THE LIBRARY
Fortschritte auf dem Gebiete der Rüntgenstrahlen
' Herausgeber: Dr. Albers-Schönberg
Ergänzungsband 12
Archiv und Atias
der normalen und pathologischen Anatomie
in typischen Róntgenbildern
————M
Die normale und pathologische Anatomie
des
Hüftgelenks und Oberschenkels in röntgenographischer Darstellung
von
Dr. Alban Köhler
Arzt in Wiesbaden
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Hamburg
Lucas Grafe & Sillem
(Edmund Sillem)
1905
Die normale und pathologische Anatomie
Hüftgelenks und Oberschenkels
in róntgenographischer Darstellung
von
Dr. Alban Kóhler
Arzt in Wiesbaden
Mit 12 Tafeln und 35 Abbildungen im Text
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Hamburg
Lucas Gräfe & Sillem
(Edmund Sillem)
1905.
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Vorwort.
In dieser Arbeit hat Verfasser den Versuch gemacht, die Beiträge der Röntgenliteratur
und seine in 6jähriger röntgenologischer Tätigkeit gewonnenen Erfahrungen über die radio-
graphische Untersuchung der Hüftgelenksgegend und des Oberschenkels zusammenzustellen, um
für solche, welche in der Technik und der Deutung dieser schwieriger herzustellenden Radio-
gramme der Sicherheit ermangeln, praktische Anleitungen und diagnostische Erläuterungen zu
bringen. Aber nicht nur für die Anfänger, sondern auch für die Erfahreneren in der
medizinischen Röntgenologie erhofft Verfasser einen kleinen Gewinn. Denn da bisher noch
kein umfassenderes Röntgenwerk über Hüftgelenk und Oberschenkel existiert, so ist es ganz
erklärlich, dass etwa drei Viertel des Textes nur eigene Studien und Erfahrungen bringen,
dass infolgedessen manche Punkte besprochen werden, die, weil sie in der Literatur bisher noch
nirgends erwähnt, diesem oder jenem Fachradiologen zum Teil bisher entgangen sein dürften,
‘ Andererseits masse ich mir nicht an, alles Aufklärenswerte gebracht und nichts übersehen zu
haben, wenn ich auch hoffe, dass nicht allzuviel wichtige Momente vergessen worden sind.
Soviel möchte ich nur hier erwähnen, dass der kurzgefasste anatomische Teil mindestens eben-
soviele Zeit und Arbeit erfordert hat, als der über doppelt so umfängliche pathologisch-
anatomische Teil. Um die komplizierte radiographische Zeichnung der normalen Pfanne und
ihrer Umgebung zu erklären, sind eine Unsumme von Skelettaufnahmen, einfachen und stereo-
skopischen, in allen nur denkbaren Projektionen, eine erhebliche Anzahl von Fournierschnitten
und Leichenuntersuchungen nötig gewesen, die sich über viele Monate hinaus erstreckten. Zwar
sind in der Literatur bereits Versuche gemacht worden, die vielen Linien am Pfannenradiogramm
aufzuklären, sie sind indessen zum Teil misslungen, wie mir die Nachuntersuchung zeigte.
Ebenso wie eine richtige Deutung der Radiogramme vom gesunden Menschen nicht anders
möglich sein kann als durch Studien am Skelett (Inspektion, Durchleuchtung, Sägeschnitte,
Radiographieen der Sägeschnitte), ebenso ist eine vernunftgemässe und gewinnbringende
Erörterung der radiographischen Anatomie pathologischer Affektionen nicht anders denkbar als
durch Beibringung möglichst zahlreicher Fälle, bei denen eine Autopsie möglich war (Operation,
Sektion, bakteriologische Untersuchung). Deshalb hat Verfasser unter seinem Material in aller-
erster Linie diejenigen Fälle ausgewählt und abgebildet, bei denen eine solche Kontrole erfolgt
und zweifelsfreie Klarheit geschaffen war. Von Läsionen, die fast nie zur Operation kommen
und auch nicht zum Tode führen, sind vor allen die Fälle besprochen, bei denen entweder
schon die klinische Untersuchung allein eine sichere Diagnose stellen liess, oder die klinische
Untersuchung im Verein mit dem Röntgenbefund nur eine einzige Diagnose gestattete. Viel
Wert ist ferner beim Studium der pathologischen Anatomie von Röntgenuntersuchungen zu
erwarten, die bei einer Läsion in den verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung (bei erstem
Beginn, vor der Operation, nach derselben, bei klinischer Heilung usw.) angestellt werden.
Verfasser hat in dieser Arbeit möglichst viele derartige Seriensufnahmen gebracht und erläutert.
15.0... 9)
Die Disposition des Buches ist weder nach rein anatomischen, noch nach rein klinischen
Gesichtspunkten aufgestellt; derartige Anordnungen sind bei Róntgenpublikationen wie der vor-
liegenden schwer durchführbar. Als Massstab für die Überschriften der einzelnen Kapitel
dienten deshalb mehr äusserliche, praktische Begriffe.
Wenn der Titel der Arbeit auch nur von der röntgenographischen Darstellung
spricht, so hielt Verfasser es doch für angebracht, in einem kurzen Abriss auch die röntgeno-
skopische Untersuchung einer Erörterung und Kritik zu würdigen.
Das Krankenmaterial stammt zum grössten Teil von meinem verehrten, viel zu früh
verstorbenen Chef, dem Chirurgen Herrn San.-Rat Friedrich Cramer, dessen Assistent ich
mehrere Jahre war; viele Fälle wurden mir durch die Freundlichkeit der Herren Prof.
Dr. Weintraud, Dr. Staffel und Chirurgen Dr. Ernst Pagenstecher zugeführt. Einzelne
Fälle verdanke ich dem Herrn Geh. Rat Dr. Scheele, den Herren Dr. Dr. Roser (Chirurg),
Schellenberg, Wachenhusen, Schrank, Schrader, Jungermann, Hackenbruch
(Chirurg), Guradze, Althen, Schmelz, Lugenbühl, Happel-Biebrich, Baer-Biebrich und
Pank-(leisenheim.
Zu besonderem Danke bin ich dem Herausgeber des Réntgenarchivs, Herrn
Dr. Albers-Schónberg-Hamburg, für sein Entgegenkommen und seine Bemühungen um
Verschaffung schwer zugänglicher Literatur, in gleicher Hinsicht meinem Freunde Herrn Dr. René
Delapchier- Paris verpflichtet; des Ferneren danke ich Herrn Prof. Dr. Spaltebolz-Leipzig für
seine liebenswürdige Auskunft in anatomischen Fragen, desgleichen Herrn Prosektor Dr. Herx-
heimer-Wiesbaden für seine mikroskopischen Untersuchungen und pathologisch-anatomischen
Belehrungen.
Wiesbaden, im Marz 1905.
Dr. A. Kohler.
Inhalt.
Vorwort
Einleitung . . . . . .
Technik der Untersuchung
Radioskopie
Radiographie .
Normale Anatomie
Pfannenpartie
Femur
Pathologische Anatomie ae a ee
Allgemeine Entwicklungshemmungen .
Rachitis
Osteomalacie .
Atrophie . . . . . . . . . .
Osteoarthropathie hypertrophiante .
Syphilis "P
Akute infektióse Osteomyelitis .
Tuberkulose
Osteoarthritis deformans
Coxa vara und Coxa valga
Deformationen der distalen Femurhálfte
Tumoren
Frakturen .
Luxationen dE ee es
Angeborene Hiftverrenkung .
Untersuchung der Weichteile
Literaturverzeichnis
. 106
. 109
. 111
. 117
Einleitung.
Die Róntgenuntersuchung des menschlichen Kórpers, die sich im ersten Dezennium nach Ent-
deckung der X-Strahlen bereits zu einem der erfolgreichsten Gebiete der medizinischen Wissen-
schaft emporgearbeitet hat, war nicht genótigt, wie man noch vor neun Jahren als gewiss annahm,
bei der Erforschung des knóchernen Stützapparates Halt zu machen. Sehr bald wurden auch
Weichteile, zunüchst Herz und Lungen, in ihr Bereich gezogen. Es folgte die Aufdeckung der
Konkremente und schliesslich die Beobachtung der Verdauungsvorgánge. Am wenigsten blieb
immer das System der Muskeln berücksichtigt und das wohl mit Recht. Es bedarf zwar keiner
besonderen Technik, um einzelne derbe Sehnen und Fascien, sowie kompakte Muskelbüuche im
Róntgenbilde darzustellen, indessen bleibt der Wert solcher Bilder für das Studium der nor-
malen Muskulatur und seiner Erkrankungen, ausgenommen der Ossifikationen, noch ein frag-
licher. So ist auch in den folgenden Ausführungen die Muskulatur im allgemeinen nicht in
die Erörterung gezogen worden, und das an und für sich schon eng bemessene Thema , Hüft-
gelenk und Oberschenkel" wird auf diese Weise noch engbegrenzter. Ausserdem blieb das
Becken als solches und das Kniegelenk im grossen und ganzen unberücksichtigt. Es geschah
dies in Anbetracht dessen, dass das Becken und das Kniegelenk Körperpartien darstellen,
wichtig genug, in besonderen Röntgenwerken abgehandelt zu werden. Deshalb hat auch die
Patella, obwohl sie als Sesambein des Musculus extensor cruris quadriceps zum Oberschenkel
gerechnet wird, hier keine Besprechung gefunden, da sie von den Affektionen des Kniegelenks
fast immer (von denen des Femur selten), in Mitleidenschaft gezogen wird und darum besser
für Róntgenstudien am Kniegelenk reserviert bleibt. Weil aber die distalste Partie des Femur
im Bereich der Articulatio genu gelegen, liess es sich nicht vermeiden, dass das Thema der
Kniegelenksaffektionen ein paarmal gestreift wurde.
Man sollte jetzt, zehn Jahre nach der weittragendsten Entdeckung des Jahrhunderts, und
bei ihrer augenblicklichen technischen Vervollkommnung, nicht mehr nótig haben, eine Arbeit tiber
Röntgenuntersuchung mit dem Hinweis auf ihren Nutzen, ihre Unentbehrlichkeit einzuleiten.
Und doch thut solches immer noch not. Es giebt nicht nur Tausende von einfachen praktischen
Ärzten, es existieren auch noch Hunderte von Autoritäten an den Quellen der Wissenschaft,
Chirurgen, Interne, Anatomen und pathologische Anatomen, die eine radiologische Untersuchung
für eine photographische Spielerei, für einen entbehrlichen Luxus halten. Wenn auch die Zahl
derer ihrem natürlichen Schrumpfungsprozess nicht wird entgehen können, ist es doch Ehren-
pflicht der Radiologen, diesen Prozess beschleunigen zu helfen. Ob beim Hüftgelenk und
Oberschenkelknochen, Skelettpartien, die der Palpation so verborgen liegen, die X-Strahlen-
exploration noch höher zu bewerten ist als bei anderen Körperstellen, das möge man aus dieser
Arbeit beurteilen.
Es wäre gewiss ein armseliger Standpunkt, wollte man sich nur auf die Röntgen-
untersuchung verlassen, selbst wenn man deren Technik virtuos beherrscht. Jede diagnostische
Methode, die zur Klärung beiträgt, ist der Röntgenuntersuchung gleichberechtigt und will-
kommen. Aber ebenso armselig ist die Anmassung, man könne auf Grund seiner Geschicklichkeit
und Intelligenz in jedem Falle der Röntgenstrahlen entraten.
Für diejenigen, die von Begeisterung für die Röntgenologie erfüllt sind, kann es in
eventuellen Mussestunden kaum eine kurzweiligere Beschäftigung geben, als die Jahrgänge 1896
und 1897 der allgemeinen ärztlichen Zeitschriften nach Berichten über Röntgenuntersuchungen
durchzugehen und den allmählichen Fortschritt der neuen Wissenschaft zu verfolgen. Wie
Köhler, Hüftgelenk und Oberscheukel. l
2 Einleitung.
beinahe mittelalterlich mutet es uns jetzt an, wenn wir in Bezug auf die Hüfterkrankungen
und ihr eventuelles Erkennen mit X-Strahlen im Juli 1896 in der Deutschen Medizinischen
Wochenschrift?) also lesen: „Immerhin giebt es noch manches Dunkel zu lichten... Ich will
nur an die oft schwere Differentialdiagnose der kongenitalen Hüftluxation, der rachitischen
Schenkelhalsverbiegung erinnern ... Freilich sind solche Perspektiven vorläufig müssige
Phantasien.“ Ein paar Monate später war solche Zukunftsmusik volle Wirklichkeit geworden. —
Verfasser hat es sich nicht nehmen lassen, bei den wichtigeren Kapiteln historische Ent-
wickelungsdaten der Hüft- und Oberschenkeluntersuchung beizufügen, in der Meinung, dass
auch die Historik in den Rahmen dieser Arbeit gehört. Die Aussprüche sind im Wortlaut
der Autoren zitiert. Desgleichen schien es erspriesslich, von verdienten Forschern auch sonstige
wichtige Sätze wiederzugeben, sei es, weil sie eine bemerkenswerte Förderung unserer Röntgen-
diagnostik bedeuten, sei es, weil Verfasser in dem betreffenden Punkte über keine eigenen
Erfahrungen verfügt.
Ein Literaturverzeichnis findet sich am Schlusse des Textes, doch kann es auf Voll-
ständigkeit kaum einen Anspruch erheben. Spezielle Arbeiten über radiologische Studien des
Hüftgelenks und Oberschenkels lassen sich an den Fingern abzählen. In den anderen angeführten
Arbeiten handelt es sich entweder um chirurgische Themata, bei denen auch die Röntgen-
untersuchung erwähnt ist, oder um allgemeine radiologische Publikationen, bei denen auch
Femur und Acetabulum besprochen werden. Übrigens finden sich eine Unmenge Róntgen-
arbeiten so über alle Zeitschriften der Welt zerstreut, dass sie selbst nicht in den ausführ-
lichsten Spezialbüchern und Journalen für Radiologie angeführt sind. In einem einzigen Kapitel
ist die Röntgenliteratur dagegen jetzt schon zu einem Berg angewachsen, das betrifft die
Luxatio coxae congenita. Da diese Affektion überdies schon in einem Bande des Röntgen-
archivs von Schede ausführlich bearbeitet wurde, verzichtet Verfasser, zugleich auf Wunsch
der Redaktion des Archivs, auf ausführliche Besprechung dieses Themas und Anführung der
dazugehörigen Literatur.
Arbeiten, welche die Röntgenuntersuchung nicht berühren, aber angeführt werden
mussten, sind in den Anmerkungen verzeichnet; was Lehrbücher, Sammelwerke, Atlanten dieser
Art betrifft, so wurden unter vielen in der Anatomie das Lehrbuch von Gegenbaur und der
Atlas von Spalteholz, in der Chirurgie die Arbeit von Hoffa, „Verletzungen und Er-
krankungen der Hüfte und des Oberschenkels*, 4. Band des „Handbuch der praktischen
Chirurgie“, in der pathologischen Anatomie die Arbeiten von M. B. Schmidt über „Allgemeine
Pathologie und pathologische Anatomie der Knochen“ (in „Ergebnisse der allgemeinen Pa-
thologie und pathologischen Anatomie des Menschen und der Tiere“, 4., 5. und 6. Jahrgang)
in erster Linie zu Rate gezogen. Die Ausführungen des letzten Autors sind ganz besonders
berücksichtigt worden und in erster Reihe bei Schilderung von Knochenaffektionen, von denen
noch keine oder nur spärliche Röntgenbefunde veröffentlicht wurden. Schien es doch angebracht,
nicht nur über die Publikationen anderer Róntgenologen und die eigenen Erfahrungen zu
berichten, sondern für noch nicht oder kaum róntgenographisch bearbeitete Gebiete Finger-
zeige zu geben, in welcher Weise und an welchen Punkten hier die Róntgenstudien mit Erfolg
einsetzen. kónnen.
Für diejenigen Leser endlich, welche der Róntgendiagnostik vielleicht noch fern stehen,
sei betont, dass die Abbildungen im Text und auf den Tafeln auch nicht im geringsten an
die Originalplatten heranreichen. Sie geben auch nicht annühernd die Einzelheiten wieder,
welche die Platte bietet. Das thut schon ein gewöhnlicher Abzug nicht, geschweige denn die
nach letzterem gesetzten Verkleinerungen. Alle Abbildungen in der Röntgenlitteratur können
nur ein schwacher Notbehelf sein in der Demonstration dessen, was die Radiographie zu leisten
imstande ist.
!) Vulpius, Zur Verwertung der Róntgenstrahlen.
Technik der Untersuchung.
A. Radioskopie.
Die Untersuchung der Htiftgelenksgegend mit Réntgenstrahlen kann am Schirm
und auf der photographischen Platte vorgenommen werden, nur mit dem Unterschiede,
dass ersteres Verfahren, so ideal es scheinen mag, das bei weitem schwierigere ist. Jeden-
falls wird es bisher praktisch so gut wie gar nicht angewandt; so sagt Gocht in seinem
Lehrbuch’); „Nur das Hüftgelenk widersteht .der genauen Durchsicht am Schirme.“
Trotzdem sind von anderer Seite Versuche gemacht worden, den Hüftbefund am Schirm zu
erkennen und es wird heutzutage als Kriterium für ein tadelloses Röntgeninstrumentarium hin-
gestellt, dass man die Bewegungen des Femurkopfes und Halses beim Durchleuchten beobachten
kann. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass man diese Art der Untersuchung einmal als un-
erlásslich auf den Schild heben wird, nicht so sehr deshalb, weil man dabei sein ganzes
Instrumentarium ruiniert, als vielmehr, weil die Augen des Untersuchers sehr bald bei inten-
siven Schirmstudien leiden. Ein Anfänger wird eine Durchleuchtung des Hüftgelenks nie zu-
stande bringen, ein vielbeschäftigter und erfahrener Radiolog hingegen hat allen Grund, sich,
wo es nur angängig ist, von der Röntgenröhre fern zu halten. Bei Untersuchungen von Herz,
Lunge und Zwerchfell wäre die Unterlassung der Schirmuntersuchung ein direkter Kunstfehler,
weil man die Kontraktionen des Herzens, ihre Kräftigkeit, ihre Schlaffheit, ihre einzelnen Phasen
photographisch kaum aufzeichnen, sie aber bequem röntgenoskopisch studieren kann. Will
man sich dagegen am Hüftgelenk über die Stellungen der Knochen bei Bewegungen orien-
tieren, dann fertigt man am besten Photogramme in den verschiedensten Stellungen von Becken
und Oberschenkel zu einander an. Wer aber durchaus radioskopisch die Hüften sich zu
Gesicht bringen will, dem sei geraten, seine Versuche zunächst an schmächtigen Kindern an-
zustellen; gutes Abblenden und eine Röhre von dem Härtegrad, wie man ihn etwa zu Ellenbogen-
aufnahmen eines Erwachsenen gebraucht, sind unerlässlich. Auch die Röhre muss vollkommen
unsichtbar gemacht sein durch Überdecken mit schwarzem Tuch, weil sonst die durch die
Fluorescenz der Röhrenwand erzeugte Helligkeit das Auge unnötig stört. Will man dagegen
die Hüfte eines Erwachsenen am Schirme betrachten, dann sind alle nur denkbaren Raffinements
röntgenoskopischer Untersuchung erforderlich.
Die Schwierigkeit, ein gutes Durchleuchtungsbild vom Hüftgelenk Erwachsener zu er-
halten, liegt, wie bekannt, nicht etwa daran, dass es keine Strahlen gäbe, welche so dicke
Kórperpartien durchdringen. Im Gegenteil Eine lang gebrauchte sogenannte harte Róhre
sendet zum Beispiel Strahlen aus, für welche die dicksten Panzerplatten kein absolutes Hindernis
bieten. Der ungünstigste Umstand ist der, dass bei der Hüfte die Muskelpartien wegen ihrer
Dichte und ihres grossen Volumens, d. h. wegen ihrer müchtigen Ausdehnung in der Richtung
der Projektion eine von den Knochen nur wenig unterschiedliche Transparenz für Röntgen-
strahlen aufweisen. Diese geringe Differenz in der Schattentiefe wird mit zunehmender Härte
der Röntgenröhre fast gleich Null. Selbst aber, wenn eine Differenzierung noch zu konstatieren
ist, so wird doch die Deutlichkeit des Bildes durch die Sekundärstrahlen (siehe nächstes
Kapitel) bis zur Unkenntlichkeit verwischt.
1) Gocht, Handbuch der Röntgenlehre. Stuttgart 1903.
1*
4 Technik der Untersuchung.
Deshalb sind die zu untersuchenden Stellen so klein als móglich abzublenden, d. h.
auf Kreise von etwa 7 cm Durchmesser. Dann darf in den abgeblendeten Ausschnitt kein
Schirmabschnitt fallen, der von den Róntgenstrahlen unmittelbar getroffen wird (also keine
Partie ausserhalb des Kórperschattens) Die an dieser Stelle, und sei sie noch so klein, ge-
schaffene helle Fluorescenz würde das Auge derart blenden, dass es für feinere Unterschiede in
den beschatteten Teilen unbrauchbar ist.
Von der Wahl der Röhre hängt sodann viel ab. Wählt man die Röhre zu weich,
so werden nicht einmal die Weichteile durchdrungen, wählt man sie andererseits zu hart, so
dass auch viele Strahlen die Knochen durchdringen, dann wird wieder die Schattendifferenz
zwischen Knochen und Weichteilen zu gering, um mit Vorteil hervorzutreten. Am besten ist
eine Röhre, welche in ihrer Hauptmenge solche Strahlen liefert, die gerade noch durch die
Weichteile der Hüfte, nicht aber mehr durch dje Knochen hindurchgehen. Eine Röhre kann
ja einmal gerade diesen idealen Zustand besitzen, anderenfalls muss man ihn durch Regenerieren
möglichst entsprechend herzustellen suchen.
Ein weiteres wichtiges Moment ist sodann die Helligkeit der Umgebung bez. die Sen-
sibilität der Retina des Auges. Natürlich muss die Durchleuchtung in absolut dunkelem
Zimmer vor sich gehen, aber bei sonst ganz gleicher Versuchsanordnung erhält man zur
Abendzeit und bei sehr trüber Witterung in feinen Details bei weitem bessere Schirmbilder
als an hellen, sonnigen Tagen. Das sind altbekannte Thatsachen. Weniger bekannt aber
dürfte es sein, in welch enormen Grenzen die übrigens auch individuell sehr verschiedene
Empfindlichkeit der Netzhaut für feinere Lichteindrücke schwankt. So stellten Parinaud und
Béclére!) fest, dass nach 10 Minuten Aufenthalt in der Dunkelheit die Retina 50—100 mal
empfindlicher für den fluorescierenden Schirm war als vorher, nach 20 Minuten sogar 225 mal.
Die Berücksichtigung dieses Punktes wird also mit am meisten zum Gelingen einer Durch-
leuchtung des Hüftgelenkes beitragen (wie denn, nebenbei bemerkt, Verfasser Durchleuchtungen
des Thorax Erwachsener grundsätzlich auch nur am Abend vornimmt).
Selbstverständlich ist ein gut arbeitender, ein gleichmässiges, nicht flackerndes
Licht gebender Unterbrecher bei der Durchleuchtung noch weniger entbehrlich als bei
der Photographie.
Last not least muss der Bariumplatincyanürschirm in bestem Zustande sich be-
finden. Die seit ca. fünf Jahren hergestellten Schirme ergeben eine recht intensive Fluorescenz,
nur scheinen Wenige zu wissen, dass der Schirm nicht ewig hochempfindlich bleibt, sondern am
besten aller zwei bis drei Jahre erneuert werden muss. Ob der Schirm zwecks längerer Halt-
barkeit am vorteilhaftesten im Hellen oder Dunkeln aufzubewahren ist, darüber scheint unter
den Fachleuten noch keine Einigkeit zu herrschen. Der Mittelweg wird wohl auch hier der
beste sein. — Die Belastung der Röhre darf keine zu niedrige sein, doch genügt eine solche,
die einer Funkenlänge von 25 —30 cm entspricht.
Um nochmals kurz zusammenzufassen, so sind für das Gelingen einer Hüftgelenks-
durchleuchtung neben den selbstverständlichen Postulaten eines guten Induktoriums, günstiger
Position des Patienten und gleichmässigen Röntgenlichtes folgende Momente unerlässlich:
1. Vornahme der Exploration in den Abendstunden.
2. Absolute Dunkelheit des Untersuchungszimmers.
3. Umhüllen der Röhre mit dichtem Tuch.
4. Abblenden aller anderen Röntgenstrahlen bis auf ein ca. 7 cm Durch-
messer fassendes Diaphragma.
5. Richtige Wahl der Röhre; am besten eignet sich eine solche, welche
bei photographischer Verwendung die besten Knochenstrukturbilder
vom Knie eines Mannes ergiebt.
1} Parinaud und Béclére, Fonctions de la rétine. Revue générale des sciences, 15 Avril 1898
Technik der Untersuchung. 5
6. Ein Bariumplatincyanürschirm, dessen Empfindlichkeit noch nicht
gelitten hat.
7. Eine der Funkenlänge von 25—30 cm entsprechende Belastung.
Was den Oberschenkel anbetrifft, so ist eine Durchleuchtung desselben praktisch
zwecklos. Grobe Veränderungen, wie schwere Frakturen, grosse destruierende Tumoren, werden
allerdings dem Schirmbild nicht entgehen, doch kann man sie schliesslich auch palpieren;
jedenfalls wird man keinen grossen Gewinn aus solcher Durchleuchtung ziehen, denn es werden
dem Untersucher so alle Details entgehen, die selbst eine mässig gute photographische Auf-
nahme ergiebt. Das blosse Durchleuchten mag ja etwas wohlfeiler sein; wer aber auf diese
Sparsamkeit aus unabänderlichen Gründen angewiesen ist, der soll wenigstens nicht behaupten,
dass das Durchleuchten die photographische Aufnahme ersetzen könne; er soll es als das hin-
stellen, was es ist, als Notbehelf. Mit mehr Berechtigung wird man eine Durchleuchtung als
orientierende Voruntersuchung anstellen, um sich genau zu informieren, bei welchem Strahlen-
gang die verwertbarste Röntgenographie herauskommen wird und in welcher Lage die nicht
unnötig grosse Platte ihre beste Ausnutzung gestattet. — Rarefizierte Herde in der Spongiosa,
Transformationen in der inneren Architektur des Femur am fluorescierenden Schirm abzulesen,
ist so gut wie unmöglich. Hin und wieder wird man in der Literatur aber dennoch von
Resultaten lesen, die in dieser Beziehung positiv ausgefallen sein sollen. Gegenüber solchen
Erfolgen braucht man sich mit seinem Instrumentarium, welches derartige Befunde nicht ge-
stattet, nicht für rückständig zu halten. Die Selbsttäuschungen sind im röntgenologischen
Fach ebenso häufig wie in anderen.
Bucka (1896) ... „so gelangte man zu einem deutlichen Bilde des oberen Femurrandes (10 jähr.
Knabe) und des Gelenkes. Bei dieser Gelegenheit sah man auch die Konturen der Beckenschaufel.‘
Büttner und Müller (1897). „Günstige Momente gehören dazu, um auf dem Leuchtschirm,
besonders für das Hüftgelenk, einen deutlichen Schattenriss zu erhalten. Am Erwachsenen ist uns bei
Durchleuchtung des Hüftgelenks nur einmal auf dem Schirm ein völlig klares Bild eines enorm ab-
gemagerten 40jährigen Mannes bei 25 cm Schlagweite geglückt; bei Kindern ist man natürlich sicherer.“
Rosenfeld (1897). „Die Durchleuchtung der Knochen ... der unteren Hälfte des Oberschenkels
ist ganz leicht. Schwerer ist es schon, den Oberschenkel zu durchleuchten und es gelingt dies bloss bei
wenig muskulösen und jugendlichen Individuen, während bei dicker Muskulatur die obere Hälfte des
Femur bis zum Gelenkkopf und bis zum Becken nur durch die Photographie sich offenbart.“
Beck (1902). „Der Fluoroskopie des Beckens sind die engsten Grenzen gezogen.“
Albers-Schönberg (1903). „In der chirurgischen Diagnostik treten gegenüber der internen
die Schirmuntersuchungen zurück, da die Exaktheit, welche die Platte zu geben imstande ist, nicht durch
die Schirmbilder erreicht werden kann... Es können die Schirmuntersuchungen, wenn es sich um Aus-
schluss einer Fraktur handelt, nicht in Betracht kommen, allein die Platte vermag hier ein einwandfreies
Resultat zu geben. ... Bei den Untersuchungen entzündlicher Knochenprozesse, ferner bei Tuberkulose,
Osteomyelitis und Syphilis lässt die Schirmuntersuchung fast vollständig im Stich. Hier überwiegt
die Güte des auf der Platte erhaltenen Bildes den diagnostischen Wert der ersteren so sehr, dass man
sich füglich die Mühe einer Durchleuchtung ersparen kann und gut thut, sofort zum Plattenverfahren
zu greifen.“
Kraft-Strassburg (IX. 1908). ,... Was Walter meines Wissens mit seinen grossen Apparaten
noch nicht leistet, das hat Dessauer mit seinem kleinen, überaus übersichtlich und handlich zusammen-
gestellten Spezialtyp von 25 cm Funkenlänge unter Verwendung seiner Riesenröhre, bei Vorschaltung
einiger Drosselróhren und Anwendung seines vortrefflichen Gleitstativs mit Irisblende, bei primärem
Stromverbrauch von 7—11 Ampere erreicht: die Durchleuchtung des Hüftgelenkes beim Erwachsenen
derart, dass eine direkte Nachzeichnung des Femurkopfes ausgeführt werden kann.“
Bade-Hannover (1903). „Wenn Herr Kraft schreibt, dass Dessauer mit seinem kleinen
Spezialtyp von 25 cm Funkenlänge, unter Verwendung seiner Riesenröhre, bei Vorschaltung einiger
Drosselröhren und Anwendung seines vortrefflichen Gleitstativs mit Irisblende, bei Stromverbrauch von
7—11 Amp. erreicht: Die Durchleuchtung des erwachsenen Hüftgelenks, dass eine direkte Nachzeichnung des
Femurkopfes ausgeführt werden kann, so muss man ihm entgegenhalten, dass genau dasselbe mit Walter-
schen Apparaten auch ausgeführt werden kann, wenn man eine Riesenröhre benutzt und wenn man die
e Technik der Untersuchung.
nótige Abblendung vornimmt. Es ist aber nicht Dessauers Verdienst, hierauf hinausgearbeitet zu
haben, sondern Walters, dessen Arbeiten über Sekundürstrahlung den Grund legten für die ganze
Blendenfrage, dessen Arbeiten auch überhaupt erst zur Herstellung grosser intensive Stróme aushaltenden
Röhren führten ... Ohne Abblendung und ohne Róhre, die intensive Ströme aushält, ist aber die Durch-
Jeuchtung des Hüftgelenks beim Erwachsenen, der einigermassen stark ist, nicht möglich. Das ist also
in erster Linie Röhre und Blende zu verdanken.“
In dem umfangreichsten Werke der Róntgenliteratur: Bouchard, Traité de Radiologie Médicale,
1904, findet sich nirgends eine Angabe über Ausführbarkeit einer Schirmuntersuchung der Hüfte.
B. Radiographie.
Aus dem vorhergehenden Abschnitt ziehen wir nun die Folgerung: Die radio-
graphische Untersuchung des Hüftgelenks und Oberschenkels ist wie die aller anderen
Skelettpartien der radioskopischen Untersuchung unbedingt tiberlegen. Dieser Satz gilt
wahrscheinlich nicht nur für jetzt, sondern für immer, wenn man auch, zumal in einem so
neuen Zweige der wissenschaftlichen Technik, mit solchen Prophezeiungen vorsichtig sein muss.
Wie man beim mikroskopischen Studium tierischer Gewebe zunächst das ganze Präparat
übersehen muss und erst nach vollkommener Orientierung auf dem Übersichtsbilde sich die
wichtigsten Einzelheiten gesondert vornimmt und durch veränderte Versuchsanordnung noch
zu verdeutlichen sucht, ähnlich geht es bei der Röntgenuntersuchung der stärkeren Körperteile
her; aber nur ähnlich, nicht analog, denn beim Mikroskopieren wird das detailreichere Bild
kleinerer Partien durch stärkere Vergrösserung erreicht, bei der Röntgenexploration durch Ab-
blendung der Sekundirstrahlen. Durch diese Abblendung erhalten wir von starken Körper-
partien deutlichere Bilder, d. h. die Schatten werden noch dunkler, die Lichter noch heller als
auf nicht abgeblendeten Aufnahmen, kurz, das Negativ wird kontrastreicher. Die Laien nennen
solche Aufnahmen gewöhnlich „scharf“. Die Schärfe einer photographischen Platte hat aber
nichts mit ihrem Kontrastreichtum zu thun, sie hüngt lediglich von der Ruhe des Objektes
ab. Diese absolute Ruhe des Objektes ist natürlich für ein Radiogramm das allererste Er-
fordernis. Eine Hüftaufnahme eines Erwachsenen indessen, die nur scharf, aber nicht kontrast-
reich ist, kann uns heutzutage nicht mehr befriedigen, sie muss Schürfe und Kontrastreichtum
zugleich zeigen. |
Auf das ganze Wesen der Sekundürstrahlen ausführlicher einzugehen, kann hier
nicht der Platz sein. Nur soviel sei in Kürze erläutert: Röntgenstrahlen, die einen Körper
treffen, bringen in diesem neue Strahlen hervor. Jeder Punkt eines solchen Objektes, auch der
Róhrenwand,!) wird zum Centrum unzáhliger neuer Strahlen, die sich vom Centrum nach allen
Richtungen hin fortpflanzen. Diese Sekundärstrahlen wirken um so geringer störend, je weicher
die Röhre ist. Ihre Wirkung lässt sich daher bei Aufnahmen ganz dünner Glieder wie Hand,
Fuss, Unterarın, Unterschenkel kaum nachweisen, sofern weiche Röhren verwandt wurden.
Nimmt nıan des Experimentes halber zu solchen Aufnahmen eine sehr harte Röhre, so ist es nicht
möglich, auch bei kürzesten Expositionen nicht, auf der Platte glasklare Schatten zu erhalten,
das ganze Bild zeigt eine ganz gleichmässige Trübung, etwa so, wie wenn ein sonst gutes
Negativ vor den Entwickeln ein Minimum von Zeit an gleichmässiges Licht gebracht worden
ist. Um von dicken Gliedmassen- oder Rumpfteilen überhaupt Skiagramme der Knochen zu
erhalten, kann man aber nur härtere Röhren verwenden, also solche Röhren, bei deren An-
wendung die meisten störenden Sekundärstrahlen entstehen.
Um nun diese Beeinträchtigung der Bilddeutlichkeit auf ein Mindestmass zu be-
schränken — ganz scheinen sich diese fatalen Strahlen doch nicht ausschalten zu lassen —
1) Die von der Glaswand der Röhre herrührenden Sekundärstrahlen haben dieselbe Härte wie
die Primärstrahlung. Sie beeinträchtigen die Klarheit des Bildes weniger als die bei starken Unter-
suchungsobjekten in letzteren selbst entstehenden Sekundärstrahlen, die härter sind als die direkte
Strahlung. (Walter.)
Technik der Untersuchung. 7
deckt man die ganze Umgebung der Partie, auf die allein es uns ankommt, auf der Körper-
oberfläche mit dickem Blei ab. Diese durch Blei jetzt vor den primären Röntgenstrahlen fast
ganz geschützten Gewebe können natürlich auch keine Sekundärstrahlen hervorbringen.!) Infolge-
dessen fallen jetzt Millionen von Strahlen weg, die sonst infolge Mangels an Abblendung über
die ganze Platte hin sich verbreiten würden. Bleiben dann auch noch genug Sekundärstrahlen
aus dem nicht abgeblendeten aufzunehmenden Teile übrig, so stellen dieselben doch nur einen
Bruchteil derjenigen einer nichtabgeblendeten Projektion dar. So wird das Skiagramm ein
brauchbareres, gleichzeitig folgt ferner, dass, je kleiner der Blendenausschnitt ist, je kontrast-
reicher das Bild werden muss.
An Körperteilen, die über den Knochen leicht verdrängbare Weichteile haben, ist die
Anwendung einer Kompressionsblende, durch welche ausser der Abblendung auch noch der
Durchmesser des Körpers in der Strahlenrichtung verkleinert wird, unerlässlich. Der Nutzen
der von Albers-Schönberg konstruierten Blende zeigt sich am trefflichsten bei Aufnahmen
der Lendenwirbelsáule. Auch an der proximalen Hälfte des Oberschenkels ist die Anwendung
der Kompressionsblende sehr am Platze; am Hüftgelenk weniger, weil hier wegen der Knochen-
verhältnisse ein Verdrängen von Weichteilen nicht möglich ist. Indessen bedient man sich
auch hier mit Vorteil der Kompressionsblende, da sie eine grössere Ruhe des Objektes garantiert.
Da nun Hüftgelenksregion und Oberschenkel in Frontalebenen sehr umfängliche Körper-
teile darstellen, man ferner oft im ungewissen sich befindet, welche Stelle erkrankt ist, so sind
grössere Übersichtsaufnahmen nicht zu entbehren, die also obne Blende oder nur mit ganz
weitem Blendenausschnitt hergestellt werden; da ferner beide Körperteile in der Strahlenrichtung
— die in den meisten Fällen eine sagittale ist — beim Erwachsenen recht grosse Durchmesser
haben, wird nach dem Studium des Übersichtsbildes die Blendenaufnahme zu folgen haben.
Bei Kindern bis zum 12. Jahre etwa kommt man in den meisten Fällen ohne Ab-
blendung aus. Die in diesem Alter noch zarten Knochen, von flachen Muskellagern bedeckt,
gestatten Projektionen mit weicheren Röhren. Die Negative werden kontrastreich und lassen
einen sichtbaren Einfluss der Sekundärstrahlen fast ganz vermissen. Bei Kindern genügt, sofern
sie ruhig gehalten haben, in der Regel eine einzige Aufnahme der Hüften. (Bei Untersuchungen
der distalen zwei Drittel des Oberschenkels sind natürlich zwei Aufnahmen, in zwei zueinander
senkrechten Projektionen geboten.) Am besten nimmt man das ganze Becken ins Bereich der Platte.
Bei beginnenden pathologischen Prozessen wäre es ein direkter Fehler, darauf zu verzichten.
Nachdem die Meinungen lange geschwankt haben, herrscht jetzt im allgemeinen
Einigkeit darüber, dass für Hüftgelenk und Oberschenkel die beste Projektion die ventro-
dorsale ist, d. h. diejenige, bei welcher Patient mit der Rückseite des Körpers der (Schicht-
seite der) Platte aufliegt; nur bei Verdacht auf Coxa vara soll die dorsoventrale, kurz die
ventrale Aufnahme genannt, einen kleinen Vorteil vor der dorsalen haben. Der Röhrenfokus
steht bei der üblichen Dorsalprojektion in der Höhe einer zwischen beiden Trochanteren
gezogenen Linie mitten über der Mittellinie des Körpers, 50 cm von der Platte
entfernt. Ist in den Hüftgelenken normale Beweglichkeit vorhanden, fixiere man die Beine so,
dass der mediale Rand des Fusses senkrecht zur Unterlage steht. Damit ist bezweckt, dass
der Schenkelhals mit möglichst geringer Verzerrung projiziert wird.
Es ist, besonders bei Kindern, nicht unmöglich, Bilder des Beckens in Seitenlage
herzustellen. Sie mögen für gewisse Beckenläsionen in verschwindend wenigen Fällen einen
Wert haben, bei der radiographischen Untersuchung des Hüftgelenks spielen sie bis jetzt noch
keine Rolle und werden auch wohl in Zukunft keine spielen; weniger wegen des grossen Durch-
messers des Beckens in dieser Strahlenrichtung, als vielmehr, weil die an und für sich schon
1) Die Sekundáürstrahlen aber, die im Blei selbst entstehen, sind so wenig durchdringungsfähig,
dass sie nicht bis zur photographischen Platte gelangen kónnen. Sie gehen kaum durch ein dünnes
Blatt Papier hindurch. Die Sekundärstrahlung ist nämlich um so weicher, je grösser das Atomgewicht
des dieselbe erzeugenden absorbierenden Mediums ist (Walter.)
8 Technik der Untersuchung.
für Projektionen komplizierten Beckenknochenformen einer Seite sich dabei vollstándig decken
und ihre Schattendeutung unmöglich wir. Am ehesten wäre von der Seitenlage dann ein
Gewinn zu erwarten, wenn man nach Verschiebung des Focus etwas dorsal und distal das
Becken schräg projiziert. Die Strahlen treten dann, ohne auf knöcherne Hindernisse zu stossen,
durch die Incisura ischiadica major und durchdringen das der Platte anliegende Hüftgelenk
fast senkrecht, auf dessen rückwärtiger Partie der Wandung des kleinen Beckens auftreffend.
Da indessen zwischen Hüftgelenk und Platte noch Schenkelhals und die breiten Trochanteren
liegen, hätte auch diese Anordnung kaum den geringsten praktischen Vorteil und wird deshalb
wohl kaum einmal angewandt werden.
Wir kommen jetzt zu der schwierigeren Technik der Radiographie der Hüften
Erwachsener. Auch hier geben die Dorsallagen die besten Radiogramme. Selbst wenn sie,
wegen der grösseren Entfernung des Acetabulum von der Platte, eine etwas erheblichere Ver-
zerrung der Schatten bewirken, so ist die Móglichkeit des Patienten, absolut ruhig zu verharren,
eine bei weitem gróssere in Dorsallage als in Ventrallage. Auf absolute Ruhe des Objektes
ist aber mehr zu achten als auf Vermeiden von Verzerrungen. Ein verwackeltes Bild ist,
ausser bei groben Frakturen, zu jeder Diagnose ungeeignet; ein verzerrtes Bild selten. Denn
gleiche (d. h. hier normale) Knochenpartien ergeben bei gleicher Versuchsanordnung auch
immer dieselben Verzeichnungen. Pathologische Verbildungen der betreffenden Knochen ergeben
aber von jenen ganz verschiedene Verzerrungen. Nehmen wir deshalb lieber leichte Verzeich-
. nungen mit in Kauf. Übrigens kann man beim Hüftgelenk und der Epiphyse des Ober-
schenkels kaum von direkten Verzerrungen sprechen, da es sich um kugelähnliche Gebilde
handelt; solche werden bei direkter (d. h. nicht sehr schräger) Projektion nur vergrössert, nicht
verzerrt und verbildet dargestellt.
Verfasser steht jetzt, nachdem er für diese Arbeit ein Jahr lang alle möglichen Pro-
jektionen und Lagen ausprobiert hat, auf dem Standpunkt, dass jede Hüftaufnahme zuerst
in Dorsallage zu geschehen hat. Nur in einigen wenigen Fällen — Epiphysenlösung,
Schenkelhalsfraktur, Coxa vara — ergiebt sich die Notwendigkeit, auch in Ventrallage die
Hüftgegend zu photographieren.
Hat man Zeit und braucht mit den Kosten nicht zu sparen, so stelle man auch
bei Erwachsenen in jedem Falle zuerst eine Aufnahme beider Hüften her, mit der Fokus-
stellung, welche oben für kindliche Becken angegeben wurde. Doch ist es kein Kunstfehler,
wenn man sich in gewissen Fällen — z. B. bei Männern von mächtigem Körperbau, bei
frischen Schenkelhalsfrakturen — diese Übersichtsaufnahme schenkt. Die Negative werden
aus oben angeführten Gründen zuweilen so kontrastlos, dass sie die Diagnose nicht fördern
helfen. Statt dessen mache man lieber eine abgeblendete Type mehr.
Wir müssen hier auch noch an ein anderes sehr wichtiges Moment denken, nämlich an
die schádigende Einwirkung der Róntgenstrahlen auf die Haut. Die in der Strablenrichtung
stärksten Körperpartien — dazu gehören Hüfte und Oberschenkel — bedürfen zur Erzielung
eines Bildes der längsten Belichtungszeiten. Zwei Aufnahmen der Hüfte kurz hintereinander
müssen uns zu bedenken geben, dass eine dritte eventuell schon eine Schädigung bedingen kann.
Setzen wir nun einmal den nicht seltenen Fall, dass bei einer Untersuchung die erste, ganze
Beckenaufnahme wegen mächtiger Muskellager recht mässig ausgefallen ist und eine weitere
abgeblendete Aufnahme etwas verwackelt wurde, dann ist diagnostisch noch nichts erreicht,
wir stehen aber vor dem Risiko, durch eine dritte Aufnahme dem Patienten zu schaden; nun
kann man dem begegnen, indem man den Patienten jetzt die Ventralposition einnehmen lässt;
dabei kommt die schon zweimal belichtete Hautfläche abgewandt vom Fokus zu liegen. Da wir
aber Ventralprojektionen wenn möglich vermeiden wollen, sparen wir in ziemlich aussichtslosen
Fällen besser die ganze Beckenaufnahme von vornherein.
Um aber, wenn sich letztere nicht umgehen lässt, wenigstens das bestmöglichste Negativ
zu schaffen, wende man einige kleine Kunstgriffe an: Man decke alle Körperpartien oberhalb
Technik der Untersuchung. y
und uuterhalb des Beckens mit dicken Bleistücken ab, so dass alles, was nicht mit auf die
Platte kommt, eventuell noch eine schmale Partie, die auf der Platte selbst liegt, keine Sekundir-
strahlen produzieren kann. Da ferner auch in der Glaswand der Röhre Sekundärstrahlen
gebildet werden sollen, kann man ein wenig nützen, wenn man die fluoreszierende Hälfte der
Röhre mit isoliertem Blei bekleidet und nur gegenüber der Antikathode ein zwei- bis drei-
markstückgrosses Loch für die mittelsten Strahlen offen lässt. Allzuviel machen diese beiden
Anordnungen indessen nicht aus.
Hat man bestimmte Anhaltspunkte für den genaueren Sitz einer Läsion,
sei es auf Grund einer Übersichtsaufnahme oder streng lokalisierten Schmerzes oder anderer
Symptome, dann trifft man Vorbereitungen, um die betreffende Stelle so ausgiebig ab-
geblendet als möglich zu skiagraphieren; und doch möchten wir bei Hüftaffektionen
auch Schenkelhals- und Trochanterpartie mit auf dem Negativ sehen; das macht für die Hüfte
eines Erwachsenen einen Durchmesser von etwa 15 cm auf dem Negativ aus. Nehmen wir
an, dass bei 50—60 cm Fokalabstand der Blendenausschnitt um ca. 2 cın an Durchmesser in
der Projektion auf die Platte zunimmt, so erfordert die Aufnahme eines Erwachsenen, auf
welcher das Hüftbein proximal bis nahe an die Spina anterior superior, medial bis zur Hälfte
des Foramen obturatum, das Femur lateral bis zum Aussenkontur des grossen Trochanters,
distal bis ca. 1 cm unterhalb des kleinen Trochanters erscheinen soll, einen Blenden-
ausschnitt von 18 cm Durchmesser.
Die Frage ist nun die, ob bei so grossem Blendenloch noch von einer lohnenden Ab-
blendung die Rede sein kann. Verfasser kann die Frage bejahen und wendet seit !/, Jahr
ausschliesslich eine Blende mit einer Öffnung von 13 cm bei Hüften Erwachsener an.
Als Blendenmaterial kommt ausschliesslich Blei in Betracht. Wenn der beschäftigte
praktische Arzt bei seiner Thätigkeit Mull und Watte keine Stunde entbehren kann, so der
Röntgenolog das Blei. Es ist in grossen Rollen zu beschaffen wie Mull und Watte. Eine
einfache praktische Blende nun besteht in einem grossen ca. 3 mm dicken Stück Blei mit
einem Ausschnitt in der Mitte. Dies Blei wird einfach auf den Körper aufgelegt, der Aus-
schnitt genau über den zu radiographierenden Teil. Man thut gut, diese Bleiblende dadurch
vor dem Verbiegen zu schützen, dass man sie auf ein kongruent geschnittenes Stück fester
Pappe befestigt.
Die meisten Blendenausschnitte, auch bei den gebräuchlichen Kompressionsblenden, haben
eine kreisförmige Gestalt. Das ist optisch-theoretisch selbstverständlich das Richtigste. Praktisch
verschlägt es nichts, wenn der Ausschnitt quadratisch ist mit etwas kürzerer Seite als der
Durchmesser eines kreisfórmigen Ausschnittes von gleichem Flücheninhalt. Der quadratische
Ausschnitt (er kann ebensogut auch rechteckig sein) hat einige kleine Vorteile; da unsere
gebrüuchlichen Plattenformate nicht rund, sondern eckig sind, werden bei eckigem Blenden-
ausschnitt die Platten besser ausgenutzt. Bei Kompressionsblenden sind allerdings die Ecken
der Blende direkt lästig für den Patienten, doch kann man sich dieselben ein wenig abstumpfen
lassen, so dass sie absolut nicht drücken. Verfasser benutzt auch seit Jahren an seiner Kom-
pressionsblende, die er sich nach Albers-Schönberg hat bauen lassen, nur quadratische und
rechteckige Blendenkästen.
Meist gebraucht Verfasser eine Bleiblende, bestehend aus mehrfach übereinandergelegten
Bleistücken, die zusammen etwa 3 mm dick sind. Eine Seite beträgt 40 cm. Diese Bleiblende
hat einen quadratischen Ausschnitt von 13 cm Seitenlünge. Der Ausschnitt ist nicht in der
Mitte angebracht, sondern er ist von einer Seite nur 5 cm entfernt (der Seite, welche bei der
Hüfte immer lateral zu liegen kommt). Zwischen den diese Seite berührenden beiden Seiten
liegt er allerdings in der Mitte.
Eine grosse Schwierigkeit besteht darin, den Blendenausschnitt so auf die Hüfte zu
legen, dass die oben beschriebenen Knochenpartien alle in das Bereich der Strahlen kommen.
Bekannt ist, dass ein in der Mitte der Verbindungslinie von Symphyse und Spina anterior
Kóhler, Hüftgelenk und Oberschenkel.
10 Technik der Untersuchung.
superior errichtetes Perpendikel mitten durch die Pfanne geht. Mit diesem Hilfsmittel kónnen
wir aber radiographisch nicht allzuviel anfangen, denn Spina und Symphyse liegen in ver-
schiedenen Frontalebenen, Sagittalebenen und Horizontalebenen. Wenn man aber auch von der
durch Fokalprojektion bedingten Verzerrung absieht, so liegt doch für unsere Zwecke das
Hüftgelenk gar nicht in der Mitte der Partie, die wir auf die Platte projizieren wollen, sondern
etwas medial und proximal davon. Wollten wir das Acetabulum zum Mittelpunkt unseres
Blendenausschnittes nehmen, so würden wir einen grossen Teil vom Beckencavum projizieren,
aber Trochanter minor und lateraler Teil des Trochanter major fielen im Bilde fort. Wenn
ich auf Radiogrammen der normalen Hüfte die S. 9 oben aufgezühlten Knochenpartien in ein
Quadrat einzüune, dessen eine Seite der Kórpermittellinie parallel láuft, und dann die Diagonalen
ziehe, fällt das Centrum in die Mitte der Kopfepiphysenfuge resp. deren früheren Verlauf.
Dieser Punkt aber lässt sich am Lebenden nicht palpieren, auch sonst sehr schwer berechnen.
Doch liegt er grob anatomisch in gleicher Höbe mit der höchsten Stelle des grossen Trochanter.
Wir haben dadurch einen groben Anhaltspunkt für Auflegen der Blende. Der zweite Anhalts-
punkt, den wir bequem bestimmen können, ist die laterale Grenze des Trochanter major. Die-
selbe ist gut zu fühlen, ausserhalb derselben liegen nur Weichteile, Die laterale Seite des
Blendenausschnittes muss also über dem lateralsten Punkt des Trochanter major
plazierb sein, und eine in der Mitte dieser Seite ins Blendenlumen errichtet gedachte
Senkrechte muss mit der Verbindungslinie der oberen Trochantergrenzen laufen. Dass
man sich bei Anbringen der Blende vor allem nach dem Femur und nicht nach dem Hüftbein
richten muss, hat seinen ganz natürlichen Grund. Bei den allerwenigsten pathologischen Prozessen
hat die Pfanne ihre Position wesentlich veründert; bei vielen aber hat das proximale Femurende
eine andere meist hóhere Stellung eingenommen. Würden wir daher für Aufsetzen der Blende
Anhaltspunkte am Becken suchen, so küme es oft vor, dass das obere Femurende ausserhalb
des Blendenausschnitts geriete. Auf unsere Árt sind wir immer sicher, das ganze obere Femur-
ende bequem auf das Radiogramm zu bekommen. Medialwärts dehnt sich das Bild etwa bis
über zwei Drittel des Foramen obturatum aus. |
Wil man bei Kindern, was kaum einmal sich als nótig herausstellt, eine Blenden-
aufnahme der Hüfte anfertigen, so verwende man eine gleiche Blende wie oben, nur mit einem
Ausschnitt von 10 cm Seite. Ein kleinerer Ausschnitt ist niemals nötig.
Bei ganzen Beckenaufnahmen erhalten Pfanne und Femur ihre Strahlen von der Mitte
des Körpers her, wir bezeichnen ein Hüftgelenk dann kurz als „in medialer Projektion
aufgenommen“. Würde man aus irgend einem Grunde einmal genötigt sein, den Fokus lateral
vom Hüftgelenk aufzustellen, so würde man von „lateraler Projektion“ sprechen. Letztere
ist indessen ganz selten.
Es ist selbstverständlich, dass man bei abgeblendeten Aufnahmen einer Hüfte den
Fokus mitten über den Blendenausschnitt einstellen muss. Nicht immer ist dies ganz leicht,
doch kommt es dabei auch nicht auf Millimeter an. Viele bewerkstelligen dieses Centrieren
des Fokus mit Hilfe eines Metalllotes, ich ziehe es vor, in zwei zu einander senkrechten
Richtungen zu visieren. Diese Projektion, bei welcher die Pfanne von zur Unterlage senk-
rechteren Strahlen getroffen wird, bezeichnet man vielleicht am besten kurz mit „direkte
Projektion“.
Wenn ich noch einmal kurz rekapitulieren darf, so vollzieht sich also eine ab-
geblendete Aufnahme eines erwachsenen Hüftgelenks folgendermassen:
Patient liegt lang ausgestreckt auf einer ebenen glatten Holzbank. Zuerst sucht
man den Trochanter major und zwar seine proximalste Stelle, die bei Erwachsenen leidlich
genau durchzufühlen ist. Dasselbe thut man auf der anderen Seite; die beiden Punkte
verbindet man mit Farbstift durch eine Linie. Nun legt man eine Plattenunterlage
24><30 cm, bestehend in vier alten Platten, die in einen Bogen eingeschlagen sind, unter
die zu radiographierende Hüfte, ihre Längsseite parallel zur Körperlängsachse gerichtet.
Technik der Untersuchung. 11
Sie ragt am besten lateral um 4 cm hervor, ferner ist sie s0 postiert, dass die senkrechte Pro-
jektion des dem Kórper aufgezeichneten Striches sie halbieren würde. Jetzt schiebe man die in
doppelten Umschlag von schwarzem Papier eingeschlagene Platte auf die Unterlage, sodann
die Blende auf die Hüfte derart, dass ihre schmale Randflüche lateral sich befindet, die laterale
Seite des Ausschnitts genau über dem lateralsten Punkt des grossen Trochanters steht und
der Ausschnitt von der dem körper aufgezeichneten Linie halbiert wird. Schliesslich bringe
man das Bein in Mittellage, nicht auswärts, nicht einwärts rotiert, soweit dies angängig ist.
Anderenfalls zwinge man den Patienten nicht zu einer Haltung des Beines, die er nicht ruhig
einhalten kann, sondern gebe ihm daun die für ihn bequemste Haltung, nur notiere man sich
die Lage später auf der Platte oder sonstwo. Das Bein wird nun in seiner ganzen Länge
durch Sandsäcke — man kann deren gar nicht genug besitzen — fixiert. Dann wird die
Antikathode mitten über der Blendenóffnung, 50 cm von der Platte entfernt, eingestellt. Dem
Patienten wird jetzt befohlen, nicht nur mit dem Becken und den Beinen, sondern mit dem
ganzen Körper, also auch mit Kopf und Händen, absolut ruhig zu liegen. Es wird der Unter-
brecher und dann das Induktorium eingeschaltet. Die Röhre darf nicht zu weich sein, aber
auch nicht so hart, dass sie unruhig arbeitet; am besten ist die Röhre für Hüftaufnahmen
Erwachsener, wenn sie um ihre Anode eine gerade noch erkennbare blaue Aureole
zeigt. Die Belichtungszeit schwankt nach der Güte des Induktoriums und der Elektrizitäts-
quelle etwas. Ich belichte mit einem 45 cm-Induktor, Motorunterbrecher, 24 Volt, 3'/, Ampere,
4—6 Minuten, je nach dem Volumen der Hüfte, Steht zu befürchten, dass Patient nicht
fünf Minuten absolute Ruhe bewahren kann, dann arbeite ich mit 4!/, Ampére in drei Minuten,
weiss aber, dass mit diesen forcierteren Belastungen die Güte des Bildes abnimmt.
In der Weise, die soeben geschildert wurde, sind fast alle auf den Tafeln dieses Buches
reproduzierten Hüften Erwachsener aufgenommen (doch siehe Vorbemerkung zu Tafel 1).
Bei Ventralprojektionen wird im ganzen ühnlich verfahren, nur muss man unter
das Dorsum pedis ein paar Sandsücke applizieren zur bequemeren Lage der Beine.
Was die distalen drei Viertel des Femur anbetrifft, so ist darüber nicht viel zu sagen.
Im hüftnahen Teil wende man die Kompressionsblende an, falls man im Besitz einer
solchen ist, sonst nehme man eine gewóhnliche Bleiblende, mit rechteckigem Ausschnitt,
etwa 10><13 cm. Man versáume nie, wo man kann, zwei Aufnahmen in zwei zu einander
senkrechten Richtungen anzufertigen. Selten wird man auch hier die Ventrallage benutzen,
dagegen regelmässig die Dorsale. Ob bei den Aufnahmen mit frontaler Strahlenrichtung die
laterale oder die mediale Seite aufliegt, ist oft gleichgültig, doch hat Verfasser den Eindruck,
als wenn die Negative, bei denen die Innenfläche des Schenkels auf der Platte ruhte, durch-
schnittlich etwas besser ausfallen. Der Grund ist wohl der, dass die Adduktoren einen viel
dünneren, weicheren, nachgiebigeren Muskelwulst bilden als die lateralen Muskeln, dass infolge-
dessen die Platte sich innen noch näher an das Femur heranpressen lässt als aussen. Noch ein
anderer Vorteil kommt den medialen Lagen bei Femuraufnahmen zu: Soll das mittlere Drittel
des Femur in Aussenlage projiziert werden, dann ist entweder der andere Oberschenkel im Wege
oder er wird vom Patienten mit Mühe in einer grossen Beugung oder Streckung nach hinten
gehalten werden müssen. Ein nicht bequem liegender Patient kann aber die für gute Radio-
gramme so unerlässliche Ruhe nicht einhalten. Bei Aufliegen der Schenkelinnenfläche hingegen
ist das andere Bein niemals im Wege, es befindet sich ja unter dem zu radiographierenden.
Käme noch die Fixation der Platte in Betracht. Dass Patient letztere einfach zwischen seine
beiden Schenkel presst, ginge an, wäre aber ein unsicheres Verfahren. Am rationellsten ist
es, man schlägt einer länglichen, flachen, offenen Kiste die beiden Schmalseiten aus, so dass
man ein Möbel von folgendem [ | Durchschnitt erhält, das am besten einen Meter lang
ist. Das gesunde Bein ruht unter der Rinne, die Platte und darüber das kranke Bein auf
derselben. So liegt Patient bequem, infolgedessen ruhig und kein Körperteil ist im Wege;
somit sind auf diese Weise alle Bedingungen für gute Aufnahmen geboten.
2%
12 Normale Anatomie.
Walter (1897) ,Die Diagraphie des Hüftgelenkes Erwachsener gehórt unstreitig zu den
schwierigsten Aufgaben der Róntgentechnik ... Die zweckmässigste Lage ist diejenige, bei welcher die
Person mit der betreffenden Körperseite schräg rücklings auf die Platte gelegt wird, so dass ihre Frontal-
linie etwa einen Winkel von 30° mit der letzteren bildet, während zugleich das betreffende Bein im
Hüftgelenk selbst möglichst nach. innen gedreht werden muss ... Die (beigegebene) Figur (der Hüfte
eines 3ljährigen gesunden Mannes) zeigt, dass sich sogar die Fossa pro ligamento terete an demselben
sehr gut zu erkennen giebt.“
Appunn (1897) bringt in den „Fortschritten“ eine wunderbar gelungene Aufnahme der Hüften
eines Erwachsenen, wie sie auch heutzutage kaum besser hergestellt werden kaun.
Büttner und Müller (1897). ,Schwieriger darzustellen sind das Schulter- und das Hüftgelenk,
doch wird die deutliche Abbildung beider selbst bei Erwachsenen mit Induktorien von nur 15—20 cm
Schlagweite auf der photographischen Platte niemals mehr fehlschlagen.*
Hofmeister (1898). „Die von Walter kürzlich für die Aufnahme des Hüftgelenks gegebene
Vorschrift, welche zweifellos für die Strahlenwirkung günstige Bedingungen schaftt, hat für die ärztliche
Praxis den Nachteil, dass sie die gleichzeitige Kontrolleaufnahme der anderen Seite ausschliesst.*
Hofmeister (189). „Die genaue Einstellung der Lampe über einen gewünschten Punkt
erfordert grosse Sorgfalt, das blosse Augenmass (Visieren in zwei zu einander senkrechten Richtungen)
genügt dazu absolut nicht, dagegen hat sich mir die Benützung eines konisch zugespitzten Senklutes als
ebenso einfaches wie zuverlässiges Mittel bewährt, das ich nur dringend empfehlen kann. Um später im
Bild den fraglichen Punkt, um den als Centrum sich das ganze übrige Bild gruppiert, bestimmt wieder
zu finden, braucht man nur seine Entfernung von zwei aneinanderstossenden Seiten der Kassette (bei der
Aufnahme) zu bestimmen oder aber man klebt an der durch das Lot bestimmten Stelle ein kleines Blei-
plättchen auf die Kassette, so dass die Strahlen selbst uns die gewünschte Marke auf die Platte zeichnen.“ —
„Im grossen und ganzen bin ich übrigens, wie ich hier hervorheben möchte, von meiner früheren
Ansicht, dass die Bauchlage für Beckenaufnahmen vorzuziehen sei, zurückgekommen... Nur für die
Diagnose der Coxa vara scheint mir auch heute noch die Aufnahme in Bauchlage zuverlässigere Resultate
zu liefern.“
Gocht (1898). „Während in der ersten Zeit die Röntgographie des Bauches, Beckens und der
Hüftgelenke wegen der wenig intensiven Lichtrerhältnisse nicht möglich war, sind wir im Laufe der Zeit
so weit gekommen, nicht allein von Kindern und dünneren Personen, sondern auch von Erwachsenen und
Wohlbeleibten gute und brauchbare Bilder herzustellen, wenigstens soweit es sich um die knöchernen
Bestandteile dieser Regionen handelt."
Beck (1902). ,Das Hüftgelenk tritt am besten hervor, wenn man den Schenkel des in Rücken-
lage befindlichen Patienten etwas nach einwärts drehen lässt.“
Normale Anatomie.
Pfannenpartie.
Was die Entwickelung der Hüfte während des fötalen Lebens anbetrifft, so muss
bezüglich der Einzelheiten auf die meisterbafte Schilderung von Lambertz im Band I dieses
Archivs hingewiesen werden. Hier seien in gedrüngtester Kürze die Hauptmomente aufgeführt.
Der erste Knochenkern bildet sich in der neunten Woche am llium in der Gegend der
Incisura ischiadica major und nahe der Pfanne. Derselbe vergróssert sich, etwa nierenförmige
Gestalt annehmend, in der Richtung nach vorn oben. Etwa eine Woche später tritt dicht
hinter diesem ein zweiter Ossifikationsherd auf, welcher am Ende der zwölften Woche mit
ersterem verschmolzen ist. Anfang des vierten Monats kommt ventral ein dritter Knochenkern
im Darmbein zum Vorschein, der sich sehr bald mit dem anderen vereinigt. Die Lage dieser
beiden letzten Knochenkerne entspricht den Spinae ilei posterior inferior und anterior inferior.
In den Röntgenbildern sind die kleineren Ossifikationszentren des Ilium, da die Aufnahme in
situ zu ungünstige Verhältnisse bietet, nicht erkennbar.
Normale Anatomie. 13
Gegen Anfang des fünften Monats entsteht im absteigenden Aste des Sitzbeins ein
Knochenkern. Der erste Kern des Schambeins wird gegen den sechsten Monat sichtbar und
zwar im Ramus horizontalis. Zur Zeit der Geburt sind Acetabulum, Spina ischiadica, Tuber ischii,
aufsteigender Sitzbeinast und Darmbeinkamm noch nicht verknóchert.
Etwas anders lauten die Untersuchungsresultate von Ludloff. Er spricht von drei
wohlcharakterisierten Knochenkernen der Pfanne beim Fötus resp. Neugeborenen. Nur der
obere hintere Quadrant des Pfannen-
cavum und die obere Hälfte des
hinteren Pfannenrandes bleiben bis
zur Geburt rein knorpelig. -
Wie dem auch sei, jedenfalls
schieben um die Zeit der Geburt sich
die drei Knochenkerne des Os ilei, os
pubis und os ischii mehr und mehr
in den Pfannengrund vor und zwar
ziemlich gleichmässig, s. Fig. 1. Die
Verknöcherung schreitet in den ersten
Lebensjahren langsam vorwärts, bis
im zwölften man noch bei jedem
Individuum Epipbysenfugen der Pfanne
findet; im 17. Jahre sind sie regel-
mässig verknöchert.
Gegenbaur sagt in seinem
„Lehrbuch der Anatomie des Men-
schen“ IV. Aufl., 1. S. 290: „Die Ver-
knöcherung beginnt perichondral am
Ilium und später an den beiden anderen
Abschnitten, an den der Pfanne nähergelegenen Teilen. Bei der Geburt ist ein grosser Teil
der Peripherie des Darmbeins, dann der Pfannenrand, sowie die ganze untere Begrenzung des
Foramen obturatum, vom Tuberculum pubicum bis zum Tuber ischii knorpelig. Am Boden
der Pfanne rückt die Ossifikation allmählich von den drei Teilen aus vor, so dass diese in einer
dreiteiligen Figur aneinander grenzen. Im 8.—9. Jahre sind Scham- und Sitzbein distal ver-
schmolzen. Erst mit der Pubertüt synostosieren die drei Knochen an der Pfanne. In den
knorplig gebliebenen Teilen treten Knochenkerne auf. So am Tuber ischii, im Symphysenende
des Schambeins, in der Crista des Darmbeins, in der Spina iliaca anterior inferior. Die Ver-
schmelzung dieser Kerne mit dem Hauptstück erfolgt erst gegen das 24. Jahr.“
Letztere Untersuchungen waren rein anatomische. Besprechen wir nun, wie sich diese
knöchernen Partien des wachsenden lebenden Menschen in den gebräuchlichen Röntgen-
projektionen ausdrücken und wie sie zu deuten sind. Da wir am Lebenden keine Aufnahmen
der Hüften in frontaler Strahlenrichtung mit Gewinn anstellen können, so komplizieren sich
hier die am Präparate so leichten Untersuchungen ganz enorm. Denn da bei der üblichen
Position des Röntgenröhrenfokus über der Medianlinie des Körpers vordere obere und hintere
untere Pfannenhälfte sich im Bilde beinahe vollständig decken, bedarf es einer Unmenge Auf-
nahmen am Lebenden und in gleicher Projektion am Skelett, um die Verhältnisse klar zu stellen.
Nehmen wir zunüchst einmal das Röntgenbild einer Hüfte von einem 16 Monate alten
Kinde (s. Textfigur 2A). Von den in Frontalaufnahme am Präparat so schön auseinander-
liegenden ossifizierten Partien jedes der drei Hüftbeinknochen fallen hier zwei zum Teil
übereinander, das proximale mediale Ende des absteigenden Sitzbeinastes und das laterale
Ende des horizontalen Schanıbeinastes. Infolgedessen kann die Breite des Knorpels zwischen
Scham- und Sitzbein an der Pfanne nicht erkannt werden. So verborgen dieser Knorpel
Fig. 1.
Hüftknochen eines sechs Tage alten Kindes.
14 Normale Anatomie.
bleibt, um so günstiger ist die noch knorpelige Partie zwischen Schambein und Darmbein
gelegen; sie kann ganz überschaut werden und ist in diesem Alter bis 1 cm breit. Die noch
nicht verkalkte Pfannenpartie an der Begrenzungsstelle von Darmbein und Sitzbein liegt eben-
falls offen da, nur die Femurkopfepiphyse liegt in ihrem Bereich, stórt aber die Übersicht nicht.
Eine Begrenzung der Pfanne nach
aussen ist hierbei im Radiognamm
nicht vorhanden, da Knorpel und
Weichteile dieselbe Transparenz für
Réntgenstrahlen haben. Wir sehen
also in unserer Figur zwischen
Darmbeinknochen einerseits und
Sitzbein-Schambeinknochen anderer-
seits eine lichte Partie von der
Gestalt eines Trichters mit weitem
Rohr, im Kegel des Trichters den
Schatten des Caput femoris. Der
Pfannenrand der oberen Hälfte
| weist noch keine Verknécherung
"NS "s auf. Die obere laterale Grenze
unserer Trichterfigur entspricht dem
Pfannengrund, besser dem oberen Quadranten des Acetabulum. Der Kontur des unteren
Pfannenquadranten ist ebenfalls angedeutet. Ausserhalb desselben findet sich aber noch eine
Schattenpartie mit stumpfwinkliger Begrenzung. Sie kann nur dem Pfannenrande angehören,
und zwar nur dem hinteren, da ja vorn unten gar kein eigentlicher Pfannenrand, sondern die
Incisura acetabuli in dem Wege der Strahlen liegt.
Betrachten wir sodann die Hüftgelenksaufnahme eines viereinhalbjährigen Kindes (Fig. 22).
Der Knorpelteil zwischen Darmbein-Schambeinknochen misst im Bild nur noch 3—4 mm Breite.
Die Ossifizierung ist also ein tüchtiges Stück vorwürts gegangen. Der hintere untere Pfannen-
rand hat ein wenig nach oben zugenommen. Sein Konturwinkel nähert sich einem Rechten.
Die Hauptveründerung aber ist an der oberen Partie der Pfanne vor sich gegangen. Dort ist ein
neuer Schatten aufgetaucht, der mit dem Pfannengrundkontur eine grobelliptische Zeichnung bietet.
Auch hier kann es sich nur um Pfannenrand handeln, es ist nur die Frage, ob vorderer oder
hinterer. Auf manchem Radiogramm viel älterer Kinder findet man zuweilen den Schatten
nicht. Nach meinen Erfahrungen tritt er zwar bei den verschiedenen Individuen zu sehr ver-
schiedenen Zeiten auf, doch ist zu bedenken, dass er bei gewissen Becken- und Róhrenstellungen
in den Schatten des Pfannendaches füllt. Aus der weiteren Entwickelung dieses Pfannenrand-
schattens ergiebt sich, dass er nur der hinteren Partie der oberen Pfannenhilfte zuzuschreiben
ist. Das kann man ferner auch daraus erkennen, dass der betreffende Schattenstreifen breiter
wird, wenn man den Fokus mehr distal lateral vom Gelenk stellt. Rührte er vom vorderen
oberen Pfannenrand her, dann müsste er bei solcher Fokalposition verschwinden.
Die Grenzlinie dieses Schattens gegen die noch knorpelige Partie zu ist übrigens selten
eine scharfe Linie, meist ist sie unregelmässig zackig und hóckerig. Es muss dies besonders
betont werden, da diese Unregelmässigkeiten oft für tuberkulöse Prozesse u. dgl. angesprochen
werden, während es sich um vollständig normale Verhältnisse handelt. Dabei soll nicht be-
stritten werden, dass bei Tuberkulose diese Knochenpartie noch unregelmässiger wird.
Der Winkel nun, den diese letztbeschriebene Begrenzung mit der Grenzlinie des unteren
hinteren Pfannenrandes bildet, wird von Jahr zu Jahr enger und kann im 13. Lebensjahr nur
noch eine schmale Fuge sein, die im Röntgenbild dann die gerade Fortsetzung der Fuge
zwischen llium und Pubicum bildet, welch letztere übrigens auch von Jahr zu Jahr schmäler
wird. Im 18. Jahre sind in der Regel keine Fugen mehr zu entdecken.
Normale Anatomie. 15
Verfasser kann nicht unterlassen hier zu betonen, dass die Ossifizierung der Pfanne
bei den verschiedenen Individuen sehr erheblich verschieden vor sich geht. Es scheint mir
kaum ein Gelenk des Menschen zu geben, bei welchem die Verknócherungsetappen so schwankende
zwischén gleichaltrigen Individuen sind, wie bei der Pfanne. Daher erklüren sich auch die ver-
schiedenen Angaben der Anatomen und Röntgenologen.
Was den vorderen Rand der Pfanne anbetrifft, der bisher noch wenig erwähnt wurde,
so ist derselbe röntgenologisch wohl praktisch bedeutungslos. Es ist vergebliche Mühe, beim
Lebenden auf der Platte einen Kontur der vorderen oberen Pfannenbegrenzung erhalten zu wollen.
Er kommt nicht zum Vorschein. Selbst bei einfachen Aufnahmen des skelettierten Beckens
ist es ein Zufall, wenn die vordere Begrenzung der Pfanne radiographisch hervortritt. Ab-
sichtlich kann man es schliesslich bewerkstelligen, wenn man bei Dorsalaufnahme die Antıi-
kathode noch jenseits der anderen Hüfte, bei Ventralaufnahmen weit lateral von der zu radio-
graphierenden Pfanne aufstell. Am Lebenden aber kommen diese Projektionen gar nicht in Be-
tracht. In solchen Projektionen würde der vordere obere Pfannenrandangulus auch den Rand des
ganzen Knochenschattens bilden und nur deshalb zum Ausdruck kommen. Bei den gebräuch-
lichen Projektionen aber, medial, direkt über und etwas lateral vom Gelenk fällt dieser Teil in
den Schatten der hinteren Pfannenhülfte und des Femurkopfes. Man sollte nun meinen, dass
ein so krüftiger, kompakter Knochenwulst, wie die Stelle zwischen Eminentia ileopectinea
und Incisura acetabuli, das sog. Supercilium acetabuli, sich durch einen sehr kraftigen dunklen
Schatten von den anderen Knochenteilen abheben miisste. Das ist aber durchaus nicht der
Fall. Gerade dieser Teil enthält recht zarte Spongiosabälkchen und giebt selbst bei Ventral-
aufnahmen der leeren Pfanne mit medialer oder senkrechter Projektion einen kaum noch
erkennbaren strichförmigen Schatten der Kante des Pfannenrandes. Bei gewissen Versuchs-
anordnungen, Ventralaufnahmen bei verkleinerter Beckenneigung mit lateraler Projektion, wie
z B. Textfigur 3 und Tafel II Fig. 15, kann der betreffende Kontur bei leerer Pfanne einmal
leidlich zur Geltung kommen. Befindet sich jedoch der Kopf in der Pfanne, dann ver-
schwindet der vordere obere Pfannenrand im |
Róntgenbilde schon am Skelett, und erst recht
am Lebenden. Bei leerer Pfanne am Leben-
den, also bei traumatischer Luxation, nach
Resektionen etc, habe ich mich bisher ver-
geblich bemüht, die vordere obere Pfannen-
randbegrenzung zu erkennen. Die Einmün-
dungsstelle der Incisura acetabuli bleibt eben-
falls verborgen (cf. Tafel IL, Fig. 23 und
Tafel VIII, Fig. 7).
Wenden wir uns weiter zur Pfannen-
partie des ausgewachsenen Menschen,
zur Deutung seiner radiographischen Zeich-
nung. Machen wir zunächst einmal eine
Dorsalaufnahme, bei welcher die Antikathode
50 cm über der Platte und senkrecht über der
Medianlinie des Körpers steht; dann erhalten
wir folgendes Bild: Textfigur 4 und Tafel II,
Fig. 13. Wir erkennen da im Bereich des
ganzen Knochenschattens ein paar Linien,
deren Herkunft sehr einfach zu sein dünkt,
es aber durchaus nicht ist.
Über die Begrenzungslinien des
Foramen obturatum, des Sitzbeins, des hori-
16 Normale Anatomie.
zontalen Schambeinastes, des Beckeneingangs besteht kein Zweifel. Auch die Spina ischiadica ist
zu erkennen, obwohl sie in unserem Falle in den Schatten des horizontalen Schambeinastes gefallen
ist. Bei stärkerer Beckenneigung fällt sie in das Bereich des Beckenlumens und kontrastiert
kräftig gegen den transparenten Hintergrund. Kollidiert ihre Silhouette am Lebenden mit der
des Os pubis, so tritt sie selten genügend deutlich hervor (cf. z. Besp. Tafel II, Fig. 1).
Was die ein paar Male leicht gekrümmte Verbindungslinie zwischen den beiden Enden
des grossen halbkreisförmigen, etwas
abgeflachten dunkeln Bogens anbetrifft,
so genügt ein Blick auf ein Becken-
skelett, um zu überzeugen, dass dies
die äussere Grenze der hinteren Hälfte
des Pfannenrandes vorstellt, und dass
die ziemlich homogene Fläche zwischen
dem Bogen und der Sehne (Textfigur 4)
der radiographische Ausdruck für die
hintere Pfannenhälfte ist.
Von der vorderen Pfannenhälfte
ist nicht die geringste Andeutung vor-
handen, auch im detailreichen Original-
negativ nicht. Man könnte zwar ohne
nähere Untersuchung geneigt sein, den
dunklen grossen Bogen selbst für den
vorderen Pfannenrand zu halten und
den sich unten medial anschliessenden
retrograden kleinen Bogen für den Wulst
des Corpus pubicum am oberen vorderen
Pfannenrand.
Die Probe auf die Richtigkeit
dieser Vermutung zu machen, ist nicht
schwer. Man belegt am Hüftskelett
die vordere Pfannenrandkante mit Blei-
draht, den man mit gummiertem Papier
anheftet. Ein jetzt angefertigtes Röntgenbild beweist, dass der Bleidrahtschatten nirgends
zu dem grossen oder kleinen Bogen Bezug hat. Legt man aber annähernd in einer zur Richtung
des mittelsten Strahles senkrechten Ebene dem Pfannencavum einen Bleidraht dicht an, so deckt
sich derselbe annähernd mit der besprochenen grossen Bogenzeichnung. Auch aus den schon
bei Beschreibung des wachsenden Beckens gemachten Ausführungen erhellt, dass der grosse
Bogen demjenigen durch die Pfanne gelegten Durchschnitt entspricht, der senkrecht zur Richtung
des mittleren einfallenden X-Strahles ausgeführt zu denken ist. Dieser Bogen ist in der Mitte
auf eine ca. 2 cm lange Strecke abgeflacht und weniger kräftig angedeutet, nämlich an der
Stelle, wo die Fossa acetabuli sich befindet. Dieselbe scheint keine platte feste Corticalis zu
haben, sondern man sieht hier, wie das Skelett zeigt, auf eine siebförmige rauhe Knochen-
fläche. Nach unten aussen zu verschwindet die Intensität des Bogenkonturs fast ganz. Hier
erwartet man es eigentlich am wenigsten, da der vordere untere Teil der Facies lunata am
Skelett einen recht massiven Eindruck macht. Thatsächlich dokumentiert sich auch dieses Ende
der Facies lunata zuweilen, selbst beim Lebenden.
Beschäftigen wir uns nun mit einem anderen wichtigen Punkte. Medial von diesem
grossen lateralwärts offenen Bogen schliesst sich eine andere, nach oben offene, sehr lang-
gezogene bogenfórmige Figur an, etwa von der Form eines herabfallenden Wassertropfens oder
einer sogenannten Glasthrüne (s. auch Textfigur 5.4). Das Wesen derselben ist nicht ohne
Fig. 4.
Pfannenpartie. 17
weiteres klar, so konstant man sie auf den meisten Bildern zu finden pflegt. Um ihre genaue
Lokalisation zu bestimmen, griff ich wieder zu dem Mittel des Bleidrahtes und markierte mir
damit alle móglichen vorspringenden sichtbaren Leisten ventral, dorsal, lateral und medial.
Dann wurden stereoskopische Aufnahmen in allen móglichen Richtungen gemacht mit dem
Resultat, dass keine Linie dieser Thränenfigur einem äusseren Vorsprung, Leiste oder Kante
markiert, sondern diese Gebilde entweder innerhalb der Knochenmassen liegen oder zum Teil
Flächen entsprechen müssen, die in der Strahlenrichtung verlaufen.
Sieht man eine erhebliche Anzahl seiner Becken- bez. Hüftradiogramme auf diese Zeich-
nung hin durch, so konstatiert man folgendes: Bei Aufnahmen kindlicher Becken findet man,
ausser bei den meisten Fällen kongenitaler Luxation, die fragliche Zeichnung konstant, wenn
auch zuweilen mit leicht veränderter Form. So ist die Strecke c e bei Kindern weniger medial
eingedrückt, «5 und c e verlaufen mehr parallel (cf. B Fig. 5). Bei Kindern von ca. 4 Jahren
sind diese letztgenannten Linien sogar relativ entfernt voneinander verlaufend wie C Fig. 5
und Tafel I, Fig. 5 demonstrieren. Mit den nächsten Jahren nähern sie sich bald mehr, bleiben
dann ziemlich konstant und mit Abschluss des Wachstums nehmen sie die zuerst bei A ge-
brachte Figur an. Die Durchlässigkeit des Knochengefüges zwischen den beiden dunkel-
schattigen Schenkeln ist für Röntgenstrablen eine ziemlich grosse, so dass die ganze Er-
scheinung wegen ihrer Kontraste sehr auffällt. Dabei ist es bei Kindern ziemlich gleichgültig,
ob die Aufnahme in Bauch- oder Rückenlage geschehen ist.
Anders bei Erwachsenen. Hier findet sich die Thränenzeichnung lange nicht so regel-
mässig wie bei Kindern. Hier kommt sie nur bei gewissen Projektionen vor. Wer seine
Pfannenradiogramme daraufhin mustert, wird gewahr, dass die fragliche typische Erscheinung
nur bei denjenigen Hüftaufnahmen Erwachsener angetroffen wird, welche bei Dorsallage an-
gefertigt wurden und bei welchen der Röhrenfokus mitten über der Mittellinie des Körpers
gestanden hat, also vor allen bei ganzen Beckenaufnahmen und bei denjenigen einseitigen
Hüftnegativen, wo aus irgend einem Grunde die Antikathode nicht senkrecht tiber dem Gelenk,
sondern ebenfalls medialwärts davon postiert war. Hat man ferner, was allerdings selten vor-
kommen dürfte, eine ventrale Hüftaufnahme gemacht, bei welcher der Fokus absichtlich lateral
vom Gelenk, also senkrecht über einem Punkte ausserhalb des Körpers, seinen Platz hatte, so
wird man auch auf solchem Negativ die betreffende Thränenfigur, wenn auch unterbrochen,
entdecken. Ein Skelettbild, bei welchem letztere Versuchsanordnung statthatte, ist Textfigur 3,
der untere kleine Halbkreis bc indessen verschwindet dabei zum Teil (cf. Fig. 15, Tafel II).
Auf allen anderen Hüftnegativen Erwachsener aber, also bei Dorsallage und Anti-
kathodenposition direkt über oder etwas lateral vom Gelenk, ferner bei Ventralaufnahmen
Erwachsener mit medialer und direkter Röhrenstellung bleibt die Thränenzeichnung aus. Dafür
sind andere Linienanordnungen im Bereich der Hüfte zu sehen, die zunächst beweisen, dass die
sogenannte Thränenfigur aus mindestens zwei ganz verschiedenen Teilen besteht, die keine
weitere Beziehung zueinander haben, sondern auf den meisten Radiogrammen — wie erwähnt
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 3
18 Normale Anatomie.
den kindlichen Beckenbildern und den Dorsalbildern Erwachsener bei medialer Projektion —
ein zusammenhängendes Ganze nur vortäuschen. Auf den anderen Radiogrammen konstatieren
wir nämlich, dass sich die Strecken a b einerseits und b c d e anderseits gegenseitig nicht nur
überdecken, sondern auf vielen Bildern in der Nähe von d sogar kreuzen (cf. D und E Fig. 5),
so dass ab zum Teil lateral von 5 c d e projiziert wird.
Wenn ich auch noch zur besseren Klarstellung auf die Tafelbilder verweisen darf, so
finden Sie die thränenförmige Zeichnung am deutlichsten ausgeprägt in den Fig. 3, Tafel I
und Fig. 3, Tafel V und Fig. 7, Tafel V. Ihre beiden grossen Bestandteile decken sich in den
Fig. 2, Tafel I, Figg. 1, 2, 3, Tafel II, ferner Fig. 4, Tafel IX und bei vielen anderen ist dies
mehr oder weniger deutlich zu erkennen. Ihre beiden Teile haben sich vollstándig gekreuzt,
so dass die unteren Enden umgekehrt stehen, in den Fig. 1, Tafel I, Fig. 10, Tafel IT, Fig. 4,
Tafel I und mehr oder weniger deutlich in manchen anderen.
Da wir gefunden hatten, dass die beiden annühernd gleichlaufenden Strecken ihre Stellung
zueinander ändern, wenn der Fokus in einer durch das Hüftgelenk gelegt gedachten Horizontal-
ebene verschoben wird, so folgt daraus zunächst, dass die den fraglichen Schatten entsprechen-
den Gebilde in zwei verschiedenen zur Platte parallelen Ebenen gelegen sein müssen; und zwar
muss nach den oben dargelegten Verhältnissen die gebogene Strecke Dede der Platte ferner
zu suchen sein als die geraden Strecken a 5!). Von dem grossen Bogen jener Strecke war oben
festgestellt worden, dass er der Stelle der Pfannenwand entspricht, welchen eine senkrecht zum
projizierenden Strahl durch die Mitte der Pfannenhohlkugel gedacht gelegte Ebene schneiden
würde. Nennen wir diesen Bogen kurz den Bogen der Pfannenhóhlung. Bei medialer
Fokusstellung würde solche Ebene von hinten medial nach vorn lateral die Pfanne durch-
schneiden. Bei direkter Projektion (s. S. 10 unten) würde solche Ebene parallel zur Platte
verlaufen und eine etwas ventralere Partie der Pfannenhóhlung auf der Platte markiert werden
(bei lateraler Projektion eine noch ventralere).
