 8 

B)  Reiseroute 12 


Druck  von  ADOLF  HOLZHAUSEN  in  Wien, 

K.  UND  K.  HOF-  UND  UNIVF.RSITÄTS-BUCHDRÜCKER. 


Führer  zu  den  wissenschaftlichen  Exkursionen 


des 


II.  internationalen  botanischen  Kongresses, 

Wien   1905. 


V. 

EXKURSIONEN 

in  die 

Umgebung  Wiens. 

a.  Sandsteingebiet  des  Wienerwaldes. 

Von  Prof.  Dr.  Adolf  Cieslar. 

b.  Kalkgebiet  bei  Mödling  und  die  Brühl. 

Von  Dr.  August  von  Hayek. 

c.  Donau-Auen  bei  Wien. 

Von  Dr.  August  Ginzberger. 


Mit  Tafel  XXVI— XXXII. 


Wien,  1905. 

Im   Selbstverlage  des  Organisations-Komitees, 


Druck  von  Adolf  Holzhausen  in  Wien. 


Va. 


Exkursion  in  das  Sandstein^ebiet  des  Wienerw aldes 


(Purkersdorf — Gablitz — Tullnerbach). 

Von 

Prof.  Dr.  A.  Cieslar. 

(Mit  Tafel  XXVI  und  XXVII.) 


Der  Wienervvald  bildet  die  nördlichsten  Ausläufer  der  österreichischen 
Alpen.  Von  der  Traisen  im  Westen,  der  Gülsen  und  dem  Oberlaufe  der 'l'rie- 
sting  im  Süden  begrenzt,  streicht  er  mit  seinen  sanftgeformten  Bergketten  in 
nordöstlicher  Richtung  bis  an  die  Donau,  welche  seine  hier  steilen  Abfälle  von 
Greifenstein  bis  Nußdorf  bespült. 

Die  Sandsteinzone  des  Wienervvaldes,  welche  uns  bei  dieser  Exkursion 
allein  interessiert,  scheidet  sich  von  dem  südlich  gelegenen  Gebiete  des  Kalkes 
in  einer  Linie,  welche  von  Kaumberg  und  Altenmarkt  a.  d.  Triesting  in  beinahe 
geradem  Zuge  gegen  Alland  und  weiter  nach  Kaltenleutgeben  und  Kalksburg 
hinzieht.  Vereinzelte  Kalkinseln  finden  sich,  aus  dem  Sandsteine  hervortretend, 
noch  bis  Hietzing  und  St.  Veit  a.  d.  Wien  verstreut.  Alles,  was  von  der  be- 
schriebenen Grenzlinie  nördlich,  beziehungsweise  nordwestlich  liegt,  gehört  zur 
Sandsteinzone  des  Wienerwaldes. 

Die  gut  bewaldeten,  sanft  abfallenden  Kuppen  dieses  Teiles  des  Wiener- 
waldes nehmen  von  Süden  gegen  die  Donau  hin  an  Höhe  ab.  Der  Gföhler- 
berg  mit  883  ;n  und  der  Schöpfelrücken  mit  Sg3  in  sind  im  Süden  des  Sandstein- 
gebietes als  die  bedeutendsten  Erhebungen  zu  nennen;  weiter  nördlich  ist  der 
Troppberg  bei  Gablitz  nur  mehr  540  m,  der  Tulbingerkogel  am  Rande  des 
TuUnerfeldes  nur  mehr  495  ;n  hoch. 

Das  Grundgestein,  welchem  der  Boden  seine  Entstehung  verdankt,  ist 
der  Wiener  Sandstein,  ein  Gebilde  der  Kreideformation.  Der  aus  der  Verwit- 
terung des  Sandsteines  entstehende  Boden  ist  je  nach  dem  Grade  der  Sandbei- 
Exkursionen  in  die  Umgebung  Wiens.  I 


mischung-  ein  mehr  oder  minder  leichter  und  frischer  Lehmboden;  selten  wird 
er  durch  größeren  Tongehalt  zu  ausgesprochen  strengem  Tonboden,  ebenso 
selten  auch  wieder  zu  ausgesprochenem  Sandboden. 

In  hydrographischer  Beziehung  ist  zu  sagen,  daß  das  Sandsteingebiet 
des  Wienervvaldes  vom  Wasserlaufe  des  Wienflusses  in  westöstlicher  Richtung 
durchzogen  wird.  Ein  vSeitenbach  der  Wien,  am  nördlichen  (linken)  Ufer  in 
dieselbe  mündend,  die  Gablitz,  bildet  das  liebliche  Tal,  durch  welches  die  Ex- 
kursion, von  Purkersdorf  im  Wientale  beginnend,  nach  Norden  gegen  den 
Troppberg  führt,  um  auf  dem  Rückmarsche  durch  das  anmutige  Tal  des 
TuUnerbaches   wieder  zum  Wienflusse    zurückzustreben. 

Das  Klima  des  nördlichen  Wienerwaldes  ist  ein  mildes;  die  Jahrestem- 
peratur beträgt  in  Wien  97°,  am  Kahlenberge  bei  Klosterneuburg  8*o°,  in  Maria- 
brunn im  Wientale  8*3°,  in  Mödling  9'4°.  Die  Jahresregenmenge  von  Wien  wird 
durch  das  Mittel  von  595  nun,  jene  von  Kalksburg  durch  eine  Regenhöhe  von 
676  mm  ausgedrückt. 

Die  Meereshühe  des  Sandsteingebietes  des  Wienerwaldes  bewegt  sich 
zwischen  den  Koten  von  200  m  (Stadt  Wien)  und  von  Sg3  ni  (Schöpfelrücken); 
das  Exkursionsgebiet  liegt  zwischen  240;)!  (Purkersdorf)  und  456 ;;;  (Buch- 
berg bei  Purkersdorf). 

Pflanzengeographisch  gehört  der  Wienerwald  zur  mitteleuro- 
päischen Flora,  welche  einen  Teil  der  baltischen  Flora  bildet.  Zahl- 
reiche Elemente  der  pontischen  (oder  pannonischen)  Flora,  welche,  aus  der 
Ebene  Niederösterreichs  kommend,  bis  an  die  Osthänge  der  Berge  vordringen, 
finden  sich  noch  vereinzelt  in  unserem  Gebiete.  Es  wäre  da  vornehmlich  die 
Zerreiche  (Qiiercus  Cerris)  hervorzuheben,  welche  im  Wienerwalde  noch  in  den 
Beständen  um  Gablitz  nicht  selten  vorkommt. 

Der  Teil  des  Wienerwaldes,  welcher  von  der  Exkursion  berührt  wird, 
gehört,  wenn  auch  die  in  die  Ebene  des  Wiener  Beckens  abfallenden  Hänge 
sowie  die  im  vorderen,  östlichen  Teile  gelegenen  Berge  zumal  an  ihren  warmen 
Südlehnen  von  ausgedehnten  Eichenbeständen  oder  deren  Resten  bedeckt  sind, 
in  seiner  ganzen  Ausdehnung  der  Formation  der  Rotbuche  an.  Den  Eichen- 
beständen ist  in  untergeordnetem  Maße  die  Zerreiche  beigemischt. 

Schon  aus  dem  Eisenbahncoupe  kann  man  während  der  Fahrt  von  Hüttel- 
dorf nach  Purkersdorf  beobachten,  wie  die  rechtsliegenden  sonnseitigen  Hänge 
beinahe  ausnahmslos  mit  buchengemischten  Eichenbestäuden  bedeckt  sind, 
während  die  linker  Hand  sich  hinziehenden  kühleren  Schattseiten  mit  geringen 
Ausnahmen  reine  Buchenwälder  tragen. 

Die  Bewaldungsverhältnisse  des  Wienerwaldes  haben  übrigens  in  den 
vorderen,  der  Hauptstadt  näherliegenden  Teilen  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
einen  Wandel  in  dem  Sinne  erfahren,  daß  die  Eichenbestände,  welche  in  frü- 
heren Zeiten  bedeutend  mehr  Terrain  innehatten  und  vielfach  auch  die  sanften 
Nordlehnen  bedeckten,  durch  die  Eingriffe  der  Forstwirtschaft  in  Waldbestände 


umgewandelt  wurden,  in  welchen  die  früher  nur    mäßig  beigemischt  gewesene 
Kotbuche  nun  vollends  vorherrscht. 

Den  Huchenbeständen  des  Wienerwaldes  sind  an  den  Ost-,  Süd-,  Südost- 
und  vSüdwestlehnen  mehr  oder  weniger  Trauben-,  Stiel-  und  Zerreiche  bei- 
gemischt; überdies  finden  sich  beigesellt  Carpinus  Betulus,  Prunus  avium,  Pirus 
communis,  Sorbus  tormiualis  und  Aucuparia,  Acer  platanoides,  Pseudoplatanus  und 
campestre,  Ulmus  aimpcstris,  Fraxinus  excelsior,  Salix  Capraea,  die  Fiirke  und 
eine  Reihe  von  Sträuchern,  darunter  auch  zerstreut  Staphylaea  pinnata. 

Die  Buche  des  Wienerwaldes  bildet  auf  den  besseren  Standorten  außer- 
ordentlich schöne  und  massenreiche  Bestände  von  oft  herrlicher  Stammausfor- 
mung und  bedeutender  Stammhöhe.  In  der  Umgebung  von  Gablitz  und  Preß- 
baum gibt  es  Buchenorte,  welche  bei  loo — i2ojährigem  Alter  pro  Hektar  bis 
gzsßn^  Holz  tragen.  Tafel  XXVII  führt  das  Bild  eines  wüchsigen  Wienerwald- 
Buchenbestandes  vor. 

Es  würde  wohl  zu  weit  gehen,  wollte  man  hier  die  Florenelemente  der 
Buchenbestände  des  Wienerwaldes  besonders  anführen;  ein  typisches  Glied, 
selbst  im  schattigsten  Walde  vorkommend,  ist  Dentaria  bulbifera. 

Ein  zweiter  Typus  von  Waldbeständen,  der  sich  der  Formation  der  Buche 
angliedert  und  diese  oft  in  weiten  Strecken  unterbricht,  sind  die  Bestände  der 
Weißtanne  (Abies  alba).  Im  vorderen  Teile  des  Wienerwaldes  fehlt  dieser 
Typus  beinahe  gänzlich,  um  erst  bei  Purkersdorf  und  TuUnerbach  zu  beginnen. 
Die  Tanne  findet  sich  von  da  an  gegen  Westen  zu  entweder  in  reinem  Bestände 
oder  mit  der  Buche  gemischt.  Das  Bild  auf  Tafel  XXVI  stellt  einen  Buchen- 
lichtschlag mit  natürlichem  Tannenunterwuchs  dar  (Gegend  von  Preßbaum). 

Die  Fichte  (Picea  excelsa)  und  die  Lärche  (Larix  decidua)  fehlen  dem 
nördlichen  Wienerwalde  als  autochthone  Holzarten;  wo  man  ihnen  begegnet, 
sind  sie  durch  die  Hand  des  Forstmannes  eingeführt. 

Die  Exkursion  geht  mit  der  Bahn  bis  zur  Haltestelle  Purkersdorf-Keller- 
wiese,  von  welcher  aus  der  Marsch  auf  der  Gablitzer  Straße  angetreten  wird. 
Vor  der  Brücke  über  den  Gablitzbach  wird  die  vStraße  verlassen  und  die  Route 
zieht  über  Wiesengründe  am  rechten  Gablitzufer  bis  zu  dem  auf  die  Hochram- 
alpe abzweigenden  Waldwege;  hier  beginnt  der  bequeme  Anstieg  durch  einen 
in  geringem  Maße  mit  Eichen  gemischten  Buchenaltbestand  (rote  Wegmarke). 
Der  Waldboden  ist  leicht  begrünt  (Flora  des  Buchenwaldes);  ortweise  an  lich- 
teren Stellen  natürlicher  Buchenunterwuchs.  Wir  durchwandern  hier  einen 
typischen  Wienerwald-Buchenbestand  von  freilich  nur  geringerer  Qualität.  Dies 
Waldbild  begleitet  uns  ungefähr  eine  halbe  Stunde;  dann  nähert  sich  der  Weg 
einem  linker  Hand  liegenden  Buchenjungwuchse,  welcher  mit  einigen  alten 
Eichen  durchstellt  ist.  Bald  öffnet  sich  rechts  der  Ausblick  über  eine  Wald- 
wiese in  das  liebliche  Gablitztal  und  auf  die  gegenüberliegenden  waldreichen 
Berghänge.  Es  wäre  Gelegenheit,  die  Flora  der  Wienerwaldwiesen  an  dieser 
Stelle  zu  studieren. 

1* 


Die  Gastwirtschaft  Hochramalpe  rechts  lassend,  wendet  sich  die  Exkur- 
sionstour, dem  Wege  mit  der  roten  Marke  folgend,  in  einem  spitzen  Winkel 
scharf  nach  links,  in  einem  jüngeren  dichten  Buchenbestande  aufwärts  führend. 
Die  Eiche  fehlt  hier  bereits  vollends  (450  m  Seehöhe).  Bald  ist  die  Hohe  des 
Bergrückens  erreicht  und  nun  geht  es  beinahe  eben  zwischen  Buchenbeständen 
in  nördlicher  Richtung  weiter:  links  dehnen  sich  schöne  Buchenalthölzer  mit 
mild  begrüntem  Boden  aus,  rechts  begleiten  uns  Buchenjungwüchse,  stellen- 
weise mit  künstlich  angebauten  Lärchen  durchstellt.  Diesen  Weg  am  Rücken 
des  Buchberges  benützen  wir  etwa  eine  Viertelstunde  lang,  die  Troppbergwarte 
beinahe  immer  vor  Augen. 

Im  Waldorte  Loimanshagen  angelangt,  betritt  die  Exkursion  eine  Ver- 
suchsfläche der  k.  k.  forstlichen  Versuchsanstalt.  Diese  Versuchsfläche  enthält 
eine  Anzahl  von  Studienobjekten  über  den  Einfluß  der  Samenprovenienz  bei  der 
Fichte  (Picea  excelsa),  ferner  Anbauversuche  mit  mehreren  fremdländischen 
Holzarten  (Prunus  serotina,  Acer  saccharimnn,  Quercus  rubra,  Thuja  gioantea, 
Abies  sibirica,  Picea pungens  und  P.  Engehnanni,  Larix  leptolepis  und  Pseudotsuga 
Douglasii). 

Der  Versuch  in  betreff  des  Einflusses  der  Samenprovenienz  bei  der  Fichte 
umfasst  nachfoltrende  Unterabteilungen: 


Nr. 


Provenienz  des  Saatgutes 


Meereshöhe 
des  Ernle- 
standortes 


Durch- 
schuittlich- 
jährlicher 
Höhen- 
zuwachs 
des  Mutter- 
baumes 


Mittlere 

Pfianzeu- 

liöhe  im 

Herbste  1904 


147 
90 

i'5o 
148 
iSg 
141 
144 
i37 
i36 

74 

77 

78 

ii3 

116 

119 

65 


Edling  bei  Wolfsberg,  Kärnten   .   . 

Cavalese  in  Südtirol      

Piesendorf  bei  Zell  am  See   .   .   .   . 

»  »       »       »       »      .   .   .   . 

St.  Andrä  in  Kärnten  (Koralpe)     . 

»         »         »         »  »  . 

»         »         »         »  » 

Treibach   in  Unterkärnten     .   .   .   . 

»           »              »                 .   .   .   . 
Achental  in  Nordtirol 

»  »  »  

»  »  »  

Radstadt     

Höllengebirge  in  Überösterreicli   . 

»               »               » 
Altvaterstock  in  Österr.-Schlesien 
P'innland 


460 

IIOO 

1400 

1750 

1650 

1625 

1420 

goo 

900 

900 

i3oo 

1600 

1500 

i38o 

i38o 

860 


35 
24 
14 
15 

18 

25 

28 

29 

3i 

28 

26 

21 
6-4 
6-6 


1917 
190-5 

i45*8 
ii3'4 
67-4 
93-8 
118-9 
135-2 
i3i-3 
124-0 

125-5 
107-8 

121 -2 

Sr6 
50-3 

159*4 
77-0 


Die  Fichtenbäumchen  stehen  im  zehnten  Lebensjahre. 

Im  Waldorte  Loimanshagen,  welcher  zum  Teile  mit  Buchenverjüngungen 
bedeckt  ist,  bietet  sich  Gelegenheit,  jene  Flora  zu  studieren,  welche  sich  nach 
dem  Abhiebe  des  Holzes  auf  den  Schlägen  des  Wienerwaldes  ansiedelt. 

So  lohnend  es  gewesen  wäre,  die  Tour  über  den  Troppberggipfel  zu 
führen,  mußte  dieser  Plan  der  Kürze  der  verfügbaren  Zeit  wegen  aufgegeben 
werden.  Von  Loimanshagen  geht  die  Exkursion  nun  beinahe  stets  über  offene 
weite  Ausblicke  gewährende  Wiesen  in  sanftem  Abstiege  in  dasTal  desTullner- 
baches.  Die  rechtsseitigen  Einhänge  dieses  Tales  sind  auf  großen  Flächen  mit 
reinen  Weißtannenbeständen  bedeckt;  nur  stellenweise  findet  sich  die  Tanne 
auch  auf  dem  linken  Ufer  vor. 

Auf  schonen  Promenadewegen,  zum  Teile  durch  künstlich  begründete 
Fichtenwälder,  welche  in  dem  guten  frischen  Boden  und  dem  milden  Klima  des 
Wienerwaldes  einen  überaus  üppigen  Wuchs  zeigen,  aber  Holz  von  nur  min- 
derer Qualität  erzeugen,  bewegt  sich  die  Exkursionsroute  im  Talboden  entlang 
des  Tullnerbaches  zum  Wientale  zurück,  welches  bei  der  Haltestelle  Unter- 
Tullnerbach  erreicht  wird.  Hier  wird  —  nach  etwa  vierstündigem  Marsche 
—  die  Bahn  zur  Rückfahrt  nach  Wien  bestiegen. 


Vb. 

Exkursion  in  das  Kalkgebiet  bei  Mödling 
und  in  die  Brlilil. 

Von 

Dr.  August  von  Hayek. 

(Mit   Tafel  XXXI  und   XXXII.) 


Zwischen  den  Schneeberg  und  den  eigentlichen,  aus  Sandstein  auf- 
gebauten Wienerwald  schiebt  sich  eine  Berggruppe  ein,  welche  die  Geologen 
und  Geograplien  als  Thennengruppe  bezeichnen,  weil  an  ihrem  Fuße  eine  Reihe 
teils  indifferenter,  teils  schwefelhaltiger  warmer  Quellen  entspringt.  Es  hat 
dies  seinen  Grund  darin,  daß  hier  einstmals  eine  mächtige  Erdscholle  einge- 
sunken ist,  wodurch  die  Ebene  des  Wiener  Beckens  sich  bildete,  welche  noch 
in  der  Tertiärzeit  von  einem  Meeresbecken  erfüllt  war,  und  bekanntlich  treten 
ja  warme  Quellen  sehr  häufig  an  solchen  Bruchlinien  zutage. 

Zahlreiche  von  Westen  nach  Osten  verlaufende  Täler  lösen  die  Thermen- 
gruppe in  einzelne  Gebirgsstöcke  auf.  So  liegt  zwischen  dem  Sirningtale  und 
dem  Frauenbache  der  Gösing,  nördlich  von  diesem  die  Dürre  und  die  Hohe 
Wand,  welche  wieder  das  Piestingtal  von  der  Gruppe  des  Kieneck,  Hocheck  und 
der  Hohen  Mandling  scheidet.  Das  Triestingtal  bildet  die  Grenze  zwischen 
diesen  Bergen  und  dem  Hohen  Lindkogel  bei  Baden  und  nördlich  von  diesem 
erhebt  sich  zwischen  Schwechat  und  Mödlingbach  der  Anninger  mit  dem  süd- 
lich vorgelagerten  Badener  Berge  und  dem  Eichkogel;  der  Mödlingbach  endlich 
scheidet  die  Gruppe  des  Anninger  von  der  letzten  zur  Thermenkette  gehörigen 
Bergkette,  dem  Gaisberge  bei  Perchtoldsdorf.  Die  Berge  nehmen  im  allgemeinen 
von  Norden  nach  Süden  zu  an  Höhe  allmählich  zu.  Während  der  Placklesberg, 
der  höchste  Gipfel  der  Hohen  Wand,  ii5^m,  das  Kieneck  1x07  ni,  das  Hocheck 
io36  ;n  mißt,  erreicht  das  Eiserne  Tor,  der  höchste  Punkt  des  Badener  Lind- 
kogels,  nur  mehr  847  in,  der  Hohe  Anninger  674  ;h,  während  der  Höllenstein 
und  der  Hintere  Föhrenkogel,  die  höchsten  Erhebungen  des  Gaisberges,  nur 
mehr  645,  beziehungsweise  575  m  Höhe  haben. 


Die  geologischen  Verhältnisse  des  ganzen  Gebietes  sind  äußerst  kompli- 
zierte^); der  Hauptsache  nach  bestehen  aber  diese  Berge  vorwiegend  aus  Kalk- 
steinen, hauptsächlich  der  l'ertiärperiode,  daneben  treten  aber  auch  stellenweise 
Werfener  Schiefer  und  insbesondere  tertiäre  Ablagerungen^  letztere  hauptsäch- 
lich an  den  östlichen  Gehängen  auf. 

In  pflanzengeographischer  Beziehung  gehören  die  Berge  der  Thermen- 
gruppe zwei  F'lorengebieten  an,  dem  pontischen  und  dem  mitteleuropäischen.  2) 
Während  die  der  pontischen  Flora  zugehörigen  Formationen  vorzüglich  die 
Ebene  und  die  tieferen  Regionen,  besonders  an  der  Ostseite  einnehmen,  gehören 
die  Berg-  und  Voralpenregion  der  mitteleuropäischen  Flora  an.  Die  typische 
Voralpenflora  findet  innerhalb  der  Thermengruppe  ihre  Nordgrenze  im  Triesting- 
tale  und  es  sollen  die  südlich  von  dieser  Grenzlinie  gelegenen  Anteile  hier  nicht 
mehr  weiter  in  Betracht  gezogen  werden. 

Die  Ausbreitung  der  pontischen  Flora  ist  in  den  das  Wiener  Becken  west- 
lich begrenzenden  Bergen  vor  allem  durch  ein  Kulturgewächs  gekennzeichnet, 
den  Weinstock,  welcher  bekanntlich  im  eigentlichen  mitteleuropäischen  P'loren- 
gebiete  nicht  mehr  recht  gedeiht  und  nur  dort  in  größerem  Maßstabe  gebaut 
wird,  wo  atlantische,  mediterrane  oder  pontische  Einflüsse  sich  geltend  machen. 
An  den  Bergen  der  Thermengruppe  gleichwie  des  Wienerwaldes  ziehen  sich 
überall  längs  des  Ostfußes  ausgedehnte  Weingärten  hin,  welche  die  besten 
Sorten  der  Österreicher  Weine  liefern. 

Dort,  wo  jetzt  diese  Weingärten  stehen,  hat  sich  ehemals  wohl  fast  überall 
jene  eigentümliche  Steppenformation  ausgebreitet,  die  man  auch  jetzt  noch  viel- 
fach am  Ostfuße  der  Berge  der  Thermengruppe  findet.  Von  den  mitteleuro- 
päischen Wiesen  unterscheiden  sich  die  Federgrassteppen  neben  der  Zusammen- 
setzung aus  größtenteils  der  pontischen  Flora  zugehörigen  Gewächsen  durch 
die  kurze  Vegetationsperiode;  im  Frühjahre  von  zahlreichen  blühenden  Pflanzen 
geziert,  sind  sie  im  Juni,  Juli  schon  fast  gänzlich  trocken  und  dürr  und  werden 
darum  auch  nur  selten  gemäht.  Die  Gräser,  die  diese  Steppen  zusammensetzen, 
sind  vor  allem  Andropogon  ischaemum  L.,  Stipa  Joannis  Cel.,  Koeleria  gracilis 
Pers.,  Avenastriim  pratense  (L.)  Jess.,  Festuca  sulcata  Hack.;  von  sonstigen 
charakteristischen  Elementen  derselben  seien  genannt:  Iris  puiuila  L.,  Ophrj^s 
fucißora  Rb.  und  arani/era  Huds.,  Silene  otites  L.,   Anemone  grandis  (Wend.) 


^)  Näheres  darüber  in  folgenden  Arbeiten:  Th.  Fuchs,  Erläuterungen  zur  geo- 
logischen Karte  der  Umgebung  von  "Wien  (Wien  1873);  A.  Bittner,  Die  geologischen 
Verhältnisse  von  Hernstein  in  Niederösterreich  (Wien  1884);  Toula,  Übersicht  über 
den  geologischen  Aufbau  der  Ostalpen  und  die  Wienerbucht  im  Jahrbuche  des  Öster- 
reichischen Touristenklub    1879  und    1880. 

^)  Näheres  über  die  hochinteressanten  pflanzengeographischen  Verhältnisse  dieses 
Gebietes  bei  Neilreich,  Flora  von  Wien  (Wien  1847)  und  Flora  von  Niederösterreich 
(Wien  1859),  insbesondere  aber  bei  Beck,  Flora  von  Niederösterreich  (Wien  18QO — 1893); 
die  Verhältnisse  des  südlichen  Anteiles  der  Thermengruppe  sind  sehr  eingehend  in  Beck, 
Flora  von  Hernstein  (1884)  besprochen. 


Kern,  und  nigricans  (Störck)  Fritsch,  Erysimum  canescens  Roth,  Viola  ambigua 
W.  K.,  Linum  tenidfoliwn  L.,  Dictamnus  albus  L.,  Polygala  maior  Jacq.,  Trinia 
glaiica  (L.)  Dum.,  Seseli  hippomarathnim  L.,  Astragalus  Austriacus  Jacq.,  Oxy- 
tropis  pilosa  L.,  Nonnea  piilla  (L.)  D.  C,  Thymus  lanuginosus  Mill.,  Linaria 
genistifolia  (L.)  Mill.,  Campanula  Sibiricah,.,  Inula  ensifolia  L.,  /.  hirta  L.,  Scor- 
^onera  Austriaca  Jacq.,  S.  hispanica  L.   Vgl.  Tafel  XXXII,  Fig.  2. 

Neben  diesen  Steppen  findet  man  an  den  Ostabhängen  der  Wiener  Kalk- 
berge nicht  selten  eine  eigentümliche  Buschformation,  die  Formation  der  Zwerg- 
weichsel, in  welcher  sich  neben  weit  verbreiteten  mitteleuropäischen  Sträuchern, 
wie  Corylus  avellana  L.,  Prunus  spinosa  L.,  Crataegus  monogyna  Jacq.  und 
oxyacantha  L.,  Evonynius  vulgaris  Scop.,  Viburnum  opulus  L.  und  lantaua  L. 
und  verschiedenen  Rosen  auch,  oft  in  großer  Menge,  pontische  Elemente  sich 
finden,  nämlich  Qiiercus  lanuginosa  Lam.,  Prunus  pumila  L.,  P.  cerasus  L.,  P. 
mahaleb  L.,  Colutea  arborescens  L.  und  Evonymus  verrucosus  Scop.  Besonders 
schön  findet  man  diese  Formation  an  den  Abhängen  oberhalb  Gumpoldskirchen 
ausgebildet.  Erwähnt  sei,  daß  neben  den  genannten  Sträuchern  in  der  Gegend 
von  Baden  und  Vüslau  sich  auch  der  Perückenstrauch  {Cotinus  coggygria  Scop.) 
in  wildem  Zustande  findet. 