Versuchen wir jetzt, indem wir uns die Deutung des kleineren unteren Bogens bc noch
vorbehalten, den grossen geraden Kontur «a b zurechtzulegen. Auf einzelnen Bildern setzt sich
derselbe weit nach unten fort (Textfigur 5, @), mitunter können wir ihn bis an den Winkel des
Foramen obturatum verfolgen, wo der Ramus inferior des Os ischii beginnt.
Führt man einen frontalen Sägeschnitt durch die vordere Partie der Pfanne einer
Leiche (eines ausgewachsenen, nicht hüftkrank gewesenen Menschen) so erhält man die thränen-
förmige Zeichnung in ganz idealer Weise, s. Fig. 9, Tafel I. Auf diesem Präparat (es ist die
dorsale Körpermasse, die Sägefläche lag der Platte auf) haben wir zunächst den strikten
Beweis, dass der grosse Bogen nicht dem vorderen Pfannenrand entsprechen kann — denn
dieser ist ja abgesägt — sondern der Aushöhlung des Acetabulum entsprechen muss. Wir
konstatieren sodann weiter, dass auf diesem Präparat der gerade Strich sich nach unten ins
Sitzbein weit herab am Foramen obturatum fortsetzt, dass das ihm entsprechende Gebilde
nicht innerhalb der Beckenknochen gelegen sein kann, sondern eine Stelle der Wand des
kleinen Beckens bildet.
Wären wir somit einen Schritt weiter gekommen, so bleibt noch folgendes zu bedenken:
Es ist oben festgestellt worden, dass die Gebilde, deren radiographischer Ausdruck jene Thränen-
figur ist, in zwei verschiedenen Frontalebenen liegen müssen. Dieser Sägeschnitt scheint jene
Behauptung zu widerlegen. Es müsste aus seinem Röntgenbild auch noch die Folgerung ge-
zogen werden, dass, weil diese Gebilde hier in einer Frontalebene liegen, sie nie und nimmer
bei Aufnahmen mit sagittalem Strahlengang übereinander fallen oder sich kreuzen können.
Wir sind also in der Deutung dieses Striches immer noch nicht am sichern Ziel. Wir müssen
!) Zuweilen kommen auch Figuren zustande, wie bei F, Textfigur 5, z. Besp. bei Fig. 4, Tafel V.
Die hier annáhernd gerade, am weitesten nach links gelegene Linie entspricht der direkt sagittal pro-
Jizierten Incisura ischiadica minor und Spina ischiadica, wie auch aus Fig. 3 derselben Tafel abzuleiten ist.
Pfannenpartie. 19
jetzt annehmen — und das ist eine sehr natiirliche Annahme —, dass in diesem betr. Radio-
gramm die gerade Strecke nicht einem dünnen Corticaliszuge, sondern einer grósseren in der
Strahlenrichtung gelegenen Wandflüche entsprechen wird. Es würde also ein zweiter dorsalerer
zu diesem paralleler Frontalschritt ein ähnliches Bild ergeben, nur der Pfannenhöhlenbogen
würde etwas näher oder entfernter von dem geraden Strich sein.
Nach den Projektionsgesetzen ist folgendes bekannt: Wird eine Hohlkugel oder ein
Hobhlcylinder oder Teile solcher in das Bereich von Röntgenstrahlen gebracht, so erhält man
keinen einfachen kugelförmigen bez. rechteckigen Schatten, sondern der Teil der Kugelmantel-
bez. Cylinderwand, welcher den tangentialen Strahlen ausgesetzt ist, markiert sich auf der
Projektionsfläche nicht als Linie, sondern als dicker Strich (je nach dem Durchmesser der
Wandung) gegen den transparenteren Schatten der übrigen Fläche. Diese Verhältnisse lernt
jeder Radiologe an den ersten Röhrenknochenaufnahmen kennen. An der Pfanne liegen die
Verhältnisse natürlich genau so, denn wir haben hier annähernd eine Halbkugel, und die Cor-
ticalis der Pfanne ist die Wand der Kugel. Bei der Pfanne wird also immer der von den
tangentialen X-Strahlen getroffene Mantelteil als annühernd halbkreisfórmiger Strich auf die
Platte geworfen; mit jeder Veränderung der Röhrenstellung also eine andere Mantelpartie,
also immer diejenige, welche dabei den tangentialen Strahlen ausgesetzt ist.
Nach diesem Projektionsgesetz wechselt also der abgebildete Teil der Pfannenhöhlung
immer mit der Röhrenstellung; d. h. die auf den Radiogrammen imponierende halbkreisförmige
Zeichnung entspricht z. B. bei Dorsalaufnahmen und medialer Röhrenstellung einem anderen
Durchschnitt der Pfanne, als bei direkter oder lateraler Projektion. Daraus folgt, dass also
das Gebilde, dessen radiographischer Ausdruck der grosse Bogen ist, verschiedenen Frontal-
ebenen angehört, also einmal auf eine Ebene mehr ventral, das andere Mal mehr dorsal zu
beziehen ist. Daraus resultiert endlich, dass der grosse Bogen auch einmal am nichtdurchsägten
Becken den geraden Strich im Projektionsbilde berühren, ihn sogar kreuzen kann — wenn
letzterer einem strichförmigen Gebilde entspräche.
Hier entsteht wieder ein neues Dilemma, denn wir haben oben angenommen, dass diese
gerade Strecke der Thränenfigur resp. ihrer Variationen kein strichförmiges Gebilde, sondern
eine Wandpartie des kleinen Beckens ist. Der Beweis, dass dem so ist, wird erbracht, indem
man in ein knóchernes Becken innen gegenüber der Pfanne eine photographische Platte bringt
und von aussen die Pfanne radiographiert. Da findet man eine sehr zarte gleichmässige Struktur
von zur Kórpersenkrechten um 45 Grad geneigten, sich rechtwinklig durchschneidenden
Spongiosabálkchen; aber von einem kompakteren massiveren strichfórmigen Etwas ist nichts
zu entdecken. Also muss es sich bei a b, Fig. 5.4, um ein ausgebreiteteres flüchenartiges
Gebilde handeln.
Nun ist die hinter der Fossa acetabuli gelegene Wandpartie des kleinen Beckens
ziemlich plan, ohne eigentliche Krümmung. Sie fällt wohl bei medialen Dorsalaufnahmen
ungefähr in die Strahlenrichtung, ihr radiographischer Schatten könnte also schon einen geraden
Strich bilden und dem Strich a b der Thránenfigur entsprechen.
Nun giebt allerdings eine genau in der Strahlenrichtung gelegene Wand einen scharfen
Schattenstrich; wird aber solche Wand etwas schräg getroffen, dann ist es mit dem scharfen
strichförmigen Schatten vorbei, es entsteht ein breiter, weniger dichter bandförmiger Schatten;
desto breiter und blasser, je mehr sich die ihn durchdringenden Strahlen dem rechten
Winkel nähern.
Der betr. Strich im Beckenradiogramm bleibt sich aber in ganz verschiedenen Projektionen
immer gleich. Demnach kann hier der Gegenstand, der bei verschiedenen Projektionen immer
einen gleich schmalen Strich (als Schatten) liefert, keine plane Knochenwand sein, sondern
muss einer gekrümmten Partie entsprechen. Erst dann ist es möglich, dass die beiden über
verschiedene Frontalebenen sich erstreckenden Gebilde immer schmale strichförmige Schattenrisse
ergeben.
8*
20 Normale Anatomie.
Zum besseren Verstündnis muss ich einige grobschematische Skizzen beifügen, Fig. 6.
Der grosse Kreis in denselben entspricht einem Horizontalschnitt durch die Pfanne, der kleine
einem Horizontalschnitt durch eine angenommene gekriimmte Flache, welche, wie nach früheren
Ausführungen anzunehmen ist, bei Dorsalaufnahmen zwischen Pfanne und Platte liegen muss
Bei A ist eine mediale Projektion angenommen, der Fokus ist über der (in der Figur
nicht markierten) Linea alba zu denken. Von der Wand der Pfanne K kommt die Partie, die
zwischen den tangierenden Strahlen liegt, als kräftiger Schatten bei X, zum Ausdruck, von
der anderen gekrümmten Wand & liegt der entsprechende Schatten k, medial von X, ; bei direkter
Projektion B fallen die Schatten ungefähr aneinander, bei C, wo der Fokus lateral vom Hüft-
gelenk zu denken ist, steht der Schatten k, rechts und K, links, also gerade umgekehrt wie
bei A. (FC bei A markiert den Durchschnitt der mittleren Sagittalebene.)
Auf Figur 5 bezogen, entsprechen die dortigen Zeichnungen A, B, C der Projektion A
in Figur 6; die Zeichnung D der Projektion B in Figur 6, und die Zeichnung E Figur 5 der
Projektion C in Figur 6.
Wenn nun vorhin angenommen werden musste, dass der gerade strichförmige Schatten
ab von einer gekrümmten Fläche dorsal vom Acetabulum herzuleiten ist, von einer Fläche, die
F F
K ko
Fig. 6.
ausserdem unten bis ans Foramen obturatum und oben an die Linea terminalis sich auszudehnen
scheint, so findet man am Skelett nur eine solche Partie und das ist die Stelle der kleinen
Beckenwand, welche in die Krümmung zur Spina ischiadica übergeht. Hier haben wir eine
anatomisch nicht begrenzte, aber etwa als gleichschenklig dreieckig auzunehmende Fläche —
ihre Spitze die Spina ossis ischii, ihre Basis etwa vom Tuber ischii bis zur Mitte der Incisura
ischiadica major sich erstreckend — die ihrer Kriimmung nach ein ausgebrochnes Stück aus
einem Cylinder darstellen kénnte.
Wenn unsere Kalkulation richtig ist, dann muss, wie ein Blick auf das Becken lehrt,
Pfannenpartie. 21
bei ultramedialer Róhrenstellung der betreffende Strich sich in der Breite auflósen, wie in H,
Fig. 5, beziehentlich ganz verschwinden, weil dann die betreffende gekrümmte Flüche fast
direkt von innen getroffen wird. Das ist nun thatsáchlich der Fall, wie Fig. 7 zeigt. Das
linke Bild derselben ist eine dorsale Medialaufnahme; bei dem rechten aber stand der Röhren-
fokus senkrecht und nahe über der anderen Pfanne. Wir erkennen auf diesem rechten Bild sehr
schön, wie sich der auf dem linken noch kräftige einfache Strich hier in viele zarte gleich-
laufende Striche auflöst. (Diese beiden Radiogramme bieten übrigens ein stereoskopisches Bild.)
Der gerade lange Strich ab der Thränenzeichnung resp. ihrer Varianten entspricht also
der Wandstelle des kleinen Beckens, welche nahe vor der Spina ischiadica sich flachzylindrisch
gekrümmt von der inneren Tuberischiikante aus nach der tiefsten Einbuchtung der Incisura
ischiadica major hinzieht. Diese Partie ist also in Fig. 6 bei k schematisiert im Horizontal-
durchschnitt.
Der Strich entspricht aber nicht, wie man aus Fig. 3, Tafel I folgern könnte, der weiter
ventral gelegenen Partie des Beckeninnern medial der Fossa acetabuli. Der Schatten dieser planen
Fig. 7 (Figg. 11 u. 12, Tafel II).
Beckenwandpartie ist allerdings bei dorsalen Medialaufnahmen sicher auch mit in dem Strich ab
enthalten, aber bei direkten und lateralen Aufnahmen wird er zur Unkenntlichkeit verwischt.
Es erübrigt sich, besonders durchzugehen, wie sich die Projektionen bei Ventral-
aufnahmen gestalten würden. Schon oben wurde gesagt, was jetzt leicht verständlich sein wird,
dass bei medialen Ventralaufnahmen Figuren ähnlich den lateralen Dorsalaufnahmen entstehen
und umgekehrt. Textfigur 3 stellt z. B. eine laterale Ventralaufnahme vor.
Bei den beiden direkten Projektionen (dorsal und ventral) fallen meist die gerade a b
und die gekrümmte Strecke cde ineinander.
Früher war erwähnt, dass bei kleinen Kindern auch bei medialen Ventralaufnahmen
die unveränderte Thränenfigur sich zeigt. Das wird sofort erklärlich, wenn wir eine Reihe
99
e ed
Normale Anatomie.
Beckenbilder von Kindern durchgehen und gewahren, wie weit bei manchen der Bogen der
Pfannenhóhlung von der geraden Strecke absteht (cf. Textfigur 2.A).’) In solchem Falle kénnen
die beiden Bestandteile, selbst bei Ventrallage, sich nicht decken oder gar kreuzen.
Bei Hüftgelenkskontrakturen sucht bekanntlich der Patient die Flexion durch stürkere
Beckenneigung auszugleichen. Da nun ein grosser Teil der Fülle, deren Hüften wir durchleuchten
müssen, an Beugekontrakturen leidet, diese veründerte Beckenhaltung aber auch wieder ein
radiographisch besonders charakteristisches Bild bedingt, so sei an dieser Stelle ein normales
Hüftskelettröntgenbild gebracht, welches bei vergrössertem Beckenneigungswinkel und Dorsal-
lage photographiert wurde, (s. Textfigur 8).
Das Bild bedarf ebenfalls einer besonderen
Erklärung, da es sonst leicht missdeutet werden könnte. Das Foramen obturatum ist nicht
Fig. 8 (Fig. 14, Tafel II).
mehr zu sehen; horizontaler Schambeinast- und
unterer Sitzbeinastschatten fallen dicht neben-,
stellenweise sogar übereinander; die Thrünen-
figur tritt recht deutlich zutage, ebenso die
Spina ischiadica. Im Skelettbilde sieht man
auch den vorderen oberen Pfannenrand, am
Lebenden so gut wie niemals. Neu kommt
auf diesem Bild vor allen ein kräftiger, deut-
licher, medialoffener Bogen unten im Schatten
der Pfanne vor. Der erste Gedanke ist, ihn
für das Cornu posterius der Facies lunata zu
halten, dem er auch sehr ähnelt. Das ist in-
dessen nicht ganz richtig, da der äussere untere
Rand desselben, der ın Betracht kommen
würde, den Pfannenrandkontur bilden helfen
müsste, unser Bogen aber im Radiogramm
(Fig. 8) 5 mm vom Pfannenrandkontur ent-
fernt ist, vor allen aber, weil der untere End-
bogen der Facies lunata nicht medialwürts,
sondern lateralwürts offen ist. Es handelt sich
vielmehr in der Hauptsache um andere Knochen-
partien. Zunächst ist dieser Schattenbogen
nicht aus einem Gebilde herzuleiten, sondern
aus zwei ganz verschiedenen, die bei dieser
Projektion nur zufällig einen einzigen Bogen
zu bilden scheinen. Suchen wir in Fig. 8 zu-
nächst einmal die Stelle der Tropfenfigur, die im Schema Fig. 5A mit c bezeichnet ist, und
verfolgen wir nach lateral hin die ersten 10 mm des fraglichen runden Schattens. Hier ist
die Zeichnung etwas weniger deutlich und scharf als der sich anschliessende nach oben weisende
Teil des Bogens. Dieser erste, im Bilde mehr wagerecht verlaufende Teil entspricht thatsäch-
lich einer kurzen Strecke des unteren Endes der Facies lunata, die hier bei Projektion in
grösserer Beckenneigung eine kurze Strecke lang den X-Strahlen parallel lüuft und daher
einen dunkleren Schattenstrich giebt als bei normal geneigtem Becken. Der restierende Teil
des Bogens hingegen, der sich scheinbar unmittelbar, nach oben und medial verlaufend, daran
anschliesst, riihrt von einem Gebilde ausserhalb der Pfanne her: Lateral distal vom unteren
1) Dazu kommt ferner die in der Anatomie lüngst bekannte Thatsache, dass der Beckenteil mit
dem Acetabulum beim Kinde nicht nur eine andere Form, sondern auch eine andere (sagittalere) Stellung
hat. — Für Detailstudien der normalen Anatomie des Beckens verweist Verfasser vor allen auf die Werke
von: Waldeyer, Das Becken.
schweig 1903/04; Derselbe, Anatomische Hefte.
Bonn 1899; Merkel, Topographische Anatomie. Bd. III. Braun-
Bd. XX. 1902; Poirier, Traité d'Anatomie humaine.
Pfannenpartie. 28
Pfannenrand folgt am Skelett der sogenannte Sulcus tubero-glenoidalis (Waldeyer), über
dessen Zweck resp. Verhältnis zur Sehne des M. obturator externus sich die Anatomen streiten.
An dieses Sulcus untere Grenze schliesst sich ein Wulst an, der das Tuber ischii nach oben
lateral abgrenzt. Der Schatten dieses sehr derben Wulstes, den wir als Margo tuberis ischiadici
lateralis bezeichnen wollen, bildet den lateralen, nach medial offenen freien Teil des bei ver-
grössertem Beckenneigungswinkel in den Pfanneuschatten projizieften Bogens, wie sich am
Schirm und auf der Platte mit einem skelettierten Becken, das mit entsprechenden Bleidraht-
marken versehen wird, nachweisen lässt.
Es bleibt jetzt noch der kleine halbkreisfórmige Bogen (Textfigur 5, A; bc) zu deuten
übrig. Einer aussen sichtbaren Leiste entspricht er nicht; betrachtet man eine Pfanne von
vorn, so ist man leicht versucht, die kleine Rinne zwischen Incisura acetabuli und Cornu
posterius faciei lunatae für das, projizierte Objekt zu halten. Durch Anbringen von Blei-
marken lässt sich leicht beweisen, dass diese Vermutung falsch ist. So deutlich ferner der
kleine Bogen bc bei Dorsalaufnahmen und so sehr man deshalb auch geneigt sein möchte, das
ihn veranlassende Gebilde in den dorsalen Teil des Sitzbeins zu verlegen, so ergeben doch
entsprechende Knochensägeschnitte keinen Anhaltspunkt dafür, auch erhärten z. Bsp. die grossen
Entfernungsdifferenzen zwischen Spina ischiadica und dem kleinen Bogen in Textfigg. 4 und 8,
dass es sich um ein Gebilde bandeln muss, dass in einer der Spina bez. photographischen Platte
fernen Frontalebene liegen muss. Ausserdem setzt der kleine Bogen immer, wo er vorhanden,
an den grossen Bogen der Pfannenhöhlung bei c an, sein laterales Ende muss also am vorderen
Pfannencavumausgang zu suchen sein. Legt man Knochensägeschnitte parallel der medialen,
ziemlich geradlinigen Kante des:Os ischii an, so erhält man nirgends dem kleinen Bogen ähn-
liche Knochenbalkchenzüge. Im Innern liegt also das fragliche Gebilde nicht. Bleibt noch
übrig, ob eine in der Strahlenrichtung verlaufende Corticalispartie solchen Schatten werfen
kann. Es käme hier nur eine Stelle in Betracht, nämlich da, wo der vordere Ausgang der
Fossa acetabuli nach hinten zur Wand des kleinen Beckens umbiegt, also die halbzylindrische
Corticalis am und über dem Tuberculum obturatorium posterius (sive laterale superius
Waldeyer). Diese ist thatsächlich das als kleiner Bogen projizierte Gebilde, wie sich mit den
angegebenen Hilfsmitteln kontrolieren lässt, wie u. a. auch ihr Verschwinden bei den Auf-
nahmen beweist, wo die Partie mehr in ihrer Länge als in ihrem Querschnitt von den X-
Strahlen projiziert wird (so in Textfigur 3 und Fig. 15, Tafel II).
Es ist hier die Frage am Platze, was für ein praktischer Gewinn aus der Deutung
dieser Bogen und Linien für die Röntgendiagnostik resultiert. Dieser Gewinn ist vorläufig
noch nicht zu übersehen, indessen steht zu erwarten, dass mit immer besser werdender Technik
diesen Konturen, ihrem Intaktsein, ihren Veränderungen allmählich mehr Beachtung geschenkt wird.
Bisher scheint das noch sehr wenig geschehen zu sein und nur Wolff und Ludloff haben
sich beim Studium der Radiogramme angeborener Hüftluxation mit diesen Fragen beschäftigt.
So bringt Julius Wolff im Oktober 1896 ein (auch heute noch als technisch voll-
endet geltendes) Beckenbild eines sechsjährigen Knaben und erklärt dazu, man sieht „den oberen
Teil des scharfen Randes der Incisura ischiadica major, der auf dem Bilde direkt in den
scharfen Rand des Pecten ossis pubis überzugehen scheint, und die oberste Partie des Os
sacrum.“ Beim Vergleich mit skelettierten kindlichen Becken „liess sich feststellen, dass
der ganze horizontale Teil des Y-förmigen Knorpels, der von der Mitte der hinteren Umrandung
des Acetabulum über den scharfen Rand der Incisura ischiadica major hinweg zur Anfangs-
stelle der Linea arcuata interna am lateralen Ende des Os pubis verläuft, durch die Helligkeit
der entsprechenden Stellen inmitten der Knochenschatten zur Erscheinung kam. Der tief-
schwarze Schatten, der auf dem Bilde vom Y-förmigen Knorpel in senkrechter Richtung auf
dem Os ischii nach abwärts bis in die Nähe des lateralen Randes des Foramen obturatum
verläuft, erwies sich als der unterste Teil des scharfen Randes der Incisura ischiadica major mit
der Spina ischii. Eine zweite, weniger scharfe, ebenfalls ungefähr senkrecht verlaufende, weiter
24 Normale Anatomie.
medialwürts zwischen dem soeben beschriebenen Schatten und dem des Pecten ossis pubis gelegene
Schattenlinie erwies sich als der durch den Knorpel zwischen Os pubis und Os ischii hindurch
erscheinende Schatten des vorderen Randes des Acetabulum“ (doch s. Text F. 1, Tafel VIII).
Ludloff, der entdeckt hat, dass statt des Doppelkonturs — gemeint ist die Linie a b
und cd unserer Textfigur 5 A — bei der Luxatio coxae congenita meist nur ein einfacher
Kontur zu finden ist, meint mit Bezug auf die normale Hüfte: „Dieser Doppelkontur scheint
nur der radiographische Ausdruck des projizierten scharfen knöchernen Pfannenrandes, des
Supercilium acetabuli (Heitzmann) oder des Limbus acetabuli (Baseler Nomenclatur) zu sein.“
Hofmeister hat auf die naheliegende Möglichkeit diagnostischer Irrtümer bei Röntgen-
untersuchung des Hüftgelenkes hingewiesen; als Normaltypus nimmt er dasjenige Bild an,
welches entsteht, wenn das Becken und die Beine vollständig symmetrisch auf der Platte liegen
und die Ántikathode sich genau über der Mitte der Trochanterenverbindungslinie 60 cm von
der Platte entfernt befindet. Hofmeister schildert ferner, wie ein normales Becken bei seit-
licher Röhrenverschiebung ein ähnliches Radiogramm ergeben kann, wie bei richtiger medialer
Röhrenfokusstellung ein krankes Becken, das durch Auswärtsrotation eines Beines mit einer
leichten Drehung der photographischen Platte aufgelegen hat. So liefere ein coxalgisches
Becken, wenn man die Stellungsanomalie des Beines durch Beckenverschiebung kompensiere,
ein höchst unsymmetrisches Bild; náhme man aber auf die Stellung der Beine keine Rücksicht,
sondern nur auf die des Beckens, erhalte man ein ziemlich symmetrisches Beckenbild. Schliess-
lich empfiehlt Hofmeister die Veröffentlichung von Bilderserien, welche durch systematisch
variierte Aufnahmen des normalen Körpers gewonnen werden, um Irrtümern vorzubeugen. Er
erkennt einer solchen Bildersammlung eine ähnliche Berechtigung zu wie einem Atlas der
normalen Anatomie. Zur besten Darstellung der Pfannensynchondrose und der Gelenkspalte
wendet dieser Autor eine Fokusstellung 10 cm abwärts von der Linea intertrochanterica an,
bei welcher Versuchsanordnung übrigens der normalstehende Schenkelhals keiner besonderen
Verzeichnung unterliege.
Femur.
Wenn wir zunüchst wieder die fótale Entwickelung in gedrüngter Kürze berühren
wollen, gestaltet sich dieselbe bezüglich der Verknócherung folgendermassen. Wir halten uns
auch hier wieder an die Ausführungen von Lambertz:
Die Ossifikation der Diaphyse beginnt gegen die neunte Woche hin. Beim Fótus
und selbst noch bei jüngeren Kindern besitzen die proximalen Enden von Femur und Humerus
eine sehr ühnliche Gestalt, da das von der Diaphyse aus ossifizierende Collum femoris sich erst
nach der Geburt zu ansehnlicherer Lünge entwickelt. Auch der stumpfe Winkel, den Collum
und Schaft miteinander bilden, ändert sich, er ist beim Fötus und im Kindesalter grösser als
beim Erwachsenen und nähert sich im höheren Alter mehr dem rechten Winkel.
Etwa im sechsten Monat beginnt am proximalen Ende des Femur ein Stück im Hals
zu ossifizieren.
Was die Verknöcherung der Epiphysen anbetrifft, so entsteht im neunten bis
zehnten Fötalmonat ein Knochenkern in der distalen Femurepiphyse, und zwar als erster
Epiphysenkern des ganzen Skeletts, mitunter auch erst nach der Geburt. Der 'Knochenkern
im Caput femoris wird erst nach der Geburt sichtbar.
Gehen wir nun die Entwickelung des Femur nach der Geburt bis zum vollen-
deten Wachstum durch, indem wir uns an die Untersuchungen von Sick im Band 9 dieses
Archivs halten, so muss folgendes erwühnt werden:
Mit 1!/, Jahren nimmt der Knochenkern der distalen Femurepiphyse ungefähr
ein Drittel des Condylendurchmessers ein, mit zwei Jahren etwa die Hälfte. Bei Kindern von
drei Jahren erscheint das untere Ende der Diaphyse an den Seiten etwas nach aufwärts ge-
bogen. Bei siebenjährigen Kindern zeigt der distale Epiphysenkern die Konturen des end-
Femur. 25
gültigen Knochens. Die Knorpelschicht zwischen Diaphyse und Kern wird immer schmaler
und verknöchert vollständig erst gegen das zwanzigste Jahr.
Im zehnten Lebensmonat tritt im Kopf der Knochenkern auf und vergrössert sich
rasch. Mit drei Jahren ist die künftige halbkugelige Gestalt schon deutlich vorhanden. Der
Schenkelhals ist inzwischen dem Kopf entgegen gewachsen. Der Übergang von Kopf und Hals
erscheint schräg, weil die untere Seite des Halses weiter vorragt als die obere. Im zehnten
Jahr ist der Knochenkern des Kopfes deutlich breiter als der Hals. Nach dem achtzehnten
Jahre verschmilzt der Kopf knöchern mit dem Halse.
Im Trochanter major treten zwischen dem vierten und achten Lebensjahr ein oder
mehrere feine Knochenkerne auf und nehmen gegen das neunte Jahr ungefähr die definitive
Gestalt an. Verschmelzung mit dem Hals mit dem achtzehnten Jahr. Der Knochenkern im
Trochanter minor tritt ziemlich spät auf und zu verschiedenen Zeitpunkten, die zwischen dem
achten und elften Jahre schwanken. Er soll sich mit der Diaphyse etwas früher vereinigen als
Caput und Trochanter major.
Diese mit Röntgenstrahlen gefundenen Resultate weichen kaum von den anderen dies-
bezüglichen Forschungen der Anatomen ab. So schreibt Gegenbaur in seinem Lehrbuch
der Anatomie: „Am knorpeligen Femur beginnt die perichondrale Ossifikation in der siebenten
Woche. Bis zum achten Monat sind beide Enden... noch knorpelig. Die Ossifikation hat
sich aber auf den medialen Teil des Halses erstreckt. Kurz vor der Geburt erscheint im distalen
Endstücke ein Knochenkern ... Im ersten Lebensjahre tritt ein Kern im Caput femoris auf,
dessen Hals vom Körper aus verknóchert. Im fünften Lebensjahre beginnt der Trochanter
major und im dreizehnten bis vierzehnten der Trochanter minor, jeder mit einem Kerne zu
ossifizieren. In der Verschmelzung der Epiphysen mit der Diaphyse bleibt die distale am
langsten zurtick (20.—25. Jahr).“
Ich will ferner nicht unterlassen, hier eine Stelle einer Arbeit von Sudeck zu referieren,
die sich unter anderem auch mit den Epiphysen resp. den Verknécherungen am Trochanter
major befasst und deshalb der Beachtung wert erscheint, da sie vielleicht einiges Licht in
die Genese der Schenkelhalsverbiegungen bringt (s. auch unter Abschnitt Coxa vara). Sudeck
fand an Präparaten Erwachsener die Cirkumferenz der Gelenkknorpelgrenze am oberen Schenkel-
halsumfang unterbrochen, der Gelenkknorpel erstreckte sich hier eine kleine Strecke auf den
Schenkelhals hin. Von dieser Stelle ziehe sich eine erhabene Knochenleiste nach vorn und
hinten. An dieser Stelle hat nun der Zugbogen die stärkste Beanspruchung auszuhalten, diese
Leiste sei also als Verstärkung des Zugbogens anzusehen; ihre Insuffizienz müsse also zur
Verbiegung des Schenkelhalses nach unten und hinten führen (Coxa vara). Sudeck hält nun
diese Verstärkungsleiste für eine Bildung der Epiphysenlinie, die der Verknöcherung der Kopf-
epiphyse völlig analog sei. „Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Epiphysenlinie des
Kopfes und des Trochanter major in den ersten Lebensjahren eine fortlaufende Linie bilden,
die später durch die Verknöcherung des Halses in zwei getrennte Epiphysenlinien geteilt wird.
Am vorderen oberen Schenkelhalsumfang tritt aber diese Teilung nicht ein, sondern es bleibt
der ursprüngliche Knorpel und somit auch die Kontinuität der ganzen Epiphysenlinie bestehen.
In der Pubertätszeit findet man den trochanterwärts liegenden Teil des Schenkelhalses auch
hier. bereits verknöchert, der Knorpel besteht nur noch an der Kopfseite und verknöchert, wie
beschrieben, während der Pubertätszeit gleichzeitig mit der Epiphysenlinie des Kopfes und des
Trochanters, d. h. also doch, dass der unter dem Knorpellappen des Halses liegende Knochen-
abschnitt genetisch einen Teil der Epiphysenlinie darstellt, denn sonst würde doch auch an diesem
Teile des Schenkelhalses, wie an allen übrigen, der Knorpel durch Knochen ersetzt sein“. Die betr.
Arbeit ist mit mehreren instruktiven Röntgenbildern, auch des wachsenden Femur, ausgestattet.
Es können natürlich die groben Ossifikationsprozesse der Epiphysen des Femur auf
jeder auch nur einigermassen gelungenen Aufnahme gut übersehen werden. Doch diese Auf-
gabe allein darf uns heute nicht mehr befriedigen, mit unseren heutigen Hilfsmitteln müssen
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel, 4
26 Normale Anatomie.
diese Bilder so ausfallen, dass man auch die Knochenstruktur überblicken kann. Diese lüsst
sich bei Kindern schon bei Aufnahmen ohne Blende zum grossen Teil verfolgen, mit Blende,
wenn möglich mit Kompressionsblende, kann gar kein Strukturdetail bis ans Becken entgehen.
Auf Dorsalaufnahmen wird man nicht nur den Kopf in der Pfanne wahrnehmen, man wird
auch Spongiosazüge beobachten können, noch besser im Hals und den Trochanteren. Auch
die Fovea capitis offenbart sich auf vielen Negativen, bei Aufnahmen, wo der Schenkel nach
innen rotiert war, besser als auf anderen. Die Crista intertrochanterica zeichnet sich des-
gleichen sehr deutlich im Bilde, besonders die dem Trochanter major zulaufende Hälfte.
Am Schaft differenziert sich Rinde und Markhöhle immer deutlich. Die Linea aspera
kommt weniger auffallend zum Vorschein. Die Foramina nutritia findet man am Leben-
den ebenfalls seltener. |
Die distale Epiphyse des wachsenden Individuums bildet in dorsaler und ventraler
Projektion nicht so viel des wichtigen wie die Aufnahme bei Aufliegen des lateralen oder
des medialen Condylus femoris. Hier fällt nämlich in den Condylenschatten eine durch-
lässigere etwa kreissektorförmige Stelle ins Auge, auf deren
Deutung und Wichtigkeit bei Beurteilung pathologischer Prozesse
zuerst Ludloff aufmerksam gemacht hat. Diese betreffende
Stelle liegt in der vorderen Hälfte des Condylus und reicht ge-
nau bis zum Epicondylus. Sie zeigt im Innern ein feines Netz-
werk von Knochenbälkchen, bei denen aber die Richtung von
oben nach unten zurücktritt gegen eine mehr stern- und netz-
förmige. Dieser Epiphysenfleck (s. Fig. 9) ist nicht scharf durch
eine einzige Linie, wie etwa die der Corticalis, begrenzt, sondern
die Grenzen werden dadurch gebildet, dass immer dichtere
Knochenbálkchen am Rande allmählich aneinandertreten und so
eine Art Knochenwulst entsteht. Dieser Epiphysenfleck
entspricht der Stelle an beiden Seiten des Condylus,
wo zahlreiche Vasa nutritia in den Condylus hinein-
treten und wo der Umschlag der Synovia liegt und ist
also ganz normal bis zum 16. Jahre vorhanden, wird
aber öfter irrtümlich für einen Knochenherd angesprochen.
(Fig. 9A normales Knie eines 12jähr. Knaben.)
Weiter sagt Ludloff: „Bei Durchstrahlung von vorn
nach hinten erscheinen im zweiten Lebensjahr auffallend lange
Protuberanzen an der medialen Knochenknorpelgrenze des Con-
dylus medialis, im vierten Lebensjahr auch am Condylus externus.
Diese langen zungenfórmigen Fortsütze (s. Fig. 9B) stehen ge-
wóhnlich je vier übereinander und liegen. zwischen Epiphysen-
fuge und unterer Condylusflüche an der Stelle, wo bei seitlicher
Durchstrahlung der ,,Epiphysenfleck“ liegt, also auch in der
Gegend der eintretenden Vasa nutritia. — Von 4®/, Jahren an
(bei weiblichen Kindern) sind diese Gebilde verschwunden und
nun findet das Wachstum der Condylen gleichmässig mit glatten
Grenzen statt in der Form, wie sie allgemein bekannt ist." (Fig. 9B normal. Knie eines 8jühr.
Knaben.)
Auf unseren beigegebenen Tafeln ist der betr. Epiphysenfleck am deutlichsten in Fig. 8
und 9, Tafel II und Fig. 5, Tafel V zu erkennen. Er bleibt oft noch bis ans 30. Jahr gegen
den anderen dichteren Knochenschatten kontrastierend, während seine Transparenz im allgemeinen
gegen das 20. Jahr schwindet, doch bleibt dann bis ins Alter immer noch seine Grenze durch
dichtere Schattenlinien nachzuweisen. Wenn man die Architektur des Ludloffschen Epiphysen-
fleckes genau studieren will, so nimmt man dazu am besten den Oberschenkel eines mageren
Fig. 9.
Femur. 27
etwa 16jährigen Mädchens und belichtet in Laterallage mit weicher Röhre doppelt bis dreifach,
so lange, als man es gewöhnlich bei Knieaufnahmen thut.
| Das untere Femurende bietet eine ganze Menge Momente, welche zu róntgendiagno-
stischen Irrtümern Veranlassung geben. So ist es besonders die Epiphysenfuge selbst,
deren Projektion nicht nur bei schrägen Lagen die kompliziertesten Figuren hervorbringt,
sondern schon bei einfacher Rückenlage oft schwierig zu beurteilen ist. Ist der Knorpel bei
Kindern noch ziemlich breit, so liegen die Verhältnisse klarer, ist aber bei einem etwa 15 jährigen
Jüngling die Knorpelfuge schon ganz schmal, dann entstehen, falls der Fokus nicht gerade
senkrecht über der Epiphysenfuge stand, mehrere helle Spalte, denn es wird das ventrale Ende
und parallel dazu das dorsale Ende der Fuge auf die Platte projiziert. Da aber nun die
Knorpelfuge keine plane Scheibe, sondern in verschiedenen Ebenen gekrümmt ist, entsteht oft
ein Wirrwarr von Epiphysenlinien auf dem Röntgenbilde, die einzeln richtig zu deuten nicht
leicht ist. Das grösste Durcheinander entsteht aber, wenn man — sei es absichtlich oder
dadurch, dass Patient das Knie in falsche Stellung brachte — eine Aufnahme bei schräg-
liegendem Knie anfertigte. Dann sieht man fünf bis sechs Knorpelfugenschatten neben und
übereinander. Anfänger dürfen auf Grund solcher Befunde also nicht ohne weiteres pathologische
Prozesse der Epiphysenfuge annehmen.
Wir wenden uns nun zur Deutung des Róntgenbildes des Femur Erwachsener.
Dieselbe ist im grossen und ganzen einfacher als die durch die vielen Epiphysenfugen kompli-
zierteren Verhältnisse kindlicher Femurskiagramme. Die Hauptschwierigkeit liegt in den Pro-
jektionsverhältnissen des Schenkelhalses und der Trochanterengegend. Es lässt sich das nicht
besser illustrieren, als wenn ich auf Tafel I, Fig. 1 und 2 und Tafel II, Fig. 1, 2, 8, 4 und 10
verweise; sie alle stellen Radiogramme normaler Oberschenkel bei gleicher Entfernung und Stellung
des Röhrenfokus dar und doch herrscht zwischen einzelnen Schattenformen desselben Femur eine
ganz gewaltige Verschiedenheit. Eine Schattenform, die der anatomischen Form am ähn-
lichsten ist, erhalten wir nämlich nur dann, wenn das Bein nicht auswärts rotiert gelegen
hat, sondern wenn der Fuss mit seiner medialen Kante senkrecht nach oben zeigte.
Dann erhalten wir Femurzeichnungen wie Fig. 1 und 2, Tafel 1 und Fig. 1 und 10, Tafel 2.
Auf diesen übersieht man zunächst bequem den ganzen Kopf, selbst die Fovea capitis hebt
sich deutlich als eingedrückte Stelle in der zwei Drittel eines Kreises beschreibenden Grenz-
linie des Kopfschattens ab. Der Hals zeigt im Groben die Gestalt, die wir am Knochenpräparat
des Femur zu sehen gewohnt sind. Seine Achse bildet mit der des Femurschaftes auch im
Röntgenbild einen Winkel von 120 bis 130 Grad. Der Trochanter major ist genau im
Profil getroffen, zwischen seiner oberen proximalen Grenze und dem Caput femoris. ist die
Kontur des Halses auf eine grössere Ausdehnung hin sichtbar. Der kleine Trochanter bildet
eine nur geringe Hervorragung. Die Crista intertrochanterica ist zuweilen (besonders
bei kräftigen Männern) in ihrer ganzen Ausdehnung deutlich, zuweilen nur nach dem Trochanter
major hin. Ähnlich diesen Radiogrammen, bezüglich des Halses aber einem Frontalschnitt
eines Femurskelettes noch etwas ähnlicher ist Fig. 4, Tafel 2. Hier hat das Bein in forcierter
Bimwärtsrotation gelegen. Der obere Kontur des Halses ist etwas weniger vom Trochanter major
verdeckt, der Trochanter minor ist verschwunden, er ist in den Schatten des Femurschaftes
gefallen, da er bei starker Innenrotation ganz nach hinten gedreht wird. Nun beachte man
die Differenz gegen das folgende Bild. Fig. 3, Tafel 2. Hier war absichtlich der Schenkel ad
maximum auswärts rotiert. Der iaterale Rand des Fusses bildete einen Winkel von nur 15 Grad
zur Unterlage. Hier wird infolge der Projektion der Anschein erweckt, als wenn der Kopf
ohne Hals direkt dem Schaft resp. den Trochanteren aufsässe. Diese Aufnahmen bei weit
auswärts rotiertem Femur führen oft zu den sonderbarsten Verzeichnungen und haben in
der Röntgenliteratur schon zu den schwersten diagnostischen Irrtümern Veranlassung
gegeben. Sogar der Kopf selbst kollidiert zum Teil mit dem Schatten des Trochanter major.
Bei Ventrallage tritt der Hals deutlicher hervor, und scheint steil in die Höhe gerichtet zu sein.
Diese Verzeichnungen wären an und für sich bedeutungslos, wenn nicht in der Praxis patho-
4*
98 Normale Anatomie.
logische Formveründerungen des oberen Femurendes in áhnlichem Sinne vorkümen. Dann gilt
es zu entscheiden, ob die Zeichnung des Negativs auf ein wirklich deformiertes Femurende
hinweist, oder ob sie quasi artifiziell durch besondere Lage des Objektes und Position des Fokus
von einem normalen herrühren kann. So ist die Deutung der Bilder bei beginnender Coxa vara,
juveniler Arthritis deformans, Epiphysenlósung, eingekeilter Schenkelhalsfraktur zuweilen eine
recht schwere, oft führt erst die dritte oder vierte Aufnahme zum Ziel. In solchen Fällen wäre
es natürlich ein Fehler, sich mit den oben angegebenen Projektionen begnügen zu wollen; jede
gezwungene Stellung, jede Fokusposition ist erlaubt und geboten, sofern sie Aussicht bietet, die
Diagnose zu fördern. Im letzten Falle versuche man eine Projektion bei ad maximum flektierter
Hüfte nach Lauenstein, oder eine, bei welcher man die Platte zwischen die Oberschenkel
nehmen und gegen das Hüftgelenk zu andrücken lässt, um von oben aussen den Hals auf die
Platte zu bringen, nach Cowl. |
Liegt Patient in bequemer zwangloser Haltung der Platte auf, so erhalten wir Radio-
gramme wie Figg. 2 u. 9a, Tafel II. Der kleine Trochanter ragt dann weit über den Femurschaft
hervor und vom Hals ist noch eine gute Partie zu übersehen. Messungen des Neigungs-
winkels oder des Alsbergschen Richtungswinkels sind natürlich nach solch einem Ra-
diogramme nicht möglich. Für solche genaue Berechnungen eignet sich der Oberschenkel am
besten, wenn er nach innen rotiert war, wie wir es Fig. 4, Tafel II sehen.
Umgekehrt kann man natürlich bei Betrachtung einer Platte aus dem Röntgenbild fast
immer erkennen, wie der Patient während der Aufnahme gelegen hat. Wir richten uns dabei
hauptsächlich nach dem Schatten des kleinen Trochanter. Ist dieser (beim Erwachsenen) gar
nicht zu sehen, dann lag das Bein einwärts rotiert (richtige Lampenstellung vorausgesetzt). Ragt
der kleine Trochanter ein geringes über den Schaft hervor, dann stand die Innenkante des Fusses
vertikal auf der Unterlage; je grösser er sodann sichtbar ist, desto auswärts rotierter ist das
Bein anzunehmen. Diese Merkmale stimmen aber nicht mehr, wenn eine Verdrehung des Schenkel-
halses im Kocherschen Sinne stattgefunden hat. Dann kann auch bei forcierter Innenrotation
der Trochanter minor markant aus dem Schatten des Femurschaftes hervorragen.
Die Formen des Schattens des proximalen Femurendes sind übrigens bei auswärts
rotierten Beinen der Kinder noch mannigfaltiger, aber leichter zu deuten als beim Erwach-
senen; stösst man auf sehr merkwürdige Formen, so bedenke man immer, dass beide Trochanteren
eventuell noch vollständig unverknöchert sind und dass die Knorpelfuge des grossen Trochanter
fast horizontal verläuft, ferner, dass der Hals verhältnismässig nicht so lang und sein Neigungs-
winkel stumpfer ist.
Über die Mitte des Schaftes führe ich nur an, dass jedes gute Röntgenbild die
Differenzierung von Corticalis und Mark deutlich aufweisen muss.
Das sagittale Radiogramm des unteren Femurrandes Erwachsener (cf. Fig. 7, Tafel 2)
bedarf nur einer kurzen Erläuterung. Zunächst fällt der Patellaschatten in den Schatten
des Femur, doch ist ersterer so transparent, dass er weder auffällt noch das einfache Struktur-
bild des letzteren stört. Von den beiden Condylen zeigt der innere immer eine bestimmtere
Form: sein Aussenrand verläuft in Form eines flachen, gleichmässigen Bogens oder ein Stück
ziemlich gerade mit abgerundeten Ecken oben am Übergang in den Schaft und unten am
Gelenkspalt. Der laterale Condylus zeigt meist eine leicht höckerige, unregelmässigere Be-
grenzung; ich hebe das hervor, weil man es besser auf Radiogrammen, als an anatomischen
Abbildungen sieht. Die schön abgerundeten Ecken des Knochenschattens am Gelenkspalt
werden mit dem Alter eckiger, schärfer; sie sind auch physiologisch weniger rund bei Leuten,
die jahrzehntelang strapaziöse Fusstouren gemacht, schwere Lasten getragen. Schön in einen
grossen runden Bogen übergehend, findet man die Condylenkonturen bei zarten Frauen, bei
Männern, die wenig gehen, aber viel reiten, bei Bummlern, kurz bei Individuen, die ihren
Schenkel nie funktionell überlasten, überanstrengen. Beginnende Osteo arthritis deformans
lässt die unteren Condylenecken zunüchst rechtwinklig werden, dann sprossen kleinste Wülste
nach aussen vor, die sich nach und nach vergróssern. Ist der Schatten des einen Condylus
Femur. 99
viel weniger kräftig als der des anderen, so ist dies oft ein erstes Anzeichen für Tuberkulose,
d. h. es kann sich um sogenannte akute reflektorische Knochenatrophie handeln; aber diese
verbreitet sich bekanntlich schnell über einen von Tuberkulose befallenen Knochen und ist oft
pathognomisch für Tuberkulose.
Betrachten wir nun die Konfiguration des distalen Femurrandes bei Aufnahmen
mit frontalem Strahlengang. Die mediale und die laterale Aufnahme sind sich ziemlich
gleich. Wichtig ist, über die Krümmung der normalen Sitzknorren orientiert zu sein. Die Rollen
sind nicht regelmässig cylindrisch gekrümmt, sondern die Krümmung nimmt von vorne nach
hinten zu; auf dem Skiagramm bilden sie also Bogen, bei denen der Krümmungsradius der vor-
deren Teile grösser ist als der der hinteren. Jeder Bogen hat die Gestalt einer sogenannten
Evolvente (Abwickelungslinie), d. h. wenn man die Randkurve in lauter kurze Strecken von
etwa 10 mm: einteilt, so hat jede Bogenstrecke einen um so grösseren Radius, je weiter sie
ventral liegt. Wenn ein Punkt der Tibia an der Randkurve eines Femurcondylus entlang von
vorn nach hinten gleitet, also eine Beugebewegung ausführt, wird er gewissermassen auf die
Spirale aufgewickelt, er kommt ihrem Endpunkt oder Pol immer näher. Nun ist aber diese
Randkurve nicht immer mathematisch regelmässig. Bei eben ausgewachsenen Individuen, und
bei Frauen allerdings zeigt sie mitunter eine wunderbare mathematische Genauigkeit, bei
Männern hingegen, schwer arbeitenden Frauen ist die Kurve oft etwas ventral von ihrer mitt-
leren Partie unterbrochen durch eine flache Konkavität; es ist dies diejenige Stelle, bis zu
welcher der vorderste Punkt der Tibiagelenkfläche bei stärkster Extension reicht. Es finden
sich hier also statt der einen grösseren Kurve zwei kleinere, eine (grössere), auf welcher die
Tibia, eine zweite, an welcher die Patella entlang gleitet.
Der Condylus, welcher der Platte auflag, giebt immer den kleineren und deutlicheren
Schatten, aber auch den Kontur des anderen kann man, obgleich er grösser und blasser ist,
deutlich übersehen.
Was ferner bei den Sagittalaufnahmen Erwachsener den „dunklen Fleck“ Lud-
loffs anbetrifft, so fand dieser Autor, dass man ihn bis zum 15. Jahre verfolgen kann, solange
noch die Epiphysenfuge persistiert; im 17. Jahre verschwinde er fast ganz, erscheine gegen
das 25. Jahr wieder in ähnlicher Konfiguration, aber viel weniger differenziert, und vergrössere
sich ein wenig bis ins hohe Alter, wo sein Schatten direkt in den des Diaphyseninneren übergehe
(cf. Tafel V, Fig. 2). Dieser Fleck unterscheide sich dadurch wesentlich von dem der jüngeren
Oberschenkel, dass er an seinen Grenzen der stärkeren Knochenproduktion entbehre. Dieser Fleck
kann also je nach seinem detaillierten Aussehen der radiographische Ausdruck des noch bestehen-
den Knochenaufbaues oder schon eingetretenen Knochenabbaues sein. Verfasser kann sich nach
seinen Erfahrungen Ludloffs Ansichten nur anschliessen, möchte jedoch darauf aufmerksam
machen, dass man bei Individuen zwischen 15. und 25. Jahre in der Beurteilung des schnellen
Verschwindens des Epiphysenflecks vorsichtig sein muss. Belichtet man mit relativ weicher Röhre
etwas zu kurz, so wird die durchlässigere Partie der Epiphyse sich nicht besonders markieren,
weil die weichen Strahlen in der kurzen Zeit nicht hindurchgegangen sind, resp. die wenigen
durchgehenden sich nicht zu gehóriger Dichte im Negativ summieren konnten; bei harten
Róhren wird auch der umgebende dichtere Knochen zu schnell durchsetzt, die dünnere Stelle
des Epiphysenflecks differenziert sich infolgedessen ebenfalls nicht genug. Am besten belichtet
man mit relativ weicher Röhre recht lange. Dann sind eine Unmenge Strahlen durch den
Epiphysenfleck gerade noch hindurchgedrungen und schwärzen die Platte kräftig, während sie
die anderen dichteren Knochenpartien überhaupt kaum passieren konnten. Bei dieser Anordnung
wird man auch zwischen 15. und 25. Jahre recht kontrastierende Epiphysenflecke antreffen.
Es erübrigt noch darauf hinzuweisen, dass beim Erwachsenen direkt hinter den (oder in
den Schatten der hinteren Partie des plattenfernen) Condylus ein erbsen- bis haselnussgrosser,
scheinbar freischwebender Knochenschatten füllt, der etwa in der Hälfte aller Radio-
gramme des Knies zu finden ist. Er entspricht der sogenannten Favella, dem Sesambein des
lateralen Kopfes des Musculus gastrocnemius.
30 Normale Anatomie,
Bouchard [Imbert-Bertin-Sans] (1904). ,Es ist zum Beispiel leicht, die so charakteristischen
Einzelheiten der inneren Struktur des Calcaneus zu erhalten, wührend ein ühnliches Resultat am oberen
Ende des Femur nur schwer zu gewinnen ist. Indessen ist es uns gelungen, bei einem jungen Manne die
verborgenen Details der Architektur des Femurkopfes und grossen Trochanters aufzudecken, indem wir
eine weiche Röhre, einen Abstand von 50 em anwandten und die Belichtungsdauer ein wenig verlüngerten.*
Bevor ich dies Kapitel schliesse, móchte ich noch auf den hohen Wert der Róntgen-
untersuchung von normalen und pathologischen Knochenprüparaten besonders hinweisen.
Wir wissen jetzt, dass die Form und Struktur der Knochen als Produkt ihrer Funktion auf-
zufassen sind. Dieser aus den Lehren von Lamarck und Darwin gefolgerte Satz, der lange
Zeit nur den Wert einer Hypothese hatte, ist in den letzten ‚Jahrzehnten, vor allem durch die
Möglichkeit der mathematischen Beweisführung, zur unanfechtbaren Thatsache geworden und
gilt bekanntlich auch für die Weichteile. Jeder Arzt und Naturforscher mit einigen wenigen
Ausnahmen, die der Bestätigung der Regel halber nicht fehlen dürfen, kennt die grossen Ver-
dienste Julius Wolffs, dessen Lieblingsstudienobjekt die Struktur der oberen Hälfte des
Femur bildete; jeder kennt auch das berühmte graphostatische Bild Culmanns vom Jahre
1867, das einen kranförmig gebogenen Balken von der Gestalt des oberen Femurendes (ohne
Trochanteren) wiedergiebt, in welchen
die bei einer Belastung von 30 kg
entstehenden Zug- und Druckkurven
eingetragen und mathematisch be-
rechnet sind. — Wolff musste sich zu
seinen Studien feinster Fourniersäge-
schnitte bedienen. Nach Entdeckung
der X-Strahlen aber zog er das
Studium des Róntgenbildes dem
direkten Studium des Fournierblattes
vor, da bei der Betrachtung der
Fournierblätter selbst die feineren
und dünneren Nebenbälkchen und
Nebenplättchen der Spongiosa in
demselben Weiss, wie die Hauptzüge
der Bälkchen und Plättchen erschie-
nen, auf den Róntgenbildern der
Fournierblätter dagegen die stärkeren
Bülkchen als kontrastreichere Linien
hervortreten, während die schwächeren
mehrfach ganz oder fast ganz ver-
schwinden.
Erhellt daraus die Bedeutung
der Röntgenographie für das Studium
am toten Knochen, der übrigens nicht
unbedingt zersägt zu werden braucht,
sondern auch in toto ganz gute Strukturbilder ergiebt, so muss Wolff mit ganz besonderer
Genugtuung den Moment begrüsst haben, in welchem es möglich wurde, auch vom Lebenden
Strukturbilder bis ins Detail zu erhalten.
Man wird heutzutage nicht nur vor der Operation eines Knochentumors ein Radiogramm
anfertigen, sondern auch nach geschehenem Eingriff ein Schattenbild der resezierten bez. am-
putierten, von Weichteilen befreiten, im ganzen oder in zwei Hälften zersägten Partie. Bessere
Übersichtsbilder des Wachstums der Tumoren als die Röntgenbilder sind nicht denkbar; cf. z. B.
Textfigur 10.
Fig. 10.
Knochenstrukturbild, Sarkom des distalen Femurendes.
Pathologische Anatomie. 31
Pathologische Anatomie.
Allgemeine Entwickelungshemmungen.
1. Angeborene Verbildungen. Wie das Kapitel von den „Angeborenen Hüft-
luxationen* kann Verfasser auch den Abschnitt der ,Angeborenen Verbildungen* nur mit An-
führung der hauptsächlichsten Momente streifen, da letzteres bereits in Bd. 8 dieses Archivs
eingehend von Joachimsthal behandelt worden ist.
Bei Kindern mit fötaler Amputation des Oberschenkels werden sich Studien der
Architektur des distalen Knochenendes lohnen. Da wo die amniotischen Stränge das Glied nicht
amputiert, sondern nur eingeschnürt haben, erweisen die Röntgenbilder, dass die Knochen in
höherem Grade widerstandsfähig gewesen sind als die Weichteile, dass sie meist an Stelle der
Schnürfurche nicht die geringste Einkerbung oder dergleichen aufweisen.
Angeborene Defektanomalien des Oberschenkels, die relativ selten vorkommen,
bieten dem Róntgenuntersucher dankbare Aufgaben. Das defekte Femur weist variabele Formen
auf (oft fehlt die Patella), das proximale Ende ist des ófteren nach oben luxiert.
Bei vielen Fällen sollen der Unterschenkel und Fuss normale Grösse und Wachstums-
verhältnisse zeigen und nur der Oberschenkel verbildet sein. Die proximale Epiphyse fehlt
zuweilen ganz. Dies lässt sich erst sicherstellen, wenn auf der gesunden Seite die Epiphyse
zum grösseren Teile ossifiziert ist. Beobachtet ist ferner, dass bei Femurdefekt der einen Seite
der Schenkelhalswinkel der anderen verkleinert, eine Coxa vara, angetroffen wurde. Auch
Defekte beider Oberschenkelknochen sind konstatiert worden bei gleichzeitigem Fehlen
der Fibulae und der fünften Zehen nebst entsprechenden Metatarsen. Joachimsthal betont
besonders, dass, während bei Defekt des Humerus die peripheren Teile derselben Extremität
fast immer ebenfalls verbildet sind, er in seinen Fällen von Hypoplasie des Oberschenkels eine
normale Ausbildung der distal gelegenen Teile des Gliedes konstatieren konnte.
Es ist ferner bisher noch nicht entschieden, ob dort, wo sich eine Coxa vara bei
Defekt des anderen Femur offenbart, dieselbe als funktionelle Kompensation aufzufassen ist.
So wahrscheinlich dies ist, darf man nicht vergessen, dass einwandfreie Arbeiten anerkannter
Autoren über angeborene Coxa vara berichtet haben (Kredel, Kirmisson, Mouchet und
Aubion). Es ist also immerhin möglich, dass in den oben erwähnten Fällen die Coxa vara
eine angeborene Anomalie, ebenso wie der anderseitige Femurdefekt, darstellen kann. Zur
Coxa vara congenita sei übrigens auf die betreffenden Sätze des Kapitels Coxa vara ver-
wiesen. Doch sei hier noch die lehrreiche Thatsache hervorgehoben, dass von Joachimsthals
Patienten ein fünfjähriges Mädchen eine doppelseitige Schenkelhalsverbiegung im Sinne einer
Verkleinerung beider Schenkelhälse aufwies, während ihr sechsjähriger Bruder mit angeborener
doppelseitiger Hüftgelenksluxation behaftet war. Totale Femurdefekte sind von Redard*) und
Veiel beschrieben. Von Wert ist es, das unregelmässige Auftreten nebst Entwickelung der
knöchernen Epiphysenkerne der affizierten Knochen mit Röntgenstrahlen zu verfolgen. Wenn
auch vor Auftreten derselben selbst die Röntgenstrahlen uns die ganze Gestalt des Femur nicht
enthüllen können, so geben sie uns immerhin besseren Aufschluss, als solcher durch Palpation
zu eruieren ist. Nach Einsetzen des Verknöcherungsprozesses der Epiphysenknorpel aber klären
sie die ganzen Verhältnisse derart auf, wie sie für einen Eingriff, wenn ein solcher überhaupt
helfen kann, nicht instruktiver gewünscht werden können.
Neurath demonstrierte März 1902 in der K. K. Gesellschaft der Ärzte Wiens ein
neun Monate altes Mädchen mit angeborenem Femurdefekt. Der linke Femurknochen erschien
1) Redard: Difformités du pied en rapport de l'absence congénital des os de la jambe. Revue
mensuelle des maladies de l'enfance. Sept. 1890; Febr. 1898.
39 Pathologische Anatomie.
stark verbildet, die obere Partie der Diaphyse schien zu fehlen und die normale untere Partie
an den abnorm gestalteten, eines Trochanters entbehrenden Schenkelhals unter einem nach
innen stumpfen Winkel direkt angefúgt zu sein, so dass eine Lüngendifferenz von 6 cm gegen
das gesunde Femur resultierte. Auffallend war ferner das Fehlen einer Knorpelfuge am Femur-
kopfe, der verknóchert und mit der Diaphyse verwachsen war. Tibia und Fibula waren ein
geringes kürzer und schmächtiger.
Joachimsthal (1902) hatte Gelegenheit, zwei Fülle von Sirenenbildung radiographisch
zu untersuchen. In dem einen Falle erwiesen sich beide Oberschenkeldiaphysen medialwürts
stark geschweift, die unteren Epiphysen besassen stecknadelkopfgrosse Knochenkerne. Im
zweiten Falle schloss sich an das verbildete Becken nach unten eine einheitliche, 7!/, cm lange
Femurdiaphyse an, proximalwärts schmal, nach unten sich um reichlich das Doppelte verbreiternd.
Es folgte der durch Verschmelzung zweier getrennter Kerne entstandene untere Epiphysenkern.
Gocht (1903). „Wir selbst haben eine Reihe von angeborenen Missbildungen beobachtet und
róntgographiert, wo eine exakte Diagnose durch die dicken, derben Weichteile hindurch vermittelst der
Palpation unmóglich gestellt werden konnte.*
Chondrodystrophie: Angeborene Missbildung der Knochen, bedingt durch mangel-
hafte Entwickelung derselben, pflegte man früher wegen ihrer makroskopischen Ahnlichkeit mit
Rachitis „fötale Rachitis“ zu nennen. Der mikroskopischen Befunde halber kam man später
davon ab und hat jetzt den Namen „fötale Chondrodystrophie“ für die Form eingeführt,
bei welcher die Knochenentwickelung vom Knorpel aus unvollkommen vor sich geht, während
die Form mit mangelhafter periostaler Osteogenese den Namen , Osteogenesis imperfecta“
erhalten hat. Das Wesen der fötalen Chondrodystrophie liegt also in einer spürlichen endo-
chondralen Knochenentwickelung bei meist normaler periostaler Osteogenese. Das Produkt
dieser Vorgánge ist eine starke Verkürzung der Extremitütenknochen bei normaler
Härte derselben.
Wie an Kalbsföten von H. Müller?) und Ebert?) festgestellt wurde, ist die Archi-
tektur der Knochen nicht ganz gleichmässig. Selten sind wirkliche Markhöhlen vorhanden,
häufig fehle überhaupt jedes spongiöse Gefüge oder sei auf kleine Bezirke an den diaphysären
Enden beschränkt.
Simmonds bringt in den ,Fortschritten^, Bd. 4, zwei Fülle von fötaler Chondro-
dystrophie mit Réntgenbildern. Im ersten Falle (hypoplastische Form) war eine auffallende
Kleinheit der Pfanne vorhanden, die den Oberschenkelkópfen nicht entsprach. Alle Extremitáten-
knochen waren normal geformt, doch stark verkürzt, das Becken verkleinert, dabei stark ab-
geplattet. Der andere Fall (hypertrophische Form) zeigt im Róntgenbild ebenfalls Kürze der
Extremitätenknochen bei normaler Dicke und Verbiegung der Femora und Tibiae Pfanne
kleiner als normal, dabei exquisite kongenitale Hüftgelenksluxation, die sich durch die abnorme
Konfiguration des Schenkelkopfes — das Präparat zeigte übermüchtige Auftreibung der
knorpeligen Epiphysen — erklären liess. Die beiden gekrümmten Femora zeigen im Radio-
gramm auf der Hóhe der Knickung eine median vorwürtsspringende Crista.
Der Róntgenbefund eines Falles von Osteogenesis imperfecta wird von Swoboda be-
sprochen. Epiphysengrenzen und Knochenkerne verhielten sich normal, nur die abnorm kom-
pakte Knochensubstanz fiel auf. Verkriimmungen an den Diaphysen waren nicht vorhanden,
die Epiphysen waren unférmig plump.
2. Extrauterine Verbildungen. Die extrauterinen Wachstumshemmungen, Kretinis-
mus, Myxódem, Kachexia strumipriva bedürfen bekanntlich noch sehr der Klürung und
genaueren Differenzierung. Bei allen dreien soll es sich um eine Unterdrückung der Schild-
3 H. Müller: Über die sogenannte fótale Rhachitis und ihre Beziehungen zu dem Kretinismus.
Würzburg. med. Zeitschr. 1860.
5) Eberth: Die fótale Rhachitis und ihre Beziehungen zum Kretinismus. Festschrift. Leipzig 1878.
Allgemeine Entwickelungshenimungen. 33
drüsenfunktion handeln, die eine Verzógerung der Überführung des kindlichen in den erwachsenen
Zustand bedingt. Bei echtem Kretinismus ist noch niemals ein beschleunigter Verknócherungs-
prozess nachgewiesen worden, obgleich ein solcher früher angenommen wurde (Virchow), im
Gegenteil ist, wie jetzt durch einige einwandfreie Sektionen gesichert scheint, die Ossifikation
der knorplig prüformierten Skelettteile in allen Phasen verlangsamt, sowohl was
das Auftreten der Knochenkerne als das Wachstum derselben und die knóchere Umwandlung
der Epiphysen, schliesslich das Verstreichen der Epiphysenscheiben anbelangt. So fand sich
bei einigen Fällen der kindliche Zustand des Skeletts bis ins hohe Alter erhalten.
Hofmeister brachte 1897 im 1. Bande der ,Fortschritte* Róntgenbilder, auch der
Femora, eines 4jährigen weiblichen Kretins. Der Femurkopf war rechts noch vóllig knorplig,
links enthielt er einen hanfkorngrossen Knochenkern. Die unteren Femurenden enthielten je
einen Knochenkern von 12 mm Sagittaldurchmesser und 7 mm Hébe. Am Becken fiel die
grosse Breite der Pfannensynchondrose auf, welche 8 mm mass. „Als Besonderheit verdient
noch Erwähnung ein dunkler Streifen, welcher im unteren Femurende, etwa 1 cm von der
Epiphysenlinie entfernt, quer durch den Knochen hindurchzieht, auf der linken Seite findet
sich ein zweiter solcher Streifen, etwa 1 cm höher.“ Hofmeister fügt auch Radiogramme
eines gleichaltrigen gesunden Individuums bei. Der in diesem Falle wunderbare Effekt der
Schilddrüsenextraktfütterung erlaubte den Schluss, dass die Wachstumshemmung in vorliegendem
Falle durch das Fehlen der Schilddrüsenfunktion bedingt war. Der Zustand des Skeletts dieser
4jährigen Patientin entsprach ungefähr dem eines 1jährigen normalen Kindes.
Eine ganze Reihe von Kretinen und Kretinoiden hat von Wyss mit Röntgenstrahlen
untersucht, allerdings meist nur Hände. Auch er betont, dass nirgends eine Andeutung von
vorzeitiger Verknöcherung zu finden sei, dass vielmehr alle eine Hemmung in der Ver-
knöcherung des knorpeligen Skeletts aufweisen. Die Knochenkerne erscheinen und synostosieren
in derselben Reihenfolge wie beim Gesunden, die Knochen entsprechen in ihrer Ent-
wickelung den Knochen eines normalen Kindes von gleicher Länge. von Wyss sagt
ferner, dass er die Knochen von Kretinen immer etwas schlanker angetroffen hat, als normale
Knochen, obwohl in der früheren Literatur zuweilen behauptet worden war, die Knochen der-
selben wären breiter und plumper.
Ganz ähnlich den vorhin erwähnten Radiogranımen Hofmeisters ist das Bild eines
Femur, welches wir Fig. 10, Tafel V bringen. Das Kind wurde mir zugeführt, damit entschieden
würde, ob Rachitis oder Myxödem vorliege. Es handelte sich um ein 5jähriges Mädchen. Ein
zunächst aufgenommenes Bild der Hand ergab keine Spur von Rachitis, wohl aber konnte an
der Entwickelung der Kerne der Handwurzelknochen konstatiert werden, dass sie sehr stark ver-
zögert war. Nur ein einziger Knochenkern von kaum 2 nım Durchmesser, dem Os capitatum
angehörig, war radiographisch nachzuweisen. Das entspricht sonst der Knochenentwickelung
eines ca. ljährigen Kindes. Das Radiogramm des Oberschenkels Fig. 10, Tafel V, zeigt einen
in der Diaphyse recht schlanken Knochen, während er nach der distalen Epiphyse zu sich etwas
mehr als proportional zu verbreitern scheint. Die von Hofmeister erwähnten dunklen Streifen,
parallel der distalen Femurepiphyse, sind auch hier vorhanden. Trochanterenkerne fehlen noch.
Der Knochenkern des Kopfes entspricht seiner Grósse nach dem eines 1- bis 2jührigen Kindes.
Die Knochengrenzen der Diaphyse gegen den Epiphysenknorpel zu sind scharf. Rachitis ist
also auszuschliessen, es handelt sich um Myxödem. Körpergrösse und Intelligenz des Kindes
entsprechen etwa der eines 3jährigen Mädchens,
Springer und Serbanesco ferner haben über verspütete Ossifikation bei Myxödem
Röntgenforschungen angestellt und publiziert. Gasne und Londe kontrolierten die unter
Thyreoidbehandlung fortschreitende Verknöcherung bei demselben Leiden (cit. nach Gocht,
Lehrbuch).
Von der kretinistischen Form unterscheiden sich die echten Zwerge durch das Eben-
mass der Weichteile und die normale Entwickelung der psychischen Funktionen. In den bisher
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 5
34 Pathologische Anatomie.
vorliegenden Sektionsbefunden kleiner, als wahre Zwerge anzunehmenden Individuen, die im
Alter von 18 bis 60 Jahren standen, wurden iibereinstimmend fast simtliche Epiphysenknorpel
erhalten gefunden, so dass man zu der Ansicht neigen musste, dass die betr. Skelette an irgend
einer Stufe der kindlichen Entwickelung Halt gemacht hatten. Nun ist aber als besonders
erwühnenswert von Walther!) ein Skelett einer 30jührigen, 128 cm hohen psychisch normalen
Zwergin beschrieben worden, bei welcher sich keine Andeutung von Epiphysenlinien fand.
Einen diesem einzigen Befunde analogen Fall hat Verfasser in seinem Buche „Knochenerkrankungen
im Röntgenbilde“ gebracht. Es handelte sich um ein 12jähriges intelligentes Mädchen von 101 cm
Länge. Die Grösse der Gliedmassen glich damals im allgemeinen der eines 5- bis 6jährigen
Kindes, das Auftreten und die Ausbildung der Knochenkerne entsprach dagegen vollständig
einem 12jährigen Mädchen. Alle Knochen waren präzis proportional gestaltet. Es liess sich
annehmen, dass auch jetzt (4 Jahre später) die weitere Entwickelung des Skeletts mit dem
Alter Schritt gehalten haben würde. Das trifft thatsächlich zu; Verfasser hat jetzt die Patientin
abermals untersucht und bringt in Fig. 1, Tafel III Becken und Oberschenkel. Man sieht, die
Knochen sind wohlgebaut und schlank. Die Trochanteren und die Crista intertrochanterica
erweisen sich recht massiv ausgebildet. Überraschenderweise fand sich an einem Femur (dem
hier reproduzierten) eine dichte ossifizierende Periostitis, für deren traumatische oder sonstige
Entstehung kein Anhaltspunkt angegeben wird. Verfasser schrieb vor vier Jahren, dass die -
Patientin die Erstgeborene war, unter den anderen sechs Geburten der Mutter fünf Aborte durch
eine regelrechte Geburt unterbrochen waren, dass aber sonstige Verdachtsmomente auf Lues
fehlten. Jetzt sind inzwischen weitere Geburten lebender Kinder gefolgt. Ein weiteres Moment
für Lues wäre jetzt die neu entdeckte indolente Periostitis ossificans des Femur, ohne dass sich
ein ganz sicherer Schluss daraus ziehen liesse. Immerhin aber erhellt aus diesen Thatsachen
(vgl. auch die Krankengeschichte, 'Text zu Tafel III), dass unser Fall ein recht seltener und
eine eigenartige Stellung unter den bisher publizierten Fällen einzunehmen scheint.
Ähnlich wie beim Zwergwuchs will man auch beim Riesenwuchs mehrfach die
Tatsache konstatiert haben, dass die Epiphysenfugen über die physiologische Zeit hinaus per-
sistierten. So berichteten Langer?) und Buhl?) über Femora erwachsener Riesen, bei welchen
die Fugen des Femur, auch die der Trochanteren, noch knorpelig waren.
Einen in vieler Hinsicht interessanten Fall von bilateralem symmetrischen Riesen-
wuchs der Extremitäten verdanken wir Voltz. Es handelte sich um einen 34 jährigen, immer
noch wachsenden Mann. Die Epiphysen persistieren noch. Das Wachstum betrifft sämtliche
Knochen des Skelettsystems mit Ausnahme des Schädels und der Wirbelsäule. Der Röntgen-
befund bestätige eine vorwiegende Beteiligung des Gefüsssystems, wie sie als „Ostitis vascularis“
bezeichnet werde.
In der Berliner mediz. Gesellschaft hat Grünfeld, XII. 1900, einen Fall von angeborenem
partiellen Riesenwuchs demonstriert. Die Röntgenogramme bewiesen auf einer Seite Hyper-
trophie nicht nur sämtlicher Knochen der linken unteren Extremität, sondern auch der ganzen
linken Beckenhälfte.
Als Abart des Riesenwuchses wird von einigen die Akromegalie bezeichnet; sie beruht
in erster Linie auf einer verstärkten periostalen Knochenbildung an den Extremitäten des Körpers,
d.h. an Kopf und Gliedern und nach den Enden derselben zu sich steigernd. Ein besonderes Längen-
wachstum findet nicht statt. Am Femur soll besonders die Linea intertrochanterica sich zu
einer starken Leiste ausbilden. Vielleicht deckt die Röntgenographie auch bei der Akromegalie
! Walther, Beschreibung eines durchweg zu kleinen weiblichen Skeletts. Diss. Freiburg 1880,
eit. bei M. B. Schmidt.
*) Langer, Wachstum des menschlichen Skeletts, mit Bezug auf den Riesen. Denkschrift der
k. k. Akademie d. Wissensch. Wien 1872.
3) Buhl, Ein Riese mit Hyperostose der Gesichts- und Schädelknochen. Mitteil. aus dem patholog.
Institut zu München. 1878 (cit, bei M. B. Schmidt.)
Rachitis. 95
einige neue Momente auf. So herrscht auch über die innere Struktur solcher Knochen noch
Widerspruch. Man will vor allem rarefizierende Prozesse beobachtet haben, aber auch sklero-
sierende sind beschrieben. Mögen hier die X-Strahlen zur Klärung beitragen.
Was Röntgenbefunde des Femur bei Akromegalie anbetrifft, so scheinen solche bisher
nicht publiziert zu sein, dagegen sind Hand- und Schüdelaufnahmen in ziemlicher Anzahl bereits
veróffentlicht.
Rachitis.
Zwar sind die Veränderungen, welche die Rachitis speziell am Femur setzt, die aller-
schwersten, doch sind dieselben ohne Schwierigkeit auch der palpierenden Hand zugängig, und noch
wird niemand den Arzt einer Unterlassungssünde zeihen, der seine rachitischen Fälle nicht
radiographieren lässt. Setzen wir aber auch den Fall, das Röntgenbild könnte uns am Ober-
schenkel grobanatomisch nicht mehr als die Palpation bieten, so müsste es doch als begehrens-
wertes Ziel erscheinen, zunächst die Dichte der Knochen, sodann die Vorgänge an der Epiphysen-
fuge und die Umwandlungen der Architektur im Röntgenbilde zu beobachten, um daraufhin
Urteil und Therapie zu folgern. Was die Pfannengegend anbetrifft, so scheinen hier keine
besonderen oder praktisch wichtigen Thatsachen längerer Ausführung wert. Die Veränderungen
des ganzen Beckengerüstes aber fallen nicht in das Bereich unseres Themas.
Bereits im Jahre 1660 gab Mayow als Hauptsymptom der Rachitis die Knochen-
erweichung an. Dieses Symptom, also ein geringerer Kalkgehalt, lässt sich selbst bei schlechter
Technik mit Röntgenstrahlen bequem nachweisen (cf. Fig. 6, Tafel III). Immerhin ist die Durch-
lässigkeit der Knochen nicht annähernd so ausgiebig, wie bei florider akuter Atrophie oder Osteo-
malacie. Nach einigen Autoren sollen die Epiphysen abnorm lange durchsichtig bleiben.
Die Diaphysen zeigen nicht so bestimmte Linien in der Spongiosastruktur wie bei normalen
Knochen, die Spongiosa ist weitmaschiger, aber nicht gleichmássig, sondern oft recht unregel-
mássig, z. B. Fig. 3, Tafel III an Stelle der stárksten Biegung.
Ein zu spátes Auftreten der Knochenkerne, wie es bei Kretinismus und Myxódem
vorkommt, wird im allgemeinen bei Rachitis nicht verzeichnet. Dafür manifestieren sich bei
letzterer im Röntgenbild hinwiederum die pathologischen Vorgänge an der Verknöche-
rungszone, während bei jenen die Diaphysenenden einen vom Normalen nicht abweichenden
Schatten werfen.
Auf einem Längsdurchschnitt eines rachitischen Femur, besonders gut an der distalen
Fuge, kann man schon makroskopisch sehen, wie die beim Gesunden parallel laufenden und
geradlinig scharf begrenzten Zonen der Knorpelwucherungsschicht und Verknöcherungsschicht
unregelmüssig und zickzackfórmig ineinandergreifen. Die Verwirrung in der Verkalkung wird
auch im Róntgenbild klar und deutlich wiedergegeben. Man betrachte Fig. 4, Tafel III. Während
normaliter die Femurdiaphyse gegen den Knorpel hin eine oder mehrere scharfe Linien bildet,
gut kontrastierend zum Fugenband, klingt sie hier bei Rachitis unscharf, rauh, fransenförmig
aus. Die schwerer durchlässigen kalkhaltigen und die unverkalkten Stellen der Verknöcherungs-
zone gehen in breitem Streifen wirr und verschwommen durcheinander. Klassisch sind diese Ver-
hältnisse immer an Radiogrammen rachitischer distaler Vorderarmknochenenden ausgeprügt.!)
Dabei sind die Diaphysenenden fast immer auffallend wulstig verbreitert.
Die geschilderten Vorgänge an der Wachstumszone lassen sich natürlich noch besser
an Sägeschnitten rachitischer Knocbenprüparate skiagraphisch darstellen, s. z. Bsp. Gocht,
Handbuch der Röntgen-Lehre, Fig. 77. (2. Auflage.)
Eine radiographische Ähnlichkeit mit diesen Bildern prägt sich an den Diaphysenenden
mit Osteochondritis syphilitica behafteter Knochen aus. Hochsinger hat es unternommen,
differential - diagnostische Momente zu .prüzisieren. Nach ihm kommen in den ersten Lebens-
wochen und -monaten an den Chondroepiphysen der Extremitäten bei Rachitis fast niemals
1) S. z. B. Tafel XVIII von Verfassers „Knochenerkrankungen im Röntgenbilde“. Wiesbaden 1901.
5*
36 Pathologische Anatomie.
radiographisch erkennbare Auftreibungen zustande, und wenn es ja einmal geschieht, dann be-
trifft die Auftreibung der Epiphysenenden bei Rachitikern immer die Chondroepiphyse selbst,
so dass die Diaphysenenden eine unvermittelt auftretende Verbreiterung im Röntgenbilde erkennen
lassen, in Form einer becherförmigen Figur, bei welcher die Verkalkungszone nur in ganz ge-
ringfügiger Weise als eine etwas dunklere Linie: angedeutet erscheint. Diese becherförmige
Ausbreitung der Diaphysenenden ist nach Hochsinger charakteristisch für Rachitis. Ferner
betont Hochsinger, worauf übrigens auch Verfasser schon früher aufmerksam gemacht hat,
dass die Zeichnung der Spongiosa in der Nähe der Epiphysengrenze ganz und gar unregel-
mässig ist, dass die normaliter regelmässige Strichelung der Spongiosabälkchen fehlt; endlich
weist er noch darauf hin, dass grössere subchondrale Aufhellungsherde dem Röntgenbilde der
Rachitis vollkommen fremdartige Erscheinungen sind.
Ebenso wie eingreifende Veränderungen an den Epiphysengrenzen in analoger Weise
bei Lues hereditaria und bei Rachitis in Erscheinung treten, so sind auch diffuse periostale Auf-
lagerungen für beide typisch. Bezüglich der Differentialdiagnose gelten auch hier ähnliche
Momente. „Diffuses periostales Osteophyt findet man bei hereditärer Frühsyphilis am aller-
häufigsten im ersten Lebenssemester; bei Rachitis jedoch, wenn sie in dieser frühen Lebens-
periode klinische Manifestationen bedingt, äussert sich der Prozess vornehmlich durch eine Auf-
treibung der Chondroepiphysen und durch hervorragende Einschmelzungsprozesse der harten
Skelettteile, keineswegs aber noch durch gleichmässige Hyperostosen an den langen Röhren-
«2 Q A
B
Fig. 11.
knochen.“ (Hochsinger.) Kompakta und Osteophyt an den langen Röhrenknochen der Rachi-
tiker zeigen im Radiogramm wenig kräftigen Schatten, abgesehen bei älteren Kindern im Stadium
der Ausheilung des Prozesses. Auch soll sich die periostale Hyperostose bei Rachitis auf ein
viel grösseres Skelettgebiet auszudehnen pflegen als bei hereditärer Syphilis.
Wenn eingangs zugegeben wurde, dass die grobanatomischen Verhältnisse des rachitisch
verkrümmten Femur auch ohne X-Strahlen festzustellen seien, so muss doch eine Einschränkung
gemacht werden, nämlich bezüglich des Schenkelhalses, der nicht gut abzutasten ist, dessen
pathologische Veränderungen aber mit Recht eins der wichtigsten Kapitel der Chirurgie bilden.
Während die Deformationen des unteren Femurendes fast immer gleiche Bilder hervorbringen,
begegnet man am Hüftende einer grösseren Mannigfaltigkeit der Formen. Ich bringe beistehend
nur ein paar Pausen (Textfigur 11). Dutzende derartiger Deformationen zu projizieren, auf ihre
Entstehungsmechanik hin zu erforschen, den Epiphysenverlauf unter den veränderten Bedingungen
zu beobachten, eventuelle Strukturdetails zu erschliessen, sind jetzt Aufgaben, die einen jeden
Röntgenologen reizen können, und zu beneiden ist, wer über reichliches entsprechendes Material
verfügt. Nur muss gesagt werden, dass zehn brillante Negative, absolut scharf und mit tech-
nischer Vollkommenheit angefertigt, zum Studium mehr wert sind als hundert mittelmässige.
Denn erstere werden immer Strukturdetails zeigen, letztere nur grobanatomische Verhältnisse.
Rachitis. 37
Die häufig entstehende Verkleinerung des Schenkelhalsneigungswinkels ist bekannt,
ebenso die durch die Verkrümmung des Schaftes bedingte Vortäuschung einer Coxa vara,
während das Röntgenbild diese Verhältnisse aufdeckt (s. auch Coxa vara).
Die rachitische Coxa vara tritt vielleicht noch häufiger auf als die C. v. adoles-
centium. Auch so hohe Grade wie bei ersterer sehen wir bei letzterer nicht; welche enormen
Verbiegungen bei Rachitis möglich sind, beweist Fig. 6, Tafel III. Formen, wie sie bei Rachitis
gang und gäbe sind, werden in Fig. 2, Tafel X und Fig. 5 derselben Tafel demonstriert.
Ersterer Fall ist besonders denkwürdig. Nicht nur die Geschwister, sondern auch Eltern und
Grosseltern sind schwer rachitisch gewesen. Das Kind wurde wegen schwerer, typisch coxi-
tischer Beschwerden dem Krankenhause zugeführt. Das Radiogramm zeigt an der beschwerde-
freien Seite eine Verkrümmung des Femurschaftes nach aussen und eine eigenartige Konfiguration
des oberen Femurendes. Die kranke Seite zeigte einen schónen rechtwinkligen Neigungswinkel,
vor allen Dingen aber eine ganz veründerte Kopfepiphyse (s. Fig. 8, Tafel V). Der Kopf
bestand als Ganzes nicht mehr, sondern schien in drei flachgedrückte Fragmente aufgegangen.
Es wurde tuberkulóse Zerstórung der Epiphyse angenommen, was ja auch den klinischen
Symptomen nicht widersprach. Als der Gipsverband nach Wochen entfernt wurde, war fast
vollstándige, schmerzfreie Beweglichkeit nur mit Abduktionsbeschránkung, coxae varae causa,
vorhanden, dieselbe besteht auch heute, 2 Jahre spáter, noch, trotzdem man nach den Radio-
grammen von damals und heute annehmen músste, eine auch nur leidliche Beweglichkeit sei
gar nicht möglich.” Man ist wohl berechtigt, die Veränderungen für Knochentuberkulose zu
halten, die bis zum Gelenkknorpel ging, ihn aber nicht durchbrach, sondern ausheilte. Der
Fall wäre dann analog dem von Fig. 3 und 4, Tafel V zu setzen. Gespannt darf man wohl
sein, wie dieses Femurende und die Pfanne nach 10—20 Jahren deformiert sein werden.
Ein in Bezug auf die Knochenverbiegungen ganz kongruenter Fall liegt in Fig. 5,
Tafel X vor. Die Ähnlichkeit der gleichseitigen Hüften, die wieder so different von den
Hüften der anderen Seiten sind, wirkt verblüffend. In diesem zweiten Falle handelt es sich
um einen Erwachsenen, der Rachitis überstanden hatte.
Welche Rätsel dem Röntgenographen zuweilen entgegentreten, lehrt Fig. 2, Tafel III.
Hier war eine Knochenverbiegung schon &usserlich zu sehen und zu fühlen, die man für eine
einfach rachitische halten musste. Die Skiagraphie belehrt aber eines anderen. Ein paar
Centimeter oberhalb der distalen Epiphysenfuge weist das Réntgenbild ganz unregelmissig
gestaltete hellere Flecken auf, dazwischen Spongiosabälkchen unregelmässig durcheinander und
als besonders eigenartig helle, fast homogene Partien in der Corticalis. Eine solche besonders
grosse homogene Stelle sitzt auch ganz getrennt von den anderen am Trochanter minor.
Die Diagnose wurde zweifelhaft gelassen, ein operatives Vorgehen aber für unbedingt nötig
gehalten. Gedacht wurde in erster Linie an chronische schleichende Osteomyelitis, nur waren
die gleichmässig helleren Partien der Corticalis schlecht damit in Einklang zu bringen. Die Ope-
ration offenbarte alle die helleren Partien für Knorpeltumoren, für kleine Enchondrome, dazwischen
war an einigen Stellen die Spongiosa und Corticalis etwas sklerosiert. Anamnestisch sprach nichts
für Rachitis, und doch neigen die pathologischen Anatomen der Ansicht zu, dass bei solchen
Fällen rachitische Prozesse die erste Ursache bilden. Virchow?) hat darauf aufmerksam gemacht,
dass normalerweise an den Synchondrosen die Verknöcherungslinie sehr unregelmässig zackig
verläuft und solche Zacken des Knorpels ganz abgetrennt und inmitten des Knochens zurück-
bleiben können. An den Epiphysengrenzen der Röhrenknochen setzt eine solche Entstehung
isolierter Knorpelfragmente immer abnorme Össifikationsvorgänge voraus, und Virchow hat
von Anfang an als ihre wesentlichste Ursache rachitische Störungen geltend gemacht (cit. bei
M.B. Schmidt). Virchow erwähnt einen dem unsrigen ähnlichen Befund, wo sich bei einem
Erwachsenen im unteren Femurende knorpelige Einlagerungen im Knochen befanden.