Auch  an  der  Bildung  der  Wälder  der  Wiener  Kalkberge  nehmen  pannonische 
Florenelemente  großen  Anteil.  Zwar  fehlen  dort  die  auf  den  tertiären  Hügeln 
östlich  von  Wien  häufigen  pontischen  Eichenwälder,  hingegen  ist  die  Schwarz- 
führe {Pinus  nigra  Arn.)  der  vielleicht  wichtigste  Waldbaum  des  Gebietes.  Sind 
diese  Schwarzföhrenwälder  auch  weit  verbreitet,  so  bei  Perchtoldsdorf,  Baden, 
Vüslau  und  insbesondere  in  der  Umgebung  von  Gutenstein,  so  ist  doch  kein 
Gebiet  geeigneter  zu  ihrem  Studium  als  die  Umgebung  von  Mödling,  besonders 
das  Tal  der  Brühl  und  die  dasselbe  begrenzenden  Berghänge.  Besonders  im  Früh- 
ling, wenn  die  Buchen  ihre  Blätter  entfalten,  kann  man  weithin  die  Grenzen  des 
pontischen  Schwarzföhrenwaldes  gegen  den  mitteleuropäischen  Buchenwald  ver- 
folgen, welch  letzterer  sich  mit  seinem  hellen  duftigen  Grün  scharf  von  den 
schwarzgrünen  Pm»5- Beständen  abhebt.  (Vgl.  Tafel  XXXII,  Fig.  i.)  Die 
Schwarzföhre  bildet  vielfach  sehr  dichte  geschlossene  Wälder,  ist  aber  sehr 
genügsam  ^)  und  besiedelt  auch  felsige  Hänge,  wo  sich  dann  die  für  die  Möd- 
linger  Klause  (dem  Eingang  in  die  Brühl)  charakteristischen  Wälder  bilden,  in 
denen  die  Bäume  ihre  charakteristischen  schirmförmigen  Kronen  ausbreiten 
können.  (Vgl.  Tafel  XXXI,  Fig.  i  und  2.)  Das  Unterholz  der  Schwarzföhren- 
wälder ist  stets  sehr  spärlich  oder  fehlt  vollkommen;  am  häufigsten  findet  man 
noch  Evonymus  verrucosus  Scop.,  Coronilla  emerus  L.  und  vereinzelte  Rosen 
und  Brombeeren.  Im  Niederwuchs  sind  merkwürdigerweise  Vertreter  der  pon- 
tischen Flora  spärlich  vertreten;  erwähnenswert  ist  besonders  ^rfo;?w  vei-nalisL.., 


')  So  wurde  die  Schwarzföhre  mit  Erfolg  zur  Aufforstung  des  Wiener-Neustiidter 
«Steinfeldes»  verwendet. 


Viola  sciaphila  Jord,  und  Primula  pannonica  Kern.,  die  Hauptmasse  desselben 
bildet  stets  Sesleria  varia  (Jacq.)  Wettst,,  der  sich  eine  Reihe  mitteleuropäischer, 
ja  selbst  subalpiner  Gewächse  beigesellen,  wie  Thlaspi  montanum  L.,  Cyclamen 
Europaeum  L.,  Polygala  chamaebiixus  L.,  Viola  collina  Ress.,  Melica  mitans  L., 
M.  ciliata  L.,  Arabis  turrita  L.  u.  a. 

Eine  besonders  im  Frühling  farbenprächtige  Vegetation  zeigen  die  felsigen 
Hänge  der  Brühl,  auch  des  Eichkogels  bei  Mödling  und  anderer  felsiger  Partien 
der  Wiener  Kalkberge.  In  Menge  blühen  da  Potentilla  incana  G.  M.  Seh.  und 
Alyssiini  montanum  L.,  Arabis  Iiispida  Myg.,  Anemone  grandis  Kern,  und  A. 
nigricans  Fritsch,  Hutchinsia  petraea  R.  Br.,  Trinia  glauca  (L.)  Dum.,  DiantJiiis 
plumariusL,.,  Polygala  amaral^.,  Globularia  cordifoliah,.,  in  Felsspalten  wachsen 
Festiica  pallens  Host  und  Poa  badensis  Hänke,  während  im  Hochsommer  vor- 
wiegend Umbelliferen,  wie  Seseli  Austriacum  (Beck)  Wohlf.  und  S.  hippoma- 
rathrum  L.,  ferner  Stacliys  recta  L.,  Scahiosa  ochroleuca  L.  und  Allium  flaviim  L. 
ihre  Blüten  entfalten.  Von  Sträuchern  ist  als  besonders  charakteristisch  Ame- 
lanchier  ovalis  Med.  zu  nennen,  daneben  natürlich  die  weit  verbreiteten  Evony- 
mus-,  Crataegus-  und  Viburnum-Arten.  Wie  man  sieht,  stellt  diese  Flora  ein  eigen- 
tümliches Gemisch  dar,  in  welchem  pontische  Elemente  vorherrschen,  wo  aber 
auch  typisch  subalpine  Pflanzen  sich  finden,  von  denen  manche,  wie  Primula 
auricula  L.  (in  den  Felsen  der  Klausen,  jetzt  fast  ausgerottet)  und  Erica  carnea  L. 
im  Tale  der  Brühl  ihre  Nordgrenze  erreichen.  ^)  Auch  anderwärts  finden  sich 
innerhalb  dieses  Gebietes  vereinzelte  Voralpenpflanzen  als  offenbare  Relikte 
aus  der  Eiszeit,  so  bei  Baden  Aetliionema  saxatile  (L.)  R.  Br.,  Moehringia  mus- 
cosa  L.  und  Valeriana  tripteris  L.,  und  bei  Gießhübel  in  kaum  500  m  Meeres- 
höhe Draba  Beckeri  Kern,  und  Saxifraga  ai^oon  Jacq. 

Hat  man  im  Gebiete  der  Wiener  Kalkberge  die  Grenze  der  pontischen 
Flora  überschritten,  so  betritt  man  die  bekannten  mitteleuropäischen  Buchen- 
wälder mit  ihrem  dichten  schattigen  Laubdach,  dem  von  reichlichem  abgefallenen 
Laub  bedeckten  Boden  und  ihrem  spärlichen  Niederwuchs,  dazwischen  dem 
stellenweise  in  großer  Menge  auftretenden  Allium  ursinum  L.,  der  Dentaria 
enneaphyllos  L.  etc.,  abwechselnd  mit  kleinen  Eichenbeständen  und  üppigen 
Wiesen. 

Auf  nachfolgend  skizziertem  kurzen  Ausfluge  kann  man  diesen  inter- 
essanten Wechsel  der  F'ormationen  besonders  schön  beobachten.  Man  fahre 
von  der  Südbahnstation  Mödling  mit  der  elektrischen  Bahn  bis  zur  Station 
V^orderbrühl.  Auf  dieser  Fahrt  sieht  man  beiderseits  die  lockeren  felsigen 
Wälder  von  Pinus  nigra  Arn.,  deren  schirmförmige  Kronen  ein  ganz  fremd- 
artiges Vegetationsblild  bieten.  In  Vorderbrühl  angelangt,  statte  man  den 
rechter  Hand  gelegenen  Felspartien  einen  kurzen  Besuch  ab,  wo  man  in  kurzer 


')    Der   nördlichste  Standort    der  Erica  carnea  L.    im    Gebiete    der  Wiener  Flora 
liegt  im   Kicntale,  einem  südlichen   Seitcn<?ralien   der   Brühl. 


Zeit  die  charakteristischen  Vertreter  dieser  pontischen  F'elsenflora  sammeln 
kann.  Dann  wende  man  sich  links  und  umgehe  die  große  Meiereiwiese,  eine 
große,  im  Herbst  als  Viehweide  dienende  Kunstwiese  linksseitig,  und  wandere 
auf  d(;m  schonen  Promenadewege  bis  zur  «breiten  Föhre»,  einem  prächtigen, 
uralten,  wohl  über  i  jh  Stammdurchmesser  haltenden  Exemplare  von  Pinus 
nigra  Arn.  Fortwährend  führt  der  Weg  durch  Schwarzföhrenwälder,  die  gerade 
hier  ihre  schönste  Entwicklung  zeigen,  und  gar  manches  interessante  pontische 
Gewächs  erfreut  dem  Sammler.  Verfolgt  man  den  Weg  von  der  «breiten  Föhre» 
weiter  gegen  die  Meierei  Richardshof  zu,  ändert  sich  plötzlich  das  Bild,  man 
überschreitet  die  Grenze  des  pontischen  Florengebietes  und  durch  Eichen-  und 
Buchenbestände  von  ausgesprochen  mitteleuropäischem  Gepräge  gelangt  man 
zum  Meierhof.  Leicht  ist  von  dort  aus  in  einer  halben  Stunde  der  Eichkogel 
zu  erreichen,  der  sowohl  geologisch  als  botanisch  einen  der  interessantesten 
Punkte  der  Umgebung  Wiens  darstellt.  Am  Wege  dahin  findet  man  stellen- 
weise die  Strauchformation  der  Zvvergweichsel  schön  entwickelt;  auf  den  Hängen 
des  Eichkogels  selbst  sind  pontische  Grassteppen  in  schönster  Reinheit  erhalten 
und  an  wenigen  Punkten  kann  man  so  wie  hier  in  einem  kleinen  Umkreise  fast 
alle  charakteristischen  und  seltenen  Pflanzenarten  dieser  Formation  beisammen 
finden  wie  gerade  hier.  Massenhaft  blüht  im  Frühling  Iris  pumila  L.,  Anemone 
grandis  (Wend.)  Kern,  und  A.  nigricans  (Störck)  Fritsch,  Arabis  auriculata  Läm., 
Myosotis  striata  Lk.,  Viola  ambigna  W.  K.  etc.,  während  im  Juni  der  prächtige 
Dictamnus  albus  L.  sich  in  Menge  findet,  daneben  Polygala  maior  Jacq.,  Linum 
flavinn  L.  und  L.  tenuifoliinn  L.,  Iniila  ensifolia  L.,  hirta  L.,  Oculus  Christi  L. 
und  Germanica  L.,  Campanula  Sibirica  L.,  Ophrys-h.rl^x\  und  andere  Orchideen, 
Oxytropis  pilosa  ü.  C.  und  viele  andere. 


Vc. 

Exkursion  in  die  Donau -Auen  unterhalb  Wiens. 


Von 

Dr.  August  Ginzberger. 

(Mit  Tafel  XXVIII— XXX). 


Unterhalb  Wiens  uder,  wie  wir  nach  der  neuesten  Stadtcrweiteriing  rich- 
tiger sagen  müssen,  im  XXI.  Bezirke  von  Wien  erstreckt  sich  am  linken  Ufer 
der  Donau  ein  ausgedehntes  Auengebiet.  Der  nordwestlichste  Teil  desselben 
heißt  die  «Lobau»,  der  südöstlichste  das  «Rohrwerd».  Diese  Auen  reichen 
weit  hinein  in  die  Tiefebene  des  Marchfeldes  und  sind  von  dem  Ackerlande  meist 
durch  Donauarme  getrennt;  die  rechtsufrigen  Auen  bilden  einen  viel  schmäleren 
Streifen,  weil  sie  nach  Süden  zu  an  dem  nahe  an  den  Strom  herantretenden 
steilen  Abfall  des  Hügellandes  südlich  der  Donau  eine  unüberschreitbare  Grenze 
finden. 

Die  linksufrigen  Auen  sind  noch  heute  in  einem  relativ  ursprünglichen 
Zustande.  Freilich  hat  sich  vieles  geändert,  seitdem  durch  die  Regulierung  der 
Donau  die  über  weite  Strecken  des  angrenzenden  Landes  sich  erstreckenden 
Überschwemmungen  aufgehört  haben  oder  —  richtiger  gesagt  —  auf  je  einen 
schmalen,  landwärts  durch  einen  hohen  Damm  begrenzten  Streifen  zu  beiden 
vSeiten  des  Stromes  beschränkt  worden  sind.  Die  Ablagerung  neuen  Materials 
in  den  Auen  hat  fast  aufgehört,  die  Verteilung  von  Land  und  Wasser  ist  zu 
einem  gewissen  Abschlüsse  gelangt,  die  Vegetation  in  dem  viel  trockeneren 
Boden  ist  lange  nicht  mehr  so  üppig  wie  ehedem,  obwohl  manche  Pflanze,  so 
z.  B.  Parietaria  ofßcinalis,  auch  jetzt  noch  oft  weithin  in  dichtem  Schlüsse  den 
Grund  der  Waldungen  überzieht,  und  zwar  meist  mit  Ausschluß  fast  jeder 
anderen  Pflanze.  ^)  Insbesondere  verwischt  sich  durch  diese  Neugestaltung  der 


^)  Vgl.  Tafel  XXIX. 


H 

Dinge  immer  mehr  und  mehr  der  Unterschied  zwischen  den  sogenannten  «harten 
Auen»  und  den  «Haufen».') 

Die  harten  Auen  haben  ihren  Namen  davon,  daß  in  ihnen  gegenüber 
den  weichen  Holzarten,  namentlich  den  Weiden,  die  hartholzigen  Bäume  und 
Sträucher  (Ulmiis  glabra  und  pedimcidata,  Acer  campestre,  Prunus  Padus,  Pirus 
communis,  Crataegus  monooyna)  eine  größere  Rolle  spielen;  neben  ihnen 
kommen  freilich  auch  weichholzige  Bäume,  so  Populus  alba  und  nigra,  vor.  Eine 
derartige  harte  Au  ist  die  Lob  au,  die  durch  sehr  wechselnde  Landschaftsbilder 
ausgezeichnet  ist:  außer  dichten  Geholzen  findet  man  weite  Wiesenflächen  mit 
einzeln  oder  in  Gruppen  stehenden  Bäumen,-)  meist  Populus  nigra^)  und  alba 
und  Ulmus -Kvt^n,  darunter  wahre  Prachtexemplare.  Auch  Pirus  communis  und 
Salix  alba^)  kommen  in  den  Wiener  Donau-Auen  in  sehr  schönen  Exemplaren 
vor.  Außerdem  findet  man  in  den  harten  Auen  «als  Reste  des  einstigen  Eichen- 
mischwaldes, der  infolge  der  herrschenden  Niederwaldwirtschaft  durch  rasch- 
wüchsiges Auholz  verdrängt  worden  ist»,  '^)  oft  sehr  schöne  Exemplare  von 
Quercus  Robur  und  Carpimis  Betulus.  Alles  in  allem  stellen  die  harten  Auen 
ein  späteres  Glied  der  Entwicklung  der  Gehölze  der  Donauufergebiete  dar. 

Die  Haufen  hingegen,  welche  sich  zwischen  den  mehr  landeinwärts 
liegenden  harten  Auen  und  den  Strom  selbst  einschieben,  sind  geologisch  jün- 
geren Datums.  Sie  sind  reichlich  von  —  jetzt  vom  Hauptstrome  durch  den 
Damm  getrennten  —  Wasserarmen  durchzogen;  sie  stellen  also  meist  Inseln 
dar,  während  die  harten  Auen  zwar  öfter,  aber  keineswegs  immer,  landwärts 
durch  einen  Wasserarm  begrenzt  sind.  In  ihrer  Gehölzvegetation  spielen  die 
weichen  Hölzer  (Populus  alba,  nigra;  Salix  purpurea,  alba,  incana,  viminalis, 
triandra,  fragilis;  Alnus  incana,  seltener  glutinosa)  die  Hauptrolle.  Harte  Hölzer 
mengen  sich  erst  in  neuerer  Zeit  ein,  und  dies  ist  eines  der  Momente,  in  denen 
die  oben  erwähnte  Verwischung  des  Unterschiedes  zwischen  harten  Auen  und 
Haufen  liegt.  ^) 

Übrigens  ist  in  den  Wiener  Donau-Auen  auch  Gelegenheit,  die  'ersten 
Besiedler  vegetationsarmer  Schütteranhäufungen  kennen  zu  lernen.  Von  niedri- 
o-en  Pflanzen  fallen  hier  insbesondere  Selaginella  Helvetica  und  im  Frühjahre 
Draba  venia  und  Saxifraga  tridactylites  auf;  unter  den  Sträuchern  sind  außer 
einigen  Weidenarten  insbesondere  zwei  habituell  sehr  auffallende  Gewächse, 
nämlich  der  Sanddorn  (Hippopliae  rhamnoides)  und  die  deutsche  Tama- 
riske (Myricaria  Germanica)  erwähnenswert.  Beider  Vorkommen  in  den  Donau- 


^^  Diese  beiden  Ausdrücke  sind  der  Volkssprache  entnommen;  sie  mögen,  da  die 
eventuell  dafür  einzuführenden  Worte  «Festlands»-  und  «Inselauen»  lange  nicht  so  bezeich- 
nend sind,  hier  beibehalten  werden. 

2)  Vgl.  Tafel  XXVIII. 

•»)  Vgl.  Tafel  XXX. 

'*)  Beck,  Flora  von  Niederösterreich,  AUgem.  Teil,  S.  51   u.  54. 

5)  Mittelung  des  Herrn  k.  u.  k.  Jagdverwalters  Seipt  in  Aspern  bei  Wien. 


15 

Auen  ist  pflanzengeographisch  nicht  uninteressant;  denn  beide  sind  typisciie 
Bewohner  der  Kiesanschvvemmungen  der  Flüsse  und  Bäche  in  den  Alpen  und 
befinden  sich  hier  nahe  der  Ostgrenze  ihres  Verbreitungsgebietes;  die  Aus- 
bildung der  Früchte  des  einen  als  Beeren,  das  Auftreten  eines  Haarschopfes 
an  den  Samen  der  anderen  läßt  die  Ausbreitung  über  weite  Strecken  und  die 
Ansiedlung  auf  Neuland  begreiflicli  erscheinen. 

Übrigens  gehört  auch  die  oben  erwähnte  Salix  incaiia  zu  den  Bewohnern 
der  Ufer  der  Alpengewässer. 

Eine  —  wenigstens  in  den  weiteren  Umgebungen  Wiens  —  einzig  da- 
stehende Sehenswürdigkeit  sind  aber  diejenigen  Gehölzpartien,  in  denen  die 
beiden  Lianen  der  Donau-Auen,  dieWaldrebe  (ClematisVitalba)  und  die  wilde 
Weinrebe  (Vitis  silvestris)  die  Oberhand  gewinnen.  Da  ergeben  sich,  wie 
Tafel  XXIX  zeigt,  ■')  oft  Bilder,  die  einigermaßen  an  solche  aus  den  Tropen- 
wäldern  gemahnen.  Die  Stämme  der  beiden  Lianen,  beide  durch  Faserborke 
ausgezeichnet,  die  bei  Clematis  hellgrau,  bei  Vitis  fast  schwarz  gefärbt  ist,  er- 
reichen beträchtliche  Dicke  und  sind  oft  in  den  seltsamsten  Schlingen  und  Win- 
dungen hin-  und  hergebogen.  Vitis  silvestris  ist  in  den  Donau-Auen  gewiß 
wirklich  wild,  hat  zweihäusige  Blüten  und  kleine,  saure,  blauschwarze  F'rüchte. 

Die  Lobau  und  die  weiter  unterhalb  liegenden  Auen  sind  als  Jagdrevier 
Sitz  eines  reichen  und  teilweise  noch  recht  ursprünglichen  Tierlebens.  Gehegt 
werden  namentlich  zahlreiche  Edelhirsche;  wild  findet  man  nebst  mancherlei 
anderem  Wassergeflügel  den  Fischreiher  (Ardea  cinerea)  und  den  Kormoran 
(Phalacrocorax  carbo),  und  zwar  existiert  von  beiden  Tieren  eine  ganze  Kolonie 
von  Horsten. 

So  hat  ein  Besuch  der  Wiener  Donau- Auen,  der  Personen  mit  wissen- 
schaftlichen Interessen  seitens  des  k.  und  k.  Oberstjägermeister-Amtes  in 
Wien  gerne  gestattet  wird,  sowohl  für  den  Zoologen  als  auch  tür  den  [Botaniker 
hohes  Interesse. 


^)    Diese  Stelle  befindet  sich   beim  sogenannten  Kleeacker  nächst  der  «Hauswiese» 
in  der  Lobau. 


Führer  zu  den  wissenschaftliclieii  Exkursionen 


des 


IL  internationalen  botanischen  Kongresses, 

Wien  1905. 


VI. 


EXKURSION 


auf  den 


Wiener   Sclineeberg. 


Von 


Dr.  August  von   Hayek. 


Mit  1  Titelbilde  und  1  Textabbildung. 


Wien,  1905. 

Im  Selbstverläge   des   Organisations-Komitees. 


Druck  von  Adolf  Holzhausen  in  Wien. 


VI. 


Exkursion  auf  den  Wiener  Sclineeberg. 

Von 

Dr.  August  von   Hayek. 

(^Mit  I  Titelbilde  und  i  Textabbildung.) 


A.  Geographische  und  geologische  Verhältnisse.  ^) 

Der  Schneeberg,  der  höchste  Berg  Niederösterreichs  und  zugleich  der 
östlichste  Hochgipfel  der  nördlichen  Kalkalpen,  stellt  einen  massigen  Gebirgs- 
stock  dar,  der,  vom  Tale  der  Schwarza  und  vom  Puchberger  Tale  begrenzt, 
einen  Teil  der  Schneeberggruppe  der  österreichischen  Kalkalpen,  zu  welcher 
Gruppe  außerdem  noch  Rax-  und  Schneealpe,  Gippel  und  Göller  gehören,  bildet. 
Gleich  den  meisten  Bergen  in  den  nordöstlichen  Kalkalpen  ist  auch  der  Schnee- 
berg von  vorwiegend  plateauartigem  Charakter  und  durch  mehr  oder  weniger 
tiefe  Einschnitte  und  Schluchten  in  verschiedene  Vorberge  und  den  Haupt- 
stock geschieden.  Der  Hauptstock  selbst,  der  Hochschneeberg,  stellt  ein 
weites  Hochplateau  von  einer  durchschnittlichen  Höhe  von  1800  m,  den  «Och- 
senboden», dar,  welchen  die  drei  höchsten  Gipfel,  das  Klosterwappen  (2075  m), 
der  Kaiserstein  (2061  m)  und  der  Waxriegel  (1884  m)  überragen.  Nordwestlich 
an  dasselbe  schließt  sich  das  mit  steilen  Wänden  nach  Süden  abstürzende 
Hochplateau  des  Kuhschneeberges,  das  durchschnittlich  1400 — 1500 »z  Höhe  er- 
reicht. Vom  Hochschneeberg  durch  den  Krummbachgraben  geschieden,  erhebt 
sich  der  Feuchter,  an  welchen  sich,  durch  den  tiefen  Einschnitt  der  «Eng»  ge- 
trennt, der  Gahns  anschließt.  Als  nordöstlicher  Vorberg  des  Schneeberges  ist 
der  1419  m  hohe  Hengst  zu  nennen. 


^)  Ausführlicheres   bei  Bittner,  Die    geologischen  Verhältnisse  von  Hernstein  in 
Niederösterreich,  Wien   1884. 

Exkursion  auf  den  Wiener  Schneeberg.  I 


In  geologischer  Beziehung  ist  der  Schneeberg  fast  durchwegs  aus  Kal- 
ken der  Triasformation  aufgebaut,  nur  an  den  Hängen  des  Gahns  gegen 
Gloggnitz  zu  finden  sich  auch  paläozoische  Schiefer.  Die  Flora  der  Gruppe 
zeigt  daher  auch  durchwegs  den  Charakter  der  F'lora  der  Kalkvoralpen  und 
Kalkalpen. 

Schon  lange  durch  die  Bemühungen  zahlreicher  touristischer  Vereine, 
besonders  des  «Österreichischen  Touristenclub»,  von  allen  Seiten  leicht  zu- 
gänglich gemacht,  ist  die  Erreichung  desselben  durch  die  vor  wenigen  Jahren 
eröffnete  Schneebergbahn,  die  bis  in  eine  Höhe  von  1800  ni  führt,  nunmehr 
jedem  möglich  gemacht,  üie  verschiedenen  Anstiegsrouten  zu  schildern,  ist 
Sache  der  touristischen  Literatur^)  und  soll  hier  nur  kurz  jener  Gebiete  ge- 
dacht werden,  deren  Besuch  für  den  Botaniker  besonders  lohnend  ist. 

Der  mit  der  Bahn  beim  Schneeberghotel  Ankommende  tut  gut,  die  Wan- 
derung über  das  Plateau  des  Ochsenbodens  anzutreten,  wo,  besonders  etwas 
abseits  vom  Wege,  die  Alpenflora  sich  in  reichster  Entwicklung  zeigt,  und  die 
beiden  höchsten  Gipfel  oder  mindestens  den  etwas  niedrigeren,  nördlicheren, 
den  Kaiserstein,  zu  ersteigen.  Auch  der  ganz  nahe  neben  dem  Hotel  sich  er- 
hebende Waxriegel  ist  ziemlich  lohnend.  Ein  Abstieg  zu  P"uß  ist  natürlich  der 
Rückfahrt  per  Bahn  bei  weitem  vorzuziehen;  man  nehme  den  Abstieg  vom 
Plateau  zum  alten  Baumgartnerhause,  vor  Eröffnung  des  Hotels  dem  einzigen 
Alpengasthause,  nahe  der  Waldgrenze.  Für  den  Schwindelfreien  ist  der  sowohl 
botanisch  als  landschaftlich  interessantere  Emmysteig  vorzuziehen,  der  gänz- 
lich Ungeübte  aber  möge  den  alten  (grün  markierten)  Serpentinenweg  wählen. 
Vom  Baumgartnerhause  aus  ist  über  den  rot  markierten  südlichen  Grafen- 
steig der  zwischen  Heu-  und  Kuhplagge  sich  hinaufziehende,  botanisch 
hochinteressante,  aber  schwierig  zu  durchkletternde  Saugraben  leicht  in  einer 
Stunde  zu  erreichen,  doch  ist  Ungeübten  vom  Besuch  desselben  abzuraten. 
Vom  Baumgartnerhause  aus  stehen  drei  Wege  zum  Abstiege  offen:  landschaft- 
lich schöner  sind  der  durch  den  Krummbachgraben  nach  Kaiserbrunn  und 
durch  die  Eng  nach  Reichenau;  für  den  Botaniker  weitaus  lohnender  ist  aber 
der  über  den  Gahns,  wo  nicht  nur  an  der  «Alpelleiten»  die  Voralpenvege- 
tation besonders  üppig  entwickelt  ist,  sondern  auch  die  prächtige  Große  Bo- 
denwiese, eine  der  schönsten  Voralpenwiesen,  betreten  wird. 