1) Virchow: Über die Entstehung des Enchondroma und seine Beziehungen zur Ecchondrosis
und der Exostosis cartilaginea. Monatsber. der kgl. preuss. Akademie der Wissenschaften 1875, 8. 760,
38 Pathologische Anatomie.
Unser Fall wird vielleicht vom Verfasser spáüter einmal einer ganz ausführlichen
Bearbeitung unterzogen. Zu bedenken ist noch, dass auch im Fraktur-Callus Enchondrome
entstehen kónnen (eine Fraktur ist hier nicht erwiesen), dass sie in der Nähe infektiös osteo-
myelitischer Herde gefunden worden sind und dass sie bei chronischer Gelenkentzündung
jugendlicher Individuen sich ausbilden können (Virchow).
Ist der rachitische Prozess abgelaufen und die gekrümmten und sonst verunstalteten
Femora haben sich nicht gestreckt, dann bleiben sie so bestehen, wie sie bei Beginn des Abklingens
geformt waren. Das Róntgenverfahren giebt uns die Möglichkeit an die Hand, die
Ummodellierung der Architektur von Stadium zu Stadium zu verfolgen. So sehen wir in
Fig. 3 und 4, Tafel III einen Status bei noch bestehender
Rachitis. Das distale Diaphysenende zeigt noch die
pathologischen Vorgänge der Verknöcherungszone. Die
Corticalis des Schaftes zeigt grob die richtige Anpassung
an die veränderte Gestalt; Zug- und Druckbogen sind
schön zu übersehen, aber die Spongiosa in der unteren
Hälfte des Schaftes ist noch nicht fest und bestimmt
genug, man sieht die künftige Anordnung schon, aber an
einzelnen Stellen ist noch zu viel, an anderen zu wenig
angesetzt; das bedingt eine leichte, etwas regelmässige,
fleckige Marmorierung.
Einen in klinischer Beziehung abgeschlossenen
rachitischen Prozess haben wir Fig. 5, TafelllI vor uns.
Hier ist eine, von einem normalen Femur gleichen Alters
absolut verschiedene, und doch an sich festgefügte, mathe-
matisch richtig scheinende Architektur vorhanden. Keine
Andeutung von einem Durcheinander der Struktur mehr,
sondern scharfe, sich rechtwinklig treffende Bälkchen-
systeme. Verfasser möchte es nicht unterlassen, eine
Zeichnung direkt nach dem Originalnegativ anzufertigen
Fig. 12. und fügt dieselbe in Textfigur 12 bei. Dass in solchen
Fällen von unblutiger orthopädischer Therapie nicht viel
zu erhoffen ist, spricht wohl deutlich aus dem Röntgenbild.
Im Atlas der Radiographie von Redard und Laran finden sich drei vortreffliche
Röntgenbilder mit doppelter Coxa vara rhachitischen Ursprungs, von denen allerdings der
eine Fall, Tafel 84, wohl zu den Fällen von vorgetäuschter Coxa vara zu rechnen ist. Der
Neigungswinkel dürfte nicht verkleinert sein, wohl aber sind die Femurschäfte nach aussen
konvex gebogen. Die Femora sind in allen drei Fällen typisch rachitisch verändert; Röntgen-
bilder rachitischer Femora finden sich ferner bei Gocht und bei Hildebrand, Scholz, Wieting.
Beck (1902): „Ganz charakteristisch sind die Gewebsveränderungen bei der Rachitis infolge
des Minus von Kalkablagerung. Das Röntgenbild erinnert etwas an die Osteomalacie, von welcher es
sich jedoch dadurch unterscheidet, dass die eingestreuten Knochenstrukturen ein unregelmässiges Ar-
rangement aufweisen.“
Gocht (1903): Bei rachitischen Kindern darf man, wenn man einigermassen brauchbare Bilder
erhalten will, nur ganz schwaches und möglichst differenzierend zeichnendes Licht anwenden, da der
unvollkommene kalkleere Knochen sich nur wenig gegen die umgebenden Gewebe abhebt, ähnlich dem
osteomalacischen; besonders die Epiphysen bleiben abnorm lange durchsichtig und werfen einen mini-
malen Schatten auf dem Schirm und der Platte.“
Verfasser möchte zum Schluss noch auf die Möller-Barlowsche Krankheit und
ihre Röntgenbefunde der Femora kurz eingehen; zur Orientierung über diese seltene
Krankheit sei zunächst berichtet, dass sie aus drei klinischen Symptomen diagnostiziert zu
werden pflegt: Blutungen, speziell am Zahnfleisch und der Haut, Bestehen nıehr oder minder
Rachitis. 39
lebhafter Schmerzen bei passiven Bewegungen und Vorhandensein von meist auf die unteren
Extremitüten beschrünkten oder wenigstens diese zuerst befallenden Anschwellungen der Gelenk-
gegenden, besonders an den Knien, bei Freibleiben der Gelenke. Zuweilen sollen auch
Blutungen an anderen Schleimháuten als am Zahnfleisch gefunden werden; ferner hat man
die Ausscheidung von blutigem Urin beobachtet. Meist wird auch eine auffallende Blässe der
an Möller-Barlowscher Krankheit leidenden Kinder angeführt. Palpieren lassen sich mit-
unter Auftreibungen und Deformierungen der Röhrenknochen, besonders der unteren Extremitäten.
Am Seziertisch soll die Diagnose ausserordentlich leicht sein. Barlow behauptete, dass das
Wichtigste bei diesem Krankheitsprozess die subperiostalen Blutungen mit ihren weiteren Folgen
sind. Von Nägeli, Schödel, Nauwerck und Schmorl sind wir über die feineren histolo-
gischen Details unterrichtet. Dieselben fasst Eugen Fraenkel, dessen ausführliche Arbeit
über diesen Gegenstand ich hier in kurzen Zügen referiere, dahin zusammen, dass „die der
ganzen Krankheit ihren Stempel aufdrückende Skeletterkrankung, wie sie namentlich an den
Rippen und den Extremitätenknochen in die Erscheinung tritt, in wesentlichen auf eine
bestimmte, sich vor allen an den Knorpelknochengrenzen abspielende Affektion des Knochen-
marks zurückzuführen ist, welche darın besteht, dass an den bezeichneten Stellen aus dem sonst
hier vorhandenen, zahlreichen lymphoiden Mark ein an zelligen. Elementen armes, aus einer
homogenen Grundsubstanz und mehr oder weniger reichlichen, spindel- und sternfórmigen Zellen
bestehendes, meist auch nur spärliche Gefässchen enthaltendes, von Schódel und Nauwerck
als Gerüst- oder Stützmark bezeichnetes Gewebe tritt.“ Die Markerkrankung greift an den
Diaphysenenden auch auf die Rindenpartieen über. Es resultiert ein mit dünner, vielfach unter-
brochener Corticalis und durch hochgradige Armut an Trabekeln ausgezeichnetes Schaftende,
ein abnorm brüchiger, morscher Knochen, der selbst dem leichtesten Trauma, ja der physiolo-
gischen Wirkung des Muskelzuges gegenüber, sich haltlos erweist und Infraktionen oder Frak-
turen schwerster Art erleidet. Möller fasste die Krankheit als eine Art akuter Rachitis auf,
Barlow erblickte in der Rachitis nur ein prädisponierendes Moment und erkannte dem
hämorrhagisch-skorbutischen Prozess den Hauptanteil an der Erkrankung zu. Die Meinungen
sind auch jetzt noch geteilt. Fraenkel fasst sein Resumé dahin zusammen, dass er „die
Möller-Barlowsche Krankheit als eine durchaus eigenartige Affektion, als eine Erkrankung
sui generis betrachtet, welche in der Mehrzahl der Fülle sich auf dem Boden einer bereits
bestehenden, meist leichteren, bisweilen auch hóhere Grade aufweisenden Rachitis entwickelt,
welche indes in seltenen Fällen auch völlig unabhängig von jeder anderen Skeletterkrankung,
d. h. an vorher unveränderten Knochen entsteht.“ Fraenkel reproduziert Röntgenbilder
der Ober- und Unterschenkel von Knochenpräparaten und vom Lebenden. Als konstanter
Befund zeigte sich bei beiden besonders deutlich an den unteren Extremitäten, speziell den
Unterschenkeln, ein eigentümlicher, der jüngsten Zone des Schaftes der betreffenden
Knochen angehöriger, verschieden breiter dunklerer Schatten.
Anmerkung bei der Korrektur: Durch die Freundlichkeit des Herrn Kollegen Guradze
wurde mir vor ein paar Tagen folgender Fall zugeführt: 3jähriges männliches Kind; Eltern gesund, die
anderen drei Geschwister gesund, Mutter hat keine Totgeburten zu verzeichnen. Das Kind hat mit
°/, Jahren gut angefangen gehen zu lernen; mit 1 Jahr habe es einen Ausschlag über den ganzen Körper
gebabt; seither immer mehr kränklich. — Sehr blasses Aussehen; keine Blutungen an Haut und Schleim-
hüuten; Gliedmassen fast sämtlich etwas verunstaltet Beide Beine in der Hüfte stark auswärts rotiert.
Verdickungen an der Knorpelknochengrenze der Rippen. Sternale Enden der Claviculae fühlen sich nach
aussen luxiert an. Auftreibungen der meisten Gelenkgegenden. Bei jeder Berührung, besonders bei Be-
wegungen, aktiven wie passiven, schreit das Kind laut auf, während es sonst ruhig und vernünftig ist.
Bewegungen in den Gelenken ohne mechanische Behinderung. Radiogramme: In beiden Lungen auf
Hilusdrüsentuberkulose verdächtige, sehr deutliche Schatten. Knochen des ganzen Körpers von abnormer
Durchlässigkeit für X-Strahlen. Auftreten der Knochenkerne dem Alter entsprechend. Die Verknöche-
rungszone an den Fugen nicht scharf konturiert, sondern zacken- und fransenfürmig ausklingend, an fast
allen Knochen ohne intensivere Schattenzone, dabei sind die Diaphysenenden etwas (becherförmig) ver-
breitert; eine Corticalis ist nur an den grössten Róhrenknochen von Spongiosa deutlich zu differenzieren,
40 Pathologische Anatomie.
an allen anderen ziemlich gleichmässiger Knochenschatten aus meist unregelmässigen aber scharfen
Bälkchenzügen bestehend. Rippen und alle langen Röhrenknochen von Frakturen und Infraktionen
durchsetzt. Keine grösseren Dislokationen, obgleich die meisten Frakturen reine Querfrakturen. Um
jede Fraktur und Infraktion auf weite Strecken hin bis 4mm Dicke mittelkrüftige Schatten (Osteo-
phytanschalen) besonders ausgeprügt an den Femora und Humeri. Hiftgelenksgegenden eingedrúckt.
Beckeneingang kleeblattfórmig. — Nach diesen bisherigen Untersuchungsbefunden scheint es sich hier
mit grosser Wahrscheinlichkeit um Möller-Barlowsche Krankheit mit Rachitis zu handeln.
Osteomalacie.
Die Osteomalacie ist in der Róntgenliteratur bisher etwas stiefmütterlich behandelt
worden. Zwar werden in jedem grósseren Sammelwerk die Vorteile der X-Strahlenuntersuchung
bei Osteomalacie betont, doch ist kaum einmal ein gutes Bild davon publiziert, noch existiert
eine ausführlichere Beschreibung eines Skiagramms. Es hat das wohl seine natürlichen Gründe. -
Beckenaufnahmen Erwachsener gelingen nicht immer, oft selbst da nicht, wo der normal kalk-
haltige Knochen ein kontrastreiches Photogramm ergeben miisste, geschweige denn bei solchem
Verlust der Kalksalze wie bei Osteomalacie. War aber jemand im Besitz von Röntgenplatten
hochgradig osteomalacischer Becken und Femora, dann waren die Konturen der Knochen so
blass angedeutet, dass sie bei einer eventuellen Reproduktion ganz verloren gegangen sein
würden. So ist es wenigstens Verfasser mit den beiden Fällen von Osteomalacie gegangen, die
er radiographierte. Nun kommen aber sicher zahlreiche Fälle vor, bei welchen die Osteomalacie
relativ früh festgestellt wird und die vielleicht recht instruktive, diagnostisch wertvolle Bilder
ergeben, zumal beim heutigen Stande der Blendentechnik. An solchen Radiogrammen also mangelt
es bisher sehr. Möge dem bald abgeholfen werden.
Verfasser konnte bei den beiden Becken mit hochgradiger Osteomalacie, die ihm zu
Gebote standen, eine schwache Andeutung der Corticales erkennen, die den Verlauf der Linea
innominata, typisch verändert durch die Einknickung der Schambeine, verfolgen liess.
Lauper hat einen Fall von Osteomalacie sehr eingehend untersucht und in den
„Fortschritten“ mitgeteilt. Es war ihm nicht gelungen, im Höhestadium der Krankheit Bilder
der Knochen zu erhalten. Erst im Abklingen des Prozesses wurden die Knochen etwas deut-
lich. Das sehr lehrreiche, instruktive Radiogramm, das beste, was die Röntgenliteratur über
Osteomalacie aufweist, zeigt sehr klar die Verunstaltung des Beckens, die eingedriickten Húft-
partien und den noch müssigen Kalkgehalt. Die Schenkelhálse sind coxa vara-ühnlich ver-
bogen. Die Femurschüfte entwerfen ein lichtes Schattenbild mit prügnanten Konturen, weisen
aber nur eine schmale Corticalis auf. Die distalen Enden der Femora sind ebenfalls verbildet,
áhnlich wie bei hochgradiger rachitischer Verkriimmung.
Gocht hat das obere Femurende einer verstorbenen Frau róntgenographiert, die an
Osteomalacie gelitten hatte. Der ganze architektonische Aufbau des Knocheninnern war ver-
schwunden, nur wenige Bälkchenzüge der Spongiosa waren noch erhalten, die Kompakta war
vollkommen zerfasert und von ganz enormer Dünne; das Knocheninnere zeigte ganz blasse fleckige
Marmorierung. Auf anderen Beckenaufnahmen einer Osteomalacischen waren die Knochen eben-
falls nur angedeutet, ohne jede Spongiosazeichnung und mit dünnster Corticalis.
Von Beckmann existiert eine Arbeit über Callusbildung bei osteomalacischen
Frakturen, in welcher sich auch das Skiagramm einer Femurfraktur findet. Bei Osteomalacie soll
es oft zu recht reichlicher Callusbildung kommen, der Callus aber entweder gar nicht oder nur
mangelhaft ossifizieren. Der eine Fall Beck manns, eine Vorderarmfraktur, lásst reichlichen Callus
palpieren, derselbe ist aber ohne Kalk, denn im Róntgenbild ist keine Callusandeutung zu sehen.
Der zweite Fall, eine Femurfraktur, zeigt hingegen fünf Monate nach dem Unfall noch abnorme
Beweglichkeit der Fragmente. Weder das Róntgenbild hat einen Callusschatten, noch lüsst sich
ein Callus fühlen. Beckmann schiebt das Ausbleiben desselben hier auf das vorgeschrittene
Stadium der Krankheit. Der Knochenschatten selbst weist ein gleichmüssiges lichtes Lumen
und dünne Corticalis auf,
Atrophie. | 41
Es würe zu wünschen, dass Radiogramme klinisch ausgeheilter Falle von Osteomalacie
aufgenommen und publiziert würden, um zu erforschen, ob sich eine der früheren Architektur
ähnliche wiederherstellt oder ein mehr gleichmüssiges Spongiosanetz entsteht, ob Sklerosierung
sehr háufig und wie die zuweilen erfolgende cystische Entartung der Knochen aufzufassen ist.
Atrophie.
Das Kapitel der Atrophieen ist durch die Róntgenographie um ein pathologisches Novum
vermehrt worden. Wenn auch frühere Arbeiten, so von Poensgen!) und Gurlt?), der zu
besprechenden Affektion zugehörige Facta bereits gebracht haben, so war es doch erst Sudeck,
der mit Hilfe der Róntgenstrahlen die sog. „akute Atrophie der Knochen“ in ihrem eigentlichen
Wesen genauer beobachtet und beschrieben hat. Sudeck zeigte zunächst, dass nach Ent-
zündungen grösserer Gelenke, sowie nach Traumen der Extremitäten innerhalb weniger Wochen
eine bedeutende Knochenatrophie einsetzt, und zwar, was das Auffälligste war, nicht nur in den
direkt beteiligten, sondern auch in den benachbarten Knochen. Sudeck führte damals die
Ursache auf entzündliche Prozesse in erster Linie zurück. Die mannigfache Ursache des Auf-
tretens dieser Atrophie, ihr Erscheinen bei Affektionen, wo es am wenigsten, ihr Fehlen hin-
wiederum da, wo es am ehesten erwartet wurde, gaben Verfasser seinerzeit den Anlass, sein
Buch über „Knochenerkrankungen im Röntgenbilde“ zu schreiben. Ich betonte darin, dass die
bei Luxationen, Frakturen, schweren Weichteilschädigungen und Tuberkulose schnell und hoch-
gradig auftretenden Knochenatrophieen auf trophoneurotische Ursache zurückzuführen seien,
dass die Inaktivität aber eine untergeordnete Rolle spiele. Zur gleichen Zeit erschien eine Arbeit
von Kienböck „Über akute Knochenatrophie bei Entzündungsprozessen an den Extremitäten
(fälschlich sogenannte Inaktivitätsatrophie der Knochen) und ihre Diagnose nach dem Röntgen-
Bilde“. Auch Kienböck wies darauf hin, dass die traumatische Knochenatrophie gleichen
Ursprung wie die Atrophie bei Entzündungen habe und dass sie jedenfalls als trophische Störung
aufzufassen sei.
Die akute Knochenatrophie lässt sich radiographisch oft schon acht Wochen nach dem
Unfall nachweisen. An den Knochen der weniger umfänglichen Extremitätenteile zeigen
die Spongiosapartieen im Radiogramme ein eigenartiges scheckiges Aussehen. An Stellen einiger
sonst vorhandener Spongiosabälkchen sind Lücken in der Architektur; die noch nachweisbaren
Trabekeln haben unbestimmte, verwaschene Konturen, auch die Corticalis beginnt bald kleinste
Flecken aufzuweisen, so dass das ganze Knochenbild einen kontrastlosen, verwaschenen, fleckigen
Eindruck macht. In den hochgradigsten Füllen treten die Flecken dann mehr zurück, um ein
mehr homogenes schleieriges Bild zu schaffen. Zu gleicher Zeit lässt sich klinisch auch akut ein-
setzende Muskelatrophie beobachten, ferner Cyanose und Kältegefühl der Haut.
Bildet sich die Affektion zurück, so treten zunächst wieder zarte aber scharfe Bälkchen-
züge in der Spongiosa auf, die allmählich an Dicke zunehmen und die frühere Architektur oder
bedingendenfalls eine veränderte wieder herstellen.
Man kann diese Atrophie nicht eine entzündliche nennen, weil sie bei entzündlichen
Prozessen einer Stelle des Knochens nicht auf die nächste Umgebung des Prozesses beschränkt
bleibt, sich auch nicht bloss über den betreffenden ganzen Knochen ausbreitet, sondern
die benachbarten Knochen auf eine grosse Strecke hin mitergreift. Ausserdem kommt die
akute Atrophie, wie schon erwühnt, ebenso hüufig bei nichtkomplizierten wie bei komplizierten
Frakturen vor, auch nach einfachen Luxationen und Muskel- und Kapselzerreissungen. Man
muss nach alledem vielmehr annehmen, dass dabei ein trophoneurotischer reflektorischer Vor-
gang vorliegt.
1) Poensgen, Beobachtungen aus Czernys Klinik in Heidelberg. Berliner Klin. Wochenschrift 1886.
3) Gurlt, Gelenkskrankheiten. Berlin 1858, S. 356.
Kühler, Hüftgelenk und Oberschenkel, 6
49 Pathologische Anatomie.
Spüter hat Nonne auch bei Polioencephalitis infantilis acuta, cerebraler Hemiplegie,
Poliomyelitis anterior acuta und chronica, endlich bei Myelitis transversa, in einzelnen Füllen
akute Knochenatrophie konstatieren kónnen.
| Aus dem Réntgenbilde ist ohne weiteres zu schliessen, dass es sich um eine ganz be-
deutende Resorption der Kalksalze handelt, Exner hat bis 67 Prozent Kalkmangel festgestellt.
Das mikroskopische Bild zeigt uns hochgradige Rarefikation und Halisterese.
Die in ihrem Wesen und ihrem Verlaufe am besten an Hand und Unterarm zu
studierende akute Knochenatrophie tritt natiirlich in gleicher Weise auch an anderen Skelett-
partien auf, so am Femur und an der Pfanne. Doch sind diese Knochen zum Studium solcher
Vorgünge etwas weniger geeignet, weil, wenigstens beim Erwachsenen, die radiographische
Deutlichkeit der normalen Spongiosazüge hier weniger zu verfolgen ist, als an den kleinen
Róhren- und Handwurzelknochen.
Man darf sich die Entstehung der verschwommenen Schattenzeichnung nicht so vor-
stellen, als ob eben sich auflósende und noch nicht fortgeschaffte Kalksalze die Erscheinung
bedingten. Lásst sich das auch nicht direkt beweisen, so doch auf Umwegen. Die Spongiosa-
struktur besteht aus Bülkchen von feinstem bis zu einem gewissen Dickendurchmesser, je nach
der Masse des betr. Knochens. Tritt rapide Entkalkung ein, so verschwinden natürlich zuerst
die feinsten Bälkchen. (Was aus der Knochengrundsubstanz wird, lässt sich natürlich am Ra-
diogramm nicht ersehen.) Durch Ausfall dieser feinsten Bälkchen entstehen im Schattenbild
deutliche Lücken. An den Stellen aber, wo die Trabekeln etwas stärker sind als die allerdünnsten,
entsteht zunächst keine direkte Lücke, sondern ein noch kalkhaltiges, aber fadendünnes und
infolge der Resorption an seiner Peripherie rauhes Bälkchen kann, da es niclıt direkt der Platte
aufliegt, keinen linienartigen Schatten werfen, sondern nur die Andeutung eines solchen, einen
Schleier; d.h. der Schleier entsteht vielmehr durch die Unmenge feinster, in allen Richtungen über-
einander liegender, wegen der Entfernung von der Platte unscharfer Schatten. Muss man doch be-
denken, dass die Balkensysteme nicht alle in Parallelebenen zur Platte gelegen sind, sondern in allen
möglichen Ebenen verlaufen. Dieser Wirrwarr ist es vor allen Dingen, der die unregelmässige
Verschwommenheit und Fleckung bedingt. Die stärkeren Bälkchen sind im Bilde noch als
Striche sichtbar, aber ohne scharfe Grenze, da sie ja auch an ihrer Peripherie benagt sind.
Wenn man solche im Röntgenbild am Lebenden fleckigen verschwommenen Knochen nach
Operation durchsägt und Radiogramme der Knochenpräparate mit aufliegender Sägefläche an-
fertigt, so erhält man ein klares, scharfes Bild ohne Verschwommenheit. Die feineren und
feinsten Bälkchen haben hier so nahe der Platte gelegen, dass sie bestimmte kräftige Schatten
geben. Will man aber nun artefiziell ein verschwommenes Bild konstruieren, so radiographiert
man den Knochen in 2 cm Entfernung desselben von der Platte, Schnittfläche fokalwärts, oder
noch bequemer, man kopiert das vorhin erhaltene Negativ des Präparates, indem man die Glas-
seite dem Kopierpapier anlegt.
Bei Knochen nun, die von dicken Muskellagern umhüllt sind, befinden sich alle Spon-
giosabälkchen relativ weit von der Platte entfernt; das Negativ des normalen Knochens kann
da natürlich keine so klare, detailreiche Architektur zeigen wie etwa die Knochen der Hand-
wurzel. Die Folge davon ist, dass hier alle Veränderungen akuter Atrophie im Röntgenbild
weniger präzis sich widerspiegeln. Gerade das für diese Läsion am meisten typische, das scheckige
Aussehen, wird wenig ausgesprochen sein, es wird mehr das Verschwommene zur Geltung
kommen. Bei Kindern mit zartem Muskelsystem, wo das Femur nahe der Platte zu liegen
kommt, kann natürlich auch hier das scheckige Aussehen sich gut markieren, s. z. B. Fig. 2,
Tafel IV. Das Verschwommene tritt mehr zu Tage bei der Fraktur Fig. 9, Tafel XI, wenn
auch nicht zu leugnen ist, dass in diesem Falle das Höhestadium des Prozesses schon vorüber
ist. In der Umgebung von Tumoren findet man sehr selten Atrophie, wie auch ein Blick auf
Tafel XII lehrt. Nur wenn der Tumor eine ausnehmende Grösse erreicht hat, beginnen Anfänge
von Atrophie; diese Atrophie gehört aber kaum zur akuten Atrophie. Bei Arthritis deformans,
Atrophie. 43
bei Rachitis, bei Syphilis, embolischer Gangrán, Coxa vara adolescentium etc. findet man
spárliche Atrophie; keine hochgradig akute. Nach Infraktionen kommt letztere auch kaum
vor, aber selten fehlt sie nach Frakturen, besonders wenn Pseudarthrosenbildung in Aussicht
steht. Akute Knochenatrophie entsteht ferner oft nach Operationen, Resektionen (Fig.24, TafellI),
Amputationen (Fig. 22), Osteotomien (Figg. 18 u. 21, Tafel II); sie nimmt in Kürze eine äusserst
hochgradige Form und Ausdehnung an bei Tuberkulose (Fig. 1, Tafel VI), besonders bei Tuber-
kulose der Synovialis eines Gelenks (Fig. 1, Tafel V) und bei Beginn am Periost. Entsteht da-
gegen ein einziger fungóser Herd mitten in einer Epiphyse, dann bleibt jede Atrophie aus, bis
der Herd den Gelenkknorpel durchfressen oder sonst nach den Weichteilen durchgebrochen ist.
So sehen Sie in Fig. 8, Tafel V einen erbsengrossen Herd im Caput femoris, der noch nicht
mit dem Gelenk kommuniziert, der aber dicht an den Knorpel herangelangt ist; man entdeckt
nümlich kaum einen Knochenabschluss nach dem Gelenkspalt zu; und doch ergiebt die fast
normale Beweglichkeit und Schmerzlosigkeit (nur freiwilliges Hinken bestand) den Beweis, dass
das Gelenk selbst intakt ist. Auf Knochen und Gelenkkapsel ausgebreitete Tuberkulose mit
umfänglicher Atrophie der ganzen Beckenhälfte und des ganzen Oberschenkelknochens in Fig. 1,
Tafel VI bestand. Die Atrophie schwindet bei ausheilender Tuberkulose nur sehr langsam wieder.
Bei Osteomyelitis hingegen ist der ganze Verlauf ein wesentlich anderer. Haben wir
einen der schleichenden Fälle vor uns, die nie zu hohem Fieber und Aufbruch, aber zu zeit-
weisen Schmerzattacken führen, so finden wir niemals akute Knochenatrophie. Handelt es sich
aber um einen sehr akut verlaufenden Fall, so tritt folgendes ein: Schon ca. vier Wochen nach
dem ersten Fiebertag ist Verschwommenheit und Fleckung des betreffenden Knochens nachzu-
weisen (Fig. 1 u. 2, Tafel IV), die bald hochgradiger werden. Die akute Atrophie dauert aber hier nicht
lange an. Auf Durchbruch nach aussen oder chirurgischen Eingriff folgt noch eine kurze Steigerung
(Fig. 5), dann aber verschwinden die Flecken und die Verschwommenheit in der Struktur bald,
um einer kräftigen scharfen Architektur wieder Platz zu machen resp. ganz dichte, auf Sklerose
hindeutende Schattenpartien aufzuweisen (Fig. 7 u. 8, Tafel IV). So wird bei akuter infektiöser Osteo-
myelitis die Reihenfolge: gesunder Knochen, höchstgradige akute Atrophie in weiter Umgebung
der eitrigen Stelle, Abklingen der Atrophie, Wiederherstellung des früheren Kalkgehalts und
neuer Struktur in ca. 1!/, Jahren durchlaufen, während sie bei Tuberkulose etwa 6—10 Jahre
dazu braucht. Und selbst dann ist bei der klinischen Restitutio nach Tuberkulose der Knochen
immer noch kalkarm zu nennen, vgl. z. B. Fig. 9, Tafel VI, als Gegensatz hierzu die klinisch
geheilt zu nennenden Osteomyelitiden Figg. 8 und 9, Tafel IV. Wenn die akute Atrophie
schwindet, bilden sich, wie erwühnt, neue zarte Bülkchen von bestimmter Gestalt oder.die ent-
kalkte Knochengrundsubstanz nimmt wieder mehr Kalksalze auf und bildet wieder scharfe
Spongiosaschatten im Róntgenbild. Ausser bei akuter Osteomyelitis, wo es später sehr häufig
zur Sklerose kommt, erreichen nach anderen Läsionen die Trabekel selten wieder die frühere
Masse. Oft bleiben sie so zart, dass sie im Femur sich nicht auf die Platte projizieren lassen,
nur die verdünnte Corticalis giebt einen scharfen Schatten, die Spongiosa scheint ganz
geschwunden, so z. B. in Fig. 6, Tafel VIII. Es ist nicht ausgeschlossen, dass hier eine alte
gonorrhoische Coxitis vorliegt.
Kienbóck hat nümlich nachgewiesen, dass auch bei gonorrhoischer Coxitis sich
akute Atrophie auszubilden pflegt. Er beschreibt in der betreffenden Arbeit unter anderen den
Befund an zwei Hüften. Bei der einen war das proximale Femurende nach oben luxiert,
dabei vielleicht etwas deformiert, die Pfanne etwas gewandert, die Konturen leicht verschwommen.
Im anderen Falle zeigte das Röntgenogramm ebenfalls eine nach oben hin vergrösserte
Pfanne, der Kopf des Femur und der Pfannenteil des Beckenknochens waren im Schattenbild
aufgehellt, und man sah rarefizierte, abnorm gerichtete Knochenbälkchen; ob es zu vollkommen
knöcherner Ankylose gekommen war, liess sich aus dem Bild nicht gut entnehmen; die Form
des Kopfes war ein wenig verändert.
Haben wir uns bisher nur mit der akuten Knochenatrophie beschäftigt, so darf selbst-
6*
44 Pathologisehe Anatomie.
verständlich dieInaktivitätsatrophie nicht ganz vernachlässigt werden. Bei letzterer, fast genau
wie bei der Altersatrophie, haben wir, selbst nach langer Inaktivität, eine derartig geringe Ver-
minderung der Kalksalze, dass sie bei Vergleich mit der gesunden Seite eben noch gerade zu
konstatieren ist. Die Corticalis ist um ein kleines Mass dünner, die Spongiosa zeigt durch-
gängig etwas zartere Bälkchen. Diesen Zustand treffen wir in der Pfannengegend an, ein paar
Jahre nach Amputation des Oberschenkels; im Vergleich zur akuten Atrophie beträgt hier der
Kalkschwund schätzungsweise nur etwa ein Zehntel gegenüber Fällen mit akuter Atrophie. Es
ist ja nicht zu bezweifeln, dass bei Fällen mit akuter Atrophie, wo ausserdem eine lange Ruhig-
stellung des Gliedes erforderlich war, die Inaktivität an und für sich auch eine gewisse Resorption
der Kalksalze bedingt, in Anbetracht des übermässigen Kalkschwundes der gleichzeitigen akuten
Atrophie jedoch kommt jenes Minimum kaum erheblich in Berechnung.
Eine eben gerade noch erkennbare Atrophie der Gelenkenden der Knochen trifft man
gewöhnlich bei chronischem Gelenkrheumatismus und anderen milden Gelenkaffektionen
unbestimmter Ursache an. Bei Arthritis urica werden leichte Arrosionen der Knochengelenk-
konturen gefunden. Nach jahrelang bestehenden schleichenden Gelenkentzündungen ist Knorpel-
Schwund und beginnende Synostose mit mässiger Atrophie der Knochen beschrieben worden.
Über akuten Gelenkrheumatismus liegen Röntgenbefunde von Haim vor. Er schildert
die Veränderungen derart, dass man sie als solche akuter Atrophie annehmen kann. Akuter
wie chronischer Gelenkrheumatismus bedürfen noch recht sehr eingehender Röntgenexploration.
Mit diesen Leiden behaftete radiographierte Hüftgelenke sind eigentlich kaum einmal beschrieben.
Rosenfeld (1897). „Merkwürdig ist das Bild von Gelenken, in denen arthritische Veränderungen
auftreten, mag es sich um eine Polyarthritis rheumatica oder um eine gonorrhoische Gelenkerkrankung
handeln. Während sonst die Gelenkenden scharf abgesetzt erkennbar sind, erscheinen sie in affizierten
Gelenken wie verschleiert. Nur mit Mühe kann man noch die einzelnen Knochen unterscheiden, und
oft genug fehlt diese Differenzierungsmóglichkelt ganz."
Kienbóck (1903). „Diese Erscheinung („akute Knochenatrophie*) tritt speziell auch bei
schwerer gonorrhoisch-metastatischer Arthritis auf.“ ... „Subakute Entzündungen in einem oder wenigen
Gelenken mit hochgradiger Erweichung im Röntgenbild und ohne Erscheinungen von eitriger oder
tuberkulöser Affektion bestärken in hohem Masse den Verdacht auf gonorrhoische Natur der Arthritis.“
Gocht (1903). „Zur Unterscheidung zwischen Gicht und Rheumatismus kann die Durch-
strahlung auch benutzt werden, da die Gichtbilder einiges Eigentümliche aufweisen. Experimentell
ist nachgewiesen, dass das harnsaure Natron um vieles leichter für die Röntgenstrahlen durchgängig ist,
als der Knochen; demnach kann man die gichtischen Ablagerungen an den Enden der difformen
Extremitäten als hellere Flecke sehen, die Peripherie dieser Stellen ist gebildet von einem feinen,
dunkleren, weniger durchlässigen Saum. Die Gichtknoten sind teilweise ganz durchleuchtbar, teilweise
werfen sie einen tieferen Schatten.“
Osteoarthropathie hypertrophiante.
Bevor die radiographische Anatomie der Syphilis des Femur in das Bereich unserer
Besprechung gezogen wird, scheint es geboten, einige kurze Ausführungen über einen Knochen-
prozess vorauszuschicken, der in gewisser Beziehung auch bei der Knochensyphilis vorkommt,
wenigstens bei der irritativen Form derselben; gemeint ist die sogenannte Periostitis hyper-
plastica. Röntgenuntersuchungen eines davon betroffenen Oberschenkelknochens liegen bisher
noch nicht vor, auch ist Verfasser nicht in der Lage, solche zu bringen. Da indessen dies-
bezügliche Sektionsbefunde auch des Femur existieren, dieselben hinwiederum erklärlicherweise
sehr rar sind, dürfte hier der Platz sein, das Wesen dieser Affektion zu erörtern, insbesondere
deshalb, weil hier die Radiographie fördernd eingreifen kann.
Das Hauptmoment des Leidens besteht in der Ausbildung reichlicher Osteophyten-
lager an den kurzen und langen Röhrenknochen. Dabei werden wieder die Partien
bevorzugt, welche, nicht umgeben von massigen Muskelwülsten, nahe der Haut liegen. So
ist ihr Lieblingssitz an entsprechenden Stellen des Radius und der Tibia (ganz wie bei der
Ostevarthropathie hypertrophiante. 45
luetischen Periostitis ossificans). In Anbetracht aber, dass zuweilen auch unter dicken Muskel-
lagern geschützte Knochen bei der Sektion erkrankt angetroffen worden sind, die am Lebenden
der Palpation nur unzugänglich waren, steht zu erwarten, dass das Femur häufiger befallen
war, als bisher entdeckt wurde. |
Von Marie!) wissen wir, dass die Periostitis hyperplastica bei chronischen Lungen-
krankheiten, insonderheit fötider Bronchitis, an kurzen und langen Röhrenknochen sich zu etab-
lieren pflegt: daher auch die Bezeichnung: Ostéoarthropathie hypertrophiante pneumique.
Sehr bekannt ist das gleichzeitige Erscheinen von Trommelschlügelfingern, deren Volumens-
zunahme aber — auch diese Aufklärung verdanken wir den X-Strahlen — auf Kosten der
Weichteile zu setzen ist. Bamberger?) zeigte, dass sie auch bei Herzfehlern, die mit venósen
Stauungen einhergehen, sich ausbilden kann. Schliesslich konnte sie Obermayer?) auch bei
chronischem Ikterus nachweisen. Es entstand die Theorie, dass aus Sekreten resorbierte
chemisch wirkende Agentien die Knochenbildung beeinflussen können. Ähnliche Wirkungen
sind übrigens auch bei der chronischen Phosphorvergiftung konstatiert worden (Rose?) und
Wegner°). Auf Grund dieser Momente kann man sich Sternbergs Vorschlag nur anschliessen,
der für diese Fälle die Bezeichnung „Toxigene Osteo-Periostitis ossificans* empfiehlt.
Es bleiben nämlich auch Corticalis und Spongiosa bei diesem Prozess nicht indifferent. °)
Dass jede ossifizierende Knochenhautalteration sich radiographisch offenbaren muss, ist
eo ipso klar und braucht nicht wiederholt zu werden. Möglich aber scheint es, dass bei der
Mitbeteiligung des ganzen Knochens (eventueller Porose der Corticalis, Verdichtung der Spon-
giosa mit Einengung der Markhöhle), sich typische Röntgenbilder ergeben, die infolgedessen
von hohem differentialdiagnostischem Werte sein würden. Hier ist des ferneren noch darauf
hinzuweisen, welch grosse Rolle die Radiographie bei den Experimenten über Phosphorfütterung
zu: spielen berufen ist. Auch dabei wird man mit Vorliebe die Femora als die geeignetsten
Knochen wählen.
Einen Fall möchte ich unter dieser Rubrik noch referieren; wenn ich mir auch bewusst
bin, dass es kein Fall von typischer hypertrophierender Osteoarthropathie ist, scheint er mir
doch in dies Kapitel eher als in alle anderen zu passen.
Albers-Schónberg projizierte im Ärztlichen Verein Hamburg Februar 1904 Röntgenbilder
einer seltenen, bisher noch nicht beschriebenen allgemeinen Knochenerkrankung; ein junger Mann hatte
bei einem geringen Trauma beide Femora gebrochen, die mit mächtigen Callusmassen heilten. Radio-
graphisch fand man, dass beide Femora in ihrer ganzen Ausdehnung an Kalkgehalt abnorm zugenommen
hatten, so dass eine Spongiosa eigentlich nicht abzugrenzen war. Ähnliches Verhalten zeigte der Callus,
zeigten aber auch alle Knochenpartien des Körpers. Die untere Partie des Femur war unverhältnismässig
verdickt und sklerosiert. Alle Knochen gaben einen kräftigen, ziemlich gleichmässigen Schatten mit
eigenartiger leichter Andeutung von Marmorierung. An einzelnen Epiphysengegenden waren quer ver-
laufende kompakte Striche vorhanden, besonders auch an den Metakarpen und Phalangen. „Es handelt
sich im vorliegenden Falle um eine gleichmässige Veränderung des gesamten Skelettes, welche sich dadurch
dokumentiert, dass die Spongiosa zum Teil durch kompakte Knochensubstanz ersetzt worden ist, ferner,
dass aller Wahrscheinlichkeit nach der Kalkgehalt der Knochen ausserordentlich zugenommen hat. Die
Erkrankung charakterisiert sich ferner durch symmetrisches Auftreten von parallel verlaufenden Bändern
besonders an den Dyaphysen der Knochen der Hand, der Fibula und an den Rippen. Diese Bänder sind
möglicherweise durch Kalkumlagerung bedingt. Über die Ätiologie des Falles ist nichts bekannt. An-
haltspunkte für eine hereditäre Lues liegen nicht vor.*
1) Marie: De l'ostéoarthropathie hypertrophiante pneumique. Revue de méd. p. 1. 1890.
3) Bamberger: Über Knochenveründerungen bei chron. Lungen- und Herzkrankheiten. Zeitschr.
f. klin. Med. Bd.18. 1891.
5) Obermayer: Knochenveründerungen bei chronischem Ikterus. Wien. klin. Rundschau 1897.
4) Rose: Über tertiáren Phosphorismus. Deutsch. Zeitschr. für Chirurgie. Bd. 25.
5) Wegner: Der Einfluss des Phosphors auf den Organismus. Virchows Archiv 1872,
*) Die letzten drei Abschnitte sind bearbeitet nach M. B. Schmidt: ,Die allgemeine hyper-
plastische Periostitis und Ostitis^ in Lubarsch und Ostertags Ergebnissen der Allgemeinen Pathologie.
6. Jahrgang 1898. (Wiesbaden 1900.)
46 Pathologische Anatomie
Syphilis.
Das Hüftgelenk und der Oberschenkelknochen, die von einem Heer von Gelenk- und
Knochenkrankheiten am reichlichsten bedachten Abschnitte des menschlichen Skelettapparates,
werden von der Syphilis, wenigstens der erworbenen, auffallend selten heimgesucht. So hat
ein Syphilidolog, ein erster seines Faches, der auf eine 30 jährige Erfahrung zurückblickt, dem
Verfasser die Versicherung gegeben, dass ihm noch niemals ein Gumma des Femur in der
Praxis vorgekommen ist. Es entbehrt einer Berechtigung, annehmen zu wollen, dass dieser
Knochen absolut von Gummen verschont bliebe. Zweifellos entstehen, frühere luetische In-
fektion vorausgesetzt, solche Granulationsgeschwülste häufig an den Stellen der Knochen, die
vor Insulten am wenigsten geschützt sind, wie vor allem an der vorderen Kante der Tibia.
Andererseits werden sie aber zuweilen auch an tieferliegenden Knochenpartieen entdeckt. Be-
sonders sind dies die vom Mark ausgehenden Gummen. Fühlen kann man dieselben nicht,
auch gehen schwere syphilitische Schädigungen oft schmerzlos einher. Daher kann sie nur die
Sektion an den Tag bringen. Wie selten aber werden bei derselben die tieferliegenden Knochen
untersucht! Dass aber, wenn ein Forscher bei geeigneten Fällen sein Augenmerk darauf richtet,
lohnende Resultate nicht ausbleiben, sehen wir an Chiaris diesbezüglichen Autopsieen.!) Unter
seinen neun Fällen waren fünf Fälle, bei denen das Mark des Femur gummös erkrankt war.
Wenn Chiari daraus die Folgerung zieht, dass die centralen Gummata im Marke der langen
Röhrenknochen viel häufiger vorkommen, als man für gewöhnlich glaubt, dass sie öfters multipel
auftreten und dass sie intra vitam nicht selten ganz latent bleiben, so ist dem nur beizupflichten.
Die Folgerung, welche wir wieder daraus ableiten müssen, ist die, bei Luetikern in den späteren
Stadien der Krankheit alle langen Röhrenknochen abzuleuchten, selbst da, wo keine Beschwerden
auf das Knochensystem hinweisen. Dann wird sicher manches centrale Gumma des Femur
seinem verborgenen Dasein entrückt werden. Und der praktische Wert solcher Entdeckung?
Ohne Diagnose ist eine zweckentsprechende Therapie nicht möglich. Je sicherer fundamentiert
aber die Diagnose dasteht, desto trefflicher lässt sich die Therapie anwenden. Meines Wissens
ist es übrigens bei den Praktikern Brauch, der sich jedenfalls auf positive Thatsachen stützt,
dass die (intakte) Haut über syphilitisch erkrankten Knochen ganz besonders mit Ung. cinereum
versorgt wird.
Kommen wir nun zur röntgenographischen Anatomie der Syphilis des Femur
resp. der langen Röhrenknochen. In Ermangelung von Femurbildern, aus oben dargelegtem
Grund, möge es erlaubt sein, auch typische Bilder anderer luetischer Röhrenknochen hier wieder-
zugeben. Das ist dasselbe und nicht dasselbe: Dasselbe, insofern der syphilitische Prozess an
gleichartig geformten Knochengeweben gleichartig zerstörend und anbildend vorgehen wird;
nicht dasselbe, insofern die Lokalisation des Prozesses bei jedem Röhrenknochen verschieden
sein kann je nach Gefässversorgung, Morphologie, Architektur usw. Letzteres ist aber das
weniger Wichtige.
Unter den irritativen Prozessen deckt das photographische Röntgenbild am
häufigsten eine Periostitis ossificans auf. Dieselbe kann als eine zirkumskripte gefunden
werden oder die ganze Diaphyse ist ringsherum von der Schale des verknöcherten Periostes
eingeschlossen. Die lokale Periostitis pflegt bei Lues immer eine sehr massive zu sein, selten
bekommt man einen Knochen zu Gesicht, bei welchem das ossifizierte Periost noch durch-
lässiger ist als die Corticalis. Es bildet nur geringe Erhebungen, sein Kontur schneidet mit
scharfer, der Corticalis paralleler Linie ab. Die Dichte der Ossifikation ist differential-diagnostisch
zu verwerten. Ihren hohen Grad erreicht die tuberkulöse Periostitis (d. h. die Periostitis in
der Nähe tuberkulöser Herde) eigentlich niemals, die akut osteomyelitische erst dann, wenn die
1) Chiari: Zur Kenntnis der gummösen Osteomyelitis an den langen Róhrenknochen. Viertel-
jahrschrift f£. Derm. u. Syph. 1882 (cit. bei Stolper).
Syphilis. 47
Hóhe der infektiósen Reaktion vorüber ist. Wührend diese abgegrenzte Form mehr die Reaktion
eines traumatischen Reizes zu sein scheint, nimmt man für die Form, welche die ganzen
Diaphysen mehrerer Extremitätenknochen okkupieren, Resorption chemischer Noxen als Ur-
sache an.
Ein weiterer wenig geklärter Punkt ist die Frage der Fragilität von Knochen syphi-
litischer Individuen. Sowohl Spontanfrakturen sind beschrieben, die an gummösen Stellen ein-
traten (Volkmann, Honigmann); andererseits sind eine grössere Anzahl Fälle bekannt, wo
ein Trauma geringer Vehemenz an den Knochen Syphilitischer Frakturen setzte, ohne dass
histologisch eine Veränderung des betreffenden Knochengewebes sich offenbarte (Nélaton,
Tollin, Gross, Gurlt, Charpy) Eine Anzahl Theorien existieren, die sich im grossen und
ganzen darum drehen, ob Fragilitas ossium der Luetiker eine ‘spezifische allgemeine Skelett-
erkrankung ist (z. B. Schuchardt) óder ob man sie nur als eine allgemeine Ernährungs-
störung infolge von Kachexie aufzufassen hat. Da Luetiker oft auch Tabiker sind, gestaltet
sich das Studium solcher Frakturen nur noch interessanter.
Eine andere, von der Radiographie zu lösende Frage ist die nach der Heilungstendenz
solcher Frakturen. Es sind normale Heilungen und solche mit Pseudarthrose beschrieben.
Verfasser hält es für nicht ausgeschlossen, dass auch solche mit hypertrophischen, sklerotischem
Kallus aufgedeckt werden; so wenigstens könnte man nach den röntgenographischen Erfahrungen
von Frakturheilungen bei Tabes vermuten (cf. Kapitel resp. Abschnitt: Frakturen bei Tabes
und Syringomyelie). Übrigens berichtet auch Folinea!) von einer gut geheilten Fraktur des
Femur eines Syphilitikers; hinwiederum beschreibt er auch Fälle mit verzögerter Consolidation.
Sahen wir vorhin, dass die Röntgenstrahlen öfters selbständige Neubildungen des
Periostes nicht spezifischer Art zu Tage fördern, so muss hier noch beigefügt werden, dass
auch die Tela ossea irritativ in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Um die
spezifischen destruktiven Herde herum nämlich entstehen umfängliche Prozesse rein entzünd-
lichen Charakters, meist in Form von Hyperostosen und Osteosklerosen, die dem Radiogramm
ein ganz charakteristisches Aussehen verleihen. Wir kommen bald noch einmal darauf zurück.
Was den Typ der Syphilis, das Gumma, anbelangt, so sei zunächst auf alle Fälle
erwähnt, dass man nicht bis zum Tertiärstadium zu warten braucht, ehe man das Skelett auf
Gummen untersucht.
Beide Arten, das periostale und das centrale Gumma, sind im Röntgenbild zu erkennen,
wenn auch ersteres eine viel charakteristischere Zeichnung giebt.
Ein treffend typisches Bild eines frischen periostalen Gummas eines langen Röhren-
knochens bringe ich in Textfigur 13. Keine andere Knochenerkrankung kann ein auch nur
entfernt ähnliches Radiogramm schaffen. Proximal und distal der pathologischen Stelle sieht
man den Schatten des nurmehr auf ein paar Millimeter Länge ossifizierten und verdickten
Periostes. Zwischen diesen beiden Stellen ist der Knochen nirgends auch nur eine Spur scharf
begrenzt. Beim flüchtigen Hinsehen scheint Knochen- und Weichteilschatten allmählieh in
einander überzugehen, beim genauen Betrachten der Platte sieht man zunächst, dass die Corticalis
weichteilwärts an Substanz eingebtsst hat, dass diese Substanz aber nicht gänzlich fehlt,
sondern in kleinste, unregelmässige, faserige Gebilde zerteilt ist. Die Begrenzung ist eine
ähnliche, wie sie ein abgerissenes Stück Mull oder Watte zeigt. Nach innen zu ist die Rinde
etwas verdickt. Dies Gumma machte sich erst seit ein paar Wochen bemerkbar, daher auch
die noch geringen reaktiven Erscheinungen in der Corticalis. In späteren Stadien treten
letztere in Form von zuweilen müchtigen Hyperostosen und Sklerosen markanter hervor. Wo
aber ein Gumma sass, bildet sich kein neuer Knochen wieder. Die Stelle bleibt rarefiziert
So treffen wir bei einem syphilitisch verunstalteten Knochen in spüteren Stadien ein Wirrwarr
1) Folinea: Lésions traum. chez les syph. Trad. par L. H. Petit. Arch. gén. méd. 1881.
48 Pathologische Anatomie.
von Defekten und Hyperostosen, von Rarefikation und Sklerose, Veründerungen, die sich kaum
palpieren lassen, aber ein eigenartiges Róntgenogramm ergeben, das nur hóchst selten einmal
einem solchen alter eitriger Osteomyelitis oder alter ausgeheilter Tuberkulose entfernt ähneln
könnte. War die Diaphyse eines Róhrenknochens fast in toto befallen, so zeigt der Knochen
auch noch in seiner ganzen Form Verunstaltungen.!)
Über die gummóse Osteomyelitis existieren
überhaupt erst wenige Beobachtungen. Die relativ meisten
rühren, wie schon in der Einleitung zu diesem Kapitel
erwühnt, von Chiari her.
Sitzt ein kleiner gummöser Herd mitten in der
Markhóhle des Femur, so wird er radiographisch unent-
deckbar bleiben; vergrössert er sich, schmilzt die Innen-
schicht der Corticalis ein und ossifiziert das nächste
Periost, dann müssen ihn die X-Strahlen finden. Vor
Verwechselung mit beginnenden Tumoren wird die dicke
Rinde schützen, die bei Tumoren schnell papierdünn wird.
Hat indessen die gummöse Osteomyelitis sich umfänglich
ausgebreitet (die Destruktionen vergrössern sich bei Lues.
bekanntlich rapid), so kann auch hier die Rinde schliess-
lich papierdünn werden. Verfasser besitzt ein derartiges
Bild von einem proximalen Radiusdrittel eines zweifellosen
Falles von gummiser Osteomyelitis, welches aber eine grosse
Ähnlichkeit mit einem bösartigen Tumor bietet, Nur klingt
die distalere Partie des Knochens auf eine grosse Strecke
hin rarefizierend aus. Bei bösartigen Tumoren aber
schneidet die zerstörte Partie scharf gegen das gesunde
Knochengewebe ab.
Dass sich en Gumma an einer früheren
Frakturstelle lokalisieren kann, dürfte bekannt sein.
Sicher kann in solchen Fällen das Röntgenbild Klarheit
schaffen, sobald die klinischen Symptome darauf hinweisen.
Syphilitische Sequester sollen an den langen
Röhrenknochen seltener sich finden als am Schädeldach.
Ihre Entstehungsursache wird noch sehr eifrig diskutiert-
Französische Autoren treten dafür ein, dass die Nekrosen-
Fig. 13. bildung von der Eburnierung abhänge. M. B. Schmidt
Frisches periostales Gumma. hält dagegen die Annahme für am meisten berechtigt,
dass erst die eitrige Schmelzung des gummösen Gewebes -
im Knochen die Mortifikation herbeiführe. Da nun Eiterung nicht in den Entwiekelungsgang
des Gumma gehóre, behauptet Gangolphe?), dass jede syphilitische Nekrose auf einer Misch-
infektion mit pyogenen Mikroorganismen beruhe, wobei die Eburnierung vielleicht eine
begünstigende Rolle spiele.
Die Radiographie wird entscheiden, ob die syphilitischen Sequester an den langen
Röhrenknochen wirklich so selten vorkommen. Das Charakteristikum luetischer Total-
nekrosen ist ihre Dichte, im Röntgenbild also ihr kräftiger, strukturloser Schatten,
1) Derartige Radiogramme (von Vorderarmknochen) befinden sich in Verfassers Arbeit , Knochen-
erkrankungen im Róntgenbilde*, Tafel XII.
2) Gangolphe: Contribution à l'étude des localisations articulaires de la syphilis tertiaire.
Annales de dermat. et de syphiligr. 1885.
Syphilis. 49
welcher scharf gegen die umgebende, Zone kontrastiert.') Sehr kennzeichnend für die luetischen
Affektionen der Knochen ist ihr oft geradezu ideal symmetrisches Auftreten. Wenn ein Femur
eine spezifische Alteration zeigt, kontroliere man immer auch das andere.
Auch die Gelenke bleiben von der Syphilis nicht verschont, es liegt daher kein
Grund vor, anzunehmen, dass das Hüftgelenk eine Ausnahme machen sollte. F. Krause
glaubt, dass viele Affektionen der Gelenke im Spätstadium der Syphilis für Tuberkulose an-
gesprochen werden. Gummen sind primär in der Synovia, im parasynovialen Gewebe und im
Gelenkknorpel angetroffen worden, so von Borchard.*) Letzterer und Stolper vertreten die
Ansicht, dass jeder Hydrops bei Spätsyphilis auf Gummabildung der Synovialis, des para-
synovialen Gewebes oder des Knorpels zu beziehen ist. Röntgenuntersuchungen über synoviale
Gelenksyphilis stehen noch aus, nur Hahn berichtet ganz kurz über ein radiographisch
untersuchtes Kniegelenk, das syphilitisch erkrankt war, aber klinisch als bösartige Neubildung
imponierte. Anamnestisch wurde Lues festgestellt. Die Röntgendurchleuchtung ergab, dass
das Femur selbst nur indirekt beteiligt war, „indem sich auf demselben etwa 10 cm über
dem Kniegelenk beginnend und von dort nach abwärts zum Condylus internus ziehend eine
bis centimeterdicke periostale Auflagerung gebildet hatte. Dagegen erschien der ganze Con-
dylus internus wie aufgelockert, seine Knorpelknochengrenze wie augenagt, ergab sehr viel
helleren Schatten wie der Cond. ext. Ausserdem konnte gleichfalls durch das Röntgenbild ein
grosses Exsudat im Kniegelenk konstatiert werden, das die Patella weit nach aussen gedrängt hatte.“
Kienböck hat unter vielen anderen Fällen von Knochensyphilis im Röntgenbilde auch
einen solchen beschrieben, bei welchem das Femur beteiligt war. Es handelte sich um eine
rapid fortschreitende Lues des ganzen Skeletts, die Infektion lag erst zwei Jahre zurück. An
Tibia- und Fibuladiaphyse zeigten sich die Schattenkonturen uneben, zarte Knochenschatten
waren überall aufgelagert, stellenweise sogar in beträchtlicher Dicke. Die Corticales waren
streifig in vielfache Züge zerklüftet, die weit gegen die verengte Markhöhle vordrängten. Im
Diaphysenschatten mehr oder weniger längsovale bis bohnengrosse helle Herde, offeubar Corti-
calisdefekte; am Femur weniger zahlreich und nur auf der Streckseite.
Mit Absicht ist bisher nicht zwischen akquirierter und hereditärer Syphilis unterschieden
worden; scheint sich doch immer mehr herauszustellen, dass die bei beiden Formen auftretenden
Knochenaffektionen im grossen und ganzen dieselben sein können; nur bezüglich echter Gumma-
bildung bei der angeborenen Lues herrschen noch Zweifel; die einen wollen bei ihr richtige
zirkumskripte Gummen beobachtet haben (u. a. Wegner); andere dementieren diese Möglich-
keit und halten die Prozesse. welche bei Kindern als Gumma imponieren, für Gewebsnekrosen
mit entzündlicher Zellwucherung. Wer recht hat, müssen weitere mikroskopische Forschungen
entscheiden. Nur das der hereditären Lues eigentümliche Symptom der Knochenwachstums-
grenzen, die Osteochondritis neonatorum bedarf noch einer um so eingehenderen Be-
sprechung, als sie an den Stellen stärksten Wachstums, an der distalen Femurgrenze, am
prägnantesten sich ausbildet und nur mit Hilfe der Radiographie am lebenden Neugeborenen
sicher nachgewiesen werden kann. Bekanntlich ist diese Osteochondritis oft das einzige syphi-
litische Symptom des Körpers und wurde bisher vom pathologischen Anatom nicht selten
angetroffen, besonders an faultoten Früchten. Jetzt ist die sichere Diagnose sogar am Lebenden
ermöglicht.
Es dürfte kein Skelettteil vor dem Befallenwerden geschützt sein und doch werden
sich die langen Róhrenknochen, insonderheit Femur, Tibia, Radius und Ulna, sodann die kurzen
Röhrenknochen, weniger die Rippen und die Deckknochen der Schädelkapsel, gut zur Róntgen-
untersuchung eignen.
1) Zwei typische luetische Sequester zeigt Tafel XI in Verfassers Arbeit „Knochenerkrankungen
im Róntgenbilde*.
?) Dorchard: Über luetische Gelenkentzündung. Deutsche Ztschr. f. Chir. 1901.
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 7
50 Pathologische Anatomie.
Am gesunden, knorplig präformierten Röhrenknochen schneidet im Radiogramm das
epiphysenwärts gerichtete breite Ende der Diaphyse geradlinig resp. leicht konvex und scharf
kontrastierend ab. Es 'bedarf weiter keiner Auseinandersetzung, dass diese markante Linie der
Grenze zwischen Verknöcherungs- und Knorpelwucherungszone entspricht. Sieht man das Bild
genauer an, so kann man selbst die Breite der Verknöcherungszone wahrnehmen. Sie bildet
nämlich einen um ein wenig dunkleren Streifen, der auch gegen den übrigen Diaphysenknochen
relativ scharf abgegrenzt ist. Anders gestalten sich die Verhältnisse bei Osteochondritis
syphilitica. Hier sind die einzelnen Schichten nicht von normaler Dicke und nicht durch ebene
Flächen voneinander abgegrenzt. Die wichtigste für die fötale Syphilis charakteristische
Initialerscheinung ist die Verbreiterung und unregelmässige Gestaltung der Verkalkungszone.
Diese von Wegner!) zuerst beschriebenen, von Waldeyer, Köbner®), Heubner?) ergänzten
Untersuchungsresultate hereditär luetischer Knochen wurden in neuester Zeit von Hochsinger,
Kienbóck und Holzknecht in Bezug auf ihre radiographische Anatomie erforscht und
publiziert. Wie zu erwarten war (analog
den Róntgenogrammen rachitischer Knochen)
zeigten sich die anormalen Wachstumsvorgünge
der in Betracht kommenden Zonen auch im
Hóntgenbild (s. Textfigur 14 und 15).
Vor allen fällt die Verbreiterung und
unregelmässige Gestaltung der Verkalkungszone
auf. Dieselbe ist bis doppelt so breit als nor-
mal; sie ist ferner sowohl gelenk- als auch
diaphysenwärts mit zackigen Ausläufern ver-
sehen, welche epiphysenwärts infolge des Kon-
trastes zu dem transparenten Knorpel deut-
licher in die Erscheinung treten. Die oft auf-
fallende Länge letzterer, die übrigens nach der
Schwere des Prozesses feinere oder gröbere
Zacken und Fransen aufweisen, erklärt sich
daraus, dass erstens die verbreiterte Verkalkungs-
zone selbst durch kalkfreie oder wenigstens
kalkarme Stellen Unterbrechungen erleidet,
während wieder an anderen Stellen Kalkherde
weit in die Knorpelwucherungszone vorpostiert
. sind. Der diaphysüre stachelige, zackige Saum
SS entspricht wieder verkalkten Knorpelvorsprüngen
Ee nach der Markraumzone hin. Die Schatten-
Syphilis Neugeborener. Verbreiterung der Ver- iniongitüt der syphilitischen Verkalkungszone
kalkungszone und nach den Epiphysenknorpeln zu . : : :
.zackige, ausgefranste Beschaffenheit derselben (nach ist oft geringer als die einer normalen und
Kienbóck und Holzknecht). wird bedingt durch abnorm weite Markráume
und kalklose Knorpelinseln. Auf die Ver-
kalkungszone folgt weiter diaphyseneinwürts eine schmülere oder breitere, allmáhlich ver-
klingende durchlüssigere Zone. Sie ist der radiographische Ausdruck der Partie der jüngsten
Markraumbildung, die nur aus verkalkten Knorpelbälkchen und Markrüumen besteht.
1) Wegner: Über hereditäre Knochensyphilis bei jungen Kindern. Virchows Archiv Bd. 50. 1870.
2) Waldeyer und Kóbner: Beiträge zur Kenntnis der hereditären Knochensyphilis. Virchows
Archiv Bd. 55. 1872.
3 Heubner: Über articuläre und periarticuläre Eiterung bei der hereditáren syphilitischen
Knochenaffektion. Virchows Archiv Bd. 84. 1881.
Syphilis. 51
Die Osteochondritis syphilitica ist stets ein intrauterin entwickelter Zustand; ihre
Prädilektionsstelle ist das untere Femurende. Zeitlich und lokal anders verhält sich die
syphilitische Periostitis ossificans, die gleichzeitig an mehreren Röhrenknochen sich
bildenden flächenhaften Auflagerungen neuer Knochensubstanz, welche, in Epiphysennähe am
mächtigsten, sich nach der Mitte der Diaphyse zu verjüngen. Spezifisch gummös ist diese
Entzündung nie. Sie wird schon beim Neugeborenen ange-
troffen, wenn auch seltener als die Osteochondritis, und tritt
mit zunehmendem Alter (bis ca. zehn Jahr) immer stärker
hervor. Das untere Femurende ist aber nicht der Haupt-
lieblingssitz, sondern soll erst in dritter Reihe in Betracht
kommen (M. B. Schmidt). Nach letzterem Autor besitzt
die syphilitische Periostitis ossificans in ihrer gewöhnlichen
Erscheinungsweise die grösste Ähnlichkeit mit der rachitischen.
Hochsinger hält nach seinen radiographischen Untersuchungen
den Nachweis von schalenförmigen, durch einen dunklen
Schatten gekennzeichneten diaphysären Auflagerungen an den
Röhrenknochen in der ersten Zeit des extrauterinen Lebens
für charakteristisch für hereditär syphilitische Periosterkran-
kung, im Gegensatz zur Rachitis (s. d.). Es ist hier nicht
der Platz, auf das Verhältnis der Syphilis zur Rachitis be. a E
einzugehen; es steht jetzt wohl fest, dass beide nicht identisch sc sr
sind, dass aber die angeborene Lues eine Prüdisposition für Syphil. Fótus aus dem achten
Rachitis schafft. Was nun die Frage anbetrifft, ob man Lunarmonate (nach Hochsinger).
aus dem Róntgenbilde in dem Falle, dass keine hyper-
plastische. Periostitis ossificans zu entdecken ist, allein die Differentialdiagnose zwischen
Syphilis und Rachitis stellen kann, so lässt sich darauf vorläufig noch keine ganz sichere
Antwort geben. Die im Epiphysenknorpel ablaufenden Prozesse sind ja bei beiden Affektionen
schliesslich entzündliche oder toxische Reizungsphänomene des wachsenden und daher für Reize
ungemein empfänglichen Knorpels und als solche müssen sie einander ähnlich sein. Mikroskopisch
sind sie verschieden, grob anatomisch und radiographisch ähneln sie einander sehr. Schliesslich
soll ja auch aus dem Radiogramm allein die Diagnose nicht gestellt werden. Das Alter wird
immer mit den Ausschlag geben: Die Osteochondritis syphilitica ist angeboren und erreicht
ihren Höhepunkt in den ersten Monaten des extrauterinen Lebens. Die rachitische W.achstums-
störung an den Knorpelfugen beginnt im allgemeinen erst nach einem Jahr; bei syphilitischen
Kindern, die von Rachitis befallen werden, setzt die Rachitis zeitlicher ein, meist im zweiten
Lebensquartal, soll dafür aber auch rascher abheilen (Hochsinger). Ein noch wenig bearbeitetes
Kapitel ist ferner die radiographische Struktur der syphilitischen und rachitischen Diaphysen;
möglicherweise lassen sich hier sichere differentialdiagnostische Merkmale aufstellen. Eben-
sowenig geklärt ist die Ursache und Entstehung der syphilitischen Epiphysenlösungen.
Was endlich den frühsten Zeitpunkt anbetrifft, von dem an die radiographische
Diagnose der Osteochondritis syphilitica möglich ist, so geben Holzknecht und
Kienböck den siebenten, Hochsinger den fünften Lunarmonat an. Da es schwer hält,
nichtsyphilitische Föten aus dem fünften Monat zu bekommen, so ist eine baldige sichere Ent-
seheidung darüber nicht zu erwarten.
Aus allen Ausführungen dieses Kapitels geht hervor, dass gerade in Bezug auf die
Knochensyphilis noch viele strittige Punkte bestehen, die mit aufklären zu helfen geradezu
eine Pflicht der Róntgenologen geworden ist. Es ist absolut nötig, dass bei Syphilitikern im
zweiten und dritten Stadium und bei totgeborenen, vor allen auch bei weiterlebenden hereditär
syphilitischen Kindern, wo nur angängig, das ganze Skelett mit Röntgenstrahlen abgesucht
wird. Der Lohn für solche Mühe wird nicht ausbleiben. Der geeignetste der Röhren-
7*
52 Pathologische Anatomie.
knochen aber wird für difficile derartige Studien immer das Femur und zwar seine distale
Partie bilden.
Schjerning-Kranzfelder IV. 1896. ,Auch lassen sich darstellen das Weichbleiben und die
Verbreiterung der Verknócherungszone bei Rachitis, ihre Verbreiterung und Zackung bei hereditárer Lues."
Kienbóck (1902). „Es ist bekannt, dass bei Knochensyphilis Schmerzen fehlen können, und
selbst wenn diese vorkommen, ist ohne palpable Verdickung des Knochens die richtige Diagnose auf den
Ursprung der Reizerscheinung nicht sicher zu stellen. Heutzutage deckt die Róntgenuntersuchung die
anatomischen Verhältnisse im Leben auf, wie sie früher nur post mortem durch Sektion möglich war...
Die gummóse Affektion mit ihren osteoplastischen und osteoklastischen Prozessen,
Hyperostose, Sklerose und Rarefikation, giebt ein ganz besonders charakteristisches
Róntgenbild.*
Beck (1902) ,Der skiagraphische Ausdruck von Lues der Knochen ist ebenfalls für das
geübte Auge unverkennbar. Bei der kongenitalen Form begegnet man grossen oesifizierten Zonen in der
Epiphyse, welche unter normalen Verhältnissen sich in Rücksicht auf den knorpeligen Zustand noch
durchscheinend verhalten müssten. Andererseits findet man wieder in den Diaphysen helle Zonen als
Ausdruck ungenügender Ablagerung von Kalksalzen. Die Synostose zwischen den knorpeligen Epiphysen
und dem Diaphysenende erscheint als eine ausgesprochene Linie, welche ebenfalls als der Ausdruck ver-
frühter reichlicher Ablagerung von Kalksalzen aufzufassen ist. Gummata zeigen regelmässige hellschattige
Herde. Die Verdunkelung derselben nach dem Gebrauch einer antiluetischen Kur bestätigt die Diagnose.“
Maunoury (Bouchard, 1903) „Die hellen Flecke, die Gummen entsprechen ... sind fast
immer von einer sklerosierenden Ostitis begleitet, die radiographisch ein charakteristisches Bild ergiebt ...
sehr oft breitet dieselbe sich über die ganze Diaphyse aus, die dann eine mehr oder weniger betrüchtliche
Verdickung der Wünde des Markkanals darbietet. Diese Wünde haben keine geraden und parallelen
Ränder mehr, wie im normalen Zustande, sondern ihre Dicke ändert sich allenthalben, was ihnen ein
unregelmäseiges und knorriges Aussehen verleiht. Beim Erwachsenen ist es fast unmöglich, an dieser
dicken Knochenwand das alte Gewebe von den neuen periostitischen Anbildungen zu unterscheiden.
Diese Wand bleibt homogen, ohne jede Andeutung einer äusseren oder inneren Schicht. Beim Kind
verhält sich dies anders, wenigstens anfänglich. Da, wo eine syphilitische Läsion mehr oder weniger
regellos eine Diaphyse ergriffen hat, bildet das Periost eine breite und vom alten Knochen deutlich
unterscheidbare Schicht, die später mit ihm verschmilzt. Schliesslich sieht man bei der Knochensyphilis
nicht so häufig jene ausgedehnte Atrophie, wie bei der Tuberkulose. Wo der Knochen nicht luetisch ist,
ist er vollständig normal.
Gocht (1903). „Ein Patient hatte am linken Oberschenkel eine ziemlich scharf nach oben und
unten abgegrenzte Schwellung, die sehr schmerzhaft war, sich ganz hart anfühlte und in jeder Beziehuny
als eine Anschwellung des Femur imponierte. Dabei fieberte Patient. Die Róntgenaufnahme ergab
ein ganz normales Femur. Trotzdem wurde eingeschnitten, da wir der Aufnahme nicht ganz trauten;
es ergab sich nun weiter nichts, als eine ganz scharf umgrenzte pralle Infiltration der dem vorderen
Femurschaft anliegenden Muskelpartie, der Knochen war wirklich normal. Unter Jodkali verschwand
dann allınählich diese spezifische Infiltration.“
Hochsinger (1904). „... wird es sich herausstellen, dass wir in der Radioskopie eine Unter-
suchungsmethode von unschätzbarem Werte für die Erkenntnis der heriditär-syphilitischen Frühaffektionen
des Knochensystems überhaupt besitzen. Wir werden in der Lage sein, noch auseinanderzusetzen, dass
viele sehr wichtige anatomische Details der Epiphysenerkrankungen durch die Röntgenuntersuchung zur
Anschauung kommen und können gleichzeitig konstatieren, dass unsere histologischen Befunde mit den
auf radioskopischem Wege ermittelten Verhältnissen vollkommen harmonieren.“
Akute infektiöse Osteomyelitis.
Die Vornahme eines chirurgischen Eingriffs auf einen Krankheitsherd setzt voraus,
dass der Sitz des Übels unter Heranziehung aller in Betracht kommenden diagnostischen Hilfs-
mittel so exakt bestimmt wurde, als es nach dem augenblicklichen Stande der Wissenschaft
nur möglich ist. Haben Entzündungserreger ihren Eingang durch die Haut gefunden, im
Unterhautzellgewebe Halt gemacht und daselbst eine Reaktion ins Werk gesetzt, so sind zu
dem Zeitpunkte, wo letztere sich durch Schmerzen bemerkbar macht, wo der Patient den Arzt
begehrt, auch bereits äusserlich, jedem Laien zugänglich, Zeichen vorbanden, welche dem Arzte
Osteomyelitis. 598
mit einer positiven Sicherheit genau die Stelle bedeuten, wo er bei einem chirurgischen Eingriff
einzugehen hat, um den Sitz der Entzündungserreger zu treffen. Haben letztere sich tiefer
etabliert, im Bereiche der Muskeln, dann ist die Aufgabe des Arztes, vor dem Eingriff die
Lokalisation genau zu eruieren, schon schwieriger. Entzündliche Rötung braucht nicht vor-
handen zu sein, ein Tumor kann so flach sein, dass man ihn zwar palpieren, aber nicht sicher
den Punkt des Tumors bestimmen kann, unter welchem man direkt auf den Herd kommt; die
Fiebererhitzung ist bei diesen tieferliegenden Entzündungen allerdings meist an der Oberfläche der
Haut zu spüren, aber oft ist sie nicht auf eine zirkumskripte Partie beschränkt, sondern mehr oder
weniger ausgebreitet um den Herd herum zu spüren; bleibt von den Kardinalsymptomen der
Entzündung, die diagnostisch zu verwerten sind, noch der Schmerz übrig. Dieser kann erst
recht den Arzt irre führen. Jedenfalls tappt der Arzt um so mehr im Dunkeln, je tiefer ein
Eiterherd liegt. Immerhin macht es meist nicht viel aus, wenn ein Abscess in der Tiefe der
Weichteile nicht auf Anhieb gefunden wird. Es verschlägt nichts, wenn man einen breiten
Einschnitt macht und dann durch stumpfes Weiterarbeiten, Sondieren, Punktieren sein Ziel
erreicht. — Ganz schwierig aber liegen die Verhältnisse, wenn, umgeben von massiven Weichteil-
partien, ein Knochen von einer pyogenen Erkrankung befallen ist. Geschieht das einmal
durch eine verunreinigte, bis in den Knochen selbst führende Verleizung, so ist die Sachlage
meist von vornherein klar. Man weiss gleich, wo man eingreifen muss. Diese Fülle sind aber
die seltensten, hüufiger ist der Knochen durch Übergreifen einer eitrigen Weichteilentzündung
erkrankt, am häufigsten durch Infektion von dem Blutwege aus. Hat sich eine Schar
Staphylokokken an einer Stelle des Knochenmarkes etabliert und beginnt nun ihre zerstörende
Thätigkeit, so empfindet das befallene Individuum von einem gewissen Zeitpunkte an Schmerzen
an dem Gliede des betroffenen Knochens. Je früher nun diese Stelle diagnostisch ausfindig
gemacht wird, desto besser für das Wohl des Patienten. Einen Knochen kann man aber nicht
punktieren, wie man durch die Weichteile hindurch sticht; man bohrt ihn dafür an, sicher
aber ist dies umständlicher und eingreifender; man kann auch im Knochen keine orientierenden
Einschnitte resp. Aufmeisselungen machen; das Suchen im Knochen nach Eiterherden ohne
genaue Anhaltspunkte ist eine recht heikle Sache; und dabei kann bei gewissen Anlässen,
besonders aber bei akuter Osteomyelitis, der Chirurg gar nicht frühzeitig genug vorgehen, um
dem sich bildenden Eiter Luft zu schaffen und die Krankheit ganz wesentlich abzukürzen. Da
nun absolut sichere Anhaltspunkte zur Entdeckung im Knochen zentral gelegener Eiterherde
uns fehlten und ferner oft ein schweres Benommensein des Patienten (bis zur Vortäuschung
eines wirklichen Typhus) die Diagnostik ungemein erschwerten, wenn nicht unmöglich machten,
so wurden die wenigen sonstigen Anhaltspunkte erst recht unsicher gemacht. So erübrigt es
sich, ausführlich die Gründe aufzuzählen, warum hier unbestrittenermassen das Mittel ın der
Diagnostik den ersten Platz einnimmt, dessen spezielle Eigenschaft es ist, die Gegenstände zu
durchdringen und so je nach dem Grade ıhrer Dichte zu differenzieren. Wenn uns daher die
Röntgenstrahlen bei Untersuchung jedes Körperteils willkommen sind, so sind sie es am aller-
meisten bei der Hüfte und dem Oberschenkel, weil hier der palpierenden Hand immer uniiberwind-
liche Schwierigkeiten entgegenstehen. Dass auch hier unser diagnostisches Hilfsmittel der alles
durchdringenden Strahlen einmal versagen kann — nämlich bei Patienten mit mächtiger Ent-
wickelung der Muskulatur und pathologischem Fettansatz — dieser Punkt wurde bereits
berührt. Indessen bei akuter Osteomyelitis begegnet uns letzterer Umstand seltener, da sie
vorwiegend eine Krankheit des Kindesalters ist, das Maximum ihres Auftretens in das zehnte
bis siebzehnte Lebensjahr fällt. Wir haben es also im allgemeinen mit Gliederabschnitten zu
thun, die eine geringe und mittlere Ausdehnung in der Durchleuchtungsrichtung zeigen. Das
ist auf die Güte der Radiogramme natürlich von günstigem Einfluss. Ein weiteres günstiges
Moment für die Réntgenuntersuchung kommt hier meist noch hinzu und das ist das fast
regelmässige Ausbleiben diffuser Knochenatrophie bei Osteomyelitis, welches am Ende dieses
Kapitels noch näher ausgeführt werden soll. Letzterer Umstand fördert kontrastreiche Negative
54 Pathologische Anatomie.
zuwege; im Gegensatz hierzu geben z. B. ca. 75?/|, Róntgenbilder tuberkulóser Knochen-
affektionen blasse, kontrastlose Platten, da der bei letzterer einsetzende hochgradige Kalkschwund
die Knochen fast so transparent wie die Weichteile erscheinen lässt.
Wie bekannt, erkranken vorwiegend die langen Röhrenknochen an hämatogener eitriger
Osteomyelitis, an erster Stelle steht das Femur. Soll doch dasselbe nach den Angaben
Demmes 73 von 100 Fällen treffen, wenn auch andere einen Prozentsatz von 42 heraus-
gerechnet haben. Am Femur selbst wieder wird mit Vorliebe das untere Ende der Diaphyse
befallen. Hier herrscht die grösste Wachstumsintensität, demgemäss ist hier die Blutversorgung
am ausgiebigsten. Deshalb eignet sich kein Knochen zu Röntgenstudien über die Osteomyelitis
so gut wie das Femur. In so verschiedener Art und Lokalisation im engeren Sinne das Leiden
an diesem Knochen auch auftritt, als einfache ossifizierende Periostitis, als sequestrierende
Osteomyelitis, als Markabscess, als Osteomyelitis mit Epiphysenlösung, als kleine multiple herd-
fórmige Eiterungen in der Spongiosa, so besteht doch immer noch ein recht strenger Unter-
schied zwischen diesen ihren ersten Herden und den ersten Herden bei Knochentuberkulose,
die doch wohl auch auf dem Blutwege zustande kommt. Das ist auffallend und schon lange
sucht man dieses rätselhafte Verhalten aufzuklären. Darauf-
SET hin gerichtete Untersuchungen von Friedrich und Lexer
Epiphys Art 4 by, AA A Å ergaben denn zuerst das wohl nicht erwartete Resultat: „dass
ANA 4 £^ die experimentell hervorgerufenen eitrigen und tuberkulósen
Knochenherde häufig miteinander, ferner mit dem häufigsten
Metaphysare |" Sitze der Ostitis tuberculosa des Menschen und der im
— Gegensatz zur Markphlegmone selteneren Osteomyelitis der
Gelenkgebiete übereinstimmten.“
Neben den Tierexperimenten, den makroskopischen
und mikroskopischen Untersuchungsmitteln stehen uns jetzt
aber noch die Róntgenstrahlen zur Verfügung als ein recht
willkommenes Hilfsmittel. Dass diese zur Lósung der Frage,
weshalb der häufigste Sitz der eitrigen Knochenerkrankung
ein anderer ist als der häufigste Sitz der Knochentuberkulose,
mitberufen sind, darüber kann gar keine Frage sein. Nur
muss man das neue Diagnostikum nicht gleich den anderen
überordnen wollen. Es beansprucht nur, den anderen Methoden
gegenüber als gleichwertig betrachtet zu werden, nur im
Verein mit diesen kann es die wahre Wissenschaft fördern
Da also bei der Entstehung der erwähnten Herde in
erster Linie das Gefässsystem in Betracht zu ziehen ist, so
muss bei der Röntgenuntersuchung nach Auffinden eines
Herdes (in je früherem Stadium und je kleiner der Herd
— vorausgesetzt, dass er sich überhaupt im Radiogramm
"V ^ dokumentiert — um so besser) geforscht werden, welche
Fig. 16. Beziehungen der Herd zu den Knochengefässen der betreffen-
Femur eines vierwöchigen Kindes den Partie hat. Gefässe im allgemeinen sieht man aber im
mit injizierten intraossalen Gefässen Röntgenbild absolut nicht, geschweige denn die Knochen-
SEGHIONV URS APAA RUPEAN, füsse. Man muss sie also an anatomischen Bildern res
(Aus Lexer, Lehrb. d. allgem. Chir.) oe > E ; P
Prüparaten sich einprágen, um sie auf das Róntgenbild pro-
jiziert zu denken. Die gebräuchlichen anatomischen Atlanten weisen aber keine Bilder der
Knochengefässe auf, es existieren überhaupt wenig anatomische Veröffentlichungen dieser Art,
die beste und bekannteste ist die von Langer (Wien 1875). Die Topographie dieser Knochen-
gefässe scheint ein wenig beliebtes Thema der Anatomen gewesen zu sein, es scheint bisher
ebenso stiefmütterlich behandelt, wie das Knochensystem von den pathologischen Anatomen.
Metaphysäre
eren ~
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Epiphys Art. mue
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Pt
Osteomyelitis. 55.
Um gute Übersichtsbilder der Gefüsse der einzelnen Kórperteile als Lehrmittel
zu schaffen, hatten Hildebrand, Scholz und Wieting an Leichen die Arterien mit einer
Quecksilberverreibung in Terpentinöl injiziert und davon stereoskopische Röntgenbilder an-
gefertigt, die eine verblüffend natürliche Wirkung erzeugen. Nach dem gleichen Vorgange
injizierte Lexer bei seinem obenerwähnten Studium die Knochenarterien und erhielt gut ver-
wertbare Übersichtsbilder. Ein solches in dieser Arbeit zu bringen (Fig. 16), wurde mir gütigst
gestattet und es sei auch an dieser Stelle nochmals mein Dank dafür abgestattet. Es handelt
sich um das Femur eines vierwóchigen Kindes. Das Bild stellt eine Zeichnung nach ver-
schiedenen Radiogrammen dar, da die Manipulation des Injizierens solcher Knochengefässe
technisch schwieriger sich gestaltet und deshalb nicht jedes Bild alle Gefässe gleichmässig
getreu wiedergiebt. Ganz jugendliche Knochen eignen sich zu diesen Injektionen besser.
Ein paar Tage vor Drucklegung dieses Buches erschien ein weiterer Beitrag, „Unter-
suchungen über Knochenarterien“ von Lexer, Kuliga und Türk mit einer Anzahl stereo-
skopischer Röntgenbilder injizierter Knochen in wunderbarer Ausführung. An dem Femur
(wie überhaupt an den langen Röhrenknochen) werden die intraossalen Arterien in diaphysäre,
metaphysüre und epiphysüre eingeteilt. Die Nutritia ist am Femur stets doppelt. Ihre Aste
suchen auf dem kürzesten Wege der Knorpelfuge zuzustreben; letztere wird aber nur von ganz
wenigen vereinzellen Auslüufern erreicht. Die Stellen der Metaphyse, die von der Nutritia
nicht versorgt werden, werden von den aus dem Gefässnetze des Gelenkapparates stammenden,
in der Nähe der Kapselansätze den Knochen durchbohrenden metaphysären Arterien ernährt.
Die epiphysären Gefässe treten an den Ansatzstellen der Kapsel und der Bänder ein und
streben (bei Kindern in den ersten Lebensjahren) von allen Seiten dem Knochenkerne zu. Von
ihnen sowie von den metaphysären Gefässen erhält die Knorpelfuge einige perforierende Aste.
Die drei Gefässbezirke verschwimmen mit zunehmendem Alter allmählich durch das Auftreten
immer zahlreicherer Anastomosen untereinander.
Die doppelte Nutritia des Femur durchbohrt von hinten die Corticalis. Lexer betont
noch ganz besonders, dass der nach oben ziehende Ast der Nutritia dem nach unten ver-
laufenden an Stärke und Verzweigung ziemlich gleich ist, entgegen früheren Behauptungen
welche den proximalen Ast stets als den schwächeren ansahen und daran Schlussfolgerungen
für das Auftreten von pathologischen Veränderungen knüpften. Die obere Femurepiphyse
erhält ihre Gefässe zum grössten Teile aus der Fossa trochanterica, zum kleineren Teile vorne
am Kapselbnsatze und am Ansatze des Ligamentum teres. An der unteren Epiphyse verlaufen
viele Gefüsse parallel von der Aussenseite der Kondylen nach dem Knochenkern zu, dazu
kommen kräftige Gefässe aus der Fossa intercondylica An der unteren Knorpelfuge finden
sich Perforantes häufiger.
Die Gefässversorgung des erwachsenen Knochen zeigt grosse Unterschiede zu der des
wachsenden Knochens. Die Nutritia wird in ihrem Lumen kleiner, das Gefüssnetz, in welches
sich ihre Äste auflösen, ist zarter und weitmaschiger. Im Gegensatz hierzu bleiben die meisten
epi- und metaphysären Arterien deutlich reichlich und kräftig erhalten.
Die Pfannenpartie des Beckens wird von dem untersten, sich büschelförmig auf-
lösenden Zweige einer am hinteren Ende der Linea arcuata eindringenden, sich bald in viele
grössere Äste verzweigenden Hauptarterie versorgt.
Es wird im Anschluss daran die Bedeutung der intraossalen Arterien für die patho-
logischen Veränderungen am Knochensystem erörtert und gefolgert, dass die embolische Anlage
oder besser die mechanische Ablagerung im arteriellen Systeme bei der Entstehung der ver-
schiedensten herdförmigen Knochenerkrankungen die grösste Rolle spielt. Bezüglich des Femur
und der Pfanne heisst es wörtlich: „So dringt z. B. an der unteren Seite des Femurhalses eine
reich gegen die Knorpelfuge verzweigte Arterie ein. Gerade diese Stelle, den Bezirk dieser
kleinen Arterie liebt die klinische und die experimentelle eitrige Osteomyelitis ebensosehr als
die Knochentuberkulose. Auch das Carcinom entsteht hier und in der Nähe gerne als Metastase,
56 Pathologische Anatomie.
soweit eine solche nicht am Perioste auftritt. Ähnliche Stellen ... sind leicht an den Bildern
zu finden: am unteren Femurende dicht oberhalb der Kondylen ... — Von den platten Knochen
giebt das Darmbein ein gutes Beispiel. Der nach unten zur Pfanne umbiegende Ast des Haupt-
gefässes entspricht dem tuberkulösen Darmbeinpfannensequester Königs, dessen Basis an der
Pfanne und dessen Spitze hinter ihr liegt; und was Eiterherde betrifft, so fand ich sie im Ex-
perimente stets oben an der Y-förmigen Knorpelfuge oder am Darmbeinkamme, wie letzteres
nicht selten auch bei Operationen.“
Je nach der Masse der Muskeln, die an Hüfte und Oberschenkel die Knochen über-
lagern resp. umgeben, wird ein frühzeitiges Erkennen der geringsten Veränderungen am Knochen
leichter oder schwieriger sein. Leicht wird es daher am distalen Ende des Femur, fast eben-
soleicht an der Diaphyse sein, besonders wenn man kleine Kunstgriffe anwendet, um den
Muskelwulst des Quadriceps in die Breite zu drücken (allerdings wird gerade bei Osteomyelitis
eine. erhebliche Kompression nicht vertragen werden). Nach den Trochanteren zu wird es
schon schwieriger, am Kopf und an der Pfannenwandung aber sind alle Feinheiten der Technik
erforderlich, um kleinste pathologische Anbildung oder Abbau der Knochenmasse im Radio-
gramm zu differenzieren. Hierbei verweise ich nochmals auf den Missstand, die Hüfte im all-
gemeinen nur in einer Richtung durchleuchten zu können, während Mitte und distale Partie
des Femur bei frontalem und sagittalem Strahlengang gesehen werden können. In den meisten
Fällen von Osteomyelitis der Hüfte hingegen wird die sonst oft difficile Technik der Hüftaufnahmen
durch den Umstand erleichtert, dass das Hauptkontingent der Osteomyelitis die zarte Jugend stellt,
bei welcher von wuchtiger Entwickelung x-strahlenabsorbierender Muskeln nicht viel vorhanden ist.
Gehen wir nun die einzelnen Bestandteile des Knochens bei akut eitriger Entzündung
hinsichtlich ihres Verhaltens den Röntgenstrahlen gegenüber durch, und beginnen wir mit dem
Periost. Normales Periost entgeht den Röntgenstrahlen vollkommen, ebenso einfach entzündlich
resp. eitrig infiltriertes Periost. Indessen liegt auf der Hand, dass jedwede Imprägnierung
desselben mit Kalkbestandteilen den Strahlen ein im Vergleich zu normaler Knochenhaut
bedeutendes Hindernis entgegensetzen muss. Und nirgends tritt eine Periostitis ossificans
häufiger, intensiver, schneller und ausgedehnter ein, als bei akuter infektiöser Osteomyelitis.
Ich verweise hier vor allem auf die Figg. 11, 12, 18, Tafel IV und betone, dass der Beginn der
klinischen Erscheinungen nur neun Wochen zurückliegt. Man beachte die erheblichen Durch-
messer des ossifizierten Periostes, sowie des letzteren Dichte, die oft an die Dichte von Com-
pacta grenzt. Sehr gegensätzlich hierzu verhält sich das Periost bei Tuberkulose des Knochens,
wie im Kapitel Tuberkulose des Näheren ausgeführt wird.
Ebensowenig wie nichtossifiziertes Periost sind Eiter oder Granulationen zu erkennen.
Würden wir z. B. eine lokale eitrige Periostitis haben ohne Ergriffensein der anderen Knochen-
gewebe, würde der Eiter zwischen Compacta und Periost sitzen und letzteres, das nirgends
ossifiziert ist, selbst ein erhebliches Stück emporgehoben haben, so würde das Radiogramm
einen rein negativen Befund ergeben. Es würde also in einem sehr dringlichen Falle einfach
versagen, wenn eine Affektion, wie die soeben angenommene, aufzutreten pflegte. Das tut sie
aber bei akuter infektiöser Osteomyelitis nicht oder nur in äusserst vereinzelten Fällen. Gleich-
zeitig erleidet immer die Rinde ebenfalls gröbere Veränderungen, wie wir bald erfahren werden,
und entzündliche Alterationen dieser entgehen dem Röntgenologen nicht leicht. Eiter und
Granulationen haben die ungefähre Dichte für Róntgenstrahlen wie Weichteile. Haben sie
ihren Sitz an der Knochengrenze weichteilwärts, so können sie höchstens geahnt werden, nie
aber differenziert. Eher schon angenommen werden können sie innerhalb von ossifiziertem
Gewebe, wenn schon Abbau von Knochenmasse stattgefunden hat. Die Konfiguration, die Art
der Begrenzung, die Beschaffenheit des umgebenden Knochengewebes können Eiter mit einer
gewissen Wahrscheinlichkeit vermuten lassen, irgend ein sicherer Schluss kann aus dem Röntgen-
bild allein nicht gezogen werden. Man beachte hierzu die Fig. 7, Tafel V und den dazu-
gehörigen Text.
Akute infektidse Osteomyelitis. 57
Eine in der pathologischen Anatomie oft ventilierte Frage ist die, ob Periost noch
ossifizieren kann, nachdem es vom Knochen durch Eiter abgedrüngt gewesen ist. Dem Studium
dieser Frage stellten sich bisher erhebliche Schwierigkeiten in den Weg, denn an Präparaten
kann nur ein einziger Zustand festgestellt werden, chirurgische Eingriffe erlauben bei mehreren
Untersuchungen verschiedene Stadien zu beobachten, doch würde es dabei an der nötigen
Übersicht fehlen, schliesslich darf man chirurgische Eingriffe am Menschen nicht unternehmen,
um lediglich einen pathologischen Prozess zu beobachten; Tierexperimente endlich könnten
obiges Thema am meisten fördern, wenn es nur möglich wäre, gerade diejenige Art und
Lokalisation des Prozesses hervorzubringen, die man wünscht. Jetzt muss man sich fragen:
Können Röntgenuntersuchungen dazu beitragen, die Zweifel zu beheben, ob eitrige Abhebung
der Knochenhaut von einer Zerstörung seiner ossifikatorischen Fähigkeiten gefolgt sein muse
oder nicht? Das Missliche hierbei ist wieder, dass sich Eiter und Weichteile mit Röntgen-
strahlen nicht differenzieren lassen. Immerhin werden sich jedenfalls bei weiteren Ansammeln
geeigneter Fälle, die operative Eingriffe nötig machen und deren Verlauf vor der Operation
und jahrelang nach derselben radiologisch kontroliert wird, bald sichere Schlüsse ziehen lassen.
Verfasser neigt jetzt bereits sehr der Ansicht zu, dass die Ossifikationsfühigkeit des Periostes
trotz Abhebung desselben durch Eiter erhalten bleibt. Unter den wenigen hier reproduzierten
Radiogrammen verweise ich besonders auf Fig. 13, Tafel IV (unterer Kontur), welche diese
Ansicht zu stützen scheint.
Die Ossifikationsproduktivität des Periostes bei Osteomyelitis ist überhaupt eine
ganz enorm grosse und rapide, bei Tuberkulose ist sie meist eine minimale. Um das zu beweisen,
braucht man keine Röntgenstrahlen, und doch gewähren die Knochenpräparate anatomisoher
Sammlungen und die Operationsbefunde keinen so klaren Überblick über diese Verhältnisse,
wie die Exploration mit X-Strahlen.
So sieht man in Tafel IV, Fig. 13 recht charakteristisch das Übermass der weit über
den Sitz des ursprünglichen Herdes hinausgehenden Ossifikation des Periostes. Achten soll
man ferner auf das Verhalten der periostalen Schalenbildung zur Demarkation des Sequesters.
Durchschnittlich soll die Schalenbildung ihr Ende erreichen, sobald der Sequester ganz demarkiert
ist. Der Sequester soll den Reiz für die Knochenneubildung abgeben. Im groesen und ganzen
trifft das auch bei den hier wiedergegebenen Röntgenbildern zu. „Indessen kommen auch
Fälle vor, in denen nach frühzeitiger Entfernung. von in toto abgestorhenen und aus der Epi-
physenverbindung gelösten Schäften erst die periostale Schalenbildung beginnt und vollkommen
wird, z. B. sab Fröhner in dieser Weise die Clavicula sich vollständig regenerieren. Aber
offenbar hängt das Übermass der Knochenreproduktion in der Regel mit zu langem Zurück-
bleiben des Sequesters oder eines Abscesses im Knochen zusammen.“ (M. B. Schmidt.)
Was die Form des ossifizierten Periosts bei Osteomyelitis anbetrifft, die sich auch mit
nichts besser als mit Röntgenstrahlen überblicken lässt, so findet man meist eine scheinbare
einfache, gleichmässig geformte, ca. 2 mm dicke Hülle, die entweder wie ein Futteral ein Stück
des Röhrenknochens ringaherum umschliesst (Figg. 1 u. 11, Tafel IV) oder nur an einer kleineren
cirkumskripten Stelle der Corticalis aufsitzt, vgl. Tafel V, Fig. 7.
An Stellen aber, wo sich das affizierte Periost nicht in solchen mässigen Grenzen hält,
sondern in schrankenloser Ausdehnung zu ossifizieren beliebt, z. B. bei Heilung von Frakturen,
nach Gelenkresektionen, nach Osteotomien und bei akuter Osteomyelitis, wo es sich um aus-
gedehnte Sequester handelt, da finden sich im Röntgenbild oft recht eigenartige Figuren der
Knochenbildung, wie man aus Fig. 3, Tafel IV (dorsal, Mitte) ersehen möge. In der Röntgen-
literatur existiert bisher noch kein Hinweis darauf, auch scheint in der pathologisch-anatomischen
Literatur diese Art der periostalen Ossifikation nirgends erwühnt worden zu sein. Letzteres
erklärt sich daraus, dass man an einem macerierten Knochenprüparat nur die Aussenfläche sieht,
für die mikrospische Untersuchung aber diese Verhältnisse der Ossifikation zu gross angelegt
sind, um ihren Typus mit dem Mikroskop zu erkennen, röntgenographisch aber zeichnen sie
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 8
58 Pathologische Anatomie.
sich markant ab. (Leider giebt die betr. Reproduktion den zu beschreibenden Bau des Periostes
(Fig. 3, Tafel IV links, Mitte) viel zu blass und undeutlich wieder.) Diese Gebilde. ossifizierten
Periostes nehmen sich aus wie Badeschwamm mit grossen ovalen Lóchern; woraus diese durch-
lüssigeren Háume in dem gleichmüssig massiv scheinenden Knochen bestehen, ist schwer zu
sagen; jedenfalls sind es keine Cysten, vielleicht Inseln hyalinen Knorpels. Leider bot
sich Verfasser noch nicht die Gelegenheit zur mikroskopischen Untersuchung dieser Stellen.
Auffällig sind diese Konfigurationen sicher und der Grund ihres Entstehens ist schwer zu
deuten. Jedenfalls haben sie nichts mit der funktionellen Anpassung zu thun. Überhaupt
gilt wohl bei den septischen und infektiösen ossifizierenden Knochenhautentzündungen niemals
das Gesetz der funktionellen Anpassung. Der Erklärung, das Periost verknöchere resp. müsse
an der Stelle verknöchern, wo durch Lösung eines Sequesters ungünstige statische Verhältnisse
geschaffen würden, klingt logisch und plausibel, ist aber gewiss nicht richtig und wird auch
kaum noch verfochten. Sicher hingegen gilt, dass nach Ablauf eines solchen Entzündungs-
prozesses mit den Jahren der neue Knochen durch die stetig wirkenden statisch dynamischen
Momente eine Architektur erhält, die derjenigen von früher möglichst ähnlich zu werden strebt,
vorausgesetzt, dass nicht grobe Verkürzungen, veränderter Schwerpunkt des Körpers etc. eine
von der normalen ganz verschiedene Architektur transformieren. Ein Beispiel beginnender
Transformation bei klinisch geheilter Osteomyelitis haben wir in Fig. 10, Tafel IV vor uns. Man
konstatiert, wie ossifizierte Periost- und sklerosierte Spongiosapartien sich aufzuhellen beginnen
und von regelmässig angeordneten, aber anders als normaler Weise verlaufenden Bälkchenzügen
durchsetzt werden und wie auch in den kalkärmer gewordenen Partien des Kopfes und der
Pfanne sich deutliche kräftige Balken zu bilden beginnen.
Was das Ergriffensein der Corticalis bei akuter Osteomyelitis anbetrifft, so erhalten
wir, je nach der Art des entzündlichen Vorganges, im Radiogramm sehr verschiedene Typen.
Es sei zunächst einmal angenommen, dass bei einer akuten Entzündung der Corticalis, her-
geleitet vom Mark oder Periost, der ganze Prozess sich in den Haversschen Kanälen abspiele,
ohne an der eigentlichen Tela ossea Abbau zu veranlassen; dann würde im Röntgenbild in
keiner Weise der entzündete Bezirk sich von der normalen Corticalis der Umgebung differenziert
zeigen. Wie denn auch vollständige Nekrose der Rinde von der nächstliegenden gesunden
Rinde im Radiogramm nicht zu unterscheiden wäre, wenn nicht zwischen beiden eine kalkfreie
Zone, der Demarkationsgraben, wäre, der .fast immer scharf und deutlich auf der Platte
hervortritt. Diese im Bilde helle Zone lässt uns mit einer auf Erfahrung gegründeten
Sicherheit schliessen, dass die eine, meist die kleinere Partie des Knochens abgelöst und ab-
gestorben ist. |
Die Corticalis findet man andererseits oft in einer Weise verändert, dass die Ent-
zündung auch radiologisch sich leicht dokumentiert. Nämlich gleich in den ersten Wochen
einer akut eitrigen Entzündung des Markes, ehe eine Sequesterbildung oder ein destruierender
Herd in der Spongiosa der Metaplıyse festzustellen ist, zeigt die Corticalis an einer grösseren
zirkumskripten Region ein durchlóchertes scheck;ges Aussehen. In typischer Weise zeigen dies
die Figuren 6, Tafel V, und 2, Tafel IV.
Es handelt sich hier wohl um die sogenannte akute (d. h. akut einsetzende, reflek-
torische) Knochenatrophie (Sudeck), wie solche bei akuter Osteomyelitis vorkommt, wenn auch
nicht in der Ausdehnung, dem langen Bestehenbleiben und der Hochgradigkeit wie bei der
Knochentuberkulose. Diese Atrophie hat bekanntlich nichts mit der Inaktivitätsatrophie zu thun,
sie tritt im Verlauf von vierzehn Tagen nach Beginn einer entzündlichen Alteration auf,
erreicht mit etwa zehn Wochen ihren Höhepunkt und klingt mit beginnender Heilung
wieder ab, indem aus dem rein fleckigen Aussehen wieder mehr eine normale Knochenstruktur,
aber mit zarteren Lamellensystemen entsteht. Es tritt dabei ein Kalkschwund bis zu 70° des
natürlichen Gehaltes ein, der (umfangreiche mikroskopische Untersuchungen stehen noch aus)
in Rarefikation und Halisterese besteht. Natürlich ist auch die im betreffenden Bezirk
Akute infektióse Osteomyelitis. 59
liegende Spongiosa durch Dickenabnahme und Ausfallen einzelner Bälkchen gleicher Weise in
Mitleidenschaft gezogen, die Spongiosa ist weitmaschiger geworden. Dass der Prozess aber
auch die Rinde betrifft, lässt sich sehr gut in vivo aus den Radiogrammen ersehen. Die
äusseren Konturen der Knochen sind nämlich an den betreffenden Stellen nicht scharf gezogen,
sondern uneben, mit kleinen Einbuchtungen versehen, schartig (vgl. Fig. 6, Tafel V). Wäre
nur die Spongiosa beteiligt, dann zeigte zwar die gesamte Röntgenschattenbreite ebenfalls ein
ähnliches fleckiges Aussehen, aber die Grenzkonturen des Knochens wären scharfe Linien.
Hat man solch scheckiges, fleckiges Aussehen des Knochens auf der Platte konstatiert,
so kann man mit Gewissheit annehmen, dass, wenn eine Sequestrierung eintreten sollte, sie in
unmittelbarer Nähe dieser Partie erfolgt. Als typischen Beleg sei hierzu auf Fig. 1, Tafel IV
verwiesen. Die Aufnahme wurde 4
Wochen nach Beginn der Beschwerden
angefertigt. Das ganze distale Drittel
der Diaphyse scheint ziemlich gleich-
mässig durehlöchert; wo und in welcher
Begrenzung, in welcher Dimension sich
ein nekrotisches Stück Rinde demarkieren
wird, kann man aus dieser Platte noch
nicht sicher genug bestimmen; man
kann nur sagen, es hat den Anschein,
als würde sich ein Sequester nach der
Mitte der Diaphyse zu, am Dorsal-
kontur des im Profil aufgenommenen
Knochens absetzen. Erst die weiteren
Aufnahmen lassen das zur Gewissheit
werden. Man beachte aber, dass der
Sequester, d. h. die Partie, die sich
spüter in Fig. 4 als Sequester darstellt,
selbst nicht von der fleckigen Marmo-
rierung befallen ist, aber unmittelbar
an dieselbe angrenzt. Andererseits könnte
man erwarten, dass auch die anderen
Stellen in der Nähe des Sequesters,
also die proximal und ventralwärts von
ihm gelegenen Partien in gleicher Weise Fig. 17.
affiziert sein müssten, was aber absolut Akute infektióse Osteomyelitis des Femur, vier Wochen
nicht der Fall ist. Einen weiteren Fall nach Beginn des Fiebers. Akute Knochenatrophie und
mit akuter Atrophie haben wir in beginnende Periostitis ossificans. Weiterer Verlauf s.
Fig. 5 und 6, Tafel IV. Eine Auf- Figg. 5, 6, 7 u. 8, Tafel IV. Das kranke Knie wurde
å i á etwas gebeugt gehalten, daher die Vergrösserung der
nahme vor dem ersten operativen Ein-
Knochenschatten.
griff zeigte weiter nichts wie leichte
Fleckung und mässige Periostitis ossi-
ficans, keine Spur einer Demarkierung (s. Textfigur 17); es wurde damals der Knochen ca. 10 cm
vom Kniegelenk entfernt aufgemeisselt; es wurde nichts Sequesterähnliches entdeckt und die
Markhöhle drainiert. Eine Aufnahme mehrere Wochen darauf (Fig. 5, Tafel IV) bietet uns nun
ein scheckiges Aussehen selten hohen Grades der Metaphyse; selbst das ossifizierte Periost scheint
durchlöchert. Wieder mehrere Wochen später zeigt das Radiogramm (Fig. 7) einen starken
Rückgang des akut entzündlichen Prozesses. Nur noch ein paar eigentliche Flecken sind in
der Metaphyse zu erkennen. Das ossifizierte Periost hat sich in seiner äusseren Kontur geebnet,
ist von der Corticalis nicht zu trennen. Rinde und Markraum hingegen lassen sich deutlich
8*
60 Pathologische Anatomie.
unterscheiden. Dieses Abklingen der in einem früheren Zeitraum so hochgradigen Fleckung
bedeutet den Beginn der Ausheilung. Aus dem verschwommenen Bilde mit Flecken und
Kontrastverminderung wird ein scharfes, kontrastreiches Radiogramm (Fig. 8, Tafel IV). In den
beiden angeführten Beispielen scheint die Epiphysenfuge einen unüberwindbaren Wall zu bilden.
Auch an den platten Knochen kommt es mitunter zu Sequestrierung; hier aber z. B.
ist das Aufsuchen der Sequester mit Hilfe der Róntgenstrahlen nicht leicht, da die Sequester
meist sehr flach und klein sind und ausserdem eine Projektion in zwei zu einander senkrechten
Richtungen oft nicht angängig ist. An den langen Röhrenknochen hingegen, vor allem an
den distalen drei Vierteln des Femur, gehören grosse
Sequester zum Alltäglichen, und man hat jetzt die
Möglichkeit, die Bildung eines Sequesters von An-
fang an bis zur völligen Abschliessung im Radio-
gramm zu verfolgen; und zwar ist der Réntgen-
schatten eines halbwegs gelésten Sequesters meist so
unzweideutig, klar und scharf, dass selbst bei einer
wenig vollendeten Réntgentechnik die Diagnose resp.
die genaue Lokalisation sichergestellt werden kann.
Genügt dazu eine Aufnahme in einer Richtung nicht,
so macht man weitere Aufnahmen, zunüchst in einer
Richtung von 90? zur ersten; wenn man damit noch
nicht zum Ziele kommt, giebt es ja unendlich viel
Richtungen, in 95 von 100 Fallen genügen aber
immer eine sagittale nebst frontaler Projektion. Bei
dem Sequester Fig. 4, Tafel IV, zeigt das Radio-
gramm vollkommen übersichtlich genug Lokali-
sation und Ausdehnung des Sequesters. Das ist
natürlich für die Chirurgie ein sehr grosser Vorteil,
wenn auch nicht geleugnet werden soll, dass man
in manchem ähnlichen Falle selbst ohne Zuhilfenahme
der Röntgenstrahlen zum Ziele kommt. Wo sie
einem aber zu Gebote stehen, ist es jetzt ein Kunst-
fehler, sie entbehren zu wollen. Welch klare Über-
sichtsbilder erhält man zum Beispiel bei multipler
Lokalisation der akuten Osteomyelitis, ganz abgesehen
davon, dass die klinischen Erscheinungen oft recht
von denen der einherdigen Osteomyelitis ahweichen
und leicht zu Fehldiagnosen verleiten. So ist der
Fall, dessen Befund Figg. 11, 12 und 13, Tafel IV,
wiedergeben, wochenlang (bis zum Durchbruch von
en cs 2 xinh eitrigen Fisteln) fiir akuten Gelenkrheumatismus
PER En AS gehalten worden. Es handelte sich aber um multiple
Herde akuter Osteomyelitis. Die Figuren bedürfen
kaum einer Erläuterung. Sie zeigen alle radiologischen
typischen Merkmale der Osteomyelitis: akute fleckige Atrophie, Sequesterbildung, Periostitis
ossificans und rareficans, Resorption kleiner Sequester und Kloakenbildung.
Bildet sich ein akuter infektiöser Herd zunächst allein in der Spongiosa, also hämatogen
von einem metaphysären Gefässchen aus, so wird, falls nicht zuerst akute Knochenatrophie der
benachbarten Gebiete sich kenntlich macht, der Herd von dem Augenblicke an radiographisch
deutlich, wo Spongiosaarchitektur in streng zirkumskripter Partie eingeschmolzen ist, wenn die
Stelle auch erst erbsengross ist. Je grösser, desto deutlicher natürlich die Zeichnung. Einem
Akute infektióse Osteomyelitis. 61
relativ grossen derartigen Herde begegnen wir in Fig. 7, Tafel V. Hier war, wie früher
erwühnt, zunüchst nur akute Knochenstrophie zu erkennen gewesen, jetzt mehrere Monate
spüter haben wir einen walnussgrossen Herd vor uns. Sein Sitz stimmt ungeführ mit dem Verlauf
der metaphysüren Arterie (vgl. Fig. 16 des Textes). Diese Herde sind regelmässig an der
Knorpelfuge gelegen, die meist einen guten Schutzwall gegen das Weiterdringen des Prozesses
abgiebt. Ob der Epiphysenknorpel bei einem dicht anliegenden Herd mitergriffen ist oder
nicht, lässt sich nicht nachweisen; normaler Knorpel, infiltrierter, zerstörter Knorpel, Eiter,
Granulationen, sie alle haben gleiche Transparenz im Hóntgenbilde. Dagegen ist natürlich des
Knorpels Mitbeteiligung anzunehmen, wenn der transparente Epiphysenknorpel auf beiden
Seiten in transparente Knochenherde übergeht.
Nach den bisherigen Ausführungen bedarf der Röntgenbefund der akuten Osteomyelitis
der Markhóhle keiner langen Ausführungen. Man muss ohne weiteres annehmen, dass ein
Herd, welcher im allerersten Stadium noch vollständig auf die Markhöhle beschränkt ist
nnd noch nicht an Spongiosa anrührt, radiographisch nicht aufzufinden ist. Bei weiterer
Ausdehnung tritt vielleicht dann akute Atrophie der nächsten Spongiosa auf, die annähernd
ahnen lässt, wo ein Herd im Mark sitzen könnte. Den Herd in der Markhöhle selbst wird man
immer vergeblich suchen, denn wo keine verkalkte Architektur ist, kann man natürlich mit
Röntgenstrahlen auch keine Entkalkung sehen. Praktisch indessen kommt man eigentlich nie
in die Lage, in diesem Stadium schon mit X-Strahlen untersuchen zu können. Wenn Eltern
mit ihren osteomyelitisch erkrankten Kindern zum Arzt kommen, haben wir immer ein vor-
geschrittenes Stadium vor uns, wo schon das Periost streckenweise ossifiziert ist. Es scheint,
dass der primär hämatogen in der Markhöhle entstandene Herd erst dann Beschwerden, Schmerzen
macht, wenn er die Rinde angreift; dann ist aber auch in wenigen Tagen das Periost in um-
fänglicher Weise verknöchert.
Andere Verhältnisse haben wir bei der mehr chronischen Forn der sklerosierenden
Markentzündung, wo die Markhöhle eine grössere Strecke weit in eine kompaktere Knochen-
masse verwandelt wird. Dann kann man im Réntgenbild genau verfolgen, wie weit die Mark-
höhle solid geworden ist. Technisch ist bei der Aufnahme hier besonders darauf zu achten,
dass die Belichtung auch genügend lange dauert. Bei kurzer Exposition erhält man am
Oberschenkel keine Differenzierung von Rinde und Mark. Da nun die Hyperostose meist nicht
die ganze Markhöhle des ganzen Knochens einnimmt, so hat man ein gutes Kriterium für die
Aufnahme, wenn an einer Stelle eine Abgrenzung der Markhöhle von der Rinde unzweideutig
zu konstatieren ist. Anderenfalls mache man mehrere Kontrolaufnahmen.
Eine primäre akute osteomyelitische Entzündung der die Pfanne bil-
denden Beckenknochen gehört zu den seltensten Vorkommnissen. Wenn sie aber vorkommt,
so dürfte ein technisch gutes Radiogramm einen guten Aufschluss geben; das wissen wir
von der Tuberkulose, wo man bei dieser Lokalisation immer gute deutliche Bilder erhält, trotz-
dem bei Tuberkulose noch der Umstand ungünstig ins Gewicht fällt, dass die nebenher-
gehende akute Atrophie, immer hochgradiger und viel ausgedehnter, sowieso kontrastärmere
Negative lietert.
- Sekundär erkranken die knöchernen Pfannenwandungen, wenn ein Herd durch das
Caput femoris ins Gelenk durchgebrochen ist. Der Ausdruck für die nicht ausbleibende
Synovitis purulenta ist im Röntgenbilde ein allgemeines Verschwommensein der das Gelenk
bildenden Knochenpartien (s. Fig. 20, Tafel II). Bald wird man zirkumskriptere Veränderungen
an der Pfanne wahrnehmen. Bei Ausheilung des Gelenkprozesses liegt dem Röntgenuntersucher
ob, festzustellen, ob knöcherne Ankylose vorliegt resp. in Bildung begriffen ist oder nicht.
Technisch werden bei diesen Untersuchungen die höchsten Anforderungen gestellt. Oft muss
man Aufnahmen in mehreren Richtungen machen, d. h. ventral, dorsal und schräg. Eine halb-
kreisfórmige Markierung der Pfíannenhóhlung ist nach solch ausgeheilter Gelenkosteomyelitis
niemals mehr vorhanden, meist ist die Pfanne, falls noch nicht knócherne Ankylose eingetreten
62 Pathologische Anatomie.
ist, ziemlich flach und von unregelmássigen Linien begrenzt, die iu halbwegs kongruierendem
Verlauf nur einen schmalen Spalt bilden, viel schmäler als ein normaler Hüftgelenksspalt
(vgl. Fig. 9, Tafel IV).
Betreffs der Spontanluxationen am Hüftgelenk, meist infolge Dehnung der Kapsel
durch Ergüsse hervorgebracht, wird auf das Kapitel „Luxationen“ verwiesen. Eine Abbildung
eines solchen Falles ist Fig. 20, Tafel II.
Liegt ein Herd in der Spongiosa des Halses der Epiphysenfuge an und kontroliert
man jetzt häufig mit X-Strahlen, so kann dreierlei sich ergeben:
1. Das Bild kann monatelang dasselbe bleiben. (Es ist bekannt, dass an den
Epiphysenfugen die akute Osteomyelitis oft einen langsamen und latenten Verlauf nimmt, oft
jede eitrige Periostitis und Sequesterbildung der Corticalis ausbleibt. M. B. Schmidt, Ergebn.
der Allg. Path. 1898. V, S. 968.) Dann kann man annehmen, dass der Eiter, weniger florid
geworden, käsig metamorphosiert und ein einem tuberkulós ostistischem Herd entfernt ähnliches
Bild ergiebt.
2. Das Radiogramm kann bald insofern Änderungen zeigen, dass die ganze Gelenk-
gegend ein mehr verwaschenes Aussehen annimmt. Es ist dann zu schliessen, dass unter Ent-
stehung einer Osteochondritis der Epiphysenfuge der Prozess sich zum Gelenk fortgesetzt hat,
hier einen einfachen Hydrops oder eine weitere Eiterung gesetzt hat. In diesem Falle wird der
weitere Verlauf oft eine Epiphysenlösung sowohl klinisch als mit Röntgenstrahlen konstatieren
lassen. Merkwürdigerweise bleibt dieselbe aber oft gerade da aus, wo man sie dem bisherigen
schweren Verlauf nach am ehesten erwartet; andererseits hat das Röntgenverfahren die That-
sache zu Tage gefórdert, dass eine spontane Epiphysenlösung bei milden osteomyelitischen
Prozessen ungeahnt häufig vorkommt, Fälle, die sich in der Ära vor den Röntgenstrahlen meist
nicht sicher diagnostizieren liessen, in ihrem klinischen Verhalten recht vieldeutig waren und
dem Arzte die diagnostisch schwierigsten Rätsel aufgaben.
3. Es lässt sich nach und nach verfolgen, wie der metaphysäre Herd sich in das Caput
hinein jenseits der Fuge weiterarbeitet und durch das Caput ins Gelenk einbricht. Der Weg,
den der Herd nimmt, wird den Röntgenstrahlen nicht entgehen können. Eine andere Frage
ist nur hier die, ob der Chirurg geduldig zusehen wird, wie der Herd weiter nach der Pfanne
hinrückt.
Einer besonderen Art metaphysärer Herde, die einen akut osteomyelitischen eitrigen
Prozess vortäuschen können, soll hier noch gedacht sein, zumal Verfasser im glücklichen
Besitze eines solchen Radiogramms, andererseits ein solches sonst niemals veröffentlicht worden
ist.') Betrifft es in dem Falle auch nicht den Oberschenkel, so ist nicht der geringste Grund
vorhanden, das Vorkommen der Affektion im Collum femoris für ausgeschlossen zu halten.
Gemeint sind mechanisch embolische Prozesse, wie solche zuweilen bei Leuten vorkommen, ,
deren Beschüftigung sie zwingt, fortgesetzt grobe Staubpartikelchen einzuatmen; aus den Lungen
in den Kreislauf gelangte Staubbestandteile bleiben in den Endarterien sitzen und bilden hier
den Ausgang einer leichten Entzündung. Der Fremdkörper giebt schon mechanisch einen Reiz
ab, infolgedessen lokal eine ausgiebigere beschleunigtere Cirkulation stattfindet. Das verschlossene
Gefäss aber, hier in den Metaphysen bekanntlich Endarterien, hält die weitere Kalkzufuhr von
dieser Stelle ab. In einem infarktähnlichen Bezirk hinter der Embolie muss also die Versorgung
des Knochens mit Kalk leiden, es muss eine annähernd dreieckige durchlässigere Partie den
Sitz des Verschlusses anzeigen. Charakteristisch für diese Affektion ist die dreieckige Gestalt,
die bei Eiterherden seltener gefunden wird, die geringen Beschwerden, geringe Schwellung und
die immer bald eintretende Restitutio ad integrum.
!) S. Fig. 1, Tafel XIII in Verfassers Atlas „Knochenerkrankungen im Röntgenbilde‘. Wies-
baden 1901.
Akute infektióse Osteomyelitis. 63
Während die akute infektiöse Osteomyelitis in den spongiósen Teilen, den Epiphysen
des Femurs, überhaupt der langen Röhrenknochen, meist in Form kleiner Herde auftritt, breitet
sie sich in den Diaphysen in grösseren Regionen aus. Der häufigste Sitz der grösseren Femur-
sequester ist derjenige, den auch unser Fall, Tafel IV, Figg. 1—4, aufweist. Auch bei Hoffa
(Handbuch der prakt. Chirurgie, IV. Bd., 2. Auflage, 4. Abschnitt, Seite 648) findet sich ein
Femursequester an genau derselben
Stelle der Diaphyse und in ungefähr
gleicher Ausdehnung. — Totale Ne-
krose der ganzen Diaphyse sieht man
am Femur seltener wie am Humerus
und an der Tibia.
Eine besondere Besprechung
muss noch den mehr selbständigen
chronischen Formen gewidmet wer-
den, deren kurzes wenig ausgeprägtes
akutes Stadium meist übersehen wird.
Das klinische Bild ist bekanntlich so,
dass ein und dasselbe Glied an der- Fig. 19.
selben Stelle alle paar Monate stark Osteomyelitischer Corticalis-Sequester
zu schmerzen beginnt, besonders nachts, (Fall Tafel VI, Fig. 1—4).
und sich der palpierte Knochen an
dieser Partie aufgetrieben anfühlt. Ein Aufbruch nach aussen findet gewöhnlich nicht statt. Mit-
unter sind die Beschwerden auf einen Knochenabscess in der Tiefe des Femur, mitunter auf eine
rein sklerosierende Osteomyelitis (Garré) ohne Eiterung zurückzuführen. Natürlich ist es nötig,
ehe der Chirurg eingreift, zu eruieren, welche Art vorliegt, wo eim Knochenabscess sitzt, von
wo aus man ihm am besten beikommen kann, welche Ausdehnung er hat oder ob eine nicht
eitrige, rein sklerosierende Entzündung besteht. Auch die Röntgendiagnose ist hier oft nur
unsicher zu stellen, weil, wie bereits ausgeführt, Eiter und
gesundes Mark sich nicht voneinander differenzieren. Wenn
man allerdings im Gebiet der Transparenz der Markhóhle eine
lànglich runde, mehr cirkumskripte Partie findet, welche von
dicken sklerotischen Partien, die in die Corticalis übergehen,
umgeben ist, so ist wenigstens eine Wahrscheinlichkeit vor-
handen, dass es sich um einen Abscess handelt; jedenfalls,
wenn doch ein operativer Eingriff unternommen wird, empfiehlt
es sich hier zuerst anzubohren.
Dass man bei Spontanfrakturen und -infraktionen
nicht versäumen wird, die genaueren Verhältnisse des Bruches
durch die radiographische Projektion klar zu stellen, versteht
sich von selbst.
Auch bei Verbiegungen und Verkrümmungen,
die nach Osteomyelitis besonders leicht an dem distalen Ende des
Femurs sich ausbilden, wird man vor korrigierenden blutigen
oder unblutigen Eingriffen des Röntgenverfahrens nicht mehr
entraten wollen. Besonderes Interesse bietet es hier, die
Architektur und ihre Umwandlungen resp. Anpassungen zu
verfolgen.
Es erübrigt noch, die Osteomyelitis im Gefolge eines Phi Herd iu dor Dori:
Typhus zu erwähnen, die mit Vorliebe kleine Eiterherde an calis eines langen Röhren-
den Rippen und an der Tibia setzt. Aber auch am Femur knochens,
"Fig. 20.
64 Pathologische Anatomie.
kommen solche vor. Gewóhnlich machen sie sich erst nach vollkommen abgelaufen scheimendem
Typhus bemerkbar. Einen solchen Herd in der Corticalis eines langen Róhrenknochens kann
Verfasser in Textfigur 20 bringen. Drei Monate nach einer Typhuserkrankung fühlte Patient
an der betreffenden Stelle eigentlich recht mässige, aber doch so konstante Schmerzen, dass er
den Arzt deswegen konsultierte. Da sonst objektiv etwas Pathologisches sich nicht nachweisen
liess, wurde eine Röntgenuntersuchung veranlasst, die denn auch vollkommene Aufklärung für
die Beschwerden brachte.
Oberst, 1897: „Die Róntgenuntersuchung verschiedener Fülle von Osteomyelitis in den ersten
acht Tagen der Erkrankung hat uns, abgesehen von der undeutlichen Wiedergabe der Weichteilabscesse,
niemals Aufschluss gegeben über Sitz und Ausdehnung der Erkrankung. Die an die Róntgenuntersuchung
angeschlossene Operation ergab stets das typische Bild; mehr oder weniger ausgedehnte subperiostale
Eiterung, Eiteransammlung in der Markhóhle resp. den Markrüumen der Spongiosa. Dagegen sind die
Bilder, die bei der osteomyclitischen Nekrose regelmássig gewonnen werden, von sehr grosser Klarheit...
Ob das Róntgenverfahren konstant einen sicheren Anhaltspunkt zur Entscheidung der Frage giebt, ob in
einem gegebenen Falle der Sequester gelóst ist oder nicht, erscheint uns in hohem Grade zweifelhaft.*
Tuberkulose.
Eins der allerwichtigsten Kapitel im ABC des Arztes ist die Hüftgelenkstuberkulose.
Ihre Klinik ist denn auch in einer umfangreichen Weise Gegenstand wissenschaftlicher Forschung
gewesen wie kaum ein anderes Leilen. So fein aber auch die Diagnostik der Coxitis bis gegen
Schluss des Jahrhunderts ausgebildet war, so kann es doch keinen Chirurgen mehr geben, der
den jetzt neu hinzugekommenen Vorteil der Róntgenstrahlenuntersuchung entbehren möchte.
Denn so ausgeprägt oft die typischen klinischen Symptome der Coxitis sich zeigen mögen,
ebenso können sie mitunter recht unbestimmter Art sein; und Wachstumsschmerzen, Arthritis
deformans, Fraktur des Schenkelhalses, traumatische Epiphysenlösung, kongenitale Luxation,
traumatische Luxation, Coxa vara, Hysterie, Neuralgie, monarticulürer Rheumatismus und Osteo-
myelitis täuschen zuweilen ein coxitisähnliches Bild vor. Hat man aber in einem Falle die
bekannten Charakteristica: Schmerzhaftigkeit, freiwilliges Hinken, reflektorische Muskelspannung,
Flexion, Abduktion und Aussenrotation, bez. Adduktion nebst Innenrotation — und dazu ausser-
dem ein technisch vollendetes Radiogramm mit dem sogleich zu beschreibendem Befund, so kann
man seine Diagnose ,Coxitis tuberculosa^ mit grósserem Nachdrucke, wenn nicht gar absoluter
Sicherheit, vertreten als ohne Róntgenbild. Wenn heutzutage ein Chirurg behaupten wollte,
die Róntgenuntersuchung bei Hüftgelenksleiden habe ihm nie viel gentitzt, so kann es nur an
mangelhafter technischer Ausführung der radjographischen Untersuchung gelegen haben. Ver-
fasser erinnert sich nicht, bei Knochen resp. Gelenkaffektionen — abgesehen von Frakturen und
Luxationen — einwandfreiere positivere diagnostische Resultate erhalten zu haben als gerade
bei tuberkulöser Coxitis.
Zahlreiche Untersuchungen von seiten bekannter Autoren haben schon vor der Röntgen-
ära ergeben, dass bei Coxitis die Tuberkulose vom Femur, von der Pfanne und der Synovial-
membran ausgehen kann. Die klinischen Symptome aber sind bei jeder dieser: drei Arten
ungeführ dieselben, so dass bisher der Arzt über den Ausgangspunkt des Leidens in jedem
einzelnen Falle auf blosse Vermutungen angewiesen war. Dazu kommt, dass die Patienten,
weil es bei Coxitis sich zum gróssten Prozentsatz um Kinder handelt, ihre Beschwerden nicht
in klarer Weise schildern kónnen. Aber was hier die diagnostische Feststellung erschwert, das
kindliche Alter, das kommt uns bei der Róntgenuntersuchung zu gute, da die radiographische
Darstellung zarter kindlicher Kórperteile technisch relativ leicht ist.
Im Gegensatz zur akuten Osteomyelitis, wo ein kleiner, spüter sich vielleicht als mild
herausstellender Prozess sofort die heftigsten Beschwerden mnt sich bringt, kónnen tuberkulóse
knochenaffektionen selbst von. verhültnismüssig grossem Umfange, fast symptomlos bestehen
Tuberkulose. 65
oder nur geringe klinische Erscheinungen verursachen. Werden endlich nach lüngerer Zeit die
Beschwerden ärger und klinisch ausgesprochener, dann ist der Prozess immer schon zu erschrecken-
der Höhe und Ausdehnung angewachsen, wie die operativen Eingriffe bisher bewiesen. Es ist
hier wie bei den meisten Krankheiten, die Beschwerden stehen in keiner resp. in ganz loser
Beziehung zu dem anatomischen Status. Die anatomischen Veränderungen aber, nicht die
Schmerzen, sind massgebend für die Beurteilung einer Erkrankung. Da nun aber erstere bei
tuberkulöser Coxitis den Schmerzen um ein grosses Stück vorauseilen, da andererseits makro-
skopische anatomische Veränderungen am Knochen frühzeitig den Röntgenstrahlen zugänglich
sind, muss der Wert der letzteren auch hier ein absolut unbestrittener genannt werden. Denn
dass die Prognose einer lokalen Erkrankung um so günstiger zu stellen ist, je früher der
genaue Sitz des Prozesses sich bestimmen lässt, bedarf keiner Erörterung.
Die Entzündung des Periosts bei tuberkulöser Erkrankung des Knochens ist an
und für sich schon von geringerer Bedeutung als bei den akuten eitrigen Affektionen, sowohl
der Häufigkeit wie der Ausdehnung nach, andererseits beschränkt sie sich bei Tuberkulose
meist auf fungöses oder verkästes Granulationsgewebe, so dass diese Periostitis für die radio-
logische Untersuchung nicht konstatierbar ist. Während im vorigen Kapitel „akute Osteo-
myelitis^ die ausgiebige ossifikatorische Fähigkeit des Periostes betont wird, bleibt bei Tuber-
kulose die Knochenneubildung im Bereich des erkrankten Periostabschnittes fast immer aus,
selten einmal findet man sie in der nächsten gesunden Nachbarschaft. Vermuten lässt sich
allerdings in gewissen Fällen auch die fungóse Periostitis. Da sie nämlich die subperiostalen
Schichten des Knochen resorbiert, also eine periphere Caries hervorbringt, so ist anzunehmen,
dass an der betreffenden Stelle der Rinde das Schattenbild einen leicht höckerig angenagten
Kontur erkennen lässt.
Die nicht spezifische, die reine Form der Periostitis ossificans in der Nähe
von Entzündungsherden ist bei Tuberkulose stets eine solche geringer Solidität im Gegen-
satz zur akuten Osteomyelitis und zur Syphilis. Diese Thatsache fällt dem Röntgenpraktiker
täglich als typisch für die tuberkulösen Knochenaffektionen auf. Die Ursache für die mangelnde
reaktive Knochenbildung des Periosts bei Tuberkulose soll, nebenbei bemerkt, allerdings
weniger auf die Tuberkulose an sich zurückzuführen sein, als auf die besondere Lokalisation
derselben. Die Knochenhaut derjenigen Skelettabschnitte nämlich, die der Lieblingssitz der
Tuberkulose sind, vor allem also der spongiösen Teile, soll eo ipso. weniger produktiv sein als
diejenige der Diaphysen; und wenn, was selten vorkommt, einmal die Tuberkulose sich an den
langen Diaphysen lokalisiert, dann geht sie mit derselben starken Schalenbildung einher, wie
die akute eitrige Osteomyelitis. Das beweist unter anderen eine Arbeit v. Friedländers, auf
die ich dann noch zurückkomme.
Röntgenographiert man ein Femur mit seit vielen Jahren ausgeheilten tuber-
kulósen Prozessen, so findet man auch massivere Ossifikationen des Periostes vor. Müsste in
einem solchen Falle das Radiogramm allein den Ausschlag für die Differentialdiagnose Tuber-
kulose oder abgelaufene akute Osteomyelitis oder Lues abgeben, so befände man sich in einem
Dilemma.
Die tuberkulöse Erkrankung der Rinde verhält sich bekanntlich direkt gegen-
sätzlich zu den Veränderungen bei eitriger Osteomyelitis und recht verschieden zur Syphilis.
Bei Osteomyelitis stirbt unter dem erkrankten Periost resp. über dem erkrankten Marke oder
zwischen beiden ein grosses Stück Kompakta plötzlich ab, die Aussenfläche bleibt glatt wie
beim gesunden Knochen, — es lässt sich das mit X-Strahlen gut konstatieren — und die Grenze
gegen das gesunde Knochengewebe bildet die scharfe, breite und für X-Strahlen gut transparente
Demarkationszone. Anders bei der Tuberkulose, Der durch die Proliferation des fungösen
Markes oder Periostes rarefizierte Sequester wird hier nicht eliminiert und auszustossen versucht,
sondern er infiziert als infektiöser Fremdkörper seine weitere Umgebung und bringt sie eben-
falls allmählich zum Absterben. Der Übergang des lebenden Gewebes in das abgestorbene
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel, 9
66 Pathologische Anatomie.
vollzieht sich bei Tuberkulose allmühlich. Dieser Umstand erleichtert die radiographische
Diagnose. Hinwiederum kann die Deutlichkeit dieser Verhältnisse im Radiogramm leiden durch
die bei Tuberkulose selten fehlende akute Knochenatrophie, welche daun noch eingehender be-
rücksichtigt werden soll.
Nur ein paar Worte über die Tuberkulose der Markhöhle des Oberschenkels.
Sie soll äusserst selten sein. Küttner fand unter 2127 Fällen von Knochen- und Gelenk-
tuberkulose nur sechs Fälle von tuberkulöser Osteomyelitis, darunter waren drei, die das Femur
betrafen. Die primäre Form soll häufig als Knochenabscess oder als eine Art Spina ventosa
langer Röhrenknochen auftreten, die sekundäre Form geht von erkrankten Gelenken oder
Spongiosaherden auf das Mark des Schaftes über. Küttner, der auch Röntgenbefunde bringt,
glaubt, dass bei der primären tuberkulösen Osteomyelitis nur die Operation die Diagnose er-
mögliche.
v. Friedländer hat in 18 Monaten 15 Fälle von Tuberkulose der Diephysen langer
Röhrenknochen beobachtet, róntgenographiert, histologisch und bakteriologisch untersucht. Unter
dieser relativ hohen Zahl von 15 Füllen findet sich aber nur ein einziger Fall von sicherer
primürer Erkrankung der Femurdiaphyse, in einem anderen seiner Fälle war er nur wahr-
scheinlich primär. Am häufigsten war Ulua und Tibia dazu prädisponiert, demnächst der Radius
und Humerus, zuletzt das Femur.
v. Friedländer unterscheidet drei Gruppen: 1. die progressive, käsige Infiltration
(König), ohne eigentliche Grenze gegen das Gesunde, meist mit offener Eiterung kompliziert
und mit schwerer allgemeiner tuberkulöser Infektion verbunden. Für sie ist röntgenologisch
charakteristisch „die ausgedehnte äussere Hyperostose bei gleichzeitiger exzentrischer Atrophie
des ganzen Knochens und das Fehlen innerer Sklerose. Es ist ferner charakteristisch, dass der
Östeophyt in seinen innersten, dem Knochen anliegenden Schichten grosse Neigung zum Zerfall
und zur Höhlenbildung hat.“ 2. Gruppe: Die zirkumskripte sequesterbildende Form. „Die
Demarquation eines grossen Sequesters ohne Eiterung und vor der Fistelbildung ist das ent-
scheidende Merkmal der tuberkulósen Nekrose im Gegensatz zur Nekrose durch Eitererreger.
Bei den Füllen mit Fistel muss die Geringfügigkeit der Sekretion und die kleine Zahl der
Fisteln trotz grossen Sequesters das diagnostische Denken auf die richtige Spur bringen. Als
unterstützendes Merkmal kommt dazu die relative Geringfügigkeit der Knochenneubildung im
Verhältnis zur Grösse des Krankheitsherdes. Von der luetischen Nekrose unterscheidet sich die
tuberkulöse ebenfalls durch die Geringfügigkeit innerer und äusserer Sklerose.“ 8. Gruppe:
»Airkumskripter, küsiger Herd ohne Sequester. Hier kann heute ein wichtiger Anhalts-
punkt, der seiner Zeit erst bei der Operation zu erheben war, durch das Róntgenverfahren schon
vor der Operation eruiert werden, nümlich die Thatsache, dass ,die tuberkulóse Knochen-
kaverne grósser ist als die neugebildete Knochenmasse, der osteomyelitische
Abscess dagegen kleiner.“ v. Friedlünder macht ferner noch auf die Thatsache aufmerk-
sam, dass sich zuweilen bei Gelenktuberkulose geringe Osteophytbildung an der Diaphyse
finde, ohne dass der Knochen einen küsigen Herd beherberge. Seine Róntgenogramme fórdern
ferner ein neues sehr wertvolles Faktum zu Tage, námlich: die Verlángerung der erkrankten
Knochen in einem Ausmasse, wie sie bei der akuten Osteomyelitis nach gleich
langer Dauer der Erkrankung kaum einmal zu sehen ist. Damit ist die von einer
Seite immer wieder angeführte Behauptung, dass die Knochentuberkulose niemals eine Ver-
lángerung des Knochens herbeiftihre, definitiv hinfállig.
Der Hauptsitz lokalisierter tuberkulóser Erkrankungen des Femur ist die Spongiosa.
Wir wissen, dass zwischen frischen Tuberkeln sich eine diffuse Umwandlung des Markes in
zellen- und blutgefássreiches Granulationsgewebe vollzieht, welches die Bálkchen in seiner ganzen
Ausdehnung annagt und ganz oder bis auf einige kleine Splitter resorbiert. Einzelne Tuberkeln
sind selbstverstündlich radiologisch unsichtbar, wie denn auch akute allgemeine Miliartuber-
kulose auf diese Weise nicht zu erkennen ist; nur bei der chronischen Form der miliaren
Tuberkulose. 67
Tuberkulose, wo durch Konfluenz mehrerer benachbarter Knótchen entzündliche Veründerungen
. des umgebenden Markes entstehen und Rarefizierung oder Sequestrierung eingeschlossener
Knochenbülkchen bedingen kónnen, wird auch das Röntgenbild nicht versagen. Aber Tuberkeln,
fungöses oder verkästes Gewebe sind ebensowenig feststellbar wie Eiter, und nur ihre Wir-
kungen, insofern sie in Abbau oder Anbau von Kalk bestehen, sind radiographisch darzustellen.
Treten, wie oben ausgeführt, schon die tuberkulösen Corticalissequester im Röntgen-
bilde wenig deutlich hervor, so ist das bei den Spongiosasequestern noch weniger der Fall,
und zwar aus naheliegenden Gründen. Die tuberkulösen Spongiosasequester sind durchweg von
kleiner Gestalt, selten sind sie grösser wie eine Haselnuss, meist sogar viel kleiner. Sklerotisch
wie bei Lues werden sie in der Regel niemals. Im günstigsten Falle ist ihre zentrale Partie von
radiologisch gleicher Dichte wie normale Spongiosa. Tritt dann noch als weiteres günstiges
Moment der Umstand hinzu, dass die Randpartieen des
Sequesters stark rarefiziert sind, oder dass der den
Sequester umschliessende Knochen diffuse akute Atrophie
zeigt, wührend der Sequester wegen frühzeitiger nekro-
tischer Elimination nicht an derselben teilnehmen konnte,
dann markiert er sich als leicht dunklere Partie in der
helleren Umgebung; so in dem Fall, dessen Prüparat
Textfigur 21 wiedergiebt.. So mögen denn auch ein
Drittel der tuberkulösen Spongiosasequester festzustellen
sein, die Mehrzahl aber entzieht sich dem projizierenden y
X-Strahl, besonders die des Femur und Acetabulum, | E ARIAS |
wegen der Dicke der umschliessenden Weichteile, welche
feinere Einzelheiten der Spongiosazeichnung verwischen;
so war es der Fall bei Fig. 1, Tafel VI. Hier war
uns das Róntgenbild in jeder Beziehung wertvoll, ein
Sequester aber wurde vor der Operation nicht sicher-
gestellt. Noch schwieriger gestalten sich die Verhültnisse bei der Pfanne. Diese Schwierig-
keiten werden indessen praktisch weniger empfunden, da die Anwesenheit eines solchen kleinen
Sequesters in einem tuberkulósen Herd den Fall kaum prognostisch alteriert noch den Operations-
plan ändert oder kompliziert.
Die pathologische Anatomie lehrt, dass es eine käsige und eine fungöse oder
granulierende Form tuberkulöser Entzündung giebt. Beide sind allerdings nicht streng
voneinander zu trennen. Bei der vorwiegend käsigen Form erhalten sich im allgemeinen die
eingeschlossenen Knochenbälkchen, d. h. sie bleiben mit denjenigen der Umgebung in Kontinuität.
Makroskopisch fehlt dann der Eindruck des Sequesters. Dass jedoch ein nekrotischer Zustand
besteht, beweist das Fehlen jeder Kernfürbbarkeit an den Knochenkórperchen. Es erübrigt
sich, näher auszuführen, dass diese Art der Nekrose auch im Radiogramm verborgen bleibt.
Dafür liegt die fungöse Form der Röntgen-Untersuchung um so günstiger. Hier tritt ein Schwund
der eingeschlossenen Knochenbälkchen ein, so dass ein röhrenförmiger oder rundlicher oder in-
farktähnlicher Defekt im Knochen sich ausbildet.
Diese Defekte treten um so besser, kontrastreicher hervor, wenn sie noch mitten drin
im Knochen liegen und der Prozess nicht schon ins Gelenk hindurch gebrochen ist. Später
nämlich, wenn sie mit dem Gelenk kommunizieren oder wenn sie in den Muskeln einen Abscess
gesetzt haben, etabliert sich meist immer eine so hochgradige Atrophie aller ergriffenen und
benachbarten Knochenpartien, dass der lokale Defekt ein weniger deutliches Bild ergiebt. Solche
primäre lokale Spongiosaherde resp. Defekte sehen Sie in Fig. 3 und 4, Tafel VI, solche mit
Gelenktuberkulose resp. Weichteilabscessen Fig. 1, Tafel VI. Man erlebt hier manche
Überraschung. Während man früher bei sogen. freiwilligem Hinken eines jungen Patienten
allerdings gleich an beginnende Tuberkulose dachte, aber nie wusste, ob die Diagnose auch
9%*
Fig. 21.
Radiogramm eines Präparates mit
einem tuberkulösen kleinen Sequester.
68 Pathologische Anatomie.
wirklich stimmte, ob nicht vielmehr nur Wachstunsschmerzen, Schonung infolge Muskelfaser-
zerreissung oder ähnliches vorlagen, klärt jetzt ein Radiogramm sofort vieles auf. So ging es
bei dem Patienten zu Fig. 3, Tafel V. Treffender kann der Wert der radiographischen
Untersuchung kaum illustriert werden als mit diesem Fall. Durch das Bild ist bald die Art
des Leidens, seine Lokalisation, seine Ausdehnung und demgemüss die einzuschlagende Therapie
gegeben. Es erhellt daraus noch mehr: Zweifellos ist der Prozess bis nahe an den Gelenk-
knorpel herangekommen. Das Gewólbe des Caput femoris hat schon nachgegeben und ist durch
die Kórperlast flacher gedrückt worden. Hier operativ einzugehen und den Herd auszulóffeln,
wird natürlich niemand beifallen. Erstens ist das Auffinden des zwar deutlichen aber kleinen
Herdes gar nicht leicht, zumal man zu náüherer Tiefenbestimmung in sagittaler Richtung eine
Róntgenaufnahme in 90grüdigem Winkel zu dieser gar nicht ausführen kann, und andererseits
das Gelenk von aussen eröffnet werden müsste, wollte man nicht ganz im Dunkeln tappen.
Aber selbst, wenn man von aussen durch den Knochen an den Herd herangekommen wire,
würde man ihn nicht gründlich auskratzen können ohne Gefahr ins Gelenk durchzubrechen.
Ein operativer Eingriff aber wäre selbst dann nicht einmal geboten. wenn der Herd für den
Meissel noch bequemer läge. Denn man weiss, dass diese Herde bei Ruhigstellung der be-
fallenen Knochen wenig Tendenz zeigen, weiter zu zerstören; man weiss, dass sie vielmehr bei
jugendlichen Individuen und rationeller Behandlung recht gut ausheilen werden.
Selten wohl ist ein objektives Bild so geeignet, dem angehenden Mediziner zu beweisen,
dass bei solchen Gelenkaffektionen Ruhigstellung und Entlastung durch krüftigen Zug die
richtigste Therapie sein muss.
Gestreift war in diesem Kapitel mehrfach die akute Knochenatrophie. Ausführliches
über dieselbe findet sich in dem besonderen Kapitel S. 41 ff. Daselbst ist bereits erwähnt, dass
das hóchste Kontingent derselben die Tuberkulose stellt. "Verfasser hat sie vor vier Jahren
als ein wichtiges Moment bei der Differentialdiagnose zwischen akuter Osteomyelitis und Tuber-
kulose hervorgehoben, ohne ihr Vorkommen bei Osteomyelitis und anderen Affektionen in
Abrede zu stellen. Die seitherige weitere Erfahrung hat so gut wie nichts an dieser Uber-
zeugung geándert, sondern sie nur gefestigt.
Die akute Knochenatrophie bei akuter Osteomyelitis hält sich in mässigen Grenzen,
geht kaum über die nächste Knorpelfuge hinaus, zeigt ein hochgradig fleckiges, scheckiges
Bild, welches schnell auftritt und innerhalb weniger Wochen oder Monate wieder vergeht und
gut kontrastreiche Radiogramme prägt. Die akute Knochenatrophie bei Tuberkulose hingegen
tritt in sehr ausgedehntem Umfange auf, immer über mehrere Knochen zugleich ausgebreitet
(z. B. bei Tuberkulose des Sprunggelenks über sänıtliche Mittelfuss-, Fusswurzel- und Unter-
schenkelknochen) und zeigt mehr eine verwaschene, kontrastlose, blasse Zeichnung, an welcher
meist noch besonders die papierdünne Corticalis der Knochen, also eine gleichzeitige exzentrische
Atrophie in die Augen fällt.
Was speziell die Atrophie bei Tuberkulose anbetrifft, so wusste man allerdings schon
vor dem Zeitalter der X-Strahlen, dass der Knochen in der Nähe tuberkulöser Herde bequem
mit dem Messer sich schneiden liess, und die Chirurgen machten in den Lehrbtichern immer
darauf aufmerksam, dass dieser Knochen nicht mit erkrankt, sondern nur atrophisch sei; er
dürfe also nicht mit ausgelöffelt, resp. amputiert werden, da er sich wieder zurückbilden könne.
Dass aber dieser Prozess, fälschlicherweise fettige Atrophie, Lipomasie benannt, ganz enorm
häufig vorkommt und eine ungeahnte Ausdehnung auf die Nachbarknochen erfährt, das haben
uns erst die Röntgenstrahlen ermittelt.
Der Umstand, dass diese Atrophie in der Umgebung kariöser Partien schon früher
gewürdigt war, gab in den ersten Jahren der Röntgenuntersuchungen mitunter Veranlassung
zu diagnostischen Irrtümern, indem bei allen möglichen Prozessen, die Knochenatrophie auf-
wiesen, Tuberkulose konstatiert wurde. Bald sah man ein, dass nach Panaritien ähnliche hoch-
gradige Verminderung des Kalkgehaltes der nächst- und fernliegenden Knochen eintrat;
Tuberkulose. 69
schliesslich schien die Hälfte aller Frakturen, selbst einfachster Art, Luxationen und Kontusionen
akute Knochenatrophie im Gefolge zu haben. Gleichzeitig beobachtete nıan aber, dass alle
diese Atrophien nicht immer das gleiche Bild zeigten, sondern dass sich bei den einzelnen -Arten
verschiedenen Ursprungs verschiedene Modifikationen der radiographischen Zeichnung fanden.
Wenn eine erschöpfende Bearbeitung aller dieser einzelnen Arten bisher auch noch aussteht,
so kann doch einstweilen hier soviel behauptet werden: Die bei Tuberkulose anzutreffende
akute Knochenatropbie unterscheidet sich von der anderer Affektionen durch
ihr frühzeitiges, hochgradiges und über ganze grosse Gliedabschnitte aus-
gedehntes Auftreten. Sie fehlt hinwiederum bei Tuberkulose dann, wenn resp.
solange ein Herd in der Spongiosa primär und isoliert sein Dasein fristet, ent-
wickelt sich aber bald, nachdem letzterer die Gelenkkapsel oder den Gelenkknorpel,
das Periost und die darüberliegenden Weichteile ergriffen hat. Als typische Belege
für diese Krankheitsformen bez. -stufen führe ich die Fig. 1, Tafel VI, Fig. 3 und 4, Tafel V
und Fig. 5, Tafel VI an. | |
Was das Röntgenbild bei tuberkulöser Synovitis ohne Beteiligung der Knochen
anbetrifft, so schrieb Verfasser vor vier Jahren: „Jedenfalls ist es Erfahrungsthatsache, dass bei
tuberkulöser Coxitis die Gelenklinie weniger scharf sich abzeichnet und die betreffenden Hüft-
gelenksknochen etwas lichtdurchlüssiger für Róntgenstrahlen sind. Man könnte der Ansicht
zuneigen, dass es sich in solchen Fällen um Synovialtuberkulose allein handelt.“ Auf Grund
mehrerer Operationsbefunde an tuberkulösen Gelenken (allerdings meist Kniegelenken) — deren
vor dem Eingriff angefertigtes Radiogramm die gleiche Verwasehenheit und Verschwommenheit
des sogenannten Gelenkspaltes und die grössere Transparenz der das Gelenk bildenden Knochen-
enden aufwies, und die sich dann als reine tuberkulöse Synovitiden manifestierten, — kann
Autor jene Ansicht jetzt als richtige Tatsache hinstellen. Einen solchen Fall bringt Fig. 1,
Tafel V. Die Atrophie wird erst in die Augen fallend, wenn man die gesunde Seite dazu
vergleicht. Daraus erhellt, dass es in solchen Fällen unerlässlich ist, immer beide Seiten,
immer das ganze Becken zu durchleuchten, weil sonst die geringen Kontrastverminderungen
leicht übersehen werden.
Veründerungen des Knorpels allein, sowohl des Epiphysen- wie des Gelenk-
knorpels, sind unmittelbar nicht zu erkennen, mittelbar kann man sie aus Veründerungen der
ihm anliegenden Knochengrenze schliessen. Wenn man z. B. einen tuberkulósen Defekt im Caput
femoris an der Knorpelfuge anliegend konstatiert ünd bei einer späteren Untersuchung gewahr
wird, dass auch in der Metaphyse an der Fuge genau dem ersteren gegenüber ebenfalls ein
Defekt in der Spongiosa vorhanden ist, so muss man annehmen, dass die Knorpelfuge durch-
brochen, ohne dass es direkt sichtbar ist. Die Möglichkeit, dass es sich um einen meta-
statischen Herd handeln könnte, ist indessen gegeben... Den Entscheid, ob der Knorpel durch-
brochen, muss die Erwägung geben, ob die Konturen der beiden Defekte so zueinander
passen, dass sie einen einzigen Herd zu bilden scheinen. — Was sonst das Verhalten der
Knorpelfugen direkt an cariósen Stellen oder in der ferneren atrophischen Umgebung anbetrifft,
so hat der Verfasser den Eindruck gewonnen, dass die Fuge vielfach schmäler sich darstellt,
als in den gleichen Partieen der gesunden Seite. Es entspricht dies auch der von Wilms
publizierten Beobachtung, dass im Bereich tuberkulós erkrankter kindlicher Gliedmassen ein
frühzeitigeres Auftreten der Knochenkerne statthat. — Im übrigen aber sei daran erinnert,
dass sich die Knorpelfugen meist als Hindernis, als Schutzwall gegen tuberkulóse und eitrige
Prozesse bewühren. |
| Wir haben früher ausgeführt, dass der helle, bandartige, halbkreisfórmige Streifen am
Hüftgelenk keinem leeren Raum, sondern den Gelenkknorpeln entspricht, die, ohne einen Raum
zwischen sich zu lassen, glatt aneinander vorbeigleiten. Findet man diese helle Zone im
Róntgenbild verschmilert, dann muss man Veründerungen des Knorpels annehmen (z. Bsp.
70 | Pathologische Anatomie.
Fig. 4, Tafel VI), fehlt sie bis auf einen feinen Strich, dann sind eben keine Knorpel mehr
vorhanden (Fig. 6, Tafel VI), fehlt sie ohne eine Andeutung, dann muss man Synostose an-
nehmen (Fig. 2, Tafel VI) Ist der Knorpel zum Teil zerstört, siebförmig durchlöchert etc,
dann resultiert ein unscharfes ‚Bild des Gelenkspaltes, wahrscheinlich bedingt durch Arrosion
der subehondralen Knochenfläche infolge entzündlicher, aus dem Knochenbindegewebe der
Spongiosa herausgewachsener Granulation.
Gehen wir nun nacheinander die klinischen Bilder durch und beginnen mit
der Hüfte.
Primäre Synovialtuberkulose schafft einen typischen, radiologischen Befund“ (wie
schon vorhin erwähnt), indem die befallene Hüfte eine gleichmässig blassere, verschwonmmene
Zeichnung darbietet (s. Fig. 1, Tafel VI). Man muss nicht glauben, dass diese Verschleierung
der Knochenkonturen etwa durch die Schwellung der Gelenkkapsel und die ihr aufliegende
Granulation bedingt sei, sondern durch entzündliche oder reflektorische, intensive Resorptions-
vorgänge in den Knochenpartien im Bereiche der Gelenkkapsel (vgl. hierzu die Ausführungen
des Kapitels: Akute Knochenatrophie). So sehr auch der radiographische Anfänger geneigt ist,
die verschwommene Aufhellung des Bildes, die zuweilen dem Bereich des Gelenks entspricht,
auf Flüssigkeit im Gelenk resp. die darin suspendierten grösseren Faserstoffklümpchen zurück-
zuführen, so hat die Erfahrung aus Operationsbefunden den Irrtum dieser Anschauung behoben.
Grosse geformte Faserstoffkonkremente (Corpora oryzoidea), von denen am ehesten noch
zu erwarten wäre, dass sie ein sonst normales Radiogramm modifizieren könnten, kommen im
Hüftgelenk kaum vor. Im übrigen kann Verfasser aus chirurgischen Ergebnissen an anderen
Gelenken versichern, dass sie niemals im Röntgenbilde darstellbar sind, auch das Radiogramm
sonst nicht ändern.
Wenn oben behauptet wurde, ein Befund, wie ihn Fig. 1, Tafel V aufweist, sei
charakteristisch für Synovialtuberkulose des Hüftgelenks, so ist hierzu eine kleine Einschränkung
zu machen, die aber praktisch kaum einmal in Frage kommt. Es ist wahrscheinlich, dass
auch andere Entzündungen der Gelenkkapsel ein ähnliches Bild zeitigen (s. S. 44), praktisch liegt
die Sache jedenfalls so, dass in 99 von 100 einen solchen Röntgenbefund bietenden Fällen
Tuberkulose der Gelenkkapsel vorliegt, denn die anderen monartikulären Entzündungen der
Hüftgelenkssynovia sind bekanntlich selten; bei Gonorrhoe, die noch am häufigsten hier in
Betracht zu ziehen wäre, entscheidet leicht der andere klinische Befund, vor allen schon das
Lebensalter.
Ergüsse im Gelenk (wobei natürlich weder Eiter noch trübe Synovialflüssigkeit sich
unterscheiden liesse) werden besser durch alle anderen Untersuchungen eruiert als radiographisch.
Zeigt das Röntgenbild eine Subluxation, so kann man einen Erguss vermuten, doch bleibt dabei
die Möglichkeit, dass ebenfalls beträchtliche Anschwellung des Fettbindegewebes in der Fossa
acetabuli durch tuberkulóse Granulation den Raum für das Caput femoris so beschrünkt hat,
dass er bei der geringsten Bewegung subluxiert ist.
Unmöglich ist es gleichfalls, im Röntgenbilde den Durchbruch und den Weg eines
Geleukabscesses zu sehen resp. zu verfolgen. Bekanntlich kann ein solcher Abscess auch den
knöchernen Grund der Pfanne perforieren und ins Becken gelangen. Solche Zerstörung des
Pfannengrundes muss auf einem tadellosen Röntgenogramm zum Ausdruck kommen, wenn
sich auch vielleicht nicht sicher erkennen lassen wird, ob der Durchbruch bereits erfolgt ist
oder erst bevorsteht. Die Vorstellung, dass man ein direktes Loch wahrnehmen würde, wäre
schon an sich sehr naiv; sie ist aber so gut wie unmöglich in Anbetracht des Umstandes, dass
sich ein Bild niemals bei zum Pfannenboden senkrechtem Strahlengang erzielen lässt. In der
Literatur ist bisher ein Radiogramm eines durch tuberkulösen Abscess zerstörten Pfannen-
grundes zu vermissen. Verfasser kann leider auch kein solches bringen.
Was die Lósung des Caput femoris in der Epiphysenfuge anbetrifft, deren
Tuberkulose. 71
Vorkommen bei Tuberkulose seltener ist wie bei akuter Osteomyelitis, so kann diese im
Schattenbilde nicht verkannt werden (sofern das Caput natürlich bereits einen Knochenkern hat).
Eine normale Epiphysenfuge darf niemals eine Fraktur vortäuschen, denn ein abgelöster
Schenkelkopf ist auch immer disloziert; wo also in zwei verschiedenen Richtungen keine
anormale Position der Epiphyse nachgewiesen wird, ist sicher auch keine Lösung in der Knorpel-
fuge bestehend. Im übrigen wird noch auf den Abschnitt „spontane Epiphysenlösungen
und Spontanluxation“ in dem Kapitel der Luxationen hingewiesen. Es wird deshalb hier
davon Abstand genommen, weil die Causa nocens dieser Zufälle noch gar nicht sicher fest-
steht, die ganze Klinik derselben sogar durch die vielen jetzt aufgedeckten Fälle, die früher zu
mindestens 60°/, verkannt wurden, noch rätselhafter geworden ist.
Wenden wir uns nun zu den primären Knochenaffektionen innerhalb des
Kapselsackes und in der Nähe des Gelenkes und besprechen wir zunächst die ersten
Anfänge derselben bis zu dem Zeitpunkte, wo die Synovia des Gelenks mitergriffen wird. Was
die genauere Lokalisation der Herde anbetrifft, ihr Verhältnis zu den Knochengefässen und die
Art ihrer Verbreitung, so wurden diese Punkte S. 54 u. 55 unten bereits behandelt.
Die eo ipso prognostisch günstigeren Herde, die in den extraartikulären Knochengebieten
liegen und deshalb seltener ins Gelenk perforieren, ziehen aus der radiographischen Unter-
suchung noch ganz besondere Vorteile. Denn für solche Herde war schon eine operative Er-
öffnung und Auskratzung empfohlen, jetzt, wo sich ihr Sitz so präcis feststellen lässt, ist ein
Eingriff geradezu geboten, da es oft gelingen dürfte, den Durchbruch der Tuberkulose ins
Gelenk zu ‚verhindern. Solche extraartikulär erkrankende Stellen sind (nsch König) der
Trochanter major (ganz selten der Trochanter minor), das Tuber ischii, der obere hintere
Pfannenrand des Darmbeins und die Gegend der Spina anterior inferior oberhalb des Gelenks,
Skisgraphisch sind jedenfalls die Herde in den Rollhügeln schon bei primitiver Technik leicht
nachweisbar, bei guter Röntgentechnik kann aber auch sonst ein Defekt von mindestens Erbsen-
grösse an nicht entschlüpfen, wenigstens an der kindlichen Hüfte nicht.
Leider sind diese leicht erreichbaren Herde die selteneren, während diejenigen der
intraartikulär gelegenen Teile der Gelenkknochen ganz ausserordentlich oft anzutreffen
sind. Als typisches Beispiel der häufigsten dieser Affektionen mögen die Abbildungen Figg. 3
u. 4, Tafel V und 8, Tafel VI gelten. Sie sind ganz in der Nähe der Oberfläche des Kopfes
gelegen und zwar an der Stelle, wo an der Foveola, die bei Kindern radiographisch undeutlich
ausfällt, die epiphysäre Arterie einmündet (vgl. Fig. 16). In gleichem oder sogar noch etwas
höherem Prozentsatz (König) finden sich Herderkrankungen an der Pfanne. Auch deren
Existenz giebt sehr charakteristische Schattenbilder. Die Herde im Kopf indessen mit seiner
einfachen Zeichnung werden immer etwas leichter und früher aufzufinden sein, als der erste
beginnende Herd am knöchernen Randwulst der Pfanne. Infarktähnliche Herde lassen ihre in
seitlicher Projektion dreieckige Gestalt bei ihrem Sitz im Caput und Collum femoris (Fig. 5,
Tafel VI) leichter aufdecken, als in der komplizierten Schattenzeichnung der Pfanne. Nach
Verfassers Erfahrung scheinen sie am Hüftgelenk seltener vorzukommen, resp. in ihrer
typischen Gestalt zum Ausdruck zu kommen; denn es ist klar, dass nur dann das Radiogramm
eine dreieckige Aufhellung im Knochenschatten aufzuweisen imstande ist, wenn die Achse des
Infarktkegels senkrecht zur Richtung der projizierenden Strahlen steht. So ist es nicht ganz
ausgeschlossen, dass in Fig. 3, Tafel V oder 3, Tafel VI der Herd keilförmige Gestalt hätte,
wenn es auch unwahrscheinlich ist.
Erwähnenswert mag noch sein, dass die infarktförmigen Herde für prognostisch günstig
gehalten werden. Aus dem Einhalten der Gestalt wird gefolgert, dass diese Herde. keine
Tendenz zu weiterer Ausbreitung zeigen, sondern dass ihr Umfang von vornherein durch die
Ausdehnung des infizierten Gefässbezirkes bestimmt ist (König). Hieraus erklärt sich auch
mit das Fehlen jeder akuten Atrophie, die sonst bei tuberkulösen Knochenprozessen so häufig ist,
in der nächsten Umgebung (der Herde.
19 Pathologische Anatomie.
Aber auch die anderen Herde tuberkulöser Natur in den Epiphysen zeigen wenig
Neigung, sich weiter auszubreiten. Das ist lingst Erfahrungstatsache, und die meisten Chirurgen
huldigen der Ansicht, dass jede tuberkulóse Coxitis im Kindesalter ohne operative Eingriffe
zu heilen sei. Wenn unsere Fille (Fig. 8, Tafel V), wo jeden Tag ein Durchbruch ins Gelenk
erfolgen kann, und Fig. 3, Tafel VI, dagegen sprechen, so ist dies nur scheinbar. Wie die
flache Gestalt des Caput in diesen beiden Bildern beweist, hat hier ein mechanischer Druck
(der Körperlast) obgewaltet. Dieser muss die dünne Knochenwand zwischen Herd und Gelenk
(-knorpel) schliesslich lädieren und so das Übergreifen des Prozesses ins Gelenk ermöglichen.
Also der Herd an sich ist hier nicht progressiv, sondern dadurch, dass das mechanische
Belastungsmoment nicht rechtzeitig aufgehoben wird, nimmt das Leiden einen ungünstigen
Fortgang. Daraus ist zur Evidenz ersichtlich, wie hier alles auf ein frühzeitiges Erkennen der
Lokalisation und Art: des Prozesses ankommt. |
Ein ganz anderes Skiagramm, als wie soeben beschrieben, erhalten wir bei Caries
Sicca, wie ja auch schon das klinische Bild derselben ein von der gewöhnlichen fungösen
Arthritis und Ostitis wesentlich verschiedenes ist. Nächst dem Schultergelenk tritt sie an der
Hüfte am häufigsten auf. Von Volkmann zuerst beschrieben (Berl. klin. Wochenschr. 1867),
ist ihre tuberkulöse Natur später von König, Wanke und Billroth sichergestellt worden.
Der am Gelenkkopf, seltener an der Pfanne, einsetzende Prozess zerstört den Knochen von der
subchondralen Oberfläche her durch Bildung von Gruben, die von der Kapselinsertion her nach
dem Gipfel des Kopfes zu sich verschieben; zwischen diesen Gruben bleiben zunächst nur Wände
und Pfeiler des alten Knochens bestehen. Dieses Stadium bedingt im Röntgenbilde eine gut
sichtbare Veränderung, indem der halbkreisförmige Kontur des Caput zwar noch grob existiert,
aber keinem abgezirkelten schönen Bogen gleicht, sondern zackige Einbuchtungen aufweist,
somit wie angenagt, wie angefressen aussieht. Wichtig aber für das Radiogramm ist, dass
diese zerklüftete Oberfläche des Kopfes sich scharf und deutlich ausprägt und nicht ver-
schwommen sich darstellt (also nicht ähnlich dem Bild der Synovialtuberkulose). Ein gutes
Beispiel für dieses Anfangsstadium der Caries sicca besitzt Verfasser in einem Schulterradiogramm.
Irgend eine erwähnenswerte Knochenatrophie wurde bei diesem Prozess röntgenographisch nicht
gefunden, selbst nicht bei den vorgeschrittensten und höchsten Graden, in denen der ganze
Kopf und ein Teil des Halses verschwunden ist, wie das Fig. 7, Tafel VIII erkennen lässt. —
Die ersten Veränderungen bei Caries sicca róntgenographisch nachzuweisen, erfordert eine voll-
kommene Technik, denn das Leiden kommt bei Kindern so gut wie gar nicht vor, sondern erst
gegen das 15.—35. Lebensjahr; und geringe Veränderungen an dem Kontur des Femurkopfes
beim Erwachsenen zu entdecken, ist oft recht schwer und man fertigt am besten mehrere
Negative an. Wie überhaupt, so ist in diesem Falle ganz besonders absolute Ruhe des
Objektes während der Aufnahme das allerwichtigste Erfordernis. Gröbere Destruktionen des
Hüftgelenkkopfes sind leichter wiederzugeben. |
Mag man ein Anhänger der konservativen Behandlung der Coxitis, mag man für früh-
zeitiges operatives Vorgehen sein, immer soll man in beiden Fällen sich nicht damit begnügen,
eine einmalige X-Strahlenuntersuchung vorzunehmen, sondern man wird alle sechs bis zehn
Wochen den Krankheitsverlauf radiographisch kontrolieren.
Da Jodoform für Röntgenstrahlen ebensoschwer durchgängig ist wie Metalle, so kann
nach Jodoformglycerin-Injektionen sehr gut nachgewiesen werden, ob das Jodoform auch
an die gewünschte Stelle gekommen ist oder nicht. So ist in letzter Zeit empfohlen worden,
in die auf dem Róntgenbild gefundenen cariósen Herde direkt die Injektionen zu bewerk-
stelligen. Kontroliert man bei einem solchen Falle mehrere Monate später das Gelenk aber-
mals radiographisch, so darf man bei Beurteilung des Knochenbefundes nicht vergessen,
dass sklerotisch aussehende, dichte Partien im Knochenschatten lediglich von Jodoformschatten
vorgetäuscht werden können. Mitunter lassen sich solche Jodoformbröckel noch vier Monate
lang nachweisen. Fallen einzelne davon auf dem Negativ in den Weichteilschatten, dann
Tuberkulose. 18
gerät man kaum in einen Irrtum. Wo jedoch nur ein oder zwei Klümpchen mitten in den
Knochenschatten oder die Gelenkspalttransparenz projiziert werden, sind Täuschungen nicht
ausgeschlossen.
Hat man wegen schweren eitrigen Prozessen reseziert, so kann wührend der Heilungs-
periode nichts besser Aufschluss über den Stand des resezierten Femurendes geben, als das
Röntgenbild (vgl. Fig. 9, Tafel VI).
Ist die Coxitis unter konservativer Behandlung ausgeheilt, so bietet uns die radio-
graphische Untersuchung die sicherste Handhabe für einzusetzende orthopädische Massnahmen.
Recht deutlich zeigt sich immer eine stattgehabte Pfannenwanderung, oft lassen sich sogar
die einzelnen Etappen der Wanderung verfolgen in Gestalt von mehreren nebeneinander ver-
laufenden halbkreisfórmigen Bogenkonturen.
Wichtig ist es immer, bei ausgeheilter Coxitis zu erfahren, ob knöcherne Ankylose
besteht, resp. im Entstehen begriffen ist oder nicht. Bekanntlich heilen die allerleichtesten Formen
mit Beweglichkeit aus, ca. 95°/, aber bleiben steif. Beruht nun diese Ankylose auf Schrumpfung
der Kapsel und anderer Weichteile (Muskeln), auf fibröser Verwachsung oder auf Synostose,
darüber soll das Röntgenbild aussagen; es soll eventuell eine Untersuchung in Narkose ersparen.
Natürlich lässt sich nur konstatieren, ob knöchern die Ankylose oder nicht knöchern; und selbst
das hat röntgenographisch oft seine Schwierigkeiten. Vollständige Synostose trifft man selten
an; um sie aber auf einem Skiagramm zu beweisen, muss die Platte jedes Kriterium einer vor-
züglichen Aufnahme aushalten. Denn da schlechte Negative des Hüftgelenks einen Gelenkspalt
kaum erkennen lassen, müsste man bei letzteren immer eine knöcherne Ankylose vermuten.
Einen Fall von beginnender Synostose, eine seit Jahren ausgeheilte tuberkulöse Coxitis,
bringt Verfasser in Fig. 6, Tafel VI. Die Platte, die viel Struktur im Trochanter major
erkennen lässt, weist auch nicht die geringste Andeutung eines Gelenkspaltes mehr auf. Etwas
anders liegen die Verhältnisse bei Fig. 2 derselben Tafel. Der Fall ist ähnlich. Es besteht
hier zum grossen Teil knöcherne Vereinigung. Auf dem Negativ (nur dies ist mass-
gebend, die Reproduktion fällt stark dagegen ab) findet sich ein Gelenkspalt (von etwas flacher
Gestalt) in nicht zu verkennenden Spuren markiert, aber eben nur markiert, d. h. zum grössten
Teile ist Verknöcherung eingetreten. Ein Gegenbeispiel hierzu bringt uns Fig. 8, Tafel VI,
eine ebenfalls seit mehreren Jahrzehnten tberstandene Coxitis mit vollständiger Fixation. Ein
Femurkopf ist nicht mehr vorhanden, kaum ein Stück Hals, und das proximale Femurende ist
mit den Beckenknochen fest verwachsen, ohne die geringste Andeutung einer Grenze zwischen
beiden. Die Struktur von Becken- und Oberschenkelknochen geht kontinuierlich ineinander
über. In diese Kategorie vollständiger knöcherner Ankylose gehört auch der Fall Fig. 7,
Tafel VI, operiert vor elf Jahren. Es war der Kopf und ein Teil des Halses reseziert wor-
den. Bemerkenswert ist hier die voluminöse Knochenneubildung, die grosse, sich rechtwinklig
schneidende Balkenzüge aufweist. — Von Sklerose, die bei akut verlaufener und chronisch eiteriger
Osteomyelitis so gut wie nie ausbleibt, ist an allen den erwähnten Radiogrammen nichts zu
sehen. Leidlich solide Knochen haben wir im vorletzten und vorvorletzten Falle, der Dichte
normalen Knochens ungefähr analog; diese beiden Coxitiden sind schon seit Jahrzehnten aus-
geheilt; im letzten Fall ist die Tela ossea noch am wenigsten dicht; hier sind seit Beginn
des Leidens erst elf Jahre verstrichen und leichte Reaktion noch vor ?/, Jahren vorhanden
gewesen. Dass eine Ausheilung aber bald zu erwarten ist, kann man aus der gut trans-
formierten Knochenarchitektur entnehmen (s. später: Vorbemerkungen zu den Tafeln).
Was die seltnere primär auftretende Tuberkulose der Femurdiaphyse anbetrifft,
auf welche neuerdings Küttner wieder aufmerksam gemacht hat, so ist bereits S. 66 darüber
berichtet worden.
Über das distale Ende des Femur nur einige Worte, da ja die Erkrankungen des
Kniegelenks ausserhalb des Rahmens dieser Arbeit liegen. Etwa ein Viertel aller tuberkulösen
Affektionen des Kniegelenks beginnt in der Femurepiphyse. Die progressive Form ist hier nach
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 10
74 Pathologische Anatomie.
König sehr selten; am häufigsten dagegen die Keilsequester und Granulationsherde. Da extra-
artikuläre Durchbrüche der Herde seitlich und hinten vorkommen und die Verhältnisse zur
operativen Eröffnung derselben hier günstiger liegen als an der Hüfte, so ist ein frühzeitiges
Auffinden des Herdes mit Róntgenstrahlen von höchstem Werte. Bei der Einfachheit der
Technik von Knieaufnahmen muss man hier erbsengrosse Herde unbedingt finden. Man darf
sich nur nicht immer gleich mit einer und der ersten Aufnahme begnügen. Die Sache
ist hier schon wert, dass man ein paar kleine Platten daran setzt. Ein kleiner Herd im
Knochen kann natürlich nur erkannt werden, wenn das Negativ auch Knochenstruktur auf-
weist. Es ist naiv und lächerlich, einem Röntgenogramm nachzusagen, es hätte einen dann
operativ festgestellten haselnussgrossen Herd zerstörten Knochens nicht erkennen lassen, das
Röntgenverfahren lasse meist im Stich usw., wenn es ein Bild ohne jede Struktur ist.
Da wird dann dem Verfahren in die Schuhe geschoben, was lediglich die Schuld mangelhafter
Technik ist.