Nicht  uninteressant  ist  auch  ein  Besuch  des  von  Botanikern  und  Tou- 
risten wenig  betretenen,  ziemlich  abgelegenen  Kuhschneeberges,  während  der 
Weg  über  den  Hengst,  an  dessen  Ostgehänge  die  Schneebergbahn  führt,  wenig- 
Interessantes  bietet,  das  Betreten  des  pflanzenreichen  Feuchter  aber  aus  Jagd- 
rücksichten verboten  ist. 


^)  Für  den  Schneeberg  seien  besonders  erwähnt:  Benesch,  Spezialfiihrer  auf  den 
Schneeberg,  Wien  1897,  und  Ronniger,  Försters  Touristenführer  in  Wiens  Um- 
gebungen,  i3.  Auflage,  AVien  1905. 


B.  Pflanzengeographische  Verhältnisse.  ^ 
I.  Die  Berg"  und  Voralpcnregion. 

In  den  niederösterreichischen  Alpen  kann  man,  da  auch  die  Täler  schon 
über  der  Region  der  Ebene  liegen,  vier  Regionen  unterscheiden:  die  Berg- 
region,  die  Voralpenregion,   die  Krummholzregion  und  die  Hochalpenregion. 


5    Bs^  Kr    H 


Der  Schneeberg,  vom   Kloben  der  Raxalpe  aus  gesehen,  mit  seinen  schematisch 

eingezeichneten   Regionen.^) 

Hinweise:  A  Alpengipfel  {2075  ;?!) ;  AI  Alpel  (1600  ?7z) ;  B  Bocksgrube;  ßg- Baumgartnerhaus  (1390  »;); 
G  Gahns;  H  Hengst  (1419  w);  K  Plateau  des  Kuhschneeberges;  Kn  Krummbachstein  (1580  m); 
Kr  Krummbachgraben;  L  Lahngraben;   O  Ochsenboden;    5  Saugraben;    VF  Weichtal;    Wx  Waxriegel 

(1884  ni). 

Die  Bergregion,  welche  einen  Höhengürtel  von  etwa  250 — 700  m  umfaßt, 
ist  im  Schneeberggebiete  besonders  charakterisiert  durch  das  Auftreten  ge- 
schlossener Bestände  der  Schwarzführe  {Pinus  nigra  Arn.),  welche  besonders  im 


^)   Ausführlicheres  bei  G.  Beck,  Die  Flora  von  Hernstein,  Wien  1889,  und  Flora 
von  Niederösterreich,  Wien   1890 — 1893. 

2)  Obige    Abbildung    aus   Becks    Flora    von    Niederösterreich,    Allg.  Teil,    S.  22 
(1893). 

«Eine  unterbrochene  Linie  in  der  weiß  gehaltenen  Alpenregion  zeigt  die  obere 
Grenze  der  Legföhre  an;  in  der  horizontal  schraffierten  Krummholzregion  sind  dichte 
Bestände  der  Legföhre  durch  näher  aneinander  gerückte  Linien  zur  Anschauung  gebracht. 
Die  Voralpenregion  ist  durch  vertikale  Schraffen  bezeichnet,  welche  bis  zur  Baumgrenze 
in  die  Krummholzregion  verlaufen  und  auf  diese  Weise  die  Mengung  des  Baumwuchses 
mit  der  Legföhre  in  der  unteren  Krummholzregion  versinnlichen.»  (Beck,  a.  a.  O.) 
Exkursion  auf  den  Wiener  Schneeberg.  ~ 


Gutensteiner-  und  Sierningtale  noch  ausgedehnte  Wälder  bildet.  Diese  dun- 
keln Wälder  mit  spärlichem  oder  fast  fehlendem  Niedervvuchs  und  den  weithin 
sichtbaren,  schirmförmigen  Kronen  der  Bäume,  welche  man  auf  der  Fahrt  mit 
der  Schneebergbahn  eine  Zeitlang  beobachten  kann,  bieten  ein  interessantes, 
ganz  fremdartiges  Landschaftsbild  dar,  welches  für  das  das  Wiener  Becken  im 
Westen  begrenzende  Bergland  äußerst  charakteristisch  ist.  Obwohl  die 
Schwarzföhre  ein  im  Südosten,  also  im  pontischen  Gebiete  heimischer  Baum 
ist,  gehören  von  ihren  Begleitpflanzen  in  Niederösterreich  nur  wenige  Arten 
der  pontischen  Flora  an,  wie  z.  B.  Evonymus  verrucosa  Scop.,  Cytisus  Ratis- 
bonensis,  Schaff.,  Anemone  grandis  (Wend.)  Kern. 

Hingegen  ist  ein  in  allen  Gebirgsgegenden  Mitteleuropas  bis  hoch  in  die 
Alpen  weitverbreitetes  Gras,  Sesleria  varia  (Jacq.)  Wettst.,  eine  stete  Beglei- 
terin von  Pinus  nigra,  ferner  eine  Reihe  ausgesprochen  subalpiner  Pflanzen, 
wie  z.  B.  Polygala  Chamaebuxus  1^.,  Erica  carnea  1^.,  Cyclamen  Europaeum  L. 
u.  a.  neben  den  weitverbreiteten  Bewohnern  der  trockenen  Föhrenwälder 
Mitteleuropas,  wie  Genista  pilosa  L.^  Melica  nutans  L.  etc.  Um  den  Schwarzföh- 
renwald mit  seinem  trockenen,  von  Nadeln  schlüpfrigen  Boden,  dem  spärlichen 
Niederwuchs  und  fast  fehlendem  Unterholz  näher  kennen  zu  lernen,  ist  aller- 
dings ein  Ausflug  ins  Schneeberggebiet  nicht  gerade  die  günstigste  Gelegenheit. 
Wenn  auch  daselbst  noch  stellenweise  größere  solcher  Wälder  auftreten,  so 
ist  dies  meist  nur  an  solchen  Orten,  wo  man  nur  mit  der  Bahn  durchfährt,  die 
Gehänge  des  eigentlichen  Schneebergstockes  sind  fast  frei  von  solchen  Be- 
ständen. Im  allgemeinen  kann  man  sagen,  daß  die  obere  Grenze  der  geschlos- 
senen Bestände  von  Pinus  nigra  bei  etwa  500 — 600  m  liegt,  doch  reichen  ein- 
zelne Exemplare  dieses  Baumes  bis  weit  in  die  Voralpenregion  (1412  ni)  hinein. 
Im  Schneeberggebiete  erreicht  die  Schwarzföhre  übrigens  auch  ihre  Südgrenze 
in  Niederösterreich;  die  letzten  Bäume  ihrer  Art  stehen  in  dem  den  Schneeberg 
von  der  Rax  trennenden  Höllentale.  Weiter  südwärts  fehlt  die  Schwarzföhre 
dann  auf  weite  Strecken  hin  vollständig,  so  in  ganz  Steiermark^  Kärnten  und 
Krain,  und  tritt  erst  in  Bosnien  und  Serbien  wieder  auf. 

Den  Schwarzföhrenbeständen  fehlen  diejenigen  zwei  Pflanzenarten, 
welche  man  als  besondes  charakteristisch  für  die  Voralpenregion  ansehen 
kann,  der  großblütige  stengellose  Enzian  (Gentiana  vulgaris  [Neilr.])  und  die 
Schneerose  {Helleborus  niger  L.)  noch  völlig;  dort,  wo  diese  beiden  Pflanzen- 
arten auftreten,  kann  man  die  untere  Grenze  der  Voralpenregion  ansetzen.  Die 
Grenze  derselben  wurde  für  Niederösterreich  von  G.  v.  Beck  genau  festge- 
stellt, sie  reicht  nordwärts  bis  an  das  südlich  von  Baden  westöstlich  verlaufende 
Triestingtal  und  nimmt  rund  einen  Höhengürtel  von  etwa  700 — i63o  m  ein. 
Demnach  fällt  also  auch  die  ganze  Schneeberggruppe  in  ihren  unteren  Re- 
gionen in  dieses  Gebiet  und  nur  jene  Strecken,  wo  sich  die  Schwarzföhren- 
wälder zungenförmig  in  die  Täler  hineinerstrecken,  kann  man  davon  aus- 
schließen. 


Finden  sich  auch  im  Gebiet  des  Schneeberges,  auch  in  der  Voralpen- 
region, ab  und  zu  kleine  Bestände  der  Schwarzführe,  wie  bei  Puchberg,  so  sind 
es  doch  vor  allem  ausgedehnte  Fichtenwälder,  welche  die  Gehänge  des  Schnee- 
berges bis  zu  einer  Höhe  von  etwa  i63o  in  bedecken. 

Bis  zu  einer  Höhe  von  etwa  1200  »z  ist  der  Wald  vollkommen  geschlossen, 
die  Fichte  (Picea  excelsa  [Lam.]  Lk.)  ist  der  weitaus  herrschende  Baum,  nicht 
selten  trifft  man  neben  ihr  die  Lärche  (Larix  decidua  Mill.)  an;  seltener  ist  die 
Buche  {Fagits  silvatica  L.),  die  zwar  im  ganzen  Schneeberggebiete  verbreitet 
ist,  aber  nirgends  daselbst  in  größeren  Beständen  auftritt.  In  einzelnen  Exem- 
plaren steigt  auch,  wie  schon  erwähnt,  die  Schwarzföhre  (Pinits  nigra  Arn,) 
bis  über  1400  tn  an,  ^)  Auch  die  gemeine  Föhre  (Pinus  silvesti'is  L.),  hierzu- 
lande im  Gegensatz  zur  Schwarzföhre  Rotföhre  genannt,  findet  man  besonders 
in  tieferen  Lagen  nicht  selten;  sie  steigt  bis  1350  ni  auf.  vSeltener  findet  man 
andere  Laubhölzer  eingesprengt,  wie  den  Bergahorn  {Acer  Pseudoplatanus  L,), 
die  Zitterpappel  {Populus  tremula  L.)  und  die  Mehlbirne  {Sorbits  Aria  Cr.). 

Besonders  in  höheren  Lagen  (über  1000  vi)  ist  der  Baumwuchs  der  sub- 
alpinen Fichtenwälder  kein  sehr  dichter,  so  daß  sich  ein  reichliches  Unterholz 
entwickeln  kann.  Neben  dem  meist  ziemlich  reichlichen  Nachwuchs  des  Ober- 
holzes, besonders  der  Fichten,  sind  unter  diesem  Strauchwerk  besonders  häufig 
die  großblätterige  Weide  {Salix  grandifolia  Ser.) ,  der  «Hirschholler»  (Sam- 
biiciis  racemosaL,.),  die  Alpen-Rose  {Rosa pendulina  L,),  sowie  Lonicera  alpigena 
L.  vertreten,  während  den  Boden  oft  weithin  das  niedrige  Buschwerk  der  Erica 
carnea  L.  bedeckt,  zu  deren  steten  Begleitern  Polygala  Chamaebiixus  L.  und 
Tofieldia  calyculata  (L.)  Wbg.  gehören.  Auch  die  Heidelbeere  ( Vaccinium  Myr- 
tillus  L.)  ist  nicht  selten,  doch  tritt  sie  hier  im  Kalkgebiete  nie  in  so  unge- 
heuren Massen  auf  wie  in  den  Urgebirgsalpen, 

Ziemlich  reichlich  ist  der  Niederwuchs  in  den  Voralpenwäldern,  unter 
welchen  eine  ganze  Reihe  charakteristischer  Voralpenpflanzen  ziemlich  häufig 
auftritt.  Massenhaft  trifft  man  stellenweise  Salvia  glutinosa  L.,  ferner  gehört 
zu  den  häufigsten  Arten  Biiphthalminn  salicifoliiim  L.,  Valeriana  montana  L. 
und  tripteris  L.,  Melampynim  silvaticiun  L.  und  vor  allem  die  schon  oben  erwähnte 
schwarze  Nieswurz,  die  «Schneerose»  {Helleborus  niger  L.),  die  im  ersten 
Frühlinge  zu  tausenden  ihre  weißen  großen  Blüten  im  dunklen  Walde  erhebt. 
Auch  das  beliebte  und  bekannte  «Alpenveilchen»,  Cyclamen  Europaeum  L.,  ist 
keineswegs  selten  und  kündet  gleich  dem  tiefblauen  hochstengligen  Enzian, 
Gentiana  asclepiadea  L.,  den  kommenden  Herbst  an.  Gerade  an  der  Bahnstrecke 
steht  in  Menge  Cirsiiim  eriophorum  Scop.,  dessen  große  Köpfe  man  leicht  auch 
vom  Waggonfenster  aus  erblicken  kann.  Einen  wahren  Schmuck  der  Wälder 
bilden   endlich   auch   die  Farne,   die  in  der  nächsten  Umgebung  Wiens  leider 


')  Der    höchste   Standort    derselben    ist    an    der    Südwestlehne    der    Heuplagge    im 
Saugraben,   wo   noch  bei    1412  w   ein  kräftiger  Baum  steht. 

2* 


schon  völliur  ausgerottet  sind.  Am  häufigsten  sind  wohl  ISephrodhim  Filix  mas 
(L.)  Rieh,  und  A'.  dilatatum  (Hoffm.)  Desv.,  ferner  der  Adlerfarn  (Pteridium 
aquilinum  Kth.),  während  der  anderwärts  so  häufige  Bergfarn  (Nephrodium 
montanum  [Vogl.]  Bak.)  im  Schneeberggebiete  fehlt.  In  feuchten  Schluchten, 
besonders  in  weniger  begangenen  Gebieten,  trifft  man  auch  die  «Hirschzunge», 
Scolopendrium  Scolopendriiim  (L.)  Karst.,  nicht  selten. 

Neben  den  Voralpenwäldern  sind  in  dieser  Region  vor  allem  noch  die 
üppigen  Voralpenwiesen  zu  erwähnen,  von  denen  im  Schneeberggebiete  vor 
allem  die  «Große  Bodenwiese»  am  Gahns,  ein  Lieblingsziel  der  Wiener  Bota- 
niker, hervorzuheben  ist.  Eine  üppige  Grasnarbe  bedeckt  den  Boden,  vorwie- 
gend zusammengesetzt  aus  Anthoxantum  odoratum  L,  Phleum  alpiniim  L.,  Ses- 
leria  varia  (Jacq.)  Wettst.,  Koeleria  cristata  (L.)  Pers.,  Poa  pratensis  L.,  P.  al- 
pina  L.,  Cynositrus  cristatus  L.,  Bri:[a  media  L.,  Bromus  erectiis  L.,  Festuca 
elatior  L. ,  und  besonders  im  Mai  und  Juni  prangen  sie  in  reichem  Blüten- 
schmucke. Wir  finden  daselbst  unter  anderen  Orcliis  speciosa  Host.,  O.  maculata 
L.,  O.  globosa  L.,  Gymnadenia  conopea  (L.)  R.  Br.  und  odoratissima  (L.)  Rieh., 
Coeloglossum  viride  (L.)  Hartm.,  Polygonatum  verticillatwn  (L.)  All.,  Liliinn 
bulbiferwn  L.,  Silene  niitans  L.,  Dianthus  alpinus  L.,  Ranuncuhts  acer  L.  und  pla- 
tanifolius  L.,  Anemone  narcissiflora  L.,  Polentilla  aurea  L.,  Geranium  silvaticum 
L.,  Pimpinella  magna  L.  und  Saxifraga  L.,  Canim  Carvi  L.,  Antlirisciis  Silvester 
(L.)  Hoffm.,  Primula  elatior  (L).,  Gentiana  lutescens  Vel.,  G.  vulgaris  (Neilr.), 
G.  verna  L.,  Betonica  Jacquini  Gr.  G.,  Eiiphrasia  montana  Jord.,  Alectorolophus 
subalpinus  vStern.,  Pedicularis  foliosa  L.,  Campanula  patula  L.,  C.  barbata  L., 
Senecio  crispatus  D.  C,  Crepis  alpestris  Jacq,  und  viele  andere  und  auf  der  er- 
wähnten «Großen  Boden  wiese»  auch  die  seltene  Campanula  thyrsoidea  L. 

An  Waldrändern,  quelligen  Stellen,  Waldwegen  u.  dgl.  treten  hohe,  krau- 
tige Voralpengewächse  oft  in  Menge  auf  und  bieten  ein  farbenprächtiges  Bild. 
Zu  diesen  Gewächsen  gehört  Li'lium  Mai'tagon  L.,  Orchis  globosa  L.  und  speciosa 
Host.,  Aconitum  i-ostratum  Bernh.  und  tragoctonum  Rchb.,  Ranunculus  Brey- 
rtinus  Cr.  und  platanifolius  L.,  Thalictrum  aquilegifolium  L.,  Saxifraga  rotundi- 
folia  L.,  Epilobium  alpestre  Jacq.,  Astrancia  maior  L.,  Heracleum  Austriacum  L., 
Laserpitium  Siler  L.,  Scabiosa  lucida  Vill.,  Knautia  dipsacifolia  Host.,  Adenostyles 
glabra  (Vill.)  D,  C.  und  Alliariae  (Gou.)  Kern.,  Senecio  crispatus  D.  C.,  Sarrace- 
nius  L.,  Cirsium  erisithales  Scop.,  Carduus  deßoratus  L,  und  personatus  Jacq,, 
Crepis  blattarioides  Vill. 

Sehr  charakteristische  Vegetationsbilder  bieten  im  Schneeberggebiete 
auch  die  subalpinen  Holzschläge,  Im  ersten  Jahre  siedeln  sich  neben  den 
Resten  des  früheren  Niederwuchses,  besonders  Farnen,  darunter  der  bald 
wuchernde  Adlerfarn  {Ptendium  aquilinum  Kth.),  eine  Reihe  meist  einjähriger 
Gewächse  in  großen  Mengen  an,  besonders  Galeopsis  speciosa  Mill.  und  Tetrahit 
L.,  Senecio  silvaticus  L.  und  viscosus  L.,  Solidago  Virgaurea  L,,  zu  denen  dann 
im   folgenden  Jahre   noch    als    besonders   häufig   folgende  Arten    hinzutreten: 


Deschampsia  caespitosa  (L.)  Beauv.,  Urtica  dioeca  L.,  Chamaenerium  aiigu- 
stifoliinn  (L.")  Scop.,  Digitalis  ambigita  Murr.,  Origaninn  vulgare  L.,  Gentiana 
asclepiadea  L.,  Adenostyles  glabra  (L.)  Kern.,  Eiipatoriiim  cannabinum  L.,  Sene- 
cio  Sarracenius  L.,  Cirsium  arvense  Scop.,  Mulgediinn  alpinum  (L.)  Less. 

Eine  sehr  charakteristische  Vegetation  tragen  in  der  Voralpenregion 
auch  die  Felsen  im  Schneeberggebiete,  besonders  im  Höllentale,  in  der  Eng, 
im  Krummbachgraben  und  im  Weichtale.  Als  besonders  auffallende  Pflan- 
zen seien  da  genannt:  Asplenium  viride  Huds.,  Poa  nemoralisL,.,  Kerner a  saxatilis 
(L.)  Rb.,  Biscutella  laevigata  L.,  Saxifraga  Ai:^oon  Jacq.,  Potentilla  caulescens 
L.,  Athamantha  Cretensis  L.,  Priniula  Auricula  L.,  Gentiana  vulgaris  (Neilr.), 
Stachys  Jacquini  Gr.  G.,  Calamintha  alpina  (L.)  Lam.,  Euphrasia  Salisburgensis 
Funck,  Globularia  cordifolia  L.,  Campanula  caespitosa  Scop.  und  die  seltene 
C.  praesignis  Beck  (im  Höllentale  und  in  der  Weichtalklamm),  Carduus  de- 
ßoratus  L.,  Hieracium  Dollineri  Seh.  Bip.  und  H.  humile  Jacq.  Diese  letzt- 
genannte Art  sowie  Potentilla  caulescens  und  Campanula  caespitosa  sind  be- 
sonders für  die  Voralpenregion  charakteristisch,  da  sie  sich  nur  in  dieser  finden, 
während  die  meisten  der  übrigen  Arten  in  die  Krummholzregion  aufsteigen, 
andere  sich  auch  noch  in  der  Bergregion  linden. 

Bei  etwa  1350  m,  in  Tälern  und  Schluchten  schon  früher,  lichten  sich  die 
dichten  Waldbestände  und  in  den  lockeren  Beständen  tritt  eine  der  charakteri- 
stischesten Pflanzen  der  mitteleuropäischen  Hochgebirge  auf,  die  Krummholz- 
kiefer, «Latsche»  (Pinus  montana  Mill.).  Dieselbe  umgibt  den  Schneeberg  in 
einem  rund  500  m  breiten  Gürtel  und  reicht  weit  über  die  Grenze  des  hoch- 
stämmigen Waldes  bis  in  die  Alpenregion  hinauf.  Den  Höhengürtel,  den  sie  be- 
wohnt, pflegt  man  als  Krummholzzone  zu  bezeichnen,  welche  in  die  untere  Krumm- 
holzregion (bis  zur  Waldgrenze),  die  noch  zur  Voralpenregion  gehört,  und  in 
die  «obereKrummholzregion»  oder  Krummholzregion  im  engeren  Sinne  zerfällt. 

Die  untere  Krummholzregion  reicht  also  bis  zur  Waldgrenze,  also  bis 
rund  1700  m;  in  diese  Region  fallen  unter  anderem  die  Gipfel  des  Alpl  (1600  m) 
und  ein  großer  Teil  des  Kuhschneeberges,  ein  von  mit  Krummholz  durch- 
setzten stellenweise  urwaldähnlichen  Fichtenbeständen  bewachsenes  Plateau. 
Im  allgemeinen  ist  die  Vegetation  dieser  unteren  Krummholzregion  von 
der  der  subalpinen  Wälder  wenig  verschieden,  doch  geben  die  charakteristi- 
schen Büsche  der  Legföhre  derselben  doch  ein  ganz  eigenartiges  Gepräge. 
Neben  der  letzteren  tritt  auch  schon  hie  und  da  die  rauhhaarige  Alpenrose  (Rho- 
dodendron hirsutum  L.)  auf;  auch  die  Preiselbeere  (  Vaccinum  Vitis  Idaea  L.)  ist 
nicht  selten.  Auf  dem  Kuhschneeberge  findet  sich  hie  und  da  die  hier  seltene 
To^:^ia  alpina  L.  Auch  einzelne  Pflanzen  der  Alpenregion  treten  schon  in  der 
unteren  Krummholzregion  auf,  wie  Saxifraga  Ai:^oon  Jacq.  und  caesia  L.,  die 
beide  übrigens  bis  in  die  Täler  hinabsteigen,  ferner  Anemone  alpina  L.,  Draha 
ai^oides  L.,  Pedicularis  verticillata  L.,  Crepis  aurea  Cass.,  auf  dem  Gipfel  des 
Alpl  wurde  sogar  schon  Edelweiß  {Leontopodium  alpinum  [L.]  Cass.)  gefunden. 


IL  Die  Alpenregion. 

Bei  etwa  1700  m  erreichen  die  hochstämmigen  Wälder  ihre  obere  Grenze. 
Das  Aufhören  derselben  gibt  der  Vegetation  sofort  einen  anderen  Charakter, 
auch  der  Nichtbotaniker  empfängt  sofort  den  Eindruck,  sich  einer  neuen,  frem- 
den Flora  gegenüber  zu  sehen,  der  eigentlichen  Alpenflora. 

Auch  die  Alpenregion  läßt  sich  noch  in  zwei  engere  Regionen  teilen; 
soweit  noch  höhere  strauchige  Gewächse  gedeihen,  besonders  die  charakteristi- 
sche Krummholzkiefer  oder  Legföhre,  am  Schneeberge  bis  etwa  igoo  m,  reicht 
die  obere  Krummholzregion,  über  derselben  liegt  die  Hochalpenregion,  in 
welche  auf  dem  Schneeberge  nur  die  höchsten  Gipfel  hinaufreichen. 

Die  charakteristischeste  Formation  der  Alpenregion,  welche  im  Sommer 
durch  ihren  Blütenreichtum  das  Auge  des  Wanderers  entzückt,  sind  wohl  die 
Alpenmatten.  Dieselben  sind  ausgezeichnet  vor  allem  durch  die  geringe  Höhe, 
welche  die  dieselben  zusammensetzenden  Pflanzen  erreichen,  ferner  durch  den 
Mangel  fast  aller  einjährigen  oder  zweijährigen  Arten,  von  welchen  sich  nur 
einige  wenige  Halbschmarotzer  und  Humusbewohner  aus  den  Gattungen  £"2/- 
phrasia,  Alectorolophns  und  Gentiana  finden,  durch  die  meist  auffallend  groß- 
blütigen,  niedrigen  Kräuter,  welche  oft  genug  Schutzeinrichtungen  gegen  Aus- 
trocknen und  Schneedruck  aufweisen.  Die  Vegetationsperiode  in  dieser  Höhe 
dauert  nur  von  etwa  Mitte  Juni  bis  Mitte  September,  also  kaum  drei  Monate  lang, 
das  ist  eine  Zeit,  die  viel  zu  kurz  ist,  als  daß  die  Mehrzahl  der  Pflanzen  in  der  Lage 
wäre,  ihren  ganzen  Lebensgang  von  der  Keimung  bis  zur  Fruchtbildung  durch- 
zumachen. Es  sind  auch  fast  durchwegs  Pflanzenarten,  welche  in  tieferen  Regionen 
fehlen,  welche  die  Alpenmatten  zusammensetzen;  nur  wenige  Voralpenpflanzen 
steigen  auch  bis  in  die  Alpenregion  auf  (in  folgendem  mit  *  bezeichnet).  Die 
Hauptmasse  der  Matten  und  Triften  bilden  rasenbildende  Gräser  und  grasähn- 
liche Gewächse,  besonders  *Phleuin  alpinum  L,,  ^'Sesleria  varia  ( Jacq.)  Wettst., 
Agrostis  alpina  AU.,  A.  rupestris  Scop.,  Poa  alpina  L.,  Festuca  rupicaprina 
(Hack.),  F.  piimila  Vill.,  F.  brachystachys  Hack.,  Carex  atrata  L.,  C.  semper- 
virens  W\\..ß7-ina  Host.,  capillaris  \^.,  Juncus  monanthus  Jacq.;  unter  diesen 
finden  sich  zahlreiche  kleine  Kräuter  und  Halbsträucher,  welche  den  prächtigen 
Blütenteppich  derselben  zusammensetzen.  Als  die  häufigsten  und  charakteri- 
stischesten Arten  des  Schneeberges  seien  genannt:  Lu:^ula  glabrata  D.  C,  Cera- 
stiiim  strictiun  Haenke,  Arenaria  ciliata  L,,  Alsine  Gerardi  Willd,,  ^Diauthii.s 
alpinus  L.,  Silene  acaulis  L.,  ^Anemone  alpina  L.,  ^A.  narcissißora  L.,  Ranunculus 
alpestris  L.,  '^R.  montanus  W.,  Aconitum  Neubergense  D.  C,  Thlaspi  alpinum 
Cr.,  Arabis  pumila  Jaccj.,  Draba  stellata  Cr.,  D.  ai:^oides  L.,  *Saxifraga  Aii^oon 
Jacq.,  S.  caesia  L. ,  *5.  ai:^oides  L. ,  S.  moschata  Wulf.,  S.  androsacea  L., 
*5.  stellaris  L.,  *Potentilla  aiirea  L.,  P.  Clusiana  Jacq.,  *Geutn  montanum  L., 
Oxytropis  Jacquini  Bunge,  Hedysantm  obscurum  L,,  Linum  alpinum  L.,  Helian- 
themum  alpestre  (Jacq.'^  Dun.,   H.  glabrmn  (Koch),    Viola  alpina  L.,   *  F.  bißora 