„Die klinischen Symptome lassen die primär ostale und primär synoviale Form der
Gelenktuberkulose nur in verhältnismässig wenigen Fällen von einander unterscheiden. Der
tuberkulöse Knochenherd macht für sich allein meist nur geringfügige oder gar keine Be-
schwerden, gewöhnlich nur mässigen dumpfen, durch direkten Druck etwas vermehrten Schmerz.
Erst die Mitbeteiligung des Gelenkes selbst, der Hinzutritt der synovialen Entzündung zur
Knochentuberkulose erhöht die Beschwerden, macht deutliche klinische Erscheinungen und
veranlasst meist erst die Kranken, ärztliche Hilfe nachzusuchen.“ Diese Worte Hoffas
dokumentieren mehr als seitenlange Ausführungen, eine wie kostbare Hilfe uns hier in den
X-Strahlen erstanden ist.
Ludloff hat eine ausführliche Abhandlung über die Tuberkulose der distalen Femur-
epiphyse nach Röntgenbildern beschrieben, deren Studium nur jedem empfohlen werden kann.
Sonst finden sich in der Litteratur eine Menge guter und schlechter Abbildungen von Tuber-
kulose des Hüftgelenks und des oberen Femurendes; so bringen Beck und Williams in ihren
Büchern einige Fälle, Verfasser hat ebenfalls mehrere hierher gehörige Fälle in seinem Atlas
der Knochenerkrankungen abgebildet; eine grössere Anzahl guter Röntgenbilder von Coxitis
finden sich in dem Atlas von Redard und Laran, leider mit viel zu kurzen Beschreibungen
(Tafel 26—31).
Ludloff (1903): „Aus allen diesen Ausführungen scheint nun das hauptsächlich
hervorzugehen, dass wir bei jugendlichen Individuen bis zum 15. Jahre aus den Veränderungen
an der Knochenknorpelgrenze und an dem Epiphysenfleck des Condylus im Röntgenbild die
Tuberkulose, ihre Lokalisation, ihren Heilungsverlauf diagnostizieren können. Es geht aus dem
Verschwinden der Protuberanzen, dem Auftreten von Knochenneubildungen, der Vergrösserung
der knöchernen Teile hervor, dass der tuberkulöse Herd im Knochen zwar hauptsächlich an
der Knochenknorpelgrenze in der Gegend des Epiphysenflecks des Condylus internus lokalisiert
ist, ob das aber ursprünglich die einzige primäre Lokalisation ist, können wir daraus nicht mit
Sicherheit schliessen.“ ... „Auf dem Wege der systematischen Röntgenuntersuchung würde es.
ferner aber auch vielleicht gelingen, die Gründe aufzudecken, weshalb bei anderen Gelenken,
der Hüfte, dem Ellenbogen, der Schulter und dem Sprunggelenk die verschiedenen Behandlungs-
methoden ganz verschiedene therapeutische Erfolge haben. Während erfahrungsgemäss die
Coxitis oft schon bei einfacher Entlastung und Fixierung ausheilt, hat wiederum bei der Ellen-
bogen- und Handgelenkstuberkulose die Jodoforminjektion den grössten Erfolg. Im Grunde
wird es auf ein genaues Studium des Knochenbaues der einzelnen Gelenkkomponenten der
verschiedenen Gelenke und deren Gefässversorgung hinauskommen.“
Osteoarthritis deformans.
-)
Cx
Osteoarthritis deformans.
Die Diagnose der deformierenden Entzündung des Hüftgelenks und Kniegelenks bietet
auch ohne Röntgenuntersuchung keine grossen Schwierigkeiten. Die klinischen Symptome:
Schmerzen bei längerem Gehen, zunehmende Beschränkung der Bewegung besonders der Ab-
duktion und Adduktion in der Hüfte, die Krepitation, das Befallensein nur eines Gelenkes, die
Steifheit des Gelenkes am Morgen, die Erleichterung nach den ersten Schritten, das langsame,
aber stetige Fortschreiten der Beschwerden, die zuweilen palpable Veränderung der Knochen,
sind der Osteoarthritis so spezifisch, dass eine Verwechselung mit einer anderen Hüft- oder
Knieaffektion kaum einmal unterlaufen wird. So einfach hier die Diagnose, selbst ohne radio-
graphische Prüfung, so schwierig ist die Therapie; man kann den Verlauf des Leidens nur
verlangsamen, zuweilen ein Wenig, selten ein Wesentliches bessern. So muss man sich vorläufig
damit trösten, die Anatomie der Deformation weiter zu ergründen, um auf diese Weise bessere
Aufklärung über Wesen und Ursache des Leidens zu erhalten und so vielleicht einst verheissungs-
vollere Wege für die Therapie zu gewinnen.
Trotz aller schönen Sammlungen deformierter Femurköpfe herrscht über die Ätiologie
des Leidens noch viel Unsicherheit. Dies ist nicht zu verwundern in Anbetracht dessen, dass
niemand an Osteoarthritis deformans stirbt, dass operative Eingriffe im Anfangsstadium der
Krankheit kaum einmal gemacht worden sind, dass endlich bei Sektionen im allgemeinen
Knochen und Gelenke unberücksichtigt bleiben. In der Erforschung also des wichtigsten
Momentes des Leidens: der ersten Erscheinungen bis zu den Veränderungen mittleren Grades
war man auf ganz wenige Zufallsbefunde angewiesen.
Dass die Osteoarthritis deformans auf einer bakteriellen Ursache beruht, wird nach
allen neueren Arbeiten immer unwahrscheinlicher. Ist auch anzunehmen, dass die Monarthritis
resp. Polyarthritis acuta eine infektiöse Krankheit ist, so steht jetzt ebenso sicher fest, dass die
Osteoarthritis deformans in keiner Beziehung zu derselben steht. Man hat neuerdings eine
,rheumatische Diathese* aufgestellt und Lancereaux nahm eine eigentümliche Varietüt der
nervósen Konstitution an, den ,herpétisme", der sich durch Neigung zu herumziehenden, durch
Witterungseinflüsse hervorgerufenen Nervenschmerzen, zu Migrüne, Obesitas und Diabetes, zu
trophischen Stórungen der Haut und Nagel, zu Ekzem und anderen Hautaffektionen, wie auch
endlich zu der Osteoarthritis deformans kundgebe (cit. nach Báumler!) Im Einklange mit
dieser Hypothese stehen die Beobachtungen tiber entstellende Gelenkerkrankungen bei Tabes
und Syringomyelie. Nicht in Widerspruch hierzu kommen die Annahmen von Charcot, Fuller,
Lane und Griffiths, dass Skrophulose und Tuberkulose unter den prüdisponierenden Momenten
einen hervorragenden Platz einnehmen. — Nach diesen Ausführungen scheint es am wahrschein-
lichsten, dass die erste Ursache der Osteoarthritis deformans in einer, sei es angeborenen, sei
es erworbenen Erkrankung des Nervensystems beruht, die vor allen Dingen dessen trophischem
Einfluss mehr oder minder aufhebt. Die normale Ernührung der Knochen ist gestórt und ein
Trauma, vor allen Dingen aber öfters sich wiederholende gleiche Traumen deformieren die
Knochen, die nun rein mechanisch dem Drucke oder Zuge nachgeben.
Dass bei dem einen Patienten nur die Knochen eines einzigen Gelenkes, bei anderen
hinwiederum die Knochen mehrerer Gelenke befallen werden, lässt sich in den meisten Fällen
allein durch den Heftigkeitsgrad erklären. Meist aber wird die Veranlassung ein leichtes Trauma,
Fraktur, Infraktion, Distorsion, Epiphysenlockerung u. dergl. abgeben.
Es bleiben aber immer noch eine Anzahl Fälle übrig, bei denen keine kachektische
Allgemeinerkrankung des Körpers und kein traumatischer Insult zu beschuldigen sind. Es
kommen hier als Ursache hauptsächlich tuberkulöse Lokalerkrankungen der Gelenke in Frage,
die vor Jahrzehnten mit vollständiger Ausheilung der Epiphysen- resp. Synovialtuberkulose
überstanden sind, aber doch ein gewisses Etwas zurückgelassen haben, das man nicht als etwas
. 4) Bäumler: Der chronische Gelenkrheumatismus und seine Behandlung. XV. Congress für
Innere Medizin. 1897.
10*
76 Pathologische Anatomie.
absolut Krankhaftes, sondern etwa als Schwüche in der physiologischen Funktion des betreffenden
Gelenkes bezeichnen kann: die Knochenmassen geben der Last und dem Zuge nach, die Knorpel
nutzen, resp. schleifen sich ab, die Gelenkkapsel schrumpft und faltet sich, kleine Partikel lósen
sich ab und werden zu Gelenkkórpern u. s. w.
Das Hüftgelenk ist der Lieblingssitz der Osteoarthritis deformans, demnüchst kommt das
Kniegelenk. Bei den allerleichtesten Graden zeigt das Róntgenbild ein Schwinden der Gelenk-
knorpel und Auftreten von Ossifikation an den Randzonen des Gelenkspaltes. Am Anfang dieses
Buches ist bereits auseinandergesetzt, dass der helle Bandstreifen, den ein Gelenk im Réntgen-
bilde zeigt, den Gelenkknorpeln entspricht, dass somit bei Verschmälerung dieser hellen streifen-
förmigen Zone auf ein Abschleifen resp. Schwinden der Gelenkknorpel zu schliessen ist. —
Die knöcheren Wulstungen an den Randpartien des Gelenkspaltes sind ossifizierte Neubildungen
der Randzonen der Gelenkknorpel. Beides, die Verschmälerung des Gelenkspaltes und die
wulstig verbreiterten Knochengelenkenden sind aus Figg. 1 u. 9, Tafel VII ersichtlich, typischen
Bildern beginnender Osteoarthritis deformans. Eigenartig sind die Knochenwülste in Fig. 12 der-
selben Tafel. Dem Patienten war vor vier Jahren ein Wagen über Hüfte und Oberschenkel
gegangen, wobei eine Luxatio iliaca entstanden war; wir haben an dem betreffenden Abend die
Luxation eingerichtet, jetzt klagt Patient über das betreffende Knie; objektiv war nichts Patho-
logisches festzustellen. Ausser den wallartigen
Knochenvorsprüngen existiert auch eine ca.
12 mm lange Ossifikation der Gelenkkapsel am
inneren Condylus femoris. Der Gelenkspalt zeigt
normale Breite.
Mit vorgeschrittneren Graden von Defor-
mation haben wir es bei den Fallen Figg. 2,
3 und 4, Tafel VIII zu thun; im Groben ähneln
sich alle drei etwas, im Detail hat kein Fall mit
dem anderen viel Gemeinsames. Fig. 4, Tafel VIII
präsentiert eine Konfiguration des Schenkelkopfes,
wie sie relativ häufig ist. Das Caput ist abgeflacht
und breitgedrückt und sitzt pilzhutförmig fast
ohne jede Spur von Hals der Trochanterenpartie
auf. Auffallend aber ist die Konsistenz, d. h. der
Kalkgehalt des Kopfes und der Trochanteren-
partie. Diese geben keinen kräftigen Schatten,
wie etwa die korrespondierenden Partien in Fig. 2,
Taf. VIII, sondern zeigen eine hochgradige Atrophie.
Dass bei der Osteoarthritis deformans atrophische
Prozesse eine Hauptrolle spielen, ist bekannt und
wurde auch bereits erwühnt, die róntgenographische
Erfahrung des Verfassers aber hat in allen seinen
anderen untersuchten Fällen von Osteoarthritis
Fig. 22. deformans immer nur eine recht müssige Kalkver-
Grobschematische Zeichnung der Struktur von minderung konstatieren können, niemals eine solche
Fig. 3, Tafel VII. (Frontalschnitt durch ein höheren Grades wie hier. Wichtig ist, dass Patient
A A mit seinem 15. Jahr an diesem Bein ein Genu
valgum bekam, das operiert wurde (Osteotomie
der Tibia). Das ganze Femur ist also nachgiebig, vielleicht das ganze Skelett, denn auch die
andere Hüfte zeigt dasselbe Réntgenbild. In diesem Falle ist also sicher keine Fraktur, keine
Infraktion, noch sonst ein einmaliges Trauma die Veranlassung der Ausbildung des Leidens
gewesen, sondern der dauernde Druck der Körperlast auf das schwache Skelett.
Osteoarthritis deformans. 77
Das Prüparat Fig. 3, Tafel VIII und Texttigur 22 weisen im Gegensatz hierzu eine kräftige
Kalkimprägnation auf; die Konturen dieses Femurkopfes würden, auch wenn sie am Lebenden
aufgenommen wären, kräftig gegen die Weichteile kontrastierend sich abzeichnen. Der Spon-
giosabau zeigt kräftige, sich rechtwinklig kreuzende Bälkchenzüge. Es wäre jetzt in der Röntgenära
an der Zeit, Untersuchungen darüber anzustellen, wie eigentlich gerade diese Form des Kopfes
zustande kommen kann, d. h. welches die erste Ursache ıst, dass in so vielen Fällen aus dem
Kugelgelenk ein Walzengelenk wird. Solch ein Walzengelenk entsteht aus einem Kugelgelenk,
wenn bei letzterem die Rotationsmöglichkeit aufhört und nur noch Bewegung in zwei entgegen-
gesetzten Richtungen ausgeführt wird, wie dies beim Gehen der Fall ist. Welcher Art aber
ist der Anlass, der die Rotation beschränkt? Ich halte es für möglich, dass in vielen Fällen
eine Epiphysenfugenlockerung in früheren Jahren anzuschuldigen ist. Diese Annahme wird
verständlich, wenn man z. B. die Fig. 2, 3 und 4, Tafel VII betrachtet und miteinander vergleicht.
In Fig. 3 kann nur eine Epiphysenverschiebung angenommen werden, ebenso in 2 und 4. Und
nun vergleiche man diese Schenkelkópfe nebst Háülsen mit dem von Fig. 83, Tafel VIIL Sollten
hier nicht verschieden vorgeschrittene Grade desselben Vorganges vorliegen?
Der Schenkelkopf Fig. 2, Tafel VIII ist wieder anders verunstaltet. Auch er zeigt un-
gefähr normalen Kalkgehalt; dagegen steht er etwas in Subluxationsstellung nach oben aussen.
So stemmt sich der höchste Punkt des Kopfes fest gegen den oberen Pfannenrand. Patient
war erst 34 Jahre alt, man kann diesen Fall noch als juvenile Osteoarthritis deformans
bezeichnen.
Ein entfernt ähnliches Radiogramm ist in Fig. 5, Tafel VII wiedergegeben. Der Kopf
selbst ist hier noch nicht abgeplattet, dafür zeigt der Hals resp. die Übergangsstelle des Halses
in den Kopf luxurióse Knochenneubildungen. Leider steht der Fall diagnostisch als Osteo-
arthritis deformans nicht ganz sicher. Wenn auch der Verlauf und die klinischen Symptome
dafür sprechen, muss doch bemerkt werden, dass ein Chondrosarkom, ein periostales Sarkom oder
Exostosen gelegentlich recht ähnliche Schattenrisse zeitigen können.
Gelenkmäuse offenbaren sich radiographisch, sobald sie verknöchert sind. Sie werden
am Hüftgelenk, gleich wie am Ellenbogen- und Kniegelenk sehr häufig entdeckt. Vielleicht
findet man, wenn man zu verschiedenen Tagen mehrere Aufnahmen eines solchen Gelenkes
anstellt, einen Gelenkkörper einmal an einer anderen Stelle als auf der vorigen Platte. Man
darf dann auf einen freien Gelenkkörper schliessen. Woher in jedem Falle ein solcher entstanden
zu denken ist, ob es ein frei gewordener Auswuchs der Kapsel oder ein abgebrochener Teil
der Ossifikstionen am Gelenkflächenrand ist, lässt sich kaum eruieren, hat aber auch kaum
irgend einen besonderen Wert. In Figg. 2 und 3, Tafel VIII finden sich oben deutliche grössere
verkalkte Gelenkkórper. Wenn man bedenkt, dass ziemlich früh der obere Pfannenrand aus-
gedehnt zu wuchern anfängt (wie es z. B. treffend Figg. 2 u. 4, Tafel VII dokumentieren), dieser
Vorsprung aber in Fig. 2, Tafel VIII fehlt, so liegt es nahe, anzunehmen, dass hier derselbe
abgebrochen ist und nun frei sich bewegt.
Dass zuweilen die verdickte Gelenkkapsel fast in ihrer ganzen Ausdehnung von Knochen-
platten durchsetzt sein kann, ist bekannt; dass dieser Vorgang gar nicht so selten eintritt,
wissen wir jetzt durch die Röntgenographie Ein Paradigma hierfür findet man in Fig. 2,
Tafel VII. Natürlich hält sich die Ossifikation nicht streng an die Grenzen der Kapsel, sondern
das paraartikuläre Bindegewebe wird mehr oder weniger in ihren Bereich gezogen. Bei dem
letzterwähnten Falle ist die Weichteilverknöcherung auffallenderweise nur am Dorsalradiogramm
zu erkennen, die Ventralaufnahme (Fig. 4) bietet keine Andeutung davon. Es handelt sich hier
um das gleiche Phänomen, welches man bei pleuritischen Schwarten beobachtet. Hat die pleu-
ritische Schwarte der Platte nahegelegen, wirft sie einen deutlichen Schatten, lag sie fern der
Platte an der röhrennahen Partie, so fehlt jede Andeutung solchen Schattens, „die Schwarte
ist weggeleuchtet“. Hier in unserem Falle sind die bindegewebigen Verknöcherungen also an die
dorsale Partie der Gelenksumgebung zu lokalisieren. |
78 Pathologische Anatomie.
Wie bereits eingangs dieses Kapitels erwühnt, bleibt eine Osteoarthritis deformans
vielfach nicht aus nach vollstándiger Ausheilung einer Knochentuberkulose. Es ist dies nichts
so Wunderbares und leicht erklárlich. Die Tuberkulose, sei sie synovial oder ossal verlaufen
(es kann sich hier nur um die einfacheren nicht komplizierten Formen handeln; wo Synovia
und Knochen vereint ergriffen waren, kommen meist Synostosen zustande) hat die normale
Stellung des Gelenks verándert, die Anpassung an die neue Funktion geht infolge einer zurück-
gebliebenen trophischen Schwáche des Knochens nicht nach den Transformationsgesetzen ge-
sunder Tela ossea vor sich, sondern unregelmássig, wobei die atrophischen Prozesse überwiegen.
Je mehr sich im Laufe der Jahre der Allgemeinzustand hebt, desto mehr ebnen sich allzu
grosse Unregelmüssigkeiten der Konfiguration der Gelenkenden, aber ein vóllig normales Gelenk
kann begreiflicherweise nie mehr resultieren. Für diese Art der Deformation bringe ich ein
charakteristisches Skiagramm in Fig. 6, Tafel VIL Bei diesem Patienten hatte vor Jahrzehnten
eine Tuberkulose den Knochen ergriffen, war aber bald ideal ausgeheilt, wie die betreffende
Krankengeschichte erweist. Ein Blick auf das Bild erübrigt jede Beschreibung. Dass die
Stabilität eines solchen Gelenkes eine nicht allzu sichere ist, scheint begreiflich; die Folge da-
von ist, dass derartige Patienten leicht ausgleiten und sich Frakturen zuziehen. So ging es
diesem Patienten. Verfasser besitzt auch noch die Radiogramme eines anderen ganz analogen
Falles, mit ausgeheilter Tuberkulose des distalen Femurendes und mehrfachen spáteren Frakturen
der Unterschenkelknochen.
Dass die Tuberkulose und auch die Osteomyelitis in einem Gelenk in gewissen Füllen
recht mild verlaufen und mit vollstándiger Beweglichkeit ausheilen kónnen, ist bewiesen. Es
fehlt wohl aber bisher an Beobachtungen, dass ein solcher Fall jahrzehntelang kontroliert
worden ist. Wenn letzteres gethan würde, fände man vielleicht manches Auftreten einer de-
formierenden Osteoarthritis bei Leuten, die, tuberkulös belastet, in ihrer Kindheit nur einmal
an einem Hiiftgelenkserguss litten, der aber klinisch ausheilte. Anatomisch war er jedenfalls
nicht ausgeheilt. Ich denke hier besonders an solche Fälle, von denen König in seiner Arbeit
über Hüftgelenkstuberkulose sagt, dass „die synovialen Veründerungen ausserordentlich gering-
fügiger Art sind. Es findet sich im Gelenk eine sehr mässige Menge trüber Flüssigkeit mit
grösseren und feineren Faserstoffklümpchen.... die Synovialis trägt den Charakter einer roten,
ziemlich derben, ihr aufliegenden Granulation... innerhalb und zumal auf der Oberfläche der
roten Granulation kann tuberkulöses Gewebe mit Deutlichkeit nachgewiesen werden. Wir waren,
bei operativer Behandlung, zuweilen erschreckt über die Geringfügigkeit solcher Erscheinungen.
Wir halten dafür, dass solche Vorgänge... eine Anzahl der rasch und leicht verlaufenden, mit
Beweglichkeit ausheilenden Coxitiden erklären.“ Verfasser möchte nun hier die Frage aufwerfen,
„was wird aus einem solchen mit Beweglichkeit ausgeheilten Gelenk in späteren Jahren?“ und
die Vermutung aussprechen, dass hier Bedingungen gegeben sind, die im Mannesalter zur
Osteoarthritis deformans eines solchen Gelenks führen können. Denn die klinisch ausgeheilte
Tuberkulose hat die Synovialis überall in ihrem Bau, ihrer Festigkeit, ihrer Elastizität alteriert,
so dass die Funktion des Gelenks gegen die des gesunden verändert sein muss, wenn auch
minimal. Dieses Minimum summiert sich aber im Laufe der nächsten Jahrzehnte. Dazu
kommt, dass jedenfalls durch die überstandene Synovialtuberkulose auch die Knochen in ihrer
Ernährung dauernd um ein Geringes beeinträchtigt worden sind. Es wäre kein Wunder, wenn
dann, sobald das fünfte Jahrzehnt des Lebens naht, ein gewisses „frühzeitiges Altern“ des be-
treffenden Gelenkes beginnt, der Femurkopf und -hals der Körperlast nachgeben und sich eine
typische Osteoarthritis deformans ausbilden würde.
Einer besonders grossen Schwierigkeit steht der Röntgenolog gegenüber, wenn es sich
darum handelt, festzustellen, ob eine eben erst beginnende Arthritis deformans vorliegt oder
der Knochen noch normale Gestalt führt. Das distale Femurende ist es in erster Linie, welches
die betreffende Entscheidung oft recht schwer gestaltet. Wenn wir etwa ein laterales oder
mediales Radiogramm vor uns haben, wie Fig. 5, 6, u. 8, Tafel II, bei welchem die Condylen
Osteoarthritis deformans. 79
einen derartig schén gezirkelten kontinuierlichen Bogen beschreiben, kann man sicher Osteo-
arthritis deformans ausschliessen, wenn wir ferner ein solches wie Fig. 10, Tafel VII erhalten,
so wird man sofort aus dem Róntgenbild allein und zwar lediglich aus dem Kontur des platten-
nahen Condylus femoris die Diagnose ,Osteoarthritis deformans* stellen. Wo ist nun die
Grenze zu setzen? Wenn man berücksichtigt, dass sich bei Arthritis deformans die Knochen-
enden abschleifen, also (im Schattenbild) runde Gelenkflächen flacher werden, so möchte man
zunächst folgern: ist die Kontinuität der Randkurven der Condylen in ihrer geometrischen
Gleichmässigkeit unterbrochen, so spricht dieses Moment für Osteoarthritis deformans. Diese
Folgerung wäre indessen falsch. Wenn man mehrere Hunderte von seitlichen Radiogrammen
gesunder Knie durchsieht, findet man, dass etwa die Hälfte derselben unterbrochene Condylen-
randkurven aufweisen. Die Unterbrechung ist zuweilen derart, dass der eine Bogen, getrennt
durch kleine Kerben in zwei kleinere geteilt ist, oder dass die eine Partie des Bogens flacher,
die andere gekrümmter ist, oder dass zwei Bogen durch eine etwas flachere Partie verbunden
sind. Diese Ungleichmässigkeiten findet man meist bei Männern und zwar bei solchen, die in
ihrem Beruf viel gehen, steigen und Lasten tragen müssen, die regelmässigen einbogigen Kon-
turen jedoch bei Frauen und den Männern, die den grössten Teil ihres Lebens auf dem Pferde
oder in anderen sitzenden Stellungen zubringen. — Beim Debut der Arthritis deformans nun
zeigt der Bogen der Condylen nach dem Gelenkspalt zu vorspringende stumpfe Ecken, die dort
entstanden sind, wo der abgeschliffene Teil des Knochens aufhört, und der nicht abgeschliffene
Bogen beginnt, wie Sie das am besten aus Fig. 11, Tafel VII ersehen. Es lässt sich aber denken,
dass im ersten Beginn des deformierenden Prozesses und bei einem Condylus, der schon normal
keine gleichmässige Kurve zeigt, die Diagnose aus solchem Radiogramm Schwierigkeiten haben
kann. In diesem Fall sehe man nach, ob die Stelle der dorsalen Partie jedes Condylus, an
welcher letzterer in den Schaft übergeht, und die für gewöhnlich abgerundet zu sein pflegt,
zugespitzt ist (wie Fig. 7, Tafel VII); das ist der Osteoarthritis eigentiimlich. Des ferneren
achte man dann noch besonders auf die Gelenkflüche (d. h. -linie im Radiogramm) der Patella.
Diese Gelenklinie der Patella, welche der die beiden Gelenkflächen letzterer trennenden mittleren
Leiste entspricht, ist normalerweise eine gleichmässig gekrümmte Linie, welche unten recht-
winkelig oder stumpfwinklig in den unteren Kontur der. Patella übergeht. Bei Osteoarthritis
deformans wird die Gelenklinie bald uneben, bekommt Lücken und kleine Vorsprünge an ihrem
proximalen und distalen Ende, besonders aber an letzterem springt häufig ein kleiner knöcherner
Zapfen hervor (s. Fig. 11, Tafel VII) Natürlich wird man auf jede Knochenvorwölbung an
der Tibiagelenkrandzone sein Augenmerk richten müssen (Fig. 7, Tafel VII) oder auf Defor-
mationen am proximalen Fibularende, die hier auch frühzeitig auftreten können. Schliesslich
muss man in jedem Falle eo ipso ausser der Profil- auch eine Dorsalaufnahme machen. Auf
dieser findet man eventuell Verkleinerungen und Unregelmässigkeiten des sogenannten Gelenk-
spaltes (d. h. also abgeschliffenen Knorpel), knöcherne Poliferation an den seitlichen Gelenkspalt-
kanten der Condylen (Fig. 12, Tafel VII), knócherne Gelenkkórper oder Ossifikationen der para-
artikuláren Weichteile. Auf den seitlichen Aufnahmen halte man niemals das eventuell knócherne
Sesambein in der äusseren Gastrocnemiussehne für einen Gelenkkórper!
Bade veröffentlichte in den „Fortschritten“ (Bd. IV, 1900) röntgenographische Studien
über die Knochenstruktur des coxalen Femurendes bei Arthritis deformans an der Hand von
Knochenprüparaten und kommt zur Aufstellung folgender Typen: 1. „Konzentrische Atrophie,
wo die normale Struktur gewahrt ist, wo die einzelnen Bälkchen nur näher aneinander gerückt
sind. 2. Konzentrische Hypertrophie, wo ebenfalls im allgemeinen die normale Struktur gewahrt,
wo jedoch die einzelnen Bälkchen mehr auseinander gedrängt erscheinen. 3. Ungleichmässige
Atrophie und Hypertrophie, wo in ungleicher Weise Knochenschwund und Knochenanbildung vor
sich geht. Knochenschwund tritt namentlich auf: a) an der Peripherie des Knochens, b) im
ganzen Verlauf des Halses, c) zwischen Trochanter major und Hals. Knochenbildung tritt be-
sonders auf: a) am Ansatz des Halses, an dem Schaft zwischen Trochanter major und minor,
80 Patholugische Anatomie.
b) oberhalb des Trochanter minor am Knickungswinkel zwischen Hals und Schaft. Bade pole-
misiert sodann gegen die Wolffsche Krantheorie; Wolff erwidert darauf in den „Fort-
schritten“, Bd. V, 1902.
Auf einen differentialdiagnostischen Punkt muss ich noch zu sprechen kommen: Eine
Osteoarthritis deformans coxae kann vorgetüuscht werden bei eingekeilter Schenkelhalsfraktur.
Es ist oft ratselhaft, wie geringe klinische Symptome letztere machen kann. Es kommen
Schenkelhalsbrüche vor, die eigentlich zunüchst nur eine gróssere Infraktion gewesen sein
müssen; dann erst bildet sich im Laufe der náchsten Wochen eine günzliche Durchtrennung
aus, aber ohne irgendwie nennenswerte Dislokation der Fragmente, nur der Kopf wird etwas
gedreht; dadurch kommen im Schattenbild, wie leicht erklürlich, zwei Vorsprünge am Kopf
gegen den Hals zustande; weil nun die Frakturebene meist nicht in der Richtung der einfallen-
den Strahlen lag oder ausserdem noch in den Schatten des nach vorn oder hinten rotierten
Kopfes fiel, erhielt man ein Radiogramm, einem solchen vom Malum senile coxae zum Ver-
wechseln ähnlich, wie Fig. 4, Tafel XI und Textfigur 33 zeigt. Da auch die klinischen Symptome
dieser leichteren Fälle von Fractura colli femoris oft recht vieldeutiger Natur sind, muss bei
Deutung solchen Befundes grosse Vorsicht walten; meist gelingt es jedoch dann, durch eine
Aufnahme bei Ventrallage den Bruchspalt deutlich zu Gesicht zu bringen.
Osteoarthritis deformans bei Tabes, Syringomyelie u. s. w.
Bei den im Verlaufe dieser Systemerkrankungen zustande kommenden Arthropathien,
auf die zuerst Mitchell 1831 und Charcot 1868 aufmerksam gemacht haben, treten defor-
mierende Prozesse auf, wie sie sonst in solcher Monstrositát sich nicht auszubilden pflegen. Es wird
daher noch oft darüber debattiert, ob wir es bei diesen Verunstaltungen nur mit solchen hóheren
Grades oder mit solchen ganz anderer Natur als bei der reinen Osteoarthritis deformans zu thun
haben. Die Charcotsche Lehre, dass es sich um eine Affektion trophischer Zentren handele
(er hatte in einem Fall von Omarthritis tabica eine Atrophie des grauen Vorderhorns derselben
Seite in der Gegend der Halsanschwellung des Rückenmarkes gefunden), hat nur noch wenige
Anhünger, dagegen ist Volkmanns Ansicht, dass sie eine Art deformierender Gelenkentzündung
darstellt, welche durch die infolge der Ataxie stattfindenden Zerrungen der Gelenkkapsel und
der Bänder bedingt ist, am meisten als richtig anerkannt. Die Röntgenbefunde stützen fast
durchweg die Annahme, dass die Veränderungen analog denen der eigentlichen Osteoarthritis
deformans sich manifestieren, nur monströser und schneller sich ausbildend. Mit den syphili-
tischen Knochen- und Gelenkveränderungen — Strümpell z. B. hielt die tabischen Arthro-
pathieen für syphilitische — haben die tabischen radiographisch nicht die geringste Ähnlichkeit.
Was die Röntgenuntersuchung bisher Neues zutage gefördert hat, ist höchstens die
Thatsache, dass die atrophischen Prozesse mehr zurücktreten gegenüber den hypertrophischen,
und dass die Verknöcherungen der Weichteile, besonders des Muskelbindegewebes, gewöhnlich
in einer Häufigkeit und Ausdehnung auftreten, die man früher für exzeptionell hielt. Dabei
ist im Röntgenbilde nicht zu verkennen, dass sich die Ossifikationen der Weichteile nur an den
Partien ausbilden, welche durch veränderte Funktion des Gelenkes stärkerem Zug und Druck
zu widerstehen haben; doch scheint es, als wenn dabei jedesmal der kompensierende Faktor
schrankenlos über das Ziel hinausschiesst. Wenn es nun auch der Radiographie nicht beschieden
ist, das wahre Wesen der Arthropathieen bei Systemerkrankungen zu enthüllen, so begrüssen
wir dieselbe doch gerade hier besonders, weil sich nun erfolgreiche Aussichten eröffnen, das
noch wenig bestellte Feld der funktionellen Anpassung der Weichteile unter pathologischen
Verhältnissen nach und nach zu erschliessen.
Mit Vorliebe erkrankt das Kniegelenk und das Hüftgelenk. Ob die anderen System-
erkrankungen, Syringomyelie, amyotrophische Lateralsklerose u. s. w. auch das Hüftgelenk in
Mitleidenschaft ziehen können, darüber fehlt mir jede Erfahrung. In der Literatur finde ich
einmal von Hoffa erwähnt, dass auch bei Syringomyelie, wenn auch selten, das Hüftgelenk
erkranken könne.
Osteoarthritis deformans bei Tabes, Syringomyelie etc. 81
Eine typische Reproduktion eines distalen Femurendes bei Arthropathia tabica genu
stellt Fig. 8, Tafel VII dar. Zuerst betrachte man den unregelmässigen Gelenkspalt, ferner die
Valgusstellung der korrespondierenden Knochen. Ein ossifikatorisches Produkt sonderbarer
Form haftet dem Condylus internus femoris an; ausserdem ist dieser Condylus an seiner Gelenk-
fläche abgeschliffen. Der äussere Condylus ist erheblich kleiner und in seiner Form lateral stark
verbildet; ein Teil seines Schattens fällt mit dem der Kniescheibe zusammen; er reicht nur halb
so weit lateralwärts als die korrespondierende Fläche der Tibia. Einen Centimeter weiter nach
aussen stossen wir auf luxuriöse knöcherne Gebilde, die wohl der Kapsel und Kapselbändern,
Muskeln und Sehnenansätzen entsprechen. Im Knie war ein Erguss und man konnte bequem
Femur und Tibia aneinander reiben, auch beim Gehen schlotterten die beiden Knochen über-
einander umher. Diese Weichteilossifikationen sollen also ein zu weites Lateralwärtsgleiten
verhüten. Die seitliche Aufnahme, Fig. 10, Tafel VII, zeigt die Abschleifung des plattennahen
Condylus noch besser, der nach vorn überkippende Rand der Patella besagt hier, dass ein Erguss
im Gelenk vorhanden ist. Übrigens ist bei diesem Bilde und dem vorigen die Ausdehnung der
Gelenkkapsel schwach (sicher ist sie nicht ossifiziert) aber deutlich zu erkennen; nur ist zu
fürchten, dass die blasse Andeutung auf der Reproduktion ganz verloren geht. — Hierher
gehört auch noch der Fall von Tabes in Fig. 5, Tafel VIII, doch komme ich darauf im Kapitel
„Frakturen“ zurück.
Wilms publiziert in den „Fortschritten“, Bd. III (1901), das Róntgenbild eines Knies
mit Arthropathia tabica; der Fall ist ähnlich dem unsrigen, Figg. 8 u. 10, Tafel VII. Der Condylus
internus femoris war an der Innenseite neben die Tibia getreten. Der auf der Tibia aufstehende
Condylus externus war um 2—8 cm abgeschliffen. „Infolge der Verlagerung des Condylus
internus nach innen artikuliert dessen Gelenkfläche in den Weichteilen an der Innenseite der
Tibia und wird zum Teil durch die an der Tibiainnenfláche sich ansetzenden Sehnen des Mus-
culus sartorius, gracilis, semimembranosus und semitendinosus, sowie durch die Bünder der
Gelenkkapsel fixiert. Zur Verstärkung. dieser Weichteilregion hat sich um den Condylus internus
eine von Knochenplatten gebildete Hülse gebildet, in der der Condylus wie in einer Schale ruht.
Von diesen neugebildeten Knochenmassen zieht eine lange Spange an der Innenseite des Ober-
schenkels hinauf, welche dem Verlauf der Muskulatur folgt, und eine Verknócherung der Sehnen
und eines Teiles des Muskels ihre- Entstehung verdankt. Auch an der Aussenseite des Knie-
gelenks sind schwüchere Verknócherungen der Kapsel und umgebenden Weichteile wahrnehm-
bar. — Die einfache Betrachtung des Róntgenbildes dieses tabischen Kniegelenkes zwingt von
selbst zu der Überzeugung, dass hier sowohl Knochenzerstórung wie die Knochenneubildung
genau korrespondiert mit mechanischen Druck- und Belastungsverhültnissen."
Ferner bringt Wilms eine Oberschenkelfraktur bei Tabes (s. unter Frakturen) und das
Beckenprüparat eines Tabikers mit ganz aussergewóhnlichen Verknócherungen der Gelenkkapsel,
der benachbarten Fascien und Sehnenansätze und selbst der entfernteren Muskelansátze. Auch
innerhalb der verschiedensten Muskeln und Muskelansütze der Adduktorengebiete des Quadriceps,
ja sogar des lleopsoas ist eine Ossifikation des Bindegewebes eingetreten.
Dupré und Devaux fanden 1900 bei einem Falle von tabischer Arthropathie beider
Kniegelenke, dass an den Veründerungen nicht so sehr die knóchernen Teile der das Gelenk
bildenden Organe, sondern hauptsächlich die periartikulären Gewebe beteiligt waren. Die Tabes
bestand seit 20 Jahren, das Gelenkleiden seit drei Jahren. Über ähnliche Röntgenbefunde bei
vier Fällen berichtet Gibert-Montpellier. (Ref. in den ,,Fortschritten“, Bd. V, S. 271.)
Beck, 1901: ,,Bei der Arthropathia tabica erscheint der Knochen arrodiert, gerade
wie bei der Osteoperiostitis, zugleich besteht aber auch betrüchtliches Auseinanderweichen
sziner Wande.“
Gocht, 1903: ,Bei der Syringomyelie wurden dargestellt hypertrophische Zustünde
der Epiphysen, Knochenauflagerungen, die arm an Kalksalzen waren, andererseits atrophische
Zustánde der Knochen.“
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 11
82 Pathologische Anatomie.
Bouchard (Maunoury), 1908: ,,Arthropathies nerveuses: Tabes. Die der Radiographie
zugänglichen Läsionen resultieren aus zwei scheinbar entgegengesetzten Prozessen. Es besteht
Rarifikation, Usur und endlich Schwund der Gelenkenden; gleichzeitig sehen wir um das Gelenk
eine tibermássige knócherne Wucherung unter der Form von Osteophyten und Kalkmassen ent-
stehen, die nicht nur die Gelenkkapsel, sondern auch die benachbarten Muskeln ergreifen....
An der Hüfte sehen wir hüufig den Femurkopf abgeplattet, der inneren Partie des grossen
Trochanters direkt aufsitzend, indem der Hals dabei vollständig verschwunden ist, oder der
letztere ist frakturiert und die Diaphyse nach der Fossa iliaca hin luxiert.... Bei der Syringo-
myelie ist der Prozess ein wenig anders als bei der Tabes und man beobachtet keine so
umfangreichen Verknócherungen; die Veründerungen beschrünken sich auf die vollstándige
Zerstórung des Gelenks und auf den Schwund der knóchernen Gelenkenden über eine grosse
Strecke hin.“
von Eiselsberg und Ludloff bringen in ihrem Atlas ein Bild doppelseitiger Arthritis
deformans der Hiiften. „Am rechten oberen Pfannenrand zwei zahnförmige Hervorragungen,
am unteren Pfannenrand rechts und links wolkige Flecken. Der vordere Pfannenrand auf beiden
Seiten deutlich ausgeprägt. Der rechte Trochanter und Schenkelhals verdickt. Röntgen-Diagnose:
Periartikuläre Knochenneubildungen des Hüftgelenkes, Verdickung des Trochanters und des
Halses.“ Sie bringen des ferneren eine Arthritis deformans coxae post fracturam mit „Defor-
mierung von Schenkelhals und Kopf durch knócherne Auflagerungen*, sowie eine Arthritis
deformans traumatica genus mit ,,Deformierung der Gelenklinien und paraartikulüren Ossi-
fikationen“.
Verfasser hat in seinem Atlas der Knochenerkrankungen ein Knie mit typischem Be-
fund einer Arthritis deformans gebracht. „Der Gelenkspalt ist an der medialen Hälfte auf-
gehoben, hier hat ein Schwund des Knorpels stattgefunden. Die Femurkondylen sind an den
seitlichen Grenzen des Gelenkspaltes nicht abgerundet wie am normalen Knie, sondern sie sehen
wie breitgedrückt und umgestülpt aus. So ist am medialen Gelenkende des Femur ein 2 cm
breiter, am lateralen ein 1 cm breiter Wulst gerade noch zu erkennen.“ |
Beck, 1902. ,Die Arthritis deformans coxae charakterisiert sich durch das Vorhanden-
sein von knóchernen Proliferationen auf den Gelenkflüchen des Femurs, dessen Form bisweilen
an Papillome erinnert.*
Gocht, 1903. „Lehrreiche Bilder bekommt man auch bei der Arthritis deformans
coxae; es zeigen sich die ostalen Neubildungen am Rande der Knorpellippen vom Kopf, die
Formveränderungen desselben bis zur Pilzform, der fast vollständige Verlust des Schenkelhalses;
dementsprechend finden sich die verknöcherten Knorpelwucherungen am Pfannenrand gut ab-
gebildet, so dass man bisweilen durch Demonstration der kranken Seite, gegenüber der gesunden,
einem Patienten die Gefahren der fortschreitenden Erkrankung aufs deutlichste klarmachen
und ihn rechtzeitig zu energischen mechanotherapeutischen Übungen bewegen kann. Auch die
Vorteile der Entlastung des erkrankten Gelenkes durch passende Schienenhülsenapparate kann
man direkt durchs Bild darthun. — Es erübrigt noch, hier zu betonen, dass es uns häufig ge-
lungen ist, freie Gelenkkörper klar und deutlich auf dem Bilde und Schirme nachzuweisen in
Fällen, wo die klinischen Symptome einmal darauf deuteten, und auch einigemale, wo wir die-
selben vermuteten.“
Coxa vara und Coxa valga.
Coxa vara. Was die Anwendung resp. den Nutzen der róntgenographischen Unter-
suchung bei jedem Fall von Coxa vara anlangt, so betrifft solche vor allen Dingen die Fest-
stellung folgender Punkte: 1. Ist die auf Coxa vara mit Hilfe der anderen Untersuchungsmethoden
gestellte Diagnose richtig? 2. Welche Ätiologie liegt vor? 3. Welche Grösse hat der Schenkel-
Coxa vara und Coxa valga. 88
halswinkel? 4. Liegt eine Verbiegung des Schenkelhalses im Kocherschen Sinne vor? 5. Welches
therapeutische bez. operative Vorgehen bedingt das Radiogramm?
Auf die erste und die beiden letzten Fragen giebt der Róntgenbefund im allgemeinen
immer Antwort, auf die zweite nicht.
Liegt Coxa vara vor? Mit Varusstellung der Hüfte bezeichnen wir eiue Verkleinerung
des Schenkelhalswinkels, d. h. des von der Achse des Schenkelhalses mit der des Femurschaftes
gebildeten Winkels. Die analogen Affektionen vom Knie und Fuss lassen sich durch blosse
Inspektion nachweisen, wenn es sein muss schon aus fünfzig Schritt Entfernung. Anders bei
der Hüfte. Niemand kann die Gestalt und Richtung des Schenkelhalses am Lebenden inspektativ
erkennen, man kann sie höchstens aus bestimmten Symptomen mit einer gewissen, auf Erfahrung
begründeten Sicherheit schliessen. Auch palpieren lässt sich das Collum femoris nicht genügend,
selbst nicht bei zarten Kindern, geschweige denn bei Erwachsenen. So hielt man sich bis zur
Röntgenära an die von den verdienten Entdeckern des neuen Krankheitsbildes (Ernst Müller,
Hofmeister, Ogston, Kocher) angegebenen klinischen Charakteristika der Coxa vara: ,,Ver-
kürzung des Beines, Hochstand des Trochanters, Beschrünkung der Abduktion, Beschrünkung der
Rotation, zuweilen auch der Flexion, Fehlen von Schmerzstellen am Gelenk.“ Nun weiss aber
der jüngste chirurgische Assistent, dass recht ähnliche Symptome auch bei Coxitis, kongenitaler
Hüftluxation, Subluxation des Femur, Arthritis deformans, spontaner Epiphysenlösung vorkommen.
Wie schwer das richtige Erkennen der Coxa vara ist, geht schon aus dem Umstande hervor,
dass sie erst seit 1888 genauer bekannt ist; da dieser Zeitpunkt vor Röntgens Entdeckung
fällt, so ist den genannten Autoren ihr Verdienst nur um so höher anzurechnen. Was aller-
dings die Varusstellung des Schenkelhalses bei Rachitis anbetrifft, so sei hier, weil zu wenig
bekannt, angeführt, dass ihr Vorkommen schon 1858 literarisch erwähnt ist. So findet sich
(eitiert bei Michael Cohn) in Bouviers „Lecons cliniques sur les maladies chroniques de
l'appareil locomoteur, Paris 1858“ bei Schilderung der pathologischen Anatomie der Rachitis
bezüglich des Femur folgende Stelle: „Son col devient horizontal, quelquefois méme ‘il forme
un angle. aigu; le grand trochanter est dirigé en arrière.“ Ähnlich drückt sich Ritter von
Rittershain in seiner Monographie „Die Pathologie und Therapie der Rachitis“ (Berlin
1863) aus.
In allen differentialdiagnostisch schwierigen Fällen halten. wir uns heutzutage an die
Röntgenstrahlen, die uns dankbaren sicheren Aufschluss geben, wenn man nicht durch fehler-
hafte Projektion fehlerhafte Bilder sich leistet. Hofmeister, der für Becken- und Hüftaufnahmen
nur früher die Bauchlage, jetzt die Rückenlage empfahl, glaubt aber, dass für Coxa vara die
Aufnahme in Bauchlage zuverlässigere Resultate liefere. Verfasser hat keinen besonderen Vor-
teil von den Ventralaufnahmen gesehen, oft aber den Nachteil, dass eine Ruhelage, wie sie für
ein tadelloses .Radiogramm unerlässlich ist, in Bauchlage schwieriger einzuhalten ist als in der
bequemen Riickenlage. Da man nun .einmal bei Hüftuntersuchungen nicht Aufnahmen in zwei
zueinander senkrechten Projektionsrichtungen bewerkstelligen kann, ist es für jeden Fall wichtig,
ein.Dorsal- und ein Ventralbild zu schaffen. Das eine Mal wird man auf dem einen, das andere
Mal auf dem anderen ein Detail mehr sehen und jedes geringe Mehr ist kostbar. Ein kleiner
Missstand für die Technik herrscht jedoch bei den meisten Fällen von Coxa vara, besonders
bei den Kocherschen, nämlich die Schwierigkeit der Innenrotation. Nun haben wir schon in
den ersten Kapiteln dieser Arbeit gesehen, dass die Gestalt des Collum femoris auf Bildern mit
nach aussen rotiertem Oberschenkel, zum grössten Teil vom Schatten des grossen 'Trochanter
und des Kopfes überdeckt, sich kaum beurteilen lässt, wie man sich auf Fig. 3, Tafel II über-
zeugen kann, einem vollständig normalen, aber hier absichtlich ad maximum auswärts rotiertem
Femur. Ideal übersehen lässt sich die Konfiguration des Halses bei maximaler Innenrotation wie in
Fig. 4, Tafel II. Nun gelingt aber diese Innenrotation des Beines gerade bei Coxa vara-Patienten
immer schlecht, oder vielmehr, wenn sie auch gelingt, so missrät sicher die Aufnahme, da diese
Position immer eine sehr erzwungene und nur kürzeste Zeit mühelos einzuhaltende ist. Ich ver-
11*
84 Pathologische Anatomie.
zichte deshalb auf forcierte Innenrotation, lasse das Bein soweit einwürts rotieren, als es sich
mit einer bequemen Rückenlage des Patienten verträgt. Nachdem das Bein seiner ganzen Länge
nach durch zahlreiche Sandsäcke in dieser Position fixiert ist, stelle ich den Röhrenfokus nicht
senkrecht über dem Gelenk ein, sondern etwas mehr medial und kniewürts. Hierdurch wird
obiger Missstand etwas ausgeglichen. Erreicht wird aber durch bequemste Lage des Patienten
immer das eine, dass ein scharfes Bild entsteht, welches bei Abblendung die feinsten Architektur-
details erkennen lässt und aus diesen ist nach Verfassers Ansicht eine Diagnose noch sicherer
zu stellen. Ein Radiogramm eines in erzwungener Haltung getypten Körperteils ist kaum ein-
mal von jener Schärfe, selbst wenn Patient mit Kompressionsblende qualvoll festgehalten wird.
Einer Aufnahme mit Erkennung der Einzelheiten der Spongiosaanordnung kommt aber bei Coxa
vara ein besonderer Umstand zu gute, nümlich die Abmagerung der Gesüss- und Oberschenkel-
muskulatur der erkrankten Seite, die zuweilen in ganz betrüchtlicher Atrophie besteht. Bekannt
ist ja die charakteristische tiefe Furche zwischen Trochanter major und der Gesässmuskulatur.
Wir wissen ja, dass kräftige Muskelwülste ein besonderes Hindernis für die X-Strahlen sind.
Manche bei Coxa vara ausgeprügten klinischen Symptome sind auch anderen, klinisch
differentialdiagnostisch mit in Betracht kommenden Leiden gemeinsam, so dass die Róntgenkontrole
erhóhten Wert erhült, So würe z. Bsp. die Diagnose einer Luxatio coxae congenita schon aus
dem klinischen Befund oft sicher, wenn nicht zu bedenken würe, dass das Trendelenburgsche
Symptom — Herabsinken des Beckens nach der gesunden Seite infolge Abduktorenschwüche, wenn
Patient sich auf das erkrankte Bein stellt und das gesunde vom Boden abhebt — auch oft
bei Coxa vara nicht vermisst wird. Des ferneren ist darauf hingewiesen worden, und zwar von
Albert, dass gewisse Tumoren der lateralen Fläche des Darmbeines eine analoge Funktions-
störung des Beines bedingen wie die Coxa vara, während anatomisch gar keine Veränderung
am oberen Femurende existiert.
Auf eine andere diagnostische Schwierigkeit hat Kirmisson das Augenmerk gelenkt.
Er spricht von Fällen falscher Coxa vara, einem Krankheitstypus, der ohne Róntgenunter-
suchung leicht mit Coxa vara verwechselt werden kann. Es handelt sich meist um rachitische |
Kinder, die man auf den ersten Blick für mit Coxa vara behaftet halten móchte. Beschrünkung
der Abduktion, Hóherstehen des Trochanter, geringe Verkürzung der Extremitüt mit Aussen-
drehung sind vorhanden. Im Réntgenogramm aber wird sofort klar, dass es sich nicht um
eine Verbiegung des Collum femoris, sondern nur um eine solche der Femurdiaphyse unterhalb
der Trochanteren handelt. Das Leiden ist iibrigens meist doppelseitig.
Bei Coxa vara kann der Schenkelhals nach abwürts oder nach rückwürts gekrümmt
sein, meist ist beides der Fall; ausserdem kann er torquiert sein, in vielen Füllen finden wir
alle drei Momente vereinigt.
Es ist klar, dass von den drei Krümmungen vor allen Dingen die Abwürtskrümmung
am deutlichsten in der Róntgenprojektion zum Ausdruck kommt, und zwar am besten bei
den rachitischen Fällen, wie später (S. 86) noch ausgeführt wird. Um die Rückwärts- und
Torsionskrümmung gut nachzuweisen, hat Lauenstein vorgeschlagen, den auf dem Rücken
liegenden Patienten mit gebeugtem und möglichst abduziertem Oberschenkel zu radiographieren,
also derart, dass die Röntgenröhre zwischen und resp. etwas unterhalb der flektierten Kniee zu
stehen kommt. So gehen die Strahlen parallel den Frontalebenen des Femurhalses und die
Konvexitit desselben muss sich im Radiogramm zum Ausdruck bringen. Verfasser hat ein
paar Aufnahmen nach Lauensteins Methode versucht, doch sind dieselben nie recht gelungen,
ich verzichte deshalb in weiteren Fällen auf diese Versuchsanordnung; es ist schon recht schwer,
beim Gesunden eine leidliche Aufnahme in dieser Stellung zu erhalten, geschweige denn in
Fallen beschränkter Hüftbewegungen.
Die Art, besser die Ursache der vorliegenden Coxa vara wird in den meisten Fällen
aus der Anamnese und dem übrigen Befund zu erheben sein. In dem Rest der Fälle ergiebt
sie sich aus dem Radiogramm. In der ersten Hälfte der neunziger Jahre hatte man sich die
Coxa vara und Coxa valga. 85
Lehre von .der Ätiologie des neuen Krankheitsbildes so zurechtgelegt, dass man sagte: es giebt
nur zwei Arten der Coxa vara, die C. v. infantum, sie ist eine Folge der Frührachitis, die C. v.
adolescentium, eine solche der Spätrachitis. Inzwischen sind bekanntlich noch andere veran-
lassende Momente für die Varusdeformität gefunden worden, zum Teil ebenfalls: durch das
Röntgenverfahren: Hoffa erwähnt das Vorkommen einer Deformitát im Sinne der Coxa vara
als häufige Begleiterscheinung der angeborenen Hüftluxation, besonders älterer
Fälle: „dass eine derartige mit einer Hüftverrenkung verbundene Schenkelhalsverbiegung bereits
im Uterus entstehen kann, beweist ein in meinem (Hoffas) Besitz befindliches Präparat“. Ferner
kennt man eine angeborene Coxa vara ohne Hüftluxation. Wahrscheinlich sind beides die
Folgen überhohen intrauterinen Druckes. Auf ähnliche intrauterine mechanische Momente ist die
Gruppe derangeborenen Coxavara mit Femurdefektanzusprechen (Joachimsthal,Reiner,
Drehmann). Die Knickung hat entweder im Collum oder in der Regio subtrochanterica, den
beiden schwachen Stellen des Femur, stattgefunden. Mitunter ist das Femur in einzelne Teile
zersprengt (oft ist auch Fibulamangel nachzuweisen). Diese kongenitalen Formen offenbaren
sich auf der Röntgenplatte natürlich erst, nachdem die Epiphysen verknóchert sind. Einige
wenige Fálle von Coxa vara sind auch bei Osteomalacie beschrieben. Letztere Affektion aber
lässt sich jederzeit bequem radiographisch nachweisen, ebenso wie Arthritis deformans, die
ebenfalls eine Varusstellung zeitigen kann. Ein grösseres Kontingent der Coxae varae sind durch
Traumen bedingt, ja, es scheint durch die bisherigen Röntgenuntersuchungen immer wahr-
scheinlicher gemacht zu werden, dass geringfügige Traumen in einem grossen Prozentsatz der
Fälle die eigentliche Ursache für die Coxa vara sind, vielleicht sogar für die Kochersche Form
der Coxa vara. Kocher nimmt bekanntlich als den eigentlichen Sitz der Verbiegung in seinen
Fällen den Epiphysenlinienbezirk des Kopfes in Anspruch, indem er ausdrücklich betont, dass
der Neigungswinkel des Halses normal sei. Nun bat Sprengel zwei Fälle von 17 und 18 jährigen
Jünglingen beschrieben, welche das klinische Bild im Sinne Kochers und Röntgenbefunde
ähnlich den Hofmeisterschen darboten, bei denen aber der operative Eingriff offenbarte, dass
es sich um echte traumatische Lösung und nachträgliche deforme Wiederverwachsung in der
Kopfepiphysenlinie des Femurs handelte. Auch Joachimsthal bringt ähnliche, durch das
Röntgenbild als traumatisch erklärte Fälle und hält sich zu der Annahme berechtigt, dass eine
Reihe von Traumen, wie sie die andauernde Belastung .mit sich bringt, bei besonderer Prüdis-
position ein allmähliches Herabsinken des Kopfes in der Epiphysenlinie herbeiführen könne;
ausserdem sei es wahrscheinlich, dass eine Reihe der als statische Schenkelhalsverbiegungen
aufgefassten Deformitäten als direkte Folgen eines einmaligen, eine Lösung in der Knorpelfuge
bedingenden Traumas aufzufassen sei. Verfasser kann nach seinen diesbezüglichen Erfahrungen
dieser Ánsicht nur beipflichten. Jeder Chirurg wird in der ersten Zeit seiner Röntgenunter-
suchungen über die Menge der Fülle von Epiphysenlósungen, gerade des Femurkopfes, ver-
blüfft gewesen sein. Fast ein Drittel aller Róntgenaufnahmen kranker Hüften zeigen mehr oder
weniger erhebliche Lósung des Schenkelhalses vom Kopf in der Epiphysenlinie. Dabei habe
ich seltener eine vollstándige Lósung gesehen, meist ist der Hals an der Epiphysenfuge nur
1 bis 1*/, cm nach oben geglitten und so wieder fest angeheilt. Hat man nun vorher aus
der Anamnese erfahren, dass das Leiden kaum merkbar eingesetzt hat und die Patienten nicht
genötigt gewesen sind, auch nur ein paar Tage sich zu legen und das Bein zu schonen, so ist
man geneigt, ihren Worten kaum zu glauben, oder in dem betr. Fall den Patienten für aus-
nehmend indifferent zu halten. Bald aber macht man die Erfahrung, dass diese Art des Auf-
tretens des Leidens die Regel bildet.
Häufig ist ferner Coxa vara bei angeborener Hüftverrenkung der anderen Seite zu
konstatieren; ferner findet sie sich bei Genu valgum, sowie bei Plattfuss derselben Seite. Zu-
weilen soll auch, worauf Motta aufmerksam macht, die Coxa vara mit einer statischen Skoliose
vergesellschaftet sein, d. h. die durch die Coxa vara bedingte Beckensenkung soll die Ursache
der betr. Skoliose sein. Joachimsthal berichtet, dass er bei mehreren Frakturpräparaten mit
86 Pathologische Anatomie.
deformer Heilung, fern von der Bruchstelle, eine wesentliche Verkleinerung des Schenkelhals-
neigungswinkels gesehen habe, Auch Albert berichtet Ähnliches. Diese Tatsache muntert
sehr zu kontrolierenden Róntgenuntersuchungen auf, da deforme Frakturheilungen beim Femur
nicht selten sein dürften. Wertvoll wird es hesonders sein, wenu man in solchen verbogenen
Schenkelhülsen Struktur erkennen und ihr Verhalten zum Wolffschen Transformationsgesetze
studieren kann. `
Wagner weist darauf hin, dass sich nach unblutiger Einrenkung der Luxatio
coxae congenita oft eine Coxa vara ausbilde. Deshalb schlägt Hoffa vor, eingerenkte
Hüften ‘in mässiger Abduktion und leichter Innendrehung des Beines einzugipsen.
Ätiologisch kommen weiter in Betracht mild verlaufene Fälle von ossaler Coxitis. So
sagt Kocher einmal: „Warum sollte man nicht die Berechtigung haben, angesichts der nach-
weislichen Häufigkeit der Coxostitis im oberen Femurende, angesichts der nachweislichen Rück-
bildung derselben ohne Eiterung, ohne Übergreifen aufs Gelenk und ohne operative Eingriffe,
daran festzuhalten, dass auch entzündliche lokale Erweichung Verbiegung des Schenkelhalses
bewirken kann?“ Bezüglich dieser Möglichkeit verweise ich auch auf das bei der Osteoarthritis
deformans (S. 78) über abgelaufene geheilte Coxitisfälle Gesagte.
Nicht zu vergessen ist, dass nach einer’ Schenkelhalsfraktur eine: gerne: Coxa
vara entstehen kann.
Die infantile Rachitis als Ursache der Coxa vara wurde bereits gestreift. Ich möchte
noch dazu kurz bemerken, dass sie wohl die hochgradigsten Fälle von Verkleinerung des
Schenkelhalswinkels schafft (vgl. z. B. Fiz. 6, Tafel III und Fig. 8, Tafel V), dass es sich’ bei
Rachitis meist nur um einfache Abwärtsdrängung des Kopfes und Halses, aber um keine
Krümmung des Halses in der Frontalebene nach hinten handelt, Derartige Röntgenbilder sind
leichter zu deuten als die Fälle Kocherscher Coxa vara. Unsere zuletzt angeführte Figur ist
in’ doppelter Beziehung interessant, insofern nämlich, als hier eine tuberkulóse Coxitis das aus-
lösende Moment für die Varusstellung der Hüfte gewesen zu sein scheint. Das Bild (den
gleichen Fall illustrieren die Figg. 9, Tafel V und 2, Tafel X) weist nämlich eine Zerstörung
der Epiphyse auf, doch dürfte der Gelenkknorpel intakt geblieben und der Prozess ausgeheilt
sein, wie der klinische Befund (s. Krankengeschichte) dokumentiert. Verwiesen wird ferner auf
Fig. 5, Tafel X, wo es sich um eine rhchitische Coxa vara eines Erwachsenen handeln dürfte.
Die Analogie dieses Bildes mit der Fig. 2 derselben Tafel, auch hinsichtlich der Konfiguration
der Femora der anderen Seiten, ist verblüffend.
Zur Ätiologie der Coxa vara sind endlich noch Befunde von Froehlich-Nancy anzu-
führen. Derselbe fand in zwei Fällen von nicht symptomatischer Coxa vara den Staphylokokkus
albus. Man könnte darnach annehmen, dass gewisse Fälle von essentieller Coxa vara nichts
anderes wären als chronische, obne jegliche Fieberreaktion verlaufende Osteomyelitis oder Osteo-
arthritis osteomyelitica adolescentium, bei der die weissen Staphylokokken, statt wie gewöhnlich
die gelben, das infizierende Element wären.
Alsberg setzt auseinander, dass das Wort „varus“ im ursprünglichen Sinne „schief“
bedeutet, genau ebenso wie das Wort „valgus“, und dass ein Unterschied in der Richtung der
Verkrümmung eigentlich nicht dadurch bezeichnet werde. Im Laufe der Jahre aber habe sich
die Bezeichnung „varus“ für „schief im Sinne der Adduktion“ und „valgus“ für „schief im
Sinne der Abduktion* Bürgerrecht in der medizinischen Nomenklatur erworben.
Am Hüftgelenk haben wir für Varus- und Valgusstellung kein so verlässliches Mass
wie z.B. am Knie den Mikuliczschen „Kniebasiswinkel“. Da im Hüftgelenk Ab- und Ad-
duktionsbewegungen möglich sind, müssen wir die Mittelstellung der Gelenkfläche des Kopfes
zu dem der Pfanne als massgebend ansehen. Dabei verläuft eine durch die Basis der über-
knorpelten Schenkelkopffläche gelegte Ebene annähernd parallel der äusseren Pfannenapertur.
Alsberg misst nun den Grad der Coxa vara mit dem von ihm vorgeschlagenen Richtungs-
winkel. „Verbindet man die beiden Knorpelendpunkte der Basis der überknorpelten Gelenk-
Coxa vara und Coxa valga. 87
kopffliche durch eine Linie und verlüngert man diese Linie bis zum Schnittpunkt mit der
Oberschenkelachse, so gewinnt man einen Winkel, welcher das von uns gewünschte Mass dar-
stellt. Je kleiner der Winkel, desto grösser die Varusstellung. Stehen die Gelenkflächen des
Kopfes und der Pfanne in normaler Mittelstellung zueinander, so steht bei einem vergrösserten
Winkel zwischen Basis der Gelenkfläche und Schenkelschaft die Diaphyse des Oberschenkels in
Abduktion, also in Valgusstellung, und bei abnorm verkleinertem oder gar negativ gewordenem
Winkel in Adduktion, also Varusstellung.*“ Der Richtungswinkel Alsbergs schwankt normaler-
weise zwischen 25 und 54 Grad. Als Mittelwert wird 41,5 Grad angegeben. Der Mittelwert
des Mikuliczschen Neigungswinkels (Achse des Femurschaftes zum Femurhalse) beträgt 125 Grad.
Die Verhältnisse bei Coxa vara werden besser durch Alsbergs Richtungswinkel ausgedrückt,
weil derselbe auch die Stellung des Kopfes zum Halse mit berücksichtigt. — Richtungs- und
Neigungswinkel nun lassen sich auch in vielen Fällen im Röntgenbilde messen; Bedingung ist
nur, dass bei der Röntgenaufnahme die Achse des Collum femoris in einer Frontalebene lag,
was bei starker Innenrotation bekanntlich der Fall ist. Daraus erhellt zugleich folgendes: In
Fällen einfacher Abwärtsbiegung des Schenkelhalses werden sich die Winkel radiographisch
bequem berechnen lassen; handelt es sich hingegen auch um Rückwärtsbiegung und Torsion,
so kann von einem Neigungswinkel schon überhaupt keine Rede sein, der Richtungswinkel in-
dessen kann annähernd gemessen werden, falls es gelungen war, die Aufnahme bei genügender
Innenrotation des Beines zu bewerkstelligen.
Einer besonderen kurzen Besprechung möchte ich die Diagnose der Kocherschen Coxa
vara würdigen. Kocher verdanken wir vor allem die Kenntnis der Torsionsverbiegung des
Schenkelhalses als Teilerscheinung der Coxa vara.
Dieser Form der Coxa vara (adolescentium) sollte nach Kocher ausschliesslich. der
Name: Coxa vara zukommen.
Nehmen wir einmal an, es stánde absolut fest, dass die Kochersche Coxa vara ein
Krankheitsbild für sich wäre, dass sie nichts mit einer Epiphysenlösung zu thun hätte, dann
wäre die Röntgendiagnose nicht immer ganz leicht. Es lässt sich das nicht besser illustrieren,
als wenn ich bitte, folgende zwei Skiagramme
zu vergleichen, Fig. 3, Tafel IX und Fig. 1,
Tafel IX. Eine grosse Ähnlichkeit beider ist
nicht zu verkennen und doch handelte es sich um
zwei verschiedene Affektionen, wie im ersten Fall
die Operation (s. Textfigur 23), im zweiten ein
späteres Röntgenbild (Fig. 2, Tafel IX) bewies.
Im ersten lag eine ziemlich typische Kocher-
sche Coxa vara vor mit Rückwärtskrümmung,
Torsion und geringer Abwärtskrümmung, im
zweiten Falle handelte es sich um eine echte
Epiphysenlösung, spontan entstanden. Es ist
klar, dass die Schwierigkeit behoben wäre,
wenn man in beiden Füllen Aufnahmen bei Fig. 23 (Präparat zu Fig. 3, Tafel IX).
einwärts rotiertem Oberschenkel versucht hätte;
dann wäre auch der Hochstand des Trochanters besser zu übersehen, auch die Krümmung des
Halses im ersteren Falle. Ich glaube aber, eine weitere Einwärtsrotation ist nicht ausführ-
bar gewesen. Eine sichere Diagnose auf Coxa vara Kocher lässt sich hingegen bei Bild 4,
Tafel IX, ohne weiteres stellen; hier haben wir allerdings eine recht hochgradige Form vor uns.
Nun vergleiche man aber des ferneren den Fall von Schenkelhalsfraktar, Fig. 6, Tafel IX, mit
den beiden ersteren Bildern und man wird auch hier eine grosse Ähnlichkeit sehen, während
es andererseits bei Fig. 4, Tafel IX ohne weiteres klar ist, dass nur eine Coxa vara vorliegen
kann. Das Missliche liegt eben immer an der Auswärtsrotation des Femur, dessen Trochanter-
88 Pathologische Anatomie.
schatten zum grossen Teil den Halsschatten überdeckt. Ist es möglich, Aufnahmen mit starker
Innenrotation des Femur zu bewirken, dann wird die Diagnose erleichtert. Ist dies nicht an-
gängig, so suche man aus den Strukturdetails, aus der Stellung des Kopfes in der Pfanne Sicher-
heit zu bekommen und arrangiere mehrere Aufnahmen mit veränderter Lage und wechselnder
Röhrenstellung; einmal wird man auf diese Weise zum Ziel gelangen.
Eine wertvolle Arbeit mit Röntgenbildern zur Anatomie und Ätiologie der Coxa vara
adolescentium, welche der Lehre Kochers von der Verbiegung in der Gegend der Kopfepiphysen-
linie eine weitere Stütze giebt, verdanken wir Sudeck (s. auch Seite 25). Er legt dar, dass
bei der Coxa vara adolescentium die Biegungsstelle durch einen leistenartigen Knochenvor-
sprung vorn und oben gekennzeichnet ist. Bei Erwachsenen nun bestehe eine Einrichtung,
die durch vermehrte Ablagerung von Knochensubstanz in dem Zugbälkchensysteme die Zug-
festigkeit des Schenkelhalses erhöht, in Gestalt einer äusserlich sichtbaren Knochenleiste, die
sich vom oberen Gelenkknorpel des Schenkelkopfes über die Mitte des Schenkelhalses erstreckt
und in ihrer ganzen Ausdehnung den Höhepunkt des Zugbogens bezeichnet. Es bestehen also
Einrichtungen, die normaliter den Oberschenkelhals gegen Verbiegung nach unten und nach
hinten schützen. Bei einer hypothetischen Insufficienz des gesamten Zugbogensystems ist des-
halb eine Verbiegung nach unten und hinten vorauszusehen. Da nun bei der Coxa vara ado-
lescentium die Verbiegung in diesen beiden Richtungen und zwar an der nachweislich am
meisten beanspruchten Stelle des Zugbogens eintritt, so kónne diese Erkrankung als der Aus-
druck einer Insufficienz des gesamten Zugbogensystems bezeichnet werden.
Da durch obige Annahme Wolffs Transformationslehre gestützt würde, versucht Bühr
eine Widerlegung. Nach ihm hat die betr. Leiste mit den mechanischen Verhältnissen des
Zugbogens im statischen Sinne nichts zu thun, sondern stehe im Zusammenhange mit dem
Ansatz von kräftigen Faserzügen, welche, aus der Kapsel kommend, neben der überknorpelten
Fläche des Kopfes ansetzen. Nach Wolff wäre die naturgemässe, die mathematische Kon-
sequenz der beim Herabsinken des Schenkelhalses zunehmenden Zugbeanspruchung die Hyper-
trophie des Zugbogens, während derselbe in Wirklichkeit atrophiere.
Alle Autoren sind sich übrigens darin einig, dass es sich bei der Coxa vara adolescentium
um eine statische Deformität handelt, über den Krankheitsprozess selbst herrschen eine Menge
Vermutungen: Mikulicz nimmt eine tardive Rachitis, Kocher eine eigentümliche Form ju-
veniler Osteomalacie, Küster eine eventuelle beginnende Ostitis fibrosa, Royal Whitmann
eine exzessive Steigerung jenes normalen Vorganges an, welcher bei jedem Individuum den
Schenkelhalsneigungswinkel in der Pubertät um ein geringes verkleinere.
Pflicht der Röntgenologen ist es jetzt, bestimmtere Anhaltspunkte zu Tage zu fördern.
Zum Schluss sei noch gestattet, auf die Vorteile hinzuweisen, welche der Therapie,
eventuell einem operativen Eingriff durch ein gelungenes Radiogramm zu gute kommen. Man
wird es jetzt in erster Linie vom Röntgenbild abhängig machen, ob blutig oder unblutig ein-
zugreifen ist, in ersterem Falle, ob Resektion, subtrochantere Osteotomie (Hofmeister), Keil-
resektion aus dem Schenkelhalse (Kraske), lineare Osteotomie des Halses (Rüdinger) oder die
schräge, resp. die gabelförmige. Osteotomie im Gebiete des Trochanter major oder dicht unter
ihm (Lauenstein) zu empfehlen ist. So berichtet z. B. Hofmeister über zwei Fälle, welche
beide nach den klinischen Symptomen für die Kraskesche Operation nicht ungeeignet erschienen.
Ein Blick auf das Durchleuchtungsergebnis habe indessen vollauf genügt, von der absoluten
Unausführbarkeit derselben zu überzeugen. Die Schenkelhälse waren in toto viel zu kurz, um
die Entfernung eines Keiles zu gestatten.
Die vom Verfasser gebrachten Radiogramme sind zum grossen Teil schon erwähnt, man
beachte noch, dass in Fig. 4, Tafel X auch die andere Seite eine mässige Kochersche Coxa
vara zeigt. Recht interessant ist auch die zweifellose doppelseitige Epiphysenverschiebung im
Radiogramm Fig. 3, Tafel X, mit einer Coxa vara-Stellung. Läsionen wie diese letztere scheinen
Coxa vara und Coxa valga. 89
den Róntgenbildern nach sehr háufig zu sein. Bei Joachimsthal findet sich ein ganz ana-
loger Fall.
M. Cohn berichtet ausführlich über einen Fall von Coxa vara bei Frührachitis. Der
klinische Befund und das Radiogramm zeigten einen typischen Befund der einen Seite, dagegen
deckte letzteres auch eine Affektion der anderen Hüfte auf.
Codivilla veróffentlicht zwei Fülle von Coxa vara mit Róntgenbildern vor und nach
der Operation, indem er eine krummlinige Osteotomie am Collum, aber ausserhalb des Gelenkes,
dicht an den Trochanteren (Charnierosteotomie) vorschlügt.
Erwühnung verdient das mit vielen Róntgen- und Prüparatenbildern ausgestattete Referat
über die Ätiologie der Schenkelhalsverbiegung (2. Orthopädenkongress) von Joachimsthal.
Dasselbe muss im Original nachgelesen werden. Joachimsthal beschreibt u. a. einen Fall
von Coxa vara traumatica bei einem 5jährigen Mädchen. Ohne besondere Beschwerden erfolgte
eine Lösung in der Kopfepiphyse mit nachträglicher Wiederverwachsung in deformer Stellung.
Kirmisson stellte 1898 in einem Falle die Diagnose einer Epiphysenlösung am oberen Femur-
ende durch ein Röntgenbild.
Das Skiagramm eines Falles von doppelseitiger rachitischer Coxa vara findet sich in
einem Aufsatz von Gevaert im Journal de chirurgie Belge, 1902. — Auf dem Chirurgen-
kongress 1902 projizierte Immelmann Róntgenbilder von Coxa vara rachitica,
Im Atlas von Eiselsberg und Ludloff wird eine doppelseitige Coxa vara adolescen-
tium abgebildet. „Röntgendiagnose: Verschiebung beider Schenkelhálse in der Epiphysenlinie
nach oben, Hochstand beider Trochanteren, links mehr als rechts. Die Köpfe stehen in den
Pfannen.“ Im Lehrbuch von Williams „The Roentgen Rays“ findet sich ein Radiogramm
einer Coxa vara adolescentium, Fig. 335, ohne nähere Beschreibung.
Muirhead Little führt ım Brit. med. Journ. 1898 einen Fall an, bei welchem die
Diagnose Coxa vara der einen Seite gestellt war, die Platte aber eine doppelseitige Entstellung
offenbarte.
Gocht referiert in seinem Lehrbuch einige seiner Fälle von Coxa vara; in einem Falle
war vorher Coxitis diagnostiziert gewesen, einen anderen Fall bringt er im Bilde.
Coxa valga. Die wenigen Arbeiten, die seither über die Vergrösserung des Neigungs-
winkels existieren, werden durch das Röntgenverfahren sicher vermehrt werden. Die Coxa valga
ist bisher deshalb so selten beobachtet, weil sie kein so schweres klinisches Leiden wie die
Coxa vara, sondern lediglich einen anatomischen Zustand, eine steilere Richtung des Schenkel-
halses vorstelle. Coxa valga bildet sich aus nach Amputationen, Lähmungen des Beines, schweren
Kniegelenksleiden, bei Rachitis, Osteomalacie, multipler Exostosenbildung (s. S. 96 unter
Tumoren), Genu valgum und kongenitaler Luxation der anderen Hüfte (David, Albert). Eine
einwandsfreie primäre Coxa valga, sei es als angeborene, sei es als erworbene statische Be- -
lastungsdeformität, scheint bisher nicht mitgeteilt, ausser dem Fall von David, auf den ich
sogleich zu sprechen komme. Die Symptome bestehen in stärkerer Aussenrotation und Abduktion
bei behinderter Adduktionsfähigkeit des Beines.
In der Monographie von Schede „Die angeborenen Luxationen des Hüftgelenks* sind
einige Röntgenbilder von vergrössertem Neigungswinkel des luxierten Beines reproduziert. David
bringt ein Radiogramm eines Falles von angeborener doppelseitiger Coxa valga. Der Gang
war ühnlich dem bei spastischer Spinalparalyse, derart, dass die Füsse nur wenig vom Boden
entfernt, geschleift wurden, indem das eine Bein, im Bogen herumgeführt, vor das andere ge-
setzt wurde. Der Gang war.ein wiegender, kein watschelnder. Der Neigungswinkel vetrug 165,
der Richtungswinkel 79 Grad.
Drei weitere Fälle sind von Lauenstein erwähnt, ein rachitischer und zwei amputierte
Femora. — Hoffa bildet in seinem Lehrbuche der Frakturen und Luxationen (1904) ein Bei-
spiel von Coxa valga traumatica ab, entstanden durch Aufrichtung des Kopfes nach Fraktur
des Schenkelhalses. Ein weiterer Fall von Coxa valga traumatica ist von Thiem mit-
Kóhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 12
90 Pathologische Anatomie.
geteilt. Der betr. Unfallverletzte war bis zur Róntgenaufnahme für einen Simulanten gehalten
worden.
Hofmeister (1897): ,Für das Studium des Schenkelhalses und seiner Veründerungen ist die
Applikation der Platte auf der Vorderseite (also Aufnahme in Bauchlage unbedingt geboten, weil bei der
Aufnahme in Rückenlage infolge der Stellung der Schenkelhälse dieselben gewöhnlich in starker Verkürzung
projiziert werden, so dass Teile des Kopfes und Halses im Bild sich überlagern.* — „Einen wesentlichen
Nutzen der Röntgenphotographie glaube ich nun darin erblicken zu dürfen, dass sie uns eine Handhabe
bietet für die annähernde Vorausberechnung des anatomischen Effekts einer geplanten Knochenoperation.
Wir brauchen nur das betreffende Femur aus der Kopie herauszuschneiden, an der für die Osteotomie
in Aussicht genommenen Stelle zu durchtrennen und dann den Versuch der Korrektion zu machen. —
Wir können am Bilde ausmessen, wie weit unterhalb der Spitze des grossen Trochanter die obere Grenze
des kleinen sich befindet und sind dadurch in den Stand gesetzt, die Stelle, an der die Herumführung
der Drahtsäge bezw. die Durchtrennung des Schenkelhalses zu geschehen hat, genau zu bestimmen.“
Alsberg (1898): „Es geht hervor, dass eine grosse Mannigfaltigkeit der rachitischen Deformitäten
am oberen Femurende besteht, und dass man sich hüten muss, die Diagnose auf Coxa vara rachitica aus
dem klinischen Befunde allein mit Sicherheit zu stellen. Hier entscheidet das Róntgenbild.*
Kirmisson (1898): ,Man wird um so mehr veranlasst sein, etwaigen, wenn auch geringfügigen
Traumen in dieser Beziehung Beachtung zu schenken, wenn rachitische Veränderungen fehlen. Wo dann
im Röntgenbilde statt der die Coxa vara infantum meist charakterisierenden gleichmässigen Abbiegung
des gesamten Schenkelhalses die Abknickung an der Stelle der Vereinigung von Kopf und Hals ihren
Sitz hat, wird stets die traumatische Entstehung der Deformität in den Kreis der Erwägungen zu
ziehen sein.“ :
Wagner (1900): „Unter allen diagnostischen Hilfsmitteln aber gebührt der Vorrang dem Röntgen-
bilde, welches, eine richtige Deutung vorausgesetzt, die vorher gestellte Diagnose bestätigen und sichern
soll, oder dieselbe berichtigen wird. Zum Zwecke der Aufnahme wird der Patient stets in Bauchlage auf
der Platte festgelegt.“... „In manchen Fällen wird entschieden auf ein erhebliches Trauma als die Ursache
des Leidens hingewiesen, indem der Befund und das Röntgenbild die Diagnose: traumatische Coxa vara
aber nicht bestätigen. Andererseits sehen wir Fälle von erwiesener traumatischer Coxa vara, in denen
das Trauma... in der Vorgeschichte wegen seiner Geringfügigkeit verneint oder erst auf eingehendes Be-
fragen zugestanden wird. Der Befund bietet so viel Übereinstimmuugen zwischen beiden Erkrankungen,
dass wir auch hier wieder zum Röntgenbilde unsere Zuflucht nehmen; wie sich aber nach den Beobach-
tungen der letzten Zeit gezeigt hat, hat sich auch dieses sonst so zuverlässige Hilfsmittel als nicht völlig
ausreichend erwiesen.“ — Polemik betr. Joachimsthal, Fall einer Coxa vara traumatica infantum bei
einem öjährigen Mädchen: „Nach alledem handelt es sich auf diesem Bilde um Coxa vara, und zwar um
eine jener schon häufig veröffentlichten Form, bei der der Neigungswinkel erheblich verringert ist und
eine Knickung im Gebiete der Epiphysenlinie stattgefunden hat; wenn in dem vorliegenden Falle der
Krümmungsscheitel, die bekannte gratartige Erhebung, nicht sichtbar ist, so liegt das an dem jugendlichen
Alter des Patienten, in dem es noch nicht zur Verknöchernng der Epiphysenlinie gekommen ist (Sudeck),
was sich auch an der noch deutlich sichtbaren Trochanterepiphysenlinie zeigt. Aber aus dem Röntgen-
bilde zu ersehen, dass eine „deutlichst erkennbare Verschiebung“, d. h. Lösung in der
Knorpelfuge mit nachträglicher deformer Wiedervereinigung des Kopfes mit dem Halse
stattgefunden habe, ist schon aus dem Grunde nicht möglich, weil eine derartige Wieder-
vereinigung nur knöchern zustande kommen kann und in diesem Falle keine Knorpelfuge
mehr sichtbar wäre. Aufdem Bilde ist dieselbe jedoch unzweifelhaft deutlich sichtbar.“ —
„Ich glaube, dass auch in dem Falle Kredels die Annahme einer stattgehabten Epiphysenlösung nicht
zu recht besteht... es ist deutlich sichtbar ein Spalt, den ich als Epiphysenlinie anspreche. Auch hier
ist nur eine statische Coxa vara vorliegend. Hätte es sich thatsächlich um ein Trauma gehandelt, dann
müsste sich doch bei einer Wiedervereinigung ein Callus gebildet haben, der, weil er knöchern ist, nie-
mals einen Spalt auf dem Bilde hinterlassen kann.“
Maunoury (Bouchard) 1903: „Thatsächlich kann die radiographische Diagnostik der Coxa vara,
die im allgemeinen leicht ist, zuweilen unmöglich sein, und diese Schwierigkeit rollt das Problem der
Pathogenese auf. Ist die Coxa vara ein besonderes Krankheitsbild, wie es ihre ersten Entdecker sich
gedacht haben, oder muss man nicht vielmehr darin eine Verbildung sehen, die verschiedenen Affektionen
gemeinsam.ist? Die pathologische Anatomie hat bis zur Stunde diese Frage noch nicht definitiv gelöst.
Da die Radiographie die erkrankte Hüfte in den verschiedenen Phasen des Leidens zu beobachten ge-
stattet, wird sie wahrscheinlich bestimmtere Resultate zu Tage fördern.“
Gocht (1903): „Wir wollen nochmals darauf aufmerksam machen, dass gerade beim Schenkelhals
durch veränderte Lage des Beines, durch falsche Röhrenstellung u.s. w. häufig Verzeichnungen vorkommen...
Allerdings werden solche Verzeichnungen nur den ungeübten Beobachter zu täuschen vermögen.“
Deformationen der distalen Femurhilfte. 91
Deformationen der distalen Femurhälfte.
Unter gewissen Belastungsverhältnissen, sei es, dass gesunder Knochen übermässigem
Zug und Druck, oder weicher Knochen normalen, aber für seine Verhältnisse zu grossen Be-
lastungen ausgesetzt ist, krümmt sich der Femurknochen im Pubertätsalter stehender Individuen
ähnlich wie der kindliche Knochen bei Rachitis. Die Formveränderung erfolgt im Sinne der
Valgus- oder Varusstellung zu den Unterschenkelknochen. Letztere entsteht bei Jünglingen
sehr selten, erstere um so häufiger. Dass die Grundursache dieser Deformitäten unter Umständen
eine ähnliche ist wie die der Coxa vara, wird wohl nicht mehr bestritten. Die Verkrümmungen
des Oberschenkels in seiner distalen Hälfte gewahrt schon der Laie beim blossen Anschauen,
um so besser der Arzt. Ausserdem kann man diese Partien ganz gut abtasten. Demnach
wären die Röntgenstrahlen bei diesen Leiden recht entbehrlich? Es soll nicht geleugnet werden,
dass in dem Krankenhause, wo ein Röntgeninstrumentarium noch ein frommer Wunsch ist, bei
Fällen von Genu valgum und
varum ein solcher Mangel nicht
allzu schmerzlich empfunden
wird. Andererseits wieder kann
man überzeugt sein, dass ein im
Besitze eines Róntgenapparates
befindlicher gewissenhafter Chi-
rurg keine Osteotomie des
Beines vornehmen wird ohne
vorheriges Radiogramm. Zwar
können die äusseren Grenzen des
Knochens abgetastet werden,
die genaue Gestalt der Condylen
aber zeigt nur das Róntgen-
bild; und auf die Konfiguration
CAM
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derCondylen und der Epiphysen- A
linie kommt es an (s. Textfigur
24). Es handelt sich vor allem
um die Frage: Ist das Femur- Fig. 94.
oder das Tibiaende mehr um- Genu varum und Genu valgum. (Pausen nach Róntgenplatten.)
geformt, oder beide gleich-
mássig, oder das eine hochgradig, das andere gar nicht? Das Radiogramm giebt prompt Aufschluss.
Es soll uns aber im Laufe der nüchsten Zeit einen gleichen Aufschluss über die Entstehungs-
ursache und das eigentliche Wesen dieser abnormen Formen verschaffen. Wie verhalten sich
die Róntgenbefunde zur Theorie Hüters, der die Ursache des Genu valgum in einem unsym-
metrischen Hóhenwachstum der vorderen Abschnitte der Femurepiphysen sieht, wobei der innere
Condylus den üusseren im Wachstum überholt, — wie zur Theorie Mikulicz’, welcher die
Umgestaltung nicht in die Epiphyse, sondern an die epiphysáre Grenze der Diaphyse verlegt
wissen wollte, — wie zu den vermittelnden Untersuchungen Alberts, der sowohl die geringere
Hóhe und gróssere Breite des Condylus lateralis (Hüter), als auch die Schiefstellung der
Diaphyse zur Epiphyse (Mikulicz) bestätigt und somit die Ursache des Genu valgum nicht
sowohl auf extraartikuläre als auch auf primäre Veränderungen des Gelenkes selbst zurück-
führt? — Ä
Verfasser bringt in Textfigur 24 B rechts ein Femurende bei Genu valgum. Der Condylus
lateralis ist erheblich breiter als der C. medialis; weniger in die Augen fallend ist die geringere
Hóhe des ersteren. Der Kniebasiswinkel (Axe des Femur zur Basis der Condylengelenkenden)
I2*
92 Pathologische Anatomie.
differiert mit dem Epiphysenwinkel um höchstens 6 Grad. Man achte ferner noch auf die
starke Krümmung des lateralen Diaphysenkonturs direkt oberhalb der Epiphyse. Auf der
Röntgenplatte imponiert außerdem die mächtige Dicke des lateralen Corticalisschattens. (Die
Tibia war wenig verändert.)
Die Wahl der für die Osteotomie geeignetsten Stelle trifft man ganz nach dem Radio-
gramm. Nach geschehener Operation und Fixierung kontroliert man die Stellung der Fragmente
in der gleichen Weise, ebenso die Callusbildung (vgl Fig. 21, Tafel II).
Die Pause eines Radiogramms von Genu varum zeigt Textfipur 24 À. Man beachte,
dass die Verkrümmung, die hier in erster Linie das Femur betrifft, durchaus nicht (im um-
gekehrten Sinne) analog der bei Genu valgum ist. So hat man in diesem Falle den Eindruck,
als wenn die mediale supraepiphysire Partie des Femur fast ganz allein verunstaltet ist, nicht
im Sinne eines produktiven Vorganges an der medialen Hälfte der Epiphyse (sonst müsste ja
eine Valgusstellung sich ausbilden), sondern im Sinne einer Kompression dieser Partie. Dabei
ist immerhin der scharfe Winkel oberhalb der Epiphyse auffallend. Bei Genu valgum müsste
er bei analogem Vorgang an der lateralen Seite der distalen Diaphysenpartie auftreten, eine
Erscheinung, die indessen Verfasser nie beobachtet hat.
Ein Paar Genua valga vor und nach Osteotomie zeigt Eiselsberg und Ludloffs pu
klinisch wichtiger Röntgenphotogramme“.
Tumoren.
Der Femurknochen ist derjenige Teil des menschlichen Skeletts, der am meisten von
Tumoren heimgesucht wird. Annähernd erreicht wird er in dieser Beziehung nur vom Humerus.
Die Geschwülste des letzteren sind der Palpation relativ leicht zugänglich, während beim Femur
die palpatorische Diagnostik wegen der umfänglichen Muskelwülste auf erhebliche Schwierig-
keiten stösst. Dabei waltete bisher vor allem der unglückliche Umstand ob, dass die destruierenden,
die bösartigen Tumoren erst in den letzten unheilbaren Stadien (meist durch Eintritt einer
Spontanfraktur) sich offenbarten, während andererseits die gutartigen, die Exostosen, den pal-
pierenden Fingern sich selten entzogen. Einen eben beginnenden malignen Tumor mitten im
Femur vermochte niemand zu diagnostizieren, und doch kann nur in diesem Stadium ein ganz
sicherer Erfolg durch operative Massnahmen erwartet werden. Nun sind die Röntgenstrahlen
auf dem Plane erschienen, die einen erst haselnussgrossen Herd mitten im Femur nicht verfehlen
dürfen, eine gute Aufnahmetechnik vorausgesetzt. Leider macht aber eine Thatsache einen
dicken Strich durch die Hoffnung, hier im ersten Anfang das verderbenbringende Leiden zu
koupieren, nämlich die unabänderliche Tatsache, dass bei den echten Tumoren, auch bei den
bösartigsten, die Schmerzen am Anfang entweder ganz fehlen oder derartig minimale sind, dass
es keinem Patienten einfällt, den Arzt aufzusuchen. Das geschieht erst, wenn der Tumor so
gross ist, dass der Fall amputationsreif ist.
Hier drängt sich übrigens die Frage auf, ob denn wirklich ein Tumor ım Knochen
hühnereigross werden kann ohne alle Beschwerden? Jeder Knochen hat die Festigkeit seiner
Architektur, die für die Körperlast und den Zug seiner Muskeln gerade die richtige, die ge-
nügende ist. Ein destruierender Tumor nun zerstört regellos den von ihm befallenen Teil der
Struktur des Knochen. Eine Reihe Balkenzüge und -systeme wird auf eine erhebliche Strecke
zerstört. Das statische Gleichgewicht ist unterbrochen. Eine kompensierende Transformation
bleibt aus (wenigstens ist in der Nähe von Tumoren eine solche bisher wohl nicht bekannt).
Sollten nun diese Verhältnisse wirklich nicht die geringste Gefühlswahrnehmung bei dem
Patienten veranlassen? Sicher ist bei gewissen Bewegungen, im Oberschenkel bei festerem
Auftreten, Treppabsteigen eine geringe abnorme Empfindung vorhanden. Aber der Patient legt
ihr keinen Wert bei; weiss doch jeder von sich selbst, dass er irgend einmal an einer Extremität
Tumoren. 98
tage- ja wochenlang minimale Beschwerden hatte, ohne dass sich spüter etwas Schlimmes ent-
puppte. Nun wird ja wohl nie die Zeit kommen, wo jeder mit derartigen geringen Schmerzen,
etwa über dem Knie, sich gleich mit Röntgenstrahlen durchleuchten lässt, aber möglich scheint,
dass man einmal den Arzt einer Unterlassungssünde zeihen wird, der bei Klagen eines Patienten
über leise aber andauernde, seit Wochen bestehende Beschwerden über dem Knie eine X-Strahlen-
untersuchung für überflüssig gehalten hat. Denn nur wenige Knochentumoren treten derartig
heimtückisch auf, wie das so häufige myelogene Sarkom des distalen Femurendes. Bei den bisher
gesündesten Leuten, im blühenden Lebensalter etabliert es sich und wächst rapid. Jeder Tag, den
es früher diagnostiziert wird, ist von unschätzbarem Wert.
Verwirft man doch in den letzten Jahren die bedingungslose Amputation, sondern re-
seziert zunächst bei den weniger malignen Fällen (den Riesenzellensarkomen). Bei solchen wird
also der Patient bei frühzeitigster Diagnose nicht nur vor. den oft unausbleiblichen Metastasen,
sondern auch vor der Amputation bewahrt.
Die Fragen, die man bei einer Untersuchung der Pfanne und des Femur auf Tumoren
stellt, sind folgende: Ist ein Tumor überhaupt vorhanden? Ist es ein gutartiger oder bösartiger ?
Von wo geht er aus? Welche Ausdehnung hat er? Sind Metastasen im Skelett?
Die Diagnose, ob überhaupt ein Tumor des Knochens vorliegt, ist im allgemeinen nicht
schwer. Über Tumoren der Pfanne fehlt mir jede Erfahrung, auch in der Röntgenlitteratur
kann ich keine diesbezüglichen Bemerkungen finden, ich muss mich daher auf den Ober-
schenkelknochen allein beschränken.
Was die myelogenen Tumoren anbetrifft,
so sind sie von recht charakteristischem
Aussehen und schwer zu verkennen. In
dem sonst dichten Schatten des Knochens
findet sich eine kleine oder gróssere meist
rundliche Partie, die so durchlüssig für
Röntgenstrahlen ist wie die Weichteile,
und zwar meist von ganz gleichmüssiger
Transparenz, doch stellenweise noch von
einigen dichteren wolkigen, blass marmo-
rierten Zeichnungen durchsetzt, den Resten
zerstórter Spongiosa. Die Grenzen der
Aufhellung sind markant cirkumskript,
zuweilen mit kleinen zackigen Ausläufern
(vgl. Textfiguren 5 und 10). In der Um-
gebung der erweichten Stelle fehlt jede
Spur von Atrophie des Knochens. Der
Tumor kontrastiert kräftig gegen das
(makroskopisch) gesunde Knochengewebe.
Hat der Tumor die Corticalis ergriffen, dann
ist diese zunächst verdünnt; bei weiterem
Fortschreiten nach aussen von einer dünnen,
Fig. 25.
vorgewölbten leichthöckerigen Knochen- Knochensägeschnitt eines myelogenen Riesenzellen-
schale gegen den Weichteilschatten abge- sarkoms des distalen Femurendes (Radiogramm
grenzt. Typische Beispiele hierfür sind die s. Fig. 5 Tafel XII).
(Andere Hälfte des Tumors s. Textfigur 10.)
Fig. 2 u. 5, Tafel XII. Eine ausführlichere
Darstellung kann hier erlassen bleiben, denn dass diese Bilder nicht mit eitriger Osteomyelitis
oder Tuberkulose verwechselt werden können, ist selbst für den röntgenographischen Anfänger
selbstverständlich; der Wert der Bilder erhellt besonders schon daraus, dass in beiden Fällen die be-
handelnden Ärzte, deren Können ich sehr hoch einschätze, mit ihrer klinischen Diagnose auf falschem
94 Pathologische Anatomie.
‚Wege waren. Fig. 5 liess eine beginnende Knochentuber-
kulose vermuten, Patient zu Fig. 2 war aus einer anderen
Stadt nach Wiesbaden zur Badekur gesandt. —- Beide Fälle
erwiesen sich als typische Riesenzellensarkome. — Ist eine Spon-
tanfraktur vorhanden, so ist man vor der Röntgenaufnahme be-
reits auf das Bild eines Tumors gefasst. Die Diagnose, ob zerstören-
der Tumor oder nicht, ist bier natürlich besonders einfach. Wir
brauchten hier das Röntgenbild nicht, wenn es uns nicht
prächtigen Aufschluss über die Ausdehnung des Tumors geben
würde. Ich füge ein paar Illustrationen solcher Fälle bei; bei
Fig. 1, Tafel XII ergab die mikroskopische Untersuchung ein
reines Spindelzellensarkom, bei Fig. 6 derselben Tafel ein Mye-
lom, bei Fig. 7 handelte es sich um eine Metastase bei Schild-
drüsentumor. Alle drei Aufnahmen lassen zu wünschen übrig, zwei
stammen aus . Verfassers erster Röntgentätigkeit, die dritte
musste mit einem kleinen improvisierten Instrumentarium unter
schwierigen Verhältnissen angefertigt werden. Fig. 4 derselben
Tafel zeigt ein Femur nebst Pfanne und Beckenschaufel, das von
einer Anzahl destruierender Tumoren durchsetzt ist. Der erste
Tumor dieses Falles wurde am Humerus nachgewiesen, s. Text-
bild Nr. 26, merkwürdigerweise blieben eigentliche Spontan-
Te a frakturen aus; die Tumoren schienen sich elastisch zu biegen,
ee aber brachen nicht. Auffallend ist weiter, dass kein Tumor
l über die natürliche Grenze des Knochens sich hervorwölbt; sie
alle waren nur knocheneinwürts gewuchert. Die mikroskopische Diagnose lautete auf Carcinome.
Ein Tumor in den Weichteilen wurde seltsamerweise nicht gefunden. Aus dem radiographischen
Bilde herauszulesen, ob es sich um ein Sarkom, ein Myelom oder ein Carcinom handelt, ist
nicht möglich. Das ist auch ganz natürlich, gelingt es doch zuweilen kaum mit dem Mikroskop
das eine von dem anderen sicher zu unterscheiden. — Was weniger bösartige Tumoren anlangt,
so habe ich früher einmal ein Enchondrom eines langen Hóhrenknochens beschrieben.!) Der
radiographische Ausdruck dieser Knochenumwandlung unterscheidet sich von den Sarkomen
und Carcinomen durch eine mehr lappige
Anordnung, d. h. zwischen einzelnen ver-
knorpelten transparenten Tumorteilen
waren 1 bis 3 mm breite Knochenwände
stehen geblieben und gaben dem Tumor-
bild so ein charakteristisches Aussehen.
Schwieriger gestaltet sich die
Röntgendiagnostik bei periostalen Sar-
komen in ihren ersten Anfängen. Zu
dunklen unbestimmten klinischen Sympto-
men kommt z. B. ein Radiogramm hinzu,
welches weiter nichts erkennen lässt als
eine einfache Verknöcherung des Periostes,
die jedoch nicht wie in unzähligen anderen
Knochenaffektionen allmählich ansteigt
1) Köhler, Knochenerkrankungen
im Röntgenbilde. Tafel II, Fig. 1, und das
dazu gehörige Knochenstrukturbild, Text-
Metastatische Carcinome des Femur. figur 4.
Fig. 27.
Tumoren. 95
und ebenso absinkt, sondern mit grósserem Winkel ansteigt und dann, breiter geworden, sich nicht
wieder verjüngt, sondern ziemlich plótzlich in die Transparenz der Weichteile ausklingt. Ich habe
so vier Fülle gesehen und die ersten nicht zu deuten gewusst. Es handelte sich jedesmal um den
Oberschenkel. Ich hatte seither die Patienten jahrelang aus den Augen verloren. Beim Durchgehen
alter Platten fielen mir diese radiographischen Befunde wieder in die Hände. Daraufhin angestellte
Recherchen ergaben, dass jene Patienten an bösartigen Tumoren zu Grunde gegangen waren.
Als mir nun vor ?/, Jahr ein Patient mit Verdacht auf Tuberkulose des distalen Femurendes
zur Röntgenuntersuchung zugeführt wurde und ich den soeben beschriebenen Röntgenbefund
erhielt, stellte ich, trotzdem klinisch ein Anhaltspunkt fehlte, die Diagnose auf bösartigen
Knochentumor. Der operative Eingriff bestätigte die Diagnose.
Ist ein solches periostales Sarkom schon umfänglicher, dann ist natürlich das
Röntgenbild ohne Schwierigkeiten zu deuten; dann sieht man die Corticalis arrodiert, die
Periostschale nach den Weichteilen zu ist deutlicher geworden, der jetzt mehr abgegrenzte
Tumor kann eine blasse Struktur in seinem Innern zeigen (Osteoidsarkom) und den Knochen
fast ganz umhüllen. Schón wird dieser Typus durch eine Illustration von Dietzer in den
„Fortschritten a. d. Geb. der Röntgenstrahlen“, Bd. VI, Tafel XII gezeigt. Die mikroskopische
Prüfung ergab ein periostales Osteoidsarkom.
Von den anderen Knochentumoren des Femur ist in der bisherigen Róntgenliteratur
herzlich wenig niedergelegt. Ein paar Fülle von Knochencysten sind beschrieben und Beck
stellte róntgenographische Charakteristika derselben auf. Er schildert die Áhnlichkeit der Ra-
diogramme von Osteosarkom und Knochencyste. Bei der Knochencyste sei zwar auch die Her-
vorwölbung des Knochens vorhanden, die Schatten der Corticalis seien jedoch äusserst dünn,
aber deutlich ausgesprochen und ganz regelmässig. „Das flüssige Centrum der Knochencyste
kommt beim Röntgenbild als eine klare durchscheinende Zone zum Ausdruck, welche sich durch
dieselbe Regelmässigkeit wie die Corticalis auszeichnet.“
Von den Chondromen sprachen wir bereits. Relativ häufig sind bereits Fälle von mul-
tiplen kartilaginären Exostosen beschrieben, mit Röntgenbefunden am unteren Femurende von
Hoffa, Kienböck, Lippert und Verfasser; ein einziges Röntgenogranım auch vom proximalen
Femurende mit kartilaginären Exostosen ist bisher nur vom Verfasser beschrieben worden.
Ich bringe diese Befunde des unteren und oberen Femurendes hier in Textfigur 28 und
Tafel XII, Fig. 8 und 9.
Eine besondere Eigentümlichkeit der multiplen kartilaginären Exostosen ist ihre Erb-
lichkeit. So stellte Reinecke 36 erbliche Fälle zusammen, bei denen er die Erblichkeit ein-
mal bis in die fünfte Generation, 15 mal bis in die dritte und 12mal bis in die zweite ver-
folgen konnte. In unserem Beispiel war nichts von Heredität ausfindig zu machen.
Es wird jetzt allgemein bestritten, dass Rachitis die Veranlassung zu multiplen Exostosen
werden kann. Auch in unserem Fall ist es der Anamnese nach unwahrscheinlich, dass Rachitis
bestanden hat; ebenso kann man Lues und Tuberkulose ausschliessen. — Schwere Fälle gehen
mit Verkrümmungen und Verkürzungen der Knochen einher. Bei unserem Patienten traf das
nicht zu; es handelte sich hier um eine sehr milde Form des Leidens. Um so wichtiger ist
der Fall vielleicht pathogenetisch. Unwillkürlich drängt sich die Frage auf, ob diese Milde
des Verlaufs damit zusammenhängt, dass möglicherweise hier thatsächlich keine Heredität be-
steht, sondern das Leiden zum ersten Male in der Familie auftrat.
Die Exostosen geben im Radiogramm ein typisches Bild und haben typischen Sitz.
Unser Befund am Knie ist ganz analog den bisher veröffentlichten Befunden. An der Hüfte
ist, wie schon erwähnt, bisher noch kein Röntgenbefund beschrieben; da die Exostosen aber in
unserem Falle an beiden Femora gleichartig waren, so werden sie wohl auch den typischen Kontur
und den typischen Sitz darstellen.
Zum Unterschied von vereinzelt auftretenden, aus Bindegewebe gebildeten spongiösen
Exostosen, welche ohne Veränderung der Gestalt des ganzen Knochens der Corticalis einfach
96 Pathologische Anatomie.
aufsitzen, findet man bei multiplen kartilaginüáren Exostosen diffuse Knochenverdickungen, kolbige
Auftreibungen der Diaphyse und ein Übergehen der Diaphyse in der der Exostose. Das ist in
Fig. 8 und 9, Tafel XII besonders deutlich an der Knieaufnahme, lateralen Partie des Femur,
A | B
Fig. 28.
Multiple kartilagináre Exostosen des proximalen Femurendes.
und an der Hüftaufnahme, grossen Spange bei a zu konstatieren. Ich füge ausser der Tafel-
abbildung noch eine schematische Figur im Texte, Fig. 28A, bei, daneben zum Vergleich eine
normale Hüfte, Fig. 28 B.
Erwiesen ist ferner das gleichzeitige Auftreten von multiplen kartilaginären Exostosen
mit partiellem Klein- und Riesenwuchs und ähnlichen Missbildungen. Bei unserem Falle wurde
nichts Derartiges festgestellt, wobei allerdings zugegeben werden muss, dass es aus äusseren
Gründen nicht möglich war, das ganze Skelett mit Röntgenstrablen abzusuchen. Solche grobe
Prozesse sieht man indessen auch ohne Róntgenuntersuchung; es war aber auch durch blosse
Inspektion solches nicht festzustellen.
Beim Betrachten der Röntgennegative muss man berücksichtigen, dass solche Exostosen
meist noch mit Knorpel überzogen sind, den das Radiogramm nicht wiedergiebt, dass sie also
in Wirklichkeit grösser zu sein pflegen als ihr Knochenschatten im Röntgenbild.
Das Wachsen der kartilaginären Exostosen hört in der Regel mit dem Körperwachs-
tum auf.
Unser Hüftbild zeigt eine Abflachung der Pfanne und des Caput femoris, was sich
ohne weiteres aus der seit Auftreten der grossen Exostose a einsetzenden veränderten Funk-
tion ergiebt.
Der Wert der Röntgenuntersuchung wird auch an diesem Fall wiederum erwiesen.
Der betr. Patient reiste seit Jahren bei vielen Autoritäten Deutschlands mit der Diagnose Ischias
und Rheumatismus umher. Eine Röntgenuntersuchung hatte man für überflüssig gehalten.
Einen Punkt muss ich noch berühren. Es findet sich einmal in der Litteratur die Er-
wähnung, dass sich bei multiplen kartilaginären Exostosen eine Coxa valga entwickeln könnte.
Ein geringer Grad dieser Affektion kann nach dem Röntgenbild hier zugegeben werden, auch
besteht Abduktionsstellung. Andererseits kann jedoch nicht bestritten werden, dass hier Coxa valga
nicht allein vorliegt, sondern dass die Konfiguration des proximalen Femurendes in erster Hin-
sicht durch die Exostosen bedingt ist.
Tumoren. 97
Virchow betonte in seinem Werk , Die krankhaften Geschwülste* als erster, dass die
multiplen kartilaginären Exostosen eine Krankheit für sich seien, eine eigenartige Wachstums-
störung des Knochengerüstes infolge fehlerhafter Anlagen. Eine grundlegende Arbeit „Über
Knochen- und Gelenksanomalien insbesondere bei partiellem Riesenwuchs und bei multiplen
kartilaginären Exostosen“ rührt von Bessel Hagen!) aus dem Jahre 1891 her. Des Ferneren
haben sich mit Erklärung der multiplen Exostosenbildung beschäftigt v. Volkmann, Fischer,
J. Braune, Pic, Chiari, Rubinstein, Schuchardt, Auvray und Guillain. Die drei aus-
führlichen Bearbeiter, die mit Röntgenuntersuchungen aufwarten, wurden oben bereits genannt.
Kienböck schlägt in Anbetracht dessen, dass auch die den Grund der Exostose bildende Stamm-
partie des Knochens verunstaltet ist, die Bezeichnung vor: chondrale Dysplasie der Knochen
mit multiplen kartilaginären Exostosen.
Als Gegensatz zu diesen Exostosen, die mit diffusen Verdickungen, kolbigen Auf-
treibungen des Knochens einhergehen, mit dessen Architektur die ihrige innig verschmilzt, sei
Fig. 29. Fig. 30.
der Knochentumor Fig. 3, Tafel XII hingestellt. Ein blumenkohlartiges Gewächs sitzt der in-
takten Corticalis der Femurdiaphyse mit einem Stiele schräg auf. Der Tumor besitzt reich-
lichen Kalkgehalt und scheint von poróser Struktur zu sein. Er wurde abgemeisselt, von dem
Prüparat wurden Róntgenstrukturbilder aufgenommen, welche hier im Text wiedergegeben sind,
Fig. 29 und 30. Von oben (resp. unten) betrachtet; Textfigur 29, zeigt er eine fast, sternfórmige
Gestalt mit breiteren, strahlenfórmig vom Stiel ausgehenden Knochenbälkchen, dazwischen
ziemlich gleichmaschige Spongiosa. Textfigur 30 bringt das Osteom seitlich, nachdem es mitten
durchságt war. Die Gestalt ist eine eigenartige, seltene. Ein vorausgegangenes Trauma wurde
vom Patienten nicht zugegeben. Kienböck hält trotzdem diese Exostose für ein intramuskuläres
Osteom traumatischen Ursprungs. Was im allgemeinen die Gestalt dieser bindegewebigen
Osteome des Oberschenkels anbetrifft, schreibt er: „Wir finden... auf dem Radiogramm
(Medialaufnahme) vor dem Röhrenknochen... einen Schattenherd von zumeist länglicher Gestalt,
mit der Längsausdehnung parallel der Diaphyse; der Herd liegt nicht zirkulär um diese ge-
lagert, sondern nur an einer Seite... der Vorder- oder Lateralseite des Oberschenkels... im
mittleren oder unteren Drittel, namentlich häufig oberhalb der Patella... In den meisten Fällen
ist der Schattenherd in seiner grössten oder ganzen Länge der Diaphyse angelegt (breit auf-
!) Langenbecks Archiv, Bd. 41, S. 420. 1891.
Kóhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 13
98 Pathologische Anatomie.
sitzendes Osteom); zuweilen ist aber nur ein schmaler Stiel sichtbar oder eine Verbindung gar
nicht zu konstatieren."
Es soll nicht vergessen werden, hier noch auf die Ossifikationen in der Quadricepssehne
direkt über der Patella, Textfigur 35, aufmerksam zu machen, bei gleichzeitigem Bestehen
hochgradiger Arterienverkalkung; siehe auch Abschnitt über „Untersuchung der Weichteile“.
Radiogramme von Fibromen, Lipomen, Myxomen und Echinokokkus des Femur sind
in der bisherigen Róntgenliteratur kaum aufzutreiben, wenigstens hat Verfasser vergeblich dar-
nach gesucht. |
Hildebrand, Scholz, Wieting zeigen ein stereoskopisches Bild eines Osteosarcoma
femoris. Der myelogene Tumor hat den Condylus internus ballonartig aufgetrieben. Da diese
Geschwulst sich (wie Verfassers Fall, Fig. 5, Tafel XII) anfangs unter dem Bilde einer Tuber-
kulose entwickelte, war mehrere Wochen vor Aufnahme des Bildes eine Jodoformglycerininjektion
gemacht worden, deren scharfkonturierte tiefschwarze Schatten im Röntgenbild besonders
plastisch hervortreten. |
Ein sehr eigenartiges Bild, ein Chondrosarkom des distalen Femurendes bei einem
14jährigen Mädchen, hat Williams in seinem Lehrbuch, 3. Aufl., S. 581 wiedergegeben. Die
Zeichnung der Tumormasse um das ursprüngliche Feniur ähnelt etwas unserem Falle, Fig. 5,
Tafel VII.
Frakturen.
Die Schwierigkeit der róntgenographischen Darstellung einer Oberschenkelfraktur wüchst
mit der Entfernung vom Kniegelenk; trotzdem ist die heutige Technik so weit gediehen, dass
jede Fraktur und Infraktion des Femur und der Pfanne mit Röntgenstrahlen zur Darstellung
gebracht werden kann und zwar auch bei den muskelstärksten und bei den fettesten Patienten.
Das wäre auch heutzutage noch nicht möglich, selbst mit den besten Induktorien nicht, wenn
wir nicht gelernt hätten, bei Oberschenkel- und Hüftgelenkaffektionen uns der Blenden, besonders
aber der Kompressionsblenden zu bedienen. Wer in der Zeit vor Einführung der Blenden
Aufnahmen von Schenkelhalsfrakturen bei Erwachsenen anzufertigen hatte, wird später nie
vergessen, welche Unsumme von Enttäuschungen oft durchzukosten waren. Jetzt hat man es
bequemer und ist gewohnt, anzunehmen, dass jeder Femurbruch im Röntgenbild genau so detail-
und kontrastreich gerät wie eine Radiusfraktur.
Abgesehen davon, dass die Behauptung Royal Whitmans von dem häufigen Vor-
kommen der Schenkelhalsbrüche auch im jugendlichen Alter durch die Radiographie erst ihre
Bestätigung erfahren hat, sind besondere neue Tatsachen über die Arten der Oberschenkel-
frakturen bisher nicht aufgedeckt worden. Hoffentlich aber werden neue Fakta noch genug
erbracht, wenn einmal einzelne Untersucher Hunderte derartige Fälle beisammen haben und ver-
gleichen werden. Gerade der Oberschenkel mit seinen mächtigen Knochen und Muskeln muss
zum Studium der mechanischen Momente der Röhrenknochenfrakturen ein dankbares Objekt
abgeben. Gewonnen ist ferner jetzt viel durch den Umstand, dass wir die kleinsten Splitter
und Spitzen an der Frakturstelle auffinden, resp. nötigenfalls rechtzeitig prompt entfernen können,
dass wir vor Anlegen des ersten Verbandes bereits orientiert sind, ob die Stellung der Frag-
mente eine gute Callusbildung erwarten lässt oder nicht. Vor allen Dingen aber ist die
Stellung der Diagnose bei Frakturen an und in der Nähe der Hüfte ganz gewaltig erleichtert
worden; das kann selbst der beste Palpationskünstler nicht leugnen.
Beginnen wir mit den Brüchen der Diaphyse des Femur. Manche Chirurgen
unterscheiden hier drei Gruppen von Frakturen, die bestimmte Typen bilden sollen, erstens:
Brüche dicht unterbalb der beiden Trochanteren, zweitens: Brüche des mittleren Drittels des
Femur, drittens: solche des unteren Drittel. Nach den röntgenographischen Erfahrungen des
Frakturen. 99
Verfassers, die sich allerdings nur auf ca. 40 Fälle erstrecken, liessen sich diese drei Typen
nicht bestätigen, eher könnte ich annehmen, dass vor allen zwei Typen hervortreten und das
sind 1. Frakturen an der Grenze des oberen und mittleren Drittels, und 2. solche an der Grenze
des mittleren und unteren Drittels der Diaphyse. Ich bringe davon je ein Beispiel in den
Fig. 6, Tafel XI und 2 Tafel XI. Beides sind keine guten Heilungsresultate, doch war es
auffällig, wie wenig Beschwerden
im zweiten Falle, abgesehen von
der Verkürzung, vorhanden waren.
Wenn man die beiden
letzten Aufnahmen nimmt, so sieht
man bei beiden Projektionen eine
erhebliche Dislokation. Es wäre
ja aber leicht denkbar, dass in
Fig. 2 bei sagittalem Strahlengang
die beiden DBruchenden direkt
hintereinander gestanden, sich ge-
deckt und eine ideale Heilung vor-
getäuscht hätten, während die Pro-
jektion bei frontalem Strahlengang
die Bescherung aufgeklärt hätte.
So lagen die Verhältnisse im Falle
Hall-Edwards, nach dessen in
den „Archives of the Roentgen
Ray“ gebrachten Radiogrammen
Fall @, @, Textfigur 30 skizziert
sind. Aus diesem Beispiel ergiebt
sich treffend die unbedingte Not-
wendigkeit der Frakturaufnahmen
in (mindestens) zwei Richtungen.
In derselben Zeitschrift bringt auch
Bassett-Smith ganz ähnliche
Frakturen wie unsere Fig. 2,
Tafel XI, und zwar waren dieselben
ganz gleich an beiden Schenkeln
eines Mannes durch einen Sturz
aus 28 Fuss Höhe entstanden
(Textfigur 31 E). Diese Art der
Fraktur scheint überhaupt sehr
häufig zu sein, auch Helferich HH
bringt in seinem Atlas der Frak- Fig. 31.
turen und Luxationen ein gleiches Pausen nach Röntgenbildern von Femurfrakturen.
Bild (Präparat.) Das untere Frag-
ment wird durch die Wadenmuskulatur in diese Lage gebracht.
Desgleichen findet sich in Helferichs Atlas ein Präparat, das unserem nächsten Bild
Fig. 7, Tafel IX entspricht. Wir haben es auch hier mit einem typischen Fall zu thun. Die
geringe Dislokation, die in solchen Verhältnissen statthat, bedingt nicht nur ein schwieriges
Deuten des palpatorischen Befundes, sondern oft auch ein solches des Radiogramms. Schliess-
lich kommt man auch hier mit zwei Aufnahmen zum Ziel; unmóglich aber würe es gewesen,
aus der seitlichen Aufnahme Fig. 8 allein die Verletzung richtig zu deuten. Es scheinen drei
Condylenkonturen vorhanden zu sein. Die parallelen Doppelkonturen des inneren Condylus sind
: 13*
100 Pathologische Anatomie.
dadurch entstanden, dass derselbe nicht zackig und unregelmüssig, sondern scharf in der
Sagittalebene (wie geschnitten) sich abgetrennt hat und zehn Millimeter nach oben geglitten ist.
Das war nach Aufnahme von Bild 7, Tafel IX ohne weiteres klar, aber vorher war es das für
gewöhnliche Sterbliche nicht. Übrigens scheint bei diesen Schrügbrüchen kein Condylus vor
dem andern bevorzugt zu sein.
Die Fractura femoris infratrochanterica, die meist mit einer sehr schrügen, fast
lángsverlaufenden Bruchlinie angetroffen wird, ist überaus hüufig; aber gerade wegen der sehr
steilen Bruchlinie ist die Dislokation oft nicht gross, die Palpation an dieser muskelreichen
Partie erschwert, die radiographische Klarstellung um so willkommener, als die Verletzung
auch ohne starke Dislokation eine schwere bleibt. Einen solchen Dutzendfall aus Verfassers
Sammlung findet man bei Textfigur 31 2.
Einen einfachen Schrügbruch ohne weitere Besonderheiten haben wir in Figg. 7
u. 8 Tafel XI der Reproduktion für wert befunden. Derselbe war jedoch radiographisch des-
halb wichtig, weil wegen des geringfügigen Traumas (Pat. waren beim Schieben einer Karre
ausgeglitten und auf das betreffende Knie gefallen) eine Spontanfraktur infolge Tumors vermutet
wurde. Eine Röntgenaufnahme konnte erst nach drei Monaten ermöglicht werden. Wenn der
schon sichtbare, in seinem Bau an Einzelheiten reiche Callus auch auf den ersten Anblick den
Verdacht eines Tumors noch einen Moment bestehen liess, so belehrte doch die genaue Prüfung
der Fragmentenden, die nirgends eine Spur von Einschnelzung, von Zerstörung der Corticalis,
sondern nur Knochenanbildung, auf das Periost beschränkt, aufwies, dass ein Tumor auszu-
schliessen war. Weitere Aufnahmen und Beobachtungen des Falles bestätigten dies. Wegen
der Callusbildung verweise ich zu dieser Figur noch besonders auf den folgenden Abschnitt.
über Frakturheilung. Weitere Schrägfrakturen s. Fig. 31 A und C.
Ich schliesse diese kurze Ausführung über die Diaphysenfrakturen mit einem recht
seltenen Bruchbeispiel: Fig. 9, Tafel XI. Es handelt sich um eine doppelte Spiralfraktur im
unteren Diaphysendrittel gefolgt von erheblicher Knochenatrophie. Häufiger findet man bei
derartigen Doppelfrakturen, dass das mittlere Stück ungefähr Dreiecksform (im Röntgenbilde)
besitzt, selten jedoch ist es derartig cylindrisch gestaltet wie hier. Besonders schön ist die
Spiralform am oberen und mittleren Fragment ausgeprügt zu sehen. Die Dislokation war auf-
fallend gering. Vielleicht war das Periost nur wenig zerrissen. Man vergleiche auch Text-
figur 81 D.
Ich bestreite nicht den Wert der stereoskopischen Aufnahme für manche solcher
Frakturen, ich glaube aber nicht, dass es später einmal als Kunstfehler gelten wird, wenn man
in derartigen Fällen grundsätzlich davon absieht. Sicher ist, dass man in fast allen Fällen
mit zwei Aufnahmen in zwei zueinander senkrecht stehenden Ebenen zu richtiger Vorstellung
über alle wissenswerten Frakturdetails gelangt.
In dem von Hoffa bearbeiteten Kapitel der Hüfte und des Oberschenkels, 4. Bd. des
Handbuches der praktischen Chirurgie, findet sich ein gezühnter Querbruch des Femur, ein
einfacher Spiralbruch und ein Spiralbruch mit typischen, rautenfórmigem Splitter (alle drei aus
der v. Brunsschen Klinik).
Der Atlas von Eiselsberg und Ludloff bringt erstens ein Radiogramm einer kom-
plizierten Femurfraktur in der Mitte der Diaphyse, Dislokation der unteren Hälfte nach oben
und innen, zackige Bruchenden; ferner doppelseitige Schenkelbrüche eines 22 jährigen Mannes,
intra partum entstanden; Steissgeburt. Beide Femora sind unterhalb des Trochanter major
frakturiert, die obere Femurepiphyse nach oben und aussen disloziert; mächtige Verdickung und
Verkürzung der Condylen des Oberschenkels.
Ein ähnliches Bild findet sich bei Beck, die enorm dislozierten Fragmente im oberen
Drittel das Femur eines mittels Kunsthilfe entwickelten Neugeborenen darstellend.
Williams beweist an einer Fraktur des Femur, die nur bei Dorsalaufnahme, nicht bei
seitlicher, zu erkennen war, die Wichtigkeit der Aufnahme in zwei verschiedenen Richtungen.
Frakturen. / 101
Ch. Schmidt bildet ein schónes Skiagramm einer Querfraktur des Femur 6 cm ober-
halb des Gelenkspaltes in Bd. 3 der „Fortschritte“ ab.
Des Ferneren finden sich technisch vollendete Radiogramme von Oberschenkelbrüchen
in den stereoskopischen Bildermappen von Hildebrand, Scholz und Wieting.
Brunner berichtet 1900 über einen sehr interessanten Fall von Doppellängsbruch
der Femurdiaphyse mit Verlauf der Bruchlinien in Form eines römischen I und kommt nach
Ausführung von Leichenexperimenten zu dem Schluss, dass es sich um eine Kombination von
Biegungs- und Torsionsbruch gehandelt hat.
Fig. 82.
Einen Schrägbruch des Femur mit vielen kleinen Splittern findet man bei Gocht
(Lehrbuch S. 245). Das untere Bruchstück war nach oben, hinten und aussen disloziert, das
obere prominierte nach vorn.
Indem Verfasser bedauert, keinen Fall von isolierter Fraktur des Trochanter
major bringen zu kónnen, sei nur so viel berichtet, dass in dem Fig. 3, Tafel XI abgebildeten
Fall eine geheilte Fraktur des Trochanter major von dem betr. Arzte vermutet wurde, eine
Vermutung, die der Röntgenbefund als falsch erwies. Es ist ja bekannt, wie schwer es bei
Trochanterfrakturen ist, Krepitation festzustellen; deshalb wird jetzt die Röntgenuntersuchung
leicht Gewissheit verschaffen können. :
Was die Schenkelhalsbrüche anbetrifft, die bei dem augenblicklichen Stande der
Róntgentechnik selbst am stürksten Menschen leicht bis ins Detail zu Gesicht gebracht werden
können, was vor ca. fünf Jahren noch unmöglich war, so frappiert den Réntgenuntersucher vor
allen Dingen die Mannigfaltigkeit der Formen. Unter drei Dutzend Fällen fand ich kaum
zwei, die man als ganz gleichartig bezeichnen könnte. Es bedarf keiner weiteren Erörterung,
dass die Deutung der radiographischen Befunde in der Mehrzahl eine leichte sein wird, wenn
102 Pathologische Anatomie.
man auch nur eine Aufnahme gemacht hat. In vier Fünftel der Fülle liegen die Verhültnisse
so klar, dass ein Laie das Negativ beurteilen kónnte. Ich erledige deshalb das Gros dieser
Fälle damit, dass ich mehrere unterschiedliche Formen, nach meinen Radiogrammen gezeichnet,
nur im Text wiedergebe, siehe A bis 7 Textfigur 32 und ein Bild auf Tafel IX, Fig. 5.
Dagegen muss ich auf die Schwierigkeit der Róntgendiagnose bei manchen einfacheren Formen
von Fractura colli noch mit ein paar Worten eingehen. Es wurde dieses Punktes schon mit
ein paar Sützen Seite 80 des Kapitels der Osteoarthritis deformans Erwühnung gethan. Es
kommt nämlich recht häufig vor bei Leuten im krüftigsten Mannesalter, dass durch ein
schweres Trauma der Schenkelhals bricht, doch nicht vollständig, sondern dass die Fragmente
noch für die nächsten Tage leidlich in ihrer normalen Kontinuität gehalten werden. Patient, der
kaum nennenswerte Beschwerden hat, arbeitet die nächsten Tage weiter, und nun stellen sich
erst im Laufe der nächsten Wochen lebhaftere Beschwerden ein, die den Betroffenen jetzt erst
zum Arzt führen. Die klinische Untersuchung lässt eine Beschränkung der Innenrotation und
Abduktion, geringen Höherstand des Trochanter und schwer lokalisierbare mässige Schmerzen
Fig. 83.
an der Hüfte feststellen. Diese Symptome können ebensogut für eine Pfannenfraktur, für be-
ginnende (juvenile) Arthritis deformans, für das Anfangsstadium der Kocherschen Coxa vara
endlich für tuberkulöse Coxitis sprechen. Das Röntgenbild zeigt dann Konturen, die eine Coxitis
und eine Pfannenfraktur ausschliessen, aber für Coxa vara oder fiir Osteoarthritis deformans
sprechen; so unsere Fig. 6, Tafel IX. Da es sich aber empfiehlt, wenn man mit einer Auf-
nahme in Rückenlage nicht zum Ziele kommt, noch eine solche in Bauchlage anzustellen, er-
hält man dann zuweilen sofort Aufschluss, indem man wider Erwarten eine eingekeilte
Schenkelhalsfraktur entdeckt (s. das obige Radiogramm bei Ventralprojektion Fig. 4, Tafel XI).
Hier sieht man eine Frakturlinie, d. h. keinen durchlässigen Spalt, sondern einander überlagernde
Knochenfragmente, die ein breiteres dichteres zackiges Schattenband geben, das quer durch den
Hals zieht. Ausserden geht auf letzterem Bild der Kopf nicht allmählich in den Hals über,
sondern ist oben mit spitzem zackigem Winkel gegen denselben abgegrenzt. Der Kopf hat
sich also etwas gedreht. Ich besitze noch weitere ganz analoge Fälle, von denen einer in den
Textfiguren 33 A und PB wiedergegeben sei.
Da für gewöhnlich die Gelenkkapsel sich im Röntgenbilde nicht manifestiert, so kann
man im röntgologischen Sinne eigentlich nicht von intra- und extrakapsulären Schenkelhals-
frakturen sprechen, wie man denn auch sonst immer mehr von dieser strengen Scheidung
zurückkommt, da die meisten Brüche des Schenkelhalses gemischte sind. Immerhin ist auf
Grund eines Radiogramms das Verhalten des Frakturspaltes zur Kapsel noch leichter zu
Frakturen. 103
beurteilen als nach der übrigen Untersuchung. Helferich schlügt die Bezeichnuugen „mediale
(proximale) und laterale (distale) Schenkelhalsbrüche“ vor. Erstere liegen ganz intrakapsulär,
letztere sind gemischte. Nach demselben Autor sollen letztere Frakturen häufiger sein, nach
Verfassers Radiogrammen sind die kopfnahen Frakturen viel häufiger anzutreffen. Indessen
habe ich bei diesen Frakturen unter den vielen von mir radiographierten Fällen noch niemals
einen deutlichen Callus gesehen. Zuweilen ist man erstaunt, welche günstige Verhältnisse bei
schweren Frakturen von selbst entstanden sind, indem der Kopf nach unten ausgewichen ist und
der vom Halse übrig gebliebene am Schaft sitzende Sporn sich fest an den oberen Pfannenrand
anstemmt. Der ausserhalb jedes Zuges und Druckes stehende Kopf ist bei älteren Frakturen
immer lichtdurchlässig, atrophisch, oft auch der Femurschaft, so dass beide nur noch eine dünne
Corticalis und keine Spongiosa mehr zu haben scheinen. Bei Verletzungen, die ein Schatten-
bild wie Fig. 5, Tafel IX bieten, muss man wohl annehmen, da eine breite Bruchstelle vorhanden,
aber keine Einkeilung und Dislokation zu erkennen ist, dass die Fraktur keine vollständige war.
Wahrscheinlich liegt hier ein breiter Einbruch der hinteren Seite des Halses vor, wührend er
vorn, wo er stärker gebaut ist, nur einfach geknickt ist (Kochersche Theorie). — Eine sicher
extrakapsuläre Fraktur mit gleichzeitiger Absprengung des kleinen Trochanters war bei Fall 1,
Tafel XI vorhanden. Man erkennt die Einkeilung der Fragmente, übermässige Aussenrotation
des Schaftes (da grosser Trochanter nicht lateral hervorspringt) und hochgradigere Abduktions-
stellung. Die Auswürtsdrehung des Schaftes, die man regelmüssig findet, bedingt auch, dass
man in ?/, aller Radiogramme proximaler Collumfrakturen gar keine Andeutung des Halses
erkennt, da sein Schatten mit dem des Schaftes und des Trochanter major zusammenfállt, Recht
gut wird diese Erscheinung durch Bild 5, Tafel XI illustriert. Der dazu gehörige Patient war
ungefähr gleichaltrig und gleichgebaut dem Manne, dessen normales Femur Tafel II, Figg. 1
und 2 zeigt. Es ist tatsächlich rätselhaft, wie durch die Projektion ein so langer Femurhals
hinweggetáuscht werden kann. War auch die Fraktur keine frische, sondern Jahre alte, so
darf ınan nicht ein wirkliches Verschwinden des Halsfragmentes annehmen. Das kommt unter
sonst normalen Verhältnissen nicht vor, nur gelegentlich einmal bei Tabes und Syringo-
myelie. Solches war aber in obigem Falle ausgeschlossen. Der Zufall will es, dass ich eine
tabische Schenkelhalsfraktur beigeben kann, Fig. 5, Tafel VIII, bei welcher aber gerade
der Hals selten gut vorhanden und übersehbar ist (der Kopf ist per operationem entfernt). Die
eigenartigen gabel- und spangenförmigen Ossifikationen der paraartikulüren Gewebe, wenigstens
die lateralen, könnten hier fast Veranlassung geben, zuerst an eingenähte Metallstützklammern
zu denken. Das Collum femoris ist hier trotz Drehung des Schaftes um ca. 60 Grad nur des-
halb so deutlich, weil die Trochanteren zu schwinden beginnen. Kalkverminderung in der Tro-
chanterenpartie ist auch hier ersichtlich, doch ist dieselbe nicht hochgradiger als bei anderen
Frakturen.
Wenn ich im Anschluss daran, bevor die Pfannenfrakturen besprochen werden, gleich
hier auf die Besonderheiten der Frakturheilung bei Tabes und Syringomyelie eingehe,
so ist zu erwähnen, dass, abgesehen von der Schenkelhalspartie, die Verletzungen fast durchweg
mit hypertrophischem Callus heilen. Verfasser hat bereits früher Frakturen bei Tabes
und Syringomyelie beschrieben und dabei betont, dass überreichliche Callusmassen sich ein-
stellten, obgleich eher Pseudarthrosen gefürchtet wurden. Auch Gocht erwähnt in seinem
Lehrbuch, dass er bei tabischen und syringomyelitischen Knochenbrüchen mächtige hypertrophische
Callusmasse wahrnehmen konnte. Ähnliches berichtet Wilms „Fortschritte“ Bd. III, S. 42 u. 48.
Eine einfache Schenkelhalsfraktur mit Abknickung des Schenkelhalses nach unten an
der Linea intertrochanterica reproduzieren Eiselsberg und Ludloff, Tafel 12 ihres Atlas.
Riese berichtet 1900 über eine Schenkelkopfexstirpation bei veralteter intrakapsulärer
Schenkelhalsfraktur, deren klinische Diagnose durch die Röntgenstrahlen ihre Bestätigung fand.
Ein später aufgenommenes Radiogramm zeigte, dass der untere Teil des Halses sich gegen dem
oberen Rand der Pfanne stützte, während sich der Trochanter minor in der Pfanne befand.
104 Pathologische Anatomie.
Röntgenbilder eingekeilter Schenkelhalsfraktur veröffentlicht Gocht, derselbe ferner
einen Oberschenkelbruch im Gebiet des Trochanter minor; derselbe scheint nicht unähnlich der
vom Verfasser in Fig. 1, Tafel XI gebrachten Verletzung zu sein; eine Collumfraktur (stereo-
skopisches Bild) findet sich unter den Photogrammen von Hildebrand, Scholtz und
Wieting.
Gocht (1903). „Kontusion der Hüfte, Schenkelhalsfraktur und Luxation sind die drei Dinge,
deren Nichterkennen so oft grossen Schaden angerichtet hat ... die Schenkelhalsfrakturen geben gute
Bilder. Manchmal ist die Bruchlinie und die Dislokation sehr deutlich. Bei eingekeilten Schenkelhals-
frakturen sehen wir die eingekeilte Stelle durch die Knochenmasse durchschimmern, d. h. wir haben an
dieser Stelle einen tiefen, ziemlich scharfen, der eingekeilten Knochenpartie entsprechenden Schatten; zu-
gleich sehen wir, wie der Hals auf diese Weise tiefer getreten ist, der Kopf und Trochanter major stehen
in einer Höhe, oder der erstere sogar tiefer, die Implantation des Schenkelhalses ist eine rechtwinklige
oder noch kleinere geworden. Wir haben damit das Bild der traumatischen Coxa vara-Stellung. Ausser-
ordentlich schwierig ist besonders bei recht geschwollenen Weichteilen und einem grossen Bluterguss die
Unterscheidung zwischen einer Kontusion oder einer eingekeilten Schenkelhalsfraktur, vor allem, wenn
nur eine minimale Verkürzung besteht. Hier ist die Röntgendiagnose äusserst am Platze“.
Hoffa (1903). „Seit der Einführung des Röntgenschen Verfahrens in die Chirurgie ist die
Zahl der hierher (zu den Schenkelhalsbrüchen der Kinder) gehörigen Fälle bedeutend gewachsen... Das
Röntgenbild lässt ausserdem erkennen, dass der Kopf in ganz ähnlicher Weise wie bei Coxa vara nach
hinten und unten abgewichen ist, so dass seine untere Hälfte die Pfanne verlassen hat und ganz dem
Trochanter minor anliegt. Das Hindemis der Abduktion liegt klar vor Augen, der untere Teil des Halses
stemmt sich gegen den Pfannenrand an.“
Bouchard (Maunoury) (1904). , Was den Schenkel anbetrifft, so hat die Radiographie die Be-
hauptung Royal-Whitmans über die relative Häufigkeit der Schenkelhalsbrüche jugendlicher Individuen
bestätigen helfen.“
Seltener als allen beschriebenen Femurfrakturen und doch häufiger, als vor der
Röntgenära auch nur geahnt, begegnet man den Pfannenbrüchen. Über die Pfannenfrakturen
mit Luxation des Femurkopfes siehe den nächsten Abschnitt. Brüche des Acetabulum: ohne
Durchbruch des Oberschenkelknochens sind wohl etwas häufiger. Dass sie ohne Zuhilfenahme
der X-Strahlen kaum einmal sicher erkannt werden, ist nur zu begreiflich. Ihre röntgeno-
graphische Diagnose hingegen ist leicht, sicher und bequem; wenn auch zugegeben werden
muss, dass die genaue Gestalt und Grösse der ausgebrochenen Fragmente sich nicht präzis an-
geben lässt, weil sich hier nicht Aufnahmen in zwei zueinander senkrechten Richtungen schaffen
lassen, so ist für die Therapie doch schon die Gewissheit, dass das Femur intakt ist und an
der Pfanne ein Fragment nach innen etc. gedrängt ist, ein schätzenswerter Gewinn. Man
erinnert sich kaum einer Knochenverletzung, die so vieldeutige, unbestimmte Symptome macht,
wie die Acetabulumfraktur. Auf Grund einer Reihe unbestimmter Symptome aber schon gleich
die Diagnose auf Pfannenläsion zu stellen, wäre doch ein etwas summarisches Verfahren. Des-
halb begrüssen wir in diesen zweifelgesättigten t állen der Diagnostik die Entdeckung unseres
grossen Physikers doppelt freudig.
Wieder ist es Gocht, der die Litteratur mit diesbezüglichen Erfahrungen bereichert
hat. Zwei der ihm zugeführten Patienten waren auf die Hüfte, resp. auf den Trochanter major
aufgeschlagen, und es waren einfache Kontusionen angenommen worden. Die radiographische
Exploration offenbarte bei dem einen Verletzten eine Absprengung am unteren hinteren Pfannen-
rand, bei dem anderen eine mehrfache Fraktur des ganzen Pfannengebietes, wobei die Frag-
mente nach dem kleinen Becken zu vorgetrieben waren.
Ich hatte Gelegenheit, einen Fall, wie den letzterwähnten, zu untersuchen. Diagnosti-
ziert war vor der Röntgenuntersuchung eine eingekeilte Schenkelhalsfraktur; jedoch wurde von
behandelnden Arzt ein Fragezeichen hinter diese seine Diagnose gesetzt. Die in ventraler und
dorsaler Lage angefertigten Radiogramme zeigten deutlich eine Fraktur des Pfannenbodens.
Das dorsale Röntgenbild finden Sie Fig. 3, Tafel XI. Es zeigt Frakturen des horizontalen
Schambeinastes und des Winkels des Os ischii, ferner eine Fraktur und Hervortreibung des
Frakturen. 105
Pfannenbodens ins kleine Becken. Das Femur war vollständig intakt. Bezüglich des Ent-
stehens der Fraktur, der Beschwerden etc. lese man die Krankengeschichte Tafel XI nach.
Derartige Fälle sind sonst wenig erwähnt, nur findet sich in der Literatur die Be-
merkung, dass Ludloff im Verein für wissenschaftliche Heilkunde zu Königsberg im Februar
1899 einen Fall von Fractura acetabuli coxae demonstriert hat mit dem Hinweis, dass ohne
Hilfe des Röntgenverfahrens eine richtige Diagnose nicht möglich gewesen wäre.
Blicken wir noch einmal auf die Frakturen des Femur und der Pfanne zurück, so
scheinen an diesen Skelettteilen mannigfachere Bruchformen zu existieren als an den anderen.
Das ist nicht als Zufall zu betrachten, sondern ergiebt sich aus Beschaffenheit und Funktion
der Teile selbst. Schade ist es, dass wir im Radiogramm nur die Knochenzertrümmerung, nicht
die Weichteilverletzung überblicken können. Ob grosse Muskelpartieen zerfetzt sind, ob ein
ausgedehnter Bluterguss vorhanden ist, ob Weichteilinterpositionen bestehen, darüber erfahren
wir aus dem Röntgenbild nichts.
Die Röntgenuntersuchung der Frakturen langer Röhrenknochen, die in den ersten
Jahren der neuen Methode im Vordergrunde des Interesses stand, zumal eine respektable Reihe
neuer Bruchformen den Lehrbüchern einverleibt werden konnte, hat vielleicht für manchen
Röntgenologen augenblicklich etwas an Reiz verloren; dennoch ist eine Fraktur im proximalen
Drittel des Femur noch immer eine Verletzung, deren klare Darstellung den Ehrgeiz eines
Röntgenuntersuchers anspornen kann. Es kommt, wie erwähnt, nicht nur darauf an, die Grenz-
linien der Fragmente zu sehen, sondern man muss auf der Platte auch Corticalis, Spongiosa
und Markhöhle unterscheiden können,
Hat man aber Tausende von Frakturen radiographisch projiziert, so dass nur noch selten
eine neue Bruchform mit unterläuft, dann bietet der Vorgang der Callusbildung reiches Material
zu weiteren lohnenden Studien (cf. Figg. 7 u. 8, Tafel XI). Es ist auffallend, wie wenig diesbezüg-
liche Data radiologisch erforscht worden sind. Wenn auch die alte Anschauung, dass das Callus-
gewebe aus dem Blutextravasate sich bilde, längst abgethan ist und es nicht erst der Röntgen-
strahlen bedurfte, um sicher zu stellen, dass dem Periost der Hauptanteil bei diesem Vorgang
zukommt, so herrscht andererseits noch keine Sicherheit darüber, ob das Mark überhaupt
ossifizieren kann, ob nicht das Periost ganz allein das Material zum Callus liefert. Muss nun
auch in dieser Frage das Mikroskop die Entscheidung fällen, so ist für die Auswahl des ge-
eigneten Materials und die Übersichtlichkeit desselben das Röntgenbild unentbehrlich. Man
wird, ehe man das Präparat für mikroskopische Stücke zerkleinert, unbedingt zuvor ein radio-
graphisches Strukturbild anfertigen; man wird bei Tierexperimenten den geeignetsten Zeitpunkt,
an welchem ein das Calluspräparat lieferndes Tier zu töten ist, mit Hilfe der Róntgenexplora-
tion bestimmen. Über die Rolle, die der Knorpel bei der Entstehung des Callus spielt, werden
die X-Strahlen kaum, selbst nicht mittelbar, zur Aufklärung beitragen können; wohl aber
wird man sie brauchen bei der Frage der Ossifikationsmóglichkeit des parostalen und inter-
muskulären Bindegewebes, wenn auch hier das Mikroskop die letzte Instanz bilden wird. Wer
die betr. Litteratur der letzten Jahre verfolgt hat, weiss, dass sich hier alles um den einen
Punkt dreht: kann intermuskuläres Bindegewebe fern vom Knochen ohne Beziehung zu dessen
Periost verknöchern. Da diese Möglichkeit immer mehr zur Wahrscheinlichkeit wird, so hat
man schliesslich einen eventuellen, durch Geburtsläsionen bedingten Transport von Periost-
keimen ins angrenzende Gewebe angenommen.
Über ein Moment giebt das Radiogramm immer gewissenhaften Aufschluss: über den
Grad der knóchernen Callusbildung. Die experimentelle Pathologie hat bisher entschieden, dass
die Machtigkeit des Callus nicht von einem unmittelbar trophischen oder vasomotorischen Einfluss
abhängt, sondern von der Stärke der Dislokation der Fragmente. — Rätselhaft ist der Grund
für das Auftreten resp. Wegbleiben von akuter Atrophie des frakturierten und der nächst-
liegenden Knochen (s. Kapitel „Akute Atrophie*). Das überaus häufige Vorkommen derselben
ist erst durch die Röntgenstrahlen erwiesen worden, nun gilt es, die Ursache des Vorganges
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 14
106 Pathologische Anatomie.
mit demselben Hilfsmittel zu erforschen. Der Callus bleibt bei akuter Atrophie abnorm lange
aus (s. Fig. 9, Tafel XI) und scheint erst mit Behebung derselben sich einzustellen.
Haben wir einen Callus einmal dargestellt, so empfiehlt sich eine Kontrolle von etwa
zehn zu zehn Wochen; man achte auf die Reduktion seiner Masse, auf die Veründerungen in
der Dichte, auf die Struktur und die sich nach und nach der neuen Belastung und Funktion
anpassende Architektur.
Stösst man einmal auf eine merkwürdige Zeichnung des Röntgenbildes an der Callus-
partie, so ziehe man in Erwägung, ob etwa ein Fall von Tumorbildung an der Bruchstelle
vorliegt, wie ja solche Fälle zuweilen, wenn auch sehr selten, beobachtet worden sind.
Diese Erörterungen gelten für die Bruchheilung der grösseren Röhrenknochen über-
haupt. Am besten wird man seine Studien und Forschungen am Femur und zwar an Frak-
turen im Bereich seiner distalen Hälfte anstellen und zwar aus folgenden Gründen: Das Femur
wird von keinem anderen Knochen begleitet, seine Frakturen werden also nicht durch den
Bruch eines Parallelknochens kompliziert; dabei ist das Femur dem Humerus deswegen vorzu-
ziehen, weil ersteres den dynamischen Momenten des Zuges und Druckes ausgiebiger ausgesetzt
ist als der Oberarmknochen.
Anmerkung bei der Korrektur: Soeben erschien eine wichtige Arbeit, die leider hier nicht
mehr referiert werden kann, in den ,Fortschritten^ Bd. VIII, Heft 4: Siebs: Beitrag zur Lehre der
Schenkelhalsbrüche jugendlicher und kindlicher Personen und ihrer Beziehungen zur Coxa vara.
Luxationen.
Wenn man von den Fállen angeborener Hüftluxation absieht, so sind die róntgeno-
graphischen Erfahrungen frisch erworbener Luxationen kaum einmal eingehend bisher besprochen
worden. So verfügt denn auch Verfasser über nur wenige Radiogramme recenter Luxatio coxae,
auch erinnert er sich nicht, in der Literatur deren viele erwühnt gefunden zu haben. Der
Grund liegt auf der Hand. Die klinischen Symptome der einzelnen Formen der Hüftverrenkungen
sind ebenso jedem Arzte gelüufig, wie sie meist typisch ausgeprügt sind. Die Róntgenoskopie
lüsst an der Hüfte zu wünschen übrig; bis jedoch eine Aufnahme gemacht und die Platte ent-
wickelt ist, kann der Bruch schon längst eingerichtet sein. Es wird deshalb fast immer von
einer Röntgenaufnahme abgesehen. Mit Recht vielleicht. Doch empfiehlt es sich, nach der
Reposition die Gelenkpartie mit X-Strahlen zu kontrolieren, um eventuell abgerissene und
hinderlich zu werden drohende Knochenstückchen nachzuweisen. Nur wenige vollständige
Luxationen gehen ohne Mitnahme kleiner Knochenpartikelchen vor sich. Das war allgemein
anerkannte Tatsache schon längst vor der Röntgenära. Jetzt sehen wir das Vorkommen dieser
Läsionen erstens vollauf bestätigt, zweitens konstatieren wir, dass sie vorhanden sein können,
ohne irgendwie hinderlich zu sein, drittens — und das ist das Neue — finden wir, dass fast
nach jeder Luxation Muskelansätze und abgerissene Periostfetzen ossifizieren. Der Prozess an
sich ist kein pathologisches Novum, aber die ungemeine Häufigkeit, mit welcher es geschieht,
ist neu und überraschend. (Besonders reichlich damit bedacht ist übrigens die Beugeseite des
Ellenbogens.) |
Diese Ossifikationen des Periosts und des Muskelbindegewebes manifestieren sich frühestens
von der achten Woche nach der Verletzung an im Rúntgenbild. Deshalb muss man, wenn
'/, Jahr nach eingerichteter Luxation noch lästige Beschwerden vorhanden sind, an diese Ver-
knöcherungsprozesse denken und eine abermalige Aufnahme machen. Sollten sich jedoch
einmal schon bei der Einrichtung mechanische Hindernisse in den Weg stellen, dann wird eine
sofortige Röntgenaufnahme ein abgesprungenes Knochenfragmentchen nicht übersehen.
Öfterer indessen wird der Röntgenolog sich mit veralteten Hüftgelenksluxationen
befassen müssen, wenn auch das „öfterer“ relativ zu nehmen ist. Von meinen Erfahrungen
wähle ich drei Fälle aus, die verschiedene Art zeigen.
Luxationen. 107
In Textfigur 34A finden Sie die Pause des Radiogramms einer monatealten Luxatio
iliaca, entstanden durch Sturz vom Fahrrad; die Luxation war eine ganz typische und doch
war wegen Beleibtheit des Patienten die sonstige Untersuchung nicht derart durchzuführen, dass
man jede andere Verletzung hätte ausschliessen können. Das Röntgenbild gab guten Aufschluss,
es zeigte — und darauf kam es uns ja an — dass die Luxation nicht auch noch mit einer Fraktur
kompliziert war. Naturgemäss lässt sich aus dem Radiogramm nicht ohne weiteres ersehen,
ob der Kopf vorn oder hinten zu denken ist, doch darüber giebt uns die Rotationsstellung des
Beines ja immer schnell und sicher Bescheid. Obgleich ebenfalls Luxatio iliaca, liegen die
Verhältnisse bei C, Fig. 34 doch wesentlich anders. Hier handelt es sich um einen sehr ver- f
C D
Fig. 34.
A C D Luxationes iliacae. B Luxatio obturatoria (nach Eiselsberg-Ludloff).
alteten Fall; das Leiden besteht seit vielen Jahren. Es sollen nach dem Unfall eine ganze Anzahl
Versuche gemacht worden sein, die Verrenkung wieder einzurichten, doch ohne allen Erfolg.
Auf dem Radiogramm aber sehen wir die Spuren der missglückten Repositionsversuche in Gestalt
von bindegewebigen Ossifikationen am. und in der Umgebung des Gelenks (s. Fig. 10, Tafel IX).
Was die Femurkopfpartie anbetrifft, so versagt hier das Radiogramm etwas, erstens durch
das Übereinanderfallen der Schatten desselben und der Beckenknochen und durch die das Bild
komplizierende starke Beckenneigung. Soviel lässt sich indessen aus den Originalnegativen sagen,
dass von einer annähernd normalen Gestalt des Schenkelkopfes und Halses nicht mehr die
Rede sein kann. Jedenfalls ist eine Verjüngung der dem Hals entsprechenden Partie nicht zu
erkennen, sondern das ganze Femurende scheint mehr kolbig verunstaltet. Es ist möglich, dass
14*
108 Pathologische Anatomie.
damals am Kopf resp. Hals eine Fraktur neben der Luxation stattgefunden hat, welche die
misslungene Reposition und die jetzige Form der radiographischen Silhouette der verletzten
Partie erkláren kónnte. — Bei B, Fig. 34 wird die Skizze des Röntgenbildes einer frischen
Luxatio obturatoria gezeigt, wie dieselbe Eiselsberg und Ludloff in ihrem Atlas reproduziert
haben. Patient war beim Holzfüllen von einem umstürzenden Baume am rechten Fuss gequetscht
worden. Hochgradige Beugungsstelung, Aussenrotation und Abduktion. Verkürzung des ver-
letzten Oberschenkels um 5 cm. Vor dem Foramen obturatum war ein dem Kopfe entsprechender
harter Körper nachweisbar gewesen. Das Röntgenbild bedarf keiner weiteren Erläuterung, als
dass die Auswärtsrotation aus dem starken Hervorspringen des kleinen Trochanters geschlossen
werden muss.
Hübener demonstrierte in der Schles. Gesellsch. für vaterländische Kultur in Breslau,
Mai 1897, eine Luxation des Hüftgelenks im Anschluss an Typhus, die durch Skiagramm nach-
gewiesen war.
Das Röntgenbild einer veralteten Luxatio femoris infraglenoidalis bringt Lauenstein
in Bd. III der „Fortschritte“. Man sieht, wie der Femurkopf unmittelbar unterhalb der leeren
Pfanne dem absteigenden Sitzbeinast aufliegt und ein wenig ins Foramen obturatorium hinein-
ragt; ausserdem am oberen Rande der leeren Pfanne femurwärts und ebenfalls an der Unterseite
des Femur „schattige, wolkenartige Gebilde“, jedenfalls Verknöcherungen im Bereiche der Kapsel.
Einen weiteren Fall von Luxatio infraglenoidalis hat in letzter Zeit Niederle mit
X-Strahlen untersucht und publiziert. Es bestand Abduktion im rechten Winkel, Flexion und
Aussenrotation; die Verrenkung war durch Sturz aus 3m Höhe entstanden bei einem 11 jährigen
Knaben. Nach Niederle sind mit seinem Falle inklusive erst 20 Fälle dieser seltenen Ver-
letzung überhaupt beschrieben. — Schoemaker reponierte unblutig eine veraltete Hüftgelenks-
verrenkung mit Erfolg, bei welcher das Röntgenbild vorher eine gute Ausbildung des oberen
Femurendes sowie der Pfanne offenbart hatte.
Andere Arten der Luxation am äusseren Hüftgürtel (L. ischiadica, L. pubica, L. ileopectinea,
L. perinealis, L. supracotyloidea) konnte Verfasser in der Röntgenliteratur nicht auffinden, da-
gegen sind mehrere Fälle von sogenannter zentraler Luxation des Schenkelkopfes be-
schrieben mit Beibringung von Röntgenphotogrammen. Auch diese Verletzung ist sehr selten,
die ganze dieselbe betreffende Literatur erstreckt sich bisher auf etwa 17 Fälle. Vier Fälle
davon, die sämtlich radiographisch kontroliert wurden, konnte Wilms aufweisen. Die Bearbeitung
nebst Röntgenbefunden kann in der Deutschen Zeitschr. für Chir., Bd. 71, eingesehen werden.
Wilms teilt die zentralen Luxationen des Caput femoris ein in solche von reiner Perforation
des Kopfes durch die Pfanne ohne weitere Läsion des Beckens und in solche, bei denen gewisse
Formen des Beckenbruches das Bild komplizieren; zwei seiner Fälle zeigten am Röntgenbild
die erstere Art, bei den beiden anderen komplizierte sich das Bild der Luxation mit einem
Stückbruch des Beckenringes, der zufällig in beiden Fällen ein gleichartiger war. Die Ursache
war in den vier Fällen Sturz aus grosser Höhe, wobei die Patienten auf das abduzierte Bein
oder direkt auf die verletzte Hüfte aufgeschlagen waren. Im ersten Falle zeigt das Radiogramm,
dass die Pfanne vom Kopf perforiert war, dessen Gelenkfläche zu einem beträchtlichen Teile
in das Becken hineinragt. Der obere innere Rand des Trochanter major steht fast am Pfannen-
rand. Im zweiten Fall ist der Schenkelkopf noch weiter durch die Pfanne hindurchgetreten;
um den Kopf haben sich Callusmassen gebildet. Im dritten Bild sehen wir, dass der Schenkel-
kopf nicht durch das Acetabulum durchgetreten ist, sondern dass die Pfanne in Verbindung mit
dem linken Schambein und Sitzbein nach dem Innern des Beckens hineingetrieben worden ist.
Es besteht eine weite Diastase der Symphyse. Das vierte Bild ist dem dritten recht ähnlich.
Unser Fall, Fig. 3, Tafel XI, der ebensogut in diesem Kapitel hätte abgehandelt werden können
(s. S. 104 unten), ähnelt Fall 3 und 4 von Wilms insofern, als die Pfanne nicht vom Kopf perforiert
wurde, sondern mit einem Teil die Os pubis und Os ischii nach innen disloziert war, ist aber in-
sofern verschieden von den beschriebenen Fällen, als bei meinem Fall die Begrenzung der Becken-
Augeborene Hüftverrenkung. 109
fraktur nicht in der Symphyse liegt, sondern im horizontalen Schambein- und absteigenden Sitz-
beinast. — Weitere Fälle bringt Arregger in demselben Band der Deutsch. Zeitschrift für Chir.
Den ganz seltenen Befund einer Luxatio intrapelvica durch das Foramen ovale hindurch
hat Werner im 41. Bd. der Beiträge zur klinischen Chirurgie gebracht.
Es erübrigt noch auf die Spontanluxationen einzugehen, wobei zugleich die spon-
tanen Epiphysenlösungen der oft gemeinsamen Ursache wegen ins Bereich der Erörterungen
gezogen werden sollen. Spontanluxationen des Hüftgelenks treten bekanntlich häufig nach
Scharlach und Typhus ein, kommen aber auch nach Gonorrhoe, Influenza und Rheumatismus
vor. Am regelmässigsten sieht man sie nach schwerer Osteomyelitis der Femurepiphyse auf-
treten. Die Luxation scheint meist eine solche nach oben zu sein. Dass man die Art und den
Grad der Luxation am besten mit Röntgenstrahlen beurteilen kann, braucht nicht erst begründet
zu werden. Ein schönes Radiogramm einer pathologischen Luxation nach Scharlach finden wir
bei Hoffa (Handb. der prakt. Chirurgie, IV. Band, S. 518). Einen Fall von einem Erwachsenen
bringt Verfasser in Textillustration 34D. Die Luxation liegt sehr weit zurück und war im
Anschluss an Osteomyelitis des Schenkelhalses entstanden. Eine selten vorkommende Form hat
der Schenkelkopf im Laufe der Jahre angenommen. Auch in Fig. 20, Tafel II sehen wir eine
Distensionsluxation bei osteomyelitischer Coxitis sich ausbilden.
Dem gleichen Anlass, wie die Spontanluxation, entspringen im allgemeinen auch die
spontanen Epiphysenlósungen. Hier kónnen wir des Róntgenverfahrens noch viel weniger
entraten, als bei den Luxationen; das neue Hilfsmittel hat denn auch bisher gezeigt, dass diese
Lósungen zu einem hohen Prozentsatz hüufiger sich ausbilden als früher angenommen wurde.
Die sich ablósende Kopfepiphyse ist oft so atrophisch, dass sie nur auf technisch vollendeten
Skiagrammen deutlich hervortritt. Das Femur findet man meist nach oben geglitten. Bei
osteomyelitischen Pyarthros lässt sich sehr bald eine Epiphysenlösung konstatieren, bei kleinsten
Kindern wird dabei die Epiphyse oft vollkommen aufgezehrt. Nach Incision und Heilung pflegt
später, wenn die Kinder auftreten, ein Schlottergelenk zu entstehen, welches Luxatio coxae congenita
vortäuschen kann; die Röntgenexploration zeigt aber, dass der Kopf und oft auch ein Stück des
Halses verschwunden sind. In ähnlicher Weise wie die Kopfepiphysen kann man. auch die
Trochanteren gelockert oder gelöst finden.
Ein besonders interessantes Kapitel ist aber seit ein paar Jahren die Ätiologie gewisser
Schenkelkopfepiphysenlösungen grösserer Kinder und im Pubertätsalter stehender Patienten ge-
worden; ich meine die häufigen, oft doppelseitigen, bald nacheinander sich einstellenden Femur-
kopflösungen, für deren Entstehung ausser minimalsten Traumen keine triftige Erklärung
bisher gegeben werden kann (s. Fig. 8, Tafel X). Dieselben stellen auch jedenfalls ein grosses
Kontingent der Fälle von Coxa vara. Da Verfasser in letzterem Kapitel diesen Punkt bereits
berührt hat, sei er hier mit Hinweis darauf abgethan. |
Angeborene Hüftverrenkung.
Nüchst der tuberkulósen Entzündung die am häufigsten vorkommende Affektion des
Hüftgelenks, ist die Luxatio coxae congenita kaum ein halbes Jahr nach Bekanntwerden der
epochemachenden Entdeckung bereits in das Bereich der X-Strahlenuntersuchung gezogen worden
und ihre Behandlung ohne skiagraphische Kontrole würe heutzutage ganz undenkbar. Was
aber die Publikationen anbetrifft, die seit der Róntgenüra über dieses Leiden erschienen sind,
so übersteigt die Zahl derselben lüngst die Menge der Arbeiten über Coxitis. So ist denn auch
bereits in Band II dieses Archivs ,Die angeborene Luxation des Hüftgelenkes* (Schede) und
Band VIII „Die angeborenen Verbildungen der unteren Extremitäten“ (Joachimsthal) das
Thema der angeborenen Hüftverrenkung von bester Feder geschildert und gewürdigt worden. Es
mögen deshalb hier nur der Vollständigkeit dieses Buches halber die Hauptpunkte einer kurzen
Erwähnung unterzogen werden.
110 Pathologische Anatomie.
Das Collum femoris der luxierten Seite scheint, den Röntgenbildern nach zu urteilen,
immer erheblich verkürzt zu sein, manchmal ganz zu fehlen. Thatsächlich ist ja auch an
anatomischen Präparaten ausser Verkleinerung des Kopfes eine solche des Halses gefunden
worden; trotzdem führt das Radiogranım auf den ersten Anblick irre. Was man als Verkürzung
resp. Fehlen des Collum ansieht, ist lediglich die durch Sagittalstellung. desselben bedingte
Projektion, die auch bei einem normal ja übernormal langen Halse eine Verkürzung vortáuschen
kann, wenn das Collum bei der Aufnahme in Sagittalstellung sich befand (vgl. hierzu die Aus-
führungen Seite 27/28). Diese Sagittalstellung (Anteversion) des Femurhalses bei angeborener
Hüftverrenkung hat Schede übrigens besonders betont.
Vor allen Dingen lässt sich aber die Diagnose, ob überhaupt Luxatio coxae congenita
vorliegt oder etwa nur eine Schenkelhalsverbiegung, in manchen Fällen nur durch das Röntgen-
verfahren sicher stellen. Es steht zu hoffen, dass jetzt auch Aufschlüsse darüber gefunden
werden können, welche von den bisher aufgestellten Theorien über die Entstehungsursache des
betr. Leidens der Wahrheit am nächsten kommt. So ist die Hypothese Dollingers, der als
Grund der rudimentären Pfannenentwicklung eine frühzeitige Verknöcherung des Y-Knorpels
annahm, von Zenker durch Röntgenbilder widerlegt worden. Wolff verspricht sich von den
X-Strahlen Aufklärung darüber, ob die Pacische Transposition des luxierten Kopfes sich
wesentlich von der Lorenzschen Reposition unterscheidet oder nicht; er erwartet ferner, dass
das Röntgenverfahren eine bessere Orientierung über die sich der Reposition entgegenstellenden
Widerstände gestattet, ebenso über die Ursachen mancher Reluxation. Der grösste Gewinn aber,
den uns das neue Diagnostikum gereicht hat, ist die Möglichkeit, uns nicht nur von der ge-
lungenen Einrichtung zu überzeugen, sondern weiter die spätere definitive anatomische Gestaltung
der Knochenverhältnisse zu verfolgen. Selbst nach idealer Reposition wird übrigens das Röntgen-
bild den Kopf niemals so tief im Gelenk zeigen, wie im normalen Gelenk der anderen Seite,
was sich daraus erklärt, dass der Pfannenvertiefung der kranken Seite ein sehr breiter Knorpel-
überzug aufgelagert sein kann, der nicht direkt dargestellt, sondern aus dem Radiogramm nur
geschlossen werden muss, wenn sich zwischen Acetabulum und Caput eine weite helle Zwischen-
zone zeigt.
Ludloffs umfangreiche Röntgenuntersuchungen führten ihn zu folgenden Resultaten:
A) in Bezug auf die Pfanne der kongenital luxierten Seite:
1. Die Pfannenweite ist geringer, besonders die Weite der oberen Hälfte.
- 2. Die Pfannentiefe ist geringer, besonders in der oberen Hälfte.
3. Der Pfannenboden ist dicker, besonders in der oberen Hälfte.
4. Die gratförmige Hervorragung des vorderen Pfannenrandes ist geringer ent-
wickelt.
B) in Bezug auf die Pfanne der nicht luxierten Seite:
1. Die Pfannenweite ist in einigen Fällen vergrössert, besonders in der oberen
Hälfte.
2. Der Pfannenboden ist dicker als gewöhnlich.
Die Untersuchung der Femora ergab:
1. Der Kopf erscheint bei allen luxierten Oberschenkeln kleiner.
2. Der Kopf erscheint zuweilen höher.
3. Der Kopf erscheint zuweilen auf der Epiphysenfuge mehr nach dem Trochanter
major verschoben.
4. Der Trochanter minor ist in den meisten Fällen in grösserer Ausdehnung
sichtbar.
5. Der Winkel zwischen Schenkelhals und Schaft erscheint bei allen luxierten
Oberschenkeln grösser (infolge Sagittalstellung).
Untersuchung der Weichteile. 111
6. Die luxierten Oberschenkel erscheinen in allen Füllen ohne Ausnahme schmich-
tiger und dünner.
Bezüglich der Entstehung des Leidens hat Ludloff an 25 fótalen Leichen, deren jüngste
aus dem vierten Graviditätsmonate stammte, Studien angestellt. Er sieht den Grund für dieselbe
in einem Missverhültnis zwischen embryonalem Kopf und Pfanne, das dem fótalen Becken eine
auffallende Disposition zur Oberschenkelluxation giebt, indem der Oberschenkelkopf bei Flexions-
und Adduktionsstellung sehr leicht aus der Pfanne heraustreten kann. |
Man hat früher angenommen, dass das Caput femoris den Pfannenrand in der Richtung
nach hinten oben verlässt, um sich vor der Incisura ischiadica major dem Os ileum aufzulagern.
Hoffa vertritt auf Grund seiner Röntgenaufnahmen die Ansicht (die auch schon Kölliker
1895!) verfochten hatte), dass die Luxatio femoris congenita primär eine Luxation nach vorn
oben ist, analog der traumatischen Luxatio supracotyloidea. Erst sekundär gehe diese Stellung
in die einer Luxatio iliaca über. So gäbe es in gewisser Beziehung Typen für Kinder gleichen
Lebensalters. So zeigten die Radiogramme von etwa 1'/,jährigen Kindern gewöhnlich einen
nach oben und mehr nach aussen gestellten Schenkelkopf (etwa wie in Fig. 8, Tafel VIII). Bei
doppelseitigen Luxationen finde man selten beide Kópfe in gleicher Hóhe und gleicher Rotations-
stellung (auch unsere Figuren zeigen diese Verschiedenheit). Unter dem Einfluss der Belastung
durch das Körpergewicht und der Wirkung der Muskeln rücke der Kopf immer höher hinauf.
Als letzten Typus führt Hoffa schliesslich die richtige Luxatio iliaca an, bei welcher der Kopf
hinter das Darmbein tritt. Wenn trotzdem keine besondere Innenrotation des Beines bestehe
(wie es bei traumatischer Luxatia iliaca sein müsste), so sei dies nur dadurch möglich, dass der
Schenkelkopf sich im Laufe der Zeit vollständig abgeplattet hat. So erkläre es sich auch, dass
bei doppelseitiger Luxation solcher Art die beiden Beine vollständig parallel zu stehen vermögen.
Alle diese Verhältnisse: Position des Capita femoris hinter dem Darmbein, Abplattung des-
selben, Stand in verschiedener Höhe und verschiedener Rotation LL unsere Abbildung
Fig. 6, Tafel X.
Rosenfeld (1897): ,,Die vorzüglichen Beckenphotographien, wie sie zuerst Prof. Bucka Urt
hat, geben die Gelegenheit, die Frage nach dem Erfolge der verschiedenen Behandlungsmethoden der
Luxatio coxae congenita über jeden Zweifel zu sichern. Die Photographie wird jederzeit die Beobachtung
gestatten, ob der reponierte Schenkelkopf wirklich in der Pfanne darin sitzt.“
Beck (1902): „Bei der Behandlung der kongenitalen Hüftgelenksverrenkung giebt das Röntgen-
bild wertvolle Winke bezüglich des Heilplanes... Das Röntgenbild zeigt auch an, ob die Reposition
wirklich erfolgt war. Es ist nicht zu leugnen, dass man nach gelungener Reduktion den Femur zwischen
der Spina und der Symphyse durchfühlen kann und dass man ferner das charakteristische Einschnapp-
geräusch vernimmt, welches beim Überspringen des Kopfes über den Pfannenrand entsteht; ganz zu-
verlässig sind aber diese Anzeichen nicht immer. Denn einmal ist das Geräusch zuweilen doch
nicht deutlich vernehmbar und dann wird unser Urteil doch infolge der dicken Muskellager, welche
zwischen den genannten Knochenprominenzen sich ausbreiten, getrübt, so dass wir erst dann das Ge-
fühl der Sicherheit empfinden, wenn das Röntgenbild unsere Annahme bestätigt.“
Untersuchung der Weichteile.
"In der Einleitung wurde angegeben, dass die Röntgenuntersuchung der Weichteile von
Hüfte und Oberschenkel im allgemeinen gegen die der Knochen zurücktritt und nur in ganz
wenigen Fällen diagnostisch wertvolle Aufschlüsse giebt. In ganz kurzen Ausführungen nur
sollen hier noch die radiographischen Verhältnisse des Weichteilskiagramms besprochen werden.
Will man vom Vorderarm eine gute Weichteildifferenzierung erhalten, nimmt man zur
Aufnahme eine so weiche Röhre, dass die Knochen kaum eine Andeutung von Struktur er-
halten. Eine Weichteilaufnahme der Hüftgegend und des Oberschenkels hingegen verlangt
eine Bones welche von dem Radius und der Ulna ein vollkommenes Knochenstrukturbild
) Centralblatt für Chirurgie, 1895, Nr. 45.
112 Pathologische Anatomie.
liefern würde, aber das Femur detaillos lässt. Dabei ist zuzugeben, dass auch mit härterer
Röhre aufgenommene Negative zuweilen eine klare Weichteilzeichnung aufweisen, sofern Patient
absolut ruhig lag und die Platte mit bester Technik entwickelt wurde. Röntgenographische
Studien des Muskel- und Sehnenverlaufs können nur an Negativen getrieben werden. Die
kleinen auf der Platte noch gut sichtbaren Unterschiede der einzelnen Weichteilgebilde gehen
auf dem groben Umwege des Kopierens fast vollständig verloren. Der Oberschenkel zeigt eine
reichhaltigere Zeichnung als die Hüftgelenksgegend. Bei letzterer sind, wie eingangs dieses
Buches erwähnt, nur Projektionen bei sagittalem Strahlengang anzuwenden, beim Oberschenkel
in allen Richtungen möglich. Die besten Weichteilradiogramme kommen bei seitlichen
(medialen und lateralen) Aufnahmen zustande; bei Oberschenkeln mit stark nach aussen ge-
krümmten Femora, wie bei Rachitis, kommen auch auf Dorsalbildern die einzelnen Muskeln
und Sehnen zur Differenzierung. Beträchtliche dazwischenliegende Fettanhäufungen verdeutlichen
wegen der grossen Transparenz des Fettes die Zeichnung.
‘Normale Arterien oder Venen der Extremitäten bleiben im Röntgenbilde immer verborgen.
Die Haut mit dem Unterhautzellgewebe ergiebt eine homogene, relativ transparente
Zone, die sich beim Oberschenkel ventral und lateral scharf, medial und dorsal weniger gegen
die Muskelpartien abgrenzt. Von den Fascien ist am unzweideutigsten die laterale Partie der
Fascia lata von der Spina anterior superior bis über den grossen Trochanter herab zu ver-
folgen und zwar bei Erwachsenen besser als bei jugendlichen Personen. Man kann dann zu-
weilen die ganze Struktur der Fascie überblicken; ihre Derbheit setzt jedenfalls den Röntgen-
strahlen einen relativ beträchtlichen Widerstand entgegen, der bei Contracturen im Hüftgelenk
noch auffallender wird. Von den grösseren Muskelbäuchen und Sehnen kann man nach dem Knie
zu fast alle verfolgen, wenn auch die Bestimmung einzelner Schatten, die sich teilweise fast
ganz decken, teilweise überkreuzen, in jedem Falle keine leichte ist. Auf Dorsalbildern ragt
zuweilen der äussere Kontur des M. vastus lateralis und des M. vastus medialis deutlich her-
vor. Der Muskelbauch des M. rectus femoris ist bei sagittalem Strahlengang verborgen, bei
frontalem tritt er von proximal nach distal prüziser in Erscheinung; am markantesten von
allen normalen Weichteilen zeigen sich seine Sehnen oberhalb der Patella. Den M. sortorius
konnte ich niemals sicher erkennen. Von den Muskeln der Dorsalhälfte fallen auf Sagittal-
bildern die an der Tibia ansetzenden Muskeln bezw. Sehnen übereinander, dagegen sind sie auf
lateralen und medialen Skiagrammen oft gut voneinander zu trennen. Auf seitlichen Auf-
nahmen fehlt nie direkt hinter dem Femur, ca. 1 bis 2 cm oberhalb der Condylen, sich bis
in die Mitte des Oberschenkels erstreckend, eine sehr durchlässige Stelle in Gestalt eines hohen
gleichschenkeligen Dreiecks, dessen Basis von der Ursprungspartie des M. gastrocnemius (dessen
beide capita sich in frontaler Projektion decken), dessen vorderer Schenkel. von dem Schatten-
conglomerat der Ansätze der Mm. vastus lateralis, biceps femoris (caput breve), adductor magnus,
dessen hinterer Schenkel von den Oberschenkelstreckern resp. Unterschenkelbeugern gebildet
wird. Diese transparentere Partie entspricht der fettangefüllten Furche hinter dem Planum
popliteum femoris, in welcher Gefässe und Nerven verlaufen, die natürlich sich nicht differen-
zieren. Auf Bildern mit krankhaft verkrümmten Oberschenkeln sieht man zuweilen in ganz
wunderbarer Weise, wie die Mm. sartorius, gracilis, semitendinosus und semimembranosus sich
mit den Adduktorensehnen kreuzen. — Zwischen Trochanter minor und Ramus superior ossis
ischii fallen ófters mehr oder weniger scharf umschriebene durchlüssigere Stellen auf. Man
darf sie wohl auf Schleimbeutel zurückführen (Bursa ischiadica m. glutaei maximi? Bursa m.
bicipitis femoris superior?). Diese Schattenverminderung ist selbst bei erwachsenen kräftigen
Männern zuweilen stark ausgeprägt. Oft glückt es auch, die Mm. adductor minimus und
quadratus femoris in ihrem Verlaufe übersehen zu kónnen.