L.,  *Epilobhün  alsiiie/oliinn  Vill.,  ^Athaiiiantha  Cretensis  L.,  Meiim  athamanticum 
h,.,  Loiseleuria  procimibens  (L.)  Uesv.,  Arctostaphylos  alpina  (L.)  Spr.,  *A.  Uva 
ursi  (L.)  Spr.,  ^Prii)iiila  elatior  (L.),  *P.  Auriciila  L.,  P.  Cliisiana  Tratt.,  P. 
minima  L.,  Soldanella  Austriaca  Vierh.,  S.  alpina  L,,  Armeria  alpina  W.,  Gew- 
//a«^  Pannonica  Scop.,  *G.  vulgaris  (Neilr.),  *G.  verna  L.,  G.pumila  Jacq.,  G. 
nivalis  L.,  G.  Neilreichii  Wettst.,  Myosotis  alpestris  vSchin.,  *Stachj's  Jacquini 
(Gr.  G.)  Briq.,  Veronica  alpina  L.,  F.  aphylla  L.,  F.  fruticans  Jacq.,  Bartsia 
alpina  L.,  Euphrasia  picta  Wimm.,  Alectorolophus  lanceolatus  (Kov.),  *yi.  a??^«- 
stifolius  (Gm.)  Heynh.,  Pedicularis  rostrata  L.,  P.  verticillata  L.,  *Pinguicola  al- 
pina L.,  ^ Globularia  cordi/olia  L.,  Galiuni  anisophylhim  Vill.,  G.  baldense  Spr., 
^Campanula  pusilla  Haenke,  *C.  pulla  L.,  Phyteuma  Austriacum  Beck,  Solidago 
alpestris  W.  K.,  *Aster  Bellidiastnim  (L.)  Scop.,  ^.  Breyninus  Beck,  Erigeron 
polymorphiis  Scop.,  Gnaphaliiim  supinum  L.,  *Achillea  Clavenae  L.,  ^.  Clusiana 
Tsch.,  Chrysanthemum  atratum  Jacq.,  Doronicum  calcareimi  Vierh.,  *Senecio 
abrotanifolius  L.,  Crepis  mollis  (Jacq.)  Koch,  *C.  Jt/retj:  (L.)  Cass.,  Hieracium 
villosum  L. 

Diese  Liste  enthält  aber  nur  die  häufigsten  und  charakteristischesten 
Arten^  welchen  wohl  jeder  Schneebergbesucher  begegnet.  Aber  auch  seltenere 
Alpenpflanzen  beherbergt  dieser  höchste  Gipfel  Niederösterreichs.  So  findet 
sich  an  quelligen  feuchten  Stellen  hie  und  da  Carex  ferruginea  Scop.,  an  felsigen 
Stellen  Juncus  Jacquini]^.,  die  sonst  fast  nur  in  den  Südalpen  sich  findende  Orchis 
Spit:ielii  Saut,  wurde  einige  Male  auf  der  Heuplagge  gefunden.  Auf  dem  Pla- 
teau des  Ochsenbodens  findet  sich  ab  und  zu  die  seltene  Pedicularis  rosea  Wulf., 
im  Saugraben  Saxifraga  Burseriana  L.  und  Papaver  alpinum  L.,  wo  auch  einige 
höchst  seltene  Hieracien  sich  finden,  die  leider  die  Sammelwut  einzelner  Bota- 
niker fast  gänzlich  ausgerottet  hat,  wie  Hieracium  Breyninum  Beck  und  H. 
Beckianum  Gremli.  Auch  das  vielgesuchte  Edelweiß  {Leontopodium  alpinum 
Cass.)  gehörte  früher  keineswegs  zu  den  Seltenheiten,  ist  aber  jetzt  fast  aus- 
gerottet. 

Neben  den  Alpenmatten  sind  in  der  Krummholzregion  Strauchformationen 
sehr  verbreitet;  vor  allem  jene,  von  welchen  die  ganze  Region  ihren  Namen 
entlehnt  hat,  die  Formation  der  Krummholzkiefer  oder  Legföhre,  Pinus  mon- 
tana  Mill.,  welche  ausgedehnte,  oft  undurchdringliche  Bestände  bildet.  Die 
Stämme  dieses  eigentümlichen  Baumes  wachsen  nie  senkrecht  in  die  Höhe, 
sondern  liegen  an  den  Boden  angedrückt  oder  sind  tief  unten  knieförmig  ge- 
bogen, sie  sind  reich  verästelt,  die  Zweige  oft  schlangenförmig  hin-  und  her- 
gebogen und  oft  vielfach  miteinander  durchschlungen,  so  daß  sie  ein  unentwirr- 
bares Dickicht  bilden.  In  der  Farbe  des  Laubes  erinnert  die  Legföhre  an  die 
Schwarzföhre,  doch  sind  die  Nadeln  weit  kürzer.  Die  Legföhre  zerfällt  be- 
kanntlich in  eine  Reihe  verschiedener,  noch  nicht  genügend  geklärter  Rassen; 
die  Schneebergpflanze  zeichnet  sich  durch  stets  allseitig  gleichmäßig  ent- 
wickelte  Zapfen    und   einen   immer   niedergestreckten  Wuchs   aus   und   gehört 


nach  Willkomms^)  Monographie  zu  Pinus  Pinnilio  Haenke:  doch  weicht  sie 
nach  Prof.  Schiffners  mündlicher  Mitteilung  von  der  Pflanze  des  Riesen- 
gebirges bedeutend  ab,  ist  hingegen  mit  der  Krummholzkiefer  des  Böhmer- 
waldes vollkommen  identisch. 

Neben  der  Legföhre  sind  es  die  Alpenrosen,  die  im  Schneeberggebiete 
ausgedehnte  Buschformationen  bilden.  Ist  auch,  wie  überall  in  den  Kalkalpen, 
Rhododendron  hirsutum  L.  die  weitaus  überwiegende  Art,  so  findet  sich  neben 
dieser  im  Schneeberggebiete  wie  überhaupt  in  den  nordöstlichen  Kalkalpen 
gar  nicht  selten  auch  das  sonst  dem  LJrgebirge  eigentümliche  Rhododendron 
ferrugineum  L.  und  zwischen  beiden  auch  der  Bastard  beider  Arten,  Rh.  inter- 
mediwn  Tsch.  Nicht  selten  gesellt  sich  zu  den  Alpenrosen  auch  der  reizende 
Rodothamnns  Chamaecistiis  (L.)  Rb.  sowie  eine  Reihe  anderer  meist  immergrüner 
Zwergsträucher,  wie  Arctostaphylos  alpina  Spr.  und  A.  Uva  iirsi  Spr.,  Vaccinium 
Vitis  Idaea  L.,  Empetrum  nigrum  L.  und  Daphne  Me^ereum  L.,  während  einzelne 
hochwüchsige  Stauden,  wie  Aconitum  Neiibei-gense  D.  C,  Miilgedhim  alpinum 
(L.)  Cass.,  Heracleiim  Austriacinn  L.  etc.  das  Gewirr  der  prachtvoll  blühenden 
Sträucher  überragen. 

Spärlich  ist  am  Schneeberg  das  Buschwerk  alpiner  Weiden  vertreten, 
welches  aus  Salix  glabra  Scop.  und  S.  arbuscula  L.  zusammengesetzt  ist,  denen 
sich  gern  Sorbus  Chainaemespiliis  Cr.  zugesellt. 

Auch  in  den  Alpentriften  bis  in  die  Hochalpenregion  hinauf  findet  sich  noch 
eine  Reihe  von  Holzgewächsen,  die  alle  mit  ihren  niedergestreckten  Stämm- 
chen sich  innig  dem  Boden  anschmiegen  und  in  den  Rasen  alpiner  Gräser  und 
Seggen  halb  versteckt  sind,  so  besonders  die  niedliche  Loiseleuria  procumbens 
(L.)  Desv.,  Salix  retusa  L.,  reticulata  L.,  Jacquini  Willd.  und  die  mit  den  Schutt- 
halden oft  bis  ins  Tal  wandernde  Dryas  octopetala  L. 

Man  sollte  erwarten,  daß  über  der  Krummholzgrenze,  in  der  Hochalpen- 
region, die  Flora  noch  interessanter  und  mannigfacher  würde.  Das  ist  aber  im 
Schneeberggebiete  keineswegs  der  Fall.  Es  mag  dies  seine  Ursache  darin 
haben,  daß  der  Berg  einerseits  zu  wenig  weit  in  die  Hochalpenregion  hinauf- 
ragt, andererseits,  daß  er  zu  isoliert  und  von  anderen  Hochgipfeln  zu  weit 
entfernt  ist.  Tatsächlich  sind  es  auch  nur  wenige  Arten,  die  der  Hochalpen- 
region des  Schneeberges  eigentümlich  sind,  nämlich  Thhispi  rotundifolium  (L.) 
Gaud.,  Saxifraga  aphylla  Sternb.,  Astragalus  frigidus  (L.)  D,  C.  und  Valeriana 
elongata  L.  Hingegen  machen  zahlreiche  der  oben  erwähnten  Arten  der  Krumm- 
holzregion an  der  Legföhrengrenze  Halt,  während  andere  bis  auf  die  höchsten 
Spitzen  hinaufsteigen,  so  die  Draben,  Saxifragen,  ferner  Euphrasia-,  Pedicu- 
laris-,  Gentiana- Arten  und  andere,  welche  neben  Gräsern  und  Carex-  Arten  die 


')  Versuch  einer  Monographie  der  europäischen  Krummholzkiefern.   Jalnh.  d.  Akad. 
Tharandt  XIV  (t86i). 


hauptsächlichste  Formation  der  Hochalpenregion,  die  der  Polstersegge  (Ca7'ex 
finna  L.)  zusammensetzen. 

Zum  Schlüsse  möge  hier  noch  auf  einige  jener  Pflanzenarten  hingewiesen 
sein,  welche  in  den  Alpen  nur  eine  geringe  Verbreitung  haben  und  darum  für 
die  Flora  des  Schneeberges  besonders  charakteristisch  sind.  Da  ist  vor  allem 
Viola  alpina  Jacq.  zu  erwähnen,  eine  Karpatenpflanze,  die  in  den  Alpen  nur  im 
äußersten  Nordosten  sich  findet  und  auf  dem  Reichenstein  bei  Eisenerz  in 
Obersteiermark  ihren  westlichsten  Standort  hat.  Eine  ebenfalls  fast  ausschließ- 
lich auf  die  nordöstlichen  Kalkalpen  beschränkte  Art,  die  aber  im  Gegensatz 
zu  voriger  den  Karpathen  fehlt,  ist  Dianthits  alpinus  L.  In  den  nördlichen 
Kalkalpen  reicht  derselbe  bis  zum  Toten  Gebirge  an  der  Grenze  von  Ober- 
österreich und  Steiermark,  außerdem  findet  er  sich  zerstreut  in  den  Südalpen 
Kärntens  und  vielleicht  auch  in  den  Zentralpen.  ^)  Weitere  östliche  Typen 
sind  auch  Primula  Clusiana  Tsch.  und  Potentilla  Clusiana  Jacq.,  welche  beide 
innerhalb  der  nördlichen  Kalkalpen  am  Tennengebirge  im  Salzburgischen  ihre 
Westgrenze  erreichen;  doch  findet  sich  letztere  auch  im  östlichsten  Teile  der 
südlichen  Kalkalpen  (den  Julischen  Alpen).  Von  weiterer  Verbreitung  sind 
schon  Primula  minima  L.  und  Rhodothamnus  Chamaecistus  (L.)  Rb.,  sowie 
Salix  glabra  Scop.,  die  alle  in  fast  den  ganzen  Ostalpen  (die  beiden  letzteren 
nur  auf  Kalk)  verbreitet  sind,  den  Westalpen  aber  fehlen. 

Nicht  uninteressant  ist  es  übrigens  auch,  daß  eine  Reihe  von  in  fast  den 
ganzen  nordöstlichen  Kalkalpen  verbreiteten  Arten  den  Schneeberg  nicht  er- 
reicht, sondern  weiter  westlich  auf  dem  Ötscher,  Hochschwab,  zum  Teile  noch 
auf  der  Raxalpe  ihre  Ostgrenze  finden.  Von  solchen  Arten  seien  hier  erwähnt: 
Alsine  ar  etio  des  (Somm.)  M.  K.,  Gypsophila  repens'L.,  Alchimilla  AnisiacaVJe.X.tst., 
Saxifraga  sedoides  L.,  Euphorbia  Austriaca  Kern.,  Corthusa  MatthioUh,.,  Gen- 
tiana  bavarica  L.  und  Cirsium  spinosissiminn  Scop. 


^)  Näheres  über  die  Verbreitung  dieser  Art  bei  Vierhapper,  Zur  Systematik  und 
geographischen  Verbreitung  einer  alpinen  Dianthus-Gm^Y'^  in  Sitzungsber,  der  Akad. 
d.  Wissenschaften,  Wien  C.  VII,  Abt.  I. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  I. 


Aus  dem  natürlichen  Hain  von  Pinus  Pinea  bei  Belvedere  nächst  Aqmleja 

(Küstenland). 

phot.    C.   I,   Cori. 