Auf seitlichen Röntgenbildern prägt sich ferner zwischen den Condylenschatten und
dem Ligamentum patellae unterhalb der Patella eine entfernt trapezähnliche transparente Partie
aus, es ist die Schattenaussparung der Plica alaris.
Untersuchung der Weichteile. - 418
Alle die bisher aufgezühlten Momente fallen bei Róntgenuntersuchungen kaum einmal
ins Gewicht. Zwei Affektionen aber der Weichteile existieren, für deren Erkennung die
Hóntgenstrahlen das unentbehrliche und beste Hilfsmittel geworden sind: die Verkalkungen der
Gefässwände und die Verknöcherungen von Muskeln und Sehnen.
Arteriosklerotische Gefässe, die nicht verkalkt sind, lassen sich wohl kaum radio-
graphisch aufdecken, um so gediegener aber Verkalkungen derselben. Kaum vier Monate nach
Röntgens Entdeckung demonstrierte Hoppe-Seiler bereits die ersten derartigen Skiagramme.
Es gehört jetzt keine besonders gelungene Technik mehr dazu, die Kalkeinlagerungen an der
A. Tibialis postica, wo sie am häufigsten und intensivsten zu sein scheinen, sicher nachzu-
weisen; schwieriger ist es schon gegen das Hüftgelenk zu. Die Verhältnisse liegen am Ober-
schenkel wohl so, dass, wenn überhaupt
Kalkschollen in der Arterienwand vor-
handen sind, diese um so früher nach-
gewiesen werden ‘können, je technisch
vollkommener das Negativ ausgefallen ist.
Der Röntgenolog wird oft bei
Fällen von Intermittierendem Hinken
zu Rate gezogen. Den Befund, den in
solchen Fällen Verfasser erheben konnte,
war sehr verschieden. Entweder es war
weder am Unterschenkel noch am Ober-
schenkel die geringste Andeutung einer
Arterienverkalkung vorhanden; dies
waren jedenfalls Fälle einfacher Arterio-
sklerose, oder es waren Verkalkungen
nur an den Unterschenkel- und Fuss-
gefässen vorhanden; dieselben waren
dann direkt über dem Calcaneus und
Talus am hochgradigsten ausgeprägt;
oder es waren die grossen Arterien der
ganzen Extremität, wenn auch an ver-
schiedenen Stellen mit verschiedener
Intensität, von der Verkalkung ergriffen.
Mit der Heftigkeit der klinischen Er- HEE a
scheinungen gingen diese Stufen nicht
Fig. 35.
analog. Dies entspricht auch der Arterienverkalkung und Ossifikationen am Ansatz der
jetzigen Anschauung der pathologischen Quadricepssehne an der Patella.
Anatomen, dass die Verkalkung der
Arterien nicht ein Gradmesser für den Status der Arteriosklerose ist.
Ferner möchte ich noch die Fälle erwähnen, wo unbestimmte Beschwerden verschiedener
Art, Schmerzen in der Wade, über der Talusgegend oder in der Sohle vorhanden waren und
wo das Röntgenbild verkalkte Gefässe nachwies, die allerdings auch mit Bindegewebsossifika-
tionen vergesellschaftet waren. So bringe ich hier, Textfigur 35, den Róntgenbefund von
Ober- und Unterschenkel einer Frau, die nur über zeitweise geringe aber „merkwürdige“
stechende Empfindungen oberhalb der Kniescheibe klagte. Die X-Strahlenuntersuchung ergab
nebenstehenden Befund: Mehrere erbsengrosse Ossifikationen der Quadricepssehne wenige Milli-
meter über der Patella und hochgradige Verkalkung der Hauptarterien.
Wenn Williams in seinem Lehrbuch, 3. Aufl., Seite 386, behauptet, „normale Blut-
gefässe können nicht so leicht erkannt werden, als wenn sie verkalkt sind, aber es ist sehr
wohl möglich, bei Individuen, jungen und alten, normale Arterien mit X-Strahlen
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 15
114 Pathologische Anatomie.
nachzuweisen, z. B. die A. dorsalis pedis, die A. poplitea...“, so muss ich bekennen,
dass ich das einfach nicht verstehen kann, zumal wenn man die recht mittelmässige Technik
seiner Radiogramme berücksichtigt.
Auf unserem Bild fällt hier vor allen Dingen auf, dass nur die Hauptarterie Kalkeinlage-
rungen führt, die Verzweigungen derselben absolut nicht, wie die Originalplatte beweist; das
ist recht sonderbar, kommt aber meist in dieser Art vor. Einmal hat Verfasser auch bei
Symptomen von Dysbasia intermittens eine Verkalkung der ganzen arteriellen Gefässe und
ihrer Verzweigungen gesehen, jedoch war der Grad der Verkalkung ein geringer.
Was die Venen des Oberschenkels anbetrifft, so bleiben sie in: normalen und den
meisten entzündlichen Zuständen den Röntgenstrahlen vollständig unzugänglich. Nur wenn
von schrumpfenden Venenthromben ein Teil verkalkt, sich Phlebolithen bilden, dann treten
solche Venenpartien auch im Radiogramm in die Erscheinung. Verfasser hat in fünfjähriger
Praxis nur einmal Gelegenheit gehabt, als Zufallsbefund bei einer Fraktur am Oberschenkel
Venenverkalkung aufzudecken. Ein längerer Bezirk der Vena saphena magna prägte sich sehr
deutlich in geschlängeltem Zustande auf der Platte aus.
Mit Erwähnung der Verknöcherungen der Quadricepssehne haben wir bereits die
andere wichtige Weichteilaffektion des Oberschenkels berührt, die radiographisch feststellbar
ist: die intermuskulären Exostosen. Die zur Zeit bestehenden Controverse, ob diese Ver-
knöcherungen aus einem metaplastischen Prozess des entzündlich gewucherten Perimysium her-
vorgehen oder ob sie periostalen Ursprungs sind, wird mit X-Strahlen wohl nicht entschieden
werden können, trotzdem ist von dieser Untersuchungsmethode der Affektion viel zu erwarten,
deckt sie uns doch eine Anzahl solcher tendinösen, fascialen und intermuskulären Osteome auf,
die klinisch nicht festzustellen sind.
Diese bindegewebigen Össifikationen geben kräftige, relativ grosse Schatten, meist mit
einem dünneren zirkumskripteren (dem knochennahen) Ende und einem breiteren, allmählich
ausklingenden Ende. Am häufigsten beobachtet man diese Läsion am distalen Ende des
Musculus brachialis internus, am nächsthäufigsten im Quadriceps an der Vorderflüche des
Femurschattens. Sie sitzen entweder dem Femur direkt auf oder in nüchster Entfernung von
demselben, selten knochenfern.
Virchow macht auf Exostosen des Trochanter minor aufmerksam, welche sich in die
Sehne des Musculus ileopsoas fortsetzen. _
Solche bindegewebige Exostosen des Oberschenkels, meist durch ein einmaliges Trauma,
Hufschlag etc. entstanden, sind mit Hóntgenbefunden bisher beschrieben von Bremig, Ver-
fasser, Rammstedt, Grünbaum, Berndt, Overmann, F. Schulz, Schuler und Farganel.
Zum Unterschied von kartilaginären Exostosen ist bei ihnen der natürliche Kontur des Schattens
der Röhrenknochendiaphyse nicht beeinträchtigt, während bei jenen der Abschnitt der Diaphyse,
welchem die Exostose aufsitzt, kolbenförmig verdickt ist und ihre Struktur in die der karti-
laginären Exostose übergeht. Betrefis der bindegewebigen Exostosen siehe auch die Abschnitte
des Kapitels „Tumoren“ Seite 97.
Kienböck, dem wir eine umfassende Studie mit Röntgenuntersuchungen des trauma-
tischen intramuskulären Osteoms verdanken, schildert ihre Form bei lange bestehenden Fällen
folgendermassen: „Der gut abgegrenzte Schattenherd ist meist länglich, streifenförmig, ent-
sprechend einer Knochenspange im Muskel resp. in der Fascie oder als Ausdruek einer
Knochenschale. Es können mehrere superponierte Knochenschalen vorhanden sein und ein
cystischer Hohlraum von Knochensubstanz eingeschlossen sein.“
Diese Bindegewebsverknöcherungen, die nach einem Trauma bei einem sonst ge-
sunden Individuum sich einzustellen pflegen, halten sich immer in gewissen Grenzen. Mon-
ströse Dimensionen erreichen sie aber gewöhnlich bei Tabes und Syringomyelie. Über
die Ossifikationen der Gelenkkapsel und des paraartikulären Bindegewebes ist in dieser
Arbeit bereits mehrfach gesprochen worden (s. z. Bsp. Seite 81 und 108), es kommen aber
Untersuchung der Weichteile. 115
bei obengenannten Systemerkrankungen auch Verknócherungen lüngerer Muskelstrecken bis
weitab von Gelenk und Knochen vor. Hier drüngt sich die Frage auf, ob diese Ossifikationen
lediglich auf Grund des funktionellen Reizes und im Interesse der statischen Diensttauglichkeit
in Erscheinung treten, oder ob andere und welche Momente noch mit in Betracht zu ziehen
sind: eine sehr schwierig zu lósende Aufgabe. Holzknecht ist auf Grund seiner Róntgen-
befunde zu dem Schluss gekommen, dass auch hier die Verknócherungen lediglich als Produkt
der Funktion des vorher trophisch in seiner statischen Diensttauglichkeit geschüdigten Binde-
gewebes aufzufassen sei. Letzterer Autor bringt in der Wiener klin. Rundschau 1902 das
skizzierte Röntgenbild einer ausgedehnten Ossifikation der am medialen proximalen Tibiaende
ansetzenden Muskeln, die gewissermassen das nach innen infolge neurotischer Arthropathie
luxierte Femur beim Gehen tragen müssen. Verknöcherungen, welche dem statischen Endzweck
nicht zu dienen geeignet erschienen, fanden sich in diesem Falle nicht vor.
Zum Schluss sei noch auf das Aufsuchen von Fremdkórpern im Oberschenkel
und der Hüftgelenksgegend in Kürze eingegangen. Ein róntgenographisch nachgewiesenes
Corpus alienum aus den dicken Muskelwülsten zu entfernen resp. in denselben sicher operativ
aufzufinden, ist ganz erheblich schwieriger als etwa an Hand und Fuss. Und doch weiss jeder,
mit wie ungeahnten Schwierigkeiten schon bei letzteren Gliedmassen dieses Aufsuchen ver-
knüpft ist, trotz schürfster und deutlichster Radiogramme in zwei Richtungen. Die Thatsache,
dass bis jetzt ungefähr hundert Methoden zur röntgenographischen Lokalisation von Fremd-
körpern angegeben worden sind, beweist uns zwar die Wichtigkeit und Notwendigkeit der-
artiger Untersuchungen, besagt uns aber zugleich, dass keines dieser Verfahren so einfach und
exakt ist, dass es die anderen bedeutend übertrifft. Auch dem stereoskopischen Verfahren,
das im Röntgenfache in kurzer Zeit zu einer wunderbaren Vervollkommnung gediehen ist, kann
hier nicht ein Vorrang vor den anderen Lokalisationsmöglichkeiten eingeräumt werden, trotz-
dem man auf den ersten Blick sehr dazu geneigt sein möchte. Das zeigt uns sehr einfach
folgende Überlegung: Angenommen, ein Projekt ist in den Oberschenkel eingedrungen. Es
wird eine Stereoskopaufnahme angefertigt, dieselbe demonstriert uns z. B., dass das Corpus
alienum in der Nähe, etwas ventral und lateral, vom Femur sitzt. So gut das jeder sehen
kann, so unsicher kann er angeben, in wieviel Centimeter Tiefe er bei der Operation das
Projektil zu suchen hat. Beim operativen Aufsuchen muss man aber über Millimeter-
entfernungen genau orientiert sein. In diesem fingiertem Falle nützen sicher zwei gewöhnliche
Aufnahmen in zwei zueinander senkrechten Ebenen bei weitem mehr als die kompliziertere
Stereoskopuntersuchung. Andererseits müssen wir für unsere Fälle der Stereoskopie doch einen
kleinen Vorteil zugestehen, nämlich bei Exploration des Hüftgelenkes, weil dieses nicht in zwei
90° zueinander stehenden Richtungen radiographiert werden kann.
Haben wir z.B. an Fingern, Zehen etc. zwei Aufnahmen in zwei verschiedenen Rich-
tungen gemacht und wollen nun den Fremdkörper entfernen, so richten wir uns in erster
Linie nach den Knochenvorsprüngen in nächster Nähe des Fremdkörpers, welche wir bequem
und sicher mit der Hand palpieren können. Wir messen auf dem Negativ zwischen diesen
Knochenpartien und dem Fremdkörperschatten peinlich genau die Entfernung auf Millimeter,
palpieren dann den betr. Knochenvorsprung, messen von da aus auf der Haut die gleiche Ent-
fernung ab und setzen die Incisionswunde daraufhin. An den beiden distalen Dritteln des
Oberschenkels, am meisten in der Mitte, sind infolge günzlichen Fehlens von Knochenvorsprüngen
andere Methoden anzuwenden. Es sei Verfasser erlassen, hier auf die vielen angegebenen
Vorschläge zur geometrischen Berechnung des Fremdkörpersitzes einzugehen, sie sind übrigens
in Band 7 dieses Archivs („Die Schussverletzungen,* Schjerning, Thöle, Voss) ausführlich
zusammengestellt. Verfasser, welcher eine ziemlich grosse Menge von Fremdkörpern nach
Röntgenbildern selbst entfernt und hat entfernen sehen, kann bei dickwulstigen Gliedmassen
wie Oberschenkel und Wade als einfachstes, bequemstes und sicherstes Verfahren das nächst-
liegendste empfehlen, bestehend in Anbringen von Bleidrahtmarken, nachdem, wenn möglich,
15*
116 Pathologische Anatomie.
mittels Durchleuchtung der ungeführe Sitz festgestellt ist, Projektionen in mindestens zwei
zueinander senkrechten Ebenen und Markierung der Bleidrahtlage auf der Haut mit Argentum
nitricum. Auf einen Punkt, gegen den ich immer am meisten fehlen sah, möchte ich noch
ganz besonders aufmerksam machen; etwa drei Viertel aller Corpora aliena liegen dicht unter
der Haut. Hat man sich die Incisionsstelle nicht mit grösster Genauigkeit nach dem Radio-
gramm berechnet, so schneidet man mit Leichtigkeit am Fremdkörper vorbei. Findet man ihn
infolgedessen nicht gleich, so geht man immer weiter in die Tiefe und richtet unnötig grosse
Verletzungen an, indessen der gesuchte Gegenstand ganz dicht neben der Incisionsstelle direkt
unter der Haut ruht und mit dem kleinsten Einschnitt sofort hätte gefunden werden müssen,
wenn nur vorher die richtige Stelle sorgfältiger berechnet worden wäre.
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Angeborene Hüfiverrenkung. Die Zahl der Veröffentlichungen über angeborene Hüftluxation
und ihre Röntgendiagnostik ist Legion und lässt sich nicht mehr auch nur annähernd zusammenstellen.
Einige der wichtigsten Arbeiten seien hier nur angeführt: Wolff: Die Bedeutung der Röntgenbilder für
die Lehre von der angeborenen Hüftverrenkung. Fortschr. a. d. G. d. Röntgenstrahlen. Bd. I. 1897. —
Hoffa: Über den Stand des Schenkelkopfes bei der angeborenen Hüftluxation. Ebendaselbst. —
Zenker: Über inkomplete angeborene Hüftluxationen. Ebendaselbst — Schede: Die angeborene
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Prof. Gussenbauers gewidmet. Wien-Leipzig 1903. — Lorenz: Angeborene Hüftgelenksluxationen.
28. Kongress der deutschen Gesellschaft der Chirurgie. 1899. — Hildebrand, Scholz, Wieting: Die
kongenitalen Hüftgelenksluxationen. Sammlung von stereoskopischen Röntgenbildern III. Wiesbaden 1902.
Weichtelle. Hoppe-Seyler: Über die Verwendung der Röntgenstrahlen zur Diagnose der Arterio-
sklerose. Münch. med. Wochenschr. 1896, Nr. 14. — Opitz: Drei Aktinogramme von einem Arteriosklerotiker
und einem mit grauer Salbe injizierten Präparate. Fortschritte a.d. G.d. Röntgenstrahlen. Bd. I. 1897. —
Kohler: Lues-Arteriosklerose. Fortschritte a. d. G. d. Róntgenstrahlen. Bd. VI. 1903. — Dudley Tait:
of arteries in the living subject. — Fuchs: Symptomenbild des intermittierenden Hinkens.
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de Pharmacie militaires. Juni 1902. — Kienböck: Zur radiographischen Anatomie und Klinik des
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gewebsverknöcherung. Wiener klin. Rundschau 1902, Nr. 40. — Hoffa: Ein Beitrag zu den Erkrankungen
der Plantarfascie. Centralbl. f. Chir. 1898, S. 166. — Riedinger: Bemerkungen zum Knochenbefund in
der Plantarfascie. Centralbl. f. Chir. 1898, 8S. 693. — Küttner: Kriegschirurgische Erfahrungen aus dem
südafrikanischen Kriege 1899/1900. Brun's Beitrüge z. klin. Chir. Bd. 28. — Makins: Surgical Experiences
in South Africa. London 1901. — Lejars: Ostéomes pré-coxaux. Bull. et mém. de la société de Chir. Nr. 28.
Vorbemerkungen zu den Tafeln.
Nur die Bilder der Tafel I sind direkte Abzüge der Originalplatten, alle anderen sind
Verkleinerungen und zwar sind die Radiogramme der Tafeln III bis IX, XI und XII alle in dem
gleichen Verhältnisse reduziert (1:0,433 linear), die der Tafeln II und X in noch kleinerem
Massstabe (1:0,25 linear) ausgeführt. Um einerseits möglichst viele Fälle bieten zu können,
andererseits das Gebotene nicht allzusehr verkleinert wiedergeben zu lassen, hat Verfasser sich
darauf beschränken müssen, von den meisten Platten nur Ausschnitte der wichtigsten Partien
zu bringen. Nicht mehr als fünfzehn Bilder entsprechen der ganzen Originalplatte, die anderen
sind alle mehr oder weniger nur herauskopierte Teile derselben. Da die grösste Zahl der be-
schriebenen pathologischen Fälle — wie schon im Vorwort erwähnt — solche sind, bei denen
eine Sektion oder ein operativer Eingriff endgültige Klarheit schaffte, so wird man Nachsicht
üben müssen, wenn auch einige Róntgenogramme reproduziert sind, die technisch nicht auf der
Höhe stehen, weil sie in den ersten Jahren nach Röntgens Entdeckung angefertigt sind. Jeden-
falls ist solch ein mittelmässiges Radiogramm mit autoptischer Kontrole für diagnostische Studien
wertvoller als ein erstklassiges Bild ohne Bestätigung. — Auf einen Missstand bei der verkleinerten
Wiedergabe von Hüftaufnahmen muss noch aufmerksam gemacht werden. Jede kunstgerechte
Verkleinerung eines Bildes verstärkt dessen Kontraste. Das ist in vielen Fällen, z. B. bei flauen,
blassen Abzügen ein sehr günstiger Umstand, den wir gerne mit in Kauf nehmen. So wird
manches Bild vorteilhafter als im Original. Diese Vermehrung der Kontraste hat aber auch
Nachteile zur Folge, die sich gerade bei Hüftaufnahmen Erwachsener recht störend bemerkbar
machen. Hat man nämlich ein technisch vollendetes, schon kontrastreiches Originalnegativ, so
werden auf der Verkleinerung dann die Kontraste in ganz unvorteilhaftem Verhältnis verstärkt
und eine Unmenge der im Originale prächtig zur Geltung kommenden Einzelheiten gehen voll-
ständig verloren. Diese Verhältnisse werden am besten durch Fig. 4, Tafel IX, um ein Beispiel
herauszugreifen, illustriert. Hier weist die Originalplatte sogar Einzelheiten der Weichteile nach,
unsere Reproduktion dagegen lässt nicht nur die Weichteile ganz verschwinden, sondern auch
alle Strukturdetails im grossen Trochanter, im Schenkelhals und in der äusseren Hälfte des
Darmbeins; und so ist auf fast allen unseren Bildern der folgenden Tafeln die Architektur des
grossen Trochanters tibermássig aufgeheJlt Die umgekehrten Verhältnisse, dass flaue Negative
(wenig graduierte Platten) in Verkleinerung kräftige Schattenunterschiede und somit bessere Bilder
ergeben, wird durch Tafeln III und VI demonstriert. Von den sämtlichen Illustrationen letzterer
Tafeln kann man keine einzige Originalplatte als kontrastreich bezeichnen (weil die rachitischen
Knochen kalkärmer sind und bei Tuberkulose immer ganz beträchtliche Knochenatrophie herrscht)
und dennoch sind diese Tafeln reicher an Schatten und Lichtern als alle anderen.
Die Röntgenogramme stammen, wenn nichts anderes dabei vermerkt, von Lebenden.
Sie sind mit einem Instrumentarium von Hirschmann, Pankow-Berlin, hergestellt: 45 cm
Induktorium, Quecksilbermotorunterbrecher mit Gleitkontakten, Akkumulatoren (24 Volt), die
mit einem Drehstrom-Gleichstrom-Umformer verbunden an die städtische Zentrale angeschlossen
sind; regenerierbare Röhre Monopol. Die Belichtungszeiten der Hüften Erwachsener betrugen
im Mittel 5 Minuten. Mit ein paar Ausnahmen wurden Schleussnerplatten verwandt.
Tafel I.
Fig. 1. Normale Hüftgelenksgegend eines Erwachsenen.
21 jährige Frau. Dorsalaufoahme im Liegen, direkte Projektion (s. *eite 10), Knie ca. 170 Grad
gebeugt. Mediale Kante des Fusses in einer zur Unterlage senkrechten Ebene. Oben rechts ein Stück
der Linea terminalis, rechts Mitte die laterale Hälfte des Foramen obturatum. Am lateralen Kontur
des Os ileum springt der Pfannendachrand etwas hervor (nicht die Spina anterior inferior!). Der grosse
fast halbkreisförmige Bogen, der von hier bis nahe ans Foramen obturatum zieht, entspricht der Pfannen-
hóhlung (nicht der vorderen oberen Pfannenrandgrenze!) Der Bogen flacht sich medial fast zu einer
Geraden ab, letztere ist der radiographische Ausdruck der Wand der Fossa acetabuli. Ehe der Pfannen-
See am Foramen obturatum endet, bildet er noch einen halberbsengrossen, nach oben offenen
Bogen; dieser entspricht, wie Seite 23 ausgeführt ist, der Stelle zwischen Supercilium acetabuli und
Cornu obturatorium posterius, wo die Wand der Fossa acetabuli am Pfannenausgaeng umbiegt zur Wand
des kleinen Beckens, und so bei der normalen und vergrösserten Beckenneigung eine kleine halbcylinder-
förmige Partie parallel den projizierenden Strahlen verläuft. Der längere ziemlich gerade Strich, der von
oben nach unten verläuft und mit seinen unteren zwei Dritteln in den Pfannenschatten fällt, entspricht
einer Stelle der Wand des kleinen Beckens, wo letztere vor der Spina ischiadica eine Biegung macht
128 Tafel I.
(s. die Ausführungen Seite 18 ff.). Die Spina ischiadica ist auf diesem Bild nicht sehr instruktiv, an der
lateralen oberen Ecke des Foramenobturatumlumens projiziert. Der Kontur des hinteren Pfannen-
randes verläuft fast geradlinig von lateral oben nach unten medial und ist durch den Femurkopfschatten
hindurch leidlich gut zu erkennen. Am distalen lateralen Ende des Pfannenschattens, also da, wo der
laterale Kontur des Sitzbeinschattens an den untersten Kontur des Femurkopfes stösst, gewahrt man
einen kleinen dunklen Bogen; die untersten 2 mm desselben können von dem Rand des Cornu posterius
der Facies lunata herrühren, der obere grösste Abschnitt des Bogens aber rührt von der Margo lateralis
tuberis ischiadici resp. dem Corticaliswulste her, welcher von ihr nach der Spina ischiadica zieht. Man
findet ihn übrigens nicht immer, nur bei pathologischer Beckenneigung tritt er oft deutlich in Erscheinung
(8. Seite 22). Zu dem Schatten des Femur ist nicht viel zu erklären. Die ganze Begrenzungslinie des
Kopfes ist gut zu verfolgen, auch die Fossa pro ligamente terete fehlt im Radiogramm nicht. Durch die
relativ grosse Entfernung des Kopfes von der Platte präsentiert sich letzterer bei Dorsalaufnahmen etwas
vergrössert, vgl. z. B. die Ventralaufnahme Fig. 2 damit. Der Femurhals ist in toto zu übersehen, nur
ein kleines Stück wird oben aussen vom grossen Trochanter überdeckt. Die Crista intertrochanterica
lässt sich bis nahe an den kleinen Trochanter erkennen. Der kleine Trochanter ragt bei der oben an-
gegebenen Position des Fusses auf der Unterlage nur mässig weit über den anderen Femurschatten heraus.
Auf der Originalplatte ist ziemlich viel Struktur, wenn auch nur zart angedeutet, aber auf dem Wege
des Kopierens verschwinden leider viele Feinheiten, ist doch selbst an dem Präparate Fig. 3 dieser Tafel
kaum eine Struktur zu erkennen.
Fig. 2. Normale Hüftgelenksgegend eines Erwachsenen.
Andere Hüfte desselben Objektes wie Fig. 1. Ventrallage, direkte Projektion. Auch ohne Angabe
der Lage der Versuchsperson würde man die Ventralaufnahme schliessen müssen aus dem kleinen oberen
Schambeinastschatten und aus dem vergrósserten Sitzbeinschatten. Die Spina ischiadica ragt in das trans-
parente Lumen des Beckeneingangs hinein. Mehrere Striche der Pfannengegendzeichnung fallen hier über-
einander, nämlich der gerade Strich (s. oben), der der Fossa acetabuli entspricht, wird überdeckt von dem
langen Strich, der der Wand des kleinen Beckens vor der Spina ischiadica angehórt. Der kleine Bogen
(be der Textfigur 5A) kann hier überhaupt nicht zur Geltung kommen. Der vordere obere Pfannenrand
ist sogar trotz der Ventralaufnahme nicht im geringsten angedeutet. Die Begrenzungslinie des hinteren
Pfannenrandes ist, weil plattenfern, nur blass markiert. Die Fovea capitis dagegen tritt hier noch
schärfer hervor als auf dem Dorsalbild. Der Schatten des Kopfes ist hier bei der Ventralaufnahme
naturgemäss weniger vergrössert projiziert, auch tritt die Struktur hier etwas kräftiger hervor.
Fig. 3. Knochensägeschnitt durch die vordere obere Pfannenpartie.
Das Präparat war die hintere Hälfte eines Sagittalschnittes, welcher ca. 1 cm vor der Spina
anterior inferior Pfanne und Femur getroffen hatte; der Sägeschnitt hatte-ziemlich genau am oberen
Ende der verknöcherten Fuge von Scham- und Darmbein angesetzt, war am Tuberculum obturatorium
osterius ins Foramen obturatum herausgetreten und hatte dann unten die unteren Äste des Sitz- und
chambeines an ihrer Vereinigungstelle getrennt. An dieser Abbildung ist nichts zu erklären, was nicht
schon in Fig. 1 und 2 genannt wäre. Bas Bild wurde nur deshalb gebracht, um die Seite 23 gegebene
Deutung des kleinen Bogens bc der Textfigur 5A als richtig zu beweisen. Das Präparat stammt von
einem 37 jähr. Mann. (An der anderen Hüfte [Tafel VIII, Fig. 3] bestand hochgradige typische Osteo-
arthritis deformans.)
Fig. 4. Hüftgelenk eines 8jáhrigen Knaben.
Dorsalaufnahme, direkte Projektion. Knorpelfuge zwischen Os ileum und Os pubis 2 mm breit.
Pfannendach nicht scharf, da ein Teil des hinteren oberen Pfaunenrandes, der immer etwas zackige
Grenzen zeigt (vgl. Seite 14 unten) bereits ossificiert ist. Untere hintere Pfannenpartie vollständig ver-
knóchert, ihre äusseren Konturen bilden, im Schatten der Femurkopfepiphyse gelegen, einen scharfen
Winkel von 100 Grad. Die Zeichnung der Pfannengegend ist ganz genau dieselbe wie bei Fig. 1
dieser Tafel. Der Femurkopf ist bereits gut ausgebildet, die Epiphysenfuge hat keine scharfen Konturen.
Es ist in diesem Falle nicht absolut sicher auszuschliessen, dass der Knabe früher Rachitis durchgemacht
hat, indessen scheint die Fuge normal zu sein. Selbst wenn früher Rachitis bestanden hätte, wäre die-
selbe jetzt ausgeheilt und würde dann eo ipso normales Aussehen zeigen. Die Knorpelfugen zwischen
Caput und Collum femoris scheinen nicht immer geradlinig begrenzte Bandstreifen darzustellen. — Beim
Betrachten der Radiogramme von Kindern zwischen dem 4. und 10. Lebensjahre, besonders bei stereo-
skopischen Aufnahmen, hat man oft (wie auch z. B. Fig. 19, Tafel II) den Eindruck, dass die Linien a b
und cd unserer Textfigur 5A Seite 17 sich ungemein leicht erklären liessen, indem ab einfach die
mediale Begrenzung des Os ischii und bc den acetabulären Kontur des Os pubis darstellen. Das trifft
zweifellos für viele Fülle auch zu und ist bei Kindern deshalb so klar und deutlich, weil die der
Strahlenrichtung parallel gelegene Knorpelfuge zwischen Sitzbein und Schambein veranlasst, dass hier
die knóchernen Kanten der beiden Knochen als konstante Schattenstriche projiziert werden. Nach Ab-
schluss der Verknócherung des Y förmigen Knorpels ändern sich diese Verhältnisse etwas. Dass dann
der Strich ab, auch der cd nicht regelmássig die betr. Stellen der Knorpelfugen markieren kann, beweist
man. indem man am skelettierten Becken des Erwachsenen die Pfanne derart projiziert wie Textfigur 1 die
kindliche Pfanne röntgenographiert ist. Dann wird man sehen, dass in der Architektur der Pfanne des
Erwachsenen keine Andeutung der Fugen, etwa durch dichtere Spongiosabälkchen etc., zu konstatieren ist.
Fig. 5. Hüftgelenksgegend eines 3!/,jährigen Knaben.
Normal. Dorsalaufnahme, mediale Projektion. Knorpelfuge zwischen Os ilei und Os pubis 5 mm
breit. Oberer binterer Pfannenrand nocht nicht ossificiert (vgl. dazu Textfigur 2B, pA Kind).
Unterer hinterer Pfannenrand nur ein kleines Stück verknóchert. Konturen der Pfannenhóhlung und
der Wand des kleinen Beckens (bezw. des Os pubis und Os ischii, s. Text zu Fig. 4 dieser Tafel)
ziemlich parallel und weit auseinander laufend. charfer Rand des Ramus superior ossis ischii, welcher
die Incisura ischiadica minor spinawürts bildet, noch zu erkennen, Spina selbst nicht.
yes. I iifigelenk und Oberschenkel. Tafel 1
Neue Photogr. Gesellseh, A-6. Berlin-Steglitz | Verlag von Lucas Grife & Sillem in Hamburg,
Tafel II.
Fig. 1. Normale Hüfte eines erwachsenen Mannes. Dorsalaufnahme im Liegen. Direkte
Projektion. Medialer Rand des Fusses stand senkrecht zur Unterlage. Kleiner Trochanter ragt
wenig hervor.
Fig. 2. Normale Hüfte desselben Mannes. Projektion wie bei Fig. 1. Bein in 30 Grad
Auswärtsrotation. Dorsalaufnahme. Kleiner Trochanterschatten weiter hervorragend. Oberer Kontur
des Halses sehr verkleinert projiziert; unterer Bogen etwas verkürzt. Femur etwas abduziert.
Fig. 3. Normale Hüfte einer erwachsenen Frau. Dorsalaufnahme. Direkte Projektion. Bein
in 75 Grad Auswärtsrotation, war etwas abduziert, die betr. Beckenhälfte etwas über die Norm ge-
neigt (beides unwillkürlich). Trochanter minor in grósster Breite zu erkennen. Oberer Kontur des Halses
Kóhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 17
130 Tafel II.
nicht mehr zu erkennen, hier deckt Schatten des Trochanter major zum Teil den des Caput femoris.
Unterer Halskontur verkürzt. Wegen der stárkeren Beckenneigung transparentes Lumen des Foramen
obturatum verschmilert, Spina ischiadica im Beckenlumen gut sichtbar.
: Fig. 4. Normale Hüfte. Dieselbe Versuchsordnung wie bei 3, nur maximale Innen-
rotation. 'Trochanter minor in dieser Projektion nicht zu erkennen. Schenkelhalskonturen, ohne Ver-
zerrung, gut zu übersehen. Femur war unwillkürlich etwas adduziert worden.
Fig. 5. Distale Femurhälfte einer erwachsenen Frau. Normal. Mediale Aufnahme. Am
Femurschaft kann man Rinde und Markhöhle unterscheiden. Der kleinere kräftigere Condylusschatten
entspricht dem plattennahen Condylus, also hier dem medialen, der grössere blassere dem lateralen. Im
Condylenschatten die kreissektorförmige Aufhellung.
5 Fig. 6. Distales Femurende einer erwachsenen Frau. Normal. Laterale Aufnahme.
Ahnliche Verhältnisse wie bei Fig. 5.
Fig. 7. Distales Femurende einer erwachsenen Frau. Dorsalaufnahme. Der laterale
Condylus links, der mediale rechts im Bilde. Der laterale zeigt eine weniger gleichmässig gekrümmte
Grenzlinie ala der mediale. Der Patellaschatten ist wenig intensiv, lässt sich aber in seiner ganzen Form
erkennen. Man achte ferner auf den Gelenkspalt, der also den Gelenkknorpeln entspricht, und vergleiche
damit Fig. 17, wo der Knorpel in der medialen Hälfte des Gelenks geschwunden ist, Figg. 3, 4, 5, 6, 7
und 10 stammen von dem gleichen Individuum wie Figg. 1 und 2, Tafel I.
Fig 8. Distales Femurende eines 16jáhr. Jünglings. Normal. Knorpelfugen gerade noch
zu konstatieren. Kreissektorähnliche Aufhellung gut ausgeprägt.
Fig. 9. Distales Femurende eines 28jähr. Mannes. Transparenz im Condylenschatten be-
sonders deutlich differenziert.
Fig. 9a. Hüfte eines 56jáhr. Mannes. Dorsalaufnahme. Direkte Projektion. Fuss lag ein
wenig auswürts rotiert; Trochanter minor gut hervortretend, oberer Kontur des Halses etwas verkürzt
projiziert. Spina ischiadica erkenntlich im Schatten des Schambeines.
Fig 10. Pfannenpartie einer erwachsenen Frau. Dorsalaufnahme. Direkte Projektion.
Fast die gleichen Verhältnisse wie Fig. 1, Tafel I.
Figg. 11—15. Skelettbilder desselben Präparates der Hüftknochen.
Fig. 11. Dorsalaufnahme. Ultramediale Projektion (d.h. der Focus der Róhre stand jen-
seits der Beckenmitte). Der vordere obere Pfannenrand (Supercilium acetabuli) bildet bei dieser am
Lebenden kaum angewandten Projektion den lateralsten Pfannenschattenkontur. Die kräftigere, ziemlich
arallele Linie medial davon entspricht dem hinteren P’fannenrand. Der kräftige grosse halbkreisförmige
ogen ist der radiographische Ausdruck des Pfannenbodens; der sich unten medial an denselben an-
schliessende retrograde kleinste Bogen entspricht der Corticalis am Tuberculum obturotorium posterius.
Der sich an diesen kleinsten Bogen nach oben anschliessende lange E Strich, der in Figg. 12, 13
und 14 so deutlich ist, löst sich bei unserer Projektion Fig. 11 in lauter dünnste gleichmässige Streifen
nach der Spina ischiadica hin auf.
Fig. 12. Dorsalaufnahme. Mediale Projektion. Ähnliche Verhältnisse wie in Fig. 11. Vom
vorderen Pfannenrand ist nur eine kurze Strecke oben aussen zu entdecken. Die sogenannte thränen-
fórmige Figur tritt hier scharf hervor (s. Text Seite 17—23). Spina ischiadica in Beckencavumtrans-
parenz projiziert.
Fig. 18. Dorsalaufnahme. Mediale Projektion. Geringe Beckenneigung. Thränenfigur hier
am besten differenziert. Vorderer Pfannenrand unsichtbar. Unterste vorderste Bogenpartie der Facies
lunata als kurze flache Bogenlinie gerade noch zu erkennen. Spinaschatten kollidierend mit dem
des Os pubis.
Fig. 14. Dorsalaufnahme. Mediale Projektion. Hochgradige Beckenneigung. Entgegen den
vorhergehenden Aufnahmen ist in dieser Figur neu der gróssere nach oben und medial offene Bogen, der
sich an den grossen Bogen des Pfannencavums direkt auschliesst, er entsteht aus zwei Teilen, der hori-
zontal verlaufende Teil entspricht dem unteren Ende der Facies lunate, der freie nach oben medial ge-
richtete Teil der Crista lateralis tuberis ischii.
Fig. 15. Ventralaufnahme. Laterale Projektion. Beckenneigung von so kleinem Winkel,
wie sie nur am Skelett möglich ist. An der sogenannten Thränenfigur fehlt der untere kleine Bogen.
Auf dieser Figur ist übrigens der vordere obere Pfannenrand, Supercilium mit Angulus supercilii ace-
tabuli äusserst markant hervortretend.
Fig. 16. Krümmung des Femurhalses. Coxa vara. l6jàhr. Jüngling. Dorsalaufnahme.
Fig. 17. Arthritis chronica. Knorpelschwund der medialen Gelenkfláchen.
Fig. 18, Status post osteotomiam femoris.
Fig. 19. Normale Hüfte eines’4 Jahr 3 Monate alten Kindes, Mediale Dorsalaufnahme.
Fig. 20. Erguss im r. Hüftgelenk.
Fig. 21. Status post osteotomiam femoris proptergenu valgum factam. 16j.Jüngling.
Fig. 22. Status post amputationem femoris (Bier).
Fig. 23. Spontanluxation des Femur (mit Deformation des Kopfes) nach Osteomyelitis.
Fig. 24. Resectio genu (nach Tuberkulose des Gelenks). 14jühr. Knabe.
N
——
woMler: Hüftgelenk. und. Oberschenkel Tafel Il
y 1 P
4
I
Tafel III.
Fig. 1. Zwergwuchs.
16 jähr. Mädchen von 110'!/, cm Höhe. Mutter gesund, Vater seit einigen Jahren herzleidend,
beide von normalem Wachstum. Geschwister der Mutter sollen schwächlich sein, Geschwister des Vaters
kräftig und reich an Nachkommenschaft. Patientin war die Erstgeborene; Geburtsort Mainz; hat sich
auch bisher immer daselbst oder in der N&he von Mainz aufgehalten. Unter den nüchsten sechs Geburten
der Mutter waren fünf Aborte durch eine regelrechte Geburt unterbrochen, letzte drei Geburten eben-
falls zur rechten Zeit; alle lebenden Geschwister sind von normalem Wuchs. Patientin wurde angeblich
normal gross geboren und habe sich bis zu !/, Jahre gut entwickelt, dann seien sechs- bis sieben Mal
Krämpfe eingetreten, hierauf sei das Wachstum zurückgeblieben, doch lernte Patientin mit 2 Jahren
laufen und zur rechten Zeit sprechen. Längenzunahme in den letzen 10 Jahren jährlich ca. 2cm. Noch
keine Menstruation. Das Kind friert und’ erkältet sich angeblich leicht. — Rumpf und Extremitäten
vollständig proportional gebaut. Der Kopf allein hat etwas absonderliche Form; zunächst fällt die Grösse
der Nase auf, zumal dieselbe sehr schmal ist. Das Kinn tritt stark zurück. Gesichtsausdruck heiter und
lebhaft, Intelligenz gut und dem Alter entsprechend. Schneidezühne nur zwei im ganzen Oberkiefer,
Zühne zum Teil schlecht und kariós. Die Schilddrüse lässt sich palpieren, scheint aber sehr flach und
weich zu sein, so dass genaue Grössenbestimmung sehr schwierig. Andeutung von Mammae. Reichliche
dunkle Schamhaare. Körperlänge 110'/, cm, Brustumfang in Mamillarhóhe 51 cm, Distanz Akromion —
Spitze des Mittelfingers 46°/, cm, Olecranon — Proc. styloideusulnae 16*/, cm, Spina ant. sup. — Malleolus
lateralis 57!/, em, Cristae 16!/, cm. Verfasser hat die Patientin bereits vor 4 Jahren untersucht, damalige
Grósse 101 cm; es wurden damals Radiogramme des Kopfes, Ellenbogens, der Hand, des Fusses angefertigt,
siehe Verfassers „Knochenerkrankungen im Röntgenbilde* Tafel XIX und Text S. 35-38. Die Róntgen-
bilder zeigten die bisher noch nicht beobachtete Tatsache, dass die Entwickelung der Knochen- resp. das
Auftreten der Knochenkerne vollständig dem Alter der Patientin entsprach und nicht, wie in den anderen
bisher beschriebenen Fällen von Zwergwuchs, dem Alter eines gleichgrossen Individuums. Das zeigen auch
die jetzt gewonnenen Radiogramme von Oberschenkeln und Becken, deren eine Hälfte wir in Fig. 1 bringen.
Dorsalaufnahme bei medialer Projektion. Pfannengegend normal, gut ausgeprägter oberer Pfannenrand,
ganzes Becken von normalem weiblichen Bau. Femur schlank. Kopf und Hals proportional, Trochanter
major auffallend voluminös, Corticalis des Femur von übernormaler Dicke, Markhöhle infolgedessen relativ
eng. Femurcondylen, die durch ein Versehen bei der Reproduktion fortgefallen sind, auffallend lang,
weniger breit. Auffallend ist eine Unebenheit inmitten der Femurdiaphyse lateralwärts, eine Periostitis
ossificans dichtester Konsistenz. Angaben über ein Trauma an dieser Stelle sind nicht gemacht worden.
Ob wir es hier mit einem Zeichen hereditärer Lues zu thun haben (vgl. die vielen Aborte der Mutter), ist
zweifelhaft. Am anderen Femur fehlt eine solche Affektion. Die Hauptsache an dem ganzen Bild ist
aber, dass ausser am Troch. minor keine Knorpelfuge mehr zu entdecken ist, weder zwischen Kopf
und Hals noch am grossen Trochanter, noch am distalen Femurende. Vergleiche hierzu, auch besonders
hinsichtlich der Grösse, das nächste Radiogramm eines 8 jährigen Knaben (die Verkleinerung beider Bilder
geschah in demselben Verhältnis). Den seltenen Fall verdanke ich Herrn Kollegen Lugenbühl.
17*
132 Tafel III.
Fig. 2. Verkrümmung des Femur infolge knorpeliger Tumoren.
8jähr. Knabe. Eltern und Geschwister gesund. Patient soll 11!/, Pfund schwer, ohne Kunst-
hilfe geboren worden sein; er habe zur rechten Zeit laufen gelernt; gegen das vierte Jahr begann er zu
lahmen. Mit fünf Jahren Lungenentzündung. Die Arzte haben bisher englische Krankheit angenommen
und geglaubt, das etwas krumme linke Bein strecke sich von selbst wieder. Patient soll zuweilen über
Schmerzen vorn in der Hüftgelenksgegend klagen. Gesund aussehender Knabe, hinkt stark links, dabei
schiefe Beckenhaltung, rechtes Bein wird etwas adduziert gehalten. Linker Oberschenkelknochen ist im
distalen Drittel stark gekrümmt und zwar nach lateral und nach vorn. Der gekrümmte Knochen fühlt
sich an seiner stürksten Curvatur nicht stumpf, sondern flachkantig an, ähnlich wie säbelscheidenartiger
rachitischer Knochen. Sonst ist nichts Besonderes an dem Knochen zu fühlen. Verkürzung des Beines
(Spina ant. sup. — Malleolus lateralis) 3 cm. Es wurde gar nicht gezweifelt, dass es sich um eine typische
rachitische Verkrümmung handelte. Das Radiogramm brachte eine Uberraschung, s. Fig. 2. Becken
scheint normal, rechtes Femur ebenfalls, steht etwas adduziert. Knorpelfugen am Becken und beiden
Femora ohne Besonderheiten. Linkes Femur zeigt zunächst oben am Trochanter minor im Knochen eine
se gestaltete durchlässigere Partiee An der Grenze des mittleren und unteren Drittels eine
stärkere Knickung bezw. Biegung des Knochens. Die Detailzeichnung dieser Partie ist nun ganz eigen-
artig, und zu bedauern ist nur, dass man dem Leser nicht die Originalplatte demonstrieren kann. Ein
diesem Schattenwirrwarr entfernt ähnliches Bild hat Verfasser unter den vielen Tausend seiner Radio-
gramme noch niemals gefunden. Während der mediale Corticalisschatten hier in seiner Beanspruchung
als Druckbogen vom Trochanter minor herab stark verdickt ist und gleichmässige Schattentiefe zeigt,
wird letztere an der Grenze des mittleren und unteren Drittels plötzlich unterbrochen durch eine ovale,
sehr durchlässige, ganz homogene Stelle, die den medialen konkaven Kontur des Femur durch eine kurze
Konvexität modifiziert; ähnliche kleinere, sehr helle homogenere Stellen finden sich auch im Innern des
Knochenschattens; auch der Zugbogen der Corticalis ist in gleicher Höhe bezw. noch etwas proximaler
in seiner Architektur gestört. Ferner zeigt der ganze Knochenschatten am unteren Drittel ein unregel-
mässiges Gemisch von durcheinander liegenden Streifen und Flecken in allen Grössen und Durchmessern,
ein paar Stellen kleine ganz tiefschattige Partien (in der Reproduktion nicht deutlich), die sicher Sklerosen
entsprechen. Der Wirrwarr, der übrigens absolut nicht dem Bilde akuter Knochenatropbie ähnelt, klingt
nach der Knorpelfuge zu allmählich in normale Verhältnisse aus. Eine sichere Diagnose war natürlich
nicht zu stellen, nur eine Móglichkeit wurde in Betracht gezogen, dass es sich um einen milden
schleichenden Fall von Osteomyelitis handeln kónne; nur waren damit die grosse helle homogene Partie
und das Fehlen jeder ossificierenden Periostitia nicht in Einklang zu bringen. Unblutig orthopädisch
das Leiden zu behandeln, wäre dem Röntgenbild nach natürlich der grösste Kunstfehler gewesen, ein
operativer Eingriff hingegen schien unbedingt indiziert. Die von Herrn Chirurg Pagenstecher aus-
geführte Operation ergab: Schnitt lateral über der stärksten Krümmung des Knochens; Muskel von
normalen Aussehen, ebenso Periost. Corticalis, die an der zuerst freigelegten Stelle normal aussieht, wird
angemeisselt; sie scheint hier etwas sklerotisch, stelienweise von schmálerem und breiterem Durchmesser.
Innerhalb der Markhöhle kommt zunächst eine ziemlich normale 1 mm breite Zone, dann kommt man
auf weisse weichere, knorpelartige Massen, von glänzend bläulich weissem Aussehen, stecknadel- bis
erbsengross, ziemlich zirkumskript und anscheinend gefässlos. Auch inmitten einzelner Stellen der Corti-
calis werden solche Massen gefunden, sogar in ziemlich grosser Ausdehnung. Nirgends Spuren von Eiter
oder irgendwelcher Flüssigkeit. Entfernung möglichst vieler solcher Herde. Abflachen der Corticalis-
ränder, Muskelnaht, Hautnaht. Eventuelle ÖOsteotomie wird auf später verschoben. Reaktionslose
schnelle Heilung der Operationswunde. Mikroskopischer Befund (Prosektor Dr. Herxheimer) ergiebt,
dass die kleineu Tumoren aus reinstem hyalinen Knorpel bestehen.
Figg. 3 und 4. Rachitis gravis.
6 jähr. Mädchen. Patientin lernte spät laufen, ersten Verkrümmungen nach den ersten Geh-
übungen. Sonst gesund aussehendes Kind; Gang watschelnd, ähnlich wie bei Luxationes coxae congenitae.
Alle Gelenkenden verdickt. Varusform der Kniegegenden, doch grösste Krümmung oberhalb der Knie.
Trochanter major beiderseits über der Roser-Nelatonschen Linie: Radiogranım (dorsal, medial): Pfannen-
artie scheint normal; Knorpelfuge des Caput femoris noch relativ breit, ob hier pathologische Ver-
nöcherungsvorgänge, lässt sich aus dem Röntgenbilde nicht sicher entscheiden, Richtung der Fuge in
Mittelstellung 45? zur Mittellinie des Körpers, Fuge am Trochanter major senkrecht. Coxa vara war
äusserlich nur vorgetäuscht (Pseudocoxavara), der Neigungswinkel ist ganz normal. Diaphyse stark ge-
krümmt, man beachte die stärkste Verbreiterung der Corticalis an Stelle des stärksten Druckes und die
etwas unbestimmte Architektur der epiphysennahen Spongiosa (s. auch S. 38, Mitte. An der distalen
Epiphysenfuge selbst haben wir das typische Bild (s. auch Fig. 4) der pathologischen Vorgänge an der
Verknöcherungszone (s. S. 35 und 86). Der rachitische Prozess ist hier noch florid, das beweist vor allem
diese Unregelmässigkeit der Verkalkungszone; vergl. dagegen die Fuge in der nächsten Figur.
Fig. 5. Distales linkes Femurende nach überstandener Rachitis.
6jähr. Mädchen. Geschwister des Kindes ebenfalls rachitisch. Patientin hat spät laufen ge-
lernt. Das Radiogramm wird nur gebracht, um die schöne Transformation der Architektur zu zeigen.
Dass der Prozess abgeklungen ist, dokumentiert das normal sich darstellende Diaphysenende. In Be-
fürchtung, dass die verkleinerte Abbildung nicht alle Einzelheiten bringen könnte, hat Verfasser eine
genaue Zeichnung nach dem Negativ in Textfigur 12 gebracht (die linke Seite des Bildes entspricht der
lateralen Seite. Das obere Femurende dieses Falles bringt Textfigur 11c.
Fig.6. Coxa vara rachitica gravissima.
6 jähr. Knabe. Beide Hüften annähernd gleich verunstaltet. Fortbewegung des Patienten geschah
an zwei Stücken, indem der Oberkörper ganz nach vorn gebeugt gehalten und immer eins der ad maximum
auswürts rotierten Beine vor das andere gestellt wurde. Radiogramm bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Man beachte auch die hochgradige Knochenatrophie. Der Fall wurde vom Herrn Kollegen Guradze
mit sehr schönem Erfolg osteotomiert.
Köhler: D üfiselenk. und. Oberschenkel Tate 1
Vena Photorr. Gesellsch. A-6. ie ei
Tafel IV.
Figg. 1, 2, 8, 4. Osteomyelitis acuta mit Sequesterbildung.
10jähr. Knabe (Eltern gesund) war ausser einer Influenza vor 1'/, Jahren niemals krank. Vor
6 Wochen fiel er beim Klettern auf den platten Boden, trug eine Wunde am Knie davon, deren Narbe
noch sichtbar ist. Das Knie war weder dick noch schmerzhaft, so dass Patient ohne Behinderung laufen
konnte. Erst nach 14 Tagen (also 4 Wochen vor Aufnahme von Figg. 1 u. 2) traten unter Kopfschmerzen
und Fieber starke Schmerzen auf, so dass Patient nicht mehr zu gehen vermochte. Unter Bettruhe und kalten
Umschlügen sei die Geschwulst abgefallen, Schmerzen liessen nach; Überweisung ins Krankenhaus: Unteres
rechtes Femurende betrüchtlich verdickt, derb sich anfühlend und an der Medialseite auf Druck schmerz-
haft. Das Kniegelenk wird in leichter Beugestellung gehalten, kann weder aktiv noch passiv gestreckt
werden. Fluktuation nicht nachweisbar. Radiogramme:
Fig. 1. Dorsalaufnahme. 4 Wochen nach Beginn des Fiebers.
Knochenschatten etwas transparenter als normal; etwas unterhalb der Mitte ein paar helle Flecken
mitten im Knochenschatten. Zu beiden Seiten des eigentlichen Knochenschattens blassere bandfórmige
Streifen, der mediale (links) wird gegen die Mitte zu sehr breit und verklingt unterhalb der Mitte all-
máhlich (Periostitis ossificans).
Fig. 2. Lateralaufnähme. 4 Wochen nach Beginn des Fiebers.
Die obere Hälfte des auf dem Bilde befindlichen Femurs annähernd normal, Corticalis und
Markhöble sind differenziert. Das distalste Viertel der Femurdiaphyse hingegen ist fleckig, verschwommen,
das typische Bild akuter Knochenatrophie (Sudeck) jedoch in mässiger Ausdehnung. Auf ossifizierende
Periostitis hindeutende Schatten sind in dieser Projektion weniger deutlich. Von einem sich demarkierenden
Sequester ist nichts zu sehen, doch beachte man, dass an dem Dorsalkontur oberhalb der Mitte eine kleine
Unterbrechung der Corticalis zu konstatieren ist. — Therapie abwartend.
Fig. 3. Lateralaufnahme. 12 Wochen nach Beginn des Fiebers.
Die scheckige Atrophie ist im grossen und ganzen wieder gewichen, wenn auch an der Meta-
physe noch eine geringe Fleckung besteht. Dorsal proximal hat sich eine ee Verdickung und
Ossifikation des Periostes gebildet, die distalwürts ziemlich plótzlich abbricht. Von da bis zur distalen
Epiphysenfuge nur stellenweise noch blasse Andeutungen von Periostverknócherungen. Dorsal (Mitte des
Bildes) scheint sich ein Sequester herausbilden zu wollen, doch ist derselbe noch nicht genug abgegrenzt,
um positiv sicher konstatiert werden zu kónnen.
Fig. 4. Lateralaufnahme. 24 Wochen nach Beginn des Fiebers.
Das Bild lässt keinen Zweifel darüber, dass an der dorsalen Femurpartie sich ein mässig grosser
Corticalissequester gebildet hat, der auch bereits gut demarkiert zu sein scheint. Die periostale Osteophyt-
bildung hat dorsal eher ab als zu genommen, dagegen lüsst sich auch ventral solche nachweisen. Ausser-
dem leichte Krümmung des ganzen Femur mit der Konvexität ventralwärts. Die Knorpelfuge scheint
intakt geblieben, Epiphyse des Femur und der Tibia scheinen etwas kalkarm; der Epiphysenfleck deut-
lich erkennbar. Sequestrotomie. Radiogramm des entfernten Sequesters s. Textfigur 19.
Figg. 5, 6, 7, 8. Osteomyelitis acuta.
8jähr. Mädchen, von gesunden Eltern stammend, gesunde Geschwister. Patientin war bisher
noch nicht ernstlich krank, bis sie vor 10 Wochen (vor Róntgenaufnahme Nr. 5) von einer 2!/, m hohen Brücke
herunter auf das rechte Knie fiel; das Kind konnte nicht mehr gehen, hatte starke Schmerzen bei der
geringsten Berührung; das untere Ende des Oberschenkels schwoll mit der Zeit immer dicker an. Auf-
nahme ins Krankenhaus. — Hohe Empfindlichkeit des rechten Beines, welches in der Gegend des Knie-
gelenkes und unterem Drittel des Oberschenkels geschwollen ist und sich prall und heiss anfühlt.
Temperatur abends 38,9 Grad. Das zuerst aufgenommene Radiogramm s. Textfigur 17. Die Konturen des
unteren und mittleren Femur, der obere Teil der Tibia und Fibula erscheinen verschwommen und eine
Spur fleckig. Die scheinbare Verlängerung des Beines rührt nur von der Projektion des kontrahierten,
infolgedessen plattenferneren Knies her, ebenso ist die Schwellung durch diesen Umstand übertrieben
zur Darstellung gekommen. — Da Fluktuation bald sicher festzustellen war, wurde wenige Tage später
Operation vorgenommen. Incision medial distal, Entleerung massenhaften grünlichen Eiters von opales-
zierendem Aussehen mit Fetttropfen. Der Eiter drang auf Druck von aussen auch aus der Gegend des
Kniegelenkes hervor, der sondierende Finger fand den Knochen frei vom Periost, das Planum popliteum
rauh. Da Eiter durch die Corticalis hervordrang, wurde dieselbe am inneren unteren Femurrande auf-
gemeisselt, die Markhóhle mit dem scharfen Löffel möglichst weit ausgekratzt und mit Jodoformgaze
tamponiert. Bakteriologische Untersuchung ergab nur Staphylokokken. Nach der Operation sank die
Temperatur auf 37?, abends 37.99. |
Fig. 9. Lateralaufnahme. 8 Wochen nach Aufmeisselung des Femur.
10 Wochen nach Beginn der Erkrankung. Die spindelfórmige Aufhellung ventral, Mitte, rührt
von der noch offenen Weichteilwunde her. Bei der Beurteilung der anderen transparenten Stellen ist zu
134 Tafel IV.
bedenken, dass ein grösserer Teil der Corticalis weggemeisselt war. Es sind beiderseits des Femur an-
liegende dunkle Schattenstreifen, ossificiertes Periost, festzustellen, dorsal mächtiger als ventral. Hoch-
gradigo Fleckung der ganzen unteren Diaphysenhälfte, die zum Teil von der Periostschale, zum Teil von
er Corticalis herzurühren scheint. Es ist zweifellos, besonders in der metaphysären Partie, floride Knochen-
atrophie vorhanden, doch ist es schwer, die einzelnen verworrenen, fleckigen und geradlinigen Schatten zu
deuten. In der Epiphysenlinie scheint eine Lockerung, eine Verschiebung, stattgefunden zu haben, die
verhängnisvoll für die Prognose sein könnte. Ä
Da wieder abendliche Temperaturerhöhungen bestehen, die dunkleren geraderen Schattenpartien
im Radiogramm, Fig. 5, auf Sequester sind, so wird ein weiterer Eingriff in Narkose vor-
genommen (12 Wochen nach Unfall), wobei 3 Sequester, einer von 5 cm Länge, einer von kugeliger Ge-
stalt und einer von Pflaumengrösse entfernt werden. Keine Abendtemperaturerhöhungen.
Fig. 6. Laterale Aufnahme 5 Tage nach dem zweiten operativen Eingriff
(Sequestrotomie).
Die transparente Partie rührt zum gróssten Teil von der Weichteilwunde, zum kleineren von
den entfernten Knochenteilen her. Weniger fleckige verschwommene Schattenzeichnung. Periostschatten
schmäler, dunkler, bestimmter. Stellung zur Epiphyse besser.
Nach 8 weiteren Wochen wird das Kind entlassen, da kein Fieber mehr, Wunde fast ganz ge-
schlossen und nur wenig sezernierend. Nach llwóchigem Aufenthalt zu Hause wird das Kind wieder-
gebracht, da reichlichere Sekretion und Schwellung vorhanden. Mit der Sonde gelangt man epiphysen-
wirts auf rauhen, nachgebenden Knochen. Róntgenuntersuchung:
Fig. 7. Laterale Aufnahme. Sequester über der Epiphysenfuge.
Das Bild zeigt mitten im Femurschatten eine kleine ganz durchlüssige Stelle, sie entspricht der
durch ein Drain bisher offengehaltenen Wunde; die grössere längliche, etwas hellere Stelle, die die erst-
genannte transparente Partie zum grössten Teile umgiebt, entspricht den aufgemeisselten Partien; Corti-
calis und Periost haben sich geglättet und geben präzise dunkle Schatten; nach radiographischen Er-
fahrungen ist anzunehmen, dass hier kein reaktiver Prozess mehr im Khochen statthat, wohl aber findet
man unten über der Knorpelfuge einige unregelmässige Flecke, die nicht ganz sicher zu deuten sind,
aber Demarkationsräumen um kleine Sequester herum entsprechen könnten. Operation: Von der alten
Narbe aus unter Leitung der Sonde wird auf den Knochen vorgegangen; der unterste Teil der medialen
Diaphysenwand wird angemeisselt und ein paar kleine Sequester entfernt; Auskratzung mit scharfem
Löffel. — Nach 12 Wochen schloss sich die Sekretionsstelle.
Fig. 8 Laterale Aufnahme. Heilung des Prozesses.
Man sieht keine fleckigen, keine verschwommenen Stellen mehr. Alle Konturen sind kräftig
und scharf ausgesprochen. Markhöhle etwas verengert, Corticalis stark verdickt, stellenweise sicher
osteosklerotisch. Unterer Teil der Diaphyse hat sich jedoch im ganzen ziemlich stark gekrümmt.
Fig. 9. Coxitis osteomyelitica sanans.
12jähr. Knabe. Vor 1 Jahre Hüftgelenksentzündung mit Fieber. Jetzt vollständige Fixation
in der Hüfte. Verkürzung um 2 cm, leichte Beugekontraktur. Radiogramm dorsal, medial: Beckenseite
stark geneigt. Untere vordere Partie des Pfannencavums unscharf; kein normaler Gelenkspalt; Femur-
normal bis auf Caput. Dasselbe ist auffallend klein, hat unscharfe Konturen und ist vom Hals durch
einen sehr breiten Spalt getrennt, der sicher keiner normalen ee entspricht. Das Bild ist wohl
so zu deuten, dass die Kopfepiphyse, abgelöst in der Fuge, allmählich aufgelöst wird.
Fig. 10. Coxitis osteomyelitica sanata.
10jähr. Knabe, sonst immer gesund, bis vor 16 Monaten er plötzlich unter hohem Fieber mit
den Zeichen einer Hüftgelenksentzündung erkrankte. Extensions- und Gypsverbände. Nach 6 Monaten
habe. er wieder umhergehen können. Jetzt keine Beschwerden, die Eltern bringen den Knaben nur, da-
mit sein hinkender Gang behoben werde. Gesund aussehender Knabe. Rechtes Bein in Hüfte in Ab-
duktion und Aussenrotation, Flexion fest fixiert. Beim Abtasten des Gelenks, auch an den bekannten
Druckpunkten, kein Schmerz. Zwei Finger breit unter dem Tuber ischii eine kaum sezernierende, glatte,
gut aussehende Fistel. Radiogramm dorsal, medial: Beckenhälfte stark geneigt. Atrophie der Knochen
der Pfannengegend; Pfannencavum von unregelmässig zackiger Kontur. Betr. der Zeichnung medial
unten an der Pfanne s. Seite 22. Grosser breiter Gelenkspalt. Caput femoris eigenartig grosszackig
konturiert, jedenfalls fehlen grössere Stücke von ihm; der.übriggebliebene Teil ist kalkarm, aber nicht
verschwominen, sondern zeigt sichere, bestimmte Bälkchenzüge. Der Hals und die Trochanterenpartie
zeigen einen sehr intensiven gleichmüssigen Schatten (Osteosklerose).
Figg. 11, 12, 13.
8jähr. Knabe, erkrankte vor 9 Wochen unter hohem Fieber, Schmerzen in beiden Fussgelenken.
Tibien unregelmässig aufgetrieben; schon bei leisem Druck sehr schmerzhaft. An 1. Tibia unten und
oben durchbrochene, granulierende, Eiter entleerende Stellen. ER. Tibia nur im unteren Drittel auf-
getrieben, verdickt und schmerzhaft. Radiogramme zeigen mächtige Osteophytenbildung, stellenweise
durchbrochen (Fig. 11, links unten), stellenweise von der Corticalis abgehoben (Fig. 13, unten), viele
Kloaken (Figg. 11 u. 12), zum Teil mit Sequestern (Fig. 12, Mitte); in Fig. 13 akute fleckige Atrophie.
Operation links (Figg.12u.13). Man kommt auf osteophyten, teils Fisteln bergenden, unregelmässig gestalteten
Knochen; subperiostal über der ganzen Rinde eitrig zerfallende Massen. Abschaben mit scharfem Löffel,
Aufmeisselung des Knochens der Länge nach; Corticalis ziemlich morsch, weil Kloaken mit Eiter gefüllt
und kleinen Sequestern. Rechte Tibia (Fig. 11) zeigt nur zerstreute Eiterherde, keine Sequester. —
Schnelle Heilung. Verfasser hielt die Radiogramme, obgleich sie keine Femora darstellen, für instruktiv
genug, sie hier zu bringen, da diese Verhältnisse sicher auch am Femur auftreten können.
—
Köhler: Iüftgelenk und Oberschenkel
Neue Photogr. Gesellsch. A-G. Berlin-Steglitz
TE SEI
Tafel IV.
Tafel V.
Fig. l. Coxitis sinistra incipiens. 6jühr. Knabe. Freiwilliges Hinken seit neun Monaten.
Schwellung der 1. Húfte. Abendliche Temperaturerhöhungen bis 399. I. Bein steht flektiert etwas
abduciert und 15 Grad auswärts rotiert. Bei allen Bewegungen, die man mit dem l. Oberschenkel vor-
nimmt, geht das Becken mit. Druck auf die l. Hüftgegend schmerzhaft, bei Bewegungsversuchen am Hüft-
gelenk treten Schmerzen im Knie auf. Eine Verkürzung des l. Beines lüsst sich nicht positiv sicher
nachweisen. Radiogramm (Dorsalbild, man sieht also gewissermassen von hinten durch das Becken durch,
die linke Seite des Bildes entspricht also auch der linken Hüfte): Foramenobturatumlumen etwas kleiner
als rechts, die 1. Beckenhälfte ist also in übernormaler Neigung projiziert, wofür auch das stärkere Her-
vortreten der Spina ischiadica spricht (trotzdem Becken in der Frontalebene nicht schief steht) Kon-
figuration der Pfannengegend und des Femur im grossen und ganzen normal, jedoch sind die sümtlichen
Kuochieupartion. die innerhalb der Gelenkkapsel liegend anzunehmen sind, viel weniger intensiv schatten-
werfend als auf der gesunden Seite. Das trıtt besonders markant an der oberen Partie hervor. Während
auf der gesunden Seite der sog. Gelenkspalt (Gelenkknorpel entsprechend) kräftig gegen Kopfepiphyse
und oberen Pfannengrund kontrastiert, finden wir links blasse, verschwommene Zeichnung. Auch der
distalere Femurschatten ist eine Spur weniger kräftig als rechts, seine Corticalis etwas dünner. Nach
Plus ist anzunehmen, dass es sich hier um auf die Synovialis beschränkte Gelenkstuberkulose
andelt. —
Fig. 2. Tumor albus genu. 56jähr. Frau, Vor elf Monaten suchte Pat. zum ersten Male
wegen ihres Knies einen Arzt auf, seither von vielen Arzten und Heilkünstlern behandelt. — Kränklich
und blass aussehende Patientin, am Sternum alte Narbe, dort sei ein Geschwür aufgeschnitten. Knie ge-
beugt in 155 Grad, stark geschwollen, Tumor von praller Konsistenz, Kniescheibe fixiert, auf Druck ziem-
lich schmerzhaft, Haut über Tumor angespannt, weiss, sonst ohne Besonderheiten. Unter der Patella
Fluktuation. Klin. Diagnose: Typischer Tumor albus, prüpatellarer Abscess. Radiogramm: Schatten
der Knochen weniger gegen Weichteile kontrastierend als normal. Weichteilschatten ums Knie herum
kráftiger als der Norm entsprechen würde. Spalt zwischen Femurcondylus und Patella verschmälert
(Knorpelschwund). Patellaschatten sehr fleckig besonders oben und unten; ist weniger als akute Atrophie,
vielmehr als durchsetzt mit fungösen Granulationen zu deuten (da Flecken sehr unregelmässig). Knochen
des Femur, der Tibia und Fibula scheint nirgends zirkumskript arrodiert bezw. zerstört, doch überall sehr
lichtdurchlässig, ohne Fleckung. Röntgendiagnose: Teilweise Zerstörung der Patella, Atrophie aller dem
Gelenk benachbarten Knochen, Schwellung und Verdichtung der Gelenkkapsel, besonders vorn oben über
der Patella. Operation (San.-R. Cramer): Eröffnung der fluktuierenden Stelle vor der Patella, es entleert
sich dünnflüssiger bröckeliger Eiter, der Abscess geht in die Patella hinein, Patella osteoporotisch mit
fungösen Herden durchsetzt; Spaltung der Patella, Eindringen ins Gelenk. Knorpelflächen dünn, aber
ohne Granulationen, Synovia zeigt durchweg starke Verdickung mit reichlichen fungösen Massen, die vom
136 l Tafel V.
Kapselansatz bis an die Knochen reichen. Resektion: Knorpelüberzüge von Femur und Tibia scheinen
normal bis auf mittelste Partien, wo entzündliche Hyperámien. Gelenkkapsel auch dorsal hochgradig
ausgedehnt fungós. Absügung eines 2 cm dicken Stückes des Femur, 1 cm dicken Stückes der Tibia.
Knocheninneres ohne fungöse Herde, Spongiosa ganz gleichmässig rareficiert, aber nicht hochgradig.
Figg. 8und 4. Coxitis mit Knochenherd im Caput femoris. 9jähr. Knabe, dessen Mutter
an Phtise gestorben, hinkt seit 41/, Monat (vor Réntgenaufnahme 3). Keine Klagen. Normale Beweglich-
keit ausser beschränkter Abduktion. Selbst bei grösstem Anstrengen, bei Druck auf die Gelenkgegend,
bei kräftigem Stoss gegen Fusssohle hat Pat., wie er angiebt, nicht die geringsten Schmerzen. Verkürzung
des Beines um 1 cm nachzuweisen. Sehr starker Verdacht auf Coxa vara; Coxitis wird erwogen, aber
für sehr unwahrscheinlich gehalten. Radiogramm: Dorsalaufnahme. Normaler Kalkgehalt aller Knochen
im ganzen. Pfannenpartie anscheinend normal, auch der unregelmässige Kontur der oberen hinteren
Pfannenbegrenzung ist als normal anzusehen. Thränenfigur (vgl. S. 16—23) sehr scharf, normal. Femur
normal bis auf Kopfepiphyse; dieselbe zeigt im ganzen normale Kalkimprügnation, jedoch ist sie flach
zusammengedrückt, zeigt Unregelmüssigkeit ihrer Peripherie und eine helle Stelle in ihrem Inneren, etwas
medialwürts. Dieselbe scheint mit dem Gelenkspalt zu kommunizieren. Es wurde auf Grund des Róntgen-
bildes angenommen, dass es sich um zweifellose ossale Coxitis handelt, dass die zirkumskripte helle Stelle,
die ungefáhr senkrecht zur Epiphysenlinie steht, ein fungóser Herd ist, resp. dass hier der Knochen von
fungósen Massen entkalkt ist. Der Herd ist noch nicht in das Gelenk durchgebrochen, soviel muss man
aus dem klinischen Befund entnehmen. Auf dem Röntgenbild kann man (am Original) noch eine ganz
dünne Corticalisschicht zwischen Herd und sog. Gelenkspalt finden, aber selbst, wenn diese nicht da
wäre, kann der über dem Herd liegende Gelenkknorpel noch nicht durchbrochen sein. Diese Verhältnisse sind
also bei jedem Radiogramm ähnlicher Art zu berücksichtigen. Jedenfalls war nach diesem Radiogramm klar,
dass Ruhigstellung und Entlastung des Femur so schnell wie möglich eintreten mussten. Der Erfolg
blieb nicht aus, wie der weitere Verlauf zeigte. Monatelange Ruhigstellung und dann ein Hessingscher
Gehverband haben den Prozess vollständig sistiert, und es ist anzunehmen, dass derselbe einer guten
klinischen Heilung entgegengeht. Fig. 4 zeigt den Befund 15 Monate später als Fig. 3. Derselbe klinische
Befund, vollständige Beweglichkeit mit mässiger Beschränkung der Abduktion. Beckenknochen ohne
POE Befund. (Erklärung der Zeichnung der Umgebung der Pfanne s. S. 18 unten Anmerkung.)
Die Kopfepiphyse ist noch flacher, sieht etwas zerklüfteter aus, fast wie in einzelne Sticke zerteilt.
Trotzdem bewei auch hier der klinische Befund, dass ein Durchbruch ins Gelenk nicht stattgefunden
haben kann. Es ist also zu schliessen, dass der den Kopf bedeckende Gelenkknorpel den knócheren
Inhalt der Epiphyse schützend umschliesst. Dafür, dass der Prozess seit Fig. 3 nicht zugenommen hat,
spricht noch in der Hauptsache das Ausbleiben jeder Knochenatrophie bisher. — Es ist klar, dass noch
nicht jede Gefahr eines Durchbruches resp. einer Exacerbation ausgeschlossen ist, doch ist solches bei
geeigneter Weiterbehandlung unwahrscheinlich. Einen recht analogen Befund und Verlauf bot ein Fall,
dessen Radiogramme in den
Figg. 8 und 9. Coxitis (und Coxa vara rachitica) wiedergegeben ist. Die ausführliche
Krankengeschichte findet sich Tafel X, Fig. 2. Hier sei nur erwähnt, dass die Patientin wegen Hüft-
gelenksentzündung von dem behandelnden Arzte dem Krankenhaus überwiesen wurde. Das sofort auf-
genommene Radiogramm zeigte ausser Schenkelhalsverbiegung eine Zerteilung und Breitdrückung des
Femurkopfes. Nach Abnahme des Gipsverbandes war ausser Beschränkung der Abduktion vollständig
nn Beweglichkeit vorhanden, die heute, zwei Jahre später, noch vorhanden ist, s. Radiogramm 9. Coxitis
tuberculosa?
Fig. 5. Tumor albus. Caries des Condylus externus femoris. 13jähr. Mädchen. Un-
gleichmässiger Gang seit 2 Jahren 11 Monaten. Nach 9 Monaten zum erstenmal in Behandlung. Damals
Knie in 140 Grad Beugung fixiert; typischer Tumor albus. Gipsverbände in möglichst gestreckter Stellung;
zeitweise Jodoformglycerininjektionen. Im Laufe der nächsten Jahre Besserung langsam fortschreitend.
Ein jetzt angefertigtes Radiogramm ergiebt zwar eine gleichmässige Atrophie aller Nachbarknochen des
Kniegelenks, aber doch zeigen dieselben eine scharfe, klare, bestimmte Struktur, keine fleckige, scheckige
Zeichnung mehr wie bei florider Tuberkulose. Sehr schön sieht man, wie der plattennahe Condylus in
seiner tibiawärts gerichteten Partie angenagt, angefressen ist. Es ist als sicher anzunehmen, dass
hier fungöse Usuren vorliegen. Ein operativer Eingriff war bei dem milden zur Heilung neigendem Ver-
lauf nicht indiziert.
Figg.6und 7. Osteomyelitis acuta colli femoris. 12jähr. Knabe; erkrankte vier Wochen
(vor Aufnahme von Radiogramm 6) unter hohem Fieber; Schmerzen und Steifigkeit in der r. Hüfte. Ra-
diogramm zeigt normale Knochenschatten ausser am Collum femoris zwischen Kopfepiphysenfuge und
Crista intertrochanterica; hier fleckige, scheckige, verschwommene Zeichnung. Diagnose akute Osteomye-
litis des Schenkelhalses, Fig. 7. Casus idem. 1 Jahr später. Es war kein operativer Eingriff gemacht
worden, doch ist seit acht Wochen eine Fistel aussen über dem grossen Trochanter aufgebrochen. Das
Radiogramm zeigt leichte Atrophie der Pfannengegend, periostitische Schatten um den Trochanter major
und einen grösseren durchsichtigen Herd im Hals, der von der Epiphysenfuge gegen den Kopf
abgegrenzt ist, dagegen scheint er innen unten bis an die Aussenfläche zu reichen. Tatsächlich war auch
vor ca. !/, Jahr ein rusas im Gelenk vorhanden gewesen, wie Fig. 20, Tafel II zeigt. Letztere, ebenso
wie Figg. 6 und 7 sind Dorsalaufnahmen bei medialer Projektion.
Fig. 10. Femur eines 5jähr. Kindes bei Myxödem. 5jàühr. Mádchen von kleiner Statur,
verminderter Intelligenz, glatter gespannter Haut im Gesicht und Handrücken, kaum aufgetriebene Gelenk-
gegenden. Es war vom Hausarzt Rachitis, von einem hinzugezogenen Kinderarzt Myxódem angenommen
worden. Radiogramme der Hand, die von dem Handwurzelknochen nur einen 2 mm grossen Knochenkern
des Os capitatum zeigten, also eine bedeutende Entwickelungsverzógerung, sicherten die Diagnose Myx-
ódem. Femur, Fig. 10, relativ schlank in der Mitte, breit an den Diaphysenenden, entspricht nach der
Ossifikation des Caput femoris einem 1—2jáhr. Kinde. Am distalen Diaphysenende zwei dichte parallele
Querstreifen (vgl. S. 33, Hofmeister).
—— 9
Köhler: Hültgelenk und Oberschenkel. Tatel V.
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Neue l'hotogr. Gesellseh. Berlin-Nteglitz Verlag von Lucas Gráfe « Sillem in Hamburg.
Tafel VI.
Fig. l. Coxitis tuberculosa gravis mit Sequester.
6jähr. Mädchen; hereditär belastet. Seit 1 Jahr Hinken und Schmerzen im linken Bein. Da-
mals mehrere Wochen Streckverband. — Linkes Bein in starker Flexions- und Adduktionskontraktur.
Gegend des Hüftgelenks ist verdickt. Scheinbare Verkürzung des Beines von 3—4 cm. Trochanter in
Roser-Nelatonschen Linie. Fixation im Gelenk. Schmerzen bei Berührung. Linke Beckenhälfte wird
hochgezogen gehalten. Radiogramm: dorsal. Hochgradige Atrophie aller Knochen, besonders der Hüft-
gelenksgegend und des Femur. Pfannephóhlung nicht scharf differenziert. Oberer Teil des Femurkopfes
und -halses unregelmássig gefleckt, nach lateral und oben ohne scharfe Grenze. Corticalis des
Femur im übrigen dünn, aber scharf im Bilde sich abhebend. Röntgendiagnose: ossale und synoviale
Coxitis. Operation (Dr. Pagenstecher): Schnitt über Trochanter. Durchtrennung der verdickten Kapsel,
Entfernung von zwei kirschgrossen pyramidenförmigen Sequestern der Corticalis vom hinteren Teil des
Schenkelhalses und -kopfes. Gelenkkapsel teilweise auch ohne fungöse Granulationen.
Fig. 2. Coxitis sanata.
40jähr. Frau, scheint nicht hereditär belastet. Mit 10 Jahren habe sie sich eines Abends voll-
kommen wohl zu Bett gelegt, am anderen Morgen war ihr l. Bein zu kurz, dazu Ubelsein, kein Fieber,
heftige Schmerzen. Ein Jahr Bettlager, ein Jahr lang Gang in Krücken. Nach letztem Wochenbett vor
10 Jahren wieder Schmerzen in l. Hüfte, besonders kniewürts. - Gang hinkend. Bein etwas adduziert,
scheinbar stark verkürzt; l. Spina hóherstehend als rechte, Oberschenkel leicht kontrahiert. Vollstándige
Fixation. Verkürzung 2!|, cm. Radiogramm dorsal, innerer Fussrand senkrecht zur Unterlage, Knie
130 Grad gebeugt. Becken abnorm geneigt auf l Seite. Mässige Atrophie der Pfannengegend und des
distalen Femurendes. Pfannenhóhlung und Gelenkkontur des Kopfes nicht zu erkennen, kein Gelenk-
spalt. Kopf etwas nach oben lateral herausgedrüngt. Oberer Pfannenrand weit nach lateral hervorragend.
leine Knochenwülste am unteren Rand des Kopfes Röntgendiagnose: Vollständiger Schwund des Ge-
lenkknorpels, stellenweise Synostose, leichte Deformation des Kopfes und des Pfannenrandes. Es ist nicht
unmöglich, dass es sich um akute Osteomyelitis im 10. Jahre gehandelt hat. Patientin nimmt jährlich
4 Wochen lang Wiesbadener Kochbrunnenbäder und fühlt sich jedesmal im Gelenk besser.
Köhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 18
138 Tafel VI.
Fig. 3. Coxitis recens.
10jähr. Knabe. Seit 11 Wochen fällt den Eltern auf, dass der Junge hinkt. Patient sieht sehr
blass aus. Verkürzung des r. Beines um 1!/, cm. Beweglichkeit im Hüftgelenk ganz frei bis auf leicht
beschränkte Abduktion. Stoss gegen die Ferse etwas schmerzhaft. Radiogramm: Pfanne und Umgebung
normal, Femur normal bis auf Kopfepiphyse. Dieselbe sieht wie plattgedrückt aus. In ihrem Innern
eine cireumskripte Aufhellung, die als Herd zerstörter Spongiosa zu deuten ist. Das Leiden ist also vor-
läufig noch auf den Knochen allein beschränkt, dafür spricht ausser den klinischen Symptomen auch das
Fehlen nennenswerter Atrophie der Knochen. Analogen Fall s. Figg. 3 u. 4, Tafel . V.
Fig. 4. Coxitis sanata.
20jàhr. Schriftsetzer. Keine hereditäre Belastung. Mit 13 Jahren Anschwellung der Hüfte,
bald konnte er nicht mehr gehen, 2 Jahre kränklich. Streckverbände etc., allmähliche Verkürzung des
Beines. Blass (bleikrank?) aussehender junger Mann, starke Verkürzung des 1. Beines, massige Abmage-
rung der Oberschenkelmuskulatur. An Hüfte lateral und dorsal verschiedene Incisionsnarben. Glutäen
sehr abgemagert. Patient geht aufhohem Schuh tadellos, ohne Schmerzen; kann bequem auf dem kranken
Bein stehen. — Vollständige Fixation im Hüftgelenk. Im bequemen Liegen ist krankes Dein ca. 130 Grad
gebeugt im Knie. Radiogramm bei Rückenlage, rechte (esässseite etwas erhöht, linke der Platte näher ge-
bracht. Knie flektiert bei 130 Grad. Innerer Fussrand senkrecht zur Unterlage. Das Radiogramm zeigt
die Schatten des horizontalen Schambeinastes und unteren Sitzbeinastes sich deckend (maximale Becken-
neigung). Spina ischiadica deutlich, Thränenfigur verzerrt, aber deutlich. Pfannenhöhlungsbogen un-
regelmässig. Kopf des Femur scheint verkleinert, Hals walzenförmig. Ganzes distales Femurende
rarefiziert.
Fig. 5. Coxitis recens.
6jähr. Knabe. Keine hereditäre Belastung. Gesund bis vor 14 Monaten, Damals Klagen an
r. Hüfte; dreimal je 6 Wochen Streckverband; seit 6 Monaten Hinken, Klagen nehmen zu. Scheinbare
Verlängerung des kranken Beines. Vollständige Fixation im Hüftgelenk. Röntgenaufnahme in Dorsal-
lage bei Aussenrotation und gebeugtem Knie. Leichte Atrophie der etwa innerhalb des Gelenks liegenden
Knochenteile. Im Femurhals infarktähnliche aufgehellte Zeichnung, Caput femoris scheint an seiner
Oberfláche leicht verunstaltet.
Fig. 6. Coxitis sanata.
13jähr. Knabe. Vor 8 Jahren schwere Hüftgelenksentzündung. Vollständige Fixation. Ver-
kürzung 7 cm. Linkes Bein im Wachstum stark zurückgeblieben. Beugekontraktur. Radiogramm in
Dorsallage bei gebeugtem Hüft- und Kniegelenk. Os pubis und Os ischii decken sich zum Teil. Pfannen-
hóhlung an verschiedenen Stellen stark ausgebuchtet, Pfanne also vergróssert. Caput femoris mässig
verbildet, zeigt kräftigen Kalkgehalt, feste neue Spongiosabälkchenzüge, ebenso Trochanterpartie. Nirgends
mehr erhebliche Atrophie.
Fig. 7. Status post resectionem propter coxitim.
47jähr. Frau. Keine hereditäre Belastung. Vor 19 Jahren wurde ihre r. Hüfte krank; selten
Bettruhe. Bäder. Vor 11 Jahren Operation, Wunde blieb 3 Monate offen, habe sehr stark geeitert.
Schloss sich, brach dann oft wieder auf. — Verkürzung des Beines 4!/, cm, Troch. major ebensoviel
über der Roser-Nelatonschen Linie. Narbe 15 cm lang, hinten, ohne Reaktion. Vorn in Schenkelbeuge
kleinste Fistelnarbe. Vollständige Fixation in l5grädiger Auswärtsrotation. Róntgenaufnahme (dorsal)
zeigt kein Hüftgelenk, keinen Kopf, keinen Hals, dafür eine mächtige Knochenmasse mit wirren, dabei
aber kräftigen und einer gewissen Regelmässigkeit nicht entbehrenden Bälkchenzügen, die sich stellen-
weise rechtwinklich zu kreuzen scheinen. Die Operation vor 11 Jahren scheint eine Resektion des Kopfes
und der Hälfte des Halses gewesen zu sein, doch konnte leider trotz aller Nachforschungen keine ganz
sichere Feststellung erfolgen.
Fig. 8. Coxitis sanata.