VII.   1904. 


Natürlicher  Hain  von  Pinus  Pinea  bei  Belvedere  nächst  Aquileja  (Küstenland). 

Totalansicht. 

18-  Vll.   1904.  phot.   V.  Patzelt. 


Kunstanstalt  Max  Jaffe,  Wien. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  II. 


Wald  von  Pinus  halepensis   auf  dem  Gipfel   des  Monte  Petka  (197  m)  bei 
Gravosa  (Dalmatien).  Unterholz  z.  T.  aus  Calycotome  infesta  bestehend. 

3.  VI.   1904.  phot.   A.  Ginzberger. 


Der  Hafen  von  Gravosa  bei  Ragusa  (Dalmatien).  Bestand  von  Cupressus 

sempervirens  (angepflanzt  oder  verbrüdert).  Hinten  links  der  Monte  Petka 

(197  m)  mit  Hochwald  von  Pinus  halepensis. 

Nach  einer  käuflichen  Photographie. 


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Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  IV. 


Macchie  unweit  des    Porto  Palazzo   im  nordwestlichen  Teil  der  Insel  Meleda 

(Dalniatien).    In  der  Mitte   Arbutus   Unedo,    links  Pistacia  Leatiscus,  vorne 

Phillyrea  latifolia. 

5.  VI.     1904.  phot.  A.  Ginzberger. 


Phillyrea  latifolia  am  Hutovo  blato  (Herzegowina). 


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Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  VIl. 


Rücken  des  Berges  Hum  auf  der  Insel  Lissa  (Dalmatien),  550-580  m.  Salvia 
officinalis  massenhaft.  Büsche  von  Quercus  Jlex  und  Juniperus  Oxycedrus 
als  Reste  einstiger  Macchie. 

VI    1901.  P**o*-  ^-  Galvagni. 


Mediterrane  Felsenheide  bei  Promontore  (Istrien).    Vorne  links  Marrubium 

candidissimum,  ganz  rechts  Helichrysum  italicum;  im  Mittelgrunde  Salvia 

officinalis;  hinten  links  Juniperus  macrocarpa. 

V    ,902  P*^°'-  ^-  Linsbauer. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  VIII. 


Asphodelus  ramosus  in  der  Pelsenheide  bei  Capljina  a.  d.  Narenta  (Herzegowina). 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  IX. 


Steinige  Karstfläclie  zwischen  Divaca  und  St.  Canzian  (Küstenland) :  ca.  400  m.  Formation 
der   ,. Karstheide"   mit   niedrigen,   vom   Weidevieh   verbissenen  Büschen  von  Juniperus 

communis. 

2ü.  V.   1904.  phot.  A.  Ginzberger 


Steinige  Karstfläche  bei  St.  Canzian  (Küstenland):  ca.  400  m.  Formation  der 
„Karstheide"':  vorne  Helleborus  multifidus. 

Nach   einer  käuflichen   Photographie. 


Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  X. 


Steilwandige,  im  Grunde  bewaldete  Doline  bei  St.  Canzian  (Küstenland > ; 

ca.  400  ni. 

20.   V.   1904.  P*^"'-  ^'   '"''nz'5'^rg^'' 


Bestand  von  Spartium  junceum  bei  Rovigno  (Istrienj. 


in.   1904. 


phot.  G.   Kraskovits. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XI. 


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Eryngium  maritimum  auf  Dünen  bei  Grado  (Küstenland). 

15.  VII    19üi.  phot.  V.   Patzelt 


15.  VII.   190i. 


Landschaft  aus  den  Lagunen  von  Grado  (Küstenland;. 
Vorne  Bestände  einer  Statice-Art. 


phot.  V.    Patrelt. 


Exkursionen  cl.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XII. 


Scolymus  hispanicus  (links)  und  Echinophora  spinosa  (rechts)  auf  den  Dünen 
von  Grado  (Küstenlandj. 

20.  VII.  1904.  phot.  V.  Patzelt. 


Arthrocnemum  macrostachyum  (links)  und  Inula  crithmoides  (rechts)  bei  Grado 

(Küstenland). 

20.  VII.  1904.  phot.  V.  Patzelt. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XIII. 


Vitex  agnus  castus  am  Meeresstrande  südlich  von  Lovrana  (Istrien). 

1.  VIII.  1902.  phot.   A.   Ginzberger. 


Mauer-Vegetation  in  Lovrana  (Istrien).  Links  Campanula  pyramidalis,  rechts 
davon   Parletaria  ramiflora,  ferner  Cymbalaria  muralis. 

5.  VIII.  1902.  phot.   A.  Ginzberger. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XIV. 


Felsen  der  Insel  Mellisello  (oder  Brusnik)  westlich  von  der  Insel  Llssa  (Dalmatien). 
Blattrosetten  von  Centaurea  ragusina.  Gestein  dioritisch. 

V.  1901.  phot.  E.  Galvagni 


Moltkia  petraea  an  Kalkfelsen  am  Absturz  des  montenegrinischen  Hochlandes 
oberhalb  Cattaro;  ca.  900  m. 

10.  VI.     1904.  phot.  A.  Ginzberger. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905.  Tafel  XV. 


Olea  europaea  (kultiviert)  bei  Dignano  (Istrien). 

28.  IV.   1904.  phot.   V.   Patzelt. 


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Verwilderte  Kultur  von  Olea  europaea  bei  Rovigno  (Istrien). 


III.  1904. 


phot.   G.  Kraskovits. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XVI. 


Tabakfeld  in  Poljica  bei  Imotski.  ca.  350  m;  vor  der  ersteü  Üeliackung. 


20.   VI.  1903. 


phot.   K.   Preissecker. 


Tabakfeld    in  Podbabje  bei  Imotski  am  Fasse  der  Ravne  osoje,  ca.  400  m: 
nach  der  Ernte  der  „Sand"-  und  „unteren  Mutterblätter". 


24.  VII.   1904. 


phot.   K.   Preissecker. 


Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XVII. 


Doline  bei  St.  Canzian  (Küstenland) ;  ca.  400  m.  Im  Grunde  Felder  (Cerealien, 
Phaseolus,  Medicago  sativa);   Prunus   domestica  in  Reihen  gepflanzt. 


20.  V.  1904. 


phot.  A.  Ginzberger. 


Terrassenkultnr  von  Vitis  vinifera  in  verkarstetem  Terrain  an  der  Kerka 
zwischen  Sebenico  und  Scardona  (Dalmatien). 


28.  V.  1904. 


phot.   A.   Ginzberger. 


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Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XX, 


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Absturz  des  montenegrinischen  Hochlandes  oberhalb  Cattaro  (Dalmatien).  Im  Anschwem- 
mungsgebiet Culturen  und  Anlagen,  die  Abhänge  fast  vegetationslos. 


Nach  einer  käuflichen  Photographie. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXI. 


Kuppe  des  Monte  Maggiore  (Istrien);   1396  m.  Wald  von  Fagus  siivatica. 

13,  VU.   1902.  phot.  A.  Ginzberger. 


Hain  von  Castanea  sativa  bei  San  Francesco  oberhalb  Lovrana  (Istrien); 

ca.  300  m. 

21.  VII.  1902.  phot.   A.  Ginzberger. 


Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXII. 


Abhang  des  Berges  Tschaun  (Cavin)  im  Ternovanerwald  (Küstenland);  ca.  1100  m. 
Gentiana  symphyandra;  vorne  Pinus  nigra  (kultiviert;. 


4.  VIII.  189^ 


phot.  L.  Linsbauer. 


Exkursionen  d.  II.  iotern.  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXIII. 


Bestand  von  Pinus  leucodermis  auf  der  Prenj  planina 
(Herzegowina);   ca.  1600  m. 

phot.   A.  Jencic. 


2.   VIII.   1902. 


Urwald  auf  der  Crnagora  (s.  w.  von  Jajce,  Bosnien). 

Nach  einem  käuflichen  Diapositiv. 


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Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXV. 


Wald  von  Picea  Omorica  im  „Smrcevo  tocilo"  bei  Visegrad  (Bosnien). 

phot    F.  Topic. 


Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXVI. 


Holzschlag  in  einem  Walde  von  Fagus  silvatica  mit  „angeflogenem"  Ünterwuchs 
von  Abies  alba,  bei  Pressbaum  im  Wienerwalde. 

Sommer  1899.  phot.  A,   Stengel. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905.  Tafel  XXVII. 


Wald  von  Fagus  silvatica  bei  Pressbaum  im  Wienerwald.  Der  Baum  mit 
rissieer  Borke  links:   Quercus  sp. 


V.  1901. 


phot.  K.  Heller. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tcafcl  XXVIII. 


VvitsB  iii  dei'  Lubaii  ijei  Wieü,  mit  eiiizelueii  Bäumen  und  Baumgruppen. 

3.  vir.   1904.  phot.  Amalie  Mayer. 


Tümpel  in  der  Lobau  bei  Wien,  mit  Nuphar  luteum ;  hinten  Gebüsch  von 

Alnus  incana. 

3.  VII.   1904.  phot.  Amalie  Mayer. 


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Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXX. 


Populus  nigra  in  der  Lobau  bei  Wien. 


3.  VII.  1904. 


phot.  Amalie  Mayer. 


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3.  VH.   1904. 


Salix  alba  in  der  Lobau  bei  Wien. 


phot.   Amalie  Mayer. 


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Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXXII. 


Ausblick  von  der  Klausen  bei  Mödling  (nächst  Wien)  gegen  den  Husarentempel. 
Die  dunkeln  Wälder  bestehen   vorzugsweise   aus   Pinus   nigra,   die  hellen   aus 

Fagus  sllvatica. 

IV.   1904.  phot.    Amalie   M.ayer. 


Abhang  eines  niederen  Kalkhügels  bei  Perchtoldsdorf  nächst  Wien.  Anemone  grandis 


III.  1902. 


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Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXXIV. 


Wald  von  Picea  excelsa  und  Larix  decidua  bei  Wienerbruck  (Niederösterreich); 
ca.  700  m.  Im  Hintergrund  der  Oetscher. 

Nach  einer  käuflichen  Photographie. 


Leucojum  vernum  auf  einer  sumpfigen  Wiese  am  Lnnzersee  (Niederösterreich); 

ca.  650  m. 


6.  IV.  19U1. 


phot.   H.  Fleischmann. 


Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXXV. 


Narcissus  stelliflorus  („poeticus")  auf  feuchten  "Wiesen  bei  Lunz  (Niederösterreich); 

ca.  700  m. 

29    V.   1904.  phot.  Amalie  Mayer. 


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Narcissus  stelliflorus  („poeticus")  auf  feuchten  Wiesen  bei  Lunz  (Niederösterreich); 

ca.  700  m. 

2d     V     1904.  phot.   Amalie   Mayer. 


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Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Konerr.  Wien  1905. 


Tafel  XXXVII. 


Wald  von  Larix  decidua  im  Innerfeldtal  bei  Innichen  (Tirol):  ca.  1200  m. 

25.  VII.     1903.  phot.   A.  Ginzberger. 


Picea  excelsa  an  der  Baumgrenze  („Wetterflehten")  auf  dem  Dürrenstein 
(Niederösterreich);   ca.  1600  m. 

VI.  1903.  phot.  E.  Zederbauer. 


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Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XXXIX. 


Fichtenwald  (Picea  excelsa)  am  Misurinasee ;   ca.  1800  m.  Im  Hintergründe 

die    Drei   Zinnen    (Oberitalien).     Nach  einer  käuflichen  Photographie. 


Cirsium  spinosissimum  anf  Alpenweiden  des  Padon  (Südtirol) ;  ca.  2300  m. 

Vn.   1904.  phot.  G.  Kraskovits. 


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Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XLII. 


Umgebung  einer  Sennhütte  mit  Aconitum  Napellus  und  Rumex  alpinus  „auf  den 
Wiesen"  bei  Göstling  {Niederösterreich);    ca.  1350  m. 

VIII.   1903.  phot.  A.  Ginzberger. 


Dryas  octopetala   auf  dem  Dürrenstein  (Niederösterreich);  ca.  1800  m. 

VI.  1903.  phot.  E.  Zederbauer. 


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Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XLV. 


Gentiana  verna   und  Pinus  montana  auf  der  Raxalpe  (Niederösterreich); 

ca.  1800  m. 

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Exkursionen  d.  IL  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  XLIX. 


V.   1904. 


Pinguicola  alpina  im  Sanntal  (Südsteiermark > :   ca.  1400  m. 

phot.   G  .  Kraskovits 


Saxifraga  aizoides,  Taraxacum  alpinum.  Doronicum  Clusil  subsp.  glabratum  und 
Campanula  Scheuchzeri  auf  dem  Schiern  (Südtirol);   ca  2400  m. 

Vin.   1904.  K  .    /-    IT      1       • 

phot,  G.  Kraskovits. 


Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  L. 


Silene  acaulis  (f.  longiscapa)  auf  dem  Dürrenstein  (Niederösterreich);  ca.  1800  m, 

VI.   1903.  phot.  E.  Zederbauer. 


Rhodothamnus  Chamaecistus  im  Sanntale  (Südsteiermark);  ca  1400  m. 

V.  1904.  phot.   G.  Kraskovits. 


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Exkursionen  d.  II.  intern,  bot.  Kongr.  Wien  1905. 


Tafel  LH. 


Primula  glutinosa  auf  dem  Sekkauer  Zinken  (Nordsteiermark):   ca.  2400  m. 

VI.  1904.  phjt.  G.  KrasVovits. 


Gesteinflur  mit  Achillea  Clavennae  und  Arenaria  ciliata  auf  dem  Schiern 
(Südtirol;;   ca.  2400  m 

VIII.  1904.  phot.  G.   Kraskovits. 


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