34jähr. Tapezierer. Anamnestisch ist nichts Sicheres zu erfahren, da Patient sein Hüftleiden
auf einen Unfall vor kurzer Zeit zurückführen will, früher (mit 8 Jahren) nur den Oberschenkel ge-
brochen haben will. Patient leidet an tuberkulóser Peritonitis. Das Hüftradiogramm zeigt Fehlen des
Kopfes und der Hälfte des Halses, vollständige Synostose des restierenden Halsteiles mit der Pfannen-
partie; die Struktur des Femur geht in die des Hüftbeins direkt über. Starke kompensierende Becken-
neigung. Keine Andeutung von Knochenatrophie. Es kann absolut nicht der. geringste Zweifel bestehen,
dass es sich um eine alte ausgeheilte Coxitis handelt.
Fig. 9. Status post resectionem propter.coxitim.
l4jähr. Knabe. Vor 3 Jahren Resektion. Sehr erhebliche Verkürzung. Radiogramm zeigt
extreme Beckenneigung, Knochenatrophie; der intertrochantere Teil des resecierten Femur scheint sich
gegen den oberen Pfannenrand zu stützen. (8 Jahre spüter Exitus.)
Fig. 10. Coxitis sanans.
13jähr. Mädchen; keine hereditäre Belastung. Vor 5 Jahren Beginn des Hinkens, Schmerzen
in der Hüfte. Kein Fieber. Streckverbände, Gipsverbände; seit zwei Jahren keine Verbände mehr.
Längeres Gehen beschwerlich. Oberschenkelmuskulatur abgemagert. Starkes Hinken; Stehen auf dem
kranken Bein nicht möglich. Starke Lendenwirbelsäulenlordose. 3 cm Verkürzung des Beines. Vollständige
Fixation im Hüftgelenk. Radiogramm bei Dorsallage. Sandsack unter der lordotischen Partie, mehrere
unter dem stark flektierten Knie. Innerer Fussrand senkrecht zur Unterlage. Hüfte in starker Becken-
neigung projiziert, Spina ischiadica sehr deutlich. Pfannenhöhlung nicht ganz unregelmässig, Kontur
des Kopfes an vielen Stellen wie angenagt (auf der Reproduktion kaum zu erkennen!). Ganzes Femur
etwas rarefiziert, vor allem aber sehr zart; im Wachstum zurückgeblieben.
Köhler: Hüftgelenk und Oberschenkel. Tafel VI.
Neue Photogr. Gexellsch, AzG. Berlin-Steglitz Verlag von Lucas Gräfe & Sillem in Hamburg.
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Tafel VII.
Fig. 1. Gelenkknorpelschwund am Knie (Arthritis chronica).
72 jähriger Mann. Vor 30 Jahren Bruch der Tibia, seither trotz jährlicher Moor- und anderer
Bäder zunehmende Versteifung im Kniegelenk. Aktive Bewegungen stark beschränkt, passive mit starkem
Schleifen und Knarren etwas ausgiebiger. Das Radiogramm lässt nur einen ganz schmalen helleren Ge-
lenkspaltstreifen erkennen, ein Beweis, dass die Gelenkknorpel hochgradig und glatt abgeschliffen sind.
Die Condylen zeigen an ihren seitlichen Begrenzungen leichte höckerige Veränderungen.
Figg. 2 und 4. Osteoarthritis deformans traumatica,
95 jáhr. Schreiner. Vor 10 Jahren Sturz aus 7 Meter Höhe auf die Hiifte. '/, Tag bewusstlos.
6 Wochen Streckverband, weitere 6 Wochen Bettruhe ohne Verband. Jetzt guter Zustand, geringes
Hinken, geringe Verkürzung. Gesund aussehender Mann, Schmerzen nur bei Druck vorn auf die Gelenk-
gegend. Betrichtliche Abmagerung des Oberschenkels; 2!/, cm Verkürzung des Beines. Auswärtsrotation
kaum beschränkt, Innenrotation erheblicher. Abduktion behindert, Beweglichkeit in gewissen Grenzen
im Hüftgelenk vorhanden. Spinae ant. sup. in gleicher Höhe stehend. Palpatorisch fühlt man in der
grossen Trochantergegend einen mächtigen Tumor. Radiogramme: Fig. 2 dorsale Aufnahme: Pfannen-
höhlung erscheint verkleinert, oberster Pfannenrand stark deformiert, Caput femoris flachgedrückt, nach
oben nicht genau zu begrenzen. Femurhals erscheint ganz kurz projiziert, Trochanter major stark rare-
ficiert, Crista intertrochanterica selten markant hervortretend, Trochanter minor in voller Grösse (Aus-
wärtsrotation des Beines!). Um den grossen Trochanter herum vom oberen Pfannenrand aus ein dunkler
dünner Schattenstreifen, der nur eine paraartikuläre Ossifikation darstellen kann. Fig. 4. Ventralauf-
nahme: Oberer Pfannenrand weit hervorspringend (deformiert), Pfannenhöhlung scheint verkleinert, oberer
Teil des Caput femoris stark abgeflacht, verbreitert, nach oben aussen über die Pfanne hervorragend,
Hals scheint etwas verdickt, kein paraartikulärer Schatten hier zu entdecken. Diagnose: Osteoarthritis
deformans mit paraartikulüren Ossifikationen im Anschluss an traumatische Epiphysenlockerung (Schenkel-
halsinfraktion ?).
Fig. 3. Osteoarthritis deformans traumatica.
32 jähr. Pflasterer. Gesund bis auf eine Rippenfellentzändung vor 20, und eine Lungen-
entzündung vor 10 Jahren. Vor 5 Jahren wurde Patient in dem Augenblick von einem Erdrutsch ver-
schüttet, als er sein Bein schnell wegziehen wollte. Verrenkung der Hüfte; er musste transportiert
werden. Am nächsten Tag habe Arzt Einrichtung gemacht, doch nicht vollkommen. 4 Wochen später
von einem Chirurgen eingerichtet. 10 Wochen Streckverband. Seither Bein allmählich etwas kürzer und
zunehmende Steifigkeit in der Hüfte. Patient knickt beim Gehen ein wenig nach links ein, kann dabei
das betr. Knie nicht vollständig strecken. Geringe aktive Beweglichkeit im Hüftgelenk. Abduktion
stark beschränkt, Rotation weniger beschränkt. Beim Stehen auf dem kranken Bein sinkt die gesunde
Hüfte herab. Oberschenkelmuskulatur gering abgemagert. Trochanter major 2 cm über der Roser-
Nelatonschen Linie. Radiogramm: Bogen der Pfannenhóhlung in seiner normalen Rundung ver-
ändert. Femurkopf ebenfalls, letzterer auch abgeflacht und oben aus der Pfanne heraustretend. Hals
verbreitert, besonders nach oben zu. Diagnose: Beginnende deformierende Osteoarthritis nach
18*
m in
140 Tafel VIT.
Lockerung der Femurkopfepiphyse im Anschluss an ein Trauma. Es ist wohl nicht an-
zunehmen, dass die Knorpelfuge infolge der Repositionsmanóver allein gelitten hat, sondern bei dem
ersten Trauma lädiert worden ist. Eine weitere Röntgenaufnahme jetzt (4 Jahre nach dem Radiogramm
Fig. 3) zeigt den gleichen Femurbefund, aber grössere Unregelmässigkeiten des Pfannencavums und
knöcherne Wülste am oberen Pfarnenrand.
Fig. 5. Gutartiger Tumor an der Epiphysenfugencircumferenz.
37 jähr. Küfer. Sonst gesund, machte vor 6 Jahren noch eine militärische Übung ohne Be-
schwerden mit, seit 4 Jahren ohne anzugebendes Trauma „Rheumatismus“ in der Hüfte, und zunehmende
Steifigkeit. Keine Schmerzen. Patient glaubt, dass das betr. Bein zu lang geworden sei (Kompensations-
erscheinung bei Abduktionsstellung!). Hochgradige Beweglichkeitsbeschränkung, Bein liegt am bequemsten
in starker Abduktion und leichter Aussenrotation. Radiogramm: Pfannenpartie normal, Rundung des
Femurkopfes normal, ebenso Hals und Trochantergegend. Üben an der Grenze von Kopf und Hals eine
unregelmássige Hervorwólbung, unten an Grenze von Kopf und Hals gróssere blumenkohlartige patho-
logische Schatten. Beide pathologische Schatten scheinen miteinander in Verbindung zu stehen, es
scheint, als wenn um den Hals herum die Wucherungen liegen. Róntgendiagnose: Appositioneller Tumor,
von der Epiphysenfuge ausgehend, wahrscheinlich mit spongiósem Bau (cartilaginóre Exostose?) Die
klinische Diagnose hatte auf chronische Arthritis rheumatica gelautet.
Fig. 6. Osteoarthritis deformans nach ausgeheilter Tuberkulose.
30 jähr. Lehrer. Im 4. Lebensjahre Fistelöffnung an der Kniekehle; nach einjährigem Bestehen
geschlossen. Seither immer etwas Behinderung, Fistel nicht mehr offen gewesen. Vor mehreren Jahren
führte Patient grössere Bergtouren aus; Unsicherheit im Knie nahm in den letzten Jahren zu. Vor einem
Jahr Fraktur beider Unterschenkelknöchel, vor 3 Monaten Bruch der Tibia an der Grenze des proximalen
und mittleren Drittels. Gesund aussehender Mann. Ausser den Frakturen am Unterschenkel, in Knie-
kehle kleine glatte weisse Narbe. Patella schwerer als normal beweglich; Beweglichkeit im Gelenk: Von
80 Grad (grösste Beugung) bis 160 Grad Maximum der Streckung; dabei starkes Knacken, fast einem
Rasseln zu vergleichen. Radiogramm zeigt Verunstaltung des distalen Femurendes. Rundung des platten-
nahen Condylus mit eckig abgeschliffenen Knochenkanten tibiawärts, noch hochgradiger patellawärts,
anderer Condylus scheint normal. Patella in ihrer Gestalt -leicht verändert, steht näher der Tibia als
bei dieser Flexion der Norm entspricht. Keine Knochenatrophie.
Fig. 9. Osteoarthritis deformans.
46 jähr. Frau. Eltern an Lungenkrankheiten gestorben, zwei Schwestern sind lungenleidend.
Patientin hatte als Kind dreimal Lungenentzündung, ferner vor 5, 3 und 1 Jahren Blinddarmentzündung.
Vor 13 Jahren nach Umfallen bei einer Ohnmacht cana eine Hüftgelenksentzündung, seither Zunahme
der Beschwerden. Patientin knickt etwas nach rechts ein beim Gange. Vollständige Fixation in Hüfte,
Bein ca. 1!/, cm kürzer. Radiogramm: Hüftgelenksspalt nicht zu erkennen, wahrscheinlich infolge
Knorpelzerstörung, Kopf, Hals und Miochanlerengesend ohne Besonderheiten; am oberen Pfannenrand
und entsprechenden Partie des Caput müssig grosse Knochendeformationen.
Fig. 12. Ossifikationen am Kniegelenk.
56 jáhr. Mann. Vor 4 Jahren beim Holzaufstapeln verschüttet. Verrenkung des Hüftgelenks
(es war eine Luxatia iliaca) Kontusion des Kniegelenks. Luxation wurde am selben Tage eingerichtet,
16 Tage Bettruhe, seither keine Beschwerden in der Hüfte (Fig. 9a, Tafel II), aber immer im Knie,
wenig beim langsamen Gang, Stechen beim schnelleren Gehen und Tragen von Lasten. Objektiver Be-
fund = 0. Radiogramm: Am äusseren Condylus (im Schatten) knopfförmige kompakte Hervorwölbung,
ebenso aussen an Tibia. Am inneren Condylus oben am Übergang in den Schaft im Schatten der Weich-
teile ein kleiner flacher dunkler Schatten, im Röntgenogramm gerade oben noch zu erkennen, der nur
einer bindegewebigen Ossifikation entsprechen kann. Gelenkspalt anscheinend von normaler Breite.
Fig. 7. Beginnende Osteoarthritis deformans.
50 jähr. Frau. Beschwerden seit 3 Jahren. Bei passiven Beugebewegungen Knarren im Gelenk
zu spüren; Kniescheibe weniger gut beweglich. Radiogramm: Femurcondylen nach hinten oben spitz
abschliessend, Patella mit Knochenwulstungen proximal und distal gegenüber dem Femur. Tibia vorn
am Gelenk mit vorstehendem Knochenwulst.
Figg. 8, 10, 11. Arthropathia tabica.
58 jühr. Maurer. Immer gesund bis vor 10 Jahren, wo er den rechten Unterschenkel brach,
angeblich durch Überfahrenwerden. Nach !/, Jahr schon sei er wieder arbeitsfähig gewesen. Seit dieser
Zeit soll sich das rechte Knie nach innen verschoben haben. Jetzt klagt Patient hauptsächlich über
Steifigkeit im betr. Bein. Knie unregelmässig verdickt, leichter Erguss, Tanzen der Patella. Oberhalb
der Femurcondylen ist eine ringförmige den Knochen umgreifende abnorme Knochenleiste von 1 cm
Höhe fühlbar. Bei Bewegungen im Knie knackende Geräusche. (An Tibia mit hypertrophischen Callus
geheilte Fraktur.) Pupillarreflexe beiderseits geschwunden, Patellarreflexe ebenfalls. Schmerzempfindung
in den unteren Extremitäten erloschen. Sensibilität vorhanden. Ataxie auch am anderen Bein, Romberg.
Gang stampfend, unsicher. Punktion des Hydrops bringt keine Besserung. Radiogramm Fig. 11: Ahn-
liche Veriinderungen der Patella und Tibia wie bei Fall 7. Femurcondylenschatten nach hinten oben
ebenfalls eckig spitz endend. Der Condylenkonturbogen zeigt kleine Abflachungen und stumpfe Winkel.
Radiogramme 8 und 10 sind 5 Jahre später aufgenommen. Jetzt hochgradiges Schlotterknie mit Hydrops.
Genu valgum et recurvatum. Alle Symptome hochgradiger. Im Profil (Fig. 10) sehen wir einen über die
Hilfte abgeschliffenen Condylus mit pilzfórmigen knóchernen Leisten ventral und dorsal. Stark
deformierte Patella. Die Dorsalaufnahme (Fig. 8) zeigt stürkste Verunstaltung des äusseren Condylus,
geringere des inneren. Verkleinerung des Gelenkspaltes. Unregelmässigkeit der Gelenkflächen der
Tibiacondylen. Hochgradige paraartikuläre Ossifikation am äusseren (im Bilde rechten) Tibiarande.
Köhler: l lüftgelenk und Oberschenkel. Tafel VI.
Neue Photogr. Gesellsch. A-G. Berlin-Steglitx Verlag von Lucas Grafe & Sillem in Hamburg.
Tafel VIII.
Fig. l. Luxatio coxae congenita.
6jähriges Mädchen. Bei Geburt Steisslage, Arzt holte die Schenkel herunter. Die Beine des
Kindes hätten nach der Geburt noch lange stark nach aussen gerichtet gestanden. Pat. lernte mit
17 Monaten laufen; dabei fiel auf, dass das l. Bein ein X-Bein war. Dasselbe sei auf Anraten eines
Arztes durch Einlagen in den Schuh ganz gut gerade gerichtet worden, es habe dem Vater (Zahnarzt) fast
geschienen, als ob dann erst die Luxation zustande gekommen wäre. Vor 2 Jahren sind einmal Repo-
sitionsversuche gemacht worden, aber ohne Dauererfolg. Radiogramm, dorsal, direkt: Nach dem Bilde
lässt sich eine gute Pfannendelle vermuten, der obere Pfannenrand ist sehr gut ausgeprägt und müsste
nach unblutiger Reposition einen prächtigen Widerhalt abgeben. Die hintere Pfannenpartie ist ebenfalls
sehr gut ausgebildet. Fine Andeutung von der Tiefe der Pfanne ist bei kongenitaler Luxation nicht vor-
handen. Die hier im Pfannenschatten von oben nach unten ziehende leicht nach innen konvex gekrümmte
kräftige Linie ist nicht als Pfannencavum zu deuten, wie Fig. 6 Tafel X beweist (s. dort die betr. Aus-
führungen), sie ist auch nicht (wie Wolff meint) als „der unterste Teil des scharfen Randes der Incisura
ischiadica major“ aufzufassen, denn dann müsste der Bogen im Bilde, wie man sich an jedem Skelett
überzeugen kann, in dieser Projektion nach innen offen sein, er ist aber nach aussen offen; er ent-
spricht vielmehr einer Partie der Wand des kleinen Beckens vor der Spina ischiadica; der Linie ab der
extfigur 5A, die S. 18—21 erklärt ist. Die Spina ischiadica ist auf Fig. 1 Tafel VIII gerade noch zu
erkennen, sie liegt an der stumpfen Ecke des Randkonturs des Foramen obturatum; wenn man von der
Spina aus nach oben etwas lateral geht, findet man auch blass angedeutet den nach medial offenen Bogen
des scharfen unteren Randes der Incisura ischiadica. .Auf diesem Bilde sieht man auch einmal den vor-
deren oberen Pfannenrand, den Limbus acetabuli. Es ist zu beachten, dass dieser Kontur ein medial
offener Bogen ist, demnach nicht der Linie c d (Textfigur 5 A) entspricht, wie von anderer Seite behauptet
worden ist. Oberhalb der eigentlichen Pfanne erkennt man eine zweite Pfanne, an welcher der Femur-
kopf anliegt, der helle Zwischenraum zwischen dieser neuen Pfanne und dem Caput femoris ist als Knorpel
zu deuten. Femur etwas in Adduktionsstellung, Kopfepiphyse scheint etwas nach lateral gedrängt. Sehr
auffällig erscheint der sehr gut ausgebildete Pfannendachrand der alten Pfanne, und diese Thatsache, so-
wie die aus der guten Ausbildung des hinteren Pfannenrandes zu schliessende Ausbildung der ganzen
Pfanne, legen den Verdacht sehr nahe, dass die Luxation erst wührend der Geburt entstanden ist; sie
stellen andererseits einer eventuellen technisch richtigen Reposition die günstigste Aussicht auf vollstän-
dige Behebung des Leidens.
Fig. 2. Osteoarthritis deformans.
34jähriger Mann. Vater an Verzehrung gestorben, Mutter an Lungenentzündung. Geschwister an-
eblich gesund. Pat. hatte mit 14 Jahren Typhus; seit 7 Jahren Schmerzen im l. Knie, so dass er sich die
Strümpfe nicht selbst anziehen konnte, 4 Wochen Bettruhe. Er habe damals Hüftgelenksentzündung
ehabt. Seither immer gearbeitet. Seit 14 Tagen wieder Schmerzen hinten in der Hüftgegend. Schwäch-
icher, engbrüstiger Mann. L. Bein stark abgemagert, 2cm verkürzt; bei Adduktion und Abduktion geht
das Becken mit, dagegen ist Flexion langsam bis zu einem Rechten möglich. Bei Rotationsversuchen
Schmerzen bis ins Knie ausstrahlend. Trochanter major scheint eine Spur über der Roser-Nelatonschen
Linie zu stehen. Über demselben nach hinten feste runde Masse fühlbar. Pat. kann auf dem kranken
Bein stehen; kein Trendelenburgsches Phänomen. Diagnose: Veränderungen nach Coxitis. Radiogramm,
dorsal, medial, gesunde Hüfte mit Sandsack etwas erhöht, kranke Hüfte lag demnach auch mit der late-
ralen Partie etwas der Platte auf. Knie ca. 15 Grad flecktiert; mässig auswärts rotiert. Pfannenpartie
etwas in ihrem Cavumkontur verschwommen, aber nicht verunstaltet. Femur erscheint normal bis auf
den Kopf; letzterer ist verunstaltet und oben lateral etwas aus der Pfanne gerückt. Der obere Halskontur
lässt sich in dieser Projektion (in Auswärtsrotation) nicht völlig übersehen, doch scheint er oben durch
den deformierten Kopf etwas gekürzt. Die mittelste Partie der Kopfrundung liegt dicht dem oberen
Pfannenrande an. Der untere mediale Rand des Kopfes ist halswärts etwas eingerollt. Dort, ebenso oben
in dem Winkel zwischen Caputkontur und Darmbeinkontur Gelenkkörperchenschatten oder paraartikuläre
Ossifikationen. Röntgendiagnose: Osteoarthritis deformans nach alter Coxitis,
Operation (Chirurg Dr. Pagenstecher) zeigt einen nicht nur einfach gleichmässig deformierten,
sondern auch sehr vergrösserten Kopf, Gelenkfläche des Caput oben in der Mitte usuriert. Knochen-
gewebe kräftig, von etwa normaler Festigkeit. Resektion des Kopfes und eines Teils des Halses mit
gutem Erfolg.
Fig. 3. Osteoarthritis deformans. (Práparat.)
Zufallsbefund an einem Frontalschnitt des Körpers (aus der Erlanger Anatomie). Die Säge-
fläche ging durch den vorderen Teil der Pfanne und des Femurkopfes. Durch Nachforschungen konnte
nur soviel festgestellt werden, dass die Hüfte von einem 37jährigen Manne stammte, der an Phtise zu
Grunde gegangen war. Die andere Hüfte schien normal (s. Fig. 3 Tafel I. Das Präparat zeigte eine
verdickte, geschrumpfte Gelenkkapsel. Aussen vom oberen Pfannenrand ein Gelenkkörperchen. Zwischen
Kopf und Pfanne, resp. deren verschmälerten Knorpelüberzügen ist ein langer glatter Spalt, es wird also
noch eine gewisse Beweglichkeit im Leben vorhanden gewesen sein. Auch das Röntgenbild zeigt deut-
lich, dass trotz der grossen Veränderungen eine Synostose zwischen Caput und Acetabulum nicht besteht,
der Gelenkspalt (Knorpeltransparenz) ist schmal aber scharf. Der Femurhals ist sehr kurz und breit. Der
Kopf hat eine Gestalt angenommen, die der Norm auch nicht im geringsten mehr ähnelt; er stellt im
Schatten fast ein Rechteck dar (aus dem Kugelgelenk ist ein Walzengelenk geworden). Auffallend ist
die schöne Symmetrie der lateralen und medialen Caputhälfte. Der Trochanter major hat ziemlich nor-
male Gestalt. Die Corticalis des Femurschaftes lateral verjüngt sich nach oben bis zum Trochanter
major allmählich, medial behält sie die gleiche Stärke immer bei, bis sie an der Knickung am Kopf rund
abschneidet. Da die einzelnen Bälkchenzüge auf der Kopie nicht so gut wie auf der Platte zu sehen sind,
habe ich eine Zeichnung nach der Platte in Textfigur 22 gebracht.
Fig. 4. Osteoarthritis deformans.
90jühriger Mann; als Kind nicht krank; erlernte das Báckerhandwerk, bekam Bückerbeine, dessen
schlimmstes, das linke, mit 18 Jahren operiert wurde (von Czerny) und zwar am Schienbein. Seit seinem
16. Jahre habe er an Rheumatismus im r. Hüftgelenk gelitten, 10 Jahre später auch im linken. Im
142 Tafel VIII.
letzten Jahre sei es im l1. Hüftgelenk besonders schlimm geworden. Das linke Bein sei nach und nach
kürzer geworden. — Kráftig gebauter, grosser Patient, etwas krünklich aussehend. Linkes Bein 5 cm
kürzer als das rechte; Pat. kann sich nicht allein auf das l. Bein stützen, auch kaum auf das rechte
allein. Beide Hüftgelenke fast ganz steif, das Becken geht bei jeder Bewegung mit. Trochanter major
links ca. 4 cm über der Roser-Nelatonschen Linie, rechts 1 cm höher. Radiogramme, links, dorsal, direkt
Fig. 4: Auffallend flache Pfanne: Beckenknochen atrophisch mittleren Grades. Femurschaft nebst
Trochanteren von normaler Gestalt, aber etwas atrophisch aufgehellt. Hals, obgleich in kleinster Aussen-
rotation, sehr kurz, also auch in Wirklichkeit kurz. Kopf verunstaltet, plattgedrückt, doch wieder anders
als bei Figg.2u. 3. Kontur des Kopfes nicht scharf begrenzt, sondern sehr verschwommen, obgleich, wie
die anderen Konturen zeigen, das Bild absolut nicht verwackelt ist. Eine bestimmte Struktur im Kopf
nicht zu erkennen. Coxa vara-Stellung des Kopfes zum Schaft. Die rechte Hüfte zeigte einen ähnlichen,
nicht ganz so hochgradigen Befund; aber auch da waren alle Knochen stark atrophisch, ebenso an Auf-
nahmen der Kniee und Unterschenkel. Interessant ist, dass in der Jugend das Leiden des Pat. mit
Genuavalga anfıng: Es scheint eine gewisse Osteomalacie des ganzen Skelettes vorhanden zu sein.
Fig.5. SpontaneSchenkelhalsfraktur und paraartikuláre Ossifikationen bei Tabes.
51jábriger Kellner. Mutter lebt, Vater an Erkáltung gestorben; gesunde Geschwister; gesunde
Kinder. Pat. war sonst gesund bis auf eine Varicocele. "Vor 8 Jahren sei eines Morgens plótzlich das
l. Bein geschwollen gewesen, er sei acht Tage darauf operiert worden, wobei zwei Knochenstücke entfernt
worden seien. Er giebt an, in den Jahren vor dieser Operation habe er beim Gehen immer gewackelt,
so dass die Leute geglaubt hätten, er wäre angetrunken. Die Operationswunde sei übrigens sehr schnell zu-
geheilt. — Elend genährt aussehender Patient mit wackligem hinkendem Gang, verlangsamter Empfindungs-
leitung, starren Pupillen, fehlenden Patellarreflexen. Linkes Bein um 10 cm verkürzt, abgemagert, im
Hüftgelenk lose schlotternd; 15 cm lange vertikale Schnittnarbe. Im Hüftgelenk reibt man leicht Knochen
gegen Knochen ohne Schmerzen des Pat. auszulösen. Radiogramm, dorsal, direkt, bei 60 Grad auswärts
rotiertem Bein. Eigenartige Form des Beckens. Pfanne leer. Femur ohne Kopf und kleinen Trochanter
(die beiden Stücke werden operativ entfernt worden sein), stützt sich mit dem grosszackig abgegrenzten
Hals gegen die Darmbeinschaufel. Neigungswinkel scheinbar sehr gross (Auswürtsrotation!) Zwischen
alter Pfanne und Femurhals Ossifikationen. Über dem Hals (im Darmbeinschatten) und lateral vom
grossen Trochanter sonderbare spangenfórmige Gebilde, die man im ersten Augenblick für Metallspangen
halten kónnte. Es sind Verknócherungen der Gelenkkapsel oder Muskeln, wie solche bei den System-
erkrankungen (Tabes, Syringomyelie) oft überreichlich zu entstehen pflegen; sie scheinen hier funktionell
richtig am Platze, um dem nach oben luxierten Femurende einen Widerhalt zu bieten.
Fig. 6. Chronische Coxitis mit erheblicher Knochenatrophie.
58jührige Frau. Eltern früh gestorben, ein Bruder an Schwindsucht gestorben, zwei Geschwister
sollen gesund sein. Fünf Kinder gesund, jé eins an Diphtherie und Krümpfen gestorben. Pat. war bis
vor zwei Jahren gesund, dann Schmerzen im r. Bein, im Knie, nach der Hüfte zu und im Schienbein;
keine Bettruhe. Salzwasserbäder. Die ersten Schritte nach Sitzen oder Liegen seien die schwierigsten. —
Starker Panniculus adiposus am ganzen Körper; Gang nach rechts geneigt, immer etwas einknickend.
R. Bein nicht abgemagert, Knie vollständig beweglich. Höherstand des r. Trochanters nicht sicher nach-
zuweisen; l cm Verkürzung. Bewegung im Hüftgelenk gleich Null. Klinische Diagnose: Alte Coxitis
(tuberculosa?) Radiogramm, dorsal, direkt, bei 45 Grad auswärts rotiertem Fuss: Hochgradiger Kalk-
mangel aller Knochen, vollständig verstrichener Gelenkspalt. Kontur des Kopfes scheint stellenweise
leicht unterbrochen. Der radiographische Befund lässt offen, ob ausheilende milde tuberkulöse Coxitis,
oder schwere rheumatische Versteifung oder gar ein gonorrhoischer Prozess vorliegt. Jedenfalls sind die
(Grelenkknorpel vollständig verschwunden.
Fig. 7. Caries sicca capitis femoris.
23jähriges Mädchen. Vater an Influenza gestorben, Mutter und Geschwister gesund. Pat. fiel
im 11. Lebensjahre aus geringer Höhe auf das Gesäss, konnte aber an demselben Tage wieder umher-
gehen; sonst immer gesund; vor 3!/, Jahren begannen allmählich Schmerzen an l. Hüfte aussen aufzu-
treten, die bald wieder schwanden, dann heftiger wurden und so abwechelnd. '/, Jahr später konsultierte
sie einen Chirurgen. Bettruhe, grosse Gipsverbände. Gang an zwei Stöcken. Wechselndes Befinden.
Jetzt Gang an einem Stock. Ein vor 3 Jahren von uns aufgenommenes Röntgenbild ergab eine Zer-
störung des Caput femoris zur Hälfte. Pat. klagt jetzt noch, dass sie beim längeren Gehen ziehende
Schmerzen von der Leistengegend nach der Sehamgegend hin verspüre.
Kräftige, vollkommen gesund aussehende Person. Langsamer, mässig hinkender Gang. Linkes
Bein (von der Spina ant. sup. zum Fibularmalleolus gemessen) um 4 cm kürzer als das rechte. Linker
Oberschenkel etwas abgemagert (Umfang 20 cm oberhalb der Patella 8 cm geringer als rechts) Linkes
Bein beim Gehen etwas nach innen rotiert. Rotation in der Hüfte aktiv móglich in müssigen Grenzen,
passiv ziemlich ausgiebig. Ahnlich verhält es sich mit der Flexion, während bei der Abduktion das
ganze Becken mitgeht. Schmerzen werden nur bei forcierten passiven Bewegungen geäussert. Kräftige
Stösse gegen die Planta des Fusses werden angeblich in der Hüfte nicht verspürt, ebensowenig kräftiger
Druck vorn auf die Gelenkgegend. Auffallend unbeholfen und umständlich sieht der Wechsel von Rücken-
lage in rechte Seitenlage aus. Pat. kann ohne Stütze für einen Augenblick auf dem kranken Beine stehen,
dabei will sie leichte Schmerzen nur im Knie verspüren. Steht sie auf dem gesunden Bein, kann sie das
kranke Hüftgelenk bis 75 Grad beugen, ohne dass das Becken mitgeht.
Röntgenaufnahme bei Rückenlage, bei ca. 15 Grad nach auswärts rotiertem Fuss, direkte Pro-
jektion: Beckenknochen bis auf die etwas verschwommenen Konturen der Pfanne normal; Femurschaft,
Trochanterpartie und Hals ebenfalls normal, mit zarter Strukturandeutung. Der Hals bricht nach oben
innen unregelmässig, verschwommen, aufgefranst ab und stemmt sich gegen die obere Pfannenhöhlung.
Fig. 8. Luxatio coxae congenita.
3jähriges Mädchen. (Es war beiderseitige Luxation vorhanden.) Radiogramm, dorsal, medial:
‘Die Verhaltnisse liegen in diesem Falle im grossen und ganzen ähnlich wie in Fig. 1 dieser Tafel; auch
die einzelnen Striche und Bogen sind in gleicher Weise zu deuten. Nur der obere Pfannenrand ist hier
ganz schlecht ausgebildet. Alte Pfanne und neue Pfanne sind hier nicht getrennt wie in Fig. 1, sondern-
kommunizieren durch eine Gleitfurche. Da das Femur ausserdem eine in der Ausbildung sehr zurück-
gebliebene Kopfepiphyse aufweist, liegen hier die Verhältnisse für eine unblutige Reposition weniger günstig.
\>Öhler: LH üftgelenk. und. Oberschenkel Tafel VIII
Neue lhotogr. Gesellsch. A-G. Berlin-Nteglitz. Verlag von Lucas Grafe & Sillem in Hamburg.
Tafel IX.
Figg. 1 und 2. Spontane Lósung der Femurkopfepiphyse.
.15jähr. Landwirtseohn. Es lüsst sich kein traumatisches Moment eruieren. Sei 14 Tagen fällt
dem Patienten beim Gehen eine gewisse Behinderung im 1. Hüftgelenk auf. Gesund und kräftig aus-
sehender Patient. 4 cm Verkürzung des kranken Beines (Spina ant. sup. — Epicondylus fibulae). Umfang
des kranken Beines 20 cm oberhalb der Patella 1 cm geringer. Aktive Bewegungen im Hüftgelenk führt Pat.
nicht aus, passiv sind solche nur sehr beschränkt möglich, Adduktionsstellung. Verdacht auf Coxa vara.
Röntgenaufnahme ventral, bei etwas auswärts rotiertem Bein, Fig. 1, zeigt einen Befund, der als Coxa
vara infolge reiner Schenkelhalsverbiegung gedeutet werden kann. Femurkopf scheint nach unten ein
Stück aus der Pfanne herausgedrüngt, oberer Halskontur nicht konkav, allerdings auch nicht konvex,
ziemlich gerade Linie. Trotz langer Behandlung in Hangestreckverband und Massage der Hüftgegend, all-
mähliche Verschlimmerung. Aufnahme Fig. 2 geschah 4!|, Jahr später, ebenfalls ventral. Jetzt starke
Abmagerung des ganzen Beines und der Geskssgepend der betr. Seite. Vollständige Fixation im Hüft-
gelenk (gute Beweglichkeit im Kniegelenk). Bein jetzt in Innenrotation und maximaler Adduktion. Kein
Trendelenburgsches Phänomen. Verkürzung jetzt 7 cm. Zur Korrektion der Adduktion Huchstand der
kranken Beckenhülfte. Die meisten dieser klinischen Symptome kann man auch aus dem Radiogramm
ablesen. Das Radiogramm Ee ausserdem keine Andeutung eines Kopfes mehr; der Hals stósst oben
gegen den oberen Quadranten der Pfanne. Man muss nach diesem Radiogramm von der Diagnose reine
Coxa vara adolescentium absehen und eine vollstándige Spontanepiphysenlósung annehmen.
vr» IN Nra Cee & "tim In DE a ro Dan rr
144 Tafel IX,
Fig. 3. Coxa vara adolescentium.
16jähr. Landwirtssohn. Anamnese ergiebt keine hereditären Belastungen, auch Patient selbst
bis vor 7 Monaten gesund. Keine Zeichen überstandener Rachitis. Seit damals Schmerzen bei längerem
Gehen im r. Knie und r. Hüftgelenk, die ihn zu hinken zwangen. Patient ohne jedes Zeichen irgend-
welcher sonstigen Erkrankung. R. Bein wird stark nach aussen rotiert gehalten und in der Hüfte steif,
so dass der Gang einen mehr schleppenden als hinkenden Charakter hat. Im Liegen bei parallelen
Beinen stehen Spinae gleich hoch. Umfang des kranken Oberschenkels 2 cm geringer. Glutäalmuskulatur
rechts etwas abgemagert. Aktive Beugung in der Hüfte nicht möglich, passiv in geringsten Grenzen, bei
stärkerer geht das Becken mit, ähnlich bei Innenrotation. Keine Krepitation, keine Knochenverdickung
zu konstatieren. Verkürzung des Beines von Spina a. s. bis Malleolus 2 cm auf der kranken Seite.
Höherstehen des Trochanters über der Roser-Nelatonschen Linie nicht ganz sicher festzustellen. Radio-
ganm (Dorsalaufnahme bei 35 Grad auswärts rotiertem Bein) lässt eine sehr deutliche Verkrümmung des
chenkelhalses (man beachte nur den oberen Halskontur) feststellen, der Hals inseriert ferner nicht in
der Mitte des Caput, sondern sehr nach oben zu, der untere Rand des Kopfes scheint etwas aus der
Pfanne herausgedrängt. Die Vergrösserung des Neigungswinkels im Röntgenbild ist nur eine scheinbare
wegen der starken Aussenrotation des Femur. Jedenfalls kann man aus Projektion den Schenkel-
halswinkel nicht berechnen. '/, Jahr später wurde wegen zunehmender Beschwerden Resektion des Kopfes
und Halses ausgeführt (von Dr. Pagenstecher). Das gewonnene Präparat zeigt Textfigur 23, von oben
gesehen: Verkrümmung des Schenkelhalses auch in der Horizontalebene, mit der Konkavität nach hinten.
Die Hauptknickung befindet sich hart am Kopf, etwa der Stelle der Epiphysenlinie entsprechend. Der
Kopf war leicht verbildet, der Ansatz des Halses unten schien etwas in den Kopf hineingedrückt.
Fig. 4. Coxa vara adolescentium.
20jähr. Landwirt. Sehr gesund aussehend, aus gesunder Familie stammend. Vor 4 Jahren an-
geblich Fall auf die andere (l.) Hüfte. Kurz darauf Krankenhausbehandlung; Verfasser stellte damals
röntgenographisch eine beginnende Schenkelhalsverkrümmung der betr. Hüfte fest. Streckverband.
Besserung. Ein Jahr später angeblich Fall auf die rechte Hüfte, letztere ist nicht behandelt worden,
deshalb stetige Verschlimmerung. Patient bezieht wegen des Unfalles an dieser (r.) Hüfte 20°), Rente.
Gang nicht weiter auffallend hinkend. Linkes Bein in Hüfte gut beweglich, nur Abduktion beschränkt,
rechtes Bein abgemagert, wird beim Gehen nur wenig im Hüftgelenk bewegt. Wird das rechte Bein im
Hüftgelenk gebeugt, was nur bis 105 Grad möglich ist, dann legt es sich medialwärts über das andere
Bein. Abduktion rechts stark behindert, weniger die Innenrotation. Trendelenburgsches Phänomen ist
rechts vorhanden, links nicht. Im Liegen in bequemster Lage liegt rechtes Bein ca. 65, linkes ca.
45 Grad nach aussen rotiert. L. Trochanter major kaum deutlich über der Roser- Nelatonlinie, r. Tro-
chanter ca. 2 cm darüber. Radiogramme: des ganzen Beckens, s. Tafel X, Fig. 4, der rechten Hüfte
allein nebenstehende Tafel, Fig. 4, der linken Hüfte allein (4 Jahre früher) Tafel II, Fig. 16. Die Bilder
zeigen links eine Verkrümmung des Schenkelhalses in geringem Grade, rechts eine solche allerhöchsten
Grades. Der Kopf ist rechts soweit unten aus der Pfanne gedrängt, dass er fast an den Trochanter minor
rührt. Der obere Halskontur ist stark konvex gekrümmt.
Fig. 5. Fractura colli femoris.
37jähr. Frau. Unfall vor 6 Monaten. Beim Gang sehr auffälliges Einknicken der kranken
Seite. Gute Beweglichkeit des Beines. Verkürzung 2 cm. Radiogramm (verwackelt): Geringe Dislokation
zwischen Kopf und Hals, keine vollständige Continuitätstrennung, es kann Einkeilung vorhanden sein.
Kein knócherner Callus, s. auch S. 108.
Fig. 6. 8. Tafel XI, Fig. 11. Schenkelhalsfraktur, eingekeilt.
Figg. 7 und 8. Abbruch des Condylus externus femoris.
37jàhr. Mann, fiel vor 11 Monaten auf einen Haufen Backsteine. Damals Bluterguss im Knie.
Patient stellt jetzt beim Gehen das l. Bein nach auswärts gedreht vor das andere. Interessant ist die
seitliche Aufnahme mit doppeltem äusseren Condylusbogen, der erst durch die Dorsalaufnahme Fig. 7
gedeutet werden kann, s. auch Seite 99 unten.
Fig. 9. S. Tafel XI, Fig. 2. Femurfraktur.
Fig. 10. Luxatio iliaca inveterata.
21jàhr. Mann; vor 13 Jahren durch Fall beim Aa Hüftverrenkung, das Bein habe ganz
quer nach innen gestanden. Der Arzt habe am nächsten Tag die Einrichtung vorgenommen, sie sei aber
nur halb gelungen. Arzt wies Pat. nun an einen Chirurgen, Pat. wurde aber von den Eltern zu einem
Kurpfuscher gebracht, nach einem Vierteljahr habe er dann noch einmal im Streckverband gelegen. —
Blasser Jüngling. L. Bein wird in Hüfte leicht flektiert gehalten, ist bedeutend kürzer als das andere.
Hüftmuskulatur der kranken Seite fast noch kräftiger als der gesunden Seite, hinten deutliche tiefe
(jlutialfalte. Starke Lendenlordose. Gute aktive Beweglichkeit, von hinten sieht man bei Auswärts-
rotation, wie der Trochanterwulst sich bewegt. Rotation (im Liegen) von Senkrechter zur Unterlage bis
ca. 75 Grad nach aussen möglich. Radiogramm: Dorsalaufnahme bei 115 Grad flektiertem Knie und
noch starker Lendenlordose. Am Becken sieht man, dass es bei starker Neigung der betr. Seite auf-
genommen worden ist, Schambein- und Sitzbeinschatten überdecken einander, die Spina ischiadica ragt
weit ins Beckenlumen vor. Die Pfanne ist leer. Vom Kopf des Femur ist nichts Sicheres zu erkennen,
auch auf den Originalplatten nicht. Er dürfte zerstört und resorbiert sein; von einem Hals fehlt eben-
falls jede Spur. Der grosse Trochanter wirft einen mächtigen Schatten, nach unten zu ein breiter langer
Knochenvorsprung, desgleichen kleinere solche in der Gegend des kleinen Trochanter, es handelt sich
hier jedenfalls um periostale bezw. bindegewebige Ossifikationen, entstanden nach Läsionen bei den
ltepositionsversuchen, 3. auch Textfigur 34U.
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Neue l'hotomr. Gesellseh. Kerlin.Ntemlitz ur "EXP
Tafel X.
Fig.1. Frakturen des rechten Húftknochens. Dislokation der betr. Beckenhálfte.
19jähr. Mädchen, stürzte sich in einem Anfall von Schwermut aus dem Fenster des 1. Stockwerkes.
Wegen Urinverhaltung, bezw. Entleerung von Blut aus der Blase (mittels Katheter) dem Krankenhaus úber-
wiesen. Untersuchung in Chloroformnarkose: Die beiden Hüftbeinkämme lassen sich gegeneinander ver-
schieben. Gegend der rechten Articulatio sacro-iliaca ragt nach hinten hervor. Gegend der Symphsyspubis wird
von einer ausgebreiteten halbmondförmigen Dämpfung eingenommen. Entleerung der Blase mit Katheter
ergiebt fast reines Blut. Operation (Chirurg San.-R. Cramer). Schnitt von 10 cm Länge in der Median-
linie über der Symphyse. Nach Durchtrennung der Muskulatur dringt durch das prävesikale Gewebe
blutig-urinóse Flüssigkeit in geringen Mengen hervor. Einkerbung der Muskulatur nach beiden Seiten,
Freilegung der Symphyse, Abtastung der horizontalen Schambeinüste; der rechte findet sich längs bezw.
schräg frakturiert. Das laterale untere Fragment sticht nach innen. Nach Freilegung der Blase findet
sich dieselbe an der dieser Fraktur gegenüberliegenden Stelle eingerissen. Das umgebende Gewebe ist
mit blutigem Urin angefüllt; bei Druck in die Tiefe quillt er massenhaft hervor. Da der Einriss der
Blase nicht zu drainieren ist, wegen seiner ungünstigen Lage, Erweiterung nach oben Mitte zu; dickes
langes Drain, Verband u. s. w. egen Verkürzung des rechten Beines um 2 cm Extension. Die Blase
schliesst sich trotz der schweren Verletzung relativ schnell. Sieben Wochen nach der Verletzung Róntgen-
aufnahme des ganzen Beckens. Radiogramm, dorsal, medial: Die linke Beckenhälfte scheint vollstandi
normal, in etwas starker Neigung projiziert. Die rechte Beckenhälfte zeigt, was die Darmbeinschäufel
und Pfannengegend anbetrifft, einen sehr verschmälerten Schatten. Diese Aaymmetrie der Schatten ist
auch bei gesunden, in der Frontalrichtung schief gehaltenen Becken möglich, hier ist sie aber sehr hoch-
gradig infolge einer Verschiebung der ganzen Beckenhälfte an der Symphysis pubis (s. Radiogramm) und an
er Symphysis sacro-iliaca (s. klinischen Befund). Die ganze Verletzung bezw. das Radiogramm erklärt sich
leicht, wenn man annimmt, wie es auch wohl der Fall gewesen sein wird, dass Pat. einfach auf die Seite
der rechten Hüfte aufgeschlagen ist. Die Deviation in der Symphysis sacro-iliaca ist im Radiogramm
nicht auffallend, die in der Symphysis pubis sehr ausgedehnt. Ausserdem sieht man gut den Bruch des
horinzontalen Schambeinastes. Man beachte den Kontur der Linea terminalis. Pfannenpartie und Femur
ohne Besonderheiten.
Fig. 2. Coxa vara rachitica.
14jähr. Mädchen. Eltern gesund, doch habe der Vater die englische Krankheit gehabt und
erst mit vier Jahren laufen gelernt; keine Totgeburten seitens der Mutter; eine Schwester der
Patientin an Diphtherie gestorben, zwei Geschwister leben, davon ist das eine sehr hochgradig
rachitisch. das andere mittleren Grades. Pat. selbst hat erst Ende des dritten Jahres laufen gelernt.
Seit 3!|, Jahren hinkt Patientin, vor drei Jahren begannen auch Schmerzen in der l. Hüfte aufzutreten.
Vor zwei Jahren wurde endlich, wegen hochgradigster Beschwerden, ein Arzt aufgesucht. Damals Einweisung
ins Krankenhaus. Blass aussehendes Kind; leichte Verbeugung der Unter- und Oberschenkel. L. Hüft-
elenk fast vollständig fixiert, jeder Bewegungsversuch schmerzhaft. Klinische Diagnose: tuberkulöse (?)
oxitis. Ein damals aufgenommenes Radiogramm ist in Fig. 8, Tafel V wiedergegeben, s. auch dort den
betr. Text. Damalige Röntgendiagnose: Zerstörung der Femurkopfepiphyse in mehrere Stücke. Coxa
vara rachitica. Neigungswinkel ca. 100 Grad. Es wurde ein grosser Beckengipsverband angelegt. Bett-
ruhe. Als der Gipsverband nach sechs Wochen entfernt wurde, zeigte sich, was nach dem Röntgenbilde
unmöglich schien, eine bis auf Abduktion vollständig normale Beweglichkeit, sowohl aktiv wie passiv,
auch Rotation vollkommen schmerzlos. Indessen beim Gehen noch Beschwerden, festes Auftreten unmög-
lich. Es wurde auch die Möglichkeit erwogen, dass es sich um eine spontane Epiphysenlösung resp.
-lockerung gehandelt haben könnte, doch spricht die Zerstörung der Epiphyse in mehrere Teile, wie es
Fig. 8, Tafel V zeigt, eigentlich dagegen. Da die Schmerzen beim Auftreten bald erheblich nachliessen,
wurde Pat. bald entlassen. Verfasser hat jetzt, zwei Jahre später, die Patientin nochmals radiographiert;
sie ist seither in keiner ärztlichen Behandlung gewesen, es ist ihr angeblieh seither immer gut gegangen;
sie trägt links einen 4 cm hohen Absatz, ihr Gang ist infolgedessen wenig auffallend. — Leichte flache
Falte hinter dem linken grossen Trochanter. L. Beiu in Abduktionsstellung. Trendelenburgsches Phä-
nomen. Keine Schmerzen, weder bei Druck aufs Gelenk oder Trochanter, noch bei Stoss gegen die Fuss-
sohle oder Trochanterengegend. Ausser Abduktion alle Bewegungen frei im Hüftgelenk. Fig. 2 Radio-
gramm, dorsal, medial; innere Fusskanten senkrecht zur Unterlage. Linke (auch im Bilde linke) Beckenhälfte
etwas höher als rechte und in etwas mehr Neigung (kleineres Foramen obturatum als rechts). Linker
Hüftgelenksspalt ziemlich scharf, aber nicht gut rund, sondern eher einem rechten Winkel etwas ähnelnd.
Linkes Femur in mässiger Adduktionsstellung. Femurhals kurz und fast rechtwinklig zum gekrümmten
Femurschaft. Kopf von annähernd rechtwinkliger Begrenzung, oben und unten ziemlich kalkarm. da-
zwischen schiebt sich in der Mitte eine dunklere Partie bis zum Gelenk vor. Knorpelfuge weder am Kopf
noch am Trochanter major mehr zu konstatieren. Rechte Pfannenpartie normal; Femur in seinem Schafte
stark verbogen. Caput femoris von schöner Rundung, Collum femoris ziemlich lang, ist gegen den Schaft
etwas geneigt. Man kann hier nicht von echter Coxa vara sprechen, es ist aber auch keine typische
Pseudo coxa-vara._ Epiphysenfuge des grossen Trochanters deutlich.
e
Kóhler, Hüftgelenk und Oberschenkel. 19
9^- es s 090% 00% 090 Y lo
146 Tafel X.
Fig. 8. Doppelseitige spontane Lósungen der Femurkopfepiphyse.
12jähr. Mädchen. Vor 17 Monaten nach einfachem Hüpfen über eine Schnur (Springschnur der
Kinder) Beschwerden in der linken Hüfte. Damalige Diagnose: Schenkelhalsfraktur, Extensionsverband;
Pat. konnte sehr bald wieder auftreten, hinkte aber immer. Vor einem Monat ohne besondere Veran-
lassung über Nacht kamen mässige Beschwerden auch der rechten Hüfte. — Linkes Bein in Adduktions-
und Auswärtsrotationsstellung. Abduktionsbeschränkung. Rechtes Bein ebenfalls auswärts rotiert, ein
wenig abduciert, alle Bewegungen behindert. Radiogramm dorsal, medial, bei möglichster Parallelstellung
der Beine: Linke Beckenhälfte höher stehend, linke Pfannenhöhlung zeigt keinen normalen gleichmässig
halbkreisförmigen Kontur, sondern leicht veränderte Grenzen. Ko pp sse scheint fest am Halse an-
zusitzen, aber in nach abwärts verschobener Stellung und etwas oben flachgedrückter Form. Rechter
Gelenkspalt von normaler Zeichnung, Hals ist abgeglitten und stützt sich am oberen Pfannenrand an.
Fig. 4. Doppelseitige Coxa vara adolescentium.
20jähr. Jüngling. Vater an chronischem Magenkatarrh gestorben, Mutter gesund, Geschwister
gesund, Pat. bis vor vier Jahren ebenfalls gesund. Vor 4 Jahren angeblich Fall auf l. Hüfte, Aufnahme
in ein Krankenhaus. Sechs Wochen Aufenthalt, Streckverband. Besserung. Radiogramm (Fig. 16, Tafel II)
liess eine Schenkelhalsverbiegung feststellen. Ein Jahr später abermaliger Unfall an rechter Hüfte.
Untersuchung mit Röntgenstrahlen ergab doppelseitige Schenkelhalsverbiegung; Pat. liess sich damals
nicht weiter behandeln. Jetzt (drei Jahre später) Schmerzen beim Auftreten rechts, keine Schmerzen
links. Rechte Hüfte sei schlecht geheilt (Pat. bezieht 20°), Rente). Gang nicht allzu auffällig, rechts
immer etwas tiefer einknickend. Rechtes Bein 8 cm kürzer. Ausführlichere Beschreibung der Unter-
suchung s. Text zu Fig. 4, Tafel IX. Radiogramm dorsal, medial. Becken im grossen und ganzen
normal, wird rechts (auch im Bilde rechts) etwas mehr nach vorn gehalten und etwas höher. Gut aus-
geprägte obere Pfannenrandsilhouette. Linkes Femur in Schaft und Trochanterenpartie normal, Hals und
Kopf verbildet; der Hals sitzt zwar dem Schaft mit richtigem Neigungswinkel an, doch sitzt der Kopf
nicht normal auf dem Hals, sondern ist nach unten etwas verschoben. Sein oberer Rand ragt kaum über
den Halskontur hervor, sein unterer Rand sehr bedeutend und neigt sich nach der unteren Halsgrenze
hin. Rechts haben wir dieselben Verhältnisse im höchsten Grade. Man beachte vor allem wie die untere
Partie des Kopfes nach dem unteren Halsrand schneckenhausförmig eingerollt ist; wie die obere Grenz-
linie des Halses nicht konkav, sondern konvex ist und einen kleinen Dorn gegenüber dem oberen
Pfannenrand aufweist, s. auch Bild 4, Tafel IX.
Fig. 5. Coxa vara traumatica nach überstandener Rachitis.
22jähr. Mann, wurde vor vier Jahren verschüttet, wobei die beiden Unterschenkel gebrochen
waren sowie der innere Condylus des l. Femur. Leichte Beschwerden an der Hüfte wurden damals auf
die soeben aufgeführten Verletzungen bezogen und ihnen weiter keine Beachtung geschenkt. Nun bildete
sich aber im Laufe der Jahre, trotzdem die Frakturen gut heilten, ein immer stürkeres Hinken links
heraus, verbunden mit Schmerzattacken. — L. Trochanter major mindestens 2 cm über der Roser-
Nelatonschen Linie. Bein in Adduktionsstellung; Abduktion völlig aufgehoben, übrigens auch am
rechten Bein gering. Muskulatur des linken Beines ganz erheblich abgemagert. Stehen auf dem linken
Bein allein möglich, wenn auch sehr mühsam. Dabei sinkt die rechte Beckenhälfte nach abwärts. Pat.
weist sonstige Spuren von in der Kindheit überstandener Rachitis auf. Radiogramm dorsal, medial: Nach
der Form der Foramina obturata scheint eine abnorm geringe Beckenneigung bestanden zu haben (rachitische
Folge?). Becken sonst normal, linke Hälfte etwas höher stehend. Linkes Femur zeigt eine Krümmung
seines Schaftes. Der Hals steht in einem Neigungswinkel von 90 Grad zum Femurschaft. Der Kopf ist
zwar vorhanden, auch nicht deformiert, aber von einer selten hochgradigen Atrophie. Rechtes Femur
gekrümmt, Schaft und Hals scheinen einen einzigen Bogen zu bilden. Kopf relativ gross, ebenso der
grosse Trochanter (man hat in der Literatur der Rachitis zuweilen die Grösse der sog. Apophysen betont).
Dass es sich hier um keine Kochersche Coxa vara handelt, auch um keine einfach traumatische, zeigt
die ganze Gestalt der Knochen. Es ist sicher, dass die Knochen durchaus die typischen Merkmale früherer
Rachitis bieten. Man vergleiche auch die überraschende Ähnlichkeit dieses Falles mit dem von Fig. 2
dieser Tafel. Die Flecken auf Bild 5 sind artificiell entstanden.
Fig. 6. Luxatio coxae congenita duplex.
11 jahriges Madchen. Typischer Fall von doppelseitiger hochgradiger angeborener Hüftverrenkung.
Radiogramm, dorsal, medial: Becken herzfórmig, steht in ziemlich starker Neigung, wie die kleinen Fora-
mina obturata und die lüngsovale Lichtung des kleinen Beckens zeigen. Beide Pfannen leer, die hinteren
Hälften der Pfannen sehr schlecht ausgebildet: ein normaler hinterer Pfannenrand müsste in diesem Alter:
und dieser Projektion eine gerade oder nur wenig konkave Bewegungslinie zeigen (vergl. z. B. Fig. 1
Tafel VIII und Fig. 4 Tafel I), hier aber sehen wir beiderseits tief konkave Einbuchtungen. R. (auch
im Bilde rechter) hinterer Pfannenkontur oben etwas gezackt. Vorderer oberer Pfannenrand nicht zu
sehen, auch kein Bogen der Pfannenhöhlung zu konstatieren. Knorpelfuge zwischen Os pubis und Os ilei
deutlich zu erkennen. Der kräftige strichförmige Schatten, der jede Fuge ungefähr senkrecht schneidet,
kann demnach nicht der Pfanne selbst angehören, sondern kann nur hinter derselben liegen; er entspricht
der Wand des kleinen Beckens oder genauer der Linie ab in Textfigur 5A, deren Deutung ausführlich
daselbst auseinandergesetzt ist. Auch der kleine Bogen c unserer Textfigur 5A ist beiderseits sehr deut-
lich. Er entspricht hier genau der kaum verknócherten Fuge zwischen Os pubis und Os ischii. Beide Femora
stehen 10 cm oberhalb der Pfannen; ob daselbst am Darmbein neue Pfannen gebildet sind lüsst sich
nicht im Röntgenbild erkennen. Epiphysenfugen zwischen Kopf und Hals lassen sich ebenfalls nicht
entdecken. So gut man das distale Femurende links übersehen kann, lässt sich doch nicht sagen, wo
der Hals aufhört und wo der Kopf beginnt, soviel aber ist sicher, dass beide verunstaltet bezw. ver-
krüppelt sind. Rechts lassen sich die Verhältnisse wegen der starken Aussenrotation schlecht übersehen.
Für Reposition scheint der Fall wenig geeignet; bei dem schlecht ausgebildeten hinteren Pfannenrand
und Pfannendach, die dem reponierten Femur keinen Widerhalt bieten würden, ist auch auf ein schlechtes
Pfanneneavum zu schliessen. bt oy
E-OÓhler: Hüfigelenk und. Oberschenkel.
Tale N.
Nene lPhotogr. Gesellsch, Berlin-Nteglitx Verlag von Lucas Gráfe & Sillem in Hamburg
Tafel XI.
Fig. 1. Eingekeilte Schenkelhalsfraktur.
79jähr. Frau. Vor 3 Wochen beim Aufstehen vom Bett auf der Diele ausgeglitten. Abduktion
und Aussenrotation des betr. Beines. Verkürzung 8 cm. Aktive Bewegungen in der Hüfte nicht möglich,
assive in beschränktem Masse. Zwischen Trochanter und Becken deutlicher Vorsprung zu fühlen.
rochanter geht bei der Rotation in ziemlich grossen Bogen mit. Röntgenbefund: Kopf und Hals des
Femur sind intakt. Kontinuitätstrennung hat an der distalsten Grenze des Halses an den Trochanteren
stattgefunden. Der Trochanter minor ist abgesprungen und liegt medial, der grosse Trochanter ragt
lateral nicht hervor, da sich das Femur um ca. 90° gedreht hat. Es handelt sich hier um eine typische
Form eingekeilter extracapsulärer Schenkelhalsfraktur (vergl. Helferich, Frakturen und 'Luxationen.
Tab. 54, Figg. la u. 1b).
19*
148 Tafel XI.
Fig. 2. Fraktur des Femur an Grenze des unteren und mittleren Drittels.
50jáhr. Mann. Vor 18 Monaten Sturz vom Wagen. Angeblich noch hochgradige Beschwerden,
doch Gang mit erhöhtem Stiefel wenig auffallend. Bein 6 cm verkürzt. Dorsal lateral ca. 12 cm über
dem Knie fühlt man kantigen Vorsprung. Calluswulst sehr gering, doch feste Consolidation. Knie völlig
streckbar, seitlich etwas schlotternd. Radiogramm: laterale Aufnahme: lässt erhebliche Dislokation der
Bruchenden erkennen; wenig knöcherne Callusmassen proximal. Geringe Knochenatrophie. Dorsal-
aufnahme dazu findet sich Tafel IX, Fig. 9. Auch in dieser Projektion erhebliche Dislokation. Die
linke Seite letzteren Bildes entspricht der lateralen Partie des Beines.
Fig. 3. Fraktur des Pfannenbodens.
27jähr. Mann. Vor 7 Wochen Sturz von 15 |!) m hohem Felsen auf die rechte Hüfte, Pat. konnte
sich nicht selbst aufrichten. 5 Wochen Bettruhe, kann jetzt nötigenfalls auch ohne Stock wieder gehen,
dabei knickt er leicht nach der verletzten Seite ein, mit Stock kann er schnell gehen. Geringe Haut-
abschürfungen. Kniegelenk frei, Bein in normaler Stellung. Am Hüftgelenk bei Bewegungen heftige
Schmerzen, Rotation hier möglich, aber etwas beschränkt. Druck auf grosseu Trochanter ohne Schmerzen,
dagegen sehr schmerzhaft Druck ventral auf Gelenkgegend. Patient kann auch auf verletztem Bein allein
stehen; kein Trendelenburgsches Phänomen. Diagnose: eingekeilte Schenkelhalsfraktur?? Radiogram
(dorsal, Fuss 15° nach aussen rotiert): Ganzes distales Femurende intakt, ebenso scheint das Os ischii
und die Innenwand des kleinen Beckens vor der Spina ischiadica intakt, wie aus dem grossen Schatten-
strich, der sich von der unteren Begrenzung der Foramen obturatum bis zur Linea terminalis hinzieht,
zu entnehmen ist. Dagegen erkennt man eine Fraktur des horizontalen Schambeinastes an seiner dünnsten
Stelle lateralwirts. Nach oben davon sind Schatten von Knochenfragmenten vorhanden, die nur der
vorderen Pfannenpartie und dem Corpus ossis pubis angehören können. Eine Ventralaufnahme bestätigte
diesen Schluss, zeigte ausserdem, dass auch eine Fraktur unten an der Grenze vom Ramus inferior ossis
pubis und R. inf. ossis ischii vorhanden ist. Es besteht also eine Kontinuitätstrennung: 1. am oberen
(horizontalen) Schambeinast, 2. an der Vereinigungsstelle der unteren Äste des Sitzbeins und Scham-
beins, 8. in der Pfanne selbst und zwar derart, dass etwa das ganze obere vordere Drittel der Pfanne ab-
gesprengt und nach oben innen um etwa 2 cm disloziert ist. Man beachte, dass man vom Schattenbogen
des Pfannencavum nur das obere äussere Drittel sieht, sonst ist der Bogen vollständig verschwunden.
(Pat. des Herrn Dr. Pagenstecher.)
Fig. 4. Eingekeilte Schenkelhalsfraktur.
Ventralaufnahme. 30jáhr. Mann. Vor 8 Wochen Sturz mit dem Rad auf Hüfte, konnte allein
nach Hause gehen, arbeitete in den nächsten Tagen. Allmähliche Verschlechterung seiner Hüftbeschwerden,
so dass jetzt Gang nur an Krücken möglich ist. Kräftiger Druck gegen beide Darmbeinschaufeln schmerz-
los, wenig Schmerzen bei Stoss gegen die Sohle, mehr Schmerzen bei Fingerdruck vorn auf das Hüft-
gelenk, desgleichen hinter dem grossen Trochanter. Objektiv lässt sich nicht sicher etwas Pathologisches
nachweisen, auch nicht ‚ob Trochanter major oberhalb der Roser-Nelatonlinie steht. Eine Dorsal-
aufnahme (Tafel IX, Fig. 6) lässt zweifeln,. ob Coxa vara etwa vorhanden. Deshalb Ventralaufnahme
(Fig. 4 unserer Tafel). Hier sieht man, dass eine eingekeilte Halsfraktur vorliegt, man sieht zunächst
die Bruchlinie des Halses und des Kopfes, ferner die scharfe Ecke des Kopffragmentes oben lateral über
dem oberen Halskontur. Dislokation äusserst gering. (Bei beiden Aufnahmen lag der Fuss ca. 25 Grad
nach aussen rotiert.) (Pat. des Herrn Dr. Schrader.)
Fig. 5. Schenkelhalsfraktur mit Pseudarthrose.
45jähr. Mann. Unfall vor 2 Jahren. Starkes Einknicken beim Gehen. 2!/|, cm E
Bein wird in Auswürtsrotation gebraucht. Abnorme Beweglichkeit in der Hüfte. Radiogramm (Dorsa
aufnahme bei auswürts rotiertem Bein) zeigt starke Atrophie an allen Knochenpartien, deutliche Bruch-
linie am Kopf; Hals wegen Auswürtsrotation des Femur nicht zu übersehen. Keine Andeutung von
Callusknochen.
Fig. 6. Femurfraktur an Grenze des oberen und mittleren Drittels.
] Fraktur vor 4 Jahren, jetzt Verdacht auf neue Fraktur, da nach einem neuerlichen Sturz an-
geblich heftige Beschwerden. Radiogramm lässt keine neue Verletzung erkennen. Alte Frakturfragmente
disloziert aber mit soliden kräftigen Callusmassen geheilt.
Figg. 7 und 8. Callusbildung bei Femurfraktur.
40jàhr. Mann. Ausgleiten und Fall nach vorn seitlich bei Aufwürtsschieben eines Karrens.
Zuerst war Verdacht auf Spontanfraktur (Pat. hatte ein paar Tage vorher an der betr. Partie Schmerzen
verspürt). 4 cm Verkürzung. Radiogramm konnte erst 3 Monate nach der Fraktur angefertigt werden,
giebt keinen Anhaltspunkt für Tumor oder dergl., auch keine Symptome für Tabes vorhanden. Dorsal-
aufnahme Fig. 7, links im Bild ist lateral, lässt die ganze Frakturlinie übersehen. Man erkennt am
proximalen Fragment die (hellere) Stelle, wo der schnabelförmige Vorsprung des distalen Fragmentes
herausgebrochen ist. Die Art der Dislokation der Fragmente ist entfernt ähnlich dem Fall Tafel IX,
Fig. 9, und Tafel XI, Fig. 2. Die laterale Projektion zeigt Fig. 8. Links im Bilde ist ventral. Man
kann an beiden Bildern selten gut die Callusbildung in ihrer Anordnung überblicken. Fig. 8 ist
3 Monate später aufgenommen als Fig. 7. Man beachte besonders in Fig. 8, dass sich die Callus-
ossifikationen auf das Periost zu beschränken scheinen. (Pat. des Herrn Dr. Happel.)
Fig. 9. Doppelte Torsionsfraktur des Femur.
Seltenere Fraktur. Erhebliche Knochenatrophice.
Tafel XL
Nene Photogr. Gesellseh. A-6. Berlin-Steglitz Verlag von Lucas Gräfe « Sillem in Hamburg.
Tafel XII.
Fig. 1. Spontanfraktur des Femur iufolge Tumors.
31 jáhr. Patientin, phtisisch; 8 Tage vorher knickte Patientin pcs beim Spazierengehen zu-
sammen. Verkürzung des Beines, relativ geringe Schmerzen, abnorme Beweglichkeit. diogramm zeigt
Fraktur mit Dislocatio ad axim. Knochenpartien an den Bruchstellen auf einen Bezirk von Taubenei-
rösse aufgehellt, Corticalis des distalen Fragmentes an ihrer lateralen Partie verdünnt auf ein Drittel
des normalen Masses, Resektion (Dr. Roser). Die mikroskopische Untersuchung des Tumors (Prosektor
Dr. Herxheimer) ergab ein reines Spindelzellensarkom.
Fig.2. Maligner Tumor des äusseren Condylus femoris
Ca. 65 jähr. Mann; seit vier Monaten Geschwulst am Knie, die sich stetig vergrösserte; zum
Baden nach Wiesbaden gesandt(!). Praller grosser Tumor mit gespannter Haut darüber und dilatierten
Venen. Radiogramm: Der der Platte aufliegende Condylus ist in seinen Konturen verunstaltet, sein
Inneres ist hochgradig aufgehellt, mit wolkig marmorierter Zeichnung. Hinten oben und unten wird die
Corticalis bis papierdiinn und ist in die Weichteile hinein vorgebuchtet. Die aufgehellte Partie ist nach
oben gegen den normalen Knochen scharf abgegrenzt. Der Schatten des anderen Condylus scheint durch
den erkrankten Condylus hindurch; auf einer Aufnabme in Dorsallage erwies sich der andere Condylus
als noch nicht vom Tumor ergriffen. Patient ist später in seiner Heimatstadt erst reseziert, dann amputiert
worden, die mikroskopische Untersuchung hat Riesenzellensarkom ergeben.
Fig. 3. Osteom des Femur.
16 jähr. Patient. Traumatische Ursache des wahrscheinlich bindegewebig entstandenen Tumors
lässt sich nicht nachweisen. Der blumenkohlartige Tumor sass mit ca. 4!/, cm langem Stiel der Vorder-
fläche des Femur auf, 8 cm proximal vom oberen Rande der Patella, seine Architektur geht nicht in die
des Femur über. Der Tumor wurde abgemeisselt, Textfiguren 29 und 80 bringen Radiogramme von Säge-
schnitten des entfernten Osteoms.
Fig. 4 Multiple bösartige Tumoren des ganzen Skelettes.
41 jähr. Frau. Vater an Wassersucht, Mutter an Auszehrung gestorben. Seit einer Blinddarm-
entzündung im 23. Jahre will Patientin nie ganz gesund gewesen sein, sie habe viel an Kopfweh,
Magenbeschwerden und Blutarmut gelitten. Mit dem 28. Jahre traten reissende Schmerzen in den Gliedern
und im Rücken auf. Vor drei Jahren Schmerzen in rechter Brustdrüse, ein Jahr später wurde dieselbe
amputiert (wegen Carcinoms). Seitdem Verschlimmern der rheumatischen Beschwerden, Patientin knickte
öfters zusammen „als ob sie in den Boden sinken würde“, dabei mitunter ein Krachen im Rücken, s0
dass sie bald nur gebeugt gehen konnte mit Hilfe des Stockes Bald traten heftige Schmerzen in
den Beinen auf, besonders grosse Schwäche im linken Bein, so dass sie dasselbe nachschleppen musste.
Beim Heben eines schweren Pakets habe sie Krachen der rechten Rippenseite verspürt. Aufnahme ins
Krankenhaus (vorher war sie mehreremal wegen ihrer „rheumatischen“ Beschwerden in anderen Kranken-
häusern gewesen) 10 Wochen später Fractura femoris dextri. 20 Wochen später Infraktion des linken
Humerus. Hochgradig abgemagerte, nicht kachektisch aussehende Person. Linker Arm wird ängstlich
vor Berührung gehütet. Ein Radiogramm des linken Humerus findet sich in Textfigur 26 dasselbe ist
ca. 16 Wochen vor dem Exitus aufgenommen. Das Becken zeigt bei Druck von aussen gegen die Mittellinie
deutliche Nachgiebigkeit, es federt und ist schmerzhaft. Die Symphyse zeigt bei Druck ebenfalls ver-
mebrte Naehpiebigkelt und ist leicht schnabelfórmig gestaltet. Es ist unmóglich, hier die Krankengeschichte
auch nur in grobskizzierten Zúgen zu geben; als fúr unsere Radiogramme wichtig sei nur noch mitgeteilt,
dass vor der Róntgenuntersuchung einmal lángere Zeit der Verdacht auf Osteomalacie bestand. Die
Röntgenuntersnchung des Beckens und der Oberschenkel, von denen Fig. 4 den charakteristischsten Aus-
schnitt darstellt. sprach sehr dagegen, gestaltete aber sonst das Leiden nur noch rätselhafter. Das Radio-
gramm zeigte nämlich ausser mehr mechanischen Deformationen des Beckens und einer Fraktur am anderen
Oberschenkel eine Menge tumorartig zerstörter Knochenpartien, die vor allen dadurch eigentümlich
waren, dass sie nirgends die Corticalis resp. Periost vorgebuchtet, sondern den Knochen so wie er war
an massenhaften zirkumskripten Stellen entkalkt hatten, ohne Periostschalen auszubuchten. Eine irgend-
wie sichere Diagnose über die Art der Tumoren konnte auch durch die Röntgenuntersuchung nicht ge-
stellt werden. Die Sektion (Prosektor Dr. Herxheimer) ergab, dass es sich um multiple Carcinome
handelte, die auffallenderweise sich streng auf den Knochen beschränkt hatten, arenda in die Weich-
e übergegriffen hatten, auch wurde kein Primärtumor in den Weichteilen gefunden. (Fall von Prof.
eintraud.)
Fig. 5. Maligner Tumor des medialen Femurcondylus.
25jáhr. Patientin, dem Krankenhaus mit der Diagnose tuberkulóser Prozess an der medialen
Seite des Knies überwiesen. Ausserlich kein Tumor zu sehen, beim Palpieren des Condylus internus
heftige Schmerzen. Radiogramm zeigte einen schon weit vorgeschrittenen destruierenden Tumor (ähnlich
wie Fig. 2). Der ganze Condylusschatten ist aufgehellt, der dorsale Corticalisschatten ist um die Hälfte
dünner, ventral löst sich die Corticalis des Schaftes in papierdünne Schale auf und buchtet sich ein
Stück in die Weichteile vor. Die hier ziemlich gleichmässig aufgehellte Tumorpartie verklingt nicht
allmählich, sondern setzt sich zirkumskript und kontrastreich gegen die benachbarten Knochenpartien
ab. Probeexcision ergab: typisches Riesenzellensarkom. Amputation hoch oben. Radiogramme
von Knochensägeschnitten finden sich in Textfiguren 10 und 25.
Fig. 6. Spontanfraktur des Femur infolge Myeloma.
90jühr. Patient; angeblich bisher immer gesund. Schmerzen in l. Hüfte und Schulter, im Bein
bis zur Ferse ausstrahlend, letzteres ist betráchtlich abgemagert. Im Hüftgelenk normale Beweglichkeit.
Vor 8 Monaten zirkumskripte Schmerzhaftigkeit auf Fingerdruck an der 8. r. Rippe. Möglichkeit einer
Spontanfraktur wurde in Betracht gezogen. Bald trat vermehrte Druckempfindlichkeit und Schwellung
im r. Stereoclaviculargelenk auf. Vor4 Wochen nach unbedeutender Achsendrehung des Körpers
bei Schliessen einer Thür empfand Patient einen enormen heftigen Schmerz im l. Bein und war halb
ohnmächtig zusammengebrochen. Abnorme Anschwellung des Oberschenkels bis zur Höhe des Knie-
150 Tafel XII.
elenkes herab. Aktive Beweglichkeit unmöglich, pessive ruft heftige Schmerzen hervor. Untersuchung
in Narkose: Abnorme Beweglichkeit in der Continuität des linken Femur und Crepitation. Radio-
nn Unterbrechung der Continuität des Femur unterhalb des Trochanter major und Absprengun
es Trochanter minor. Distales Fragment bis zur Frakturstelle von annähernd normaler Struktur un
Kalkgehalt. Corticalis nach der Frakturatelle zu sich verjüngend. Proximales Fragment bis zur Mitte.
des Collum femoris von hochgradiger Transparenz und Schwund bezw. grosse Unregelmüssigkeiten der
Strukturzeichnung. Der diese aufgehellte Knochenpartie umgebende Rindenkontur ist ad maximum ver-
dúnnt. Femurkopf und proximale Hálfte des Collum scheinen normal. Der losgesprengte Trochanter
minor zeigt ebenfalls Aufhellung und Verblassen und Unregelmässigkeit der Büübiurseichnüne Röntgen-
diagnose: Zerstörender Tumor der Trochanterengegend, von der Markhöhle ausgehend. Fraktur am
distalen Ende der Tumorpartie. — Weiterer Verlauf: Einzelne Rippenpartien werden schmerzhaft und lassen
Krepitation konstatieren, Manubrium sterni aufgetrieben und schmerzhaft. Exitus letalis an Pneumonie
22 Wochen nach unserer Röntgenaufnahme. (Trotzdem seit der Röntgenaufnahme an multiple Myelome
gedacht worden war, konnte bis zum Tode niemals die Bence-Jonessche Eiweissreaktion nachgewiesen
werden.) Sektion (Dr. Herxheimer) ergab: Weichheit und Elastizität des Sternum und sämtlicher Rippen,
in denen stellenweise weiche, mit Blut durchsetzte Massen, über denen die Corticalis geschwunden. In
nächster Nähe des Femurbruches Muskel- und Bindegewebe in grau durchscheinende anscheinend Tumor-
massen verwandelt. Unterhalb des Caput femoris gelangt man in eine grosse Höhle, von graurötlichem
Tumorgewebe umgeben, mit reichlich geronnenen Blutmassen. Corticalis hier ausserordentlich verdünnt.
Knorpelüberzug des Kopfes wie das ganze Hüftgelenk erscheinen völlig intakt. Die obere Begrenzung
der Tumorhöhle wird ch die. untere Fläche des Kopfes gebildet. In der Spongiosa des durchsägten
Kopfes graue und rötliche kleine Tumorknótchen. Anatomische Diagnose: Multiple Knochenmarks-
eschwulst des Femur, des sternalen Endes der Clavicula, des Sternum, der Rippen, der Wirbel.
ephritis etc. Metastasen wurden nirgends gefunden. Mikroskopische Diagnose: undzellentumoren
homolog dem Knochenmarksgewebe, mit starker Knocheneinschmelzung: Myelome. (Der Fall ist in
extenso unter dem Titel „Uber einen bemerkenswerten Fall von multiplem Myelom* von Scheele und
Herxheimer in der ,Zeitschr. f. klin. Medizin*, Bd. 54, publiziert, mit Radiogrammen auch vom Sternum
und Rippen. | E ¡A !
Fig. 7. Spontanfraktur des Femur infolge Tumors.
61 jähr. Patientin. Ausser einer Unterleibskrankheit vor 29 Jahren und einer leichten Ri pen-
fellentzündung vor 8 Jahren sonst immer gesund. Genau vor 1 Jahr Anschwellung des linken Beines
an den Zehen. Vor 8 Monaten brach sie den linken Schenkel, „als sie infolge von Schwäche im Garten
umsank*. 6 Wochen Gipsverband. Vor 5 Monaten fing sie wieder zu gehen an, bald aber bekam sie
Verdickungen am rechten Oberschenkel und in der Schenkelbaugr. Schwellung des rechten Fusses;
wegen dieser Beschwerden ist sie seit 3'/, Monaten fast gar nicht mehr gegangen. Stark abgemagerte,
sehr kachektisch aussehende Frau. An der rechten Seite des Halses hühnereigrosse Struma. Linkes
Bein hochgradig ódematós, oben in der Trochanterengegend umfangreicher Callus zu fühlen; in linker
Schenkelbeuge ein Konglomerat von harten unverschieblichen indolenten Tumoren. Rechtes Bein in
ebeugter Stellung, wird ganz verdreht gehalten, so dass die ganze innere Seite des Fusses aufliegt. In
de Mitte des rechten Femur fühlt man einen über günseeigrossen Tumor, der den Knochen zu um-
schliessen scheint. Geringe Beweglichkeit an der Bruchstelle. Das rechte Bein ist nicht Ödematös ge-
schwollen. Das Radiogramm (Fig. 7) zeigt, dass auch hier ein Bruch vorhanden ist. (Wie und wann
derselbe entstanden ist, weiss Patientin nicht. Das Femur erscheint in seiner Kontinuität unterbrochen,
dislocatio ad axim, das untere Fragment medial gerichtet; die Enden der Fragmente sind nicht scharf
zackig abgegrenzt, sondern klingen allmählich in einen ovalen Schatten mittleren Grades, d. h. dunkler
ala die Weichteil-, heller als die Knochenschatten, aus. Dieser Schatten zeigt sehr unregelmässige
wolkige Zeichnung, geht medial allmählich in den Schatten der Weichteile über, während er lateral eine
scharfe kräftig dunkle Grenze zeigt, die nach innen zu hellere rundliche und ovale Aufhellungen zeigt.
Hier finden zweifellos appositionelle periostale Prozesse statt. Röntgendiagnose: Alte Fraktur infolge
Tumors mit Anklängen zu Callusbildung. Patientin wurde entlassen. Exitus wenige Wochen später.
Sektion verweigert. Es bandelte sich also um einen Fall mit multiplen Knochentumoren, Lymphdrüsen-
tumoren und Struma. Verfassers damaliger Chef, San.-R. Cramer Tt, glaubte Pulsation in dem einen
Schenkeltumor nachweisen zu können und war von einem Zusammenhang der Struma mit den Knochen-
tumoren überzeugt.
Figg. 8 und 9. Femur mit multiplen cartilaginären Exostosen.
47 jähr. wohlbeleibter Mann, von kleiner Statur. Angeblich englische Krankheit nicht gehabt;
Eltern, Grosseltern und Geschwister von kleiner Statur. Mit 17 Jahren fühlte er am rechten Ober-
schenkel über dem Knie eine harte Hervorwölbung, die ihn veranlasste, zum Arzt zu gehen. Vom Militär
wegen kleiner Statur freigekommen. Sonst gesund bis vor 3 Jahren. Seit dieser Zeit fast immer
Schmerzen im Kreuz, Schulterblättern, rechter Hüfte, rechten Knie und Knöcheln, unabhängig von
Witterung, besonders lästig beim Übergang vom Liegen zum Sitzen resp. Gehen. Patient ist 154 cm
ross, ohne irgend eine Entstellung am Körper. Palpatorisch an Hüfte nichts Abnormes festzustellen.
otation in jeder Richtung um etwa 10 Grad weniger möglich als normal, Adduktion etwas mehr be-
schränkt. Bei passiven Bewegungen des Femur, beim Rotieren medianwärts hat man zuweilen das Gefühl
eines leichten Aneinanderschleifens zweier Knochen. Patient war bisher immer auf Rheumatismus und
Ischias behandelt worden. Das Radiogramm der Hüfte Fig 8 hätte Verfasser nicht zu deuten gewusst,
wenn die Knieaufnahme Fig. 9 nicht den ganzen Fall klar gestellt hátte. Die letztere zeigt, dass es sich
um multiple Exostosen handelte. Auf Fig. 9 findet sich die grósste medial ca. 10 cm oberhalb des Con-
dylus, sie zeigt den Typus der cartilagináren Exostosen, sie sitzt dem Knochen nicht auf, sondern geht
aus einer kolbigen Auftreibung des Knochens hervor, ihre Struktur geht direkt in die des Femur über.
Andere Exostosen sieht man lateral in den Schatten der Patella fallend (beiderseits an der Tibia), und
am Femurhals unten eine breite flache Knochenspange, mit dem Hals direkt verschmolzen, ferner am
Trochanter minor. Dieser Fall ist bereits ausführlich vom Verfasser in den ,Fortschritten auf dem Ge-
biete der Róntgenstrahlen", Bd. VIII, Heft 1 beschrieben.
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Akute Atrophie 41.
Akute Atrophie bei Tuberk. 68.
Akromegalie 34.
Altersatrophie 44.
Amputation, fótale 31.
Anatomie, normale 12 ff.
Anatomie, patholog. 31 ff.
Angeborene Verbildungen 31.
Ankylose 73.
Arterien 54. 55. 112.
Arteriosklerose 113.
Arthritis urica 44.
Arthropathia tabica 80. 81.
Atrophie 41.
Atrophie (Inaktivitüts-) 44.
Atrophie (Alters-) 44.
Bariumplatincyanürschirm 4.
Barlowsche Krankheit 39.
Bindegewebsverknöcherung 114.
Blende 9, 10.
Blendenausschnitt 9.
Blendenmaterial 10.
Bogen der Pfannenhöhlung 18.
Callusbildung 105.
Chondrodystrophie 32.
Coxa vara adolesc. 87.
Coxa vara congenita 85.
Coxa vara bei Femurdefekt 31.
Coxa valga 89.
Coxa vara 82 ff.
Coxa vara (Pseudo-) 84.
Crista intertrochanterica 27.
Defektanomalieen 31.
Deformationen 91.
Distales Femurende 28.
Durchleuchtung der Húfte 3,
Durchleuchtung des Ober-
schenkels 5.
Einleitung 1.
Enchondrom 94.
Entwickelung des Femur 24.
Entwickelung der Pfanne 12 ff.
Entwickelungshemmungen 31 ff.
Epiphysenfleck 26. 29.
Epiphysenlósung, syphil. 51.
Epiphysenlósung, tuberk. 70.
Epiphysenlósung, osteom. 109.
Sachregister.
Sachregister.
Exostosen 95. 114.
Extrauterine Verbildungen 32.
Favella 29.
Femur 24 ff.
Femur Erwachsener 27 ff.
Foramina nutritia 26.
Fracturae colli fem. 101 ff.
Frakturen 98 ff.
Fraktur bei Gumma 48.
Frakturheilung 103.
Fremdkórper 115.
Giefässe 54. 55.
Gelenkrheumatismus 44.
Gelenkergüsse 70.
Gelenkmäuse 77.
Genu valgum 91.
Genu varum 91.
Gumma 46. 47.
Hüftgelenkskontrakturen 22.
Enaktivit&taatrophie 44.
Jodoforminjektionen 72.
Kachexia strumipriva 32.
Kniebasiswinkel 86.
Knochencysten 95.
Kompressionsblende 9. 11.
Kretinismus 33.
Literatur 117.
Luxatio cox. cong. 109.
Luxationen 106.
Myxödem 33.
Neigungswinkel 28.
Normale Anatomie 12 ff.
Osteoarthritis deformans 28. 75 ff.
Osteoarthropathie, hypertr. 44.
Osteochondritis neonatorum 49.
Osteogenesis imperfecta 32.
Osteom 97. 114.
Osteomalacie 40.
Osteomal. Frakturen 40.
Osteomyelitis inf. acuta 52.
Osteomyelitis inf. chron. 63.
Osteomyelitis gummosa 48.
Osteomyelitis nach Typhus 63.
Osteotomie 92.
Patellaschatten 28.
Patholog. Anatomie 29,
151
Periostitis ossif. syphil. 51.
Periostitis, tuberkul. 65.
Pfannenbrüche 104.
Pfannenpartie 12 ff. 15 ff.
Pfannenrand, vorderer 15.
Pfannenwanderung 73.
Projektionen 10.
Rachitis 35.
Radiographie 3,
Radioskopie 3.
Retina 4.
Richtungswinkel 28. 86.
Riesenwuchs 34,
Röhre, Wahl derselben 4.
Sarkom 93. 94.
Schädigende Einwirkung der
Röntgenstrahlen 8.
Schirm 4.
Schussverletzungen 115.
Sekundärstrahlen 4. 6 ff.
Sensibilität der Retina 4.
Sequester, osteomyel. 60.
Sequester, syphil. 48.
Sequester, tuberk. 65. 67.
Sirenenbildung 32.
Spongiosasequester 67.
Spontanfrakturen 63.
Spontaninfraktionen 63.
Spontanluxationen 109.
Stereoskopie 115.
Synovitis, tuberkul. 69. 70.
Syphilis 46.
Syphilis irritat. 46. .
Syphil. Knochenfragilitát 47.
Syphilis der Gelenke 49.
Syringomyelie 80 108. 114.
Tabes 80. 103. 114.
Technik der Untersuchung 3.
Thränenzeichnung 16 ff.
Toxigene Osteoperiostitis 45.
Tuberkulose 64.
Tumoren 92.
Übersichtsaufnahmen 7.
Unterbrecher 4.
Venen 112.
Verkrümmungen, osteomyel. 63.
Weichteiluntersuchung 111.
Zwergwuchs 33.
Druck von Hesse & Becker in Leipzig.
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